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Geschichte Schlesiens.
I.
Ex librla
C. K. nnr^rs
Gesehichte Schlesiens
von
Dr. C. Griinhagen,
Eonigl. ArcliiTrat uud Professor an der TJniversitit Breslan.
Erster Band:
Bis znm Eintritt der habsburgisclien Herrschaft 1527.
Hit einem Sandchen Quelleimacliweisiuigen.
Gotha.
Friedrich Andreas Perthes.
1884.
Alle Rechte vorbehalten.
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LIBRARY
tWrVEFPT-^y OF CALIFORNIA
"7 ■ - SANTA BARBARA
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Vorwort.
Es sind mehr als clreifsig Jahre vergangen, seit der Alt-
meister der schlesischen Geschichte, G. A. Stenzel^ es am
spaten Abend seines Lebens unternahm, aus seinen lang-
jahrigen Studien auf diesem Gebiete gleichsam die Summe
zu Ziehen und ein Gesamtbild der vaterlandischen Gesehichte
einem grofseren Publikum gebildeter Leser darzubieten. Doch
von den drei Banden, auf welche das Werk angelegt war,
ist nur der el'ste, bis zum Jahre 1355 reichend, 1853 er-
schienen. Ein Jahr spater setzte ein plotzHcher Tod allem
weiteren Schaffen des Verfassers ein Ziel.
Es ist nie versucht worden, das Buch fortzusetzen, viel-
leicht weil schon jener erste Band niclit den gehofften Er-
folg gehabt hatte, und das seitdem immer lauter ausge-
sprochene Verlangen nach einer den Anforderungen unserer
Zeit entsprechenden DarsteHung der schlesischen Gesehichte
blieb unerfulh.
Nun habe ich, ein Nachfolger Stenzels ebenso in der Di-
rektion des Breslauer Staatsarchivs wie in der Leitung des
schlesischen Geschichtsvereins und in gewisser Weise audi
VI Vorwort.
in der "Wirksamkeit an der hiesigen Hochschule das gleiche-
Wagstiick unternommen, ehe es auch bei niir Abend wiirde,
nachdem ich selbst bereits auf ein Vierteljahrhundert eige-
ner, der schlesischen Geschichte fast ausschliefslich ge-
Tvidmeter "wissenschaftlicher Thatigkeit zuruckziiblicken ver-
mag.
Was meine Lage gunstiger erscheinen lafst , als die-
Stenzels war, beruht vor allem in der staunenswerten Fiille
von landesgesehichtlichem Quellenniaterial , die jene dreifsig
Jahre ans Licht gefdrdert haben, darunter Werke, welche
wie die schlesischen Regesten fiir die alteren Epochen und
die schlesischen Lehensurkunden fiir die ganze Zeit des
Mittelalters eigentlich in jedem Augenblicke erwiinschte,.
sichere Grundlagen bequem darboten. Dazu traten dann
neben manchem selbstandig erwachsenen Beitrage die zahl-
reichen Spezialuntersuchungen , welche die 18 Biinde der
Vereinszeitschrift fiillen. Es mufste ins Gewicht fallen, dafs
die Beobachtung eines wachsenden Interesses fiir die hei-
mische Geschichte unter meinen Landsleiiten den Mut zu
der Arbeit und die Freude an derselben belebte und erhohte,
sowie dafs ich in einem Kreise von Mitstrebenden freund-
liche Teilnahme und fiir manche Einzelfrage Auskunft und
Belehrung zu finden vermochte. So konnte ich denn unmog-
Jich in die Klagen einstimmen , welche nach diesen Seiten
hin aus dem Vorworte Stenzels uns entgegenklingen. Wohl
aber telle ich seine Ansicht vollkommen inbetreflf der
argen Not, die einem schlesischen Historiker die sprode Be-
schaffenheit des Stoffes macht, wo, wie Stenzel sehr mit
Recht bemerkt, bei der schon friih beginnenden weitgehen-
den territorialen Zersplitterung des Landes der einigende
Vorwort. VII
Faden dem Bearbeiter nur zu leicht aus den Handen schliipft.
Die grofse Schwierigkeit, unter solchen Unistanden eine
wirkliche Landesgeschichte zu schreiben, das wahrhaft Be-
deutungsvoUe liberallher zusammenzufassen und zur Geltung-
zu bringen, ohne durch solche Eklektik das Interesse des-
Lesers zu zerstreuen und zu ermiiden, ward von mii' um
so lebhafter empfunden , da niir eine Vereinbarung mit
meinem Verleger eine besondere Knappheit zur Pflicht ge-
macht hatte, und recht oft beschlichen mich Zweifel an dem
Gelingen des Werkes.
Da gewahrte es mir eine Art von freundlicher Beruhigung^
als bereits nach dem Erscheinen der ersten Lieferungen, in
welche eine Anordnung des Verlegers den Band zerteilt
hatte, mir Aufserungen eines warm anerkennenden Interesses
aus Kreisen zukamen, die mit in meinen Leserkreis ziehen
zu konnen ich kaum gehofft haben wiirde. Es schien hier
wenig bemerkt worden zu sein, was mir wahrend des Schrei-
bens so oft Sorge gemacht hatte, dafs namlicb der Wunseh,
trotz der gebotenen Knappheit mancher immerhin wissens-
Averten Einzelheit noch nebenbei ein Platzchen zu gewinnen,
hier und da den leichten Fkifs der DarsteUung beeintrach-
tigte, und noch weniger liefs man mich Vorwurfe dariiber
horen, dafs die ganze Darstelhing der quellenmafsigen Be-
lege und Nachweisungen entbehre.
Mir aber, der ich ja selbst wohl in die mir so oft ent-
gegengebrachten Klagen liber einen derartigen Mangel in
dem von Stenzel uns hinterlassenen Bruchstucke einer schle-
sischen Geschichte eingestimmt hatte , widerstand es ge-
radezu, mich iAber eine von mir stets anerkannte Verpflich-
tung hinwegzusetzen, und wenn ich hoffen durfte, mehrfacb
VIII . Vorwoit.
ueue Kesultato liet'ern zu konuGii, meinte icli audi den
Weg, auf dem ich zu ihnen gelangt war, anzeigen zu
miissen. Audi dachte ich der vielen, die um irgeudweldier
Einzelheit willen einmal in die ilmen sonst fremde ver-
wickelte sdilesisdie Landesgeschichte hineinzusteigen ^'er-
anlassung haben und es dann dodi selir dankbar enipfinden,
wenn ihnen neben der kurzen Darstellung des knappen
Textes noch ein Wink daiuber zuteil wird, wo sie aus-
giebigere Belehrung suchen konnen. iSolchen das zu ver-
sagen , was mir zu geben verhiiknismafsig leicht wird,
Hinweise auf Quellen und Litteratur, wilrde mir hart er-
schienen sein.
So habe idi dcnn mit fortlaufenden Quellen- und Litte-
raturnachweisungen noch ein Supplementbandchen gefiillt
und dabei dem Nachsuehenden nur die kleine Unbequem-
lichkeit auferlegt, im Bediirfnisfalle das ihn Interessierende
nach Seite und Absatz aufzuschlagen. Ich besorge dabei
kaum, dafs dieses Supplement dem grofseren Publikum als
llberflilssiger Ballast erscheine. Denn mag immerhin die
Zahl derer recht grofs sein, die sich von vornherein einer
Kontrollierung des Textes an der Hand der Citate zu be-
geben durchaus geneigt sind, so soUte doch anderseits keiner
meiner freundlidien Leser fiir sich den Wunsch als ausge-
schlossen erachten, im Verfolge einer ihn naher interessieren-
den Einzelheit einmal die AVegweiser aufsuchen zu konnen,
die in dem Ergiinzungsbande aufgerichtet stehen.
Das Buch erscheint als ein Teil eines von dem Ver-
leger grofs angelegten Unternehmens, welches die Entwicke-
lung der einzelnen deutschen Landschaften in einer Reihe
von historischen Darstellungen dem Publikum vorzufiihren
Vorwort. IX
beabsichtigt, so dafs unser gemeinsames Vaterland den weiten
Rahmen bildet, in welchen alle die verschiedenen Sonder-
geschichten sich einfiigeu. Die schlesische Geschichte hat
einen besonderen Anspruch auf einen Platz in diesem Zu-
sammenhange , denn ihr eigentlichster Inhalt in dem hier
behandelten Zeitraume, bis an die Schwelle der Neuzeit, ist
die Beantwortung der Frage: wie ist Schlesien deutsch
geworden und deutsch geblieben? In dem Ringen
um diesen Preis ist es von dem iibrigen Deutschland sehr
wenig unterstiitzt worden; seine Geschichte verlauft unter
Beziehungen mit den Reichen des Ostens, Polen, Bohmen,
Ungarn, abgekehrt von der des deutschen Reichs. In-
folge davon ist die eigenartige Geschichte dieser dabei noch
so zersplitterten deutschen Landschaft unsern Landsleuten
aufser Schlesien im grofsen und ganzen recht fremd ge-
bHeben, und es ist, wie mir scheint, bis in die neueste Zeit
von den deutschen Historikern nicht nach Geblihr ge-
wiirdigt worden, welche Bedeutung die Existenz dieses deut-
schen Vorlandes fur die Reichsgeschichte gehabt, wie die
standhafte Behauptung der deutschen NationaHtat in diesem
zwischen Czechen und Polen eingekleramten Grenzlande dem
Vaterlande reichen Gewinn gebracht und grofsere Gefahren
von diesem abgewendet hat. Es ware zu kiihn, daran den-
ken zu wollen, es konne dieses Buch die hergebrachte An-
schauungsweise irgendwie umwandeln. Um so zuversicht-
Hcher aber halte ich an der schonen Hoffnung fest, dafs in
Schlesien selbst, wo, wie die Erfahi'ungen des schlesischen
Geschichtsvereins zeigen, in der AnhangHchkeit an die Hei-
mat und dem Interesse fiir deien Vergangenheit selbst sonst
getrennte Geister ein einigendes Band zu fiuden vermogen.
X Vorwort.
zahlreiche Stimmen den mit redlichem Willen unternom-
menen Versuch , einem lange empfundenen und oft be-
klagten Mangel Abhilfe zu schafFen freundlieh willkommen
heifsen werden.
Breslau, im Februar 1884.
C. Griinhagen.
Inhalt.
Seile
Erstes Buch.
Schlesien unter polnischerHerrschaft bis 1201. 1
Erster Abschnitt.
Alteste Zeit bis 1102 3
Zweiter Abschnitt.
Boleslaw III. 1102 — 1138. Die schlesische Kircbe im
11. Jahrhundert. Romanische Einfliisse 10
Dritter Abschnitt.
Wladyslaw II. und Peter Wlast 23
Vierter Abschnitt.
Schlesische Herzoge unter poluischer Oberhoheit. An-
fange deutscher Ansiedelungen 30
Zweites Buch.
Schlesien unter selbs tandigen Herzogen 1201
bis 1327 43
Erster Abscbnitt.
Heinrich I. der Bartige 1202 — 1238 und seine Gemahlin,
die heil. Hedwig. Klostergriindungeu, Germanisation . 45
Zweiter Abschnitt.
Heinrich 11, und der Mongoleueinfall 1241 65
Dritter Abschnitt.
Die Sohne Heiurichs II. Neugriindung Breslaus. Bruder-
zwiste. Sonderstellung des Bistums Breslau. Fort-
schritte der Germanisation 72
XII Iiihalt.
Seite
Vierter Abschnitt.
Ilciiirich IV. bis 12SU. Der grofse Kirclieu.strcit. Er-
oberuug Krakaus 94
Funfter Abschnitt
Die Suliiie Boleslaws II., Heinrich V. von Breslau-Liegnitz
imd Bolko I. von Schweidnitz-Jauer 117
Sechster Abschnitt.
.Schlesieu koinint an Bolimen ... 128
Drittes Buch.
Schle.sieu unter Kouigeu aus dem Stamme dor
Luxenburger 1327 — 1437 151
Erster Abschnitt.
Sclilesien luitor Konig Johauu. Stadtische iind stiindische
Fortentwickelung. Nationale Gegensiitze in der sclile-
sischen Kirclie. Streit mit Biscliof Nanker ; . . . 153
Zweiter Abschnitt.
Schlesien unter Kaiser Karl IV. Uirterwerfung BoIko.s II.
von Schweidnitz. Die scblesisclien Fur.sten. Karl als
Gesetzgel>er und Landesvatcr. Judenverfolgungen. Dor
scbwarze Tod ' 178
Dritter Abschnitt.
.Scblesieu uuter Konig Wenzel. Der Pfaffenkrieg. Die
Oppelner Fehde. LandfriedensbUndni.sse 206
Vierter Abschnitt.
Kaiser Sigismund und die HussitenkJimpfe 229
Viertes Buch.
Sclilesien unterFiirsten aus verschiedeuenHiiu-
sern vornehmlich nicbtdeutscber Abkunft
1437 — 1526 263
Erster Abschnitt.
Albrecbt II. 1438-1439. Die koniglose Zeit 1440—1452.
Der Liegnitzer Lebensstreit. Jobaim Capistran in
Scblesien. Koiiig Ladyslaw Postbumus 1^53 — 1457 . 265
Zweiter Abschnitt.
Konig Georg Podiebrad 1458 — 1469. "SViderstand der
Breslauer und deren Isolierung. Die Regentscbaft. des
Legaten. Kampfe in Sclilesien 1466/67 293
luhalt. XIII
Seite
Dritter Abschnitt.
Konig Matthias von Uugaru 1409 — 1490. Kjimpfe iu
Schlesien mit den Anhaugern ties Gegenkonigs Wlady-
law von Polen. Behauptung Schlesiens durch Matthias
gegen die polnisch-bohmischen Heere 1474. Matthias
als Regent von Schlesien. Vertrag von Olmiitz 1479.
Niederwerfung Johanns von Sagan. Georg von Stein. 32iJ
Vierter Abschnitt.
Die Zeit der Konige Wladyslaw und Ludwig 1490 — 1526.
Anerkennung Wladyslaws , dessen Landesprivilegium
von 1498. Der Kolowratsche Vertrag von 1504. Die
Hinriehtung des Herzogs Xikolans von Oppeln zu Neifse.
Anarchische Zusttinde. Wladyslaws Tod 1516. Konig
Ludwig bis 1526. Markgraf Georg von Jagerndorf in
Schlesien und seine Bemiihungen um die Anwartschaft
auf dis Herzogtiimer Oppeln-Ratibor 354
Fiinfter Abschnitt.
Kulturhistorischer Riickblick. Nationalitat. Handel und
Industrie. Bergbau. Kalamittiten, Epidemieen, Brande.
Sitteu, religiose Gesinnung. Wissenschaftliche Bildung.
Plan einer Breslauer Universitiit. Kiinste 389
Register 422
Erstes Buch.
Schlesieu miter poliiischer Herrschaft
bis 1201.
Grunliagen, Gescli. Sclilesiens. I.
Erster Abschnitt.
Al teste Zelt bis 110 3.
Aus dem breiten fruchtbaren Oderthale erhebt sich steil
die machtige Pyramide des bis zu 713 Meter emporsteigen-
den Zobtenberges. Weithin siclitbar kann er reclit eigeiit-
lich als das Wahrzeichen Sclilesieiis gelten, und an ihn
kniipft audi der Name Schlesiens sicli an. Den Berg Zlenz.
(mit dem als weiches s zu sprechenden slavisclien s) nennen
ihn altere Urkunden^ und die an seinem ostlichen Fufse
hinfliefsende Lolie Zlenza den Schlesierflufs, so wie das ganze
Gebiet den Sclilesiergaa (pagus Silensi bei Thietmar, Sleen-
zane in einem alten Verzeichnis slavischer Volkerscliaften).
Von diesem zentralen Gebiete aus haben dann allmahlich auch
die iibrigen jetzt zu Schlesien gerecbneten Gauen Boborane,
das Land am Bober, Deodesi, slidostlich davon, sowie das
Land der Opoliiii und der Hrowaten in Oberschlesien den
Namen erhalteu.
Die, welche den Zobten als den Schlesierberg als Zlenz
bezeicbneten , waren nun Einwohner slavischer Zunge, dem
grofsen Stamme der Lechen (Polen) angehorig, flir sie war
der machtige Berg zugleich eine Statte heidnischer Gotter-
verelu'ung, wie uns der deutsche Chronist Bischof Thietmar
von Merseburg aus dem Anfange des 11. Jahrhunderts
glaubwiirdig bcrichtet.
Ob nun in iriiheren Zeiten etwa bis ziu' Volkerwande-
rung das Berghaupt des Zobten auch aut' Bewohner einer
andern Nationalitat herabgeblickt habe, davon ist uns be-
stimmte Kunde nicht erhalten. Die Romer, von denen kaum
zu zweifeln ist, dafs sie Handelswege nach den Bernstein-
kiisten auch durch diese Gegenden gefiihrt, haben uns nur
einige lateinische Namen von Stationen hinterlassen, in deren
Deutung dilettantischen Voraussetzungen ein unbegrenzter
1*
4 Erstes Buch. Erster Abschuitt.
Spieli'aum gelassen ist ; uud wenu wir aus Tacitus' Gerraania
entnehmcn zu kouneu glauben, dais zii seiner Zeit in diesen
Gegeuden die Lygier, ein Volk sucviscli-vandalischen Stam-
mes gewohnt habe, so steht hinter diesem Namen docli nichts
von Geschiclite, uud obeudrein liaben diojeuigen lygischen
Stiimme, die wir nach dem Griecheu Ptolemiius in der Ge-
gend von Schlesien zu suclaen liabeu, die Silinger (der Name
erinnert an Slesane) und Korkontier in ihren Namen eher
einen slavischen Beigeschmack. Wir vermogen eben bei
dem Mangel aller sieheren Zeugnisse hier uns sichere Uiieile
nicht zu bilden.
Und es wLirde uns auch Avenig lielfen, wollteu Avir der
Mabnung des Dichters folgend gegeniiber dem SchAveigeu
der Geschicbte die Diuge ,,redend zeugen^' lassen, „die
man aus dem Schofs der Erde grlibt^'. Es ist an solcheu
kein Mangel: im Breslauer Museum reihen sicli zu Tausenden
die sch-warzen Aschenurnen aneinander; WafFen, Haus-
gerate, Scbmucksacben der verschiedensten Art finden sich
dort aufgebauft: ganz obne Spracbe sind nun diese Dinge
wobl nicht, und fiir die Kulturgescbichte der ]\[enschheit
mogen sie in gewisser Weise auch Zeugnis ablegen konnen,
von unserer spezieilen Laudesgescliichte aber melden sie uns
nichts.
Das ganze erste Jahrtausend der christlichen Zeitrech-
nung ist fiir unser Schlesien ein Aveifses, unbeschriebenes
Blatt, ja es scheint geAA^agt, fur diese Zeit ilberhaupt A^on
einem Lande Schlesien zu sprechen. Wohl ist die Grenze
gegen Bohmen bin seit uralter Zeit eine feste geAvesen, das
Hochgebirge der Sudeten, damals mit undurchdringlichem
Walde bedeckt, hat eine sichere Grenzscheide abgegeben,
durchbrochen uur da, avo das bohmische Land mit der zu
ihm gerechneten Grafschaft Glatz in das schlesische Gebiet
tief einspraug bis zu dem Felsenthore der Neifse am Wartha-
berge.
Aber scliAverlich hat es in den Aveiteu Ebenen, Avelche
auf dem rechteu Oderufer Aveit sich hinziehen, eine feste
Grenzhnie gegeben, Avelche liier die schlesischen Slaven von
ihren ostHchen und niJrdlichen Nachbarn geschieden; und
aller • Wahrscheinlichkeit nach haben ganz ahnhch Avie an
der Warthe uud Weichsel auch die SlaA'en an der Oder
A'ereinzelt in patriarchalischen GauA^erfassungen gelebt, der
Zugehfjrigkeit zu einem grofseren Ganzen nur dann sich
bcAA'ufst, AA'enn die eiserne Faust eines milchtigen Eroberers
sie zur Leistung von Heeresfolge und Tributen zAA^ang. So
mogen AA^enigstens Telle des jetzigen Schlesiens zu dem
Einfiihrung des Christentums. 5
gTofsen Reiche gehort haben, welches um 623 cler von den
Wenclen zu ihrem Heerfiilirer erkorene frankische Kaufmann
Samo griindet imd dann gegen Ende des 9. Jahrhunderts
zu dem grofsmahrischen Reiche, wo dann -vielleicht auch
Schiller der Slavenapostel 3Iethodius imd Constantinus so gut
wie in Bcihnien und Mahren auch hier Bekeln-ungsversuche
zuiu Christentvime und zwar nach griechischem Kirchen-
gebrauche gemacht haben mogen. Beide Staatenbildungen
hatten nur kurze Dauer, und ihre Auflcisung hat dann jene
Bestandteile einfach der alten Unabhangigkeit zurlickge-
geben.
Anders wuxl dies mit der Tollstandigen Einfiihrung des
Christentums in Polen, es ist, als ob erst das Eintreten der
grolsten organisatorischen Kraft, welche das Mittelalter hat
entstehen sehen, der Kirche, in diese Kreise auch auf poli-
tischem Gebiete die Kunst der Staatenbildung und Gliede-
rung gelehrt habe.
Die Bekehruug Polens begann etwa um 966 mit der
Taufe des Polenherzogs Mesko gerade in einer Zeit, wo fast
hundert Jahre hindurch immer erneute Kampfe mit Bohmen
stattfinden, wesentlich um den Besitz der schlesischen Gauen,
in welche dann Kriege mit den von Bohmen wie von
Polen Vasallenschaft heischenden deutschen Kaisern hinein-
spielen.
Einer dieser bohmisch - polnischen Streite giebt uns nun
Gelegenheit, den ersten Ortsnamen auf das weifse Blatt der
schlesischen Karte zu verzeichnen, als den ersten Punkt, der
aus den wogenden Nebcin der Vorzeit uns deutlich erkenn-
bar vor Augen tritt.
Im Jahre 990 namHch ge^\annt Mesko, der erste christ-
Hche Polenherzog, im Kampfe mit dem Bohmenherzog Bo-
leslaw II. die Bm'g Nimptsch. So werden wir wiederum in
das eigenthche Herz des Landes gefiihrt, dahin, wo an den
Ufern des Schlesierflusses , der Lohe, jener Hiigel sich er-
hebt, der nachmals noch viel Blut hat fliefsen sehen, und
es ist wie ein bedeutsames Omen, dafs dieser zuerst in dem
slavischen Lande uns entgegentretende Ort eine deutsche
Grilndung ist, wie schon der Name (Niemci = Deutsche)
und aufserdem noch der Chronist Tliietmar uns bezeugt, wo
deutsche Hitter in slavischem Solde den in ihrer Heimat
ubHchen Burgbau hier zur Anwendung gebracht hatten.
In jenen Kiimpfen nun bleiben die Polen, namentlich
seitdem auf jMesko 992 dessen Sohn, der gewaltige Boleslaw
Chrobry, folgt, Sieger imd dehnen auch liber die schlesischen
Gaue nach und nach ihre Herrschaft aus, bis dahin, wo an
G Elates Buck. Eiatcr Abscbiiitt.
die sclilesisclien Slaven die "Wenden der Lausitz grenzten.
Dafiir spriclit die bedeutsame Thatsache, dafs, als Kaiser
Otto ira Jalu'e 1000 seine AVallfahrt iiach Grnesen zum Grabe
des heiligen Adalbert zur Ausiilhrung bringt , ilm der
Polenfllrst Boleslaw Ohrobry in Eulau bei Sprottau empfangt,
an der Grrenze seines Landes des Gaues Diodesi. Dieser
Punkt; vmweit des Zusammenflusses von Bobcr und Queis
gelegen, ist uns um so interessanter, als er einen Knoten-
oder Scheitelpunkt einer dreifachen Reihe von Griiben be-
zeichnet, der sogenanuten Dreigrjiben, welche wir von da
an bis in die Gegend von Krossen im wesentlichen auf
der alten Greuze der Fiirstentiimer Glogau und Sagan ver-
folgen konnen. Dieselben scheiuen von Eulau zum Queis
sich gezogen zu baben, und dieser Flufs dilrfte dann auf-
warts bis Puscbkau ihre Stelle vertreten haben. Von Pusch-
kau aus konnen wir sie dann ostlich bis Petersdorf siidlich
von Primkenau verfolgen, ziemlich parallel der Grenze der
alten Fiirstentiimer Glogau und Jauer oder spezieller des
sprottauischcn und bunzlauischen Weichbildes. Von Peters-
dorf siid warts, also nalie der Ostgrenze des Bunzlauer Ge-
biets, finden wir dann noch Spuren derselben bis zu den
Silmpfen von Greulich. Wenn die Beobachtung, dafs die
hocliste der zu den Dreigrjiben gehtirigen Schanzen nach
der Lausitzer Seite zu liegt, ricbtig ist, so Aviirden wir
Grenzbefestiguugen vor uns haben, welche die Lausitzer
Wenden gegen die sclilesischen Polen erriclitet. Mit grofser
Wahrscheinliclikeit durfen wir sclion um des glaubhaft er-
wahnten Grenzpunktes Eulau willen in dem Ganzen die
schlesische Landesgreuze gegen Westen und speziell die des
niedersclilesischen Gaues Diodesi urns Jalir 1000 erblicken,
und es kann wohl zuliissig erscbeinen, dieselbe zu vervoll-
stiindigen, indem wir die Linie der Dreigraben, von dem
Punkte, an welcbem wii' sie verliefsen, in derselben Rich-
tung auf der Ostgrenze des bunzlauischen Weichbildes (des
spateren jauerschen Fiirstentums) siidlich verlangern, wo wir
dann den isolierten Bergkegel des Grfiditzberges, dessen
Kame (grad oder brad = Burg) auf eine slavische Burg-
anlage hindeutet, als altes Grenzkastell treffen werden.
Jene Zusammenkunft Kaiser Ottos III. mit dem Polen-
herrscher Boleslaw Chrobiy hat dann die wichtige Folge,
dafs fiir ganz Polen ein grofser Metropolitenverband, dessen
]\Iittelpunkt das Erzstift Gnesen ist, geschaffen und diesem
auch das wahrscheinlich Avenige Jahre friiher gestiftete Bis-
tum Breslau unterworfen wird. Der erste Bischof von
Breslau hiefs Johannes. Es fallt also ums Jahr 1000 zu-
Bistum Breslau. 7
gleich die erste Erwahmmg der Landeshauptstadt , deren
Namen der deutsche Chronist Thietmar als Wrotizla be-
zeichnet, worin wir den unter den slavisehen Orten haufigen
Namen Wratisla-s-ia erkennen, von dem doch mehr bolimisch
klingenden Personenuamen Wratislaw abgeleitet.
Die selbstandige Organisation der polnischen Kirche
unter einem eignen Erzstifte erfolgte zum Schaden des deut-
schen Erzstiftes Magdeburg, welches bei seiner Griindung
dui'cli Otto den Grofsen die Anwartschaft auf die im Slaven-
lande zu griindenden Bistilmer empfangen hatte, indessen
mufste der Widerspruch des Magdeburger Erzbischofs um
so Avirkungsloser bleiben, als Boleslaw Chrobry den piipst-
lichen Stulil auf seine Seite zu bringen wufste, dadurch dafs
er sein Land dem Schutze des heiligen Petrus iibergab, es
also diesem gewissermafsen als Lehen auftrug und zur An-
erkennung dessen sich zur Zahlung des sogenannten Peters-
pfennigs verpfliclitetej einer Steuer, welche zwar im Priuzipe
als eine von jedem Einwobner zu erbebende Kopfsteuer ge-
dacht werden mochte, tbatsacblicb aber als ein von dem
Filrsten jahrlicb nach Eom abzuflihrender Tribut erscheint.
Insofern dieser Peterspfennig im Deutscben Reiche nie be-
zahlt worden ist, war bier ein Gegensatz zwischen Polen
und Deutscben und ein Motiv zur Begunstigung der Polen
seitens des papstliclien Stables gescbaffen, das dann mannig-
fach weiter gewirkt hat.
Dafs schon damals der Einflufs der Kurie sich zugunsten
des machtigen Polenfursten geltend gemacht, dafilr lassen
sich Spuren nachweisen, und Boleslaw selbst hat keinen An-
stand genommeuj den Papst zu derartigen Anstrengungen
aufzufordern , Avie er denn z. B. 1013 demselben schreibt,
die Nachstellungen des deutscben Kunigs machten es ihm
unmoglich, den versprochenen Peterspfennig zu zahlen.
Es geschah dies in den Kampfen, welche sich entzlinde-
ten dadurch; dafs Boleslaw die Wirren nach dem friih-
zeitigen Tode Kaiser Ottos III. 1002 zu neuen Erobenmgen
beniltzte, Bohmen bedrohte und in bis zum Jahre 1018
imauer fortgesetzten Kriegen den Besitz der Lausitzen er-
stritt. Wiederholt sind die Heere Kaiser Heinrichs 11. in
diesen Kampfen bis nach Schlesien vorgedrungen , schon
1005 hat derselbe Mitte August den Oderiibergang bei
Krossen bewirkt, um sich dann gegen Grofspolen zu wenden,
1010 verwustet derselbe auf einem neuen Zuge die eigent-
lichen schlesischen Gaue Silensi und Diodesi, 1015 erleidet
ein deutsches Heer in dem letztgenannten Gaue schwere
Verluste, und 1017 erfolgt dann der grofste der deutscben
8 Erstes Bueh. Erstor Abscliuitt.
Feldziige. Der Kaiser stelit am 9. August vor der Glogauer
Burg, die Boleslaw gegen ihu behauptet, zielit dann in das
eigentliche Sclilesieu gegen das teste Nimptseli, das er lange
Zeit doch vergeblich belagert, wahreud Boleslaw inzwischen
in Breslau verweilt. Das deutsche Heer zielit endlieh nicht
ohne Verlust liber Bohmen zurilck, ohne andere Eriblge er-
zielt zu haben als die Verwiistung des Landes, welclie dann
der Polcnfurst an den Nachbarlaudern riicht.
Nachdem auch aus diesem Karapfe, obwolil Bohmen,
Ungarn, Russen den Kaiser unterstiitzt haben, Boleslaw un-
bezwungen hervorgegangen, lal'st ihm der Friede zu Bautzen,
um dessen Vermittelung wiederum die Geistlichkeit eifrig
sich bemilht hat, sogar den Besitz der Lausitzen. Seinem
Sohne Mesko wkd die Enkeliu Ottos II. Tochter des Pfalz-
grafen Erenfrid Richenza vermiihlt, Boleslaw selbst heiratet
in zweiter Ehe des Markgrafen Ekkehard Tochter Oda.
Die Konigski'one ist der spate Lohn einer Regierung, die
Polen grofs gemacht hat, wie es zu kemer Zeit gewesen,
die den Schreeken der polnischen Waffen von Kiew bis
vor die There von Magdeburg, von der Moldau bis an die
Ufer der Ostsee getragen.
Nach seinem Tode 1025 vermogen seine Naehfolger (zu-
nachst Mesko bis 1<)34) weder die kcinighche Wurde noch
die ausgedehnten Eroberungen zu behaupten; als Reste der
Lausitzer Erwerbungen dilrfen wir vielleicht das Saganer
Gebiet bis nach Krossen hinauf und ebenso das von Bunzlau
ansehen, welche dann definitiv bei Schlesien geblieben sind.
Ob es vielleicht schon eben Boleslaw Chrobry gewesen, der
im Thale des Bober eine neue teste Burg angelegt und nach
sich Boleslavia (Bunzlau) getauft hat, diirfte schwer festzu-
stellen seiu.
Nach Meskos Tode 1034 begegnen wir dann noch ein-
mal einer Reaktion des Heidentums, bei der zugleich auch
die nationale Abueigung gegen die Ausliinderin, die deutsche
Fiirstentochter Richenza, Kleskos Witwe, ins Spiel kommt.
Diese wird samt ihreui Sohne Kasimir vertrieben, und die
Verfolgung der Christen trifft natiirlich auch den Breslauer
Bischof, der auf der Breslauer Dominsel im Schutze der
herzoglichen Burg (im Nordwesten der Insel) seine Kirche
und seinen Wohnsitz hatte. Seinen Namen wissen wir nicht
zu nennen, seit jenem Johannes, der uns ums Jalu' 1000
genannt wird, kennen wir die Breslauer Bischofe bis in die
5litte des 11. Jahrhunderts nicht, wir wissen nur so viel, dafs
das schlesische Kirchenhaupt auf dem rechten Oderufer in
Schmograu bei Namslau und dann in Ritschen, einem schon
Boleslaw Clirobry. 9
seit dem 15. Jahrhimdert untergegangenen festen Orte im
Oderwalde zwischen Ohlaii und Brieg,_in dessen Riiinen
wir die einzigen uns noch erhalteuen Uberreste einer bis
ins Heidentiim hiuaufreichenden Burganlage erkennen, eine
Zuflucht gesucht hat, bis sich die Sturmflut der Verfolgung
wieder verlaufen.
Jene Zeit der Anarchie nacli Meskos Tode ermutigt
dann den Bohmenlierzog Bretislaw zu siegreichen An-
griffen auf Sclilesien, welches aiich, nachdem Kasimir 1041
Polen mit deutscher Hilfe wiedergewonnen hatte, den Boh-
men bheb und erst 1054 an Kasimir zurlickfiel mit der Ver-
pflichtung, dafiir einen jiihrlichen Tribut an Bohmen zu
zahlen. Dieses Verhaltnis hat dann bis in den Anfang des
12. Jahrhunderts fortgedauert ; und das Unterlassen der
Tributzahhmg hat noch zu wiederholten Kriegen gefuhrt,
in deren einem 1093 nach der allerdings wohl iibertreiben-
den Nachricht des bcihmischen Chronisten Kosmas der
Bohmenherzog Bretislaw das ganze schlesische Land auf
dem linken Oderufer von Ritschen bis Glogau so verwiistet
haben soil, dafs nur Nimptsch bewohnt geblieben sei. In
jener Zeit erscheint Breslau als Sitz eines besonderen Her-
zogs resp. Statthalters, des Grafen Magnus, der dann in die
schnell wieder gedampfte Emporung des Zbignew eines un-
echten Sohnes des damahgen Polentursten Wladyslaw Herr-
mann verwickelt erscheint.
Schon 1096 erfolgt ein neuer Einfall Bretislaws. Der-
selbe erobert und zerstort die am "VVarthapasse gelegene
Burg Brido (Wartha), damals die polnische Grenzfestung,
wie denn bis in viel spatere Zeit die Grafschaft Glatz zu
Bcihraen gerechnet worden ist. Bretislaw erbaut weiter ab-
warts der Neifse dann die Burg Kamenz, die er als Aus-
fallsthor nach Schlesien hin besetzt halt. Erst sein Tod ira
Jahre 1100 endigt faktisch die Abhangigkeit Polens von
Bohmen.
10 Erstes Bucli. Zweiter Absdiuitt.
Zweiter Abschnitt.
Boleslaw III. llOtJ— 1138. Bie selilesisclie Kirelie im
11. Jalirliuiuleit. Komanisclie Einfliisse.
Mit Boleslaw in. 1102— 11 38^ cler sclion vor dem Tode
seines Vaters AVladyslaAv Hermann neben Krakau und
Sendomir aucli Breslau als eineu der Hauptsitze des Reiches
mit einer gewissen Selbstandigkeit innegehabt hatte, besteigt
nun ein Herrschcr den Thron, der die Traditionen BoleslaAV
Chrobrys ernciiert^ und gleicli diesem seine fast imnier siog-
reichen Waffen in rastlosen Kampfen einnial bis an die Ul'er
der Ostsee triigt und schliefslich sogar Stettin erobert (1122),
dann wieder nach Bolimen und Mjiliren oder nach dem
sildliclien Rufsland und Galizien. Es ist nicht die Aufgabe
eines sclilesischen Historikers, ein zusammenhangendes Bild
seiner Tliaten zu entwerfen, diese kommen viehnehr fiir
uns nur so Aveit in Betraclit, als sie Schlesien berlihren, wel-
ches Land durch Aviederholte Verwiistungen, die es von den
Nachbarn erleidet, teurer als alle andern polniscben Pro-
vinzen den Kriegsrubm Boleslaws bezablen mufs.
Gleicb im zvveiten Regierungsjabre 1103, als sich Bo-
leslaw durcli einen glucklicben Feldzixg Zbyslawa, die Tocliter
des Fursten von Kiew, als Gemablin erkiimpft, bereitet ilnn
sein eigener alterer Halbbruder Zbignew, den der Vater
als unebenbilrtig mit Glogau (nacli anderen aucli j\Iasowien)
abgefunden hatte, Nacbstellungen, und der Verdacbt, dafs er
die Bohmen zu einem Einfalle angereizt babe, bleibt, ob-
wolil er im Gottesurteile seinen Anldiiger, den Burgberrn
von Punitz, bei der spater oft genannten Burg Sandewalde
unweit von Gubrau besiegt. Bohmische Scharen verwiisten
das Breslauer Land, scblagen bei Ritsclien ein Lager auf
und werden nur durcli Geld zum Abzugc bewogen (1103).
Dagegen seben wir bald nacbber BoleslaAv siegreich sein
Land bebaupten mid den Einfallen der Feinde (Pommern
und Bobmen), welehe der immer neue Riinke anspinnende
Zbignew zu Einfallen aiireizt, trotzen. Schon 1104 hatte
ihm einer der bohmischeu Kronpratendenten Boriwoi das fcste
Schlofs Kamenz zurlickgegeben , und als dann ein anderer
Pratendent Swatopluk niehr Aussichten auf den Thron hatte,
erkaufte derselbe die Unterstiitzung Boleslaws durch das
Versprechen, die Grenzburgen, daruiiter jedenfalls Wartha
Boleslaw III. 11
unci wahrscheinlich audi Ratibor, zu schleifen oder zuriick-
zugeben. Swatopluk hielt, als er 1107 aiif den Thron kam,
sein Wort nicht; dock gelang es Boleslaw, bald daraiif Ea-
tibor in seine Grewalt zu bekommen.
Er ha.tt6 namlich von einem Anschlag der Miihrer auf
Kosel erfahren und in aller Stille, wakrend er selbst sckein-
bar gaiiz unbesorgt eine grolse Jagd veranstaltete , eine zu-
verlassige Schar ausgesendet, welche im Rilcken der vor
Kosel gezogenen Miibrer einen Handstreick auf Ratibor aus-
fiikren soUten, der dann auck, wenn gleick nickt okne Blut-
vergiefsen, gelang. Die Makrer, vor Kosel abgewiesen, wer-
den dann auf dem Riickmarscke von Ratibor aus durck die
Polen angefallen und mit sckwerem Yerluste gescklagen
(etwa 1108).
Bei Boleslaws inimer fortdauernder Feindsckaft mit dem
Bokmenkerzog Swatopluk suckte er ein Blindnis mit Konig
Koloman von Ungarn, und in Ausfukrung dessen mackt er
dann, als Kaiser Heinrick V., von dem Bokmenkerzog unter-
stlltzt, 1108 gegen Ungarn zufelde ziekt, einen Einfall in
Bokmen. ]\Iit ikm ziekt einer der bokmiscken Kronpraten-
denten Boriwoi, der Bruder Swatopluks, der dann auck in
Bokmen Ankanger findet. ObAvokl nun Boleslaw bald
durck die Nackrickt von einem Angritfe der Pommern auf
Grofspolen zuriickgerufen ward, so ward dock die Diversion
der Polen flir Kaiser Heinrick die Veranlassimg , den filr
die deutscken Watien oknekin nickt gilnstig verlaufenden
ungariscken Feldzug aufzugeben und erfolglos keimzukekren,
dock mit dem Entscklusse, den Poienfursten fiir seine Ein-
misckung zu strafen. Auck Swatopluk nakm blutige Racke
an alien, die seinem Nebenbukler sick zugewendet, sein Yer-
daclit traf auck das macktige und weit verzweigte Gesckleckt
der Wrsckowecen, die er unter Andrang besckuldigte, mit
seinen Feinden in Zvini verrateriscke Zusammenkiinfte ge-
habt ziT kaben, und okne Erinnerung, dafs gerade dieses
Gesckleckt ikm einst auf den Tkron gekolfen, durck massen-
kafte Hinricktungen vertilgte. Es verdient dies kier ange-
fiikrt zu werden, weii man wokl nickt ganz mit Unreckt in
Zvini unser keutiges Sckweidnitz suckt, dessen iilteste Er-
waknung Avir also kier vor uus katten.
Im folgenden Jakre 1109 riistete Kaiser Heinrick V., in
dessen Seele der zu ikm geflokene Halbbruder Boleslaws
Zbignew den Zorn gegen den Polenfilrsten wack erhal-
ten und zugleick das Zufallen einer miicktigen mit diesem
unzufriedenen Partei vorgespiegelt hatte, in aller Stille, und
sein Heer stand im August sckon in der Lausitz, als Bo-
12 Erstes Buch. Zweiter Abschuitt.
leslaw, cler inzwisohen an cler Netze gegen die Pommern
im Felcle lag, das Ultimatum des Kaisers erhielt, das ihin
die Abtretimg seines halben lieiches an Zbignew und die
Zalilung eines jahrlichen Tributs von 300 Mark Silbers zii-
mutete.
Boleslaw Aveist dies ab und eilt zum Scliutze seines
Landes zurilck. Der Kaiser indessen, lebhaft Avunschend,
hier an der Oder einen festen Punkt zu geA\'innen, greift
zuerst Lebus an, aber erfolglos, dann niit nicht besserem
Ertblge Aveiter oderaulAviirts Beiithen, dessen Besatzuug so-
gar einen kecken Ausfall aiif das deutsche Heer AA^agt, end-
lich das AAdchtigste dieser Kastelle Glogau, vor Avelcliem
auch eine von Boleslaw vorausgeschickte Scliar, den Deut-
schen den Oderilbergang zu Avehren, ein Lager aufge-
schlagen liatte-, dock fanden die letzteren eine Furt durch
den Fluls, iiberschritten denselben am Festtage des lieiligen
Bartbolomaus, den 24. August, und eroberten das polnisehe
Lager, so dais Avenige entkamen, um BoleslaAv die Ungliicks-
kunde zu bringcn, der mit seinem durch den Pomraernfeld-
zug geschAvilchten Heere in olfener Feldschlaclit den Kaiser-
lichen entgegenzutreten nicht Avagte und sich nun hinter
einem Fliiischen verschanzte, VerstJirkuugen erAvartend und
zugleich die schleunigst erbetene Hilfe von den Uugarn und
Russen.
Heinrich aber schlofs indessen Glogau fest ein und
angstigte die Burger so, dafs sie endlich durch Stellung A'on
Geiseln einen filnl'tagigen WafFenstillstand erkauften, Aviih-
rend dessen sie A^on Boleslaw die Erlaubnis zu einer Ka-
pitulation einzuholen gedachten. Dieser aber verwarf jeden
Gedanken daran und liefs die Burger mit dem Kreuzestode
bedi'ohen, Avenn um iliretAvillen die Burg llbergeben Averden
mlifste. Infolge davon diente der fiinftagige AA^aflenstillstand
den Belagerten nur dazu, die verfallenen FestungsAverke
eit'rig Aviederherzustellen , und den fortgesetzten Widerstand
vermochte selbst die Drohung des Kaisers, den Trotz der
Glogauer an den Geiseln blutig zu ritchen , nicht zu
lahmen.
Heinrich gab cndhch die Belagerung auf und zog ver-
eint mit SAvatopluk von Bohmen die Oder autwarts auf
Breslau zu ; immer A^on BoleslaAV gefolgt , dessen leichte
Truppen die deutsche Heeresmasse umschwarmten und ihr,
ohne sich auf entscheidende Kampfe einzulassen, da ihr
Vorriickeu in dem rauhen fremden Lande ohnehin viele
Schwierigkeiten fand, Auelfachen Schaden zufiigten. "\Yohl
war der Kaiser bereit, die anfanglichen Forderungen sehr
Boleslaw III. 13
herabzustimmen 7 von einer Abtretung an Zbignew, clem er
wegen der unerfilllt gebliebenen Versprecliungen ziirnte,
sollte nicht niehr die Rede sein und nur eine einmalige
Geldzahlung von 300 Mark als stillschweigendes Zugestand-
nis des Unterliegens angesehen werden. Aber Boleslaw, der
in der heranrlickenden raulieren Jahreszeit den besten
Bundesgenossen erwarten durfte, verweigerte auch dies, ohne
sich dadurcli sclirecken zu lassen, dafs Heinrich gegen die
Hauptstadt des Reiches Krakau ziehen zu woUen erklarte.
Ob es demselben damit Ernst gewesen, ist sehr zweifelhaft,
und er hat im September 1109 sich schwerlich dariiber ge-
tauscht, dafs nur eben ein ruhraloser Rilckzug ihm iibrig
bleiben Averde. Jedenfalls mufste der letzte Zweifel dariiber
schwinden, als am 21. September den Bohmenfiirsten Swato-
pluk im Lager die Hand eines bohmischen Morders fallte.
Bald war Schlesien von den fremden Truppen geraumt, und
Boleslaw durfte sich riihmenj seine Lande gegen iiberlegene
Heere erfolgreich verteidigt zu haben. Um diesem Ruhme
ein glanzenderes Relief zu geben, haben spatere Chronisten
dann aus dem sehr alten Namen des Stiftsgutes von St. Vin-
cenz bei Breslau Hundsfeld die Sage von einer grofsen
Mederlage der Deutschen bei Hundsfeld erfunden, deren
Leichen den Tieren zur Speise liegen gelassen worden
seien.
Von Bohmen, wo nacli dem Tode Swatopluks ein langer
Krieg um die Thronfolge das Land zerriittete, drohte Polen
keine Gefahr mehr, und auch die anfangliche Einmischung
Boleslaws in diese inneren Kampfe hat zu der schlesischen
Geschichte keine direkte Beziehung, wir mogen uns be-
gniigen in lokalem Interesse hervorzuheben , dafs in jenen
Kampfen 1114 Glatz verbrannt wird, und dafs 1115 im Juli
Boleslaw an der Neifse eine Zusammenkunft mit den boh-
mischen Fiirsten hatte.
Auch mit Deutschland kam Boleslaw bald in besseres
Vernehmen namentlich dadurch, dafs er um 1110 in zweiter
Ehe Salome, Tochter des schwabischen Grafen Heinrich von
Berg, heiratete, von deren Sch western die eine dem sich
schhefslich auf dem bohmischen Throne behauptenden Wla-
dislaw, die andere desscn Bruder Herzog Otto von Olmiitz
gleichfalls einem bohmischen Kronpriitendenten vermahlt war
resp. wurde. Der Stifter dieser Ehen war vermutlich Bischof
Otto von Bamberg, der in Bohmen und Polen gleich ange-
sehen war. Der deutsche Historiker, der diese Vermutung
aufstellt, fiigt treffend hinzu: „Die drei Schwabinnen und
Bischof Otto haben den Frieden jener Lander und den
14 Erstes Buch. Zweiter Abschnitt.
cleutschen Einflufs im Osten besser gewalirt, als es Konig
Heinrich vermoclitc." In cler That erialiren -wir von Kjim-
pfen zwischcn Bolunen mid Polen erst Avieder gegen Ende
der Regiei'ung Boleslaws III., wo wir von schrecklichen
Verwustungen leseii, welche in den Jahren 1132 — 1134 die
Bohmen in Schlesien angerichtet und bei welchen auch
Kosel zerstort wurdo, bis 1137 cine Zusammenkunl't Bo-
leslaws rait dem Bohmenfllrsten Sobieslaw, in der schon seit
1129 neu aufgerichteten Glatzcr Burg einen Frieden lierbci-
flihrte, zn dessen Bcsiegclung dann bald nachher in Nimptsch
der polnische Kronprinz Wladyslaw den bi3hmischen Prinzen
Wenzel aus der Taute hob.
Dafs der polnische Herrscher eben durch seine zweite
Vermiihlung in ein bessercs Verhaltnis zum Deutschen Reiche
gekommen, sahen wir schon, und es ist sehr Avahrscheinlich,
dafs er, als er 1122/23 mit der Eroberung Stettins die
UnterAverfung Polens vollendete, in irgendAvelcher Form cine
Anerkennung der neuen Erwerbung bei dem Kaiser gesvicht
habe. Wahrschcinlich spielte den Vermittier auch da wieder
Bischof Otto von Bamberg. An ihn, den er als Kaplan am
Hofe seines Vaters kennen gelernt, und der ihm sogar ent-
I'ernt verschwiigert war, Avendete sich BoleslaAA^, um seine
neuen Unterthanen in Ponimern fur den christlichen Glau-
ben gCAAdnnen zu lassen, nachdem ein romischcr Bischof
Bernard an dieser Aufgabe gescheitert und von dem pol-
nischen Kirchenfiirsten keiner fur das schwere und nicht
ungefilhrliche Geschaft zu gCAvinnen Avar. 1124 reiste
Bischof Otto liber Bohmen durch Schlesien nach der neuen
Stittte seiner Wirksamkeit liber Wartha, die bohmische Grenz-
burg, und Nimptsch, u.m dann am 4. und 5. Mai in Breslau,
Avo der Herzog Boleslaw und der Bischof ihm den ehren-
vollsten Empfang bereiteten, East zu halten und dann am
6. Mai seine Reise nach Gnesen Aveiter fortzusetzen.
Ottos Missionsthiltigkeit zu besprechen ist hier nicht der
Ort; gCAvifs ist aber, dafs er fort und fort einen nicht ge-
ringen Einflufs auf BoleslaAv auszuilben vermocht und viel
dazu beigetragen hat, ihn von Zerwlirfiiissen mit Deutsch-
land abzuhalten. Es handelte sich sogar in dem letzten
Decennium der Regierung Boleslaws darum, das alte Privileg
des IMagdebiirger Erzstiftes Avieder zur Geltung zu bringen
und ihm die polnischen Bistumer unterzuordnen. Norbert,
zu jener Zeit Erzbischof von Magdeburg , der Stifter des
daraals so einflufsreichen Prilmonstratenserordens , hoch an-
gesehen auch bei der romischen Kurie, schien ganz der
Mann dazu, solch grofsen Schritt zur Ausfuhrung zu bringen.
Boleslaw III. 15
fur den sich audi Kaiser Lothar warm interessierte. Aber
zu der Zeit, wo Herzog Boleslaw, auf den docli hier das
meiste ankam, in die ungarischen Handel verwickelt und
durch die wiederholten Einlalle der Bohmen, wie wir sahen,
bedrangt sich deni Reiche ofFen anschlofs, Pommern zu Lehen
nahm, den seit zwolf Jahren riickstandigen Tribut zalilte
und nacli Ableistung des Vasalleneides auf dem Reichstage
zu Mei'seburg den 15. August 1135 dem Kaiser das Scliwert
vortrug, so dafs man von ihm audi jene Konzession lilitte
zu erlangen hoffen diirien, war Biscliof Norbert schoii ge-
storben (1134); er, der allein das sdiwierige Werk viel-
leiclit hiitte durclifiiliren konnen.
Ftir Sdilesien und die schlesisclie Kirclie konnte man
wolil bedauern, dafs jener Gedanke niclit zur Ausfilhrung
gekoramen ist. Allerdings liatte die abermalige Losre;fsung
der polni&dien Bistiimer und ilire Konstituierung zu einem
selbstiindigen Metropolitenverbande uicht allzu lange aus-
bleibeii konnen ; aber sdion liundert Jalire spater waren
vermutlicli weder Breslau nocli Lebus mit an Poleii zuriick-
gefallen, liatten audi von Polen kaum mit reklamiert werden
konnen, wiihrend die Trennung der sclilesisclien Kirche
von Gneseii so sich erst langsam, unter Schwierigkeiten
und ini Interesse unseres Landes entschieden niclit frilh
genug voUzogen hat.
FreiHch fallt es schwer zu glauben, dafs die papstliche
Kurie audi damals sich zu einer Verkniipfung der polnischen
Bistiimer mit Deutschland hatte ernstlich bereit linden lasseii,
obschon man nach der in ilirer Echtheit nicht angezweifellen
Bulle Papst Innocenz' II. voni 4. Juni 1133 dies aiinehmen
mufste. Denn wie grofse Verdienste sich audi fort und
fort der deutsche Klerus um die Kirche nach alien Seiten
hin erwarb, so mufste doch einerseits der Umstand, dafs in
Polen der Peterspfennig gezahlt wurde, in Deutschland aber
nicht schwer ins Gewicht fallen; anderseits lag doch in dem
Plane des Papsttums , wie dassdbe sich besonders seit
Gregor VII. entwickelte , ganz entschieden die nationale
Selbstiindigkeit der verschiedenen Staaten, welche neben dem
gewaltigen deutschen Kaisertum bestanden, und die ja auch
zum grcifsten Telle den besondern Schutz des heiligen
Petrus zugesichert erhalten batten gegen das Gelobnis des
Peterspfennigs.
Es ist gar kein Zweifel, dafs der polnische Episkopat sich in
altesterZeit entwickelt hatohne irgendwelche direkte Anlehnung
an Deutschland. Das gilt audi natllrlich in vollstem Mafse
von dem Bistuni Breslau. Schon Gregor VII. hatte Legaten
16 Erstes Buch. Zweiter Abschnitt.
zur Ordnung der Bistumsverhaltnisse, deren Zei'fahrenheit der
Papst in einem Briefe vom Jahre 1075 beklagt, iiach Polen ge-
sendet, wenngleich die genauere Festsetzung der Diocesan-
grenzcn erst dem Kardinallegateu Egidius 1123 zugeschrieben
wird. Eine thatsachliclie Bestiitigung der erfolgten Grenzbe-
stimmung enthiilt dann das grofse pilpstliclie Privileg t'lir das
Gnesener Erzbistiim vom 7. Juli 1136, in "welchem unter
anderem demselben auch das Schlofs Militsch zugesproclien
wird, das aber in der Breslauer Diocese liege, eine Bestim-
mung, -vvelche filr uns von um so grofserer Wichtigkeit ist,
als sie uns den Lauf der Diocosangrenze, die ja dann mit
der politisclien zusammenfallt, etwa aiif der Linie der spa-
teren schlesisch-polnischen Grenze imd sogar das durch seine
Lage zwischen Siirapfen sehr leste spater als Grenzburg be-
deutsam werdende ]\Iilitsclier Schlofs schon vorhanden zeigt.
Eine ahnliche umfassende Bestiitigung ihres Landbesitzes
hat auch das Breslauer Bistum unter dem 23. April 1155
von Papst Hadrian IV. erhalten, eine Urkunde, welche, in-
sofern sie die Kastellaneien autzahlt, die damals zum Bres-
lauer Sprengel gehorten, fur uns vom allergrofsten Werte
sein miifste, waren nicht die Ortsnamen, die in derartigen
papstlichen Bestatigungen von den piipstlichen Schreibern,
welchen sie natilrlich ganz fremd "warcn, sich mannigfache
Entstellungen gefallen lassen mufsten, dadurch, dais die Ur-
kunde sich nui* in spateren Abschriften erhalten hat, oft
gerade an den fur uns entscheidendsten Stellen bis zur Un-
kennthchkeit verunstaltet.
Ob in dieser Zeit schon die Breslauer Bischofe ein Kreis
von Kanonikern als Domkapitel mngab, lafst sich mit iSicher-
lieit nicht feststellen. So\'iel aber ist gewifs, dafs, wenn
1120 das Domstift des heiligen Johannes noch nicht be-
standen hat, auch die zwar nicht von gleichzeitigen aber
doch von iilteren Quellen liber lieferte Grundung des Kol-
legiatstiftes zu Glogau in jenem Jahre nicht wohl denkbar
ist, und wie wahrscheinlicli es auch sein mag, dafs Herzog
Boleslaw III. in dankbarer Erinnerung an die tapfere Ver-
teidigung Glogaus 1109 gegen Kaiser Heinrich V. hier bald
darauf ein frommes Werk gestiftet babe, so kann er sich
doch sehr wolil mit der Erbauung einer grofseren Kirche
an diesem Orte begnilgt haben, an welche sich dann erst
spater ein KoUegiatstift angeschlosscn.
Von Breslau ist uns, Avio schon erwahnt, die Reihe der
Bischofe erst von der Mitte des 11. Jahrhuuderts an be-
kannt, wo dann folgteu Hieronymus 1051 — 1062, Johann I.
1063 — 1072, Peter 1074—1111, Siroslaw 1112—1120,
Alteste Breslauer Bischofe. 17
Hejmo 1120 — 1126, Eobert 1127—1140; daun nach sechs-
jahriger Vakaiiz Jobanu II. 1146—1149, Walther 1149 bis
1169. Wir wissen von ihuen alien weuig mebr als die
Namen, die biograpbischen Notizen, welcbe auf Grund des
polnischen Cbronisten Dlugosz liber sie in alteren Blicbern
sicb finden, sind langst als unglaubAviirdige Erfindungen
anerkannt. Ein Deutscher ist schwerlicb in dieser Reihe,
vielmebr diirften es der Mebrzahl nach Polen gewesen sein,
wie dies von den beiden Siroslaws und jenem Johann II.,
welcber das Kloster Jendrzejow selbstandig dotierte, niemand
bezweifeln wird; und Avelcber nationale Geist nnter ihnen
berrschte, mochte jener Hof kaplan Boleslaws III. , den man
friiher als Martinus Gallus bezeichnete, wobl kennen, als er
um 1113 seine scliAvillstige von deutscbfeindlieber Euhmi-edig-
keit llberfliefsende Chronik den polnischen Bischoien, unter
welchen sich audi der Breslauer Siroslaw befand, iiberreichte.
Dais ein Volk in der Periode, wo es aus primitiven Zu-
stiinden sich herausarbeitet , fremden Beistandes nicht wohl
entbehren kann, steht ja fest, xvad es uiufs da immer von
grofster Bedeutung werden, Avoher diese Lehrer und Heifer
ilnn kommen. Welche unabsehbaren Folgen wLirde es z. B.
gehabt haben, wenn die Einwirkungen byzantinischer Kultur
griechischen Bekenntnisses stark genug gewesen waren , um
den Teil der slavischen Welt, an dessen Geschichte unser
Schlesien teilhat, deni Osten zugekehrt zu erhalteu.
Vorhanden gewesen sind diese Einfliisse , daran ist gar
nicht zu zweifeln. Wir brauchen gar nicht weit zurilck-
gehend die missioniire Thatigkeit des Constautin und Methodius
auch unter den westlichen Slaven heranzuziehen , wir brau-
chen nur an die zahlreichen Verschwagerungen der polnischen
Fiirsten mit den russischen im 11. und 12. Jahrhundert zu
erinnern, an die byzantinische Art des Geprages auf den
altesten polnischen Mtinzen und an die interessanten an
byzantinische Kunst unverkennbar erinnernden Reliefs aus
der von dem Schwiegersohne Peter Wlasts dem Grafen Jaxo
erbauten Michaehskirche, welche nach deren Abbruch 1529
an das Allerheiligen - Hospital und dessen Nebengebaude ge-
kommen und dort wenigstens im vorigen Jahrhundert noch
zu sehen waren.
Es kann kaura bezweifelt werden, dafs nur die grofse
Armut unserer Quellen diese Beziehungen so vereinzelt
vms nachweisen lafst. Von grofsei-er Bedeutung aber konn-
ten sie nicht werden, nachdem seit der Mitte des 11. Jahr-
hunderts die Spaltung zwischen der romischen Kirche und
der des Orients auf das scharfste zutage getreten war, und die
Grunhagen, Gesch. Schlesiens. I. <i
18 Erstes Bueb. Zweiter Abscbnitt.
Polen clem Bischofe zu Rom treu blieben, zii dem, wie wir
wisscn, schon Boleslaw Chrobry in ein njiheres Verlialtnis
getreten war.
Die polnischen Ilerrscher in dieser Gesinnung festzu-
lialten, gerade gegenilber den Get'ahren, welclie die Familien-
verbindungen mit den russischen FUi*sien etwa bereiten
konnten, war ein Ziel, welches die Papste nicht aiis dem
Auge verlieren durf'ten, nnd schon dieser Grmid neben an-
deren, die zu erortern wir noch Gelegenheit finden werden^
erkliirt den Eifer, mit Avelchem die Kurie ihren Einflufs aut"
die polnische Kirche wahrt.
Der schon genannte spatere polnische Chronist Dlugosz
hat fur lange Zeit der Behauptung Kredit verschafft, die
jiltesten Bischofe Breslaus seien Italiener gcAvesen, nnd be-
ziiglich des ersten der oben aufgezjihlten Bischofe Hieronymus
berichten dies auch die alteren Kataloge.
Dafs sich Avirklicli Welsche unter den altesten Bischofen
Breslaus befunden haben, kann uns nicht nnwahrscheinlich
dilnken, Avenn wir erwiigen, dafs doch die papstlichen Le-
gaten, welche nach Polen kamen, samtlich Italiener oder
Franzosen waren, und dafs wir welsche Ilofgeistliche am
polnischen Hofe antreffen. In der That ist es nicht ohne
Interesse, die ersten Spuren jener sarmatisch-Avelschen Sym-
pathieen, welche dann alle Jahrhunderte und alle ei'littenen
Enttiiuschungen iiberdauert haben, zu verfolgen.
Im Grunde war es nicht allein das Bewufstsein gemein-
samer Interessen gegenilber dem allmachtigen Kaisertume,
was die Staaten zweiten Ilanges verband vind speziell auch
die romanischen Staaten den Polen naher brachte, obwohl
eben diese Gemeinsamkeit dor Interessen von der Kurie
eifrig gepflegt ward. Es ist daneben noch in Reclmvmg zu
setzen, dafs ilberhaupt gerade in der Zeit, die wir hier im
Auge haben, am Ende des 11., Anfang des 12. Jahrhunderts
die speziiisch-romanische Kultur in Europa den Ton angab.
Das griifste Avelthistorische Kesultat, welches das 1 1 . Jahr-
hundert herausgelebt, die ungemeine Kralfigung des gesamten
kirchlichen religiosen Momentes, die Bildung der Ideen, die
wir auf diesem Gebiete als die eigentiimlich mittelalterlichen
anzusehen gewohnt sind, war eine Frucht des asketisch-
mystischen Geistes, dor mit immer machtigerer Gewalt das
11. Jahrhundert erfllllt. Indem Gregor VII. denselben filr
seine hierarchischen Zwecke mit grofsartiger Energie zu be-
nutzen verstand, absorbierte er ihn doch nicht, man konnte
eher sagen, dafs er ihn durch eine feste Organisation noch
mehr kraftigte. Hier ist es nun auch nicht zu leugnen, dafs
Eoniauische Einfliisse. 19
diescr Geist der Zeit ganz besonders von den Romancn und
iinter diesen -v^dederum vornehmlich von dem keltisch-
romanischen Zweige, den Franzosen, erfafst und zum Aus-
drnck gebracht wnrde. Von dieser Seite vornehmlich war
das gewahige Ereignis des ersten Kreuzzngs, wenn auch
nnter papstlicher Oberleitung, in Scene ge.setzt worden^ wjih-
rend die Deutschen sich sprtide zuriickhielten; das so viel-
fach niit religiosen Motiven verquickte Eittertum bildete sich
vorzngsweise an den roiuanischen Hofen aiis, atif fran-'
zosischem Boden entstanden ziierst jene romantischen Eitter-
sagen, die wir dann in den Bearbeitungen unserer grofsen
mittelalterlichen Dichter bewimdern ; von hier ging der eigen-
tumHche grofsartige Baustil ans, den wir ziemlich nugeeignet
mit eineni Spitznamen der Eenaissancezeit als den gotischen
bezeichnen; hier bildete sich jene Eeform der Monchsorden
aus, welche dieselben mit neuem Leben und tieferem Inhalt
erflillten: die Pramonstra tenser , die Cistercienser erwuchsen
wie vordem die Cluniacenser auf franzcisischem Boden, um
bald mit ilu-en Kolonieen das christliche Europa zu erfiillen;
auch die geistlichen Eitterorden der Johanniter und Templer,
welche der Verbindung des religiosen Moments mit dem
Eittertume einen iiufserlichen Ausdruck geben, waren roma-
nische Stiftungen.
Es kann nicht geleugnet werden, dafs dies alles der Aus-
druck des damahgen Zeitgeistes war, dafs das Schiff der Kirche
damals von der Stromung der Zeit getragen ward, mid dafs
die in demselben Fahrwasser segelnden Franzosen das Be-
wufstsein hegen konnten, den Deutschen voraus zu sein und
all das neue Leben, das bei ihnen aufsprofs, in dem Sonnen-
strahl einer siegenden Idee frohhch gedeihen zu sehen, zu
einer Zeit, wo ilber Deutschland tiefere Schatten lagen, wo
das gCAvaltige Herrsehergeschlecht der Salier, das in der Be-
kampfung jener Ideen seine Lebensaufgabe erblickt hatte,
ins Grab stieg. Es ist noch ein voller Ausdruck der Si-
tuation, als 1147 einer der gewaltigsten Vorkampfer der
ncuen Ideen, der grofse Cistercienserabt Bernhard von Clairvaux,
den Hohenstaufen Konrad III. eigentlich gegen dessen Willen
und I'berzeugung zu dem Kreuzzuge bestimmte und so
Deutschland sich endlich doch von der neuen Bewegung ins
Schlepptau nehmen liefs.
Strahlen jenes Glanzes, der damals die Eomanen um-
strahlte, drangen nun auch in den fernen Osten und be-
wirkten, dafs die Polen liber Deutschland hinweg den Fran-
zosen die Hand reichten. Auch gerade unser Schlesien nimmt
an diesen Bestrebungen eifrigen Anteil, und es ist in der That
2*
20 Erstes Bach. Zweiter Abschuitt.
von InteressG; wabrzunehmen, wie liier im 12. Jahvlmndert,
kiirz vorher ehe sich das Land ganz uud gar deutschen
Einfliissen ciffnete, romanisclie Eiuwirkuugen vielt'ach auf
kil'clilicliem Gebiete, ja sugar die Aufjinge romanischer Ko-
lonisation nachzuweisen sind.
In Polen selbst sind die romanisclien Verbiudungen, be-
sonders auf kirchlichem Gebiete, uralt, die altesten polnischen
Monclie Benediktiuer - Ordens solleu aus Monte Cassino ge-
kommen sein; am Anfang des 11. Jahrhunderts sandte der
heilige Romuakl zwei Schiiler, Johannes uud Benedikt, nach
Polen, deren Ermordung 1004 dann die Legende so ^^eltach
ausgesponnen hat. Den Herzog Kasimii* lalst eiue Iriih ent-
standene Sage aus dem Kloster Chiny auf den Thron be-
rufeu werden, eine Gesandtschaft nach dem KJoster des hei-
ligen Egidius in der Provence (1082) und die Filrbitte der
dortigen Monche verschaflft der kinderlosen Ehe Herzog
AVladyslaws den lange ersehnten Sprofsling, den nachmaligen
Boleslaw III.
Im Anfange des 12. Jahrhunderts erfahren wii- auch
schon von franzosisch-polnischen Familienverbindungen, wie
z. B. die Tochter des Grafen Gottfried von Lowen einen
polnischen Prinzen heiratet. Auch dem Feldherrn Boles-
laws III. Peter "Wlast (d. h. Sohn AVladimirs), einem in
Sclilesien reich begiiterten Mamie, von dessen Schicksalen
wir noch weiter zu sprechen haben werden, giebt eine iiltere
schlesische Geschichtsquelle die Tochter eines flandrischen
Grofsen zm' Gemahhn, und wenn auch dies zweifelhaft bleibt,
so ist doch so viel gewifs, dafs er im Jahre 1109 auf seinen
vaterhcheu Erbgiitern am Zobtenberge und zwar auf dem
dem hohen Berge nordwestlich vorliegenden Berglein (Gorka,
Gorkau) ein Kloster grilndete fiir Handrische Augustiner, die
aus der Abtei von Arrovaise in der Grafschaft Artois her-
gezogen waren und mit reichen Giltern vorziiglich am Zobten
ausgestattet wurden. Auch erhielten dieselben um die Mitte
des 12. Jahrhunderts in Breslau die Sandkirche und einen
Teil der Sandinsel, wohin sie dann, da das Khma am Zobten
ihnen zu rauh erschien, ganz ubersiedelten , in Gorkau nur
€ine Propstei zm-iicklassend. Dor Bruder Peter Wlasts, Bo-
leslaw, erbaute fiir sie die Adalbertskirche zu Breslau, zu
der auch Landbesitz gehorte, darunter vielleicht auch der
Grund und Boden der spiiteren Taschenstrafse, welche noch
am Ende des 14. Jahrhunderts den Augustinern gehort.
Ganz unzweifelhaft von diesen flandrischen Augustinern
ist nun das ausgegangen, was wir von wallonischen Ko-
lonieen in Schlesien iinden, uud dessen Begriindung wir sicher
Wallonisclie Kolonieen. 21
ins 12. Jahrhimdert setzen diirfeu, so der Flecken von
St. Moritz, der sich um die Wcahrscheinlich noch im 12. Jahr-
himdert entstandene Maimtiuskirche gruppierte^ auch wohl
als Wallouenstrafse (platea gallicana oder romana) bezeichnet,
die heutige Klosterstralse, Von hier fiihrte die schon im
Anfange des 12. Jahrhunderts urkundlich erwahnte Moritz-
brllcke iiber die Ohlau auf das insulare Gebiet der spateren
Neustadt. Von diesen Ein"\yanderern ist nun die erste Kunde
der Tuchweberei, worin die Flanderer bekanntlich Meister
waren, nach Schlesien gekommen, und sie haben vermutlicli
auch den Stamm gebildet fiir die Tuchmacherkolonie , die
spater als Breslauer Neustadt ein besonderes Stadtrecht er-
hielt. Was die sonstigen wallonischen Kolonieen anbetrifft,
so vermiigen T\dr als soiche nachzuweisen von den Stil'ts-
giitern der Augustiner Jankau bei Ohlau und Kreidel bei
Wohlau, aufserdem das Jankau benachbarte, aber dem Vin-
cenzstilt gehorige Wiirben und endlich ein bischofliches Gut
in der Nalie von Namslau, welches in einer Ur kunde von
1271 als Prevacovica Gallicorum bezeichnet wird, und wel-
ches moglicherweise mit Wallendorf zusammenfallt; wo der
Name (polnisch Wlochy) gleichfaUs auf wallonischen Ur-
sprung hinweist.
Irgendwelchen nachweisbaren allgemeineren Einflufs haben
diese wallonischen Kolonieen, die von dem vlamischen (d. h.
also nicht romauischen, sondern eher germanischen Ursprungs)
Avohl zu unterscheiden sind, nicht geiibt, und wir haben
nicht den leisesten Anhalt selbst nicht filr Vermutungen
liber die besonderen Rechtsverhaltnisse , unter welchen sich
jene Grilndungen vollzogen und entwickelt haben. Nur so-
viel werden wir sagen konnen, dais die Lage dieser Ko-
lonisten nicht so giinstig gewesen sein kann, als die der zu
deutschem Eechte ausgesetzten, da diese Wallonendorfer im
13. Jahrhundert aUe deutsches Recht verlangen mid erhalten.
Boden konnten sie nicht wohl greifen, nachdem vom Ende
des 12. Jahrhunderts an in immer wachsendem Mafse das
deutsche Element massenhaft hier Eingang land, welches
sie notwendigerweise bald absorbieren mufste, wenn wu'
gleich die Grilnduugen noch im 13. Jahrhundert als wallo-
nische erwiihnt finden mid auch am Anfange des 13. Jahr-
hunderts wenigstens hier und da in Urkundeu Erlaubnis zur
Ansiedeluug auch von Wallonen erteilt wird.
Hervorzuheben dilrfte noch das sein, dafs unter den
wallonischen Einwanderern sich auch adelige Elemente be-
fundeu haben miissen, da einerseits die Mutter des am Hole
Herzog Heinrichs am Anfange des 13. Jahrhunderts hoch
2i2 Erstes JJiich. Z welter Abscliuitt.
angesehcnen Grafen Albert mit clem Barte aus cler Bres-
lauer AValloueustrafse stammte, anderseits das gauze 13. Jahr-
liuudert hindurc]") bis ins 14. liinein Kavaliere, die aiisdriick-
lieb den Beinameii Gallici trageii, in der Umgebung der
Herzoge genannt werden.
Zu weiteren Verbindungen mit Frankreich but dann die
Eiufiihrung der schnell zu groisem Kuhme geUingteu neueu
Monchsorden der Pramonstratenser uud Oistercienser in
Polea und Schlesien Veranlassung. Schon Peter Wlast wird
die G-rundiing eines Klosters fiir Prjlmonstratensermonche in
Laiirencic bei Kalisch, sowie eines Nonnenklostcrs dieses
Ordens zu Strzebio in Grofspolen zugescbrieben, und das be-
deutende, reicb ausgestattete , spiitere Vincenz-Stift, welches
Graf Peter nordlicb von Breslau (etwa wo jetzt die neue
Michaeliskirche steht) in den dreifsiger Jahren des 12. Jahr-
hunderts erbaute, ward zwar anfangs mit Benediktinern aus
dem polnisclien Kloster Tiniec unweit Krakau besetzt, docli
erfolgte bald auch dereii Ersetzung durcli Pramonstratenser
und zwar vielleicbt friiher als gewohnlicli angenonmien wird,
insofern einer papstlicheu Urkuude von 1193 zutblge dieser
Wechsel noch mit Zustimmung des Grafen Peter erfolgt
ware. Es war doch wohl aucli direkter EinHufs der roma-
nisclien Pramonstratenser, wenn Bischof Walther die Bres-
lauer Kirche, was Liturgie uud Ritus anbctritfc, der von
Laou nachbildete, flir welches Bistum dor Piilmonstratenser-
orden, dessen Stifter der heilige Norbert bei dera Bischof von
Laon Zuflucht und vielfache Forderung gefunden hatte, ein
besonderes Interesse hegte. Im Jahre 1201 hat dann zuerst
ein Priimoustratensei-abt Cyprian seinen Weg auf den
bischoflichen Stulil von Breslau gefunden.
Auch bezuglich des Cistercieuserordens darf behaup-
tet werden, dafs zu der Zeit, wo der heilige Beruhard
auf der Htihe seines Ruhmes stand, also wesentlich friiher,
ehe deutsche Oistercienser als eifrige Beforderer germani-
scher Kultur liier ihren Einzug hielten, direkte Beziehun-
gen zwischen Poleu resp. Schlesien und don iiltesten Stiftern
des Ordens in Frankreich bestanden haben. Als der Bres-
lauer Bischof Johannes II. um 1140 selbstiindig das pol-
nische Oistercienserkloster Jedrzejow griindete und dotierte,
siedelte er dort Briider aus Morimund an, die sogar den
Namen des Mutterklosters nach Polen verpHanzten. Einen
Brief des heiligen Bernhard dorthin hat man hier jahrhun-
dertelaug als teure Rehquie aufbewahrt, bis ein Brand ihn
zerstort hat. Um 1144 hittet Bischof Matthaus von Krakau
den heiligen Bernhard aufs dringendste, nach Polen zu konnnen,
Gruudungen romauischeu Urspnings. 23
WO man allgemein seine Ankunft erwarte, unci wo viele
tromme Manner, vor alleni cler edle Graf Peter, sebr glilck-
lich sein wiirclen, ihn zu sehen.
Als Stiftungen urspriinglicli romanisclien Gepriiges, die
zugleich an die Kreuzzlige anklingen, werden wir dann nocli
die Berufung der Hiiter des heiligen Grabes, welche Graf
Jasko von seiner Wallfalirt nacli Jerusalem 1163 nacli
Kloster Miechow gefilhrt und die bald auch in Oberschlesieu
Giiter erwarben, und ferner die der Johanniter zu nennen
liaben, denen Herzog Heinricli von Sendomir, der Bruder
Wladyslaws II., infolge seiner Kreuzfahrt 1154 die ersten
Besitzungen in Polen verlieh, und deren Kirche zu Striegau
schon Biscliof Waltlier weiht wie sein Nachfolger Siroslaw 11.
1170 — 1198 die Kirclie ihrer zweiten schlesischen Kommende
zu Grofs - Tinz. Siroslaw sclienkt ihnen dann im Jahre
1193 aucli nocli die Kirche zu Wartha unter der Bedinguug,
dais datur die Namen der gestorbenen Breslauer Kanoniker
nacli Jerusalem berichtet und fiir diese dort an heiliger
Stelle Seelenmessen gelesen werden.
Wir haben in dem Vorsteliendeu, uni Gemeinsames nicht
zu trennen, weit liber die Grenze gegrifFen, bis zu welcher
wir die politische Geschiclite gefilhrt hatten, und doch be-
reiteten sich bald nach dem Tode Boleslaws III. die Ereig-
nisse vor, Avelche unserer Landesgeschiclite eine ganz andere
Wendung gaben, sie von der polnischen mehr und mehr
trennten und die schlesischen Fllrsten zwangen, an Deutsch-
land einen Rilckhalt zu suchen, von wo aus nur ein kleiner
Schritt war zu einer Offnung des Landes gegen Deutsch-
land bin, fllr Einwirkungen, welche dann in kui'zem alle
jene ursprllnglichen romanischen Pflanzungen umgestalten
mufsten.
Dritter Abschnitt.
Wladyslaw II. und Peter Wlast.
Herzog Boleslaw III. hatte vor seinem Ende das Reich
unter seine vier Sohne (den filnften noch unniilndigen nicht
mit bedenkend) geteilt, doch dem Altesten, Wladyslaw, nicht
24 Kistos Buch. Diittei- Absclniitt.
nur einen grofseien Anteil, neben Krakau audi Schlesien^
sondei'n audi einc die Einheit dcs Keiches repriisentierende
hohere Stellung als GroMiirst (dux raaximus) gewjihrt, welehe^
an den Besitz von Krakau gekniiptt, audi fur die Zukunft
immer dcm Altesten zutoil Averden sollte.
Unverineidlidi lagen in dieseni Verhiiltnisse, bei welcheni
danii doch die Grenzen der konkurrierenden Gewalten iia-
tiirlicli nirgends festgesteckt wareu, die Keime innerer Zer-
wurl'uisse, wie solche eigentlidi bei der ersten Probe des
Seniors, seine Priirogative geltend zu maclieii liervortreten
niulsteii. In der That erfaliren wir schon zum Jahre 11 40
von Zerwlirliiissen zwischeu den Briidern, welclie damals,
wie es scheint , die Vei'mittelung ihrer j\Iutter Salomea
schliditet; aber der Keim weiterer Verwickelungen blieb,
und dafs Wladyslaw solche hervoiTief diu'ch starke Betonung
seiner oberherrlichen Gewalt, schi'ieb alle Welt an erster
Stelle deni Ehrgeize seiner deiitschen Gemahlin Agnes von
Usterreich, einer Halbsdiwester Kaiser Konrads III., zu; und
die Abneigung gegen die Auslanderin und deren EinHuls
verlieh danii der partikularistischen Opposition, in welcher
sich Adel und hohe Geistlidikeit zusammentanden , noch
einen gewissen popular - nationalen Anstrich. Von diesem
Standpunkte aus konnte es dann wohl audi geniiisbinigt
werden , wenn Wladyslaw allerdings ganz getreu der von
seinem Vater in dessen letzter Zeit vertblgtcn Politik ein
gutes Einvernehmen rait dem deutschen Kaiser suchte und
z. B. zum Weihnachtsfeste 1144 an Konrads III. Hof-
Jager den grolsen Feldherrn seines Vaters, den uns schon
bekaunten Peter Wlast sandte, der dann diese Gelegenheit
benutzte, um dort kostbare Kdiquien des heiligen Bischofs
Vincenz flir seine grolse Stiftung auf dem Elbing bei Bres-
lau zu erwerben, welche am 6. Juni 1145 feierlich in
Breslau eingeholt wurden und Veranlassung gaben, das
urspriiuglich der Jungfrau Maria geweihte JStilt nun nach
jeneni Heiligen zu benenuen.
Dieser Graf Peter war nicht, wie spatere Sageu berichtet
haben, ein Dane, sondern der Sohu eines polnischen und
zAvar eines schlesischen Edelmannes Wladirair, dessen grofse
HeiTschaft am Zobten lag. Peter war namenthch dadurch
in so holies Ansehn bei Boleslaw gekommen, dafs er im
Jahre 1122 angeblich durch eine Hinterlist, bei welcher er
selbst sein Leben aufs Spiel setzte, und welche an die That des
Zopyros bei Herodot erinuert, den Fursten von Halicz (Ost-
galizien) gefangen nahm. Boleslaw lohnte ihni durch Reich-
tiinier und Ehrenstellen , verschaffte ihm die Hand einer
AVladyslaw IT. imd Peter Wlast. 25
russischen Flirstentochter Maria, einer VerAvanclten seiner Ge-
mahlin Sbyslawa. Unter den Wiirclen, die ihm zufielen,
scheint sich auch die eines Statthalters von Schlesien be-
fiinden zu haben.
Jedenfalls war Peter, als sein gTofser Gonner Boleslaw
1138 starb, einer der angeseliensten unter den poluischen
Magnaten, iind seine schon erwahnte Sendung an den Hot'
des deutschen Kaisers im Jahre 1144 zeigt, dais das Ver-
trauen des Vaters auf den Sohn sich vererbt hatte.
Doch ward dasselbe bald darauf einer zn schweren
Probe unterworfen, als \^'ladyslaw mit seinen Briidern in
offnen Zwist geriet.
Xachdem das Verhaltnis Wladyslaws zu seinen jiingeren
Stiet'brildern schon iramer ein keineswegs ungetriibtes ge-
wesen und mancherlei Reibungen vorgekommen waren, reitte
allmahlich in WladyslaAv, der angeblich voruehmlich durch
seine elu'geizige Gemahlin Agnes von (jsterreich sich leiten
liefs, der Gedanke, fest durchgreifend sich eine monarchische
Gewalt auch liber die von seinen Briidern beherrschten Ge-
biete zu sichern, und im Jahi^e 1145 schritt er zur Aus-
fiihrung. Als er jedoch in den Lauden der Briider Steuern
erheben wollte, machten diese Einwendungen , und als ihre
Vorstellungen und Bitten fruchtlos bleiben, wagen sie be-
AvafFneten Widerstand, und zwei der Briider, Boleslaw und
Heinrich, biiisen ihre Lande Masowien und Sendomii' voll-
stiindig ein, wahreud der dritte Bruder Mesko sein Land
(Grolspolen) ganz oder zum Teii, wie es scheint, durch recht-
zeitige UnterAvertung rettet und dann in Posen auch den
Briidern eine Zuflucht gCAvahren kann.
Fiir den neugeschaflenen Zustand der Dinge, der faktisch
eine Umwlilzung der Verhiiltnisse , AAde sie seit dem Tode
BoleslaAvs III. bestanden hatten, herbeigefiihrt hatte, suchte
nun WladyslaAv bei seinem ScliAvager, dem Kaiser Konrad,
dem er den Titel eines Oberlehnsherrn nicht weigerte, eine
nachtragliche Anerkennung, die er dann Avohl wie eine Art
Garantie ansehen mochte, und erlangte dieselbe auch auf
dem Hoftage, den Konrad 1146 zu Ostern (Marz 31) in
Kaina bei Altenburg abhielt.
Mit dem Geliihle erhohter Sicherheit eilte Wladyslaw
nach Polen zuriick, entschlossen die Ziigel der Herrschaft
noch fester anzuziehen und die widerstrebenden Eleraente
ohne Schonung niederzuwerfen. Ein Opfer dieser Vorsiitze
wurde nun Graf Peter "VVlast. Dieser machtige Mann hatte
im Vertrauen auf die, wie er hoffte, vom Vater auf den
Sohn A'ererbte Gunst des Herrschers es o-eAvae-t, otFener und
2<) Erstes Buch. Diittei- Abschuitt.
eiuclringlicher als aiidere Grofse den Herzog von den Schrit-
ten gegeu die Brilder abzumahnen. Wladyslaw aber iind
vielleicht niehr noch seine Gremahlin hatte des Graien otlene
Rede auf das liet'tigste erzilrnt, iind eine strengc Aim-
dung del' Unbotmiilsigkeit ward niir verschoben, uni
nicht, so lange noch der Widerstand der Anliilnger der
Brilder nieht ganz gebrochen war, den machtigen ^lanu
resp. dessen Freuude auf die Seite der Aufstiindischen zu
treiben.
Wir diirt'en als huclist wahrsclieinlich voraussetzen , dais
die einmal autgeschobene Strafe oder Rache gar nicht oder
wenigstens nicht in so grausanier Weise zur Aust'iihrung
gekommen ware, batten nicht immer wieder neue Vorkomm-
nisse den Argwohn und Groll des Herzogs genahrt, und
ebenso gewil's ist, dafs nach der Riickkehr des Herzogs
aus Deutschland eine besondere Veranlassung AV lady slaw
bestimmt hat, den Bet'ehl zu des Grafen Verhat'tung zu ge-
ben. ]\IogIich ist auch, dafs die dem Herzoge erregte Be-
sorgnis, es sei bei dem von Peter geriisteten Feste der
Vermithlung seines Sohnes Egidius, wo viele Grofse geladen
werden sollten, eigentlich auf eine Verschwurung abgesehen,
AVladyslaw bestimmt hat, den entscheidenden Bcfehl zu er-
teilen.
Die Gefaugennehmung des machtigen Manncs war dem
herzoglichen Marschall Dobek (Dobeslaw), einem auf Peters
Ansehen und seine Schiitze neidischen Manne, iibertragen, der
sich nun allein nach dem befestigten Schlosse, das Peter
auf dem Elbing vor Breslau neben dem Vincenzkloster sich
erbaut hatte, begab und unter dem Vorgeben, er kame niit
einem Auftrage vom Herzoge, Einlafs und gastliche Be-
wirtung fand; spiit des Nachts schied er, um in seine Her-
berge zu gehen, die Eroflfnung der herzoglichen Botschaft
dem kommeuden Tage vorbehaltend , nachdem er die Ge-
legenheit des Ortes ausgekundschaftet, erschien aber vor
Tagesgrauen wieder an der Pforte mit Bewatiheten, die er
versteckt hielt, klopfte und hefs den Hauptmann des Grafen
Namens Roger, von dessen treuer Ergebenheit gegen seinen
Herrn er Widerstand fiirchtete, rufen und versicherte sich
dessen Person. Dann drang er mit seinen Bewaffueten ein,
rief Peter aus dessen Schlafgemach durch die Xachricht, der
Herzog selbst erwarte ilm, nahm ihn gefangen und ebenso
noch seinen durch den Liirm herbeigelockten Sohn Egidius,
welche dann alle drei fortgeschleppt und ins Geiangnis ge-
worfen werden, wahrend das Schlofs Peters geplilndert und
schhefslich in Brand o-esteckt wird. Von der gelungenen
Wladyslaw II. uud Peter Wlast. 27
Ausfilbrung erhalt der Herzog, cler in eiiier Staclt unweit
Breslau verweilt, schleunige Nachricht. Inzwischen Avar der
Schwiegersohu Peters^ der Graf Jaxa, oline Kunde des Vor-
gegangenen, bei Wladyslaw erschienen, mn den Herzog zur
Vermablungsfeier des Egidius eiuzuladen; als er am Hofe
den Sturz seines Schwiegervaters erfahren, versuclite er ver-
gebens den Zoi'n des Herzogs zu besanftigen, und ward
sogar selbst; da er sieb von jenem nicbt lossagen wollte,
vom _ Angesiclit des Herrscbers verbannt.
Uber Peter und dessen Sobn gedacbte der Herzog Ver-
lust seiner Gilter und ewige Verbannung zu verbangen ;
seine Gemablin jedoeb bestand auf der Todesstrafe, berubigte
sicb aber, als sie wenigstens die Strafe der Blendung bei
ibrem Gemabl ausgewirkt batte. Ein verurteilter Morder
flibrte um den Preis seiner Begnadigung die grausame Strafe
aus und soUte aucb nacb Dobeks Weisung dem Grafen die
Zunge ausscbneiden, welcbes letztere jedoeb; nur unvollkom-
men ausgefilbrt, nicbt ganz die Spracbe raubte. Der Un-
gliieklicbe land mit seinem Sobne eine Zuflucht in Posen
bei den Briidern des Herzogs.
Nun ging em Abgesandter WladjslaAvs an den gefangenen
Hauptmann Peters Roger, er solle den Ort, wo der Graf
seine Sebatze verberge, entdecken und aus dessen Dienst
in den des Herzogs treten, wo man ibm Ansebn und Ebren-
stellen verbiels. Auf seine Weigerung ward ibm bedeutet,
er diirfe seinem Herrn nur folgen, Avenn er sicb vorher mit
Geld lose. Roger verlangte zur Aufbi'ingung des Geldes
entlassen zu werden, und an der Spitze der zebn Biirgen,
die er zu diesem" ZAvecke stellen mufste, befand sicb der
Roger verwandte damalige Biscbof von Breslau Johannes
mit A'erscbiedenen Bittern. Nacb AA^enigen Tagen aber wurde
Roger von dem Herzoge, dem dessen Entlassung leid ge-
worden war, vor ibn nacb Krakau gefordert, und Roger
hatte sicb aucb bereits auf den Weg gemacht, als ibm
Biscbof Johannes seinen Archidiakon und Vertrauten Robert
nacb Krakau nachsandte rait der Warnung, jetzt nicbt \^or
dem Herzog zu erscbeinen, da ibm Gefabr drobe; er, der
Biscbof, woUe eine Verlangerung des jenem gestellten Ter-
mines auswirken. Wirklicb setzte er dies aucb durch, und
Roger blieb drei Tage im Hause eines Arm en zu Ki'akau
versteckt, begab sicb aber dann zu einem VerAA'andten, dem
Hauptmann im Krakauischen, Johann gen. Mikora, einem
angesebenen Edelmann, und forderte diesen auf, die GeAA'alt-
thaten WladyslaAA's, die Vertreibung der Herzuge, soAAde die
Grausamkeit gegen Peter zu riichen, und als dieser geltend
28 Erstcs Much. Drittcr Abschnitt.
macht, wie er zwar dies wunsche, aber keine Moglichkeit
zur Aust'ulirimg selie, setzt ihm Roger auseinander, wenn er
und sein Neffe Georg, der Hauptinann in Glogaii, die ver-
triebenen Herzoge zur Riickkehr aul'lorderc und beide ilinen
ihre Schlosser einraumten, werde WladyslaAV, der jetzt kein
Heer gesammelt habe, aller Wahrscheinlichkeit nach unter-
liegen. Mikora kann sich noch nicht entschliefsen und
weist Roger an seinen Neffen Georg, der aber noch mehr
Bedenken begt und jenen an seine Verpfliehtungen den
Biirgen gegenuber erinnert. Inzwischen aber hat Roger
andere Adelige gewonnen und durch diese verschiedene von
vcrschiedenen Sciten kommende Waruungsbriefe an Mikora
und Georg schreiben lassen, der Herzog hege gegen sie
Verdacht, sie mochten sich hiiten, ihnen drohe dasselbe
Schicksal wie dem Grafen Peter. Nun drilngte aiich sie
die List mit dem Scheine der Notwehr auf die Seite der
Verschworenen , Avelche in Breslau zur Beratuug zusammen-
kamen, wo dann Rogers Beredsamkeit die letzten Bedenken
zerstreute. Wiihrend Wladyslaw nichts ahnend einer Ein-
ladung zur Jagd nach Rufsland gefolgt war, rief man die
jiingeren Herzoge aus Posen herbei, und ihnen offnete sich
der grolsere Teil der Schlosser.
Es ist kauni zu bezweifehi, dafs die herzoglichen Brilder,
als sie sich an die Aufstandisehen anschlossen, sich bemtiht
haben, die Verantwortung Wladyslaw zuzuwalzen, als ob
dieser durch neue gegen sie vertibte Ungerechtigkeiten das
zwischen ihnen getrofFene Abkommen verletzt und sie da-
durch zur Notwehr gedritngt habe.
AVladyslaw sammelte auf die Nachricht von diesen Vor-
gangen ein Heer von Soldnern in Rulslaud mit Zustimmung
und Unterstiitzmig des ihm verwandten Filrsten, und mit
diesen und seinen polnischen Anhiingern zog er gegen die
Aufstandisehen, welche unter Filhrimg des AVsebor, Palatins
von Sendomir, ihm an der Pilica eine blutige Schlacht lie-
ferten, in welcher sie sich zwar den Sieg zuschrieben, doch
nicht verhindern konnten, dafs er, durch neue ausliindische
Soldnerscharen verstarkt und den Gegnern an Zahl der
Streitkrafte weit ilberlegen, sie immer mehr zuriick-
driingte, eine Stadt nach der andern einnahm und endlich
vor den Thoren der letzten Zuflucht der Aufstandisehen,
vor Posen, sein Lager aufschlagen konnte die Stadt hart be-
drangend.
Damals geschah es, dafs der greise Erzbischof Jakob
von Gnesen im Lager des Herzogs erschien, sich in einem
kleinen Wagen, an den ihn die Gebrechhchkeit des Alters
Wladyslaws II. Vertreibung. 29
fesselte, in das Zelt des Herzogs rollen liefs und diesen mit
den eindringlichsten Worten beschwor, deui Blutvergiefsen
ein Ende zu machen und von der Bedrlickuug der Brlider
abzustelien, und, da Wladyslaw ihn hart abwies, den Bann
der Kirche iiber ihn aussprach. Als der Bischof hiernach
sich entferneu wollte, rifs der Diener, der das Wagiein des
Pralaten bewegte, aus Ungeschicklichkeit eine der Stiitzen des
Zeltes urn, so dafs dieses zum Teil einstlirzte und den Herzog
fast erschlagen hiitte, — ein Zufall, der als ein iibles Zeichen
fiir diesen angesehen ward, den aber derselbe ungeahndet
hingehen liefs.
Mesko, einer der jiingeren Herzoge, der mit seiner Scliar
nicht mit eingeschlossen war, hatte inzwischen mit der Be-
satzung der Burg einen Uberfall des Lagers Wladyslaws
verabredet, zu dem ein von einem Turme der Stadt hinter
der Nikolaikirche dreimal auf- und niedergezogener Scliild
das Signal gab. Es gelang, die Wacheu zu iiberrumpeln,
und zugleich mit einem allgemeinen Ausfalle der Besatzung
erfolgte dann der AngrifF auf die unvorbereiteten, gerade mit
dem Mittagsmahle beschattigten herzoglichen Scharen, die
nun eine voUstandige Niederlage erlitten. Wladyslaw, seine
Sacbe verloren gebend, fioh nach. Krakau, und als die sieg-
reichen Gegner ihm, naclidem sie iliren Truppen eine kurze
East gegonnt, nachzogen, von da weiter liber Ungarn nach
Deutschland an den Hof seines Schwagers, des Kaisers
Konrad III. Seine Gemahlin Agnes blieb mit den Sohnen
zuriick und versuchte noch eine Verteidigung der Krakauer
Burg, ward aber bald zu einer Kapitulation genotigt, auf
Grund deren sie dann ihrem Gemahle in die Verbannung
folgte.
Wladyslaw 11. vertritt im grofsen und ganzen die tradi-
tionelle Idee der polnischen Monarchie, welche das Testa-
ment Boleslaws III. zu gefahrden schien, den Gedanken der
Einheit des Reiches, an welcher trotz der Landerteilung fest-
gehalten werden soil. Seinen Bestrebungen treten die Brii-
der entgegen, nicht ohne Sympathieen bei der Aristokratie
zu finden, aber ohne dafs die letztere gleicli von vornherein
es inne geworden ware, wie ihre zentrifugalen Interessen
mit denen der Teiliiirsten solidarisch verknilpft sind. Erst
als \Aladyslaw obgesiegt hat und nun auch die Grofsen die
straffer angezogenen Ziigel zu kosten bekommen, als einer
der Magnaten einer barbarischen Sti-afe unterliegt, da bricht
der Sturm los, die geistliche Aristokratie vereinigt sich mit
der weltlichen zum Sturze des Herrschers, und es erfolgt
eine jener Revolutionen, an welche die polnische Geschichte
30 Krstes Biicli. Vierter Absclmitt.
SO reicli ist, unci welche das endliehe Schicksal dieses Landes
bestimmt haben.
Vierter Abschnitt.
Schlesisclie Herzoge imter polnischer Oberhoheit.
Anfjiiige deutsclier Aiisiecleliiiigeii.
Nach der Vertreibimg Wladyslaws II. ilbernahm der
nachstalteste Bruder Boleslaw das Seniorat, die Lander niit
seinem Bruder ]\Iesko gleicli teilend, wahrend der jiingste
Kasimir als noch unraiindig vorlauiig leer ausging. Sclile-
sien blieb bei dem alteren, Boleslaw, der dann natiirlich
auch dem Grafen Peter alle seine Gliter wiedergab. Als
der Herzog 1149 die Besitzungen der Lieblingsstiftung des
Grafen J des Vincenzklosters, bestatigte, finden wir ihn um-
geben von einera Kreise, den wir aus der Geschichte Peters
kenuen ; da ist der Bischof von Breslau, Johannes, der einst
fiir den Grafen gebiirgt, da Bischof j\Iattliaus von Ki'akau,
der dem heiligen Bernhard so riihmend filr Peter geschrie-
ben, da der Scliwiegersohn Peters, Graf Jaxa, und Mikora,
der mit Roger zuerst den Aufstand gcplant. Bischof Jo-
hannes wird dann 1149 Erzbischof von Gnesen, und sein
Nachfolger in Breslau, AValther, dotiert aufs freigebigste
auch die zweite Grilndung Peters, das Sandstift, fiir welche
sich dann auch vornehmlich dessen Gemahlin Maria und
sein Sohn Swentoslaw (sonst auch Egidius genannt) inter-
essierten. Maria stirbt 1150, drei Jahre spitter folgt ihr Gatte.
Beide iinden im Vincenzstifte ihre letzte Ruhestiitte.
Inzwischen hatte Wladyslaw bei dem deutschen Konig
Konrad, dem Stiefbruder seiner Gemahlin, freundliche Auf-
nahme gefunden. An einer vollkommenen Wiederherstellung
seiner IMacht verzweifelte er selbst bald und wollte sich mit
der Riickgewinnung seines Erbteils begniigen. In diesem
Sinne bemiihte sich nun auch Konrad; aber auch seine
Vermitteluug scheiterte, und so entschlofs er sich dann noch
im August 1146 zu einem Feldzuge gegen Polen, nachdem
er die sachsischen Fiirsten, auf die an erster Stelle gerechnet
Deutsche Bemiihiangen zuguusten Wlady slaws II. 31
werclen mufste, bei einer Zusammenkunft clem Plane geneigt
gefunclen hatte.
Aber der Zug ging iiiclit nach Wunsclie voiistatten ;
Boleslaw hiitete sich zwar wohl, dem kaiserlichen Heere in
offener Feldschlacht gegenliberzutreten , suchte aber durcli
SpeiTung der Strafsen dem Marsche der Feinde alle mog-
lichen Hindernisse zu bereiten und ihnen die Lebens-
mittel abzuschneiden und erzielte dadurch einen ahnlichen
Erfolg wie einst sein Vater Kaiser Heiurich V. gegenliber.
Wohl mochte Konrad im Lande vordringen^ ihm wurde
docli niit jedem Scliritte die Moglichkeit der Verpflegung
schwieriger •, er ging endlich gern auf Unterhandlungen ein^
die Boleslaw anbot, und zog mit seinem Heere ab^ sich mit
einer Sumrae Geldes und den Versprechungen des polnisclien
Grofsfiirsten, vor einem Hoftage zu erscheinen, begniigend.
Der Kreuzzug Konrads III. unterbracli dann diese Ver-
liandlungen , docli bemlilite sich dessen Sohn und Stell-
vertreter Heinrich^ zunachst wenigstens vora Papste Eugen HI.
die Losung des vertriebenen Herzogspaares vom Kirchen-
banne zu erwirken, und Eugen, damals durch die Agitation
Arnolds von Brescia vertrieben, bedurfte zu sehr der Freund-
schaft des Kaiserhofes, um nicht hier der traditionellen Po-
litik der Kurie, dem deutschen Einflufs auf das Polenreich
keinen Vorschub zu leisten, untreu zu werden. Sein Legat
Kardinal Guide hob im Verein mit dem Olmiitzer Bischof
Heinrich im Frlihling 1149 den Bann auf trotz des Wider-
standes, den die polnischen Pralaten noch immer entgegen-
setzten.
Dagegen hatten sich die Aussichten Wladyslaws auf
deutsche Hilfe sehr getrilbt, seitdem Boleslaw IV. gerade
die sachsischen Fiirsten, auf deren Hilfe bei einem polnischen
Feldziige so viel ankam, auf seine Seite gezogen und zu
einem Biindnisse gebracht hatte, welches dann durch die Ver-
miihlungen zweier Schwestern von ihm mit Otto, dem Sohne
Albrechts des Baren und Dietrich von Meifsen besiegelt
Avurde (1148 Jan. 6). In der That bleibt diese Sache ruhen,
bis nach dem Tode Kaiser Konrads (1152) die Gunst, in
welcher Wladyslaw bei dessen Nachfolger Friedrich I. stand,
ihm bessere Aussichten erciffnete. Es hatte denn doch audi
seine Bedeutung, als der Herzog ums Jahr 1153 oder 1154
in zweiter Ehe sich mit Christine, der Tochter Albrechts
des Baren, verniahlte.
Als dann der Kaiser, von seinem ersten Romerzuge
zuriickgekehrt, der gegen ihn aufsteigenden Opposition unter
den Fursten Herr geworden war und noch speziell den
32 Erstes liucb. Mcrter Abschuitt.
Buhmenherzog fester an sich gekettet hatte, dachte er auch
daran, dem slavischen Osten seine Maclit zu zeigen, was
uni so mehr geboten schien, da im Jauuar 1157 ein Aul-
stand der Slaven die Erobeningen Albreclits des Baren in
der Nordmark ernstlich bedrolite. Auf dem Reichstage zu
Halle (Anfang August 1157) erseliieneu auch Gesandte
Boleslaws IV., docli genllgten die Anerbietungen, welclie sie
brachten, nicht, und sogleich setzte sich das Heer des Kaisers
in Bewegung.
Es war der ruhmreichste Feldzug, den ein deutscher
Kaiser gegen Polen unternommen, die Grenzverhaue der
Polen hielten den Marsch nur wenig auf, und als das deutschc
Heer am 22. August 1157 den Oderiibergang erzwungen,
zilndeten die Polen selbst ihre Oderfestungen Glogau und
Beuthen an und zogen sich eilig zuriick, das schlesische
Gebiet auf dem rechten Oderufer und das grofspolnische
ward von schweren Verwustungen heimgesucht; bald stand
Friedi'ich vor Posen; da erschien zu Krzyszkowo Boleslaw
vor ihm mit blofsen Fiifsen, ein uacktes ISchwert am Halse
hangend, so biifsend fiir die gewaltthatige Selbsthilfe, die
er gegen scinen Bruder, einen von dem Kaiser anerkannten
Fiirsten, geilbt. Dies bereuend, gelobt er niichste Weih-
nachten in Magdeburg zu erscheinen um vor dem kaiser-
lichen Oberlehensherrn die Entscheidung des Streites mit
dem Bruder zu empfangen. Zur Suhne zahlt er 2000 Mark
dem Kaiser, 1000 den Fursten, 20 ]Mark Goldes der Kai-
serin, dem Lehnhofe 200 Mark Silber und stellt Geiseln,
unter ihnen seinen jlingsten Bruder Kasimir, gelobt auch
300 Reisige fiir den Romerzug.
Es mochte ganz den Anschauungeu Friedrichs entsprechen,
hier vor allem die MajestJit des Reiches zur Anei'kennung
zu bringen und die Sache Wladyslaws der Entscheidung
des Fiirstengerichtes vorzubehalten ; der Kaiser mochte selbst
auch lebhaft wiinschen vor dem Eintritte der rauheren
Jahreszeit sein Heer aus dem unwirtlichen Lande zuriick-
fiihren zu konnen; so viel aber war gewifs, als die Deutschen
zur Freude Boleslaws" abmarschierten, hatten sie durch ihren
ruhmreichen Feldzug thatsachlich nichts gewonnen als einige
polnische Geiseln und eine Menge schoner Versprechungen,
an deren Erfiillung Boleslaw kaum je gedacht hat. Er
mochte auf neue Verwickelungen rechnen, welche den Kaiser
nach andern Seiten hin ablenken wurden ; wie deun auch in
der That der zweite grofse Romerzug von 1158 — 1162 dem-
selben nicht Mufse hefs, die Wortbriichigkeit des Polen-
herzoffs zu ahnden.
Die Sohne Wladyslaws II. 33
Als er 1163 wieder diesen Verhaltnissen seine Aufmerk-
samkeit zuwendete, anderte sich die Situation wesentlich
dadurch, dafs Wladyslaw am 2. Juni d. J. starb.
Wenn gegen diesen im Herzen nicht nur seiner Brilder
sondern auch unter den Grofsen des Landes die alte Ab-
neigung nicht hatte schwinden wollen, so vererbte sich diese
doch nicht auf seine Kinder, und es hat vielleicht nicht ein-
mal einer besonderen Pression seitens des Kaisers bedurft,
iim Boleslaw zu vermogen, den Sohnen Wladyslaws einen
Teil ihres Erbes, namHch Schlesien im Umfange des Bis-
tums Breslau, zu gewahren (1163). Diese Sohne waren
Boleslaw (der Lange), Mesko und Konrad, doch kam der
letztere, damals noch ein Knabe, der in einem deutschen
Kloster erzogen wurde, bei der Teilung nicht in Betracht.
Aber auch die beiden alteren teilten keineswegs gleich, und
Mesko mufste sich mit den kleinen Grebieten von Ratibor
und Teschen abfinden lassen, wahrend der iiltere, Boleslaw,
Glogau, Liegnitz, Breslau, Oppeln erhielt. Wir wissen nicht,
ob dieser ungleichen Teilung eine bestimmte Hervorhebung
des Erstgeburtsrechts zugrunde lag, oder ob vielleicht Bole-
slaw die Bevorzugung einer besonderen Gunst des Kaisers,
dem er auf seinem Romerzuge treue Heerfolge geleistet,
verdankte.
Es mufste von hervorragender Bedeutung werden, dafs
auf diese Weise die Deutschland am uachsten gelegene
Pi'ovinz des Polenreiches unter Vermittelung des deutschen
Kaisers an zwei Fiirsten kam, welclie jetzt siebzehn Jahre
in Deutschland zugebracht hatten, und die ihren Riick-
halt naturgemafs immer am Reiehe suchen mufsten. Dem
deutschen Einflufs war hier ein breites Thor geoffnet, und
insoweit verdient das Jahr 1163 als ein epochemachendes
wohl angesehen zu werden. Davon ist jedoch keine Rede,
dafs von diesem Jahre an Schlesien fur ein unabhangiges
Herzogtum hatte gelten sollen. Die beiden Wladyslaiden
erkannten vielmehr den Senior des Hauses Boleslaw IV. als
den polnischen Grofsfursten im Sinne des Testamentes Bole-
slaws III. an; ja der Oheim behielt sogar, weil er den
NefFen mifstraute, einige Stadte in Schlesien besetzt. Doch
die Herzoge drangen darauf, sie zuriick zu haben^ besetzten
und befestigten sie, und wenn auch Boleslaw IV. hier nach-
gab, so grollte er doch seitdem den Briidern, es kam aufs
neue zu Streitigkeiten, und 1172 fand sich Kaiser Friedrich
zu einem neuen polnischen Feldzuge veranlafst, iiber dessen
Ausgang Avir eigeutlich im unklaren sind, wahrscheinlich
hat die Ausgleichung der Differenzen der Umstand er-
Griinhage'D, Gesch. Schlesiena. I. o
34 Erstes Buch. Vierter Abschnitt.
leichtert, dafs im Jahre 1173 Boleslaw IV. starb, mit dessen
Nachfolger, seinem Brudei* Mesko, wir dann die schlesischen
Herzoge in freundlichem Vcrkebre sehen, Avie derselbe denn
in zwei schlesischen Urkunden fiir Kloster Lcubus im Jahre
1175 nnd 1177, den 26. April, als Grofsherzog von Polen
an oberster Stelle uns begegnet.
Bald aber entspinnt sich ein Streit zwischen den beiden
schlesischen Briiderherzogen, und es gelingt Mesko von Ka-
tibor, seinen Brvider Boleslaw aus dessen Lande zu ver-
treiben. Wie man sich versucht fllhlt anzunehmen, geschah
dies in einem gewissen Einverstandnisse mit dem Grofs-
tursten Mesko, Avenigstens erfahren wir, dafs, als um die-
selbe Zeit dieser durch den Abfall der Grofsen, denen ihn
die Herrschaft eines Giinsthngs verhafst gemacht hatte, ge-
zwungen wurde, die Grofsfiirstenwurde seinem Bruder Ka-
simir abzutreten, der oberschlesische Herzog fiir den Ver-
triebenen Partei crgriff.
Es gelang jedoch Kasimir, die Streitigkeiten zu schlich-
ten. Boleslaw der Lange erhielt sein Land zuriick, ver-
stand sich aber dazu, seinem inzwischen herangewachsenen
jiingeren Bruder Konrad Glogau als eigenes Herzogtum
abzutreten. Mit Mesko von Ratibor, dessen Tapferkeit Ka-
simir schiitzen gelenit hatte, trat dieser in ein freundschaft-
liches Verhaltnis, lud ihn zum Paten seines Sohnes Kasimir
und schenkte ihm zu seinem Herzogtume Ratibor noch die
Gebiete von Beuthen und Auschwitz, wozu wir auch Zator,
Siewierz und Plefs rechnen diirfen, welche als Teile des
Krakauer Kirchensprengels bis dahin nicht zu Schlesien ge-
rechnet wurden.
Der vertriebene Grofsfiirst Mesko hatte zuniichst bei
seinem Namensvetter in Ratibor eine Zuflucht gefunden. Doch
machte er, der vielfache Familienverbindungen mit Deutscn-
land hatte, wiederholte Anstrengungen , mit deutscher Hilfe
die Grofsfiirstenwiirde wiederzuerlaugen, so 1180, und 1184
riistete wirkHch Kaiser Friedrichs Sohn Heinrich einen
Feldzug gegen Polen, den jedoch Kasimu- durch Anerken-
nung der deutschen Oberlehenshoheit abzuAvenden wufste.
In Schlesien erhoben sich nun aber neue Streitigkeiten,
als nach dem friihen Tode Konrads von Glogau (das Jahr
kennen wir nicht) Boleslaw der Lange das Erbteil des
Idnderlosen Bruders einfach wieder einzog. Meskos Ein-
spruch dagegen fiel um so schwerer ins Gewicht, als gleich-
zeitig in Boleslaws Familie ein arges Zerwiii-fnis entstan-
den war.
Boleslaw hatte aus erster Ehe mit einer russischen Prin-
Boleslaw der Lange und sein Sohn Jaroslaw. 35
zessin einen Sohn Namens Jaroslaw, welcher mit seiner Stief-
mutter Adelheid von Sulzbach, der er eine ungerechte Be-
glinstigung ihres Sohnes Heinrich schuld gab, in bestandigem
Unfrieden lebte. Jaroslaw emporte sicli gegen seinen Vater
wahrscheinlich von seineni Oheime Mesko und vielleicht
audi von einem Telle der polnischen Grofsen, welche den
Einflufs der Auslanderin mit ungiinstigen Augen ansahen,
unterstiitzt, und Boleslaw liefs sich wirklich zu einer Ab-
findung Jaroslaws herbei.
Er trat diesem Oppeln ab, wozu wir auch das Neifse-
Ottmachauer Gebiet und das von Kreuzburg-Pitschen rech-
nen miissen, aber nur auf Lebenszeit, und um jede Mog-
lichkeit einer Vererbung dieses Landes fur Jaroslaw aus-
zuschJiefsen, mufste derselbe in den geistlichen Stand treten
mit der Aussiclit, nach dem Tode des greisen Bischofs Siro-
slaw II. dessen Nachfolger auf dem bischoflichen Stuhle von
Breslau zu werden.
Dieses Abkommen erfolgte sicherlich noch vor dem Tode
des Grofsfursten Kasimir (1194 den 4. Mai) und jedenfalls
mit dessen Zustimmung-, und nachdem Boleslaw dasselbe zu-
stande gebracht, folgte er dem Heerrufe des deutscben Kai-
sers Heinrich VI., den er dann auf dessen italienisehem
Feldzuge mit einer Schar von Bewaffiaeten begleitete. Drei
Jahre war er abwesend. Inzwischen hatte nach dem Tode
des Grofsfursten Kasimir dessen Bruder, der vertriebene
Mesko der Alte, seine Ansprliche erneuert, und der Herzog
von Ratibor Mesko, sowie dessen Neffe unterstutzte den-
selben, erschienen aber bei der Schlacht an der Mozgawa
1195, den 13. September, zu spat, um eine Entscheidung
herbeifuhren zu konnen. Ohne Zweifel hoffte der jiingere
Mesko von der Unterstiitzung des alten Oheims eine Be-
reicherung auf Kosten seines Bruders, und es ist daher sehr
glaublich, dafs Boleslaw, als er 1198 endlich zuriickkehi't,
mit dem, was inzwischen hier geschehen, und namenthch
mit der Haltung seines Sohnes wenig zufrieden war. Noch
1198 am 8. Marz droht der Papst Innocenz III. den
Bedrangern des Herzog Boleslaw mit geistlichen Strafen.
Ubrigens war Jaroslaw dem Abkommen mit dem Vater
entsprechend in dessen Abwesenheit wirkHch in den geist-
lichen Stand getreten und nach Siroslaws Tode 1198 Bischof
von Breslau geworden; in dieser Eigenschaft vermachte er
dann dem Bistume das ganze Landgebiet, welches damals
nach der alten auf einem steilen Hligel angesichts der boh-
mischen Grenzgebii'ge gelegenen Ottmachauer Burg benannt
WTirde, bis spater die unweit davon entstehende Stadt Neifse
3*
3() Erstes Buck. Viertcr Abschuitt.
eine Resideuz der selilesischeii Kii'cheniursten ward. Die
Sclienkung Jaroslaws legte den Grund zu dem spiiteren
bischoflichen Fiirstentume Neifse, doch hat es sich damals
nur um eine Giiterschenkung gehandelt, bei welcher Hobeits-
recbte nicht mit in Frage kamen.
Jaroslaw starb schon am 22. Marz 1201^ und bei seinem
Tode ist Oppehi mit seinem daraaligen Zubebcir wieder an
seinen Vater gefallen, der ihn freilich nur bis zum 7. De-
zember desselben Jabres iiberlebt hat, und der die Herr-
schaft nun seinem einzigen Sohn zweiter Ehe Heinrich I.
dem Bartigen hinterUefs.
Die Anfange deutscher Ansiedelungen.
An Boleslaw den Langen kniipft sich der Hauptsache
nach das, was das 12. Jahi'hundert von deutscher Kultur
in Schlesien hat entstehen sehen.
Wii' denken hierbei naturhch zunachst an die Griin-
dungen deutscher Dorfer, die Aussetzungen zu deutschem
Rechte. Aber gerade bei diesen mllssen wir uns eigenthch
hllten, sie reinweg oder auch nur vorzugsweise als uationale
Demonstrationeu , als Akte deutschfreundlicher Gesinnung
anzusehen, vielmehr liegen ihre Motive weit mehr aut" finan-
ziellem Gebiete und entspringen dem Wimsche, eine pro-
fitablei'e Verwertuug des Grundeigentums herbeizufiilu-en,
welche nun ohne Heranziehung fremder Kolonisten sehr
schwer durchzuflihren war, weil sie in zu grofsem Gegen-
satze zu der im Slavenlande libHchen Form der landlichen
Verhaltnisse stand.
Die letzteren batten einen eminent patriarchahschen und
speziell einen so zu sagen physiokratischen Charakter. Alle
Existenzen beruhten eigenthch auf der Landwu'tschaft, Acker-
bau und Viehzucht; auch wer im Besitze irgendeiner ge-
werbhchen Kunstfertigkeit Avar, trieb diese mehr als Neben-
beschaftigung , indem er dabei doch die eigentlichen Bedin-
gungen seines Lebens der Scholle verdankte, auf der er
wohnte, und die er bebaute. Ein solcher unterschied sich
von dem eigenthchen Landbauer Avesentlich nur dadm'ch,
dafs er den Zins fill" den Fleck Landes, den man ihm llber-
lassen, nicht wie jener hauptsachlich in landwu'tschaftlichen
Produkten vmd in Darbietung einfach landhcher Arbeits-
ki'aft leistete, sondern durch Ausiibung seiner gewerbhchen
Kimstfertigkeit resp. Ablieferimg von Produkten derselben.
Was er davon etwa noch den Nachbarn zukommen lassen
konnte, dafiir empfing er den Lohn audi wieder in Na-
turalien und dadurch zugleich die Entschadigung fiir das
Anfange deutscher Ansiedelungen. 37
Manko, das der Betrieb einer Nebenbeschaftigung seiner
eignen Laudwirtschaft bracbte. Es war ein Leben, bei dem
sich die Arbeit ganz unniittelbar in die materiellen Bedin-
gungen des Daseins, Xahriing und Kleidung, umsetzte, ohne
dafs dem Medium des Geldes eine bedeutende Rolle zuge-
fallen ware.
Auf iihnlichen Grundlagen beruhete dann docb auch das
Leben der Grolsen des Landes. Auch ihnen mufste alles
so zu sagen ins Haus wachsen, und nicht niu' dafs das
Brot und Fleisch, das sie afseu, der Honig, aus dem sie
ihren Jlet bereiteten, in reicher Flille aus der eignen Wirt-
schaft und den Leistungen der Horigen ihnen zuflossen, auch
sonst Avaren viele Hande von Unterthanigen, die auf dem
weiten Gute safsen, bereit, ihnen alles, Avas zu des Lebens
Notdm'it gehorte, darzubieten: Gespinste und Gewebe zur
Kleidung, das zubereitete Leder zum Schuhwerk, das ein-
fache GescliiiT zu Speise und Trank. Und dieselbe Hand,
die die Axt leidhch geschickt zu filhren wufste, wenn es
gait, Balken zu einem neuen Bau zu zimmern, vermochte
dann auch wohl einen Tisch, eiuen Sessel herzustellen oder
den Wagen zu reparieren. Kurzum der Gutsherr rechnete
darauf, ziemlich fur alle Lebensbedlirfnisse in den Grenzen
seines Dominiums Befriedigung und geeignete Werkzeuge
zu finden, und zwar wurde auch hier die Ai'beit und deren
Produkt nicht mit Geld abgelohnt, sondern der Gutsherr
empfing beides entweder von einem Diener , den er selbst
speiste und kleidete, oder als Leistung von einem Unter-
thanigen, dem er dafur einen Fleck Landes angewiesen.
Es ging dies Prinzip so weit, dafs wir sogar die herzoglichen
Falkner oder Jager in bestimmten Dorfern angesiedelt finden,
wo sie dann die ^cker, welche sie bebauten, zeitweise auf
den Wink ihres Herrn verHefsen, um diesem zur Jagd ge-
wartig zu sein. Natiirlich fehlten unter solchen Umstanden
die ersten Voraussetzungen zur Entwickelung von Handel
und Industrie. Das Geld spielte unter derartigen Verhalt-
nissen keine grofse Rolle. Der Gutsherr bezahlte nicht in
klingender Munze und konnte es auch nicht, da ihm wohl
eine Fiille von Naturalien und eine grofsere Flille von Ar-
beitskraften aller Art zur Verfiigung stand, aber bares Geld
sehr wenig.
Dies eben war der Punkt, der eine Umgestaltung so be-
sonders notwendig und erwiinscht erscheinen liefs. So wie
die rein pati'iarchalischen Sitten zu schwinden begannen,
sowie eine Kenntnis etwas verfeinerter Lebensgeniisse und
zugleich das Bewufstsein, dafs solche mit Gelde zu erlangen
38 Erstes Buch. Vierter Abschnitt.
seien, sich zu verbreiten begann, da wollte dies alte haus-
backene Leben niclit mehr munden, die Armut an Geld-
einkiinften ward schwer empfunden, und es dammerte Avohl
auch cine Ahnung davon auf, dafs jene altslavische Wirt-
schaft eine entsetzliclie Vergeudung von Menscbenkraft be-
deute.
Aber wie es iindern? Bekanntlich lassen sicb landliche
Verhaltnisse nicht so leicht durchgreifend umgestalten, jeder
Landmann ist ein geborener Konservativer durch und durch.
Dazu kam, dafs die bestimmte Grestaltimg der landlichen
Verhaltnisse, wie sie sich eben unter den Slaven heraus-
gebildet hatte, doch nicht allein ein Werk des Zut'alls war,
dafs sie eng zusammenhing mit slavischer Eigentiimhchkeit
iiberhaupt, der eine peinHche Ausniitzung menschUcher Ar-
beitskraft nicht gegeben erscheint, wilhrend ihi* das Gegen-
teil, eine gewisse Verschwendung der Menschenarbeit, noch
bis auf den heiitigen Tag anhaftet. Nun mit einemmale
aus dieser Menge streng unterthaniger Leute freie Zinsbauern
zu machen, hatte einen Entschhifs verlangt, ungleich kiihner
als in neuerer Zeit die Bauernomanzipation in Rufsland, ja
die grofse Mehrheit der Einwohner wLirde das Geschenk
der Freiheit um den Preis eines Zinses, dessen Erschwingung
ihnen ein hoheres Mafs von Arbeit gekostet hatte, schwer-
lich gewollt haben. So hat man denu, ohne auf allraahhche
Umgestaltungen ganz zu verzichten, doch lieber zu dem
Auskunftsmittel gegriffen, deutsche Kolouieen unabhangig
von den alten slavischen Niederlassungen auf bisher unbe-
bautem Terrain zu grimden. An Raum dazu fehlte es
nicht, auf dem herzogUchen Domanenlande , dessen Umfaug
wir uns gar nicht kolossal genug vorstellen konnen, batten
viel neue Dorfer Platz, und die Kolonisten verschmahten
selbst Waklboden nicht, wo sie mit der Rodearbeit beginnen
mufsten.
Das Greschaft war fiir den Herzog ganz wanderbar vor-
teilhaft, or erliielt von einem Stuck Landes, das ihm bisher
wenig oder gar nichts gebracht hatte, nach Ablauf einer
Anzahi von Freijahren einen bestimmten Geldzins und auch
wohl eine Quautitat Gretreide, dessen Preis mit dem Zu-
nehmen der Kolonisation, in deren Gefolge der Handel sich
zu regen begann, stetig zu steigen pflegte. Dabei hatte der
Herzog nicht einmal irgendwelche Bemiihung, er verschrieb
den Fleck Landes einem Unternehmer, der, selbst entschadigt
durch ein zinsfreies Stiick Land und gewisse gewerbliche
Berechtigungen (Kretscham, Miihle, Brot- und Fleischbanke),
die Sorge fur die Heranziehung der Kolonisten, die Organi-
Anfange deutscher Ansiedelungen. 39
sation und Verwaltung der Ansiedelung, und schliefslich
audi die Einziehung des Zinses auf sich nahm. Das an-
gewiesene Land ward dann in eine Anzalil gleich grofser
Ackerlose oder Hut'en (sortes, mansi) verteilt, von denen
jeder Inhaber durchschnittlich eine Viertelmark , also etwa
fiinf Mark unseres Geldes, an den Herzog zahlen und da-
neben an die Geistlichkeit als Zehnten einen Malter dreierlei
Getreides. Ganz in derselben Weise vollzog sich die Griin-
dung von Stadten, bei denen dann natiirlicli der Zins noch
holier, der Vorteil fur den Landesfiirsten nocli grofser war.
Das Vorteilhafte einer derartigen Unternelimung eiiizu-
sehen und auszufiihren, liatten nun einen slavischen Flirsten
jener Zeit nationale Bedenken sicher nicht abgehalten ; wohl
aber konnten die Scliwierigkeiten der Ausfiihrung nament-
licli bei dem ersten Scliritte zuriicksclirecken. Denn natiir-
licli fand sicli fur eine erste deutsclie Ansiedelung in ganz
slaviscliem Lande nicht eben leicht eiii Unternehmer, und
fand sich ein solcher, mufsten ganz besonders grofse Vor-
teile zugesichert werden. Hier war nun natiirlich Boleslaw
der Lange in ganz besonders gunstiger Lage, er, der selbst
langere Zeit in Deutschland gelebt und die eigenen Verbin-
dungen wie die der deutschen Eitter an seinem Hofe zu
beniitzen vermochte.
Die wichtigsten Untersttitzungen der deutschen Koloni-
sation gewahrten aber die damals im 12. und 13. Jahr-
hundert sich weit nach Osten vorschiebenden Ordenshauser
der Pramonstratenser und der Cistercienser, namentlich der
letzteren, fiir welche die Pflege des Ackerbaues eigentlicli
mit zur Ordensregel gehorte. Diese deutschen Monclie wur-
den dann ganz naturgemafs die wichtigsten Beforderer der
Germanisation. Sie selbst im fremden Lande angesiedelt,
hatten ein ganz unmittelbares Interesse, moglichst viel Lands-
leute nach sich zu zielien, von denen sie voraussetzen konn-
ten, dafs sie in der Fremde sich doppelt eng an das Kloster
anschliefsen und zu dessen Wohlthatern werden wiirden.
Die Organisation der Orden und die stetige Verbindung
der Kloster unter einander erleichterte ebensowohl die erste
Anknlipfung, die Heranziehung der ersten Kolonisten wie
die des spjiteren Nachschubs. Fiir die deutschen Kolonisten
aber war die Existenz eines deutschen Klosters in der Nahe
ihres neuen Wohnortes eine sehr erwiinschte Saclie, eine
erste Anlehnung, ein Riickhalt fiir alle Fitlle ward ihnen
hier gesichert, die Vermittelung des Klosters bot ihnen eine
gewisse Gai'antie dafiir, dafs sie nicht durch triigerische
Versprechungen in die unwirtbare Fremde gelockt wiirden,
40 Erstes Buch. Vierter Abschnitt.
und es lag etwas sehr Trcistliches fiir sie in clem Bewufst-
sein, eine gottgeweihte Statte mit denselben Einrichtungen,
wie sie sie in der Heimat kennen gelernt, hier in der Fremde
wiederzuiinden ; es war wie das antike Mitnehmen der hei-
mischen Gotter in die Fremde.
Unter solchen Umstanden mufste die Grilndung des
Cistercienserklosters Leubus zu einem Ereignis ersten Ean-
ges fiir die Germanisation Sehlesiens werden. Wir brauchen
auf die legendenhafte Vorgeschichte des Klosters an dieser
Stelle nicht niiher einzugehn ; moglich , dafs schon vor dem
Jahre 1175; wo der erste Stiftmigsbrief ausgestellt ist,
eine Ansiedelung von Cisterciensern bestanden hat, die aber
unter der Ungunst der politischen Verhaltnisse nicht recht
hat gedeihen wollen; jedenfalls kann man namentlich mit
Riicksicht auf die gleich anzufiihrende Schenkung Siroslaws
von einer Wirksamkeit des Klosters fiir die Germanisation
erst von 1175 an sprechen.
Wie schon hervorgehoben wurde, hatten deutsche Monche
im Slavenlande ein direktes eigenes Interesse an der Griin-
dung von Koloniecn ihrer Landsleute , aber speziell bei
Leubus hat Boleslaw in kluger Weise es einzurichten ge-
wufst, dafs das dortige Kloster ganz besondere Vorteile aus
eifriger Betreibung der Kolonisation erwachsen sehen mufste,
indem er fiir Leubus von Bischof Siroslaw die Schenkung
der Zehnten von alien neuen Dorfern, den jetzt vorhaudenen
und den noch zu griindenden, im Lieguitzer Gebiete aus-
wirkte. Die Unbedenklichkeit, mit der nun 1175 der Bischof
in Bausch und Bogen eine solche Schenkung aussprach, Uifst
uns mit Sicherheit schliefsen, dafs Siroslaw noch wenig
Kenntnis von deutscher Kolonisation hatte, dafs also ihm in
dem damahgen Schlesien noch wenig Gelegenheit geboten
worden war, sich dariiber zu unterrichten. Einige Zeit
spjiter wiirde sich ein Breslauer Bischof gehiitet haben, so
reich fliefsende Einnahm^equellen in solcher Masse zu ver-
schenken.
Die Leubuser Monche haben nun in der That den Er-
wartungen entsprochen. Nicht dafs sie rund um ihr Kloster
alles weit und breit mit deutschen Dorfern erfiillt hatten;
vielmehr haben sie, die Vorschrift ihrer Ordensregel, dafs
ihre Niederlassungen in der Einsamkeit fern von den be-
wohnten Stiitten der Menschen liegen sollten, festhaltend, den
mjichtigen Wald, der die Ufer der Oder auf beiden Seiten
bedeckte, sorgfaltig geschont, so dafs er aus den Handen
des Stiftes in die des Staates iibergegangen , noch heute in
bedeutender Ausdehnung an dieser Stelle vorhanden ist:
Deutsche Ansiedelungen. Die Kloster. 41
leicht moglich ilbrigens, dafs auch die Gefahr von Uber-
schwenimungen, von Ansiedelungen in zii grofser Niihe des
Stromes zurilckschreckte.
Dagegen ist es hochst walirscheinlich, dafs eben in jenem
Gebiete, in welchem dem Kloster die Zehnten der neu ange-
legten Dorter zugesichert waren, also ira Liegnitzer Lande
(in potestate Legenicensi, sagt die Urkunde von 1175 und
meint damit wahrscheinlich einen grofseren Bezirk als die
Kastellanei von Liegnitz, deren Gebiet schwerlich weiter ge-
reicht hat als das eines heutigen Kreises), die deutschen An-
siedelungen im 12. Jahrhundert am zahlreichsten vertreten
gewesen sind. Namen und Zahlen vermogen wir hier bei
der Arraut der Urkunden aus jener Zeit nicht anzugeben,
wohl aber darauf hinzuweisen, dais die schlesische Stadt,
welche am frlihesten deutsches (Magdeburger) Recht erhalten
zu haben scheint, Goldberg, hier lag. Das Entscheidende
enthalt fiir uns die Thatsache, dafs, als 1198 Bischof Jaro-
slaw zur Regierung kam, er jene Schenkung seines Vor-
gangers zuriicknahm, ofifenbar weil er die immer steigenden
Einnahmen den Leubuser Monchen nicht gonnte. Allerdings
scheint er auch sonst diesen Schiitzlingen seines Vaters nicht
wohlgewollt zu haben, denn als der letztere ihn bei seiner
Riickkehr aus Deutschland drilngt, dem Kloster das Ent-
zogene wiederzugeben oder sonst Ersatz zu leisten, erklart
er, nicht den Leubusern, sondern nur dem Orden der Cister-
cienser Genugthuung leistea zu wollen, und weist zu diesem
Zwecke in seinem Gebiete zwischen den Flilssen Hotzenplotz
und Straduna ein Stilck Landes in der Ausdehnung von
luOO Hufen an," wo er dann fiir Cistercienser, die er direkt
aus Kloster Pforta berufen , ein Kloster zu bauen beginnt
und wiederum zugleich die Zehnten der dort zu begriinden-
den Dorfer dem neuen Kloster schenkt. Ehe er jedoch
dieses vollenden konnte , ereilte ihn der Tod , und nun
bemilhten sich die Leubuser, jenes Besitztum fiir sich zu er-
langen, was ihnen aber, soweit wir die Sache zu iibersehen
vermogen, nur zum Telle gelungen ist, obwohl sich Herzog
Boleslaw der Sache anuahm und die Monche von Pforta
zum Verzicht bewog, wie denn auch Boleslaws Nachfolger,
Heinrich, jene Schenkung bestatigte.
Fiir uns ist das Wichtigere die Thatsache, dafs die Ein-
nahmen aus den Zehnten der neugegriindeten Dorfer im
Liegnitzischen aufgewogen werden durch einen Grundbesitz
in dem kolossalen Umfange von 1000 Hufen d. h. also etwa
3 Quadratmeilen , woraus wir denn unter alien Umstanden
einen glinstigen Schlufs auf die Bedeutung der deutschen
42 Erstes Bucli. Vierter Abschnitt.
Neugriindungen zieheu konnen. Auch von deutschen An-
siedelungen auf dem rechten Oderufer in der Trebnitzer
Gegend schon zurZeit des Bischofs Siroslaw II. (1170 — 1108)
erhalten wir zuverliissige Kunde, auch in der Gegend von
Krossen, Jauer, Strehlen sowie aiif der Tsehepine, westlich
von Breslau, dilrften schon damals deutsche Ansiedeliingen
auf Leubuser Klostergiltern entstanden sein, wenngleich
hier der Umstand, dafs die betrefFenden Urkunden grofsten-
teils unecht sind, die Festsetzung im einzelnen sehr erschwert.
Auch die deutsche Kolonisation auf den Sandstiftsgiitern am
Zobtenberge reicht vielleicht in ihren Anfangen bis ins
12. Jahrhimdert zuriick, ohne dafs "vvir jedoch dafiir einen
strikten Beweis zu flihren vermochten.
Der rechte Aufschwung kommt eben erst im 13. Jahr-
hundert unter der Regierung von Boleslaws grofserem Sohne
Heinrichj der flir das schlesische Herzogtum eine geradezu
beherrschende SteUung zu erringen und der deutschen Kultur
breite Wege zu bahnen vermag.
Zweites Buch.
Schlesien uiiter selbstandigen HerzSgen
1201 — 1327.
Erster Abschnitt.
Heinrich I. der Bilrtige r203 — 1338 uiid seine Oe-
mahlin, die heilige Hedwig. Klostergriindungen, Grer-
manisatiou.
Der Herzog von Ratibor, Mesko, benutzte den Tod seines
Bruders Boleslaw, um seinen allerdings ursprllnglich knapp
zugemessenen Anteil zu vergrofsern. Er liberzog seiueu
jungen Neffen mit Ki'ieg und eroberte bald das Oppelner
Land; vielleicht auf eine Zusage von dessen friiherem Besitzer,
dem Bischof JaroslaAv^ gestiltzt, der ja dem oberschlesisclien
Oheim stets ebenso zugethan sicli gezeigt hatte Avie feindlich
dem Bruder. Der junge Fiirst mufste nachgeben, und elie
noch das Jahr 1202 zu Ende gegangen war, batten der
Erzbischof von Gnesen, Heinrich, und die Bischofe von
Breslau und Krakau einen Vergleicli zwischen Oheim und
Neffen vermittelt, infolge dessen dieser jenem 1000 Mark
zahlen und ihm die bis zum Tage des geschlossenen Vergleiches
gemachten Eroberungen lassen sollte.
In grimmem Zorne schieden sich damals die Verwandten;
alles Erbrecht, das die Bhitsverwandtschaft zwischen ihnen
begriinden konnte, ward durch beiderseitigen Yerziclit auf-
gehoben, ja Herzog Heinrich suchte eine Mauer aufzurichten
gegen den gewaltthatigen Oheim, indem er den meilenbreiten
Grenzhag, den man einst gegen Bohmen vor dem Wartha-
passe dadurch errichtet hatte, dafs man im Walde zahl-
reiche Stiimme geiallt und diese zwischen den stehen ge-
lassenen zum Blockzaune aufgeschichtet hatte, nun auch
gegen Oberschlesien fortsetzen hefs, wo wu' Spuren davon
auf dem rechten Ufer der Neifse hinter der Stadt gleiches
Namens und auch auf der Grenze der Gebiete von Namslau
und Kreuzburg noch lange nachher begegnen.
Nur das, was innerhalb dieses Grenzhages lag, hiefs
46 Zweites Buch. Erster Abschnitt.
Schlesien, jenseits desselben begann nach der Meinung jener
Zeit bereits Polen.
Doch dieses schlesische Reich war immerhin ansehnlich
genug. Es begann nordlich von Frankfurt an der Oder,
wo das Land Lebus niit dem gleichnamigen Schlosse ein
allerdings viellach bestrittener Besitz Heinrichs I. war, an
den sich dann auch Teile der Niederlansitz anscldossen.
Die Unistande, unter denen er diese Besitzungen erworben,
kennen wir allerdings ebenso wenig, wie wii' Naheres von der
Ausdehnung seiner Herrschaft nach einer andern Seite hin
wissen, nach Grofspolen hin, wo wir unseren Herzog iiber
das Schlofs Kalisch verfiigen sehen.
Es war namhch im Jahre 1202 der polnische Grolsfiirst
Mesko der Alte gestorben, dem entsprechend dem Testa-
mente weiland Boleslaws III. eine gewisse OberheiTlichkeit
liber alle piastischen Herzoge zustand. Ihm folgte im Be-
sitze von Krakau, an den jene oberherrliche Wiirde ge-
kniipft sein sollte, sein Neffe Lesko von Sendomir, nachdem
der zuerst von den Krakauer Magnaten herbeigerufene
Wladyslaw Laskonogi (Diinnbein) sich namentlich wegen
seiner Zerwiirfhisse mit der GeistHchkeit nicht hatte halten
konnen. Das jenem Hausgesetze Boleslaws III. zugrimde
liegende Prinzip des Seniorats, wonach immer der alteste
des ganzen Geschlechtes mit dem Besitze von Ki'akau eine
hervorragende Stellmig einnehmen sollte, war nun aufgegeben
worden, denn Wladyslaw wie Lesko hatten sonst beide dem
oberschlesischen Herzoge Mesko, dem thatsachlichen Senior
der Familie, nachstehen miissen.
In der That hat auch dieser letztere einen derartigen
Anspruch erhoben. Er wandte sich 1210 an Papst Inno-
cenz III. mit dem Gesuche, die Beobachtung jenes Famihen-
statutes den polnischen Fiu'sten aufs neue einzuscharfen, und
Innocenz entsprach wu'khch der Bitte, insofeiTi er unter dem
9. Juni 1210 den Erzbischof von Gnesen anweist, iiber die
Ausflihrimg jener Bestimmung zu wachen und gegen die
dawider Handelnden mit geistHchen Strafen vorzugehen.
Wir erfahren dann auch, dafs Mesko im Besitze Krakaus
am 16. Mai 1211 gestorben ist, ohne dafs wir iiber die naheren
Umstande der Eroberung irgendwie unten*ichtet wai'en.
Allerdings hat es sich fill' Mesko offenbar nui' um den
Besitz von Ki'akau gehandelt. Davon dafs er eine Ai-t von
Oberherrschaft iiber die andern Fiirsten und speziell iiber
Heinrich I. , wie sie dessen Vater sich noch hatte gefallen
lassen, auszuiibeu vermocht hatte, kann bei dem Verhaltnisse
beider zu einander keine Rede sein, und wir durfen daher
Heinrichs I. Stelluiig zu den polnischeu Fiirsteu. 47
wohl daran festhalten, dafs Schlesien zwar nicht, wie man
friiher immer angenommen hat, gleich 1163 als unabhaiigiges
Herzogtum verliehen worden ist, dafs es aber dies wurde
beim Tode Meskos des Alten, der ja mit der Thronbestei-
gung Heinrichs I. ziemlich zusammenfallt.
In der Erbschaft der grofspolnischen Lande, die Mesko
der Alte besessen, folgte ihm sein Sohn Wladyslaw Las-
konogi mit Nichtachtung der Anspriiche seines Neffen glei-
chen Namens, des hinterlassenen Sohnes eines alteren Bru-
ders Odo, daher auch Odoniz (Sohn des Odo) genannt. Der
letztere suchte Schutz und Hilfe bei Herzog Heinrich, die
dieser ihm ebenso gewahrte wie dem durch den gewalt-
thatigen Wladyslaw von Grofspolen vertriebenen Erzbischof
Heinrich von Gnesen; ja Heinrich verHeh dem jungen pol-
nischen Prinzen sogar das Schlofs KaHsch, das er selbst,
wir wissen nicht auf welchen Anspruch gestiitzt, anscheinend
aus der Erbschaft Meskos des Alten erworben hatte. Wlady-
slaw verpfiichtete sicli damals, Kalisch zuriicl^ugeben , falls
er in den Besitz seines eigentlichen Erbteiles komme.
Als nachmals Wladyslaw Laskonogi zum Zeichen seines
guten Einvernehmens mit dem Sclilesierherzog bei diesem
in Glogau das Weihnachtsfest feiert und dessen Sohn aus
der Taufe hebt, versohnt er sich mit seinem Neffen Wlady-
slaw Odoniz, erkennt diesen als Herzog von Kalisch an
und gewahrt ihm sogar ein Stiick grofspolnischen Landes
an der Grenze des Fiirstentums Glogau (1208).
Mit der giitlichen Auseinandersetzung zwischen den Her-
zogen Heinrich und Wladyslaw Laskonogi, wie sie dem
Tauffeste zu Glogau vorausgegangen ist, hat es nun wohl
in ii'gendwelcher Verbindung gestanden, wenn wii* im Jahre
1209 bei einem Anschlage des Markgrafen Konrad vom
Osterlande auf Schlofs Lebus zu dessen Entsatze nicht
Herzog Heinrich, in welchem wir den Herrn von Lebus
vorauszusetzen haben, sondern eben Wladyslaw Laskonogi
heranriicken sehen , der dann jedoch die Besetzung des
Sclilosses durch den Markgrafen seinen Schwager nicht zu
verhindern vennag. Von einer Intervention Heinrichs in
dieser Sache erfahren wii' nichts.
Im Grunde scheint es, als sei doch Wladyslaw Laskonogi,
wahrscheinlich um seiner bestandigen Handel mit der Geist-
lichkeit willen, in einer gewissen Isolierung geblieben. Bei
einer feierlichen Synode zu Borzychow Ende JuH 1210, wo
alle polnischen Bischofe sich versammelt iinden, und wo in
Gegenwart Heinrichs, sowie der kleinpolnischen Fiirstenbruder
Wladyslaw Odoniz in seinem fiisch erworbenen Lande ein neu
48 Zweites Bach. Erster Absclmitt.
gegriindetes Cistercienserkloster Primant mit reichen Gilter-
schenkungen ausstattet, vermissen wir seinen Kamen, \ind
sein schlauer Neffe hat daan wohl auch diese Isolieruiig
seines Gegners in der Weise auszubeuten gewufst, dafs er
sein Gebiet Aveiter ausdeliute, wie das verscliiedeue in den
naclisten Jahren von ihm gemachte Schenkiingen an geist-
liclie Stittungen bezeugen.
Es kam endlicb so weit, dais Odoniz 1213 die Haupt-
stadt seines Oheims Gnesen eroberte und nun auch den
Titel desselben, Herzog von Polen, annahm, ohue allerdings
das eine wie das andei*e behaupten zu konnen.
Als dann 1216 ein Friede zwischeu Oheini und NefFen
zustande gekommen war, welcher dem letzteren die Riick-
gabe seines vaterHchen Erbteiles verbiirgte, hielt es Herzog
Heinrich fur an der Zeit, ihn an sein Versprechen der Kiick-
gabe des Schlosses Kahsch zu mahnen und nahm, als
WhidyslaAv von jener Zusage niehts mehr wisseu wollte, die
Hihe des Papstes in Anspruch, der dann auch (121 7/1 8J
Aviederholte JMahnungen und Sentenzen an den pohiischen
Herzog in dieser Sache richtete, welche dann doch in einer
Rllckgabe des Schlosses ihre Erledigung nicht gefuuden hat.
Denn da Odoniz eben damals den polnischen Fiirsten das
Beispiel gab, sich den besonderen Schutz des heiligen Petrus
durch die Zahlung einer Summe von 10 Mark Goldes alle
drei Jahre zu sichern, war es erklarlich, dafs der Papst
gegen einen so wohlgesinnten Fiirsten nicht allzu sti'eng
vorgehen mochte.
Ein vielleicht im Zusammenhange hiermit und jedenfalls
in derselben Zeit gefiilu'ter neuer Krieg zwischen Laskonogi
und Heinrich wird 1218 unter piipstlicher Yermittelung in
der Weise geschlichtet , dafs Laskonogi von Heinrich das
S c h 1 0 f s Lebus auf Lebenszeit erhalt , doch mit der Ver-
pflichtung, das Land Lebus, das im Besitze Herzog Hein-
richs blieb, gegen jedermann zu beschiitzen. In dem Briefe,
in Avelchem Wladyslaw Laskonogi dem Papste Honorius HI.
den Vertrag mit Heinrich zur Bestiitigung einsendet, be-
zeichnet er sich und hier zum ersten imd so viel wii* sehen
zum einzigen Male als Grofsfiirst von Polen, die letzte Er-
wiihnung des Senioratsgesetzes, die auch schwerlich von be-
sonderen Konsequenzeu , namentlich fiir Schlesien gewor-
den ist.
Was das Schlofs von Lebus anbetrifFt, so ward dasselbe
1225 dem grofspolnischen Herzoge durch den Landgrafen
Ludwig von Thiiringen, der damit angeblich die Beraubung
thiiringischer Kaufleute im polnischen oder schlesischen Lande
Griinduug des Ordensstaates iu Preufsen. 49
zu rachen suclite, entrissen, aber an den Erzbischof Albert
von Magdeburg abgetreten, dem es dann 1226 Kaiser Fried-
rich II. mit Beziehung auf alle Anspriiche desselben ver-
leiht. Gegen diesen fiihrt Herzog Heinrich in den Jahren
1229 und 1230 Krieg und gewinnt auch die Burg Lebus
wieder, in deren Besitz er sich dann bis an sein Lebens-
ende behauptet, ohne dafs von Wladyslaw Laskonogi, der
aHerdings ja 1232 stirbt, nach dieser Richtung bin weiter die
Rede ware.
Einen hervorragenden Anteil hat Herzog Heinrich der
Bjirtige auch an dem grofsen weltgeschichtlichen Ereignisse der
Grriindung des Ordensstaates Preufsen genommen. Christian
der kuhne und unternehmende erste Bischof von Preufsen (seit
1215) hatte von Papst Honorius III. die Erlaubnis erlangt,
seine Nachbarn zu Kreuzzilgen gegen die heidnischen Preufsen
zu bewegen, denen der Papst dieselbe Wirkung fiir das
Seelenheil der Betreffenden zusichert, die ein Kreuzzug nach
dem heihgen Lande gewahren konnte. Er war nun 1219
auch in Sclilesien, wo er den 25. August an der feierHchen
Einweihung der Klosterkirche zu Trebnitz teilnimmt, nnd
hat sicher bei seinem Bestreben Herzog Heinrich fiir einen
Kreuzzug nach Preufsen zu gewinnen die Fiirsprache der
frommen und glaubenseifrigen Herzogin Hedwig gefunden.
Wirkhch unternahm Heinrich, wahrend die, vermoge der
Lage ihrer Landgebiete an dem Ganzeu noch naher inter-
essierten Gebriider Konrad von Masowien u.nd Lesko von
Krakau und Sendomir sich nicht anschhefsen mochten, im
Jahre 1222 einen Kreuzzug nach Preufsen. Von seinen
Begleitern aus Schlesien werden uns genannt der Bischof
Lorenz von Breslau, der Palatin Dirsco von Breslau und
die Kastellane Sobeslaw von Breslau und Stephan von
Bunzlau.
Von dem Wunsche ausgehend, dem ganzen Werke der
Bekampfung der Preufsen einen festen Stiitzpunkt zu sichern,
unternimmt er es, an der Weichsel das von den Preufsen
zerstorte Schlofs Kuhn wieder aufzurichten, und gewinnt fur
diesen Plan auch den Bischof Christian, der sich allerdings
seine Zustimmung von Konrad von Masowien mit ansehn-
Hchen Scheukungen bezahlen liefs. Die Urkunde, in der
dies geschieht, vom 3. August 1222, ist uns noch erhalten,
und in ihr wird nun auch festgesetzt, dafs der Inhaber des
Kulmer Landes die Einkunfte desselben mit dem Bischofe
Christian zu teilen und den Zehnten von seinem Anteile
demselben zu entrichten habe. Doch solle diese letztere
Bestimmung nicht fiir Herzog Heinrich gelten, dem es iiber-
G run ha gen. Gesch. ScUlesiens. I. 4
50- Zweites Bncli. Erster Abscbuitt.
lassen bleibt, so lange er das Land besetzt halt, sich in
diesem Punkte niit dein Bischofe zii verstiindigen.
Herzog' Heinrich hat den Winter 1222/23 aller Wahr-
scheinlichkeit nach in Preuisen zugebracht, um den Ban der
Kuhner Burg zu iordern, und dieselbe scbeiut lertig zu sein,
als im Sommer sich eiu Heer von Kreuztahrern urn ihn
schart, an dem nun auch die Herzcige Konrad von Masowien
und Lesko von Sendomir , sowie mehrere Biscluife teil-
nehmen, wenigstens iinden wir in seiner Unigebung unter
den Zeagen auch einen Kastellan von Kuhn Namens
Stephan.
Uber den -weiteren Verlauf des Kreuzzuges fehlt uns
jede Xachricht; nur so viel vermOgen Tvir zu ersehen, dafs
die Knhuer Burg nicht wieder von den Preufsen zerstort
■\vorden ist, sondern sich zu behaupten vermocht hat, und
wir diirien es als im hochsten Mafse wahrscheiulich ansehen^
dafs Heinrich, audi als er sclbst nach Schlesien heimgekehi't,
eine Besatzung in der Burg zuriickgelassen hat und diese
dort geblieben ist, bis (Ende 12 25 oder Antang 1226J Herzog
Konrad von Masowien den von ihm herbeigerufenen Rittern
des deutschen Ordens die Kulmer Burg ilbergab. Konrad
that dies, wie es heifst, auf Veranlassung des Bischofs Giin-
ther von Block, aber jedenfalls unter Beirat unseres Herzogs,
der als zeitweiliger Besitzer des Kulmer Landes uber eine
weitere Vergebung desselben gefragt zu wei'den ein Recht
hatte, und von dem es feststeht, dafs er nachmals die end-
gilltige Uberlassung dieses Gebietes an die deutschen Bitter
herbeigeiuhrt hat, wie denn er zuerst untei* alien piastischen
Fllrsten kurz vor seinem preufsischen Feldzuge sein Interesse
fiir den deutschen Orden durch eine Giiterschenkung an
denselben bekundet hat.
So sehen wir denn Herzog Heinrich I., dem wir das
Hauptvcrdienst an der Gestaltuug eines miichtigen, wesent-
lich auf den Prinzipien deutscher Kultur gegriindeten Her-
zogtums Schlesien zuschreiben miissen, auch an der Errich-
tung des Ordensstaates in Preufsen bedeutungsvoll und ent-
scheidend milwiiken. Wie viel diese beiden Vorlande des
Deutschen Rciches liir dieses letztere gethan, wie sie, ohne
zu diesom zu gehoren, doch deraselben die Dienste zweier
gegen den slavischen Osten vorgeschobeuen Bollwerke ge-
leistet haben, und in Zeiten, wo es mit der Verteidigungs-
kraft des Deutschen Reiches gegeniiber den erstarkten sla-
vischen Machten libel aussah, wie z. B. in der ersten Hlilfte
des 14. Jahrhundeits und dann wieder des 15. Jahrhunderts
Deutschland sehi wirksamen Schutz gewahrt haben, das ist
Kiimpfe niit den polnischeu Fiirsten. 5t
vielleicht noch niclit in hinreichendem Mafse gewlirdigt wor-
den, iind wir werden darauf hinzuweisen noch weitere Ge-
legenheit finden.
Mit den Gebrtidern Lesko und Konrad, in deren Gesell-
schaft wir Herzog Heinrich auf dem preufsischen Kreuzzuge
sahen, entzweite er sicli dann ini Jalire 1225 aus unbekannten
Ursachen. Wir wissen zuveriassig nar so viel, dafs er in
diesem Jahre gegen Krakau ins Fekl zog und aeht Tage
vor der Stadt lagerte.
Es ist sehr wahrscheinlich , dafs dieser Feindseligkeit
bald eine aufrichtige Versohnung gefolgt ist, da wir bei-eits
1227 unseren Herzog als Verbiindeten jener beiden Her-
zcige wdederum eiuen Kriegszug iinternehmen sehen. Lesko
hatte in diesem Jahre einen Landtag nach Gonsawa bei
Trzemesno in Grolspolen berufen zur Beratung iiber einen
Kriegszug gegen den Pommernfursten Swantopolk , der
sich seinen Vasallenpiliehten entziehen wollte , welcher
Kriegszug dann zunachst, wie es scheint, gegen die Burg
des Wkidyslaw Odoniz, Nakel, gerichtet sein sollte, da
dieser mit Swantopolk, seinem Schwager, gemeinsame Sache
machte.
Hier nun erschien auch Heinrich, dessen Rat sich Lesko
erbeten hatte. Auch Swantopolk stellte sich ein, und wah-
rend er dem Scheine nach eine giltliche Verstandigung
suchte, wufste er schwerlich ganz ohne Wissen seines Schwa-
gers einen heimlichen Uberfall der beiden Fiirsten ins Weik
zu setzen (den 23. November 1227). Lesko suchte durcli
die Flucht zu entkommen, ward aber in Marcinkowo nahe
bei Gonsawa von den Leuten Swantopolks ereilt und nieder-
gehaucn. Heinrich ward im Bade iiberrascht und dankte
seine Kettung nur der Aulbpferung seines geti'euen Ritters
Peregrin von Wiesenburg, der bei der Yerteidigung seines
Herrn todliche Wunden empfing. Doch liels man Heinrich,
auf den es also bei dem Uberfalle nicht eigentlich abgesehen
war, der aber doch auch selbst ernstlich verwundet worden
war, ruhig fortziehen und den Leichnam seines Getreuen
mit sich fortnehmen, dem dann in Kloster Leubus eine
ehrenvolle Bestattung zuteil wurde.
Die Regentschaft wahrend der ]\Iinderjahrigkeit des kaura
17 Monat alten Sohnes von Lesko, Boleslaw, sollte nach
den Bestimmungen des Verstorbenen ^^'ladyslaw Laskonogi
llbernehmen. Dem widerstrebte aber Leskos Bruder Konrad
von Masowicn und uberzog unterstiitzt von den Halitscher
(galizischen) Fiirsten Daniel und Wasylko (Basihus), AYlady-
slaw mit Krieg. Grausame Verwiistungen trafen im Jahre
4*
52 Zweites Buch. Erster Abschnitt.
1228 Grofspolen unci, da Herzog Heinrich als Verbiindeter
Laskonogis angesehen Aviirde, auch Sclilesien.
Wladyslaw geriet in um so grijfsere Bedrangnis, als nun
auch sein Neffe Odoniz und Swantopolk von Pommern, der
sich nach dem Tode Leskos ganz unabhiingig geraacht hatte,
sich gegen ihn wandten. Sei es nun, dafs er freiwdlig auf
die Regentschaft in den Landen weiland Herzog Leskos
verzichtete , sei es dafs sich nur eben thatsjichfich seine
Unfahigkeit die Schutzherrschaft zu fiihren herausgestellt
hatte: kurz, die Witwe Leskos Gninislawa entschlols sich
auf den Rat der Mannen des Krakauer Landes, Stadt und
Land Krakau an Herzog Heinrich zu ilbei'lassen, der dafiir
die Beschiitzung des fur Leskos Sohne reserWerten Herzog-
tums Sendomir iibernahm. Es geschah dies im Sommer
1228.
XatilrHch mufste sich Heinrich die Anerkennung seiner
Herrschaft iiber Krakau erst von seinem Nebenbuhler Kon-
rad von Masowien erkampfen, und noch im Laufe des Jahres
1228 besiegt er denselben in zwei Schlachten bei Skala und
Miendzybrzeze. Dann ruft er nach Krakau eine Versauim-
lung der Barone sowie der geisthchen AVurdentriiger zu-
sammen, bestatigt die Freiheiten der Ku'che und erlafst
Yerordnungen zum Schutze der Gesetze und zur Ziigelung
der Friedensbrecher.
Aber Konrad war ein gefahrhcher Gegner, und seiner
Arghst gelang das, was er mit ofFener Gewalt zu erreichen
nicht vermocht hatte. Als Heinrich etwa im Fruhhng 1229
einen Landtag in Opatowitz hielt, llborfiel ihn liier Konrad,
nahm ihn ti'otz seiner GegeuAvehr verwundet gefangen und
schleppte ihn nach Plock der Hauptstadt ]\Iasowiens.
Ihn zu befreien, riistete sein Sohn Heinrich ein Heer, gab
aber den Vorstellungen seiner Mu.tter der Herzogin Hedwig
Gehor, welche den Weg giitlicher Vermittelung einzuschlagen
beschlofs. Sie begab sich selbst zu Konrad nach Plock,
und der Gewalt ihrer Personlichkeit gelang es, die Freiheit
ilu*es Gemahls zu erlangen, der dabei allerdings auf den
Besitz Ka-akaus Verzicht leisten mufste. Der zwischen den
beiden Gegnern neu geschlossene Friede sollte dann durch
die Vermahlung zweier Tochter Heinrichs H. mit den bei-
den Scihnen Herzog Konrads bekraftigt werden.
Aber in Ki-akau wollte man von der Herrschaft des
habsilchtigen und gewaltthatigen Konrad nichts wissen, der
dann auch das Herzog-tum Sendomir seinem Neffen Boleslaw
entrifs, urn es dem eigenen Sohne gleichen Namens zu ver-
leihen. Der Papst Gregor IX. entband Heinrich I. von
Eroberung vou Krakau iind Kalisch. 53
jener eidlich bekraftigten Verzichtleistung auf Krakau als
einer erzwungenen ^ und der letztere setzt sich 1230 wieder
in Besitz der Stadt und behauptet sich nun in demselben
bis an seinen Tod, wenngleicli nicht ohne nocb weitere
Kampfe mit Koni'ad von Masowien, allerdings vornehmlich
im Interesse seines Schiltzlings Boleslaws von Seudomii% von
dessen Lands er auch selbst 1233 noch ein Stuck erhielt.
Erst 1236 kani es zu einem definitiven Frieden zwischen
den beiden Gegnern, bei welclier Gelegenheit dann auch
die einst von der Herzogin Hedwig verabredeten Familien-
verbindungen resp. Verlobungen, denen bisher noch das
zarte Alter der beiden Braute entgegengestanden hatte, ihre
Sanktion erhielten.
Doch auch noch nach einer andern Seite hin gelang ihm
ein ansehnlicher Landerwerb. Die kaiun unterbrochenen
Kampfe der beiden groispolnischen Herzoge , der beiden
Wladyslawe, hatten schHefslich den Verlauf genommen, dafs
der Oheim zwar seinen Neifen gefaugennahm , dann aber,
als dieser aus der Haft entkommen war, von demselben, den
wiederum sein Schwager Swantopolk von Pommern unter-
stiltzte, so in die Enge getrieben wmxle, dafs er landfliichtig
in Schlesien bei dem oberschlesischen Herzoge Kasimu- in
Ratibor eine Zuflucht suchen mufste. Als er hier nun den
18. August 1231 kinderlos stirbt, vermachte er sein Land
unserem Herzoge Heim-ich. Die Geltendmachung dieser
Ansprilche Wladyslaw Odoniz gegenilber fand jedoch um
so mehr Schwierigkeiten , da dieser bei seiner grofsen Frei-
gebigkeit gegen die Geistlichkeit diese gauz auf seiner Seite
hatte und deshalb ' auch von der romischen Kiu-ie geschutzt
wurde. In der That erfahren wir auch, dafs der Feldzug
vom Jahre 1233, welchen Heinrich begleitet von seinem
gleichnamigen Sohne im Jahre 1233 gegen Odoniz unter-
nimmt, zwar die Eroberung von Kalisch zur Folge hat, aber
bald durch einen von dem Bischofe von Posen vermittelten
Frieden beendet wird, in welchem Heinrich auf Grofspolen
Verzicht leistet.
Ihn dazu zu bestimmen, wirkte wahrscheinlich noch eine
andere Rilcksicht mit. Im Juni 1233 finden wir in Breslau
bei ihm Hermann Balk, den Prokm-ator des Deutschen Or-
dens, und jedenfalls im Zusammenhange damit sehen wir
nach einer Zusammenkunft, welche er mit Konrad von Ma-
sowien im Oktober dieses Jahi'es bei Kulm hatte, ihn dann
im Spatherbst 1233 einen neueu Kreuzzug in das Preufsen-
land unternehmen, an welchem sich aufser dem masowischen
Herzoge noch der Pommernfiirst Swantopolk und Wladyslaw
54 Zweites Buch. Erster Abschuitt.
Odoniz beteiligen, -wiihrend der jiingere Ileinricli das schle-
sisclie Corps befehligt. Derselbe iiimmt hier an der Griiu-
dung von JMarien-werder teil uud hilft mit in streuger
^^'interzeit den Preufsen die schwere Nicderlage an der
Sorge zu bereiten.
lux naclisten Jalu'e 1234 erneuert sicli dann Avieder der
Krieg rait Odoniz, gegen welehen die rait seiner Herrschat't
unzutriedenen Edlen des Landes den schlesisclien Jierzog
lierbeirufen. Siegreich dringt dieser nun vor, ei'obert die Ge-
biete von Kalisch, Peisern, Schroda, Posen, stellt das im
Vorjahre von AVladyslaw zerstorte Sclilofs Bnin wieder her
und bedriingt den letzteren so, dais derselbe, ura nicht alles
zu verlieren, in eine Teilung des Landes Avilligt, bei welcher
er alles Land auf dera linken Ul'er der ^^'artha, also den
ganzen westlichen Teil der heutigen Provinz Posen, an
Herzog Heinrieli abtritt, fiir diesen eine erfreuliche Abrun-
dung des Lebuser Landes mit den Lausitzer Besitzungen.
Auch das Schlofs Schrimra jenseits der Wartha bleibt Hein-
rieli, der liier seinen Keffen, den mahrisclien I'rinzen Bor-
ziwoi, zum Statthalter einsetzt.
Das Schlofs Schriram ward aber nachnials von den
Polen tiberfallen, Borziwoi ermordet, und so entziindeten sich
neue Kiirapfe, ura dei*en Schlichtung sich dann der papstliche
Gesandte, Wilhelm von Modena, eifrig beniuhte. JedenfuUs
blieb der Teil Grofspolens auf dera linken Wartha-Ufer
Heinrich dera Biirtigen, der nun auch den Titel eines
Herzogs von Polen neben dem von Schlesien und Krakau
flihrte.
In den weiten Gebieten, die Heinrich so unter seinem
Scepter vereinigte, und welche von den Grenzen Poramerns
bis an die Abhiinge des Tatragebirges sich erstreckten, lag
als selbstandiges Land noch raitteninne das oberschlesische
Herzogtum Oppeln-Ratibor, wozu dann auch noch das nach-
mahge Herzogtura Beuthen mit der Herrschat't Siewierz (jetzt
in Polen gelegen) und das Herzogtum Teschen gehorte,
Avahrend Troppau und Jagerndorf damals noch zu Mahren
gerechnet Avurden. Doch auch liber das oberschlesische Gebiet
hatte Heinrich seit dera Tode seines Vetters Kasimir 122 9 eine
gewisse Herrschat't erlangt, er filhrt die Vorrauudschaft iiber
die minderjahrigen Sohne des Verstorbenen , ja gegen das
Ende seiner Eegierung verbindet er das Oppeln - Ratiborer
Land seinem Peiche, indera er der Herzogin-Witwe von
Oppeln, Mola, als Entschadigung dafur das Landgebiet von
Kalisch und Ruda iiberweist, das also gleichfalls von Wladj-
slaw Odoniz abgetreten worden sein muls.
Die heilige Hedwig. o5
Die heilige Hedwig.
Es Avaren so ziemlich drei Vierteile des alteu groisen
polnischeu Reiches, welclie nun der bartige Herzog in seiner
starkeu Hand vereinigte, und wie es lieifst, iiabe der Herzog
daran gedacht, seinen Lieblingssohn Heinrich zum Konige
von Polen einzusetzen, ohne dafs wir jedocli von Scliritten,
die er zu diesem Ende gethan, etwas Naheres erfahren.
Hatte einst sein Grofsvater, der vertriebene Herzog Wlady-
slaw, am Kaiserliofe in Deutschland Zuilucht und Schutz
gefuuden, hatte die machtige Yerwendung Friedrich des
Rotbarts die Herausgabe Schlesiens an Heinricbs Vater und
Oheim herbeigefuhrt, so lohnte jetzt Heinrich dem Deutschen
Reiche dadurch, dafs er hier auf slavischem Boden deutsche
Kultur einluhrte und weite Landschaften thatsachhch fur
Deutschland gewann. Denn das Avar das besonders Bedeut-
same: der Filrst, dem mit der alten Burg Krakau die Ober-
herrschaft iiber alle piastischen Fiirsten zugefallen AA'ar, der
den grofseren Teil des ganzeu polnischen Reiches selbst
unter seinem Scepter hielt, AA^ar ein Deutscher. Von einer
deutschen Mutter geboren, in Deutschland erzogen, Avar er
zum Deutschen geAvorden und fuhrte nun auch eine deutsche
Prinzessin heim. HedAA'ig, die Tochter des frankischen Grafen
Bertold, den der Titel eines Herzogs A^on Meran (in Dal-
matien) zierte, eine Frau von seltenen Gaben des Geistes
und Herzens , voll AA^ahrer ungeheuchelter Frommigkeit,
Gottesfurcht und Nachsteuliebe. Nachdem sie in zartester
Jugend bereits A'ermahlt (angeblich 12 Jahre alt) ihrem Ge-
mahle sieben Kinder geschenkt hatte, bcAvog sie diesen, mit
ihr in die Hand des Bischofs Lorenz von Breslau das Gelllbde
ehelicher Enthaltsamkeit abzulegen. Seitdem zog sie sich
mehr und mehr in die klosterliche Einsamkeit von Trebnitz
zuriick, avo einige Meilen ncirdiich A^on Breslau auf dem rechten
Oderufer in anmutigem Thale ihr Gemahl filr Cisterciense-
rinnen, die aus ihrer frankischen Heimat liierher berufen
AAurden, ein reich ausgestattctes Stift gegriindet hatte, in
dem dann auch eine ihrer Tochter Gertrud (1228) Abtissin
AA'urde. Diese hatte hier den Schleier genommen, nachdem
ihr Verlobter Otto von "Wittelsbach die Blutschuld, Avelche
er durch den Mord Kcinig Philipps A^on SchAA'aben (1208)
auf sich geladen, mit dem Tode gebiifst hatte. Hier in
Trebnitz lebte nun Hedwig lange Jahre Werken der Barm-
herzigkeit, aber auch Ubungen einer fiir Gott gefallig er-
achteten Selbstpeinigung durch Fasten, Bufsiibungen, Geifse-
lungen. Und dem Geiste jener Zeit entsprechend, AA-aren es
36 Zweites Buch. Erster Abschuitt.
vielleicht niclit zum geringsten Telle eben diese letzteren,
welche den lluf ilirer Heiligkeit bei ihren Zeitgenossen be-
griindeten und dann 24 Jaiu-e nach ihi-em Tode 1267 aucli
ihre Heiligsprechung durcli Papst Klemens IX. herbeifuhrten.
L'brigens ist Herzogin Hedwig neben ihreu Andachtsiibungen
doch auch ihrer sonstigen Pflieliten wolil eingedenk geblieben.
Nach dem Uberfalle bei Gonsawa elite sle schnell lierbel,
den verwundeten Gemahl zu pllegen, und als dlesen die
Argllst Konrads von Masowien in die Gefangeuschaft ge-
braclit hatte, scheute sie den weiten Weg nach Plock nlcht
imd vermochte, wle wlr wlssen, diu'ch die Maclit ihrer Per-
sonlichkelt die Fesseln zu losen.
Schwerlich ganz getreu schlldert uns die alte Hedwigs-
legende das Bild der hohen Frau. Jedenfalls kommt darin
nur die eine Seite ihi'es Wesens, das asketlsche Moment,
recht zur Erscheinung. Dafs es noch eine andere Seite
gab, zelgt uns die kurze Zelt nach Ihrem Tode gefertlgte
Statue Hires Hochgrabes, wo sie in reichera herzoglichem
Schmucke uns entgegentritt und ebenso das Siegel, dessen
sie sich selbst bedlente, und welches sie in sehr modischer,
fast iippig zu nennender Gewandung darstellt.
Es mufste nun von Bedeutung erscheinen, dafs die Ge-
mahlin des gewaltigen Herzogs, der das kleine Herzogtum
Schlesien zum ]\{ittelpunkte eines ansehnlichen Reiches machte,
eine Frau war, die alles Volk schon bei Lebzeiten wie eine
Heilige vereln-te. Uni so fester schlug das Herrschergeschlecht
seine Wurzeln in den Herzen der Unterthanen.
Klostergriindungen.
Ob Herzogin Hedwig je Polnisch gelernt hat, ist zweifel-
haft und wie ihr Hofstaat deutsch war, so war er auch die
Umgebung der Klosterschwestern , unter denen sie in Treb-
nitz lebte. Herzog Heinrich hat dieses Stift selbst als seine
eigenste Grlindung bezeichnet im gleichen Mafse, Avie die
seines Vaters Leubus gewesen ware, aber sie blieb nicht die
einzige. In Heinrichau slldlich von Breslau wunschte Ni-
kolaus, des Herzogs erster Minister, ein Ivloster zii errichten,
bedurfte aber dessen Genehmigung dazu um so mehr, da
die dazu zu verwendenden Giiter, welche ihm die Huld
seines Herrn gewahrt hatte, ihm nur auf Lebenszeit ge-
hcirten. Der Herzog gab die Erlaubnis, jedoch nicht ohne das
Yerdienst der Stiftung flir sich selbst, resp. filr seinen Sohn
Heinrich in Anspruch zu nehmen. 1222 ward das neue Stift
eingerichtet imd mit Cisterciensern aus Leubus besetzt.
Griindimg der Kloster Heiurichau uud Kamenz. 57
Gerade dieser Orden, der vornehmlich praktische Zwecke
verfolgte, war fur die deutsche Koloiiisation von hervor-
ragender Bedeutung, die ja schon an fruherer Stelle naher
dargestellt worden ist. Es wird daher wohl erklarlich, daf&
allmahlich auch Kloster anderer Orten in die Hande der
Cistercienser ilbergegangen sind, die dann in der zweiten
Halfte des 13. Jahrhunderts die Mehrzahl der grofseren
schlesisclien Stifter Leubus, Trebnitz, Kamenz, Heinrichau,
Griissau innehaben. Xamentlich unter Heinriehs Regierung
nnd schwerlich ohne sein Zuthun sind dann auch in Polen
Grilndungen des Ordens erfolgt, es entstanden die Kloster
Lond und Priment, als sich weiter vorschiebende Posten der
Germanisation , welcher ubrigens auch schon die in sehr
grofser Ausdehnung verliehenen Stiftsgiiter schlesischer Klo-
ster in Polen dieuteu.
Auch die Augustiner-Chorherren des Sandstiftes zu Bres-
lau, welche, obgleich wallonischen Ursprungs, sich sehr
friih den Interessen der deutschen Einwanderung zuwandten,
der sie das wertvolle industrielle Element der aus Flandern
eingefuhrten Wollenweberei zuiilhrten, breiteten sich weiter
liber das Land aus^ 1210 siedelten sich Brilder des Ordens
am Fufse des altberuhmten Burgberges von Kamenz an^ wo
ihnen ein Sprofs eines der altesten in unserer Heimat nach-
weisbaren Adelsgeschlechter Vincenz von Pogarell eine Statte
bereitet hatte ; 1217 grlindete der Herzog selbst eine Propstei
derselben zu Kaiimburg an dem Bober, aus welcher nach-
mals das beriihmte Stift zu Sagan hervorgegangen ist, und
ihrer Obhut Avird auch das Hospital zum heiligen Geist an-
vertraut, das Herzog Heinrich 1214 in Breslau und zwar
auf dem linken Oderufer nahe dem Flusse grlindet und
reich dotiert, dem dann bald auch ein speciell den Aus-
satzigen gewidmetes Hospital in der jungen deutschen Stadt
Neumarkt sich anschlieist, ein besonderer Gegenstand der
Sorge filr Herzogin Hedwig.
In grolsem Mafsstabe nehmen nun die Augustiner die
Ansiedelung von Deutschen in Angriff. Fiii- den grofsen
Giiterkomplex, welchen dieselben noch von Peter Wlast her
am Zobtenberge besitzen, erlangen sie bereits im Jahre 1209
ein grolses Privilege das ihnen unter neuer Umgrenzung
dieser Besitzungen die Aussetzung derselben zu deutscheni
Rechte gestattete. Das Gleiche thaten in dieser Zeit die
Priimonstra tenser, welche seit dem Ende des 12. Jahrhunderts
in dem Vincenzstifte bei Breslau die Benediktiner abgelost
hatten, mit ihrem Giiterkomplexe bei Kostenblut und audi
deren Schwesterkloster in Oberschlesien , welches 1228 aus
58 Zwcites Buch. Erstcr Abschnitt.
Rybnik nach Czaniowanz bei Oppeln verlegt wurde, wie
deiin uberhaupt der Herzog selbst, Biscliot" und Doinkapitel
uud die verscliiedenen IStil'ter formlich darin wetteifern , sich
die Vorteile zu sichern, welclie, wie iViilier scbon dargelegt
wurde, die Neugrluidung ihrer Gliter zu deutschem Kecbte
ibnen bringen mulste.
Deutsche Stadte.
Aber aucb die Anlegung von Stadten zu deutschem Rechte
ward jetzt eifriger betrieben.
Wahrscheinlieh waren es Neumarkt, niit welchem Namen
Heinrich den aut" seinen Reisen zwischen Breslau und Lieg-
nitz oft besuchten polnischen Ort Szroda umtaut'te, und
Lowenberg, welche den Reigen der zahh-eiclien von Hein-
reich I. zu deutschem Reelite gegrilndeten Stiidte erofFnen,
fur deren mehrere er dann nachmals aus IMagdeburg voll-
stiindige Abschriften der Rcchtsbestimniungen, nach welchen
dort die Burger lebten, kommen liefs. L>afs dies oft ge-
schehen sei, erwahnen die Magdeburger SchofFen in einem
dieser Schreiben ausdrllckhch. Kach deutschem Rechte wur-
deu in Heinrichs I. Zeit nachweisHch uoch gegriindet Gold-
berg, welches von dem hier gefundenen Golde seinen Kamen
erhielt, Naumburg a. d. Quels, Neifse, Steinau a. d. Oder,
Guhrau, Ohlau, in Oberschlesien Oppeln, Ratibor, Steinau,
Leschnitz. Auch in der Landeshauptstadt Breslau befand
sich schon damals eine deutsche Ansiedelung, deren Vor-
stand (Schultheifs) Alexander uns in einer Urkunde von
1229 begegnet. An dem Marktplatze der damaligcn Stadt
Breslau auf dem linken Oderufer unmittelbar an der Briicke
liber die Oder (Sandbriicke) an der Stelle des heutigen Ober-
landesgerichtes stand das steinerne Kaufhaus der Deutschen.
Von da oderabwitrts zog sich herzogliclies Gebiet, Kurien
der herzoglichen Familie, die bald insgesamt zu geistlichen
Stiftungen verwandt wurden. Von der Sandbriicke aber, in
deren Nahe Avenig oderauiwilrts damals die Ohlau mundete,
erstreckten sich bereits am linken Ufer dieses Flusses siidwarts
w^eitere Ansiedelungen bis zu der bereits im 12. Jahrhundert
vorhandenen Adalbertskirche, und als dann Bischof Lorenz
1207 — 1232 dieses Gotteshaus dem 1226 damals aufkommen-
den Dominikanerorden , dem hier unter Leitung des nach-
mals heilig gesprochenen Polen Ceslaw ein Konvcnt ge-
grundet Avordeu war, libergab, sah er sich bald darauf ver-
anlafst, anstatt ihrer eine neue Kirche mit Parochialrecht zu
erbauen, namlich die zu ]\Iaria ]\Iagdalena, in welcher wir
Anlegung deutscher Stiidte. 59
somit difi alteste Stadtpfarrkirche des eigentlicheu Breslaus
auf dem linken Oderufer zii erkennen habeii.
Die Bevulkerung, filr welche nun diese Kirche gegriindet
ward, hat man sich wolil aiis Slaven und Deutsclien ge-
mischt zu denken. Neben den Wallonen, welqlie, wie friiher
erwahnt wurde, um die Kirche des heiligen Moritz (heutige
KJosterstral'se , damals Wallonenstrafse) angesiedelt waren,
haben sicherlich imter den Slaven auch schou vielfach
Deutsche, uameutlich Handwerker gewohnt; und es kann
nicht der mindeste Zweifel obwalten, dafs diese sich in ge-
sellschaftHch giinstigerer Lage befanden als die slavischen
Einwohner, dafs sie personhch frei und anderen Gesetzen
unterworfen wareu, es ist auch nicht zu zweifeln, dafs sie
mit ihren noch besonders privilegierten Landsleuteu im Kauf-
hause zu einer Gemeinde verbunden Avaren. Es ist nun
wohl moglich, dafs ahnliche Verhaltnisse auch noch in an-
dern schlesischen Stadten vorhanden waren, deutsche Ge-
meinden mit eigenen Rechten innerhalb einer slavischen Be-
volkerung.
Aber in jedem Falle verhalt es sich wesentlich anders
mit Stadten, welche wirkiich zu deutschem Rechte ausgesetzt
wurden. Bei diesen ward von der alten slavischen Nieder-
lassung, die ja meistens an demselben Orte vorhanden war,
ganz abgesehen und in einer gewissen Entfernung davon,
auf noch unbebautem Boden, wohl in den meisten Fallen
auf herzoglichem Grunde die neue Stadt, die danu ganz
ausschhefslich fiir deutsche Kolonisten bestimmt war, ausge-
steckt. Ihren Mittelpunkt bildete stets das mlichtige gleich-
seitige Viereck des Marktplatzes oder, wie man in Schlesien
es (doch wohl nach einem altslavischen Worte) nannte und
noch nennt, des Ringes, dessen sehr umfangreiche Anlage
auch bei recht kleinen Stadten uns haufig noch heute er-
staunen macht. Mitten auf dem Ringe steht das Rat-
haus, in dessen unteren Raumen oder in oft sehr winzigen,
daran angebauten Verkaufsstellen dann die verschieden-
artigsten Lebensbedurfnisse feilgeboten werden. Ursprllng-
lich war wohl die Meinung, dafs der Ring alle selbstandigen
Burger, auf die bei der Anlage gerechnet war, umfassen
sollte, und wenn z. B. eiue Stadt 40 Ackerhufen also 40
Ackeranteile mitbekam, konnte es ja sehr wohl angehen,
jede der 4 Ringseiten in 10 Baustellen zu teilen, auf denen
sich nun aneinandergereiht die Biirgerhiluser erhoben. Hier
nach vorn heraus wohnte das Handwork und das stadtische
Leben, aber zu dem hinteren Thore, welches nach der nach-
sten Parallelstrafse zuging, blickt bereits das Dorf in das
60 Zweites Buch. Erster Abschnitt.
Gehoft des Ackerbiirgers hinein. Die anclere Seite dieser
Stralsc bildeten wohl schon meistens die iScheuem der Bur-
ger. Hinter diesen war dann mit Wall und Graben die
Umfrieduug der Stadt, auf dem ersteren meistens ein Parchen,
ein Pl'ahlzaun statt der Mauer. An einer Ecke des Ringes
pflegt die raethodisehe Regelmalsigkeit dieser Einrichtung,
bei der alles mit der EicLtschnur abgemessen erscheint, durch
den daran stofsenden Kircbhof mit der Stadtkirche daranf
nnterbrochen. Fast immer gehorte zur Stadt dann noch
jenseits des Umfriedigungsgraben neben den Ackerstilcken
der Biii'ger aucli noch ein gemeinsamer stadtisclier Weide-
platz.
Bei der Mehrzahl der schlesischen Stadte erkennt man
noch heute sehr gut den Zuschnitt der ersten Griindung in
all seiner Regelmafsigkeit, den miichtigen quadratischen Ring
mit dem an das Rathaus sich anschliefsenden winkeligen
Komplex von Bauhchkeiten, die aus den urspriinglichen
Yerkaufsbuden sich entwickelt haben; bei einigen besonders
kleinen Orten findet man wohl auch noch schon in der
ersten Parallelstralse die stadtischen Scheunen als Zeichen
ursprilnghcher Beschranktheit, bei den meisten hat das schnelle
Wachstum dies veriindert. Vielfach zogen gleich bei der
Aussetzvmg zu. deutschem Rechte Deutsche mit hinein, welche,
auch ohne bei der Verteilung der Ackerlose mitbeteiligt zu
sein, doch dann als Handwei"ker sich an dem Orte nieder-
hefsen. Natiirhch fanden sich auch slavische Eingeborene
in grofserer Zahl ein, welche die niederen Dienstleistungen
iibernahmen.
Es ist nicht daran zu zAveifeln, dafs die deutschen Hand-
werker sich gleich von vornherein zu Innungen zusammen-
geschlossen haben, und ebenso wahrscheinlich ist, dafs bei
Streitigkeiten der Deutschen unter einander schon in der
ersten Zeit der Vogt imter Zuziehung von Schotfen aus der
Gemeine Recht gesprochen hat.
Die deutschen Ansiedler zahlten (meistens nach einer
ihnen zugesicherten und sehr verschieden bemessenen Zahl
von Freijahi-en) dem Landesherrn eine bestimmte Abgabe,
die als Geschols (exactio) friih schon iixiert und von den
Kommunalbehorden auf die Einzelnen umgelegt ward, dazu
denn noch als MUnzgeld (abegang) eine bald auch festgesetzte
Summe als Entschiidigung dafur, dafs der Filrst von seinem
Rechte, die Miinzen alljahrhch umzuprageu, keinen Gebrauch
machte, aufserdem noch einen Zins fiir die gewerbhchen
Verkaufsstatten. Die stadtischen Abgaben gingen nebenher.
AVie bei den Dorfern libernahm auch hier ein landes-
Anlegung deutscher Stadte. 61
herrschaftlicher Kommissar als locator die Miihe der Herbei-
schaffimg der Kolonisten. Derselbe erhielt das Stiick Land
in Bausch und Bogen, verteilte dasselbe, unterhandelte mit
den Ausiedlern und fiibrte nacbmals die Steuern ab. Er
erhielt fiir sich und seine Erben das Richteramt oder die
Vogtei (daher Erbvogtei) mit verschiedenen Einkiinften,
namlich unter alien Umstanden den dritten Teil der von
dem Vogteigericbte verhangten Strafgelder (den sogenannten
di'itten Pfennig), ferner sehr haufig ein von Abgaben be-
freites Haus und Hof und wolil auch noch Ertrage ge-
wisser gewerblicher Institute als Miihlen, Badstiiben, Ver-
kaufsstellen u. dgl. Der Vogt safs denn auch dem Gerichte
vor, in welchem stadtische SchofFen das Urteil fanden, von
welchem eine Berufung an das Gericht des Herzogs zulassig
war, und vertrat iiberhaupt den Landesherrn, so dafs an-
:^nglich die Regierung der Stadt thatsachlich in seiner
Hand lag.
Die ganze Einflihrung germanischer Kolonisation und
der Anklang, den diese Einrichtungen auch bei Fiirsten
fanden, denen sonst eine besondere Begiinstigung des Deutsch-
tums fern gelegen haben wiirde, beruhte, wie dies bereits
friiher dargelegt -worden ist, auf der unzweifelhaften finan-
ziellen Ersprielshchkeit der Neugrlindungen, auf den erhohten
Einkunften, welche dieselben den Fiirsten brachten. ludem
dann aiich selbst der deutschfreundliche Heinrich I. diesen
Gesichtspunkt sehr ins Auge fafste, mufste er sich von den
Magdeburger Schoffen belehren lassen, dafs die dortigen
Burger sich maijche seiner finanziellen Einrichtungen von
ihrem Landesherrn nicht gefallen lassen wiirden. Es ward
nun fiir die zu deutschem Rechte ausgesetzten Stadte das
nachsteZiel ihres Strebens grofsere Selbstandigkeit dem Landes-
herrn und dessen Vertreter, dem Vogte, gegeniiber, mid wir
werden von den Erfolgen dieser Bestrebungen in spateren
Zeiten noch zu sprechen haben.
Es war eine grofsartige Umwalzung, welche sich damals
in Schlesien voUzog. Der dichte Wald, der noch das Land
bedeckte, lichtete sich an vielen Stellen unter der Axt der
Kolonisten, welchen dann an solchen Orten die grofsere Miihe
eine reichlichere Beraessung der einzelnen Landanteile lohnte
(fi-ankische oder Wald-Hufen im Gegensatze zu den kleineren
vlamischen Hufen), Siimpfe wurden entwassert, neue Wege
durchschnitten das Land; wo bisher nur Weideflachen ge-
legen hatten, entstanden jetzt Dorfer mit Kli-chen in ihrer
Mitte; anderwarts erhoben sich neben den slavischen Hiitten,
die am Bache entlang gestanden batten, die grofsen Rundungen
62 Zweites Bucli. Erster Abschnitt.
deutscher Staclte. Der Boden mit besseren Werkzeugen und
grofsereni Fleifse bestellt, lieferte ungleich reichere Ernten,
ein Gesclilecht freier deutscher Baucrn erstand untcr den
leibeigenen slavischen Einwohnern. Wir diirfen annelimen,
dais gegen das Ende der Regierung Heinrichs I. nament-
lich aut" dera linken Oderufer zwischen dem Flusse und dem
Gebirge eine sehr ansehnliche Zalil von Niederlassungen
sich vom Bober an bis zur Neifse hingezogen Jiat und die
deutsclie Spracho hier zur herrselienden vieltach gCAVor-
den ist.
Das niedere slavische Volk konnte mit dem ganzen Pro-
zesse wohl zufrieden sein. Ihm ward nichts genommeu,
wohl aber kam die steigende Kultur auch ihm zugute, es
lernte eine bessere Form des Landbaus kennen, die Pro-
dukte stiegen ira Werte, der Absatz ward leichter und be-
quemer, die Gelegeuheit zum Verdienst besser und die ganze
gesellschaftliche Lage durch das Zusammenwohnen mit
Freien gilnstiger; die Arbeit des Feldes, welche jetzt hier
auch freie Manner vornahmen, stieg im Werte, und der
Willkiir ihrer Herren waren schon dadurch gewisse Schran-
ken gezogen , dafs dieselben von mehr Augen beobachtet
wurden.
Weniger einverstanden war rait dem Ganzen der ein-
heimische Adel. In diesen Kreisen empfand man es ja libel,
dafs an den Hot' des machtigen Herzogs Heinrich deutsche
Edelleute sich zogen, denen dann wohl auch dessen Gunst
Landbesitz verlieh, sowie andere sich solchen erkautten, dafs
am Hofe die deutsche Spraclie die polnische verdriingte und
deutsches Wesen, deutsche Sitte einen gewissen Vorzug ge-
nossen. Eine derartige Unzufriedenheit zu thatlichem Aus-
druck zu bringen , war einem so gewaltigen Fiirsten wie
Heinrich gegeniiber nicht leicht, doch gab ein Zwist in der
herzoglichen Farailie selbst dazu Gelegenheit.
Von den drei alteren Sohnen Heim"ichs I. war der erste
Boleslaw, dera der Vater angeblich das Lebuser Land zu
eigener Verwaltung iibergeben hatte, friih verstorben, und der
zweite Konrad, von seinen Zeitgenossen der Krause (Crispus)
genannt, also vermuthch von wenig anmutendem Wesen,
verscherzte die Gunst des Vaters, die sich ganz seinem
Bruder Heinrich zuwendete. Wahrend Heinrich schon vom
Jahre 1209 an (Reg. 132) wiederholt in Urkunden des
Vaters entgegentritt und der letztere sogar Aviederholt imd
zuerst eben im Jahre 1209 der Zustimmung seines Sohnes
ausdriickliche Erwiihnung thut, wird Konrad nur einmal am
AA'eihnachtsfeste 1208, wo bei der Taufe seines jiingsten
Zwist uuter den berzogliclien Prinzen. Zehutstreitigkeiten. ()3
Bruclers viele Fiirsten in Glogau versammelt sind, erwahnt,
seitclem iiiclit mehr.
Diese Unzufrieclenheit nilhrten in ihm mifsvergniigte pol-
nisclie Edelleute am Hofe seines Vaters, deren Gesinnungen
er bald teilen lenite, and als Heinrich der Bartige gegen
das Ende seines Lebens die Absicht aussprach, Konrad, den
er mit einer saohsischen Prinzessiu zu vermahlen gedachte,
durcli das Land Lebus und die niederlausilzischen Besitzungen
abzutinden, wahrend Heinrich, dem er die Konigskrone von
Polen zudachte, seine ubrigen Landgebiete erben sollte, er-
hob Konrad ofFenbar ebenso unzufrieden mit dem ihm zu-
gedachten kleinen Anteile wie mit der deutschen Heirat
ofFen die Fahne der Emporung. Gegen die unter seiner
Fiihrmig gescbarten pohiischen Adeligen entsandte der Herzog
seinen Sohn Heinrich, dem die deutschen E-itter freudig zum
Kampfe Iblgten, und bei Rotkirch (unweit von Liegnitz ge-
gen Goklberg bin) unterlagen in hartem Kampfe die Polen.
Konrad fluchtete zu seinera Vater nach Glogau, der ihm
audi Verzeihung gewahrte, land aber bald darauf in der
Kiihe von Tarnau auf der Jagd durch einen Sturz vom
Pi'erde seinen Tod.
An der deutschen Kolonisation beteiligten sich nun, wie
bereits bemerkt wurde, die deutschen Stifter mit grofsem
Eifer, und nicht minder avich das Bistum, das Domkapitel
wie der Bischof von Breslau. Dieser letztere war an der
Sache in doppelter Weise beteiligt. Nicht nur dafs die
Neugriindungen die Eitrage seiner Besitzungen sehr wesent-
lich erhiihten, es verhiefs ihm audi jedes neu angelegte
deutsche Dorf eine Vermehrung seiner geistlichen Zehnten.
Die Bedeatung dieser Einnahmequellen leuchtete, wie wir
bereits sahen, sehr friih den Kirchenhirten ein. Schon Bischof
Jaroslaw hatte ja die Schenkung des Neubruch- Zehnten,
welche sein Vorgiinger Siroslaw dem Kloster Leubus ge-
macht, zuriickgenommen, und sein zweiter Nachfolger, Lorenz,
ging der Eini'orderung der Zehnten mit solchem Eifer nach,
dafs er darllber in ernsthchen Streit mit Herzog Heinrich
geriet.
Dieser klagte iiber den Bischof bei Papst Honorius HI.,
derselbe bedriicke diejenigen, welche in des Herzogs Lande
Wald oder anderes unbebautes Land urbar machen wollten,
mit unberechtigten Auflagen unter dem Namen von Zehnten,
gegen die Gewohnlieit des Landes, wie sie die benachbarten
Bischofe beobachteten , so dafs die Kolonisten nicht mehr
Lust hiitten in dies Land zu konimen, ja sogar an nianchen
Orten die schon begonnenen Ansiedelungen im Stiche liefsen
64 Zweites Bucb. Erster Abschnitt.
und lieber iiber die Grenze gingen. Hieraiis enstanden
dann nicht nur schwere Yerluste fill' den Herzog, sonderii
audi Grenzverletzungen und infolge dessen schwere Streitig-
keiten mit den Nachbarn. Auf diese Besehwerde liin liaben
vom Papste bestellte Schiedsiichter 1227 einen Vergleicli
vennittelt, dei' nun im Prinzipe den von den deutschen
Griindungen zu fordernden jahrlichen Zclmten in Gelde
festsetzt und zwar in der Hohe von einera Vierdung, d. h.
einer Viertelraark (etwa 7 Mark unseres Gekles) von der
Hufe, wahrend die slavischen Bewohner bei Naturalleistungen
blieben, so dafs z. B. aus den Wald- und Heidestrichen von
Sagan und Bunzlau Honig, aus dem Bergthale von Lahn
Eichhomchenfelle geliefert werden sollten.
Der Herzog verstaud sich dazu, von dem Zehnten, den
•er selbst von den Goldgrabereien in Niedersciilesien (in der
Liegnitz-Goldberger Gegend) verlangte, nun wiederura den
zehnten Teil der Kirclie abzutreten. Jene Festsetzung des
Zehnten in Gelde hat sich dann nainentHch, nachdem all-
mahHch eine Verschlechterung der Munzen eintrat, als wenig
vorteilhaft fiir den Bischof herausgestellt, und es war daher
erklarhch, wenn bald neue Zehntstreitigkeiten sich erhoben.
Aber es fehlte auch sonst nicht an Streitpunkten zwischen
den Breslauer Bischofen und dem Herzoge. Des letzteren
hiiufige Kriege legten doch dem Lande mannigfache Lasten
auf, und die Kirche erhob den Anspruch, dafs die auf ihren
Besitzungen , welclie , auch abgesehen von dem Neifse-
Ottmachauer Gebiete, dem eigentlichen Kirchenlande durch
ganz Schlesien zerstreut waren, wohnenden Eiuwohner von
derartigen Lasten befreit seieu, ohne dafs der Herzog sich
daran kehrte; und ilberhaupt war die Frage, ob und
inwieweit die eigentlichen Hoheitsrechte im Neifselande
dem Herzoge oder dem Bischofe zustanden, eine vielfach
strittige.
Da nun Bischof Thomas I., der 1232 Lorenz auf dem
bisch(iflichen Stuhle zu Breslau nachfolgte, in der Wahrung
der ku'chlichen Freiheiten kaum minder eifrig war als sein
Vorganger, so rissen die Zwiste kaum ab; papstliche Le-
gaten vermittelten wiederholt, der Erzbischof von Gnesen
als Metropolitan gritf mit ein, und schliefslich ist der grofse
Herzog, dem die Kirche so reiclie Griindimgen verdankte,
1238, den 19. ]Marz, im Banne gestorben, und es mochte
als eine besondere Rucksicht angesehen werden, dafs man
ihm ein Begriibnis an geweihter Stelle vor, dem Hoch-
altare der Trebnitzer Klosterldrche, seiner bevorzugten Griin-
dung gonnte. Das alte Denkmal, das sein Grab zierte, ist
Herzog Heimich II. 65
im 17. Jahrhundert durcli ein neues ersetzt word en, nur die
Verse der Grabsclirift behielt man bei.
Zweiter Abschnitt.
Heimich II. unci der Mongoleiieiufall l^ll.
Unter ung-leich giinstigeren Verhaltnissen als einst sein
Vater, ergriff nun dessen einziger Sohn Heinricli II. die
Ziigel der Herrschaft, als der nnbestrittene Erbe eines ge-
waltig-en Liindergebietes imd einer noch bedeutenderen
MachtsteUung. Naraentlich die letztere zu behaupten, die
faktische Oberleitung im polnischen Reiclie, verlangte wohl
einen ganzen Mann, aber dem neuen Herzog, schon im
reiferen Alter stehend, etwa 47 Jahre alt, in den Staats-
geschaften wie im Felde erprobt, fehlte es weder an Mut
und Entschlossenheit noch an der siclieren Ruhe und
Mafsigung. Ihm blieben Krakau und die Teile von Grofs-
polen ohne besondere Kampfe, ihm der Einflufs auf die
ilbrigen polnischen Fiirsten und vornehmlich auf die minder-
jahrigen Vettern in Oberschlesien , und als der Erzbischof
von ]\ragdeburg im Bunde niit dem Markgrafen von Bran-
denburg 1238 einen Angriif auf Schlofs Lebus versuchten,
erfuhren sie, zurlickgeschlagen , dafs der Sohn die voile
Kriegstiichtigkeit des Vaters geerbt.
Und noch in einem wesentlichen Punkte glich er dem
Vater. Wie dieser in gliicklicher Ehe lebend, mit der boh-
mischen Prinzessin Anna, deren Fromraigkeit die GeistHchen zu
preisen nicht milde wurden, und selbst berilhmt wegen seiner
Milde und Freigebigkeit gegen die GeistHchkeit , wie er
denn z. B. 1240 fill* Prager Minoriten das Jakobskloster in
Breslau (neben dem Oberlandesgerichte) griindete und gleich-
zeitig Benediktiner aus dem bohmischen Kloster Opatowicz
in Griifsau ansiedelte, auch die Errichtung eines grofsen
Hospitals in Breslau in Aussicht nahm, war er doch weit
entfernt, seine Herrscherrechte geistHchen Ansprilchen zu
opfern. So hielt er in dem Sti-eite mit dem Bischofe unveiTtickt
an dem Programme seines Vaters fest , obwohl Papst
Gregor IX. ihm unter dem 25. Mai 1238 sehr eindringhche
Grunhagen, Gesch. Schlesiens. I. O
66 Zweites Bnch. Zweiter Abschnitt.
Vorstellungen machte unci sogar vor der Drohung, den Leich-
nam Heinrichs I. aus der geweihten Stelle wieder entfernen
zu lassen und dessen Sohn mit dem Banne zu belegen,
nicht zuriickbebte. Bischof Thomas von Breslau, der un-
beugsam an seinen Anspruclien festhielt, blieb von seiner
Eesidenz wie von dem eigentlichen Bischofslande (dem Neifse-
Ottmaclianer Gebiet) verbannt in Glogau, und niu' ver-
stohlen und niclit ohne Gefahr konnte ein befreundeter
Mcinch von Heinrichau seine Botschaften uberbringen.
Ubrigens hiltete man sich in Rom vor scharfen Mafs-
regeln um so mehr, als man sich sehmeichelte, den Herzog,
der mit seinem Schwager, dem Bohmenk( inige , eng zu-
sammenhielt , ebenso wie diesen in dem Kampfe gegen
Kaiser Friedrich II. gebrauchen zu konnen. Es war auf
ihn sehr gerechnet, als der papstliche Legat Albert von
Beham im Sommer 1239 eine Fiirstenzusammenkunft in
Lebus im Sinne hatte, auf welcher der danische Prinz Abel
zum Gegenkunig gewahlt werden sollte.
Hieraus wurde nun nichts, ja Konig Wenzel wenigstens
zeigte eine so bedenkliche Neigung, sich mit Kaiser Konrad
zu verstiindigen, dais der Legat im August 1240 vom Papste
verlangte, er solle iiber Bohmen das Interdikt verhiingen
und den Erzbischof von Gran oder den Bischof von Breslau,
der also auch in diesen Angelegenheiten eine sehr bestimmt
ausgesprochene Stellung eingenommen zu haben scheiut, zum
Vollstrecker erwahlen.
Auch dies geschah nun nicht, \nelmehr schopfte der
Legat bald wieder Hoffiiungen, den Konig auf seine Seite
zu Ziehen , indem er besonders auf die Flirsprache der
Sch wester des^Konigs und Schwagerin des Herzogs, Agnes,
der spjiteren Abtissin von Trebnitz, ziihlte, und noch 1241
versprach er sich von einer Zusammenkunft mit dem Bohmen-
konig und jenem allerchristlichsten Fiirsten Polens, dem
Herzoge Heinrich, sehr viel, als die Katastrophe des Mon-
goleneinfalls auf einmal alle diese Bestrebungen, denen Hein-
rich jedenfalls sehr kiihl gegeniibergestanden hat, vereitelte.
Der Mongoleneinfall 1241.
Man wufste in Schlesien damals kaum etwas von dem
ungeheuren Reiche, welches vom Jahre 1209 an im Inneren
Asiens der furchtbare Tschinggischan, der Chan der Chane,
iiber Triimmern und Leichen errichtet. Vom nordlichen
China an erstreckte es sich bis nach Indien hin. Aus den
kriegerischen Reitervolkern der grofsen Steppen tartarischen
Der Mongoleneinfall. 67
Stammes hatte er vermocht sich ungeheure Heere von
Hunderttausenden zu bilden, welclie dann der Schrecken und
die beutelustige Raubgier zusammenhielt, und denen in Asien
ein Reich nach dem andern imterlag. Schon 1222 waren
ihi'e Heerscharen liber die Wolga in Rufsland eiagedrungen,
batten 1223 an der Kalka (nordlich vom Asowschen Meere)
die Macht der Russen vernichtet, waren aber, nacbdem sie
das Land zur Eincide gemacbt, am Dniester umgekehi't und
heimgezogen. 1227 war Tsehinggiseban gestorben, und unter
seinem Sobne und iJsacbfolger Ogodai (Oktai) im Jabre
1237 bracben die Mongolen, gefiiln-t von Batu, einem XefFen
Tscbinggiscbans , aufs neue in Europa ein, diesmal weiter
oberbalb die AVolga iiberscbreitend. Sie verwlisteten meb-
rere Jabre lang Rufsland, wo die unter einander in Hader
Hegenden Fiirsten sicb zu gemeinsamem Handebi zu ver-
einen nicbt vennocbten. Nocb bevor dann am 6. Dezember
1240 auch die Hauptstadt des slidostHcben Rufslands Kiew,
von den Mongolen erobert, entsetzlicber Zerstorung anbeim
gefallen war, scbickte sicb ein Haute des ungebeuren Mon-
golenbeeres, das russiscbe Cbronisten, sicber ilbertreibend,
auf 600 000 Kampfer obne den Trofs angeben, unter Baidar
(Peta) an, in Polen einzudringen, da Fiirsten von Kiew bei
Herzog Konrad von Masowien Zuflucbt gefunden batten.
Einer dieser Fiirsten, JVlicbael, Hob weiter nacb Scblesien,
und seine Nicbte oder Enkelin ward ibm vorausreisend in
der scblesiscben , damals bereits zu deutscbem Recbte aus-
gesetzten Stadt Neumarkt, wo ibre mitgeliibrten Scbatze die
Habsucbt von Bosewicbtern erregt batten, ermordet (wobl
Anfang 1241), ein Ereignis, aus dem dann die Sage sicb
gebildet hat, die Ermordung einer tatarischen Prinzessin in
Scblesien babe den Mongoleneinfall herbeigeflihrt.
Inzwiscben walzte sich der Schwann der Tartaren naber
auf Scblesien zu. In Polen fand man zu gemeinsamem
Widerstande nicbt den Mut. Am 13. Februar iiel Sendomir
in der Mongolen Hande.
Fiirchterliche Verwlistungen bezeichneten ibren Weg^
und vor ihnen her ging der Schrecken. Den abendlandischen
Volkern erschienen sie mit ibrer abschreckenden Hafslich-
keit, den schief gescblitzten, tief Hegenden Augen, den her-
vortretenden Backenknochen , den gekriimmten Beinen und
dem kein Alter und kein Gescblecht scbonenden Bkitdurste,
sowie der Wildheit ibrer AngrifFe, gar nicbt mehr als Men-
schen, sondern wie Damonen, Ausgeburten der Holle (des
Tartarus, daher Tartaren, wie sie schon von Zeitgenossen
genannt werden).
5*
OS Zweitcs Buch. Zweiter Abschnitt.
Ziu' Verteidigung gegen sie war das machtige Deutsche
Reich in keiner Weise geriistet , der unheilvolle Kampf
zwischen Kaiser- iind Papsttum lahmte hier alles, und An-
hanger des Papstes bebten selbst nicht vor der toUen Be-
hauptung ziu'iick, Gesaudte Kaiser Friedrichs II. hatten die
Mongolen erst zu ihrem Einfalle angereizt. Man wartete
darauf, von einem papstlichen Legaten gegen den Feind ge-
fiihrt zu werden, und indessen regte sich keine Hand, um
die europaische Kultur vor dem Hereinbrechen asiatischer
Barbaren, um das Aufsenwerk des Reichs, das Neudeutsch-
land, das hier so hoffnuugsvoll in Schlesien autblilhte, zu
verteidigen. Auch in Polen und Schlesien sah es mit den
Yerteidigungsanstalten iibel aus. OfFenbar ware es eigent-
Uch Sache des Herzogs von Schlesien und Polen, wie er
sich nennt, Herzog Heinrichs II. gewesen, mit den gesamten
Kraften seines Landes die alte Ktinigsburg Ki-akau zu ver-
teidigen; aber sei es, .dafs er mit seinen Riistungen nicht
schnell genug fertig wurde, sei es, dafs Yerabredungen mit
seinem Schwager, dem Bohmenkonige , der selbst ein Heer
sammelte, ihn zuriickliielten, genug, er llberliefs Polen seinem
Scliicksale und war nicht einmal mit seinen Scharen zur
Stelle, als es sich darum handelte, den Oderiibergang bei
Oppeln den Barbaren zu wehren.
Schon von Sendomir aus, diesseits der Weichsel, hatten
sich die Mongolen aufs neue geteilt, und wahrend der eine
Heerhauf'e die grofspolnischen Landschaften von Sieradz,
Lenczjc und Kujawien verwiistete, ohne ii'gendwo im freien
Felde Widerstand zu finden, suchte der andere den Weg
zur Oder. Bei Chmieluik (elf Meilen nordcisthch von Kra-
kau) vernichtete dieser ein kleines polnisches Heer, das
sich unter den Palatinen von Ki-akau und Sendomir ent-
gegenstellte, und verbrannte bald darauf Krakau, wo nur
die aufserhalb gelegene Andi*easku-che verteidigt und be-
hauptet wurde. Bei Oppeln machten die oberschlesischen
Herzoge, die Gebruder Mesko und Wladyslaw, den Uber-
gang streitig, unterlagen aber der Uberzahl. Weiter wiilzte
sich nun auf dem linken Oderufer der Schwarm der Mon-
golen auf Breslau, wo wie in Krakau die Stadt aufgegeben
und nur die dm-ch den Flufs geschiitzte Burg auf der Dom-
insel mit Erfolg verteidigt ward. iS^achdem die Einwohner
aus der eigenthchen Stadt sich gefluchtet, ziindete die Be-
satzung der Burg jene an, so dafs die Mongolen nur rau-
chende Triimmer fanden. Deren Zug gmg nun weiter gegen
Liegnitz.
Wenn Konig "Wenzels (der allerdings wohl ilber die
Die Tartarenschlacht bei Wahlstatt. OH
naheren Umstande dieser Vorgange unterrichtet sein konnte)
Augabe, dais die Mongolen den Herzog in der Liegnitzer
Burg belagert batten, ricbtig ist, so wii'd man zu der An-
nabme gedriiugt, Heim'icb babe, vermutHcb weil es an
Nabrungsmitteln fur das in Liegnitz versammelte Heer man-
gelte, seine Scbaren berausgefiibi't und aucb wii'klicb die
Einscbliefsungslinie der Feinde za durcbbrecben vermocbt,
sicb aber dann '^ji Meilen siidlicb von Liegnitz bei "Wabl-
statt den ibm nacbsetzenden Mongolen zum Kanipfe stellen
miissen.
Davon dais sein Scbwager, Konig Wenzel, ibm mit
einem grolseren Heere bis aut' einen Tagemarscb nabe ge-
wesen sei, wie der letztere in einem Briet'e bebauptet, kann
der Herzog kaum etwas gewufst baben, sonst wiirde er
docb seinen Ausfall lieber nacb der Ricbtung bin, wo er
das bobmiscbe Heer, das ilber Zittau angeriickt sein soli,
erwarten konnte, gemacbt babeu, statt gerade nacb der ent-
gegengesetzten Ricbtung.
Da wo siidlicb von Liegnitz das Terrain erbebUcb an-
steigt, auf dem Plateau von Wablstatt, ordnete Herzog Hein-
ricb seine Scbaren zur Scblacbt am 9. April 1241. Er
batte schwerHcb mebr als eiuige Tausend Bewaffnete iim
sicb. Daran werden wir festbalten diirfen, wenngleicb in
Bericbten jener Zeit, welcbe docb eigentlicb nui' die Art,
wie das Geriicbt die scbreckbcbe Begebenbeit iibertreibend
gestaltet batte, wiederspiegeln, bobere Zablen uns entgegen-
treten. Die Heere des jVlittelalters pflegen liberbaupt nicbt
stark zu sein und erscbeinen von grolserer Bedeutiing nur
dann, wenn sicb mebrere Fiirsten mit den Aufgeboten ibrer
Vasallen vereinigten. Einem einzelnen Fiirsten aber, ganz
auf sicb selbst angewiesen, wie bier Herzog Heinricb war,
wiirde es sehr schwer gefallen sein, eine grofse Truppenmacbt
aufzubringen , um so weniger, da er nicbt einmal iiber die
Krafte seines Landes verfiigte, nacbdem er dasselbe von
Krakau bis Liegnitz preisgegeben, aus welcben Gebietsteilen
sicher nur der kleinere Teil der Vasallen sicb bei der Fabne
eingefunden baben wii'd, wabrend die iibrigen, wofern sie
sicb im Besitze gut gelegener fester Burgen befanden, auf
eigene Hand deren Verteidigung versucbt baben mogen.
Zuzug batte Heinricb aller ^^'abrscbeinbcbkeit vonseiten
der in Scblesien angesessenen geistlicben Ritterorden, der
Templer, Jobanniter und der Deutscbordensritter erbalten,
welcbe letztere bier unter ibrem Landmeister Poppo von
Osterna focbten. Dais neben den Rittern aucb die deut-
scben Ansiedler aus Stadt und Land, welcbe ja damals in
70 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt.
keinem anderen Tcile Sclilesiens so stark wie in dieser
Gegend verti'cten waren, zu den Waffen gegriften haben,
um ihre neueu Herde zu verteidigeu, dart' vorausgesetzt wer-
den; der Vogt von Lowcnberg, Thomas, wird unter den
Gefallenen avisdrlicklich genannt. Von den Adeligen, welche
in der Schlacht mitgekampft haben, wird uns kein Name
angetuhi't, und Avir haben kein Kecht, ein Gewicht darauf zu
legen, wenn mehr als 100 Jahre spater ein Geistlicher am
Liegnitzer Fiirstenhofe, der die Legende der heiligen Iledwig
und darin auch die Tartarenschlacht zu illustrieren hatte,
bei dieser Gelegenheit einigen hervorragenden Adelsgeschlech-
tern seiner Zeit die Aufmerksamkeit erwies, ihre Wappen
auf die Schilder einiger gegen die Barbaren zum Kampfe an-
reitender Ritter zu setzen. In der ersten Hjilt'te des 13. Jahr-
hunderts sind ja liberhaupt Familiennamen , die von einem
ganzen Geschlechte gefiihrt wurden, noch aufserst selten.
Offenbar haben slavische und deutsche Ritter hier ver-
eint gekampft, wenn gleich vorauszusetzen ist, dafs Bewaff-
nung und Kampfesart im Grunde deutsch waren.
Was nun die Mongolen anbetriiYt, so dUrfen wir unbe-
denklich annehmen, dafs, nachdem sich die beiden Heeres-
haufen Baidars und Kaidans, der aus Grofspolen und der
von Oppeln hergekommene vereinigt batten, sie dem Heere
der Christen mehrfach iiberlegen Avaren. Ihre Zahl allzu
hoch anzunehmen, mufs uns schon die Erwagung hindern,
dafs dieselben sonst in den doch diinn bevolkerten Land-
schaften, die sie durchzogen, unmoglich hinreichend Nah-
rungsmittel zu linden vermocht batten.
tjber den Verlauf der Schlacht selbst verraogen wir
nur auf Grund einer vielleicht doch nicht ganz zu ver-
werfenden Nachricht anzufuhren, dafs die clmstlichen Sti'eiter
durch eine stinkenden Dampf ausstromende Kriegsmaschine
der Mongolen in Schrecken gesetzt, als ob hollische Zauber-
kiinste gegen sie entfesselt wlirden, sich zur Flucht wandten.
Herzog Heinrich 11. fand im Kampf seinen Tod, mit ihm
sein Vetter Boleslaw, ein Sohn des verbannten raahrischen
Prinzen Diepold, des Gemahls einer Schwester Heinrichs I.
Die Mongolen schnitten dem gefallenen Flirsten das Haupt
ab und trugen es triumphierend auf einem Spiefse umher.
Seinen Leichnam vermochte seine Mutter Hedwig mid seine
Gemahlin Anna, die von Krossen, wohin sie sich gefluchtet,
herbeikaraen, unter den Leichen, welche die Walstatt be-
deckten, daran zu erkeunen, dafs er am linken Fufse sechs
Zehen hatte.
Die Mongolen wurden ihres Sieges wenig fi-oh. Sie
Die Tartarenschlaclit bei Wahlstatt. 71
batten docli in dem Kampfe so schwere Verluste erlitten,
dafs sie nicht Lust hatten, einem neuen Kampte mit dem
andern Heere, welches der Bohmenkonig lieranfiihrte, ent-
gegenzugehen und lieber langst der Berge in der Richtung
nacli Mahren abzogen. Insoweit hatte Konig Wenzel ja
vielleicht ein gewisses Recht zu behaupten, die Mongolen
seien aus Furcht vor ihm umgekehrt^ obvvohl sein sonstiges
Verhalten und namentlich die Thatsache, dais er naclimals
sein Land Maliren den Verwiistungen der Feinde vollstandig
preisgiebt, ohne auch nm- einen Versuch zur Abwehr und
Befreiung zu machen, nicht eben fur seine Tapferkeit und
seinen Kampfesmut spricht und uns es vielraehr nahelegt, daran
zu zweifeln, ob er wirkHch, wie er es behauptet, am 9. April
seinem Schwager mit seinem Heere so nahe gewesen ist,
dafs er demselben einen Tag spater sein ganzes Heer hatte
zufiihi'en konnen. Ein Zweifel dieser Art kann um so be-
rechtigter erscheinen, als, wie wir bereits bemerkten, das
Vorgehen Heinrichs von Liegnitz nach Wahlstatt so gar nicht
danach aussieht, als habe er auf eine nahe Hilfe seines
Schwagers sich Rechnung gemacht. Li keinem Falle wiirden
die grimmen Barbaren vor Wenzels Heere sich gefiirchtet
haben, hatte nicht die Tapferkeit der Schlesier sie ihren
Sieg vom 9. April so teuer erkaufen lassen, dafs sie einer
zweiten Schlacht dieser Art sich nicht mehr gewachsen
glaubten.
Das Hauptverdienst und den hochsten Ruhm werden
wir doch immer dem Herzog Heinrich und seiner tapferen
Schar zuschreiben mlissen , welche hier an den Pforten
Deutschlands im offenen Felde den barbarischen Feinden
tapfer die Stirne boten. Wir haben voUen Grrund, ihrer mit
demselben Gefiihle zu gedenken, das wir den Streitern der
Thermopylen zoUen. Die Schlacht bei Wahlstatt war die
Bluttaufe der jungen deutschen Pflanzung hier im Osten,
ein erstes ruhravoUes Blatt ihrer Gescliichte.
Den Riickweg, den die Mongolen genommen, vermogen
wir mit einem hoheren Grade von Wahrscheinlichkeit an-
zugeben: iiber Jauer, Striegau, Schweidnitz, Nimptsch, Hein-
richau, offenbar immer am Fufse des Gebirges bin. Das
ansehnUche Cistercienser stilt in Heinrichau ward vollstandig
verwiistet und niedergebrannt. Wenn sie anfanglich, wie
es scheint, schneller vorwarts gegangen sind^ als ob sie eine
Verfolgung fiirchteten, so rasteten sie dann, als sie bei Ott-
machau die Neifse erreicht und wahrscheinlich auch iiber-
schritten batten, hier um so langer, voile zwei Wochen,
versuchten auch in dieser Zeit einen Streifzug gegen Glatz,
72 Zweites Buch. Dritter Abschiiitt.
doch erfolglos, da sie die Engpilsse gesperi't ixiid wohl ver-
teidigt fauden. An Neifse vorbei haben sie dann die grofse
Stralse zwischen Schlesien iind I\Iahren iiber Jiigerndorl" und
Troppau (aus welcher Gegend wir urkundliche Zeugnisse
iiber die von ilinen augerichteten Verwiistungen haben) er-
reicht und etwa zwischen dcm 4. und 6. Mai die nijihrische
Grenze iiberschritten, avo dann ihre weiteren Schicksale nicht
niehr der schlesischen Geschichte angehoi'en.
Dritter Abschnitt.
Die Sohne Heinriclis II. Neugruuclung Breslaiis.
Briiderzwiste. Soiiderstelliiiig des Bistums Breslau.
Fortschritte der Oermanisation.
Herzog Heinrich II. von Schlesien, der 1241 bei Wahl-
statt liel , hinterliefs neben fiinf Tochtern fiinf Sohne : Bo-
leslaw, Mesko^ Heinrich, Konrad, Wladyslaw, Avelche jedoch
samtlich beim Tode des Vaters noch unmiindig waren, so
dafs ihre Mutter, Herzogin Anna, zunachst die Vorniund-
schaft zu fiihren hatte, bis nach einem Jahre, also 1242,
die JMiindigsprechung Boleslaws es diesem gestattete, zugleich
im Namen seiner Briider die Regierung zu iibernehmen, von
denen der Alteste Mesko auf dena Schlosse Lebus, das ihm
bereits der Vater, wie es scheint, ziim Aufenthalte angewiesen
hatte, vermutlich kiirz nach diesem starb.
Wenn es einst Heinrich dera Bartigen schAver genug ge-
worden war, das grofse Landgebiet zusammenzubringen, das
er seinem Sohne hinterhefs, so Avar es dann \delleicht noch
schwerer, es zusammenzuhalten. Je Ijinger je niehr machte
sich doch der Gegensatz zAvischeu Polen und Deutschland
geltend und entfremdete dem Herrscher namentlich in den
altpolnischen Landesteilen die Herzen der Adeligen, deren
Unzufriedenheit dann mifsgiinstige Nachbarn Avohl zu be-
nutzen Avulsten, vielfach noch durch die Geistlichkeit unter-
stiitzt.
Fiir die Aufgabe, unter solchen Umstiinden das Erworbene
zusammenzuhalten, hatte es eines ganzen Mannes bedurft,
eines Herrschers, der mit Ernst und Streuge die AVider-
Abfall der poluischcn Laudschaften. 73
strebenclen sich zu unterwerfen, anderseits aber durch eine
weise abwagende Politik die Gegensatze zu mildern ver-
mocht hatte. Wie liatte solcher Aufgabe der junge Herzog
Boleslaw sich gewachsen zeigen konnen; ein unbesonnener
Jiiugling, keck dareinfahrend und gedankenlos in Lieb' und
Hafs, im Geben und Versagen den Impulsen seines Wesens
oder auch seinen wechselnden Stimmungen folgend? Das
Keich Heiurichs I. zerbrockelte in seiner Hand.
Am friihesten scheint das Krakauer Gebiet abgefallen
zu sein, von weichein sogleich, nachdem die Tartarenflut ver-
laufen war, der alte Konrad von JMasowien Besitz nahm.
Und wenn diesem nun auch wiederum Boleslaw von Sendomir
den Raub abjagte, so hatte davon der schlesische Herzog
keinen Vorteil.
Bald folgte auch der Abfall der Landesteile, die zu der
heutigen Provinz Posen gehorten.
Allerdings gab es docli auch eine Partei unter dem
grofspolnischen Adel, welche die Riickfuhrung Boleslaws be-
trieb, und auf diese Verbindungen sich verlassend, unter-
nahm dann Boleslaw im Friihling 1248 einen Zug nach
Grofspolen; aber die Verschworung Avard entdeckt und mit
[Strenge unterdrilckt. Dagegen gelang es Boleslaw damals^
den einen der grofspolnischen Herzoge, Premyslaw, durch
Verschwagerung sich naher zu verbinden, indem er ihm
seine Schwester Elisabeth, welche er zu diesem Zwecke
nicht ohne Gewaltsamkeit aus dem Kloster Trebnitz ent-
fuhrte, zur Gemahhn gab. Infolge davon bahnte sich nua
doch ein freundlicheres Verhaltnis zwischen den Schwagern
an, und Boleslaw ward mit einem Streifen Landes im
Nordwesten bis zum Ober und den drei Schlossern Zan-
toch, Meseritz und Bentschen abgefunden, ohne dafs er je-
doch diesen Landteil auf die Dauer zu behaupten vermocht
hatte.
Dagegen trat ihm sein oberschlesischer Vetter Wlady-
slaw, der bis zum Tode seines Bruders Mesko von Oppeln,
(1246) anscheinend in Gemeinschaft mit seiner Mutter iiber
Kahsch und Ruda geherrscht hatte, als er nun in Oppeln
succedierte, Kalisch ab, und Boleslaw behielt sich, als er
1248 Mittelschlesien Heinrich ilberliefs, Kalisch noch vor^
schon weil er den Titel eines Herzogs von Polen noch
weiter zu fiihren entschlossen war, und noch unter dem 28. Ja-
nuar 1249 verpflichtet er sich dem Bischofe Thomas gegen-
iiber, die verbrannte Kirche zu Kalisch wiederherstellen zu
lassen; aber kurze Zeit darauf benutzten die polnischen
Adeligen die inneren Zerwurfnisse der schlesischen Herzoge^
74 Zweites Bucli. Dritter Abschuitt.
una jenes Schlofs den polnischen Fiirsten in die Hande zii
spielen, und am 20. April 1249 vermag der grolspolnische
Herzog Boleslaw bereits in Kalisch eine Urkunde auszii-
stellen. Man wird schwerlich irren, wenn man annimmt,
dafs von 1251 an^ wo die Bezeichnimg Herzog von Polen
aus dem Titel der mittelschlesischen Fiirsten verschwiudet,
auch die letzten Reste grofspolnischen Besitzes ihnen ab-
handen gekommen sind.
Von dem Lebuser Lande hatte Boleslaw unmittelbar
nach des Vaters Tode den grofsten Teil dem erzbischof-
lichen Stuhle von Magdeburg, dessen Inhaber ja nach dieser
Seite bin alte Anspriiclie festhielten , verpfandet oder ver-
aufsert und nur sich noch die Burg Lebus selbst vorbe-
halten, welche aber nach der Teilung (1249) auch dem
iibrigen nachfolgte. Als dann infolge der Bruderzwiste, von
denen wir noch zu sprechen haben werden, auch die Lau-
sitzer Besitzungen verloren gingen, war schliefslich das
grofse Reich der beiden Heinriche bis auf Nieder- und
Mittelschlesien zusammengeschmolzen.
Eine energischere Haltung zeigt in jener Zeit der ober-
schlesische Herzogsstamm. Nicht nur, dafs sich hier der
jiingere Bruder Wladyslaw in dem Besitze von Ruda be-
hauptet, auch der altere, Mesko, vermag es im Bunde mit
seinem Schwiegervater , dem alten Konrad von Masowien,
seine Grenzen von Beuthen und Siewierz aus ins Krakauische
vorzuschieben und wenigstens eine der Grenzburgen, die er
hier anlegte, bis an seinen Tod festzuhalten.
Neugriindung Breslaus.
Auch im Innern begann die Regierung Boleslaws nicht
«ben giinstig. Wohl mochte nach der entsetzUchen Ver-
wiistung des Landes durcli die Mongolen die Heranziehung
neuer Kolonisten doppelt erwiinscht erscheinen, aber auch
die fremden Ansiedler verlangten doch in dem neuen Vater-
lande, das sich ihnen ofFnen sollte, einigermafsen geordnete
sichere Zustande, und solche fanden sich hier nicht. Die
Gesetzlosigkeit, die damals einrifs, schildert ein Zeitgenosse,
ein Monch aus Heinrichau, mit kurzen aber beredten
Worten: nach dem Falle des erlauchten Herzogs herrschten
in diesem Lande die Ritter, und ein jeder rifs an sich, was
ihm von den Erbgiitern des Herzogs gefiel.
Die Regentin Herzogin Amia, deren religioser Eifer seit
dem Tode des Gemahls niu- noch gewachsen v/ar, ging ganz
auf in Schopfungen frommer Werke, geistlicher Stiftungen,
Neugriindung Breslaus. 75
bei denen wir sie dann noch einer gewissen Vorliebe fiir
ihre bohmischen Landsleute folgen sehen. So veranlafste
sie die Giiindung eines Klosters in Griifsau fiir Benediktiuer
aus Opatowitz, so beschenkt sie die schon im 12. Jahr-
hundert hier angesiedelten Johanniter in ihrer Komturei
Striegau, so macht sie aus dem grofsten Teil der in Breslau
am linken Oderufer sich hinziehenden herzoglichen Grund-
stiicke geistliche Stiftungen. Auf dem westlichsten Teile
dieser Grundstiicke errichtet sie, einen Gedanken ihres ver-
storbenen Gatten ausfiihrend, ein grofses der heiligen Elisa-
beth geweihtes Hospital, das dann den aus Prag hervor-
gerufenen Kreuzlierren mit dem roten Sterne iibergeben
wird; seine Antange reichen wahrscheinlich bereits bis auf
das Jahr 1242 zuriick.
Ostlich an diese Griindung stiefs dann das Minoriteu-
kloster zu St. Jakob, dessen Bau bereits Heinrich II. etwa
um 1240 begonnen hatte, das aber dann 1241 bei dem
Mongolenbrande in Flammen aufging. Als diese Monche,
wie wir gleich zu erzahlen haben werden, anderweitig unter-
gebracht wurden, grilndet an dieser Stelle Herzogin Anna
nachmals (1287) ein Kloster der gleicht'alls aus Prag her-
berufenen Klarisserinnen , denen sie dann auch noch ihre
eigene anstofsende Kurie schenkte, das spatere Ursulinerinnen-
kloster. Die drei Kirchen mit ihren Tiirmen unmittelbar
neben einander auf diesem Platze zeugen noch heute von
der frommen Herzogin Anna.
An die Stiftung des Jakobsklosters schliefst sich dann in
bedeutsamer Weise die Neugriindung Breslaus zu deutschem
Rechte. Die Zellen der Minoriten waren bei dem Mon-
golenbrande ein Opfer der Flammen geworden, imd der
Wunsch der Herzogin, ihren Schiitzlingen ein neues Obdach
zu verschaffen, gab nun der deutschen Gemeinde in Breslau
und deren Hauptern Gelegenheit, mit einem Vorschlage her-
vorzutreten, der Breslau erst wirklich zu einer deutschen
Stadt machte. Die deutschen Kaufleute zeigten sich bereit,
ihr an das Minoritenkloster anstofsendes massives Kaufhaus,
das eben wegen seiner festeren Bauart dem Brande von
1241 widerstanden hatte, der Herzogin zu iiberlassen, wenn
diese dafiir eine Neugriindung der Stadt zu deutschem
Rechte zuliefse. Infolge des Vertrages, der dann mit Herzog
Boleslaw abgeschlossen wurde, ward nun die neue Stadt,
die zu deutschem Rechte ausgesetzt werden soUte, abgesteckt,
wahrscheinlich in dem Umtange, den der Lauf der heute zu-
geschiitteten Ohlau angiebt, an deren Stelle bereits damals
ein Graben die Umfriedung; bezeichnete.
76 Zweuos Bucb. Dritter Abschiiitt.
Allerdings gehorte keinesAvegs das ganze Gebiet zwischen
Oder, Uhlau und dem gedachten Graben der ueueu Griin-
dung. Aucli hier war, wie wir das ja auch sonst als Sitte
der deutschen Stadtaussetzungen bezeichneten, der Ring die
Hauptsaclie, und er ward in der That in einem hii:ireichend
grofsen Mafsstabe abgesteckt, um fiir eine ansehnliche Zahl
von Burgern Wobnungen zu gewahren.
Besonders merkwiirdig ist es nun aber, dafs sicb an
diesen grofsen Platz noch ein zweiter kleinerer anschlofs,
der Salzring, den man richtiger als polnischen King be-
zeiehnet haben wiirde, denn er hatte von vornherein die Be-
stimniung: die polnischen Fuhrleute, die ja vorzugsweise das
Salz der WieHczkaer Gegend hierher brachten, um dann
als Riickfracht mancherlei Waren des Westens zu empfangen,
zu beherbergen. Die Scheidung der beiden Nationalitiiten
erhielt hier einen eharakteristischen monumentalen Avisdruck:
ein des Abends geschlossenes Tlior resp. Gitter liefs Avenig-
stens in spaterer Zeit die Trennung des deutschen von dem
polnischen Marktplatze noch schitrfer hervortreten.
So wie im Slldwesten erscheint nun auch an der nord-
westlichen Ecke des Ringes ein weiterer Platz von vorn-
herein ausgespart und abgesteckt, namhch nach der herge-
brachten iSitte fiir die Kirche der neuen Stadt, die sich
dann auch einige Jahre spater hier erhoben hat, der erst
kurz vorher kanonisierten deutschen Heiligen, Elisabeth, ge-
weiht, errichtet (etwa um 1245) walu'scheinlich von Herzog
Boleslaw und mit einigen Zehnten von dem Bischofe ausge-
stattet. Diese Kirche ward jedoch nicht lange nach ihrer
Grilndung (vielleicht um 1248) dem Elisabethhospitale ge-
schenkt, dessen Verwalter, die Kreuzherren mit dem roten
Stern , dann hier den Gottesdienst zu versehen batten.
Hinter diesen beiden Platzen ist dann ofFenbar schon die
Grenze der neuen Grilndung gewesen, die also, wie das
nach dem friiher AngefLllu'ten bei den deutschen Stiidte-
anlagen die Regel war, aufser dem Riuge nur noch die
nilchste ParallelstraTse umfafste, nui* im Westen etwas Aveiter
ausbiegend. Hinter dem Elisabethkirchhofe lageu dem Herzog
gehorige Fleischbiluke , deren Hereinziehung in die neue
Stadt Schwierigkeiten machte, da die Deutschen durchaus
die Ablosung eines daraiif haftenden, dem Kloster Trebnitz
geschenkten Zinses A^erlangten, wozu sich dann der Herzog
audi A'erstand.
Man Aviirde also vielleicht sagen konnen, die deutschen
Kaufleute erhielten an Stelle ihres abgetretenen Kaufhauses
einen neuen grofsen Kaufhof in Gestalt des Ringes nebst
Neugrunduug Breslavis. 77
Hinterhauseru unci Hintergassen , dazu dann noch einen
zweiten Platz filr die polnischen Fulirleute und in liblicher
Weise einen di'itten flir eine Stadtkirche. Auf dem Ringe
erhob sich natiirlich sogleich das Rathaus (noch nicht das
jetzige) tind um dasselbe grofse Reihen der Verkaufsstatten,
von denen der Herzog einen Zins heischte. Der landes-
herrliche Kommissar der Austhuung, der Erbvogt Heinrieh,
hat in diesem Falle vornehmlich durch Besitzungen aufser-
halb der Stadt seinen Lohn erhalten. Ira ilbrigen erscheint
die von der Stadt an den Herzog zu entrichtende Steuer
(Geschofs, exactio) ein- fiir allemal festgesetzt in der Hohe
von 400 Mark, also gerade das Doppelte dessen, was vor
der Aiissetzung zu deutschem Rechte das Kaufhaus der
Deutschen allein zu zahlen gehabt hatte.
Es war im Grunde eben eine Aussetzung zu deutschem
Rechte, wie so viele andere in Schlesien, doch hatte sie
etwas wesentlich Abweichendes infolge dessen, dafs hier in
dem umfriedeten Raume zwischen der Oder im Norden, der
Ohlau im Osten und dem Grenzgraben der neuen Stadt im
Silden und Westen, doch noch mancherlei mit enthalten
war, was eben nicht zur Neugrlindung gehorte.
So im Sildosten die alten Niederlassungen liingst des
damaligen Ohlaulaufes von der Sandbrlicke bis zur Adalbert-
kirche und so auch im Norden an der Oder das eximierte
herzogliche Gebiet, dessen Kurien ja damals nacli und nach
ganz in geistliche Stiftungen aufgingen, das aber auch Woh-
nungen von Rittern und Hofbedienten enthielt, auch die
Hauser der unter besonderem herzoglichen Schutze stehenden
Juden, die uns schon im Anfange des 13. Jahi'hunderts und
zwar als Grundbesitzer urkundlich begegnen. NatiirHch
fixhrte die naturgemafse Entwickelung der Stadt allmahlich
zur Einverleibung aller dieser Gebiete.
Im Nordwesten zunachst der Oder lag jenseits des Grenz-
grabens der neuen Stadt (also an der Stelle des heutigen
Bm'gfeldes) eine kleiue Ansiedelung der herzoglichen Falk-
ner, deren jeder eine Hiitte mit einem Ackerstilck hatte
(Sokolnici d. h. Falknerdort genannt). Westlich stiefs daran
an der Stelle der heutigen Nikolaivorstadt das Dorf Stepin
(der Name Tschepine hat sich noch lange erhalten) um die
uralte, schon 1175 genannte Nikolaikirche , ein Besitztum
des Klosters Leubus, das aber bereits kurz nach dem Re-
gierungsantritte Heinrichs I. von diesem nach anderweitiger
Entschadigung des Klosters erworben wurde. Zu diesem Dorfe,
das die Leubuser Monche jedenfalls mit Deutschen besiedelt
hatten, gehorten neben einer kleineren Zahl von Ackerhufen
^ Zweites Buch. Drittei* xVbschnitt.
(etwa 8^) eine grofsere Flilche von Weideliindereien, bis an
Pcipelwitz und die alte Grenzsaule der Hahnenkrahe sich
erstreckend. Nachdem dann 1241 bei dem Mougoleneinfalle
auch diese Ansiedelung von Grund aus verwiistet worden
war, sind vielleiclit die Einwohner mit in die neue deutsche
Stadt Breslau aufgenommen worden; wenigstens erfahren
wir, dais die ackerbaren Hufen der Tschepine dem damals
gegrilndeten Klarenstifte geschenkt wurden, wiihrend jene
Wiesenflachen an der Oder als Weideplatze der neuen Stadt
iiberwiesen wiu'den.
Jedenfalls batten die Deutscben bei der Neugrlindung
der Stadt ihren Vorteil wahrzunehmen gewufst, so dafs nacb-
mals, wie wir noch zu erwahnen baben werden , Boleslaws
Nacbfolger Ursuche hatte dariiber zu zilrnen.
Bruderzwiste.
Es war nicbt eben schwer gewesen , Boleslaw zu uber-
vorteilen. Er war zu gedankenlos, um karg sein zu konnen.
Die Staatsgescbafte batten wenig Interesse fiir ibn; sein
Sinn stand nacb allerlei Kurzweil, ritterbeben Ubungen und
Lustbarkeiten, und es konnte da wobl, wie ein alter Kloster-
bruder bericbtet, vielerlei jetzt vorkommen, was unter den
alten rubmreichen Hei'zogen unerbort gewesen sein wiirde.
Recbt cbarakteristiscb ist fiir ibn folgender Zug. Im Jabre
1243 geliistete es ibm, am Tage des Apostels IVIattbias in
Lowenberg ein Turnier zu veranstalten ; da erklarten ibm
die Ritter, es sei gegen ibr Gewissen, an einem Feiertage
Lanzen zu brecben, wofern er nicbt durcb ein besonderes
Gescbenk an die Kircbe sieb gleicbsam Dispens erwirke,
und der scblaue Albert mit dem Barte, der selbst audi
seinen Vorteil in dieser Zeit wabrzunebmen verstanden batte,
erwirkte nun aucb wirklicb unter dieser Firnia das Gescbenk
eines Landgutes an Kloster Heinricbau. Bei der iiblen
Wirtscbaft des Herzogs kam es bald so weit, dafs einige
Bitter ibn unter dem Vorgeben, sie mlifsten das Interesse
seines damals nocb unmiindigen Bruders Heinricb wabren^
gefangen setzten und eine Zeit lang festbielten.
Vielleiclit durcb die Unzufriedenbeit der Vasallen ge-
drangt, uimrat dann Boleslaw vom Herl)ste 1247 an seinen
Bruder Heinricb zum Mitregenten an, und im folgenden
Jabi'e erfolgt nun unter Vermittelung des Biscbofs Tbonias
eine Teiluug der Lande. Diese batte ibre Hauptscbwierig-
keit darin, dafs aufser dem genannten Briiderpaare nocb
zwei jiingere^ Konrad und Wladyslaw, zu versorgen waren^
Zwiste uuter den Sohnen Heinrichs II. 79"
wahrend das ohnehin bereits so arg zusammengeschmolzene
Landgebiet eine allzu weitgehende Zersplitterung kaum noch
zu vertragen schien. Man hatte zu dem Aviskunftsmittel
gegriffen, die beiden jiiugeren Soline fur den geistlichen
Stand zu bestimmen, und Konrad befand sich damals be-
reits auf der Pariser Hochschule, um dort seine Studien zu
machen, war auch schon durcli die Wahl des Kapitels auf den
bischoflichen Stuhl von Passau berufen worden. Boleslaw
und Heinrich erhielten nun jeder einen der Jiingeren auf
seinen Anteil als Gefahrten mit, um sich mit diesem giitlich
wegen der Abfindungssumme auseinanderzusetzen , und
unter _der allgemeinen Bestimmung, dafs, falls einer der bei-
den Alteren stilrbe, in dessen Anteil dann nur eben der'
ilim gepaarte Jiingere nachzufolgen das Recht liaben soUte.
Boleslaw als der Altere erwahlte nun als Gefahrten Konrad,
der ihm fiir sein Verbleiben im geistlichen Staude bereits
eine gewisse Sicherheit zu bieten scheinen mochte, und als
Landanteil Mittelschlesien (also etwa das Gebiet des heu-
tigen Regierungsbezu'kes Breslau). Indessen reute ihn schon
bei der Ubergabe von Liegnitz die getroffene Wahl, und
er driingte den Bruder zum Tausche; so dafs er nun
Liegnitz und Glogau (uebst Sagan, Jauer, Wohlau etc.)'
erhielt.
Doch bald, und zwar wahrscheinlich noch im Jahre 1248,
beginnt er wieder Handel mit dem Bruder, und mit einer
Schar von Rittern, die er durch Preisgebung herzoglicher
Rechte gewoimen, sucht er diesen zu bedrangen. Schwer
wird das Gebiet von Neumarkt verwiistet und die Stadt
selbst eingeaschertj so dafs in der Kirche resp. auf dem
Kirchhofe des Ortes an 500 Menschen in den Flammen
umgekommen sein sollen. Die Stadt Breslau ward zu dreien
Malen belagert; die Burger aber, welche den wilden Herzog
trotz all seiner Freigebigkeit nicht liebten, wehrten tapfer
alle Angriffe ab. Der Kampf dauerte dann noch das ganze
Jahr 1249 fort, und beide Teile suchten dabei die Hilfe
fremder Fiirsten. Boleslaw trat jetzt, um Geld zu erlangen,
von Schlofs und Land Lebus dem Erzbischofe von Magde-
burg die eine Halfte ganz ab und nahm die andere von
demselben zu Lehen, ixnd Heinrich HI. suchte gleichzeitig
den Markgrafen von Meiisen, Heinrich den Erlauchten, zum
Kriege gegen Boleslaw dadurch zu bewegen, dafs er ihm
fur diesen Fall entweder das Land Krossen oder einen
Landstrich zwischen Bober und Queifs zusagte. Dazu ist
es nun dann doch nicht gekommen; nur das Schlofs
Schiedlo, von welchem gleichfalls in dieser Urkunde die Rede
80 Zweitcs Buch. Dritter Abschnitt.
ist, scheint Heinrich rlei* Erlauchte danials an sich gebraclit
zu haben.
Inzwisclien war nun audi der dritte dei* Brildcr, Konrad,
nach Schlesien zuriickgekehrt und hatte im Jahre 1249 niit
dem Titel eines erwiihlten Bischofs von Passau an Boleslaws
-Seite an der Regierung des Landes teilgenomraen , dock
bald hatte sich das Verhaltnis zu deni letzteren getriibt,
namentlich seit Konrad den Wunsch jiufserte, dem geist-
liehen Stande zu entsagen und ein Stilck Landes aus dem
vaterlichen Erbe zu selbstandiger Herrschaft iiberwiesen zu
erhalten. Dieser Wunsch fand bei Boleslaw den heftigsten
Widerspruch, ja Konrad glaubte, seitdem diese seine Absicht
laut geworden sei, nicht mehr seines Lebens oder wenigstens
seiner Freiheit sicher zu sein, und da auch Heinrich III.
ihm jeden Beistand versagte, entwich er 1250 zu Herzog
Premyslaw von Grrofspolen, der ihn als Werkzeug weiterer
ehrgeiziger Plane gern aufnahm.
Der friedliebende Heinrich mochte mit schwerer Be-
kiimmernis den neuen Karapfen entgegensehen, die sich hier
vorbcreiteten. Wohl liels er sich Boleslaw gegenilber zur
Verstitndigung bereit finden und sohnte diesen sogar mit
Bischof Thomas aus (l250), aber dariiber, dafs auch er
in die Streitsache der Briider verwickelt werden wurde,
durfte er sich um so Aveniger tauschen, als Boleslaw wieder-
holt die Uberzeugung aussprach, dafs, wenn Konrads An-
sprllche befriedigt Averden soUten, auch Heinrich zu seiner
Ablindung beisteuern milfste, wogegen dieser einwendete,
dafs er ja mit dem ihm speziell zugewiesenen Bruder Wlady-
slaw in bestera Einvernehmen lebe und mit den Zwistig-
keiten des andern Briiderpaares nichts zu thun habe.
Er kam auf den Gedanken, zur Entscheidung dieser
Streitigkeiten die Vermittolung eines miichtigen Nachbar-
filrsten, des ihm ja als Oheim nahestehenden Bohmenkonigs
Wenzel I. zu erbitten, und reiste im Sommer 1251 nach
Prag, mufste aber dort bald inne werden, dafs Wenzel, da-
mals vollauf mit dem grolsen Gedanken der Erwerbuug von
Osterreich beschaftigt, keine Lust hatte, sich in die schlesi-
schen Handel zu mischen.
Inzwischen hatte nun Boleslaws unbesonnene Art in
seinem Lande Zustande vollster Gesetzlosigkeit herbeigefiihrt.
Die Ritter, die ihm bei seinem Feldzuge 1249 beigestanden,
spotteten jetzt seiner Macht, pliinderten die Kaufleute und
erfilllten das Land rait Schrecken und Verwlistung. Mit
dem Herzoge kam es schliefslich so weit, dafs er zeitweise
flilchtig umherirrte, zuweilen selbst eines Rosses entbehrend,
Bruderzwiste, 81
auf die Gesellschaft eines ihm treu anhangenden fahrenden
Mamies, eines Fiedlers Surriauus, besclirankt.
Herzog Heiurich mufste liier endlich selbst einschreiten,
und nachdem er einige Burgen der scblimmsten Raubritter
gebrochen, gelang es ibra, den Brnder in sein Liegnitzer
Herzogtum zuruckzufiibren. Inzwiscben batte aber nun
aucb Konrad, von dera pobiiscben Herzoge unterstiitzt, 1251
den Kampf ura sein Erbe begonnen, sicb in Beutben a. O.
festgesetzt und nocb vor Ende des Jabres das ganze Land
auf dem recbten Oderufer bis an die Grenzen des Breslauer
Herzogtums fiir sicb gewonnen, einscbbefsbcb Glogaus. Der
polniscb gesinnte Teil des Adels fiel ibm iiberall zu und
spielte ibm dann aucb das Krossener Scblofs in die Hande.
Am 26. Dezember umgiirtete Prerayslaw seiuen Scblitz-
Hng feierbcb in der Kircbe zu Posen in Gegenwart des
dortigen Biscbofs mit dem Ritterscbwerte und gab ibm aucb
seine Scbwester Salome zvtr Gemablin.
Es scbien nun, als sollte auf Grundlage dieses tbatsacb-
licben Besitzstandes ein freundlicbes Verbaltnis zvviscben den
Briidern sicb berausbilden, schon weil Boleslaw docb eiumal
nicbt die Macbt batte, Konrad aus seinem neuen Besitze zu
verdrangen. Im Oktober 1252 werden Nonnen aus Treb-
nitz feierbcb in dem grofspolniscben Kloster Owinsk ein-
gefubrt, und neben der Abtissin beteiligt sicb an der Feier-
licbkeit aucb eine Tocbter Heinricbs II., die in Trebnitz
den Scbleier genommen, die grofspolniscben Fiirsten be-
scbenken Trebnitz und Heinricbau, und die alte Herzogin
Anna bat die Freude (Februar 1253), zu der Dotierung
des grofsen Elisabethbospitals , welcbes sie in Ausfiibrung
eines bereits von ibrem Gemable gefafsten Vorsatzes in
Breslau gegrlindet batte, alle ihre vier Sobne einraiitig ibre
Zustimmung geben zu seben, und wir erfabren aucb von
einer Zusammenkunft der Briider in der Hospitalkircbe A'on
Neumarkt in jener Zeit.
Aber bald triibte sicb wieder der Ilimmel, obne dafs
wir die besonderen Griinde zu erkennen vermocbten. Im
September 1253 fallen Kriegsbaufen der grofspolniscben
Herzoge mit den Truppen Konrads vereint in das Land
Herzog Heinricbs ein mid verwilsten die Gegend um Zirk-
witz und Trebnitz bis zur Weide bin, ja ein Haufe wagt
es sogar, die Oder zu uberscbreiten und 1^ Meilen vor den
Tboren Breslaus das Stiidtcben Lissa zu brandscbatzen. Als
Heinricb ibnen entgegentritt, wird er selbst gefangen ge-
nommen und von Konrad nacb Glogau gebracbt. Er mufste
Geiseln stellen und Losegeld zablen, vor allem aber an-
Grunhagen, Gesch. Schlesiens. I. 6
H2 Zweites Buch. Dritter Absclmitt.
scheineud unter Vermittelung des Bischol's Thomas die Herr-
scbai't seines Bruders Konrad iiber die Herzop;tunier Glogau
iind Wolilau ancrkennen , deren Grenzcn jetzt (Dezember
1253) niiher festgesetzt wiirdeu.
Dock vermoehte diese Verstandigung nicht zu verhindern,
dais Herzog Prerayslaw, als Heinrich sicli weigerte, fur eineu
seiner angeseliensten Ritter, den Burggralen von Ritschen,
Mrozko, welchen der Polenfurst gelangeu gencjmmen liatto,
das sehr liochgegriifene Losegekl von 500 ^lark zu zalilen,
einen neuen Einfall (wahrscheinlich im Januar J 254) unter-
nalnn, bei welchem er die Stadt Ols auspliinderte. Infolge
davon schritt dann der danials in Schlesien anwesende
papstliche Legat Opizo ein uud verbilngte am 14. Mjirz
itber Premyskxw und seine Lande das Interdikt, das er^
mit Ende des Monats infolge geleisteter Genugthuung wieder
aufgehoben ward. Zur Aufbringung eines Losegeldes f'ilr den
Gefangenen und zugleicb zur Fassung von Beschliissen behufs
Erriclitung einiger fester Schlosser zur Abwehr almliclier
Einfalle hielt Heinrich Anfang Juni 1254 eine Versammlung
seiner Ritter in Breslau ab , zu welcher dann doch audi
Konrad seinen Kanzler Rambold mit dem herzoglichen Siegel
ausgeriistet hinschickte, ein BcAveis des fortdauernden guten
Einvernehmens zAvischen den Brlidern. Als Kimig Ottokar
von Bohmen, auf seinem Kreuzzuge nach dem Preufsenlande
begriffen, das Weihnachtsfest 1254 in Breslau feiert, sind
die Brilder alle um ihn versammelt, und noch weiter im Jahre
1255 linden Avir die drei alteren Briider zu gemeinsamen
Rechtsakten vereinigt; doch noch in demselben Jahre schei-
nen Heinrich und Koni'ad sich gedrungen gesehen zu haben,
ihren Bruder Boleslaw, dem schon die Zeitgenossen den Bei-
namen des Wilden gaben, eine Zeit lang gefangen zu halten,
Avahrscheinlich um ihn zur Erfiillung ilbernommener Ver-
pllichtungen zu vermogen.
Die erste Sonderung Schlesiens von Polen in kirchlichen
Dingen.
Wenige Jahre spater geriet Boleslaw durch eine Gewalt-
that an Bischoi Thomas I. in neue scliAvere Verwickelungen,
Avelche dann bald auch die Bruder in Mitleidenschaft zogen.
Es ist bei anderer Gelegenheit von uns ausgefuhrt wor-
den, wie die Frage nach der Natur und Hohe des der
Kirche zu entrichtenden Zehntens viell'ache Zwistigkeiten
mit der Geistlichkeit hervorrief. Je weiter nun die An-
legung neuer deutscher Ortschaften fortschritt, desto mehr
Zehntstreitigkeiteii. Peterspfennig. 83
Helen die Abgaben derselben ins Gewicht, und desto Aveniger
zeigte sich die Geistlichkeit geneigt, sicli mit dera nnter
Heinrich I. getroffenen Abkommen, welches den Zehnten
von der Hufe auf einen Malter Getreides oder den vierten
Teil einer damaligen Mark Geldes festgesetzt hatte, zu be-
gniigen, und die papstliche Kurie trat nun auch fur er-
weiterte Ansprllche mit allem Eifer ein.
In den Satzungen einer feierlichen Synode der Gnesener
Kirchenprovinz, welche am 10. Oktober 1248 der papstliche
Legat Jakob, Archidiakon von Liittich, zu Breslau abhielt,
ward es als Gewohnheit des Landes (namlich Polens) hin-
gestellt, dafs bei der Ernte die Feldfriichte nicht eher ein-
gefuhrt werden diirften, bis der der Kirche gebuhrende
Zehnten (also der voile Garbenzehnteu) zu allererst entrichtet
sei, und jene erwahnte Ablosung des Zehntens als prinzipiell
unzulassig bezeichnet. Ja indem hier auch gegen die Be-
freiung je der sechsten Hufe geeifert ward, griff man in ge-
wisser Weise die eingebiirgerten Formen der Ansetzung
deutscher Kolonisten an und erregte natlirlich vielfache Un-
zufriedenheit.
Dazu kam noch ein anderer Punkt. Polen gehorte mit
Skandinavien und England in die Reihe der Lander, welche
den Vorzug, unter dem besonderen Schutze des heiligen
Petrus zu stehen, durch einen Tribut unter dem Namen des
Peterspfennigs lohnten. Die Verpflichtung zu einem solchen
Tribute reicht in die Zeit Boleslaw Chrobrys und fast bis
zum Jahre 1000 hinauf Als nun aber das polnische Reich
sich unter eine Reihe kleinerer Fursten zersplitterte , bei
denen aufserdem Geldverlegenheiten die Regel waren, mochte
es dem Papste sehr scliwer werden, einen solchen Tribut
von den einzelnen Herzogen zu erlangen, und die Zahlungen
waren alhnahlich sehr in Verfall gekommen. Aber Papst
Innocenz IV., der, als gerade sein Kampf mit Kaiser Fried-
rich II. besonders heftig entbrannt war, kein Bedenken
trug, von dem Erzbischofe von Gnesen fur zwei Jahre den
fiinften Teil seiner Jahreseinkiinfte als aufserordentliche Bei-
steuer zu verlangen, trug nun den Bischofen des Gnesener
erzbischoflichen Sprengels auf, den Peterspfennig als Kopf-
steuer, von jedem Haupte einen Pfennig, einzuziehen, und
eben auf jener Breslauer Synode von 1248 ward die Zah-
lung dieser Steuer noch besonders eingescharft.
Es lilfst sich ermessen, wie gering die Geneigtheit der
Deutschen in Schlesien Avar, gerade diese Steuer zu zahlen,
von der ihre deutsche Ileimat nichts wufste, und zu welcher
sie um so weniger sich fiir verpflichtet hielten, als man
6*
84 Zweites Bucb. DiittL-r Absclmitt.
ihnen Freiheit von alien Lasteu des polnischen Keclites aus-
driicklich zugesagt hatte. Von dem hartnackigen Wider-
stande, den sie dieser Forderung leisteten, weifs die schle-
sische Gescliichte vieles zu erzahlen uud auch von den
Folgen jener prinzipiellen Gegensatze, welche sich zwischen
den deiitsclien Ansiedlern und der Kurie herausstellten. Vor
allem kamen naturlich die sclilesiscben Fiirsten in iible
Lage. Sie batten obnebin noeb mit maneben andern
Scbwierigkeiten zu kanipfen, so mit den weitgebendeu For-
derimgen der Geistlicbkeit beziiglicb der voUstandigen Be-
freiung ibrer Untertbaneu von alien Lasten, und in den
wiederbolten Bruderzwisten jener Zeit fielen docli mancberlei
Gewaltsamkeiten und Beeintracbtigungen kircblicber Inter-
essen vor, fur welclie man dann von ilmen Genugtbuung
verlangte.
Heinrieb III. mit seiner milden und friedlicben Gesin-
nung wufste mit Biscbof Tliomas I. von Breslau, so eifrig
dieser aucb die Interessen seiner Kircbe wabrnabm, ein
gutes Einvernebmen aufrecbt zu erbalten. In Zeiten seiner
Bedrangnis ist sogar der Biscbof mebrfacb seinen Geldnoten
zubilfe gekommen. Aucb Herzog Konrad bat sicb bemiibt,
in Frieden mit dem Biscbofe zu lebeu. Aber Bole-
slaws wilde Art war nicbt in Scbranken zu balten, und
seine Zerwiii'thisse mit dem Biscbofe rissen kaum ab. In
der Zeit der Not, und wenn ihm die liber ibn verbiingten
Kircbenstrafen , Bann und Interdikt , unbequem wurden,
verspracb er alles Mogbcbe, vergafs aber bald wieder seiner
Zusagen und veriibte Aveitere Gewaltsamkeiten. Als im Jabr
1256 neue Zwistigkeiten zwiscben dem Biscbof und dem
Herzoge entstauden , liefs am 2. Oktober Boleslaw den
ersteren, der gerade zur Einweibung der neu erbauten Kircbe
in Gorkau am Zobtenberge verweilte, bei nacbtlicber Weile
mit zwei seiner Domberren, dem Propste Boguslaw und dem
Kanonikus Eckard, iiberfallen uud nacli Burg Liibn am
Bober bringen. Die roben Kriegsknecbte rissen den greisen
Kircbenfursten aus seinem Bette, boben ibn, unzulangbcb
bekleidet (ein mitleidiger Knecbt gab ibm endlicb noch
einen Mantel und ein Paar Stiefeln), trotz der Kalte der
Herbstnacbt auf ein Rofs und zwangen ibn, der wegen der
Gebrecben des Alters das Reiten batte lange aufgeben
miissen, zu seiner Qual den weiten Weg von vielleicbt neun
Meilen zu reiten. Er ward dann von Labn nacb Liegnitz
gebracbt und in barter Haft gebalten, zeitweise sogar in
Ketten, ebenso wie seine Begleiter. Der Biscbof mufste
scbliefslicb , um aus diesen Qualen erlost zu werden, sich
Gefangennehmung des Bischofs Thomas. 85
zu einem Losegelde von 2000 Mark Silber verstehen irnd
die Ablosung des Zehiitens in Vierdunge fur die ganze
Diocese bewilligeu. Als er dann die Hiilt'te des versproche-
nen Geldes wirklich gezalilt und i'ur die andere Halfte
Bilrgen, resp. Geiseln gestellt hatte, ward er Ostern 1257,
also nacb sechsmonatlicber Halt, endlich wieder in Freibeit
gesetzt, die beiden Domberren batten nocb besonderes Lose-
gekl zu zablen, W(jbei Eckard die Lieferimg einiger iStiicke
Scbarlachtuch llbernommen batte.
Xaturbcb erregte die an dem Biscbofe verilbte Gewalt-
tbat in den Kreisen der GeistHcbkeit gi'ofse Entriistung.
Auf die Klage des Domkapitels liels Papst Alexander IV.
den Erzbiscbof von Gnesen gegen den Frevler mit Kircben-
strafen vorgeben. Als nun aber Bann und Interdikt keine
andere Wirkung batten, als die Haft des Biscbofs nocb
barter zu macben, griff der Papst zu dem aufsersten Mittel
und befabl den Erzbiscbofen von Magdebuj-g und Gnesen,
gegen Boleslaw das Kreuz predigen zu lassen. Ebe dieser
Erlafs in Deutscbland sein konnte, war nun, wie wir bereits
anfilbrten, Biscbof Tbomas fi'eigelassen worden, allerdiugs
unter barten Bedingungen, und eben um dieser willen ward
er namentlich von der polniscben GeistHcbkeit bart getadelt,
dafs er mit seiner Einwilligung in die Ablosbarkeit des
voUen Feldzebntens durcb den Malter- oder Geldzebnten die
Interessen der Kircbe preisgegeben babe. Diese Stimmung
fand dann aucb auf der S}Tiode, welcbe der Erzbiscbof
Fulko von Gnesen am 14. Oktober zu Lenczjc abbielt,
einen olfiziellen .Ausdruck. Die Meinung der polniscben
Pralaten ging dabin, der Biscbof solle die gemacbten Zu-
gestiindnisse als erzwungen widerrufen und, den Weisungen
des Papstes entsprecbend, ein allgemciner Kreuzzug den ge-
walttbiltigen Herzog niederwerfen und zur Unterwerfung
unter die Kircbe zwingen.
Diesen Planen gegenliber, welcbe Scblesien mit scbreck-
licher Verwirrung und Verwuistung bedrobten, legten sicb
nun aber die beiden Brilder Boleslaws, Heinricb und Konrad,
die ja scbon frilber um die Losung des Biscbofs sicb be-
milbt und Geld fur diesen Zweck aufgebracbt batten, ins
]\Iittel. Heinricb unternimmt es, mit dem ibm befreundeten
Biscbofe Tbomas in Unterbandlungen zu treten auf der
Gruudlage, dafs die beiden Herzoge sicb verpflicbten, dem
Biscbofe filr die erlittene Gewalttbat ausgiebige Genugthuung
zu scbaffen und flir diesen Zweck selbst Opfer zu bringen,
dafs sie ferner Boleslaw bestimmen wollen, in den sonstigen
Streitpunkten bezuglicb der Exemtionen der Untertbanen
86 Zweites Buch. Dritter Abscbuitt.
der Kirche u. dgl. die kirchlichen Forderiingen ertullen,
strittige oder entzogene Einkilnfte zuriickgeben zu wolleii
II. s. w., wogegen der Bischof in dem einen Hauptpunkte,
der Umwandlung des Feklzelintens in den Maker- oder
Geklzelmten , sich tliatsaclilich an die Avahrend seiner Haft
gemaclite Ziisage gekunden ansehen soke.
Boleslaw woHte erkliirkcherweise von der ihm zuge-
muteten Genugthuiing zuerst nichts horen, und wie es
sckeint, kat er erst dadurch, dais ihn Konrad gefangen-
nahm und in Haft hick, zum Nacligeben gebracht werden
konnen. Dafs er dann sich verpflichtet habe, wie gewohn-
Hck erzahk Avird, zum Zeiclien seiner Reue mit 100 Rittern
und Edelknappen von Goldberg aus nach Breslau im Bilfser-
gewande und barfufs zu pilgern, um dort vor der Dom-
kirche die Verzeihung des Bisckofs zu erflehen, erscheint
bei niiherer Prilfung der QaeUcn als unglaubwiirdig, docli
mufste er in der Tiiat diirck ansehnUche Zugestandnisse die
Verzeihung des Bischofs erkaufen, und zwar traute man
seinen Versprechungen nicht, sondern verlangte die Biirg-
schaft seiner Brilder Heinrich, Konrad und auch des gerade
abwesenden Wladyshxw, damals Propstes vom ^A^yschahrad
zu Frag. Im Namen Boleslaws und unter der Biirgschaft
seiner Briider gelobt dann unter dem 8. Marz 1260 Hein-
rich IH., dem Bischofe eine Summe von 2000 Mark Silber
zu zahlen, ferner Freiheit fiir die Unterthanen der Kirche
von aUen Landessteuern aufer in bestimmten Fallen dringen-
der Not, desgleichen Freiheit von den landesherrlichen Ge-
richten mit Ausnahme der Blutgeriehtsbarkeit, und Wieder-
gabe der dem Bischofe bisher vorenthaltenen Einklinfte nach
den Bestimmungen einer daflir niederzusetzenden Kommis-
sion, Avofiir dann Heinrich eigene G liter zum Pfande setzen
mufste. Aufserdem erfolgte noch durch Heinrich HL eine
weitere Uberweisung von Einkllnften spezieil zur Entscha-
digung fiir das Breslauer Domkapitel. Nachdem dann
auch Boleslaw in gleicher Weise sich verpHichtet , erteilte
auf des Bischofs Bitte Papst Urban IV. die Ermachtigung,
den Bann Boleslaws zu losen. Die dazu ernannten Bevoll-
machtigten, Johann, Erzbischof von Gnesen, Abt Stephan
vom Sandstifte und der Provinzial der Dominikaner, Simon,
emplingen dann im Dezember 1262 vor dem Portale der
Domkirche zu Breslau den Herzog Boleslaw, der in Gegen-
wart seines Bruders Heinrich und einer grofsen Versamm-
lung seine Gelobnisse erneuerte und um Losung vom
Banne bat, und flihrten ihn nun feierlich wieder in das
Gotteshaus ein, ihn so der Gemeinschaft der Gliiubigen
Die Ablosbarkeit des Zehiiteas fiir Sclilesieu zugestaudeu. 87
uud der Teiluahme an den Sakramenten der Kirclie zurilck-
gebend.
Die Geldsiunme; filr welche sich Heinricli III. hier ver-
biirgt hatte, blieb schliefslich ihm zur Last. Boleslaw hatte
kein Geld, und auch Konrad scheint den Bruder im Stiche
gelassen zu haben. Nocli nicht ein Viertel der ganzen
Summe war bezahlt, als Heinrich III. 1266 den 1. Dezember
die Augen schlofs. Doch hat Konrad auch seinerseits ein
grofses Privilegium iur die Geisthchkeit und deren Unter-
thanen ausgestellt. Ja auch der oberschlesische Herzog
Wladyslaw zeigte sich durch ein Exemtionsprivileg der
Ku-chenunterthanen dankbar fiii- die Wohlthat, welche ja
auch seinem Lande durch des Bischofs fiir dessen ganzen
Sprengel -geltendes Zugestandnis hinsichtlich der Zehnten
erwachsen mufste.
Und in diesem Zugestandnisse liegt daun aach die bisher
keineswegs in genilgendeni Mafse gewurdigte Bedeutung
dieser Begebenheiten. In den Kreisen der Geisthchkeit ist
man sich dieser Bedeutung mehr bewufst geblieben, und
zwei Jahrhunderte spiiter schrieb der polnische Chronist
Dlugosz von jenen Begebenheiten : „ es war dies das erst-
mahge Schisma, durch welches sich die Herzoge und Barone
Schlesiens von dem Korper des polnischen Reiches zu schei-
den und unter gewaltthatiger Abstellung der alten Satzungen
ihre Absichten ins Werk zu setzen begannen". Wahrend
namlich sonst die polnische Geistlichkeit an dem alten
Eechte des vollen Garbenzehntens festhielt und dieser For-
derung durch eine, wie es scheint, besonders eben damals
1262 zusammenberufene Synode zu Sieradz Ausdruck gab,
mufste man es sich, wenngleich auch der Bischof von Bres-
lau dieser Sjnode beiwohnte, doch thatsachlich gefallen
lassen, dafs in dem Breslauer Sprengel, eben um der hier
so weit vorgeschrittenen Gerraanisation willen, eine Ablosung
des Zehnten zu einem Malter fur die Hufe stattfand. Es
war dabei noch besonders bedeutsam, dafs, wahrend sonst
in jener Zeit die oberschlesischen Herzoge sich gar nicht
als schlesische Fiirsten ansahen, sie doch, als mit zum Bres-
lauer Bistum gehorig, gleichfalls jener Vergiinstigung teil-
haftig wurden, so dafs wir hier eine ganz einzeln dastehende
Zusammenfassung Schlesiens als ein Ganzes vor uns haben.
Aussetzungen schlesischer Stadte zu deutschem Rechte.
Einen denkwiirdigen Wendepunkt bezeichnet dann auch
der Geschichte der Gerraanisation des Ostens diese Ab-
iSti Zweites Bucii. Drittcr Abschnitt.
sonderung Schlesiens. Wir sahen an andereni Orte bereits,
iu wie hohera Grade Huanziell vorteilhaft und ersprielslich
die Ausrietzung deutscher Ortsehafteii fur die Landes- und
Grundherren war, und man hatte daher in der ersten Hillfte
des 13. Jalirhundcrts vonseiten der Polen und Deutschen,
Geistlichen und Laien unbedenklich zu diesem ervvimschten
Mittel, die Einkiini'te zu erliohen, gegritfen. Allmahlicli hatte
allerdings im Laute der Zeit und uamentlich scit deni Tode
Heinrichs III. das Milsvergniigen der polnischen Adeligen ilber
die Bevorzugung der Deutsehen hier Ilemmungen bereitet, ganz
besonders aber von jetzt, eben etwa von 12 60 an, stemmte
sich nun der gesauite pohiische Klervis rait all seiner Macht
gegen eine weitere Ausdehnung der deutsehen Ansiedelungen.
^lulste man jetzt sich dazu entschliefsen , Schlesien als ver-
loren anzusehn, so woUte man doch das tjbel nicht weiter
greiten lasseu. Die Gernianisation kara zum Stillstand we-
nigstens auf dem Gebiete der deutsehen Dort'anlagcn. Deutsche
Stadtrcchte, bei denen ja jene bedenklichen Fragen in un-
gleich geringerem Mafse in Betracht kamen, sind allerdings
noch mehrfach nach dem slavischen Osten verpflanzt worden.
Von der Feindschaft aber, welche der polnischo Klerus
fortan gegen die Deutsehen in Schlesien hegte, und welche
doch auch die papstliche Kurie in gewisser Weise teilte, hat
die hcimische Geschichte noch in spiiteren Zeiten viel zu
berichten.
In den unruhigen Zeiten nach dem Mongoleneini'all, wo
ja die sclueckliche Verwiistung des Landes ohnehin zu
neuer Besiedelung drilngte, hatte die Germanisation in Schle-
sien machtige Fortschritte gemacht, und ganz besonders
ward die Keugriindung von Stadten zu deutschem Rechte
in dieser Zeit in grofsem Umfange ausgefiihrt. Wir haben
aus der Zeit von 1241 bis zum Tode Heinrichs III. ur-
kundliche Nachrichten liber die Griiudung folgender schle-
sischer Orte: Trebnitz (l24l), Striegau (1242), Steinau in
Oberschlesien (1243), Landshut (1249), Stiidtel Leubus (1249),
Brieg (1250), Wansen (1250 und 1252), Liegnitz (1252),
Schawoine und ZirkAvitz (1252, beide bei Trebnitz gelegene
Orte sind jetzt nur DiJrler), Hundsleld (1252), Trachenberg
(1253\ Glogau (1253), Beuthen in Oberschlesien (1254), Ols
(1255), Konstadt (l26l), Glogau (1263), Bernstadt (1266),
zu welchen dann nuch verschiedene treten, von denen die
betreffenden Urkundon nicht mehr erhalten sind, wohl aber
Xachrichten, welche die Thatsache der hier bereits erfolgten
Aussetzung bezeugen, wie z. B. bei Neifse.
Man hat bei diesen Griindungen sich stets bemiiht, die
Deutsche Sttidte. 89
neu abgesteckte Staclt auf eineni Grande anzulegen, cler mit
den bishei' an dem Orte vorhandenen Ansiedelnngen nichts
zu thun hatte, so dais dann die Ictztere als Dorf neben
der neuen Stadt und getrennt von dieser fortbestehen blieb,
wie wir das bei einer grofsen Anzahl der schlesisclien Stadte
noch heute nachzuweisen vermogen. Wer in der Stadt
Avohnte, unterstand deren Rechte, gleichviel welcher Nation
er angehnrte, natllrlich abgesehen von den besondereu Privi-
legien der Geistlichkeit und der geistlichen Stitter.
Bei mehreren der genannten Stadte (Stadtel Leubus,
Brieg, Trebnitz, Schawoine, Ols, Konstadt) ward gleich in
der Aussetzungsurkunde bemerkt, dafs sie das Stadtrecht
von Neumarkt haben sollten, also da das Neuraarkter Reclit
indirekt von Magdeburg herstammte, dafs fur sie die Rechts-
grundsatze gelten sollten, welche in der letztgenannten Stadt
galten; von den librigen Orten werden wir das Gleiche
stillschweigend voraussetzen diirfen. Es werden nait diesem
Stadtreclite nicht sowohl die eigentlichen Freibeiten der
Stadtj d. h. die ihr von ihrera Landesherrn gewabrten Zu-
gestandnisse^ gemeint, als vielmehr diejenigen Reclitsgrund-
satze, nach welcben in den stadtischen Gericbten der Yogt
unter Beirat der aus der Gemeinde gewahlten Schoffen die
Streitigkeiten der Burger unter einander zu entscheiden
hatte. An eine Ubertragung des Stadti'eehtes im Wege der
Mitteilung einer scbriftlichen Aufzeichnung etwa z. B. von
Neumarkt auf eine der genannten Stadte, ist fiir jene iiltere
Zeit kaum zu denken. Die Mitteilung eines ganzen Magde-
burger Stadtrecbtes an Breslau im Jahre 1261, von der
wir noch zu sprechen haben werden, steht ganz vereinzelt
da, wie hauiig auch in spaterer Zeit derartige Rechts-
mitteilungen vorkommen. Offenbar war damals zunachst
der Vogt der Trager dieser Rechtskenntnis , seine Sache
war es, Streitigkeiten nach den Grundsatzen des Magde-
burger Rechts zu entscheiden. Inwieweit dann die Schoffen,
auf eigene Kenntnis gestutzt, selbstjindige Aufiassungen gel-
tend zu machen vermochten, hing von deren Beiahigung
ab. Doch Avar es naturlich, dafs die Bilrgerschaft , deren
ganze EntAvickelung ja darauf ging, der Gewalt des Vogtes
gegeniiber mehr und mehr Selbstandigkeit zu gewinnen,
schon friih das Bedurfnis empfand, durch schriftliche Auf-
zeichnungen der Recht?grundsatzo sich die Mciglichkeit eigner
Kontrolle zu sichern und jeder AYillkiir des Vogtes Schran-
ken zu setzen.
Unter den genannten Stadten geuossen natiirlich die
Residenzen der Herzoge einen gewisseu Vorzug und gelangten
90 Zweitos JJuch. Drittci- Abschnitt.
zu hoherer Bedeutung. So Oiogau, Liegnitz, Breslau und
dnneben audi Brieg und in Oberschlesien die damalige
Ilauptstadt Katibur. Dafs die Filrsorge der Herzoge sicli
dann auch noch auf die Befestigung der Stadte erstreckte,
erkljirt sich leicht aus der Not der damaligen stiirniischen
Zeiten. Herzog Konrad urkundet 1253 iiber Glogau, er
woUe hier eine freie und zugleich feste Stadt begriinden,
auf dais die Freiheit zahh'eiche Bewohner dort hinziehe,
die Festigkeit aber sie dann dort sicher leben lasse, und
ebenso verspricht Heinrich 111. 1250, seine neu gcgrlindete
Stadt Brieg innerhalb zwei Jahreu zu befestigen. Bei Keilse
iibcrlaist es dcrselbe Herzog den Bllrgern, resp. dem Bischofe,
die Kosten der Befestigung zu tragen, und giebt uur seine
Einwilligung dazu. Die Befestigung soil in einer Mauer
von Steinen oder Ziegeln bestehen ; wenn das aber den Bllr-
gern zu grofse Kosten mache, begniigt man sicli auch niit
einer Scliutzwehr aus Balken.
Von jenen Stadtegriindungen fiiUt nun bei Aveitem der
grofste Teil Heinrich 111. zu, der ja unter den Briidern den
ausgebildetsten Sinn filr staatliche Ordnung besafs und
iiberhaupt zu einem guten Regeuten nach alien Seiten hin
veranlagt war. Ein Klosterbruder von Heinrichau berichtet
zu jener Zeit, Heinrich habe, nachdem er die Kegierung
angetreten, erklart, er AvoUe das Erbteil seiner Vater Avieder
haben, und von diesem Grundsatze ausgehend, habe er dann
manche der Schenkungen seines Bruders Boleslaw zuriick-
genommen und so auch dem Kloster Heinrichau Jaurowiz
wieder entzogen.
Jener Grundsatz des Herzogs brachte ihn auch in einen
gewissen Konflikt mit seiner neugegrliudeten- Stadt Breslau.
Wie er selbst dariiber urkundet, batten die Breslauer damals,
als er noch ein Knabe war, also 1242, sich mehr angeeiguet,
als ihnen zukam, so z. B. die herzoglichen Fleischbiinke
und auch die Verfiigung liber die innerhalb der ersten
Grenzgriiben der Stadt liegenden Garten und Gehofte.
Als der Herzog zur Regierung kam, forderte er das
alles einfach zuriick und erbot sich sogar, sein Recht daran
vor Gericht nachzuweisen. Aber die Breslauer zogen es vor,
einen glltlichen Vergleich mit dem Herzoge abzuschliefsen,
infolge desseu nun Heinrich, jedenfalls gegen eine ansehn-
liche Geldsumme, jene bestrittenen BesitztLimer den Bres-
lauern liels, ja sogar das stadtische Weichbild Aveiter aus-
dehnte, namlich ilber die Oderinsel, den Sand genannt, auf
welche allerdings auch das dort befindhche Augustinerstift
Anspriiche erhob, und anderseits liber die alte Wallonen-
Vertrag der Breslauer mit Heiurich III. 91
kolonie um die Mauritiuskirche (die heutige Klosterstrafse),
ferner der Stadt die Viehweiden im Westen der Stadt zu
beiden Seiten der Oder bestiitigte^ imd aulserdem auch zur
Anlockung neuen Zuzugs jedem Ankomraling, der in der
Stadt Grundeigentum erwarb, Steuerfreiheit auf eiu Jahr
zusicherte.
Es hat wahrscheinlich mit jenen bei der Throubesteigung
Heinricbs III. von diesem gemachten Riickforderungen zu-
sammengehaugen , dafs derselbe nun auch die ofFenbar von
Boleslaw erbaute und vom Bischof dotierte Stadtkii-che zu
St. Elisabeth dem gleichnamigen, von den Kreuzherren mit
dem roten Sterne geleiteten Hospitale inkorporierte , so dafs
die letzteren die Einkiinfte der Kirche zogen und dafur den
Gottesdienst in derselben durch einen ihrer Brilder ver-
sehen liefsen
Als die Hauptsache jenes zwischen Herzog und Blirger-
schaft geschlossenen Vergleiches diirfen wir jedoch das an-
sehn, dafs beide vereint von den Ratraannen und SchofFen
zu Magdeburg eine Abschrift des an ietztereni Orte gelten-
den Stadtrechtes erbaten und der Herzog Heinrich III. in
Oemeinschaft mit seinem Bruder Wladvslaw nun den Bres-
lauern den Gebrauch dieses Stadtrechtes filr den ganzen
Umfang ihres Weichbildes gestattete. Dieses vimfangHche,
ims noch in dem aus Magdeburg gekommeuen Originale er-
haltene Dokument enthalt nun zu gleicher Zeit eine Fest-
setzung der leitenden Grundsatze der biirgerhchen und
Straf - Gesetzgebung, sowie des dabei zu beobachtenden
Rechtsverfahrens und daneben doch auch Grundziige einer
stadtischen Verfassung , und wir diirfen alle diese Fest-
setzungen im grofsen und ganzen als giiltig fiir die deutschen
Stadte Schlesiens ansehen.
Nach dieser Verfassung behalt der Herzog sich selbst,
beziehungsweise einem von ihm ernanuten Kommissar, hier
Landvogt genannt und nicht mit dem Stadt- oder Erbvogt
zu verAvechseln, die Gerichtsbarkeit liber besonders schwere
Verbrechen : Mord, Raub und Isfotzucht vor. Derselbe hielt
sein Gericht (das Vogtding) dreimal im Jahre an genau
festgesetzten Terminen, und auch kleinere Vergehen fallen
ihm zu, wenn dieselben in den 14 Tagen vor seinem Ding-
tage begangen wurden. Ihm gebilhrt ein Strafgeld von
eO^Schillingen, welches aber der Herzog filr Breslau auf
diejHalfte herabsetzt. Das gewohnliche Gericht halt dann
der Erbrichter oder Erbvogt, dessen Gewedde (Strafgeld)
gleichfalls von 8 Schilling auf 4 herabgesetzt wird, woven
der]Herzog zwei Telle, der Erbrichter einen erhalt. SchofFen,
t>j Zweites Buch. Dritter Abschnitt.
die nils tier Biirgerschaft gekoren werden, helfen bei beiden
( nTicliten den Vr»gteu das Urteil linden. In Sachen des
Handi'ls und Verkehrs, also z. B. iiber ungorechte Kiiuio
tuid zii geringes I^Ials habcn die Ratsherren zu entscheiden,
welche dann iiberhanpt in der nach Rate der „weisesten
Leute" zu berufenden Bilrgerversammlung (dem Burdinge)
Festsetznngen iiber Handel und Verkehr treff'en dilrten.
Die Ilatsherren oder Konsuln werden nach dem j\lagde-
Itiirjicr Vorbilde aut" ein Jahr gewalilt; nach dessen Ablaufe
sie dann selbst ihi*e Nachtblger erkiesen. Diese Form der
Ratswahl ist nun filr Breslau fort und fort die herrschende
geblieben, wie wir denn filr Breslau iiberhaupt das Bestehen
einer stildtischen Obrigkeit, also den Anfang einer Selbst-
regierung, von dieser Bewidmung mit dem ]\Iagdeburger
vStadtrechte an rechnen diiri'en. Aus dem Jahre 126(» Aver-
den uns die ersten Nanien Breslauer Konsuln iiberliefert,
der authentische Ratskatalog, der dann in ununterbrochener
Folge die Ratsherren bis zum Jahre 1741 aufzahlt, beginnt
mit dem Jahre 1287.
Was die ilbrigen schlesischen Stadte anbetriift^ so haben
dieselben sich zunachst damit begniigen miissen, dafs der
Erbvogt, der sie nach aufsen hin vertrat, in wichtigeren
Angf'legenheiten den Beirat der angesehensten Biirger (se-
niures) sich erbat, doch haben einzelne von ihneu schon vor
Ablauf des 13. Jahrhunderts eigene Stadtobrigkeiten , Kon-
suln. Inbezixg auf deren Wahl ist die Praxis nicht iiberall
dieselbe. In Weidenau erwiihlt dieselben^ 5 an der Zahl,
der Erbvogt (129(>); in Patschkan desgleichen 2 (l270), in
Brieg ernennt noch im 14. Jahrhundert der Herzog die
Konsuln, nach Liegnitz verpflanzte 1293 die Gewahrung
der Rechte von Breslau auch die hier ilbliche Form der
Ratswahl, und denselben Wahlraodus bezeugt (1293) eine
Rechtsmitteilung der Schweidnitzer an Ratibor; und filr die
letztere Stadt ernennt dann (1299) Herzog Premyslaw
5 Ratsherren rait der Bestimmung, dafs diese nach Ablauf
ihrcs Amtsjahres die neuen Konsuln zu wahlen haben
sollen.
Im allgemeinen werden wir daran festhalten dilrfcn, dafs
die Landesherren den StJidten gegeniiber ungleich weniger
jingstlich an ihren Hoheitsrechten festhalten als an den dar-
aus hertliofsenden Einnahmequellen, und dafs daher die Burger,
so wie ihr A\'olilstand sich hob, es nicht allzu schwer hatten,
um Geld^ Rechte der Filr.sten abzuiosen und so grofsere
Sell)standigkeit zu erringen, — ein Weg, der dann ganz regel-
nijifsig von den Biirgerscliaften eingeschlagen wird.
Die Neustadt imd der Neuniarkt zu Breslau. 93
Etwas der Art trug sicli nocli in den letzten Regieruugs-
jahren Heinrichs III. in Breslau zu. Dieser sparsame Filrst
hatte es sich hier angelegen sein lassen, nach jenem Yer-
gleiche mit der Biirgerschaft von 1261 sich neue Einnahme-
quellen zu eroffnen. Er grilndete 1263 jenseits der Ohlau
die Neustadt Breslau, westlich von der alten Stadt unter
einem besonderen Vogte, die dann vorzugsweise ein Sitz
einer industriellen , der Wollenweberei obliegenden Bevolke-
rung wurde. Diese Neustadt zeigt nirgends eine Spur einer
Marktanlage, und obwohl dem Yogte derselben in der Aus-
setzungsurkunde neben den Einkiinften von einer Badestube,
einer Miihle an der Olilau, auch die von gewerblichen Ver-
kaufsstatten zugesichert werden, so dilrfen wir dock an-
nehmen, dafs wesentlicli fiir sie der Neumarkt, welchen der
Herzog westlich von der Neustadt, aber auch aufserhalb der
Grenzen der Altstadt damals anlegte, bestimmt war. Doch
die Breslauer Burger ertrugen die Konkurrenz sehr ungeru,
und wenige Jahre spater (1266) sehen wir drei aus der
Biirgerschaft dem Herzoge die 24 neuen Fleischbanke, die
er am Neumarkte angelegt hat, wiederum abkaufen, zugleich
mit dem Schlachthofe , und, was vielleicht das Wichtigste
ist, der Herzog verspricht bei dieser Gelegenheit, in der
Stadt Breslau und dem einmeiligen Umkreise derselben hin-
fort keine neuen Fleischbanke anlegen zu wollen. Wenige
Wochen spater verkauft der Herzog den Breslauern den
MarktzoU zu Breslau, desgleichen die Briickenzolle auf der
Weide in Schweinern, Protsch und Hundsfeld, sowie auf der
Weistritz bei Lissa, Gohlau und Mochbern, wo er dann auch
keine Schenke niehr halten Avill, welche Zolle nun die Bres-
lauer im Interesse ihres Handels ganz und gar aufheben.
Wiederum acht Tage spater folgt dann noch eine weitere
Veraufserung des Herzogs an Breslauer Biirger, nilmlich
von 47| Kramladen, gieichfalls unter der Verpflichtung des
Herzogs, weder neue derartige Laden eri-ichten noch die
vorhandenen an eine andere Stelle verlegen zu Avollen:
insgesamt Geschafte, welche von dem schnellen Aufbliihen
der Stadt zeugen.
Es ist eben durchaus wahrscheinhch , dafs Breslau bei
dem Tode Heinrichs HI. bereits ein verhaltnismafsig reclit
ansehnlicher Handelsplatz war, bedeutsam nicht allein als
kommerzieller Mittelpunkt eines ansehnlichen Landstriches,
sondern noch ganz besonders als der wichtigste Ort, wo die
Produkte des slavischen Ostens , vornehmlich Pelzwerk,
Haute, Salz, ausgetauscht wurden gegen die von Westen her
zu beziehenden Kolonialwaren, Tuch, Wein u. dgl. Das
94 Zweites Buch. Vierter Abscliuht.
spjiter urkundlich verbriefte Niederlags- oder Stapelrecht,
wolclies cine blol'se Diuvlifiihrung von Handelswaren geradezu
verbut, mochte schon danials thatsiichlich in Geltung sein,
so dais der grofdc Gcwinn dieser Warenvermittelung den
Bre.slauern unverkiirzt zufiel.
Vierter Abschnitt.
Heiiirich IV. bis 1*290. Der grofse Kirchenstreit. Er
oberiins Krakaus.
Heinrich III. hinterliefs bei seinem Tode 1266 einen
einzigen damals noch unmiindigen Sohn gleichen Namens,
dessen Vormundsclial't naturgemafs seinem Oheime Wlady-
slaw zufiel. Dieser seit 1265 Erzbischof von Salzburg, hatte
doch auch auf einen Anteil an der scldesischen Herrschaft
nie verzichtet, und nun bei dem Tode Heinrichs 111. setzte eine
miichtige Partei des Adels, welche immer schon den milden
und freigebigen Kjrclienfursten dem strengereu sparsamen
Herzoge vorgezogen hatte, eine voUstandige Teilung des von
diescm hinterlassenen Landes durch. Als Vormund des
jungen Prinzen hat er dann thatsachhch liber das ganze
Land Heinrichs III., etwa den heutigen Regierungsbezirk
Breslau (mit Ausschluls von Glatz) umfassend, bis an seinen
Tod (1270) geherrscht.
Aufserdem fiel ihm auch die Verwaltung des Bistums
Bresku zu. Als naniHch am 30. ]\Iai 1268 Bischof Thomas 1.
starb, postulierte das Breslauer Domkapitel ihn als Nach-
lolger, und wenngleich Papst Klemens IV. in solche Hau-
fung bischcjflicher Wiirden nicht willigen mochte, so ilber-
liefs er ihm doch die Verwesung des Bistums und den Genufs
der Einkiinfte davon.
Zu seiner Zeit und wahrscheinlich nicht ohne seine Be-
rn ilhungen erfolgte auch die feierliche Heiligsprechung seiner
Grolsmutter, der fronimen Herzogin Hedwig. Das Geriicht
von Wuudern, die an ihrem Grabe in Trebnitz erfolgt seien,
hatte bereits Papst Urban IV. bewogen, im Jahre 1262
Kommissare zur Untersuchung derselben abzuordnen, und
als dann sein Nachfolger Papst Klemens IV., der frllher
i
Heinriclis IV. Jugend. 95
ein Kriegsmann , aus seiner damaligen Ehe eine blinde
Tochter hatte, wie die Legende ei'zalilte, die Freude er-
lebte, dais dieser am Grrabe der Herzogin das Gesicht
wiedergegeben ward, proklamierte dieser unter dem 26. JMarz
1267 die Kanonisation der Herzogin Hedwig. Wladyslaw
legte dann selbst den Grund zu dem Ausbau des einen
SeitenschifFes der Trebnitzer Klosterkirche , in welcher nun
die Gebeine der Heiligen ein neues, wurdigeres Grab finden
sollten, und am 17. August 1267 erfolgte dann die feier-
liche Translation zu Trebnitz in Gegenwart des Bohmen-
kcinigs Ottokar, sowie vieler sclilesischer und polnischer
Fiirsten imd Pralaten von zahlreiclien Ablafsbewilligungen
verschiedener auch auswartiger Kirclienfursten begleitet, ein
Ereignis, welches einen neuen Glanz dem Hause der schle-
siscben Piasten verlieh.
Der junge Priuz Heinrich verweilte in dieser Zeit vor-
nehmlich in Prag bei seinem Grofsoheime, dem Konige
Ottokar, den er auch 1271 auf dessen Feldzuge gegen
Ungarn begleitet, und als dann sein Oheim Wladyslaw am
27. April 1270 stirbt, legt er mit Riicksicht auf die Unreife
seines Alters in Gegenwart der Bischofe von Breslau und
Lebus das feierliche Gelobnis ab, ohne Wissen und Willen
des Konigs keine wichtigen Entscheidungen treffen zu wollen,
und dieser setzt ihm dann aus der Reihe der schlesischen
Adeligen den angesehenen aus der wallonischen Kolonie in
Schlesien stammenden Simon Gallicus als Erzieher zur
Seite.
Etwa vom Jahre 1273 an scheint Heinriclis selbstandige
Regierung zu beginnen , wo er dann noch einmal dem
Bolnnenkonig in Erinnerung an vielfach empfangene Wohl-
thaten gelobt, von niemanden als ihm den Giirtel, das Zei-
chen der RitterAviirde, anzunehmen und auch seine Diener-
schaft in die^^Farben des Konigs zu kleiden.
Es war ein Flirst von seltenen Gabon des Geistes,
energischem WiUen und voll kiihner Entwurfe. Schon in seinen
ersten Regierungsjahren bemerken wir ein Anwachsen seines
Landgebietes. Das Gebiet von Kreuzburg-Pitschen erscheint
ihm gehorend, und 1276 kauft er von dem Magdeburger
Erzbischof das Krossener Land zuriick. Aber bald geriet
er durch die Mifsgunst seines Oheims Boleslaw, dessen ge-
waltthiitiger Sinn das Alter nicht zu mildern vermocht hatte,
in die schwerste Bedriingnis. Boleslaw hatte nach dem
Tode Wladyslaws an dessen Erbe gleichfalls Anspriiche er-
hoben, welche Heinrich entsprechend dem nach dem Tode
Heinrichs II. gesclilossenen Famihenpakte als ungegrilndet
% Z\voit<-s IJiicli. Viortcr Absclmitt.
ansah. Nun fand Boleslaw alier unter den Vasallen Hein-
riclis IV. Verriiter, welclie niit dem festen jungen Herzog
un/.ulrieden zu eincr Gewalttliat an diesen die Hand boten.
Diese iibertic'len am 18. Februar 1277 Heinrich des
Kachts in dem Sclilosse Jeltsch bei Ohlau, schleppten ihn
fort und lieferten ihn an Herzog Boleslaw von Liegnitz aus,
dor ihn aut' Burg Liilmhaus am Bober in stronger Haft
hielt.
Es war natiirlieh, dafs in dieser Bedrangnis Heinrich
vor allem von seinem bisherigen Beschiitzer, dem Bohmen-
konig, Beistand erwartete. Diesem mochten die schlesischen
Hiindel sehr unerwLlnscht kommen. Er hatte eben seine
kilhnen Plane einer Gewinnung (3sterreichs scheitern sehen
und sicli zu einem Frieden mit seinem siegreichen Gegner,
dem rcimischen Kiinig Rudolf von Habsburg, herbeigelassen,
ohne dafs jedoch dieser Friede schon ganz perfekt ge-
worden ware und keinenfalls ohne den Hintergedanken, bei
giinstiger Gelegenheit die Fesseln, die ihm dieser auferlegte,
wieder abzuschiitteln. In den schlesischen Fiirsten, liber
welche er bisher eine Art von Oberherrlichkeit thatsachlich
ausgeiibt, erblickte er seine natiirlichen Bundesgenossen, und
es kam fiir ihn an erster Stelle darauf an, hier Frieden zu
stiften, die vorgefallenen Irrungen zu schlichten, ohne dabei
doch durch ein zu schroffes Auftreten einen Teil dieser
Fiirsten in das Lager seiner Gegner zu treiben. Diese po-
litischen Rlicksichten behielt er trotz seiner niiheren Be-
ziehungen zu dem jungen Herzog von Breslau sehr sorg-
ialtig im Auge. So begniigt er sich zunachst damit, Ge-
sandte an Boleslaw zu senden, urn einen Vergleich herbei-
zufiihren, stellte den Markgraf Otto von Brandenburg, der
wegon alter noch in Wladyslaws Zeit zuriickreichender An-
spriiche Heinrich gleichfalls bekriegte, durch Verplandung
von Krossen zufrieden, und erst als Boleslaw zu hohe For-
derungen stellte, griff er dazu, natiirlieh gleichfalls auf Hein-
riclis Kosten, den Herzog Boleslaw von Grofspolen und
Heinrich von Glogau zu einem Kriegszuge gegen Boleslaw
zu gewinnen. Doch das von diesen gesammelte Heer, das
der Polenherzog befehligte, unterlag am 24. April 1277 bei
Protzan imweit Frankenstein nacli blutigem Kampfe den
Scharen, welche Heinrich, der alteste Sohn Boleslaws, gegen
sie ins Fold fiihrte.
Nun waren ernstliche Konzessionen in Gestalt von Land-
abtretungen nicht mehr zu vermeiden. Konig Ottokar ver-
mittelte eiligst einen Waffenstillstand bis zum 13. Juli,
wahrend dessen dann Boleslaw nach Prag Gesandte scliicken
i
Landabtretungen an Boleslaw II. 97
oolite. In der That kam in dieser Zeit iinter Vermittelung
des Krakaner Herzogs ein Vertrag zustande, der dem Lieg-
nitzer Herzog als den dritten Teil der Erbschaft Wlady-
slaws das Gebiet der heutigeu Kreise Striegau nnd Neumarkt
iiberliefs, worauf dann anscheinend noch vor Ablauf des
WafFenstillstandes, also im Juli, die Freilassung Heinrichs
erfolgte.
AVas Boleslaw bier erlangte, war im wesentlichen das,
was ilim nach gewolinlicbem Erbrecbte iind abgesehen von
den Verabredungen bei der einstmaligen Teilung zwischeu
ibm nnd Heinrich aus der Hinterlassensciiaft Wladjslaws
batte zufallen miissen. Dieselben Anspriicbe hatte ja nun
wohl auch Heinrich von Glogau, der Sobn des jiingsteu der
drei Briider, Konrad, erheben konnen, doch erfahren wir
von Entschadigungen nach dieser Seite bin nichts Naheres.
Die Anschauung, welche bei dem Gauzen zum Aus-
druck kam , fafste die herzogliche Gewalt immer nur
unter dem Gesichtspunkte eines privatrechtlichen Besitzes,
bei dem Erbschaftsteilungen ins ungemessene zulassig, ja
geboten seien; sie mufste natiirlich die schwersten Folgen
haben. Mit der Zersplitterung schwanden die Bedingungen
selbstandiger Entwickelung, und fiir die zahlreichen macht-
losen und unter einander uneinigen Teilfursten stellte sich
mehr und mehr die Anlehnung an eine auswartige grofsere
Macht als Notwendigkeit heraus. Von dem damals iibrigens
selbst zersplitterten Polen waren die scblesischen Fiirsten
losgerissen, an das Deutsche Reich batten sie einen Anschlufs
nicht gesucht, so gerieten sie denn in die Abhangigkeit des
machtigen Nachbars von Bohmen, und Konig Ottokar rech-
nete auf ihre Hilfe sehr ernstlich bei dem schweren Kampfe,
zu welchem er sich seit Ende des Jahres 1277 mit seinem
machtigen Gegner, dem Konige Rudolf, eifrig rlistete. Aller-
dings hatte auch der letztere ernstliche Versuche gemacht, die
Schlesier und vornehmlich Heinrich IV. auf seine Seite zu
Ziehen, wie denn auch der mit dem Herzoge verwandte und
wegen seiner Frommigkeit hoch angesehene Minorit Heinrich
von Brene in diesem Sinne thatig war. Aber umsonst!
Vielleicht mehr noch als das Band der Dankbarkeit fesselte
Heinrich an Ottokar dessen Versprechen einer Abtretung
der Grafschaft Glatz, und so fochten denn in dem Ent-
scheidungskampfe auf dem Marchfelde am 26. August 1278
die scblesischen Herzoge Heinrich von Breslau, Wladyslaw von
Oppeln und Heinrich von Glogau auf der Seite Ottokars,
dem bekanntlich der Tag den Sieg und das Leben
kostete.
Griinhagen, Gesch. Schlesiens. I. •
98 Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
Fiir Heinrich IV. nahte erst jetzt die Zeit, wo er zur
vollen Bedeutung kara.
Nach dem Tode Konig Ottokars nahm er auf "Grund
seiner Vertriige mit diesem die Grafsehaft Glatz ein und
erhob nun audi Auspriiclie auf die Vormundsehaft iiber den
von Otlokar hinterlassenen noch unmiindigeu Priuzen Wenzel.
Um diese Anspriiche kaniplte er dann mit dem Neffen Otto-
kars, dem Markgrafen Otto von Brandenburg, und vor den
Thoren von Prag, bis wohin beide Heere vorgedrungen
waren, schien es zur Schlacht kommen zu sollen. Doch
die Partei des Markgrafen behielt in der Stadt die Ober-
hand, sie ciflnete dem letzteren die Thore, und Herzog Hein-
rich mufste sich damit beguugen, Glatz zu bebaupten, ohne
dafs Konig Rudolf ilim diesen Besitz bestritten hatte.
Dieser war weit entfernt davon gewesen, den schlesischen
Fiirsten ibre Parteinabme fiir seinen Gegner entgelten zu
lassen; er hatte sie gern in den Frieden mit Bohmen ein-
geschlossen, und der machtigste von ihnen, eben Heinrich IV.,
zeigte sich sogleich bereit, gegen die Anerkennung des Be-
sitzes von Glatz seine Lande vom Kcinig Rudolf resp. dem
Deutschen Reiche zu Lehen zu nehmeu, wodurch denn nun
die Trennung Schlesiens von Polen ganz formell besiegelt
wurde, wenngleich diese Zugehorigkeit zum Reiche nach-
mals wieder in Vergessenheit gekommen ist.
Und walirend hier im Herzen Schlesiens einem energischen
Fiirsten im Besitze eines ansehnlichen Machtgebietes noch
weitere Erwerbungen gelangeu, sank bei den iibrigen Her-
zogen ihre Macht durch immer fortgesetzte Landesteilungen.
Bei den Glogauern hatte schon um 1271 der Tod Konrads
zu einer Teilung gefiihrt; als jetzt 1278 der wilde Lieg-
nitzer, Boleslaw, starb, gait es, drei Erben zu befriedigen:
Heinrich, Bolko und Bernbard, und ebenso zersplitterte sich
die oberschlesische Herrschaft, als 1281 (oder 1282) der
ki'iegerische Wladyslaw die Augen schlofs; mit der bedeut-
samen Rolle, welche der Oppeler Fiii'st in den polnischen
Handeln und den Kampfen an den Grenzen Mahrens und
Ungarns gespielt hatte, war es aus, seit hier vier Prinzen
sich in das Erbe jenes teilten.
Um so bedeutsamer erschien da die Macht Heinrichs IV.,
der in seiner Hand vereinigte die Herzogtiimer Breslau (mit
Ausschlufs des Neumarkter Gebietes), Schweidnitz (ohne den
Striegauer Kreis), die Grafsehaft Glatz, ferner die Herzog-
tiimer Miinsterberg, Brieg (mit dem grottkauischen und
dem Bezii'k von Kreuzburg), 01s samt den Landen von
Polnisch-Wartenberg, MiHtsch, Tracheuberg bis an die pol-
Auswartige Beziehungen Heinrichs IV. 99
nische Grenze; ferner Krossen, das er von clem Branden-
bm'ger Markgrafen 1279 urn 6000 Mark wieder einloste,
endlich das nachmalige Herzogtum Wohlau, und 1281 auch
ein Stiick von Grofspolen^ das Land Wielun, zurlickerlangte.
Er erbte thatsachlich von Ottokar einen gewissen Vorraug
unter den schlesischen Fui'sten und eine Oberherrlichkeit
iiber dieselben. Nicht ohne Widersh'eben ward dieselbe an-
erkannt.
Im Jalire 1280 erfahren wir von einem Kampfe Hein-
richs mit den Sohnen seines Oheiras Boleslaw von Liegnitz^
bei welchem die letzteren die Unterstiitzung der Branden-
burger erlangen, wo dann Markgraf Albrecht, der Bruder
von Heinrichs altem Gegner Otto, mit seinen schlesischen
Verbiindeten in das Gebiet des Breslauer Herzogs einen
Einfall macht und Miinsterberg belagert, wiihrend jener das
Liegnitzische verwiistet, und dann wieder von einer arg-
hstigen Gefangenschaft der beiden Herzoge von Liegnitz
und Glogau, sowie des Herzogs Premyslaw von Grofspolen
in Baritsch bei Jauer, welche eine Haft dieser Fiirsten in
Breslau bis Anfang Juni zui' Folge hatte, ohne dafs ein
verwiistender Einfall Herzog Leskos des Schwarzen daran
etwas zu andern vermochte.
Die machtigsten der schlesischen Teilfiirstenj die von
Liegnitz und Glogau, sicherten damals Heinrich IV. fiir jeden
seiner Kriege eine Unterstiitzung mit 30 Lanzen zu, und
wir werden noch sehen, wie in der That bei Heinrichs
letztem grofsen Unternehraen gegen Krakau die schlesischen
Fiirsten ihm treue und tapfere Heeresfolge geleistet haben.
Die Feindseligkeit mit den askanischen Markgrafen fand
endlich auch ihr Ende durch die Vermahlung Heinrichs IV.
mit Mechthild , der Tochter Markgraf Otto des Langen,
1288.
Charakteristik. Regierungsthatigkeit.
In der That scheint die ruhmwiirdige Zeit Heinrichs des
Biirtigen in dessen Urenkel noch einmal aufzuleben. Kaum
minder als in dem Ahnherrn lebte und wii'kte in dem Enkel
ein kiihn aufstrebender Ehrgeiz, ein gewaltiger, energischer
Wille, den Schwierigkeiten nicht schreckten, Wechselfalle
des Scliicksals nicht entmutigteu. Und dabei webt urn
Heinrich IV. die Romantik einen besonderen Zauber. Er
ist der glanzendste Vertreter des Rittertums, den Schlesien
aufzuweisen hat. Seine Zeit hat uns ein BUd hinterlassen,
welches den ritterlichen Herzog Heinrich von Breslau dar-
7 *
100 Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
stellt, wie er auf stolzem Streitrosse, auf dessen Decke als
Zierat der schlesische Adler rait einzelnen Buchstaben des
Wortes Amor abwechselt, von seiner Waffen und Banner
trageuden Dienerschaft iimgeben, in den Schranken eines
Tm-nierplatzes halt, das lockige des Helms entledigte Haupt
und den recliten Ai'm zu dem Altan erhebend, den edle
Frauen zieren, deren vornehmste dem fiirstlicheu Sieger den
gewonncnen Kranz herabreiclit.
Und so diirftig unsere Quellen iiber den Herzog sind,
so beiuchten sie doch auch von Turnieren, die der Herzog
abhielt ; er liebte glanzende Feste, seine Vermahlung mit der
askauischen Prinzessin Mechthild ward mit uugewohnlicher
Pracht gefeiert. Sein Holhalt war glanzend und vermochte
selbst liervorragende Sanger zu fesseln, deren einer, der
Tannhauser, von ihm riihmt, wenn er das Gut von tausend
Fiirsten hiitte, er wiirde es gern und willig verschenken.
Ja, er zahlt selbst mit unter den deutschen Minnesiingern,
und obwohl uns niu' zwei Lieder von ihm erhalten sind, so
sichern ihm diese doch nach sachkundigem Urteile einen
der ersten Platze in der Reihe der spateren hofischen Dichter.
Das eine dieser beiden Lieder:
„Ich klage dir, ISIai, ich klage dir, Sommerwonue,
Ich klage dir, liebte Heide bx-eit" etc.,
enthalt eine riihrende Klage iiber die Hartherzigkeit der
Geliebten, mit der zarten Wendmig, dais als die Miichte
der Natur die Sonne, der Wald, die Blumen und eudlich
Frau Venus selbst, die er um Beistand angerufen hat, ihm
versprechen, sie wollten fortan der Sproden alles versagen
und derselben statt Freuden nur Unlust gewahren, er dar-
iiber erschrocken seine Bitte zuriicknimmt und lieber in
seiner Qual sterben -ndll, als die Geliebte von so viel Freu-
den gesehieden sehen.
Nicht immer sind die ritterlichen Fiirsten zugleich gute
Regenten, und eine glanzende Hofhaltung hat oft genug
eine recht iible Kehrseite, indem sie zerrilttete Finanzen,
hartherzige Aussaugung des Landes, schranken- und gesetz-
lose Herrschaft eines iibermiitigen Hofadels, Bedrlickung
des Biirger- und Bauernstandes uns darsteUt. Anders bei
Heinrich IV.
Er ward sehr friih dazu gedrangt, gerade dem Adel
gegeniiber, der unter der Herrschaft des guten aber schwa-
chen AVladyslaw in gewisser Weise verwildert war, die
Wiirde des Landesherrn mit Strenge zur Geltimg zu brin-
gen. Aufsassige Edelleute waren es ja gewesen, deren Ver-
schworung ihn in die Haft des Oheims gebracht hatte. So
Heinrichs IV. Wirksamkeit als Regent. 101
wie er dieser entledigt war, 1279, zog er die Teilnehmer
jener Verschworung, soweit er ihrer habhaft werden konnte,
zu scliwerer Verantwortung, strafte einige durcli liarte Haft,
andere dui'ch Landesverweisung , imd auch nachdem Konig
Ottokars Dazwischentreten ihn zum Erlasse einer Amnestie
gedrangt hatte, ergriff er energische Mafsregeln gegen das
gesetzlose Fehde- imd Raubwesen des Adels und setzte fiir
die einzelnen Landesteile Ausnahmegerichte , aus je zwei
Rittern und zwei Biirgern bestehend, ein, zui' Bestrafung der
Friedensbrecher, mit der ausdrlicklichen Befugnis, auch Todes-
strafen zu verhangen.
Damit schuf er wiederum geordnete Zustande, so dafs ein
Dichter jener Zeit von ihm singen konnte: „Friede und
Recht ist ausgesandt von ihm auf seiner Strafse". Schon
jene Zuziehung des Elementes der Biirgerschaft zu seinen
Femgerichten zeugt fiir seine Achtung des Biirgerstandes ;
und es erscheint doch wie der Ausdruck einer biirgerfreund-
lichen Gesinnung, wenn wir den Herzog (12 81) den Schweid-
nitzern zusichern sehen, dafs der dortige Erbvogt alle
Ritter, Sohne von Rittern, Edelleute, Ministerialen , Vogte,
Schulzen etc. , wofern dieselben Schuldner Schweidnitzer
Burger seien, vor sein Gericht ziehen und den letzteren
notigenfalls durch Pfandung zu ihrem Gelde belfen dlirfe,
oder wenn er (1274) fiir Breslau festsetzt, dafs alle, welche
innerhalb des stadtischen Weichbildes angesessen seien,
Ritter, Kanoniker und Ordensgeistliche nicht ausgescblossen,
zu der zum Zweck besserer Befestigung resp. Ummauerung
ausgeschriebenen Steuer mit beitragen miifsten. Es ist wohl
auch mehr als eine blofse_ Redensart, wenn er in einem
seiner Stadtprivilegien die Uberzeugung ausspricht, das Ge-
deihen und der Vorteil der Biirgerschaft schlossen das Gleiche
auch fiir den Landesherrn in sich.
Ganz besonders wendet er seine Gunst Breslau zu, wie
er denn der erste Fiirst ist, der seinem Titel: Herzog von
Schlesien, noch den zweiten: Herr von Breslau, zufiigt, wo-
durch er unzweifelhaft Breslau als die vornehmste Stadt
seines Landgebietes anerkennt, moglicherweise zugleich in
Erinnerung daran, wie die polnischen Fiirsten aus der Herr-
schaft iiber ihre Hauptstadt Krakau einen gewissen An-
spruch der Oberherrlichkeit iiber die anderen Herzoge her-
zuleiten gewohnt waren. Gewifs ist, dafs die Breslauer
ganz besonders zahlreiche Privilegien von diesem Fiirsten
aufzuweisen haben, dafs sie von ihm das fiir ihren Handel
so wichtige, ein besonderes Monopol fiir diese Stadt enthal-
tende ausschhefsliche Niederlagsprivileg von ihm empfangen
LIBRARY
UNIVERSITY OF CATJFORNIA
102 Zweites Buch. Vierter Abschuitt.
haben, und dafs eine Periode grofserer Selbstiindigkeit und
treier Entwickelung, Erschliefsung neuer Quellen des Wohl-
standes von seiner Ilerrschalt datiert. LFnzweifelhaft haben
die aufsergewohnlich zalilreichen Privilegien des Herzogs fur
Breslau dessen Bewohnern ein gut Stilck Geldes gekostet, und
der Urastand, dafs der freigebige, prachtliebende und unter-
nehmungslustige Herzog viel Geld brauchte, hat sicher seinen
Anteil an der Fiille der erteilten Privilegien, aber die Biir-
ger I'anden schou darin ihreu Vorteil, wenn ihr Landes-
herr ohne engherzige Riicksichten ihnen fiir gutes Geld
Freiheit ihrer Entwickelung und dabei einen gewissen raach-
tigen Schutz geAvahrte, und fiir die grofse Anhiinglichkeit
der Breslauer gerade an diesen ihren Herzog werden wir
noch thatsachliche Beweise anzufilhren haben, die es doch
als wohl begriindet zeigen, wenn ein Zeitgenosse von Hein-
rich berichtet, er habe mit seinen Unterthanen, ob das nun
Burger oder Herren, Laien oder Pfaffen gewesen seien, in
so gutem Verhaltnis gelebt, dais sie allezeit bereit gewesen
seien, selbst Blut und Leben fiir ihn zu opfern. Der friih
schon auftauchende Beiname probus, der Biedere, entstammte
sicher aus Kreisen, wo seine ritterlichen Eigenschaften nicht
den eigentlichen Mafsstab fiir seine Beurteilung abgaben.
Der grofse Kirchenstreit.
Fast das ganze letzte Jahrzehut von Heinrichs IV. Re-
gierung wird ausgefiillt durcli seinen Kampf mit der geist-
Hchen Gewalt, bei welchem dem gewaltigen und willens-
starken Herzoge in der Person des Bischofs von Breslau
Thomas 11. (1270^1292) ein ebenbiirtiger Gegner gegen-
iiberstand. Der Bischof hat mannhaft und mit bewunderns-
werter Ausdauer die Rechte der Kirche verteidigt, und er
hat unzweifelhaft in vielen Stiicken Recht und gegriindete
Ursache gehabt, iiber Gewaltsamkeiten seitens des Herzogs
zu Idagen; aber ebenso gewifs ist, dafs er seiner Sache und
seinem Rechte schweren Eintrag gethan hat durch die un-
gebiindigte und riicksichtslose Heftigkeit seines Tempera-
ments, die ihm viele Herzen entfremdete und einen giitlichen
Ausgleich aufs iiufserste erschwerte. Es mufsten doch schli)nme
Dinge vorgekommen sein, wenn die Biirgerschaft der eignen
Hauptstadt des Kirchenlandes, Neifse, schriftlich ihren Bischof
als einen Wutenden bezeichnete.
Die Hauptpunkte , um welche sich der grofse Streit
drehte, bildete, wenn wir von den nie abreifsenden Zehnt-
streitigkeiten und den immer sich erneuenden Klagen iiber
Der Kircheiistreit. lOS
Gewaltsamkeiten des Herzogs resp. seiner Diener, nament-
lich bei Gelegenheit etwaiger Kriegszlige, absehen, die strit-
tige Stellung der Eiuwohner des besonderen Kirchenlandes,
der Gebiete von Ottmachau und Neifse. Hier war seit den
Zeiten Bischof Jaroslaws der jedesmalige Bischof von Bres-
lau Grundherr, ohne jedoch die Landeshoheit zu liaben, auf
welche der Herzog vielmehr seinen Anspruch aufrecht erhielt.
Dagegen suchte der Bischof diesem seinem ganzen Lande und
dessen gesamten Einwohnern alle die Befreiungen zuzuwenden,
welche filr kirchlichen Besitz iibUeh waren, und es lag auf
der Hand, dafs, wenn er damit durchdrang, die Rechte des
Herzogs kaum minder eingeschrankt wurden, wie wenn der
Bischof die voile Landeshoheit gehabt hatte.
Heinrich HI., der seiner Zeit um jeden Preis mit dem
Bischof Frieden zu halten sich bemlihte, mochte hier vieles
nachgesehen haben, was jetzt von dem Sohne wieder ge-
fordert zu sehen der Bischof doppelt schwer empfand.
Dazu kam dann noch ein anderer besonders merkwiir-
diger Streitpunkt. In alten Zeiten hatte, wie wir oben er-
wahnten, ein mehr als meilenbreiter Giirtel dichten Waldes,
in dem man, um ihn noch unzuganglicher zu machen, ge-
faUte Stamme zwischen den stehen gelassenen Baumen auf-
geschichtet hatte, der sogen. Hag (preseca), die Grenze ge-
gen Bohmen resp. Mahren bin bezeichnet, welche von Wartha
an auf dem rechten Neifse -Ufer nicht gar weit von dem
Flusse sich hingezogen hatte. Das noch in Herzog Hein-
richs I. Zeit bestehende Verbot, in dem Grenzhage Baume
zu fiillen und Land urbar zu machen, war allmahlich aufser
IJbung gekommen, seit das BedLlrfnis solchen Grenzschutzes
in den friedlicher gewordenen Zeiten nicht mehr bestand,
und es waren eine grofse Anzahl neuer Dorfer auf diesem
ehemahgen Waldlande entstanden, und begreiflicherweise waren
dieselben, so weit sie zwischen dem neifse- ottmachauischen
Kirchenlande und der Grenze lagen, zu dem ersteren ge-
zogen und gerechnet worden. Auf ihren Besitz erhob nun
aber jetzt Heinrich IV. Anspruch, insofern diese Dorfer auf
einem von dem Landesherrn zu fortifikatorischen Zwecken
ausdriicklich vorbehaltenen Grunde angelegt seien. Der
Gegenstand war wichtig genug, es handelte sich um etwa
sechzig Dorfer.
Es scheint allerdings, dafs gerade diese grofsen und
prinzipiellen Gegensatze erst im Verlaufe des letzten grofsen
Kirchenstreites in voUer Schroffheit hervorgetreten sind;
wenigstens finden wir noch im Jahre 1281 den Herzog
nach Beilegung friiherer Zwistigkeiten in gutem Einver*
104 Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
nehmen mit dem Bischofe. Diesem letzteren wirkt er eben
damals von Herzog; Nikolaus, einem natiirlichen Sohne Konig
Ottokars, der uach des letzteren Tode in den Besitz de&
damals noch zu Mahren gcrechneten troppauischen Gebietes
gekommen war, die Abtretung von Zuckmantel nebst dem
dariiber gelegenen Schlosse Edelstein aus, imd beide Par-
teien kommen iiberein, ihre sonstigen Streitpunkte dem
Schiedsspruche des papstlichen Legaten Philipp Bischofs von -
Fermo zu ilberlassen. Aber das Urteil, welches derselbe
nun unter dem 10. August 1282 lallt, spricht einerseits dem
Herzoge thatsachlich jedes Landeshobeitsrecht iiber das
Kirchenland (abgesehen von einigen besonders namhaft ge-
machten Notfallen) ab und belastet anderseits denselben mit
geradezu unerschwinglichen, dem Bischofe zu entrichtenden
Entschadigungsgeldern , narabch in der Hohe von 5000
Mark Goldes (etwa 3 Millionen Mark unseres Geldes), von
denen auch die Hiilfte, auf die der Legat selbst schncll her-
unterging, noch als ganz mafslos bezeichnet werdeu durfte.
Es war daher kaum zu verwundern, dafs der Herzog
diesem Schiedsspruch sich nicht filgen mochte, seine Giiltig-
keit unter allerlei Vorwanden besti'itt und nach Rom appel-
lierte ; einer seiner Ratgeber aulserte ganz oifen, der Schieds-
spruch sei ein Stab von Rohr, welcher dem die Hand
durchbohren werde, der sich darauf stlitzen wolle. Fast
zwei Jahre Avartete der Bischof; endlich im Marz 1284 liefs
er den Schiedsspruch offentlich bekannt machen, was nun
wieder den Herzog sehr erziirnte. Dem Bischof wurde in
seiner Residenz auf dem Dom in der unmittelbaren Nilhe
des Gegners, der damals das alte Schlofs in der nordwest-
lichen Ecke der Dominsel bewohnte, der Boden zu heifs.
Ein von Anhiingern des Herzogs gegen einen allzu eifrigen
Domherrn unternommener Angriff gab Thomas Anlafs, sich
von Breslau nach dem festen Ottmachau zu fliichten. Von
dort aus erkliirte er dann den Herzog als dem Banne ver-
fallen und gehalten, neben jener in dem Schiedsspruche
festgesetzten unerschwinglichen Entschadigungssumme nun
auch die gleichfalls ganz unerhort hoch gegriffene Kon-
ventionalstrafe von 1000 Mark Goldes (etwa 600 000 Mark
unseres Geldes) zu zahlen. Hierauf erklaren nun unter dem
15. Mai die Oberen der Stifter und der geistlichen Ritter-
orden in Breslau und iiberhaupt im Lande des Herzogs,
sowie eine Anzahl von Pfarrern, sie vermochten im Hinblick
darauf, dafs des Heinrichs BevoUmachtigte ihnen die An-
nahme seiner Appellation durch den papstlichen Stuhl nach-
gewiesen, den Herzog noch nicht als gebannt anzuerkennen
Der Kirchenstreit. 105
und cleshalb jede Gemeinschaft mit demselben abzubrechen,
was ja nicht einmal die Pralaten und Kanoniker des Dom-
stiftes zu thun geneigt seien. Im Interesse der Kirche flehen
sie den Bischof an, auf eine baldige Beendigung des Streites
zu denken. Die Einmiitigkeit^ mit der liier thatsachlich der
ganze Kegularklerus des Landes dem Bischofe entgegenh'at,
hatte wohl auf diesen Eindruck machen konnen, und schwer
fiel auch ins Grewdcht, dais in dieser Opposition auch der
Name jenes schon erwahnten durch vornehme Abstammung^
Gelehrsamkeit und Frommigkeit ausgezeichneten Minoriten,
Heinrich von Brene, nicht fehlte, der eben jetzt aus Demut
trotz des vom Papste ausgesprochenen Wunsches den erz-
bischofliehen Stuhl von Gnesen ausgeschlagen hatte. Aber
an des Bischofs Hartnackigkeit scheiterte alles, auch die
Vermittelungsversuche Bernhards von Kamenz, des frommen
Kanzlers Heinrichs IV., schkigen fehl; Thomas blieb dabei^
er konne ohne die schwerste Schadigung der Kirche von
dem Schiedsspruche der Legaten nicht abgehen.
Freihch konnte er nicht verhindern, dafs in Breslau in
den meisten Kirchen der Gottesdienst auch in Gegenwart
des Herzogs weiter gefeiert wurde, und dafs sogar ein Do-
minikanennonch Wilhelm, genannt Quaz, bei einer Prozession
in der Domkirche ofFentHch es aussprach, der Schiedssprucb
des Legaten sei ungiiltig und der Herzog deshalb nicht als
gebannt anzusehen, auch in diesem Sinne das auf dem
Kirchhofe versammelte Volk anredete. Dagegen vermochten
des Bischofs energische Ermahnungen an die Geisthchkeit
wenigstens einige auf seine Seite heriiberzuziehen , den Abt
des Sandstiftes und den Prior der Dominikaner, wie denn
auch das Domkapitel mit alleiniger Ausnahme von dessen
Haupte, dem Dompropste Zbroslaw, der test zu dem Her-
zoge hielt, auf seiner iSeite stand. Sonst bHeb die Mehrheit
des Klerus, vor allem auch die Weltgeisthchkeit , wo nicht
in offenem Widerspruche mit dem Bischofe, so doch in einer
vorsichtigen Zuriickhaltung, jeder FeindseHgkeit gegen den
Herzog ausweichend.
Der Herzog verbot jetzt geradezu ihm weitere Mahnungen
des Bischofs wegen Erfullung des Schiedsspruches vor die
Augen zu bringen, und wiirdigte den Bischof keiner Antwort
mehr, wohl aber erhob er jetzt seinen Anspruch auf die
(oben erwahnten) 65 Dorfer im Neifseschen und lud den
Bischof in dieser Sache vor das JMannengericht des neifse-
schen Landes, und als der Bischof gegen diesen Laien-
Gerichtshof als ihm nicht anstehend protestierte, soil es mit
dem Kanzler, der den Protest iiberbrachte, zu einer hef-
t06 Zweites Buch. Vierter Abscbuitt.
tigen Scene gekommen sein, in der Heinrich jenem das
Orij^-inal der VoUmaclit gewaltsam entrisseu und ihm dabei
tliatlich zuleibe zu gehen kauni hatte verhindert Averden
kiinnen. Er quartierte sich jetzt in des Gegners Hauptstadt,
Neifse, dauernd ein und angstigte den in dem nahen Ott-
macliau sich aut'haltenden Bischof mit der Furcht, dort be-
lagert zu werden. Und als Thomas dann am 30. Juli es
wagte, die Bannsentenz gegen den Herzog zu erneuern und
alle Orte, wo derselbe sich auf halten wurde, mit dem Inter-
dikte zu belegen, war dessen ganze Antwort die, dafs er
eine glilnzende Versammlung von schlesischen Fursten und
Edehi nach des Bischofs Hauptstadt Neifse zu einem fest-
lichen Turniere einhid und nun hier mit den Herzogen von
Oppeln, Glogau und Troppau, sowie einer grolsen Anzahl
von Rittern vier Tage hindurch Feste feierte, gleichsam unter
den Augen des Gegners, dessen Vorrate aufzehrend imd
seiner Bannstrahlen spottend. Standhaft hielt inzwischen
trotz der Niihe des Feindes der Bischof in seiner Burg zu
Ottmachau aus; aber als er im Frllhling 1285 dieselbe ver-
liefs, um durch eine Reise nach 0})pehi den dortigen Herzog
womoglich fiir sich zu gewinnen, war Heinrich schnell zur
Hand, erzwang am 16. April die Ubergabe des Schlosses
Ottmachau, dessen Befestigungen er bald von Grund aus
zerstorte, und rilckte dann vor die letzte Burg des Bischofs,
Edelstein bei Zuckmantel, um audi dieses alien Protesten
des Gegners zum Trotze einzunehmen, so dafs Bischof Tho-
mas, aus seinem Lande vertrieben, froh sein mufste, in Ra-
tibor bei einem der oberschlesischen Teilfiirsten noch eine Zu-
flucht zu linden. Dieser Mesko, sowie seine Briider Kasimir
und Primko waren in der That die einzigen unter den
schlesischen Fursten, welche es mit dem Bischofe noch hiel-
teu; alle librigen standen rait mehr oder minder Entschieden-
heit auf Heinrichs Seite.
Und wiihrend so der Bischof in immer steigende Be-
drjingnis kam, flihlte er sich doch auch von dem papstlichen
Stuhle ebenso wie von seinem Metropoliten dem Erzbischofe
von Gnesen und seinen polnischen Amtsbrlidern im Stich
gelassen.
Vergebens hatte er bereits im Juni 1284 in Rom eifrig
gedrangt, der Papst moge die Sache so bald als moglich
entscheiden; denn wenn Heinrichs BevoUmachtigter seinen
Wunsch, die Ernennuug besonderer Richter, durchsetze, sei
bei der grofsen Macht des Herzogs er, der Bischof, tot
und die Kirche verloren. Das alles verting iiicht; in Rom
wirkte das Geld, mit dem Heinrich nicht karg war, und
Der Kircheustreit. lOT
die Partei der Minoriten, die mit grofster Entschiedenheit
zmn Herzog hielten, hatte einflufsreiche Freunde; es wurden
wirklich besondere Ricliter fiir den Fall delegiert in der
Person des Erzbischofs von Gnesen, des Abtes von Heinrichau
und des Archidiakons von Leslau, die dann nun A\dederiim
zu einem entschiedenen Auftreten gegen den Herzog nicht
i-echt den Entschlufs fanden.
Eine gewisse Wendung erhielt die Sache erst dadurch,
dafs die grofsen nationaleu Gegensatze, welche, wie bereits
wiederliolt angedeutet wurde^ hier in Sclilesien das Verlialt-
nis der Deutschen wesentlich bestimmten, sich aiich in
diesem Streite geltend machten.
Der erste Anstofs dazu war anscheinend von den Mi-
noriten gekommen. Bei diesen, die sich ja vorzugsweise
aus den unteren Volksklassen rekrutierten, kampfte das pol-
nische Element mit dem deutschen, und es ist uns noch
ein Brief erhalten, in welchem Konig Ottokars Gemahlin
Kunigunde ihrer Base Agnes, der Abtissin von Trebnitz,
Vorwiirfe macht wegen Begiinstigung der deutschen Mi-
noriten auf Kosten der bohmischen und polnischen. Wah-
rend des Kirchenkampfes hatte nun das deutsche Element
die Oberhand gewonnen, und urn dem audi einen aufseren
Ausdruck zu geben, traten damals (etwa 1284) von zAvolf
schlesischen Minoritenkonventen acht, nanilich die zu Breslau,
Brieg, Neifse, Goldberg, Namslau, Sagan, Schweidnitz und
Lowenberg von der polnischen Kirchenprovinz zur sach-
sischen iiber, so dafs nur noch die vier Konvente zu Oppeln,
Ober-Glogau, Grofs-Glogau und Liegnitz bei jener blieben.
Dieser Vorgang rief bei den polnischen Bischofen eine
nicht geringe Aufregung hervor, und dieselben richten nun
von einer im Januar 1285 zu Lenczyc versammelten Pro-
vinzialsynode aus ein bewegliches Schreiben an den Papst,
in welchem sie wiederum die alten Beschwerden liber die in
polnische LandesteUe eingedrungenen Deutschen erheben und
geltend machen, dafs durch diese ebensowohl der papstliche
Stulil um den Peterspfennig als die Bischofe um den besseren
Teil ihrer Zehntrechte kamen, dafs durch sie das polnische
Volk unterdriickt, geringschatzig behandelt und durch Kriege
bedrangt, die Freiheit der Kirchen verletzt und die kirch-
hchen Strafen verachtet Avtlrden.
Ja die Bischofe giugen bald noch weiter •, sie trugen dem
1285 neugewahlten Papst Honorius IV. vor, Heinrich IV.
sei ja ebenso gut wie die iibrigen polnischen Flirsten speziell
dem heiligen Stuhl unterworfen, um so mehr habe der Papst
das Recht, wo nicht die Pflicht, gegen den hartnacldgen
108 Zweites Bucb. Vierter Abschnitt.
Verachter und Bedriinger der Kirche, der schlimmer als
Pharao sei, ernstlich vorzugehen, ein materielles Schwert
gegeu ihn anzuwenden, einen weltliclien Arm gegen ihn zu
bewaflfnen. Man sieht^ wenn seiner Zeit Thomas I. zum
grol'sen Verdrusse seiner polnischen Amtsbriider fiir Schlesien
eben mit Kllcksicht auf die hier vollzogene Germanisation
eine besondere Praxis in kirchlichen Diugen zugestanden
hatte, so trieb jetzt der groi'se Kirchenstreit dessen Nach-
folger wdeder ganz ins polnische Lager, und um diesen Preis
erkaufte er eifrigen Beistand seitens der polnischen Bischofe.
Freilich materiell ward zunachst sehr wenig erzielt:
Heinrich IV. ging mit fm-chtbarer Energie vor. Er belegte
alles Eigentum und alle Einkilnfte des Bischofs und der
ihm verbiindeten Domherren mit Beschlag , vertrieb alle
Pfarrer, welche des Bischofs Edikte zu publizieren und aus-
zufuhren wagten, und setzte ihm ergebene Geistliche an deren
Stelle, verbot auf das sti-engste, einem der Anhanger des
Bischofs Obdach zu gewahren oder ihnen Nahrungsmittel zu
geben resp. zu verkaufen. Als der Propst von Czarnowanz
eine Botschaft des Bischofs nach Breslau brachte, ward er
in dem Kloster seines Ordens bei St. Vincenz von Soldaten
des Herzogs liberfailen, ausgepliindert und daun aus der
Stadt getrieben.
Auch von den durch den Papst ernannten Kichtern
hatte der eine, der Abt von Heinrichau, aus Scheu vor dem
Herzoge sich seines Amtes entbinden lassen. Seine Kollegen
batten nun zwar im Friihhng 1285 die bischoflichen Bann-
sentenzen bestatigt, und auch Papst Honorius IV. hatte
unter dem 28. Marz 1285 die feierliche Verkiindigung der
gegen Heinrich IV. ausgesprochenen Exkommimikation, so-
wie des ilber sein ganzes Land verhangten Interdiktes be-
fohlen. Indessen , nachdem sich zur Genlige herausgestellt
hatte, dafs die kirchlichen Strafen dem miichtigen Fursten
gegeniiber vollkomraen wirkungslos bheben, woUte das nicht
allzu viel besagen. Allerdings wufste der Bischof weitere
Mafsregeln vorzuschlagen. Er riet (unter dem 16. Januar
1287), der Papst moge die Unterthanen des Herzogs von
ihi'en geleisteten Eiden entbinden, das Kreuz gegen den
Herzog predigen lassen und die nachsten Erben Heinrichs,
die Fursten von Liegnitz und Glogau, zu VoUstreckern
der papstlichen Urteile ernennen und zwar mit dem Hinzu-
fugen, dafs, wenn sie sich dieses Auftrags weigerten, andere
auswartige Fursten damit betraut werden sollten. Aber vor
solchen Extremen schi-eckte man doch in Rom zuriick, um
so mehr, da Heinrich sich fortwahrend zum Frieden geneigt
Der ELirchenstreit. 109
zeigte und die von deu papstlichen Bevollmachtigten ange-
knlipften Unterhandlungen nur an der Hartnackigkeit des
Bischofs scheiterten , obwohl selbst der Erzbischof von
Onesen ihm zu einer groiseren Nachgiebigkeit riet. Denn
wahrend der Herzog sich znr Herausgabe des kirch-
lichen Eigentums und zum Schadenersatze bereit erklarte,
wollte Thomas jenes Forderung, dafs bis zum voUstan-
digen Abschlusse des Vergleichs das Interdikt suspendiert
werden und demgemafs auch die von dem Herzoge be-
rufenen Pfarrer weiter ihr Amt verwalten sollten, nicht ge-
wahren.
An seiner Unbeugsamkeit scheiterten die Unterhand-
lungen, welche (1287) Herzog Boleslaw von Oppeln im
Vereine mit dem Bischofe von Samland und dem papst-
lichen Kapellan Adam ins Werk setzte, ebenso wie die,
welche dann Herzog Heinrich von Liegnitz versuchte. Im
Gegenteile ging Thomas immer nur noch weiter, schleuderte
immer neue Bannstralilen gegen die Anhanger seines Wider-
sachers und erhob schliefslich unter anderm als Vorbedingung
jedes Vergleichs auch die Forderung, dafs der Herzog die
im Kirchenlande (d. h. also wohl auf dem von Heinrich
beanspruchten Terrain des ehemahgen Grrenzhages) neu
hergestellten Aussetzungen von Dorfern zu deutschem Rechte
wieder riickgangig mache, die neuen Ansiedler austreibe und
die Polen zurilckrufe.
Das Sclieitern dieser Friedensvorschlage hatte nun ein
weiteres Voi'gehen des Herzogs zur Folge. Unter dem
14. April 1287 verlangt er von Herzog Mesko, derselbe
solle, wofern er sein Freund bleiben wolle, dem Bischof
nicht langer in seinem Lande eine Zuflucht gewahren, und
als Mesko zogert, zieht er (etwa im Herbst oder Winter
1288) selbst mit Heeresmacht gegen ihn und belagert Ra-
iibor. Dafs die Stadt sich auf die Lange nicht halten
konnte, lag auf der Hand, und dem Bischofe blieb kaum
noch etwas anderes iibrig als Ergebung oder der Yersuch
einer heimlichen Flucht. Bischof Thomas wahlte die erstere,
die er dann mit grofser Feierlichkeit in Scene setzte. In
vollem Ornate, umgeben von seinen Domherren, zog er in
das Lager des Herzogs. Der grofsmiitige Sieger, ge-
rlihrt durch die endliche Unterwerfung des hartnackigen
Gegners, kam ihm entgegen, beugte ehrfurchtsvoU das Knie
vor dem Kirchenfilrsteu , und die langjithrigen ei'bitterten
Feinde tauschten den Kufs des Friedens aus. Ein darauf
folgendes langeres Gesprach in der Nikolaikirche besiegelte
die Versohnung und die Unterwerfung des Bischofs, wie
l\Q Zweites Buch. Vierter Abscbnitt.
eine solche ja aus der ganzen Lage der Dinge mit einer
gewissen Notwendigkeit tblgen mufste.
HeiDrich I^^ gab, wozu er sich immer bereit erkljirt
hatte, alles Avieder heraus, was er dem Biscliofe abgenonimen,
wahrend dieser Baiin vmd Interdikt aut'hob und in die auch
vom Herzoge erlassene allgemeine Amnestic willigte. Die
Erledigung der streitigen Punkte hat man unzweitelhaft
weiteren Verhandlungen und zu erwahleuden Scliiedsrichtern
vorbehalten, wenn audi vielleicht versohnliche Versicherungen
bei jener Aussohnung ausgetausclit worden sind. Die Haupt-
sache vielleicht war, dais von jenen ungemessen hohen Geld-
anspriichen, iiber welche thatsachlich der ganze Streit ent-
brannt war, nachdem sie einst, wie wir wissen, jener Schieds-
spruch des Legaten Philipp von Fermo dem Bischofe zu-
erkannt hatte, anscheinend gar nicht mehr die Rede gewesen
ist. Das Fallenlassen derselben bezcugt entschiedener als
etwas anderes das thatsachliche Nachgeben der geistlichen
Gewalt.
Beide Telle griindeten iibrigens nach der Versohnung
geistlichc Stiltungen, der Bischof ein Kollegiatstift in der
Stadt, die ihm so lange als Zuflucht gedient hatte, in Ra-
tibor, und zwar bezeichnend genug zur Ehre des heiligen
Bischofs Thomas von Canterbury, des standhaften Vorfech-
ters der kirchlichen Gewalt gegeniiber der des Staates, der
Herzog ein gleiches zu Ehren des heiligen Kreuzes auf
dem Territorium der alten furstlichen Burg auf der Bres-
lauer Dominsel, dessen Kirche noch heute in ihi'cr ursprling-
lichen Gestalt erhalten ist. Das Stift, reich dotiert, auf fiinf
Pralaturen und zwolf Kanonikate berechnet, deren Besetzung
der Herzog dem Bischofe iiberliefs, zeigte von der Frei-
gebigkeit des Grllnders und wenngleich die umfangliche
Stiftungsurkunde vom 11. Januar 1288 keineswegs so gefafst
ist, dais sie etwa, wie dies bei geisthchen Stiftungen des
Mittelalters sonst nicht ungewohnlich ist, eine bul'sfertige
Gesinnung des Ausstellers, oder den Wunsch, fiir begangenes
Unrecht Genugthuung zu leisten, zum Ausdruck brachte, so
konnte thatsachhch doch Bischof Thomas in den Pfriinden,
welche ihm die Ratiborer wie die Breslauer Stiftung zur
Veriiigung stellte, Mittel linden, um Anhanger, welche wah-
rend des Kirchenstreites um ihre Stellen gekommen waren,
nun wieder zu belriedigen.
Erobemng Krakaus.
Als Heinrich seinen Frieden mit dem Bischofe machte,
beschaftigten ihn offenbar bereits andere weitaussehende
Die EroberuDg Krakaus. lit
Entwiirfe. Waren unsere Quellen nicht so klaglich arm,
wir wiii'den sicher davon erfahren, dafs miser Herzog die
polnischen Angelegenheiten mit grofser Aufmerksamkeit ver-
folgte und nach dieser Seite hin nur auf eine Gelegenheit
wartete, um in die Ful'stapfen seines Abuherrn Heinricli I.
zu treten.
Als er 1288 das Kreuzstift grlindet, erklart er, diese
Stiftung zu machen speziell zum Seelenlieile seiner ver-
storbenen Oheime, des Erzbischofs Wladyslaw von Salzburg,
des Konigs Ottokar von Bohmen und des Herzogs Boleslaw
vonKrakau, — eine Anfuhrung, die darauf liinzudeuten scheint,
dais er wie von den beiden ersteren (von Kcinig Ottokar
hatte er ja die Grafschaft Glatz geerbt) so auch von dem
letzteren sich als Erben ansab. Dieser Boleslaw von Krakau,.
der Schambafte genannt, derselbe, dessen Vormundschaft
einst Heinrich I. gefiihrt, und der zur Zeit der Gefangen-
scbaft Heinrichs IV. sicli i'iir diesen mit bemiiht batte, war
1279 Idnderlos gestorben.
Wenn damals Heinrich IV. sein Erbrecht nicht geltend
machte, sondern den Thron Krakaus auf eineu Enkel jenes
aus friiherer Zeit uns bekannten Konrads von Masowien,
Lesko den Schwarzen, ubergehen liefs, so ist dies wahr-
scheinlich auf den Wunsch der deutschen Partei in Krakau
geschehen, AA^elche eben in Lesko einen Beschiitzer erblickte.
Da nun aber auch Lesko kinderlos blieb, wandten sich die
Augen der Deutschen ganz naturgemafs auf den ange-
sehenen schlesischen Herzog als kiinftigen Herrscher. Wir
diirfen sicher sein, dafs Verbindungen von Krakau aus
mit den Breslauern wie mit ihrera Herzoge sich ange-
sponnen batten, denen vielleicht selbst Herzog Lesko nicht
fernstand.
In der That bestand in dem sildlichen Polen eine mach-
tige deutsche Partei ; nicht nur in den damals noch zu Schlesien
gerechneten, heute galizischen Orten Auschwitz und Zator,
sondern auch in den Hauptorten des Landes, Krakau und
Sendomir, sowie der durch ihre Salzbergwerke schon friih
reich gewordenen Stadt Bochnia bestanden deutsche Gemein-
den unter deutschem (Magdeburger) Stadtrechte ; und speziell
in Krakau lag nicht nur der Handel fast ausschliefslich in
den Handen von Deutschen, sondern auch in den Kreisen
der gewerbetreibenden Biirgerschaft der Handwerker herrschte
diese Nationalitiit vor. Vor allem die Kaufmannschaft stand
in engster Beziehung zu Breslau, und dessen Einwohner
mufsten einen ganz ungemeinen Vorteil darin erblicken, wenn
es gelang, in der wichtigsten Station ihres polnischen Handels,
112 Zweites Buch. Vierter Abschuitt.
der alten Weichselhauptstadt eine deutsche Herrschaft ein-
zurichten und fest zu griinden.
Zu einer darauf zielenden Unternehmung ihren Fiii'sten
zu ermuntern und ihin filr solchen Zweck die eifrigste Hilfe
und Unterstiltzung zuzusagen, lag diu'chaus im Interesse der
Breslauer.
Am 30. September 1288 starb Herzog Lesko der
Schwarze, Herzog von Krakau, kinderlos, und dies gab fiir
Heinrich das Signal zu der Unternehmung gegen Polen.
Allerdings sclnen auch der junge Bohmenkonig W^enzel II.
sein Auge auf Krakau geworfen zu haben, und wenn wir
denselben 1289 einen der oberschlesischen Teill'iirsten , Ka-
simir von Oppeln, nicht lange nach dem Tode Leskos be-
wegen sehen, sich der Krone Bohmen zu unterwerfen, so
scheiut dies eiu Schritt nach Polen liin.
Sicherheit nach dieser Seite hin suchte Heinrich zunachst
in einem gegen den Bohmenkonig gerichteten Blindnisse mit
Wladyslaw von Ungarn; doch mochten die Deutschen in
Krakau, die Herzogin - Witwe an ihrer Spitze, die Feind-
schaft gegen den Konig Wenzel, in dem sie gleicht'alls einen
Beschiitzer ihrer Interessen erblickten, sehr ungern sehen,
und da einerseits Herzog Heinrich kinderlos war, anderseits
es diesem ebensowohl wie seinen geti'eueu Breslauern ein-
leuchten raochte, dais, um die angestrebte Verbindung Ki*a-
kaus mit Schlesien auf die Dauer den Polen gegeniiber zu
behaupten, eine grofse Macht notweudig sein werde, so kam,
wir wissen nicht unter Avelchen Umstanden, schliefslich zwi-
schen AVenzel und Heinrich IV. ein Vertrag zustande, wel-
cher dem Bohmenkonig die Nachfolge in den Landen des
schlesischen Herzogs zusicherte.
Wahrend nun in Krakau der Adel im Einverstandnisse
mit dem Bischofe Paul den Vetter des verstorbenen Herzogs,
Boleslaw von Masowien, zum Nachfolger erwahlt, ruft die
deutsche Partei Herzog Heinrich IV. um Beistand an. Der-
selbe eilt herbei, die mJichtige Zunft der Fleischer ofFnet
ihm die Thore der Stadt, Sulko von Meseritz liefert auch
die Burg in seine Hande, und in der alten polnischen Konigs-
stadt gebietet ein deutscher Fiirst. Im Gefiihle einer ge-
wissen Sicherheit kehrt Heinrich, der jetzt den Titel eines
Herzogs von Krakau und Sendomir annimmt, nach Breslau
zuriick, und lalst auch sein Heer, vermutlich mit Zuriick-
lassung einer Besatzung, in Krakau durch die Herzoge
Primko von Steinau und Boleslaw von Oppeln nach Schle-
sien heimfiihren.
Doch jene Sicherheit erwies sich als sehr triigerisch,
Die Eroberung Krakaus. 113
auch die Poleu hatteu im stillen gerilstet, der polnische
Thronkandidat Herzog Boleslaw im Vereine mit dem Bru-
der Leskos, Wladyslaw, mit dem Beinamen Lokietek der
Ellenlange, dessen kleiuer Korper jedocb ein tapferes Herz
einschlofs, griffen am 26. Februar 1289 das Heer der Schlesier
bei Siewierz unvermntet an und rieben dasselbe gauz auf.
Boleslaw von Oppeln ward verwimdet gefangen, dem jimgen
Herzog Primko bereitete die Wut der Feinde, als er bereits
-entwaffiiet vor denselben stand, einen grausamen Tod.
Wladyslaw beeilt sich nun vor Krakau zu riicken und
gewinnt auch wirkbcb die Stadt. Aber aucb die Schlesier
riisten ein neues Heer, welches tapfer bis in das Krakauer
Oebiet vordringt, aber dann zweimal, bei Skala und Swietnice,
den Sti-eitkraften der Gegner unterliegt.
Jetzt ergiefsen deren Schwarme samt den barbarischen
Euthenen, welche in dem Polenheere als Hill'svolker dieuen,
plilndernd und verwiistend sich liber Oberschlesien. In
Ratibor wehrt die Tapferkeit der Burger den AngrifF ab,
-doch bis in die Gegenden von Neifse und Grottkau er-
strecken sich ihre Raubziige. Aber auch die Schlesier riisten
von neuem. Wii' sahen bereits, wie Fiirsten aus Nieder-
und Oberschlesien Heinrich IV. Heeresfolge leisten, und vor
alien zeigen sich jetzt die Breslauer opferwilHg in einer
Sache, die ihnen schon ihr Handelsinteresse besonders nahe
ans Herz legt. Sie stellen allein 3500 Mann und 1200
AVagen fiir den Transport und aufserdem noch 100 Wagen
mit Belagerungswerkzeugen, und wahrend den Herzog Hein-
rich IV. selbst Krankheit an Breslau fesselt , fiihrt sein
gleichnamiger Vetter von Liegnitz das Heer seines damaligen
Gegners gegen den Feind und wiederum zum Siege.
Am Tage des heiligen Bartholomaus , den 12. August
1289, schlug er die Polen und drang nun unaufhaltsam ge-
gen Krakau vor. Nachdem viele polnische Hitter gefallen
sind, wird die Stadt im Sturm erobert, Bischof Paul ge-
fangen genommen; sein Sclaicksal wiirde auch Wladyslaw
Lokietek geteilt haben, batten ihm nicht die Minoriten heim-
liche Fiucht in Monchstracht ermoglicht. Die Herrschaft
Heinrichs IV. erscheint nun auf die Dauer gegriindet, sie
wird bezeichnet durch die Aussetzung der Salzstadt Wie-
liczka zu deutschem (franldscheni) Rechte.
Aber den Herzog selbst qualte indessen schweres Siech-
I turn, welches das Geriicht wiederum (wie bei seinem Vater
und Oheime) auf eine Vergiftung zuriickzufiihren gescbaftig
"war. In der Johannesnacht (24. Juni) 1290 starb er und
ward in der schonen von ihm gegrlindeten Kreuzkirche vor
: Grunhagen, Gescb. Schlesiens. I. 8
114 Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
dera Hochaltare beigesetzt , wo sich bald eiii stattliches
noch heute dort vorhandenes Denkmal iiber seinem Grabe
erhob.
^lit ihm geht die grofse Zeit der schle«ischeu Geschichte,
welche eiust am Anfange des 13. Jahrhunderts durch Heiu-
rich I. begonnen, dann diirch das Unheil des Mungolen-
einlalls unterbrochen und nun diu'ch Pleinrich IV. erneuert
Avorden war, zu Ende, die Zeit, wo die deutschen Fiirsten
Schlesiens einen bestimmenden Einfluls aut" die Gesehicke
des gesamten Polenlaudes auslibten, und die Hoffnung, die
Grenzen des von deutsehem Leben eiiilUten, von deutschem
Einflusse beherrschten Gebietes von der Oder bis an die
obere Weichsel und ilber dieselbe vorzuscliieben und die
alte polnische Hauptstadt zu einer Vorburg des Deutschtums
zu macben, ihrer Eriullung nahegerilckt schien.
Es Avar fiir derartige Plane A'erhangnisvoll, dais Mechthild
von Brandenburg ihrem Gemahl keinen Erben besciiert
hatte, aber wirklicb entsclieidend Avurden erst die hciehst
merkwilrdigen Vorgange, die am Totenbette Heinrichs IV.
gespielt haben miissen, und bei denen AAur allerdings nur
A'on den nach aufsen tretenden Tliatsachen etAvas Avissen,
Avahrend den Werdeprozefs derselben ein dichter schAverlich
mehr zu liiltender Schieier bedeckt.
Heinrich starb, wie bereits erAviihnt, in der Naclit vom
23. zum 24. Juni 1290. Vom 23. Juni, also streng ge-
nommen des Herzogs Todestage, datiert nun ein grofses
Privileg des Herzogs, in Avelchem derselbe unter der aus-
driickliclien Erklarung, sioli bei gutem Verstande zu be-
finden, definitiv alle herzoglichen Rechte, d. h. die voUe
Landeshoheit iiber die Gebiete A^on Neilse und Ottmachau,
dem Bisehofe von Breslau resp. dessen Nachfolgern abtritt,
ebenso eine Reihe von bisber strittig geAvesenen Giitern r»st-
lich A^on Nan;slau, sudlicli von Reiclithal, von denen nach-
mals der Skorischauer Halt librig goblieben ist, und dazu
zuriickgiebt „nlle Besitzungen und Giiter, Avelche durch
seinen Vater, seinen Olieim oder durch ihn bei seinen Leb-
zeiten unrechtmaisig in Besitz genoramen Avorden seien^'.
Es kann niemandem entgehen, dais dieses PriA'ilegium
im Grunde alles aufgab, was der Herzog in dem grofsen
sechs Jahre hindurch mit solcher Energie geluhrten und
siegreich zu Ende gebrachten Kirchenstreite behauptet und
A'erteidigt hatte, unci ganz unerhort ist die zuletzt angefiihrte
Verfiigung, Avelche so ganz kurz und unbestimmt die Riick-
gabe aller A'on dem Herzoge selbst oder seinem Vater und
Oheime jemals der Kirche entzogenen Giiter in Aussicht stellt
Heiiirichs IV. letzte Verfiigiingeu. 115
und damit ungemessenen mid in der That kaum erfiillbaren
Anspriichen Thiir und Thor ofFnet. Wir dlu'l'en so viel als
ganz unbestreitbar annehmen, dafs eine solche Verleugnung
aller der Grundsatze, die Heinricli wahrend seiner Regie-
rungszeit so entschieden ausgesprochen nnd zur Geltung ge-
bracht hat, denkbar erscheint nur unter der Voraussetzung
einer vollkommenen Sinnesanderung dieses Fiirsten.
Indessen wer vermochte zu behaupten, dafs eine solche
Sinnesanderung angesichts des Todes und seiner Schrecken
unm(3ghch sei '? A¥ir werden diese Moglichkeit um so we-
niger von uns weisen konnen, als eine Aufserung seines
Nachfolgers es bestatigt, dafs Heinrich IV. vor seinem Tode
und im Hinblicke darauf, dafs er in kurzem vor den Richter-
stuhl Gottes treten solle, die Plerausgabe der von ihm der
Kirche entzogenen Besitztlimer befohlen habe. So viel
scheint festzustehen , dafs das Ohr des Herzogs in seinen
letzten Stunden Personen offen stand, welche vor allem das
Interesse der Kirche zu wahren beflissen waren und den
Sterbenden in diesem Sinne zu sehr weitgehenden Zusagen
vermocht haben.
Eine andere Frage ist es, ob mit den uns noch heute
vorliegenden diese Zusagen enthaltenden Urkunden alles in
Ordnung ist, ob die Barone, mit deren Zustimmung die-
selben gegeben worden sein sollen, wirklich zugestimmt haben,
ob ]e der Kanzler des Herzogs dessen Siegel an diese Ur-
kunde gehangt hat. Aber wenn dies auch zweifelhaft bleibt,
so steht doch so viel fest, dafs jenes grofse Kirchenprivileg
Heinrichs IV. , wii3 wir dies noch weiter sehen werden,
seinem wesenthchsten Inhalte uach anerkannt worden ist,
und dafs thatsachlich die Landeshoheit der Bischofe von
Breslau tiber das neifse - ottmachauische Gebiet auf diesem
Privilege fufst.
Aber noch etwas anderes kaum minder Wichtiges hing
hiermit eng zusammen.
Es hat ja wohl die Urheber des Kirchenprivilegs locken
konnen, einen Gemiitszustand , dem man so weitreichende
Bewilligungen abzugewinnen vermocht hatte, noch weiter zu
benutzen, und so ist denn von dem Sterbebette Heinrichs IV.
unter dem Namen eines Testamentes dieses Herzogs noch
ein zweites Dokument ausgegangen, eine Reihe von Ver-
tilgimgen enthaltend, die vielleicht noch mehr als die des
Kirchenprivilegs iiberraschen konnten.
I Der Herzog vermacht in diesem seinem sogenannten
i Testamente seine schlesischen Lande und speziell das Bres-
I lauer Land seinem Vetter Heinrich von Glogau, das Land
116 Zweites Buch. Vierter Abschnitt.
Ki'ossen seinem Schwestersohne, dem Landgrafen Friedrich
von Thiiringen; das Glatzische giebt er dem Konige von
Bdhjiien zuriick imter der Bedingung, dafs derselbe, ohne
weitere Anspriiche zu erlieben , des Herzogs Erben in
Schlesien gegen weitere Angriffe verteidige, Krakau aber
vind Sendomir an Primko von Grofspoleu. Aulserdera soil
die Geburtsstatte des Herzogs, die herzogliclie Burg aut' dem
Dome mit ihrem Umkreise, zur Griindung eincs Nonnen-
klosters von Cistercienserinnen verwendet werden, welches
aut" verschiedene namentlich angetuhrte herzogliche Einkiinfte
in den Gebieten von Nimptsch und 01s fundiert wird. Eine
Anzahl Legate ausschliefslich fiir geistliche Stiftungen scliliefst
sicli hier an. Die Ausfiihrung des Testamentes wird dem
Bischofe iibertragen.
Dieses Testament darf uns wolil iiberraschen. Wis Avir
wissen, hatte Heinrich sein Land vertragsmafsig dem Bohmen-
konig zugesichert ; diesen Vertrag ignoriert die vorliegende
Urkunde vollstandig. Aber selbst wenn wir annehmen,
dafs jener Erbvertrag mit Bohmen, dessen Wortlaut wir ja
nicht kennen, nicht in dem Mafse, wie man wolil glauben
konnte, bindend gewesen sei, wiirde man immer noch eher
erwarten, einen andern Vetter des Erblassers, Herzog Hein-
rich von Liegnitz, den siegreichen Fiihrer seiner Heere, den
Eroberer Krakaus, zum Universalerben ernannt zu sehen, als
gerade den Glogauer Herzog, der, so \del wir wissen, an
Heiurichs IV. UnternehmniTgen nicht den mindesten An-
teil genommen hat. Vielleicht noch auffallender mufs der
Verzicht auf Krakau und Sendomir zugunsten eines pol-
nischen Herzogs erscheinen. Nachdem dieser Besitz erst
' kui'z vorher mit so Adelem Blutvergiefsen, so grofsen Upfern
erkauft worden war, hatte eine testamentarische Bestimmung,
welche den Interessen der deutschen Partei in Krakau
«benso wenig wie denen der getreuen und opferwilligen
Breslauer irgend welche Beriicksichtigung gewahrte, etwas
sehi' Befremdhches. Dieses Testament bringt eben und \ael-
leicht in noch hoherem JMafse als das Kii'chenprivileg eine
vollstandige Umkehr, eine ganzliche Anderung aller Gesin-
nvmgen bei dem Herzoge zum Ausdrucke, eine Verleugnung
alles dessen, was wir ihn wahrend seiner Regierung er-
streben und vollfiihren gesehen haben.
Welche Einfliisse zu einer derartigen Verfugung gedrangt
haben, darllber kann kein Zweifel obwalten. Dieselbe ist
nur die weitere Konsequenz des Ku'chenprivilegs und
steuert augenscheinlich in demselben Fahrwasser; beide Ur-
kunden sind hervorgerufen durch die Erfahrungen des
Heinrichs IV. Tod. 117
grofsen Kirchenstreites und den Wunsch^ solchem ins kiinf-
tige vorzubeugen.
Die ilble Folge hatte ja der Kirchenstreit gehabt, dais
er den Bischof von Breslau wiederum an die Interessen
der polnischen Pralaten gekettet und in deren Gemeinschaft
zurilckgedriingt hatte. Diese Bundesgenossenschaft verlangte
gebieteriscli im nationalen Interesse die Trennung Krakaus
von Breslau, und dieselbe Rucksiclit ebenso wie der Wunsch,
nicht wiederum einem allzu machtigen Fiirsten sich gegen-
iiber zu sehen, verlangte die Ablehnung der bohmischen Erb-
folge. Die Verdrangung der Aveltlichen Herrscliaft von der
Dominsel zu Breslau war dann eine weitere gleichfalls durch
den Kirchenstreit nahegelegte Forderung der Kirche.
Wie wir im Folgenden noch uiiher sehen werden, ist
das Testament in seinem ganzen Umfange nicht zur Aus-
fuhruug gekommen; aber wirkungslos ist es deshalb nicht
geblieben, vielmehr ist wesentlich infolge dieses Testamentes
eine Situation geschatfen worden, welche eine Verbindung
von Breslau und Krakau unter demselben Scepter unmog-
lich machte und in Schlesien unheilvolle Kampfe und eine
beklagenswerte Zersplitterung des Landes herbeifuhrte , so
dafs es in der That schwer fallt, einen Standpunkt zu finden,
von dem aus man die geistlichen Einflilsse, welche am
Sterbebette Heinrichs IV. sich geltend gemacht haben, als
fur die Wolillahrt des Landes erspi'iefsHch ansehen konnte.
Fiinfter Abschnitt.
Die Sohne Boleslaws II., Heiiirich V. von Breslau-
Liegiiitz imd Bolko I. von Schwcidnitz - Jaiier.
Wir Avissen nicht, welche Verdienste sich Herzog Hein-
rich von Glogau um die bischofliche Partei erworben, oder
wodurch er sich bei dieser so beliebt gemacht hat, dafs man
ihm das schlesische Erbe zudachte; aber gewifs ist, dafs er
bei dem Tode des Herzogs bereits in Breslau bereit war,
das Erbe anzutreten. Als Heinrich IV. in der Kreuzkirche
beigesetzt war, vermutlich am 25. Juni, fand tags darauf in
derselben Kirche eine feierhche Seelenmesse flir den Ver-
118 Zweitcs Buch. Fiint'ter Abschuitt.
storbenen statt, und bei dieser ward daun vor einer Ver-
sammlung von Vasallen und Vcrtretern der Breslauer Biir-
gerscliaft das neue grofse Kircheiiprivileg verlesen, oliue
dais, wie es heifst, sich Widersprucli erhob, und Bischof
Thonuis bcdrohte jedeu mit dem Banne, dcr fortan diesen
crlaug-ten Freiheiten zu uahe treten wiirde.
Bei dieser Versammlung waren, wie es in der vom
27. Juni ausgestellten ersten Beglaubigung des Kircheu-
privilegs heifst, zwei der in des Herzogs Testamente zu
Erben eingesetzten Fiirsten mit anwesend, alio aiifser lleiu-
rich von Glogau vermutlicli der Landgraf Friedrich; die-
selben galten also sclion als Erben, wenn wir gleich von
einer eigentlichen Proklamierung des Testaments nichts er-
fahren.
Unsere einzige chronikalische Quelle iiber diese Er-
eignisse erzahlt den Hergang in folgender Weise: „Kach
dem Tode des biderben Herzogs gab es einen grolsen Streit,
indem die einen Heinrich von Glogau zum Herzoge liaben
wollten, mit Rllcksicht darauf, dafs Heinrich IV. so vor
seinem Tode in gewisser Weise, wenngleicb nicht vollgliltig,
verfugt hatte, einige aber ihn nicht mochten, da sie wufsten,
dafs er nicht eben friedfertig gesinnt sei und, Avie es hiefs,
nicht zuverlassig in dem, was er sagte."
Die Breslauer scheinen vom ersten Augenblicke an ent-
schlossen gewesen zu sein, den Glogauer Herzog nicht anzu-
erkennen. Sie riisten sich mit dem Aufgebot aller Krafte
zur Abwehr, bewaffnen die Biirgerschaft und besetzen die
Thore mit starken Wacheu, fahren Steine darauf und schei-
nen selbst nach Uberwaltigung der Tliore vor einem
Kampfe in den Strafsen nicht zuriickgebebt zu sein; vmter
Androhung schwerer Strafen gebietet der Rat die Bewachung
der einzelnen Hauser mit Armbriisten und Steinen. Inso-
fern es kaum zweifelhaft erscheint, dafs der Erbvertrag
Heinrichs IV. mit Wenzel von Bohmen seiner Zeit unter
Zustimmuug der Breslauer erfolgt ist, mufsten diese jotzt
darauf gefafst sein, unter bohmische Herrschaft zu kommen,
und es ist auch wahrscheinlich, dafs sie, wenn damals der
Bohmenkonig es verlangt hatte, ihre Huldigung nicht ge-
weigert hatten; doch nun driingte die Zeit. So nahmen sie
denn den Liegnitzer Herzog, der sie ja das Jahr vorher zum
Siege gegen die Polen gefuln-t hatte, als dieser damals nach
Breslau kam, mit Freuden auf, moglicherweise zunachst nur
als Fiihrer.
Mit seiner Ankunft gab Heinrich von Glogau, der bisher
auf der Dominsel verweilt hatte, fiir jetzt das Spiel auf und
Heinrichs Y. Kegierungsautritt. 119
raumte das Feld. Aber audi die bischofliche Partei mochte
wohl eiiisehen, dafs bei der Stimmung dei' Breslauer es
kaum gelingen konne, don Herzog von Grlogau hier als
Herrn einzafiihren, und da, -wemi dies einmal nicht wohl
erreicbbar schien, die Erbfolge Heinrichs von Liegnitz immer
noch als kleineres Ubel augesehen werden durfte als die
bohmische Herrschaft, welche ja doch die den polnischen
Bundesgenossen besonders verhafste Verbiudung Breslaus
und Krakaus ermoglicht haben wiirde, so kam es zu einem
Vergleiche im wesentlichen auf der Grundlage, dafs der
Bischof das Testament im grofsen und ganzen fallen liefs
und sich der Succession Heinrichs von Liegnitz nicht wider-
setzte unter der Bedingung der Anerkennung des grofsen
Kirchenprivilegs.
Unter Avelchen ErAvagungen sich die Breslauer in den
Gedanken gefunden haben, auf die bohmische Erbfolge als
die einzige Kombination, welche ihnen die Verbindung mit
Krakau, an der ihnen ja so viel lag, und filr die sie so grofse
Opfer gebracht batten, zu verzichten, das wissen wir nicht;
gewifs ist so viel, dafs sie einmiltig Herzog Hemrich von
Liegnitz als ihren neuen Herrn anerkannteu. Heinrich V.,
wie er sich jetzt nannte, erklart in dem erst en Privileg,
welches er den Breslauern ausstellte, seinen lieben und ge-
treuen Biirgern sowie den Vasallen des Herzogtums ver-
danke er nlichst Gott allein die Erlangung dieses Be-
sitzes.
Der Minister Heinrichs IV., der Propst Bernhard von
Kamenz (in der Ober - Lausitz) , dessen Ratschlagen dieser
Fiirst, wie wir annehmeu dlirfen, in seinen letzten Lebens-
jahren vielfach gefolgt ist, scheint sich noch mit weiteren
Hoffnungen fiir die bohmische Nachfolge getragen zu haben :
er begiebt sich an den Hof Konig Wenzels, bei dem er
auch bald zu hohem Ansehen gelangt, und wahrscheinlich
unter seinem Einflusse lafst sich dieser dann im September
1290 von seinem Schwiegervater , dem romischen Konige
Rudolf von Habsburg, sein Erbrecht auf Schlesien und
Breslau erneuern und diese Lande als Reichslehen sich zu-
sprechen.
Weitere Folgen hatte das allerdings jetzt nicht; vielmehr
scheint es, dafs Wenzel rait dem neuen Herren von Breslau,
von dem er vielleicht irgendwelche Zusagen fur die Zukunft
empfangen hat, in ein durchaus freundliches Verhaltnis trat ;
er sichert ihm und dessen Bruder Bolko, dem er ja, wie
wir noch anzufiihren haben werden, schon frliher naher ge-
standen hatte, seinen Beistand gegen etwaige Feinde zu,
120 Zweites Buch. Fiinfter Abschnitt.
unter cler einzigen Bedingung, dais die Herzoge die Kosten
dieses Beistandes zu tragen haben sullen.
Desto eifriger nahm aber Koiiig Wenzel seine polnischea
Plane auf, zu deren Durchfiihi'ung nun die Botmiifsigkeit
der oberschlesist'hen Teill'ursten unerlai'slich schien. Kasimir
von Beuthen war, Avie wir wissen, bereits seit 1289 Lehens-
mann der bolunischen Krone, jetzt fanden sich nun im
Januar 1291 auch dessen beide BriAder, Mesko von Teschen
und Boleslaw von Oppeln, in Olmiitz bei dcm Konige ein,.
diesem Heerfolge in dem bevorstehenden Kanipte in feier-
licher Form auf ein Stllek vom Kreuze Chri:>ti zu geloben.
Zu dem grofseu Zuge, den dann im August 1292 Konig
Wenzel gegen Krakau uuternahm, sammelten sich im Landfr
des Herzogs von Oppeln die bohmischen Kriegsscharen.
Hier, also wahrscheinlich in Oppeln, Avird Konig Wenzel
von Markgraf Otto dem Laugen mit dem liittersehwerte
umgilrtet, und hier nahmen nun auch die oberschlesischeu
Herzoge ihre Lande feierlich von Bcilunen zu Lehen; ein
unter Mitwirkung der Schlesier erfochtener vollstandiger Sieg
iiber Wladyslaw Lokietek, der diesen selbst samt seinem
Bruder in bohmische Gefangenschaft filhrte, befestigte die
Herrschaft Wenzels in Krakau. Die Verbindung des Konigs-
hauses der Premysliden mit den oberschlesischeu Piasten
ward nachmals int'olge der Vermahlung des bohmischen
Throntblgers mit Viola, der Tochter Herzog Meskos von
Teschen (1305), noch enger.
Die Herrschaft Wenzels ilber Ki'akau hat noch einmal
starke Anfechtung gefunden durch jeuen Herzog Premyslaw
von Grofspolen, welchem das Testament Heinrichs IV. die
Erbschaft von Krakau zugedacht haben sollte. Wenn den-
selben zu der Zeit, als Heinrich IV. starb, und in der
nachsten Zeit darauf die Angelegenheiten Pommerellens, wa
er dem kinderlosen Herzog Mestwin naclizufolgeu Aussicht
hatte, so in Anspruch nahmen, dafs er damals den Planen
Wenzels nicht eutgegentrat, so hatte er docli seine Anspriiche
um so weniger aufgegeben, da er sich des machtigen Bei-
standes der polnischen Geistlichkeit sicher wufste. Auch
bei der romischen Kurie sprach flir ihn neben der Befiir-
wortung durch die polnischen Pralaten die Abneigung gegen
die bohmische Herrschaft, insofern diese die pjipstlichen An-
spriiche auf das einst unter den besonderen Schutz des
heiligen Petrus gestellte Polen und in weiterer Konsequenz
auch den Peterspfennig in Frage stellen zu kunnen schien,
und so geschah es denn unter ausdriicklicher Zustimmung
Papst Bonifaz' VIH., dafs Premyslaw am 26. Juli 1295
Die letzten Premysliden in Krakau. 121
von clem Erzbischofe von Grnesen in clem clortigen Dome
feierlicli zum Konige von ganz Polen und Herzoge von
Pommern gesalbt unci gekront wurcle. Aber schon am
6. Februar fiel er von der Hand eines Meuchelmorders, und
die gesetzlosen Zustande, die jetzt in Polen einrissen, iuhr-
ten schliefslich dazu^ dais die polnischen Grofsen aucli in
Grofspolen dem Bohmenkonige mit der Hand der Tochter
des ermordeten Premyslaw die polnische Eli'one anboteu.
A^'enzel ward dann auch im Jahre 1300 zu Gnesen feier-
licli zimi Konige gekront.
Als eigentlicher Erbe Premyslaws sah sich allerdings der
cliesem Fiirsten blutsverwandte Heinrich von Glogau an,
auf eine letztwillige Verfugung desselben sich sttitzend, und.
wenn derselbe auch als Erbe des polnischen Reiches gegen
Konig Wenzel nicht das Felcl behaupten konnte^ so ei'langte
er doch zu dauerndem Besitz einen anselmhchen Teil von
Grofspolen mit der Staclt Posen und ilber die Warthe hin-
aus, — ein Besitz, der dann allerdings in der ersten Halfte
des 14. Jahrhunderts mehr und mehr zusammengeschmol-
zen ist.
Inzwischen war, wie wir sahen, in Breslau und Mittel-
schlesien Heinrich von Liegnitz zur Herrschaft gelangt, ein
Fiirst, dick von Leibesgestalt, von milder, gerechter und
freundhcher Sinnesart u.nd dabei trotz der von ihm auf
verschiedenen Schlachtfeldern gepfliickten Lorbeeren in hohem
Mafse friedhebend. Aber geracle seine Regierung sollte mit
Stm'm und Drang sich erfullen.
In Breslau sah man Aveitere Kiimpfe gegen den Glogauer
Herzog bestimmf voraus, und eine der ersten Mafsregeln
Heinrichs V. war eine bessere Befestigung der Stadt da-
durch, dafs man den Ohlauflufs, der unmittelbar oberhalb
Breslaus in die Oder miindete, nun (l29i) als Wallgraben
um die Stadt fiihi'te und erst unterhalb derselben in den
Hauptflufs sich ergiefsen hefs.
Beistand und Unterstiitzung hoffte Herzog Heinrich vor-
nehmlich von seinem Bruder Bolko. Dieser Bolko I. , der
Begrilnder der Schweidnitz-Jauerschen wie der Miinsterberger
Herzogslinie , war nur wenig j linger als sein Bruder von
Breslau, ein tapferer und energischer Fllrst, den Feinden
furchtbar wie den Ubelthatern im Lande, wo er mit stax'ker
Hand die Urdnung aufrecht erhielt, der Erbauer zahlreicher
Burgen zum Schutze des Lancles, den Bllrgern seiner Stadte
freundlich und wohlgesinnt, so dafs in den Orten am Ge-
bu'ge, vornehmhch in Schweidnitz, sein Andenken in der
Tradition des Volkes bis auf den heutigen Tag lebendig ge-
122 Zweites Huch. Fiinfter Abschuitt.
blieben ist, wie das kaiun eineiu andern der alten sclile-
sischen Fiirstcn ziiteil g-eworden ist.
Der Kut" seiner Tiichtigkeit, seiner Macht, seines An-
sehens war weit verbreitet, iind der nieifsensche ]\Iarkgraf
Dietrieb von Landsberg reiste 3 285 selbst nach Schlesien,
um Bolko sich als Scbwiegersobn zu gewinnen. Derselbe
batte damals widerstrebend zugeben miissen , dafs seine
Tocliter Sopbie in dem von ibm gegriindeten Klarenkloster
zu Weifsenfels den Scbleier nabm, mm AvoUte er wenigstens
tiir deren Scbwester Gertrud eine Hocbzeit riisten, wie sie
„seit Abasverus'" Zeiten nicbt geseben worden sei. Aber als
Bolko nun wirklicb um die Jungfrau warb, zeigte es sicb,
dafs bei dieser der Hang zum Klosterleben kaum minder
stark war als bei der Sebwester, und es kam scblielslicb so
weit, dais Getrud ein Messer ergrifF und sicb damit ibr
Antlitz so zu entstellen entscblossen zeigte, damit nie-
mand mebr ibrer begebren solle. Da erklarte Herzog
Bolko, die Braut dem himmliscben Briiutigam iiberlassen
zu wollen; wende sie aber ibre Liebe einem andern zu,
der solle seines Lebens nimmer- sicber werden vor ibm
(1286).
Bald darauf vermablte sicb Bolko mit Beatrix , der
Tocbter ]\Iarkgraf Ottos des Langen von Brandenburg, obne
dais er jedocb seinem nunmebrigen Scbwager, dem Herzog
Heinricb IV., niiber getreten ware, dessen Unternebraungen
er, unabnlicb so vielen auderen sclJesiscben Fiirsten, ganz
fern geblieben zu sein scbeint. Wobl aber bat ihn sein
Scbwiegervater, der Vormund Konig Wenzels, mit diesem
in nabere Verbindung gebracbt. Bei der Unterwerfung
Kasimirs von Beutben, am 10. Januar 1289, ist er in Frag
anwesend, und nocb in demselben Jabre scbenkt ibm Konig
Wenzel zum Zeicben besonderer Huld die Stadt Scbonberg
mit vier benacbbarten Dorfern, welcbe dann seit dieser Zeit
von Btibmen getrennt und zu Scblesien gescblagen er-
scbeint.
Bolko batte bei der Erbteilung nacb dem Tode seines
Vaters das Gebiet von Jauer erbalten, wozu dann 1286
bei dem Ableben seines Bruders Bernbard Lowenberg
kam, so dafs ibm ein breiter Stricb Landes langs des
Riesengebirges und bis zu dessen Hobe binaufreicbend unter-
thanig war. Als dann 1290 sein Bruder Heinricb das um-
fangi-eicbe Erbe Heinricbs IV. von Breslau antrat, meinte
aucb Bolko einen ansebnHcben Anteil verlangen zu konnen,
und bat, wie es den Anscbein bat, als Heinricb die Forde-
rung zu hoch fand, sicb mit dem auf das Testament
Herzog Bolko I. 123
Heinriclis IV. berufenden unci deshalb gleichfalls eiue an-
sehnliche Abiiadung begehreuden Glogauer Herzog ver-
biindet und so eine iibermachtige Verbindung hergestellt,
welclier nun Heinrich V., durch schwere Verwiistungeu des
Landes und imnier erneute Bedrangnisse schnell miirbe ge-
macht, wich, und sich zu einer Landesteilung in ziemlich
grofsem Mafsstabe herbeiliels.
Bei dieser erliielt nun Bolko die Gebiete von Striegau,
Schweidnitz , Reichenbach^ Frankenstein, Milusterberg und
Strehlen, also ungefahr die beiden nachraaKgen Fiirstentiimer
Sehweidnitz und Miinsterberg; Heinrich von Glogau aber
die Gebiete von Bunzlau, Hainan, Steinau (welches letztere
nach Primkos Tode 1289 Heinrich IV. sich angeeiguet
hattej und dann jenseits der Oder die Gebiete von Guhrau,
Militsch, Trebnitz, Polnisch- Wartenberg, also den ganzen
Strich Landes langs der Grenze von Grofspolen hin, wel-
cher dem Glogauer Herzog zur Arrondierung der von ihm
wohl schon damals erhoffien poluischen Erbschaft besonders
begehrenswert scheinen konnte. Diese grofse Landesteilung
gehort wahrscheinlich noch ins Jalir 1291.
Als Herzog Bolko seinen neuen Besitz angetreten, er-
baute er da, wo bei Freiburg aus der Ebene der breiten
Oderniederung die ersten Hohen des Waldenburger Gebirges
sich erheben, auf einem Felskegel derselben eine neue Burg
und verlegte hierher aus der von ihm gegriindeteu Bolko-
biu'g, nach welcher ja dann auch das dai-unter liegende
Stadtchen Bolkenhain den Xamen hat, seine Hauptresidenz.
Er nannte die neue Burg den Fiirstenberg; dieselbe stand
an der Stella, welche jetzt das wegen seiner romantischen
Lage so vielfach besuchte Schlofs Fiirsteinstein (und zwar
das neue Schlofs, nicht die sogen. alte Burg) einnimmt.
Bolko nahm den Fiirstenberg geradezu in seinen Titel auf;
er und das ganze Geschlecht, das von ihm abstamrate^
nannten sich in den Urkunden Herzoge von Schlesien, HeiTen
von Fiirstenberg.
Im Jahre 1292 griindet dann Bolko unfern von Landes-
hut in Grufsau, wo bis dahin einige Beuediktiner gewohnt
batten, denen der Herzog ihren Besitz abkaufte, gleichsam
als Famihenstift seines Hauses und zugleich als letzte Ruhe-
statte fiir sich und die Seinen, eine Cistercienserabtei , die
er reich dotierte. Nachdem Briider aus Heinrichau dort
bereits am 9. August ihren Einzug gehalten, ward am 7.
und 8. September die eigentliche Griindungsiu'kunde von
Bolko ausgestellt. Zahlreiche Edle des Landes, auch sein
Bruder Heinrich V., nahmen an der Feier teil, ein Beweia
124 Zweites Buch. Fiinfter Abschuitt.
fur (las wiederhergestellte Einvernehmen der Brilder; der
Ban des steiueruen Klosters ward 1:296 begounen.
In der That seheint nach jencr grofsen Abtretung von
1291 der Friede in Schlesien wiederhergestellt zu sein; der
Glogauer Herzog hatte selbst versichert, beziiglich seiner
Ansprilehe belriedigt zu sein. Allerdings war das nicht
seine Meinung, und er sann darauf, weitere Landabtretungen,
die er durch oftene Gewalt nicht erreichen konnte, nun dureh
Hinterlist und Verrat zu erzielen. Eine Gelegenheit dazu
hot sich ihm bald.
Unter deni Breslauer Holadel hatte schon in der Zeit
Heinriehs IV. eine hervorragende RoUe der Marschail Pako-
slaw gespielt und dieses Ami unter dessen Nachlblger be-
kleidet. Dieser nun hatte einen andern Adeligen, wenn
auch vielleicht nicht vorsatzlich, getotet, und mulste sich
gegen die Klage der Angehorigen des letzteren verantworten,
that das aber, auf seinen Rang, seine Stellung und die Gunst
des Herzogs pochend^ in so trotziger und llbermtitiger Weise,
dais es schwer war, ]\Iilderungsgrunde seiner Schuld zu
finden, und ubwohl ihn Heinrich, der ihn gern geschont
hatte, wiederholt mahnte, doch seine Aussagen anders ein-
zurichteu, blieb er stolz bei dem einmal Gesagten, so dais
der Herzog endlich nicht anders handeln za konnen glaubte,
als der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen, die dann den
Tod des Schiddigen verlangte. So fiel denn das Haupt des
Marschalls (1292).
Derselbe hinterliefs fiinf Sohne, deren iiltester, Ludko,
bereits erwachsen und in den Diensten des Herzogs stehend,
das schreckliche Ende des Vaters selbst niit erlebt und mit
angesehen hatte. Ihn zu entlassen, mahnten die Rate Hein-
riehs, und dieser redete den Jungling an in Gegenwart
seines ganzen Holes , er habe gesehen , v\'ie der Vater sein .
Schicksal selbst verschuldet und der Herzog nicht anders
gekonnt habe, als dem Rechte seinen Lauf zu lassen. Ludko
moge nun selbst mit sich zurate gehen , ob er glaube es
fiber sich zu vermogen, wegen jenes Vorfalles ihm, dem
Herzoge, keinerlei GroU nachzutragen, wo nicht, moge er
seinen Hof verlassen. Acht Wochen soUe er Bedenkzeit
haben.
Xach deren Ablauf aber warf sich Ludko zu des Her-
zogs Fiifsen und erklarte unter Thriinen, er wisse, dafs sein
Vater durch eigene Schuld seinen Tod gefunden, und gelobe
dem Herzoge aus diesem Grunde gegen ihn nie eine Feind-
schaft zu hegen. Herzog Heinrich bitte er, ihm auch ferner
ein gnadiger Herr zu sein. Da hob ihn Heinrich geriihrt
Heinrichs V. Gefangenschaft. 125
aiif und sprach: „Von nun an werde ich dein Vater sein
und dir so wolilthun, dafs du und die Deinigen es mil'
sollt zu danken habeu." In hohen Ehren und in des Her-
zogs besonderer Gunst und besonderem Vertrauen lebte
Ludko fortan.
Aber Abgesandte des arglistigen Glogauer Herzogs fan-
den doch den Weg zu seinem Ohre, und bei einer person-
lichen Zusammenkunft mit diesem entflammte derselbe den
Sinn des Jiinglings zur Eache und verhiefs reichen Lohn,
wenn ihm Ludko Heinrieh V. in seine Gewalt lief ere. Der
Verrat ward beschlossen, eine Anzahl unzufriedener Adeliger,
aufser Ludkos Bruder, Pakoslaw, noch Bogusch von Wiesen-
burg, ein unwiirdiger Abkommling jenes getreuen Peregrins
von Wiesenburg, der fiir Heinrieh den Bartigen einst das
Leben liefs, Jesche von Przilep und Ludwig, Aveiland der
Schreiber Heinrichs IV., verschworen sich mit Ludko, und
bei der vertrauensvoUen Sorglosigkeit Heinrichs V. fand sich
bald eine Gelegenheit zur Ausfilhrung.
Als um Martini 1293 (November 11) der Herzog un-
"weit der Breslauer Burg in einem Hause am Oderstrande
ein Bad nahra, kam ein Haufe Bewaflfiaeter, durch den ge-
rade sehr seichten Oderarm hindiu-chreitend , auf die Bade-
stube zu. Wohl gewahrten ihr Nahen die Begleiter des Her-
zogs, doch dieser glaubte, seit er Ludko erkannt hatte, liber
die friedliche Ausicht der Kommenden unbesorgt sein zu
konnen. Als die bewafihete Schar aber dann zum AugrifF
schritt, konnte von einer Verteidigung der waffenlosen ent-
kleideten Diener des Herzogs nicht die Rede sein; einer
derselben biifst den Yersuch, den Fiirsten mit seinem Leibe
zu schirmen, mit dem Leben.
Man warf den gefangenen Heinrieh, notdiirftig bekleidet,
auf ein Rofs und schleppte ihn eilig nach der Burg Sande-
walde bei Guhrau und von da nach Glogau. Als er, viel-
leicht in der Hoffhung auf Unteniehmungen zu seiner Be-
freiung die ihm vorgelegten Bedingungen nicht annehmen
mochte, verscharfte sein Vetter die Haft und sperrte ihn,
um den Widerstand zu brechen, schliefslich in einen engen
Holzkafig, wo er weder stehen noch sitzen noch Hegen
konnte, bei lebendigem Leibe eine Beute der Wiirmer; da
gab er nach, und nach sechsmonatUcher Haft kam er frei
(Anfang Mai 1294), nachdem er einen Vertrag von ganz
ausgesiTchter Harte unterschrieben i;nd ausreichende Burgen
gestellt hatte.
Die hier dem Glogauer Vetter gemachten Abtretungen
umfafsten die Stadte und Gebiete von 01s, Bemstadt, Namslau,
120 Zwoites Buch. Fiiiiftcr Abschnitt.
Konstadt, Kreuzburg, Pitschen, Landsberg-, einschliefslich des
Pfandbesitzes von Boleslawice in Polen, kurz alles, was Herzog
Heinrich V. noch ant" dem rechten Oderul'er besafs, bis auf
einen Streifen Landes in der Breite Von einer halben i\Ieile
liings des Plusses.
Ferner mul'ste Heinrich voile Verzeihung den obgenannten
Verriitern, welche seine Gefangennehmung verursaclit, ge-
loben, welche ungehindert ihr Besitztum verkaulen und aus-
wandern diirien, sich auch auf funf Jahre verpflichten, seinem
Vetter von Glogau gegen alle etwaigen Angreii'er, niit Aus-
nahme des Konigs von Bohmen, Herzog Bolkos, der Mark-
gral'en Otto und Albrecht von Brandenburg, des Grafen
Albrecht von Anhalt und der polnischen Herzoge mit 100
gerlisteten Ilossen zuhilfe zu kommen, und ebenso wenig
selbst mit den Verbiindeten des Glogauer Herzogs, dessen
Bruder Konrad von Sagan oder den oberschlesischen Teil-
tursten Krieg anzufangen, auch keine Burg an den Grenzen
seines Vetters anzulegen. Drei seiner Schlosser , Brieg,
Tietensee bei Grottkau und Rochlitz bei Liegnitz, mulsten
als Unterptander dem Glogauer Herzoge eingeraumt werden^
und 50 Ritter, bei Strale des Einlagers in Breslau, weitere
Biirgschaft leisten.
Heinrich V. kehrte als ein gebrochener Mann aus der
unmensclilichen Halt des Vetters heim •, er hat sich nie wie-
der ganz zu erholen vermocht. Als er seine Kraf'te ab-
nehmen und sein Ende herannahen filhlte, bat er seinen
Bruder Bolko, sich seiner unmlindigen Knaben als Vormund
anzunehmen. Dieser erkliirte sich bereit dazu, begehrte aber
als Entgelt das frliher bei der Abtretung des Schweidnitzer
Gebietes wie eine Art von Enklave von Heinrich zuriick-
behaltene Zobtenschlofs. Wie unangenehm auch dem Her-
zoge die neue Forderung war, so bewilligte er sie doch auf
den Rat seiner Getreuen, nnd nach dieser Seite hin be-
ruhigt, schlols der schwer gepriilte Furst am 26. Februar
1290 die Augen und fand im Klarenkloster zu Breslau seine
letzte Ruhestatte, ein Furst, der wohl ein besseres Schicksal
verdient hatte.
Bolko hielt treulich sein Wort und schirmte mit kriif-
tigem Ann die Miindel. Ja, indem er die Kampfe, in welche
der Glogauer Herzog mit Wladyslaw Lokietek geriet, klug
benutzte, gewann er jenem (um 1297) die Gebiete von Hainau
und Bunzlau Aviederum ab. Das erstere. gab er seinen
NefFen, das letztere behielt er fiir sich , und weder ist jenes
von dem Liegnitzer, noch dieses von dem Jauerschen Fiirsten-
tum fortan wieder getrennt worden. Zwei neu erbaute Bur-
Heinriclis V. Eude. Bolkos 1. Regentschaft. 127
gen, Klitschdorf bei Buuzlau unci Kotzenau, einige Meilen
nordlich von Hainan mufste die neuen Erwerbungen schlitzen.
Es war seine Art, den Schutz des Landes durcli neue Be-
festigungen anzustreben, so erneuerte er in seiner Mlindel Ge-
bieten die Befestigungen von Brieg, Grottkau und Nimptsch.
Offenbar war es ein Regent, der Ordnung im Lande
hielt. Er ist der erste schlesische Fiirst, von dem berichtet
wird, wie er die Einklinfte und Leistuugen der Unterthanen,
die Lehendienste, genau habe verzeicbnen lassen. Die ge-
ordneten Zustande, die er so schuf, trugen auch ihre Friichte:
die Welt spracli von den Scbatzen, die er in den festen
Gewolben der Bolkoburg sammle ; aber auch fiir die Mlindel
lullten sich die Gewolbe des Liegnitzer Schlosses.
Er war den Biirgern freundlich gesinnt, und reiche
Privilegien gewahrte er den Stadten, wo er das Ansehen
der stadtischen Obrigkeiten streng aufrecht hielt. Als die
Burger seiner Hauptstadt Schweidnitz ihr Stadtrecht denen
von Ratibor mitteilen, berichteten sie mit einem gewissen
Stolze das Wort ihres Herzogs, er rechne sich zu den fiinf
Ratsherren als sechster, und wer den Rat schelte, greife da-
mit auch ihn an.
Aber auch die Stadte durften nicht vergessen, dais er
ihr Oberherr sei, und als in der Zeit seiner vormundschaft-
lichen Regierung die machtigen Breslauer, denen er aller-
dings nicht geringe Lasteu auferlegte, ihm zu widerstreben
wagten, fiihrte er ein so stattliches Heer gegen sie, dais sie
aul schnelle Unterwerfung zu denken Grund batten.
Zum Zeicheil derselben und zur Warnung fur das kiinf-
tige zwang er sie dann, ein Stiick ihrer Stadtmauer einzu-
reil'sen und hielt dann durch diese Bresche, wie weiland
Friedrich Barbarossa in Mailand, seinen Einzug in die ge-
demiitigte Stadt.
Am 9. November 1301 starb Bolko I., offenbar einer
der bedeulendsten Fiirsten, welche die Reihe der schlesischen
Piasten aufzuweisen hat, die „ Krone Schlesiens", wie ihn die
Jahrbilcher von Griifsau nennen. Die Gruft in seiner neuen
Griinduug Griifsau nahm seine sterblichen Uberreste auf.
Sein Name lebt in den Traditionen des Volkes bis auf den
heutigen Tag, und die Sage, welche die Ruinen auf den
Htihen unseres Gebirges umspinnt, hat viel mit ihm zu thun,
Seine Herrschaft zersplitterte sich nach der verderblichen
Sitte der Piasten durch Landesteilung unter drei Sohne.
128 Zweites Buch. Scchster Absclmitt.
Sechster Abschnitt.
Schlesieii komint an Bolimeu.
Das damalige Schlesien bis zur Neifse, also abgesehen
von Obersclilesien, hatte durcli die gewaltigen Besitzverande-
runffeu nach dem Tode lieinrichs IV. etwa die Gestalt an-
genommen, dafs es in seiner Langenriclitung von Nordwest
nach Sildost in drei durchgeliende, parallele, nicht eben breite
Straiten geteilt erscheint, von denen der zunachst der pol-
nischen Grenze sich hinziehende den Glogauer Herzogen,
der mittlere der Breslau - Lieguitzer Linie, der am Gebirge
dem Stamme Bolkos gehorte. Der mittlere war -snelleicht
der kleinste, umfafste jedoch die fruchtbarsten vind bevcilkert-
sten Gebiete.
Bolko hatte von 1296 an liber zwei dieser Gebiete ge-
boten; aber als er starb, ward nun auch in seinem Gebiete
eine vormundschaftliche Regierung notwendig, da auch er
nur minderjahrige Knaben liinterhefs. Hier fiel die vor-
mundschafthche Regierung ohne weiteres seinem Schwager,
dem Askanier, Markgrafen Hermann von Brandenburg, zu,
den wir dann auch mehrfach teils selbst, teils durch einen
von ihm eingesetzten Hauptmann, Hermann von Barby, Re-
gierungshandlungen vornehmen sehen, bis etv\'a 1308 der
alteste der Sohne Bolkos, Bernhard, die Regierung selbst zu
iibernehmen vermag.
In Breslau hatte man unmittelbar nach dem Tode Bolkos
im Rate daran gedacht, den Konig von Bohmen um Uber-
nahme der Vormundschaft zu bitten. Es mufs bei dieser
Gelegenheit zu sehr heftigen Debatten gekommen sein, bei
denen ein Gegner jenes Vorschlags, Walther de Pomerio,
sich soil zu der Drohung haben hinreifseu lassen, er werde
den Konsuln und besonders dem Konsul Nikolaus Hellen-
brecht sowie dem Stadtschreiber Peter die Beine entzwei-
schlagen, wenn sie an den Konig von Bohmen schrieben.
Es ist dies die erste Gelegenheit, wo uns der Name
eines Breslauer Stadtschreibers zugleich mit einer Andeutung
uber die politische Richtung, die er verti'itt, begegnet. Mit
diesem Amte mufste sich naturgemafs gegenilber dem jahr-
lichen Wechsel der Ratsherren ein sehr bedeutender Einflufs
verbinden, der uns, wenigstens in spaterer Zeit, die Stadt-
schreiber als die thatsachlichen eigentlichen Leiter des Bres-
Yormuudschaftliclie Regierungen. 129
lauer Gemeinwesens ansehen liifst. Die laier tins vorliegeiide
Notiz iiber die politischen Absiehten, die der Stadtsclireiber
Peter (im Arate von 1299 — 1320) in Ubereinstiramung mit
dem damaligen Haupte des Rates Nikolaus Hellenbreclit ver-
folgt, hat fiir uns ein um so grofseres Interesse, als der hier
geplante Anschlufs an Bohmen thatsachlich dem entspricht,
was wir bei spaterer Gelegenheit von den Gesinnungen des
Rates erfahren und welches deutlich zeigt, wie man in diesen
Kreisen die Uberhefernngen aus der Zeit Heinrichs IV. treu
festhielt, vor allem die Idee der pohtischen Verbindung mit
Krakau, welche sich ja jetzt nur noch iinter dem gemein-
samen bohmischen Scepter verwirklichen zu lassen schien.
Dafs man damals, um die Wende des Jahres 1301, fiir
den Augenblick den Gedanken jenes Anschlusses aufgab,
haben wohl weniger.die brutalen Drohungen der gegnerischen
Partei, als die Erwagung bewirkt, dafs Konig Wenzel, der
zu jener Zeit den grofsen Plan, die Krone von Ungarn fiir
seinen Sohn zu gewinnen , eifrig betrieb , zur Wahrung der
Breslauer und schlesischen Interessen schwerlich recht Mufse
finden wiirde.
Auch fand sich zur Ubernahme der Vormundschaft in
nachster Nahe eine Personlichkeit, welche wohl fiir geeignet
gelten konnte. Es war namlich zehn Tage nach Bolko
1301 auch der Breslauer Bischof Johannes Romka, der
Nachfolger jenes oft erwahnten streitbaren Thomas II. (gest.
1292), gestorben, und walirend bei Johannes' Wahl noch der
Einflufs des polnischen Metropoliten sich sehr geltend ge-
macht hatte, hatte jetzt die deutsche Partei des Kapitels
obgesiegt und in der Person des Kanonikus Heinrich von
Wiirben den Sprossen eines altschlesischen Adelsgeschlech-
tes, das, wenn auch urspriinglich polnischer Abkunft, doch
fiir germanisiert gelten durfte, zum Bischofe gewahlt.
Die deutsche Partei des Domkapitels hatte, wie wir das
ja noch weiter sehen werden, enge Verbindungen mit den
Breslauer Patriziern wie mit dem deutschen Hofadel des
Landes, und so konnte sich wohl die Berufung des Neu-
gewahlten zum vormundschaftHchen Regenten fiir den Augen-
blick empfehlen, wenn auch vielleicht bereits damals die
Meinung obwaltete, sobald es irgend anginge, auf den An-
schlufs an Bohmen zuriickzukommen.
Jedenfalls hat diese Regentschaft niu- ein Jahr gedauert,
und schon deshalb fallt es uns schwer, den iiberlieferten
Vorwurf, als habe Bischof Heinrich durch eine verschwende-
rische Regierung den von Herzog Bolko fiir seine Miindel
aufgesammelten Schatz, der an 16 000 Mark betragen haben
Grunhagen, Gesch. Schlesiens. I. 9
130 Zweites Buch. Sechster Abschnitt.
soil, ziim grofsten Telle verbraiicht, fllr walir zu halten.
Wenn ein derartiger Schatz wirklich da war und schnell
dahinschwand, so ist es ungleich wahrscheinlicher, dais der
junge Herztig Boleslaw mit seinen verscliwenderischen Nei-
gmigen, mit seinen mannigfachen Kriegsziigen, den kost-
spieligen Keisen nach Prag u. s. w. fiir die Unterbringung
des Geldes gesorgt hat, aber dann eifrig bemiiht gewesen
ist, den grolsten Teil der Schuld auf li'emde Schultern zu
walzen. Aus der Zeit von Bischof Heinrichs Regentschaft
erfahren wir von erhohten Anforderungen an die Breslauer
nur, dafs er 100 Mark von ihnen heischt, als es sich darum
handelt, die Burgen widerspenstiger oder rauberischer Ritter-
in den Landen der jMiindel zu brechen.
Der Gedanke eines Anschlusses an Bohmen war in-
zwisclien in keiner "Weise aufgegeben worden, und bereits
wiihrend des Jahres 1302, wo der Bischof die Vormund-
schaft filhrte, und unzweifelhaft ira vollsten Einverstjindnisse
mit diesem, vielleicht sogar auf dessen Anregung, Avar der
alteste Sohn Heinrichs V., Boleslaw, damals erst elf Jahr alt,
mit seiner Mutter an den Prager Hof gegangen, und dort
von Wenzel mit seiner sechsjiihrigen Tochter Margarete
noch in demselben Jahre verlobt worden. Damit iibernahm
dann der Konig auch zugleicli das Amt der Vormundschaft ;
von ihm eingesetzte Hauptleute, und zwar zuniichst der
schlesische Edelmann Friedrich von SchafFow, der ubrigens
auch kurz vor- und nachher in Polen und Pommern ala
Statthalter waltet, fiihren hier in Breslau 1303 und 1304
die Regierung, und namentlich jener Schaffow hat hier in
Breslau strenge Ordnung gehalten, wie die aus seiner Zeit
noch erhaltenen Statuten bezeugen; selbst von einem Fem-
gerichte, einem vorzugsweise auf Rauber und Friedensbrecher
gemllnzten Ausnahmegerichtshofe , wie ein soldier zu ver-
schiedenen Zeilcn in Schlesien uns entgegentritt , erfahrei
wir damals.
Von besonderera Literesse fiir uns ist es aber, wahrzu-
nehmen, dafs Konig Wenzel, indem er die Vormundschai
ilber den jungen Herzog Boleslaw, dem er seine Tochtei
zugesagt, iibernimmt, sich zugleich entschlossen zeigt, die!
Ausdehnung seiner Herrschaft auch liber Schlesien ernstlichl
zu betreiben. Der deutlichste Beweis dafiir ist, dafs erJ
durch seinen Miindel sich schon unter dem 8. Januar 130Sj
alles das Land jenseits der Oder, welches einst Herzog j
Heinrich von Glogau dem Breslauer Vetter durch eine un-
gerechtfertigte Haft abgedruugen und seitdem occupiert hatteJ
abti-eten lalst.
Ausgang der Premyslideu iu Bohmen und Poleu. 131
Eine Geltendmachung dieser Anspruche hinderte nun
allerdings zunachst der Krieg, in welchen Wenzel mit dem
romischen Konig Albrecht I. 1304 geriet, bei welchem dann
auch die Ansprtiche des Bohmenkonigs auf Schlesien gegeu-
iiber der von dem Reiche festgehaltenen Oberlehenshoheit
in Frage kamen. In dieser Angelegenheit ward bei dem
Frieden zu Nurnberg 1305 der entgultige Austrag einem
Schiedsspruche des Grafen Berthold von Henneberg vmd
des Burggrafen Burghard von Magdeburg iiberlassen.
Als jener Friede geschlossen war, weilte Konig Wenzel
bereits nicht mehr unter den Lebenden. Am 21. Juni 1305
hatte ein friiher Tod ihn im Alter von 34 Jahren binweg-
gerafft. Sein einziger Sohn imd Erbe, Wenzel III., behielt
Schlesien wohl sehr bestimmt im Auge; er vermiihlte sich im
Jahre 1305 mit Viola, der Tocbter Herzog Meskos von
Teschen, aber bevor der librigens mehr ungezligeltem Lebens-
genusse als politischen Interessen nachstrebende Jiingling sich
zu einer ernstlichen Aktion aufgerafft hatte, traf ihn am
4. August 1306 der Dolch eines Meuchelmorders auf den
Tod. Der Stamm der Premysliden ging mit ihm zu Ende,
und Schlesien war wieder auf sich selbst angewiesen.
Am schwersten traf dieses Ereignis die Krakauer deutsche
Gemeinde. Wie sehr bier das deutsche Element die Ober-
hand hatte, mogen wir aus der Thatsache entnehmen, dafs
alie Aufzeichnungen des Stadtbuches damals in deutscher
Sprache erfolgten; der Vogt Albert, der zugleich das wich-
tige und eintragliche Amt eines Oberdirektors der Salzberg-
werke bekleidete , • iibte einen Einflufs , der weit iiber die
Grenzen des stjidtischen Weichbildes hinausging. Aber nach
dem Ausgang des Premysliden hatte die Stadt sich Wlady-
slaw Lokietek unterwerfen mlissen und litt jetzt schwer unter
der Abneigung gegen das Deutschtum, welche der Herzog
imd mehr noch seine Gemahlin Hedwig zu verhehlen sich
kaum die Miihe gaben. Da diesen aufserdem auch Gewalt-
thatigkeiten gegen die Geistlichkeit verhafst machten, ent-
fachte sich im Jahre 1312 gegen ihn ein Auf stand, in den der
Vogt Albert, sein Bruder und Heinrich, Propst von Miechow,
und auch, wie es scheint, der Bischof von Krakau, Jo-
hannes Muskata, ein geborener Schlesier, verwickelt waren,
und an dem die ganze deutsche Bevolkerung mit Eifer teil-
nahm. Wladyslaw mufs die Stadt raumen, vermag sich
aber in dem Schlosse jenseits des Weichselarmes zu be-
haupten. Die Deutschen wenden wieder ihre Blicke auf
Schlesien und rufen Herzog Boleslaw von Oppeln herbei,
der auch etwa im April erscheint und offene Thore, freudige
9*
132 Zwcitcs Buch. Sechster Abschnitt.
Authahme Hndet. Aber derselbe verliert bald die Lust, den
schweren Kanipf mit Wladyslaw zu bestehen, seit er wahr-
niramt, dais das Haupt der Krakauer, der Vogt Albert,
eigentlich den Plan hat, die Stadt unter die Ilerrschat't des
Bohmenkonigs Johann zu bringen. Er setzt Albert ge-
fangcn, schlielst aber bald, nachdem er nur zwei Monate in
Krakau geherrsclit, mit Wladyslaw eine Kapitulation ab,
die ihm t'reien Abzug sichert. Den Vogt fiihrt er mit sich
und halt ihn noch fiinf Jahre lang in Haft. Wladyslaw
ahndete schwer den Aufstand, liefs die Hiiupter unter Martem
hinrichten, setzte einen neuen Rat ein und trat auch den
Deutschen gegeniiber noch viel entschiedener als friiher auf.
Vera November des Jahres 1312 verschwindet die deutsche,
Sprache fiii' immer aus den Stadtbiichern von Krakau. Die
Stadt ging fiir das Deutschtum verloren.
Inzwischen hatte in Breslau vom Jahre 1305 an Bole-
slaw bereits Urkunden ausgestellt, und die dortige Aristo-
kratie verstand es wohl, von dem chronischen Geldbedtlrf-
nisse des jungen Fiirsten ansehnhche und zahh-eiche Privi-
legien zu erlangen; doch mochte es Biirgern und Vasallen
ratlich erscheinen, seiner Jugend einen erfahrenen Beirat
zur Seite zu setzen, und so sehen wir denn 1308 Bischof
Heinrich wiederum als Vormund, d. h. als Vertreter der
Interessen der beiden minderjahrigen Briider Heinrich und
Wladyslaw thatig.
Boleslaw hatte fur die Mitgift seiner Gemahlin das Trop-
pauer Land wahrscheinlich von Heinrich von Karnthen,
seinem Schwager, der nach Wenzels HI. Tode zunachst die
Herrschaft iiber Bohmen und Mahren erhielt, zu.m Unter-
pfande empfangen (1309), und in diesen Pfandbesitz dann
auch zum Ausgleiche anderweitiger finanzieller Verpflich-
tungen seine beiden Briider mit eintreten lassen. Doch hat
Johann von Luxemburg, der seit 1310 seinen Schwager
Heinrich aus der Herrschaft iiber Bohmen verdrangt, um
1313 jene Pfandschaft wieder eingelost und 1318 das Her-
zogtum Troppau als Lehen an Nikolaus gegeben, den Sohn
jenes gleichnamigen Fiirsten, der als natiirlicher Sprofsling
weiland Konig Ottokars die Landschaft bereits zeitweise be-
sessen.
Die Thatsache gewinnt eine besondere Bedeutung da-
durch, dafs diese Landschaft, zu der aufser Troppau auch
die Gebiete von Jagerndorf und Leobschiitz gehorten, eben
durch jene Verleihung von der Markgrafschaft Mahren,
ihrem eigenthchen Stammlande, geschieden und nachmals
gleich den iibrigen oberschlesischen Herzogtiimei-n zu Schle-
Landerzersplitterung in Schlesien. 133
sien gerechnet wurde, so clafs eine weseutliche Erweiterung
der schlesisclien Grenzen damit zusammeiihangt.
Aus Breslaii erfahren wir von Boleslaw zu der Zeit, wo
er allein regierte, von kriegerischen Versuchen, dem Glo-
gauer Oheim das dem Vater abgedrungene Land wieder
abzunehmen (1306), aber nichts von Erfolgen derselben.
Eine gilnstigere Gelegenheit dalur konnte sich bieten, als
1309 der machtige Heinrich I. von Glogau die Augen schlofs
und seine Lande, zu denen damals ja noch ein grofser Teil
von Grofspolen mit den Hauptstadten Posen, Gnesen und
Kalisch gehorte, unter filnf grofstenteils noch unmundige
Sohne geteilt werden sollten. AUerdings schuf man, um
grofserer ZerspKtterung vorzubeugen, bei der Erbteilung von
1312 nur zwei grofsere Anteile, einen westliclien mit Posen,
Steinau, Sagan, Griinberg, Krossen (von Glogau, Freistadt,
Beuthen, PoUcwitz, Primkenau, welche Orte zum Leibgedinge
der herzoglichen Witwe Meclitbild geliorten, hatte man dabei
ganz abgesehen), und einen ostlichen mit 01s, Kalisch, Gnesen,
Wohlau. Jener fiel den Briidern Heinrich, Johann und
Primko zu, dieser Bolko und Konrad, und aus ihm vor-
nehmlich hat sich das grofse Herzogtum 01s entwickelt, in
welchem dann von jenem Konrad abstammende Ftirsten,
die fast ausnahmslos diesen Namen fiihrten, bis zum Er-
loschen des Stammes am Ende des 15. Jahrhunderts ge-
herrscht haben.
Das ganze grofse Landgebiet haben die Fiirsten nicht
zu behaupten vermocht; die ausehnlichen grofspolnischen
Gebiete sind im Laufe des 14. Jahrhunderts eines nach dem
andern abgebrockelt ; im Norden drangte der machtige as-
kanische Markgraf Waldemar. 1318 gebot er auf Grund
alter Pfandanspriiche in Sagan, 1319 zwang er schon wie-
der zu neuen Abtretungen auf grofspolnischem Gebiete, und
erst sein Tod in demselben Jalire liefs die bedrangten Her-
zoge wieder freier aufatmen.
Und auch die Breslau - Liegnitzer Herzoge lernten es,
ihren Vorteil den Vettern gegeniiber wahrzvmehmeu. Zwar
scheint die Fehde, welche Boleslaw nach Heinrichs I. Tode
1309 mit den Glogauern begann, keinen Erfolg gehabt zu
haben, wohl aber fanden sich Konrad von 01s gegeniiber
Mittel zu Landerwerbungen. Dieser hatte seine Lande mit
einem Bruder, der den Namen Boleslaw filhrte, zu teilen,
und ihn hatte Boleslaw von Liegnitz vornehmlich durcli
Geldvorschiisse sich verpfhchtet und in eine gewisse Ab-
hangigkeit gebracht. Bereits in der erwahnten Teilungs-
urkunde der Glogauer von 1312 ist von Schulden undVer-
134 Zweites Buch. Sechster Abschnitt.
plandungen an die Breshiuer Herzoge die Rede. 1314 er-
wirbt Ileinrich VI. von Breslau, gegen Zahlung einer Greld-
suuime, das oderabwarts von Breslau gelegene Schlofs und
Stildtchen Auras, 1317 linden wir Boleslaw von Brieg im
Besitze des mitten in dera Olser Anteile gelegenen Stadt-
chens Prausnitz, und urns Jahr 1321 bildet sich ein lorm-
liclier Bund gegen den Herzog Konrad von Ols. Boleslaw
vcrmoclite aulser seinem Bruder Heinrich auch noch den
Polenkonig heranzuziehen , welcher ja mit den Fiirsten der
Grlogauer Linie wegen deren Anspriichen auf Grrolspoleu in
bestandiger Feindscliaft lebte, und ebenso den Herzog Bolko
von Oppeln, dem er von den Landen Konrads das Stlick
zwischen Stober und Oder, also im wesentlichen das Gre-
biet von Rosenberg, versprach. AUerdings gelang es Konrad,
den im Grunde friedlich gesinnten Heinrich von Breslau
von dem Biinde abzaziehen, und von diesem nicht uur die
Hand seiner Tocbter Elisabeth, sondern auch eine Geld-
summe zu erlangen, fur welche er zuerst seine Hauptstadt
Ols und anstatt deren dann das Gebiet von Trachenberg ver-
pfanden muls; aber um so schlimmer setzten ihm die anderen
Teilnehmer des Bundes zu; das rechte Oderufer ward von
den Polen wie von den Scharen Boleslaws schwer verwlistet,
auch das Kloster Trebnitz arg geschadigt, und Konrad
mufste sich 1323 zu einem von Konig WladyslaAv vermittel-
ten Frieden bequemen und diesen mit einer grofsen Ab-
ti'etung von Boleslaw erkaut'en, welche dann Namslau,
Krcuzburg und Pitschen umfafste und natiirhch auch das
Rosenbergische dem Oppelner Herzoge liefs. Datiir hatte
ihn der Tod seines Bruders Boleslaw 1322 in den alleinigen
Besitz seines immer noch ansehnlichen Landanteiles auf dem
rechten Oderufer (die Herzogtiimer (,)ls und Wohlau um-
fassend) gesetzt.
In Breslau war im Jahre 1311 eine Teilung zwischen
den drei Brlidern in der Weise verabredet worden, dafs
drei Anteile gebildet wurden, Liegnitz, Breslau und Brieg,
von denen der letztere den anderen an Wert so weit nach-
stehend erachtet wurde, dafs man fiir ihn noch eine Geld-
entschadigung hinzufiigte, welche angeblich sich auf 32 000
Mark von Liegnitz (das wegen der in diesem Gebiete be-
triebenen Goldgewinnung fur besonders reich gait) und auf
1 8 000 von Breslau behef Gerade aber nach diesem An-
teile griff Boleslaw, der als der Alteste zuerst zu wahlen
hatte, um seiner Geldnot willen. Heinrich, der Breslau
sich erkor als Herzog Heinrich VI. , setzten Vasallen und
Burger bald in den Stand, die Entschadigung an Boleslaw
Die Sohue Herzog Heinrichs V. 135
2U zahlen; doch Wladyslaw von Lieguitz brachte die ihm
^uferlegte Summe iiicht auf, und er mulste deshalb dem
Bruder Liegnitz verpfanden und sich dessen Mitregierung
gefallen lassen^ und als er, sich dieser Beschrankung zu ent-
ziehen, Krieg mit dem Bruder begann, ward er von diesem
gefangen genommen und, an Hiinden und Fiifsen gefesselt,
in grausamer Haft gehalten. Erst der Verzicht auf sein
herzogliches Erbe befreite ihn daraus, doch bald verschmahte
er es, sich mit dem ausbedungenem Jahreseiukommen von 500
Mark, das ihm Boleslaw zugesichert, zu begniigen, und be-
hauptete, es sei ihm mehr versprochen worden. Und als
seine Klage von dem Gerichte der Barone, nachdem Bole-
slaw die Thatsache des erfolgten Ubereinkommens mit drei-
fachem Eide erhartet hatte, abgewiesen ward, geriet er
aufser sich, und einem Raubritter sich zugesellend, begann
er von dessen Burg aus, dem Hornschlosse im Walden-
burger Gebirge, verwlistende Ziige in das Land hinein. Als
er mit einem solchen auch die alteu Wallonendorfer bei
Ohlau , Jankau und Wui'ben , Klostergiiter des Breslauer
Sandstiftes, heimzusuchen unternahm, liefen die Bauern zu-
samraen, leisteten tapferen Widerstand, schlugen die Rauber
in die Flucht und nahmen den Herzog mit etwa zwanzig
seiner Begleiter gefangen. Nach Liegnitz dem Bruder aus-
geliefert und dort wieder in Haft gehalten, verfiel er in
Tobsucht, so dafs niemand ihm zu nahen wagen durfte.
Endlich wieder beruhigt, ward er nach Jahresfrist freige-
lassen , doch ohne wieder zu einer Herrschaft zu ge-
langen.
Von spateren -Anspriichen auf Liegnitz werden wir noch
einmal zu berichten haben, aber auch von ihrer Erfolg-
losigkeit. Boleslaw vereinte in der That nun zwei der
Erban telle in seiner Hand: die Herzogtumer Liegnitz und
Brieg, ohne deshalb von Angriffen auf das Erbe des dritten
Bruders abzulassen.
Die zunehmende ZerspHtterung des Landes in kleinere
Herrschaften , deren Inhaber fortwahrend mit einander im
Zwiste lagen , mufste natiirlich zu einer ernsten Gefahr
werden und machtige Nachbarn zur Einmischung in die
schlesischen Angelegenheiten anlockeu. Nun war damals
auf der einen Seite Polen , dessen Konigswiirde Wlady-
slaw Lokietek 1320 erneut hatte, unter dem Scepter dieses
energischen Fiirsten miichtig emporgekommen , anderseits
hatte auch in Bohmen der tapfere und ritterliche Konig
Johann von Luxemburg seit 1310 seine Herrschaft immer
fester begrilndet. Aber auch der romische Konig Ludwig
Via Zwoitcs Buch. .Sechstcr Absclniitt.
nahm an den schlesischen Angelegenlieiten teil und zeigte
sich geneigt, die alte Oberherrlichkeit des Reiches iiber dies
Land wieder geltend zu machen, um so mehr, da ihn ja ■
auch die Erwerbiing der Mark Brandenburg filr sein Haus ■
zum Nachbarn der Sclilesier machte.
Mit diesen machtigen Herrschern selien wir nun in dem
ersten Viertel des 14. Jahrhunderts die schlesischen Teil-
fiirsten in vielfaclien, sehr verschiedeuartigcn Beziehungen.
Aus der Schweidnitzer Linie versucht der eine Hcrzog
Heinrich von Jauer, der auch die Hand einer jiingeren
Konigstoehter des ausgestorbenen Hauses des Premysliden
gewinnt, sich nach dem Tode des grofsen Askaniers ^^'alde-
mar (1319) in der Oberlausitz festzusetzen, gestlltzt auf die
von seiner Mutter, einer brandenburgischen Prinzessin, er-
erbten Anspriiche.
Noch im August 1319 huldigt ihm Gorhtz. Wohl droht
zwischen ihm und Konig Johann von Bohmen, der nicht
minder schnell Bautzen eingenommen hat, erbitterter Kampf,
aber bereits im September kommt es zwischen beiden zu
einem giitHchen Vergleiche, in welchem der Bohmenkonig
schon mit Riicksicht auf die dem Sch wager noch zukommende
Mitgift seiner Gemahlin demselben den ostlichen Teil der
Oberlausitz mit Gorlitz lafst und ihm dann diesen Besitz;
vor dem romischen Konig Ludwig bestiitigt. Doch hat die
Herrschat't des schlesischen Herzogs hier keine teste Wur-
zeln zu schlagen vermocht, und zehu Jahre spater hat
Heinrich 1329 diesen Lausitzer Besitz an den Bohmenkonig
gegen eine Geldsumme Aviederum abgetreten.
Heinrichs Bruder, Bernhard von Fiirstenberg, sehen wir
1322 mit dem Bohmenkonige dem Konig Ludwig dem
Bayer zuhilfe kommen und in der Scblacht bei Mlihldorf
I'iir diesen mitkampfen, erfahren audi, dais Bitter aus den
schlesischen Adelsgeschlechtern von Haugwitz, Peter swaldau,
Tephwoda, Zedlitz, Tschetschau, Tschu-n in seinem Gelblge
sich _betunden haben.
Uber das Motiv, welches den Herzog zu dieser freiwil-
ligen Hilfeleistmig bewogen, erhalten wir keine Andeutung,
mogen aber darin ein Zeugnis dafiir erblicken, dafs auch
Bernhard wie sein Bruder Heinrich die Oberherrlichkeit des
romischen Konigs anerkannte.
Von den beiden Herzogen des Breslau - Liegnitzer Stam-
mes hielt sich der altere, Boleslaw, zu seinem Schwager
Kcinig Johann von Bohmen, auf dessen Seite sein unruhiger
Sinn Thaten und Abenteuer und daneben wohl auch Land-
mid Geldgewinn hoifen mochte. 1321 fuhrte derselbe, als
Das Deutsche Reich und die schlesischeii Fiirsteii. 137
Konig Johanu auf einem Kriegszuge abweseud war, als sein
Stellvertreter die Regierung in Bolimen. Doch hielt ihn
das nicht ab, auch mit dem Polenherrscher nahere Bezie-
hiingen zu pflegen, wie denn dieser 1323 jene schou er-
wahnte grolse Landabtretung Konrads von (3ls auf dem
rechten Oderufer vermittelte. Wenige Jahre spater, 1326,
als Konig Wladyslaw, durch] den Papst aufgestachelt , den
Sohn Lvidwigs von Bayern in Brandenburg bekriegte, liefs
sich Boleslaw zu einem Einl'alle in Polen bewegen, den
Wladyslaw zu rachen keine Zeit fand, so dais auch von
seiner (Boleslaws) Seite eine Hinneigung und Beziehung zu
dem romischen Konige Ludwig nachweisbar wird.
Was seinen Bruder Heinrich VI. von Breslau anbetrifffc,
so zogen diesen Bande der Verwandtschaft eher zu Ludwigs
Gegenkonig Friedrich von Osterreich , dessen Schwester
Anna seine Gemahlin war, und in der That sehen wir ihn
1314 einen Kriegshaufen zu dessen Uuterstiitzung an den
Rhein fuhren. Doch zu einem treuen und standhaften Aus-
harren auf dieser Seite reichten bei dem Herzoge weder
die kriegerischen Neigungen- noch die Geldmittel aus. Er
ist bald wieder heiragekehrt, den Schwager seinem Schick-
sale ilberlassend, und hat, als dieser 1322 bei Mllhldorf be-
siegt und gefangen ward, sich beeilt, mit dem Sieger seinen
Frieden zu machen. Von Konig Ludwig empfaugt er
1324 sein demselben aufgetragenes Herzogtum als Reichs-
lehen zurilck mit der Befugnis, dasselbe zuuachst seiner
Gemahhn auf Lebenszeit, uud dann, da er mannlicher Erben
entbehrte, seinen Tochtern zu hinterlassen.
Was die Herzoge der Glogauer Linie anbetrifft, so stand
fllr diese in erster Linie die Sorge um die Behauptuug ihres
grofspolnischen Besitzes, den ihnen die Polen nicht gonnten.
Der hieraus sich ergebende Gegensatz war doch zu stark,
als dais es hatte Erfolg haben kcinnen, als sie 1325 der
Papst aufforderte, um der Ehre der Kirche willen in Ver-
bindung mit dem Polenkonige den Markgraf Ludwig von
Brandenbm'g, den Sohn des exkommunizierten romischen
Konigs, zu bekampfen.
Uberblicken wir das, was wir hier ilber die Handlungs-
weise einzelner schlesischer Herzoge m dieser Zeit anzu-
fiihren vermochten, so erkennen wir, dafs von einer einheit-
hchen etwa nach spezifisch schlesischen Gesichtspunkten ge-
regelten Politik nicht die Rede ist, sondern dafs jeder nur
seinen besonderen Interessen und Neigungen folgt. Indessen
geht doch, Avenngleich von einer verabredeten tbereinstim-
mung der politischen Ziele kaum die Rede ist, durch alles
138 Zweites Buch. Sechster Abschnitt.
ein gewisser Zug vou Gemeinsamkeit , der sich negativ als
eine ALneigung gegen Polen und positiv als eine gewisse
Hinneigung zu dem Deutschen Keiche und dessen Ober-
haupte Ludwig vun Bayern bezeichneu lafst. Wie weit
diese ging, dafur spricht ganz besonders die Thatsache, dais
132G der Papst gegen mehrere schlesische Abte einschreitet,
-\veil diese sich weigern, die papstlichen Bannspriiche gegen
Kuuig Ludwig den Bayer bekanut zu machen. Von einer
Anlchnung des zersplitterten Schlesiens und seiner Piasten
an das neu erstarkte Polen und den dort horrschenden
ihnen stammverAvandten Herrscher konnte keine Rede sein.
Audi Kcinig AMadyslaw hat, so viel wir sehen konnen,
keine ernstlichen Schritte gethan, die schlesischen Fiirsten
gegen ihren Willen in seine Maehtsphare zu ziehen, sie in
Abliiingigkeit you sich zu briugen; cr mochte erkennen,
wie die nun einmal nicht wegzuleugnende Thatsache , dafs
in iSchlesien deutsche Sprache und deutsche Kultur zur
Herrschaft gekommen Avaren, dieses Land nun iiir immer
vou Polen schied.
Es war dies das Resultat, Avelches das 13. Jahrhundert
geschafien hatte, ein Ergebnis von nicht geringer Bedeutung
fur die allgemeine und besonders fiir die deutsche Ge-
schichte. Deutschland hatte im 13. Jahrhundert in dem
preufsischen Ordenslande einer- und in dem deutschen Schle-
sien anderseits gleichsam zwei neue Marken, AufsexiAverke
gegen die slavische Welt, empfangen, und es Avard gerade
damals, avo nach dem Aussterben der Askanier die Mark
Brandenburg, Avelche an erster Stelle zur AVacht im Osten
berufen AA^ar, so AA^enig Aviderstandstahig erschien, A'on nicht
geringer Bedeutung, dafs, als damals die riimische Kurie
die Polemnacht zum Angriffe auf Bi-andenburg trieb , der
Angritf nur in schmaler Front erfolgen konnte und dabei
noch gehemnit durch jene beiden die polnischen Landesteil^
flankierenden deutschen Staatenbildungen.
UnzAveifelhaft hiitte ein energischer Filrst auf dem deut-
schen Throne mit etAvas Interesse fllr die Politik des Osteua
es leiclit gehabt, die schlesischen Fiirstentilmer fest rait der
Reiche zu verkniipfen, und LudAAdg der Bayer hat ja auch]
wie AA'ir sahen, die Lehensauftragungen einiger von ihnei
entgegengenommen ; aber sich nach dieser Seite ernstlicl
als k^chutzherr zu A'erpflichten , trug er docli Bedenken unc
iiberliefs es schliefslich dem Bohmenkonig , dem er flii
tapfcre Kriegshilfe zu Dank verbunden AA-ar, hier in Schle-i
sien die reif gCAvordenen Frilchte zu pfliicken.
Natilrlich bedurfte es immer noch aufserer Anljisse, lun
Lehensauftragungen der obersclilesischeu Fiirsten au Bohmeu. 139
das grofse unci folgenschwere Ereignis des Anschlusses von
Schlesien an die Krone Bohmens herbeizufiihren.
Am einfachsten gestalteten sicli die Dinge in Ober-
schlesien, wo ja, Avie wir wissen, die dortigen Teilfiirsten
schon einst Konig Wenzel 11. gehuldigt hatten. Dieselben
batten das 1289 getban, als der Bobmenkonig gegen Krakau
zog; und als nun Konig Jobann, der gegen die Kcinigs-
kronung Wladyslaws protestiert batte und selbst als Erbe
der Premysbden den Titel eines Konigs von Polen fubrtO;
1327 sicb zam Kriege gegen jenen entscblofs, wird es
ibm nicht allzu scbwer geworden sein, die oberscblesiscben
Herzoge zu einer erneuerten Huldigung zu bewegen. Nun
vermittelte zwar im letzten Augenblicke nocb Wladyslaws
Sebwiegersobu, Karl Robert von Ungarn, einen Frieden
zwiscben den beiden Gegnern, aber Jobann zog trotzdem
nacb Oberscblesien , um die ibm nun einmal verbeifsenen
Huldigungen der dortigen Fiirsten zu empfangen. Am
18. Februar 1327 tragen ibm zu Troppau die Herzoge Ka-
simir von Tescben und Bolko von Falkeuberg ibre Lande
zu Lehen auf; tags darauf folgt ibnen ebendaselbst Wladj-
slaw von Kosel samt seinen Briidern Ziemowit und Greorg,
und am 24. Februar tbun das Gleicbe zu Beutben Jobann
von AuscbAvitz und Lesko von Ratibor. Von den ober-
scblesiscben Fiirsten bielt sicb nur Boleslaw von Oj^peln
nocb zuriick.
Man AA^ird nun nicbt sagen konnen, dafs diese Vorgange
ein Gleicbes in Niederscblesien batten berbeifiibren miissen.
Die VerbinduDg zwiscben jenen Fiii'sten im Siidosten Scble-
siens mit denen im Herzen des Landes Avar damals eine
selu- lose, und ebensowohl Avie 1289 batte aucb 1327 Ober-
scblesien sebr wobl seinen eigenen Weg geben konnen, obne
dais das librige Land nacbgefolgt ware. Doch batten bier
besondere Umstande auf dasselbe Ziel bingedrangt.
Herzog BoleslaAV von Liegnitz und Brieg war ein
scblecbter Finanzmann, und seine vielen Febden und Aben-
teuer verscblangen grofse Summeu. Seine Geldnot mocbte
nacb dem Feldzuge gegen Herzog Konrad A^on 1323 an doppelt
driickend gcAvordeu sein, und so driingte er denn seinen
Bruder Heinricb, ibm sein Herzogtum Breslau tauscbweise
gegen Liegnitz abzutreten, erwiigend, dafs der Besitz des
steuerkraftigen Breslau seinen Bedrangnissen Abbilfe scbaffen
I kiinnte. Natiirlicb weigerte sicb Ileinricb, darauf einzugeben,
j batte aber seitdem A^on A^erAvii.stenden Einlallen zu leiden,
• welcbe die Ritter Boleslaws A'on Mertzdorf bei Oblau und
anderen Bursren seines Landes aus in das Breslauiscbe unter-
140 Zweites Buch. Sechster Abschnitt.
nahraen. Als dann Heinricli den Feindseligkeiten des Bru-
ders gegeuiibei' Schutz bei Koiiig Ludwig dem Bayer
suchte und, wie Avir wissen, von diesem dann audi 1324
das Recht , seine Lande aiif' seine Tochter zu vererbcn er-
langte, steigerte sieh nur die Feindscliaft Boleslaws. Der-
selbe suchte den Schi'itt, der ihm seine Hoffnung, in den
Lehen des Bruders sich oder seine Scihne folgen zu sehen,
abschnitt, zuuachst an den Ratgebern Heinrichs zu riichen.
Einer von ihnen, der Domherr und Bistumsadministrator
Nikolaus von Banz, von dessen grofsem Einflusse "svir noch
zu sprechen haben werden, wu'd von Leuten des Brieger
Herzogs Avahrend einer Domkapitelsitzung in der Egidien-
kirche aufgehoben, nach dem Schlosse Jeltsch bei Ohlau
fortget'ilhi't und dort eine Weile festgehalten , bis es seinen
Freunden gelingt, ihn (doch wohl gegen hohes Losegeld)
Avieder zu betreien. Ungleich sclilimmer erging es einem
andern von Heinrichs ]\Iinistern, dem Breslauer Patrizier
Johann von Mollensdort", den Boleslaws Schergen in der
Elisabethldi-che iibertielen , hinausschleppten und auf ein
Pferd setzten, um ihn gefangen fortzuf uhren , dann aber,
da er sich durch alle Bedrohungen nicht abhalten liefs^
Hilfe zu schreieuj niederliieben , um ilir Heil in der Flucht
zu suchen , ehe ein Volkszusammenlauf ihnen Gefahr
drohe.
Wenn solches innerhalb der Mauern Breslaus moglicl
Avurde, dami stand es allerdings libel mit der Macht Herzog
Heinrichs VI. Avie mit der Wehrhaftigkeit der Burgerschaft,
und das Bedilrfnis eines machtigen Schutzes von aufsen war
nicht abzuleugnen. Dais solchen Schutz der feme Herrschei
des Deutschen Reiches nicht gCAvahren konnte, lag auf der
Hand, und so tauchte der Gedanke eines Anschlusses an
die Ea-one Bohmen, Avelchen die Breslauer, Avie Avir sahen^
audi schon bei frilherer Gelegenheit betrieben batten, von
neuem auf. Dem Breslauer Handel konnte ja nur geholfen
Averden, Avenn ein machtiger Schutzherr in Schlesien ge-
ordnete Verhiiltnisse herbeifuhrte und Ruhe und^ Sicherheit
Aviederherstellte.
So sehen Avir denn die Breslauer Konsuln unzAveifelhaft^
im EinA^erstiindnisse mit ihren Landesherren bereits 1325
zAvei Gesandtschaften an Konig Johann nach Prag ab-
scliicken. Sie kamen zu ungiinstiger Stunde und mufsten
erfahren, dais der Konig blofs in Prag verAveile, um zu
einem Feldzug an den Grenzen Franla-eichs, nach dem ihm i
der ganze Sinn stand. Geld zusammenzm-aflfen. Da Avar
filr den Augenblick nichts zu erlangen, und ein Aveiteres
Heinrichs VI. Bedranguis durch seineu Briidei* Boleslaw. 141
Vorgehen hatte sie dem Grimme Boleslaws ausgesetzt, ohne
dafs sie an dem Konige Scliutz gehabt hatten.
luzwischen aber erneuten mid vermehrten sicli die Be-
clrangnisse Herzog Heinrichs. Wegen eiues polnischen Raub-
ritters^ dem man in Breslau den Prozefs gemacht hatte,
kiindigte Konig Wladyslaw von Polen Krieg an (1326), und
Heinrich suchte Schutz in einem Bilndnisse mit dem Hoch-
meister des Deutschen Ordens, ohne sich dadurch recht ge-
sichert zu fiihlen.
Als nun im Januar 1327 Konig Johann nach Bcihmen
zuriickkam und jetzt ernstlich sich den ostHchen Verhalt-
nissen widmen zu wollen schien, einen Krieg gegen Polen
riistete und im Februar die Huldigungen der oberschlesischen
Fiirsten in Troppau und Beuthen entgegennahm , entschlofs
sich Herzog Heinrich, ihn als Oberlehensherrn anzuerkennen.
Gesandte der Breslauer, welche den Konig aufsuchten und
ohm ein Ehrengeschenk darbrachten, haben, wie es scheint,
dariiber verhandelt. Bei des Konigs Riickkehr aus Ober-
schlesien nach Prag fand sich der Herzog Heinrich VI.
dort ein, und nachdem die letzten Verabredungen getroffen
waren, begleitete ihn nun Konig Johann von Prag nach
Breslau, wo beide am 4. April eintrafen, und vom 6ten
datiert dann die denkwiirdige Urkunde, durch welche Bres-
lau der Krone Bohmen verschriebeu ward.
In diesem Dokumente erklarte Konig Johann, Herzog
Heinrich habe ihm das Herzogtum Breslau um des Landes
Ehre und Besten willen freiwillig abgetreten, wogegen er
demselben auf das feierlichste zusichert, dais Heinrich Zeit
seines Lebens die voile Herrschaft ilber das Land haben
und ausiiben solle, wenngleich unter der Beschrankung,
dafs derselbe Lehen, die fortan vakant wllrden, zwar aufs
neue verleihen dilrfe, aber doch nur im Namen des Konigs,
und dais er diesen im Falle eine Krieges seine samtlichen
Festungen offen zu halten verpflichtet sei.
Was hier festgesetzt ward, war doch wesentHch verschie-
den von den sonstigen Lehensauftragungen der schlesischen
Fiirsten, wie denn auch in dieser Urkunde die iibhche
Erklarung fehlt, der betreffende Fiirst habe das in die
Hande des Konigs iibertragene Land als Lehen zuriick-
erhalten. Eine derartige Festsetzung, hier eingeschoben,
wiirde ja dann die MogHchkeit offen gelassen haben, dafs,
wenn Heim-ich z. B. aus einer zweiten Ehe noch mannliche
Nachkommen gewonne, die in dem Lehen dann ohne wei-
teres hatten succedieren konnen, ein Fall, der eben hier
ganz und gar ausgeschlossen werden soUte. Nicht von einer
142 Zweites Bueh. Sechster Abschnitt.
Lehensaiil'tragung- \vird man hier sprechen kunnen, ja nicht
eininal von eincm Erbvertrage, sonclern von einer einfachen
Abtretung unter Vorbehalt des Besitzes auf Lebenszeit, doch
so, dais der Enipfanger schon danials eine Oberherrlichkeit
eingerjiumt erliielt, die natiirlich, Avoraut" eben hier das nieiste
ankam, zuglcich eine Verpflichtung zum Schutze seinerseits
einschlofs.
Man wird kaum zweifeln kcinnen, dafs es wesentlich die
Brcslauer Konsvdn waren , welche den Herzog zum An-
schhisse an Biihnien gerade in dieser Form bewogen. Sie
batten das lebhai'teste Interesse daran, aus dem Jammer der
Kleinstaaterei berauszukommen und fiir den Fall, dafs ihr
gutcr, aber wenig thatkriiltiger Herzog die Augen schlols, ihrer
aufbliihenden Handelsstadt den Schutz eines mjichtigen Herr-
schers zu sichern, statt es darauf ankomnien zu lassen, dafs
der scbwacbe Konrad von 01s, auf das Privileg Konig Lud-
wigs gestiltzt, das Land Breslau mit seinem Schwager von
Falkenberg teilte, oder beide mit dem versehwenderischen
und gewalttbatigen Boleslaw von Brieg, dem nachsten Mannes-
erben, um das Land rauften.
Konig Johann hatte sich iibrigens bereit finden lassen,
dem Breslauer Herzog ansehnlicbe Vorteile filr die definitive
Verschreibung des Landes zu bieten; den Besitz der Graf-
schai't Glatz und jahrlich 1000 Mark Silbers hatte er dem
Herzoge gewahrt. Wie gut die Breslauer auch filr sich
selbst zu sorgen verstanden hatten, werden wir an anderem
Orte noch auszufuhren Gelegenheit haben.
Die Huldigung des Breslauer Herzogs hatte als nachste
Folge, dafs nun auch der letzte noch iibrige oberschlesische
Furst Bolko von Oppeln in Breslau am 5. April 1327 sich
fiir seine Lande Oppeln und Rosenberg zum Lehensmann
der Krone Bohmen erklai-te.
Mit der Breslauer Verreichung unzufrieden zu sein
hatten nun wohl am meisten Ursache gehabt die Schwieger-
sohnc Heinrichs VI., Konrad I. von Ols und Bolko von
Falkenberg, da ja, wie wir wissen, Kilnig Ludwig von
Bayern 1324 ausdriicklich ein Erbrecht der Tochter Hein-
richs anerkannt hatte. Thatsachlich aber war es des letz-
teren Bruder, Boleslaw, der sich als den eigentHch Geschadig-
ten ansah.
An Gelegenheit, sich an dem Bruder zu rachen, fehlte
es nun nicht, denn den Konig trieb sein abenteuernder
Sinn gleich 1327, unmittelbar von Breslau aus, ins weite,
und er hat sich nun fast zwei Jahre lang in fernen Kriegs-
handeln an der franzosischen Grenze herumgetummelt. Und
Reiurich VI. unterwirft sich der Krone Bohmen. 143
in der That erfahren wir, dais Boleslaw im Bunde mit dem
gleichfalls ewig unruhigen Herzoge Johann von Steinau zu
den Waffen gegriffen hat gegen den Konig resp. dessen
neuen Schiitzling, den Breslauer Herzog, ohne es doch zu
mehr als einigen verwlistenden Einfallen zu bringen.
Konig Johann kehrte gegen Ende des Jahres 1328 nach
dem Osten zuriick, unternahm aber sofort wieder im De-
zember dieses Jahres einen Kreuzzug gegen die Bistiiraer^
auf dem er neue Lorbeeren erntete, pohiische Herzoge zur
Huldigung verpflichtete und dem deutschen Orden Ausdeh-
nung seiner Grenzen und Hilfe gegen seine Feinde brachte.
Als er dann in der Ostervvoche 1329 wieder in Breslau
eintraf, erhob sein Schwager Boleslaw bittere Vorwiirfe ge-
gen ihn wegen des Breslauer Vertrages, da er ihm doch
gelobt habe, ihm keine seiner Anwartschaften zu entziehen,
sondern ihm vielmehr gegen jedermann beizustehen. ,; Ge-
gen jedermann " , soil Konig Johann darauf geantwortet
haben, „aber doch nicht gegen mich selbst", ein Wort,
welches allerdings nur so viel besagte, dafs der Konig seine
Versprechungen nur so lange respektiere, als er seinen Vorteil
dabei lande, und die Frage, ob denn Boleslaw ein Recht
habe, Breslau unter seine Anwartschaften zu zahlen, unbe-
rlihrt liefs.
vSchnell brachte der Konig die ihm widerstrebenden Fur-
sten zur Euhe. Herzog Johann von Steinau ward einfach
genotigtj zur Siihne dafur, dafs er das Breslauer Land ge-
schiidigt, und um ein infolge davon gegen ihn etwa anzu-
strengendes Rechtsverfahren abzuwenden, alle seine Lande,
namlich die Gebiete von Steinau, Lllben und Guhrau, von
dem Konig zu Lehen zu nehmen (1329, 29. April).
Und auch gegen seinen Schwager Boleslaw wufste der
Konig sehr wirksame Triimpfe auszuspielen. Noch lebte
ja dessen Bruder Wladyslaw, den Boleslaw aus seinem Lieg-
nitzer Erbe vertrieben hatte, und dessen sich bereits 1325
der Papst in einer besonderen Bulle angenommen hatte.
Wladyslaw hatte inzwischen in Masowien eine alte Herzogin
gefunden, die dem halb Wahnsinnigen ihre Hand gereicht,
hatte aber dieselbe, nachdem das Heiratsgut durchgebracht
war, wieder verlassen, und fand sich in dem Feldlager Ko-
nig Johanns ein, ausgeriistet mit einer Urkunde, in welcher
die Liegnitzer, die des verschwenderischen Boleslaw iiber-
driissig waren, Wladyslaw als ihren rechtmafsigen Herrn
anerkannten, und bereit, seine Anspriiche an Konig Jo-
hann zu verkaufen. Aufserdem vermochte der letztere auch
Pfandanspriiche auf Haynau und Goldberg, die ihm Bres-
144 Zweites Buch. Scchster Abschnitt.
lauer IBiirger , Gliiubiger Boleslaws , iiberlassen , vorzu-
bringen.
Vor diesen AVaffen beugte sich Herzog Boleslaw, und
so wie er sich zur Huldigung bereit zeigte, war naturlich von
Wladyslaws Ansprlichen keine Rede melir; iinter dem
9. Mai 1329 erhielt er jetzt sarat seineu Erbeu und Nach-
komnilingen beide Herzogtiimer Liegnitz und Brieg (letz-
teres mit Nanislau, Kreuzburg luid Pitschen) als Lehen der
Krone Bohmens, und ein besonderes Privileg verpflichtete
dann audi den Konig, sich in die Schuldsachen seines
Schwagers (wofern nicht adelige Vasallen ini Spiel wilren)
nicht ferner zu mischen.
Die Belehnungen Johanns von Steinau und Boleslaws von
Liegnitz-Brieg waren bei Gelegenheit der Anwesenheit Konig
Johanns in Breslau erfolgt, und hier hatten sich nun denn
audi die Brilder des ersteren, Heinrich von Sagan und
Konrad von Ols, eingefunden und liefsen sich gleichf'alls zur
Auttragung ihrer Lande als Lehen der Krone Bohmen be-
wegen. Es erfolgte dies ebenfalls am 9. Mai 1329 in zwei
ganz ilbereinstimmenden Urkunden, welche dann die Lehens-
nachfolge den direkten mannlichen Leibeserben der Aus-
steller und in Ermangelung soldier den Briidern Heinrich,
Johann und Konrad und ihren mannlichen Nachkommen
zusichern, aber bei Ausgang des Mannesgeschlechts einen
Heimfall an die Krone Bohmen in Ausicht nehmen. Ent-
sprechend dem Privileg, welches Herzog Boleslaw erlangt,
wird auch diesen beiden Fiirsten zugesichert, dafs nur dem
Add ihrer Lande und zwar fiir den Fall, dafs sie in Kechts-
streitigkeiten bei dem Landesherrn kein Recht fandeu, eine
Berufung an den Konig von Bohmen als Oberlehensherrn
zustehe.
Lisofern beide Herzoge ganz freiwillig ihre Lehensauf-j
tragungen vornehmen, erlangen sie auch noch besonderej
Gunstbezeugungen vom Konige, welche bei Heinrich von
Sagan in Gddzahlungen , bei Konrad von 01s in der Zu-
sage einer Einlosung des an den Breslauer Herzog ver-
pfandeten Schlosses Praufsnitz bestehen.
Ganz fern hatte sich diesen Vorgangen ein vierter der
Glogauer Herzoge, Primko von Glogau, gehalten. Obwohlj
auch ihn Konig Johann zur Huldigung drangte, weigerte erj
sich doch ganz entschieden, und ward dafiir dadurch ge-
straft, dafs sein Name in den Lehensurkunden der Bruder|
nicht als Anwarter genannt werden durfte, etwas, was that-
sachlich ohne weitere Folgen blieb, da jener bereits 1331 i
kinderlos starb. Von grofserer Bedeutung hatte es werdenl
Die Fiirsten der Glogauer Liuie. 145
konnen, dafs Konig Johann aus besonderer Gunst im Jahre
1338 im Wider spruclie mit dem Lehensbriefe von 1329
Hedwig dem eiiizigen Kiiide dps Herzogs Kom'ad von 01s
ein Successionsrecht auf die Olser Lande zusprach; doch
audi bier erledigte sicb aller Streit dadurch, dafs Herzog
Konrad aus seiner zweiten Ebe mit Eupbemia von Ko-
sel docb nocb einen mannbcben Erben, Konrad II., ge-
wann.
Als Konig Jobann das nacbste Mai in seinen neuen
Lebenslanden erscbien, im Herbste 1331 , wufste er nun in
Niederscblesien festeren Fufs zu fassen. Von den Bres-
lauern bracbte er damals in Gestalt aufserordentlicher Bei-
steuern die grofse Smnme von 1200 Mark auf, indem er
denselben die Zusage erneuerte, die etwa zu gewinnenden
Landesanteile unmittelbar dem Herzogtume Breslau binzu-
fiigen zu wollen. Darauf riickte er mit einem von ibm ge-
sammelten Heere gegen Glogau.
Diese Stadt batte nacb dem Tode Primkos am 11. Ja-
nuar d. J. dessen Scbwager, Herzog Bolko von Fiirstenberg,
im Namen von Primkos Witwe, Constantia, seiner Scbwester,
der sie als Wittum verscbrieben war, zu bebaupten ver-
sucbt, aber auf einen Kampf mit dem Konige mocbte er
es nicbt ankommen lassen. Ende September 1331 stand
Jobann mit seinem Heere bei Kreidelwitz etwa drei Meilen
vor Glogau und verlangte von der Blirgerscbaft Huldigung.
Als die Ratsberren, die in sein Lager berausgekommen,
Einweuduugen macbten, zeigte der Konig auf sein Heer:
„Mit wenigen seid ibr berausgekommen, mit dieser Menge
werde icb eucb zuriickfubren, und ebe ibr beimkommt,
werdet ibr mein Banner auf dem Scblosse von Glogau
weben seben." Und so gesebab es. Eine macbtige Partei
in der Stadt bing dem Konige an und oifnete ibm die
Tbore. Und wie die Burger im Grunde gesonnen waren,
mogen wir daraus erkennen, dafs, als sie dem Konige nun
am 1. Oktober buldigten, sie in ibre Privilegienbestatigung
aucb das aufnebmen liefsen, dafs der Konig versprecbe,
Stadt und Land Glogau mit alien Einwobnern nie von der
Krone Btibmen nocb aucb von der Verbindung mit Stadt
und Flirstentum Breslau zu losen. Aucb bier in Glogau
mocbte es ungleicb mebr locken, in Verbindung mit Breslau
in die Hand eines macbtigen auswartigen Fiirsten zu kom-
men, als die Stadt und ibr Gebiet unter mebrere kleine
obnmacbtige, aber ewig geldbediirftige Fiirsten geteilt zu
seben.
BeziigHcb der Entscbadigungen an die Briider Primkos
Grunhagen, Gesch. Schlesiens. I. 10
146 Zweites Buch. Sechster Abschnitt.
erfahren Avir nur so viel, dafs Johann von Steinau seine
Anspriiche aiii' Glogau um 2000 Mark dcm Kcinig verkaiil't
hat. In der That hat Konig Johann und aiich sem Nach-
folger von da an Stadt und Land Glogau als unmittelbares
Besitztum der Ki'one Bohmen beti-achtet, doch hat er sich
dessen wiederholt, wenngieich immer niu* zeitweise, wieder
entaufsert.
Wenn Konig Johann versucht hat, aus der Erbschaft
Primkos, die er nun einmal beanspruchte , auch Posen fiir
sich zu erwerben und deshalb damals, im Herbst 1331, von
Glogau aus in Grofspolen eingedrungon ist und Posen be-
lagert hat, so hat das doch schhefslich keinen Erfolg ge-
habt, obwohl auch der deutsche Orden gleichzeitig den Polen-
konig bedriingte.
Wohl aber hefs der Tod Heinrichs VI. von Breslau am
24. November 1335 die Hauptstadt Schlesiens mit ihrem
Gebiete mid dem von Auras, dem 1327 getrofFenen Ab-
kommen gemafs, an den Konig fallen, dem auch die Bres-
lauer Katsherren ilu'e Treue zu geloben sich beeilten.
Die Unterwerfung der schlesischen Fiirsten lindet dann
in den Jahren 1335 — 1337 ihren Abschlufs. Bis dahin
waren von den vier grofsen Stiimmen, in welche sich hier
die Herzoge spalteten, drei vollstilndig zur Unterwerfung
gebracht, nur die Sohne Bolkos I. von Fiirstenberg, die
einen weiten Strich Landes liings des Gebirges besafsen,
hatten sich bisher noch ganz ferngehalten. Von den drei
Sohnen Bolkos I. hatte der alteste, Bernhard, den mittleren
Anteil, Schweidnitz, der zweite, Heiurich, den westlichen^
Jauer, der jiingste, Bolko, den ostHchen, Mllnsterberg, er-
halten. Diese hatten sich, wie wir bereits (wenigstens von
den beiden Letztgenannten) anflihrten, enger an Konig Lud-
vrig den Bayer angeschlossen ; einer hatte ja sogar bei Miihl-
dorf fiir diesen Herrscher mitgekiimpft, und Heinrich von
Jauer hatte noch 1329, als er Gorlitz an Kcinig Johann
verkaufte, unter Beruiung darauf, dafs es sich um ein
Reichslehen handelte, dem Kaiser davon Mitteilung gemacht.
Es ist Avohl moglich, dafs diese Verbindung sie bewogen
hat, die Antrage Johann s, auch ihrerseits sich unter den
Schutz der Krone Bohmen zu stellen, abzulehnen. Hatte
nun der Konig gleichfalls aus Riicksicht auf Konig Ludwig
von weiterem Driingen nach dieser Seite hin abgestanden,
so fiel diese Riicksicht fort, als 1335 wegen des Tiroler
Erbschaftsstreits zwischen Johann und dem Deutschen Kaiser
bittere Feindschaft ausbrach und man auf beiden Seiten
eifrig zum Kj'iege riistete.
Herzog Bolko von Miinsterberg. 147
Das Heei* Konig Johanns sammelte sich im Sommer
1335 in Mahren; da aber, unci zwar wahrscheinKcli auf
des imgarischen Herrschers Antrieb zunachst nocli einmal
friedliclie Unterhandlungen versuclit werden sollten, so ward
dasselbe wieder entlassen; einen Teil davon aber entsandte
der Konig im September unter seinem Sohn Karl gegen
Bolko von Miinsterberg, unter dem Vorwande, die Kloster
Kamenz und Heinrichaii vor dessen Gewaltthatigkeiten
schiitzen zu miissen.
Wir erfahren von diesem Feldzuge, dafs das bohmische
Heer das Land des Herzogs verwllstete, Schlois Cantli er-
oberte und Frankenstein belagerte, welches jedoch die Bilr-
ger so tapfer und aufopfernd verteidigten , dafs der Herzog
ihre Treue naclimals in einem besonderen Freiheitsbriefe
anerkannt und belohnt hat. Aufserdem erlitten die Belagerer
auch einen schweren Verlust dadurch , dafs eine Schar der-
selben, bei welcher sich an 150 Edie befanden, unter ihnen
die Gebriider Jaroslaw und Albrecht von Sternberg, durch
zwei Edelleute des Landes, Arnold von Kachenau und
Michael von Bohrau, deren Flihrung man sich anvertraut
hatte, in einen Hinterhalt der Feinde und so in deren Ge-
fangenschaft gefuhrt wurde. Doch fiihrten Unterhandlungen.
bald zum Ziele; Herzog Bolko erschien auf die Einladung
Karls in dessen Lager, und bei einem festHchen und glan-
zenden Mahle gewannen ihm die Thranen und Bitten der
Frauen der Gefangenen deren Befreiung gegen billiges Lose-
geld ab, und auch Karl vereinigte sich mit Bolko liber die
Hauptpunkte eines Vergleiches, der, was das Wichtigste
war, des letzteren Unter werfung in sich schlofs, wahrend
Karl das Schlofs Canth gleichsam als Pfand behielt.
In dem nachsten Sommer (1336) suchte dann Herzog
Bolko den Konig in seinem Feldlager zu Straubing in
Bayern auf, und hier erfolgte auch am 29. August die Be-
lehnung in Gegenwart des Brieger Herzogs Boleslaw und
mehrerer Adehgen des Mlinsterberger Landes in aller Form.
Es ward ein Kufs gewechselt, und zum Symbol des ge-
reichten Lehens bedeckte der Konig das Haupt des vor
ihm knieenden Herzogs mit dem herzoglichen Barette. Die
Belehnung erstreckte sich nur auf die direkten mannHchen
Nachkommen, nach deren Absterben das Land an die Krone
Bohmen fallen sollte, so dafs ein Erbrecht der Brlider und
ihres Stammes nicht anerkannt wurde. Dagegen erhielt
Bolko auf Lebenszeit die durch den Tod Heinrichs VI. von
Breslau erledigte Grafschaft Glatz.
Nachtraghch sehen wir dann bei des Konigs nachster
10*
148 Zweites Bucli. Sechstcr Abschnitt.
Anweseiilieit iu Breslau den Herzog noch verschiedene sehi-
ansehnliclie Zugestiiuduisse an den Konig machen. Abge-
sehen von Canth, Avelches er offenbar nicht wieder erliielt,
verptiiudete er an Johann Frankenstein, Strelilen und Wanseu
imd erteiltc demselben audi das Recht, das an seine Bril-
dcr versetzte Reichenbaclier Gebiet einzulosen, so dafs ihm
thatsachlich nur noch das Miinsterberger Land bleibt; er
verpflicbtet sich dann, binnen Monatsfrist in alien seinen
Landen dem Konige buldigen zu lassen, ja er gelobt sogar,
falls ihm seine Gemahlin stilrbe, ohne Zustimmung des Ko-
nigs keine neixe Ehe einzugehen.
In denselben Tagen unterwarf sich hier zu Breslau dann
audi ein zweiter der Sohne Bolkos I., des Konigs Schwager,
Heinrich von Jauer. Was sich aus den verschiedenen bei
dieser Gelegenheit ausgestellten Urkunden ergiebt, ist that-
sachlich Folgendes: Herzog Heinrich bestatigt den eigentlich
bereits 1329 festgesetzten Verkauf von Giirlitz an den Konig
und verspricht demselben, dafs, falls er, der Herzog, ohne
mannliche Erben zu hinterlassen , stlirbe, seine sonstigen
Lausitzer Besitzungen an Johann fallen sollten. Datilr er-
halt Heinrich auf Lebenszeit Stadt und Land Glogau imd
ebenso Schlofs Canth, verpflicbtet sich aber, an beiden Orten
die Schlosser dem Konig immer offen zu lialten, die Haupt-
leute dem Konig Treue schworen zu lassen und aufserdem,
Tvenn und so oft es notig wlirde, dem Konige gegen aUe
Feinde geti*eulich beistehen zu wollen. Es war dies eine
vollstandige Verpflichtung zur Lehensfolge, wenn gleich in
diesen Vertragen der Name der Lehensaufreichuug oder
Belehnung sorgfaltig vermieden wird. Da Heinrich von Jauer
kinderlos war, kam wenig darauf an.
Etwas Wichtiges bei diesen Vertragen war aber, dafs
es dem Herzoge thatsachlich unbenommen blieb, seiu viiter-
liches Erbe m Schlesien, das Herzogtum Jauer, in seinem
Hause an seines Bruders Sohne, Bolko II. und Heinrich von
Schweidnitz zu vererben, wahrend diese foiian die einzigen
Fursten in Schlesien waren, welclie die Oberlehnsherrschaft
Bohmens nicht anerkannten. Der Konig liefs sie in der
That unbeheliigt, gilnstigerer Gelegenheit wartend.
Inzwischen hatte der Anschlufs Schlesiens an Bohmen
doch auch eine internationale Anerkennung gefunden, in-
sofern im Sommer 1335 Konig Kasimir von Poleu, welcher
1332 seinem Vater Wladyslaw Lokietek auf dem Thi'one
gefolgt war, einen Vertrag mit Konig Johann geschlossen
hatte, des Inhalts, dafs, wahrend der letztere den Titel eines
Konigs von Polen, welchen er als Nachfolger AVenzels II.
Verzicht des Polenkonigs auf Schlesieu. 149
immer noch fiihrte, abzulegeu versprach, Kasimir dagegen
alien Ansprllchen auf Schlesien, soweit dasselbe sich der
Krone Bohmen unterworfen hatte, entsagte.
Dieser Trentschiner Vertrag vom 24. August 1335 ist
in seiner Fassung merkAvtirdig genug. Es urkunden hier
polnische Wllrdentrager in Vollmacht Kasimirs, dafs der
Konig von Bohmen, sein Solm Karl und alle seine Erben
fur immer alien Ansprtlclien auf Polen entsagen, jedoch mit
Ausschlufs der Lande Breslau und Glogau, sowie einer An-
zahl von Fiirsten, welche ihre Lande von dem Konige von
Bohmen zu Lehen genommen haben. Es werden hier auf-
geziihlt Boleslaw von Liegnitz und Brieg, Heinrich von
Sagan und Krossen, Konrad von (3ls und Johann von Steinau
als Herzoge von Schlesien, darauf die Herzoge von Oppeln,
Falkenberg, Strehlitz, Kosel und Beuthen, Katibor, Ausch-
witz, Teschen, und mitten unter diesen Uberschlesiern auch
der Herzog Wenzel von Masowien. Auf deren Lande ver-
spricht nun der Polenkonig keinerlei Anspriiche mehr er-
heben zu woUen.
Offenbar wird hier eine bisherige Zugehorigkeit Schlesiens
zu Polen im Grunde anerkannt, und es liluft alles darauf
hinaus, dafs gewisse Telle polnischen Landes fortan der
Krone Bohmen iiberlassen werden, von denen eine Anzahl
(das heutige Oberschlesien nicht) unter dem Gesamtnamen
Schlesien zusammengefafst erscheinen. Diesem Vertrage zu-
folge bleibt fiir die schlesischen Lande, wo noch keine Hul-
digung an Bohmen erfolgt ist, also Schweidnitz - Jauer und
Mlinsterberg, die Verbindung mit Polen bestehen. Es wllrde
nun allerdings den Polen schwer genug geworden sein, ihr
Anrecht auf Schlesien urkundlich nachzuweisen , und es
knlipft sich auch fiir die spatere Zeit keine besondere Be-
deutung an diese Anspriiche; jedenfalls aber liegt der
Schwerpunkt des Ereignisses von 1335 darin, dafs eine Anzahl
Landschaften definitiv von Polen getrennt werden und zwar
doch nicht eigenthch als Eroberungen, die aus einer Hand
in die andere iibergehen, sondern wesentlich infolge des na-
tionalen Entwickelungsprozesses , infolge des Ubergewi elites,
welches die deutsche Kolonisation hier erlangt hatte.
Die Bedeutung des Moraentes soil in keiner Weise iiber-
schiitzt werden, wir wissen sehr wohl, dafs in manchen der
oberschlesischen Fiirstentiimer, Avelche hier mit in Frage
konimen, die Germauisation keniesAvegs so weit vorgeschritten
war, dafs das nationale Moment hier den Ausschlag gegeben
hatte, wir haben ja auch selbst die Art der Unterwerfung
seitens der verschiedenen Filrsten im einzelnen kennen gelernt
150 ZweitCi Buch. .Scchster Abschuitt.
und g(3sehen, dafs da selir mamiigfaltige BeweggTilnde mit-
gewirkt haben; doch darau dilrfen wir I'esthalten, dais den
eigentlichen ersteu Anstofs zui' Festsetzung der bohniischen
Macht ia der schlesischen Hauptstadt 1327 das deutsche
Intcresse der Breslaiier gegeben liat, und dlirfen audi iiber-
zeugt sein, dafs der kluge Konig Kasimir von Polen Schlesien
nicht so Icichten Kaufes aufgegeben haben wdrde, hatte er
nicht empfunden, dafs dies iufolge der hier emporgewach-
senen nationalen Schranken doch fiir ihn verloren sei.
Darliber aber kann kein Zweifel obwalten, dafs der
Anschlufs der Schlesier an Bohmen denselben als ziemlich
gleichbedeutend erschienen ist mit einem Anschlussc an
Deutschland. War es doch em ganz deutsches Fiirsten-
haus, welches hier herrschte, und die deutsche Kok^nisation
hatte in Bohmen damals bereits kauni minder grofse Fort-
schritte gemacht, -svie in Nieder- und Mittelschlesien, so dafs
dort wie hier das slavische Element in die uuteren Schichten
zm'iickgedrangt scliieu. Was in Schlesien deutsch gesinnt
war von Fursten, Adel und die Biirgerschaft im grofsen und
ganzen, das hoffte von der Herrschaft der Luxemburger fiir
ihre NationaHtat das Mafs von Schutz gegen die polnischen
Nachbaren, welches ihm ihre Fiii'sten bei der Zersplitterung
des Landes zu gewiihren nicht imstande waren.
Dais aber damals die Losreifsung von Polen sich doch
nicht alleiu auf Grund nationaler Momente voUzogen, son-
dern zum Teil audi auf Grund sonstiger politischer Macht-
verhiiltnisse, ist fiir Schlesien sehr zum Gliick ausgeschlagen.
Auf dem ersteren Wege allein hatte sich z. B. das damalige
Oberschlesien schwerlich gewinnen lassen. Das Gliick war
hier ebcn, dafs die Gebiete, welche nationale Sjmpathieen
Konig Johann gleichsam entgegentrugen, mit denen, welche
einfach dessen kiihne PoHtik sich zu gewinnen wufste, nun
zu gleicher Zeit von Polen losgerissen und schon dadurch
zu einer Art von Gemeinsamkeit vereinigt wurden. Es
waren dies ja im wesentlichen diesdben Landgebiete, welche
einst 1163 als eigene Herzogtiimer von dem grofsen Polen-
reich gesondert und die dann als Diocese Breslau wenigstens
in Ivirchhcher Beziehung zusammengefafst wurden.
Diese Gemeinsamkeit erhalten zu haben, ist ein Verdienst,
das Schlesien dem Konig Johann zu danken hat; ohne ihn
ware nach menschhchem Ennessen, wenngleicli das ger-
manisierte Nieder- und Mittdschlesien immer in irgendwelcher
Form den Anschlufs an Deutschland gesucht und gefunden
hatte, doch Oberschlesien naturgemafs Polen zugefalleii.
Drittes Buch.
SchlesienuiiterKonigen aus demStarome
der Luxemburger 1327—1437.
Erster Abschnitt.
Schlesien miter Koiiig Johanii. Stiidtisehe uiid staii-
disclie FortentTvickeliuig. Natioiiale Cregeusatze in der
schlesischeii Kirclie. Streit mit Bischof jSaiiker.
Die immer fortgesetzten Gebietsteilungen der schlesischen
Fiirsten bedingten ein Sinken ihrer Macht, aber ein Steigen
ihrer Geldnote. Von beidem wulsten die Stadte Vorteil zu
Ziehen und immer neue Privilegien den Fiirsten abzuge-
winnen resp. abzukaufen. Damit wachs natiirlich die Selb-
standigkeit der Stadte. Verschiedene Zeichen lassen sich
dafiir nachweisen. So sehen wir jetzt im Laufe des 14. Jahr-
hunderts die Mitteilungen geschriebener Rechte; die dann
doch in gewissem Sinne Verfassungsurkimden darstellten,
bei den schlesiscben StJidten liberhand nehmen. Vorherr-
schend blieb hierfilr das sachsische Recht, wie es sich be-
sonders in ]\Iagdeburg ansgebildet hatte, nur ganz aus-
nahmsweise erl'ahren wir aus dem Jahre 1310, dafs in
Neilse das hier geltende Magdeburger Recht^ weil es sich
nicht bewahrt habe^ durch vlamisches ersetzt wird, und aus
dem Jahre 1337 von einer Beleihung der Stadt Freiburg
mit frankischera Rechte. Es handelte sich bei diesen Rechts-
mitteihnigen nicht blols um die urspriingliche Zusendung
einer Abschrift des eigenen Stadtrechtes von einer Stadt
an die andere, sondern auch um gelegenthch notwendig
werdende Erganzungen desselben durch Mitteihmg von so-
genannten ^^'eistumern zur Feststelhmg zweii'elliafter Fragen,
ja sogar um Einhohing von direkten Entscheidungen ein-
zelner Falle, wo dann das Schoffenkollegium der einen Stadt
gleichsam eine Appellationsinstanz tiir die andere darstellte.
Kicht nur erhohtes Ansehen, sondern auch nicht imerheb-
hche Einkiinfte waren "der Lohn solcher Mitteihmgen. Es
war daher kein Wunder, dafs die Jiandeshauptstadt Breslau
154 Drittes Bucli. Erstcr Abscbuitt.
das ernstliche Bestreben zeigt, sicli ein Monopol auf solche
]\Iitteilungen zu sichern. 1292 erklilren die Breslaiier sich
als Oberhof fiir die Stadt Goldberg, imd 1302 verpilichtet
sich Liegnitz, die von Breslau erlialtenen Stadtrcchte nicht
welter zu geben oder zu verkaufeu und dagegen Rechts-
belehruugen nur in Breslau zu holen. Gegen solclie Be-
strebungen setzte sich nun allerdings die Eifersucht der an-
deren gnifseren Stadte und mehr vielleicht noch der Par-
tikularismus einzelner Herzr)ge. Wie hatten die Fiirsten
aus Bolkos I. Geschlecht, die ja in so vielen Dingen sich
sehr spr()de abschlossen, solche Superioritiit Breslaus sich
gefallen lassen sollen? Ihre Stadt Schweidnitz entwickelte
sich in voller Selbstandigkeit, verkehrte direkt mit Magde-
burg vind teilte selbst Rechtsbelehrungen aus. Und ebenso
gewann Liegnitz, jenem Versprechen von 1302 zumTi'otz, unter
Boleslaw III. das Recht; fiir die Stadte des Liegnitzer Landes
den Oberhof zu bilden , und auch im Neifseschen wahrte
man der Landeshauptstadt die Befugnis zu Rechtsraitteilungen.
Dabei blieb fiir Breslau allerdings immer noch ein recht
ansehnliches Gebiet, in dem dasselbe als Oberhof anerkannt
wurde, und es ward doch nicht von geringer Bedeutung,
dafs Avenigstens in der zweiten Halfte des 14. Jahrhunderts
auch oberschlesische Stadte von Breslau ihr Recht holten
und die Qualitat dieser Stadt als ihres Oberhofes feierlich
anerkannten.
Die wesentlichste Bedeutung der geschriebenen Stadt-
rcchte lag in der Herstellung sicherer Rechtsnormen zum
Schutze gegen Ungorcchtigkeit und "Willkiir, wie solche von
Verb-etern des Landesherrn und insbesondere von den Vogten
gefurchtet wurden. Der Kampf mit diesen letzteren bildet
iiberhaupt ein wesentliches Kapitel in der Geschichte der
schlesischen Stadte, zu deren Beendigung es allerdings ein
sehr sicheres Mittel gab, namlich die giinzliche Erkaufung
der Vogteu'cchte durch die Stadte. Von diesem IVIittel
haben dann auch schon sehr frilh die bedeutenderen schle-
sischen Stadte Gebrauch gemacht, und wir besitzen aus
dem 14. Jahrhundert Urkunden iiber kaufweise Erlangungen
der Vogteien im ganzen oder in Anteilen von folgenden
Stadten: Brieg, Haynau, Breslau, Glogau, Glatz, Franken-
stein, Ohlau, Schweidnitz, Lahn, Jauer, Liegnitz, Hirsch-
berg, Luwenberg, Milnsterberg, Grottkau, Striegau, Reichen-
bach, so dafs, abgesehen von Oberschlesien , die Stadte
Schlesiens hier schon frilh einen gewissen Hohepunkt ihrer
Entwickelung erreicht zu haben scheinen.
Einen weiteren Fortschritt der Stadte auf dem Wege
Stadtisclie EntAvickeluug. 155
zu vollkommener Selbstregierung bezeichnet die immer fort-
schreitende Ausdehnuug der Befugnisse des stadtischen Ge-
richtes ebensowohl iubezug auf die raumlichen Grenzen
(Weichbild, Stadtgiiter), wie auf die Personen (Adelige,
Landbewohner) , sogar aiich wohl in dem Falle, wenn der
Gerichtsstand des Beklagten ein anderes verlangt liatte. Es
war dies allerdings auch sehr notwendig, wenn der Biirger,
der einem Edehiiann Geld lieh, dafiir eine gewisse Sicher-
heit haben sollte. Und fehlte diese Sicherheit, so mufste
sofort ein hoherer Zinsfufs das grofsere Risiko aufwiegen,
ebenso wie die Unsicherheit der Strafse fiir die Warenziige
naturgemafs den Preis der Wareu steigerte. Gegen Gewalt-
samkeiten seitens eines Ritters mufsten die Verfestungen
schlitzen, d. h. Erklarungen^ welche dem Betreffenden niit all
den Seinigen das Betreten eines stadtischen Weichbildes
untersagten. War es nan gleich fiir den Betreffenden immer-
hin empfindlich, wenn die nachste Stadt, auf die er mit so
vielen Lebensbediirfnissen angewiesen war, ihm ihre There
schlofs , so konnte der voile Nachdruck solcher Mafsregel
doch erst dann eintreten, wenn damit zugleich auch die
llbrigen schlesischen Stadtthore sich schlossen, und der kluge
Konig Johann zeigte den Schlesiern einen der Vorzuge seiner
Herrschaft, indeni er 1339 fiir den ganzen Umfang seines
unmittelbaren Besitzes, d. h. neben den Stadten der Ober-
lausitz noch in Schlesien Breslau, Glogau, Strehlen und
Ohlau, die in einer der Stadte ausgesprochene Acht iiber
einen Rauber oder Friedensbrecher allgemein fiir giiltig er-
klarte, und es ist sehr wahrscheinlich, dafs damals auch in
anderen Stadten 'Versuche gemacht worden sind, sich dieser
Mafsregel anzuschliefsen ; aber zu rechter Gemeinsamkeit hat
es dann doch die Zersplitterung des Landes nicht konimen
lassen, und man blieb schliefslich auf Verbindungen der
Stadte unter sich zu gemeinsamen Mafsregeln gegen Friedens-
brecher angewiesen, fiir die aber die rechte Zeit erst am
Ausgange des 14. Jahrhunderts kommt, wenngleich der
erste Anfang dazu bereits 1310 gemacht wird, wo sich in
der anarchistischen Zeit nach dem Tode Heinrichs III. von
Glogau die Stadte des Glogau - Saganer Landes zu solchem
Zwecke verbiinden.
Die Ausdehnung der stadtischen Jurisdiktions-Privilegien,
in Verbiudung mit der fortschreitenden Germanisation, mufste
nun vor allem dem aus der slavischen *Zeit heriibergenom-
menen Kastellaneigerichte, der sogen. Zaude, mehr und mehr
den Boden entziehen. Fiir das Fiirstentum Breslau schaffte
sie Konig Johann 1337 ganz ab, im Fiirstentum Liegnitz
156 Drittes Buch. Erster Abschnitt.
konnen Avir aus den Urkunden ihre allmiihliche Einschran-
kung vertblgeu, und audi mehr nach Obersclilesien hin, wie
z. B. ira Fiirstentum Brieg, scheiut die Zaude gegen das
Ende des 14. Jahrliuuderts aufser Braucli gekommen zu
sein, dock hat sicli an anderen Orten das Gericht, wenn
auch besehrankt und modifiziert, noch bis in neuere Zeit
erhaltcn, wie z. B. in Glogaii.
Aus der Erbscliaft der Zaude empfingen Ansehnliches
auch die Vasallen des Landes, die nun das j\Iannengencht,
den Lehenshot" konstituierten und eben als Lehensleute des
Herzogs, trotz aller personlichen Getblgschaft , docli eine
hohere SteUung dem Herrseher gegeniiber einnahmen, als
die Edelleute eines polnischen Fiirsten. Und je mehr die
Landerteikmgen die Macht der Herzoge minderten, desto
mehr stieg die der Vasallen.
Schon im 13. Jahrhundert finden vdr bei Avichtigeren
Staatsakten den Beirat und die Zustimmung der Vasallen
erwahnt, wie z. B. bei der Lehensaviftragung an Bohmen
durch Wladyslaw von Kosel 1289, im 14. Jahrhundert wird
das mehr und mehr zur Eegel. Natiirlich llel ganz beson-
ders bei der Minderjahi'igkeit der Fiirsten die Gesinnung
der Edlen des Landes schwer in die Wagschale. Nach dem
Tode Bolkos I. sind es die Vasallen des Landes Breslau,
welche im Verein mit den Breslauern den Bischof Heinrich
zum Regenten bestellen, und als 1321 Bolko von Miinster-
berg, miindig geworden, sich mit seinem bisherigen Vor-
munde Bernhard von Schweidnitz auseinandersetzt, regeln
die Adeligen beider Lande die Angelegenheit. Desgleichen
wenn die Thronfolge auf eine andere Herrscherhnie iiber-
ging. So setzen die Edeln, mit den Breslauer Biii'gern ver-
eint, 1290 auf eigene Hand die Thronbesteigung des Lieg-
nitzer Herzogs durch und fiihren 1327 den Ansclilufs an
Bohmen herbei. Vor dem Gerichte der Mannen stand selbst
der Herzog zu Eecht. Als einst Heinrich IH. sich erbietet^
im Streite mit den Breslauern sein Anrecht auf die Fleisch-
banke etc. vor Gericht zu erweisen, wird man kaum an
ein anderes denken konnen, als an das der Mannen des
Fiirstentums, und sicherHch vor einem solchen Gerichte hat
Boleslaw HI. von Brieg den dreimahgen Eid geleistet, der
seine Anspriiche auf Liegnitz erharten soUte, ja dieser letz-
tere Fiirst hat sogar aus besonderer Gnade darein gewilligt,
dafs ein besonderer trerichtshof, gebildet aus filnf Vasallen
des Liegnitzer Landes imd fiinf Liegnitzer Ratsherren, Ab-
hilfe schaffen soUte, falls er, der Herzog, einem Vasallen
oder einem Biirger unrecht gethan hatte. Seit die schle-
Eechte der Vasalleu. 157
sischen Herzoge sich der Krone Bohmen unterworfen, stand
den Edlen gegen den Landesherrn auch eine Berufung an den
Oberlehensherrn fi-ei und zwar nur ihnen, niclit den Bilrgern.
Auch ein gewisses Steuerbewilligungsrecht besaisen die
Ritterschaften der einzelnen Fiirstentiimer. Die Landes-
fui'sten bezogen gerade von ihren Lehensleuten an direkten
Steuei'n wenig oder gar niebts, hier stellte ja die Verpilicb-
tung zum Lehendienste eigentlicb vornehmlich den Preis des
Gilterbesitzes dar, doch waren Beisteuern filr aufserordent-
liche Falle, an denen dann die gesamte Einwobnerschaft
teilnabm, immer tiblicb gewesen. Als solcbe Falle warden
bereits im 13. Jabrbundert angeseben, weun der Furst, oder
eines seiner Kinder, sicb vennablte, wenn der Herzog, oder
einer seiner Sobne, webrbaft gemaebt wurde, wenn es sicb
im Interesse der Landesverteidigung um Wiedergewinnung
eines frllber zum Lande geborigen Platzes oder Gebietes
bandelte oder um Abwebr eines feindbcben Angriffs oder
um Losegeld filr den bei Verteidigung des Landes in Fein-
desband geratenen Herzog resp. einen seiner Erben. Na-
tiirbcb bbeb es bei diesen Fallen nicbt, um so meln- bielt
man darauf, dafs diese aufserordentbcben BewilHgungen dann
nur als etwas freiwiUig und aus gutem Willen Gegebenes
erscbienen, den Cbarakter einer „Bede" (petitio) batten, die
auf besondere Bitte des Fursten in Fallen der Not bewilligt
wm'den. In Bobmen ward in solcbem Notfalle eine Landes-
steuer erboben, die sogen. Berna, die pro Hufe bestimmt
angesetzt war; docb verzicbtete Konig Jobann, als er 1327
Breslau zugesicbert erbielt, auf die Berna und verspracb,
sicb mit den iibbcben Diensten und Hilfsgeldern zu be-
gnilgen. Solcbe Hilfsgelder bat er dann aber in vielen
Fallen in Ansprucb genommen, zuweilen vom ganzen Lande,
zuweilen von einzelnen Stadten, aber immer docb nur in
der Form von aufserordentbcben Bewilligungen, und bei
anderen scblesiscben Fursten, vorzugbcb_ bei Boleslaw III.
von Brieg-Liegnitz wiederbolt sicb dann Abnlicbes.
Offenbar baben wir bereits Anfange der nacbmabgen
standiscben Privilegien vor uns. Diese Vorrecbte baben
nun die Mannen an vielen Orten mit Burgern der bervoi-
ragenden Stadte zu teilen. Am fi'iibesten beobacbten wii*
das bei der Landesbauptstadt Breslau, wo bei den grofsen
pobtiscben Akten nacb dem Tode Heinricbs IV., deren wir
bereits gedacbten, die Barone und die Burger vereint auf-
ti'eten. Eine der letzten Verordnungen des Konigs Jobann
vom 15. Februar 1346 setzt eine zur Halfte aus den Ya-
sallen, zur Halfte aus den Breslauer Ratsmannen gewablte
158 Drittes BucL. Erstor Absclinitt.
Kommission ein zur Fortbilclung unci Ergiinzung des gelten-
den Rechtes, und eine in iihnlicher Weise zusammengesetzte
Korperschaft aus dem Fllrstentum Liegnitz wurde bereits
erwabnt. Dazii kani nun nocb, dais scbon sehr friib in
Breslau, Liegnitz, Scbweidnitz, Brieg u. s. w. angesebene
und woblhabende Burger Grundbesitz aufserbalb der Stadt
er war ben und so albnabHch in die Reiben der Edelleute ein-
traten. Der Stadtadel, das Patriziat, stellte sicb neben den
ritterlicben Adel des platten Landes.
Unsere scblesiscben Urkunden keunen den Namen Pa-
trizier nicbt, sie gebraucben dagegen bereits ini 13. Jabr-
hundert vieliacb den Ausdruck seniores, Altesten, zur Be-
zeicbnung der Angesebensten unter der Biirgerscbalt, deren
Beirat bei wicbtigen Akten erforderKch ist. Ein erbobtes
Anseben konnten nun sebr verscbiedene Dinge gewabren,
z. B. vornebme Geburt, insofern unzweifelbal't aucb Adebge,
wenngleich in geringerer Anzabl, in den Stiidten Grund-
besitz gebabt und niit den Bilrgern Geklerwerb gesuebt
baben, ferner aucb altererbter ansebubcber Besitz in der
Stadt, desgleicben Erfabrung in den Gescbaften, wie solebe
wiederbolte Bekleidung offentbcber Amter gewiibrt, ebenso
Reicbtum und scbliefsHcb doeb aucb bervorragende per-
sonUcbe Tiicbtigkeit. Durcb derartige Umstiinde ausge-
zeicbnete Manner mocbten wobl als seniores gelten. In-
dessen linden wir das Wort aucb in einer allgemeinen Be-
deutung gebraucbt, namlicb als gleicbbedeutend mit Kauf-
leute und im Gegensatze zu den Handwerkern, und so
wollen wir beber den Ausdruck Patrizier anwenden zur Be-
zeicbnung der oberen liber den Ziinften stebenden Scbicbt
der Bevolkerung, als der eigeutbcben berrscbeuden Klasse.
Nun war ja allerdings die in Scblesien aus Magdeburg
eingefubrte und bier fast ausscbbefslicb zur Regel gewordene
Form der RatsAvabl, der zufolge die nacb Ablauf eines
Jabres von ilirem Amte zm-ilcktretenden Konsuln ibre Nacb-
folger ernaunten, welcbe Form aucb bereits 1327 den Bres-
lauern ausdriicldicb verbrieft ward, sebr dazu geeignet^ die
eigentbcbe Teilnabme an der Regierung auf einen engen
Kreis zu bescbrilnken und tbatsacblicb aus der patriziscben
Aristokratie eine Oligarcbie zu macben ; indessen stand die
Sacbe docb immerbin so, dais nacb den berrscbeuden Standes-
begrifien die \A''abl eines HandAverkers in den Rat nui' als
ein besonderer Ausnabmefall angeseben wm'de, dais also die
^^'ablbarkeit prinzipiell auf das Patriziat bescbrankt bbeb.
Natiirbcb waren die Zilnfte, welcbe sicb in den scblesiscben
Stadten iiberall von dem Zeitpunkt der Grlindung zu deut-
Patrizier uud Ziiufte. 159
schem Reclite an gebildet batten unci in ihrer festen Or-
ganisation, ausgestattet mit gewissen Privilegien ausschliefs-
Hclien Handwerksbetriebs, auch wiederum aristokratische Ge-
meinwesen darstellten, mit dieser Ausschliefsung von der
Regierung sehr wenig einverstanden und auch nicht geneigt,
sich damit zu begniigen, dafs ihi-e Vertreter, die Geschwore-
nen der einzehien Ziinfte, bei besonders wichtigen Be-
schlilssen des Rates zugezogen zu werden pflegten, und sie
haben in Breslau wirklich einmal in den Jahren 1314 — 1320
unter Umstanden , von denen wir leider nichts Naheres
wissen, eine Hinzufligung von vier bis sechs Zunltgenossen
zu den acht patrizischen Ratsherren durchgesetzt ; aber bald
kommt man wieder davon zuriick und begniigt sich damit,
jedesmal ein zunftisches Mitglied im Rate zu haben, ohne dafs
deshalb die Versuche der Ziinfte, eine wirksame Teilnahme an
der Stadti'egierung zu erlangeu, aufgegeben worden waren.
In der That batten die Handwerker auch ein mn so
grofseres Interesse hieran, da ja doch der Rat als der eigent-
hche Inhaber der Gewerbepohzei es jeden AugenbHck in
der Hand hatte, einen Beschhifs zu fassen, der vielleicht
eine einzelne Zunft auf das allerempfindhcliste traf, indem
er z. B. um des allgemeinen Wohles willen eine unerwiinschte
Konkurrenz zuHefs oder auch Preise festsetzte, welche den
Handwerkern unbiUig schienen. Ein interessantes Beispiel
hierflir erhalten wir aus Schweidnitz vom Jahre 1311. Da-
mals batten die dortigen Backer, unzufrieden tlber Brotpreise,
die der Rat festgesetzt, eine allgemeine Auswanderung samthcher
Backer beschlossen. Da schritt aber der Rat sehr energisch
ein, liieit die Backer zuriick und verhangte iiber sie schwere
Geldstrafen, verbannte den Radelstuhrer Nikolaus, den Boh-
men, nachdem man ihn mit grofsem Gefolge und zwar zu
seinem Hohne am hellen Tage mit angeziindeten Fackein
zur Stadt hinausgeleitet hatte, auf ewig aus dem Gebiete
des Herzogs Bernhard, seiner Briider und ebenso aus dem
der drei Herzoge der Breslauer Linie und fiihrte schhefsUch
wochentKch einen einmahgen freien Brotmarkt ein. In
Breslau bestand ein solcher am Sonntag; aber Herzog Hein-
rich VI. giebt, da er wahrgenommen, dafs man zuweilen in
Breslau filr gutes Geld nicht Brot zu kaufen bekomme, dem
Rat das Recht, Avenn es ihm notwendig schiene, noch einen
zweiten freien Brotmarkt einzm'ichten , was natiii'Hch von
den Backern sehr iibel empfunden wird.
Die unzufriedenste aUer Inuungen war die der Tuch-
weber, schon aus dem Grunde, well gerade ihr der Einzel-
verkauf ihrer Produkte geradezu verboten war, insofern der
160 Drittos Buch. Erstcr Absclmitt.
Tuuhaussclinitt eiu eiterbilchtig bewachtes Privileg der Grofs-
kaut'leute, der KammerheiTeu, d. h. der Besitzer von Tuch-
kaiumern, war, von denen jeue dann bezuglich der Preise
ihrer Arbeit abhiingig- Avaren und vielfacli gedrlickt warden.
Dazu kam nun nocli, dafs in Breslau und ganz ebenso in
Scliweidnitz die Tuchweber ursprilnglich eine gewisse kom-
munale Selbstandigkeit hatten, insot'ern aus ihnen griifstenteils
die Einwolnierschat't der ini 13. Jabrliundert hier wie dort als
besonderes Gemeinwesen ausgesetzten Neustadt bestand. Un-
zweifelbait hatte diese Selbstandigkeit auch niaterielle Yor-
teile, ward aber natlirlich von den Bewohnern der beiden
Altstadte luit sebr ungiiustigen Augen angeseben; und in
den Jahren 1305 und 1306 erlangten die Breslauer von
dem jungen Herzog Boleslaw nicht nur ein erneutes Verbot
des Gewandausscbnittes, sondern jeder Art von Handwerks-
betrieb in der Neustadt niit alleiniger Ausnabnie der We-
berei (nur ein Kleinscbmied zum Ausbessern der A\'eber-
geriite und filnf Backer werden bier nocb gestattet). Auf
die Vorstellungen der Neustiidter bebt nun zwar Heinricb VI.
1311 diese Beschriinkungen wieder auf, dock vermogen die
Breslauer 1315 den Glogauern mitzuteilen, dafs ibre Neu-
stadt zwar einen eigenen Vogt dock keine eigenen Fleiscb-
oder Scbuhbanke babe. Ini Jabre 1327, wo die Breslauer
Ratslierren dann zur Zeit des Aiiscblusses an Bobmen den
scliwacben Herzog vollstandig beberrschen , erlangen sie
neben vielen anderen Zugestiinduissen aucb die Vereiniguug
der Neustadt mit der Altstadt (in Scliweidnitz erfolgte das-
selbe erst 1336), scbwerlicb zur Freude der Neustiidte, deren
Weber nun einen Grund mebr zur Uuzufriedenlieit batten.
Seitdem scheint bier namentlicb unter den neustadtiscben
Webern die Unzufriedenbeit gewachsen zu sein. Es war
die Zeit, wo in vielen Stiidten des Westens die Ziinfte hef-
tige Angriffe gegen das patriziscbe Regiment ricbteten, wo
in Giirlitz Konig Joliann gegen die Weber einscbritt (l33l)
und in Scliweidnitz Herzog Bolko den Rat gegen Ungebor-
same scbiitzen mufste. Auch in Breslati sielit sich Konig
Jobann genotigt, das Watfentragen allgemein zu verbreiten
und dem Rat sebr entschiedene VoUmachten zur Bestrafung "'
von Aufstiindiscben zu erteilen. (
Als dann in diesen Jahren die erhohten Anforderungen''
des Konigs Jobann eine starkere Belastung der Burger her-
beifuhrten und der Rat einen Teil der erforderlichen Summe'
im Wege eines sogen. Eidgeschosses , d. h. einer auf eid-:
licher Selbstschatzung beruhenden Vermogens- und Ein-
kommensteuer aufzubringen versuchte, gab diese ungewohnte
Die Tuchweber zu Breslau. 161
Besteuerung im Jahre 1333 Anlafs zu einem Aufstande, an
dessen Spitze sich die belden Tuchmaclierinnungen der Neu-
stadt und Altstadt stellten, und wobei der vom Rate eiuge-
setzte Yogt der Neustadt, Hartmann, selbst einen der Fiihrer
abgab. Die Geschworenen der beiden Zlinfte erhoben
schwere Klage iiber den Rat, der es auf den Ruin ilu'es
Handwerks abgesehen babe und die Gelder der Stadt unred-
lich und eigenniltzig verwalte. Ibre Tcicbter und Verwandteu
statteu die Ratsherren damit aus, sagten sie dem Herzog,
diesem nur wollten sie kiinftig schworen , nicht mehr den
Konsuln, und ibm gern ansebnlicbe Summen zur Verfiigung
stellen, wenn er sie scbiitzen woUe. Natilrlicb blieb es ein
vergebliches Bemiihen, den Herzog von der patrizischen
Aristokratie abzuziehen, die Gescbworenen wurden dem Rate
gegenilbergestellt , wo sie dann aucb eigentlicbe Bevveise
nicbt vorzubringen vermochten und scblielslicb sich dazu
hinreifsen liefsen, drohend auf 900 Mann hinzuweisen, die
wohl niit Waffen versehen und bereit waren, ihren Forde-
rungen Nacbdruck zu verleihen. Ob es dabei noch zu Ex-
cessen und Gewaltsamkeiten gekommen, wissen wii' nicht,
wohl aber, dafs die ganze Erhebung mit grofser Strenge nie-
dergeworfen ward. Drei der Radelsfiihrer wurden enthauptet,
darunter der neustadtische Vogt, die vier Gescbworenen der
beiden Zlinfte aber nebst noch zwei andereu verbannt.
Natilrlicb blieb der Gegensatz und die Unzufriedenheit,
und Konig Johann erlafst dann noch 1336 eine Weisung
an den Rat, mit aller Energie den Parteiungen entgegen-
zutreten, welche zuweilen zu Skandalen Veranlassung gaben;
doch zu Aufstanden kam es nicht mehr, so lange, wie dies
unter diesem Herrscher und auch seinem Nachfolger der
Fall war, die Macht des Landesherrn dem Breslauer Regi-
mente wirksamen Schutz gewahrte. Wie fest und eng die
Beziehungen zwischen dem Konig und der Breslauer Aristo-
kratie waren, das zeigt ganz besonders auch dessen Kampf
mit Bischof Nanker von Breslau. Um diesen ganz zu verstehen,
werden wir in etwas friihere Zeit zurilckgreifen miissen.
Streit mit Bischof Nanker.
Es hatte sich, vde bereits frllher angedeutet ward, etwa
seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts in dem Verhaltnisse
der Stadt Breslau zum Bistum ein sehr bedeutsamer Um-
schwung vollzogen. Der schlesische Klerus spaltete sich
selbst in eine polnische und eine deutsche Partei, und wah-
rend jene an den polnischen Pralaten des Gnesener Spren-
gels und den piipstlichen Legaten einen machtigen Riickhalt
Grunliagen, Gesch. Schlesiens. I. 11
162 Drittes Buch. Erster Abschnitt.
fand, hatte diese mit dem Bischofe Heinrich von Wurben
1301 einen der ihrigen auf den Breslauer Bischofssitz ge-
bracht, und es diirt'te wohl als ein Zeichen daliir gelten^
Avie sich die Zeiten geandert batten, dafs damals wenige
Jabrzebnte nacb dem so erbittert gefubrten Kircbenstreite
die Edeln des Breslauer Landes in Verbindung mit dem
Rate den neuen Biscbof zum Vormunde der jungen Herzoge
erkoren. Aber begreiflicherweise war Heinrich niebt in
gleiebem Mafse der papstbcben Kurie genebm, und man
nabm von einem Sfcreite, den Heinricb mit dem berzogbcben
Protonotar Giintber von Biberstein hatte, Anlafs, ibn 1309
unter Suspension von seinem Amte nacb Avignon zu citieren,
wo man ibn dann mebrere Jabre festbielt, wabrend welcber
Zeit der papstHche Legat, Kardinal Gentihs, alle Pfrunden
nacb seinem Gutdunken vergab. In dieser Zeit (1312) stellen
die Breslauer dem Papste den Scbaden vor, den die ver-
waiste Kirche erleidet, und bitten denselben, ibnen den
Biscbof, der nur ein Opfer der Verleumdung sei, zuriick-
zugeben. Darauf wird denn Heinricb 1313 restituiert, und
als er nun zuriickkebrt, lafst er es an Beweisen seines kircb-
licben Eifers nicbt feblen.
So tritt er mit iiufserster Energie gegen Aufserungeik
waldensiscber Lebre auf, die sicb damals, wie an so vielei
Orten, so aucb bier, regten. Zum erstenmale, so viel wir-
wissen, sab der schlesiscbe Boden das tram'ige Scbauspiel
von Ketzerverbrennungen. An 50 Menscben, darunter Wei-
ber und Kinder,, erlitten im Sommer 1315 zu Scbweidnitz
den Feuertod; Abnlicbes wiederbolte sicb bald nacbber in;]
Breslau und vielleicbt aucb nocb in anderen Stiidten.
Aucb uber den Orden der Beginen, Klosterfrauen , die
sicb unter etwas laxer Kegel zu gemeinsamer gewerblicber
Tbiitigkeit vereinigt bielten und an verschiedenen Orten iikl
Scblesien, in Breslau, Scbweidnitz, Neifse Niederlassungei
batten, verbangte jetzt Heinricb scbwere Verfolgungen und.]
erHefs aucb auf einer in Breslau 1316 zusammengerufenen.!
Synode strenge Bestimmungen , besonders zu dem ZweckeJ
den Klerus einer strengeren Disziplin zu unterwerfen.
Natlirlicb blieben die nationalen Gegensiitze im Scbofse
der scblesiscben Geistlicbkeit unveriindert, und wie starl
dieselben waren, zeigte sicb recbt deutlicb, als nacb dem^l
Tode des Bischofs Heinricb das Kapitel zu einer neuenl
Wabl scbritt. Die deutscb gesinnte Mebrbeit wiiblte den an-
geblicb aus dem Gescblecbte der Habdank stammenden.1
Domberni Veit, aber die polniscbe Minderbeit, welcbe furl
einen ibrer Landsleute, der den allerdings nicbt polnisckj
Die papstliche Kurie uud das Breslauer Bistuin. 163
klingenden Namen Luthold fiihrte, gestimmt hatte, focht
die Wahl an und setzte es durch, dafs die Sache zur Ent-
scheidung an den papstlichen Stuhl zu Avignon kam, wo
dann nach vielen Verhandlungen erst 1326 Johann XXII.
sich mit Riicksicht darauf, dafs Veit als geborener Schlesier
vor eineni Fremden den Vorzug verdiene, zu dessen Gun-
sten entschied. Als dieser nun aber acht Tage nach seiner
Bestatigung starb, behielt sich der Papst selbst die Besetzung
des bischofiichen Stulales vor und berief dann noch 1326
einen Polen, den bisherigen Bischof von Krakau, Nanker,
dessen Stellung in Krakau infolge eines Streites mit Ktinig
Wladyslaw mifslich geworden war, nach Breslau, naturhch
nicht eben ziu' Freude des dortigen Domkapitels.
In diesem hatte die Fiihrung der deutsch gesinnten Mehr-
heit allmahhch allein der Domherr imd Kantor des Kreuz-
stiftes Nikolaus von Banz erlangt, der selbst einem Bres-
lauer Patriziergeschlechte entstammend eine enge Verbindung
mit dem Herzoge und der Stadt immer im Auge hatte.
Er war einst bereits in die Handel verwickelt gewesen,
welche 1309 Bischof Heinrichs Suspension veranlafst batten,
aber 1319 nach dem Tode des letzteren zu einem der Ad-
ministratoren des Bistums erwahlt worden, wo dann bald
thatsachlich die Leitung des Bistums in seine Hande liberging.
Er hatte liier eine aufserst schwierige Stellimg. Es gait, die
Rechte der Kirche zu wahren gegeniiber der Laienwelt, die
damals sich um so weniger fllgsam zeigte, als ihr doch nicht
ein Bischof mit der Autoritiit seines Amtes gegeniiberstand.
Und wahrend hier die Kenntnis der Verhaltnisse zu sehr
vorsichtigem und mafsvollem Auftreten mahnte, drangten
die papstlichen Legaten unwiUig ilber die ihnen allerorten
entgegentretende Abneigung fortwahrend und mit drohenden
Aufserungen auf Anwendung der scharfsten geistlichen Strafen
hin. Uberhaupt mochte das Breslauer Kapitel in diesen
Legaten wohl seine allerschlimmsten Feinde erblicken.
Zunachst waren dieselben Trager sehr unliebsamer Auf-
trage. Sie batten fur den papstHchen Stuhl von Avignon
Steuern einzuziehen, in einem Umfang, wie solches nie-
mals vorher gefordert worden war. Da handelte es sich
einmal um die Annaten , den vollen Jahresertrag von
jeder vakanten geistlichen Pfrilnde, ferner um den sogen.
sechsjahrigen Zehnten, namlich um 10 Prozent aller geist-
lichen Einkiinfte von alien geisthchen Pfriinden auf sechs
Jahre hinaus und von 1325 an streng eingefordert, und
aufserdem auch um den Peterspfennig und zwar in der
Gestalt einer wirklichen Kopfsteuer, einen Denar von jedem
11*
164 Drittes Buch. Erster Abschnitt.
mensclilichen Haupte, wie ihn Johann XII. seit 1318 ver-
langtc, wahvend man sich triiher init einer von dem Fiirsten
gezahltcn Bauschsumme begniigt hatte. War es nun schon
gehassig genug, von der Geistlichkeit bishcr ungewohnte
Steuern einzutreiben in einer Zeit, wo ohnehin die Achtung
vor dem Papsttum sehr gesunken war, so machte die An-
gelegenheit des Peterspfennigs die Sache nocli besonders
schlimm, insofern bier die Laien ganz direkt in Mitleiden-
schaft gezogen wui'den. Wie wir von friiheror Zeit her
wissen, weigerten sich die deutschen Ansicdler iiberhaupt
dieser Steuer und nun natiirhch noch ganz besonders der
kopfweisen Erhebung. Als Bischof" Heinrich starb, war der
grolste Teil Schlesiens dem Interdikt verf'allen, und die schle-
sischen Fiirsten protestierten in Avignon gegen die An-
forderungen der Legaten. AYohl bemiihte sich Nikolaus
von Banz, einen Ausgleich herbeizuliihren, und dem grofsen
Einflusse dieses Mannes, der ja zugleich Leiter des Bistums
und Minister Heinrichs VI. von Breslau war, gelang es
auch wirklich , die schlesischen Fiirsten und die Stadt
Breshiu zu Zahkmgen des Peterspfennigs zu bewegen; aber
die papstlichen Legaten liefsen es zu keinem Frieden kom-
men. Sie schikanierten das Kapitel mit der verlangten Rech-
nungsablegung resp. Abheferung der bischoflichen Einnahmen
aus der Zeit, wo Bischof Heinrich in Avignon gewesen war,
wobei sie sich sogar zu der nachweisHch unrichtigen Be-
hauptung verstiegen, der Bischof sei gar nicht wieder in
sein Amt eingesetzt worden, sondern nach dem Tode Papst
Klemcus' V. eigenmachtig zuriickgekchrt, um so auch fiir
den Rest der Regierungszeit Heinrichs Rechnungsablegung
beanspruchen zu konnen. Die Administratoren schreiben
nach der Berufung Nankers dem Papste, wenn die Forde-
rungen der Legaten ei'fiillt werden sollten, wllrde, da das
Bistum jetzt infolge der Ungunst der Zeiten nicht mehr
den zehnten Teil seiner sonstigen Einlciinfte besitze, der
neue Bischof absokit nichts mehr zu leben finden. Ohnehin
waren grofse Verpfandungen notwendig.
Die schAvierigen Verhaltnisse verschhmmert dann noch
die PersonHchkeit der Legaten. Andreas von VeroH, der bis
1326 amtierte, gait als habsilchtig und eigenniltzig, und
unter sein em Nachfolger Peter von Auvergne kam es zu
den schlimmsten Auftritten. Als derselbe einst einem aus
Breslauer Patrizierkreisen stammenden Kanonikus der Kreuz-
kirche zu Breslau, Johann Winer, mit der Faust ins Gesicht
geschlagen und ihn einen Riiuber der papstlichen Gelder ge-
scholten hatte, erhob sich ein allgemeiner Aufstand gegen
Bischof mid Domkapitel. 166
ihn; selbst cler Herzog verlangte, das Kapitel solle den
Frevler exkommunizieren, Peter muiste sogar in dem Bres-
lauer Bischofshofe, wo er sicli einquartiert hatte, fiir seine
Siclierheit furchten.
Hier land ihn 1327 der neue Bischof Nanker, den der
Papst, wie wir wissen, dem Breslauer Bistum aufgenotigt
hatte, und die Klagen des erbitterten Legaten fullten mm
das Ohr des im Grimde ehrlichen, aber beschrankten und
allzu eifrigen Pralaten. Derselbe ward bald selbst in Mit-
leidenschaft gezogen, insofern bei einem neuen Angriffe auf
den Legaten auch Diener des Bischofs erschlagen warden
und augeblich selbst der geheihgte Raum der Kii'chen nicht
respektiert geblieben ist. Um so weniger vermochte der
Bischof mit seinem Kapitel in gutes Einvernehmen zu kom-
men. Nanker fliichtete nach Neifse, das Kapitel aber Avei-
gerte sich, ihm zu folgen.
Dasselbe liefs seinem Oberhirten (1329) durch dritte
Hand insinuieren, wenn er sich entschlosse, fortan in Breslau
seinen dauernden Aufenthalt zu nehmen und in Eintracht
mit seinen Brlidern im Kapitel zu handeln, so werde er
durch deren Rat und Beistand, sowie durch den der Burger-
schaft Breslaus, der Hauptstadt der ganzen Diocese, und vor
allem durch den Schutz des Beherrschers der Stadt, des
Konigs von Bohmen, es moglich machen, ilber seine Feinde
zu siegen; wenn er aber fortfiihre, immer aufseiten der
Gegenpartei (d. h. der Legaten und der Polen) zu stehen,
im Zwiespalt mit seinem Kapitel und seinem Klerus, so
drohe der Kirche vollstandiger Ruin.
Wirklich naherte sich der Bischof bald wieder dem Ka-
pitel in demselben Mafse, wie er mit dem Legaten zerfiel.
Dieser, der nach den iiblen Erfahrungen in Breslau noch
weiter Schlimmes erduldet, indem ihn der gewaltthatige
Bolko von Miinsterberg bei Oppeln hatte liberfallen vmd be-
rauben lassen, hatte sich nach Krakau fliichten miissen, und
die Klagen wegen Erpressung und Unterschlagung hauften
sich gegen ihn endlich m solchem Mafse, dais auch der
Papst ihn fallen hefs und Untersuchungen gegen ihn ver-
hangte (1335).
Das Schlimme war nur, dafs sein Nachfolger Galhard
de Carceribus zwar wohl ehrlicher, aber dafur auch noch
gewaltsamer und deutschfeindlicher war. Derselbe machte
sich in kurzer Zeit bei dem schlesischen Klerus so mifs-
liebig, dafs, als er nach Breslau kam, ihn hier niemand
aufnehmen wollte und die Kurien der Domherren sich hier
ebenso vor ihm schlossen wie die Hauser der verschiedenen
166 Diittes Buch. Erster Abschnitt.
schlcsischen Stifter. Mit dem Kapitel geriet er in offenen
Konflikt cladurch, dafs er den Quittungeu seines Vorgaugers
die Anerkennung versagte, und bald kani es dahin, dais er
nicht nur Kikolaus von Banz exkommunizierte, sonderu audi
die niederschlesischen Fiirsten und speziell die Stadt Breslau
mit dem Interdikte belegte. Aber eine ^Appellation der
Schlesier verscliafFte ihnen drei schlesische Abte als Richter,
welche dann, als Galhard sich daran nicht kehrte, nun
ihrerseits wiederura den Legaten cxkommunizierten.
Voller Erbitteruiig sclireibt nun Galhard an den Papst,
in alien Teilen Polens, wo Deutsche herrschten, kiimen alle
Rechte der piipstlichen Kammer ganz und gar in Verfall,
und die Nachgiebigkeit, welche man gegen das Breslauer
Kapitel bewiesen, werde dem papstlichen Stulile schwere
Verluste bringen. Man habe durch die Ernenuung deutscher
Richter die Saclie thatsachlich in die Hand des Klilgers ge-
legt, denn die gesamte schlesische Geistlichkeit stande so
vollstandig unter dem Einflusse des Nikolaus von Banz, dafs
aus ihrer Mitte niemand gegen denselben zu entscheiden
wage und selbst der Bischof eingestandlich es nicht wagen
diirfe, gegen ihn die Exkommunikation zu vollstrecken oder
derselben auch nur personHch Folge zu geben. Uberhaupt
sei Bischof Nanker ein alter, abgelebter Mann, dem als
Nachfolger der Papst selbst einen Polen setzen miisse, denn
wenn man die Wahl dem Kapitel iiberliefse oder dem Ein-
flusse des Konigs oder auch nur der Ubermacht des deutschen
Klerus, so wiirden alle Anrechte der papstlichen Kammer
vollstandig in Verfall kommen, wie es bisher uberall ge-
schehen sei, wo Deutsche die geistliche und weltliche Ge-
walt batten. Es sei jetzt schon so weit gekommen, dafs
selbst die sonst noch gutgesinnten Slaven anfingen scliAvierig
zu werden und mehrfach aufserten, sie wollten nicht allein
Sklaven sein, wiihrend die in ihrem Lande und von ihren
Giitern lebenden Deutschen ganz frei seien.
Bei soldier deutschfeindlichen Gesinnung war es nicht
zu verwundern, dafs der Legat bald auch einen ernsthchen
Konflikt mit der weltlichen i\Iacht hervorrief. Dieser drelite
sich um das Sclilofs MiHtsch, ein uraltes Besitztum der Bres-
lauer Kii'che und zugleich eine durch die Siimpfe der Bartsch
wohlgeschiitzte Grenzburg gegen Polen.
Dasselbe war in der Zeit Bischof Heinrichs an einen
polnischen Starosten verpfandet, aber eben um seiner mili-
tiirischen Bedeutung willen noch kurz vor des Bischofs Tode
wieder eingelost Avorden, und Bischof Nanker hatte dann
dorthin als Befehlshaber einen seiner Kanoniker gesetzt, den
Streit um Sclilofs Militscli. 167
Breslauer Archidiakon Heim'ich von Wilrben, mit Zustim-
mung des Kapitels, welches wolil mit Nanker darin iiberein-
stimmen mochte, dafs es zweckmafsig sei, den Archidiakon
aus Breslau, wo seine Mifshebigkeit schon zu argerhchen
Konflikten gefiihrt hatte, mit guter Manier fortzubringen.
AUerdings bereitete Heinrich von Wiirben auch in seiner
]\lilitscher SteUung durch hochfahrendes Wesen und Unbot-
miifsigkeit den eigenthchen Herren des Schlosses, den Bres-
lauer Kapitnlaren, vielen Verdrufs. Dieser Mann gebot nun
in MiHtsch noch, als im Beginne des Jahres 1337 Konig
Johann auf seinem Kreuzzuge gegen die Litauer an dem
Schlosse vorbeizog und dessen Bedeutung fur den Fall eines
Krieges mit Polen wohl erkannte.
Er liefs sofort Unterhandlungen ankniipfen iiber den
Verkauf des Schlosses. Das Kapitel war natiirhch gern
dazu bereit, und auch der Bischof hatte sich geneigt finden
lassen, um so mehr, da der Konig ihm eben damals (1337,
Marz 30) eine grofse Bestatigung aller Freiheiten der Bres-
lauer Kirche erteilt hatte. Aber der papstliche Legat Gal-
hard de Carceribus war auf keine Weise zu gewinnen; er
schlug alle Einladungen des Konigs zu einem Besuche in
Prag aus und driingte den Papst dazu, die Veraufserung
des Schlosses geradezu zu verbieten. An diesen schreibt er
ganz unmnwunden, die Besetzung von Militsch, welches auf
jener Seite gleichsam der Schliissel Polens sei und die Er-
werbung anderer benachbarter Schlosser nach sich zieheu
wiirde, miisse zum grofsten und unersetzlichen Schaden des
Konigs von Polen gereichen.
WirkHch Heis sich der Papst bewegen, den Schlesiern
gegentiber das Interesse ihres Landesfeindes, des Konigs von
Polen, zur Richtschnur zu nehmen und verbot in strengster
Form die Veraufserung des Schlosses. Konig Johann aber
gab seine Plane nicht auf und war entschlossen, zwar nicht
den Verkauf aber doch ein Mitbesatzungsrecht der Grenz-
burg, wie es ja die Herzoge friiher wu'khch ausgeiibt, zu
erzwingen. Als er im Juli 1339 wieder nach Breslau kam,
sammelte er auf Kosten der Bi^eslauer, die gern zu solchem
Zwecke beisteuerten , ein kleines Heer und Hefs es vor
Militsch riicken. Heinrich von Wiirben erschien zu eiuer
Besprechung im Lager, und reichlicher Weingenufs stimmte
ihn, wie es heifst, so mild, dafs er in die Aufnahme boh-
mischer Besatzuug willigte.
Nun natiirlich grofse Erbitterung der polnischen resp.
papstlichen Partei, und Bischof Nanker, vermutlich durch
den Legaten aufgestachelt, entschlofs sich, nachdem der
168 Drittes Buch. Evster Absclmitt.
Konig die Zurilckgabe des Schlosses verweigert hatte, zu
einer grolsen IVIanif estation im Stile des Bischoi's Ambrosius dem
Kaiser Tlieodosius gegenilber. Etwa im August 1339 suchte
er, begleitet von drei Domherren, die allein seiner Ladung
Folge geleistet batten , den Kunig im Jakobskloster zu
Breslau auf, wo derselbe gerade in einer Ideinen Stubs
neben dem Refektorium mit den Konsuhi Rates pflog, und
nachdem er den ihm zuerst verweigerten Eintritt sich durch
beharrliches Fordern erzwungen^ verlangte er die Rilckgabe
von Militsch. „Das wird nicbt so bald geschelien, wie ihr
denkt", antwortete Johann. Da rief der Bischof dem Konig
das Kreuz entgegenlialtend, „so exkommuniziere icb eucb fiir
jetzt und immerdar im Namen des Vaters, des Sohnes und
des heiligen Geistes". Wahrend nun die Anwesenden er-
schreekt verstummten, sagte Johann ruliig: ;;Bei der Seele
Gottes, was ist das flir ein Priester, der Avurde gem ein
Martyrer werden, wenn nur jemand Lust liiitte, ihn dazu
zu machen."
Konig Johann hatte dazu entschieden keiue Lust; der
Bischof ging vuigefahrdet vondannen, nachdem er noch
den Zeugen des ganzen Auftrittes, den Breslauer Ratsherren,
welche ihm Vorstellungen wegen seines hel'tigen Verfahrens
machten, erklart hatte, sie seien als Mitschuldige des Kouigs-
gleichfalls selbst dem Banne verfallen und auch noch hin-
zuget'ugt hatte, dieser Herrscher sei gar kein rechter Konig,
sondern nur ein Koniglein, eine Aufserung, welche sich, wie
die Konsuln nachmals erl'uhren, darauf griindete , dais der
Konig von Bohmen in seinem Lande keinen Erzbischof
habe, sondern, um gekront zu werden, einen solchen erst
borgen miisse.
Wahrend Nanker wieder nach Neifse zuriickging, legte
in Breslau, von wo der Konig bald wieder abgereist war,
der Landeshauptmann Kunad von Falkenhain im Vei'ein
rait dem Rate eine Sperre auf alle geistlichen Einkiinfte,
die allerdings auf die besonders mifshebigen Kleriker be-
schrankt bliebt, Hefs die Domkirche schliefsen, verlangte aber
von den Pfarrern der Stadtkirchen Abhaltung des Gottes-
dienstes trotz des verhangten Interdiktes, setzte die sich
"Weigernden ab, an ihrer Stelle aber andere fugsamere ein
und vertrieb einige widerstrebende Klostergeistliche, worauf
dann im Dezember 1340 der Bischof liber die Urheber
dieser Mafsregeln den Bann aussprach.
In dieser Zeit grofser Aufregung gegen die geistlichen
Gewalten kamen nun auch jene an waldensische Lehr-
meinungen ankniipfenden Ketzereien, welche unter Bischof
Dei* Streit mit Bischof Nanker. 169
Heinrich, Avie wir wissen, hart veifolgt, aber nicht ausge-
rottet Avaren, wieder zu Worte, imd die Verwerfung des
Papsttums, das man als die babylonische Hure der Offen-
barung bezeiclmete, sowie der Vorrechte des Priesterstandes,
fandeii vielen Beifall. In diesem Sinne lehrte ein aus Klo-
ster Grulsau ausgetretener Cistercienser, Bruder Martin, den
der Breslauer Rat zum Pfarrer von Maria - Magdalena ge-
macht hatte, von der Kanzel dieser Kirche, und einer der
Breslaiier Konsuln, ein Gerber seines Zeichens, soil auf
offentlichem Platze von erhohtem Gerils'te aus in gleichem
Geiste zu vielem Volke gesprochen haben.
Gegen diese Ausschreitungen ward nun von Bischof
Nanker der vom Papste zum Ketzerinquisitor bestellte Do-
minikaner Johann von Schwenkenfeld nach Breslau ent-
sendet, welcher aueh hier mutig, aber doch mit Vorsicht
und Malsigung, auftritt. Da nun aueh die Breslauer Rats-
herren in diese Beschuldigungen der Ketzerei verwickelt er-
schienen, so rief Konig Johann den Inquisitor wie die Kon-
suln zu sich nach Prag, und hier verwickelte sich die Sache
noch niehr dadurch, dafs am 28. September 1341 Johann
von Schwenkenfeld von unbekannter Hand ermordet wurde,
wo dann doch den Landeshauptmann und die Ratsherren
ein wenn aueh unbegriindeter Verdacht traf
Wie schlimm iibrigens diese Konflikte aussahen, so fan-
den sie doch ihre glitliche Losung und zwar um so leichter,
als die vorzugsweise beteiJigten Personlichkeiten samtlich
vom Schauplatze abtraten. Am 10. April 1341 starb Bischof
Nanker, am 25. April 1342 Papst Benedikt XIII. Kcinig
Johann, vollstandig erbhndet, trat im Februar 1342 die Re-
gierung iiber Bohmen und Schlesien seinem Sohne Karl ab.
Schwenkenfeld war tot, der Landeshauptmann von seinem
Amte zuriickgetreten, die Breslauer Ratsherren durch andere
ersetzt. Die Tiroler Erbschaftsangelegenheit verfeindete die
Luxemburger vollstandig mit Konig Ludwig dem Bayer,
und in dem Hasse gegen ihn fand man sich mit dem Papste.
Der vorsichtige Markgraf Karl, der nachmalige Kaiser, war
weit davon entfernt, den Konflikt mit der Geistlichkeit auf
die Spitze zu treiben und fand bei dem neuen Papste,
Klemens VI., seinem ehemaligen Erzieher, freundliches Ent-
gegenkommen.
Derselbe ergab sich sogar darein, dafs das Breslauer Ka-
pitel, obwohl Benedikt XIII. sich diesmal die Besetzung des
Bistums ausdrilcklich vorbehalten hatte, in der Person des
Domherrn Preczlaw von Pogarell, eines schlesischen Edel-
mannes, einen Bischof sich wahlte und bestjitigte unter der
170 Drittes Buch. Erster Absehuitt.
Anuabme, dafs das Kapitel wohl von jenem Vorbehalte
nichts gewufst babe, den Keugewiiblten, und die Zecbe batten
scbbersHcb nur die Breslauer Katsberren zu zableu, in Ge-
stalt einer Geldsumnie an die gescbiidigten Priester und
einiger berubigenden Versicberungen flir die Zukuni't.
Mibtscb erbielt die Kircbe zurllck, natiirbcb unter der
Verpflicbtung; es im Kriegsfalle dem Konig zu uftnen, von
pobiiscben Sjmpatbieen der Breslauer Biscbofe ist fiirs crste
niebt weiter die liede, und wir werden Karls sebon weit
^•ediebenen Plan, BresLau dem 1343 neu gegriindeten Erz-
bistume Prag anzufilgen, noch spater zu besprecben baben.
Die Hauptsaebe war, dafs der neue Biscbof sogleicb in
ein naberes VerbaUnis zu dem Konige von Bobmen trat
und diesem unter dem 1. JuH 1342 eine Urkunde ausstellte,
welcbe einerseits dem vollzogenen Anscblusse Scblesiens an
Bobmen eine gewisse kirebbcbe Weibe gab, anderseits das
Yerbiiltnis des Breslauer Biscbofs zu dem Oberlebensberrn
genauer pracisierte. In seiner Gegenwart, so urkundet bier
Preczlaw, batten die namentlicb genannten Herzoge der
Breslauer Diocese vor dem Markgrafen Karl, dem Erst-
gebornen des Konigs Jobann, sicb als Lebensleute der Krone
Bobmen bekannt und desgleicben die Vasallen des Bres-
lauer Landes, wie aucb die Burger der Stadt Breslau dem
Konige Treue gelobt. Indem der Biscbof dies auf Karls
Wunscb tiffentlicb bekundet, gelobt er zugleicb, die Fiirsten
notigenfalls durcb geistlicbe Strafen zur Erfiillung ibrer Eide
anzubalten und ebenso aucb selbst keinem Feinde des Ko-
nigs Hilfe oder Rat zuteil werden zu lassen, vielmebr
auf das Wobl der Konige von Bobmen als seiner Haupt-
patrone bedacbt zu sein, aucb alle seine und der Kircbe
Scblosser sowie des der letzteren in voller Freibeit geborigen
Neifser Landes zu Verteidigungszwecken immer dem Konige
ofFen zu balten.
Es war docb bier eine wesentlicbe Wandelung einge-
treten seit dem Jabre 1327, wo damals die geistbcbe Ge-
walt in der Person des piipstlicben Legaten auf die Hul-
digung der Breslauer mit einer blofsen Verwabrung der
papstlicben Recbte geantwortet batte, bis zu dieser Urkunde,
durcb welcbe der Biscbof fur die neue Ordnung der Dinge
selbst so bedeutungsvolle Verpflicbtungen auf sicb nabm.
Markgraf Karl lobnte diese Zusicberungen durcb einen
von demselben Tage datierenden unumwundenen Freibeits-
brief, den dann sein Vater imter dem 4. Oktober__desselben
Jabres bestatigte, rait der kleinen aber bedeutsamen Anderung,
dafs er die in derselben gebraucbte Bezeicbnung der scble-
Markgi'af Karls Gefangenschaft in Kalisch. 171
sischen Lehensfiirsten als Patrone des Bistums wegliefs. Als
solcher wollte er allein augeselien werden, er der Herrscher
liber Schlesien.
Wir haben in dem Yorstehenden an eine Darstellimg
der Begrilndung der Luxemburger Herrschaft in Schlesien
die Einfiihrung derselben aucli auf das kirchliche Gebiet
angereiht, und wollen nun nocli die Ausiibung dieses Re-
giments, Johanns Wirksamkeit als Herrscher in Schlesien
kurz zu schilderu versuchen.
Wie wir wissen, waren in Schlesien zwei Landschaften
dem Scepter des bohmischen Oberlehensherrn noch nicht
unterwoiien, die Grebiete von Schweidnitz und Jauer. Von den
beiden Fiirsten, die hier regierten, hatte, wie wir sahen, der
eine, Heinrich von Jauer, zwar personlich gewisse Verpflich-
tungen gegen Kunig Johann ubernomnien, sein jauersches
Land aber sich frei behalten, der andere, Bolko von Schweid-
nitz, sich seine voile Freiheit bewahrt. Kunig Johann konnte
dieses abnorme Verhaltnis um so eher sich gefallen lasseu,
als keiner jener beiden Herzoge miinnliche Nachkommen
hatte; aber eine gewisse Spannung war hier doch unver-
meidlich, und diese hatte dann zur Folge, dais Bolko durch
enge Verbindung mit dem Bruder seiner Mutter, Konig Ka-
simir, sich zu schiitzen suchte, was dann natlirlich wiederum
die Luxemburger im hochsten Grade argwohnisch maclite.
Lifolge davon kam es noch einmal zu blutigen Kampfen.
Als im Anfange des Jahres 1345 Markgraf Karl von
dem Feldzuge gegen die Litauer, auf welchem er seinen
Vater begleitet hatte, durch Grofspolen zuruckkehrte , Avard
er in Kalisch trotz aller Geleitsbriefe , die ihm Kasimir ge-
geben, gefangen genommen, angeblich um einer Geldschuld
willen. Doch war die Haft leicht genug, um es ihm zu er-
moghchen, dafs er auf einem Spaziergang nach dem Stadt-
thore dort ein Rofs besteigen konnte, das ihm der Bres-
lauer Hauptmann Kuuad von Falkenhain entgegengeschickt,
und auf dem er dann schnell eine Schar Bewaffueter er-
reichte, die in einem nahen Walde versteckt seiner warteten
und ihn sicher nach Breslau brachten.
Kasimir eutliefs hierauf zwar das Gefolge Karls, das er
anfanglich nach des letzteren Flucht gefangen gesetzt hatte,
wiederum, begann aber jetzt den Krieg gegen den Bohmen-
konig mit einem Einfalle, bei welchem die Stadt Steinau
erobert und verbrannt wurde.
Inzwischen war Konig Johann, welcher, obwolil seit
1340 ganz erblindet, trotzdem die Lust an Kriegszilgen
nicht verloren hatte und von seinem litauischen Feldzuge
172 Drittes Bach. Erster Abschnitt.
aus eiligst nach clein Khein aufgebrochen war, auf die Nach-
richt von seines Sohnea Abenteuer in Kalisch schleunig zu-
riickgekelirt uud hatte, in Breslau Ant'ang April angelangt,
schnell ein Heer gesammelt, das er nun aber nicht gegen
den Polenkonig, dessen Kriegshaufen wohl also verniutlich
bereits wieder zuriickgegangen waren, sondern gegen dessen
Neffen, den Herzog Bolko von Schweidnitz, fuhrte, in dem
man den Hauptaustifter des Kalisclier Anschlags vermutete.
Gegen Ende des April ward Schweidnitz eingeschlossen,
welches jedoch tapferen Widerstand leistete, so dais Kunig
Johann unverrichteter Sache abziehen mufste. Dafur ei'-
oberte er Landsliut und hielt es besetzt. So lief denn der
Feldzug eigentlich auf eine grausame Verwiistung des Lan-
des hinaus, bis derselbe etwa im Mai durch einen Waffen-
stillstand beeudigt wurde, welcher deni Schweidnitzer Herzog
seine voile Unabliiingigkeit liefs.
Davon, dais Kasimir seineu Neffen unterstiitzt hatte, er-
fahi-en wir nichts, sondern derselbe hat erst, als dieser Feld-
zug zu Ende war, im Einverstandnisse mit oberschlesischen
Fiirsten, welche, wie es scheint, die Vergebung von Ratibor
an den Troppauer Herzog nicht verschmerzen konnten, einen
Einfall in Oberschlesien unternommen und dabei die dem
Herzoge Nikolaus von Troppau gehorige Stadt Sohi-au be-
lagert und Plefs, Rybnik sowie andere kleinere Orte der
Nachbarschaft verbrannt , ist aber von den Bohmen ge-
schlagen, bis vor Ki'akau verfolgt und gencitigt worden, um
einen Waffenstillstand zu bitten, in welchen daun allerdiugs
Herzog Bolko mit aufgenommen ward, und welcher unter
Vennittelung Papst Klemens' VI. 1346 zu einem delinitiven
Frieden fiihrte.
So ist die Regierung Konig Johann s zu Ende gegangen,
ohne dais er die Unterwerfuug Schlesiens, Avie er es wohl
wvinschte, hatte vollenden konnen. Dagegen hat er in dem
ihm untergebenen grol'seren Telle seine Herrschaft fest und
dauerhaft zu grilnden vermocht. Allerdings waren ja auch
hier doch eben nur das Herzogtum Breslau , die Stadt
Glogau und einige wechselnde Pfandschaften unmittelbarer
Besitz, den verschiedenen Herzogen gegeniiber konnte Jo-
hann nur das Recht des Oberlehensherrn geltend machen,
welches eigentlich nur auf die Forderung der Lehensfolge
in Kriegszeiten hinauslief Aber energische Fiirsten haben
zu alien Zeiten ihrer Oberleheusherrschaft noch einen weiteren
Inhalt zu geben gewulst, und auch Konig Johann hat das
sehi' wohl verstanden.
Bei seinen Anwesenheiten in Breslau hat er mehrmals
Stellimg der schlesischen Fiirsten. 173
eine ganze Anzahl schlesischer Fiirsten um sich versammelt
unci hier daun auch wohl Streitigkeiten derselbeu uuter ein-
ander entschieden , wie er z. B. 1337 die Streitigkeiten um
das diu'ch den Tod des kinderlosen Herzogs Lesko 1327
eriedigte Herzogtum Ratibor in der Weise schlichtet, dafs
er, hervorhebeud, \\de das alte polniscbe Erbrecht, auf wel-
•ches sicb die oberschlesischen Herzoge berufen, bier nicbt
zur Geltung kommen konne, sondern nur das Lebenrecbt,
das Herzogtum Ratibor als erledigtes Leben einem dem
piastiscben Hause nicbt angeborenden, aber ibm treu ergebe-
nen Fiirsten, dem Herzoge Nikolaus H. von Troppau, giebt
iind nur Kosel und Gleiwitz den Verwandten des Herzogs
iiberlafst, oder 1342 dureb seinen Sobn die verscbiedenen
scblesischen Fiirsten nocb emmal vor Biscbof Preczlaw ibre
Treue und Lebenspflicbt versicbern lafst. Diese Fiirsten-
zusammenkiinfte, in denen sebr erklarUcberweise spatere
Cbronisten die Anfange der Fiirstentage gefanden baben,
batten neben der Wirkung, in den scblesiscben Fiirsten das
Geflibl ibrer Abbangigkeit von dem Bobmenkonig lebendig
zu erbalten, aucb die, die Fiirsten von Scblesien und von
Oppeln, d. b. von zwei scbarf gesonderten Landesgebieten,
eben in jeuer Abbangigkeit eine geAvisse Gemeinsamkeit
linden zu lassen, die dann dieselben dazu fiibren konnte, sicb
als Fiirsten eines Landes zu betracbten.
Preczlaw batte in der mebrfacb erwabnten Urkunde von
1342 bereits eine Formel fiir diese Einbeit gefunden, indem
er alle die Fiirsten als Herzoge seiner Diocese zusammen-
fafste. Es war dies dieselbe Formel, unter der einst 1163
die Gebiete von Scblesien und von Oppeln - Ratibor als die
sacra Silencii provincia von Polen gesondert wurden. Es
war bier nur nocb ein klemer Scbritt zu thun, um diese
verscbiedenen Fiirsten der Breslauer oder scblesiscben Diocese
nun als scblesiscbe Fiirsten zusammenzufassen und fiir die
Herzogtiimer der Oppelner Linie den Namen Oberscblesien
festzusetzen.
Aber wir linden aucb weiter, dafs Kouig Jobann im all-
gemeinen Interesse des Landes mancberlei Verfiigungen
trilft, welcbe docb in die Macbtspbare der Einzelfiirsten ein-
greifen, und von denen wir ja als moglicb voraussetzen
diirfen, dafs er sicb eben bei jenen Fiirstenzusammenkiinften
mit den verscbiedenen Herzogen iiber derartige Mafsnabmen
vorber verstandigt bat. Es wird dies um so wabrscbein-
Hcber, wenn wir wabi-nebmen, dafs derartige Bestimmungen
uns vornebmHcb in der grofsen Landesordnung des Fiirsten-
tums Breslau begegnen, datiert den 20. Marz 1337, also
174 Drittes Buch. Erster Abschnitt.
kaum zwei Monate nach jener hier in Breslau abgehaltenen
Fiirstenzusammenkunlt. Als derartige Verfugungen dllrften
sich bezeichiien lassen, dafs alle neuen und ungewohnten
Zolle in den Landen der Fursten zu Wasser wie zu Lande
autgehoben , desgleichen alle Wehre avif der Oder zwischen
Brieg und Krossen entfernt werden und der Sti'om bis auf
sechzehn Ellen verbreitert Averden soil, dais ferner, wofern
von einem lierzoglichen Gebiete aus Raubereien erfolgen und
der betreffende Landesfiirst es ablehnt, hier selbst Genug-
thuung zu schaffen, der Landeshauptmann von ]5reslau die
Ubelthater zur Genugthuung zwingen und ebenso deren
etwaige Begiinstiger zur Verantwortung ziehen soil, dais
gegen Herzog Bolko von Milnsterberg wegen seiner Schul-
den an Breslauer Bilrger debitum justitiae com^Dlementura er-
folgen, und dais endlicli die Briicke bei Simmsdorf (damals
zum Fiirstentum Liegnitz gehorig) ausgebessert und in bau-
lichem Stande erhalten werden soil.
Der Breslauer Landeshauptmann erscheint hier nicht
blofs als stellvertretender Regent des dem Konig unmittel-
bar unterworfenen Breslauer Herzogtums, sondern darilber
hinaus als der Trjiger aufserordentlicher koniglicher Voll-
machten, die er im Interesse des Landes auszufilhren hat,
eventuell sogar zwangsweise den schlesischen Fursten gegen-
liber. Insofern nun, wie wir aus sehr vielen Stellen sehen,
die natilrlichen Berater des Konigs, wie seines Stellvertreters,
des Hauptmanns, die Breslauer Mannen und die Konsuln
von Breslau sind, ging doch etwas von der hohen Ver-
trauensstellung audi auf die letzteren liber. Ohnehin maclite
ja die wiederholte Zusammenberufung der Fursten aus alien
Teilen Schlesiens Breslau erst eigentlieh zur Hauptstadt des
Landes, wiihrend doch friilier die ober schlesischen Herzoge
jede Beziehung zu Breslau in Abrede gestellt haben wiirden.
Dazu kam nun noch, dafs der Kcinig die Stadt Breslau
und deren Rat niit einem ganz besonderen Vertrauen be-
ehrte. Johann ist keinem der schlesischen Fursten irgend-
wie niiher getreten, das Interesse, was er ilberhaupt an
diesen seinen Herrschaften nahm, war nie allzu grofs, sein.
Sinn stand doch immer nach dem Westen, wo er in alien
den franzosischen VerAvickelungen seine Hand haben mufste,
aber die Kriegsziige dorthin kosteten Geld, und er schatzte
die Breslauer schon deswegen, weil sie ihm gegeniiber eine
offene Hand hatten. Li der That hat er auf diesem und
jeneni Wege viel von den Breslauern gezogen und sie schliefs-
lich mit Privilegien bezahlt, in denen er sehr unbedenklich
ihnen alle moglichen Hoheitsrechte abtritt resp. verkauft.
Das Breslauer Patriziat. 175
Der Fiirst, der sonst seine konigliche Wiirde sehr gut zii
wahren wvifste, nahm keinen Anstand, den Breslauern zu
verbi-iefen, dafs sie selbst konigliche Briefe, falls sie die-
selben dem Wohle der Stadt fiir nicht zutraglicli erachteten,
ohne Besorgnis vor seiner Ungnade unaiisgeflihrt lassen
dllrften.
Wir sahen bereits, wie des Konigs Pri^alegien die Bres-
lauer Patrizier vollstandig dem Landadel des Fiirstentums
gleichstellten , und wie unter ihrem Beirate jene Landes-
ordnung fllr das Herzogtum Breslau erlassen ward; wir
berichteten auch, wie Bisehof Nanker bei der grofsen Bann-
scene, die er dem Konige vorfuhrte, diesen in geheimer
Konferenz mit den Breslauer Konsuln traf. Wir diirfen in
der That nicht zweifeln^ dafs diese Manner das Ohr des
Konigs batten. Die natiirliche Folge dieser hohen Stellung
des Breslauer Rates war eine aristokratischere Gestaltung
desselben. Die Ratgeber des machtigen Konigs hatten in
ihrer Mitte fiir Vertreter des Handwerks keinen Raum. So
darf es uns nicht wundern, wenn unter Konig Johann eine
Verfassungsveranderung beziiglich des Rates eingefuhrt wird^
welche nun den Rat noch oligarchischer macht, als dies der
eingefiihrte Wahlmodus ohnehin that. 1343, den 31. Marz,
befiehlt der Konig von Paris aus, auf die Vorstellung des
als Gesandter an ihn geschickten Tilo von Liegnitz, dafs
die bisherige jiihrliche Ernennung der Konsuln der Stadt
mancherlei Schaden brachte, fortan 32 lebenslangliche Kon-
suln zu erwahlen^ welche dann zu je 8 in regelmafsigem
jahrlichen Turnus wechseln sollen^ natiirlich unter Vorbehalt
der Kooptation fur den Fall des Todes oder des Wegzuges
eines Mitgliedes. Diese Wahl der 32 ist dann in der That
am 6. Januar 1344 vollzogen^ dock die ganze Einrichtung
nach dem Tode des Konigs bald wieder beseitigt worden.
Im grofsen und ganzen wird man behaupten diirfen,
dafs trotz dieser ohgarchischen Gestaltung des Breslauer
Stadtregimentes und trotz der ansehnlichen Geldforderungen
des Konigs dessen Regierungszeit fiir Breslau eine gliick-
liche gewesen ist, er hat den Breslauer Handel von man-
chen drlickenden Fesseln und Hemmungen befreit, ihm zahl-
I reiche Begiinstigungen zuteil werden lassen und die ihm zu
I dankende Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und Sicher-
[ heit im Lande war etwas, das in der That ganz Schlesien
1 zugute kam.
Fiir Breslau lafst sich der Aufschwung jener Zeit im
einzelnen nachweisen. Damals erfolgte die grofsartige Er-
j "weiterung der Stadt, welche einen breiten Giirtel ilber die
176 Drittes Uuch. Erster Abschnitt.
Ohlau hinaus bis zu der noch heute von dem Stadtgraben
bezeicbneten Linie der Stadt hinzutiigte und so deren Um-
fang nabezu verdoppelte. Es war ein gewaltiger Entschluls,
das grofse Werk durchzutubren und die nngeheuren Kosten
der neiien Ummauerung auf sieb zu nebraen, ziigleicb ein
Beweis des steigenden Woblstandes. Fast zebn Jabre ward
daran gearbeitet; man wird sagen konnen, dafs von 1336
bis 1340 die neue Mauer vollendet ward, wo dann von
1340 — 1346 die Herstellung der Tbore sieb anscblofs.
Kclnig Jobaun bat den Bau durcb mebrfacbe Bewil-
Hgungen unterstiitzt, scbHefsbcb aucb dadurcb, dais er dem
Rate erlaubte, von dem Ku'cbbofe der Juden, der in die
Stadterweiterung bineiugezogen und desbalb verlegt werden
mufste, die Leicbeusteine zu den Mauern zu verwenden.
In der Zeit Kunig Jobanns entstand denn nun aucb vom
Jabre 1331 an die grcilste arcbitektoniscbe Zierde Bresbaus,
das stolze Ratbaus mit seinem Turme, und wenugleicb die
reicbe Sildfagade erst mebr als ein Jabrbundert spater voll-
endet ward, so zeigte doch aucb die_ damals gebaute Ost-
seite scbone und originelle Formen. Uber dem Portale er-
bob sieb bier macbtig der bobmiscbe Lowe als Zeicben,
welcber Herr bier gebiete.
Als Konig Jobann 1345 von Breslau aus gegen den
Scbweidnitzer Herzog zufelde zog, batten ibn seine getreuen
Burger zum letztenmale geseben. Im Jabre 1346 traf bier
die Nacbricbt ein, dais er am 26. August bei Crecy ira
Kampfe gegen die Englander geiallen sei. Nacb der Nieder-
lage des ibm so eng befreundeten frauzosiscben Herrscbers
hatte er zu flieben verscbmabt, und der blinde Mann batte
sieb in das Kampfgewubl fiibren lassen, dem sicberen Tode
entgegen.
Bbnd war der Konig scbon seit langer Zeit; aus dem
preufsiscben Feidzuge von 1337 batte er ein scbweres
Augenleiden mitgebracbt, und in Breslau war es. wo dann
im ]\[arz dieses Jabres ein franzosiscber Arzt, den er mit
sieb fiibrte, ibn so ungliicklicb bebandelte, dafs das Ubel
die scblimmsten Fortscbritte macbte und der erzlirnte Konig
den ungliicklicben Arzt in der Oder ertranken liefs; und
weder die Kunst eines Arabers, dem er sieb dann in Prag
anvertraute, nocb die Weisbeit der Doktoren von Montpelber
konnten verbindern, dais er 1340 ganzlicb erblindete, obne
desbalb von seinen Reisen und Kriegsziigen, auf denen er
ja wiederbolt Deutscbland vom aufsersten Nordosten bis zum
fernsten Siidwesten durchmafs, abzulassen.
Es war das die Art dieser so reicb und grofs ange-
Die Bedeutuug Kijuig Johanus. 177
legten Natur sich melir Tielleiclit noch als durch die Stimme
des halb franzusischen Blutes, das in seinen Adern flofs,
durcli die Anzieliungskraft einer hoher entwickelten Kultur
aus den Kreisen seiner eigentlichen Berufspflichten immer
wieder nach dem fernen Westen ziehen zu lasseu, wo dann
in minder bedeutungsvollen Handeln der beste Teil einer
Ki'aft sich aiifrieb, der liier ira Osten das Hochste hatte ge-
lingen konnen.
Hatte Johaiin Willeij und Neigung gehabt, seinen rast-
los vorwarts strebenden Ehrgeiz ganz auf die Erweiterung
der Grrenzen seiner bohmisch-schlesisehen Lande zu nchten,
er hlitte wohl das polnische Reich der letzten PremysHden
wieder aufrichten konnen; der Polenkcinig, der schon bei
den von Johann nur mit halber Kraft und immer nur ruck-
weise nach langen Zwischenraumen versuchten AngrifFen sich
des iibermachtigen Gegners kaum erwehren konnte, hatte
nach menschUchem Ermessen ihm erhegen miissen, und das
iiberwiegend deutsche Krakau wiii'de sich Avohl haben ge-
winnen und behaupten lassen, zum allergi-ofsten Vorteile flir
die Germanisation des Ostens.
Aber Johann ist immer nur auf kurze Zeit gleichsam
besuchsweise in seinen osthchen Landen erschienen, und sein
Drang, wieder fortzukommen hat grofsen Unternehraungen
mehr als alles hindernd im Wege gestanden. Dafs er unter
solchen Umstanden es noch in dem Mafse, wie wir es wahr-
nehraen, verstanden hat, auch hier im Osten mit so schnellem
Verstandnis die Lage der Diuge zu erfassen, so energisch
und so erfolgreich einzugreifen, mufs uns mit BeAvunderung
fiir seinen Geist erfullen. Bei ihm war in der That die
Ritterhchkeit , dieser grofse sch wungvolle , heldenhafte Zug,
den er vor seinem nicht minder khigen Sohn voraus hat,
mit erstaunhchem poHtischeu ScharfbHck gepaart.
Die Schlesier mcigen sein Andenken in Ehren hahen.
In einer Zeit, wo hier alles in jammerlicher Kleinstaaterei
zu verkiimmern drohte, hat sein Einschreiten Rettung ge-
bracht, in der Zerfahrenheit wieder den Gedanken einer Art
von Staatsbildung aufkeimen lassen und dieses Gewirr kleiner
politischer Existenzen zu einer Einheit zusammengefafst, die
uns doch wenigstens von einem Lande Schlesien und einer
Geschichte Schlesien s zu reden gestattet.
<5runhagen, Gescli. Sclilesions. I. 12
178 Drittes Biich. Zweiter Abschuitt.
Zweiter Abschnitt.
Schlesieii iiiiter Kaiser Karl IV. I nterwerfiiiig Jiol-
kos II. von Scliweitliiitz. Die sehlesisclieii Fiirsteii.
Karl als Oesctzgeber imd Landesvater. JiKlenvcrlol-
guugeii. Der sclnvarzo Tod.
Dem Kiinice Johann folgte 1346 sein Solin Karl, clem
ja schon bei Lebzeiten des Vaters audi in Schlesien aller-
orten gehuldigt -worden war, olnie jeden Widerspriich. Er
besafs uicht die schAvungvolle Ritterliclikeit seines \'aters,
aber daiiir audi iiicht dessen unstiites ^Vesen, nocli den
Hang zu Fehden uud Abenteuern. Dafs er es vermied, avo
er irgend konnte, zuni Schwerte zu greifen und lieber durcli
die Kiinste der Diplomatie, in der er ein uniibertrofFener
Meister Avar, seine Sadie zu I'iihren suchte, durttcn seine
Untertlianen avoIiI rlihmen, sie dankten dieser Eigenschalt
friedliche, gluckliche Zeiten. Dabei liatte er nidit nur den
guten Willen, ein Vater seiner Unterthanen zu sein, sondern
audi ebensowolil die Fahigkeit, ihre Bediirfnisse richtig zu
erkennen, Avie die Ausdauer und die Arbeitskraft, seine Re-
gentenpflicliten treu zu eriullen. Karl IV. ist ein Virtuose
in der Kunst des Regiereus, der, seiner Zeit A\'eit A^oraus, fast
in niodernem Sinne seinen Beruf auffafste, llberall teste, ge-
setzmafsige Formen, geordnete, einfache Verhaltnisse herzu-
stellen suchte. Wenn seine Walil zum romisehen Koiiig
ihn AA'ohl in geAAdsser Weise \'on der Surge fiir seine Erb-
lande abzog, so gab sie ihni doch auf anderer Seite erhuhtes
Anselien, A^ermdirte Autoritat.
Es lag nun ganz in seiner Art, dais er seine Stellung
als Reichsoberhaupt dazu benutzte, ura die neue Provinz,
die sein Vater erAA'orben, Schlesien, fester an die Krone
B(ilmien zu ketten, iiidera er 1348 als lomischer Kcinig in
feierlicher Form dieses Land, die Lchensliustentumer A^on
Schlesien und Poleu (so AAcrden hier noch die oberschlesi-
schen Herzoge, niit denen ja allerdings auch der a'oii Ma-
soAA'ien A-erbunden erscheint, bezeichnet) ebenso Avie den uii-
mittelbaren Besitz r.ebst den Marken A^on Bautzen und
Gorlitz der Krone Bohnien fiir evrige Zeiten inkorporiert^
und diese Inkorporation dann 1355 als Kaiser A-on neuem
bestatigt.
Ausdehnuug von Karls Herrschaft. "^ 179
Nur die letztere zahlt clann die Fiirsten von Schlesien
und Polen, Avelche sich der Krone Bohmen unterworfen
haben, einzeln aiif, und es verdient vielleicht bervorgehoben
zu werden, dafs sich unter ihnen wohl der Herzog von
Masowien befindet, nicht aber Nikolaus, Herzog von Troppau,
obwolil dieser, schon weil er ja seit kurzem zugleich Herr-
scber vou Ratibor war, eigentlich auch seinen Platz bier
hatte finden sollen. Jedenfalls ward der Troppaiier Herzog,
namentHch seit Karl unter dem 7. April 1348 dureb einen
besonderen staatsrecbtliehen Akt das Herzogtuni Troppau,
ganz gescbieden von der Markgrafscbaft Mabren, aJs Leben
der Krone B(ibmen erklart batte, mebr und mebr zur Ver-
bindung mit Sclilesien gedrangt, dessen Fiirsten derselbe
dann etwa voni Ausgange des 14. Jabrbunderts imuier zu-
ffezablt wird.
Jene Bestatigung von 1355 zablt uns nun aucb einen
ansebnlicben unmittelbaren Besitz auf, namlicb aufser Bres-
lau, Neumarkt, Bautzen und Gorlitz und den scbon von
Karls Vater den Glogauer Herzogen abgewonnenen Stilcken
Steiuaii, Gubrau und balb Glogau nocb Frankenstein, das
Karl IV. 1348 von dem bisberigen Pfandbesitzer sieb ab-
treten befs, und endbcb Namslau, das er von dem schwer
verscbuldeten Herzog Wenzel, dem Sobne Boleslaws von
Lieguitz und Brieg, uacb des letzteren Tode gekauit batte.
Die Inkorporation dieser Stadt in den unmittelbaren Besitz
und ibre Verbindung mit dem Herzogtume Breslau 1359,
bei dem dieselbe dann deiinitiv geblieben ist, zeigt uns die
einzige praktisebe Folge des Versprecbens, welcbes Karl IV.
in Erneuerung eines abnbchen Gelobnisses seines Vaters
1352 den Breslauern gab, alles was er sonst nocb von Polen
(d. b. Scblesien mit eingerecbnet) gewinnen werde, dem
Herzogtum Breslau einzuverleiben, wenngleicb einzelne An-
deutungen zeigpn, dafs der Hauptmann von Breslau iiber
den ganzen unmittelbaren Ki'onbesitz in Scblesien eine ge-
wisse Macbt ausubte, wie wir z. B. lesen, dafs derselbe bei
Entscbeidung eiues Streites zwischen dem Abte von Leubus
und dem Hauptmanne von Gubrau den letzteren als „un-
seren Hauptmann" bezeicbnet, oder dafs er 1377 fiir die
Reparatur krmigbcber Gebaude in Glogau sorgte.
Jene Erwerbung von Namslau, welches der verschuldete
Herzog Boleslaw 1341 sanit Kreuzburg, Pitscben und Kon-
stadt an Polen verpfandet batte, bat nun wahrscbeinlich
aucb in einem gewissen Zusammenhange gestanden mit den
Beziehungen, in welcbe Karl IV. zu den Kcinigen vou
Polen und Ungarn trat. Als er den Thron bestieg, fand
12*
180 Drittes Buch. Zweiter Abschuitt.
er noch jene unerwilnsclite Verbindung vor sich zwischen
dem einzigen schlesischen Herzog, der seine Unabhangigkeit
bewahrt hatte, Bolko II. von Schweidnitz- Jaiier, und dem
Polenkonige, dessen Oheim. Bolko, dor seit dem Tode
seines Vatersbruders Ileinrich von Jauer 1346 auch dessen
Lande geerbt hatte, war bei weitem der maclitigste Fiirst
Sclilesiens; er gebot iiber cinen weiten, fruclitbaren Strich
Landes von den ersten Erhebungen dcs Landes bei Freiburg
und Striegau bis auf den Kamm des Riesengebirges und
von Bunzlau bis fast zu den letzten Abhangen des Eulen-
gebirges. Eng hielt er mit Kasimir zusammen, aber auch
der machtige Konig von Ungarn, Ludwig, nalim lebhafteren
Anteil an seinem Schicksale. An seinera Hofe ward die
Nicbte und Erbin Bolkos, Anna, deren Mutter eine Schwester
Ludwigs war, ei'zogen.
Sei es nun, dafs wegen der Erbschaft Heinrichs von
Jauer Karl und Bolko in Streit geraten, oder dais Kasimir
nach dem Tode Konig Johanns die Gelegenlieit zu Erobe-
rungen fiir giinstig erachtete, genug es kam im Jahre 134:7
zu neuen Kampfen. Bolko gelang es, am Anfange des Jahres
1348 seine Stadt Landeslmt, welclie Konig Johann 1345
erobert und seitdem besetzt gehalten hatte, wiederzugewinnen,
indem er ein Hauflein Bewatfneter, auf Wagen versteckt,
ohne Verdacht an oder in die Stadt zu bringen vermochte
(Anfang 1348), und polnische Kriegsbaufen schwarmten von
der Burg Orla aus (bei Krotoschin) verwlistend bis nalie
an die Thore Breslaus. Karl, der damals fern in Siiddeutsch-
land verweilte, iiberliefs es dem Bi'eslauer Rate, durcli Unter-
bandlung eine Waffenruhe berbeizufiihren ; der Schweidnitzer
Herzog, froh, seine Feste Landesbut wieder zu haben, liefs
sich leicht dazu bewegen, und die Breslauer batten nur
damit Not, die streitlustigen Vasallen des Fiirstentums, wie
z. B. die Reideburgs, Inhaber des Burglebens Bohrau, von
einer Fortsetzung der Feindseligkeiten abzuhalten. Aber
die Polen waren auf eine Verlangerung der urspriinglich
festgesetzten kurzen Waffenruhe nicht eingegangen und batten
Ende Mai 1348 einen neuen Raubzug gegen das etwas
oberhalb von Breslau an der Oder gelegene Schlofs Auras
unternommen, und zwar das Schlofs nicht zu erobern ver-
mocht, das dessen Burggraf Konrad von Borsnitz, von den
Breslauern unterstiltzt, tapfer verteidigte, aber das Land
schwer verwiistet, und waren auch ungehindert mit ihrer
Beute wieder abgezogen.
Gegen Ende Juni uben die Breslauer in gewisser Weise
Vergeltung, indem sie ein Streifcorps bis in die Gegend von
Verlialtnis zu Bolko II. von Schweidnitz. 181
Krotoschin entsenden, wobei jedoch alles auch nur auf die
Verbrennung- einiger Dorfer hinauslauft.
Eine durchgreifende Anderung der Verhaltnisse bewirkt
erst das persouliche Erscheinen Karls im Herbst 1348. Am
22. November kommt er mit Konig Kasimir in Namslau
miweit der polnischen Grenze zusammen, und hier wii'd nun
ein sehr merkwurdiges Schutz- und Trutzbiindnis zwischen
den beiden bisherigen Gegnern geschlossen, das seine Spitze
besonders gegen die Wittelsbaeher in Brandenburg richtet,
denen ja Karl eben in jenem Jahre durch die Anerkennung
des falsclien Waldemar die schwersten Verlegenheiten be-
reitet hatte, aber doch auch den deutschen Orden den Polen
preisgiebt. Kasimir verpfiichtet sich schliefslich hier, nicht
nur Karl gegen jedermann beizustehen, aufser gegen den
Konig von Ungana, sondern auch von seinen Eroberungen
die Halite Karl zu iiberlassen. Infolge dieses Biindnisses
verzichtete dann Karl IV. auf die Lehenshoheit iiber das
polnische Herzogtum Masowien, das einst sein Vater er-
worben, wogegen Kasimir und ebenso dessen Vetter Lud-
wig von Ungarn ilire Pfandrechte auf die schlesischen Land-
schaften Kreuzburg und Pitschen aufgaben. Dieselben sind
dann , obwohl eigentlich zu Oberschlesien gehorig , nach
manchen wechselnden Schicksalen, Verpfandungen u. dgl.
doch bei dem Liegnitz - Brieger Fiirstenhause auf die Dauer
gebheben.
In jenen Namslauer Frieden war nun auch Herzog Bolko
von Schweidnitz eingeschlossen , wofern derselbe innerhalb
drei Tagen zustirame, seinen Streit mit Karl der Entschei-
dung des Herzogs Albrecht von Osterreich zu iiberlassen.
Wirkhch kam auch am dritten Tage darauf Bolko mit
dem Konige in Liegnitz zusammen und verabredete da eine
Verliingerung des Waffenstillstandes vorlaufig bis nachste
Fastnacht. Daraus ward dann ein voUer Friede. Bolko
ist nun ganz fiir die Politik Karls gewonnen, der ihm wohl
damals bereits Aussichten auf die Niederlausitz eroffnet haben
mochte; er erscheint bei den Friedensverhandlungen Karls
mit Markgraf Ludwig dem Romer (Februar 1350) zu Bautzen
im Gefolge des Konigs, und im August dieses Jahres ist er
schon so weit, dafs er sich Karl gegentlber verpfiichtet,
liber sein Land nicht ohne dessen Zustimmung zu verfUgen,
was ja eigentlich bereits eine gewisse Unterwerfungserklarung
in sich schlofs. Bald selien wu* ihn dann noch einen grofsen
Schritt weiter gehen. Unter dem 13. Dezember 1350 schhefst
er mit Karl einen Vertrag iiber die Erbfolge, dessen weit-
aussehende Kasuistik, die allerdings bei Karl IV. keineswegs
182 Drittes Buch. Zweiter Abscbnitt.
unerhort ist, ims raorkwurdig genug erscheiiit. Bulku eut-
belirte der Kinder, und auch sein Bruder Heinricli hatte
niir eine Tochter Anna hinterlasseu , Avelche also jetzt tvir
die Erbin der reichen Lande gelteu durfte. Diese (damals
vielleicht elf Jalire alt) ward nun durch den gedacliten Vcr-
trag Karls Erstgeborneiii; Wenzel, verlobt, der, am 17. Ja-
nuar 1350 geboren, damals nocli in den Windeln lag. Aller-
ding.s wai- fur alle moglichen Falle Sorge getragen. Falls
jener Sohn Karls IV. stiirbe, sollte ein etwa ihm noch ge-
borener jiingerer an dessen Stelle treten, und falls der
Herzog selbst vielleicht noch eine Tochter erhielte, sollte auf
diese das Verlobnis iibertragen werden u. s. w. Es scheiut
fast, als ob sich dann im folgeuden Jahre die Beziehungen
zwischen Karl und dem Herzoge noch einraal getriibt haben;
wenigstens sehen wir im September 1351 den crsteren eifrig
beflissen, an seinem Hof lager zu Pirna Beweise dafiir zu-
sammenstellen zu lassen, dafs weiland Herzog Heinrich von
Jauer seine Lande einst von Kaiser Ludwig dem Bayern
zu Leheii genummen habe, so dafs Bolko als Erbe Herzog
Heinrichs vorausseheu kounte, es wiirde bei seinem Tode
unter alien Umstandeu mindestens ein Teil seiner Lande
von Karl resp. dessen Nachfolgern auf dem Kaiserthrone in
Anspruch genommen werden. Anderseits ward auch jener
Vertrag von 1350 von selbst dadurch hinfallig, dafs im
Dezember 1351 jenes kleine Sohnchen Karls, das dieser
bereits verlobt hatte, noch bevor es sein erstes Lebensjahr
vollendet hatte, starb. Wenn Karl hierdurch in gewisse Ver-
legenheit kam. so hat dieselbe nicht lange gedauert, denn
als im Anfang Februar 1353 der Tod seiner Gemahlin
Anna von der Pfalz ihn zum Witwer machte, zogerte er
keinen Augenblick, nun selbst an die Stelle seines Solmchens
zu treten und um die Hand der Erbin von Schweidnitz-
Jauer zu werben. Er war willkommen; schon Ende Mai
konnte in Ofen, wo die Braut bei ihrem miitterlichen Oheime
verweilte, die Vermahlung feierlich begangen werden, und
Karl dm-fte es sich als Hochzeitsgeschenke anrechnen, wenn
bei dieser Gelegenheit am 27. Mai 1353 Konig LudAvig
alien eignen Ansprlichen auf Schweidnitz- Jauer entsagte und
den Verzicht auf Kreuzburg und Pitschen erneuerte.
Von Ofen eilte Kai'l mit seiner jungen Gattin nach
Schweidnitz, wo nun am 3. Juli Herzog Bolko seiner Nichte
und deren Leibeserben seine samtlichen Lande unter der
Bedingung vermacht, dafs dieselben zunachst nach seinem
Tode seine Gemahhn, Agues von Osterreich, Zeit ihres Le-
bens haben solle, mit der Verpflichtung , die Burggratcn-
Karls Vermahluug mit Anua vou Schweidnitz. 183
amter cier festen Sclilusser nur im Einverstandnisse mit der
bohmischen Krone nea zu besetzeii, wahrend Karl seiner
Oemahlin 15 000 Schock bulimischer Grosclien unter Ver-
pfiindung der Stadte imd Gebiete von Koniggriitz, Holien-
uiauth und Politz verschreibt und anderseits dem Herzog
Schutz imd Beistand gegeu alle Feinde gelobt. Nun leisten
die Stadte von Schweidnitz-Jauer, von Karl reich mit Pri-
vilegien begnadet, der Konigin Anna und deren Nachkommen
Eventualhuldigungen. Am 28. Juli ward sie feierlich zu
Prag gekront; Herzog Bolko erscheint forian auf das aller-
treueste dera Konig verbunden , in dessen Dienste er nocli
mehrfach wichtige VerLandlungen filhrt. Ansehnliche Ver-
grofserungen seines Landbesitzes erwuchsen ibm aus diesen
Beziehungen. Bereits bei der Vermahlung Karls 1353 hatte
dieser ibm das Schlols auf dem Zobtenberge auf Lebenszeit
eingeriiumt und wahrscheinlicb um dieselbe Zeit aucb die
Gebiete von Kreuzburg und Pitsclien iiberlassen. 1356 lost
er von Heinrich von Haugwitz das diesem verpfandete,
durch seine Goldbergwerke wichtige Beichenstein nebst
Silberberg ein. 1358 verkauft ibm der iilteste der Sobne
Boleslaws von Brieg, Herzog Wenzel, die ihm zugehorige
Halfte von Brieg und Ohlau und liberlafst ibm auch pfand-
weise Goldberg. 1360 seben wir ihn dann das von Bole-
slaw an Biscbof Preezlaw verkaufte oder wohl riclitiger ge-
sagt verpfandete Grottkau dem letzteren mit bewaffneter
Macbt wieder abnebinen, wabrscheinlich auf Grund eines
von Herzog Wenzel an ihn abgetretenen Riickkaufsanspruches.
Bolko beruft sich in dieser Angelegenheit ganz direkt auf
ein Mandat Kaiser Karls, und in der That sehen wir diesen
den Bestrebungen des Schweidnitzer Herzogs, dm'ch welche
derselbe sein Landgebiet in gewaltiger Weise vergrofserte,
nicht nur keine Hindernisse in den Weg legen, sondern
dieselben sogar fordern. Er tritt Bolko nicht nur 1361
die ihm gehorige Halfte von Glogau ab, sondern verschafft
demselben sogar 1364 noch die Nieder - Lausitz , indem er
ihm gestattet, dieselbe von den Gebriidern Markgrafen von
Meifsen um 21000 Mark lotigen Silbers wieder einzulosen,
wohl mit Rllcksicbt auf die Ansprliche, welche Bolko als
Enkel einer Prinzessin aus dem askanischen Hause noch
zustanden. Zur Aufbringung der ansehnhchen Summe
steuern die schweidnitz-jauerschen Stadte willig bei. Bereits
im Mai 1364 nennt er sich in Urkunden Markgraf der
Lausitz, wenn er gleich erst im November die feierlichen
Huldigungen empfangt. Unter dem 28. Mai schreibt er an
die Stadte seiner Lande, er habe an dem heutigen Tage
184 Drittes Buch. Zweitcr Abschuitt.
seiii altes grofses Ingesiegel zerschlagen, was sie in ihre-
Blicher sollten einzeiclmeii lassen, das neue Siegel enthalt
claun den neuen Titel und den Wappenschild der Lausitz,
den Stier.
Karl konnte diese Gebietsvermehrung des schlesischen
Herzogs sehr ruhig mit ansehen, da ja die ganze Herrlich-
keit auf zwei Augen stand und dahinsank, wenn sich diese
sclilossen. Er hat indessen niclits versilumt, die eignen Erb-
ansprilche zu erhalten und zu festigen. Anna hatte ihrem
Geiuahl 1358 eine Tochter Elisabeth und 1361 den erselmten
Erben, den naclnnaligen Konig Wenzel, geboren, war aber
selbst das Jahr darauf gestorben, so dafs nun der Erb-
anspruch auf Schweidnitz - Jauer nur auf den vier Augen
der beiden kleinen Sprolslinge beruhtC; welche Anna ihni
hinterliefs, ohne dafs dem Kaiser selbst ein solcher zuge-
standen hiitte. Indessen anderte der Tod Herzog Bolkos
von Schweidnitz am 28. Juli 1368 die Verhaltnisse voll-
kommen. Die Nachricht traf den Kaiser in Italien, und
erst im September 1369 vermochte er nach Deutschland
zuriickzukehren, wo er dann nun die Ordnung des grofsen
Nachlasses mit gewohntem Eifer in die Hand nahm. Dafs
die Niederlausitz jetzt an ihn fiel, hatte er sich bereits frliher
von den Markgrafen von Brandenburg zusichern lassen ; bei
anderen schlesischen Besitzungen, welche dem Schweidnitzer
Hei'zog nur auf Lebenszeit uberlassen worden waren, ver-
stand sich das von selbst. Die Hauptsache war natiirlich
Schweidnitz - Jauer. Der Witsve Bolkos blieben, den Ver-
triigen entsj)rechend , die Einkiinfte des gesamten Gebietes
fiir ihre Lebenszeit, der nachste mannliche Anverwandte,
Bolko von Miinsterberg, ward dui'ch Geld und kleinere
Landabtretungen bewogen, alien Ansprilchen auf die Herzog-
tiimer zu entsagen; bei Konig Kasimir von Polen gait es
nur alte Schulden Bolkos zu tilgen; aber auch das Erbrecht
des iiltesten Kindes der Konigiu Anna , der Prinzessin
Elisabeth, sollte abgelost werden. Deren Hand war 1363,
wo Elisabeth fiinf Jahr alt war, dem Markgrafen Otto von
Brandenburg aus dem Hause Wittelsbach zugesagt worden,
um diesen als den voraussichtHchen Nachfolger seines kinder-
losen Bruders Ludwig des Romers in der Herrschaft liber
die Mark Brandenburg an Karls Interesse zu fesseln.
Otto hatte dann (l3G4) auch fiir den Fall, dafs er, wenn
etwa der Bruder seiner kiinftigen Gemahlin, der junge Prinz
Wenzel, friihzeitig stiix'be, in den Besitz von Schweidnitz-
Jauer kame, ansehnliche Landerabtretungen in der Neumark
und dem Lande Lebus dem Kaiser zugesagt. Nachmals
Karl Herrscher liber gauz Schlcsieii. 185
aber hatte Karl eine anclere Kombination, Avelche nun audi
das habsburgische Haus in seine Familienbeziehungen hin-
einzog, mehr zugesagt; Markgraf Otto ward jetzt mit der
inzwischen Wit we gewordenen altesten Tochter Karls (aus
erster Ehe) abgefunden^ die junge Prinzessin Elisabeth 1366
Albrecht von Osterreich verlobt und diese nunmehr 1369
ebenso wie ihr Gemalil durch eine Geldzahlung bewogen,
ihren Anspruch auf Schweidnitz-Jauer ibreni Bruder Wenzel
abzutreten. Der letztere, damals neun Jahre alt^ wird dann
durch seinen Vater kraft dessen kaiserlicher Machtvoll-
kommenheit zur Verfugung liber Schweidnitz-Jauer milndig
gemacht, und nun vermacht derselbe seineni Vater filr den
Fall seines Todes die Herzogtlimer Schweidnitz-Jauer, deren
Stande jetzt Wenzel huldigen und dem Kaiser Eventual-
huldigung leisten , wogegen dieser ihnen gegenliber mit
Gnadenbriefen und Freiheiten nicht kargt und diese Lande
nie von der Krone Bohmen zu trennen und immer dem alte-
sten Sohne zu iibergeben verspricht.
Nun erst durfte Karl den Besitz von Schweidnitz-Jauer
als gesichert, ganz Schlesien in seiner Hand vereinigt an-
sehen. Diese Herrschaft ist ihm thatsachlich nie bestritten
worden. Seine kaiserliche Wlirde, der Ruhm seiner Staats-
kunst und Weisheit sicherten seine Stellung auch den schle-
sischen Fursten gegenliber. Dieselben als seine Lehensleute
zu einem grofsen Kriegszuge aufzubieten, hat der fried-
liebende Monarch nvir sehr vorlibergehend Veranlassung ge-
habt ; doch verstand er es, was sein Vater immer verschmiiht
hatte, diese Herzcige naher an seine Person zu fesseln, sie
seinem Hofadel einzureihen. Mit wenigen Ausnahmen linden
wir die zahlreichen schlesischen Flii'sten wiederholt an seinem
Hof lager, sehen dieselben bei dem Austrage iuternationaler
Streitigkeiten als Schiedsrichter fungieren, ihn aui seinen
Reisen ins Reich begleiten, seinen Urkunden als Zeugen
dienen, ja manche derselben, wie z. B. Bolko von Falken-
berg, Primko von Teschen, Heinrich von Brieg, im kaiser-
lichen Dienste als Hofrichter amtieren, und es unterliegt
kaum einem Zweit'el, dafs diese Herzoge, so lange sie im
Hofdieust des Kaisers standen, auch in gewisser Weise von
ihm Lohnung empfaugen haben.
Dais er der Schiedsrichter ihrer Streitigkeiten war, ver-
stand sich von selbst, wie auch, dafs er dieses Richteramt
andern libertragen konnte. Es hat nun an Streitigkeiten
der kleinen Dynasten unter einander nicht gefehlt, und
einige Falle von allgemeinerer Bedeutung verdienen hier
wohl hervorgehoben zu werden.
|g€ Drittes Bucli. Zweiter Abschnitt.
Als Konig Johann die Herrschaft iiber Schlesieu antrat,
war unzweil'elhal't der angesehenste Filrst sein Scluvager
Bulcolaw. Derselbe gebot damals in NiederschJesien iiber
die Gebiete von Liegnitz, Goldberg, Ilaynau, Liiben und
oderaufwiirts von Breslau iiber Brieg, Grottkau, Kamslau,
Berustadt, Ki-euzburg, Pitschen. Aber eine mafslose Ver-
schwondung brachte ihn um den grofsten Teil seines Land-
besitzes, es kam so weit, dafs er 1339 die Lande Haynau
und Liegnitz an vier Breslauer Biirger verptandete, und
zwar niclit blofs die Einkiinfte, sondern auch alle Hoheits-
reclite der Lande, so dafs thatsaclilich die ganze Regierung
derselben in den Handen der Gliiubiger lag, welche sie
dann allerdings durch zwei Adelige, den Breslauer Haupt-
mann Kunad von Falkenhain und Johannes Schirnier, ver-
walteu lassen mulsten, ja Boleslaw ward sogar nieht ohne
Beiliilte des bohmischen Kouigs Johann resp. seines Thron-
folgers Karl gencitigt, vor einem aus fiinf adeligen Vasallen
und fiinf Liegnitzer Biirgern gebildeten Gerichtshofe seinen
Unterthanen gegeniiber Recht zu uehmen. Die Zustaude
wurden allmlihlich in solchem Grade unhaltbar, dafs ernst-
licli zu befiirchten war, die bohraische Krone mochte ein-
schreiten und die Lande unter irgendwelchem Vorwaude
sich direkt annektieren, und so entschlofs sich denn der
Herzog 1341, die wcstliche Halfte seines Gebietes Liegnitz,
Haynau und Goldberg seinen beiden Scihnen Weuzel und
Ludwig abzutreten, welche dann niit Zuhilfeuahme der Mit-
gifteu ihrer Gemahlinnen das Verpfandete einzulosen imd
so wieder geordnetere Verhaltnisse herbeizufiihren vermoch-
ten. ,1345 teilten die Briider ihre Herrschaften , doch da
der Altere die verschwenderischen Xeigungen des Vaters
geerbt zu haben schien, so begannen die Verpfandungen
von neuem, und Ludwig, Veriiufseruugen an Konig Karl
fiirchtend, griff endlich zu dem seltsamen Mittel, dem Bruder
auch seinen xVnteil abzutreten gegen bindende Zusicherungen
fiir den Fall von dessen Tode, worauf dann Ludwig das
verpfandete Liiben fiir sich einloste und auf diesem kleinen
Besitztume haushielt, bis beim Tode Herzogs Boleslaw
1352 oder eigentlich erst 1358 nach dem seiner Wit we
Katharina, welche die Lande als Leibgedinge besafs, auch
die ostliche Halfte des Landbesitzes, von der allerdings Bo-
leslaw das Grottkausche 1342 an den Bischof, das Gebiet
von Namslau an Konig Karl und Kreuzbui'g, Pitschen und
Konstadt an die Krone Polen verpfiindet resp. verkauft
hatte, zur Teilung kamen, wo dann Wenzel sich beeilte,
seine Halfte wiederum an den Schweidnitzer Herzog zu
Die Herziige vou Liegnitz-Bricg. 187
versetzen. Nacli dessen Tode 1368 ist es nun Ludwig I.,
einera sorgsamen imd sparsaraen Fursten, gelungen, nacli
mannigfaclieu Streitigkeiten rait dem unruhigen Bruder, in
welcliem nielir als eimnal Ktiaig Karl zii vermitteln hatte^
wenigsteus die Lande Brieg imd Olilau (auf der andern
Seite noch Liiben dazu) vollstandig in seine Gewalt zu be-
komnien und eudlich auch Kreuzburg und Pitschen wieder
zu erlangen, welches ilnn allerdings die Herzoge von Oppeln
streitig raachten und erst, nachdem sie bei Kreuzburg in
einem Treffen den Waffen Ludwigs unterlegen Avaren, her-
gaben.
AYiihrend inzwischen in dem Liegnitzer Lande die ilble
Wirtschaft Herzog Wenzels bis an dessen Tod (1364) fort-
dauerte, wenngleich auch er zur Grilndung eines Kollegiat-
stiftes in Liegnitz (zum heiligen Grabe) die Mittel gefunden
hat, erlebte das Herzogtum Brieg unter der langen Kegie-
rung des Herzogs Ludwig (f 1398) ungleich bessere Zeiten.
In seiner Zeit erhob sich in Brieg der Neubau der statt-
lichen Nikolaikirche , deren Pati'onat den Johanniterrittern
in Lossen zustand, und 1368 errichtete der Herzog hier ein
Kollegiatstift, dessen gotische Kirche neben den Ruiuen des
Piastenschlosses noch heute von jenen Zeiten Kunde giebt.
Ludwig weihte das Stift seiner berilhmten Ahnfrau, der
heiligen Hedwig, aus deren haudschriftlicher Legende er
sich auch durch Nikolaus von Posen, den Hofnotar Bischof
Preczlaws, einen Auszug fertigen und denselben 1353 mit
64 noch heute uns erhaltenen Bildern illustrieren liefs. Offen-
bar besafs Herzog Ludwig ein gewisses historisches Literesse,
eine Eigensciiaft , die wir sonst nicht allzu vielen der schle-
sischen Teilfiirsten nachzuriihmen vermogen, und wie wir
"von ihm erfahren, dafs er nach den Grabstatten der alten
schlesischen Bischofe in Schmograu, wo ja einst zeitweise
ihre Residenz war, hat nachgraben lassen, so erkennen wir
auch bei der bedeutendsten alteren schlesischen Chronik aus
ihrer Widniung an Herzog Ludwig wie aus der unverkenn-
bareu Parteilichkeit fllr denselben, dais er auf ihre Ent-
stehung einen gewissen Einflufs geiibt hat, so dais auch die
Vermutung manches fiir sich hat, dieselbe sei aus dem
Brieger Hedwigstit'te hervorgegangen. Es ist dies die etwa
138485 geschriebene sogenannte Chronica principam Po-
loniae. Wenn es uns befremden kann, dais hier die ganz
und gar deutschen Fiirsten des damaligen Schlesiens als
polnische Fiirsten bezeichnet werden, so mufs darauf hin-
gewiesen werden, dafs es dem Verfasser oflfenbar nur darum
zu thun war, die Abstararaung dieser schlesischen Herzoge
18S Drittes Buch. Zweiter Abschuitt.
von dcr bis in die sagenhafteste Vorzeit zurllckreichendeii
pulnisclicn Ilerrsclierlaxnilie naehzuweisen und damit den
Eulim des Geschlechtes zu erhohen, nicht anders, wie Avenn
■\vir noGh jetzt diese Fiirsten als Piasten bezeichnen, welches
Wort auch eigentlich nur die Bedeutung des eingeborenen
Pulentums entlialt.
In Ludwig 1. tritt uns einmal das Bild eines Avirklicii
landcsvilterlicli gesinnten und wirkenden schlesischen Fiirsten
entgegen, ein Typus, wie er docli nicht allzu hiiufig hier
sich vertreten fiudet.
In Oberschlesien erlosch wahrend der Regierung Karls IV.
der Mannsstamm eines der dortigen Teiliiirsten im Jahre
1355 niit dem Tode Bolkos von Kosel-Beiithen, und wieder-
um stellte sich, wie schon 1336 bei der Erledigimg des
Herzogtums Ratibor, das alte polnische Erbrecht mit aus-
gedehnten Erbansprlichen der Verwandtschaft dem Lehen-
recht entgegen, und erst ein Urteil des kaiserHchen Hof-
gerichtes entschied den Streit auf Grund der Lehensurkunde
weiland Herzog Wladyslaws zugunsten des Erbrechts der
darin ausdi'iickhcli als Erben anerkannten nachsten weib-
lichen Verwandten , namlich der Schwester des letzten
Herzogs Bolko, resp. ihres Gemahls Konrad von Ols und
der altesten Tochter Bolkos, vermiihlt mit dem Herzog
Primko von Teschen, welche nun allerdings wieder zu ver-
schiedenen Abfindvmgeu genotigt waren. Es trat hier mit
Plerzog Konrad von Ols, der nun den auch auf seine Kach-
kommen vererbten Titel eines Herzogs von Kosel annimmt,
ein Fiirst aus dem eigentlichen Schlesien in die Reihe der
oberschlesischen Dynasten.
Unter den oberschlesischen Piasten jener Zeit verdient
einer besonders hervorgehoben zu werden, wenngleich der
eigenthche Hauptschauplatz seiner Thatigkeit aufserhalb der
schlesischen Greuzen gelegen hat. Es war dies Wladyslaw
von Oppeln, mit seinem jiingeren Bruder Bolko der Erbe
Bolkos n. von Oppeln. Schon vor dessen Tode (1356) in
jungen Jakren war er an den Hof seines Oheims von
miitterUcher Seite, des Ungarnkonigs, gekommen, in dessen
Dienste getreten imd schnell zu grofseu Ehren gelangt, als
einflufsreichster Ratgeber und geschatztester Diplomat. In
dieser Eigenschaft wirkte er dann, als Konig Ludwig sich
durch ein ehrenkrankendes Wort liber die Konigin - Mutter
von Ungarn beleidigt fand, an der Herstellung eines grofsen
gegen Karl IV. gerichteten Biindnisses, das Ungarn, Polen,
die osterreichischen Herzoge und Herzog Meinhard von
Bayern umschlofs, eifrig mit (1362), ja er stand sogar an
Herzog Wladyslaw vou Opx^eln. 189
der Spitze des Heeres, welches Ludwig gegen Mahren ent-
sendete. Freilich trug der Bund keine Friichte ; der Ungarn-
konig, von den Yerbiindeten im Stich gelassen, liefs sich
bald wieder zu Unterhandlungen bereit finden, und als diese
Erfolg batten, gewabrte Karl seinem ungetreuen Lebens-
manne gern wieder Verzeibiing, ja er gab ibm sogar, um
einen dankbaren Freund in Ludwigs Umgebung zu ge-
winnen, einen besonderen Beweis seiner Gunst, indem er
ibm 1367 gestattet, seine scblesiscben Lande in Ermangelung
mannlicher Nacbkomraen auf seine Tochter zu vererben,
wodurcb er allerdings die Erwartungen und Hoffiiungen seines
treuen Dieners, des Herzogs Bolkos III., Wladyslaws Bru-
dei', welcher darauf rechnete, der Bruder werde mit seinen
Erfolgen in Ungarn zufrieden auf seine scblesiscben Be-
sitzungen verzicbten, arg tauscbte.
Wladyslaw fand vielfacbe Gelegenbeit, sicb dankbar zu
zeigen, indem er am Hofe Ludwigs zugunsten Karls tbiitig
war, wenn die Eifersucbt Konig Kasirairs und die unver-
scibnlicbe Feindscbaft der Wittelsbacber zu neuen Anscblag-en
gegen die wacbsende Macbt des Kaisers zu drangen sucbten.
Recbt deutlich zeigte sicb das 1372, als in Ofen die ersten
Unterbandlungen iiber eine Vermablung des kaiserlicben
Prinzen Sigisraund mit Maria, der Tocbter Ludwigs, ge-
pflogen wurden, und Primko, Herzog von Tescben, als Ge-
sandter Konig Karls mit Wladyslaw von Oppeln, dem un-
gariscben Bevollmachtigten, zu verbandeln batte. Damals
eilte Herzog Stepban von Bayern selbst berbei, um die
Sacbe zu bintertreiben , und zwiscben ibm und Wladyslaw
ist es damals zu so beftigen Auftritten gekommen, dafs nur
das Dazwiscbentreten des Konigs Thatlicbkeiten verbin-
dert bat.
^Alady slaws Stelkmg war durcb den Tod Kasimirs 1370
nur aufs neue befestigt worden. Sein Eifer babnte Ludwig
die T\^ege zur Nacbfolge aucb in Polen, und der Konig
kargte nicbt mit seinem Danke. War der Herzog bereits
Palatin von Ungarn, Graf von Presburg gewesen, so erbielt
er jetzt das Wieluner Land, d. b. das ganze von dem
oberen Lauf der Wartba eingescblossene , dem Oppelner
Herzogtum benacbbarte Land (allerdings bei Emiangelung
mannlicber Erben nur auf Lebenszeit), und im Herbste 1372
aucb das beutige ostlicbe Galizien als eigenes Lebensfursten-
tum. Und in Scblesien batte man alien Grund, sich der
wacbsenden Macbt des Landsmannes aufserbalb der scble-
siscben Grenzen zu freuen. Eifirig wirkte derselbe in den
ibm unterworfenen Landen fiir Verbreitung deutscber Kultur,
190 Drjttes lUicli. Zweitcr Absclmitt.
gewJihrte den schlesischen Kaui'leuten Handelsvorteile und
hielt Kuhe und Ordiiung aufrecht. Freilich hatte er die
pohiisclie Adelspartei gegen sich. Dauerndes hatte er in
seinem langen Leben (er stirbt erst 1408) und in den
wechselnden Stellungen, die er dann noeh bekleidet, nirgends
zu schafFen vermocht, und speziell fiir die Geschichte ^chle-
siens ist er im grol'sen und ganzen olme Einfiufs geblieben.
In seinen Oppehier Landen innerhalb deren alter Grenzen
sind ihm seine Neffen gefolgt, seine Tocliter haben sich mit
Gehlabtindungon begniigen miissen.
Flir das ganze System Karls IV. wiirde es natiirhch von
grofser VVichtigkcit gewesen sein, in dem nun ganz und gar
unter seiner Herrschaft vereinigten ISchlesierlande auch den
Laudesbischof in die geistliche Hierarchic des bohinischen
Eeiches eingeiugt zu sehen, wozu dann also die Losung von
dem Metropolitanverbande mit Gnesen, dem letzten Bande,
das Schlesien noch mit Polen verkniipl'te, notwendig ge-
wesen ware.
Die Griindung eines eigenen Erzbistums fiir das Ktinig-
reich Bohmen im Jahre 1344, welche Karl noch als Kron-
prinz durchsetzte, schien dazu die beste Gelegeuheit zu
bieten, und der damalige, dem Kaiser so wohlgesinnte Papst
Klemens VI. (1342 — i352) zeigte sich auch in der TJiat
geneigt, gegen das Versprechen, den Peterspfenuig in der
ganzen Breslauer Diocese einzut'iihren, Karls WAmsch zu er-
tiillen und das schlesische Bistum dem Prager Sprengel hinzu-
zutiigen. Von dem Breslauer Bischof Preczlaw, dem Karl
eben den wichtigcn ansehnlichen Erwerb des Grottkauer
Landes gestattet und vermittelt hatte, der dann selbst als
Kanzler in seine Dienste trat, raochte er keinen Widerspruch
furchten, und in der That sehen wu' im Jahre 1348 Precz-
law in wichtigen staatsrechtlichen Urkunden unter den
Hauptwurdentragern Bohmens neben dem Erzbischof von
Prag und desseu Suffraganen, den Bischolen von Olmiitz
und Leitomischl, auftreten, als sei or schon einer von diesen.
Dennoch kam die Sache nicht recht in den Gang; der Erz-
bischof von Gnesen wehrte sich aus alien Ki'aften dagegen,
und Konig Kasimirs Kanzler sparte am Hofe zu Avignon
weder Geld noch Miihe, gegen den Plan zu wirken, und
nahm sogar keinen Anstand, einen von Karl produzierten
Brief Kasimirs liir gefiilscht zu erkliiren. Selbst Klemens VI.
schreibt loOU dem Konig bedauernd iiber die Hiudernisse,
die sich dem verabredetcn Werke entgegenstellten, wenn er
gleich noch immer seinen guten Willcn beteuert. Als
dann im folgenden Jahre Kfinig Kasimir mit dem Erzbischofe
Vergeblichev Versucli einer Treunung d. Bist. Breslau v. Guesen. 191
von Gnesen in Breslau erschien, gewann nun audi hier die
polnische Partei im Domkapitel wieder neuen Mut. Es ist
ja vvohl schwerlich wahr, wenn die Breslauer nachmals be-
liauptet haben, die Herren vom Kapitel batten damals da-
nacb getrachtet, den Polenkonig hier wieder zum Herrn
zu rnachen ; aber scbon der Verdacht zeugt fiir die grofse
Spannung der Geister, und es war docb ein starkes Stuck,
dafs jener Kanzler Kcinig Kasimirs, der in Avignon so
schroff und beleidigend dem bobmischen Plane entgegen-
getreten war, dabei eine der bochsten Pralaturen der Bres-
lauer Kircbe, namlich das Amt eines Decbanten, bekleidete.
Dem Biscbof Preczlaw mifsfiel es docb sebr, als damals der
Erzbipcliof von Gnesen seine Zustimmung zu der Lostren-
nuug Breslaus von der Abzweigung eines Teiles dieser Diocese,
also wobl Oberscblesiens, abbangig macbte, und Konig Karl
mufste durcb eine besondere Urkunde berubigen, dafs er an
derartiges nicht denke.
Inzwiscben starb nun audi Karls Freund, Klemens VI. ;
mit seinem Nacbfolger Innocenz VI. kam er scbon wegen
seines grofsen Werkes, der goldenen Bulle, welcbe das Reicb
zu unabbangig vom Papste zu stellen scbien, in Mifshellig-
keiten, und so verlor der grofse Plan immer mebr an Aus-
sicht auf Verwirklicbung. Umsonst tauscben audi in Scble-
sien Kaiser und Biscbof nocb einmal 1358 eifrige Treu-
versicberungen und reicbe Privilegienbestatigungen aus, die
Beziebungen werden bier von Jabr zu Jabr gespannter, und
Karl niufs mit Preczlaw sebr unzufrieden gewesen seiii,
wenn er 1360 seinen Freund, den Herzog Boiko von
Schweidnitz, so gewaltsam gegen jeiieii vorgehen^ und Grott-
kau von ibm zuriickfordern lafst. Audi die Ubertragung
der Haiiptmannscbaft .1360 an den Breslauer Rat empfanden
Biscbof und Kapitel als einen gegen sie gefiibrten Scblag
bei der Feindscbaft, die zwiscben beiden Gewalten berrscbte.
Preczlaw scbien es eben mit biifsen zu sollen, dafs Karl in
jeneni Jabre, um einer drobenden Verbindung von Ungarn
und Polen gegen ibn vorzubeugen, Kasirair das Versprechen
gab, an einer Lostrennung Breslaus von der Diocese Gnesen
nicbt mebr zu arbeiten, und 1365 ver.«;icbert Papst Urban V.
dem Konige Kasimir, der Kaiser babe niemals bei ibm
Scbritte in dieser Angelegenbeit getban.
In der Tbat scbeint Karl nicbt einmal bei Gdegenbeit
seines zweiten Romerzuges 1368, wo er, dessen Waffen
Urban V. nacli Rom zurilckfiibrten, von diesem vieles batte
verlangen kcinnen, jencn Plan wieder aui'genommen zu baben.
Wobl aber bat er damals die Gdegenbeit benutzt, ein papst-
192 Drittes Biicli. Zweitei- Abschuitt.
liches Mandat zur Entscheidung eines Streites zwisclien der
Breslauer Donigeistliclikeit uiid dera dortigen Rate zu er-
langen. Der Scliied ging jetzt dahin, dais der Rat das
Reclit liabcn solle, alle Unterthanen des Bischofs und des
Kapitels wegen irgendwelcher Verbrechen oder Vergelien,
unci audi wegen Geldschulden, falls sie in der Stadt be-
troffcn wiirdeu, festzuhalten und vor dem Stadtgerichte liber
sie Recht zu sprechen, ohne dafs es dem Bischofe und dem
Kapitel gestattet sein solle, deshalb die Stadt mit dem Inter-
dikte zu belegen; alle entgegenstehenden Statuten Avurden
fiir aufgehoben erklart, und jede Art von Appellation ward
von vornberein ausgescblossen.
Die Strenge der Entscheidung bat damals wolil das Ka-
pitel naraentlich rait Rucksicbt auf des Kaisers dem Klerus
sonst so giinstige Gesinnung iiberrascbt , und auch der
Biscbof Preczlaw, der im Verlaufe dieses Streites, wenngleicb
nicbt obne eine reservatio mentalis, auf" das Verlangen des
Kaisers ausdriicklicb erklart batte, dafs dem Bischofe kein
Recht an Stadt und Fiirstentum Breslau zustebe, ist dem
Vorwurf allzu grofser Nacbgiebigkeit nicbt entgangen, aber
in AA'^abrbeit baben auch die Breslauer Domberreu nacli des
Kaisers Tode diesen lebbaft zuriickgesebnt, und die Bres-
lauer Kirche bat unter dera friedliebenden Preczla^v (1341
bis 137G), welcber ibr auch den grofsen Giiterkomplex am
mahrischen Gesenke, dessen sie sich noch heute erfreut, er-
worben hat, ibre beste Zeit gehabt; von dieser stararat der
stolze Beinarae des goldenen Bistums her, den nicbt alle
Folgezeit zii bebaupten vermocht bat.
Kaiser Karl hat bei dem eben erwabnten Sti'eite der
Breslauer mit dem Domkapitel sebr sorgfaltig Gutacbten
eingefordert von den scblesiscben Fiirsten, den Stadten des
Landes, der Breslauer Ritterscbaft, deren viele noch heute
erhalten sind. Es ist dies recht charakteristisch fiir diesen
Regenten, dessen Siegel den schonen Spruch fiihrt: „urteilt
gerecht, ibr Menschensobne". Es lagen, wenn man so sagen
darf, konstitutionelle Neigungen in ihm; iiberall bei wich-
tigen Entscbeidungen spricht sich der Wunsch aus, die Ge-
rechtigkeit seiner Entscbeidungen durch die Zuziehung kom-
petenter Berater aufser alien Zweifel zu stellen, und ebenso
diirfen Avir ibn als ein hervorragendes organisatorisches Genie
bezeichnen.
]\Ian hat wohl gesagt, es babe sich um die Mitte des
13. Jabrbunderts allerorten bei den roraanischen wie bei
den gerraanischen Volkern ein Streben nach erneuten Ver-
fassungen gezeigt. In Spanien wie in Italien, in England
Gesetzgebung in Schlesien. 193
^de in Frankreich lassen sicii derartige Bestrebimgen in
jener Zeit nacliweisen. Als einen Hauptvertreter dieser Rich-
tung diirfen wii* eben Karl IV. bezeichnen; und in dem
Geiste, in dem er 1356 mit der goldnen Bulle der Verf as-
sung des romischen Reiches auf Jahrhunderte hinaus ein
festes Grundgesetz gegeben, und ebenso fiir Bohmen ein
allgemeines Gesetzbuch, die sogenannte majestas Carolina,
abfassen liefs, deren Annahme dann allerdings den boh-
mischen Stiinden bedenklich erschienen ist, in diesem Geiste
hat er audi in Schlesien gewirkt, in Gesetzgebung und Ver-
waltung. AVir gedenken der letzteren zuerst, weil gerade
liier Karls Einflufs am bestimmtesten naclizuAveisen ist. Es
handelt sich dabei an erster Stelle um jenes denkwlirdige
Landbuch Karls IV. fur das Herzogtum Breslau, eine Auf-
zeichnung, welche, ohnegleichen in ilirer Zeit und nur noch
iibertroffen von desselben Herrschers 1373 fur die Mark
Brandenburg veranstalteten Landbuebe, auf einmal hier dem
gesamten Grundbesitze im Fllrstenturae Breslau mit den
darauf haftenden Zinsen und Renten eine teste und gesetz-
mafsige Grundlage gab und jeder Willkiir Schranken setzte ;
eine groisartige Arbeit, welche alien spateren Katastrierungen
zur Grundlage gedient hat und zugleich auf die Ausdehnung
der menschliclieu Besiedelungeu in jener Zeit ein iiber-
raschendes Licht wirft, indem sie uns mit verschwindenden
Ausnahmen alle die Dorfer, welche wir jetzt in den Ki'eisen
Breslau, Neumarkt und Namslau antreffen, schon damals
vorhanden zeigt. Die Vorarbeiten djizu wui-den im Februar
1352 von Konig Karl den Breslauer Konsuln und dem
Kanzler des Fiirstentums Dietmar von Meckebach aufge-
tragen und das Landbuch, wie wir annehmen dlii'fen, im
Jahre darauf ausgefuhrt. Und um dieselbe Zeit und mittel-
bar oder unmittelbar aus denselben Impulsen entstand
dann auch das denkwlirdige sogenannte schlesische Land-
recht, welches die Sechser-Kommission, jene zur Fortbildung
des materiellen Rechtes auf Grund eines Privilegs Konig
Johaans von 1346 eingesetzte und halb aus den Mannen
des Fiirstentums , halb aus Breslauer Konsuln gebildete
Kommission, im Jahre 1356 hier zusammenstellte , eine Be-
arbeitung des imter dem Kamen des Sachsenspiegels be-
kannten Gesetzbuches. Dasselbe erlitt hier einige Ande-
rungen, namentlich auf dem Gebiete des Erb rechtes, zu-
gunsten der weibHchen Erbfolge, ohne dafs Avir jedoch fest-
zustellen vermochten, ob hierbei eine Erinnerung an das
polnische Recht oder Einwirkungen des rfimischen Rechtes,
von welchem wir ja schon aus dem 14. Jahrhundert
Grunhagen, Gesch. Sclilesiens, I. 13
194 Drittes Buch. Zweiter Abschuitt.
in Schlesieu urkundliche Spuren praktischer Anwendung
naclnveisen konncn, oder nur allgemeinc BilligkeitsrUcksicliteu
jeiie Abweichungen von den den Mannsstanini strenger be-
giinstigenden Festsetzungen des sachsischen Rechtes lierbei-
gefilhrt haben. War dasselbe gleich ursprilnglich aucli nur
fur das Fiirstentum Breslau bestimmt; so hat es unzweifclhaft
doch bakl ungehindert durch die papstliche Verdanunung
des Sachsenspiegels 1356 Geltung fiir den grofsten Teil
Schlesiens gewonnen, wie das schon die zahlreichen ilberall
verbreiteten Handselu'iften desseiben beweisen.
Neben diesem „Landrechte" entstand dann aucli um die-
selbe Zeit (wahrselieinlich 1359) ein eigenes Breslauer Stadt-
recht, eine systematische , aber den Unterscheidungen des
rcimischen Rechtes noch ganz fernstehende , zum Gebrauche
flir die Schott'en bestimmte Zusanimenstellung des aus
Magdebiu'g eingebiirgerten Rechtes, das dann gleichfalls aus
Breslau in viele andere schlesische Stildte iiberging. Einige
Jahre friiher (l350) war auch der Schatz der Breslauer
Privilegien, welche man doch von den R^chtssatzungen sehr
bestimmt trennle, in einem besonderen Buche zusammen-
geschrieben und durch eine beigegebeue deutsche Uber-
setzung dem allgemeinen Verstandnisse zugaiiglicher gemacht
worden.
Die angetllhrten Gesetzbllcher entstanden in Breslau, und
wenu nicht auf Anregung Karls IV., so doch in dessen
Geiste. Der letztere mulste ja in dem, was er fur die Her-
stelhmg geordneter Rechtsverhaltnisse in Schlesien zu thun
unternahm, die Breslauer Stadtbehorden als seine Avichtig-
sten Organe ansehen, wie deun doch liberhaupt in den
Stadten der meiste Sinn fiir Gesetzlichkeit und auch das
grtil'ste Interesse dafiir gefunden ward, insofern ja Handel und
Verkehr zu ihrem Gedeihen gesetzliche Zustiinde, Ridie und
Sicherheit zur notwendigen Yoraussetzung batten.
Wir diirfen in der That nicht zweifeln, dafs Karl IV".
die Stadte sehr hoch liielt. Als bei einem Besuche in Liibeck
die dortigen Ratsherren den Titel „Herren", rait dem er sie
begriifste, bescheiden ablehnen wollten, versichert er ihnen
nachdriicklich : „Ihr seid Herren." Und so hat auch den
Breslauern gegeniiber der Kaiser nie mit Beweisen seiner
Gunst und seines Vertra.iens gekargt. In seinem grofsen
Gesetzbuche tiir Bohmen, der majestas Carolina, setzt er
einige Biirgerschaften, „ welche er, weil sie vor den iibrigen
durch die Tugenden und die Reife ihrer Biirger und die
Menge ihrer Einwohner sich auszeichneten, besonders geehrt
"wissen will", gleichsam zu Wiichtern jener Verfassung ein.
Begunstigung Breslaus. 195
Es sind dies Frag, Breslau, Bautzen und die Bergstadt
Kuttenberg.
Wir sahen bereits, wie Karl zur Ausarbeitung seines
Breslauer Landbuches die Hilfe der Konsuln in Anspruch
nimmt. Diesen ilbertrligt er dann audi bereits 1357 ganz
mid gar die Hauptmanuschaft des Breslauer Landes, d. h.
die gesamte Regierung desselben, die kaiserliche Statthalter-
schalt, und Avenngleicli von 1369 an, infolge Streitig-
keiten des Breslauer Rats mit der Domgeistlichkeit, aus
Rucksicliten der Unparteiliclikeit ein bohmiscber Edelmann,
Timo von Kolditz, als Landeshauptmann genannt wird, so
war das mehr pro forma. Thatsachlicli besorgte der Rat
dock die Gesckafte, und noch 1377 sehen wir diesen liber
die Verwaltung der kaiserlichen Einkiinfte Rechnung fiihren,
so dafs wir getrost annehmen diirfen, der Breslauer Rat liabe
von 1357 bis an des Kaisers Tod 1378 thatsachkch das
Fiirstentum regiert.
Insofern nun aber der Inhaber der Breslauer Haupt-
mannschaft das niichstliegende Organ der Willensakte des
Oberlehensherrn war und derselbe anderseits schon seit Konig
Johanns Zeit mancke Belugnisse besals, die, wie z. B.
bei der Verfolgung von Ubeltkatern , iiber die Grenzen
des Fiirstentums kinausgingen , so kamen mekr und mekr
die Breslauer Konsuln in eine selir acktunggebietende Stel-
Imig auck den scklesiscken Flirsten gegeniiber, die ja auck
so kaufig die Ga^tfreLindsckaft der Stadt Breslau genossen,
und es hat daker kaum etwas Wunderbares , wenn wir die
Breslauer Konsuln vielfack als Sckiedsrickter in Streitigkeiten
der scklesiscken Herzoge unter einander fungieren seken ;
wiederkolt vermitteln sie in den Handeln der Gebrilder von
Lieguitz - Brieg , Wenzel und Ludwig; auck den endlicken
Sckiedsspruck fallt 1359 Kaiser Karl unter ikrem Beirate,
und ebenso werden sie berufen, um nack dem Tode des
letzten Beutkener Herzogs alle zwiscken den Erben nock
obsckwebenden Streitpunkte auszugleicken. 1362 begiebt
sick sogar eine Deputation des Breslauer Rates im Auftrage
des Kaisers nack Beutken in Oberscklesien, um die dortige
Biirgersckaft zur Hvddigung an Herzog Primko von Tescken
zu bewegen, und 1367 seken wir dann wieder eine aus
Breslauer Patriziern gebildete Kommission gleicksam als
Beisitzer des erkorenen Sckiedsrickters, des Herzogs Ludwig
von Brieg, Streitigkeiten zwiscken den Herzogen von Tescken
und Troppau einer- und Herzog Bolko von Falkenberg
anderseits entsckeiden. Im Jakre 1370 tragt Kaiser Karl
dem Landeshauptmanne und den Ratmannen von Breslau
13*
1% Drittes Bucli. Zweiter Absclmitt.
auf, den Glogauer Besitz zwisclieii ilim, dem Kaiser, and
Herzog lieinricli VI. zu teilen.
Das Ansehii des Breslauer Rats kam dem Ganzen zu-
gute, dcnn cs befurderte die allgemeine Sicherheit, insofern
die kleinen Teiltursteu es nun doch weniger wagten, Kaub-
rittern und Fehdern Schutz und Ruckhalt zu gewiihren,
oder durch willkurliche Zolle die Kauf leute zu drilcken und
zu brandscliatzen , und auch sonst Beschwerden der Bres-
lauer gegeniiber sich nachgiebiger zeigten. Ein einziges
recht schlagendes Beispicl uiuge hier angelilhrt werden.
Im jMittelalter berrsclito bekauntlich an vielen Urtcn
die Meinung, der lubalt eines umgestiirzten Fuhrmanns-
wagens sei dadurcb herrenloses Gut geworden, eine gute
Beute des ersten besteu, der dazu kame, ganz ebenso wie
das Gut eines gestrandeten Schiffes. Diese lible Gewohn-
heit, die sogen. Grundruhr — um so verderblicber, weil sie
nioglicbst schlecbte Strafsen als im Interesse der nacbsten
Urawobner begend erscbeinen Hefs — , war nun aucb auf der
grolsen iStrafse nach Miibrcn bei Gratz unfern von Troppau
an Breslauer Kaufmannsgutern erprobt worden. Auf eine
Bescbwerde des Breslauer Kates aber gelobte der llerzog
Johanu von Troppau und Katibor 1371 Abstellung jeues
alten Mifsbrauches , von dem wir aucb in der Tbat uicbt
weiter boren.
Karl bat aucb gieicb bei seinem Regieruugsantritte (1347)
eine denkwiirdige Verfilgung an alle scblesiscben Herzcige
erlassen, sicb aller Febden zu enthalten und Ubeltbatern
und Raubern in keiner Weise Scliutz und Riickbalt zu ge-
wabren, damit alien seinen Landen uud insonderbeit dem
breslauiscben Lande die Wohltbat des Friedens gewabrt
bleibe, und das Jabr darauf teilt er den Glatzei'n die Be-
scbliisse des Prager Landtages zur iSicberung des Landes-
friedens mit und verlugt, dafs dieselben proklamiert werden,
ja er sicbert alien den stildtiscben und litndbcben Obrig-
keiten der Grafscbaft Ersatz des Scbadens zu, den sie
bei Erfolgung des Feindes erleiden soUten, und tiberlafst
ibnen die Beute. Und dem Beispiele des Oberlebensberrn
folgen nun aucb bald die Filrsten. Herzog Wenzel giebt
1347 den Liegnitzern ausgedebnte Vollmacht, gegen Friedens-
brecber energiscb einzuscbreiten und bestatigt im voraus
alle dabin gebenden Mafsregeln des Rates; Heim'icb von
Glogau-Sagan ordnet 1349 fiir alle Stadte seines Gebietes
cin gemeinsames Verfabren an, so dafs die m der einen
Stadt ausgesprocbene Acht m alien anderen Geltuug baben
sollte, was Herzog Bolko II. von Scbweidnitz - Jauer bereits
Kuhe unci Ordnung aufrecht erhalten. 197
1346 fur seine Stadte angeordnet hatte, und der letztere
liefs sogar in seinen Stiidten ein eigenes sogenanntes
Burnegeld erheben zu dem ausdriicklichen Zwecke der Ver-
wendung gegen Rauber mid Friedensbrecher.
Aulserdem bestanden ja schon seit Konig Johanns Zeit
zwischen den Stadten verschiedener Furstentiimer \aelfache
Verbindungen zur gemeinsamen Aufrechterhaltung der gegen
Friedensbrecher erlassenen Verfestungen , nnd speziell ward
dann aueh die bereits 1339 geschlossene Verbindung aller
unmittelbaren Landesteile und Stadte in Schlesien und den
Lausitzen 1369 sicherlich auf des Kaisers Weisung erneuert
und weiter ausgedehnt; dieselbe erklart die liber Rauber,
Diebe, Moi'der und Mordbrenner in einem der Landesteile
ausgesprochene Acht aueh fur die anderen als giiltig. Die
Einigung umfafste jetzt die Nieder- und die Oberlausitz
(mit den dieselbe bildenden sechs Stadten), die Grafschaft
Glatz (mit Glatz und Habelschwerdt) und den schlesisclien
immittelbaren Besitz mit den Stadten Breslau, Glogau, Neu-
markt , Goldberg , Frankenstein , Namslau , Steinau und
Gulirau.
Das Gesamtresultat war nun in der That ein geradezu
grofsartiges, dafs namlich, wie dies ein bohmischer Chronist
hervorhebt, man in Konig Karls Landen allerorten unge-
fiihrdet ruhig seine Strafse ziehen konnte, zum unschatz-
baren Vorted fiir das Gedeihen des Landes, das Aufblilhen
des Verkehrs.
Uberhaupt machte der Handel Schlesiens und besonders
Breslaus unter d§r Regierung Karls IV, gewaltige Fort-
schritte. Er trat gewissermafsen jetzt in eine neue Phase.
Die Breslauer waren, seit die Stadt einen gewissen Wolil-
stand und damit ein nicht geringes Mafs von Selbstvertrauen
erlangt hatte, also etwa seit dem Beginne des 14. Jahr-
hunderts, schrittweise vorgegangen, batten urn 1310 fiir Geld
ztun Teil in Gemeinschaft mit Sehweidnitz, von mehreren
schlesischen Herzogen eine Reihe von Zollbefreiungen er-
langt, und dann, als sie 1327 bei ihrem Herzoge die Unter-
werfung unter Bohmen dui'chsetzten , dies benutzt, um als
Lohn dafiir sich fiir ihre Waren die Zollfreiheit in Bohmen
verbriefen zu lassen. Aber erst unter Karl IV. vermogen
sie es, ihrem Handel nacli Bohmen hin recht solide Grund-
lagen zu geben. Erst jetzt 1359 ei'langen sie die Befreiung
von dem Xiederlage- oder Stapelrechte , das die bohmische
Haviptstadt Prag besafs, und welches sie bisher genotigt
hatte, alle nach Prag gebrachten Waren nun audi hier zu
verkaufen, also zu einem Handel, der weiter gehen sollte,
198 Drittes liucb. Zweiter Abschnitt.
die Vemiittelung Prager Kaufleute in Anspruch nehmen,
und diesen cincn anschulichen Teil ihres Gewinnes zu gon-
nen, ein Recht, welches ja bekanntlich Breslau selbst bereits
seit 1274 besafs und anderen Stiidten gegenliber mit Strenge
ausiibte. Ja 1377 versprachen die Prager sogar, einem
neuen Privilcg des Kaisers naclikommend , unter Vorbehalt
der Gegenscitigkeit, dafs fortan die Breslauer Kaufleute in
Prag ganz ebenso, wie die Prager selbst, aacli mit fremden
dort gerade anwesenden Handelsleuten Geschafte machen
diirften.
Aber auch nacli dem Auslande hin zeigte sicli Karl IV.
geneigt, das Gewicht seines Tveit reichenden Einflusses zu-
gunsten des Breslauer Handels in die Wagschale zu werfen.
Gegen Konig Kasimir von Polen, der im Interesse der
eigenen Unterthanen den Breslauern ihre alte Handelsstrafsc
nach Polen und Rtifsland zu sperren ]\Iiene machtC; crgreift
Karl 1352 die strengsten Gegenmafsregeln , und sein Be-
fehl verpflichtet nicht nur alle seine Bearaten , sondern
ebenso auch alle Fiirsten des bohmischen wie des heiligen
romischen Reiches, auf Requisition der Breslauer polnische
Kaufleute anzuhalten und deren Waren mit Beschlag zu
belegen.
Und ebenso erwirkte Karl 1365 von Konig Ludwig von
Ungarn ein Privilege welches die Breslauer den durch be-
sondere Freibriefe vorzugsweise begiinstigten Kaufleuteu von
Prag und Niirnberg gleichstellte , und 1358 erwidert der
Doge von Venedig die seiuen Landsleuten von Karl erwiesene
Forderung durch die Gewahrung gleicher Gunst flir die
Kaufleute des Reiches, des Konigreichs Biihmen und der
sonst ihra unterworfenen Lande.
Lafst dieser Freibrief uns an cine Ausdehnung des
Breslauer Ilandels bis an den grofsen Weltstapclplatz am
Adriatisclien Meere dcnken, so finden wir anderseits auch
urkundliche Zeugnisse flir einen uberseeischen Handel der-
selben aus dem Haupthafen der Ostsee Danzig. In der
Zeit Karls IV. schreibt der dortige Rat an den von Breslau
beziiglich eines bei Helsingborg gestrandeten Schiffes, auf
welchem die Breslauer Kaufleute Peter Schwarze, Peter
Beyer und Genossen Tuche und andere Waren gehabt hatten,
und das Danziger Archiv bewahrt eine Reihe von Korre-
spondenzen avich mit Biirgern anderer schlesischer Stiidte
auf (Brieg, Sagan, Schweidnitz, Liegnitz).
Die Hauptstrafse ging hier quer durch Grofspolen auf
Thorn zu, und es verdient bemerkt zu werden, dafs die
Schlesier, wenn sie nach Norden zu die See suchten, sich
Schutz des Handels. 199
nach Preufsen wandten, iiicht nach Stettin, der Miin-
dung ihres Stromes zu. Aber in der That scheiut dieser
Weg nocli niehr Hindernisse geboten zu haben als jener
trotz des Handelsprivilegs , welches Karl bereits 1349 fur
die Kaufleute seiner Lande von Markgraf Ludwig von
Brandenburg ausgewirkt hatte. Es gait da immer noch,
sicli mit dem alten Niederlagsprivileg, das die Stadt Frank-
furt behauptete, abzufinden.
Es hing damit wohl zusammen; wenn wir sehen, dafs
€s doch nicht gelingen wollte, die Oder zwischen Breslau
und Krossen vollstjindig der Schiffahrt zu erofFnen. Schon
Konig Johann hatte 1337 die WegschafFung der Wehre und
die Herstellung eines bequemen Fahrwassers in der Breite von
16 Ellen angeordnet. Aber es kam nicht dazu, obwohl
sein Nachfolger diese Weisungen noch zweimal 1349 und
1355 erneuerte, und wenn Karl^ um 1370, um die Stadt
Frankfurt, der er wegen friiherer AViderspenstigkeit grollte,
zu trefFen, bei deni lausitzischen Stadtchen Furstenberg 1370
eine Briicke zu bauen begann, um von hier aus eine Strafse
auf dem rechten Ufer zu schatfen, welche Frankfurt um-
gehen konnte, so hat er diesen Plan dann doch fallen ge-
lassen, nachdem er selbst die Mai'k erworben und Frank-
furt ihm gehuldigt hatte. Die letztere Stadt behauptet ihre
Niederlage, und aus der Schiffahrt oderabwarts von Breslau
wird nichts. Im Oberwasser kann man eher von Anfangen
einer solchen sprechen. Aus dem Jahre 1365 erfahren wir
von Kahnen, welche Kalksteine aus der noch heute kalk-
reichen Gegend hinter Oppeln hergeflihrt haben, und es
wird oberhalb von Breslau 1359 sogar von einem Oderhafen
gesprochen, der dann allerdings vorzugsweise fiir geflofstes
Holz bestimmt erscheint.
Nach Westen zu fiihrte eine uralte Handelsstrafse iiber
Niirnberg nach Flandern, von wo die Tuchfabrikation und
vielleicht audi die Kunst des Bierbrauens hierher gekommen
war. Noch immer wurden von da feinere Sorten von Tuch
eingefiihrt, und die Tuche von Ypern und Poperinghen
behaupteten auf dem Breslauer Markte noch immer einen
hoheren Rang vor den minder feinen Geweben aus Grimma,
Zerbst, Burg, Gorlitz, Brilnn. Bereits 1330 konnte die
papstliche Kurie die Vermittelung von Breslauer Kauf leuten
behufs Abfllhrung papstlicher Gelder zu Brugge in Anspruch
nehmen, wie dies dann auch in den Jahren 1360 und 1362
wiederholt geschieht, und 1347 erbittet der Breslauer Rat
die Vermittelung Karls IV. zur Ermafsigung der von den
dortigen Kaufleuten auf dem Wege ilber Niirnberg nach
200 Drittes Buch. Zweiter Abschnitt.
Flandem verlangten Geleitsgelcler. Aus deui Jalire 1372
bositzen wir clanii zwei Schreiben tier j\Iagistrate von Koln
unci Briissel, welche auf eine Anfrage cles Breslauer Rates^
betr. den zu beanspnichenden Feingehalt der Gold- unci
Silberarbeiten, Auskunft erteilen.
Es lag nun ganz in den Anschauungen jener Zeit, dais
jede Stadt ihr ZoUsysteni fiir sich liatte; nur auf Grund be-
sonderer Vertrage liefs eine Stadt die andere an ihren ZoU-
vergiinstigungen teilnebmen, und dorartige Vertriige waren
nicht einmal allzu hilutig, wie wir denn in der That nicht nach-
zuweivsen vermogen, dafs fiir gewohnlich aucli nur die Stadt >
eines und desselben Herzogtums gegenseitige Zollfreiheit ge-
habt batten. In Breslau. allerdings bestand eine solche mit
Neumarkt; das bereits seit deni 13. Jahrhundert jenem po-
litisch enger verbunden war; 1347 ward sie aucli auf das
benaclibarte Stildtchen Canth ausgedehnt, und eine Reihe
weiterer derartiger Vertrage fiilirte dann die Politik Karls IV.
herbei; als dieser sich, wie wir oben sahen, 1363 in den
Landen Herzog Bolkos II. ein Erbfolgerecht zusichern liefs,
wurden die grofseren Stadte dieser Landschaften Schweid-
nitz, Striegau, Lowenberg, Landshut, Hirschberg, Bolkenhain
vom Zolle und Ungeld in Breslau befreit. Ganz vereinzelt
steht es dagegen da, wenn wir in der Liegnitzer Zollrolle
von 1328 unter den Kanfleuten, welche die Stadt passieren,
die in Schlesien wohnenden nur halb so hocli besteuert sehen
wie fremde.
Wenn wir in den hier gegebenen kurzen Notizen liber
den Breslauer Handel den Kaiser iiberall bereitwilhgst seine
getreue Stadt unterstiitzen sehen und iiberhaupt Privilegien
in ungewohnlich grofser Anzahl von diesem Herrscher aus-
gehend finclen, so werden wir das doch nicht so ohne wei-
teres mit dem den mittelalterlichen Fiirsten gelautigen Handel,
der sie bereitwillig fiir gutes Geld gute Privilegien geben
liefs, erkliiren diirfen; denn einmal lafst sich wenigstens aus
den uns zugebote stehenden Materialien nicht nachweisen,
dafs Karl den Sackel der Stadt ungebiihrlich in Anspruch
genommen habe, wenn er gleich Anleihen sich hat geben
lassen, und bei zwei besonderen Gelegenheiten audi wolil
aufserordentliche Beisteuern, so 1367 zu seinem zweiten
Rcimerzuge, und bei der Erwerbung der Mark Brandenburg
1373; anderseits werden wir schwerlich fehlgehen, wenn wir
Karl einen gewissen direkten Anteil an der Gesetzgebung
der Stadt in jener Epoche zuschreiben, hervorgehend aus
einer wirklich landesvaterlichen Fiirsorge und einer ihm
eigenen Vorliebe fiir die Einzelheiten der Staatsverwaltung.
Die stadtischeu Verfassungen. 201
In manchen Fallen, wenn er z. B. aus Tangermiincle 1377
den Ratsherren eine Weisung fiir die Ausrottung der den
Fischen schadlichen Wasserraben sendet, oder 1355 die
Wegschaffung der Oderwehre auftragt, mochten wir eine
direkte Initiative Karls voraussetzen. Und wenn Avir die
uns noch erhaltenen Bi'uchstucke des liber die Korrespon-
denz der Stadt mit dem Kaiser gefiihrten Journals durcli-
selien, kann es uns nicht entgelien, mit welchem Vertrauen,
welcher Zuversicht sich die Breslauer an ihn wenden. Ja ein
uns erlialtener Brief Karls aus Berlin vom 23. Mai 1377,
an den Landeshauptmann und den Eat gerichtet, tragt einen
Charakter, kaum anders wie ein Freund ein em Freunde
schreiben wiirde, Mitteilungen von Erlebnissen, am Schlusse
mit der Mahnung: „Thut uns dicke (oft) Botschaft, also
wollen wir hinwieder thun", ja ein Chronist des 17. Jahr-
hunderts weifs von einem eigenhandigen Briefe Karls, der
den Rat frage, wie es ihm gehe, er sei um die Stadt be-
kiimmert.
Die Vorliebe fur Breslau hat nun aber Karl nicht, wie
dies bei seinem Vorganger in gewisser Weise der Fall war,
dazu gefilhrt, eine strengere Durchfiihrung aristokratischer
resp. oligarchischer Formen zu begiinstigen. Was er von
den Magistraten seiner Stadte verlangt, war das, was er
selbst zu iiben sich ehrlich bemuhte: eine streng unpartei-
liche Regierung und Rechtspfiege. Und so wie zu seiner
Person auch der Armste an bestimmt festgesetzten Tagen
freien und leichten Zutritt fand, so scharfte er auch gleich
bei seinem Regierungsantritte den Breslauern ein, ohne jedes
Ansehen der Person die liberkommenen Rechte, Satzungen
und Gewohnheiten aufrecht zu erhalten, und der Zusatz
„verwandt oder nicht verwandt" soil augenscheinlich der
oft gehorten Beschwerde, als ob die „ratsverwandten" Bur-
ger besondere Begun stigungen genossen, entgegentreten. So
sehen wir ihn denn auch 1348 die von Konig Johann ein-
gefiihrten Ratsherren auf Lebenszeit wieder abscliaffen und
zu der alten Gewohnheit der jahrliclien Ratserneuermig zu-
ruckkehren.
Es lafst sich daher auch nicht behaupten, dais Karl trotz
seiner lebendigen Teilnahme an der Entwickelung der Stadte,
in Breslau oder anderswo, auf die grofse mehr und mehr
bedeutungsvoll Averdende Frage der Teilnahme der Innungen
am Stadtregimente einen bestimmenden Einflufs geiibt habe.
Leider fliefsen unsere Quellen viel zu durftig, als dais wir
von den verschiedenen Stiidten Schlesiens liber den Stand
der Dinge nach dieser Richtung hin in der Zeit Karls IV.
202 Diittcs Bucb. Zweiter Absclinitt.
genauere Angaben iiiachen konnten, und wir miissen ims
damit bej::niigen , Avenigstens aus einigen grofseren Orten
einzelne Kotizen anzufilhren. In Breslaii blieb es, wie es
seit lange gewesen war*, man wiililte gelegentlich auch ziinf-
tische Mitglieder in den Rat wie in das Schuffenkolleg, ohne
dafs darin ein feststehendes Prinzip nachweisbar ware, und
obne dais es aufserdem den Konsuhi verschrankt gewesen
ware, in besonders wicbtigen Angelegenheiten sicb des Bei-
rats der Innungsgeschworenen zu bedienon. Auch in Schweid-
nitz bleibt der Rat im Grande patrizisch, nur dafs die neue
Handfeste Herzog Bolkos von 1355 festsetzt, es sollten,
wenn bei der jahrlichen Ratserneuerung die abtretenden
Konsubi den neugewiihlten Rechnung legten, aus der Zahl
der Ilandwerker die zugezogen werden, welehe den Konsuhi
als die „ niitzlichsten und f iiglichsten " scbienen. Filr Lieg-
nitz dagegen und Hainau erliefs 1353 Herzog Wenzel cine
Bestimmung, wonacb der jahrlicb zu wiihlende Rat von
sechs Personcn zur Hiilfte aus den ,, seniores oder Kauf-
leuteii'^, zur Halfte aus den Zunften gcwahlt werden sollte.
Die Wabl der neuen Konsubi durcb die abtretenden alten
erscheint iibrigens als die Regel bei den grofseren Stildten
weuigstens, wenn wir gleicb z. B. in Brieg noch in Karls IV.
Zeit einer Ernennung durcb den Herzog begegnen. In
Schweidnitz traf das erwiihnte Privileg von 1355 die merk-
wilrdige Einrichtung, dafs die abtretenden Konsubi fiinf von
den sechs jalirlichen Konsubi erwiihlten, worauf diese iieu-
gewjihlten daiin einen der vorjahrigen sich als sechsten koop-
tierten. In alien den Stadten aber liatte die Zeit des Frie-
dens und der Sicherheit, Avelche Karl IV. heraufflihrte,
audi materielles Gedeihen und ein Zunehmen des Wohl-
standes im Gefolge, so dafs wir damals, iiamentlich in
Schweidnitz-Jauer, selbst kleinere Stadte mit der kaufweisen
Erwerbung der Vogtci ihre voile Selbstiindigkeit erlangen
sehen.
Wir Averden aber nun auch der Ungliicksfalle gedenken
miissen, welehe in dieser Zeit Schlesien heimsuchten. Ab-
gesehen von den Feuersbriinsten, welehe sich ja in den Stadten
schon wegen der Bauart der Hauser, bei deueii doch nur
sehr allmahlich Ziegelbauten an die Stelle der holzernen
treten, nur zu oft wiederholen, miissen wir da in erster
Linie an eine europiiische Kalamitiit, jene entsetzliche Seuche,
der „ schwarze Tod " geuannt , die orientalische Beulenpest,
denken, welehe voni Jahre 1348 an jahrzehntelang in
Europa Verwiistungen aiigerichtet hat.
Das (istliche Deutschland und so auch unser Schlesien
Der sch-warze Tod. 203
lilieben zunachst von der Seuche selbst verschont, nicht aber
von den Wirkungen, Avelclie die Not der Zeit auf den Volks-
geist auslibte, und welclie in allerlei schwarmerisch-asketisclien
Neigungen zutage treten.
Allerorten tauchten wieder die Geifselbriider auf, wie
sie schon fast ein Jahrhundert friiher (126 1) hier erscliienen
waren. Aus Ungarn kam ein Scliwarm derselben (1349)
nacli Schlesien, trieb in Ratibor sein Wesen und gelangte
endlich auch nach Breslau. Bufspsalmen singend und den
Leib mit Geifselhieben zerfleischend , zogen sie einher; die
Hungersnot , welciie in jenem Jahre in Schlesien herrsclite;
machte auch bier die Gemiiter fiir derartiges empfanglicber.
Viele zogen mit, weil sie in der Not der Zeit eine Strafe
ihrer Silnden erblickten, welche sie abbilfsen miifsten, viele
aber auch, weil in dem allgemeinen Elend die Scbaren der
Biifser bemitleidet , wo nicht bewundert, noch am eliesten
sicker waren, nicht zu verhungern. Freilich kam es natur-
gemafs bald dahin, dafs die frommen Brllder und Schwestern
solche Gaben als ihr Recht ansahen, sie erzwangen und
wohl auch nalnnen, wenn man sie nicht gutwillig gab ; ge-
schlechtliche Excesse, wie sie bei der Gemeinsamkeit dieser
Wanderungen nicht ausbleiben konnten, kamen hinzu, und
•dieselben miissen arg genug gewesen sein, da sie es dahin
brachten, dafs der sonst so milde Bischof Preczlaw den Flihrer
des Haufens, einen aus Breslau gebilrtigeu Diakon, fest-
nehmen, seiner geistlichen Weihen eutkleiden und mit Hilfe
der weltlichen Gewalt verbrennen liefs. Die iibrigen war-
den aus der Stadt vertrieben, aber es mochten doch manche
zuriickgeblieben sein, und der einmal erregte Fanatismus
im Verein mit der herrschenden Not gebar ein Verbrechen,
welches sonst bei den gesetzlichen und geordneten Verhalt-
nissen, die hier herrschten, kaum denkbar gewesen ware.
Am 28. Mai zilndeten boswillige Hande mehrere Hauser
von Juden zu gleicher Zeit an, und als die um sich grei-
fende Flamme Schrecken und Verwirrung erzeugte, benutzte
dies eine verbrecherische Rotte, brach in die AVolmungen
<ier Juden ein , totete dieselben , soweit man ihrer habhaft
werden konnte, und raubte und pliinderte nach Herzenslust.
Wir haben nun keinen Grund, in die Aussage der Breslauer
Konsuln Zweifel zu setzen, welche die Urheberschaft des
Verbrechens wesentlich fremden Herumtreibern zur Last
legen und auf den grofsen Schaden, den die Stadt selbst
durch den Brand erlitten, hinweisen, der Konig hat von
ihnen auch Bestrafung der tJbelthater gefordert; aber wir
diirfen doch nicht verschweigen , dafs sie keinen Anstand
204 Drittes Bxich. Zvreiter Abschnitt.
nahiiien , die Hinterlassenschaft der ermurdeten Judeii als
herrenloses Gut zu beanspnichen , woboi sie allerdings niit
den k(inigliclien Behorden in Konkurrenz kamen, welche
gleiche Wunsche hegten. Der Rat machte den praktischen
Vorschlag, diese unerwartet angefallenen Keichtumer zur
Einl(isung der verpiaudeten Einkiintte des Herzugtums zu
verwenden; dock seheint Karl anders entschieden zu haben:
am 7. Oktober jenes Jahres schenkte er der Stadt die
Hjiuser und liegenden Grilnde der Juden nebst den zwei
►Synagogen, soweit dieselben nicht den Wert von 400 Mai'k
iiberstiegen, und noch im folgenden Jahre gewinnen sie an
aufsenstehenden Forderungen der Juden, und Geld, das man
in ihren Hot'en vergraben getimdeu hatte, 445 Mark.
Ob damals auch in auderen Stadten Sclilesiens Juden-
verfolgimgen stattgefunden haben, erfaln-en wii' nicht; nur
von Neilse berichtet eine allerdings sehr junge Chronik, es
hatte allda am 2. April 1349 ein Jude sein Haus angezundet
und sich selbst mit Weib und Kindern verbrannt, um nicht
Christ werden zu mussen. Mehr als 40 Hauser seien da-
mals durch eine Feuersbrunst verzehrt worden, so dais man
auch hier wie in Breslau nur an das gewaltthatige Treiben
einer Rotte von Ubelthatern glauben muls, welche die Ver-
wirrung einer Feuersbrunst zur bequemeren Ausilbung ihrer
Raubereien zu benutzen suchten.
Dais in Breslau die Juden weder ausgerottet noch alles
Geld ihnen abgenommen worden ist, erhellt am besten dar-
aus, dafs es den Breslauern moglich Avird, bereits zwei Jahre
nach der Verfolgung 1351 ein Darlehen von 500 Mark bei
ihnen aufzuuehmen. Ja die Breslauer beschweren sich bei
dem Konig Karl dariiber, dafs Herzog Bolko II. ihnen ihre
Juden abspenstig zu machen und zur Ubersiedelung nach
SchAveidnitz zu bewegen sich bemiihe, und dafs die Juden
dazu Lust zeigten, obwohl ihnen doch alle Versprechungen
des Konigs und des Rates getreulich gehalten wlirden, und
infolge davon finden wir nun dann auch au.s den nachsten
Jahren neue Schutzbriefe fiir die Juden, PriAnlegien fur die-
selben in Breslau, Neumarkt, Namslau und Guhrau, und
Festsetzungen iiber den von denselben zu entrichtendeii Zins.
Aber es begann doch noch einmal eine Priifungszeit fur
die Juden, als die Pest, die in den fiinfziger Jahren in
Bcihmen nur hier und da Opfer gefordert hatte, nachdem
sie 13G0 in Polen schrecklich gewiitet und nachdem i. J.
1361 schreckliche Dilrre die Ernte vernichtet hatte, im Ge-
folge der Hungersnot von Bcihrnen her die Gebirgsgegenden er-
griff und dann 1362 sich nun auch in Schlesien ausbreitcte.
JudeDvcrfolguugen. Karls Tod. 205
Nilheres liber die Pest erfahren wir einzig und allein
aus Sagan, namlich dafs hier die Pest 14 Briider des Au-
gustinerstiftes hingerafft habe, auch der Abt selbst die Stadt
verlassen und eiu ganzes Yierteljahr auf dem Gute Waliren
Zuflucht gesucht habe. Wie an anderen Orten Avurden auch
in Schlesien die Juden als Anstifter der Pest verfolgt, die
sie durcli Ausstreueu von giftigeu Pulvern erzeugt batten;
aus Guhrau, Brieg und Breslau erfahren wir von Juden-
verfolgungen , und an dem letztgeuannten Orte war sogar
ein grofser Brand (am 25. JuH) die Folge jener Ausschrei-
tungen, zugleich ein BeAveis, dafs hier nicht sowohl der
Fanatismus als viehnehr Raubsucht die Ursache war, wie
schon weilaud 1349. Die Ubelthater erlangten librigens
aus Anlafs der Vermahkmgsfeier Karls IV. mit Ehsa-
beth, seiner vierten Gattin (April 1363); Amnestie. Wir
erfahren dann noch einmal zum Jahre 1372 von einer
Pest, ohne jedoch zu wissen, wie weit dieselbe Schlesien be-
troffen habe.
Gerade in diesem Jahre hat Kaiser Karl IV. die ersten
Monate bis zum Marz in Breslau zugebracht, und in seinem
dortigeu Schlosse (an der Stelle der heutigen Universitat)
wurden damals unter eifriger Teilnahme des friiher mehr-
fach genannten Herzogs Wladjslaw von Oppeln wichtige
Unterhandlungen mit Ungarn augesponnen, welche, Avenn-
gleich fiir den Augenblick erfolglos, doch in spaterer Zeit
das grofse Resultat der Erwerbung der ungarischen Krone
filr Karls Sohn Sigismund mit der Hand der Tochter Lud-
wigs von Ungarn haben soUten. Als dann im ]\Iarz 1372
der Kaiser von seiner getreuen Stadt Breslau schied, geschah
es auf NiramerAviederselni. Wohl konnten fur die Breslauer
die wiederholten IMahnungen des Kaisers , seine hiesige
Bm'g zu restaurieren , als Unterplander erneuerten Besuches
gelten, aber die Erwerbung der Mark Brandenburg 1373
nahm ihn dann doch allzu sehr in Anspruch^ und am 29. No-
vember 1378 setzte zu Prag ein schleichendes Fieber seinem
I'astlos thatigen Leben ein Ziel. Die Stadt Breslau rilstete
zu seinen Ehren ein Totenfest mit ungewolmHchem Auf-
wande. Wenn bohmische Chronisten melden, die Nachricht
von seinem Tode habe in Prag allgemeines Klagen und
Weiuen hervorgerufen , so ist es wahrscheinlich , dafs dies
in Breslau nicht anders gewesen ist. Auch liier und in
ganz Schlesien Avird man es Avohl empfunden haben, dafs
man einen Herrscher A^erloren hatte, Avie sie selten nur eiuem
Volke beschieden sind. In der That hat Schlesien AA'eder
vor noch nachlier eine solche lange Zeit ungestorten Frie-
206 Drittes Buch. Dritter Absclmitt.
dens, geordneter Zustande, eine solche Epoche des Auf-
schwungs und des Gedeihens erlebt.
Dritter Abschnitt.
Schlesien imter Koiiig Weuzel. Der Pfatfeukrieg.
Die Oppelner Felicle. Laiidfriedensbuiidnisse.
Der Sohn und Nachfolger Kaiser Karls IV., Wenzel,
liatte Avenig vom Vater. NamentKch felilte ihm ganz dessen
aus weiser Selbstbeherrschung entspringende besonnene staats-
manniscbe Art, an deren Stelle hier eine leicht in wilden
Jahzorn ausbrecbende Heftigkeit trat, die unter dem Ein-
flusse einer rait den Jahren sich steigernden Trunksucbt niir
um so schroffer sich geltend machte. Dais er bei solcher
Leideuschaftlichkeit Ungereciitigkeiten verubte, war unver-
meidlich trotz seines im Grunde gutmiltigeu Naturells und
eines gewissen Eifers, als Landesvater unparteiische Gerechtig-
keit zu liben und sein Volk zu begbiicken. Obnebin konnte
dieser Eifer nie recht frucbtbar werden, da ibra nicbt die
nacbbaltige Energie zur Seite stand, die er bedurft batte,
einmal um seinen Entscbeidungen und EntscbHefsungen
das Fundament sorgsamer Einsicbt und Saebkenntnis zu
gebeu und anderseits eritgegenstebende Hindernisse zu iiber-
winden.
Die Scblesier fanden bereits kurze Zeit nach seinem Re-
gierungsantritte Gelegenbeit, die Art ibres neuen Herrscbers
in ihrer Eigentiimlicbkeit kennen zu lernen. Es bandelte
sicb damals um die Angelegenbeiten des Bistums. Am
6. April 1376 war Bischof Preczlaw gestorben, und die
ewig geldbedilrftige Kuiie von Avignon batte sofort die
Hand auf das Bistum gelegt, um durcb das Spolienrecbt,
die Annaten und Reservation der neuen Besetzung von
„ dem goldenen Bistume " moglicbst viel zu gewinnen. Aber
das Kapitel batte kkig und energiscb operiert, sicb durch
eine Karl IV. gewiibrte Anleibe dessen Gunst gesichert, sich
dann mit dem papstlichen Legaten giitlich abgefunden und
in dem Breslauer Dechanten Dietrich eine dem Kaiser ge-
nehme Personlichkeit zum Bischof gewablt. Als dieser aber
Das Bistum Bieslau nach dein Tode Preczlaws. 207
nun nach Avignon ging, um sich bestatigen zu lassen, fand
er den ,Papst Giegor XI. nach ItaHen verreist, und wahrend
man ihn in Avignon hinhielt, starb Gregor den 27. Miirz 1378
zu Rom. Die dortigen Kardinide erwiihlten Urban VI,, die
zu Avignon aber Klemens Vll., der dann von hier aus die
von Rom gegen ihn geschleuderten Bannfluche erwiderte.
Dietrich, in Avignon festgehalten, konnte sich der hier herr-
schenden Richtung nicht wohl entziehen, wahrend inDeutsch-
land, wo man die Abhangigkeit der Avignoner Papste von
Frankreich schon litngst mit ungilnstigen Augen angesehen
hatte, die offenthche Meinung dem rcimischen Pontifex zu-
neigte. Es dauerte nicht lange, bis der neue Bohmenkonig
Wenzel dem Breslauer Kapitel die Anerkennung Dietrichs
verAveigerte , da dieser ein Schismatiker sei, wahrend der
Papst auch gleich dessen Breslauer Pralatur einem andern,
dem Herzoge Heinrich von Liegnitz, zusprach. Ftigsam hefs
das Kapitel seinen Erwahlten fallen, obwohl dadurch eine
neue kostspielige Auseinandersetzung mit dem rcimischen
Papste notwendig ward , postulierte den hochverdienten
greisen Kanzler weiland Karls IV., Johann von Neumarkt,
zur Zeit Bischof von Olmiltz, der aber, ehe er seine neue
Wiirde antreten konnte, am 20. Dezember 1380 starb. Nun
zogerte man mit einer Neuwahl, da man den von Konig
Wenzel empfohlenen bohmischen Edelmann, von Duba, nicht
mochte; dem Namen nach administrierte der Bischof von
Lebus, Herzog Wenzel von Liegnitz, in papstlichem Auftrage
das Bistum, thatsachlich war der Archidiakon Nikolaus, ein
feingebildeter, in weiten Kreisen berilhmter, aber, wie wir
hinzufiigen mlissen, als Politiker nicht gliicklicher Pralat, die
leitende Personlichkeit des Kapitels.
Oifenbar Avar das letztere in iibler Lage. Wahrend ihm
eben die Vakanz erhohte Lasteu auferlegte, flossen die Ein-
nahmen unregelmafsiger als sonst, gar manche Herren, selbst
Fiirsten, wie der gewaltthatige Bolko von Miinsterberg, ver-
weigerten die Zahlung der Bischofsvierdunge , da |a kein
Bischof da sei, und die papstlichen Strafen versagten nur
zu oft ihre Wirkung. Um so unzweckmiifsiger war es des-
halb, geringfugiger Ursachen halber auch mit der machtigen
Landeshauptstadt , dem Sitze des Bistums, einen Konflikt
heraufzubeschworen.
Geringfiigig war die Ursache in der That: Herzog Rup-
recht von Liegnitz hatte seinem Bruder Heinrich, dem Bres-
lauer Dechanten, ein Fafschen Schweidnitzer Bieres 1380
als Weihnachtsgeschenk gesandt, die stadtischen Behcirden
jedoch dasselbe konfisciert, da sie dem Kapitel das Recht,
208 Drittes Ikich. Di-ittcr Abschiiitt.
fremclc Biere einzufiiliren, nicht zugestauden. Haben iiiui
audi vielleicht die Domherren mit ihrem Vorwurfe, die
Breslauer brauten ein gar zu grobes Bier, man miisse sich
an fremdes lialten, reclit gehabt, den Domherren kam es
dock allzii teuer zu stehen, dais sie, der zornigen Aufwal-
lung des in seiner Wurde gekrjiukten kerzogliehen Em-
plangers nachgebend, die Kontiskation jenes Bierfasses durch
Verhangung des Interdiktes iiber die Stadt rachten uud sich
dann das Recht dazu von dem Erzbischoie von Gnesen
noch ausdrilckHch bcstatigen liefsen. Freihch noch uugleich
schUnuner und thorichter war es, dafs, als dann der neue
Herrscher, Kfinig Wenzel, vor den inzwischen die Breslauer
den Streit gebracht hatten, im Sommer 1381 zum ersten-
male in Breslau erschien, und wahrend er unparteiische
Priifung des Streites zusagte, zunitchst die zeitweilige Auf-
hebuug des Interdiktes verlangte, das Kapitel dieses Be-
gehren schrofi, ja, wie es heifst, geradezu unehrbietig zu-
riickwies.
Da ergrimmte der leicht zu cntfiammende Konig und gab
zui* Strafe die zunachst an Breslau liegenden Giiter der Dom-
herren, nachdem diese selbst liingst die Stadt gcravmit hatten,
der Plunder ung der bohmischen Krieger preis, welche Wenzel
zur Verwunderung der Breslauer, die solehes voni Kaiser
Karl nie erlebt, gleichsam als seine LeibwJichter mit nach
Breslau gebracht liatte. Am 29. Juui 1381 sah die Stadt
das merkwiirdige Schauspiel, dafs in ihren Strafsen wilde,
fremde Kriegsgesellen allerlei Vieh und Gerat zu Spott-
preisen feilboten.
Der Schaden war geschehn, und die Geschadigten fanden
nirgends Beistand. Der Papst sehr weit entternt, sich mit
dem romischen Konige um des Breslauer Kapitels willen zu
llberwerfen, ignorierte in seinen Entscheidungeu die Gewalt-
samkeiten Wenzels voUkommen und schien nur eine Differenz
zwischen dem Domkapitel iind dem Breslauer Rate vor sich
zu sehen; der ernannte papstliche Richter Kardinal Pileus, ,j
der als Rat Wenzels von diesem einen Jahresgehalt bezog, ,j
wilrde sich gleichfalls sehr gehiitet haben, mit seinem konig-
lichen Herrn Streit anzufangen, und der jetzt von dem Ka- •
pitel zum Bischof postulierte Wenzel von Lebus strebte nur j
danach, die Anerkennung des Konigs zu erlangen. Das
Interdikt Avard einfach aufgehoben, und Wenzel erklarte
den Domgeistlichen kurzweg, er wolle Herr sein in seinem i
Reiche. Um eine Bestatigung ihrer PrivUegien zu erlangen, j
mufsten Administrator und Kapitel sehr unumwunden Wenzel j
als den Hauptpatron ihrer Kirche und bezuglich ihrer Giiter
Konig Wenzel mid das Domkapitel. 209
als iliren Herrn anerkennen, dem sie Respekt und Ver-
ehrung, Treue und Gehorsam schuldig seien, dessen Feinden
sie nie und auf keine Weise Vorschub leisten, dem sie alls
Schlosser der Kirche offen halten sollten. Dafiir sichert
ihnen der Konig- zu, er werde fortan auf keine Weise dul-
den, dafs der Papst oder seine Einnelnner das Kapitel
wahrend der Vakanzen durch Steuern, Annaten oder Avel-
chen Namen solclie Abgaben luhrten, belastigten, einzig aus-
genommen soUte die dem Konige bei seiner Rorafahrt zu-
stehende Steuer des Hundertsten von den geistlichen Ein-
kilnften sein. Bier durfte sicli fortan das Kapitel kommen
lassen, woher es wollte, doch streng darllber wachen, dafs
dasselbe niclit an Biirger der eigentlichen Stadt verkauft
werde. Wenn der Konig ursprimglich die Domherren auch
hatte verpflichten Avollen, die Dominsel auf ibre Kosten zu
befestigen und ihm sogar in der Ecke, wo einst die alte
herzogliche Burg stand, ein neues Scblofs zu erbauen, so
hat das Kapitel sich dem docli sclilau zu entziehen gewufst,
ohne dafs der Konig dann besonders test darauf bestanden
hatte.
Die Anerkennung ihres neuen Bischofs Wenzel durch
den Konig mufsten die geistlichen Herren erst noch durch
neue Geldopfer, durch Quittierung alter Geldforderungen
im Gesamtbetrage von 4000 Mark erkaufen. Den Kapi-
tularen mufste dann der neue Bischof ein jetzt erst ent-
worfenes Statut vom 10. Juni 1383 bestiitigen, welches
zur Zeit der Vakanzen das Kapitel als alleinigen Regenten
des Bistums proklaraierte und dem erwahlten, postulierten
oder vom Papste providierten Bischofe nicht eher einen
Einflufs gestatten wollte, bis er dem Kapitel seinen Eid ge-
leistet und von diesem wirklich acceptiert worden ware.
Wenzel Herzog von Liegnitz hat dann bis 1418 als Bischof
hier gcAvaltet nicht eigentlich zu besonderem Segeu des Bis-
tums. Wohlwollend aber ohne Energie und freigebig ohne
rechte Wahl liefs er die Zeit des tinanziellen Verfalls be-
ginnen, der das goldne Bistum so schnell von seiner Hohe
herabbrachte.
Die Breslauer haben sicherlich wenig Mitgefuhl empfunden
fiir die Auftritte, welche sich hier 1381 abspielten, und
welche schon frilli den Namen des Pfaffenkrieges erhielten,
aber soviel ist gewifs, dafs das ganze gewaltthatige Auf-
treten Konig A^^enzels, die Raubzilge seiner Soldateska auch
bei der Burgerschaft einen huchst unglinstigen Eindruck
machten. Mifstrauisch wandte man sich allgemcin von dem
neuen Herrscher ab, das schone Band der Anhiinglichkeit
Grunhagen , Gescli. Schlesieus. I. 14
210 Drittes Bucli. Dritter Abschnitt.
und des Verti*auens, welches zu Konig Karls Zeiten die
Sclilesier und speziell die Breslauer niit ihrem Herrscher
verbunden hatte, war zerrissen.
Die Folgen konnten nicht ausbleiben. Was zunachst
die Fursten anbetrifft, so konnte es seheineii; als sei gerade
in dieser Zeit ein Gefuhl provinzieller Gemeinsamkeit bei
ihnen wahrzunehmen, insof'ern jetzt erst auch die ober-
schlesischen Herzoge als schlesische Fursten bezeichuet wer-
den. Dock King dies wohl auch damit zusammen, dafs jetzt
zuerst oberschlesische Herzoge wie z. B. Primko von Teschen
niederschlesische Besitzungen erlangten, kraft deren ihnen
dann jener Titel naturgemafs zukam. Sonst und in Wahr-
heit konnen wir uns dariiber nicht tauschen, dais jc niehr
mit dem sinkenden Ansehen des Oberlehensherrn dieser
aufser Stand gesetzt wurde, mit starker Hand die Lehens-
flirsten in dem Kreise seiner Politik festzuhalten^ jeder der-
selben, ohne irgendAvie nach dem Allgemeinen zu fragen,
Anlehnung und Beziehungen nach aulsen hin da suchte, wo
ihm die meisten Aussichten zu winken schienen. Eiue Weile
ging ja nach dem Todc Karls IV. noch alles in den Gleisen
fort, die Karl IV. geschafFen. Schlesische Fursten, wenn
auch in minderer Zahl als voi'her, suchen den Hof ihres
Oberlehensherrn auf, begleiten ihn auf Reisen und amtieren.
als seine Hofrichter, ja der von ihn-en, dessen Dienste be-
reits Karl IV. ganz besonders schatzen gelernt hatte, Herzog
Primko von Teschen steht sogar an der Spitze der Gesand-
schaft, welche 1381 zu London die Ehepakten zwischen
dem Konige Richard 11. von England und Anna, der Tochter
Wenzels, festsetzte, und der Herzog hat zur Belohnung dafiir
nicht nur einen Jahresgehalt von 500 Pfund Sterling von
dem englischen Konig, sondern aufserdem auch von Wenzels
sorgloser Freigebigkeit den ganzen unmittelbaren Besitz der
Krone in Niederschlesien , namlich die Hiilfte von Glogau
und dazu Steinau und Guhrau ganz erhalten. Es war da-
her nicht mehr als billig, dais er fur AVenzel eingetreten
ist, als es sich 1394 um dessen Befreiung aus den Handen
Josts von ]\Iahren und der bohmischen Verschworenen ban-
delte.
Derselbe hat denn avich im Jahrc 1400 als Wenzels
Gesandter zu Frankfurt von der beabsichtigten Absctzung
des Konigs wenngleich vergeblich abgemahnt. Auch den
anderen schlesischen Filrsten , die . wir im Hofdienst
Wenzels begegnen, den beiden Herzogen von Miinsterberg,
Bolko und Nikolaus, so wie den Liegnitzern, Ruprecht und
Ludwig, miissen wir nachriihraen, dafs sie ihrem Herrn die
Die schlesischen Fuvsten. 211
Treue bewahrt haben. Die Mliusterberger Fiirsten und
Herzog Ruprecht liaben sogar Wenzels Gefangenschaft in
Wien mit ihm geteilt^ ja wir werden nocli einer allgemei-
neren Kundgebung zugunsten Wenzels aus dem Jahre 1402
211 gedenken haben.
Aber nebenher gehen doch mancherlei deutlicbe Zeiclien
der Auflosung der staatliehen Ordnung, Avelche unter Konig
Karl geherrscht hatte. Besonders ward Oberschlesien in
dem letzten Jahrzehnt des 14. Jahrliunderts von liblen Han-
deln heimgesueht. Hier wirkte Verschiedenes zusammen.
Es war eine gewisse Spannung geblieben zwischen den
Premysliden von Troppau , die bekanntlich seit Konig
Johanns Zeit auch das Herzogtum Ratibor erhalten batten,
und den librigen piastischen Fiirsten, namentb'ch denen von
Oppeln, welcbe den Eindringlingen den schlesischen Besitz
niclit gonnten. Dazu kam die eigentilmliche Stellung Wlady-
slaws von Oppeln, der, wie wir bei anderer Gelegenheit
sahen, neben seinem fiirstlichen Erbe in Schlesien noch
grofse Lehenschaften in Polen, das Herzogtum Kujawien, die
Lande Dobrin und Wielun besafs und in alien polnisch-
ungarisch-bcihmischen Verwickelungen seine Hande im Spiel
hatte. Endlich erscheinen die schlesischen Herzoge auch
in die mahrischen Handel verwickelt, avo die beiden Briider
Prokop und Jost einander unaufhorHch befehdeten. Durch
Vermittelung des Bischofs von Breslau hatte 1389 ein schle-
sischer Landfriedensbund dem Bischof von Olmiitz Schutz
zugesagt gegeu den gewaltthatigen und rauberischen Adel,
der sich um Markgraf Prokop scharte. Doch Konig Wenzel
stand auf Prokops Seite, unci es kann uns genugen, wenn
wir erfahren, dais 1390 Wladyslaw von Oppeln die von
Herzog Johann erworbene Herrschaft Jagerndorf an Mark-
graf Jost weiterverkauft habe, um es erkliirlich zu finden,
dafs noch in demselben Jahre die reisigen Genossen Mark-
graf Prokops im Verein mit den Troppauern die Oppelner
Herzoge befehdeten, wobei es denn allerdings zu nichts
weiter als Verwiistungen des Landes kam , welche die
Herzoge im nachsten Jahre zu erwidern sich alls Mtihe
gaben.
Bald aber geriet nun Herzog Wladyslaw von Oppeln,
dem die Poleu die Verplandung des Dobriner Landes an
den Deutschen Orden nicht verzeihen mochten, in Streit
mit Konig Wladyslaw Jagiello, welcher 1386 in Polen eine
neue Dynastie begrlindet hatte; polnische Herren gritFen
1395 das Oppelner Land an, hielten das feste Schlofs Bole-
slawice (jetzt in Russisch - Polen nahe der Grenze) eng
14*
212 Drittos Buch. Diittcr Abschuitt.
blockiert und belagerten sogar die Landeshaiiptstadt Oppeln.
In deren ]\Iauern waren damals die Neffeu Wladyslaws,
Bolko und Bernhardt eingeschlossen , und obwolil eine der
Ursachen dcs Zerwilrfnisses zwischen ihrera Oheira vuid
Polen dcssen Beraiihungen gewesen waren, den altesten der
Oppelner Briider, Joliann Bischof von Kujawien, einen allcr-
dings sehr wenig geistlichcn Herrn (wegen seiner gecken-
haften Haartracht ,, Sprengwedel " genannt), auf den erz-
biscboflichen Stuhl von Gnesen zu bringen, so suchten dock
dessen Briider, Bolko und Bernhard, die Avobl auch friiher
scbon Geliiste nacb des machtigen Oheiras scblesischen Lan-
den gezeigt batten, eibgst Frieden mit dem Polenkonig zu
macben, und unter dem 6. August 1396 kam zwiscben
ibnen (zugleicb im Namen des abwesenden Bischofs Johann)
und dem Konige von Polen ein sebr merkwiirdiger Vcrtrag
zustande, durcb welchen sicb die beiden Hcrzoge verpflicbten,
die Lande und Festen ihres Oheims Oppeln, StreUitz und
Damraratscb (Kreis Oppeln) zu besetzen, so dafs von diesen
aus fiirder dem Polenkonige kein Scbade gescbeben konne,
wie sie denn aucb dem blockierten Scblosse Bolesla\ace keinerlci
Beistand leisten, nocb die Zufiibrung von Proviant nacb dem-
selben dulden, sondern vielraebr die etwa unter den Ver-
teidigern der Burg sicb findenden Adeligen des Oppelner
Landes abberufen soUen. Diesen Vcrtrag vermittelt der
scblesiscbe Fiirstenbund, dessen wir noch weiter zu gedenken
baben werden, es werden als Vermittler genannt Biscbof
Wenzel von Breslau sowie die Herzoge ' Konrad von 01s-
Kosel und Primko von Troppau und unter den Biirgen
aucb nocb Herzog Ludwig von Brieg. Trotzdem bat nun
aber WladyslaAV von Oppeln, und obwobl er seine polniscbe
Herrscbaft wie seine Bedeutung in den (istlicben Handeln
am Abend seines Lebens dabinscbwinden sebeu mufste, sicb
in seinem Erblande siegreicb zu bebaupten vermocbt. Das
Scblofs Boleslavice bat eine mehrjiibrige Belagerung nicbt
bezwingen konnen, und aucb in Oppeln bat Wladyslaw bis
an seinen Tod 1402 geberrscbt.
Dafs Wenzel an den erziiblten Ereignissen, bei welcben
ein auswiirtiger Fiirst in Scblesien mit bewaffneter Hand
einfiel und scblesiscbe Herzoge mit demselben Vertrage
scblossen, u'gendwie Anteil genommen batte, erfabren wir
nirgends; abgeseben davon, dafs er damals mit dem Polen-
konig in engem Biindnis stand, erscbeint er aucb in jener
Zeit tief verwickelt in iible Handel mit den mabriscben
Vettei-n und seinem Bruder Sigismund, und 1397 baben
die Breslauer gewifs nicbt obne Entsetzen gebort, dafs am
Die Oppelner Fehde. 213
11. Juni vier der vornehmsten kouiglichen Rate und unter
ihnen auch jener Stephan von Opoczno, den ihnen Wenzel
erst 1395 zum Hauptmann gesetzt hatte, in dem koniglichen
Schlosse Karlstein niedergemetzelt worden seien, und dafs
an der Spitze der Morder ein sclilesischer Flirst, Johann
von Troppau, der neuernannte Oberhofmeister Wenzels, ge-
standen habe. Uber dem ganzen furchtbaren Vorgange und
seinen Motiven liegt ein dichter Schleier, aber gewifs ist,
dafs Wenzel den Mordern Amnestie erteilt und ihrem An-
fiihrer, dem Herzog Johann, unmittelbar nach der That
Gnadenbeweise gegeben hat.
Wie weit war man bei solchem wlisten gewaltthatigen
Treiben von den Zeiten und Sitten Kaiser Karls abgekom-
men. Vor allem empfanden das die Breslauer, und wir
mlissen eines besonders charakteristischen Handels gedenken,
bei welchem dieselben um ihres Konigs willen und infolge
der anarchischen Zustiinde, die unter seinem Regimente ein-
zureifsen begonnen, zu schwerem Schaden kommen. Wir
niogen diese Angelegenheiten unter dem Namen der Op--
pelner Fehde zusammenfassen , die ziemlich 20 Jahre
iang die Breslauer schwer bedrangt hat, und deren Her-
gang mehr als alles andere den liber Schlesien in der Zeit
Konig Wenzels hereingebrochenen Verfall uns vor die Augen
tiihrt.
Als einst Kaiser Karl IV. die Anwartschaft auf Schweid-
nitz-Jauer erworben, hatte es sich daruni gehandelt, eine
Oppelner Herzogin als Tochter Bernhards von Schweidnitz
abzufinden. Die ' Geldschuld von 10 000 Mark war von
Karl auf seinen Sohn vererbt worden, schon well ja that-
sachlich die Krone Bohmen nicht in den Besitz der Herzog-
tumer kam, so lange die Wltwe Bolkos II. von Schweidnitz-
Jauer Agnes lebte. Doch noch ehe diese starb (1392), batten
die Enkel und Erben jener Oppelner Herzogin eben jene
bereits mehrfach erwahnten drei Brlider, der lockige Bischof
Johann, Bolko und Bernhard, 1389 von Konig W^enzel, dem
die Ausstellung einer Schuldurkunde nicht grofse Beschwer
machte, die Zusicherung erlangt, die ganze Schuld, die hier
au.f 8000 Mark beziffert wird, in acht Jahreszahlungen zu
je 1000 Mark abzahlen zu woUen. Als Biirgen waren in
der Urkunde genannt einige bohmische Edelleute, ferner die
Stadt Prag vmd die sehlesischen Stadte Glatz, Frankenstein,
Breslau, Namslau und Neumarkt, welche siimtlich zum Ein-
lager in Brieg oder Neifse mit je vier Pferden (zwei Rittern
resp. Ratsherren und zwei Knechten) verpflichtet werden.
]Mit diesem Briefe erschien dann der Bischof von Wladvslaw
214 Drittes Buch. Dritter Abschiiitt.
iu Breslau uud iiberraschte die Konsiilu durcli die Weisung
des Konigs, nun schleiinigst ihr, Siegel daran zu hangen.
Der Rat zeigte geringe Neigung, aber Bischof Johann rcdete
giitlich zu, scbon babe der Kunig 1000 Scbock von den
8000 gezalilt, er werde es sicber aucb ferner tbun, bei der
Menge der Blirgcn sei das Risiko klein, und er verspreebe
zugleicb im Namen seiner Briider die Breslauer vor allem
scbonen zu wollen.
Daraufbin iibernabmen nun die Breslauer fiir ibren
Oberlebensberrn die Bilrgscbaft, welcbe ibnen dann so sebr
teuer zu steben kommen sollte. Wenzel zablte natiirbcb
niebt, und scbon 1390 fanden zwei Breslauer Ratsberren
im Einlager zu Neifse voile Mufse, liber die Erspriefslicbkeit
der Biirgscbaften fur gekronte Haupter nacbzudenken , sie
mufsten aucb mit sebwerem Grelde ausgelost werden ; aber
damit nocb nicbt zufrieden, bielten die Oppelner Herzoge
nun aucb nocb Breslauer Kaufieute in Grols - Streblitz an
und scbatzten dieselben um Geld und Pferde. Vergebens
klagen die Breslauer bei dem scblesiscben Filrstenbunde,
scbon riisten sie, um Gewalt der Gewalt entgegenzusetzen,
da crscbeint 1397 Biscbof Joliann bei ibnen, und durcb ein
Darlebn von 50 Mark giinstig gestimmt, gebt er auf den
Wunscb der Breslauer ein, ibren Anteil an der Biirgscbaft
festsetzen und so ablosen zu lassen. Die Haupter des
Fiirstenbundes Biscbof Wenzel und Herzog Ruprecbt von
Liegnitz fixieren denselben auf 1428 Mk. 29 Gr., wovou
jedocb 100 Mark als bereits den Opplern vorgescbossen ab-
geben sollen. Eibg zablen die Breslauer in der HofFnung,
nun den boseu Handel los zu werden. Aber die Herzoge j.
beansprucben Entscbadigung flir den bisberigen Zinsverlust, i
und Avabrend sie die Festsetzung der Surame verscbleppen, j|
begeben sie neue Gewalttbiitigkeiten, obne sicb dadurcb ab- <'
balten zu lassen, von den Breslauern wiederum ein Anleibcn
von 300 Mark zu begebren. Diese erkaufen nun endlicb
damit von Bolko und Bernbard das beimlicbe Versprecben,,
bis zur Riickzabluug Frieden balten zu wollen.
Darauf gestiitzt wagen nun die Breslauer, 1399 wiedei:
mit ibren Waren nacb Ungam zu zieben, und bescbicken
dann aucb Anfang Mai den Floriansmarkt zu Ki-akau, nicbt
obne vorber von Herzog Bolko unter Hinweis auf das Ab-
kommen sicb das sicbere Geleit erneuern zu lassen.
Aber als der Herzog dann vom Oppelner Scblofs au3
die reicben ^^'agenzuge der Breslauer voriiberzieben siebt, ,
rent es ibn docb zu sebr, sicb die raublustigen Hande baben
binden zu lassen, und er fafst einen Plan von fast ergotz-
Die Oppelner Fehde. 215
licber Arglist. Es sei rauberisch Volk liber die Odei' ge-
kommeu, das ihuen Gefahr drohe, sagt ei' deu Kaufleuten,
sie mochten ein paar Tage verziehen, bis er erkundschaftet
habe, ob sie sicker weiter konnten. Inzwischen aber sckickt
cr eilig zusammeugeraffte 300 Mark nach Breslau, damit
das Abkommeu und seine Gewahr zu kiindigen. Das Ge-
schiift war nicht schlecht. Die Pliinderung der Kaufinanns-
karawane braclite dem wilrdigen Fursten Beute im Werte
etwa von 4000 Mark. Und nun das Eis einraal gebrochen,
scbwindet alle Scheu. Herzog Bolko sieht jeden Breslaiier
Kaufmann als willkommene Beute an, und auch seine
Mannen sucken es ihm gleich zu thun und machen Ein-
falle ins Breslauer Land, dort nach Gefallen zu pliindern
und zu rauben. Der Rat richtet indessen ohmuachtige Kla-
gen an den roniiscken Konig, an die von Ungarn und Polen,
Herzog Bolko antwortet darauf nur dadurch, dafs er ihnen
in Aussicht steUt, ihnen Arme und Beine abhauen zu lassen,
wenn er sie in seine Gewalt bekomme. Nun endlich wer-
ben die geplagten Breslauer Soldner und beginnen den
Kampf, doch Herzog Bolko besiegt sie, nimmt Diener der
Stadt gefangen, die man dann wieder mit teuerem Losegeld
loskaufen niufs. Inzwischen hatte Bolko nun doch auch
Konig Wenzel personlich in Prag gemahnt; Wenzel hatte
wieder eine Rate gezahlt, doch sein Kammerer Sigismund
Hiiler unterschlug das Geld und schob die Schuld dann
geschickt auf die kuniglichen Rate, die, wie Avir wissen, am
11. Juni 1397 Herzog Hans von Troppau auf dem Karl-
stein ermorden liefs.
inzwischen iMte die Beraubung und Schadigung der
Breslauer ihren ungehemmten Fortgang. Schutz fanden sie
bei niemandem, am wenigsten bei dem schlesischen Fiirsten-
bunde, zu dessen Hauptleuten Herzog Bernhard, einer der
rauberischen Oppelner Fursten, gehorte. Ihr Schaden, deu
sie gewissenhaft buchten, stieg hoher, 1405 berechnen sie
ihn ganz abgesehen von dem baar bezahlten auf 13244
Mark. Die Hauptsache aber war, dafs die Biirgerschaft,
welche noch ein Jahrhundert friiher ihrem Herzog so tapfer
Krakau erobert hatte, jetzt in der laugen Friedenszeit des
Kaisers Karl der Waffenilbung und der Wehrhaftigkeit sich
so entwohnt hatte, dafs sie nun zu mutvoller Abwehr der
Unbilden sich aufzuraffen nicht vermochte und diese Sorge
angeworbenen Soldnern iiberhefs, die dann schliefshch blofs
den Oppelner Fursten Gelegenheit zu wolilfeilen Triumphen
verschafften.
Noch einmal schien eine Hoffnung der bedrangten Stadt
216 Drittes Buch. Dritter Abschnitt.
zu leuchten, als 1404 Kunig Wenzel einc Zusammenkimft
mit clem Polenfursten in der Bieslauer Burg veranstaltete,
wo dann charakteristisch genug dem fremden Herrscher
Konig Wladyslaw als Schiedsricliter die Schliehtung dieser
Handel zufiel. Er machte es sicli niclit allzii selnver, sou-
dern wies eintacli beide Teile zur Rulie, indem er den
Zinsverlust der Oppelner Herzoge gegen die Schaden der
Bi'eslauer kompensierte, obwuhl ilin die umfangliche uud
nns noch erhaltene Klageschrit't der letzteren ilber die Hohe
dieser Schaden hinreicliend aufklarte. So wenig nun auch
die Stadt mit solclier Entscheiduug zufrieden seiu mochte,
so gewann sie doch wenigsteus filr einige Jahre Kuhe.
Aber die Schuld war noch immer nicht bezahlt, wenn-
gleich Wenzel inzwischen sich von der Unredlichkeit seines
Kiimmerers iiberzeugt und diesen 1405 zu warnendem Bei-
spiele hatte enthaupten lassen, und etwa 1409 tlammte der
Streit von ueuem auf, als damals die Oppelner Herzoge nun
auch einmal mit den Pragern anbanden uud deren Kauf-
leute zu pliindern begannen, wobei dann wiederuni auch
die Breslauer zu Schaden kamen. Ernstlich suchte jetzt
Wenzel eine definitive Abfindung der Herzoge, und als
diese seine Vorschliige zuriickwiesen , ordnete er endlich
im Herbste 1410 eine grolse liustung gegen dieselbeu an
und gebot auch den Breslauern, falls sich einer der Her-
zoge in Breslau blicken liefse , denselben sofort festzu-
nehmen.
Die Breslauer waren nun unvorsichtig genug, diesen Be-
fehl zu eri'uUen, und als im Dezember 1410 der alteste der
Brllder, Bischof Johann von Wladyslaw,' ganz dreist in
Breslau erschien, sich in dem Hause der Oppelner Herzoge
(auf der Schuhbrilcke der Matthiaskirche gegeniiber) ein-
quartierte und dort Verbindungen mit mancherlei dem Rate
verdachtigen Personen pflog, lielsen ihn die Breslauer hier
am 6. Dezember 1410 verhaften. Aber nun batten sie erst
recht in ein Wespennest gestochen. Die gesamte schlesische
Fiirstlichkeit geriet in gewaltigen Unwillen darllber, dafs
;, solche geringe Leute'^ einen Herzog gefangen zu nehmen
Avagten, und auch die Geistlichkeit zeigte sich, wenngleich
Bischof Johann nicht gerade fiir ein wilrdiges Glied der
Kirche gelten konnte, doch sehr aufgeregt darliber, dafs
man an einen Kirchenfilrsten Hand zu legen sich unter-
fangen habe. Bischof Wenzel beeilte sich, liber die ganze
schlesische Diocese das Interdikt zu verhlingen und die
Breslauer noch besonders zu exkommunizieren. Als infolge
dessen in der Adventszeit die Glaubigen iiberall verschlossene
Die Oppelner Fehde. 217
Kirchenthilren fanclen, ziirnte man an vielen Orten auf die
Breslauer, die an dem alien allein schuld seien.
Diesen aber half es wenig, dafs Wenzel ihnen seine
voile Anerkennung- aussprach iind sie geradezu aufforderte,
„ dreinznschlagen " und gegen ihren Breslauer Bischof Ge-
waltmafsregeln zu ergreit'en; sie hatten es doch verlernt, von
ihrem Konig Sclmtz zu erwarten, aber auch die Vermitte-
lung Sigismunds von Ungarn, der in dem letzten Decennium
Wenzels hier so ziemlich die Rolle des nach Popularitat
strebenden Thronfolgers spielte^ gelang doch nicht so weit,
dafs er die Entscheidung in seiner Hand gehabt hatte.
Vielmehr sah sich der Rat, nachdem er den Bischof ent-
lassen, genotigt, den Schiedsspruch dem schlesischen Fursten-
bunde zu iiberlassen, der dann unter dem 2. Februar 1412
erfolgte durch den Mund des Bischofs Wenzel und des
Herzogs Konrad von 01s. Die beleidigte hei'zogliche und
kirchenfilrstliche Wilrde hatte in diesem Schiedsspruche fast
ausschliefslich ihren Ausdruck gefunden; weder dem Um-
stande, dafs die Breslauer mit jener Gefangennelnnung nur
einen Befehl ihres koniglichen Herrn ausgefuhrt hatten, noch
der Erinnerung an die jahrzehntelangen Unbilden der Op-
pelner Herzoge war irgendwie Rechnung getragen, sondern
einfach eine Form der Genugthuung fur den Bischof von
Wladyslaw war festgesetzt worden. Der Rat sollte zur
Sllhne ein ewiges Licht von 4 Pfund Wachs vor dem Hoch-
altar der Breslauer Domldrche stiften, das Oppelner Herzogs-
haus zu Breslau filr steuerfrei und jedem stadtischen Be-
amten unzuganglich erkliiren und selbst in corpore bar-
hauptig auf den Dom pilgern, um dort in GegenAvart des
Bischois Wenzel dem Bischof Johann Abbitte zu leisten, auch
geloben, Gleiches nicht wieder zu thun.
Die ersten beiden Punkte Avurden erfullt, die Abbitte
verzugerte sich, angeblich weil Bischof Johann es vermied,
in Breslau zu erscheinen, und noch einmal haben die Op-
pelner Herzoge (den Bischof Johann eingeschlossen) zu den
Waffen gegriffen und in schlimmen Raubzilgen eine Reihe
von Dorfern des Breslauer Gebietes gepllindert und gebrand-
schatzt. Ohne dafs die verlangte Abbitte der Breslauer er-
folgt ware, ist der widerwiirtige Streit in der Not der
Hussitenzeit erloschen, wo dann schhefslich 1420 der durch
das Kostnitzer Konzil eingesetzte Papst ]\Iartin V. zugunsten
der Breslauer entschieden und den Bischof Johann zur
Tragung siimtlicher Kosten verurteilt hat, Avovon natiirlich
die Breslauer keinen Avesentlichen Nutzen versplirt haben.
Es ist in der vorstehenden Darstellung mehrfach des
21S Diittes Bucb. Dritter Abscbuitt.
schlesisclien Fiirsteubundes gedacht worden, und wir habeii
wolil audi erkannt, Avie wenig derselbe seinem eigentlichen
Zwecke, zur Wahrung des Landfriedeus zu dieuen, ent-
sprochen liat. "\Venn wir 'nun doch diesem Fiirstenbunde
nocli einige Blatter Avidmen, so geschieht das einerseits wegen
des Zusammenhangs mit dem im Deutschen Reiche vorge-
nommcnen Versuche zur Herstellung eines allgemeineii Land-
friedeus, dann auch weil diese ersten Versuche zur Zu-
sammenschlicfsung der schlesischen Fursten doch iramer
Keime darstellen, aus denen die nachmalige standische Ver-
fassung Schlesiens hervorgegangeu ist.
Es ist bekannt, dafs in den ersten Jahren der Regie-
rungszeit Ktinig Wenzels im Deutschen Reiche die Stadte
sich im Interesse ihrer Sicherheit iiberall zu groi'sen Biind-
iiissen zusaramenschlossen. In Schlesien bestanden ja, wie
wir wissen, Vereinigungen von StJidten zu gemeinsamen Mafs-
regehi gegen Rauber und Friedensbrecher bereits seit den
Zeiten Konig Johanns, und wir horeu nun auch von neuen
derartigen Vertragen. 1383 verbiinden sich die Hauptstadte
des Bistums: Neifse, Grottkau, Patschkau, keinem Feinde der
Krone Bohmen, der schlesischen Fursten oder der Stadt
Breslau in ihren Maueni Zuflucht zu geAvahren, und im
Jahre daraiif vereinen sich unter der Agide Herzogs Wlady-
slaAV von Oppeln alle dessen Stadte diesseits und jenseits
der schlesischen Grenzen (22 an der Zahl) zur Erhaltung
des Friedens und gemeinsamer AbAvehr von Ruhestorern.
Aus Niederschlesien erfahren Avir von einem Bunde der
Stadte aus den Flirstentumern Breslau und SchAveidnitz-
Jauer. Derselbe mochte geschlossen Avorden sein, nachdem
1392 mit dem Tode der Herzogin Agnes, Witwe Bolkos II.
von Schweidnitz - Jauer, diese beiden Fiirstentiimer Avirklich
an die Krone Bohmen heimgefallen Avaren, und aus den
Jahren 1397/98 Avird uns nun auch ein Anschlag der von
den einzelnen Stadten zu stellenden BcAvafFneten iiberliefert.
AUerdings lassen, obschon hier an 400 Bewaffnete zusamnien-
kommen , die Erfahrungen der eben erzahlten Oppelner
Fehde uns von der militarischen Tiichtigkeit dieses Bundes
uicht allzu hoch denken.
Mit derartigen Einigungen und den Mafsregeln zur Er-
haltung der oflfentlichen Sicherheit steht nun in einem ge-
wisscn Zusammenhange die Einflihrung A^on sogen. Fem-
gerichten. Wir werden dabei nicht an eine Nachwirkung
der westfalischen Femgerichte zu denken haben, die, bereits
unter Karl IV. eingerichtet, seit Wenzels Zeit und spezieU
seit dem Jahre 1382 im Avestlichen Deutschland zu immer
Landfriedensbiiuduisse. 219
steigender Bedeutung gelangen. Wir mogeu uns erinnern,
dafs in Schlesien bereits im ersten Jahrzelint des 14. Jahr-
hunderts uns Femgeri elite entgegenti'eten, und wir diirfen
sie uns in erster Linie als Ausnahmegerichte denken^ bei
denen ein niit aufserordeutliehen vermutlieh aber vom ober-
sten Landesherrn ausgeriisteter Riehter unter Zuziehung von
Schi)ffen gegen Eauber und Friedensrichter eine summarisehe
Justiz iibte^ mit der Befuguis ilber sonstige Standes- und
Jimsdiktionsprivilegien dabei liinwegzuseheu, aber ohne dafs
wir hier von jener Heiralichkeit , die wir sonst als eine be-
sondere Eigentiimlichkeit der westdeutschen Fenigerichte an-
zuseben gewohnt sind, etwas vorauszusetzen Grund batten.
Im Jahre 1381 bestatigt Konig Wenzel zur Friedung
der Landstralse den Sechsstlidten der Oberlausitz die Feni-
gerichte ^ wie sie weilaud sein Vater derselben zugelassen.
Eine ahuliclie Befugnis ist vermutlieh aucli fiir Schlesien
erteilt worden. Eine besondere Urkunde besitzen wir dar-
iiber nicht, wohl aber iiehmen Avir wahr, dafs die aus jener
Zeit uns erhaltenen Rechnuugsbiicher von 1386 und 1387
einen Ausgabetitel fiir das Femgericht enthalten, und wir
erfahren auch aus dem Jahre 1387 von dem Falle eiuer
vor dem zu Breslau residierenden Femrichter und seineii
SchofFen angebrachteu Klage wegen Bruches des Land-
fi'iedens. Weiteres lioren wir von dieser Sache und dem
ganzen Institute iiicht.
Bei dem Landfriedeii nun, uni dessen Scliutz es sicli in
der letzterwahnten Urkunde wie in so manchen anderen
dieser Art handelt,- werden wir natiirlich an den allgemeinen
Landfrieden denken, welchen Konig Wenzel, wie bekannt,
unter dem 11. Marz 1383 zu Niirnberg feierhch in grofser
Reichsversammlung proklamierte, und dessen erste „Partei"
ja ausdrilcklich „das Konigreich zu Beheim und alles, was
zu der Krone desselben Konigreich s rait alien Fiirsten,
Grafen, Herren, Land und Leuten gehort" in sich begreifen
sollte, und in der That werden wir ja auch ganz bestimmte
Bezugnahmen auf ilin noch zu verzeichnen haben. Doch
diirfen Avir anderseits nicht verschweigen, dafs es mit diesem
Landfrieden insoweit eine besondere Bewandnis hatte, als
derselbe eigentlich auf eiiier Fiirstenvereinigung beruhte, die
als solche den im Reich so nuichtig emporgekommenen
Stadteblindnissen doch in gewisser Weise die Sorge fiir die
offentliche Sicherheit aus den Handen zu winden beal^sich-
tigte. So war denn auch in Schlesien die nachste Folge
des Niirnberger Landfriedens ein schlesischer Fiirstenbund,
dessen eigentliche Stiftungsurkunde uns nicht mehr erhalten
220 Drittes Buch. Dritter Abschuitt.
ist, wohl uber eiu Lebenszeichen von ihm aus dem Jahre
1387, wo vor ihm ein beriichtigter Felider, Bartusch von
AMesenburg, die Stadt Breslau verklagt. Aus dcm Jahre
1389 besitzen wir dann eine groise Urkunde dieses Bimdes^
durch welche imter dem Vorsitze des Bischofs Wenzel von
Breslau 14 schlesische Fiii'sten sich mit allerlei lublichen
Bestimmungen zum Einschreiteu gegen Storer des von Konig
Wenzel zum Schutze fur jederniann aufgerichteteu Friedens
verbuuden , zugleich in engem Bllndnisse mit Markgraf
Jodok von Miihren iind dem Bischofe Nikolaus von Ulmiitz.
Aus dem Jahre 1396 erfahren wir gelegentlich von der
Wahl eines Bundesiiltesten , und auch weiter haben wir ja
oben bei Grelegenheit der Oppelner Fehde mehrfach dieses
Bundes zu gedenken gehabt, und Avir horen auch aus dem
Jahre 1402 von einer neuen Konstituierung des Bundes,
diesmal im Verein mit den Stiidten des Filrstentums Breslau,
wo dann die Mehrzahl der schlesischen Herzoge sich zur
Abwehr von Raubereien und Fehden zusammenthut, jedem
der Teiluehmer eine bestimmte Anzahl von Lanzen (ein ge-
waffneter j\Ianu mit zwei bewafFneten Knecliten) und Bugen-
schiltzen zu stellen aufgiebt , Avelche Zahl auch , wenn
es den Bundesaltesten , als welche zunachst die Herzoge
Ruprecht von Liegnitz und Bernhard von Falkenberg be-
stellt werden, notwendig erscheint, noch erhoht werden kann.
Die Macht des Bundes soil dann dazu verweudet werden,
um Rauber und Friedensbrecher, sowie solche, die denselben
Vorschub leisten wiirden, zur Strafe zu ziehen. Der Bund
wird unter Vorbehalt der Bestatigung durch Kiinig Wenzel
zimachst nur aut ein Jahr geschlossen , und die vereinigten
Fursten und Stadte geben zugleich bei dieser Gelegenheit
eine politische Erklarung dahin ab, an Konig Wenzel, den
eben damals sein Bruder Sigismund gefangen gesetzt hatte,
unverbrilchlich fest halten zu woUen.
Wir werden die Bedeutung dieser Kundgebung nicht
ilberschatzen diirfen ; was die Treuversiclierungen fiir Konig
AVenzel anbetrifft, so horen wii' nichts davon, dafs den
AVorten Thaten gefolgt sind, im Gegenteile zeigt sich, dafs
die schlesischen Herzoge, mit Ausnahme von Ruprecht von
Liegnitz und den herzoglichen Briidern von Miinsterberg,
welche in Wenzels Hofdienst stehend, treu an ihm hielten
und eine Zeit lang sogar seine Haft in Wien teilten, unbe-
kiimmert um ihren Oberlehensherrn , dessen Ohumacht ja
von Tage zu Tage mehr offenkundig ward, sich nach an-
deren Seiten hin wandten, um dort die Anlehnung zu finden,
welche ihre Interessen ebenso wie ihre perscinlichen Nei-
Auswartige Beziehungen der schlesischeu Fiirsten. 221
gungen verlangten. Schon die Oppelner Fehde zeigt uns
die steigende Bedeutung des Polenkouigs Wladyslaw Jagiello
fiir Scblesien, den selbst die Breslauer sicb als Schiedsrichter
erwahlen. Fiir die obersclilesischen Herzoge mufste allmah-
lich der Krakauer Hof das ersetzen, Avas der Prager nicbt
mebr zu bieten vermochte^ eiue Gelegenheit fiir die Fiirsten,
aiis der driickendeu Enge ihrer kleinen Besitztiimer in dera
Glanze eines voruebmen Hofbaltes Abwecbselung, Spannung,
Abenteuer, ja nacb Umstanden sogar aucb Geldgewinn zu
finden. Als der grofse Krieg zwischen Polen und dem
deutscben Orden ausbracb, sind unzweifelbaft die Sjmpa-
tbieen mancber oberscblesiscber Fiirsten anf der Seite des
befreundeten Polenkouigs gewesen, und wenn es gleicb nicbt
erweislicb ist, dafs 1410 in der Scblacbt bei Tannenberg
einer derselben auf polniscber Seite mitgefocbten bat, so
haben sie docb wenigstens zugegeben, dafs polniscbe Wer-
bungen eine ganze Anzalil scblesiscber Bitter in den Kampf
gefiihrt baben, wabrend auf der andern Seite Herzog Konrad
der Weifse von (3ls, der einst in Krakau als Page der Ko-
uigin gedient batte, dann aber vom Vater nacli Preufsen
gesendet worden war, um das Kriegshandwerk zu lernen,
auf der Seite des Ordens kampfend gefangen ward und
Herzog Ludwig II. von Brieg Avenigstens dem Hochmeister
Beistand versprocben batte. Der letztere batte sonst seine
Anlehnung nacb einer andern Seite gesucbt; ibm batte die
Vermahlung mit Elisabetb, der Tocbter Friedricbs des ersten
hobenzoUernscben IMarkgrafen von Brandenburg einen macb-
tigen Riickbalt an diesem angesebenen Fiirsten gesicbert.
Die Glogau - Saganer Fiirsten endlicb waren mit ihren In-
teressen so an die der Secbsstadte und die sachsiscben Fiirsten
gekniipft wie die von Troppau an die Angelegenbeiten Mab-
rens. Unzweifelbaft ti'ug solcbe weitgebende ZerspHtterung
der Interessen mancbe Gefabren mit sicb namentlicb fiir ein
so vorgescbobenes und exponiertes Grenzland, wie Scblesien
war. Es war in der Tbat ein Gliick, dafs der Polenkonig
nacb der scblesiscben Seite keine BegebrHchkeit zeigte, nicbt
einmal damals, als Wenzel 1404 bei Gelegenbeit der Bres-
lauer Zusammenkunft sicb zu Abtretungen resp. Verpfan-
dungen scblesiscber Gebiete bereit zeigte.
Nocb weniger aber als nacb der poUtiscben Seite bin
i hat der Bund von 1402 fiir die offentlicbe Sicberheit zu
( bedeuten gebabt. Der Verlauf der Oppelner Febde, den
j wir ja oben erziiblten, vermag dafiir Belege zu liefern und
i was Avir von Einzelbeiten erfabren, zeigt uns wenig eiii-eu-
I licbe Zustande in Scblesien am Ausgange des 14. Jahr-
222 Drittes Buch. Dritter Abschnitt.
himdcrts. (^ffenbar hat sich damals eiiie gewisse lieaktion
der schlesischen Furstliclikeit gegen die Bevorzugung der
Stadte und speziell Breslaus, wie sie unter Karl IV. im
Schwange war, hier vollzogen, und es war natilrlich, dais
nun auch der Adel von dieser veriindcrten Sachlage Yor-
teile zog.
Dieselbe Gesinnung, welche in dieser Zeit den Bres-
lauer Landadel mil einer umtanglichen Beschwerdeschrift
gegen die Ubergriffe und Anmalsungen der Breslauer lier-
vortreten liels, iiihrte dann auch wohl dazu, dais die Edel-
leute zur Selbsthille griften und eine vermeintliche Schii-
digung ihrer Interessen an Kaufleuten der betr. Stiidte
rachten. Sie bemerkten ja sebr wohl, dais trotz aller Land-
frieden und Landfriedensbiindnisse ihnen jetzt niclit mehr
eine so prompte Justiz auf deni Nacken safs, wie weiland
unter Kijnig Karl. So konnte ganz wohl ein notorischer
gefurehteter Raubritter Bartusch von Wiesenburg, „der
Sehalke Prinzipal", wie ihn ein alter Chronist nennt, 1387
mit t'recher Stirn die Breslauer, die er wiederliolt aufs
freventlichste geschiidigt hatte, vor dem schlesischen Flirsten-
bunde belaugen, und es mulste doch schon weit gekommen
sein, Avenn es moglich ward, dafs derselbe Bartusch mit
einem auderen Bitter gleichen Schlages Heinrich von Haug-
witz 1390 die Hauptstadt eines der sclilesischen Herzoge,
Ols^ ilberfallen und brandschatzen konnte.
Wie hiitte solchen Zustiinden gegenliber der Bund von
1402 Abhilfe schaffen sollen? War es doch bezeichnend
genug, dafs eben danials zu einem der beiden Altesten des
Bundes jener Herzog Bernhard von Oppeln-Falkenberg ge-
wiihlt ward, der in der riicksichtslosen und gewaltthiitigen
Schiidigung der Breslauer immer mit seiuem Bruder Bolko
Hand in Hand gegangen war. Wenn aber auch wirklich
der Bund hier Avenigstens iiir eine Zeit lang etwas mehr
Ordnuug hergestellt hat, so war er doch entschieden dazu
nicht miichtig genug, die fortAvahrenden Raubziige, AAelche
von polnischen Edelleuten ilber die ganze lange uugeschiitzte
Grenze hierbei untemommen A\'urden, zu A-erhindern. ^^'obl
wurden AA'iederholt VertrJige zum Zwecke geo;enseitifirer
Sicherheit gegen Grenzverletzungen A'on Konig Wladyslaw
mit einzelnen schlesischen Fiirsteu AA'ie mit dem Fiirsten-
bunde geschlossen, aber die Eaubziige dauerten fort, und
noch im Jahre 1410 schildert der Brief eines Unbekannten
diese Zustiinde anschaulich genug: „die polnischen Haupt-
leute auf den Grenzen wie die von Scharwinski, von Zaremba,
von Drzyrski haben viel iibrig Gesinde, die miissen rauben;
Bedeutuug des Fiirstenbundes von 1402. 22S
die polnischen Hauptleute sehen durcli die Fioger, da Avehren
sich die Schlesier, so gut sie konnen".
Doch trotz alledem enthalt der Bund von 1402 eine fur
die schlesische Geschichte bedeutsame Thatsache. Es ver-
dient wohl hervorgelioben zu werden, dafs hier zum ersten-
male, soweit wir es nachzuweisen vermcigen, der grofste
Teil unserer Fiirsten einschliefslich der oberscblesischen , so
gut wie der Herzog von Troppau und zvvar ausdriieklich
samtlich als Herzoge in Schlesien bezeicbnet, im Verein
mit den Stadten sich zu einer gemeinsamen politischen Er-
klarung zusammenthun. Der Begriff Schlesien, unter den
sich subsumieren zu lassen die oberscblesischen Herzoge
jahrhundertelang vermieden batten, ist nun innerhalb der
Grenzen, die dann mit geringer Ausnahme fest geblieben
sind, festgestellt, selbst der alte mahrische Landesteil TropjDau
erscheint fur Schlesien gewonnen, und filr eine Gemeinsam-
keit aller dieser auf der langen Linie vom Qiieis bis an die
Weichselquellen zerstreuten und zersplitterten Landesteile
erscheint eine bestimmte Form gefunden und das erste Mai
zur Anwendung gebracht, ein Keim, den dann doch schon
die Not der Hussitenzeit in gewisser Weise zur Entwicke-
lung gebracht hat.
Bevor wir jedoch von diesen Zeiten bericbten, werden
wir noch von dem grofsen Aufstande zu Breslau aus dera
Jahre 1418 zu erziihlen baben, in welchem eine Periode
der Verfassmigskampfe dieser Stadt gipfelt, nachdem Konig
Wenzel hierein wiederbolt und nicht eben mit gliickHcber
Hand eingegriffen hatte.
Die zweite Halfte des 14. Jabrhunderts ist die Zeit, wo
allerorten in den Stadten des Deutschen Reiches die Zunfte
eine grofsere Selbstandigkeit, eine gewisse Teilnabme an dem
Stadtregimente verlangen imd grofstenteils auch durchsetzen,
und natiirlich bandelte es sich dabei in den seltensten Fallen
um ein blofses abstraktes Herrschaftsgeliist der Handwerker,
sondem vielmehr darum , dafs dieselben im Besitze der
Macht, oder wenigstens eines Einflusses auf dieselbe darauf
rechnen duriten, ihre Erwerbsinteressen wirksam zu fordern,
unerwiinscbte Konkurrenzen abzuwehren, lastige Beschran-
kungen zu beseitigen. Wir vermogen das im Hinblick auf
Breslau speziell bei den einzelnen Ziinften nicht darzuthun,
aber es liegt doch auf der Hand, wie sehr das aus alter
Zeit von den grofsen Kaufherren behauptete Eecht des all-
einigen Tuchausschnittes d. h. des Detailverkaufs den drei
grofsen Ziinften der Tuchmacher, die hier bestanden (in der
Altstadt, in der Neustadt und auf dem Ketzerberge) , zu-
224 Drittes liucli. Dritter Absclmitt
wider sein raufste, unci ebenso leuchtet es ein, dafs der seit
1387 bier eingefuhrte einmal in der AVoche abgehaltene
freie Fleischmarkt den Fleischern ein Dorn im Auge war,
so dafs es uns nicht wundern darf, gerade in diesen beiden
Innungen besonders eifrige Mitglieder der (Opposition gegen
den Rat zu linden.
Gewifs ist, dafs von dem Augenblicke an, wo man inne
wurde, dafs Kiinig Wenzel nicbt raehr wie sein Vater die
Autoritat des Rates zu scbiitzen sich fest entschlossen zeigte,
sondern viehnebr uach seiner leicbt beweglicben und gern
nacli Popularitat hascbenden Art VorsteUungen und Be-
scbwerden der Ziinfte freundbcb aufnahm, diese sicb zu
kiibnerem Verge hen zusaniraenfanden. Bereits 1388 baben
sie Gesandte bei dem Konig, und die freundbcbe Auf-
nabme, welcbe dieselben linden, I'librt dann dazu, dafs
1389, den 27. September, 30 Breslauer Ziinfte sicb ver-
binden, nicbt nur durcb Handwerksgescliworenen ihre Inter-
essen vor dem Rate vertreten zu lassen, sondern aucb einen
Ausscbufs derselben zu bevolbnaclitigen und zugleicb auf
gemeinsarae Kosten mit den Geldmittebi zu verseben, um
etwaige Klagen iiber den Rat personlicb vor den Konig zu
bringen. Es wird also aus den Vertretern der Ziinfte bier
eine Art von Tiubunat gebildet, das dann berufen ist, Be-
scbwerden dei'selben an das Obr des Konigs zu bringen.
Durcb die Gunst des letzteren erlangen sie nun aucb 1390
neue Innungsstatuten, welcbe ibnen voile Unabbiingigkeit ver-
biirgeu; jede Zunft darf sicb jetzt audi Waifen lialten, ja
ibre Macbt ist bereits soweit gestiegen, dafs sie vor der
RatsAvabl von 1390 den Ausscblufs von secbs Patriziern,
die sie als ibnen besonders feindlicb gesinnt kennen mochten,
durcbsetzen. Aufserdem erlangen sie es, dafs der Rat, von
acbt auf elf Personen vermebrt, vier Ziinftler entbiilt, ebenso
wie das Scboffenkollegimn , und dafs der Kiirscbner Peter
RafFsaf, der Fiibrer der ziinftiscben Deputation an Konig
Wenzel, seine Stelle oben unter den Patriziern findet. Bald
setzten 1391 und 1395 die "NVollenweber jetzt aucb ihre
alte Forderung , ibr selbstgefertigtes Tuch verkaufen zu
diirfen, durcb. Vor der Wabl von 1395 verbietet sogar
Wenzel den Konsuln solche „ benannte Leute ", d. h. welche
von den Ziinften als ibnen mifsliebig bezeicbnet waren,
zu wiiblen, wofern sie nicbt Avollen, dafs er selbst durch
seinen Hauptmann den Rat ernennen liefse. Docb des
Konigs Gunst war wandelbar, und als die Patrizier seiner
Geldverlegenbeit mit ansebnlicben Summen zubilfe kommen,
neigt er sicb (1399) wiederum ibnen zu, der Rat erlangt
Bre.slauer VerfassuugskJimpfe. 225
'wieder seiii altes patrizisches Geprage, den Zunften werden
ihre Waffen abgenommen, z. T. audi ihre Siegel, soweit sie
Tiicht ein altes Recht darauf nacliweisen kornien, Versamm-
lungen melirerer Zliiifte oder Verbindungen derselben wer-
den verboten. Eine Weile ging es in diesem Gleise fort,
um so leicbter als Konig Wenzel in den niichsten Jahren,
wo sein Ansehen immer tiefer sank, die Kurfiirsten ibn
seiner romischen Konigswiirde entsetzten, in Bohmen der
Adel gegen ibn aufstand und sein Brnder Sigismund ibn
jahrelang in Banden bielt, niebt mebr einzuscbreiten ver-
mocbte. Als aber Wenzel seiner Haft endHcb entledigt
1404 wieder in Breslau erscbien, urn in enger Verbindung
mit dem Polenkonige sein Heil zu sucben, gewannen die
Zlinfte von neuem sein Obr, der Konig setzt mitten im
Amtsjabre den ganzen Rat ab nnd einen den Zunften ge-
nebmeren neuen ein, der dann aucb 1405 weiter amtiert
Tind 1406 sicb in gleicbem Sinne erneuert, aber dann nocb
in demselben Jabre dureb eine Bewegung gesturzt wird, bei
der nun nicbt eben blofs die grofsen Standesunterscbiede,
sondern die Gegensatze von Familienkoterien tbiltig gewesen
zu sein scbeinen. Und wabrend so der grofse Kanipf mebr
und mebr seinen urspriinglicben Cbarakter des Gegensatzes
-zwiscben zwei mit gleicber Engberzigkeit an ibren Standes-
interessen festbaltenden Korperscbaften verliert, da ja eigentlicb
die Teilnabme der Ziinftler am Rate kaum mebr bestritten
wird, erbalt dieser Streit zugleicb ein eigentumlicbes soziales
Element, insofern die Stadt mebr luid mebr in Scbulden
gerat und die steigende Steuerlast allgemeine Unzufrieden-
heit bervorruft, fiir die natiirlicb der Rat verantwortlicb ge-
inacbt wird.
Wir mogen uns der friiber gescbilderten langdauernden
Oppelner Febde erinnern, die dem Breslauer Handel scbwere
Wunden gescblagen batte ; dann kam der grofse Krieg
zwiscben Polen und dem Deutscben Orden, welcber nun
den auswartigen Handel der Stadt in seiner wesentlicbsten
Ricbtung labmte, und endlicb zerriittet dann 1413 eine grofse
Pest mit alien den Ubeln, die eine solche im Gefolge
zu baben pflegt, die Zustande nocb mebr. Wenn nun an
der scblimmen Lage der Stadt die Mifsregierung Konig
Wenzels unzweifelbaft grofse Scbuld trug, so bat derselbe
aufserdem nocb aucb ganz direkt zu der Scbuldenlast, welcbe
die Biirgerscbaft immer driickender empfand, das Allermeiste
beigetragen, insofern er deren Steuerkraft auf das riicksichts-
loseste ausbeutete. Wir wissen ja, dafs es eine Biirgscbaft
fiir eine Scbuld Wenzels war, welcbe die von ibrem Koni^
GriinhageD, Gescli. Scblesiens. I. 1&
226 Drittes Buch. Dritter Abschnitt.
im Stich gelassenen Breslauer den Oppelner Herzogen
gegenilber zu blifsen batten; wir sehen dann Wenzel fur
die kleine Revolution von 1406 die unerborte Sti-afsumme
von 8000 Mark Groscben, d. b. das Doppelte einer da-
mabgen stiidtiscben Jabreseinnabme, der Stadt aiiflegen und
scbleunigst eintreiben und erfabren dann aucb weiterbin
Aviederbolt von Extrasteuern in der Hobe von 1000 Mark
u. dgl. Dabei fabrt er fort, in die Stadtregierung selbst
einzugreifen , Eate ab- und einzusetzen, Gesandte zu sich
nacb Prag zu entbieten, Verordnungen zu erlassen, die
dann docb unausgefiibrt bbeben. Kurz , er tbat alles , um
die Mascbinerie der Breslauer Stadtregierung, die jabrbun-
dertelang ganz gut ibre Dienste geleistet batte, in Verwir-
rung zu bringeu. Natilrlicb mufste das fortwabrende Ex-
perinientieren, das die Stadt zu einem Gefiihle der Sicberbeit
und Rube gar niebt konnnen liefs, aucb wiederum die ma-
terielle Wohlfabrt empfindlicb sebadigen, die Einnabmequellen
der Stadt minderten sieb, die Scbuldenlast wucbs, die im-
mer niebr erbobten Steuern gingen scblecbt ein, und ver-
scbarfte Mafsregeln zur Eintreibung derselben niitzten wenig,
steigerten aber die Erbitterung der Menge. Was konnte es
unter solcben Umstanden belfen, wenn dann der Konig im
Jahre 1417 einen Ausscbufs von acbt Personen, zur Halfte
aus den Kaufleuten, zur anderen aus den Ziinften gewablt,.
zur Kontrolle der Finanzverwaltung dera Rate beigab?
Wenn dieser dann wiederum Ordnung in die Finanzen za
bringen, der Scbuldenlast abzubelfen versucbte, so konnte
das eben docb nicbt gelingen obne ein stiirkeres Anzieben der
Steuerscbraube, dies aber eben bat dann, wie es scbeint, 1418
einen Ausbrucb berbeigefubrt, so furcbtbar, wie ibn die
Stadt nie friiber und nie nacbber erlebt bat. Geboren hat.
den Aufstand unzweifelbaft die allgemeine Not und Unzu-
friedenbeit, aber weitere Gestalt gegeben baben demselben
die Elemente, welcbe scbon immer in Opposition gegen die
Stadtregierung standen. Handwerker der verscbiedensten
Ziinfte, ja eine ganze Anzabl von Geschworenen, selbst ziinjp-
tiscbe Mitglieder des Rates aus den letzten Jabren, ja ein
Mitglied der Acbterkommission von 1417 erscbeinen bei
dem Aufstande beteiligt. Die Fleiscber, welcbe den Frei-
markt nie verscbmerzt batten, boten zur Gewalttbatigkeit.
bereitwillig die Hand, und in den Tucbmacbern der Neu-
stadt, der macbtigsten der drei biesigen Weberinnungen, wirkte
die alte iiberlieferte Eifersucbt der Neustadter auf die Alt-
stadt mit, der sie vorzeiten selbstandig gegeniibergestandea
batten und nun untergeordnet waren.
Der Aufstand von 1418. 227
Der Aufstand zu Breslau im Jahre 1418.
Wie uns eine allerdings vielleicht nicht in alien Einzel-
heiten unanfechtbare tjberlieferung erzahlt, batten sicb am
Montag, dem 18. Juli 1418, in der kleinen Kirche zu
St. Klemens in der Neustadt auf der heutigen Basteigasse
die Hiiupter der Verschworung versammelt, und von bier
aus babe dann in der Morgenfriibe das verabredete
Signal, das Horn des Hirten bei St. Moritz, die Scbar in
Bewegung gesetzt. Ibr Andrang fand den Rat versammelt,
aber so wenig auf einen Angriff gefafst, dafs es nicbt ein-
mal gelang, die Thlir des Ratbauses zu. scbliefsen und zu
verrammeln. Die Uberrascbten flucbteten aus dem Sitzungs-
zimmer die gebeime Treppe binauf nacb der Ratskapelle
(dem Fiirstensaale) , docb ibnen nacb drangte die Menge,
nicbt lange aufgebalten durcb die Tblir unten, die noch
heute die Spuren der sie sprengenden Beilbiebe tragt.
Die geangsteten Haupter der Stadt dachten nur an
Flucbt oder Versteck, und in der Tbat bat die, welcbe in
die Gewalt der Aufrubrer lielen, ein trauriges Scbicksal ge-
troffen. Sie wurden ergriifen, vor das Ratbaus gescbleppt
und dort ibnen zu besonderem Schimpfe unter der Staup-
saule entbauptet und zwar mit einem Scbwerte, welcbes
einst Karl IV. der Stadt gescbenkt, und das die Emporer
jetzt mit anderen Waflfen geraubt batten.
So endeten der zeitige Burgermeister Nikolaus Freyberg,
drei Patrizier aus dem ScbofifenkoUegium und zwei friibere
Ratsberren, beide den Zunften angeborig. Jobannes Megerlin,
ein Konsular, batte sicb auf" den Ratsturm gefliicbtet, ward
aber axicb dabin verfolgt und scbliefslicb iiber den Kranz
desselben berabgestiirzt. Der Ratsberr Tilo Zacbe ward bei
seiner Gefangennebmung scbwer verletzt. Die Tbiir des
Ratsturmes batte man eingescblagen und Sturm gelautet,
aucb in dem Ratbause die Truben erbrocben, einige Privi-
legien vernicbtet, andere bescbitdigt, Gelder der Stadt ge-
raubt, ebenso Waifen, aucb die Getangnisse erbrocben und
I die Gefangenen befreit. Von einer Gefabrdung des Privat-
' eigentums boren wir nicbts, nur gegen Juden scbeinen Ge-
i walttbatigkeiten vorgekommen zu sein.
I Der Sitz der Stadtregierung war somit in die Hilnde
ider Aufstandiscben gekommen, sei es aber, dais diese docb
I dann inne wiu'den, wie die groise Menge der Bevolkerung
jihr Tbun nicbt bUlige, sei es dafs die Erniicbterung nacb
iden Bluttbaten wieder gemiifsigte Elemente an die Spitze
'■ 15*
228 Drittes Buch. Dritter Abschnitt.
der Bewegung fuhi-te, soviel ist gewifs, dafs man vergebens
nacli den Kesultaten forscht, die der wilde Ausbruch der
Volksleidenschaft schliefslich erzielt habe. Es scheint in der
That nicht einmal zu einer Absetzung des Rates und der
Einrichtung einer provisorischen Regierung gekoramen zu
seiu, sondern man liefs, was voni Rate am 18. Juli zufallig
nicht gekopft wordeu war, ruhig weiter amtieren, setzte
diesem niir eine Art von Volkstribunat, einen Ausschufs der
Gremeine, zur Seite und iiberliefs weiteres der Entscheidung
des Konigs, dem man das Vorgefallene aber auch die Be-
schwerden der Biirgerschaft vortrug.
Und in der That hat sich nun Konig Wenzel vielleieht
infolge der feindhchen Stellung, die sein berufener Ver-
treter im Fiirstentum Breslau, der Unterhauptmann Hans
von Wiltberg, gegeu den patrizischen Rat eingenommen zu
haben scheint, vollstandig fiir die Interessen der Bewegung
gewinuen lassen, und ohne eine besondere Suhne fur die er-
folgten Gewaltthaten zu verlangen, lafst er nun unter dem
10. August 1418 eben durch Hans von Wiltberg einen
neueu Rat einsetzen, der dann unter dem Prasidium eines
alten gemafsigten Patriziers nm- Ziinftler, oder Avenigstens
neue dem Ki'eise der alten Geschlechter tremde Manner ent-
hielt, und in gleichem Sinne auch die Inmmgsgeschworenen
wie die Finanzkommission neu konstituieren.
Nun erst schien der Sieg der Aufstandischen besiegelt
Die besonders Mifsliebigen von der unterlegenen Ai'istokratie
mieden die Stadt; dagegen unterdrlickte man hier Ver-
suche neuer Unruhen mit Strenge. FreiHch mufste doch
auch die neue Regierung an die schwierigste Aufgabe heranr
gehen, die Ordnung der zerriitteten Finanzen, und sie griff !|
dazu, der Bevolkerung eine Vermogenssteuer von etwa zwei ;
Prozent aufzulegen , Avas dann sicher ihre Popularitat i
wesentlich gemindert hat. Inzwischen hatte aber nun doch !
Wenzel sich veranlaist gefuhlt, auch den anderen Teil zu "
horen und Vertreter der unterlegenen Aristoki-atie sich nach
Prag beschieden, zugleich unter ernster Mahnung darau,
dafs die Stadt durch das Vorgefallene eigentUch selbst ihre j
Privilegien zerstort und gebrochen habe, sich eine Bestatigung '
oder Verwerfung der Ratswahl vorbehalten , und dann,
allerdings unter der Voraussetzung , dafs man fiir die Zu- .
kunft alien Unfrieden abstelle und auch die Fliichtiggewor-
denen in Ruhe und Sicherheit zuriickkehren lasse, Amnestie i
erteilt.
In Breslau hat man darauf , da das Schreiben Wenzels 1
«rst nach dem regelmafsigen Wahltermine, dem Aschermitt-
Ergebnisse des Aufstandes. Envachen des Czechentums. 229
woch, eintraf; dies zum Vorwande genommen, von der Wahl
diesmal ganz abzusehen und den Eat von 1418 weiter am-
tieren zu lassen, und so lagen dann die Verbal tnisse noch,
als am 16. August 1419 der plotzliche Tod des Konigs die
Lage der Dinge aufs wesentlichste anderte.
Vierter Abschnitt.
Kaiser Sigisnmnd und die Hussiteiikampfe.
In Bohmen war die seit Wenzels Tlu'onbesteigung be-
ginnende und dann immer fortgeschrittene Minderung des
kciniglichen Ansehens naturgemafs zunachst dem Adel zu-
gute gekommen. Indem sieb dieser nun aber wieder zu
fiiblen begann, bracbte er bier zugleich ein nationales Mo-
ment zur Geltung, insofern gerade der Landadel doeb am
meisten zugleicb an der czechiscben Nationabtat festbielt.
Nachdem der bohmische Herrenbund, der 1393 bis zur
Gefangennehmung Konig Wenzels verging, die Riickkebr
zu dem, was unter den Vorfabren Recht gewesen sei, auf
seine Fabnen gescbrieben, ricbtete sicb die Spitze dieser Be-
strebungen gegen die Einricbtungen, welcbe das in Bcibmen
macbtig vorgedrungene Deutscbtum und dessen Beglinstigung
namentlicb unter Karl IV. hervorgerufen batte, und der
Gegensatz des Adels gegen die Stadte, in denen ja natur-
gemafs das Deutscbtum seine Hauptstarke batte, erbielt bier
eine besondere Scbarfe, eben durcb das Hinzutreten des
nationalen Elementes. Es ist, obwobl der Gegensatz immer
nocb vorsicbtig verbuUt erscbeint, doeb scbon das eine be-
zeiebnend genug, dafs die Urkunde vom 25. August 1394,
in welcber Wenzel mit den Forderungen des Herrenbundes
sicb abzufinden sucht, die erste bobmiscbe Konigsurkunde
in czecbiscber Spracbe ist. Dafs diese Bewegung in dem-
selben Mafse wucbs, wie die Macbt Wenzels dabinscbwand,
war selbstverstiindlicb.
Aber von ganz besonderer Bedeutung ward es nun, als
zu derselben Zeit eine gewaltig religios populare Bewegung
sicb erbob, die dann je langer je mebr auf denselben Punkt
binsteuerte. Urspriinglicb war es eine rein religiose Be-
230 Diittes Biich. Vierter Abschnitt.
wegung gewesen abzielend auf eine Reform der Kirche und
der Sitten der Geistlichkeit, wie solche in dem Zeitaltcr der
grofscn Schismen sebr erkliirlich Avar, zugleich aber auch
dogniatische Fragcn in Anlebnung an Lehren des englischen
Theologen Wiklef beriibrend und aus den Kreisen der
scbnell zu bober Bliite emporgekommenen UniversitJit Pi-ag
bervorgegangen. Wie fern die Bewegung in ibrem Beginne
den nationalen Gregensatzen war, mogen wir daraus erken-
nen, dafs einer der bedeutendsten Vorganger Hus', Mibcz
von Kremsier, Avie tins glaubwiirdig bericbtet wird, in der
ausgesprocbenen Absicbt , seinen Predigten ein grofseres
Pubbkiim zu gewinneu, nocb in seinem Alter das Deutscbe
erlernt bat. Aber die Bewegung ward national, namentlicb
seitdem Jobann Hus, Prediger der Betblebeniskapelle zu
Prag und Professor der Universitat, an ibi-e Spitze trat.
Aucb ibn freilich trieben, ganz abgeseben von den aus
seiner Gemlitsart entspringenden Motiven scbon die Umstiinde
zu immer stiirkerer Betonung des nationalen Standpuuktes.
Von den vier Nationen, in welcbe die Universitat Prag sieb
spaltete, die bobmiscbe, die bayerisebe, siicbsiscbe und pol-
niscbe (aucb diese letztere namentbcb seit der IStiftung der
Universitat Krakau fast ausscbliefslicb aus Deutscben und
vornebmlicb Scblesiern, Pommern, Preufsen bestebend) lung
die erstere ibm an, wabrend die drei iibrigen also die
Gesamtbeit der Deutscben sicb mit Entscbiedenbeit gegen
die Aviklefitiscben Ketzereien, die man seinen Lebreu sebuld
gab, erklarten. Wabrend sicb nun die Gegensatze raebr
und mebr verscbarften , Avard auf der einen Seite mancber
aus dem bobmiscben Adel fur die Bewegung gewonnen,
Avobl eben aucb um des nationalen Elementes, das derselben
anbaftete, und endlicb trat aucb Konig Wenzel auf diese
Seite, als die drei deutscben „Nationen" der Prager Uni-
versitat 1409 sicb von der Obedienz des ibm Avegen seiner
Begiinstigung des Gegenkouigs verbafsten Papstes Gregors XII.
nicbt lossagen mocbten und nur eben die Czecben ibm zu
Willen Avaren. Den letzteren lobnte er nun dadurcb, dafs
er ibnen fortan drei Stimmen statt der bisberigen einen
einraumte. Das Dekret A'om 18. Januar 1409, das dies
festsetzte, und das dann den Passus entbielt, es sei unziem-
licb, „dafs Auslander und Fremdlinge A^on dem Yermogen
der Eingeborenen , welcben die recbtmafsige Ei'bfolge zu-
komme, scbwelgten, jene aber Nacbteil, Zuriicksetzung und
Unterdrlickung litten", bedeutete nun allerdings eine Kriegs-
erklai-ung gegen die Deutscben in Br»bmen und gab der
Auffassung A^on Hus \'olles Recbt, welcber es ausgesprochen
Anfange der hussitischen Beweguug. 231
hatte, Gott habe einmal Bohmen den Czechen gegeben, wie
einst dera Volke Israel das gelobte Land, und es sei nicht
fein, dais man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es
vor die Hunde. Die deutschen Lehrer und Studenten ant-
worteten auf das Dekret dadui'ch, dafs sie allesamt, mehrere
Tausend an der Zabl, Prag verliefsen. Der Vorschlag einiger
angesehener Sclilesier, sich nach ihrer Heimat zu wenden,
fand nicht allgemeiuen Beifall, da Breslau zu weit vom
Herzen Deutschlands abliege, und so pilgerten die Vertrie-
benen nach Leipzig, wo auf der hier schnell gegriindeten
Universitat auch die Schlesier ein eigenes der heihgen Jung-
frau gewidmetes, bald mit reichen Stiftungen dotiertes und
noch lieute bestehendes Kollegium erhielten. Der Schlesier
Johann von Miinsterberg war der erste Rektor der neuen
Leipziger Universitat.
Es ist nun nicht wohl denkbar, dafs diese Vorfalle in
Schlesien ohne tiefen Eindruck geblieben sein sollten. Wenn
derartige deutschfeindliche Grundsatze in dem Nachbarlande
zur Geltung kamen, konnten die Schlesier, die ja auch
ein altslavisches Land im Wege der Kolonisation sich ge-
wonuen batten, am Ende auch auf eine slavische Beaktion
gefafst sein, und wenn jetzt die bohmische Krone, von der
die Schlesier zu Lehen gingen, abhangig gemacht ward von
den Einfliissen eines spezifisch czechisch gesinnten Adels,
mufste das filr Schlesien doch von der allerernstesten Be-
deutung werden. Indessen felilt es uns an zeitgencissischen
Aufzeichnungen aus Schlesien, welche den Eindruck der
Vertreibung der Deutschen aus Prag wiederspiegelten.
Inzwischen aber ging nun die BcAvegung weiter, und zu-
nachst trat die kirchliche Seite in den Vordergrund, um so
mehr, da der iramer wachsende Konflikt des langst ge-
bannten Prag-er Professors mit den kirchlichen Gewalten
allmahlich weit iiber die Grenzen Bohmens hinaus Aufsehen
erregte. Das 1414 zu Kostnitz versammelte allgemeine
Konzil sollte auch diese Angelegenheit schlichten, und Jo-
hann Hus selbst war dahin aufgebrochen , nachdem ihm
Wenzels Bruder, Sigismund, 1410 zum romischen Konig
gewahlt, freies Geleit zugesichert liatte. Dies Geleit ward
gebrochen, vind am 6. Juli 1415 ging Hus mit ewig be-
wundernswurdiger Standhaftigkeit fiir seine Uberzeugung
in den Tod auf dem Scheiterhaufen , und nun loderte der
Aufstand in Bohmen zu heller Flamme auf Wahrend der
Adel dem Kostnitzer Konzile, das Hus verurteilt hatte, einen
Absagebrief sandte, an dem nicht weniger als 452 Siegel
hingen, erhob sich auch das niedere Volk in grofsen Ver-
232 Drittes Bucb. Vierter Abschnitt.
sammlungen, von eit'rigen Priestern autgereizt. In Prag-
wurden die Geistlichen, welche der hussitischen Bewegung
sicli feindselig gezeigt hatten, vertrieben, zum Teil gemifs-
liandelt, ualiegelegene Kloster zerstcirt und gepliiudert, und
als Konig "Wenzel, der zuerst schon aus Hafs gegen Sigis-
niuud den Hussiten mit Nachsicht und einer gewissen Sym-
pathie begegnet war, sich endlich zu strengeren Mafsregeln
entsehlofs und in Prag einen neuen dor Bewegung feindiichen
Rat einsetzte, ward dieser am 30. Juli 1419 von einem
wilden Volkshauten grausam ermordet, die Ratsherren und
einige ilu-er Anhanger zum Fenster herausgestiirzt in die
Spielse der erbitterten Menge, die ihnen dann voUends den
Garaus maclite. Siebzehn Tage nachher endete ein Schlag-
fluls das Leben Kdnig Wenzels (1419, 16. August).
Bohmen mit seinen Nebenliindern stand nun vor einer
grofsen Entsclieidung. Der nachste Erbe der Krone Avar
Wenzels Bruder, der ungarische Konig Sigismund, in dem
die Bohmen den wortbrllchigen Henker von Hus verab-
sclieuten. Sigismund zeigte sicli entschlossen, dieses Erb-
reclit zu behaupten und ohne der hussitischen Bewegung
Konzessionen zu machen, Bohmen sich zu unterwerfen. In
der That ist es auch durchaus wahrscheinUch, dais, weun
er den Mut gehabt hatte, mit den Truppen, die er gerade
gegen die Tiirken gesammelt hatte, gegen Bohmen zu mar-
schieren, er hier, wo man zu bewaffnetem Widerstande doch
in keiner Weise geriistet war, wohl einen durchschlagenden
Erfolg hatte erzielen mogen.
Er that das nicht, sondern Bohmen vorliiufig der macht-
losen Regentschaft von Wenzels Witwe iiberlassend, ergriff
er zunachst von Schlesien Besitz. Hier Avard er mit ofFenen
Armen aufgenommen. Es mufs ausgesprochen werden, dafs,
obAvohl die Schlesier und ganz besonders die Breslauer an
Streitigkeiten mit der Geistlichkeit so gewohut waren, dafs
sie niemand hatte fiir besonders klerikal gesinnt ausgeben
dilrfen, sie doch von dem reformatorischen Element, das
offenbar in der hussitischen Bewegung lag, nicht im Ent-
ferntesten sich angezogen fiihlten; dazu war dieselbe von
vornherein zu sehr mit deutschfeindlichen Tendenzen ver-
quickt gOAvesen; und als jetzt nach Wenzels Tode die Ex-
cesse des fanatisierten niederen Volkes immer iirger Avurden,
vielfach Kirchen und Kloster zerstort und geschiindet, Geist-
hche, vornehmlich deutsche Klosterbrlider vertrieben, gemifs-
handelt, Avohl gar getotet Avurden, da erschienen den Schle-
siern diese wilden Haufen einfach als Feinde der Christen-
heit und aller christlichen Urdnung, und in diesem Sinne
Konig Sigismund unci die Schlesier. 23B
ist der unversohnliche Hals der Schlesier gegen die „bosen
verdammten Ketzer"; wie hier die Hussiten vorzugsweise
genannt werden, aufzufassen. Zu deren Bezwingung ja
Vertilguug Beistand zu gewahren, war man hier allerorten
bereit. Ebenso wenig wiirde hier jemand an dem Rechte
Sigismunds auf die bohmische Krone gezweifelt haben. Die
Schlesier miifsten ihrem eigensten Interesse nach an der
Erbhchkeit der bohmischen Krone festhalten, damit nicht
die Wahl ihres Oberhauptes in die Hand einer deutsch-
feindlichen bohmischen Adelsversammlung kame.
So ward denn Sigismund, als er am 5. Januar in Breslau
einzog, allgemein mit Freuden empfangen, und eine kleine
MifsheUigkeit, welche er mit dem schlesischen Klerus ilber
die Hohe des von Papst Martin V. dem Konig iiberlassenen
Zehnten hatte, wurde schnell ausgeglichen.
Unzweifelhaft batten die Schlesier schon mit aufrichtiger
Freude die Nachricht begrlifst, Konig Sigismund habe fiir
den Anfang des Jahres 1420 einen Reichstag nach Breslau
berufen. Wie wir wissen, waren die am Ende des 13. und
am Anfange des 14. Jahrhunderts angeknlipften Verbin-
dungen zwischen dem deutschen Reiche und Schlesien wie-
der ganz in Vergessenheit gekommen, die Luxemburger
Fiirsten batten es nicht in ihrem Interesse liegend gefunden,
daran zu erinnern, und erst jetzt schien es Sigismund zweck-
mafsig, als er in einem der Kronlander Bohmens festen Fufs
fafst, dann sich auch hier zugleich mit dem vollen Glanze
der kaiserlichen Majestat zu umgeben. Auf die Schlesier
hat das Mittel seinen Zweck nicht verfehlt. Zu einer Zeit,
wo in dem Lande', mit dessen Krone sie in Leheusverbin-
dung standen, eine slavische Reaktion das Haupt erhob,
konnte ihnen die Erneuerung der Verbindung mit dem Deut-
schen Reiche nur hochst erwiinscht sein, und nachdem sie
bis jetzt einen Herrscher gehabt, der sie in alien Noten im
Stich gelassen, den Verwandte und Vasallen vielfach ge-
fangen von einem Schlosse aufs andere geschleppt batten,
mufsten sie wohl mit einem gewissen freudigen Stolze auf
Sigismund blicken, der sich hier mit einem Glanze einfixhrte,
wie solchen die alten Mauern von Breslau nie geschaut
hatten, wo in der koniglichen Burg (an der Stelle der heu-
tigen Universitat) drei deutsche Kurfiirsten knieend ihre
Lehen von ihm empfingen und hohe Wiirdentrager des
deutschen Ordens neben polnischen Magnaten den Schieds-
spruch, der ihre Streitigkeiten schlichten sollte, aus seinem
Hunde erwarteten. Am 5. Januar 1420 war Sigismund
mit seiner Gemahlin Barbara und einem glanzenden Gefolge
234 Diittes Buch. Vicrter Abscliuitt.
in Brcslau eingetroften; sclion tags darauf cmpfing er die
Huldigung der schlesischen Fiirsten uud Stande.
Unter den Grofsen, die damals den romischen Konig
liier in Breslau unigaben; gewahrte man nun audi cine An-
zahl bohmischer Herren. Selbst ihnen war es melir und
raehr unbeimlieh geworden in der engen Vei'bindung mit
den kirchenrauberiscben fanatiscben Taboriten, die im Zaume
zu balten ibnen doch scbwer erscbeinen mocbte. Wie wenig
ibnen nun aucb Sigismund als Herrscber erwunscbt war, so
ersebnten sie docb die Wiederberstelbmg einer gewissen
staatHcben Ordnung und Avaren geneigt, unter bestimmten
Bedingungen, die sie dem Konige vorscblagen wollten, diesen
anzuerkennen und ibm zur Erlangung der Herrscbaft iiber
Bobmen Beistand zu leisten.
Ibre AA'iinscbe fanden bei Sigismund wenig Gebor. Es
war im Grunde wenig zu verwundern, wenn ibm bier in
Breslau die Meinung sicb bildete, das ganze Deutscbe Eeicb,
ja die ganze Cbristenbeit nabme ein gemeinsames Interesse
daran, ibm gegeniiber dieser alle gesellscbaltbebe Ordnung
bedrobenden bcibraiscben Emporvmg zu seinem Recbte zu
verbelfen. Wie batte er iiber solcbe Krafte verfugend sicb
zu drlickenden Zugestandnissen geneigt tinden lassen sollen?
Fur die nationalen Fordeinmgen der Ozecben batte er kaum
ein A^erstandnis und sicber nicbt die geringste Neigung, in
deren Kreisen erzablte man sicb damals von einer allerdings
sebr radikalen Aufserung des Kunigs: „Er gabe gauz Ungarn
darum, wenn es in Bobmen keine Czecben gabe'', und Avas
die bussitiscbe Bewegung anbetraf, so sprecben die Scbrift-
stiicke Sigismunds aus Breslau immer nur von einer „Ver-
tilgung und Aiisjatung der AYiklefiten". Mocbte nun auch
Sigismund den bobmiscben Herren sicb perscinlicb freundlich
zeigen, so liefs diesen doch, was bier unter ibren Augen in
Breslau geschab, keinen Zweifel dariiber, wie sicb Sigismund
eine Wiederberstellung der staatlicben Ordnung in Bobmen
dacbte.
Zunacbst kam bier in Betracbt das Strafgericbt des
neuen Herrscbers iiber die Teilnebmer des Aufstandes von
1418. Wie wir wissen, batte ja s. Z. Wenzel eine Amnestic
fiir das damals Vorgefallene gegeben, aber es war sebr er-
klarlicb, wenn die Breslauer Patrizier damit wenig einver-
standen waren und bei Sigismund, zu dem in dem Glanze,
Avelcber ibn bier umgab, natiirlicb vorzugsAveise nur sie und
nicbt mebr die Ziinftler Zutritt fanden, BescbAverde erboben
dariiber, dafs das Blut der Opfer jener Emporung noch
keine Siibne gefunden babe. Der Kiinig war um so mebr
Das Strafgericht von 1420. 235
bereit, ein Exempel zu statuieren, als er es den Bolimen
gern zeigen Avollte, dafs er der Mann dazu sei, die staat-
liche Ordnung wiederlierzustellen und Excessen, wie sie jetzt
in Prag ungestraft vorgefallen waren, energisch entgegen-
zutreten.
Er begann also damit, die, welche der Teilnahme an
dem Aufstande verdachtig erschienen, gefanglich einzuziehen
und andere, die iuzwischen fliichtig geworden waren, auf
den _17. Februar vorziiladen.
Uber sein Recht dazu, diese Angelegenheit nocli einmal
zu untersuchen und zugleich iiber die Strafwiirdigkeit der
damals 1418 begangenen Verbrechen heisclite er einen be-
sonderen Wahrspruch, ein Weistum von einer hierzu be-
sonders von ihm berufenen Versammlung, gebildet aus dera
yollen Rate von Breslau', also den Ratsherren^ Schoffen,
Altesten, Kaufleuten, Zunftgeschworenen , wozu dann noch
hinzutreten die Ratsmannen der neun grofseren Stadte aus
den dem Konige unmittelbar unterworfenen Landen (also
den Fiirstentumern Breslau, Schweidnitz und Jauer). Vor
diese Versanimlung brachten dann eine Anzabl bohmischer
und schlesischer Beamten des Konigs ihre Klage iiber
die Auf Stan dischen von 1418. Diese Klage betont nun in
der entschiedensten Weise die Solidaritat der stadtischen
Obrigkeit mit der koniglichen Gewalt. Sie klagt iiber Ver-
rater, die des Konigs Rat vergewaltigt , in sein Rathaus
mit gewaffneter Hand gelaufen. sein en Ratsturm aufge-
hauen, seine fiirstliclieu Briefe vernichtet, seine Rats-
mannen und Schoffen ermordet resp. ohne Recht und Schuld
gericbtet haben urid sich von eigener Gewalt die Regierung
angemafst, sein Geld und seine WafFen geraubt, seine
Gefangnisse erbrochen haben u. s. w.
Unter jenen offentlichen Anklagern befand sich auch der
Unterhauptmann Hans von Wiltberg, der, wie wir wissen,
der ganzen Bewegung von 1418 sich in gewisser Weise
giinstig gezeigt hat. Durch ihn als Beauftragten Konig
^\''enzels war ja auch im August 1418 eine Erneuerung des
gesamten Rates mit allem Zubehcir vorgenommen worden,
augenscheiulich im Sinne der revolutionaren Bewegung, und
alle diese stadtischen Obrigkeiten batten nun, wie wir sahen,
im Jahre 1419. ohne Wechsel weiter amtiert und waren
noch in ihren Amtern, als jetzt der Konig von ihnen einen
Wahrspruch iiber den Aufstand heischte, dem sie ja that-
sachlich ihre Wiirden verdankten. Aber so miichtig war
doch der Zwaug der so sehr veranderten Lage der Dinge
noch unterstiitzt durch die Gegenwart der Kollegen von
236 Drittes Bucb. Vierter Abschuitt.
auswiirts, dafs sie ohne Bedenken ein Gutachten abgeben,
das in seinen Konsequenzen den Empdrern von 1418 ans
Leben ging.
Die Versammlung erklarte : obwohl der Kunig aucli ohne
sie „von seiner Herrliclikeit" soldi Eecht zu vollfiihren
jMacht gehabt lititte, so erkiinnten sie doch nun auf dessen
Verlangen tur Recht, dafs die, welche jene unter Anklage
gestellten Frevel wirklich gethan hatten, dem Konige niit
Leib und Gut verfallen wjiren, die minder Gravierten mfige
derselbe nach Gefallen strafen; die sich der Untersuelning
durch die Flucht entzogen batten, moge der Konig gleich-
falls an Leib iind Gut richten, wo er ihrer niacLtig Avurde.
Schon vorher hatte ISigisniund verscbiedene aus der Ge-
raeine gefiingHcb einzieben lassen, einige derselben gegen
Burgschaft wdeder entlassen, bei anderen die Annahme der
Burgscliaft verweigert, denen aber, welcbe bereits gefloben
waren, den 17. Februar als Termin der Vorladung bestimmt,
worauf sie dann verfestef und gerichtet wurden.
Obwobl nun die ersten Verhaltimgen ganz in der Stille
vorgenonimen Avurden und man anfanglich gar niebt Avufste^
AA'as des Konigs eigentbebe Absicbt Aviire, so batten doch
Aaele es fur ratsam gebalten, sich alien Fabrlichkeiten durch
die Flucht zu entzieben, und Sigismund liefs nun, nachdem
er das Weistum A'om 19. Februar erbalten, die Untersuchung
beginnen, aa^o dann zunacbst von den Avirklich Einge-
kerkerten 23 zum Tode verurteilt und am 4. Marz auf
dem Rings an der Ecke des Elisabethkircbhofs enthauptet
Avurden. Von den Geflllcbteten Averden dann noch drei
Wochen spater 30 in contumaciam zum Tode A'erurteilt
und 27 auf CAvig des Landes A'erAA'iesen , audi A'on dieseni
Urteile alien koniglicben Beamten in den Kronlanden \'on
Bohmen imd Ungarn Kenntnis gegeben. Hire Giiter AA'ur-
den eiugezogen, die der Hingerichteten blieben den Ange-
horigen.
Die Urteile trafen Leute aus alien Innungen und doch
auch mancbe A^on deren Hiiuptern, GescliAvorene, ja selbst
Teilnehmer an dem Rate der letzten Jahre resp. der von
diesem ernannten Kommissionen. Ja es Avard die ganze
Stellung der Zilnfte zum Rate eine andere, ibre Selbstandig-
keit gebrochen, ibre Vorrechte ihnen genommen. Eine
koniglicbe Verordnung vom 13. Miirz verbietet die Brlider-
schaften, die Morgensprachen der Zilnfte, entziebt ihnen die
VerAvaltung ihrer Stiftungen, die gcAvisse bisher geiibte Po-
lizeigeAvalt, verbietet ihnen das "NA'affentragen, iiberlafst dem
Rate die Ernennung der beiden aus jedem HandAverke zu
Das Strafgericht von 1420. 237
wahlenden Vertreter, der Geschworenen und uuterwirft die
Innimgeu durchaus der Aufsiclit des Rates. Die Fleischer
als die Hauptanstifter der Unruhen werden gauzlich aus
der inneren Stadt verwiesen.
Der Rat, den Sigismund am 23. Februar 1420 ernennt,
schlielst die Handwerker ganz aus, und nicht lange darauf
wird sogar ahnlich wie zuzeiten Konig Johanns eine Rats-
wahl von 24 Personen filr sechs Jahre festgesetzt, welclie
dann zu je 8 fur das Jahr sich ablosen sollten. Die aristo-
kratische Reaktion liatte eben vollstandig und fur die Dauer
gesiegt.
Ganz unzweifelliaft hat zu der Strenge, mit der hier
Sigismund einschritt, der Wunsch, den Pragern ein drohen-
des Quos ego! zuziu'ufen viel beigeti'agen. Hier hatte es
nun der Konig allerdings nicht blofs mit politischen Em-
porern zu thun, die Triebfedern waren vielmehr religiose Uber-
zeugungen, und es war nicht zu verkennen, dafs die Stand-
haftigkeit, mit der Johann Hus fur diese Uberzeugungen in
den Tod gegangen war, die Bewegung machtig entfacht
hatte, und dafs die Schuld, welche Sigismund an dem Tode
von Hus trug, ihn den Bohmen besonders verhafst machte.
In des Konigs Umgebung waren die Meinungen dariiber,
wie man sich der hussitischen Bewegung gegeniiber ver-
halten solle, nicht ungeteilt, und selbst sein treuer Ratgeber
Friedrich von HohenzoUern, Kurfiirst von Brandenburg, soil
fur Konzessionen in den kirchlichen Dingen namentlich in
der allmahlich bei den Hussiten in den Yordergrund ge-
tretenen Frage des Abendmahls unter beiderlei Gestalt ge-
stimmt haben, beziiglich deren man Avenigstens die Ent-
scheidung einem kiinftigen Konzile iiberlassen konne, und
die bohmischen Herren, die hier in Breslau anwesend waren,
thaten natiirhch alles, um irgendwelche Verstandigung herbei-
zufuhren.
Aber Sigismimd war doch in der Atmosphare von An-
erkennung und Zustimmung, die ihn hier in Breslau umgab,
zu sehr von Hoffmmgen auf sicheren Erfolg berauscht, um
sich lastige Zugestandnisse abgewinnen zu lassen. Mit den
Kraften von Ungarn, Mahren und Schlesien, mit der Unter-
stiitzung des Deutschen Reiches, wo allerorten die fanatischen,
selbst (£e heiligen Statten bedrohenden Ausschreitungen der
Taboriten und ihre Verfolgung der Deutschen Unwillen er-
regt batten, glaubte er um so sicherer den bohmischen Auf-
stand niederschlagen zu konnen, wenn er nun auch die
Kirche sich fest verband und diese bewog, ihre machtige
Stimme zu seinen Gunsten zu erheben. Aber als Preis
238 Drittes Buch. Vierter Abschnitt.
dieses Bcistandes verlaugte die Kirche vollste Entschieden-
heit in dem Streben, die verderLliche Ketzerei auszurotten.
Den Kouig Sigismiind hatte zunachst schon der Papst
]\rartin V. durch das Zugestiindnis des zehnten Teiles des
Jahreseinkoniniens aller geistlichen Plriinden in den boh-
niischen Kronlanden sich verpflichtet und jetzt einen Anfruf
zu einem Kreuzzuge an alle Gliiubigen zugesagt. Uni so
mehr tiihlte jener sich verpflichtet, fur seinen rechtglaubigen
Eifer ein sprechendes Zeugnis abzulegen. Eine Gelegenheit
fand sich hier in Breslau.
Ein Prager Gastwirt, Johann Krasa, der sich gerade in
Breslau in Geschal'ten aufhielt, hatte das Kostnitzer Konzil
wegen der VerurteiUing von Hus geschmaht und sich fur
das Abendmahl unter beiderlei Gestalt ausgesprochen. Er
ward dennnziert, gefangen und in Anklagezustand versetzt^
und da er Widerruf wcigerte , als hartniickiger Ketzer
zum Tode verurteilt und liier am 15. Milrz 1420 auf dem
Scheiterhaufen verbrannt. Zwei Tage spiiter am Liitare-
sonntag Avard dann hier ganz direkt das Kreuz gegen die
Hussiten gepredigt auf Grund einer besonderen BuUe Papst
Martins V.
Diese Ereignisse enthielten thatsachhch eine vollstandige
Absage an die brihmischen Herren, welche nun auch erzlirnt
die kitadt verliefsen und damit das Signal zum Beginne
jener unheilvollen Kiimpfe gaben, die dann lilnger als-
ein Jahrzehnt von 1420 — 1434 schwere VerwUstungen iiber
Schlesien gebracht haben, wenngleich es sich in der ersten
Periode dieser Kiimpfe von 1420 — 1425 zunachst nur um
Angriffskriege gegen Bdhmen handelt.
Die Bohmen beeilten sich natiirlich, die Vorgiinge in
Breslau gegen Sigismund zu verwerten. Ihr Manifest klagte
liber die Enthauptung unschuldiger Burger, welchen Konig
Wenzel bereits Amnestic gewiihrt habe, die grausame Hin-
richtung Krasas und vor allem „das blutige Kreuz, das die
Kirche, nicht mehr ihre IMutter, sondern nur noch ihre
Stiefmutter, jiingst in Breslau mit grausamen Hilnden gegen
sie erhoben habe". Es half Sigismund sehr wenig, dafs an
der Stelle der Taboriten die bohmische Aristokratie zunachst
an die Spitze der Bewegung kam 5 wenn diese den religiosen
Gegensatz etwas weniger stark betonte, so legte sie dafiir
um so grolseres Gewicht auf die czechische Nationalitat,
und Bohmen flir ein Wahlreich erkliireud, boten sie dem
Kcinige von Polen die Krone des heiligeu Wenzel an.
Die Schlesier waren in dem guten Willen, ihrem HeiT-
scher Beistand zu leisten, voUkommen eiuig; sie hatten auch
Kreuzzug gegen die Hussiten. 239
in cler That vollen Grund; cler von den Bohmen geplanten
neuen Ordnung der Dinge zu widerstreben^ welche ihnen
fur alle Zukunft die Aussicht eroffnete, aus der Hand einer
ausgesprochen deutschfeindlichen Adelsversamniluug den Herrn
zu empfangen, der sie regieren sollte. In der Bekjimpfung
der Hussiten stritten sie fur das Erbrecht der Luxemburger
und damit zugleich fur das Prinzip, das sie einst zur Unter-
werfung unter die Krone Bohmens gefuhrt hatte, wo es sicli
doch an erster Stelle um den Schutz ilirer deutschen Na-
tionalitat gegen die Slaven gehandelt hatte, wiihrend jetzt
das Slaventum iiber diese Krone zu gebieten unternalini.
Obwohl nun aber die Schlesier ihren Konig vom ersten
Augenblicke an eifrig unterstiitzten^ so war doch der Erfolg
kein glanzender. Der Feklzug des Jahres 1420 gegen
Prag, den Sigismund mit um so grofseren Aussichten unter-
nommen hatte, da die beiden Festen der Stadt, der Hradschin
und der Wyschehrad, sich noch in den Handen seiner An-
hanger befanden, war eigenthch schon als miiskingen anzu-
sehen, nachdem am 14. Juli ein Angritf auf den Witkower
Berg (seitdem Zizka-Berg) im Nordosten der Stadt an
dem Genie des grofsen Heerfiihrers Ziska, der die artiile-
ristischen Feuerwatfen auf die wirksamste Weise zum
Schrecken seiner Feinde anzuwenden verstand, gescheitert
war. Es half nun Sigismund wenig^ dafs er sich am 28. Juli
auf dem Hradschin kronen liefs, er konnte der emporten
Stadt nicht Meister werden, der Sieg hatte seinen Gegnern
neuen Mut gegeben, wiihrend seine deutschen Hilfsvolker
ungeduldig abzogen; und als er dann seine Hofiiiung auf
eine giitliche Verstandiguug setzte, auf die ihn ein Teil der
bohmischen Adeligen, die mit der Partei Zizkas nicht iiber-
einstimmten , vertrostet batten , zeigte es sich doch , Avie
driickend die Verpflichtungen waren, welche er ohne rechten
thatsachlichen Vorteil der Kurie gegeniiber eingegangen war;
die Verstandigungen scheiterten, und ein letzter Versuch, mit
Waffengewalt, den Wyschehrad zu entsetzen, endigte am
]. November 1420 mit einer neuen Niederlage. Der Feld-
zug Avar verloren , die Macht der Aufstandischen unbe-
zwungen.
Das folgende Jahr 1421 brachte dann Avohl eine festere
Organisation der Schlesier zu krieg-erischem Zwecke, in deren
Interesse dann audi der Kcinig 1422 zum erstenmale einen
Landeshauptmann flir ganz Schlesien in der Person des
klugen und thiltigen Breslauer Bischofs Konrad, Herzogs von
01s, ernannte, fiihrte aber thatsachlich zu nichts weiter als
verwustenden, durch unnlitze Grausamkeiten befleckten Ein-
240 Drittes Bucb. Viertcr Abscliuitt.
fallen in Bohmeu 1421 ohue weitere Konsequenzen und 1422
zu einem nicht besser endenden Feldzuge unter Kurfurst
Friedrich von Brandenbiu'g und Markgraf Wilhelm von
Meifsen, bei deren Heerhaufen auch die Schlesier standen.
Am Eifer der Schlesier lag es im Grunde nicht; die
Breslauer, Schweidnitzer und Keifser verstanden sich ihren
Privilegien entgegen zum Kriegsdienste aufserhalb der
Landesgrenzen, duldeten im Widerspruche mit ihren Tra-
ditionen den Oberbefelil in geistlicher Hand, ja einer der
schlesischen Flirsten, Johann von Ratibor, ging in seiner
Aufopferung sogar so weit, auf den Wunsch Sigismmids
bohmische Edelleute, welche auf dem Wege nacli Polen,
wo sie die Krone wiederum d«m Kcinige Wladyslaw resp.
dessen Vetter, dem Groisiursten von Litauen, anbieten soil-
ten, durch Ratibor kamen, dort gefangen nehmen zu lassen
und trotz aller polnischen Drohungen an Sigismund aus-
zuliefern. Es war eine verwegene Handlung; es hatte
scliAverlich jemand den Hei'zog wirksam geschiitzt, vvenn
die Polen Ernst gemacht hiitten, doch Konig Wladyslaw
mochte sich schon im Hinblick auf seinen strengglaubigen
Klerus nicht fiir die hussitischen Ketzer ernsthaft ins Feuer
begeben , und der Arm seines mehr bohnienfreundlichen
Vetters von Litauen war weit. Wladyslaw hat es wohl
aufi-ichtig gemifsbilligt, als sein Neffe Sieginuud Korybut
1422 nacli Bohmen zog als Vertreter des zum Konig postu-
lierten Grofsfiirsten Witold.
Aber obwohl der Prinz noch vor Ablauf des Jahres
1422 nicht ohne mannigfache Enttauschungen nach Krakau
zuriickkehrte ; so traf die Polen doch seitdem grofses jMifs-
trauen, und infolge davon liefs sich der im Planemachen
immer grofse Konig Sigismund von dem Hochmeister des
Deutschen Ordens 1423 zu einem gi'ofsen Bunde gegen
Polen bewegen, zu dem dann auch die Ungarn bereitwilhg
die Hand boten, und bei dem auch auf die schlesischen
Fiirsten Avieder bestimmt gerechnet wurde. Es war dabei
ernstlich auf eine Losreifsung verschiedener Landesteile von
Polen abgesehen, auch erschrak Konig Wladyslaw wirklich
auf die Kuude davon und suchte durch eine personhche
Zusammenkunft mit Sigismund den Stui*m zu beschworen,
was ihm auch gelang. Dafur sagte er thathchen Beistand
gegen die Bohmen zu. Allerdings ward nicht viel daraus;
des Konigs SchAviegersolm und Heifer Albrecht von Oster-
reich mochte von der polnischen Bundesgenossenschaft nichts
wissen, nachdem ein zweiter Zug des Prinzen Korybut nach
Bohmen (1424) wieder neues Mifstrauen erregt hatte, und
Beginn der Raubziige nach Schlesieu. 241
Sigismund, den jetzt sein Konflikt mit den Kui'fursten aller
Hilfe vom Reiclie her beraubte, war sehnell bei der Hand
mit dem Worte: „Wollte unser Bruder, der Konig von
Polen, so mochte die Ketzerei zu Bohmen nieht so grofs
sein/'
Es war nun erklarlich genug, dafs die Hussiten, die
jetzt fiinf Jahre lang ihr Land Bohmen vollkommen sieg-
reich gegen alle Augriffe verteidigt batten, allmahlich durch
das steigende Bewufstsein ihrer Macht auch auf den Ge-
danken gebracht wurden, die versuchten Einfalle ihrer Gegner
in ihr Land zii erwidern, schon um jetzt auch fremde
Lande zur Erniihrung der immer mehr anschwellenden
Kriegshaufen heranzuziehen, und so beginnt denn nun eine
zweite Epoche dieser Kriege, namlich die der Raubziige
nach Schlesien 1425 — 143 0. Im Jahre 1425 be-
kampften die Hussitenheere in Bohmen selbst mit grofsem
Erfolge die Schlosser verschiedener Edelleute, die zugleich
in einem gewissen Einverstandnisse mit Prinz Siegmund
Korybut die Moglichkeit einer glltlichen Verstandigung mit
Konig Sigismund nicht aufgeben wollten. An diesen Kampfen
hatte auch der Hauptmann des Glatzer Landes Puota von
Czastolowitz, wohl der ttichtigste Kriegsmann jener Zeit auf
der schlesischen Seite, thatigen Anteil, und vielleicht war es
eben die Entfernung der Glatzer Kriegsmannschaften, welche
dann die Bohmen zu einem Einfalle in diese Grafschaft
lockte. Im Dezember 1425 ward derselbe von dem Konig-
gratzer Aufgebote unter der Fiihrung des fanatischen Prie-
sters Ambrosius ausgefiihrt, wir lesen, dafs das kleine Stadt-
chen Wtinschelburg erobert, Wartha, bereits damals ein be-
liebter Wallfahrtsort und Propstei des Klosters Kamenz,
ausgepliindert und auch das Kloster selbst gebrandschatzt
worden ist.
Genaueres erfahren wii' hierbei nur liber das erstgenannte
Stiidtchen Wiinschelburg , dessen Schicksal bei dieser Ge-
legenheit uns von einem Zeitgenossen mit einer Ausfiihr-
lichkeit und Anschaulichkeit geschildert wird, wie wir sie
sonst sehr vermissen. Die kleine Stadt versuchte Wider-
stand j^ als die Hussiten am 1. Dezember 1425 vor ihren
Thoren erschienen, aber am Tage darauf brachen dieselben
eine Bresche in die Mauern, und die geangstigten Einwohner
fluchteten sicli allesamt in das geraumige steinerne Haus des
Vogtes, die Stadt selbst den Flammen preisgebend. Bald
auch da von den Feinden eingesclilossen , dachte man an
Kapitulation, und der Vogt Nikolaus Oblcr ward in einem
Tuche an Stricken herabgelasseu, um zu unterhandeln. Die
Grunhagen, Gescli. Sclilesicns. I. lo
242 Drittes Buch. Vierter Absclniitt.
Bedingimgen, -vvelclie er erlangen konnte, waren Frciheit
fur Weiber und Kinder, Gei'angenschaft durch Geld losbar
fvir die Manner mit Aussehlufs der ,,Pfaffen", denen die
Hussiten keinen Pardon geben wollten. Nun befand sich
unter den Geflilchteten auch der greise Pfarrer Herr Ni-
kolaus Megerlin; ihn hatte, als es noeli Zeit zu fluchten ge-
wesen wiire, seine Gemeine beschworen, sie als guter liirte
nicht zu verlassen und treues Ausharren bei ihni gelobt; er
wufste, dais er kein Erbarmen zu hoffen habe. Der Fllhrer
der Gegner war sein personlicher Feind, den er, der friiher
in Kuniggriitz amtiert hatte, als Ketzer verfolgt hatte. Jetzt
liefsen die Wiinsclielburger in der Todesangst ihn im Stiche,
vergebens von ihm zu todesmutigem Kanipte gemahnt. Aber
den Vorschlag der Frauen, ihn in Weibertracht vermummt
in ihrer Schar mit fortzubringen, wies er als seiner un-
wiirdig zuriick, wahrend seine beiden Kaplane diesen Ret-
tungsversuch Avagten, bei dem dann der eine erkannt und
niedergemacht wurde, wahrend der andere entkam.
Dem Pfarrer wollte der Hussitenfuhrer das Leben schen-
ken, wenn er seinen Glauben abschworen wolle, doch Hen
Megerlin spracli : ,, Das wolle Gott nicht, dafs icli widerrufen
wollte die Wahrheit unseres heutigen Christenglaubens uni
dieser kurzen Pein willen. Ich habe gelehrt und gepredigt
die Wahrheit zu Prag, zu Gorlitz, zu Koniggratz, fiir die-
selbe Wahrheit will ich lieber sterben." Darauf unigiirteten
die Ilussiten ihn rings mit Stroh und steckten dasselbe in
Brand, dafs er als lebendige Fackel umhertaumelte , bis er
tot zusamnienbrach. Dann warf man die Leiche in ein©
Braupfanne voll siedenden Wassers und liefs darin auch
einen alten Dorlpfarrer, den man hier mit gefangen hattej.
ein qualvolles Ende linden.
Wenn wir ein Gefuhl des Abscheus iiber solche barba-
rische Art von Kriegfuhrung kaum zuriickdriingen konnen,
so zwingt uns doch die historische Gerechtigkeit nicht zu
verschweigen, dafs gerade die Gegner der Hussiten, insonder-
heit die Schlesier, hier mit dem iibelsten Beispiele voran-
gegangen sind, dafs dieselben gleich bei ihrem ersten Ein-
falle in Bohmen 1421 die ersten Gefangenen, welche sie
gemacht, verbrannt haben, und dafs Sigismund noch im
Jahre 1424 ein Edikt erlassen hat, die Schlesier sollten
jeden, den sie trafen, und der in Wahrheit ein Ketzer sei^
„an Leib und Gut aufhalten, tilgen und grliudlich ver-
derben, wie dies Ketzern gebiihre", auch das Gut eine&
solchen ohne weiteres an sich nehmen.
Das Jahr 1426 ist nur durch einen kurzen Streifzug
Hussitischer Einfall von 1427. 243
der Czechen liber die schlesische Grenze bezeichnet, der
aber doch hinreichte, um die Stadt Landshut in Asche zu
legen. 1427 machen dann die Schlesier im Zusammenhange
mit den neuen im Reiche begonnenen Riistungen ganz be-
sondere Anstrengungen. Zu Strehlen vereinen im Februar
sich fast alle schlesischen Stande zu eineni umfassenden
Aufgebote, von dem niemand ausgeschlossen sein soil, >;der
irgend vor Jugend oder Alter kann"; und wo immer der
funfte Mann mitziehen soil, den dann die Zm-iickbleibenden
auszurtisten haben. Die koniglich gesinnten bohmischen
Herren in Bohmen scliliefsen sich dann in einem besonderen
Vertrage dieser Einigung an.
Doch ist dieser Anschlag in voUer Ausdehnung niemals
znr Ausfiihrung gekommen, und was davon an Riistungen
thatsachlich zustande kam, hat sich schlecht bewahrt, als
die Hussiten, allerdings angeblich in der ansehnlichen Starke
von 18 000 Mann, unter der Flihrung von Welek Kaudelnik
von Brzeznik im April 1427 gegen Zittau, eine der den
Schlesiern in jener Zeit eng verblindeten Oberlausitzer
Sechsstadte, heranriiekten. Zittau widerstand, aber Lauban
ward am IG. Mai mit stiirmender Hand genommen, wobei
dann eine grofse Anzahl Menschen erschlagen wurden. Da-
gegen hielt sich Lowenberg, obwohl die Hussiten 300 der
Stadt zuhilfe gesandte Soldner beim Uberschreiten des Bobers
abgeschnitten und dann grofstenteils aufgerieben hatten.
Vor Goldberg hatte das aus den Fiirstentlimern Liegnitz
und Schweidnitz-Jauer zusammengebrachte Heer die Feinde
erwarten wollen, aber ehe man noch handgemein wurde,
wandten die schlesischen Soldner sich zur Flucht. Viele
Gefangene und der gesamte Trofs geriet in die Hande der
Hussiten, welche die ganze Gegend auspllinderten und ihre
Beute dann auf bohmischen Boden in Sicherheit zu bringen
suchten, indem sie an Jauer und Bolkenhain vorbei den
Landeshuter Pafs aufsuchten, ohne dafs der grofse Zug mit
der fortgeschleppten massenhaften Beute von der gewafFneten
Macht der Schlesier in den Engpiissen des Gebirges aufge-
halten worden ware. In der That macht sich der blinde
Schrecken, der ja z. B. am 4. August 1427 bei Tachau
das Reichsheer beim ersten Nahen der gefiirchteten Feinde
die wildeste Flucht ergreifen lafst, auch hier allerorten
geltend.
Solcher Kleinmut aufseite der Landesverteidiger mufste
die Feinde locken, und schon im nachsten Jahre 1428 ward
ein grofser Raubzug unternommen, der jetzt Schlesien in seiner
gauzen Ausdehnung traf. Hussitenschwarme, die im Winter
16*
244 Drittes Buch. Vierter Abschuitt.
1427/28 in Ungarn eingcfallen waren imd sich dann in
Mahren mit den dort karapfcnden Bohmen vereinigt hattcn,
drangen aiif der gi'ofsen Strafse, die von ]\Iahrcn nach
Sclilesien flllirt, an Troppau vorbei in Schlesien ein. Nir-
gends wagte man es, ihnen in offenem Felde entgegen-
zutreten.
Wohl vermochte sich die Ilauptstadt dieser Gegend,
Troppau, hinter ihren ]\[auern zn halten, doch sonst lag das
ganze linkc Odeinifer in Oberscblesien Avehrlos den AngrifFen
der Feinde offen, nur dafs hier und da die Landest'iirsten
durch Geldzaldungen sich Schonung erkauften, Avie dies
z, B. die Troppauer Herzcige fiir Leobschiitz und Griitz er-
zielten. Katscher , Neukirch und die Leubuser Propstei
Kasimir wui'den verbrannt, und als Ober-Glogau, die Residenz
des jiingeren Oppehier Herzogs Bolko, Widerstand wagte,
ward es am 13. Miirz rait stiirraender Hand eingenommen
und an 1000 ]\ranner gefangen fortgeschleppt , woraut' dann
Bolko sich beeilte, seinen Frieden mit den Hussiten zu
macben. Wahrend darauf Streifcorps zur Hnken Hotzenplotz
und Neustadt pliinderten und zur rechten Klein - Strehhtz
und Krappitz, walzte sich das Hauptcorps von Ober-Glogau
liber Ziilz und Steinau, wo dann auch die bischofliche Burg
Greisau erobert ward, dem Bischofslande und dessen Haupt-
stadt Neifse zu.
Vor Neifse vereinigten die Hussiten alle ihre Kriegs- j
haufen, deren manche auf requirierten Wagen eilig herbei- '
kamen. Die Schlesier, welche in Neifse die Streitmacht
des Bischofs, 400 gewappnete Pferde der Breslauer, einige
Fahnlein der Liegnitzer unter dem Johanuiter Rupprecht
und Ludwig von Ohlau und Glatzer Mannschaften unter
dem Hauptraann Puota von CzastoloAvitz vereint batten,
wagten am 18. Marz den Kampf, schon um ibren Wagen- f
park vor der Stadt zu verteidigen ; doch des Biscbofs be-
watFnete Bauern ergriffen die Fluclit, der Wagenpark ward
weggenommen, die Vorstiidte gingen in Flarameu auf, viele
Gefangene blieben in der Feinde Handen; kaum dafs die
urasichtige Tapferkeit Puotas von Czastolowitz die Neustadt
zu retten vermochte.
Wahrend nun Bischof Konrad den Uj ester Halt ver-
pfanden mufste, um das Losegeld fiir seine Gefangenen zu
beschaffen, ward sein Land auf das furchtbarste heim-
gesucht, die Kirchcn und Herrenhcife alleroiien verbrannt,
Ziegenhals, Weidenau, Ottmachau (wo sich das auf dem
Berge gelegene Schlofs hielt), Patschkau eingeaschert und
von dem Mlinstez'berger Lande und Strehlen nur durch Geld-
Der grofse Raubzug vou 1428. 245
zahlimgen gleiches Verderben abgeAvendet. Die Hussiten
entsandten ein Streifcorps nach Falkenberg, das gleichfalls
in Triimmer gelegt ward, wahrend das Gros des Heeres ilber
Grottkau, das auch der Zersturung anbeimfiel, vor Brieg
riickte (2G. Miirz).
Der Herzog von Liegnitz-Brieg, Ludwig II., hatte nacb
der ungiilcklicben Affaire bei Neifse den Mut verloren, die
Stadt zu balten. Die Einwohner fllicbteteu sicb und ihre
beste Habe liber die Oder, deren Briicke sie abbrachen, und
iiberliefsen die verlassene Stadt den Feinden, die dann,
uacbdem der kleine Teilfurst von Oblau (gleichfalls ein
Ludwig) dnrch Geld die Pliinderung seines Gebietes abge-
wendet durcli das Sti'ehlen-Miinsterberger Gebiet gen Eeichen-
bach zogen, wo sie den grolsten Teil der zusammeuge-
schleppten Beute nacli Bohmen entsandten, aber zugleich
aucli selbst um Ostern (Anfang April) einen ansehnliclien
Zuzug aus Bohmen erhielten. Dieser Heerhaufen kam dnrch
die Grafschaft heran, wo er mehrere Burgen gewann, die
Schlosser Landfried (Hummelschlofs) und Hradisch bei Levin
(an das jetzt nur nocli der Name Eatschenberg erinnert),
angeblich auch den Karpenstein bei Landeck, das alte Be-
sitztum der Familie Glaubitz, deren Wappen, ein Fisch, mit
der Burg in Verbinduug gebracht wird. Glatz hatte sich
einer ernstlichen Belagerung tapfer erwehrt, die Einwohner
batten das Minoritenkloster vor der Stadt, das den Feinden
leicht hatte einen Stutzpunkt gewiihren konnen, noch recht-
zeitig geschleift, und Puota von CzastoloAvitz leitete umsieh-
tig die Verteidiguug, wahrend der Augustinerprior Heinrich
Vogtsdorf durch mutigen Zuspruch die Bewohner, die schon
kleinmlitig zu werden begannen, wieder aufrichtete und an-
feuerte. Ein besonders schweres Schicksal bereiteten die
Hussiten am 30. Marz dem Kloster Kamenz, das sie jetzt
grundhch auszupliindern und eiuzuascheru sich die Zeit
nahmen. Die Monche, welche zuriickgeblieben Avaren, fan-
den fast siimtlich den Tod ; am 2. April ward daim auch
Frankenstein in Asche gelegt. Dem Subprior der dortigen
Dominikaner, Nik. Carpentarii, der den Feinden ins Ge-
wissen zu reden gewagt hatte, liefs man auf einem aus den
Triimmern von Altiiren errichteten Scheiterhaufen den
Flammentod sterben.
I Das dann in dem von seinen Einwohnern gleichfalls
! verlassenen Reichenbach vereinigte Hussitenheer gewann dar-
auf das Schlols auf dem Zobten , das seine Verteidiger frei-
willig preisgegeben batten. Die Hussiten dagegen meinten
es als Stutzpunkt fernerer Operationen zu behaupten, ver-
246 Drittes Buch. Vierter Abschnitt.
starktcn seine Mauern uud lielsen hier eine starke Besatzung
zuriick, die sie wohl verproviantierten, insoferu sie die Dorfer
der Umgegend, die Augiistinerpropstei Gorkau, sowie die
Stadtchen Zobten und Cantli auspliinderten. Dana aber warfen
sie sich mit ihrer ganzen Maclit kiihn in die JMitte Schlesiens
zwischen Neumarkt und Parchwitz, um so eine Vereiuigung
der Streitkriifte, -welche die Schlesier einer- und die Ober-
lausitzer anderseits endlich gesamraelt batten, zu verhindem.
Sie erreicbten ibren Zweck voUkommen, selbst als die Hus-
siten weiter gegen das Gebirge in die Gegeud von Jauer
zui'Lickgingen, wagteu sicb die Scblesier nicbt Aveiter vor,
als niitig war, um Licgnitz zu decken, und die Oberlausitzer
scheucbte eine kleine Bewegung der Bobraen gegen Lowen-
berg weit liber den Bober ziu'iiek. Angstvoll sebrieben sie
damals: „Die Waude zwiscben uns und Scblesien brennen,
die Axt ist an den Stamm unseres Gedeibens gelegt." Am
24. April erlag dann Haynau, von seinem Ilerzog, dem Jo-
banniterritter Kuppreclit, mutlos im Sticbe gelassen. Den Ver-
sucb der Burger, sicb zu webren, racbten die Hussiten durch
ein furcbtbares Blutbad. Der macbtige massive Pfarrtm'm,
auf dem sicb 15 Biirger tapfer gegen alle Angritfe ver-
teidigt haben sollen, stebt nocb beute. Bunzlau ward auf
die Nacbricbt dann von seinen Bewobnern verlassen und
selbst in Brand gesteckt.
Dagegen fanden die Hussiten einen unerwarteten Wider-
stand vor dem kleinen Liiben, das ebenso wie Steinau an
der Oder sicb zu balten vermocbte. Die Oder aufwarts
erscbienen jetzt die Feinde zum erstenmale vor der Laudes-
hauptstadt Breslau. Die Stadt, in der zablreicbe Fllicbt-
linge aus ganz Scblesien Zuflucbt gefunden batten, durfte
auf die Festigkeit ibrer Mauern vertrauen, aber die dicbt
bevolkerte Umgebung ringsum war webrlos den fui'cbtbar-
sten Verwiistungen preisgegeben, und ohne Riicksicbt auf
friibere Vertrage ward jetzt aucb der Weg slldlicb nach
Bobmen bin, den die Hussiten zogen, auf das scbi'eckbcbste
beimgesucbt. Wie es scbeint, baben sie dann ]\liene ge-
macbt, von Frankenstein aus wieder durcb das Keifsescbe
und Oberscblesien ziu'iickzukebren imd, um das abzuwenden,
bequemte sicb die Mebrzabl der oberscblesiscben Herzoge
zu Vertragen, welcbe dann deren NeutraUtat, also ibr Feru-
bleiben von den weiteren Rllstungen des Landes, festsetzten.
Vertrage, die allerdings von anderen Hussitenfilbrern nicht
respektiert und so bald wieder binfaUig geworden sind.
Um Pfingsten erreicbten die bobmiscben Scbaren wieder
die beimiscben Grenzen niit sehr grofser Beute. Die
Der grofse Raubzug vou 1428. 247
Kinder, die sie mit forttrieben, zahlten nach vielen Tau-
senden.
Nacli ihx'em Abzuge brachen die Schlesier auf, um das
Zobtenschlofs , in dem die Hussiten eine Besatzung zurilck-
gelassen, wieder einzimehmeu , doch naclidem man an vler-
zehn Tage vor der Burg gelegen und von einem heran-
kommenden bolimischen Entsatzheer borte, war man froh,
das Schlofs durch eine Kapitulation zu gewinnen, welche
den Verteidigern sicheres Geleit bis an die Grenze zusicherte.
Die Befestigungen wnrden geschleift.
Einen besseren Erfolg vermochten nach den wenig ruhm-
voUen Ergebnissen dieses Jahres die Oberlausitzer nocli zu
erringen. Durch schlesischen Zuzug verstarkt (Herzog Hans
von Sagan und Eitter Schaffgotsch vom Greifenstein werden
uns genannt) iiberiielen sie einen Kriegshaufen der Hussiten
unweit Kratzau am 11. November 1428 und rieben den-
selben nahezu auf, so dafs wenigstens der Nimbus der Un-
besiegbarkeit, hinter dem sich die Mutlosigkeit so gerne
versteckte, zerstort ward.
Aber das Jahr 1428, das schlimmste in dem Kriege,
sollte nicht zu Ende gehen, ohne den Schlesiern noch einen
schweren Schlag zu bringen. Im Dezember hatte sich im
Schutze des Hummelschlosses ein bohmischer Kriegshaufe
zusammengefunden, welcher sich dann auf der Strafse nach
Glatz bis gegen Schwedeldorf vorscliob und dort etwa vier-
zehn Tage unthafig liegen blieb, sich auf die Aussaugung
des Landes beschrankend. Sie warteten, dafs Verbindungen,
welche sie unter der Dienerschaft der nach Glatz gelltich-
teten koniglich gesinnten bohmischen Edelleute hatten, ihnen
die Stadt in die Hande spielten. Aber dieselben wurden
entdekt und mit blutiger Strenge gestraft. Inzwischen
mahnte der Hauptmann von Schweidnitz , Albrecht von
Kolditz, der Schwiegervater des tapferen Puota von Czasto-
lowitz, dringend dazu, die Hussitenschar, deren Starke er
nicht hoch anschlug, mutig anzugreifen, und der Erfolg von
Kratzau, an dem Albrecht selbst nicht geringen Anteil hatte,
mochte zu kiihnerem Auftreten ermutigen. Wirklich sam-
melte sich unter Herzog Johann von MiVnsterberg ein kleines
Heer, der letztere hatte seine Lehensleute aufgeboten, der
Bischof Konrad desgleichen, die Breslauer und Schweidnitzer
hatten Scildner geschickt. Ein unverrauteter Uberfall sollte
den Bnhmen am 27. Dezember bereitet werden. Doch diese
waren gerlistet, und als die Schlesier bei schon anbrechen-
der Dunkelheit unweit Alt-Wilmsdorf an die Feinde heran-
kamen, empfing sie aus der wohlkonstruierten Wagenburg,
24S Drittes Buch. Vierter Abschnitt.
auf cler die Hussiten alle ihre Schiefswaffen vereinigt hatten,
ein so tiu'chtbares Feuer, dafs der AngrifF sich schnell ziu*
Avilden Flucht kelirte, worauf dann die Bohmeii eilig zur
Verlblgung iibergingen. Beim Flammenscheine der von
ilmen angeziindeten nachsten Dorfei- lasen sie, wie ein Chro-
nist erzalilt, von den beschneiten Feldern die Fliehenden auf
wie die Hiihnlein. Als Herzog Hans auf der Flucht ilber
einen Graben setzen Avollte, hinderte die Schwere der Rll-
stung sein Rofs, den jenseitigen Rand zu erklimmen, die
nachsetzenden Feinde ereilten und erschlugen ihn. Mit ihni
fc)"^
sank der letzte Sprofs des Geschlechtes, das einst der tapfere
Bolko I. von Schweidnitz-Jauer begrllndet hatte, ins Grab.
Hunderte von Streitern teilten sein Schicksal. Der erstc
Versuch der Schlesier, in offener Feldschlacht den Feinden
zu begegnen, hatte ein fiu'chtbares Ende genommen.
Die Scbaren der Sieger ergossen sich bakl durch deu
Warthapafs in die schlesischen Gefilde. Abermals ward
Brieg heimgesucht, vind wenn es den Breslauern gelang, der
hussitischen Vorhut in Ohlau eine Schlappe beizubringen.
so diente das nui- dazu, den Zorn der Feinde zu reizen.
Ohlau Avard, als das Gros des Heeres uachrilckte, den
Flammen ubergeben, und das ganze kleine Land des jilngeren
Ludwig, der hier als Herzog gebot, gi'lindHch „verderbt",
auch Strehlen, Milnsterberg, so wie das von den Monchen
verlassene Kloster Heinrichau in Asche gelegt, die Stifts-
giiter fiu'chtbar ausgeplilndert, selbst das zur Verteidigung
giinstig gelegene Niinptscher Sclilofs kapitulierte nacli kurzer
Belagerung, wohl aber vermochte Schweidnitz zu wider-
stehen. Erst in der zweiten Halfte des Februars 1429 ver-
liefsen die schlimmen Giiste wieder den schlesischen Boden,
und nur ein Zipfel von Niederschlesien Avard in diesem
Jahre dann von ihnen heimgesucht, wobei die Stadt Bunzlau,
Avelche jetzt GegenAvehr versucht hatte (den 18. Juni), dafiir
dadurch gestraft ward, dafs man die Biirger, die dem
Tode im Kampfe entgangen, als Gefangene nach Bohmen
schleppte, von wo dann die, Avelche den Entbehrungen der
Haft nicht erlagen, erst 1430 zuriickkehrten, nachdeni es
inzwischen doch gelungen Avar, noch 300 Mark als Losegeld
filr sie zusammenzubringen.
Mit dem lolgenden Jahre 1430 beginnt eine neue Epoche
dieser Kampfe , eine Aveitere hohere Stufe der Drang-
sale, Avelche die Schlesier damals trafen, bezeichnet durch
dauernde Festsetzungen der Hussiten an A^erschiedenen Stellen
des ungliicklichen Landes , Avelche so die Not und den.
Schrecken permanent machten imd zum Teil, Avie dies von
Festsetzungen tier Hussiteu iu Schlesieii. 249
den Eroberungen polnischer Parteiganger in Oberschlesien
gesagt Averclen mnls, zngleich die Gefahr Avirklicher Landes-
verluste in sicli schlossen.
Im Jahre 1430 war von Uugarn herkommend ein
grofseres hussitisches Heer in Oberschlesien eingefallen. Sein
Anfuhrer war ein Pole, Dobko Puchala, Avelcher schon
friiher in die Dienste der Bobmen getreten bier zu bobe-
rem Eange sicb autgescbAvungen batte. Unter seine Fab-
nen liibrte die Lust am Kriegsbandwerke und die Aus-
sicbt auf Beute zablreicben Zuzug aus Polen, vind auf dem
recbten Oderiifer stiefs audi nocb ein besonderes Corps zu
ibm, das der polniscbe Prinz Siegmund Korybut, nacbdem
seine ebrgeizigen Plane in Bobmen gescbeitert waren, in
Polen gOAvorben batte und nun beraniiibrte. Als dritter im
Bunde gesellte sicb dann bald zu ibnen der jiingere Herzog
Bolko (V.) von Oppeln, der einzige der scblesiscben Fursten,
der mit den Hussiten gemeinsame Sacbe gemacbt bat. Ibre
vereinigte Kriegsmacbt durcbzog dann verwllstend Ober-
scblesien, obne Widerstand zu linden. Aber bald treten
bestimmte Absicbten bier naber bervor. Pucbala bewog
den Oppelner Herzog, ibm den iiufsersten Zipfel des Brieger
Landes, das Kreuzbuiger Gebiet, das dieser erobert, zu
iiberlassen und ricbtete sicb bier zu dauernder Herrscbaft
ein, eroberte Konstadt, Pitscben und den Landstricb umber
und sucbte audi nacb der scblesiscben Seite bin seine Er-
oberungen auszudebnen, land aber vor Namslaus Mauern
tapferen Widerstand. Seine Kriegsscbaren erganzte er obne
Mllbe aus Polen ber, wo an kriegs- und beutelustigen Han-
den kein Mangel war.
Ibm zur Seite scliien aucb Prinz Korybut, wabrend er
dem Oppelner Herzog ilberliels, sicb seineii Anteil in dem
Neifser Biscbofslande zu erobern, auf der oberscblesiscben
Besitzung der Herzoge von 01s, Kosel, sicb eine Herrscbaft
griinden zu wollen. Er verfolgte offenbar Aveitergebeude
Plane, die wir mit einem modernen Worte vielleicbt als
panslavistiscb bezeiclmen dlirfen. Wenn seine inimer fest-
gebaltenen Ideen einer engen Verbrixderung zAviscben den
stammveiAvandteii Vulkern der Czecben und Polen zur
Wabrbeit AA^urden, mocbte ibm Avobl die Griindung eines
oberscblesiscben Lebensflirstentums nicbt allza scbAver wer-
den. Der Polenkonig AYladyslaw Avar alt und scbwacb, und
bei Konig Sigismund ist der Verdacbt, dais die Polen es
docli insgebeim mit den Czecben bielten , nie erloscben.
Recbt cliarakteristiscb ist dafilr eine Aulserung von ibm aus
dem Jabre 1429. Als danials bei einem Besucbe, den er
250 Drittes Buch. Vierter Abschnitt.
dem Grofsfilrsten von Litauen machte, von einer Hilfeleistung
der Polen gegen die Tiirken die Rede war, sagten die pol-
nischen Gesandten: ^Gnadiger lieber Herr, sieh an das
grofse Elend, die INIorde und das Blutvergielsen deines Lan-
des Schlesien, da woUen wir dir lielt'en, denn sic (die Hus-
siten) sind ilrger als Tiirken oder Heiden." Aber Sigismund
hatte das mit fast beleidigender Scharfe zurilckgewiesen :
„Was soil ein Slave gegen den anderen lielt'en? — Sclilesien
ist unser, und so wollten wir der Ketzer wolil miichtig sein,
wenn uns das gut diinken wird."
Der sehlimmste Verdacht schien jetzt zur Wahrheit wer-
den zu sollen, wo ein Vetter des Polenkonigs in einer er-
oberten oberschlesischen Stadt Hot" liielt, als ware er bereits
hier Herrscher, wo polnisehe Kriegsleute nach Hei'zenslust
raubten und pliinderten, t'lir ihre Beute auf polnischem Bo-
den sich bequemen Absatz suchten, auch wohl gelegentlich
einnial ein in Polen gelegenes Kloster brandschatzten.
Fur die Schlesier lag in dem alien eine sebr grolse Cxe-
fahr. Es war nocli bei weitem nicht das Sehlimmste, wenn
1480 nun auch der Teil Ubersehlesiens, der 1428 noch ver-
schont gebheben war, schwerer Verwiistung anheimiiel, und
viele Stadte, Avie Ujest, Tost, Peisla-etscham und das Cister-
cienserldoster Himmelwitz mit seiuen Stiltsglltern in Asche
gelegt wurden, es schien jetzt eine vollstandige Losreilsung
des wenig germanisierten Oberschlesiens zu drohen. Wenn
Polen und Czechen wirklich gemeinsame Sache machten,
war das kaum mehr abzuwenden. Von dem Landesherrn,
Konig Sigismund, durfte man wohl immer neue Projekte
aber keine Thaten erwarten. Noch 1429 im April hatte er
von einem Heere gesprochen, dais er diesen Sommer ver-
sammeln wolle, so grofs wie man noch keines gesehen, wo
Ungarn und das gesamte Deutsche Reich alle Ki-atte auf-
bieten und niemand als Kinder und Greise zurlickbleiben
sollten. Wie die Breslauer Gesandten berichteten, hatte er
sich verschworen, er Avolle nicht ablassen, bis er das bose
Volk niedergelegt habe oder sein Blut vergiefsen bis zum
Tode. Aber thatsachlich war auch dieser grofse Plan eine
taube Frucht geblieben, kein Mann des Riesenheeres ist
ausmarschiert, und die Hussiten sind nicht einen Augenblick
in ihren Plunderungen gestort worden.
Das einzige Hindernis, das dem geplanten Zusammen-
gehen von Polen und Czechen noch entgegenstand, war die
polnisehe Geistlichkeit , welche von einem Bunde mit den
hussitischen Ketzern uichts wissen wollte. Dieses Hindernis
hinwegzuraumen war Prinz Siegmund Korybut aufs eifrigste
Rettung Oberschlesieus 1431. 251
bemiilit, und sein Einflufs am polnischen Hofe war Avirklich
maclitig genug, um in der zweiten Halfte des Miirz 1431
ein Religiousgesprilch herbeizufiiliren , das einen Ausgleicli
zwischen der bohmischen und pohiisclien Geistlichkeit ins
Werk setzen wollte. Hervorragende Haupter der Hussiten,
wie der Priester Prokop und Magister Peter Payne suchten
den Prinzen in seiner Residenz Gleiwitz auf, um sich danu
von ihm nach Krakau geleiten zu lassen.
Aber gerade diese Zeit benutzten nmi die drei Olser Her-
zoge, die Briider des Bischofs, Konrad der Weiise, dessen
Land ja eben der Prinz occupiert hatte, Konrad der Canthner
und Konrad der Junge, Deutsciiordensritter, zu einem Ki-iegs-
zuge gegen Gleiwitz, das am 4. April durcli nachtliche
Uberrumpelung eingenommen ward. Der Umstand, dafs
dieser Erfolg mit dem vollstandigen Scheitern des Krakauer
Religion sgespraches zusammenfiel, machte denselben zu dem
entscheidendsten Kriegsereignisse , das diese Kampfe aufzu-
weisen haben. Der Prinz vermochte die doppelte Nieder-
lage nicht zu verwinden, seine politische Rolle ist damit
ausgespielt, und mit ihm tritt der gefahrlichste Feind der
Unabhiingigkeit des schlesischen Landes vom Schauplatze
ab. Wenn es nun gleich nicht gelang, auch Puchala aus
Ki"euzburg zu vertreiben, so erscheint doch Oberschlesien ge-
rettet.
Die Leiden des ilbrigen Sehlesiens freiKch gingen erst
jetzt recht an, da eben 1430 die Hussiten auch Nimptsch
nebst einigen anderen Burgen besetzt, sorgsam verprovian-
tiert und rait hinreichenden Besatzungen versehen hatten,
ja sogar am 19. November 1430 das auf steiler Anhohe
iiber der Neifse gelegene als besonders lest beriihmte Schlofs
Ottmachau, die Hauptbui^g des Kirchenlandes , die Zuflucht
aller Kirchenkleinoden der Umgegend, gewannen. Niklas
Zedlitz -son Alzenau, der hier kapituliert hatte, ward nach-
mals als Verrater verurteilt und zu Breslau liingerichtet.
Seitdem ist nun das Bestreben der Schlesier an erster
Stelle darauf gerichtet, diese Burgen wiederzuerobern , und
namentlich um Ximptsch, das so ini Herzen des Landes
imd in bedrohlicher Kahe der Hauptstiidte des Landes,
Breslau, Schweidnitz, Neifse lag, hat man wiederholt An-
strengungen gemacht, doch immer mit schlechtem Erfolge.
1432 ward sogar eine Belagerungstruppe , der sich diesmal
auch verschiedene Breslauer Patrizier angeschlossen hatten,
durch ein mit iiberraschender Schnelle herbeigeeiltes hus-
sitisches Entsatzheer nach zweitagigem Kampfe in Strelilen
zur Kapitulation genotigt, und die Losegelder, welche die
252 Drittcs Buch. Vierter Abschuitt.
hier geiuachten Gelaugeneu zu zablen batten, Avaren nielit
niedrig bemessen. Das Entsatzbeer aber benutzte die Ge-
legeubeit zu eiiiem neuen Raubzuge in Scblesien, der nun
die Sebreeken der Vei'wiistuug auch auf das bisber nocb
verscbont gebliebene recbte Oderufer in Nieder- und ^littel-
scblesien trug, avo dann die Kloster Leubus und Trebnitz
soAvie die Stadte Winzig, Prausnitz, Mibtscb, Bernstadt in
Ascbe gelegt AA^urden. ( )ls Avar von seinen P^inAvobnern
Aerlassen und dann in Brand gesteckt Avorden, aus Furcbt,
die Hussiten konnten sicb aucb bier Avie in Kreuzburg t'est-
setzen Avollen. Aucb bei dieser Gelegenbeit Avieder zeigten
sich die scblesiscben Streitkriifte unvermcigend, den Einlallen
der Bobmen zu AA^ehren.
Der Zustand des Landes Avard nun A'on Tage zu Tage
trostloser , und es Avar niebt zu verwundern , Avenn an
A^ielen Orten die VerzAveifluug Leute, die das Ibrige ver-
loren batten, unter die Fabnen der Bobmen trieb, oder Avenn
bei der Anarcbie, die ja docb jetzt einrils, die iramer nur
miibsam zuruckgebaltene Beute- und Febdekist viele Adelige
boAvog, in ganzem oder halbem EinA^erstUndnisse mit den
Hussiten und jedenfalls auf deren Konto sicb auch an frem-
dem Gute zu bereicbern. In keinem Falle fragten die Hus-
siten viel danacb, ob und iuAAdeAveit die neuen Buudes-
genossen ibre rebgiosen Ansicbten teilten._ Die streugen
Edikte Konig Sigismunds gegen solcbe Ubertritte AA'aren
natiii'licb ganz macbtlos, und obAvobl die Breslauer und
ScbAveidnitzer Soklnerscbaren eifrig bemiibt Avaren, Avenn
gerade eiumal hussitiscbe Heere sich in der Niihe nicbt sehen
liefsen, diesen Eaubrittern unter czecliiscber Fkigge zuleibe
zu gehen, so konnten sie doch vollkomraene Abbilfe nicbt
schafFen.
Rettung schien bier niu" ein Friedensscbluls bringen zu
konnen, und die Scblesier zeigten sicb schon im Sommer
1432 bereit, einen solchen selbst diu'ch Opfer zu ei'kaufen
und scblossen Avirkbcb Mitte Juli mit einigen Hussiten-
biluptbngen einen Vertrag, der ihnen dann allerdings zAvar
den Abzug von deren Scbaren, docb nicbt das, Avorauf es
ihnen am meisten ankam, einbrachte, nambch die Riickgabe
der besetzten Burgen, avozu jene nicbt kompetent zu sein
behaupteten. Weitere Verhandlungen darilber blieben resul-
tatlos, A^ermutbch deshalb, Aveil die Bobmen, die eben einen
Zug gegen das Deutscbordensland im Bunde mit Poleu
planten, sich mit Rilcksicbt dai-auf ibrer Stiitzpunkte in
iScblesien nicbt entaufsem mocbten.
In der That kani es in jenem Jahre 1432 zu dem Blind-
Die Hussitenkiimpfe 1432 imd 1433. 253
nisse cler Hussiten mit Polen. Hatten friiher die Schlesier
dies als liiichste Gefahr gefllrchtet, so scheiut es damals
aiclit mehr einen so erschreckenden Eiudruck gemacht zu
haben, man -wufste recht wohl, dafs hier alles darauf hinans-
lief, die Kriegsscharen der Hiissiten, die zu erhalten mit
jedem Jahre schwerer wiirde, gegen den Erbfeind der Polen,
den Deutschen Orden zu verwenden, olme dafs damit eine
innerliche Anniiherung der Polen an die Hussiten und deren
Ziele irgendwie verbunden gewesen ware.
Avich die Schlesier sahen es eher als etwas Giinstiges
an, dafs jetzt ein grofseres Heer ihrer Bedranger sich fern
an den baltischen Kilsten umhertreiben solle, wiihrend gleich-
zeitig ein anderes den Sclirecken ihrer WafFen ilber die
Karpathen in die ungarische Zips trug.
Sie eilten, die Gunst der Situation zu benutzen, und wirk-
lich weist nun das Jahr 1433 eine solche Reihe von Waffen-
erfolgen der Schlesier auf, wie kein frliheres. In Ober-
schlesien schlug der junge Herzog Xikolaus von Ratibor im
Mai den Hussiteufiihrer Kutlibozy aufs Haupt, belagerte
dann Rybnik, besiegte den zum Entsatze herbeieilenden,
den Bohmen, wie wir wissen, verbiindeten Oppelner Herzog,
worauf Rybuik und Beuthen in seine Hand iielen. Ebenso
schlug um dieselbe Zeit ein Kriegsoberster der schlesischen
Herzoge, Heinrich von Landsberg, den polnischen Partei-
ganger Puchala und obwohl die dann begonnene und durch
sieben Wochen fortgesetzte Belagerung des Schlosses Kreuz-
burg, in dem sich Puchala festgesetzt hatte, entschlossener
Abwehr begegnete, so liefs sich doch Puchala bereit finden,
Kreuzburg und Pitschen gegen Zahlung einer Geldsumme
von 1750 Scliock Groschen zu iibergeben und nur das
kleine Konstadt sich. noch vorzubehalten. So Avar wenig-
stens Oberschlesien im wesentlichen den Feinden wieder ent-
wunden.
Und audi in Niederschlesien gelang den Schlesiern im
Friihling 1433 ein Handstreich. Die Breslauer besandten in
diesem Jahre die Schweidnitzer, um mit diesen vereint den
Befehlshaber in Nimptsch auf der Riickkehr von einem
grofseren Streifzuge zu ilberfallen. Der Sti-eich gelang ganz
nach "Wunsch. Bei Gohlau unweit des Zobtens wurden die
Hussiten ilberfallen und ihr grofster Teil samt dem Anfuhrer
gefangen genommen. Man zahlte in der Beute 120 gesattelte
Pferde, 200 Feuergewehi-e , geraubtes Vieh im Werte von
300 Schock und noch eine betrachtUche Summe baren Gel-
des, womit die Bewohner der heimgesuchten Orte sich von
der Pliinderung losgekauft hatten. Wenn wir erwagen, dafs
254 Drittes Bucli. Vierter Abschuitt.
die starken Besatzungen von Niiiiptscli und Ottmacbau von
derartigen Raubzugen jahrelang gelebt baben, mogen wir
ermessen, welchen Scbaden diese Pfiihle im Fleische dei-
Scblesier dem Lande verursacht haben und nur staunen,
dais nach den grofsen allgemeinen Raubzugen, welche nach
xmd nach ziemlich alle Gegenden Schlesiens getrofFen batten,
sicb_ innner nocb etwas zu pliindcrn vorfand.
Ubrigens vermocbten die Scblesier auch jetzt, trotzdem
sie den Befeblsbaber von Kimptsch und einen guten Teil
der Besatzung gefangen genommeu batten, des Scblosses
sicb nicht zu bemeistern, ebenso wenig Avie im Jahre daraut^
wo sie wiederum den Konniiandanten von Xiniptscb, den
bekannten Hussitenfilbrer Priester Bedrzicb, mit vieleu der
Seiuigen in ibre Hand bekamen, nacbdem dieselben ein
scblesiscber Edelmann Hayn von Tscbirn, der friiberen
Verrat durcb neueu Eifer wieder gut zu niachen strebte,
auf eine Burg Falkenstein bei Scbonau gelockt batte.
Wirkbcbe Befreiung scbien bier erst von einem allge-
meinen Frieden zu boffen. Und zu einem solcben eroffiieten
sicb Aussicbten, seitdem 1433 das Konzil zu Basel auch
von den Hussiten bescbickt liber eine Verstandigung unter-
bandelte und in Bobmen selbst, wo man der ewigen Kriege
berzlicb milde war, eine gemafsigtere Adelspartei ans Ru-
der gekommen war, die im Dezember 1433 in der Person
des Alexius von Riesenburg einen zugleicb zu Unterband-
lungen mit Sigismund bevollmacbtigten Verweser des KCinig-
reiches bestellt batte und die der neuen Ordnung wider-
sti'ebenden radikaleren Hussitenparteien am 30. Mai 1434 in
der Scblacbt bei Bobmiscb - Brod (oder Lipan) unterlegen
waren.
Der neue Gubernator scbien nun die nocb in Scblesien
bebaupteten Scblosser Nimj^tscb, Ottmacbau und Wiirben
wesentlicb nur als Unterplander fiir Forderungen einiger
Hussitenbauptlinge anzuseben und Hefs sicb jetzt als Scbieds-
ricbter zwiscben den letzteren imd einer Anzabl scblesiscber
Filrsten und Stadte wliblen, entscbied aucb scbbelslicb im
Dezember 1434 definitiv ilber die Hobe der Summen, welcbe
die Scblesier fur die Losung der Scblosser zu zablen haben
sollten. Sowie die erste Rate dieser Summe gezahlt war,
nocb vor Ablauf des Jabres 1434 rilckten die Breslauer
eibgst vor Nimptsch, um die Mauern und Tiirme des Scblosses,
das ihnen so vielen Scbaden gebracbt batte, aufs grixndlicbste
niederzulegen. Das Gleicbe auch bei Ottmacbau zu thun,
binderte sie, obwohl sie datilr eine Zusage des Biscbofs
Konrad hatten, der entscbiedene Widersprucb des Dom-
Ausgang der Hussitenkriege. Deren Wirkungen. 255
kapitels, das dann aucli Konig Sigismund auf seine Seite zu
Ziehen wiilste.
Mit dem Ende des Jahres 1434 horten die Kiimpfe auf,
die filnfzehn Jahre lang Schlesien von einem Eude zum
audern heimgesucht und das vorher bllihende Laud zur
Einode gemacht hatten.
Den Umfang der Verwllstungen kounen wir uns kaum
grofs genug vorstellen. Das Stilt Leubus hat uns eine Auf-
zeichnung hinterlassen iiber den Schaden, den nur der eine
Raubzug von 1428 angerichtet hat. Von 30 Stiftsgiitern
auf dem linken Oderufer haben nur 5 ihre Scheuern und
Wirtschaftsgebaude erhalten, 10 dieser Dcirfer werden als
vollstandig, 8 als teilweise verbrannt bezeichnet, bei 7 hat
man sich begniigt, die Vorrate und das Vieh fortzuschleppen,
bei 6 sind auch die Kii'chen mit verbrannt. Den Schaden
veranschlagte man auf 5390 Mark^ nach heutigem Gelde
mindestens das zwolffache, ohne dabei die Differenz des
Geldwertes zwischen damals und heute anzuschlagen. Wenn
das die Wirkung eines Kriegsjahres, eines Raubzuges war,
wie mochte es da dort aussehen, wo die Schwarme der
Feinde wiederholt drei- bis viermal durchgezogen waren,
wie in Aveitem Umkreise um die Burgen Nimptsch und Ott-
machau, wo starke Besatzungen vier Jahre lang ausschliefs-
lich vom j\[ark der Einwohner gezehrt hatten? Im Herzen
des Landes, im Bezirke von Neumarkt, liegt noch 1443,
also neuu Jahre nach dem Frieden, der funfte Teil alles
landlichen Grundbesitzes wllst und unbestellt; die Besitzer
hatten sich verloren , waren in dem Kriege gestorben.
Das „goldene" Bistum Breslau ist jetzt mehr zum Wiist-
tume gewordeu. Die Gliter verwustet und verodet, die Ein-
kiinfte verpfandet, und wo sie dies nicht waren, grofstenteils
auslallend wegen der Unverraogenheit der Einwohnerschaft.
Als es sich um einen Nachfolger flir Bischof Konrad han-
delt, suchen die Herren vom Domkapitel hier und da nach
einem vermoglichen Manne, der aus eigenen Mitteln dem
heruntergekommenen Stifte wieder aufhelf'en konue.
Der Landadel war uberall verarmt, und an vielen Orten
mochte die Not viel dazu beitragen, wenn jetzt das Un-
wesen der Buschklepperei wieder machtig ins Ivi-aut schols.
Als Mittel dagegen schliefsen, wie es heifst, auf Konig Sigis-
munds Anregung unter dem 21. September 1435 fast siimt-
liche schlesische Flirsten einen Bund zur Erhaltung und
Schiitzung des Landfriedens und erwiihlen in der Person
des Bischofs Konrad einen Bundeshauptmann, dem sie aus-
gedehnte Machtbefugnisse zuteilen.
256 Drittes Buch. Vicrter Abschnitt.
Allerdings wareu ja audi die Fiirsten in jenen Zeiten
der Not arg heruntergekommen, ilire nie glanzend gewesenen
Geldverhiiltnisse hatteu sich durch den Scliaden, den sie er-
littcn, den Ausfall ihrer Einnahmen, die Unkosten des er-
haltenen Kriegsvolkes noch sehr verschlechtert , ihre Scliul-
denlast war furchtbar gestiegen.
Und nun die Stiidte. Von den kleineren waren nicbt
viele totaler Auspliinderung entgangen, von etwa vierzig
haben wir bestimmte Nachrichten, dafs sie in Asche gelegt
warden. Handel und Gewerbe lagen naturlich voUstandig
darnieder. Die Zahl derer, welche binter ihren ]\Iauern wirk-
samen und dauernden Schutz zu finden vermocht batten, war
nicbt allzu grofs, aiicb diese mufsten ja fiircbtbarcn Scbaden
erbtten haben, dennocb waren sie es, die grofseren Stiidte,
welcbe aus diesen Zeiten der Not noch mit erbohterem An-
seben bervorgingen. Stadte wie Breslau und Schweidnitz
batten doch in diesen Kiimpfen von dem, was iiberhaupt
mit den Waffen gescbeben war, das meiste gethan ; sie batten
sich im Laufe der Zeit darauf eingericbtet , Soldner zu
halten und mit diesen etwas auszuricbten ; sie waren un-
gleicb webrbat'ter geworden, als sie es in den guten Zeiten
des 14. Jabrbunderts gewesen waren, sie hiltten nun nicbt
mehr sich so mifshaudehi lassen, wie es ibnen in Kihiig
Wenzels Tagen widerl'abren war; sie haben im Laufe des
15. Jabrbunderts ihre Waffen manchem Raubritter fiihlbar
gemacht, und wir werden noch vieltacb davon zu erzilblen
haben, wie stolz Breslau in jenen Zeiten sein Haupt erbob.
Inbezug auf das geistige Leben des Volkes macbte sich
zunacbst nur eine gewisse Reaktion zugunsten der Kirche
geltend. Davon, dafs der bussitiscben Lehre in dem, was
sie ja wirklich Reformatorisches in sich ti*ug, ein Einflufs
moglicb gewesen wiire, konnte keine Rede sein. Aus den
Hiinden der feindlichen Dranger hiitte niemand in Scblesien
rebgicise Wahrbeiten empfangen mogen. Die Art der Geber
batte bier auch die beste Gabe diskreditiert. Aber schon
die Exzesse der Taboriten gegen Kirchen und sonstige bei-
lige Statten waren binreicbend, um ibr Treiben und Tracbten
den Scblesiern vei-bafst zu macben, der Abscheu vor „den
verdaramten Ketzern " war aufrichtig imd allgemein. Ubrigens
haben auch die Hussiten sich nirgends in Scblesien die
Miibe genommen, fur ihre Lehre Propaganda zu macben,
dieses Bekenntnis schien immer eng mit czecbischer Natio-
nalitat verschwistert , es unter den Deutscbeu zu verbreiten,
versuchte man nicbt.
Wenn wir nur aufserdem erwiigen, dafs in Tagen der
Folgen der Hussitenkriege. 257
l!Tot und Drangsal ohnehin die Menschen religioser Tro-
stungen bediirftiger scheineu, dafs in solchen Zeiten die
Mabnungen der Priester, die Heimsucbungen als Strafe der
Siinden und des Unglaubens anzuseben, leicbter Eingang
finden, so wird es uns nicbt befremden konnen, was wir
von Schlesien wenigstens mit Bestimratheit bebaupten konnen,
dafs die bussitiscbe Bewegung, weit entfernt Regungen eines
freieren Geistes zu bringen nur die kirchliche Reaktion ge-
bracbt hat. Und wie im ganzen die Scbrecken der Hus-
sitenkriege dazu geflihrt haben, der durch eigene Siinden,
durch Schisma und Entscbeide der KonzQien arg gescbwacbten
Hierarcbie erbobte Bedeutung in den Augen der Menge zu
verleiben, so bat dieselbe Ursacbe in Scblesien die Gemiiter
bis zu wirklicbem Fanatismus zuriickgescbeucbt in die Arme
der Kircbe.
Allerdings warden ja die Schlesier sicb nicbt mit solcher
Entscbiedenbeit von dem ganzen Treiben der Hussiten ab-
gewendet baben, ware nicbt zu dem reHgiosen Gegensatze
aucb der nationale gekommen. Auf diesem letzteren, dem
nationalen Gebiete, liegt denn nun die scbwerwiegendste be-
deutungsvoUste Folge der scblesiscben Hussitenkampfe.
In Bobmen batte, wie wir wissen, der tjberdrufs des
Volkes an dem wilden Kriegstreiben , die Sebnsucbt nacb
Frieden und geordneten Zustanden 1434 eine gemafsigtere
Adelspartei ans Ruder kommen lassen, die jetzt nun aucb
mit Sigismund in Unterbandlungen trat und sicb wu-klicb
1436 zu dessen^ Anerkennung als Konig bereit finden Hefs,
nacbdem eine tjbereinkunft mit dem Baseler Konzile 1435
die kircbbcbe Seite der Frage gelost hatte.
Die Zugestandnisse, welcbe bier durcb die sogen. Baseler
Korapaktaten auf kiixbbcbem Gebiete den Bobmen gemacbt
worden, entbielten im Grunde nur die nocb dazu vielfacb
verklausuberte Bewilligung des Laienkelcbes, ein Resultat
in scblecbtem Verbaltnis stebend zu den Stromen von Blut,
die fur diese Sacbe geflossen waren; docb die eigentbcben
Verfecbter der bussitischen Lebre waren auf dem Blacbfelde
von Bobmiscb-Brod unterlegen, und weder die siegreicbe
Adelspartei, der die demola-atiscbe Priesterberrscbaft der
Taboriten langst verbafst geworden war, nocb die grofse
Menge des Volkes, das die gewobnten Formen der alten
Kircbe im Grunde eifrig zuriicksebnte , griimte sicb besou-
ders urn die Geringfiigigkeit jener Konzessionen. Desto
mebr nabmen beide an der Sacbe der czecbiscben Natio-
naUtat Anteil, das niedere Volk, das sicb fi-eute, seine Spracbe,
die Spracbe des gemeinen Mannes so zu Ebren kommen zu
Grunhagen, Gesch. Sclilesiens, I. •'■•
258 Drittes Buch. Vierter Abscluiitt.
sehen, unci cler czecliische Landadel, dem nuu eiu Anteil an
der Herrschalt winkte, uhne dais ein deutsclier Hofadel und
ein selbstbewulstes, wohlhabendes und angesehenes deutsches
Biirgertum ihm hier dariu entgegentrat. Erben der im-
posanten j\[achtstellung, welche die fanatische Tapferkeit der
Hussiten errungen, verfugteu diese czechischen Edelleute
jetzt ilber die ELrone Karls IV. und waren in der Lage,
den Preis zu bestimmen, den sie Konig Sigismund dafur
zalilen liefsen.
Die Verhandlungen , welche der bohmische Landtag im
Soramer 1436 mit Konig Sigismund pflog, tilhrten dazu,
dafs Konig Sigismund unter dera 20. Juli sein Siegel an
einen ihm vorgelegten Majestiitsbrief hiingte, der thatsaoh-
lich aus Bohmen einen czechischen Staat machte, in welchem
fortan kein Deutscher ein Amt bekleiden durfte, in welchem
alle Kirchen ausschlielslich den Czechen gehoren sollten,
wo die Wiedereinliihrung der vertriebenen Geistlichen und
Klosterleute nur nach eingeholter Erlaubnis des (hussitischen)
Erzbischofs und der in Frage kommenden Dominialherren
oder munizipalen Obrigkeiten zuliissig sein sollte, und wo
der Konig sich verpflichtete , seine Regiei'ung in tlberein-
stimmung mit den Ansichten einer aus dem czechischen
Adel gewiihlten Landesversammlung zu fiihren.
Flir die Schlesier war das ein Ereignis von der aller-
ernstesten Bedeutung. Allerdings war es in dem Majcstiits-
brief ausgesprochen, dafs die Verpflichtung, nur Czechen an-
zustellen, fur die Nebenlander Bohmens nicht gelten soUte,
sondern es hier so gehalten werden solle wie unter Kaiser
Karl und den frilheren bohmischen Konigen; doch im ilbri-
gen eroffaete die Aussicht, fortan an einen slavischen Staat
gekniipft zu sein, den Schlesiern sehr wenig lockende Per-
spektiven. Sie mufsten doch sich daran erinnern, dafs ihre
Vorfahren einst bei der Krone Bohmen Schutz fur ihre
deutsche Nationalitat gesucht hatten, gegeniiber dem damals
neu erstarkten Polenreiche, und so gewifs es war, dafs die
schlesischen Fiirsten nimmermehr dem Bohmenkonig gelmldigt
haben Aviirden, wenn dieser damals schon seine Krone aus den
Handen einer slavischen Adelsversammlung und unter der
Verpflichtung, an erster Stelle flir die Starkung der czechi-
schen Nationalitat thiitig zu sein, empfangen hatte und unter
dem Gesange des Swaty Waclawe sich hiitte kronen lassen,
ebenso gewifs war es, dafs die Schlesier nur mit Sorgen
an die mogHchen Folgen der Veriinderungen denken konn-
ten, welche mit dem ilmen so eng verbundenen Nachbar-
lande vorgegangen waren.
Nationaler Gegensatz zwischeu Schlesien unci Bohmen. 259
Dafs Sigismund selbst im tiefsten Herzen dem ganzen
czechischen Wesen abgeneigt war, gab ihnen nur einen
mafsigen Trost, kannten sie doch die grofse Schwache dieses
Fiirsten; etwas mehr mochte es wohl bedeuten, dais die
Iglauer Vereinbarungen den Schwiegersohn Sigismunds
schliefslich doch ira Besitze Mahrens liefsen, als eines Unter-
pi'andes der Nacbfolge, falls der Konig stiirbe, der selbst
ja mannlicher Erben entbehrte.
In jedem Falle aber war von jetzt an fur die Schlesier,
die sich von dem czechisierten und standiscli organisierten
Bohmeu als innerlich geschieden anseben mufsten, die sorg-
samste Wahrung ihrer Selbstandigkeit geboten, wenn sie
nicht einfach die Messenier dieser neuerstandenen czechi-
schen Spartaner werden wollten; eine mifstranische Wach-
samkeit ward die Losung der Schlesier Bohmen gegen-
iiber, und dieser dem Verhaltnis der beiden verbundenen
Nachbarlander nunmehr aufgepragte Charakter hat dann
jahrhundertelang seine Wirkung gelibt, in den Zeiten
Georg Podiebrads, in denen des schmalkaldischen Kampfes,
wie in den Tagen des bohmischen Aufstandes, mit dem
der 30jahrige Krieg sich eroffnete, und schhefslich hat dieser
Gegensatz der Nachbarlander das Seine mitgewirkt zu dem
Resultate, dafs Schlesien zu wenig mit dem habsburgischen
Staate verwachsen war, als dafs eine Abtrennung, wie solche
1740 erfolgte, inn^rhche Schwierigkeiten gehabt hatte.
Wollten nun aber die Schlesier ihre provinzielle Selb-
standigkeit wahi'en, so mufsten sie sich auch zu einer pro-
vinziellen Gemeinsamkeit zusammenschliefsen ; nur ein in
sich einiges Schlesien konnte um die Unabhangigkeit von
dem miichtigeren Nachbarlande ringen; es war dies erne
Voraussetzung, die in dem zerstiickten Lande, wo unmittel-
barer Ea-onbesitz und ein Dutzend Lehensfiii'sten , Stadte,
Adel, Bischof, Geistlichkeit ihre auseinandergehenden In-
teressen hatten, aufserst schwer zu erfiillen war. Doch
die Forderung war zu einleuchtend , die Umstande waren
zu zwingend, als dafs sich nicht die Notwendigkeit eines
gewissen Zusammenschhefsens bei den Schlesier alien wider-
strebenden Interessen zum Trotz immer wieder hatte geltend
machen soUen. Wohl haben sie nicht immer auf der Bahn
einer eintrachtigen Politik sich festhalten lassen und haben
oft genug die Folgen der Uneinigkeit zu blifsen gehabt, aber
sie sind doch immer wieder durch den Zwang der Verhiilt-
nisse auf den richtigen Weg zuriickgefuhrt worden. Und so
haben wir denn auch auf dieser Seite eine bedeutungsvolle
und dauernde Nachwirkung der eben geschilderten Kampfe
17*
260 Drittes Buch. Vierter Abschuitt.
zu verzeiclinen. Die Hussitenkriege uud cler aus ihnen her-
vorgehende Gegensatz zwischen den czechischea Bohmea
uud deu deutscben Schlesiern haben den Begriff eines die ober-
schlesiscbeu so gut wie die niederscblesischen Fiirsten und
Stiidte in sich begreifenden Scblesierlandes thatsiicblicb erst
geschaffen, und so wie gleich beim Beginn dieser Kriege
1422 in Biscbof Konrad uns zum erstenraale eia fur ganz
Schlcsien gewiihlter Landeshauptmann entgegentritt, so zeigte
dann der bereits erwahnte, alle schlesischen Fiirsten ura-
fassende grofse Landfriedensbund von 1435, dafs auch nach
dem wiederhergestellten Frieden ein gewisses Gefiihl der
Notwendigkeit des Zusammenscbliefsens sich erbalten hatte.
Daraus, dafs auch bei diesem Bunde wiederum Bischof
Konrad als Hauptmann erwilhlt wii'd, erkennen wii', dafs der-
selbe trotz der schlechten Erfolge, welche cr als Landeshaupt-
mann im Elriege mit den Hussiten erzielt, das Vertrauen der
schlesischen Fiirsten nicht eingebiifst hat. Gerade von ihin
aber wird man sagen konnen, dafs er sich der nationalen
Bedeutung des Widerstandes gegen die Bohmen, als dessen
eigenthche Seele wir ihn ansehen dllrfen, voUkommen bewufst
gewesen ist. Am deutHchsten zeigt sich dies darin, dafs er
mitten im Kriege mit „deu buhmischen Ketzern" und trotz
der ungiinstigen Weudung, die derselbe genommen, doch die
Bundesgenossenschaft des rechtgliiubigen polnischen Klerus
von der Hand weist und sogar auch nach dieser Seite liin
ganz entschieden Front macht, in diesem Punkte augen-
scheinHch gleicher Ansicht mit Kaiser Sigismunds Ausspruch:
„Was soil ein Slave gegen den andern helfen?"
Aus diesem Grunde ti'ug er, obwohl rechthch die Unter-
ordnung des Breslauer Bischofsstuliles unter das Erzstift
Gnesen noch fortbestand, doch kein Bedenken, eine Visi-
tation, welche Erzbischof Albert von Gnesen 1427 bei ihm
vornehmen wollte, hoflich und unter anderweitigen Vor-
wanden aber bestimmt abzulehnen; und aufserdem erhefs er
unmittelbar nach dem Frieden 1435 mit Zustimmung seines
Domkapitels ein nachmals auch von der Baseler Synode be-
statigtes Statut, dem zufolge fortan schon im Hinbhck darauf,
dafs ohnehiu die Gilter und Einkiinfte der Breslauer Kirche
arg herunter gekommen seien, niemand, der nicht in Schle-
sien geboren sei, wofern er nicht als akademisch graduiert
sich besonderer Auszeichnung wiirdig gemacht habe, eine
Pfriinde in der Breslauer Diocese erlangen soUe. Die Polen
sahen dies Statut als vorzugsweise auf sich gemiinzt an und
erklarten dasselbe fiir um so ungerechter, da sie die Do-
tierung der Breslauer Kii'che vorzugsweise polnischen Her-
Die nationale Gesinnung des Bischofs Konrad. 261
zogen und Kirchenfursten zuschrieben. Ihre Chronisten
haben sich dafilr an Bischof Konrad dadurch geracht, dafs
sie dessen Bild in den schwarzesten Farben der Nachwelt
iiberliefert haben.
Im Sinne des Kaisers Sigismund war das Statut sicber-
lich. Derselbe bat die mifstrauiscbe Feindseligkeit gegen
Polen kaum jemals verleugnet. Ihni aber war es nicbt be-
sebieden, sicb des wiederhergestellten Friedens, der ihn erst
in den Besitz seiner Lande batte kommen lassen, lange zu
erfreuen. Am 9. Dezember 1437 ereilt ihn der Tod, und
trotz all des Unheils, das seine inkonsequente und kraftlose
Politik iiber Scblesien gebraebt, wird man ibn bier betrauert
haben. Die Leutseligkeit und Liebenswlirdigkeit seines
Wesens hatte ibm bier docb viele Freunde erworben.
I
Viertes Buch.
Schlesien unter Fursten aus verschie-
deiien Hausern vornehmlicli nichtdeut-
seller Abkunft 1437—1526.
r
Erster Abschnitt.
Albrecht II. 1438 — 1439. Die koniglose Zeit 1440
bis 1452. Der Liegnitzer Lehensstreit. Johann Ca-
pistran in Sclilesien. Konig Ladyslaw Posthumus
1453—1457.
Unmittelbar nach dem Tode Kaiser Sigismimds hatten
die Ungarn kein Bedenken getragen, das Erbrecht seiner
Tochter und damit zvigleich auch das seines Schwiegersohnes,
des Herzogs Albrecht von Osterreich, anzuerkennen und
ihm sowie seiner Gemahlin zu huldigen. Am 18. Marz
1438 war Albrecht dann auch in Deutschland zam romischen
Konig erwahlt Avorden und hatte^ um diese Wahl annehmen
zu konnen, einem gegebenen Versprechen gemafs, die Zu-
stimmung der ungarischen Stande einholen milssen. Schwie-
riger stand die JSache in Bohmen, wo man doch schwer
dariiber hinwegzukommen vermochte, dafs Konig Albrecht
die czechische Sprache weder verstand noch zu lernen Nei-
gung zeigte und aus seiner Abneigung gegen die hussitische
Lehi'e kaum ein Hehl machte. Allerdings hielten sich die
eigentliche Aristokratie und die gemafsigten Kahxtiner^ wohl
filhlend, dafs jede andere Kombination sofort Avieder die
radikalen und demokratischen Taboriten ans Ruder bringen
und aufserdem die Losreifsung Mahreus von der bohmischen
Krone zur Folge haben werde, zu Albrecht, und so fanden
denn auf dem am Ende des Jahres 1437 zu Prag ver-
sammelten Landtage die Vorstellungen von Sigismunds
Kanzler, Kaspar Sclilick, welcher die letzten mit allem Eifer
auf die Nachfolge Albrechts gerichteten ^^'unsche des ver-
storbenen Herrschers iiberbrachte, nicht ungiinstige Auf-
nahme, und selbst die anwesenden Gegner lielsen sich, um
nicht Aviederum Uneinigkeit und Zerrutti\ng hervorzurufen^
2<>6 Viertes Bucb. Erster Abschuitt.
dazu bereit finden, Albrecht als Herrscher anzunehmen, wo-
fern derselbc die jMajestiitsbrieie Sigismunds von 1436 gleich-
falls bestjitigte und Mahren wieder der Krone Bohmen zu-
briichte. Auch Osterreich wunschte man der bohniischen
Krone einverleibt zu selien, wogegen man dann Albrecht
und seine Descendenz als Herren und Erben dieser Krone
anerkennen wollte.
Albrecht ging auf diese Propositionen (mit Ausnahme
des Punktes wegen Osterreich) ein und ward infolge dessen
von Iglau nach Prag geleitet und dort am 29. Juni 1438
feierlich gekront; er selbst vollkommen daraut" gefafst, sich
die Krone erst durch einen Kampf mit Polen gewinnen zu
mlissen, da eine machtige Partei in Bohmen bereits am
29. Mai in einer Versammlung zu ]\Ielnik beschlossen hatte,
den 13jahrigen Prinzen Kasimir, den Bruder des Polen-
konigs als Konig von Bohmen anzunehmen, nachdem man
sich vorher iiberzeugt hatte, dafs Kasimir die Wahl an-
nehmen und, was noch wichtiger war, die Krone Polen die-
selbe mit WafFengewalt aufrecht erhalten woUe.
Scharfer noch als in der Hussitenzeit schien das Slaven-
tum den Germanen sich entgegenzustellen, und wenn Albrecht
bei dem deutschen Reichstage die Gefahren schilderte, welche
eine Vereinigung der Streitkriifte von Polen und Bohmen
filr die gauze Nation haben miifste, nachdem man vor nicht
langer Zeit erst erfahren habe, wie viel Bohmen allein der-
selben zu schaffen gemacht, so berief sich aut der anderen
Seite Kiinig Wladyslaw den Gesandten Albrechts gegeniiber
auf die Stamraes- und Sprachgemeinschaft der Czechen und
Polen, die mit den Deutschen nichts gemeinsam hatten, und
in Bohmen faiid eine Denkschrift vielen Beifall, welche
nachzuAveisen suchte , wie seit der Thronbesteigung der
Luxemburger die Deutschen iiberall auf Kosten der Czechen
begunstigt worden seien, und wie sich die letzteren vor
vollstJindigem Untergange nur dadurch schlltzen konnten,
dafs sie, wenn sic keinen Herrn aus ihrer Katiou haben
konnten, dann sich wenigstens einen Slaven erwlihlten.
Wenn in der Hussitenzeit der religiose Gegensatz zwischen
Czechen imd Polen die nationale Gemeinsamkeit zuriick-
gedrilngt hatte, so war dieser jetzt mehr in den Hintergrund
getreten, wjihrend man in der Versammlung der polnischen
Grofsen, welche fi-iiher die Annahme der Wahl Kasimirs
entschieden, neben jenem Motive der vStanuuesgemeinsamkeit
auch das noch betont hatte, wie unbequem fiir Polen ein
Nachbar sein wiirde, der als roraischer Konig liber die Macht
des Deutschen Reiches und aufserdem liber die Hilfsquellen
Albrecht II. und sein Gegenkonig. 267
Uugarns, Usterreichs und Bohmens mit seinen Nebenlandem
verfuge.
Die schnell kriegeri seller Aktion entgegenreifende Ver-
■wickekmg bedi'ohte nun kaum ein anderes Land mit so
nahen und schweren Gefabren als das zwiscben Polen und
Bobmen eingekeilte Scblesien. Scbon war von Wladyslaw
an den Bund der scblesiscben Fiirsten eine Aufforderung,
Kasimir als Konig anzuerkennen, gericbtet, aber von dem
Bundeshaupte, Biscbof Konrad, abgelehnt worden. Fiir die
Scblesier konnte kaum irgendwelcber Zweifel obwalten, dafs
sie auf jede Gefabr bin zu Albrecbt als einem deutscben
Fiirsten steben miifsten^ sie konnten ja aucb von ibrem
Standpunkte aus ein Wablrecbt der bobmiscben Stiinde nicbt
anerkennen; fiir sie war, wie sie dies in ibrer Eidesformel
klar ausspracben, Albrecbt als der Gemabl „ ibrer gnadigen
angeborenen Erbfrau" ibr recbtmafsiger Oberberr, wenn sie
gleicb dafiir gesorgt batten, dafs in die Versprechungen, welcbe
der neue Konig den Bobmen gegeben, aucb eine Versicberung,
die Recbte der Scblesier zu scbiitzen, mit eingeilossen war.
Scblesien unmittelbar bedi'obte nocb im Laufe des Jabres
1438 der Einfall eines der beiden Heere, welcbe die Polen
mit grofser Scbnelligkeit ausgeriistet batten. Albrecbt, der
selbst zunacbst in Bobmen kampfte, verbiefs den Scblesiern
bereitwilligst Beistand, seine Getreuen aus Usterreicb sollten
sicb bierber wenden, und aucb Sacbseu sollte Hilfe bringen ;
docb als die Polen Ende September wirklicb einriickten,
bbeben die Scblesier auf sicb selbst angewiesen, und wenn
die Herzogin Elisabetb, die Witwe Ludwigs II. von Brieg,
audi den wicbtigen Oderiibergangspunkt bei Bi'ieg zu
scbiitzen vermocbte, so blieb docb das zersplitterte Ober-
scblesien den Feiiiden preisgegeben , und das ansebnlicbe
polniscbe Heer, bei welcbem Konig Wladyslaw selbst samt
seinem Bruder Kasimir anwesend war, fand keinen Wider-
I stand, als es unter scbrecklicber Verwiistung quer dm-cb das
j Land iiacb der miibriscb - bobmiscben Grenze zog, ja die
, oberscblesiscben Fiirsten liefsen sicb sogar (mit alleiniger
I Ausnabme des Troppauer Herzogs) zur Unterwerfung und
! zur Anerkennung Kasimirs bewegen, allerdings erst fiir den
jZeitpimkt, wo derselbe rite gekront sein wiirde. Dies war
I aber aucb der einzige Erfolg, den der Zug fiir Polen batte ;
I da in Bobmen Albrecbt siegreicb gewesen war, so kebrte
idas polniscbe Heer (Ende Oktober) an der Grenze dieses
jLandes um und erlitt nun auf dem Riickmarscbe von den
j Scblesiern, welcbe die gi-ausame Verwiistung des Landes
lerbittert batte. nocb mancbe Verluste. Inz-\\-iscben batten
2t)8 Viertes Buch. Erster Abscbuitt.
profspolnisclie Heerhaul'en weithin an verscliiedenen Stellen
das rechte Oderufer bis nahe an die Thore Breslaus ver-
heert und ein Haufe sogar die Oder iibcrscliritten , um
Grottkau, Wansen und Sta-ehlen zu brandschatzen, wo dann
allerdings der Kliekzug nicht ohne Verlust gelang. Erst An-
fang November scheuchte eine Schar. von 800 Reitern,
welche der heranziehende Konig Albrecht vorausgesandt
hatte, die zuchtlosen Krieger, die, wie ein Zeitgenosse klagt,
in Obersclilesien zwei Meilen breit und lang nicht einen
Stecken mehr hatten stehen lassen, voUends liber die Grenze
ziu'lick.
Durch die Lausitz, wo er freudige und bereitwillige Hul-
digung gefuuden, zog nun Konig Albrecht gen Breslau.
An der Pelzbriicke iiber die Lohe, westhch von der Stadt,
ti'af er am 18. November das Ehrengeleit, welches ihn in
die Thore fiihrte, wo ihn Bischof Konrad mit seiner Geist-
lichkeit und den Spitzen der stiidtischen Behorden feierlich
empiing. Im goldenen Becher am Binge nahm er Quartier
und empfing am 25. November in einem an der Ecke des
Binges und Salzmarktes besonders zu diesem Zwecke er-
richteten holzernen Palas die Huldigungen zunachst des
Rates und der Stadt, dann am 3. Dezember die der schle-
sischen Fursten, unter denen bis aul" zwei auch die ober-
schlesischen Herztige trotz der ihnen abzwungenen Anei'ken-
nung des polnischen Pi-atendenten figurierten.
Wiederum wie weiland 1420 sahen die Mauern Breslaus
eine aufserst glanzende Versammlung um den machtigen
Herrscher sich scharen. Deutsche Reichsf'iirsten, unter ihnen
die Hohenzollern Friedrich und Albrecht Achilles sowie des
letzteren Sohn Johann, papsthche Legaten, ^Vlirdentrager des
Deutschen Ordens, bohmische Maguaten gesellten sich hier
zu den schlesischen Herzogen, welche den neuen Oberlehens-
herrn hier umgaben. Aber wie einst 1420 zwangen diesen
inmitten der allgemeinen politischen Handel auch speziell
die Breslauer Angelegenheiten zu entschiedenem Eingreifen,
und Albrecht sah sich gezwungen, die Ordnung der Dinge,
welche einst eben 1420 sein Vorganger Sigisraund hier auf-
gerichtet hatte, wesentlich umzugestalten.
Jene eng geschlossene Aristokratie der 24 lebenslang-
lichen Ratsherren, in deren Hande einst Sigismund ver-
trauensvoll das Regiment der Stadt legte, hatte sich doch
wenig bewahrt. Wahrend die Schuldenlast der Stadt seit-
dem in den allerdings stiirmischen und verlustvollen Zeiten
sich eher gemelu-t als vermindert hatte, beschuldigte die oflfent-
liche Meinung die 24 einer geradezu unredlichen, den eigenen i
Albreclit II. in Breslau. 269
Vorteil und den der Vetterschaft mehr als das allgemeine
Beste im Auge haltenden Verwaltung, und auf diese Klagen
bin entschlofs sich denn der Ktiiiig nach angestellter Unter-
suchung „niit Rate der Fllrsten, Edeln und Getreuen" die
stadtischen Grewalthaber ilu-es Amtes zu entsetzen und ihnen
die ansehnliche Geldstrafe von 10 000 Goldgulden aufzu-
legen, dann aber nacb Anborung der Wiinscbe der Burger,
Kaufleute und der ganzen Gemeinde einen neuen Rat zu
ernennen und alle die einzebien Amter der Stadt selbst zu
besetzen, wobei aucb nun die Ziinfte wieder zu einer stan-
digen Vertretung im Rate gelangen.
Hier in Breslau suchte nun aucb eine polniscbe Gesandt-
sebaft, der sicb dann aucb einige den Polen anbangende
bobmiscbe Grofsen angesclilossen batten, den Konig auf,
docb mufste ibr Antrag, beide Pratendenten sollten zuriick-
treten und die Entscbeidung einer neuen Wablbandlung
iiberlassen, fur Konig Albrecbt, der sicb auf ein Erbrecbt
berufen konnte, unannehrabar scbeinen, und zur Freude der
Breslauer verHefsen die Gesandten unverricbteter Sacbe die
Stadt, und wenn die ibnen nacbgereisten papstHcben Ge-
sandten dann in Namslau nocb einen Waffenstillstand bis
Jobanni und den Plan einer Zusaramenkunffc der beideu Ko-
nige an den Grenzen von Polen und Ungarn verabredeten,
so erwartete niemand allzu viel davon.
Albrecbt wurde langer als er wollte in Breslau festge-
balten, er batte sicb in seinem Quartiere, dem goldeuen
Becber am Ringe, als er da ritterlicbe Kurzweil trieb, durcb
einen Fall die Kniescbeibe so verletzt, dafs er fortan hinkte.
Als er dann Anfang Marz die Stadt verbefs, wollten die
Breslauer viele, namentlicb ungariscbe Herren seines Ge-
folges nicbt zieben lassen, ebe dieselben ibre Scbulden be-
zablt, und der Konig batte Milbe genug, seinen Hofstaat
bier loszumacben.
Fiir den Wiederausbrucb des Krieges mit Polen batte
Albrecbt mancbe Veranstaltungen getroffen. Zum Ober-
bauptmann Scblesiens und gleicbzeitig speziell aucb des
Fiirstentums Breslau, batte der Konig den Markgrafen Al-
brecbt Acbilles auserseben, aucb die scblesiscben Fiirsten er-
mabnt und angebalten, sicb ibm als ibrem Hauptraanne zu
Treue und Geborsam zu verpflicbten, und wir diirfen sicber
seiu, dafs Albrecbt dieses bescbwerlicbe Amt nicbt ange-
nommen baben wilrde, batte er nicbt weitergebende Plane
damit verbunden. Ein Festsetzen in Scblesien unter der
Agide der koniglicben Gewalt, wie es seinem Vater in der
Mark Brandenburg gelungen war, konnte ibm um so leicbter
270 Viertes Buch. Erster Abschnitt.
vorschweben, als zwei seiner Tochter an schlesische Herzoge
verheiratet Avaren. Duch Markgraf Albrecht, sehr fruchtbar
ira Projektemachen, wechselte auch scbnell seine Plane,
iind so selien wir ihn denn, nachdem die Verlangerung des
Waffenstillstandes bis zum Herbst ilim die Gelegenheit, sich
im Kampfe gegen die Polen kriegerische Lorbeeren zu er-
ringen, abgesclmitten , bereits unter dem 5. Jiili auch von
der Landeshauptmannschaft von Breslau zuriicktreten.
Im iibrigen schien fiir den Herbst der Ausbrueh des
Krieges kaum zu verineiden, da die Polen ihre hochge-
spannten Ansprliche t'esthielten ; aber Konig Albrecht brachte
von einem ruhmlosen Feldzuge gegen die Turken im Sep-
tember 1439 deu Keim einer Dysenterie zurilck, die sich
verschlimmernd am 27. Oktober in einem kleinen Orte bei
Gran seinem Leben ein Ziel setzte. Der jiihe Tod des von
Freund und Feind geachteten Herrschers war ein schwerer
Schlag fiir das Deutsche Reich wie fiir die deutsche Sache
hier im Osten und speziell in Schlesien.
Die koniglose Zeit 1440 — 1452.
Konig Albrecht hinterliefs keinen mannlichen Erben,
doch hatte sein Testament den Fall wolil ins Auge gefafst,
dafs seine Gemahlin Elisabeth, die er gesegneten Leibes
zuriickliefs, nach seinem Tode einen Sohn zur Welt brachte,
der dann in alien Reichen seines Vaters nachfolgen konnte,
und mit Eiicksicht hierauf bis zur Entscheidung der Sache
seine Witwe zur Regentin eingesetzt. Allerdings war ja
auch fiir den Fall, dafs jene HofFnung sich erfiillte, die
Aussicht auf eine so langjiihrige vormuudschaftliche Regie -
rung wenig erfreulich, und es war daher kein Wunder, dafs
in deu verschiedenen Landen, iiber welche Albrecht II. ge-
boten hatte, man in sehr verschiedener Weise zu dem Testa-
mente Albrechts II. Stellung nahm. Wahrend die deutschen
Kurfiirsten ihre Stimmen bei der Konigswahl auf einen an-
deren Habsburger, den Vetter Albrechts, Friedrich von
Steiermark, vereinigten und diesen auch die osterreichischen
Staude als Regenten erwahlten, wenngleich unter einem ge-
wissen Vorbehalte der Rechte eines etwaigeu mannlichen
Erben Konig Albrechts, suchte in Ungarn, wo allerdings
die drohenden Tiirkeneinlalle ein kraftiges Haupt doppelt
wiinschenswert erscheinen liefsen, eine machtige Partei einen
Anschlufs an Polen, und in Bohmen zeigte sich das merk-
wiirdige Schauspiel, dafs, wahrend zu erwarten stand, dafs jetzt
nach dem Tode des Nebenbuhlers alles sich dem Erwahlten
Schlesiens Haltimg nach dem Tode Albrechts 11. 271
von 1438, dem Prinzen Kasimir, zuwendeu wiirden, von diesem
thatsiichlich gar nicht mehr die Rede war, and als die ta-
boritiscli nationale Partei an seiner Stelle den Polenkonig
selbst vorschlug, dieser zwar mit in die engere Wahl kani,
aber doch nui- neben drei anderen (Markgraf Friedrich von
Brandenburg, Herzog Albreeht von Bayern und Pfalzgraf
Ludwig) iind im weiteren Fortgange der Wahl so unterlag,
dais schliefslich der Bayernherzog, dem Kenntnis der Sprache
und Sitte Bohmens naehgeriihmt ward, fast einstimmig ge-
wahlt wurde. Fiir den nachgeborenen Sprofs Albrechts II.
hatten sieh kaum Stimmen erhoben.
So war es wirklich nur eben Schlesien, welches vom
ersten Augenblicke an die Partei der Konigin Witwe mit
vollem Herzen ergriifen hatte. Fiir die Schlesier bildete ja
in der That die Erblichkeit der bohmischen Krone das
Prinzip, welches sie hochhalten mufsten, wollten sie anders
die PoHtik, die einst ihre Vorfahren zum Anschlufs an Boh-
men geflihrt hatte, nicht aufgeben, eine gewisse Selbstiin-
digkeit sich wahren, sich nicht blofs ins Schlepptau nehmen
lassen von der deutschfeindlichen bohmischen Adelsherrschaft.
Am entschiedensten ward dieser Standpunkt verti'eten von
der schlesischen Landeshauptstadt , deren Vertreter doch,
wie man wird zugestehen miissen, die deutsch-nationale Ge-
sinnung der Bewohner dieses Grenzlandes zu alien Zeiten
am treuesten zum Ausdruck gebracht haben.
Es sah mit der Einigkeit des zerkliifteten Landes da-
mals libel aus; eine gesetzlich bestehende Form, die alle
Stande zusammenget'afst hatte, gab es nicht, und wenn die
Breslauer gleich nach dem Tode Konig Albrechts eine Ver-
sammlung aller Stildte Schlesiens und der Lausitz nach Neu-
markt einberufen hatten, so zeigte schon diese Form hin-
reichend, dais sie selbst daran verzweifelten, die Filrsten zu
einer gemeinsamen Politik heranzuziehen. Doch ehe noch
I diese Versammlung gehalten war, ehe noch die Entbindung
ider Konigin Elisabeth die grolse Frage gelost hatte, ob dem
jhabsburgischen Hause ein Erbe beschieden sein sollte, mufsten
tiie Breslauer das entscheidende Wort sprechen.
Am 9. Januar 1440 trug Herr Mosticz zur Horla als
jesandter Wladyslaws dem Rate das Begehren seines Konigs
'yor, die Schlesier mcichten sich, da sie nun keinen Erbherrn
■ latten, der Krone Polen anschliel'sen. Tapfer und miinnlich
Ivar die Antwort der Breslauer, sie hatten nicht blofs Konig
JAlbrecht sondern auch dessen Gemahlin Elisabeth und ihren
ii^rben geschworen, und ihre Privilegien verpflichteten sie,
•mmer bei der Ki'one Bohmen zu bleiben. Diese Gelobnisse
272 Viertes Buch. Erster Abschuitt.
zu brechen, konnten die Polen ihnen selbst nicht raten, sie
wiirden ja mit Recht von aller Welt als ti'culose Meuschen
gemifsachtet Averden. Uud elie die Breslauer zu solchem
Thun sich verstanden, wollten sie lieber alle darum sterben.
Und sie fanden bald Gelegenheit , diesen Standpunkt
auch in weiteren Kreisen zu vertreten. Die Bohmen batten
bei ihrer Wahl die Nebeulande nicht zugezogen, abei' nacli-
dera Albrecht von Bayern die Wahl abgelehnt hatte und
inzAvischen Kiinigin EUsabeth, die in Ungarn sich rait Gliick
behauptete und von dem neuen romischen Konige Friedrich
imterstiitzt "woirde, auch in Buhmen mehr und mehr An-
hanger gewann, drang dieselbe in ihrem wohlverstandenen
Interesse auf" Zuziehung schlesischer Abgeordneter , ebenso
wie solcher aus Mahren und den oberlausitzischen Sechs-
stadten.
Wer von den Schlesiern aufser den Breslauern sich noch
an der Wahl und Ausriistung dieser Gesandten beteiligt
hat, da von schweigen die Quellen, und nur als Vermutung
konnen wir aussprechen, dafs Bischof Konrad, Elisabeth, die
Herzogin-Witwe von Liegnitz-Brieg, und die mit den Bres-
lauern naher verbilndeten Fiirstentumer Schweidnitz - Jauer
teilgenommen haben. Wohl aber wissen wir von den schle-
sischen Gesandten, dafs sie eben bei der Wahlversamm-
lung zu Prag im Marz 1441 ihren Standpunkt auf das ent-
schiedenste verti-aten. Sie erklarten dort, obwohl sie ilir
Recht an der Wahlhandlung teilzunehmen gewahrt wissen
wollten, vermochten sie diesmal nicht zu wahlen, denn sie
hatten ja einen Erbherren, dem sie nach der goldenen BuUe
Karls IV. Treue zu leisten schuldig seien, eine Erklarung,
durch welch e sie allerdings ebenso den Zorn der Bohmen
reizten, wie sie den Beifall der Konigin Elisabeth fanden.
Freilich war damit nicht allzu viel gethan; aller Herois-
mus der Mutterliebe, den Elisabeth zeigte, vermochte doch
nicht, die grofsen Schwierigkeiten ihrer Lage zu iiberwinden.
In den Krieg , den sie vornehmlich durch angeworbene
Soldnerscharen mit den Polen fiihrte, suchte sie nun auch
die Sclilesier hereinzuziehen und sandte diesen 1442 in der
Person des Leonhard Azenheimer einen Feldhauptmann, den i
dann in der That die Schlesier, natiirlich wiedcr vornehm-
lich die Breslauer, mit Geld versahen, um Mannschaften zui
werben. Nicht ungliicklich begiunt hier der kriegserfahrene i
Kondottiere seine Laufbahn, dringt in Polen ein, aber baldi
zeigt sich, dafs die Schlesier nicht zusammenhalten , dafs
einer ihrer Herzoge, Konrad der Weifse, und schwei'lich en
allein zu den Polen stand, so dafs in den Kampfen, diei
Mangel eines Hauptes fiir Schlesien. 273
bald docli auch den schlesischen Boden mit Verwiistung be-
drohten, Bruder gegen Bruder, dem genannten Herzog der
Bischof Konrad gegenuber zu streiten hatte.
Die Verhaltnisse verwickelten sich nur noch mehr, als
am Weihnachtsabend 1443 die Konigin Elisabeth starb,
gerade in dem Augenblicke, avo es ihr gelungen war, mit
ihrem Hauptgegner, dem jungen Konige von Polen, Wlady-
slaw, einen Frieden zustande zu bringen. Es war kein
giinstiges Auskunftsmittel , als jetzt der konigliche Knabe
Ladyslaw, gewohnlicli der Nachgeborene (Postluimus) ge-
nannt, unter die Vormimdschaft des selbstsiichtigen und
schwaclien romischen Konigs Friedrichs HI. kam , der fiir
die Erblander seines Miindels in keiner Weise ein Herz
hatte.
Es begannen mit jenem Tage Zeiten traui'iger Gesetz-
losigkeit fiir alle die Erblande. In Ungarn flammte der
Biirgerkrieg, Avelchem der Frieden eben hatte ein Ziel setzen
soUen, von neuem auf, in Bohmen und Schlesien erhob das
wiiste Fehdewesen, das die vielen Kriege grofsgezogen batten,
und das kaum wieder etwas hatte eingediimmt werden kon-
nen, dreister als je sein Haupt; und gerade Schlesien bietet
doch von alien das unerquicklichste Schauspiel. Denn wahrend
in Ungarn sich am Ende das Volk um einen nationalen
Helden, den tapferen Vorkampfer gegen den tiirkischen Erb-
feind, Johann Hunyad, scharte und auch in Bohmen in der
Person Georgs von Podiebrad zugleich die volkstiimlichen
Gruridsatze des Czechentums wie die kalixtinischen Grund-
satze eines gemiifsigten Hussitismus zu immer steigender
Macht gelangten, hat Schlesien fort und fort eines Vertreters
national-deutscher Politik entbehren miissen, dem die Be-
deutung seiner Personlichkeit wie die Fiille seines Ansehens
es hiitten ermogHchen konnen, das zersplitterte Land zu einer
einheitlichen Politik fortzureifsen. Denn wie sehr auch da-
mals die mjichtige Landeshauptstadt Breslau im Mittelpunkte
der Ereignisse stand, ihr Vertreter, der jahi'lich wechselnde
Rat, hiitte doch nimmermehr fiir ganz Schlesien die Rolle
zu spielen vermocht, wie dies etwa vormals die Herzoge von
Breslau, die machtigen Heinriche, in friiheren Tagen ge-
konnt hatten.
Der schlesische Fiirst aber, der schon in den Hussiten-
zeiten den nationalen Gedankcn vielleicht am konsequente-
sten und ausdauerndsten vertreten, der dem polnischen Erz-
bischofe die Anerkennung verweigert und den Polen den
Zutritt zu den Breslauer Dompfriinden verschriinkt hatte,
Grunhagen, Geach. Schlesiens. I, 18
274 Vieites Buch. Eister Abscliuitt.
und der ja auch lange Zeit an der Spitze aller sclilesischen
Eiuuugen gestanden hatte, der Biscliot" Konrad von Breslau,
ging in den Geldnoten, in welche ihn und sein Bistum die
Bedriingnis der Zeit und vielleicht auch eigne Sorglosigkeit
gestiii'zt hatte, schlierslich unter, um so mehr, als ihn auch
eben seme SteUung als Kirchenfurst notwendig in die Zwistig-
keiten verwickehi mulste, welche daiuals zwischen dera Konzil
zu Basel und dem Papste Eugen IV. ausgebrochen waren,.,
und die, um das Chaos dieser verworrenen Zeit noch zu
steigern, auch in kirchlicher Beziehuug die Christenheit in
zwei feindliche Heerlager spalteten. Bischof Konrad hatte
sich entschieden auf die Seite des Papstes gestellt, aber in
widerwjirtigen Hiiudeln mit dem Dompropste Nikolaus Gra-
mis um die von diesem I'lir das Baseler Konzil gesammelten
Indulgenzgelder und in kaum minder argerlichen Fehden mit
seinem Bruder Herzog Konrad dem Weilsen verzehrte sich
eine Kraft, die unter geordneteren Verhiiltnissen eine ein-
heitliche deutsche Politik Schlesiens vielleicht hiltte herbei-
fiihreu konnen. 1444 war es so weit gekommen, dafs
Bischof Konrad selbst seine Wiirde niederlegte und es seinem
Domkapitel iiberliefs, sich einen Hirten zu erwiihlen, der
Neigung zeigte, dem hei'untergekommenen Stiff aus eigenen
Mitteln die Schuldenlast zu minderu.
In dieser Zeit hat Schlesien von den unabliissigen Fehden
auf das schwerste gelitten; in Mittelschlesien waren 1444
die Fiirstentiimer Breslau und Schweidnitz- Jauer mit der
Herzogin Elisabeth von Liegnitz in einen Landfriedensbund
getreten, der wenigstens diesen Gebieten ein gewisses Mais
von Ruhe und Ordnung sicherte, wohl auch einmal mit
seinen Streitkriiften einen ilbermlitigen Raubritter niederwarf
und bis 1452 in "SVirksamkeit geblieben ist. 1444 strafte
sein Aufgebot die Plilnderung von Bolkenhain an dem Un-
ruhstifter Jan Kolda auf Nachod, sowie dessen Verbiindeten
Jan von Ebersbach und Hain von Tschirn. 1445 legen die
Breslauer dem alteu Kondottiere Leonhard Azenheimer, den
ihnen einst Konigin Elisabeth als Feldhauptmanu gesandt hatte,
der aber nachmals, obwohl ihm die Breslauer das Burglehn
Neumarkt eingeraumt batten, von Fehden und Riiubereien
nicht lassen mochte, ebenso wie seinem Geuossen Hans Hain
die Kopfe vor die Fiifse; 1447 gewinnt der schlesische Bund
im Verein mit den Oberlausitzer Sechsstadten teils durch
Geld, teils durch WaffengeAvalt eine gauze Anzahl bcihmischer
Bm-gen, in deneu sich Raubritter eingenistet batten ; so
Wiesenburg, Ebersbach, Schatzlar, Belver und Skal, um
diese dann ganz zu zerstciren, ohne auf die zugehorigen
Gesetzlose Zustande. 275
Outer irgendwelchen Anspruch zu erheben. 1451 erobem
und zerstoren die Breslauer mit den Schweidnitzern die
Kcaubburg Rochlitz im Katzbachthale, luid erst 1452 scheint
dann, als sich die Verhaltnisse namentlich in Bohmen wie-
der einigermafsen befestigt batten, der Bnnd seine Wirk-
samkeit eingestellt zu baben.
Doch _ in den librigen Teilen des zerstiickten Landes
dauert die An archie fort, die Herzoge von Oppeln und
Teschen-Glogau erschopften ihre Krafte in Febden, und der
alte Konrad der Weifse von Ols konnte erst dadurcb, dafs
ilm seine Neffen diu'cb lange Haft notigten, ibnen alle seine
Lande abzutreten, zur Rube gebracbt werdeu. Aber die
librigen Teile des zersplitterten Landes schlossen sieb doch
nicbt zusammen, und es erscbeint fast wunderbar, dafs in
dieser gesetzlosen Zeit nicbt nocb mancbe scblesiscbeu Fllr-
sten dem Beispiele der Herzoge von Auscbwitz und Zator
gefolgt sind, welcbe in den Jabren 1441 — 1457 ibi'e aller-
dings fast vor den Tboren Krakaus gelegenen Lande
von der Krone Polen zu Leben nabmen und so fiir ini-
mer von Scblesien losrissen. Eine Art von Patronat iibte
der Polenkonig nocb iiber mancbe scblesiscben Fiirsten
aus.
Solcbe Zeiten waren nun recbt geeignet, die Geduld der
Untertbanen der scblesiscben Fiirsten auf scbwere Proben
zu stellen. Sie, die durcb die ewigen Geldnote ibrer kleinen
Herren obnebin arg bescbwert, dabei nocb baufig deren Ge-
waltsamkeiten in den daraus entspringenden Fehden mit
Gefabr ibres Leibes und Gutes zu biifsen batten und so ge-
ringen Scbutz von deren Macbt genossen, mocbten wobl mit
einem gewissen Neid auf die der Krone Bobmen unmittelbar
unterworfenen Lande blicken, wie Breslau und Scbweidnitz-
Jauer, die eine ungleicb grofsere Selbstandigkeit besafsen,
geringer besteuert und dabei docb mebr in der Lage
waren, ibre Scbicksale selbst zu bestimmen. Es bat etwas
Rlibrendes, wenn wir wabi-nebmen, dafs trotzdem die An-
bangHcbkeit an das gesamte Flii'stenbaus docb immer solcben
Gedanken ein wirksames Gegengewicbt zu balten vermag,
so dafs Bestrebungen, bei gunstiger Gelegenbeit einen direkten
Heimfall an die Krone herbeizufiibren im ganzen Verlaufe
der scblesiscben Gescbicbte uns sehr selten begegnen. Ein
derartiger Versucb ausgebend von einer der am meisten
entwickelten und selbstbewufsten scblesiscben Fiirstentums-
bauptstadte, namHcb Liegnitz, verleibt dem sogen. Lieg-
nitzer Lebenstreit (1449 — 1469) ein besonderes In-
teresse.
18*
276 Viertes Buch. Erster Abschnitt.
Der Liegnitzer Lehensstreit.
In den Fiirstentiimern Liegnitz - Brieg , welche einst
unter die beiden Sohne Boleslaws III. (f 1352), des Griin-
ders der Dynastie, Wenzel und Ludwig, geteilt worden
waren, war der Liegnitzer Stamm bereits 1419 mit Bisehof
Wenzel ausgestorben , und der Eukel Ludwigs I., des jiin-
geren jener beiden Brilder, Ludwig II., hatte Liegnitz und
Brieg wieder vereinigt, wiihrend seinem Brudcr Heinrich IX.
Haynau, Liiben und Ohlau zugefaUen waren. Doch auch
er hinterliefs bei seinem Tode 1436 von seiner Geniahlin,
der hohenzollernschen Prinzessin Elisabeth, Tochter Kurfiirst
Friedriclis I. von Brandenburg, nur cine Tochter Hcdwig,
so dais der nachste Manneserbe sein Bruderssohn von der
Haynau - Llibener Linie Ludwig III. gewesen ware, resp.
dessen Suhne, deren iiltester dann seine Anspriiche durcli
seine Vermahlung mit jener Hedwig, der Tochter Lud-
wigs II., vermehrte.
Nach strengem Lehenrechte soUte nun immer nur die
dii'ekte miinuliche Nachfolge cinen Successionsanspruch haben,
und es hatte einer besonderen oberlehensherrlichen Geneh-
migung bedurft, um die Ubertragung des Liegnitzer Herzog-
tums auf die Brieger Linie herbeizufiihren. Ob nun jetzt
die vorhandenen Gnadenbriefe dazu ausreichten, um die
Succession in Liegnitz von der Brieger auf die Haynau-
Liibener Linie zu rechtfertigen , das konnte damals streitig
erscheinen. Bei dem Tode Ludwigs II. schien die Frage
noch nicht brennend, da Liegnitz als Leibgedinge rechtlich
der Herzogin Ehsabeth verschrieben war. Erst bei deren
Tode konnte es fraglich werden, ob Liegnitz als Lehen an
die Krone heimfallen oder an Elisabeths Schwiegersohn Jo-
hann von Lllben kommen solle.
Der Stand der Rechtsfrage lafst sicli in kurzen Worten
etwa so zusammenfassen , dafs die Nachfolge der Haynau-
Liibener Linie noch bei Lebzeiten Herzog Ludwigs II. zwar
durch Hausvertraffe festgesteUt war und auf Grund der-
selben auch bereits Eventualhuldigungen vorgenommen wor-
den waren, dafs dieselben jedoch der Zustimmung des Ober-
lehensherrn entbehrten und das letzte konigHche Privileg
in dieser Sache, das Konig Wenzels vom Jahre 1411, sich
seinem Wortlaute nach kaum fiir die Anspriiche jener Her-
zoge anfuhren liefs. Bei solcher Lage der Dinge war es
nicht zu verwundern, wenn am bohmischen Hofe der Ge-
danke, das Fiirstentum Liegnitz in seiner damaligen Gestalt,
Bestrebungen fiir den Heimfall von Lieguitz an die Krou 277
d. h. mit den beiden Gebieten von Liegnitz imd Goldberg,
als erledigtes Lelien einzuziehen, sicker ernsthaft in Aussicht
genommen ward, als im Jalire 1449 Herzogin Elisabeth die
Augen schlofs.
Ganz besonders versclilechterten sich nun aber die Aus-
sichten der Liibener Herzuge dadiu'ch, dafs filr den Heim-
fall des Landes docli eben auch Vertreter der in Frage
kommenden Landschaften eintraten.
In Liegnitz waren es die Haupter des Patriziats, welche
fiir ibre Stadt unmittelbar unter der bohmisclien Krone eine
grofsere Selbstandigkeit , freiere Bewegung , zunehmenden
Wohlstand und fiir sich selbst in der Befreiung von der
bedriickenden Gegenwart eines in der Stadt regierenden
Landesherrn erhuhtes Ansehen erwarteten. Die Seele der
Bewegung war der Stadtschreiber Ambrosius Bitschen, der
1420 seinem Vater Johannes in diesem Amte gefolgt war.
Es ist durchaus wahrscheinHch , dafs der letztere erst in
Liegnitz eingewandert ist und seinen Namen seiner Vater-
stadt, dem sclilesischen Orte Pitschen, verdankt. Mehr als
ein Vierteljahrhundert hindurch hatte Ambrosius in seiner
wichtigen Stellang der Stadt die grofsten Dienste zu leisten
vermocht. Thatsiichlich war ja der auf Lebenszeit gewahlte
Stadtschreiber gegenilber den jahrlicli wechselnden Ratsherren
der eigentliche Leiter der Geschafte, anderseits pflegte die
patrizische Aristokratie , die ganz wie in Breslau alljahrhch
den Rat dadurch erganzte, dafs die abtretenden Ratsherren
ihre Nachfolger wiihlten, und die deshalb es vermochte, in
sehr engem Kreise die Ratswurde wechseln zu lassen, in
dem Stadtschreiber immer doch einen von ihr abhangigen
und bezahlten Beamten zu erbHcken, und es haben auch
thatsachlich weder hier noch z. B. in Breslau die Stadt-
schi'eiber den Weg in das Ratskollegium gefunden.
Gerade hiernach mufste nun aber der Ehrgeiz Bitschens
streben , seitdem er sich zur Durchfiihrung des grofsen
Planes, seine Stadt unmittelbar unter die Krone Bohmen zu
bringen, berufen glaubte, und wirklich ward er, was vor
ihm kaum noch einem audereu gelungen war, zum Jahre
1447 nicht nur in den Rat, sondern gleich zu dessen Prases,
zum Blirgermeister, gewahlt. Er eilte, sich WatFen fiir den
, bevorstehenden Kampf zu Schmieden. Aus den Jahren
! 1446, 1447 und 1451 datieren die drei noch heute er-
1 haltenen Werke seines bewandernswilrdigen Fleifses, ein
I Zinsbuch, ein Pri^^legienbuch , ein Geschofsbuch von Lieg-
nitz, und es ist sicherHch kein Zufall, Avenn unter den Pri-
! vilegien alle die fehlen, Avelche irgendwie fiir die Liibener
278 Viertes Buch. Erster Abschnitt.
Herzoge sprechen konnten. Es ist auch we nig zu zweifeln,
dafs er Gelegenlieit genommen hat, am Wiener Hole fiir
den Fall des Todes dei' Herzogin Elisabeth vorlaulige Ver-
abredimgen eiuzuleiteu.
Umsonst hatte die letztere sich beraiiht, durch Grunst-
bezeugungen den einflufsreichen Mann fiir ihre Sache zu
gewinnen. Als sie dann auf dem Krankeubette lag, blieb
ihrer Tochter Hedwig, der Gattin des einen Ltlbener lier-
zogs Johaun, die Ungunst nicht verborgen, mit der sie von
den Liegnitzern angesehen wurde. Ihr klcines Sohnlein
Friedrich beeilte sie sich auswarts in Sicherheit zu bringen,
und sie selbst ward, sowie sie ihrer Mutter am 31. Uktober
1449 die Augen zugedrlickt hatte, von den Biirgern zur
Abreise gedrangt. Nachtlicherweile ging sie fort, um in
Haynau eine Zuflucht zu suchen. Ihr Gemalil machte
keinen Versuch, durch personliches Erscheinen seiner Sache
den Sieg zu verschaffen. Wohl aber beeilte er sich wie
sein Bruder Heinrich, von Goldberg und Liegnitz Huldigung
zu verlangen auf Grund der friiheren Hausvertrage und
Gelobnisse, wahrend mit kaum minderer Eile drei Wochen
nach dem Tode der alten Herzogin Kaiser Friedrich 111.
die Lande als heimgefallene Lehen fiir sein Miindel, den
jungen Konig Ladvslaw, in Anspruch nahm. Die Lieguitzer,
unvermogend die Goldberger zu kiihneren Entschliissen mit
fortzureifsen, bequemten sich dazu, zuniichst von den Hul-
digung heischenden Herzogen noch eine Frist bis zum
6. Januar 1480 zu erbitteu, als aber diese ablief, trennten
sich Goldberg Laud und Stadt und auch die Ritterschaft
des Fiirstentums Liegnitz von der Stadt, die ihrerseits ihren
fast gefafsten Entschlufs am besten dadui'ch bekundete, dafs
sie Ambrosius Bitschen im Februar 1480 aufs neue zum
Biirgermeister erkor.
Was die Liegnitzer erstrebten, hatte zu anderer Zeit
vielleicht noch mehr locken konnen. Die Krone, der sie
heimzufallen wiinschten, war eben damals aufs neue ein
Zankapfel und Spielball der Parteien geworden. In Boh-
men empfand man es doch sehr iibel, dafs der junge Konig,
der kiinttige Herrscher des Landes, in Wien erzogen ward,
in'einer Umgebung, von der niemand voraussetzen konnte,
dafs sie dem Knaben Neigung und Verstilndnis fiir czechische
Art und Sprache noch fiir hussitische Traditionen einflofsen
werde, und die Partei der Utraquisten, an deren Spitze der
junge aber tapfere und kluge Georg von Podiebrad zu im-
mer steigendem Ansehen gelan gte, setzte es bei den boh-
mischen Standen durch, dafs man von Kaiser Friedrich die '
Der Liegnitzer Lehensstreit. 279
Auslieferung seines Mlindels Ladyslaw begehrte, um ilm in
Prag zu erzielien.
Und als Friedrich sicli dessen weigerte, verklagen ihn
die Bohmen bei dem Papste iind alien christlichen Fiirsten
tind machen Miene, von Ladyslaw abzufallen, klopfen auch
wegen einer neuen Konigswahl hier und da an , ohne rechte
Geneigtheit zu iinden, weder bei Kurfiirst Friedrich von
Brandenburg, den seine Kenntnis der czechischen Sprache
besonders empfahl, noch bei dessen Bruder Albreelit Achilles,
noch bei Wilhelm von Sachsen, dem Gemahle von Lady-
slaws Schwester. Podiebrad aber bemachtigt sich am 3. Sep-
tember 1448 durch einen nachtlichen Uberfall Prags und
spielt nun thatsachlich die Rolle eines Gubernators von Boh-
men, in der er bald mehr und mehr in ganz Bohmen an-
erkannt wird, wahrend man in Schlesien mit kaum ver-
hehltem Mifstrauen auf den czechischen Edelmaun blickt,
den seine hussitischen Neigungen noch besonders verdachtig
erscheinen lassen.
Es konnte einen Augenblick Avohl scheinen, als solle die
Liegnitzer Sache im Zusammenhange mit den grofsen Streit-
fragen hier im ostlichen Deutschland entschieden Averden.
Der Kaiser benlitzte sie zunachst vornehmlich dazu, um
den Herzog von Sachsen, Friedrich, zu verpflichten und an
seine Politik zu fesseln, als Bundesgenossen gegeniiber der
feindseligen Partei, die eben jetzt in Bohmen emporgekommen
war. Im Jahre 1450 verschreibt er dem Sachsenherzog
Liegnitz, nachdem er demselben bereits frliher die Nieder-
lausitz, um welche dieser mit Brandenburg stritt, zugesprochen
hatte. Auf der anderen Seite unterliefsen es die Bohmen
nicht, solche Preisgebung der Landesinteressen zum Gegen-
stande neuer Anklagen gegen den Kaiser zu machen, und
die brandenburgischen Markgrafen, die ja ohnehin in Lieg-
nitz das Interesse ihrer Schwester zu vertreten hatten, nah-
men natiirlich auch gegen die Plane der Liegnitzer Partei.
AUerdings gab nun Friedrich von Sachsen seine An-
spriiche auf die Lausitz auf, verfolgte aber um so eifriger
seine Liegnitzer Anwartschaft. Ganz im Einverstiindnisse
mit ihm verfuhr der seit 1451 in Liegnitz schaltende kaiser-
liche Koramissar Reinprecht von Ebersdorf, das Schieds-
gericht, das in Breslau die Sache zum Austrage bringen
soUte, erschien den Lubener Herziigen ganz parteiisch zu-
sammengesetzt, am 28. April 1451 huldigte die Stadt Lieg-
nitz dem Sachsenherzoge , der Ritter hierher gesendet und
Rllstungen eifrig betrieben hatte, unterstiitzt von dem ritter-
lichen Patrizier Matthias Griltzenschreiber, dem eifrigsten
280 Viertes Bucb. Erster ALsclmitt.
Gesinnimgsgenossen Ambrosius Bitschens uud Biirgermeister
von 1451. Als dann die Liibener Herzcige endlich uiige-
dvddig zu den Waffen griffen, erlitt Joliann (sein Bruder
Heinrich starb kurz vorlier) am 27. August 1452 bei Wal-
dau unweit Liegnitz cine schwere Niederlage, worauf er
seine Sache auigebend im September dieses Jahres einen
Vertrag mit Ebersdorf scldofs, vermdge dessen er gegen
sine Summe von 28 000 Gulden alle Anspriiche auf die
Lande und Stadte Liegnitz und Goldberg aiifgab.
Aber zu eben dieser Zeit Latte sich die ganze Lage der
Dinge wiederum veriindert, ein Aufstand der Osterreiclier
entrifs deni Kaiser gerade am Tage des Treffens bei Waldau
die Vormundschaft ilber den jungen Konig Ladyslaw, und
das Ilaupt der Verschworenen, der Graf von Cilly, ver-
standigte sich mit Georg Podiebrad, den Ladyslaw jetzt 1453
als Landesverweser bestatigte. Nun war von einer Abtretung
von Liegnitz an Sachsen nicht mehr die Rede, Podiebrad
hatte eine derartige Schmalerung eines Ei'blandes nimmer-
mehr zugegeben; wenn gleicli die Sache Herzog Johanns,
der, da die versprochene Geidzahlung ausblieb, seine An-
spriiche erneute, dadurch nicht gewann, vielmehr Liegnitz
1453 aufs neue dem Konig LadyslaAv zu Hiiuden Herrn
Protzkes von Kunstadt; eines Verwandten des Landesverwesers,
huldigte.
Herzog Johann starb in demselben Jahre, doch ercifFneten
sich seinem Sohne Friedrich bald bessere Aussichten, in-
sofern ■ sein Grofsoheim , der kluge Diplomat Albrecht
Achilles, 1454 eine Heirat zwischen ihm und Georg Podie-
brads Tochter Sidonia vorschlug und damit dem Ehrgeize
des machtigen Bohmen, der eben damals ja, wie wir
noch sehen werden, ganze Flii'stentiimer in Schlesien erwarb^
schmeichelte.
Thatsachlich hat man audi in viel spaterer Zeit auf
diesen Plan zurilckgegriffen; zunachst aber erfolgte in Lieg-
nitz eine sehr unerwartete Wendung der Dinge, augenschein-
lich im Zusammenhange mit dem, was in Breslau vor sich
gegangen war, seitdem Georg Podiebrad 1453 die Zilgel
der Regierung in seine Hand bekommen hatte.
Joliann Capistran in Schlesien.
Der alte Hafs der Scidesier gegen die hussitischen Ketzer,
hinter d em sich ja zugleich die Abneigung gegen das deutsch-
feindliche Czechentum versteckte, hatte aufs neue Nahrung
Johann Capistran in Schlesien. 281
erhalten , dadurcli dais mit Georg Podiebrad die ge-
mafsigte Hussitenpartei wieder ans Kuder gekommen war.
Doch auch aufserhalb ScLlesiens, vornehmlich unter der
Geistlichkeit, empfand man es libel, dais jetzt wirklich ein
anerkannter Hiissit Rokycan als Erzbischof vou Prag an
der Spitze der bohmischen Kirche stand, und die Zurilck-
flihrung der Abgefalleuen ziim recliten Glauben erschien
fortan als eine der wichtigsten Aulgaben der Kirche.
Als ein Werkzeug dieser Mission Avar nun damals der
italienisehe Minorit Johannes, nach seinem Geburtsorte ge-
wohnHch Capistran genannt, aufgetreten, der einerseits in
dem Schofse seines Ordens eine strengerer Disziplin zuge-
wendete Richtung begrtindet hatte und bald als „aposto-
hscher Kommissar und Generalinquisitor ketzerischer Ver-
derbtheit" die cistlichen Lande zu bereisen begann, liberall
Bufse und Rllckkehr zuni rechten Glauben predigend. Dafs
er dies in lateinischer Sprache that, welche nur sehr wenige
seiner Zuhorer verstanden, that der Wirksamkeit seiner Be-
redsamkeit keinen Eintrag, der Menge genilgte es, den kleinen
Mann zu sehen, dem der Puf grofser Wunderthiitigkeit vor-
ausging, und dessen magerer Korper die Spuren arger Ka-
steiungen trug, der mit sudlieher Lebhattigkeit zu gestiku-
Heren verstand und auch wohl den Schiidel seines Meisters,
des heihggesprochenen Paters Bernhardin, vorwies, um alles
mit sich fortzureifsen.
Gerade in den Landern, in denen das Hussitentum Ein-
gang gefunden hatte, wie in Miihren, z. B. in Brilnu und
Olmiitz predigte Capistran im Sommer 1481 unter unge-
heuerem Zulaufe und bewirkte zahlreiche Bekehrungen. In
Prag wiinschte er eine Disputation mit Pokycan abzuhalten,
doch weigerte ihm der, Landesverweser das Ireie Geleit, so
dais er in Bohmen nur auf den Posenbergischen Besitzungen
und in dem deutsch- und katholisch-gesinnten Eger sicheren
Aufenthalt land. Die Breslauer konnten es kaum erwarten,
dais er auch ihre Stadt besuche. Der Bischof Peter lud
ihn ein, augesehene Burger suchteu schriftlich um Aulbahme
in die von ihm gestiftete Brilderschaft nach, und als er
einen Besuch in Breslau von der Griinduiig eines Klosters
seines Ordens abhaugig machte, willfahrte man ihm und
verschaffte, nachdem die Versuche, ihm das Franziskaner-
kloster zu St. Jakob einzuriiumen, an der Feindschaft von
dessen BeAvohnern gescheitert Avaren, ihm einen ansehnlichen
Bauplatz in der Breslauer Neustadt, von dem daun Capistran,
der am 13. Februar 1453 hier seinen ieierlichen Einzug
gehalten, am 18. Marz Besitz nahm, und avo sich denn
282 Viertes Bucli. Er.stei" Abschuitt.
iiun audi bald der Bau der Kirche zu St. Bernhardin und
des dazu gehorigen Klosters erhob.
Aiif dem Salzringe (dem heutigen Bliiclierplatze) und
auf dem Elbing vor dem Vincenzstifte prcdigte Capistran
wiederholt vor Versammlungeu, welche aus ganz Schlesien und
bis von den baltisehen Grestaden her zusammengcstromt
nacli vielen Tausenden ziililten, die in atemloser Stille der
lateinischen Predigt zahorten, aber sich zu zerstreuen pflegten,
wenn des Redners Begleiter die Predigt deutsch zu verdoll-
metschen begann. Man wufste ja auch ohnedies, was cr
woUte, und zum Zeichen der Balse schleppte man auf den
Salzring einen grofsen Haufen allerhand Gregenstiinde des
Putzes, des Luxus und der Kurzweil, um sie auf eineiii
Scheiterliaufen zu verbrennen. Aber der erregte Fanatis-
mus suclite bald noch weiteren Ausdrack. Hier in Breslau
taucliten Bescliuldigungen gegen die Juden auf, als hiitten
dieselben gestolilcne Hostien beschimpft und einen Christen-
knaben getotet, um sein Blut zu rituellen Zwecken ihres
Gottesdienstes zu brauchen. Auf Grund derselben beeilte
man sich, alle Juden gefangen zu setzen und ihre Besitz-
tiimer mit Beschlag zu belegen. Die Folter, in deren Ge-
brauch Capistran selbst die Henker zu unterweisen ver-
mochte, erprefsten Gestandnisse, 41 Juden wurden verbrannt,
die iibrigen aus der Stadt verjagt, in Schweidnitz, Jauer,
Striegau, Lowenberg, Reichenbach und auch in Liegnitz be-
gannen gleichfalls Judenverfolgungen unter leicht gefundenen
Vorwanden. In gleicher Weise gegen die Hussiten vor-
zugehen, dazu fehlte den Breslauern nicht der Wille, son-
dern nur die Gelegenheit, und dafs Capistran ihnen in die-
sem Punkte keinen Zweifel dariiber liel's, wie gern er sie
statt gegen die Juden gegen die bohmischen Ketzer gefiihrt
haben wiirde, machte das leidenschaftliche Mannlein ihnen
doppelt wert.
Capistran blieb langere Zeit in Breslau 5 gehalten eben-
sowohl durch das eigene Behagen an der fast abgottischen
Vei'ehrung, die er hier genofs, wie durch die Berechnung
hiesiger hussitenfeindhcher Geistlichen , die in ihm das trefF-
lichste "NVerkzeug erkannten, um auf die Stimmung der
grofsen Menge zu wirken. Der Fiihrer dieser Partei war
der gelehrte Domkantor und Prediger bei St. Elisabeth,
Dr. Nikolaus Tempelfeld, und seinem Einflusse fugte sich
zeitweise selbst der sonst minder eifrige Bischof Peter von
Breslau. Es war merkwllrdig genug: die czechen- und
hussitenfeindliche Stimmung der Breslauer hatte Capistran
hierher gezogen und ihm eine so begeisterte Aufnahme ver-
Erreguug des Volkes durch Capistran. 283
schafft, nun aber diente wiederum seine Gegenwart dazu,
diese Gesinnung zu steigeru und zu verscharfen , die Oppo-
sition gegen den hussitisch gesiunten Landesverweser von
Bohmen gleichsam zur Gewissenssache zu machen. So
dachte die Menge; aber auch in den hochsten Kreisen des
Breslauer Patriziats begegnen wir Anzeichen einer hoch-
gradigen Verebrung fiir Capistran, der ja naturgemafs eine
gleicb tiefgewurzelte Feindscbaft gegen Podiebrad entsprach.
Unverdient genug traf den bobmischen Landesverweser
der Hafs der Scblesier. In ibm war kaum ein Zug von
jenem finsteren Fanatismus der alten Hussitenfuhrer. Was
er begebrte , war nur Duldung filr die sehr gemafsigte
Form utraquistiscber Lebre, die er bekannte, obne diese
Anderen autdrangen zu wollen, und wenn er jetzt den neuen
14jabrigen Konig Ladyslaw, dem er dureb seine Klugbeit
allein die Anerkennung und Kronung verscbafft batte, an
sicb zu fessebi sucbte und ibn mit czecbiscb und utra-
quistiscb Gesinnten umgab, so war dabei weder Zauberei
"noch Argbst im Spiele. Aber die Eiferer in Breslau bangten
um das Seelenbeil des jungen Konigs, der mebr und mebr
von den Ketzern umstrickt werde, und als es nun gar be-
kannt ward, dafs Podiebrad zum Lobn fur seine Dienste
von dem Konig das Recbt erlangt babe, die verpfandeten
Lande Glatz, Miinsterberg und Frankenstein fiir sicb ein-
zulosen, und somit ansebnbcbe scblesiscbe Laudscbaften in
den Besitz eines bobmiscben Ketzers fallen sollten (1453),
da geriet man vollends in Harniscb, und scbon in der Hul-
digungsfrage zeigten sicb die feindlicben Gegensatze.
Konig Ladyslaw 1453—1457.
Nacbdem am 28. Oktober 1453 Ladyslaw zu Prag feier-
lich gekront worden war, beiscbte er audi von den Neben-
landern Huldigung. In Mahren war dies scbon friiber ge-
scbeben, die Lausitzer geborcbten der ersten Aufforderung,
und aucb in Scblesien wagten die macbtlosen kleinen Teil-
fursten keinen Widerstand; anders die Vertreter der un-
mittelbarfin Kronlande , der Fiirstentiimer Breslau u»d
Scbweidnitz - Jauer , derselben, in denen Capistran und die
Geistlicbkeit iiberwiegenden Einflufs erlangt batten; bier er-
folgte eine feste Weigerung und die Forderung, dem Her-
kommen gemafs in Scblesien buldigen zu dllrfen, dem Ko-
nige in Person oder Beauitragten desselben. Die Forderung
hatte wobl ibre Berecbtigung, insofern die Scblesier ja gegen-
iJ84 Yicrtes JLJuch. lilrster Abscliiiitt.
liber dem Streben der buhmischen Stiinde, Bijlimen zu einera
Wahli'eiche zu machen, an der Erblichkeit der Krone fest-
liielten iind deshalb uicht gern durcli Ableistung der Hul-
digung in Prag den Anscliein erzeugen wollten, als ge-
dilchten sie, das Treugeltibnis an iliren Erblierren irgendwie
von der AA^ahl resp. Annahme desselben durch den boh-
mischen Landtag abliangig zu niachen.
Am Prager Hofe konnte man im Grunde einer Auf-
fassung nicht ziirnen, der das Prinzip der Erblichkeit im
Gegensatze zu den Wahlpratensionen der Czechen zugrunde
lag; und der Forderung der Breslauer entsprechend sandte
man eine Kommission bolimischer Grolsen nacli Breslau ab,
mufste aber nun erleben, dafs die inzwischen durch die
Geisthchkeit noch welter aufgereizten Breslauer am 7. Mai
1454 den Gesandten die Huldigung audi jetzt noch wei-
gerten, das personliche Erscheinen des Konigs verlangend,
sowie vorliergehende Beruhigung dariiber, dafs angeblich
dem Kunige Kasimir von Polen, bei dessen Vermiihlung
mit Ladyslaws Schwesterj fur deren Mitgift die bohraischcn
Kronlande zum Pfande gesetzt seien, wiihi'end doch nach
den Privilegien der Schlesier ohne deren Zustimmung nichts
von dem Lande verpfandet werden diirfe.
Als die Breslauer zu dieser erneuten Weigerung schritten.
standen sie schon sehr allein, die Fiirstentlimer Schweidnitz-
Jauer hatten sich zur Hiddigung an die bohmische Gesandt-
schaft in Schweidnitz bereit linden lassen, und als Podiebrad
dem Breslauer Bischofe drohte, er werde eine Fortsetzung
derartiger feindsehger Gesinnung zmiiichst an den Landen
der Kirche rachen, gab auch dieser nach, zog in aller
Stille am 11. Juli 1454 zur Huldigung nach Prag und
brachte von da eine neue Aufforderung an die Breslauer
mit, sich doch auch zu fugen.
Diese aber bheben dabei, Ladyslaw soUe ebenso gut,
wie es sein Vater gethan, personhch in Breslau die Hul-
digung entgegennehmen , und wie sehr auch die Weigerung
die Bohmen und wohl auch den Landesverweser verstimmte,
der junge Konig, dem die Breslauer ihre personHche Er-
gebenheit zu versichern nicht mllde wurden, dem auch
Capistran selbst in einem die letzten Motive der Bres-
lauer andeutenden Sinne geschrieben hatte, und der schliefs-
lich doch in seinem Herzen dem Hussitentum nicht wohl-
wollte, mochte von scharfen Mafsregeln gegen die Bres-
lauer nichts wissen, und auf seinen Wunsch ward unter
dem Vorwande einer Zusammenkuuft mit seinem kiinftigen
Schwager, dem Polenkonig, eine Reise nach Breslau in Aus-
Verhandlungen wegen der Huldigung. 285
sicht genommen, bei der nun auch die Huldigung der Bres-
lauer erfolgen konnte.
Die Saiten nicht zu hoch anzuspannen, mochte auch die
kleine Revolution mahnen, welclie inzwischen in Liegnitz
den dort so lange fortspielenden Erbfolgestreit in ein ganz
neues Stadium hatte treten lassen.
Es hatte nicht ausbleiben konnen, dafs in diesem Streite
allmahlich grundsatzliche Gegensatze sich geltend machten.
Die gesamten schlesischen Fiirsten zeigen sich erschreckt
darilber, dafs man jetzt bezilglich der Vererbung ihrer Lande
eine strengere lehenrechtliche Praxis einfuhren wolle^ sie er-
kennen darin „eine grofse Beschwerung und Schwachung
ihrer fiirstlichen Herrlichkeit", eine Herabsetzung ihrer selbst
unter andere Fiirsten der Christenheit und erachten es als
ein sehr iibles Beispiel, wollte man den Liegnitzern es nach-
sehen, was doch nie erhort sei in diesen Landen, „dafs
solche Leute mit ihrera Eigenwillen und Ubermut von ihren
Erbherren treten sollten'^ Fast drohend schreiben diese
Fiirsten dem jungen Konig, diese Sachen grifFen in ihre
Herrlichkeit , Gewohnheit und altes Herkommen, und falls
die Liegnitzer in ihrem Hochmute und Mutwillen beharrten,
mlifsten sie als Fiirsten sich ins Mittel legen, und es konnte,
meinen sie, dem Konige nicht entgehen, dafs ihm ihre (der
Fiirsten) Dienste doch wertvoller seien als die der Lieg-
nitzer.
Trat so auf der einen Seite das fiirstliche Interesse dem
stadtischen scharf gegeniiber, so liefs sich anderseits doch
auch den Liegnitzer Patriziern, den Urhebern der ganzen
Bewegung, gegenilber das Interesse ihrer Gegner, der ple-
bejischen Ziinfte ausspielen, und die Herzoglichen hatten
das vou Anfang an gethan, den Ziinften gegenilber hatte
Herzog Johann von Lilben mit Versprechungen nicht ge-
' kargt.
; Auf der anderen Seite war ihm auch nicht entgangen,
I dafs der seit 1453 neu entflammte Ketzerhafs auch zu
I Liegnitz in der grofsen Menge eine seinen Interessen giln-
j stige Stimmung hervorrufen konnte; so sehen wir ihn denn
1 zu Breslau an der feierlichen Prozession teilnehmen, mit
I welcher Capistran am 18. Marz 1453 von dem fllr das
I neue Kloster bestimmten Platze Besitz ergrifF. Dafs die
i Saat, welche Capistran auszusti-euen so beflissen war, auch
\ in Liegnitz aufgegangen war, zeigt uns die auch hier in
Scene gesetzte Judenverfolgung.
Die Rllckwirkung dieser Stimmung auf den Streit in
I Liegnitz erlebte Herzog Johann freiUch nicht mehr, wohl
280 Viertes Buch. Erster Abschnitt.
abcr seine Witwe Hedwig, die an Rachdui'st wider ihre Be-
dranger, die rebellischen Patrizier in Liegnitz, niemandem
nachstand. Es war nicht allzu schwer, die letztereu bei der
grolsen ]\[enge um ihren Kredit zu bringen. Was batte
ihr Streben bisher der Stadt lilr Nutzen gebracht? Kost-
spielige Ililstungen und erhohte Steuern. War es recht,
war es verniinftig, so durften die Herzoglichen fragen, die
Abkcimmlinge der angcstammten Fursten zu verjagen, um
sich dafiir einen Czeehen als Herrn einzutauscben , einen
Vetter des verhafsten Ketzeroberbauptes , namlicb jenen
Protzke von Kunstadt, der seit dem Dezember 1453 als
bobmiscber Hauptinann im Lieguitzer Scblosse residierte?
Am 24. Juni 1454 bracb die Menge los, verjagte den Haupt-
mann, nachdem Hermann von Zettritz, der an der Spitze
eines kleinen Hiiufleins Widerstand versucbt batte, gefallen
war, deniolierte und plunderte die Wobnungen der patri-
zisclien Ftlbrer, vor allem des Matthias Griitzenscbreibers,
und scbleppte Ambrosius Bitscben ins Gefangnis. Nachdem
dann unter Flibrung der GeistHchkeit am 4. Juh die Her-
zogin-Witwe feierhcb in die Stadt zm'uckgefiibrt worden
imd ihrem Sobne Friedrich gebuldigt worden war, wurde
der gestllrzte Stadtsebi-eiber vor einen Ausnahmegericbtsbof
gestellt, gebiklet aus Adel und Stadten der Lande Haynau
und Goldberg, den alten Feinden der Liegnitzer Patrizier-
partei, denen es nun nicht schwer fiel, ein Todesm'teil zu
sprecben. Am 24. Jub 1454 fiel von Henkershand das
Haupt des Ambrosius Bitscben, und seine Plane gingen mit
ihm zu Grabe.
Die Folgen dieser Gewalttbat wurden nun durch die
eigentiimbche Verschobenheit der allgem einen Verbal tnisse
sehr modifiziert. Unter normalen Verhaltnissen batten die
Plane Bitschens auf die vollste Sympatbie seitens der Bres-
lauer recbnen dilrfen; denn es lag doch auf der Hand, dafs
fur eine Pohtik, wie sie die schlesische Hauptstadt sonst zu
treibeu gewobnt war, ein freistiidtisches Regiment in der
Immediatstadt Liegnitz bequemer sein muiste als die Herr-
schaft eines Herzogs; bei der jetzt in Breslau dominierenden
Stromung aber begrvifste man die monarchische Reaktion
in Liegnitz mit Freuden, schon well dieselbe einen Vetter
Podiebrads verjagt batte, und es bildete sich ein stillscbwei-
gendes Bilndnis zwiscben der Liegnitzer Herzogin und der
Stadt Breslau. Beide waren der Autoritat des Oberlehens-
berren, des Konigs von Bohmen, zu nabe getreten, und eine
Siihne dafiir zu beiscben, batte unter anderen Umstanden
die erste Pflicht Konig Ladjslaws sein milssen. Aber in
Konig Ladyslaw in Breslau. 287
dessen Augen warden beider Vergehen dadurch gemildert^
dais er selbst iiberzeugt war, diese Opposition gelte nicht
sowohl ihm selbst als der Person seines Gubernators resp.
der religios-politischen Richtimg, die derselbe vertrat, und
die geringe Geueigtheit, die er personlich dieser Richtung
entgegenbraclite, maclite ihn nun aiich gegen jene Opposition
nachsichtiger; mochte er doch selbst wohl auch an die Mog-
lichkeit denken, unter Umstanden gegen die Einfliisse, die
ihn jetzt ganz umsponnen hielten, feindlich auftreten zu
miissen, wo er dann solclie Andersglaubige wohl brauchen
kounte.
Und nun endlich Podiebrad selbst. Immer gewohnt, sich
nicht von Oefuhlsregungen, sondern von sorgsamen politi-
schen Erwagungen leiten zu lassen, gab er der Ki-ankung
liber die ihm entgegengetragene Feindschaft keinen Raum,
sondern iiberlegte nur, dafs er, der im eigenen Lande Boh-
men manche ihm feindHchen Einfliisse aufkeimen sah, nicht
durch schroffes Auftreten die Schlesier in die Arme aus-
wartiger Fiirsten treiben diirfe, etwa Wilhelms von Sachsen,
der ja einen gewissen Anspruch auf Liegnitz aufweisen
konnte oder der braudenburgischen Markgrafen, der Oheime
der Herzogin Hedwig.
So wurden denn die Widerspenstigen in Schlesien nicht
eben hart angefafst. Im Dezember 1454 filhrte Georg
Podiebrad seinen konighchen Schiitzling nach Breslau, wo
sich eine glanzende Versammlung um ihn scharte, namlich
aufser den fast vollzahlig erschienenen schlesischen Fiirsten
noch die Bayernherzoge Ludwig und Otto, die brauden-
burgischen Markgrafen Friedrich und Albrecht, ersterer von
einer liebhchen Tochter begleitet, die man dem jungen Ko-
nige zudachte; am Weihnachtstage celebrierte im Breslauer
Dome der Erzbischof von Gnesen das Hochamt und am
12. Januar weihte hier der Breslauer Bischof Peter den neuen
Bischof Bohusch von Olmiitz, assistiert von dem Bischofe
von Grofswardein und dem Breslauer Weihbischofe. Konig
Ladyslaw zeigte geflissentlich bei jeder Gelegenheit kirch-
Uchen Eifer und grofste Hochachtuug vor den Stiltten und
Zeremonieen des Gottesdienstes, und empfing von den Schle-
siern allerorten Beweise aufrichtiger Ergebenheit. Fiir die
jHuldigungsfeier war wiedei'um wie 1439 an der Ecke des
|Ringes und Salzringes ein holzernes, reich geschmiicktes
iHaus aufgerichtet worden, und als hier am 11. Dezember
iier Rat der Stadt Breslau den Eid der Treue leistete, pra-
pisierte die Huldiguugsformel den Sonderstandpunkt der Schle-
sier noch scharfer, als es hier bei weiland Konig Albrecht 11.
288 Viertes Buch. Erster Abschnitt.
geschehen war. Von der erfolgten Konigswahl war cliesraal
keine Rede, die Iluldigung ging an „Herrn Ladyslaw, ge-
kronten Konig zu Bohmen, unseren gnadigen angebornen
Erbherrn und seine Leibeserben Konige zu Bohmen".
Wenn dann der Konig auf seines Grubernators Driingen
von der Stadt gleichsam als Strafe des bewiesenen Unge-
horsanis eine aufserordentliche Konti'ibution verlangte, die
schlielslich auf 15 000 Gulden festgesetzt ward, so versichert
uns der Breslaiier Stadtschreiber Esclienlocr , die Burger
batten die Summe mit Freuden daflir gegeben, dafs sie da-
durch der Huldigung in Prag iiberhoben worden seien, und
nur der Gedanke habe sie gewurmt, dafs schliefslich von
diesem Gelde Georg Podiebrad die schlesischen Landschaften,
in denen er sich festsetzte, kaufte oder einloste.
Gegen diesen blieb in der That die Gesinnung der Bres-
lauer von iramer gleicher Unversohnlichkeit , wie gemafsigt
und vorsichtig er sich auch zeigte. Die Glut des Czechen-
hasses lag hier unter leichter Decke, und bei einem Haare
ware sie hier in hellen Flammen aufgelodert. Als namlich
bei einem Turniere bolunische Herren unwillig darllber, unter-
legen zu sein, aus deni Scherze Ernst machend, wilder auf ihrc
Gegner eindrangen, ergrimmten die Zuschauer, durchbrachcn
die Schranken und machten Miene, die gewaltthatigen Gaste
niederzuschlagen, so dafs nur die vereinten Anstrengungen
der anwesenden Fiirsten, vor allem der Bayernherzoge und
des j\Iarkgrafen Albrecht Achilles, eine blutige Katastrophe
abzuwenden verinochten.
Der bis zuni 31. Januar 1455 fortgesetzte Aufenthalt
Ladyslaws in Breslau hat zur Ausgleichung der Gegensatze
so wenig vermocht "\vie die Kachbarschaft, in welche die Bres-
lauer zu Podiebrad als Landesherren von Miinsterberg und
Glatz treten: die Reibungen dauerten hier fort, die Breslauer
weigerten sich, die Milnzen anzunehraen, die Georg in seinera
Lande schlagen liefs, sie entzogen sich dem hoflichen Ver-
kehr mit Besuch und Glilckwunsch, den andere schlesische
Fiirsten dem machtigen Manne gegeniiber angebahnt batten,
sie hielten ihre Unterstutzung zurllck, selbst wo es ein ge-
meinsames Interesse wie etwa die Bezwingiing eines Raub-
ntters gait.
Allerdings iinderten diese Reibungen nichts an der den
Breslauern so unerwunschten Thatsache, dafs der verhafste
Ivetzer sich in Landen festgesetzt hatte, wo ehedem schle-
sische Fiirsten gethront batten. Bald griff bohmischer Ein-
flufs noch weiter. Die Breslauer Hauptmannschaft hatte seit
Konig Albrechts II. Zeit der Rat der Stadt verwaltet, doch
Feindseligkeit der Breslauer gegeu Podiebrad. 289
es war vorauszusehen, dafs Podiebrad dies nicht langer zu-
lassen Averde; die Hauptmannschaft iiber Schweidnitz - Jauer
und schliefslich die Oberhauptmaunschaft iiber ganz Schle-
sien war damit zu verbinden, und schon um der dabei in
Frage kommenden Einkilnfte willen warben schlesische
Fiirsten eifrig darum.
Aber Georg hatte andere Absicliten ; es war seiner Klug-
heit und Mafsigung gelungen, sich mit dem hoch angesehenen
Geschlechte der Rosenberg auszusohnen, welche zwar eifrige
Czechen doch dabei nicht minder eifrige Katholiken waren;
also ganz besonders verwendbar fur die bohmischen Neben-
lande, wo ja in ueuester Zeit der Einflufs der argwoh-
nischen Geistlichkeit mafsgebend war. So erhielt Heinrich
von Eosenberg nacb und nach die Vogtei der Sechsstadte
(Oberlausitz) , die Hauptmannschaften iiber den mittelbaren
Besitz der Krone in Schlesien (Breslau, Schweidnitz - Jauer)
und endhch auch die Oberhauptmannschaft iiber Schlesien.
Obwohl nun Heinrich von Rosenberg des Deutschen
wenig machtig war, so geniigte das Zeugnis seiner Recht-
glaubigkeit; um ihn den Breslauern annehmbar erscheinen
zu lassen, ja sein Emflufs wuchs so schnell, dafs, als im
Februar 1456 Bischof Peter von Breslau starb und Heinrich
jetzt seinen Bruder Jost zum Nachfolger empfahl, der Rat
und die Schoffen einstimmig beim Domkapitel diese Wahl
befiirworteten und schhefslich auch durchsetzten, obwohl es
mit Josts Deutschtum nicht besser bestellt war wie mit dem
seines Bruders.
Soweit war es also in der That gekommen. Eine Be-
wegung , welche einstmals einen vorzugsweise nationalen
Charakter getragen und dem treuesten Festhalten an dem
Deutschtum, worin Breslau immer ganz Schlesien vorange-
leuchtet, den Ausdruck gegeben hatte, war in den Handen
der grofsen durch Manner wie Capistran fanatisierten Menge
ganz auf das religiose Gebiet hintibergedrangt worden, so
dafs jetzt das Czechentum unter dem Losungsworte der
Rechtglaubigkeit hier einen siegreichen Einzag halten konnte.
Wohl habeu die Rosenberge die Breslauer und die Schlesier
nicht zu Czechen gemacht, es auch nicht versucht, immer-
hin aber ist der Umstand, dafs jetzt das geistliche Haupt
Schlesiens ebenso wie der weltliche Vertreter des Ober-
landesherrn Czechen waren, von einer nicht zu unterschiitzen-
den Bedeutung geworden fiir die Stellung, in welche Breslau
1457 gedriingt ward.
Natiirlich mufste bei der Anwesenheit Lady slaws in
Breslau nun auch die Liegnitzer Angelegenheit zur Ent-
Grunliagen, Gesch. Schlesiens. I. 1"
290 \'icites Bucb. Erster Abschuitt.
scheidung komineu. Unter deiu Vorsitze Heinrichs von
Rosenberg, des neueii Hauptmanns, ward ein Gericht aus
b(ihmischen Hei'ren bestehend eingesetzt, vor dem nun naniens
der Krone Georg von Podiebrad vind der bohmische Kanzler
Prokop von Rabstein durch den Mund des beredten Gregors
von Heimburg ani Wiederherstellung des Zustandes vor der
Revolution (also auf Zurilckberulung des bohmischen Haupt-
mannes und Zahlung einer Geldbufse von 120000 Gulden)
klagten. Die Liegnitzer leisteten der Ladung keine Folge,
wohl aber erhoben Gesandte der Herzogin Einspruch gegen
jenen Antrag, insofern er dock auch einer Entscheidung der
Erbtblge prajudiziere , liber welche die Herzogin und ihr
Sohn dem Herkommen nach vor den schlesischen Fiirsten
zu Recht zu stehen hiitten, und in der That vermogen diese
Vorstellungen soviel durchzusetzen, dafs das von jenem Ge-
richtsliofe gefallte Urteil vom 30. Januar 1455 die Liegnitzer
kurzweg des Bruchs ihrer Huldigung, Eide und Gelubde
von wegen der Austreibung der koniglichen Bearaten schuldig
erklilrt, die Art der Bestrat'ung aber dena Konigc anheim-
stellt. Damit war fur die Ansprilche der Lilbener Her-
zogsfarailie sehr viel gewonnen; die Frage der Liegnitzer
Revolution war ganz nach deren Wunsche von der Ent-
scheidung iiber die Erbtblge losgelcist und die letztere einem
anderen Forum vorbehalten. Ein Hinziehen der Sache aber
war, seit Herzogin Hedwig wiederum in Liegnitz festsafs,
ihr das "Willkommenste.
Augenscheinlich tiel bei der ganzen Sache die Stimmung
der schlesischen Fiirsten schwer ins Gewicht. Wir sahen
bereits, wie erregt diese geworden Avar, je mehr man in
diesen Kreisen inne wurde, dafs es sich hierbei um eine liir
die Frage, inwieweit die schlesischen Herzoge liber ihre
Lande zu disponieren berechtigt seien, hochst bedeutungs-
vollen Vorgang handle. Dieselben hatten bereits in ihrer
ersten Vorstellung stark hervorgehoben, der unmllndige Konig
habe an der ganzen Sache keine Schuld, also mit anderen
Worten dem Landesverweser erklart, dieser trage in ihren
Augen die ganze Verantwortlichkeit fllr die mit dem Lieg-
nitzer Handel beabsichtigte Unterdrilckung und Benach-
teiligung der schlesischen Fiirsten und fiir alle verderblichen
Folgen, die daraus entspringen konnten.
Bald vermogen sie nun auch sich darauf zu berufen,
dafs Kcinig Lady slaw dem verstorbenen Herzog Johann
zweimal, einmal durch den Grafen Cilly, ein ander Mai durch
Herrn Ulrich Eytzinger habe versichern lassen, das feind-
selige Auftreten des bohmischen Hauptmanns Reynprechts
Fortsetzuug des Lieguitzer Lehenstreites. 291
von Ebersclorf in Liegnitz gegen die Llibener Herzogs-
familie sei nicht mit seinem Willen erfolgt. Es entsprach
ganz diesen Anscliauungen , wenn nun auch Herzogin Hed-
wig tlber den Kopf des Gubernators liinweg sich an den
Konig mit der Bitte wendete, die Entscheidung iiber die
Liegnitzer Erbfolge bis zur Miindigkeit des jimgen Herzogs
Friedrich oder wenigstens auf ein bis zwei Jahre auszu-
setzen, inzwischen aber Georg Podiebrad alle Feindseligkeiten
zu iintersagen.
Den Landesverweser konnten diese Dinge wohl stutzig
machen. Die schlesische Landeshauptstadt stand ihm in un-
versolinlicher Feindseligkeit gegeniiber, sollte er jetzt auch
die sclilesisclien Herzoge dadurch, dafs er sie an enipfind-
lichster Stelle ti-af, gegen sich ganz und gar in Harnisch
bringen? Selbst des jungen Konigs war er nicht mehr
sicher. Von Wien aus befahl derselbe ganz im Sinne jenes
Antrages der Herzogin Hedwig, bis zui- Rilckkehr Heinrichs
von Kosenberg nach Schlesien nichts mehr gegen die Lieg-
nitzer zu unternehmen, wahrend dagegen Podiebrad von
Prag aus unter dem 11. August 1456 den Liegnitzern Fehde
ankiindigte. AUerdings bleibt es bei der Armut unserer
Quellen zweifelhaft, inwieweit es jenem mit solcher Fehde
Ernst war, und ob er nicht blofs dem Prager Landtage
gegeniiber, welcher liber den durch die Liegnitzer der boh-
mischen Krone angethanen Schimpf sehr unwillig war, einen
gewissen guten Willen zeigen wollte, und ebenso ist es
wohl moglich, dafs Kcinig Ladyslaw, wenn er 1456 Podie-
brad von FeindseHgkeiten gegen die Liegnitzer abhielt, in
der That nur daran dachte, zuforderst alle Ki*afte gegen
die drohende Tilrkengefahr zu vereinen, wie wir denn wahr-
nehmen, dafs auch von ihm im folgenden Jahre 1457, als
er siegreich von dem Tiirkenfeldzuge heimkehrte, scharfere
Edikte gegen die Liegnitzer erlassen werden.
Auf der anderen Seite aber spricht doch vieles dafiir,
dafs der junge Konig in Bem'teilung der schlesischen An-
gelegenheiten liberhaupt keiueswegs auf dem Standpunkte
Georgs von Podiebrad stand. Es gelang diesem letzteren
nun einmal nicht, Ladyslaw so an sich zu fesseln, dafs
nicht auch anders gesinnte Eatgeber demselben hatten nahen
konnen. In Wien und Ungarn herrschten . doch sehi* andere
Einflilsse. Filr die anspruchsvolle Adelsversammlung , die
im Prager Landtage gebot, hatte der konighche Jiing-
ling geringe Sympathieen, dem ganzen hussitischen Wesen
stand er mit kaum verhehlter Abneigung gegeniiber, und
dieses Gefuhl mochte in dem Tiirkenfeldzuge von 1456 nur
19*
292 Viertes Buch. Erster Abschuitt.
noch verstarkt worden sein. War damals audi der Sieg
an ci'stcr Stelle der Tapferkeit Johann Hunyads zu ver-
dankeu, so hatte docb audi Capistran, der grolste Feind der
Hussiten, dabei seine Haiide im Spiel geliabt, die Geiiiiiter
zum Kampfe gegen den Erbfeind cntflammt und allein aus
Sclilesien einen Zuzug von 800 wohlgeriisteten Kreuzfabrem
dem Heere des Konigs zugefiibrt, von denen mr erfahren,
dafs sie am 7. September 1456 in feierlicher Prozession von
der Gcistlicbkeit und den Scbiilern geleitet aus den Thoren
Breslaus ausgezogeu sind.
Aufserdem mocbte Ladyslaw je alter er wurde, um so
mehr die Abbiingigkeit empfinden, in die ilm Georg Podie-
brad gebannt batte, ein Gefuhl, dem die dankbare Erinne-
rung an geleistete Dienste auf die Lange niclit die Wage
zu halten vermocbte. Wessen der junge Fiirst fabig sei,
das erfubr eben im Friibbnge des Jabres 1457 die Welt
mit Staunen und Grauen, als derselbe die Erben des ge-
feiertsten Namens in Ungarn, des Tiirkensiegers Johann
Hunyad, nacbdem er sie mit vollendeter Verstellung in
Siclierbeit eingewiegt, gefangennebmen und dem Altesten
Ladyslaw Hunyad das Haupt vor die Filfse legen liefs, zur
Strafe dafiir, dafs er des Konigs Ratgeber Graf Ulrich von
Cilly erscblagen und Ladyslaw gezwungen batte^ sicli seinem
Einflusse zu beugen.
Dem, der solcbes auf ungariscbem Boden gewagt batte,
koiinte aucb in Bobmen kein Haupt zu boob diinken, um
es nicbt zu fallen, wenn sicli Zeit und Stunde dazu bot.
Georg Podiebrad empfand das wolil, und nui' mit den grofsten
Vorsicbtsmafsregeln nabte er darauf seinem koniglicben
Pflegling, der sieb jedocb endbcb bereit finden liefs, Georg
nacb Prag zu geleiten, wo er bald wieder durdi die Un-
gunst, die er dem greisen geistlicben Haupte der Hussiten,
dem Erzbiscbofe von Prag, Rokycan, zeigte, grofsen An-
stofs erregte.
Nur wcnige Monde verweilte er zu Prag mit Anstalten
zu seiner Vermablung mit des Konigs von Fraukreich
Tocbter bescbaftigt; da erkrankte er plotzlicb; binncn zwei
Tagen, am 23. November 1457, war er eine Leicbe.
Mit der Kunde aber von dem jaben Tode des ISjabiigen
Jungbngs, eines Bildes der Kraft und Gesundheit, erstand
aucb das Gerucbt, die Hussiten und ihr Haupt, Georg
Podiebrad, batten mit Gift den Konig aus dem Leben ge-
scbafft, ein Gerucbt, das fest geglaubt wurde allerorten, wo
man dem macbtigen Bobmen nicbt woblwollte, und es fehlte
ibm nicbt an Feinden.
Der Tod cles Kouigs Ladyslaw. 293
Der Historiker aber, der sorgfaltig abwag-end sein Ver-
dikt abgiebt, wird bekennen milssen, es konne der Umstand,
dafs dieser Tod Georg Podiebrad sehr gelegen kam vmd ihn
aus einer Lage befreite, die von Stunde zu Stunde gefahr-
licher und bedenklicher flir ihn wurde, ja ihm liber Nacht
einmal Stellung, Ansehn, vielleicht selbst das Leben kosten
konnte, doch nicht als hinreichend angesehen werden, um
bei dem Mangel sonstiger Beweise das Andenken Georgs
von Podiebrad niit der furchtbaren Beschuldigung eines sol-
chen Meiichehiiordes zu belasten.
Zweiter Abschnitt.
Konig Greorg Podiebrad 1458 — 1469. Widerstaiid der
Breslauer mid dereii Isolieruiig. Die Kegentsehaft
des Legateii. Kitinpfe in Schlesien 1466 und 1467.
Es sind wenig erii'eidicbe Blatter der scblesischen Ge-
schichte, die jetzt folgen, wo die Zersplitterimg des Landes
nach alien Seiten bin unheilvolle Friichte triigt, wo das alte
Bollwerk des Deutschtums hier im Osten von aller Welt
im Stich gelassen in die Hande der Fremden fallt und
selbst die Standbaftigkeit der Breslauer uns vielfach be-
dauern lafst, dais sie nicht in einem anderen Kampfe, unter
anderen Fahnen und fur andere Preise zur Geltung ge-
bracht worden ist, da sie thatsachlich _ doch nur darum
kampft, statt des drohenden grufseren tJbels ein kleineres
auf die Schultern zu nehmen. Und gerade fiir diese un-
erquickliche Zeit fliefsen unsere Quellen so reich wie kaum
jenials, und ein Geschichtschreiber, auf den unser Schlesien
mit Recht stolz sein kann, der Breslauer Stadtschreiber
Peter Eschenloer (geboren zu Niirnberg nach dem Jahre
1420) schildert uns die Kampfe der Podiebradischen Zeit
mit aktenmafsiger Genauigkeit, um dann am Abend seines
Lebens das ursprlinglich lateinisch geschriebene Werk in
deutscher Sprache neu zu bearbeiten zu einem Geschichts-
werke voll Geist und Leben, dem niemand einen hervor-
ragenden Platz in der nationalcn Ilistoriograpbie streitig
macht, wenn gleich der Forscher lieber auf die altere diirrere
294 Vicrtes Bucb. Z-weiter Abschnitt.
und aktenmafsige aber audi minder teudeuziose lateinische
Bearbeitimg zuriickgreitt.
Flir die tSchlesier schien eins durch den Tod Lady slaws
mit voller Bestiramtheit gegeben. Waren sie bislier inimer
fur den erblicheu Charakter der bohmischen Krone einge-
treten, die ja aucli bereits mehrfach in weiblicher Linie
fortgepflanzt worden Avar, wie z. B. nach dem Tode Sigis-
munds, so durften sie dies Prinzip auch jetzt nicht ver-
leugnen, sondern hochstens das unentschieden lassen, ob fur
den niichsten Erbberechtigten nun der Gemahl der iiltesten
Schwester Ladyslaws oder aber der iilteste Vetter aus habs-
burgiscbem Mannesstamme gelten diirfe.
Aber ehe darllber auch nur Bescliliisse gefafst werden
konnten, iinderte das Vorgehen der ungarischen und boh-
mischen Stande die ganze Lage der Dinge. Kaum war
Ladyslaw tot, so verlangten die Ungarn den Sohn ihres
Nationalhelden Johann Hunyad, ]\Iatthias, der seit dem Miirz
1457 von Ladyslaw gefangen gehalten wurde, als kilnltiges
Oberhaupt. Sein jetziger Kerkermeister Georg Podiebrad
zeigte sich einem Wunsche, der doch auch fur die eigenen
Plane einen erwunschten Vorgang lieferte, sehr geneigt. Der
kiinftige Konig Ungarns ward schnell aus einem Gefangenen
zu einem geehrten Gaste des Landesverwesers, der ihm sogar
die Hand seiner Tochter Katharina zusagte, und dem un-
garischen Beispiele folgend wahlte im Miirz 1458 der boh-
mische Landtag Georg Podiebrad zum Konig. Thatsaclilich
loste sich das grofse luxemburgisch - habsburgische Keich in
seine Bestandteile auf, und zwar auf der Grundlage der
Nationahtat. Die Magyaren walilten einen der Ihrigen, die
Czechen in Bohmen desgleichen; es hatte nun blofs noch
gefehlt, dafs auch die ganz deutschen Stammlande, die Lausitz
und Schlesieu, einen Fiirsten ihrer Nationalitat auf den
Schild gehoben hatten.
Das Recht zu solchem Vorgehen den Schlesiern zuzu-
gestehen, war man allerdings auf bohmischer Seite weit
entfernt. Die Nebenlande Bohmens sah man hier an als
festgeschmiedet fiir alio Zeiten an die Krone Wenzels, so
dafs sie einfach dem zu huldigen hatten, den jener Reif
schmiickte. Rechthch durfte die Sache wolil als aufserst
fraghch erscheinen, denn wenn auch die grofsen Privilegien
Karls rV". von 1348 und 1355 Schlesien und die Lausitz
fur alle Zeiten der KJrone Bohmen einverleibt hatten, so
hiefs es doch in den Ausfiihrungsbestinunungen dieser Ur-
kunden, dafs die Huldigungen der schlesischen Fiirsten an
die Erben und Nachfolger Karls IV. zu erfolgen hatten, so
Georg Podiebrads Konigswahl. 295
dafs kaum ein Zweifel darilber obwalten konnte, der Aus-
steller habe bei dera ganzen Privileg die Erblichkeit der
bohmisclien Krone vorausgesetzt.
Flir einen Erben Karls IV. konnte nun aber Pocliebrad
in keinem Falle gelten. Noch schwerwiegender war jedoch
ein anderes Bedenken. Weiland Kaiser Karl IV. hatte bei
seinem Bestreben, liberall feste gesetzmafsige Normen zu
schaffen, in seiner Eigenschaft als romischer Konig von
Reichs wegen 1348 ein Statut fur das Konigreich Bohmen
erlassen, dahin gehend, dafs nur in dem Falle, wenn einst-
mals von dem bohmisclien Konigsstamrae kein mannlicher
o d e r w e i b 1 i c h e r legitimer Erbe mehr vorhanden sei, den
Pralaten, Herzogen, Filrsten, Baronen, Edlen und der Ge-
samtlieit des Ktinigreichs und seiner Pertinentien,
nachdem dieselben den Rat einiger Reichsfilrsten, der Wahler
des kimftigen Kaisers und sonstiger Filrsten aus der Um-
gebung des Kaisers, eingeholt, das Recht zur Wahl eines
Konigs zustehe. Die ganze Bestimmung wird dann in der
grofsen goldenen Bulle von 1356 ausdriicklich angezogen
und bestatigt.
Jenes Grundgesetz der bohmisclien Krone war unzweifel-
liaft durcli die Wahl Georg Podiebrads verletzt wordeii.
Einmal war der darin vorgesehene Fall jetzt niclit vor-
handen, iiisofern noch weibliche Erben des Kcinigsstammes
vorhanden waren, und ferner war die Wahl niclit in der
vorgeschriebenen Weise erfolgt, insofern weder die Vertreter
der Pertinentien zugezogen waren noch der Rat der Reichs-
fursten eingeholt word en war.
Sicherlich batten hiernach die Schlesier das vollste Recht,
der geschehenen Wahl ihre Aiierkennung zu versagen und
sich jeder aus dieser Wahl abgeleiteten Huldigungspflicht zu
weigern. In weiterem Verfolg einer solchen Politik konnten
sich zwei Wege darbieten. Entweder man liielt an dem
Erbrechte fest und entschied sich flir einen legitimen Erben
der bohmischen Krone, oder aber man erklarte: die Krone
Karls IV., der wir inkorporiert worden, imd deren Trager
wir zu huldigen gehalten waren, existiert nicht mehr, der
Prager Landtag hat die Grundgesetze des Reiches grobhch
verletzt; das luxemburgisch - habsburgische Reich hat sich
aufgelost, wir sind unsere eigenen Herren, und rait dem-
selben Rechte, mit dem die Magyaren einen der ihrigen, die
Czechen einen ihrer Adeligen zu ihreni Haupte gewiihlt
haben, werden wir Deutschen uhs auch einen der unseren
zum Herrscher erkiesen.
In solcher Weise mutig das deutsche Banner zu erheben.
296 Viertes Buch. Zweiter Abschnitt.
die dentsche Nationalitjit als Trumpf auszuspielen gegen die
czechische, die magyarische Nationalitiit ware vielleicht
wenn gleich die kiihnste so doch auch die klligste Politik
filr die Schlesier gewesen, vorzuziehen dem blofsen Beharren
auf dem Erblichkeitsprinzipe, insofern sie dann der Gefahr
entgangen waren, bei eiaiem Vergleich der Erbberechtigten
als blolses Korapensationsobjekt niit verhandelt zu Averden.
Eine derartige Politik ist nun aber von der Gesamtheit
der Schlesier nie und selbst von den Breslauern nur vor-
iibergeliend ins Auge gefafst worden; war doch Schlesien
nicht wie Ungani oder Bohmen ein einheitlich konstituiertes
Reich, sondern in klaglichster Weise zersplittert und zwar
thatsiichlich in noch schlimmerem Mafse als friiher. Neben
einer Anzahl ohnmiichtiger Teilfiirsten, von denen keiner
dazu geartet war, eine fiihrende RoUe zu spielen, die mittel-
baren Kronlande Breslau und Schweidnitz-Jauer, in welchen
den Stadten die leitende Stimme zuliel, ohne dais jedoch
hier die Hauptstadt eine solche dominierende Stellung hatte
einnehmen konnen, wie sie es einst unter Karl IV. ver-
mocht hatte. Wir sahen ja bereits, wie sehr Breslau in
den letzten Zeiten Konig Ladyslaws isoliert dagestanden
hat. Und wer hatte auch behaupten mogen, dafs die stad-
tischen Gewalten von damals die Zixgel so test und sicher
gefilhrt hatten wie zu Karls IV. Zeit? Die Stadtregierung
war unvermerkt demokratischer geworden, die jetzt erregtere
grofse Menge wirkte und drilckte mit ihren wechselnden
Stimmungen auf die Entschliefsungen der Herren am Rats-
tische. Und wenn schon im Rate der deutschen Burger-
schaften Breslau an Einflufs eingebiilst hatte gegen friiher,
so war das natlirhch noch ungleich schlimmer den Fiirsten
gegeniiber. Deren Selbstgefiihl, ihr Standesbewufstsein war in
demselben Mafse gewachsen, als der Druck eines machtigen
Oberlehensherrn geschwunden war. Deutlich spricht aus
den fiirstlichen Verwendungsschriften in der Liegnitzer Sache
ihr Unwille gegeniiber den angeblichen Uberhebungen des
stadtischen Patiiziats.
So sah es libel aus mit den Bedingungen einer einheit-
Hchen Pohtik der Sclilesier. Und dazu nun die Thatsache,
dafs die beiden Organe der schlesischen Einheit, das geist-
Hche Haupt der Bischof von Breslau und der Landeshaupt-
mann Johann von Rosenberg, der seinem 1457 gestorbenen
Bruder Heinrich in dieser Wurde gefolgt war, beides Czechen
waren. Es ware lacherlich gewesen, daran zu denken, den
Karapf filr das Deutschtum unter der Agide zweier Bruder zu
imtemehmen, die kaum der deutschen Sprache mJichtig waren.
Haltung der Schlesier in cler Fragc d. bohmischeii Thronfolge. 297
Bei aUeclem hatte ein solcher Kampf, wie man meinen
konnte, anderer Hilfe gewiis sein dilrfen. Waren Magyaren
und Czechen allein auf sich angewiesen, so stand doch
hinter den Deutsclien in Schlesien das grofse Deutsche Reich,
dessen Haupt und Gliederu es ja nicht gleichgiiltig sein
durfte, ob dieses so schcin aufgebluhte Vorland des Reiches
in die Hiinde der Slaven fiel. Aber diese Erwartung ist
griindlich getauscht worden. Soil man das Haupt anklagen,
jenen Friedrich III. den klaghchsten Kaiser, der je die
Kj-one Karls des Grofsen getragen, oder die Glieder, z. B.
jenen Wilhelm von Sachsen, den Schwager Ladyslaws, den
nachsten Erbberechtigten, dem aber zum Kampfe mit einem
Manne, wie Georg Podiebrad war, ziemHch alles fehlte, die
Macht, der Geist, der starke Wille? Eher mag sich da
unser Blick auf die beiden Gestalten der Hohenzollern heften,
jenes Briiderpaar, Friedrich und Albrecht, beide tapfer, klug,
hoch angesehen, die seit langen Zeiten ihre Hande in den
schlesischen Angelegenheiten batten, bei wichtigen Anlassen
wiederholt auf schlesischem Boden erschienen waren, und
durch Blutsbande mit den hiesigen Fiirstenhausern ver-
kniipft wohl wufsten, was hier auf dem Spiele stand. Auch
sie aber haben die Schlesier im Stich gelassen, auch der
Schiltzer der Ostmarken des Deutschen Reiches hat die
Hand nicht erhoben fiir die Deutschen an der Oder.
Wohl fallt es schwer, hier den Stein zu erheben, anzu-
klagen wegen versiiumter Pflichterfilllung ; der Historiker hat
alien Grmid, sich immer bewufst zu bleiben, wie wenig von
den treibenden Motiven ferner Zeiten sich ihm enthilllt. ( Jb
es moglich gewesen ware fiir Markgraf Friedrich II., Schle-
sien sich zu gewinnen und zu behavipten, wer will es sagen?
Immerhin aber erscheint es bedenklich, noch besonders die
damalige „deutsche Politik" der Hohenzollern zu riihmen,
welche in Wahrheit doch die Gesichtspunkte der Mai'kgrafen
von Brandenburg denen der Nilrnberger Burggrafen auf-
geopfert hat. Vermag wirklich alle ihre ghibellinische Da-
naidenarbeit im Dienste des unverbesserlichen Kaisers Fried-
richs III. die eine Thatsache aufzuwiegeu, dafs wahrend der
Regierung Kurfiirst Friedrichs II. von Brandenburg die bei-
den Bollwerke des Reichs gegen Osten bin, das Ordensland
Preufsen und das deutsche Schlesien, in die Hande der Slaven
gefallen sind?
Widerstand der Breslauer. Isolierung derselben.
Wie das in Schlesien kam, miige jetzt in Kiirze erziihlt
werden. Auf dem bohmischen Landtage, der die Wahl
298 Viertcs Buch. Zweiter Abschuitt.
Georgs ziini Konige voUzog, liatten Gesandte des Herzogs
A\'illiclm vuu Sachsen, des Geraalils der altesten Schwester
A-on Ladyslaw, die durch die Gesetzgebung Karls IV. ver-
brietteu Erbrechte der weiblichen Linie hervorgehoben und
soviel erzielt, dais die betr. Urkunden aus dem Archive aiif
dem Karlsteine lierbeigeholt wurden, docli hatten die Boh-
men aus ihnen ein unbescliranktes WaWrecht herauszulesen
veriiiocht und die Wahl iiur um so schneller vollzogen, am
2. Marz 1458. Als die Nachricht hiervon nach JSchlesien
kam, waren es zunachst die schlesischen Filrsteu (docli mit
Ausschluls der oberschlcsischcn), die auf einer Versamnilung
zu Liegnitz I'lir sich allein^ d. h. ohne die Stiidte oder die
Vertreter der unmittelbaren Lande vlber die Wahl und deren
an sie gekommeue Xotifikation berieten und dieselbe auzu-
erkennen Bedenken trugen, Aveil sie selbst nicht zugezogen
worden seien.
Der bohmischen Gesandtschaft gegeniiber ward die
Entscheiduug einer aus ganz Scblesien zu berufenden Ver-
samnilung vorbehalten. Auf dieser, zu der also nun auch
die ubersehlesischen Fili'steu wie die Verti'eter der Erb-
furstentiimer eingeladen wurden, und die Mitte April in
Breslau zusammentrat, sorgten sebon die Gesandten Herzogs
^\'ilhelm von Saehsen dafui*, dais man bier die Frage etwas
ernster ins Auge fafste. Man legte den bohmiscben Ge-
sandten jenes Grundgesetz Karls IV. von 134 8 vor und
fragte, ob man im Einklang mit diesem vorgegangen sei,
indem man gewablt babe, wiibrend doeb nocli Sprossen des
Kunigsstammes vorbanden seien, und aufserdem die Walil
gleichialls im ^^'iderspruche mit jenem Grundgesetze unter
AusscblieJsung der JSchlesier vollzogen babe. Die bohmischen
Gesandten liefsen es im Grunde dahingesteUt, ob nicht viel-
leicht Unregelmiifsigkeiten bei der Wahl vorgefallen seien;
solche soUten fur die Zukunft verhiltet Averden; um so
eitriger mahnten sie dazu, die Wahl anznerkennen, verhiefsen
grol'se Vorteile dafiir und liefsen im Weigerungsfalle schweren
Schaden befiirchten.
Die Antwort der Breslauer Versammlung, die iibrigens
aus (Jberschlesien nur von Herzog Bolko von Oppeln be-
schickt Avar, ging dahin, dafs die Schlesier, obAvohl sie an
der Krone Brdnnen unverbriichlich festzuhalten gemeint Avaren,
doch mit Riicksicht auf die von verschiedenen Seiten nam-
lich von dem Herzoge von Saehsen, den osterreich ischen
Filrsten und nun auch von den bohmischen Herren geltend
gemachten Anspriiche auf jene Krone ihre Anerkennung so
lange hiuausschieben mufsten , bis „an gebilhrhchen Statten
A'erweigerte Anerkenuung des ueueii Konigs. 299
erkannt sei, wen sie billig als eineu christlichen Herrn und
Konig aufnehmen sollten".
Wer wollte die Antwort als besonders tapt'er bezeiclineu"?
Eine prinzipielle Geltendmachung des Nationalitatsprinzips,
wie es die Slagyaren und Czechen zur Anwendimg gebracht
hatten, scblofs sie eigentlich bereits aus, ohue dabei doch
fiii- das Recht der Erblichkeit, der weiblichen Succesion ein-
zutreten. Von den schwerwiegenden verfassungsniafsigeu
Bedenken, welche die Schlesier der Prager Wahl gegenilber
zu aufsern ein voiles Recht batten, ist nicbt Aveiter die
Rede, und wenn die Berufung auf eine kiinftige Entschei-
dung „an gebubrlichen Statten" unbestimmt und vieldeutig
genug scheint, ura nocb alle Losungen offen zu balten, so
zeigt dagegen die Formel des Bilndnisses, zu welchem eben
auf jenem Breslauer Tage Bischof Jost die Schlesier zu ver-
einen vermocht hatte, aucb diesen Punkt in sehr kaptivieren-
der Bestimmtheit. Diese Einung verbindet die Vertreter von
]\Iittel- und Mederschlesien zu gemeinsamer Yerteidigung
gegen alle, welche sie etwa anfechteu wollten wegen ihres
Entschlusses , sich der Anerkennung der Prager Wahl so
lange zu versagen, „bis sie einen christlichen Herrn und
Konig haben wilrden ", und anderseits fest an der romischen
Kirche zu halten.
Der besondere Standpuukt des Breslauer Bischofs fand
in diesem Biindnisse seinen vollkommenen Ausdruck. Jost
von Rosenberg war ein bohmischer Patriot, kaum minder
czechisch gesinnt als sein Bruder Johann, der Hauptmaun
Schlesiens, einer der Wahler Georg Podiebrads; nimmer
hatte er einer Lostrennung Schlesieus von der bohmischen
Ki'one zugestimmt, doch er war kathoUscher Priester. Als
solcher hatte er Bedenken wegen der hussitischen Gesinnung
des neuen Konigs, und eine Pression, welche den letzteren
von der Linie der Baseler Kompaktaten abdriingen konnte,
war ihm sicher willkommen. Es war daher ganz charakte-
ristisch, dafs er nicht lange nach dem Breslauer Tage sich
nach Rom begab , um aus sicherster Quelle zu erkunden,
wie man hier iiber die Glaubigkeit des neuen Herrschers
dachte.
Von seinem Standpunkte mochte das alles durchaus
korrekt scheinen, schwieriger ist es zu fassen, dafs er die
iibrigen Schlesier hat mit sich fortreifsen konnen, da man
sich doch darilber kaum tauschte, dais I'iir die schwierige
Frage, ob die Schlesier einen mit Verletzung der bohmischen
Grundgesetze von dem Prager Landtage tumultuarisch ge-
wiihlten czechischen Adeligen als ilu-en Oberlehensherrn an-
300 Vieitt's Buck Zweitcr Abscbuitt
ziierkennen verniocliten, ohne f'ilr ihre iiationale Besonder-
heit furcliten zu milssen, niclit allzu vnel damit bewiesen
ware, wenn der Papst dem Gewahlten ein Zeugnis der
Rechtglaubigkeit ausstelltc.
Es war sehr erkliirlicli, dais der alte Ilerzog Bolko von
Oppeln, der selber als der einzige unter den sehlcsischen
Fiirsten von friih an hussitische Sympathieen gezeigt, hus-
sitischen Predigern Schutz und Zullucht gewiihrt, ja in Be-
thatigung derartiger Ansicliten sogar die Giiter des Ober-
Glogauer Kollegiatstiftes sich angeeignet hatte, Breslau wieder
verliefs, ohne dem Bunde beizutreten, sowie er wahniahni,
dais die Frage auf das kirchliche Gebiet hinllbergespielt
werde, und sein Beispiel hat dann wohl auch Wlodko von
Teschen bewogen, die Anhiingung seines Siegels an den
Bundesbrief zu verweigern. Aber auch die anderen sclde-
sisehen Stande haben zuni grofsen Teile, wie es den An-
schein hat, an dem Vorschlage des Bischofs vor allem das
geschatzt, dais derselbe nicht allzu grolses Risiko in sich
schlofs, im stillen dabei entschlosscn , in keinem Falle Miir-
tyrer ihres kirchlichen Eifers zu werden.
Wenn aber die entschiedener Gesinnten, vor allem die
Breslauer, schon deshalb zugestimmt haben, weil Avenigstens
die verhafste Huldigung hinausgeschoben , Zeit gewonnen
und die Mehrheit der Sclilesier dabei doch in gewisser Weise
gebunden schien, so zeigte es sich doch bald, wie wenig der
Bund bindende Kraft hatte. Versprechungen und Drohungen
brachten die einzelnen Bundesglieder , eines nach dem an-
deren, sehr schnell der Uberzeugung niiher, dafs Georg doch
wohl ein christlicher Konig sei ; Gesandschaften , halbe Zu-
sagen u. dgl. erfolgten, und es war kaum ein Jahr ver-
gangen, da fanden sich die Breslauer mit dem einzigen
Herzoge Baltasar von Sagan, der aus den Kriegen de»
Deutschen Ordens, in denen er tapfer mitgekampt't , einen
dauerhaften Slavenhafs heimgebracht hatte, nocli in dem hart-
nackigen Zweifel an der Rechtglaubigkeit des staatsklugea
Bohmen zusammen.
Und auch rait der auswiirtigen Kombination, auf welche
die Breslauer ihre Hoffnungen gebaut, sah es libel aus.
Thatsachlich kam hier eben nur Herzog Wilhelm von i
Sachsen in Betracht. Er hatte ja gewisse Anstalten ge-
macht, um das Erbrecht seiner Gemahlin zui' Geltung zu (
bringen, und ware natiirlich gern bereit gewesen, seine An-
sprilche auf den bohmischen Konigsthron gegen Abtretung
von Schlesien aufzugeben. Hier hatte man ihn nun wohl
(wenigstens in Mittel- und Niederschlesien) als Herrscher
Zuriicktrt'teu der audereu Thronbewerber. 301
Oeorg Podiebrad vorgezogen, daran aber, dafs hier mm die
Schlesier Avie ein Mann batten flir ibn aufstehen imd Gut
nnd Blut fllr ibn einsetzen sollen, konnte nicbt gedacbt
■vverden; und es Avar schon recbt seblimm, dafs seine niicb-
sten Nacbbarn^ die Oberlausitzer , auf die docb aucb sebr
^•erecbnet Avurde, so geringe Sympatbieen fur ibn begten,
dafs gerade sie unter den ersten mit den Bohmen sieb A'er-
trugen.
Und aucb der seblesiscbe Bund ist selbst in seiner kurzen
BUltezeit nicbt gar Aveit mit Herzog Wilbebn gekommen.
Der letztere verlangte, die Scblesier sollten sicb bestimmt
flir ibn erklaren, dann Avilrde er ibnen Hilfe leisten, diese
aber verlangten zu allererst Scbutz und Beistand flir die
abAvartende Haltung, Avelcbe die Breslauer Bescbliisse ibnen
zur Pflicbt macbten, d. b. sie Avunscbten, bcA^or sie sicb
-durcb eine Erklaruug fllr den Herzog banden, erst dafllr
Sicberbeit zu liaben, dafs derselbe aucb ernstbcb fllr sie
eintreten Averde. Wenn so ein Teil dem anderen die Haupt-
summe von Entscblossenbeit und Risiko zuscbieben Avollte,
so mufste es docb Wilbelm einleucbten, dafs er Scblesien
nimmermebr baben Avurde, A\'enn er nicbt mutig A^orginge.
Docb fllblte er sicb allein dem Kampfe mit der jMacbt
Bobmens um so Aveniger geAvacbsen, je Aveniger er der
Scblesier fllr alle EA^entuabtateu sicb sicber fllblte ; er sucbte
.also Bundesgenossen und klopfte natllrlicb zunacbst bei den
beiden Brildern aus dem Hause Hobenzollern an, bei Fried-
ricb von Brandenburg und Albrecbt Acbilles; und es konnte
eine Weile scbeinen, als ob die beiden Brllderpaare A^on
Hobenzollern und Wettin mit seltener Einmlltigkeit fllr die
Sacbe der Deutscben in Scblesien gegen Greorg Podiebrad
eintreten AA^ilrden.
Docb sie batten es mit einem klugen und gefabrlicben
Gegner zu tbun, der aucb die verAvickelten Faden der
reicbsstandiscben Diplomatic sebr AA'obl llbersab. Es kostete
ibm Avenig ]\Illbe, gegen die Hobenzollern deren alte Gegner,
die Wittelsbacber, unter die Waffen zu bringen, und als
Markgraf Albrecbt dies inne Avurde, maskierte er seinen
Rilckzug durcb eine eifrige Vermittelung. Konig Georg
kam ibm balbAvegs entgegen , Albrecbts Bruder und die
Sacbsen folgten mebr oder AA^eniger Avilbg, und bald endigte
die ganze Sacbe damit, dafs auf dem Tage zu Eger (April
1459) Herzog Wilbelms bobmiscbe Ansprllcbe durcb Ab-
4;retung einer Anzabl bobmiscber Scblosser abgelost AA'urden
und im llbrigen eine zAviscben dem Hause Wettin und dem
Podiebrads verabredete Doppelbeirat und ein daran ge-
302 ^'iertes Buch. Zweiter Abschnitt.
kniipl'ter Erbvertrag- die Intei'essen beicler auf das engste
verband. Diese Vertriige liaben ilire Bedeutung auch tiir
die sciilesisehe Geschichte; mit ihncn findet der Plan der
Schlesier, auf Grund des Erbrechtes der weiblichen Linie
einen deutsclien Fursten zum Oberherrn zu erlangen, sein
Ende; wenn schon im September 1458 der schlesischc Bund,
allerdings im Widerspruche mit den Breslauern, den Bolnnen
gegeniiber die Bedingung gestellt hatte, zunachst von den
anderweitigen Ansprechern der bohmischen Krone gefreit zu
werden, so war diese Bedingung jetzt zu Egcr erlullt wor-
den; nachdem der Konig von Polen ebenso wie der Kaiser
und sein Bruder thatsiichlich bereits ihre Anspriiche batten
fallen lassen, war nun der einzige Flirst, der sich wenig-
stens bei den Sclilesiern ernstlicher um das Erbe Lady-
slaws bemiiht hatte, durch seine Verstandigung rait Georg
Podiebrad thatsachlich von seiner Bewerbung zuriickge-
treten.
Vom nationalen Standpunkte aus konnten wir ja viel-
leicht das Scheitern der an den Namen Herzog \\'ilhelms
gekniipften Kombination beklagen, doch dlirfen wir dabei
nicht vergessen, dafs^ falls diese letztere besseren Erfolg ge-
habt hatte, die Gefahr einer Zerreifsung Scblesiens, eines
Abfalls Oberschlesiens an Polen sehr ernstlich heraufbe-
schworen worden ware. Dieser Teil Scblesiens war doch
ungleich weniger germanisiert, die Fursten waren hier in
der langen Zeit, wo die konigiiche Gewalt sich ihnen wenig
mehr flihlbar gemacht hatte, mehr und mehr in die Macht-
sphiire Polens gezogen worden; dazu hatte der polnische
Kcinig, wie wii" wissen, als Gemahl einer Schwester Lady-
slaws gewisse Erbrechte. Das also werden wii- wohl sagen
miissen; indem Georg Podiebrad Sclilesien behauptete, hielt
er es wenigstens zusammen.
Was jetzt noch als zwaschen dem neuen Kcinige von
Bohmen und den Schlesiern stehend geltend gemacht wurde,
hatte eigentlich nichts mehr mit den staatsrechtUchen Prin-
zipien, die bei seiner Wahl in Frage gekommen wai'en, zu
thun; es handelte sich vielmehr nur noch darum, ob nicht
in der Person des auf den bohmischen Konigsthron Be-
rufenen sich ein Mangel fande, ein Defekt an Rechtglaubig-
keit, liber den die Schlesier nicht hinwegsehen zu konnen
glaubten, ohne sich selbst von der katholischen Kirche zu
trennen. Diesem ^Langel konnte der Papst jeden Augen-
bhck diu-ch eine Erklarung abhelfen, und Georg, der so
bewundernswiirdig klug seine Stellung nach alien Seiten
hin zu befestigen vermocht und bei Kaiser und Pteich wie
Kr.uig uml Papst. 303
bei den Naclibarstaaten schnell Anerkennung gefunden hatte,
mviiste nun noch danach streben, von dem Papste eine An-
erkennung seiner Rechtglaubigkeit zu erlangen, ohne dabei
doch die utraquistische Partei in Bolimen, die ihn auf den
SchikI gehoben hatte und ihn besonders stiitzte, zu ver-
leugnen.
Zwischen ihm und dem nicht minder schlauen Aneas
Sylvius Piccolomini, der 1458 als Pius II. den papstHchen
Thron bestiegen hatte, entspann sich bakl ein feines diplo-
matisches Spiel, bei dem es lange zweifelhaft blieb, welcher
von beiden den anderen zu uberlisten vermogen wiirde.
Wenn Pius dafilr schwarmte, auf einem Flirstenkongresse
zu Mantua einen grofsen Kreuzzug gegen die Tiirken be-
schliefsen und in Scene setzen zu lassen, so zeigte Konig
Georg fur diesen Gedanken grofse Sympathieen und brachte
dadurch den Papst zu Aufserungen freundlichster Anerken-
nung, aber wenn anderseits Pius des Konigs etwas unbestinunte
Versprechungen, die Ketzerei zu bekampfen, nun ausgefuhrt
sehen wollte, wich dieser aus und meinte im Hinblick auf
die noch immer an seiner Rechtgliiubigkeit zweifelnden Bres-
lauer, derartige Schritte konne er erst unternehmen, wenn
er aller seiner Unterthanen Herr sei, wahrend doch Pius
wiederum Bedenken trug, seine getreuen Streiter ganz ab-
zuwiegeln oder zu entwafFnen.
Was die Mehrheit des schlesischen Bundes anbetrifft, so
bedurfte es keiner grofsen Anstrengungen, um hier die Ge-
miiter zur Ruhe zu bringen. Als im Marz 1459 das papst-
liche Einladungssctjreiben zu dem Kongresse von Mantua
bekannt wurde, in welchem Pius II. den Konig von Bohinen
als seinon teuersten Sohn anredete, den er allezeit fiir einen
vorziiglichen Verehrer des Glaubens und der Rehgion ge-
halten habe , zweifelte man in diesen Kreisen keinen
Augenblick mehr, dafs Georg mit der Kurie sich verstan-
digt habe, und nachdem dann nicht lange darauf die Nach-
richten von den sachsisch - bohmischeu Vertragen aus Eger
eintrafen, blieben eben nur noch die Breslauer ilbrig, die
im Verein mit * Herzog Baltasar von Sagan sich der Hul-
digung weigerten.
Hier in der schlesischen Hauptstadt hatte sich aus na-
tionaler Antipathic, die jetzt schon lange gewuhnt war, in
dem Gewande rechtglaubigen Religion seifers einherzuschreiten,
und auch in Wahi'heit mit solchem verquickt war, aus dem
Unraute iiber das Scheitern der auf den schlesischen Bund
gebauten Plane und aus dem auf die festen Mauern der Stadt
pochenden Biirgertrotze eine so feindselige Stimmung gegen
304 Viertes Bucb. Zweiter Absclmitt.
Georg Podiebrad herausgebildet, dafs da jeder Versuch einer
Vcrsuhnung scheitern raufste.
Bereits^im Juni 1458 hatten in Breslau Ratmiinner,
Sclioffen , Alteste , Kaufnianuscliaft , alle Geschworene und
die gauze Gemeinde „diu"ch eine eiumiitige und unverbrilcli-
liche Abstimmung beschlossen und sich vereinigt, mit Gottes
Hilfe den Herrn Georg von Podiebrad als Konig und Erb-
herrn nimmermehr zu halten, noch in irgendweleher Weise
aufzunehmen " — in der Verteidigung dieses Beschlusses
woUten sie alle fiir eineu stehen, und wer sich in dieser
Zeit der Mitverantwortung dadurch zu entziehen meinte,
dafs er die Stadt verliefse, der solle sein Bllrgerreclit fiir
immer einbiifsen. Noch heute ist dieses Verbiindnis mit
aufsergewohnhch grofsen Buchstaben geschrieben im Bres-
lauer Stadtbuche zu lesen.
Wollten sie nun in dieser Feindschaft gegen den Bohmen-
konig weiter beharren, so blieb ihnen, nachdem die ubrigeu
Schlesier abgefallen waren und nachdem auch der Filrst,
desseu Ansprliche man hatte verteidigen wollen, seinen Frie-
den mit dem verhafsteu Gegner gemacht, nur noch die
Kurie als mogliche Bundesgenossin ilbrig, und wir sehen
die Breslauer nun nach dieser Seite die allergrofsten An-
strengungen machen. Briefe liber Briefe gehen von hier
aus an den Papst, welche die Gefahr fiir den katholischen
Glauben und die Tyrannei des Hussitentums mit den schwarze-
sten Farben schildern. Georg Podiebrad wird hier als ein
Aviltender Nero, als ein zweiter Decius bezeichnet, als der
riiuberische ^A'olf, der in den Schafstall der Barche einge-
brochen , als der allerschi'ecklichste Lowe , als der grosse
Drache. Ihnen alien drohe das Schicksal, aus dem Lande :
gejagt zu w^erden, wenn sie nicht bohmische Art sich an-
eignen wollten u. s. ^\.
Sie thaten augenscheinhch damit Georg Podiebrad schweres
Unrecht. Dieser war durchaus kein Fauatiker, weder in
religioser noch in nationaler Hinsicht, es fehlte ihm weder
an Einsicht und Mafsigung noch an Energie, und die
Breslauer hatten vielleicht bei einigem guten Willen mit
ihm in ein fiir das Land gedeihliches Verhaltnis kaum min-
der gut kommen konnen, Avie Aveiland mit Karl IV. That-
sachlich war aber bei der Aufregung, die hier herrschte,
von so etwas gar keine Rede; als im Herbste 1459 Bischof i
Jost wieder in Breslau jerschien mit papstlichen Briefen,
welche die Breslauer ermahnten, mit Georg Frieden zu halten,
mufste auch er feindselige Worte horen , als sei der Papst '
selbst durch falsche Berichte getauscht worden, und sogar
Die Stadt Breslau wider Konig Georg. 305
sein Domkapitel beharrte, ebenso wie das des Stiftes zum
heiligen Kreuz bei der Memiing der Breslauer.
Aber auch der Bischof verhehlte den Breslauern nicht,
dafs er an die Aufrichtigkeit ihres Religionseifers nicht
glaube, sie wiirden, raeinte er, wenig sich um die Recht-
glaubigkeit ihres Oberherrn kiimmern, wenn derselbe nicht
gerade ein Czeche ware, den sie um seiner Nationalitat
willen nicht leiden mochten, und dies sei eben Unrecht, sie
wiirden die Czechen nicht verjagen , diese seien die Herren
der Schlesier und wilrden es bleiben. Inzwischen sahen
sich die Breslauer bereits von Feindseligkeiten ihrer nachsten
Nachbarn bedroht, welche der Konig gegen sie unter die
Waffen rief, und auch die bohmischen und raahrischen
Herren kiindigten der Stadt Freundschaft und Frieden. In
zwei Koffern sind am 28. August 1459, wie Eschenloer er-
zahlt, 265 Fehdebriefe der Stadt zugesandt worden, bald
erschien dieselbe von alien Seiten blockiert, so dafs die Zu-
fuhr knapp wurde. Georg selbst traf am 27. August zu
Schweidnitz ein, um dort die Huldigungen der schlesischen
Flirsten zu empfangen. Doch Avard die Standhaftigkeit der
Breslauer durch das alles wenig erschiittert , hinter ihren
Mauern fuhlten sie sich voUkommen sicher, ihren geworbenen
Soldnern gelang auch nach aufsen liin zuweilen einmal ein
klihner Streich, wie am Hedwigstage (15. Oktober) 1459
die Eroberung von Burg Bohrau.
Von ernsterer Bedeutung ward es, als im November
1459 papstliche Gesandte, der Erzbischof von Ki'eta und
der grofse Kanonist -Franz von Toledo, in Breslau erschienen
und nun auch namens des Papstes zur Huldigung an Podie-
brad mahnten. Damit allerdings bilfsten sie, welche hier
mit ganz unerhorten Ehren- und Freudenbezeugungen em-
pfangen worden waren, sofort wieder den besten Teil ihrer
Popularitat ein, und obwohl man ihren Ausfilhrungen nicht
du'ekt widersprach, so wurden sie doch bald inne, dafs sie
tauben Ohren predigten, da ja alle ihre Beredsamkeit nicht
den wesentlichsten Punkt traf, der den bohmischen Konig
den Breslauern so verhafst machte, seine czechische Natio-
nalitat. Nichtsdestoweniger gelang es ihnen und dem Bres-
lauer Stadtschreiber, dem Chronisten Eschenloer, einen
Verti'ag zustande zu bringen, der, so ungewohnlich er auch
war, doch eigentlich beide Parteien befriedigte. Der
Konig von Bohmen verstand sich dazu, die feierliche Hul-
digung der Breslauer (d. h. des Rates und der beiden Ka-
pitel) noch drei Jahre hinausschieben zu lassen, nach deren
Ablaufe ihm die letzteren als wahrera und unbezweifeltem
Grunhagen, Gesch. Schlesiens. I. ^^
306 Viertes Biich. Zweiter Abschuitt.
Katholiken, als christlichem Kcinige zu huldigen versprechen.
Inzwisclien aber wollen die Breslauer ihm gehorsam sein
und ihm das audi durch eine besondere Gesandtschaft an-
geloben. AUe kriegerischen Mafsregeln sollen sogleich aiif-
horen und alle Privilegieii der Stadt bestiitigt werden, ja
sogar die Hauptmannschaft liber das Fiii'steutum Breslau
wii-d dem Eate wiedergegeben. Wenn der letzte Verbundete,
der Herzog Baltasar von Sagan, in den Frieden uiclit eiu-
geschlossen ward, so uiiterblieb dies, weil der Herzog docb
an dem in Prag zu leistenden Gelobnis Anstofs nahm und
es da vorzog, die Vermittelung des Meifsener Herzogs zu
suchen. Der Konig trug kein Bedenken, als ihm die papst-
lichen Legaten jeue Vorschlage personHch vortrugen, sie
ohne weiteres zu acceptieren und bestatigte, nachdem die
Breslauer Gesandten ihm in Prag mit ehrfurchtsvoller Knie-
beugung und nicht ohne flir die bisherigen verungUmpfen-
den Exzesse Verzeihung zu erbitten, treue Beobachtung ihrer
Zusagen angelobt hatten, die gesamten Vertrage unter dem
13. Januar 1460.
Dem Konige mochte es wohl geuugen, dafs die Bres-
lauer ihn um Verzeihung gebeten und Gehorsam gelobt
batten, und die Hinausschiebung der formellen Huldigung
wenig bedenkhch scheinen. Die Hauptsache war ihm, dafs
mit der thatsachlichen Uuterwerfung Breslaus seine Plerr-
schaft nun uberaU zur Anerkennuug gebracht war.
Doch auch der Breslauer Rat vermochte der aufgeregten
Blirgerschaft gegeniiber geltend zu machen, man sei jener
feierHchen Verabredung vom 25. Juni 1458 nicht untreu
geworden, man habe Georg Podiebrad nicht gehuldigt, und
ganz im Sinne der ersten Bescliliisse des schlesischen Fili'sten-
bundes sei die Huldigung liiuausgeschoben , bis man Georg
als unzweifelhaften christhchen Konig werde begrilfsen kon-
nen, wofiir man die kostbare Frist von di'ei Jahi'en ge-
wonnen habe.
Konig Georg zeigte in Schlesien iiberhaupt die aufserste
Versohnlichkeit, als wiinsche er bier hauptsachhch alles recht
zm- Ruhe kommen zu lassen. So begniigte er sich auch in
dem so lange hingeschleppten Liegnitzer Erbfolgestreite mit
einem neuen Provisorium, das die Herzogin Hedwig in vor-
laufigem Besitze lassend, die letzte Entscheidung auf unbe-
stimmte Zeit vertagte, so dafs am Ende, wie es Hedwig
immer gewiinscht hatte, der Termin der Miindigkeit ihres
Sohnes Friedrich hei'ankommen mochte.
Nur gegen Herzog Baltasar von Sagan, der, wie wir
sahen, es verschmaht hatte, sich in die Verti-age der Bres-
Abkommen iiber die kunftige Huldigung. 307
iauer mit einschliefsen zu lassen, schritt der Konig ein, ver-
trieb den Herzog aus seiner Stadt Sagan und schenkte die-
selbe dessen Bruder Johann, ein Vorgang, den die Bres-
lauer dem Papste gegeniiber zu verwerten nicht unterliefsen,
als ein Beispiel dessen, worauf von dem ketzerischen Konige
diejenigen gefafst sein mlifsten, die ihm nicht in allem zu-
willen Avaren. In der That mochte in der Landeshauptstadt
die feindselige Gesinnung gegen die Bohmen nicht weichen,
sondern hochstens der Trotz, mit dem man sie offen gezeigt
hatte. Die Biirgerschaft trug im Griinde das Haiipt hoher
als je, man benutzte eihg den wiederhergestellten Frieden,
i;m wieder etwas Ordnung im Lande zu schafFen , die
Soldner der Stadt vermochten es, einigen rauberischen Edel-
leuten derb auf die Finger zu klopfen, und als es^ ihnen
im Bunde mit Herzog Konrad dem Weifsen von 01s ge-
lang, 1461 Konstadt, die Hauptbui'g des gefurchtesten aller
Raubritter, des Johann von Borschnitz-Jeltsch, zu bezwingen,
begriifste man diese That dankbar selbst in Polen, bis wohin
die Raubziige oft sich ausgedehnt batten, und in Schlesien
hielten es die meisten Bitter fiir geraten, mit der Stadt Frie-
den zu halten. Unter Vermittelung des Rates versohnte
sich 1461 Herzog Nikolaus, der Nachfolger des hussitisch
gesinnten Bolko VI. von Oppeln, wegen Occupierung der
Oberglogauer Stiftsgiiter mit der Kirche.
Niemals, schreibt Eschenloer, war Breslau so gefurchtet,
und mit nicht geringem Selbstbewufstsein bezeichnen sich
die Breslauer dem Papste gegeniiber als „einen Turm und
eine gefiirchtete Kriegsschar und hier im Osten einen Schild
des Christenglaubens'^ Und wahrend man daheim eifrig
liber den Befestigungen der Stadt arbeitete, als erwartete
man neue Kiimpfe, wiihlten in Rom die Breslauer Prokura-
toren unermiidlich gegen Podiebrad und betrieben, als sie
die wachsende Entfremdung zwischen diesem und dem hei-
hgen Stuhle bemerkten, eine weitere Hinausschiebung des
Huldigungstermins fur Breslau.
In der That fiihrte diese Entfremdung bald zu vollstan-
digem Bruche. Bekanntlich bildeten die Grundlage der
kirchhchen Sonderstellung des Hussitismus die sogenannten
Kompaktaten, Zugestandnisse im wesentlichen auf das Abend-
mahl unter beiderlei Gestalt hinauslaufend, welche die Boh-
men aus langen Kampfen als Sieger hervorgegangen 1433
von dem Baseler Konzile erlangt hatten. Von der romischen
Kurie waren nun diese Vertrage nie bestatigt worden, aber .
bei aller Feindsehgkeit, die man von hier aus den Kom-
paktaten zeigte, war man doch einer direkten Verurteilung
20*
308 Viertes Bach. Zweiter Abschnitt.
derselben immer noch aus dem Wege gegangen, uud so
lange eine solche nicht erfolgt war, wai' es den Utraquisten
in Bohmen nicht zu verdeuken , weun sie ihre durcli ein
Konzil gebilligte Lehrmeinung nicht schlechthin als Ketzerei
gelten lassen woUten, uud Konig Georg hat nachmals mit
gewissem Schein von Recht geltend machen konnen, wenn
er nach seiner Thronbesteigung dem Papste die Verfolgung
und Ausrottung der Ketzereien in Bohmen zugesagt habe,
sei ihm doch nicht eiugefallen, man konne ihm zumuten,
in jenen Begriff der Ketzereien auch die Lelu'e der
Kompaktaten einzuschhefsen. Allerdings hatte er sich ja
auf die Lange dariiber nicht tauschen konnen, dafs die
Kiu'ie doch emstlich dem Utraquismus an den Leib wolle,
und er hat dann diesen Bestrebungen gegenllber Jahre hin-
durch eine liinhaltende Pohtik mit allerlei halben Zusagen
zur Anwendung gebracht, um zuniichst erst selbst sich in
seiner Stellung zu befestigen. Diese zweideutige Hakung,
sowie die grofse der Stadt Breslau gegeniiber bewiesene
Langmut waren nun nicht dazu angethan , der Kurie zu
imponieren, sondern liefsen hier vielmehr die Meinung ent-
stehen, eine etwas starkere Pression werde am Ende doch
den Konig bewegen, sich selbst von den Kompaktaten los-
zusagen. Pius II. beschlofs, den Versuch zu wagen. Auf
die erneute Bitte einer bohmischen Gesandtschaft um Be-
statigung der Kompaktaten antwortete der Papst dadurch,
dafs er am 31. Marz 1462 in einem feierHchen Konsistorium
in Gegenwart von 4000 Personen die Baseler Kompaktaten
fur null und nichtig und die Obedienz des Konigs filr nm'
dann aunehmbar erklarte, "wenn sie mit einer Lossagung
von jener ketzerischen Neuerung verkniipft Avare. Durch
den Mund der Gesandten Hefs er zugleich den Konig noch
besonders auffordern, das Abendmahl unter einerlei Gestalt
zu nehmen, wo er dann das Volk bald nach sich ziehen
wiirde.
Es ware ja nun wohl denkbar, dafs Georg Podiebrad,
der doch an erster Stelle ein kalt berechnender Staats-
mann war, im Herzen gewiinscht hat, dem Papst zu Willen
sein zu konnen. Die Anerkennung des papsthchen Stuhles
gait ihm viel, und es wiederholt sich in der Geschichte im-
mer wieder die Erscheinung, dafs jemand, der auf nicht
ganz legitimem AYege zm' filrsthchen Gewalt hinaufgelangt
ist, bald nur darauf aus ist, diesen seinen usurpatorischen
Ursprung vergessen zu machen und deshalb sich mit mog-
lichst guter Manier von denen loszumachen sucht, auf deren
Schulteru er emporgekommen. Gewifs ist soviel, dafs der
Zerwiirfnis Georgs mit dem Papste. 309
Konig die Antwort aiif jene Herausforclerung des Papstes
monatelang hinaiisgeschoben und sich inzwischen sorgtaltig
erkundigt hat, in welcher Form wohl Pius II. sich die
Konsequenzen seines Verdiktes, die Zuriickfuhrung der boh-
mischen Utraquisten zum katholischen Glauben, vorstellte;
und wir diirfen auch sicher sein, dafs Georg in dieser Zeit
den bohmischen hohen Adel, den Herrenstand, der zum
grofsten Teile dem Hussitentum fremd geblieben war, eifrig
sondiert hat, wie weit er seiner ftlr aUe Falle sicher sei.
Aber das letzte Resultat aller Erwagungen war doch, dafs
er der Utraquisten, in denen er bisher seine Hauptstlitze
gehabt, nicht entbehren zu konnen meinte und deshalb dann
am 12. August in einem feierlichen Hoftage zu Prag den
papstHchen Gesandten eine entschieden ablehnende Antwort
erteilte, die in dem Gelobnisse gipfelte, er gedenke in der
Lehnneinung, in der er geboren und erzogen und mit
Gottes Hilfe auf den Thron gekommen sei, zu leben und
zu sterben. Den papstlichen Gesandten Fantin, seinen ehe-
maligen Prokurator, Kefs er als ungetreuen Diener gefangen
setzen. So war zwischen ihm und dem Papste der Krieg
offen erklart.
Konig Georg meinte den besten Gegenzug wider das
ihm von der Kurie gebotene Schach dadurch zu thun, dafs
er seinen merkwiirdigen Plan eines Bundes aUer christlichen
Fursten zur Sicherung ewigen Friedens mit verdoppeltem
Eifer verfolgte. Kam derselbe hinter den Riicken des
Papstes oder iiber dessen Kopf hinweg zustande, so nahm
er offenbar dem Papsttume den Hauptteil seiner Bedeutung
flir das europaische Staatensystem. Diesem Interesse sollte
nun auch cUe Glogauer Zusammenkunft Georgs mit dem
Polenkonig dienen (im Mai 1462). Wohl war der Plan,
an dem eigentlich nur noch der Konig von Frankreich,
Ludwig XL, ein naheres Interesse nahm, zu weitaussehend
und phantastisch , um wirkKch realisiert zu werden, aber
immerhin sehen wir gerade in dieser Zeit den Bohmen-
fllrsten in einer imposanten Machtstellung. Mit dem Kur-
fiirsten von Brandenburg ward eben damals der alte Sti'eit
wegen der Lausitz giithch beigelegt und auch mit dessen
Bruder Albrecht Waffenstillstand geschlossen. Dem Kaiser
aber brachten im November 1462, als er in Wien von auf-
standischem Adel im Bunde mit seinem Bruder Albrecht
belagert ward, die bohmischen Waffen Rettung und erhohten
I dadurch seine Abhangigkeit von dem machtigen Fursten.
[ Und einem so gewaltigen allgemein respektierten Herr-
I scher wagt nun eine einzelne Stadt auf eigene Hand hart-
310 Viertes Buc'n. Zweiter Abschnitt.
niickigen fortgesetzten Widerstand zu leisten. Freilich stand
die Macht des Papsttums Iiinter ihr, und wenn sie je liinger
je mehr an dieses sich anschloft, um einos rechtlichcn Vor-
wandes flir weiteren Widerstand nicht zu entbehren, so
legte doch audi Pius II. seinerseits den grufsten Wert darauf,
neben den geistlichen WafFen, welche die Rilstkammer der
Kirche ihm darbot, dcm Gegner auch auf weltlichem Ge-
biete im eigenen Lande vermittelst der standhaften Feind-
schaft der Breslauer Schwierigkeiten und Verlegenheiten bc-
reiten zu kijnnen und zeigte sich deshalb eifrig beflissen,
die letzteren bei Stimmung zu erhalten, wie er denn unter
den Griinden fiir die Verwerfung der Kompaktaten auch
den anfllhrt, dafs der Konig, wenn er sich nicht von jenen
ketzerischen Neuerungen freimache, niemals das Vertrauen
und die AnhangHchkeit aller seiner Unterthanen gewinnen
werde ; zugleich vertagt er den Wilnschen der Breslauer ent-
sprechend deren Verpflichtung , dem Konig nunmehr nach
Ablauf der drei Jahre zu huldigen auf unbestimmte Zeit bis
auf weitere Entscheidung (24. September 1462) und schickt
ihnen den eifrig kirchlich gesinnten Erzbischof Ilieronymus
von Kreta als Legaten zu.
Mit Jubel nehmen diesen die Breslauer auf und senden eine
ganze Kriegsschar (2000 Fufsgiinger und 300 Reiter) nach
Parchwitz ab, um ihn sicher in die Stadt zu holen (No-
vember 1462). Hier spielt derselbe dann in den nachsten
Jahren eine hochst merkwiirdige Rolle. Die Breslauer selbst
hatte er nicht notig filr die papstliche Politik zu entflammen,
im Gegenteil mufste er sich bemlihen, ihren allzu grofsen
Eifer zu zugeln. Zm- Charakteristik ihrer Gesinnung mag
die Anfilhrung genligen, dafs, als sie in der nachsten Zeit
von Geriichten einer Verstandigung des Konigs mit dem
Papste geangstigt worden, sie diesera bestimmt erklaren, sie
wiirden bis aufs aufserste Widerstand leisten, ja ehe sie sich
unterwiirfen, lieber ihre Stadt den Flammen iibergeben und
mit Weib und Kind ins Elend gehen. Bei solcher Gesin-
nimg mochten sie natiirlich von ihrem friiheren Gelobnisse,
dem Bohmenkonige wahrend des Interimistikums Gehorsam
zu leisten, nichts mehr wissen, sondern brachen vielmehr
alien Verkehr mit demselben ab, schon um ihm nicht den
koniglichen Titel geben zu mlissen.
Die Regentschaft des Legaten.
Die Obrigkeit der Breslauer wird jetzt thatsachlich der
papstliche Legat, dem sie gewissenhait Folge leisten, und
Breslau unter papstlicher Regentschaft. 311
derselbe bemiiht sich aucb, die Rolle eines papstlichen Statt-
halters auf ganz Schlesien auszudehnen. Er berufit Ver-
samralimgen der schlesischen Flirsten, ladet einen derselben,
namlich Johann von Sagan, der die Laude seines von
Konig Georg abgesetzten Bruders Baltasar in Besitz ge-
nommen, vor seinen Richterstuhl , erhebt Einspruch gegen
Gebietsveraufserungen resp. Vertauschungen, die der Bohmen-
konig betrieb, und ist im grofsen und ganzen eifrig tliatig,
um das ganze Land ziim Abfalle von Podiebrad zu be-
wegen.
Gerade damit hatte er nun so gut wie gar keinen Er-
folg; die Breslauer blieben in ihrer Isolierung, dagegen ver-
mieden es die schlesischen FiirsteU; dem Erzbischofe von
Kreta schrofF und entschieden entgegenzutreten , ja sie ver-
steckten sich sogar, wo es ihr Vorteil erforderte, wie in der
Landtauschsache dem Konige gegeniiber hinter die papst-
lichen Weisungen. In direkten Konflikt kam der Legat
nur mit dem Bischofe von Breslau, Jost von Rosenberg.
Wenn derselbe ein zu guter Katholik war, um sich ent-
schieden auf die Seite des Konigs zu stellen, so war er
doch auch auf der anderen Seite ein zu guter Czeche, um
nicht vor dem Gedanken zu erschrecken, ein fortgesetzter
Widerstand Breslaus konne schliefslich doch zu einer Los-
reifsung von der Krone Bohmen filhren, und da nun aufser-
dem der Legat in seiner Eigenmachtigkeit vielfach in die
Befugnisse des Bischofs iibergriff, so ward das gegenseitige
Verhaltnis der beiden Kirchenfursten bald ein aufserst ge-
spanntes, und es konnte vorkommen, dafs am 6. Juni 1463
in der Herberge des Legaten, dem goldenen Becher am
Ringe, bei einer Besprechung, der audi die beiden Herzoge
von 01s und Wohlau beiwohnten, der Erzbischof von Kreta
dem Breslauer Bischofe die ergrimmten Worte ins Gesicht
schleuderte: „Du bist ein Gift des Vaterlandes und ein
Stein der Schande", worauf dann dieser mit dem paulini-
schen Citate antwortete: „Die Kreter sind allezeit Liigner,
bose Tiere und trage Bauche." Wiitend sprang da der
Legat auf und schlug mit der Faust nach dem Gegner,
und nur das Dazwischentreten der Fiirsten konnte eine
Schlagerei verhiiten, wahrend die Ratsherren eilig die Thilr
isperrten, damit nicht eine Kunde von dem hiifslichen Auf-
Itritte nach aufsen drange,..wo dann bei der Stimmung des
IVolkes dem Bischofe das Aufserste gedroht haben wiirde.
I Im Grunde wird man von dem Letzteren wohl sagen
jkonnen, dafs gerade er ehrlich bestrebt gewesen ist, zwischen
I Rom und Prag zu vermitteln, und da auch der dem Bohmen-
312 Viertes Buch. Zweiter Abschnitt.
konige so sehr verpllichtete Kaiser in gleichem Sinne wirkte,
so erzielte er auch in der That Erfolge, iind wenn Pius
bereits im Frilhling 1463 den Breslauern nimmehr direkt
verboten hatte, Konig Georg zu hvJdigen und jeden mit
dem Banne bedrohte, der an Zwangsmalsregeln gegen Breslau
teilnehmen wiirde, auch die etwa entgegenstehenden Unter-
thaneneide t'iir autgehoben erklart hatte, so vermoehten die
Beraiihungen Bischof Josts und die Verwendung des Kaisers
doch die Ausfiihrung dieser Erlasse, bei denen es allerdings
auf direkte Insurgierung von ganz Schlesien hinausgelaufen
ware, wenigstens vorlaulig zu suspendieren. Auf der an-
deren Seite war der Bischof bemiiht, auch Konig Georg von
Gewaltmafsregeln gegen Breslau zurilckzuhalten. Es gelang
ihm dies um so leichter, da der letztere ohnehin nicht so-
wohl einen dii'ekten Angriff auf die wohlbefestigte Stadt als
eine alhnahliche Ausdehnung seiner Hausmacht in solcher
Weise im Sinne gehabt zu haben scheint, dafs die wider-
strebende Stadt auf alien Seiten emgeengt und ihrer Ver-
bindungen beraubt keine andere "W'ahl als Unterwerfung
gehabt hatte.
Bereits war der Konig in dem unmittelbaren Besitze
eines grofsen Teiles von Troppau, der Grafschaft Glatz, des
Fiirstentums Milnsterberg mit dem Bezii'ke von Franken-
stein; aus den wichtigeren Burgen des Landes, wie Liihn-
haus, dem Bolkosclilosse bei Bolkenhain und dem Fiii'sten-
stein , veririeb Georg die bisherigen Besitzer und setzte
darauf ihm unbedingt ergebene Anlianger, und wenn er
einem bohmischen Herrn, Albrecht Berka von der Duba,
der ihm Huldigung weigerte, den Tollenstein (unfern der
sachsisch bohmischen Grenze) wegnahm, so zweifelten die
Breslauer keinen Augenblick, er thue dies, um ihneu ihren
Haupthandelsweg nach Westen zu sperren. Aber noch wei-
tere Plane wurden ihm zugeschrieben. Dem Herzoge Hein-
rich von Freistadt, hiefs es, wolle er Liiben abkaufen resp.
abdrangen, um damit den jungen Herzog Friedrich zu ent-
schadigen, und den so lange hingeschleppten Liegnitzer
Lehenssti'eit nun definitiv durch die Erwerbung dieser Stadt
zu beendigen, und ebenso sollte eine Schar hussitischer
Soldner, sogenannte Zebraken, die er in Oberschlesien in
seinen Dienst nahm, ihm dazu helfen, von Herzog Kikolaus
von Oppeln sich Brieg abtreten zu lassen._ Wenn er dann noch,
wie dies angeblich seine Absicht war, Ols erwarb und dazu
das wenige Meilen von Breslau oderab warts gelegene Auras
von dem Wohlauer Herzog Konrad, an den es verpfandet
war, wieder einloste, so war in der That Breslau von alien
Feindseligkeiten des Koiiigs gegen Breslau. 313
Seiten so blockiert und eingeschlossen, dafs alle Festigkeit
seiner Mauern es nicht mehr zu schiitzen vermochte.
Doch wissen wir in der That nicht, ob von diesen Planen
nicht vieles nur in der geangsteten Phantasie der Breslauer
existierte. Jedenfalls sind derartige Bestrebungen weniger
wohl durch das Verbot des Legaten an alle schlesischen
Flirsten , derartige Veraufserungen oder Vertauschungen,
durch welche Rechtglaubigen Schaden zugefugt werden
konnte, vorzimehmen (1464, 11. Januar), als durch den
passiven Widerstand der betr. Flirsten selbst hintertrieben
worden.
Die Breslauer fiirchteten allerdings auch einen direkten
Angriff des Konigs, und wufsten von besonders kiinstlichen
Belagerungswerkzeugen zu erzahlen, welche derselbe in Prag
anfertigen hefse, sowie von zahlreichen aut" der Oder in
Oberschlesien angefertigten Flolsen, vermittelst deren er die
Stadt von Osten her an ihren schwachsten Stellen, der Neu-
stadt und dem Dome, angreifen wolle. Man beeilte sich hier
durch neue Befestigungen nachzuhelfen, ja die Breslauer er-
bauten sogar eine neue Briicke von der Neustadt heriiber
nach dem Dome, ein Werk um so mlihevoller und kost-
spiehger, als es im Winter (von 1462 zu 1463) in grofser
Eile zustande gebracht wurde. Der Bischof Jost, der zuerst
liber die Eigenmachtigkeit, mit der man auf seinem Terri-
torium, dem Dome, fortifikatorisch vorgegangen war, geziimt
hatte, ward schhefslicli doch von seinem Kapitel zu einem
Vertrage mit der Stadt und einem ansehnlichen Beitrage zu
den Kosteu der neuen Befestigungen veranlalst (1463,
6. Januar).
Wenn Konig Georg soweit gegangen ist, den Breslauer
Rat resp. einzelne Patrizier eines Anschlags gegen sein
Leben zu bezichtigen und auf Grund solcher Beschuldigungen
einen schlesischen Edelmann namens Johann von \^^iesen-
burg hat foltern und schhefshch grausam hinrichten lassen
(im Friihhng 1464), so hat er damit schwerhch recht ge-
habt, und die Breslauer haben auch nicht unterlassen, ihrer
Entrlistung liber solche Verdiichtigung sehr entschiedenen
Ausdruck zu geben.
Dagegen steht es fest, dafs eben sie immer von neuem
bei dem Papste darauf hindrangen, dafs dieser den Konig
als unwlirdig des Thrones erkliiren und ihm einen recht-
glaubigen Flirsten als Pratendenten entgegenstellen solle; es
darf da auch nicht verschwiegen werden, dafs sie sich sogar
den Polenkonig schlimmstenfaUs als solchen batten gefallen
lassen. Doch der war damals eben zu tief in seine Handel
314 Viertcs Biich. Zweiter Abscbnitt.
mit dem Deutschen Orden verwickelt. Einem Versuch des
piipstlichen Legaten , den Kiirfilrsten von Brandenbiu'g,
Friedrich II., fllr diese Pratendentenrolle zu gewinnen, hat,
wie es sclieint^ der Einflufs von Friedrichs Bruder Albrecht
Achilles scheitern lassen. Von Herzog Liidwig von Bayern
ist in den Kreisen der Knrie auch die Rede gewesen: an
den Kaiser haben die Breslauer wohl gedaeht, aber sclnver-
lich ihra zu solchem kiihnen Auftreten enistlich den IMut
zugetraut.
Papst Pius begniigte sich damit, die Breslauer dem
Schutze des Markgrafen von Brandenburg und des Konigs
von Polen zu empfehlen, er machte geltend, er dllrfe Georg
nicht eher das Reich absprechen, bis er eines Fiirsten sicher
sei, der die Macht und den Willen habe, die Sache auch
dui'chzufiihren , sonst wilrden er und die Breslauer nur
Schande von dem Schritte haben. Und als er endlich 1464
im Juni sich dazu entschliefst , ein Verl'ahren gegen den
Krinig einzuleiten und diesen unter der Anklage der Ketzerei
nach Rom zu citieren, wird daun doch die Ausfertigung der
Bolle so lange verzogert, dafs inzwischen der Tod des
Papstes (1464 am 15. August) wieder alles in Frage zu
stellen droht. Doch sein Nachfolger Paul II. zeigte sich
noch minder geduklig als Pius, und nach kurzem Aufschub
wird 1465 (im August) die Citation Georgs nach Rom in
schroffer Form erneuert und dann, ohne den hier gestellten
Termin von 180 Tagen abzuwarten, im Dezember desselben
Jahres in einer neuen Bulle Georg, der Sohn des Verderbens,
wie er hier genanut wird, als rilcklalliger Ketzer dem Ver-
dammungsurteil bereits verfallen bezeichnet und fiir aUe
seine Unterthanen jedes demselben geleistete Gelobnis als
aufgehoben und gelost erklart, bis filr das Reich ein wirk-
lich katholischer Fiirst geschafft sein wiii'de. Der neu er-
nannte papstliche Legat Bischof Rudolf von Lavant sorgte
fiir geeignete Verbreitung dieses harten Spruches.
Allerdings kam nun alles darauf an , ob sich auch
aufser den Breslauern noch andere Arme auf das Wort des
Papstes hin erheben wiirden. Es war wohl von grofser
Bedeutung, dafs gerade unter dem hohen Adel Bohmens,
dem sogenannten Herrenstande , die Opposition gegen den
Konig in stetem "Wachsen geblieben war. Diese Herren
batten sich ganz im Gegensatze zu dem niederen Adel
grofstenteils von dem Utraquismus fern gehalten, doch was
sie jetzt bewog, eine feindselige Stellung gegen den Konig
einzunehmen, war im Gninde viel weniger kirchhcher Eifer
als vielmehr Unzufriedenheit mit dem personlichen Regimente
Auftreten des hohmisclicu Herreubuudcs. 315
eines Mannes, cler aus ihren Kreisen liervorgegangen , nun
sie gewissermafsen beiseite schob, ihrer Mitwirkung ent-
behren zu konnen glaubte. Bereits hatte Georg zuerst (l459),
seinen altesten Sohn Viktorin, dann (1462) die beiden jun-
geren, Heinrich und Hynko (auch Heinrich), durch den Kaiser
zu Reichsfiirsten ernennen lassen; im Dezember 1465 belehnte
er sie mit seinem Anteil an Troppau, mit dem Herzogtum
Miinsterberg und der Grafschaft Glatz. Dem Altesten,
Viktorin, verlieh er nicht nur die Landeshauptmannschaft
von Mahren, sondern er iibertrug ihm auch die Hut der
Krone und der Reicbskleinodien, so dafs die Meinung nahe
lag, der Konig arbeite darauf bin, eine Dynastie zu griin-
den, den Thron in seiner Familie erblich zu machen, etwas,
was die eigentlicben Aristokraten des Landes mit mifsgiin-
stiger Unzufriedenheit um so mehr erfiillte, je karger er sich
ihnen gegeniiber mit weiteren Verpfandungen und Ver-
gebungen von Krongiitern und beimgefallenen Leben zeigte.
Im November 1465 traten sie auf dem Schlofs Griinberg
zu einem Bunde zu.sammen; und wenngleich dieser Bund
zuniicbst nur die eigenen Standesinteressen ins Auge fafste,
so erbielt dock ibre Opposition auch fiir den eben jetzt mit
grofster Erbitterung aufflammenden Kampf zwischen dem
Konige und der romiscben Kurie eine besondere Bedeutung,
und erfreut streckten ebensowohl der Papst wie die Bres-
lauer, in deren Fubrung jetzt der Bischof Rudolf von Lavant
als papstlicher Legat den Kretenser Erzbischof abgelost
hatte, die Hande den neuen Bundesgenossen entgegen. Aller-
dings war nun ein Zusammengehen mit den Breslauern sehr
wenig nach dem (>eschmacke des Bischofs Jost, dem als
■einem Gliede des bohmischen Herrengescblechtes der von
Rosenberg in der Leitung des Bundes ein wesentlicber An-
teil zufiel, und im Verein mit dem Bischofe von Olmlitz,
Protas, war er eifrig bemiiht, zu vermitteln und iuzwiscben
den Papst von extremen Schritten abzuhalten, doch hat
vielleicht gerade er mit seinen rechtglaubigen Gewissens-
skrupeln viel dazu beigetragen, dafs die Sache der bohmischen
Herren, die wohl durch einige Konzessionen sich batten be-
befriedigen lassen, mehr und mehr verwickelt ward in den
grofsen Streit um die Kompaktaten und der Herrenbund
vom Ende des Jahres 1466 an als kathohscher Bund ein-
tritt in den Kampf der Kurie gegen den Konig.
Der letztere erwartete sein Heil von einer allgemeinen
Intervention der europaischen Fiirsten, welche ja, wie er
voraussetzte , durch das Vorgehen des Papstes sich sanit-
lich in ihrer ^^'urde bedroht seben milfsten, doch ohne
yi6 Viertes Bucb. Zweiter Abschiiitt.
rechten durchbchlagendeii Erfolg, wenn gleich im Ilerbst
1466 der Nlirnberger Reichstag auf Markgraf iUbrecht
Achilles' Antrag eine Verwendung t'lir den Konig bei dem
Papste beschlol's. Audi die miihrischen Stadte iind eine
Anzahl schlesischer Herzoge hatten im November dieses
Jahres auf Georgs Drangeu sich iii dieser Absicht an den
Papst gewendet; doch hatten die letzteren dem vom Konig
ihnen zugesandten Entwurfe eine sehr abgeschwachte Fas-
sung gegeben, die eigentlich nur noch die Bitte entliielt.
es moge dem Konig noch einmal Gehor gegeben werden.
NaturKch hielt das alles den Papst nicht ab, unter dem
23. Dezember 1466 in feierHchem Konsistorium das delinitive
Verdammungsurteil auszusprechen , welches nun dem Sohn
des Verderbens Girsik von Kunstadt und Podiebrad als
meineidigen und sakrilegischen Ketzer die konigliche Wiirde
absprach und alle seine Unterthanen von jeder Verpflich-
tung gegen denselben loste.
Kampfe in Schlesien 1466'67.
Inzwischen war nun schon im Jahre 1466 in Schlesien
der Ki'ieg entbrannt. Ein Haufen sogenannter Zebraken^
bohmischer Landsknechte im Dienste des Konigs, hatte im
Einverstandnisse mit Herzog Konrad dem Schwarzen von
Ols und einigen I'ehde- und beutelustigen Rittern des rechten
Oderufers un August 1466 einen Anschlag auf die Stadt
Namslau versucht, aber vor einer aus Breslau gegen sie
entsandten Soldnerschar schleunigst den Rilckzug angetreten.
Waren die Breslauer schon auf diesen Erfolg sehr stolz, so
wuchs ihre Zuversicht dann noch ins ungemessene, als einer-
seits das papstliche Verdammungsm'teil publiziert ward und
anderseits auch der bohmische Herrenbund gegen den Konig
unter die Waffen trat, wo dann auch der Bischof Jost eifrig
Kriegsvolk riistete und aufser Herzog Baltasar von Sagam
nun doch wenigstens einer der schlesischen Fiirsten, Nikolau*'
von Oppeln, sich ihnen anschlofs, Avahrend die iibrigen Her-
zoge, ohne fiir den Konig einzutreten, doch zunachst ab-
warten zu wollen schienen, fill- wen sich das Kriegsgliick
entscheiden wiu*de.
Im Mai 1467 ergriffen nun die Breslauer mit ihren Ver-
biindeten auf das Drangen der bohmischen Herren d\&
Offensive, obwohl sie es eigentlich Ijeber gesehen haben
wiii'den, erst noch die Ernte ihrer Hauptmesse, des Jo-
hannismarktes, bei welchem auch die Geisthchkeit auf die
Einnahme eines vom Papste zugestandenen Ablasses rech-
Krieg der Breskuer mit den Sohuen Georgs 1467. 317
nete, einheimsen zu konnen. Ihr Zug ging unter Fiihrung
des Ritter Christoph Schkopp gegen das Land Viktorms,
des Sohnes ihres verhafsten Gegners. Die Hauptstadt
Miinstei'berg ward schnell erobert, audi die Besatzung des
Schlosses kapitulierte, bald fiel audi Frankenstein, und selbst
die feste Burg daselbst ergab sich, als die grofse Bilchse,
welche die Breslauer nicht ohne grofse MUhen dorthin ge-
schafft batten, ilu- Zerstorungswerk an den Mauern begann.
Diese Erfolge maditen gewaltigen Eindruck , in der
Oberlausitz wie in Mahren erhoben sicb die Gegner des
Konigs, die grofseren Stadte Mahrens, in denen die Deut-
schen die Oberband batten, fielen jetzt von Georg ab. In
Breslau herrschte der grofste Siegesjubel; doch die Freude
wabrte nicht lange, denn aus Glatz rlickte bobmiscbes Kriegs-
volk heran, um die Eroberer von Frankenstein in der kauni
genommenen Stadt einzuscbliefsen.
In den Kampfen, welche sich da entspanneu, ist es ge-
scbeben, dafs die Bobmen Gefangene, die sie geniacbt, und
die auf ibren Kleidern rote Kreuze trugen zum Zeichen
des Kreuzzuges, auf welchem sie sich der Predigt des Le-
gaten entsprechend begriffen glaubten, zwangen, diese Kreuze
zu verschlingen , audi wobl anderen Kreuze aus der Stirn-
haut schnitten, wogegen Christoph Schkopp dann gefangene n
Bobmen eiiieii Kelch in die Haut schneiden .liefs, Grausam-
keiten, die jedoch bald durch gegenseitiges Ubereinkommen
abgestellt wm-den. Wobl erwelu'te sich die Besatzung Fraii-
kensteins ibrer Driinger, doch mufste ibre Lage hoclist ge-
fahrvoll werden, als aus Mahren Stibor von Cimburg zur
Hilfe herbeieilte und auch Prinz Viktorin die Bdagerung
von Sternberg aufgab, um sein Land wiederzuerobern. Zum
Entsatze riisteten nun auch die Breslauer und der Bischof
in Eile. Ihr unter Herzog Baltasar von Sagan gesammeltes
Heer zogerte jedoch angebhch infolge einer Verraterei der
den Breslaueru immer mifsgiinstigen Burger von Schweid-
i nitz, deren vorgespiegelter Zuzug erst abgewartet werden
! sollte, allzu lange, und als es endlich gegen Frankenstein
[ anriickte, fand es Viktorui mit so ilberlegenen Streitkraften
vor sich, dafs es erst neuer Eilstimgen bedui'fte. Die Boh-
I men gewannen Mlinsterberg, das die Scblesier voreilig auf-
i gegeben batten und dann nicht wiedergewinnen konnten;
I auch Patschkau fiel nach eineni blutigen Kampfe am 1 1 . Juni,
i und in Frankenstein, welches Viktorin eng blockiert liielt,
I brach schnell Hungersnot aus. Infolge davon versucbte in
der Nacht vom 15. zum 16. Juni 1467 der grofste Teil der
1 Besatzung sich durchzuschlagen. Die Bischoflichen , die
318 Viertc's Buch. Zweiter Abschuitt.
voranzogen, kamen gliicklich davon, doch von den Bres-
lauern wurden an tausend gefangen, und die in der Stadt
Zuruekgebliebenen fielen natlirlieh audi in die Hiinde der
Feinde mit sehi' anselinlichem Ki'iegsmateriale, worunter auch
die grofse Bilchse sich befand, welche allein den Breslauern
tausend Dukaten gekostet hatte.
Diese Schlappe verfehlte nicht eines gewissen Eindrucks.
Die Gorlitzer und auch Herzog Heinrich von Freistadt, die
schon den Breslauern batten Zuzug senden woUen, besannen
sich schnell eines anderen, und in der Hauptstadt selbst trat
arger Kleinmut an die Stelle des frilheren Ubennutes. Der
grofse Haufe tobte gegen die HeerfUkrer und klagte die-
selben des Verrates an, erzwang auch die Ausstofsung
zweier besonders niifsliebiger Ratsglieder, sowie die Kontrolle
des Rates durch einen Ausschufs der Blirgerschaft ; und es
war sehr gut, dafs Prinz Viktorin nicht seinen Sieg weiter
vertblgcnd gegen Breslau zog. Er hatte die Blirgerschaft
fassungslos und kaum recht tiichtig zu ki-Jiftigem Wider-
stande gefunden. Doch ihn rief der Aufstand in Mahren
schnell wieder dorthin zuriick.
Bischof Jost hatte in der Zeit der Blockade Franken-
steins, wenigstens fur sein Kriegsvolk, eine Kapitulation zu
erwu'ken sich bemilht und Geld geboten, doch die Buhmen
hatten als Preis einer solchen verlangt, er solle beim Papste
die Anerkennuug Georgs als Konig durchsetzen. Davon
konnte nun nicht wohl die Eede sein, wie denn iiberhaupt
die Entscheidung des grofsen Konfliktes nicht in diesen
schlesischen Kiimpfen gesucht werden konnte. Es kam doch
schliefslich alles darauf an, ob sich der Arm eines machtigen
Fiirsten filr die Vollsti-eckung der papstlichen Verdammungs-
urteile fand.
Wenn schon Papst Pius II. liierbei besonders an den
Polenkonig gedacht hatte, so hatte sein Nachfolger diesen
Gedanken noch weiter verfolgt, und als sein Legat Rudolf,
Bischof von Lavant, sich 1466 nach Preufsen begab, um
den Frieden Polens mit dem Orden zu vermitteln, Hefs er
Konig Kasimir keinen Zweifel dariiber, dafs er als Preis
der Vermittelung und der bei dieser der einen Partei er-
wiesenen Gunst erwarte, der Konig oder einer seiner Stihne
werde als Priitendent der buhmischen Krone auftreten, fur
welchen FaD er ihm den sofortigen AnfaU von Schlesien
und der Lausitz in bestimmteste Aussicht stellte. Doch
dieser, wenig einverstanden mit dem gewaltsamen Vor-
gehen des Papstes und diu'ch den langen Krieg selbst in
alien seinen Hilfsquellen erschopft, versagte sich dem Ver-
Der Papst sucht ThronprJitendeiiten gegeu Georg. 3i9
langen, imbekiimmert clarum, clafs der Legat clem Papste
die Bestatigung des Thorner Friedens vorbelialten, uud die-
ser wieder sie von dem Eintreten des Ktinigs in den Kampf
gegen Podiebrad abliiingig gemacht hatte. Nur zu Ver-
mittelungen erklart er sich bereit, olme aber damit beson-
dere Erfolge zu erzielen. Um so bedeutsamer ward es
dann, dafs 1468 der Kouig von Ungarn Matthias Korvinus
die Waffen gegen Georg Podiebrad ergriff, und nachdem
dies einmal geschehen, sich bald avich in die Rolle eines
Gegenkonigs, eines Pratendenten der bohmischen Krone, hin-
eiudriingen liefs. Das Band der Verwandtschaft, das ihn
mit Georg verkniipft, hatte 1464 der Tod seiner Ge-
mahhn , der Tochter des Bohmenfilrsten , gelost ; bereits
1465 hatte er sich in gewisser Weise dem Papste zm'
Verfugmig gestellt, und seitdem waren die Beziehungen
beider Fiirsten immer gespannter geworden, bis endHch
1468 ein Einfall Viktorins in Osterreich Matthias bewog,
zuniichst zur Untersttitzung des Kaisers den Kampf zu be-
ginnen.
Inzwischen hatte im Dezember 1467 der papsthche
Legat, der seit dem Tode des Bischofs Jost von Breslau
am 13. Dezember d. J. noch unbeschriinkter herrschte als
bisher, einen Kongrefs der Gegner Georgs zusammenberufen,
den Vertreter der beiden Lausitzen, die Hiiupter des boh-
mischen Herrenbundes, Bischof Protas von Ohniitz und von
schlesischen Fiirsten noch Nikolaus von Oppeln und Bal-
tasar von Sagan besuchten, welcher letztere erst kurz vorher
eine neue von den Breslauern ausgeriistete Expedition zur
Wiedereroberung seines Saganer Herzogtums mit einer Nie-
derlage unweit Freistadt hatte endigen sehen milssen. Auch
polnische Gesandte waren in Breslau, freihch ohne Vollmacht,
den hier laut werdenden Wiinschen entsprechend zu ver-
heifsen , der Polenkonig werde seinen Sohn Wladyslaw
wenigstens mit 1000 Reitern nach Breslau schicken, um
sich hier von dem Legaten zum Konig von Bohmen kronen
zu lassen.
Das Hauptresultat der bei geschlossenen Thiiren vam
17. bis 31. Dezember gepflogenen Verhandlungen war die
bestimmte Verpihchtung aller Bundesgheder, unter keinen
Umstanden mit Georg Frieden zu machen. Am 20. Januar
1468 ward dann der papsthche Legat Rudolf auf das
i Drangen besonders der Breslauer bin zum Bischofe von
j Breslau postuliert, welche Wiirde derselbe jedoch erst an-
j nahm, nachdem die Bilrgerschaft ihm treuen Beistand auf
1 alle Falle feierlich versprochen hatte, eine Zusage, welche
320 Viertes Buch. Zweiter Abschnitt.
nachmals, wie Eschenloer klagt, die Stadt vim viele tausend
Gulden gebracht hat.
Tliatsachlich betrachtete sich auch Rudolf in seiner
Eigenschaft als Legat als Regenten Schlesiens und be-
muhte sich eitrig, hier alle Fiirsten und Stande unter
Androhung der Kirchenstrat'en zu dera Bunde gegen Podie-
brad heranzuziehen. Wirklich gelang es ihm auch, den
Furstentiimern Schweidnitz - Jauer , die bisher immer noch
diesem Bunde sich versagt hatten, in dem bohmischen Edel-
manne Ulrich von Hasenburg einen ligistisch gesinnten
Hauptmann zu geben und diesem Anerkennung zu sichern,
und auch dem Herzoge Baltasar von Sagan verschaffte seine
machtige Vermittelung sein Land wieder; aber die anderen
schlesischen Fiirsten hielten immer noch, wenn auch ohne
direkten Widerspruch zu erheben, unter allerlei Vorwiinden
vorsichtig zuriick.
Matthias Corvinus tritt gegen Georg Podiebrad auf.
Grofsen Jubel erregte dagegen in Breslau die gerade
um das Osterfest eintrefFende Nachricht von der Kriegs-
erklarung des Ungarnkonigs gegen Kr»nig Georg, nachdem
kurz vorher auch der Kaiser den Schlesiern und Lausitzern
geboten hatte, Georg von Podiebrad Fehde anzusagen. Die
Breslauer beeilten sich mit Konig Matthias in Verbindung
zu treten, vmd Bischof Protas von Olmiitz gelobte demselben
im Namen des Breslauer Bundes treuen Beistand unter
Ausschlufs jedes einseitigen Abkommens mit dem Gegner,
Avie ja auch der Konig seinerseits den gegen die Ketzerei
Verbiindeten seinen Schutz zusagte, aber allerdings nun auch
Unterstiitzung mit Kriegsvolk begehrte. Zu einem solchen
ist es nun aber trotz der Aviederholten dringenden Mahnungen
nicht gekommen, da ja in Schlesien selbst die Anhiinger
des Konigs, unterstiitzt von mehreren schlesischen Adeligen
den Breslauern zu thun machten.
Da gait es, die wohlgeschiitzte Bolkoburg bei Bolkenhain,
von der aus Hans von Tschirn das Land beunruhigte, einzu-
nehmen , dann Miinsterberg und Frankenstein zuriickzu-
erobern, um den Einfiillen, mit denen die Bohmen von
dem festen Glatz aus Schlesien bedrohten, einen Riegel vor-
zuschiebeu. Die Breslauer zeigten sich sogar bereit, Zuzug
zu Konig Matthias abzusenden, doch konnten sie es bei der
Lauheit ihrer Bundesgenossen nicht durchsetzen, in ihren
Postierungen vor Frankenstein von anderen Streitkraften
abgelost zu werden. Dagegen unternahmen die Breslauer
Matthias von Uugarii Gegeukouig. 321
Soldner mehrfache Eiufalle in das Glatzer Gebiet, und ihr
Fiihrer Gregor Unwiirde kampfte (Anfang Marz 1469) tapfer
und siegreich bei Habelschwerd mit den Bolimen, obwohl
ihn die ilim beigegebenen bischoflichen Kriegsleute klein-
miitig im Stich liefsen.-
Die Haltung der Melirzahl der Schlesier blieb inzwisclien
fort und fort schwankend. So lange im Jahre 1468 nur
immer Nachriciiten von einem siegreichen Vordringen des
Konigs von Ungarn einliefen, erhielt der Legat von alien
.Seiten gute Worte und Versicherungen der Ergebenheit, als
aber im Jahre 1469 von einer Wendung der Dinge ver-
lautete, die Matthias bewogen habe, unter polnischer Ver-
mittelung sich zu Waffenstillstand und Frieden zu bequemen,
regten sich hier wieder vielfach Wiinsche einer giitlichen
.Verstandigung mit dem Konige. Doch die Zusammenkunft
-von Olmiltz zwischen den beiden Konigen (April 1469)
endigte nur mit grofserer Entfremdung, und die dort au-
wesenden bohmischen Grofsen, unter denen nun auch der
Legat Rudolf als Bischof von Breslau eine einflufsreiche
Stimme hatte, fiihrten die Wahl Matthias' zura Konige von
Bohmen am 3. Mai 1469 herbei, die dieser auch annahm
iind dadurch hinreichend seinen Entschlufs kundgab, die
Entscheidung zwischen ihm und Georg auf die Spitze des
Schwertes zu stellen.
Als die Breslauer die erste Nachricht von der Geneigt-
heit Matthias', die bohmische Konigswiirde anzunehmen, er-
hielten , war alles voll Jubel. In den Kirchen sang man
Psalmen, auf dem Ringe bewirtete der Rat das Volk mit
-Bier, und eine Illumination, im Stile jener Zeit durch zahl-
-reiche brennende Pechpfannen dargestellt, verherrlichte den
•Tag.
Wenn die Breslauer schon vorher den neuen Konig
-hatten bitten lassen, er moge doch geruhen, Breslau zu be-
suchen, das wiirde am besten die in Schlesien noch un-
-schliissig Zogernden zur Entscheidung bewegen, so erledigte
^sich das jetzt von selbst. Matthias beeilte sich, die Schlesier
zur Huldigung nach Breslau zu entbieten.
Der immer festgehaltene Wunsch der Breslauer, an Stelle
des gehafsten Bohmen einen anderen Herrscher zu erhalten,
; ging in Erfiillung, und wenn auch der Kampf noch nicht
j zu Ende war, so gab es doch jetzt selbst Kiinig Georg auf,
I die Nachfolge einem seiner Sohne zu sichern ; die Griinduug
einer czechischen Dynastie durfte als abgethan angesehen
werden. An diesem Resultate, dessen welthistorischen Cha-
I rakter man ja kaum wird in Abrede stellen konnen, haben
i Grunhagen, Gesch. ScUlesiens. I. ^1
g22 Vicrtes Buch. Zweiter Abschuitt.
nun die Brcslauor unzweii'elhaft ihren bedeutsamen Anteil.
Es ist sehr fraglich, ob der Papst ohne den sicheren Rilck-
halt der Breslauer Unvers(>hnlichkeit den Kampf gegen Georg
so ernsthaft unternommen hiitte.
Aiif der anderen Seite aber liegt- es doch sehr naho zu
fragen, ob das Kesultat, das die Breslauer nun also mit
herbeigetuhrt haben, als ein von einem hciheren Standpunkte
Erspriefsliches anerkannt zu werden vermag, ja ob dasselbe
auch nur dem eigenen Interesse der Breslauer entsprochen
hat, ob diese langjilhrigen Kampfe mit ihrem Blutvergielsen,
ihren Verwustungeu , ihi'en Verkehrsstorungen wirklicli auf-
gewogen werden konnten durch das Resultat, dafs niclit ein
Czeche sondern ein Magyar resp. spater ein Pole liber
Schlesien das Scepter fuhrte. Man kann die Berechtigung
dieser Frage sehr wohl zugeben, man kann sogar einraumen,
dafs Georg Podiebrad sicherlich keinen schlechteren Herr-
scher abgegeben haben wiirde als die, welche an seine Stella
traten; und dennoch wird man daran festhalten diirfen, dais
die Breslauer, bei denen wir das nationale Bewufstsein der
deutschen Ansiedler im Osten allezeit am starksten ausge-
pragt tinden, auch ganz abgesehen von dem religiosen oder
kirchlichen Momente doch bei ihrer hartnackigen Feindschaft
gegen Podiebrad von einem im Grunde richtigen, wenn
auch vielleicht nur instinktmafsig empfundenen Bewufstsein
geleitet wurden. Das Czechentum, als dessen Reprasentanten
wir eben Podiebrad ansehen miissen, war seinem ganzen
Wesen nach in der That darauf angewiesen, die Resultate
der deutschen Kolonisation in den Landern des bohmischen
Reiches anzugreifen und nach bestem Vermogen zu ver-
nichten ; eine imversohnliche Feindschaft gegen das Deutsch-
tum lag in seinem eigensten Wesen. Eine derartige Gefahr
drohte von Matthias ganz und gar nicht und selbst kauni
von Polen, welches im sicheren Besitze eines national ge-
schlossenen Staates die Nationalitjiten von Nebenlandern, die
luiter soin Scepter kamen, zu bedrohen keinen zwingen-
den Grund hatte und thatsachlich, in jener Zeit wenigstens,
nach der Seite hin wenig Anlafs zu Beschwerden gegeben
hat. So bewegt uns, obwohl in diesen Kampfen ein allge-
mein menschUches Interesse uns vielfach mehr auf die Seite
des Kiinigs Georg ziehen mochte, doch die Erwagung der
nationalen Interessen, das schliefsUche Resultat im grofsen
und ganzen willkommen zu heifsen.
323
Dritter Abschnitt.
Konig Matthias von Liigaiii 1409—1490. Kiiuipfe in
Schlesien mit den Anliiingeru des Gegenkonigs IVlady-
slaw Yon Polen. Behauptung Sehlesiens diircli Mat-
thias gegen die polnisch - hohuiischen Heere 1474.
Matthias als Re|ent Ton Schlesien. Vertrag Ton 01-
miitz 1479. Niederwerfung Johanns ron Sagan.
Oeorg Ton Stein.
Als im April 1469 Konig Matthias zu Olmiitz mit dem
Haupte des bohmischen Herrenbundes wegen tJbernahme
der Konigswiirde verhandelte und der letztere die diu'ch
Matthias geforderte Beisteiier von 250000 Gulden uner-
schwinghch hoch land, wies dieser darauf hin, dais, wenn
statt seinei' oder neben ihm deutsche Fiirsten Hillsvolker
herfuhren miifsten, diese nicht verfehlen wilrden, ihi-e etwaigen
Eroberimgen fiir sich zu behalten, wo dann eine Zerstucke-
lung des bohmischen Reiches die notwendige Folge sein
werde.
Ahnhches liefse sich vielleicht ilberhaupt von der Re-
gierung dieses Konigs und gerade eben in der Anwendung
auf Schlesien aussprechen, dafs namlich das Eintreten von
Matthias dieses Laud vor der drohenden Gefahi* einer Zer-
stlickeluug bewahrt hat. Gerade die schlesischen Fiirsten,
"welche den losesten Zusammenhang zeigten und am Icichte-
sten abzughedern gewesen wiiren, die oberschlesischen, mulsten
bei einer Kombination, welche Schlesien mit Ungarn ver-
band, notwendig festgehalten werden, weil ihre Lande die
unentbehrliche Briicke zu dem iibrigen Schlesien bildeten.
Am 21. Mai 1469 zu Pfingsten war Konig Matthias in
Neifse, geleitet von 2000 Reitern in prachtiger Riistung auf
stolzen Rossen. In seinem Gefolge waren neben Gesandten
des Kaisers ungarische Pralaten und Magnaten und boh-
mische Grofse. Am 26. Mai holten die Breslauer ihren
neuen Herrscher in ihre Stadt ein. Fast eine Meile zogen
i sie ihm entgegen in feierlichem Zuge mehr als 400 Beritteue,
I die Schliissel der Stadt reichte man ihm dar, und ihre
1 Banner neigten sich vor ihm. In Breslau bcgriifsten ilin
I auch auswartige Fiirsten, so der Kurfiirst Friedrich von
I Brandenburg und dessen Neffe Markgraf Johann, der Sohn
i 21*
324 Viertes Buck. Dritter Abschnitt.
von Albrecht Achilles. Am ersten Juni begingen die
Fiirsten das Frolinleichnamsfest durch Teilnahme .an der
feierlichen Prozession: die beiden Herzoge von (Jls und
Kosel, Konrad der Sclnvarze iind Konrad der "Weifse, Fried-
rich von Liegnitz, Heinrich von Glogaii, Baltasar von Sagan
und der junge Markgraf von Brandenburg trugen den
Baldachin iiber dem AUerheihgsten. Auch durch cine Wall-
faln-t nach Trebnitz zum Grabe der heihgen Hedwig zeigte
Matthias seine Frommigkeit. Am 31. ]\lai huldigte der
Rat; nach der Ableistung des Treuschwures llbergaben die
papstHchen Legaten die Stadt Breslau, die bisher unter pjipst-
lichem Schutze gestanden habe, dem Kunige, und die kaiser-
lichen Gesandten thaten dasselbe namens ihres Herrn. Im
Laufe des Juni huldigten dann die schlesischen Fiirsten
einer nach dem andem dem neuen Herrscher, der einzige,
der prinzipielle Bedeuken aufserte wegen des an Georg
Podiebrad gethanen Gelobnisses, Herzog Konrad der Schwarze,
liefs sich schhefshch auch bereit finden (18. Juni), und der
jmige Herzog von Liegnitz, Friedrich, erhielt bci dieser Ge-
legenlieit sein ihm so viel bestrittenes Land detinitiv zuge-
sprochen, womit dann der lange Liegnitzer Lehensstreit sein
Ende fand, und ebenso empfing damals Heinnch XI. von
Glogau die bisher im immittelbaren Besitz der bohmischen
Krone belindHche Halfte elieses Herzogtums. Auch die
Sechsstadte und die Niederlausitz huldigten in Breslau.
Die Schweidnitzer erhoben auf Grund eines uoch aus
Karls IV. Zeit herstammenden GcAvohnheitsrechtes den An-
spruch, dafs fur die Fvlrstentiimer Schweidnitz - Jauer in
ihi-en Mauern die Huldigung erfolge, und Matthias liefs dem
nachgebend, sich selbst aber mit Krankheit entschuldigend,
dui'ch Bischof Rudolf und Zdenko von Sternberg dort die
Hiddigung vornehmen (den 13. Juni). Erst am 5. Juli
verliefs der Konig wiederum die schlesische Stadt, deren
Sackel dm-ch die bei dieser Gelegenheit geiibte Gastfreund-
schaft um \'ieles leichter geworden war.
Inzwischen hatte Konig Georg in seiner Bedrangnis dazui
gegriffen, "Wladyslaw, den Sohn Konig Kasimii's von Polen,
zum Konig von Bohmeu walilen zu lassen, unter der Be-
dingung, dafs derselbe seiner Tochter LudmUa sich venuahle;
und ihm bis an seinen Tod die Herrschaft iiber Bohmcaii
lasse: ein Antrag, den Kasimu' nicht abwies, wenn gleich
die Ehe mit der ketzerischen Prinzessin bei dem recht-
glaubigen polnischen Klerus grofses Bedenkeu erregte. Umi
dieses Umstandes willeu zogen sich auch die Unterhand-
lungen noch eine Weile hin, und es kam wenigstens nichtt
Parteiungen iu Schlesieu 1469/70. 325
zu einem direkten Eingreifen der polnischen Streitkrafte zu-
gunsten Georgs, wie dieser es begehrte.
Ein solches hatte die Schlesier in eine verzweifelte Lage
gebracht. Denn sie wurden ohnehin schon von Bohmen
aus, wo auf die Nachricht von der Huldigung Schlesiens
an Matthias ein schnell entflamniter opferwilliger Kriegseifer
dem Konig Georg ansehnliche Streitkrafte zur Verfligung
gestellt hatte, auf das schwerste bedriingt. Mit den Rii-
stungen der Schlesier sah es libel aus; die Fiirsten be-
sehickten zwar die vielen von dem Breslauer Bischof oder
den Landeshauptleuten zusammenberufenen Versammlungen,
gaben auch wohl die besten Versicherungen, hielten dieselben
aber nicht, sondern verzogerten unter irgendwelchen Vor-
wanden immer aufs neue die Truppensendungen , so dafs
es schien, als solle wiederuni die ganze Last des Krieges
auf die Schultern der Breslauer gewalzt werden. Bei diesen
aber hinderte schon die immer drlickender werdende Geld-
not ausreichende Werbungen. Umsonst sandte Matthias
seinen besten Feldherrn, Franz von Hagen, mit einigen hun-
dert Reitern nach Schlesien. Dessen Ki'iegserfahrung und
Tapferkeit vermochte wohl hin und wieder einen Erfolg zu
gewinnen, doch nicht auf die Dauer das Mifsverhaltnis der
Streitkrafte auszugleichen. * ThatsachHch ward, wie einst in
den Hussitenkriegen , eine breite Zone langst des Gebirges
vom Neifseschen an bis in die Oberlausitz hinein von boh-
mischen Kriegsscharen ungestraft auf das schlimmste ge-
pliindert und verwiistet, wie damals blieb den armen Be-
wohnern kaum etwas anderes llbrig als durch freiwillige
Unterwerfung und" die Zahlung grofser Geldsummen sich
eine gewisse Schonung zu erkaufen.
In Breslau machte sich schnell die grcifste Entmutigung
geltend, die von Konig Matthias angeordnete Pragung ge-
riugwertigen Geldes brachte mannigfache Verluste und er-
regte grofse Verwirrung und Unzufi'iedenheit ; man begann
nun auf die Prediger zu schelten, welche dm'ch ilu' Eifern
gegen den ketzerischen Konig die Gemiiter verfilhrt und
I die Stadt in die iible Lage gebracht batten. Auch auf
' einer Versammlung in Trebnitz (im Januar 1470) klagte
I man einst darliber in Gegenwart der beiden Olser Herzoge,
I und einer von deren Raten meinte, es miisse das alles wohl
! Gottes Ratschlufs sein und, um mit den Astronomen zu
j sprechen, die Planeten es so wollen. Da rief Herzog Konrad
der Schwarze aus: „Was sprichst du von den Planeten,
welche Gott wohl lenkt, und die uns zu nichts zwingen.
Waren nur die [beiden verfluchten Breslauer Planeten, der
326 Viertes Biich. Dritter Abschnitt.
Propst Joh. Duster imd dcr Kantor Nik. Tempclf'eld (die
beiden Haupteiferer gegeu Podiebrad), iiicLt iu der Welt
gewesen, wir mochten wohl guten Frieden haben. Das siud
die Planeten des Teufels, welche das Vaterland angesteckt
haben."
Noch ilblcr sah cs in Oberschlesien aus, avo die Hei'zOge
doch einmal mehr zu Polen neigten. Umsonst sandte ]\Iat-
thias 1000 Goldgulden an die Herzoge Primko von Teschen
und AVenzel von Rybnik zur Werbung von Kriegsvolk, mit
dem dann die bedrobte Herrschaft des Ungarnfilrsten all-
gemein zur Anerkennung gebracht werden sollte. Sie rich-
teten wenig aus. In Troppau behauptete sich tapfer der
bohmische Oberst Berka von Nassidel und bewog schliefs-
lich den Herzog von Troppau und Ratibor Johann IV., iui
Januar 1470 sich geradezu von Matthias loszusagen und
fiir Georg zu entscheiden, Avofilr allerdings der Ungarnfiii'st
Rache nahm und durch seinen Ea'iegsobersten Franz von
Hagen Johanns Ilauptstadt Ratibor belagcrn liefs, die sich
durch eine ansehnliche Geldsumme loskaufen mufste.
In Schlesien war die Sache des Konigs JMatthias nicht
wesentKch verbessert worden durch dessen Erfolg vom
27. JuH 1469; die Gefangennehmung des Prinzen Viktorin,
und selbst der Tod Georg Podiebrads 1471, 22. Marz, ward
zwar in Bi'eslau durch Freadenfeuer begriifst, brachte jedoch
die Dinge dem Frieden nicht niiher. Die Bohmen wilhlten
zu Kuttenberg im Mai 1471 den polnischen Prinzen Wlady-
slaw zum Konige, obwohl hier auch ungarische Gesandte,
unter ilmen der Bischof von Erlau (ein geborener Breslauer,
Johann Beckensloer) fiir Mattliias gesprochen batten und
selbst Prinz Viktorin, der iilteste Sohn des verstorbenen
Konigs, den Matthias in seiner Haft wolilwollend behandelt
und jetzt frei gelassen hatte, fiir diesen eingetreten war.
Mattliias hatte inzmschen zu Iglau durch den papstUchen
Legaten Rovarella unter Zustimmung der ihm anhangenden
bohmischen Edeln seine Wahl aufs neue bestatigen lassen.
Am 25. Juli brach Prinz Wladyslaw mit grofsem Gefolge
von Krakau durch Oberschlesien nach Bohmen auf, wo
einige oberschlesische Herzoge sich ihm anschlossen, niimHch
von der Teschener Linie Primko mit seinem Bruderssohne
Kasimu', von dem Auschwitzer Fiirstenhause Johann von
Zator und sein Bruderssohn Johann von Gleiwitz und aus
dem premyslidischen Stamme die beiden Briider Johann der
Altere von Jagerndorf vmd Wenzel von Rybnik. Am
3. August war Wladyslaw in Troppau, doch den Zug durch
Miihren verwehrte feindliches Kriegsvolk, so dafs man sich
Stelluiig- der schlesiscben Fiirsten. 327
genotig-t sail, den Weg dnrch Schlesien liber Neifse und
Olatz zu nehmeu. Auf einer Hohe jeuseits Wartha, wo ein
steinerues Kracifix die Grenze zwischen Schlesien und Boh-
men bezeiehnete, empfing- mit zahleicheu Edlen und Rittern
Herzog Heini'ich der Altere von Miinsterberg, der Sohn
Konig Georgs, den neuen Herrscher.
Audi in Niederschlesien war trotz der geleisteten Hul-
digung die Stimmung seb' geteilt, und selbst Biscliof Rudolf
mit seinem Kapitel ware am liebsten zu Wladyslaw abo-e-
fallen. Die Stadt Breslau blieb standhaft, wenn sie glefcli
den mangebiden guten Willen der ilbrigen Sclilesier schwer
erapfand und der Erwartung ihi-es neuen Konigs, sie werde
^us eigenen Mitteln ein Heer von 20 000 Mann stellen, zu
entspreclien sicli aufser Stande fiihlte.
Yon den schlesisclien Herzogen wareu nur zwei in ein
naheres Verhaltnis zu Matthias getreten. Friedrich I. von
Liegnitz und Johann II. von Priebus. Den ersteren er-
nannte der Konig 1471 an der Stelle des Jaroslaw von
Sternberg zum Hauptmann der Oberlausitz, indem er zu
gleicher Zeit seinen getreuen Feldobersten Franz von Hagen
iiber die Filrstentiimer Schweidnitz - Jauer setzte und die
Breslauer Hauptmannschaft dem Breslauer Rate ziu-iickgab.
Herzog Friedrich hat auch treu bei dem Ungarnkonig ge-
stauden und hat fllr die Sichemng Schlesiens speziell da-
diu'ch gesorgt, dafs er das Liegnitzer Schlofs ausljaute imd
befestigte und auf den Triimmem der alten Groditzbiu'g
ein neues Schlofs erbauen hefs, das seine Lage auf isohertem
Bergkegel fest genug machte.
Herzog Johann II. fuhrten sehr eigenniltzige Beweggriinde
aut Matthias' Seite. Sein begelu'hcher Sinn mochte sich mit
dem kleinen Priebuser Lande nicht begniigen. Schon ein-
mal hatte er, wie wir sahen, mit Georg Podiebrads Hilfe
seinem Bruder Baltasar dessen Herzogtum genommen, es
aber 1467 Avieder zuriickgeben mlissen. Hatte er sich da-
mals mit dem klinftigen HeimfaUe des Landes nach dem
Tode des kinderlosen und verwitweten Bruders getrostet, so
hatte dessen Wiederverheiratung 1469 diese Hoffhung wan-
kend gemacht und den Herzog bewogen, diu'ch eine Reise
zu Konig Matthias dessen Gunst und damit neue Aussichten
zu gewinnen. In der That fand er hier freundhche Auf-
nahme und erhielt Geld zur Anwerbung von Kriegsvolk.
Ja der Konig -n-ies die Breslauer an, Johann die zum Bres-
lauer Filrstentume gehorige Stadt Kamslau einziu-aumen,
damit derselbe von diesem festen Punkte aus den Kiieg
Igegen Polen fiihren konne. Doch die Breslauer fui'chteten,
328 Vieites Buch. Dritter Abschnitt.
den gewaltthiitigen Herzog dann nicht wieder los werden
zii konnen, und wul'sten ihre Weigerung selbst bei dem
Konige zu rechtl'ertigen.
Johann aber trug keiii Bedenken, die 3000 Mann, die
er gesammelt, uhne Aveiteres zur Bekriegung seines Bruders
zu verwenden, er riickte vor Sagan (1472), notigte durch
eine Beschiefsung, die einen Teil der Stadt in Feuer auf-
gehen liefs, Herzog Baltasar, sich auf das teste Schlofs zu-
rlickzuziehen, und zAvang dann auch dieses einige Tage spiiter
zu kapitulieren. Johann fuhrte den Bruder getangen nach
Priebvis und verwahrte ihn dort in dem festen Wartturm
des Schlosses in grausamer Hat't. Dort starb derselbe einige
Monate spater am 15. Juli, und bald verbreitete sich das
schwerlich gegrilndete Geriicht, man habe den UngltickHchen
verhungern lassen, der Herzog oder Avenigstens sein ver-
trauter Diener namens Busch trage die Schuld daran.
Auf Herzog Johann blieb die feindliche Erregung, die
sich infolge dieser Geriichte allerorten gegen ihn zeigte, nicht
ohne Wirkung, und als dann Konig Matthias ihn zur Ver-
antwortung zog wegen der eigenmachtigen Verwendung
seiner Kriegsvolker , verzichtete er darauf, sein neu erwor-
benes Saganer Land zu behalten, und wahrend er dem Ko-
nige gegeniiber sich mit Ki^ankheit entschuldigte , eilte er
heimlich zu den sachsischen Herzogen Ernst und Albrecht^
die damals ihre Lande noch ungesondert regierten , um
diesen das Herzogtum Sagan zum Verkaufe anzubieten.
Schon im Dezember 1472 kam der Verkaut" zustande, und
Johann erhielt von der festgesetzten Kaufsumme von 55 000
Gulden 10000 sogleich ausgezahlt. Matthias, dem in seiner
damaligen Lage viel daran lag, sich moglichst die deutschen
Reichsfiirsten geneigt zu erhalten, weigerte seine Bestatigung
nicht, und es kam so Sagan an das Wettiner Haus. Dat;
zu derselben Zeit der letzte Sprofs des Glogauer Filrsten- ,
hauses, Heinrich XI., Herr der Lande Krossen, Glogau^.
Freistadt, Herrnstadt und Liiben, der selbst die Vierzigr
bereits iiberschritten hatte, sich mit der damals achtjahrigem
Barbara, der Tochter von Albrecht Achilles, verlobte und
dabei fur den Fall seines kinderlosen Todes alle seine Land©
ihr verschrieb, so war auch hier ein Anfall dieser Herzog-
tiimer an ein fremdes Haus angebahnt, und es schienen
hier jetzt im Westen die Abgliederungeu schlesischer Landes-
teile erfolgen zu sollen, die, Avenn von deutscher Seite her
fur Schlesien ein Herrscher gekommeu ware, vielleicht auf
der anderen Seite im Osten sich voUzogen haben wurden.
Inzwischen sah es im Herzen von Schlesien noch immep:i
Sagan an Sachseii. Die Sohne Koiiig Georgs. 321)
sehr ilbel aus. Die Sohne Konig Georgs hatten im Marz
1472 auf ihrem Stammschlosse Podiebrad ihre Erblande so
geteilt, dafs von den schlesischen Besitzungen dem altesten,
Viktorin, Troppau, dem zweiten, Heinrich dem Alteren,
Miinsterberg iind Glatz zufallen sollten. Wahrend nun
Viktorin, dei' ja mir bedingungsweise aus der ungarisclien
Gefangenschaft entlassen worden war, sich hiitete, gegen
Matthias Partei zu nehmen, verfocht Heinrich entschiedener
die bohmische Sache, wenngleich auch er darauf bedacht
war, durch Vermittekmg des Augustinerpropstes von Glatz,
den er durch Freundlichkeit sich gewonnen hatte, die Lo-
sung vom Banne zu erreichen. Sein testes Schlofs Glatz
bildete den Ausgangspunkt immer erneuter Streifziige nach
Schlesien hinein, welche um so schwerer das Land scha-
digten, als auf verschiedenen Burgen im Gebirge, wie Lahn-
haus, Nimmersatt, Neuhaus bei Waldenburg und Fllrsten-
stein, die dort hausenden Ritter begierig die Gelegenheit er-
griffen, ihre rauberischen Gelliste mit dem Vorwande der
Parteinahme fur die Bohmen zu decken.
Wohl war die Menge der Streiter, welche das Land
straflos verwllsteten und brandschatzten , nicht eben grofs,
und nicht mit Unrecht liefs Konig JVIatthias durch Johann
von Rabstein vorstellen, wie es doch eine Schande sei, dais
soviel Fiirsten, Lande und Stadte sich von solch kleinem
Hauflein Feinde mifshandeln und brandschatzen liefsen.
Man sah das wohl ein, aber als nun von den Schlesiern
verlangt ward, dem Herzog Friedrich von Liegnitz, den der
Konig ihnen als obersten Landeshauptmann setzen woUte,
bestimmte regelmalsige Beitrage zur Werbung von Kriegs-
volk zur Verfligung zu stellen, fanden sich nur die Bres-
lauer und der Bischof dazu bereit, die ubrigen wollten von
solcher Neuerung nichts horen, sondern erkliirten, lieber
selbst ihre Mannschaften stellen zu wollen. Natlirlich waren
selbige dann nicht zur Stelle, und so blieb alles beim alten.
Einzelne Fili'sten suchten lieber die Freundschait des Her-
zogs Heinrich; Konrad der Schwarze von Ols-Kosel ver-
lobte sein Tochterlein Barbara dessen altestem Sohn Al-
brecht (1472), und selbst Herzog Friedrich von Liegnitz
trat in Unterhandlungen mit jenem, die bald zu seiner Ver-
mahlung mit Heinrichs Schwester Ludmila fiihrten (1474).
Am schHmmsten waren die Breslauer daran. Ihre Messen
verodeten, die besten Kunden aus Polen hielten strenge Be-
fehle Konigs Kasimir daheim fest, und aufserdem lauerten
iiberall vor den Thoren Wegelagerer ihren Warenziigen auf.
Das platte Land weithin nach dem Gebirge zu zahlte an-
o30 ^'iel•tos Bucb. Drittur Abscliaitt.
sehnliche vSummen nach Glatz , um sich von der sonst
drolienden Plilndei'img loszukaufen. Bis fast vor die Thore
Breslaus ward dieser Tribut eingefordert , und wehmiitig
klagten die Landbewohner aus dem Neumarkscheni darilber
bei dem Rate, so dafs dieser endlich eiue Gesandtschaft an
Heinrich nach Glatz abzusenden beschlofs, welcher auch der
Chronist Eschenloer, der damalige Stadtschreiber, angehcirte
(Dezember 1472). Sie faud gnadige Authahme, es schmei-
chelte dem Herzog, dais die stolzen Breslauer, die seinem
Vater so kilhnlich getrotzt, nun ihm bittend nahten. Das
Geschenk einer rotsamtnen Schanbe mit Zobel gefiittert fur
den Herzog und einer dito von blauem Damast fiir seine
Gemahlin land Beitall, und der Tribut ward den Neu-
markter Landbewohnern erlassen.
Verschiedene verfangliche Fragen des Herzogs, warum
die Breslauer sich so batten „von den PfafFen verfilhren
lassen'', warum sie seinen Vater, der doch dem ganzen
Konigreiche wohl hatte dauernden Frieden geben konnen,
nicht hiitte annehmen mugen u. s. w., liefsen die Gesandten
unbeantwortet, dagegen richteten sie einen Auftrag an
den Abt vom Sandstitte treulich aus, und dieser, der in
einer Kapelle seiner Kirche hatte aufmalen lassen, wie zwei
Teufel den Konig Georg auf einer Bahre in die Hiille
trugen, beeilte sich, das auziigliche Bild zu tilgen. Er ver-j
zichtete darauf, den Ketzer den hollischen Flammen iiber-
antworten zu sehen, um seine Stiftsdorfer vor den irdischeni
Flammen zu behiiten, mit denen Herzog Heinrich sie heim-
zusuchen gedroht hatte.
Im Friihliug 1473 erfahren Avir von einem Feldzuge ober-
schlesischer Herzoge, unter denen uns Viktorin von Tro])pau
und sein Bruder Heinrich von Miiusterberg (der nach dem
Tode Konrads des Schwarzen 1471 das Koseler Land kauf-
weise an sich gebracht hatte), Johann von Ratibor, Primkoi
von Teschen und Nikolaus von Oppeln genannt werden, I
und zu welchem auch Breslau und der Bischof Zuzug sen-
deten, gegen Herzog Wenzel von Rybnik, der, anscheinend
halb wahnsinnig, durch vielfache Gewaltthatigkeiten alias
gegen sich aufgebracht hatte.
Die Verbiindeten eroberten des Herzogs Residenz Rybnik,
doch als sie auch Sohrau belagerten, rief Wenzel die Ver-
mittelung des Kiinigs von Polen an, dessen Kanzler Jakob
von Dubna er gleichzeitig Sohrau und bald auch Myslowitz
mit mehreren Dorfern verpfjindete. Jakob von Dubna ver-
teidigte Sohrau tapfer und vermittelte endlich im Juni 1473
einen Waffenstillstand.
Der Feldzus von 1474. 331
Der Feldzug von 1474.
Sonst Aviirde das Jahr 1473 fast ganz ausgefiillt durch
Friedensuntei'handlungen , welche der iieue papstliche Legat
Kardinal Marcus, Patriarch von Aquileja, auf einer grofsen
Versanimlung zu Neifse im Friihling dieses Jahres angebahut
liatte, die aber schliefslicli auf einer neuen Zusammenkuuft
in Troj^pau (im Herbste 1473) voUstandig zum Scheitern
gekommen.
Es schien hier eben nur das Los der Waffen entschei-
den zu konnen, und da Kasimir von Polen sich entschlossen
zeigte, die Wahl seines Sohnes zum Konige von Bohmen
mit gewaffneter Hand zu verfechten, so stand dem Ungani-
fursten ein schwerer Kampf mit den polnisch - bohmisclien
Streitkraften bevor, dessen Preis an erster Stelle das von
beiden Parteien beanspruchte Schlesierland war.
Gerade dies konnte Matthias, nachdem er in Breslau
mit so offenen Armen aufgenommen war, nicht wohl preis-
geben, und so bheb denn den Schlesiern das Schicksal nicht
erspart, im Jahre 1474 zum Schauplatze eines erbitterten
Kampfes zwischen den beiden Gegnern zu werden.
Konig Matthias hatte ein kleines Heer von Soldnern ge-
sammelt, wilde Gesellen, die bald Avegen ihrer dunkelfarbigen
Rilstungen und ihrer gebritunten Gesichter die schwarze
Schar genannt wurden, den Bewohnern der Landstriche, die
sie durchzogen, um ihres riicksichtslosen Zugreifens willen
kaum minder furchtbar als den Feinden. Im Jahre 1474
erschien an der Spitze dieses Heeres der Konig Matthias
von Mahren her in Oberschlesien , um, wie er sagte, die
Ungehorsamen zu ziichtigen. Er nahm es damit selir ernst,
und an den schlesisch-mahrischen Grenzen hefs er verschie-
dene Raubritter, deren Burgen er eingenommen, vor deren
1 Pforten ohne weiteres aufkniipfen , was einen heilsamen
Schrecken verbreitete.
Jetzt ereilte auch Herzog Wenzel ein schwerHch unver-
dientes Schicksal, seine Stadt Plefs Avurde erobert und er
selbst dem Herzog Heinrich von Miinsterberg, der, wie wir
noch naher sehen werden, sich mit Konig Matthias ausge-
; sohnt hatte, als Gefangener llbergeben, in dessen Haft er
! auch 1479 zu Glatz gestorben ist. Auch sein Bruder Jo-
j hann von Jagerndorf , der sich zu Polen liielt , war von
I Herzog Viktorin gefangen genonnnen worden und hatte seine
j Freiheit durch Abtretung der Stadte Jagerndorf, Freuden-
thal und Bauerwitz, sowie des Schlosses Lobenstein erkaufen
332 Viertes Buch. Dritter Abschnitt.
milssen. In dera ihm ilbrig gelassencn Loslau ist er dann
148o gestorben, ohne Erben zu hinterlassen.
Matthias zog, nachdem er den grolsten Teil seines Heeres
nacli Mahi'en entsendet hatte, nach Neifse (31. August),
gesonnen, nun auch die Schlusser langst des Gebii'ges zu
breelien. Da erhielt er die Xachricht, dais ein grolses
polnisches Heer, dessen Starke man vielleicbt ilbertreibend
aut" 60 000 Mann, darunter 20000 lieiter, anschlug, unter
des Konigs eigener Fuhrung von Czenstochau her gegen
Schlesien vordringe, wo dann noch ein ansehnhches Hills-
corps aus Bohmen von Wladyslaw herangefilhrt werden
sollte. Es war erldiirhch, wenn die Polen im Hinblick aut"
solche Streitkrafte kaum zweifelten, den Gegner erdriicken
zu konnen, und die voUste Siegesgewilsheit sprach auch aus
der Antwort, welche des Ungarnfiirsten Friedensbote Zdenko
von Sternberg aus Kasimu's Lager zuriickbrachte. Dieselbe
lief daraut" hinaus, der Polenkonig gedenke den Frieden in
Breslau zu diktieren, und keinen besseren Bescheid erhielt
der sachsische Herzog Ernst, welcher nach Breslau ge-
komraen, um fiir das Filrstentum Sagan zu huldigen,
nun an Matthias' Sache verzweifelnd nach dem polnischen
Lager gegangen war, um unter dem Vorwande von Friedens-
unterhandlungen die eigenen Angelegenheiten zu betreiben
und sich mit dem voraussichtlichen Sieger moghchst gut zu
stellen.
Seine kleinmiitigen Ratschlage fanden bei dem Ungarn-
konig kein Gehor, ebenso wenig wie die Angst der schnell
eingeschiichterten Breslauer. Mitte September war er in
Breslau erschienen. Sein langsamer nachrilckendes Heer
stellte er zunachst westHch von der Stadt aul". Den eiligst
zusammenberufenen Fiirsten und Standen erklart er kurz-
weg, er konne die Stellung ihrer Kontingente nicht ab-
warten, sondern verlange von ihnen und zu ihrem Schutze
eben nur Geld und legte deshalb eine aUgemeine Grund-
steuer auf seine schlesischen Lande (einen halben Gulden
von jeder Hul'e, jeder Schenke, jedem Milhlrade), zu welcher
die Breslauer allein fiir sich 12 000 Goldgulden zu entrichten
hatten. Schlimmer aber als diese schwer empfundene Steuer
war der Schaden, den die Requisitionen der schwarzen Rotte
machten und die Kosten, die der lilngere Aufenthalt des
Konigs den Breslauern verursachte.
Es entging dem Konige nicht, dafs der Plan des Geg-
ners, den ja jene iibermiitige Botschaft Kasimirs eigentlich
bereits offenbart hatte, darauf hinauslaufe, nach der Ver-
einigung mit den bohmischen Hilfsvolkern , ohne sich mit
Krieg iu Schlesien 1474. 333
der Eroberuug der kleineren Platze aufzuhalteu die Ent-
scheidung vor der Landeshauptstadt zu suchen. Diese nun
beschlofs Matthias vom rechten Oderufer aus zu decken.
Indem er diese Flufsseite beliauptete, gewann er daiin auch
den Vorteil, durcli Fouragierungen und Pliinderungen in
dem nahen Grofspolen den Schaden, welchen die Feinde in
Schlesien anrichteten, vergelten vind rachen zu konneu. Alle
die festen Platze auf dem linken Odenifer versah er mit
liinreichenden Besatzungen, hierher mufsten die Bauern bei
schwerer Strafe alle ihre Vorriite schaffen. So sollte das
^rofse feindbcbe Heer der Subsistenzmittel beraubt und
dabei durch einen von den festen Platzen aus fortwahrend
^efuhrten kleinen Krieg geschadigt und nacli und nach auf-
.gerieben werden. Er selbst hatte inzwischen rait dem Reste
seines durch die zahlreichen Detachierungen sehr geschAvachten
Heeres auf dem rechten Oderufer oberhalb Breslaus ein ge-
raumiges Lager bezogen (nicht viel kleiner als die Stadt
selbst, sagt Eschenloer). Eechts lehnte es sich an den Flufs,
links an die Mauern des Vincenzstiftes und deckte so, rings
durch Basteien und Pallisaden verschanzt, die Stadt, wah-
rend eine schnell geschlagene Briicke nach dem Ziegelplatze
am linken Ufer die Verbindung nach dieser Seite liin auf-
Techt erhielt. Das poluische Heer war inzwischen von
Czenstochau her in der Bichtung gegen Krappitz gezogen, wo
dann die Oder bei der in diesem Jahre herrschenden ganz
imgewohnlichen Diirre leicht iiberschritten werden konnte.
Entsetzliche Verwilstungen bezeichneten seinen Weg, alle
Dorfer, die man beriihrte, wurden niedergebrannt, die Back-
<)fen, die Miihlen zerstort, eine Grausamkeit, die sich schnell
an ihren Urhebern rachte, denen es bald an Lebensmitteln
gebrach. Dabei thaten ihnen von den Stadten Oppeba,
iBrieg, Ohlau, Grottkau aus die erprobten Hauptleute des
Konigs Matthias wie Franz von Hagen , Georg Tunkel,
Abraham von Dohna und Melchior von Lobel mit ihren
Streifscharen vielfachen Abbruch; wohl ward eine Schar
derselben, die zu unvorsichtig vorgegangen war, vor der
polnischen Wagenburg bei Schwanowitz mit Verlust zuriick-
geschlagen, doch der Triumph der Polen war kurz, es war
fiir sie ein furchtbarer Schlag, als die Ungarn ihnen einen
gi'ofsen Transport von 600 Wagen, der ihnen Lebensmittel
aus Polen zufiihi-en sollte, schon auf dem hnken Oderrufer
vollstandig wegnahmen. Herzog Nikolaus von Oppehi war
nach Breslau geflohen, aber seine Hauptstadt verteidigten
die von Matthias gesendeten Krieger aufs tapferste, obwohl
es den Polen selbst an Artillerie nicht fehlte. Auch vor
334 Viertes Bueh. Dritter Abschuitt.
Brieg richteteii dieselben nichts aus, ebenso wenig vor Ohlau,
nur das teste Schlols von Klein-Ols hatte die Besatzung mut-
los iibergeben, und ebenso konnten die Polen Streblen, das
Matthias preisgab, besetzen, uachdera die EinAvohner ge-
tlilclitet waren. Die Menge der pohiischen Gefangenen war
ganz ungeheuer, so dais Matthias endlich anordncte, man
soUe die Vornehmen unibringen, die Niederen laufen lassen,
nachdem man ihnen quer i'lber das Gesicht einen Schnitt ge-
macht. Eines Tages iiberlieferte der Konig dem Breslauer
Rate 200 vornehme Polen, mit dem Bemerken, man moge
sie nur ersaufen. Dies thaten die Breslauer zwar nieht,
aber das Los der Gefangenen war fort und fort ein sehr
hartes. In den kleineren Stadten Brieg, Oppeln, Grottkau,
Ohlau lagen sie in elenden Raumen eng zusammengepfercht,
bei der allgemeinen Not schlecht verpHegt, so dais sie vor
Entbehruugen und zugleich iufolge der unter solchen Um-
stiinden sich schnell entwiekelnden Epidemieen massenhaft
dahinstarben. Auch in Breslau sah es ilbel aus. Bei dem
Heranrtlcken der Polen war das Landvolk haufenweise in
die Stadt gefllichtet mit allem Vieh und sonstigen Vorriiten.
Diese Leute lagen nun meist alien Unbilden der hei'bstlichen
Witterung preisgegeben auf den Sti-afsen und an den Mauern,
so dais bald auch hier schwere Ki-ankheiten die Einwohner
decimierten.
Soviel aber zeigte sich, dafs Matthias sich siegreich zu
behaupten vermochte. Derselbe mufs iibrigens auch mitj
Herzog Heinrich von Mlinsterberg, der frilher von Glatzj
aus den Breslaueni so vielen Schaden zugefugt hatte, sichj
irgendwie giitHch verstiindigt haben. Im (Jktober 1474 be-
wirkt er, dafs die von Bischof Rudolf eroberte Stadt Mlinster-
berg Herzog Heinrich zuriickgegeben wird, imd im DezemberJ
verleiht ihm dann der Konig noch um seiner ti'euen Dienstej
willen das dem Herzog Wenzel abgenommene Plefs.
Filr die Verwilstung Schlesiens liefs j\Iatthias Grofspolenj
bilfsen. Schon im FriiliUnge dieses Jahres batten Herzog]
Johann von Sagan, der also wieder zu Gnaden angenommeni
erscheint, in Gemeinschaft mit Melchior Lobel auf des-j
Konigs Kosten Soldner geworben und in Grofspolen das:
fraustadtische Gebiet schwer heimgesucht. Herzog Hans- J
stilrzte bei dieser Gelegenheit in dem Stadtchen Kiefel, das;
seine Leute angezllndet, mit dem Pferde und Avare beinahe
im Feuer umgekommen. Der Volkswitz macht auf diesen
Vorfall einen Spottvers filr den allgemein mifsHebigen Herzog :
„ Herzog Hans ohne Land,
Hat das Maul vor der Kiefel verbrannt."
Matthias verteidigt Breslau gogeii die Poleii. 335
Jetzt im Herbst sandte cler Konig die Herziige Friedrich
von Liegnitz und Heinrich von Griogau mit 2000 Mann,
die sie aufgebracht batten, und denen er dann noch 1000
Reiter unter dem tapferen Grafen Stephan von Zapolya zu-
fiigte, zu einem Einfalle nacb Grolspolen. Sie besetzten
Meseritz, wo sie reicbe Vorrate fanden, und liier in dem
ii'uchtbarsten Teile des Landes erstrecken sich ihre Ver-
wiistungen bis vor die There der Hauptstadt Posen.
Inzwischen war Konig Kasimir, dem sein Solin Wlady-
slaw aus Bohmen noch an 15000 Mann zugefiihrt hatte,
von Ohlau aus gegen Breslau vorgerilckt bis nach Kattern,
eine Meile osthch von der Stadt, wo dann ein grofses Lager,
das sich an den Ohlauflufs lehnte, aufgeschlagen wurde.
Die Biirgerschaft Breslaus genet wiederum in die grufste
Bestiu-zung und Angst ; um so unerschrockener aber zeigte
sich der Konig, obwohl er nach seinen vielfachen Detachie-
rungen nur wenig Kriegsvolk in Breslau hatte. Aber er
hatte es, wie uns erzahlt wird, selbst gewagt, in Bauern-
tracht auf einem geringen aber schnellen Raizenpferde das
feindliche Lager zu durchreiten und mochte da manches
gesehen haben, was ihn die Menge der Feinde verachten
liefs. Als die Breslauer um der bequemeren Verteidigung
willen die Ohlauer Vorstadt abbrennen wollten, verbot er
es: „wenn die Polen etwas anzlinden", sagte er, „so sollen sie
es mit ihrem Blute bezahlen". Eifrig Hefs er die Befestigungen
der Stadt avif alien Seiten verstarken, nur wenig unterstiltzt
von den unlustigen und weuig kriegsmutigen Einwohnern,
denen ihr Chronist nachsagt, sie waren alle zu Weibern ge-
worden, so dafs, wenn sie nicht einen so tapferen Feld-
herrn wie Matthias gehabt batten, die Feinde mit ihnen
hiitten nach Belieben umspringen mcigen.
An den bedrohtesten Platz gen Osten hinter den Aus-
satzigen von St. Lazarus, deren Kirchlein noch heute gegen-
ilber dem Kloster der barmherzigen Brilder steht, legte er
600 Fufsknechte in verschanzter Stellung, und als ihm
Kunde kam von einem beabsichtigten Sturm der Polen am
27. Oktober, brachte er noch 1400 Mann' aus der Stadt
auf und postierte sie am Ende jener Vorstadt, bewehrt mit
40 Tarrasbiichsen und der Artillerie der Stadt, so dafs als
die Feinde an 5000 Mann stark heranriickten, sie keinen
Angriff wagten und durch die Artillerie des Konigs schliefs-
lich zu eihgem Rllckzug bcAvogen Avurden.
Ihre Lage Avurde mit jedem Tage iibler. Die leichten
Truppen der Ungarn thaten ihnen grofsen Schaden, und sie
litten in dem verwiisteten Lande grofsen Mangel, um so
336 Viertes Bucb. Dritter Abschnitt.
mehr, als audi den zweiten grofsen Zufulirti-ansport , der
aus Biilimen ilinen nachgeschickt wui'de, Frauz von Hagen
bei Nimptsch abgefangeu hatte. Endlich zogen sie in gi'ofsem
Bogen urn Breslau herum, in der Hoffiiung, auf der noch
nicht heinigesuchten Westseite der Stadt eher Lebensniittel
zu fiuden, und lagerten sicli hinter der Weistritz zwischen
Schalkau und Hermannsdorf. Aber die steigende Not
zwang sie bald, einen Waffenstillstand zu suchen, zu dessen
Yermittelung sich das alte Haupt des bohmischen Herren-
bundes, Zclenko von Sternberg, iiufserst bellissen zeigte.
Nachdem Gesandte beider Parteien eine Woche lang ver-
bandelt batten, -ward fur den 15. November 1474 eine Zu-
sammenkunft der Monarcben verabredet, die dann aueh an
diesem Tage auf einem Hiigel bei Grofs - Moehbern unweit
Breslau stattfand, vermutlich an der Stelle, welcbe noch
beute zwei macbtige Steinkreuze kennzeicbnen.
Am 15. November kamen bier nur Matthias und Ka-
simir zusammen. WladyslaAv hatte nicht vor das Angesicht
des Mannes kommen mogen , der ihm den Konigstitel wei-
gerte. Auf dessen bestimmtes Verlangen aber erschien auch
er am folgeuden Tage und reichte dem Gegner mit weg-
gewendetem Antlitz die Hand. In Pracht ihrer Kleidung,
in dem Schmucke ihrer Zelte wetteiferten die Fiirsten mit
mit einander; -vver aber der Herr der Situation war, dariiber
konnte nicht der kleinste Zweifel obwalten, als sich Kunig
Kasimir und sein Sohn zu der instandigen Bitte an ihren
Gegner genutigt sahen, ihrem Heere drei Tage Fouragierungen
zu gestatten, ohne Sturung durch die jimgarischen Streif-
scharen. Matthias erftlUte zum grofsten Arger der Schlesier
die Bitte, da man auch sonst in den wesentlichsten Punkten
sich geeinigt hatte, und aiach Ablauf der drei Tage zogen
Polen und Bohmen heim, wie unser Chronist sagt, „mit
schonen Ehren, als die Maid aus dem Siindenhause ", die
ersteren iiber Lliben und Guhrau nach Grofspolen, die letz-
teren durch den Landshuter Pafs, beide natilrlich nicht, ohne
neuen schweren Schaden dem Lande zuzufiigen. Als die
Polen bei Steihau liber die Oder wollten, batten sie sich
eine Fui-t durch in den Sti'om gesteckte Baumaste bezeichnet,
aber die Fischer hatten aus Hafs gegen die rauberischeu
Fremden die Zeichen weggenommen, und eine Menge Polen
fanden in den "Wellen ihr Grab.
In Breslau ward inzwischen weiter unterhandelt und am
8. Dezember ein Waffenstillstand geschlossen, aus dessen
unendhch weitschweifigen Bestimmungen wir nur soviel ent-
nehmen wollen, dafs zunachst bis nachst Pfingsteu Waffen-
Abzug des poluiscli-bohniischen Heeres. 337
ruhe heiTschen imd die Fiirsten und Herren, welche beide
Telle iiamhaft machen wiirden, in den WafFenstillstand mit
eingeschlossen sein sollten. wobei natlirlich alle die schle-
sischen Raubritter im Gebirge nur allzu gut wegkamen.
Der Sobn Podiebrads, Herzog Heinrich von Miiusterberg,
ward von beiden Teilen genannt, er Avar eben, wie Eschen-
loer sagt, „ein froramer Fiirst waschend aiif beiden Banken".
Die Hauptsache war und blieb, dafs Matthias Schlesien
gegen zwei ilbermachtige Heere ruhmvoll und siegreich be-
hauptet hatte. Seine Herrschaft ilber dies Land war fortan
besiegelt und test gegrimdet, und im Prinzipe war siclier
sclion damals eine Trennung Schlesiens von Bohmen, we-
nigstens so lange Matthias lebte, zugestanden, wie dies denn
auch auf dem von beiden Parteien beschickten Landtage
zu Prag im Februar 1475 beschlossen ward, wenn man
gleich hier noch versuchte, die Flirstentlimer Schweidnitz-Jauer
fur Bohmen zuriickzubehalten.
Matthias als Regent von Schlesien.
Fiir die Schlesier horten die Leiden mit dem Abzuge
der Polen nicht auf. Die Soldner ihi'es Konigs, von diesem
eine Zeit lang ohne Sold gelassen, hausten im Lande schlim-
mer als die Feinde, pliinderten Trebnitz ganz aus und
hemmten lange alle Zuftihr, der die Hauptstadt so sehr be-
durfte. Fiir den Schaden, den das Land erlitt, wurden
von den Edelleuten draufsen noch die Breslauer verantwort-
lieh gemacht; und ihnen ward gedroht, man werde sich an
den Waren ihrer Biirger schadlos halten. Dabei lag des
gewaltigen Herrschers Hand schwer auf dem Lande; er er-
hob fort und fort schwere Steuern und liefs neue gering-
wertige Miinzen pragen, denen er in ganz Nieder- und
Mittelschlesien (Oppeln mit eingeschlossen) Zwangskurs ver-
lieh; den Breslauern, denen sein dauernder Aufenthalt bei
ihnen natiirlich auch schwere Kosteu veranlafste, entschlofs
er sieh, um dem stadtischen Regimente mehr Stetigkeit und
Festigkeit zu sichern, im Februar 1475 eine neueWahlordnung
zu geben, nach der zu den abgehenden Ratsherren, welche
bisher die Wahler der neuen gewesen waren, nun ein stehen-
des WahlkoUegium hinzutreten sollte, gebildet aus 48 Mtinnern,
zur Halfte von den Kaufleuten, zur anderen Halfte von den
Innungen erkoren. Ihren Vorsitzenden , den Ratsaltesten,
behielt sich der Konig vor, selbst ein- oder auch nach Ge-
fallen abzusetzen, nur wollte er ihn immer aus der Biirger-
Grunliagen, Gescli. Sclilesiens. I. ^^
338 Viertes Buch. Dritter Abschuitt.
schaft nehmen, eine bedeutsame Anordnung, welche that-
siichlich der Stadt von Freiheit und Selbstbewegung nur
soviel iibrig liefs, als dem Konige gut schien. Schwer klagt
der treue Esclienloer darllber, die JStadt, welche am meisten
fur Matthias gethan und geduldet, am treuesten allewege zu
ihm gehalten, sie gerade werde am allerschlechtesten be-
handelt, alle ihre Sti'eitigkeiten zu ihren Ungunsten entschie-
den, ja der Rat noeh fortwiilirend auf das ungerechteste
verdachtigt, als hingen viele heimlich den Polen an. Ant-
wortete doch einer der Giinstlinge des Konigs, Georg von
Stein, ein ehemaliger Geistlicher, der aus OsteiTeieh hatte
fluchten miissen, den Breslauer Konsuln, als diese einmal vor
ihm ihr Schicksal beklagten: „Ihr habt den Tanz gehegt,
ihr miifst den Pfeifern und Lautenschlagem lohnen, man
mufs euch dahin bringen, dafs ihr euch nicht mehr unterfangt,
mit Konigen zu kriegen, Konigen den Gehorsam zu ver-
weigera, Konige Ketzer zu heifsen. Dem Papste gebiihrt
es, Ketzer zu erkennen, nicht euch Bauern von Breslau.
Man mufs mit euch es so machen, dafs andere Stadte daraus
lemen, gehorsam zu sein, ihrer Nahrung zu warten, Frieden
zu begehren und sich nicht in Kriege einzulassen."
Mit der Handhabung von Ruhe und Ordnung nahm es
der Konig ernst genug. Im Januar 1475 zog er nach
Schweidnitz, um von da aus den Raubschlosseni im Gebirge
zuleibe zu gehen, und wahrend er Neuhaus und Bolkenhain,
welche die Inhaber nur pfandweise besafsen, wieder einloste,
beschofs er die festeste dieser Burgen, den Fiirstenstein,
die samt dem Hornschlosse gleichfalls verpfandet war, da
man hier Widerstand versuchte, mit den grofsen Biichsen,
die er aus Breslau hatte nachkommen lassen, so eindringlich,
dafs Hans Schellendorf sehr froh sein mufste, im Wege
einer Kapitulation durch die ausgicbigsten Zusicherungen
und Versprechungen sich den weiteren Besitz des Schlosses
zu sichern.
Auch hatte der Konig noch im Dezember 1474 auf
einem grofsen nach Breslau berufenen Landtage sehr ein-
gehende Festsetzungen gemacht beziiglich der Aufrechterhal-
tung des Landfriedens , wouach der vom Konig gesetzte
Oberlandeshauptmann Stephan von Zapolya, Graf von der
Zips, jeden schlesischen Fiirsten, jeden Hauptmann oder Ma-
gistrat fiir einen in seinem Gebiete veriibten Raub zur Ver-
antwortung zu ziehen und zum Schadenersatz anzuhalten
das Recht haben sollte, desgleichen fiir jede Art von Schutz
oder Hilfe, die Landesschildigern zuteil geworden, und worin
auch der Schutz der Handelsstrafsen namentlich durch Ober-
Bedrangnisse tier Schlesier. 339
schlesien bestimmtenFlirsten ausclrllcklich verantwortlich iiber-
tragen wurde.
Freilich half das alles nicht viel; sowie 1475 Matthias
Schlesien wieder den Rllcken gewendet hatte, wucherte das
alte Rauberunwesen aufs neue miichtig empor ; in den Fiirsten-
tiimern Schweidnitz-Jauer liielten die Schlofsherren eng zu-
sammen und verbanden sich zu gemeinsamem Widerstande,
und die Autoritat des Ungarnkonigs, die sonst in ganz Schle-
sien anerkannt wurde, vermochte in diesen Gegenden nicht
zu voller Geltung zu kommen, so dafs es uns erldarlich
wird, wenn wir horen, dafs, wie schon erwahnt wurde, bei
den iramerfort gepflogenen Friedensunterhandlungen der Ver-
such gemacht Avard, die beiden Filrstentiimer Schweidnitz-
Jauer von dem ilbrigen Schlesien zu trennen und zu Bohmen
zu schlagen.
In der That sind hier nach dem Weggange des Konigs
aus Schlesien noch merkwiirdige Dinge vorgekommen. Ein
bohmisches Corps kam im April 1477 liber die Berge, und
niemand war da, der es zu bekampfen gewagt hatte. Die
ungarischen Soldner, welche Matthias zm-iickgelassen hatte^
weigerten sich, Kriegsdienste zu thun, bis sie ihren riickstan-
digen Sold erhalten batten. Sie hausten ilbel im Lande und
drohten schliefslich, zu den Bohmen iiberzugehen. Mit Not
brachte der Landeshauptmann, Graf Stephan, im Verein mit
dem Bischofe noch 40 000 Gulden zusammen zur Befrie-
digung der Unzufriedeneu. Aber als diese das Geld em-
pfangen hatten, erklarten sie ihre Dienstzeit fur abgelaufen
und zogen aus dem Lande, zm' Freude der Einwohner des
Gebirges, die schwer von ihnen gelitten hatten, wahrend
umgekehrt das bohmische Kriegsvolk gute Mannszucht hielt.
Um so mehr fand es Anklang, wenn die Bohmen erklarten,
sie kamen nur, um das Land von der Tyrannei der Ungam
zu befreien und an der alten Verbindung mit der Krone
Bohmen festzuhalten. Der Adel der Fiirstentiimer ti-at dem
gern bei, und hatten nicht die Stiidte sich vorsichtiger zu-
riickgehalten , die Lande waren zu der Partei Wladyslaws
hiniibergegangen; aber auch die Stadte boten dazu die Hand,
dafs die Vertreter der beiden Fiirstentiimer, Adel und Stadte,
am 2. Mai 1477 auf eigene Hand ilu'en Frieden machten
mit Konig Wladyslaw, so dafs zwischen ihnen und Bohmen
die Strafsen frei' und offen sein sollten. Es war auch in
dieser Form nicht besser als ein halber Abfall.
Graf Stephan vermochte trotz des besten Willens gegen
die Widerspenstigen wenig zu thun, Fiirsten und Stiinde liielten
ihre Versprechungen schlecht, wenn einmal Emst gemacht
22*
340 Viei-tes Buch. Dritter Abschuitt.
werden sollte, und seiue Wii'ksamkeit wui'de thatsaclilich
scbon dadurch lahm gelegt, dafs er der deutschen Sprache
giiuzlich unkundig war.
Das Erbe der Herzoge von Glogau und Ols.
Bald entzilndete audi neuen Ki'ieg der Tod des letzten
Herzogs von Glogau, Heinrichs XI. (1476, 22. Februar), der,
wie wir wissen, 1472 seiner noch nicht dem Kindesalter
entwachsenen Gemahlin Barbara, der Tochter des branden-
biu'giscben Kurfiii'sten , Albrecbt Acbilles, alle seine Lande
vermacbt hatte. Wobl hatte Mattbias so gut Avie Sagan den
Sachscn auch Glogau dem braudenburgiscben ]\Iarkgrafcn
gegonut, dem er ja wiederbolt bereits die Lausitz angeboten
hatte; es ware dazu kaum etwas anderes erforderlicb ge-
wesen, als dafs Albrecbt sich in dem bohmiscben Thronstreite
entscbieden auf die Seite des Ungarnkonigs gestellt hatte.
Aber der Markgrat" mochte es auch mit seinem machtigen
Nachbar, dem Polenkonig, nicht ganz verderben; es schien
zunachst, als woile er sich seine Glogauer Erbschalt eben-
sowohl von Matthias wie von Wladyslaw bestatigen lassen;
als er dann doch Farbe bekennen mufste und sich ihm
anderseits die Aussicht eroffnete, die junge Witwe an Wla-
dyslaw zu vermablen, entschied er sich fur diesen. Matthias
aber begiinstigte nun die Anspriiche des Herzogs Joliann
von Sagan, der als nachster mannhcher Anverwandter des
Glogauer Fiirsten das Testament anfocht; er gebot, diesem
Huldigung zu leisten, sandte ihm Geld und Hilfstruppen,
und in langem landverwiistenden Kriege kampft nun der
Saganer Herzog gegen Markgraf Johann, den altesten Sohn
des brandeubm'gischen Kurfiirsten. Barbara ward wirkUch
noch im Jahre 1476 durch Prokuration dem Konig Wlady-
slaw, der sich bei der Zeremonie dm'ch Herzog Heinrich
vertreten liefs, angetraut, ist aber nachmals von ibrem
Gemahl, der anderen Sinnes gewordeu, nicht heimgefiihrt
worden, so dafs sie thatsacliHch den ilir angetrauten Gatten
nie zu sehen bekoramen hat.
Den Brandenburgern vermochte AMadyslaw in dem Glo-
gauer Erbstreite wenig zu belfen; die Kriegsscharen des
wilden Hans von Sagan verwusteten die Mark Brandenburg
weithin, und wenn es gleich dem juugen Markgrafen gelang,
ihnen vor Krossen 1478 eine Niederlage beizubringen, so sah
sich dor Kurfurst doch genotigt, da im Jahre 1478 auch Wla-
dyslaw seinen Frieden mit i\Iatthias machte, diesem letzteren
die Entscheidung des gauzen Streites zu ilberlassen, wo
Das Glogauer unci Olser Erbe. 341
dann Barbara mit einer Summe von 50 000 Goldgulden ab-
getunden ward. Da jedocli Kiirfiirst Albrecht Land imd
Leiite der Geldsumme vorzight, erhalt er 1482 anstatt der-
selben Ki'ossen mit Bobersberg, Ziillicbau und Soramerfeld
abgeti'eten, welclie Landschaften seitdem von Schlesien ab-
gegliedert erscheinen iind wenn gleich als bohmische Kron-
lehen den brandenburgischen Landen angeschlossen betrachtet
werden. Die glogausche Erbschalt blieb zunachst in den
Handen des wilden Herzogs Hans von Sagan.
Wabrend so in Niederschlesien die alten piastischen
Furstengeschlechter in merkwlirdiger Weise zusammenschmol-
zen und baldnur noch auf zwei Aiigen gestellt erscheinen,
vollzog sich Abnliches aiich im Herzen Scblesiens bezliglicli
des Olser Fiirstenbauses, das zu einem sebr ansehnliehen
Besitze auf dem rechten Oderuler, von Woblau an bis iiber
Polniscb- Wartenberg hinans, noch Besitznngen in Ober-
schlesien, das erheiratete Herzogtum Kosel - Beuthen , hinzu-
fugte. Hier hatte noch Herzog Konrad III. (j 1412) funf
Sohne hinterlassen, doch von diesen waren drei : der bekannte
Bischof Konrad, der Breslauer Dechant Konrad und der
Deutschordensritter Konrad der Junge vermoge ihres Standes
nicht in der Lage, legitime Erben zu hinterlassen, und auch
Konrad, den man (wahrscheinlich der Farbe seines Bartes
halber) den Weifsen nannte, blieb jede Nachkommenschaft
versagt, so dafs nur der zweitalteste Bruder Konrad der
Canthner (von der Stadt Canth so genannt) , der die ober-
schlesischen Besitzungen innehatte, mit seinen beiden Sohnen,
Konrad dem Schwarzen und Konrad dem jungen Weifsen,
den Stamm forfpflanzte. Konrad der Canthner hatte nun
zwar von Kaiser Sigismund die Nachfolge in den Landen
seines Bruders fiir sich und seine Leibeserben zugesi chert
erhalten, und auch Konigin Elisabeth, die Witwe Ktinig
Albrechts II. , hatte dies bestatigt , doch nachmals hatte
Kaiser Friedrich III. seiner Sch wester Margarete, der Ge-
mahhn Kurfiirst Friedrichs des Sanftmlitigen von Sachsen,
eine Anwartschaft auf die Lande des alten weifsen Herzogs
(t 1452) erteilt, und wir sehen namentlich in den Jahren
1474 und 1475 die beiden sachsischen Herzoge, Ernst und
Albrecht, die ja bereits Sagan von Konig Matthias erlangt
batten, sich um diese Erbschalt bemilhen und sich auch
bereit zeigen, dem Konige eine Surame Geldes dafvir zu
zahlen. Der letztere soil auch den Planen geneigt gewesen
sein, aber schliefslich doch Bedingungen gestellt haben, welche
darauf hinausliefen , dafs sich die Herzoge gleichsam als
seine Beamten in Schlesien verwenden liefsen, worauf diese
342 Viertcs Bucli. Dritter Abscliuitt.
daiin wicderum nicht cingelien mocliten. Ilerzog Albrecht
muchtc niclit einmal die oberste Landeshaiiptmannstelle iu
Schlesien annehmen.
Jedenfalls war der Ausgang der Sache der, dafs Herzog
Konrad der junge AVeifse, der nach dem 1471 erfolgten Tode
seines Bruders Konrad des Schwarzen aus dem Olser
Piastenhause noch allein iibrig war, nachdem er, wie es
sclieint, durch Abtretung der oberschlesiscben Besitzungen
Kosel-Beutben , so wie einiger fur die Grenzverteidigung gc-
gen Polen wicbtiger Schlosser (MiHtscb, Tracbenberg, Sublaii, J
Herrnstadt) die Zustimmung des Kouigs j\Iattbias erlangt ■
hatte, allein in den Besitz der sonstigen Erbscbaft trat.
Da aucb diesem letzten Olser Piasten keine Nacbkommenscbal't
erbliibt war, so sollte bei seinem Tode sein Land an j\Iat-
thias fallen; den saebsiscben Herzogen mag fiir diesen Fall
dann aucb nocb eine Aussicbt auf irgendwelcben Teil der
Erbscbaft von dem Konige eroffnet worden sein.
Offenbar batte der letztere sein Augenmerk ganz beson-
ders auf Oberscblesien gericbtet ; er bat in geradezu staunens-
werter Weise unter den Fiirsten aufgeraumt und bier ein
sebr ansebnlicbes der Krone unmittelbar unterworfenes Land-
gebiet erworben, das die Lande Kosel-Beutben, Jagerndorf,
Freudentbal und Ratibor umfafste und bald nocb weiter
ausgedebnt werden sollte.
Die Ordnung dieser Verbaltnisse bescbaftigte ibn ganz
besonders, als er 1475 aus Schlesien zurilckkebrend in Ea-
tibor verweiltc. Zum Hauptmann fiir ganz Scblesien er-
nannte er den Johann Bielik von Kornitz rait Macbtbefug-
nissen, welcbe fiir diesen, namentlicb wo es sicb um Aufrecbt-
erbaltung des Friedens handelte, aucb den nocb gebliebenenj
Fiirsten gegeniiber gewisse Recbte einscblossen. Damals er-|
scbien als des Konigs treuer Anbiinger Primko 11. von Tescben,
der ibn nach Olmiitz und Briinn begleitete und mancbe
Gunstbezeugungen empfing. Docb aucb von ibm beifst es, I
er babe kaum der Gefangennebmung dm'cb den Konig ent-
geben konnen. Derselbe babe von ibm grofse Summon fiir]
in seinem Interesse gemacbte Geldaufwendungen oder aber
Abtretung seines Landes begebrt, Zumutungen, denen danni
allerdings des Herzogs ^cblaubeit zu entgeben wobl ver-
mocbt bat.
Jedenfalls ware Mattbias mebr als irgendwer anders
der Mann gewesen, der Zersplitterung Scblesiens ein Ende.
zu macben, batte ibm das Scbicksal langores Leben ge-j
scbenkt.
Der Vertrag von Olmiitz. 343
Vertrag von Olmiitz.
Hoch bedeutungsvoll wiu'den' nuu auch die Verhand-
kingen, welche zwisclien ihm und seinem Nebenbuhler Wla-
djslaw seit Jahi'en gepflogeu nun endlich im Juli 1479 in
einer glanzenden auch von schlesischeu Herzogeu besucliten
Versammlung in Olmiitz zu einem vollstiindigen Friedens-
schlusse flihi'ten, dahin gehend, dafs Wladyslaw einzig Boh-
men beliielt, aber alle Nebenlander der bohmisclien Ki'one,
also Mahren, Schlesien, die Ober- und die Niederlausitz an
Matthias abtrat, wenn gleich unter der Bedingung, dafs
nach dem Tode des letzteren diese Nebenlande gegen eine
Zahlung von 400 000 Goldgidden und Erstattung der Pfand-
summen fiir etwa inzwischen eingeloste Pfandschaften zuriick-
gewonnen werden diirften.
Nicht mit Uni'echt bezeichnen bohmische Historiker die
Lage der Dinge, Avelche der Olmiitzer Vertrag hervorrief,
als die Zeit der grofsten Eruiedrigung Bohmens. Der Sieg
des Ungarnkonigs war vollkommen, der Glanz der Wenzels-
krone war dahin, und es war nui' ein sehr schwacher Trost,.
wenn die Aussicht auf eine Wiedergewinnung vorbehalten
geblieben war. Eine solche Moglichkeit war ja auch einst-
mals oflengehalten worden, als die Mark Brandenburg 1415
an die Hohenzollern kam, wer hatte von ihr Gebrauch ge-
macht? Die Summe von 400000 Goldgulden war gewaltig,
und noch ansehnlicher Steigerung durch die Pfandsummen
fahig, auch die dabei zu beachtenden Formen (z. B. Ansage
ein Jahr vorher) nicht bequem, und wenn nicht besondere
Scliicksalsfiigungeu dazwischentreten, durfte die Abghede-
rung der Nebenlander als definitiv, die Losreifsung Schle-
siens von der bohmischen Krone, der dasselbe nunmehr
mehr als 150 Jahi-e verkniipft gewesen war, als Thatsache
gelten.
Die schlesischeu Fiirsten und Stande traten bereits zu
Olmiitz dem geschlossenen Vertrage bei, indem sie nur noch
die an die podiebradschen Zeiten erinnernde Ellausel bei-
fiigten, dafs, falls spater einmal ein bohmischer Konig die
Nebenlande wieder einloste, dem sie ihi'e Huldigung leisten
soUten, dies ein christhcher (d. h. ein rechtglaubiger) Konig
sein miisse, und anderseits sich ausbedangen, dafs bei einer
Erledigung des ungarischen Thi'ones die dortigen Stande
sich nicht als Herren den Schlesiern gegeniiber sollten an-
sehen diirfen (wie dies den Bohmen so zum Vorwurf ge-
macht ward) , sondern als Briider und Freunde. Mat-
344 Viertes Bucb. Diitter Abschnitt.
thias vei'hiels ihnen aufserclem treue Bewahrung ihi-er Privi-
legien.
Der Ungai'iikonig, der jetzt aul" clem Hcihepunkte seiner
Macht stand 7 empfand es schwer, dais er keinen Erben
seines Reiehes hatte. Seine erste Ehe in it der Tochter
Konig Georgs war kinderlos geblieben, und auch die neapo-
litanische Prinzessin, welche er 1474 heimgetuhrt , schien
ilun keinen Nachlblger schenken zu wollen. So dachte er
denn wolil daran, einen. natilrlielieu Sohn Johannes ziim
Erben seines gewaltigen Landgebietes zu machen. In Un-
garn hoifte er, da das Vorschlagsrecht eines neuen Herrschers
in der Hand des Palatins lag, durch die Erhebung Emme-
richs von Zapolya, eines ibm treu ergebenen Mannes (1485),
sehi' gewaltig vorgearbeitet zu haben. Es war dies der
Bruder jenes Stephans von Zapolya, den Avir als Oberlandes-
hauptmann von Schlesien bereits kennen gelernt haben, und
dem Matthias im Jahre 1485 die Hand der Tochter des
Herzogs Primko von Teschen, Hedwig, verschafft hatte.
Niederwerfung Johanns II. von Sagan.
Vielleicht nun im Hinblick darauf, dais Johanns Mutter
eine Schlesierin (aus Breslau) gewesen war, suchte er diesen
zunachst in Schlesien festen Ful's fassen zu lassen und be-
trieb hier noch rilcksichtsloser als bisher die Kontiszierung
fursthcher Landesteile. Dies rief nun zunachst neue
Kampfe hervor mit jenem unruhigen Herzog Johann von
Sagan, der, wie wir sahen, im Kampfe gegen die Branden-
burger den grofsten Teil der Glogauer Lande sich erworben
hatte.
Es war hier noch ein weiterer Ansprecher vorhanden.
Seit mehr als 100 Jahren gehiirte namlich ein Teil der
Glogauer Lande und speziell die Hiilfte der Stadt Glogau
den Herzogen von Teschen, und damals residierte die Witwe
des Herzogs Wladyslaw (Wlodke genannt), Margareta, in
Glogau als ihrem Leibgedinge. Ihr einziger Sohn gehorte
dem geisthchen Stande an, ihr Neffe und Erbe aber, Herzog
Kasimir, trat aut" des Konigs Drangen alle seine Glogauer
Anspriiche diesem letzteren ab im Austausche gegen das
Land Kosel. Es geschah dies im Oktober 1479, also kaum
einen Monat nach dem Abschlusse des Vertrages, welcher
die Glogauer Erbschaft sonst Johann von Sagan ilberlassen
hatte.
Da erschrak Herzog Johann vor der Aussicht mit so
ubermachtigem Nachbar zu teilen und gedachte in Eile sich
Bekampfung des Saganer Herzogs. 345
in den Besitz des Ganzen zu setzen. Im Marz 1480 er-
schien er in Glogau in der Absicht, die ganze Stadt in Be-
sitz zu nehmen, doch die Burger der Teschener Halfte
hielten treu an ihrer Herzogin, bargen ihre beste Habe im
Schlosse, dessen Befestigungen sie eilig verstarkten, und
scharten sich dort zur Verteidigung um Margareta, auf
Entsatz von Schlesien lier hoffend. Vom 20. Marz an be-
gann dann die Belagerung des Schlosses, das der Herzog
aus grofsen Biichsen beschiefsen und in das er Aas und ekel-
erregende Stoffe durch Kriegsmascliinen hineinschleudern liels.
Bald Kefs er auch durch polnische Soldner den nordlich vom
Schlosse auf einer Oderinsel liegenden Dom besetzen, wobei
die Domgeistlichkeit schwer geschatzt wurde; Vermittelungs-
versuche der schlesischen Fiirsten waren erfolglos, und da
sich keine HofFnung auf Entsatz zeigte, kapitulierte am
1. Mai endHch die Herzogin auf freien Abzug, um dann
noch eine Weile im Guhrauischen den Ki'ieg fortzusetzen.
Herzog Hans aber zog in das Schlofs unter Jubel mid
Hornerschall ein und riihmte den Glogauern, dafs lang-
jahriger Zweiteilung ein Ende gemacht sei und die Stadt
wieder ein en Herren habe.
Wohl erzurnte Konig Matthias, als er von diesen Gewalt-
thaten horte und verlangte von den schlesischen Fiirsten die
Niederwerfung des Herzogs Johann; doch begniigten diese
sich, einen Waflfenstillstand zu vermitteln, und der Konig,
der immer noch eine Einmischung der Brandenburger be-
sorgte und anderseits in Erwagung zog, dais der Herzog
mannlicher Erben entbehre, verstand sich endhch 1481 zu
einem Vertrage, der nun einerseits von den Glogavier Lan-
den Krossen, ZiilHchau, Sommerfeld und Bobersberg ab-
zweigte, Avelche Lande Albrecht von Brandenburg gegen
Verzicht auf die seiner Tochter Barbara angewiesenen 8u 000
Gulden haben sollte, anderseits aber die sonstigen Glogauer
Lande dem Herzog Johann liefs, nur mufsten Landschaft
und Stadte dem Konige bei^eits Huldigung leisten fiir den
Fall, dafs der Herzog ohne Leibeslehenserben (also miinn-
lichen Geschlechts) stiirbe.
War so hier dem noch im Knabenalter stehenden Johann
Corvin eine Anwartschaft fiir kiinftige Zeiten erofftiet, so
gewann deraselben bald auch unmittelbaren Besitz die Nei-
gung des Vaters. Jener altere Sohn weiland Georg Podie-
brads, Viktorin, seit 1465 Herzog von Troppau, ward, wir
wissen nicht unter welchen Umstanden, 1485 genotigt, sein
Herzogtmn dem Konige abzutreten im Tausche gegen Giiter
in Slawonien, eine Gewaltsamkeit, die dann auch Viktorins
346 Viertes Bnch. Dritter Absclinitt.
Bruder, den sonst so vorsiclitig lavierenden Heinricli von
IMiinstcrberg, zur Feindschaft gegen Matthias brachte.
Wie ansehnlicli der Landbesitz Avar, welchen der Kcinig
hier in Schlesicn als xmmittelbares Krongut zusamraenge-
bracht hatte imd zugleich auch, dafs dies alles fur Johann
Corvin bcstimmt war, ersehen A^-ir daraus, dafs, als dieser
im Jahre 1487 mit Blanca Maria, der Tochter des Herzogs
von Mailand, Galeazzo Maria Sforza, verlobt ward, als Pfand
fiir eine eventnelle Wiedergabe der Mitgift seitens des Kr»-
nigs bestimmt werden neben verschiedenen Besitzungen in
OsteiTeich und Ungarn in Schlesien noch die Ilerzogtlimer
Troppau, Leobschiitz, Loslau, Tost, Beiithen, ein Stuck von
Ratibor mit Kosel und aufserdem die Anwartschaft auf die
Nachfolge in den Landen Konrads des Weifsen von 01s
und Jolianns von Sagan-Glogau.
Allerdings batten diese Koniiszierungen auch \-iel Unzu-
friedene gescliaffen, und es konnte nicht scliwer fallen, hier
einen Bund mifsvergniigter Fursten, die sich in ihren Rechten
gekriinkt fublten, zusammenzubringen. Zu den beiden Sohnen
Podiebrads traten dann noch die beiden Bruder, Johann und
Kikolaus von Oppeln. Wie erziihlt wurde, habe sie des
Konigs Hauptmann in Oberschlesien , Johann Bielik, plotz-
lich gefangen gesetzt und zu Kosel in Haft gehalten, bis sie
30000 Goldgulden (?) bezahlt batten.
Im Sommer 1487 dtirfte der Bund der unzufriedenen
Fursten geschlossen gewesen sein. Der aber den Mut fand,
gegen den gefurchteten KiJnig die Waffen zu erheben, das
war Aviederum der unruhigste und verwegenste der schle-
sischen Fursten, Johann 11. von Glogau-Sagan. Unzufrieden
mit der Aussicht, dafs nach seinem Tode seine Lande an
die Krone heimfallen sollten, verraahlte er in den Jahren
1487 und Anfang 1488 seine drei Tochter rait den drei
Sohnen Herzog Heinrichs von Miinsterberg, Albrecht, Georg
und Karl, verlangte von den Standen seiner Lande Even-
tualhuldigung ixnd liefs, da man ihm dies unter Hinweis auf
den entgegenstehenden Eid an Matthias weigerte, die Rats-
herren von Glogau gefangen setzen und hielt sie in eineni
Turme des Schlosses in barter Haft.
Konig jMatthias nahm die Sache jetzt ernst, und obwohl
von den schlesischen Fursten eigentlich nur Herzog Fried-
rich I. von Liegnitz, damals Oberlandeshauptmann (derselbe
stirbt gleich im Anfang , dieser Kampfe im Mai 1488),
Konrad der Weifse von 01s und Bischof Johannes Roth von
Breslau (seit 1482) nebst den Kronlandern Breslau und
Sell weidnitz - Jailer ihm Hilfe leisten mochten, wahrend die
Schlesischer Furstenbund gegeu Matthias. 347
andercn Fiirsten entweder iibelwollend ziu' Seite standen
oder wie Heinricli von Milnsterberg nebst seinen Sohnen
mit dera Glogauer Herzog Biindnisse schlossen, so giug er
selir energisch vor und entsandte im Friihling 1488 eine
Schar von 3500 ungarischen Soldnern unter der Fiihrung
von Wilhelm von Tettau, deuen sich dann auch schlesische
Kriegsvcilker anschlossen^gegenGlogau ; Vermittelungsversuclie,
die der Bischof versuchte, waren ebenso fi'uchtlos wie eine
personliche Zusammenkunft des Herzogs mit des Konigs
Anwalt in Schlesien, Georg von Stein, und seinem Kriegs-
obersten von Tettau. Die letzteren batten keine bestimmte
Volhnacht zu Vertragen, und Jobaun trug erklarliche Be-
denken, nacb dem Rate Tettaus selbst zu Konig Mattliias
nacb Ungarn zu pilgern, um von diesem eine guadige Ent-
scbeidung zu erlangen. Das, was der Herzog beansprucbte,
die Nachfolge seiner Schwiegersobne, hatte der Konig nimmer-
mebr zugestanden.
Aucb Herzog Hans batte eifrig gerlistet. Ibm sandteu
Hilfstruppen, bobmiscbe Soldner, seine Scbwiegersobne, deren
einen, Herzog Georg, wii' sogar an der Verteidigung von Glogau
teilnebmen seben. Jobann batte aucb aus der Lausitz an
400 Soldner nacb der Stadt gebracbt. Hier batte er die
Vorstadte riicksicbtslos niederbrennen und alles vor den
Wallen rasieren lassen. Aber scbeu in der zweiten Halfte
des Mais (14S8) lag das koniglicbe Heer dicbt vor Glogau,
und am 11. Juni gewann dasselbe durcb niicbtlicben Uber-
fall die Dominsel. Wobl gelang es dem Herzoge, nun aucb
den Dom mit seinen Kii'cben in Ascbe zu legen, und bei
einem Ausfalle vermocbten seine Leute sogai-, zwei Gescbiitze
der Belagerer zu erbeuten, docb wurden sie, als die Be-
lagerer sicb von der ersten Uberrascbung erbolt, mit Ver-
lusten zurllckgetrieben.
Bald darauf verbefs Herzog Hans die Stadt, ebe sie
ganz eingescblossen ward, den Seinen baldigen Entsatz ver-
heifsend. Und in der Tbat riickten von Frankenstein ber
3500 Bobmen, von Herzog Heinricb von Munsterberg und
dessen Bruder Hinko gesendet, beran. Wilbebn von Tettau
batte gegen sie 1000 Mann in die Gegend nacb Scbweidnitz
entsandt, docb wicben sie vor der tjbermacbt gegen Lieg-
nitz zurlick, wurden aber hier von Hans von Haugwitz
aufgenommen, der einen Nacbscbub von einigen tausend
Ungarn beranfiibrte; er griff am 28- Jub die Bobmen bei
Tbomaswaldau an, obne dafs der blutige Tag eine Entscbei-
dung gebracbt biitte. Docb zogen die Bobmen sicb nacb
Sprottau, den Ungarn so den ^\eg nacb Glogau freilassend.
348 Viertes Buch. Dritter Abschnitt.
Bald standen deren Scharen vor Glogaii neben denen Tettaus,
und nun sperrte ein in niiclitlicher Weile errichteter Grabeii
Aon dor Oder oLerlialb begiuneiid und bis wieder zur Oder
unterlialb sich hinzieliend die Stadt von der Aufsenwelt ab,
so dais in ihr nun bald Not und Mangel sich luhlbar maclite,
und die Burger den trilgerischen Verheifsungen von Johanns
Katgeber, dem Licentiaten Apitius Colo, wenig Glauben
sclienkend in ihrer Angst die Stadt den Belagerern zu liber-
geben sich entschlossen. Ehe aber dieser Entschlufs ausge-
i'iihrt werden konnte, gelang es dem Herzog am 8. Sep-
tember, bei Naclit 400 Soldner an der Oder bei den Miihlen
in die Stadt zu schmuggeln, und diese fiihrten nun ti'otz der
steigenden Not des Jammers der Biirger niclit achtend die
Verteidigung weiter. Ein schi'eckliches Opier der schweren
Zeiteu wurden die sieben Ratsherren, die seit dem Marz
1488 in dem runden Turme des Scldosses in schrecklicliem
Verliel'se schmachteten. Hatten sie schon lange nur hochst
unregelmafsig Nahrung erhalten, so horte das im Laufe des
Septembers allmahlich ganz aul". Einer der Unglucklichen,
Hans Keppel, hat die Kraft gehabt, mit einer aus Lichtputze
hergestellteu Art von Dinte Aufzeichnungen zu machen, die
uns noch ei'halten sind. Man liest niclit ohne Riihrung,
wie er am 19. September sebreibt: „Da hatten sie uns
jetzund beyn 14 Tagen weder Speise noch Trank gegeben.
AUmachtiger Gott vergieb es ihnen." Den Tag darauf
endete der Tod die Qualen auch des letzten von ihnen.
Am 31. Oktober schlichen sich auch Herzog Georg und
der verhafste Ratgeber des Herzogs Hans, Apitius Colo, aus
der Stadt, aber die Soldner wehrten sich weiter, bis endlich
der von ihnen begehrte freie Abzug auf besonders einge-
holte Ermachtigung des Konigs ihnen zugestanden ward und
am 18. November Willielm von Tettau in die bezAvungene
Stadt einziehen konnte, deren Einwohner froh waren, die
unertriigliche Tyranuei der bohmischen Soldner los zu sein.
Bald ward dann auch das iibrige Land bis nach Schwiebus
hinauf unterworfen. Herzog Johann war schon Mitte Ok-
tober, nachdem er Freistadt, wo er vergeblichen Widerstand
versucht hatte, niedergebrannt, nach Polen gegangen, ohne
doch dort Hille finden zu konnen. Als er sich dann za
seinen Bundesgenossen nach Oppeln wandte, liefsen ihn die
Herzcige die Strafe des Konigs filrchtend nicht vor sich,
und unter mancherlei Gefahren gelangte er endlich nach
Glatz, wo er eine Weile Zuflucht fand. Am 28. Dezember
willigte er in einen Vertrag mit dem Kcinige, eine Verzicht-
leistung auf alle seine Lande; seine ganze Abfindung be-
Dei- Ausgang Johamis II. vou Sagau. 349
stand in 20 000 Gulden. Seine Eolle war ausgespielt. Auf
dem Schlosse zu Wohlau, das seine Gemahlin geerbt resp.
eingetauscht hatte, ist er 1504 gestorben. An Thatkraft
und Entschlossenheit den anderen schlesischen Fursten seiner
Zeit iiberlegen, hat er allein es gewagt, mit dem gewaltigen
Konig anzubinden und niclit unriibmlich mit dem ilbermiich-
tigen Gegner gerungen; docb nicht einen Augenblick hat
er es dahin gebracht, sich mit dem Nimbus eines ^^erfechters
der schlesischen Fiirstenrechte gegen die T;yTannei Matthias'
zu umgeben. Die riicksichtslose Gewaltthatigkeit seines Na-
turells und die Unfahigkeit, sich fiir etwas anderes als den
eigenen Vorteil zu erwarmen, haben es gehindert; der Geist
seines Bruders Baltasar und die Schatten der elend vor
Hunger umgekommenen Glogauer Ratsherren Idagten ihn
an, man fand flir ihn keinen anderen Beinamen als den des
Grausamen.
Auch seine Verbiindeten traf des Konigs Rache. Mochten
die weniger kompromittierten Oppelner Herzoge sich mit
einer Geldsumme loskaufen, Heiurich von Miinsterberg hatte
der Konig noch in Winter 1488 beki'iegt, und ungarische
Soldner vereint mit Kriegsleuten des Bischofs batten unter
des Hauptmanns Johann Trnkas Fuhrung bereits Anfang
Dezember JMunsterberg erobert und schritten jetzt, verstarkt
durch die von Glogau zuriickkommenden Aufgebote der
Fiirstentiimer Schweidnitz- Jauer, zur Belagerung Franken-
steins. Da suchte Herzog Heinrich den Frieden und ver-
zichtete auf das Mlinsterberger Land nebst Frankenstein
gegen eine Abfindung von 20 000 Gulden, so dafs ihm nur
noch das Glatzer "Land blieb. Selbst sein Bruder Hinko
mufste, weil auch er den Glogauer Herzog unterstiitzt hatte,
seine bohmischen Besitzvmgen abtreten. AUerdings hat der
schlaue Herzog Heinrich nachmals im Wege von Unterhand-
lungen sein Mlinsterberger Herzogtum zurilckerlangt.
Des Konigs Feldhauptmann Trnka mufste auch Suhlau,
welches ein urspriinghch auf Herzog Johanns Rechnung
fechtender Freibeuter, ein Pole namens Koschmieder, (im
August) eingenommen hatte, zuriickerobern. Auch der alte
Herzog Konrad der Weifse mufste die Ungnade des Konigs
empfinden. Derselbe hatte sie dadui'ch erregt, dafs er bei
dem Tode der verwitweten Herzogin von Troppau, Salome,
(im Februar 1489) die derselben zum Leibgedinge ver-
schriebene Pfandschaft Steinau-Raudten auf Grund alter An-
spriiche in Besitz nahm. Der Konig empfand das als eine
unbereehtigte Eigenmachtigkeit , und sein Feldhauptmann
Hans von Haugwitz, der noch vom Glogauer Feldzuge
350 Viortes liuch. iJritter Abschuitt.
Truppen beisammen hatte, erhielt den Axil'trag, den alten
Ilcrzog mit Krieg zu ilberziehen, so dafs derselbe schliefslich
schon bei Lebzeiten sein ganzes Fiirstentum dem Konige
abtreten und sich mit dem kleinen Stiidtchen Auras nebst
Gebiet und einem Jahrgehalte von 1600 Goldgulden be-
gniigen mufste. Steinau-Raudten aber erhielt der gefugige
Diener des Konigs Georg von Stein, der als Generalanwalt
des Kiinigs eine oft sehr drilckend empfundene Statthalter-
scliaft liber ganz Scblesien iibte.
Georg von Stein.
Es ist iiufserst schwer^ iiber die Schuld Georgs von Stein
ein sicheres Urteil sich zu bilden. Allerdings werden wir
sagen miissen, dafs provocierende Aufserungen wie jene (S. 338)
erwahnte, von Eschenloer uns llberlieferte ftir seinen pohtischen
Takt um so weniger sprechen, als er sich doch nicht ver-
hehlen konnte, dafs ohnehin schon die Ausfulu'ung der Be-
fehle seines Herrn geeignet war, ihn unpopular zu machen.
Konig Matthias hat mit stauneuswerter Energie das Ziel der
Griindung seiner Herrschaft verfolgt, zunilchst schaffie er
sich Geld, damit warb er Soldner, und mit diesen schlug
er jeden Widerstand nieder. Dieses GeldherbeischafFen war
nun das eigenthche Hauptgeschaft seiner Diener und Ver-
treter in den Provinzen, und es war erklarlich, dafs solche
Mission sie wenig beliebt machte. Schon die alten sehlesi-
schen Herzoge heischten von ihren Vasallen und den Stiidten
fiir gewisse Ausnahmefalle wie z. B. Befreiung des Landes
von Feindesgewalt, zur Loskaufung eines gefangenen Filr-
sten, aber auch bei Verheiratung einer Prinzessin, bei dem
Ritterschlage eines Prinzen eine aufserordentHche Beisteuer
(collecta generaUs) von dem Lande, und die luxemburgischen
Herrscher batten dann den Begriff der sogenannten Berna,
d. h. der Landessteuer fiir aufserordentliche Falle auch in
Schlesien eingebiirgert. Aber erst Konig Matthias flihi-te
ein ganz neues Prinzip in die Erhebung dieser Steuer ein,
insofern er anstatt, wie das bisher ausnahmslos Sitte gewesen
war, in Kriegsfallen sich nur des Aufgebots der Vasallen
zu bedienen, daneben noch eine Steuer erhob, rnn dafiir
Soldner erwerben zu konnen. Es geschah dies zum ersten-
male 1474, und unser Breslauer Chronist Eschenloer schreibt
diesen Ratschlag Georg von Stein zu. Es fallt schwer, ihn
dafiu' zu tadeln. Die erbarmhche Kriegsflihrung der Schle-
sier in den podiebradschen Zeiten mufste sehr davon ab-
mahnen, es mit dem, was der gute Wille der schlesischen
Georg von Steiu Stattbalter. 351
Fursten an Kriegsvolk aufbrachte, allein zu versuchen. Die
siegreiche Behauptung Schlesiens gegen die Heere Polens
und Bohmens, welehe Matthias damals gelang, wilrde ohne
diese durchschlagende Reform der ganzen Art von Kriegs-
filhrung unter keinen Umstanden gegliickt sein.
Die damals dem Laude aufgelegte Steuer ward nun, wie
schou oben angefiihrt ward, in der Weise erhoben, dais von
den Stadten eine bestimmt vereinbarte Summe, auf dem
platten Lande aber von jeder Hiife, jedem Kretscliam, jedem
Milhlrad je ein halber Goldgulden gelbrdert ward. Die
schlesischen Fursten und Stande., der Bischof imd auch die
Stadt Breslau haben sich wohl verbriefen lassen, dafs solche
Steuer ohne rechtliche Verpflichtung und nur aus gutem
Wnien erfolge; in dem Reverse von 1479 verspricht der
Kcinig sogar, klmftig keine derartigen Steuern mehr zu er-
heben. Er hat das trotzdem fort und fort gethan, und als
dies im September 1489 wiederum allgemein erfolgte, rech-
nete man in Breslau nach, dafs dies das achte Mai sei,
und zwar brachte Breslau seinen hochbemessenen Anteil im
Wege einer Getranksteuer auf Wie sclion erwahnt, enthob
die Zahlung der allgemeinen Steuer die Schlesier keineswegs
von der Stellung von Mannschaften , und aufserdem batten
die grofsereu Stadte wie Breslau, Schweidnitz, Liegnitz in
Kriegszeiten noch die besondere Pflicht, ilu^e teuer erkauften
grofsen Biichsen zu leihen und diese naturlich auch mit
Munition zu versehen.
Aber Georg von Stein wufste auch aufserdem seinem
immer geldbediirftigen Konige noch andere iiskalische Ein-
nahmen zu eroffiaen. Wenn allmahlich im Laule der Zeiten
der Unterschied zwischen Lehen- und AUodialglitern sich
mehr und melir verwischt hatte, so dafs auch die ersteren
einfach in derselben Form und Ausdehnung wie die letzteren
vererbt worden waren, so verlangte jetzt der Konig in den
Fallen, wo trotz des Fehlens wii'klicher Lehenserben ein
Gut vererbt werden sollte, den Nachweis, dafs das Gut
nicht Lehengut sondern Erbgut sei, widrigenfalls das Gut
an die Ea'one heimfallen miisse. Natiirhch lief die Sache
darauf liinaus, dafs in solchem Falle der urspriinglich be-
absichtigte Erbgang dui'ch Geldopfer erkauft werden mufste.
Noch iiberraschender wirkte eine andere Verordnung, welehe
gleichfalls Georg von Stein zugeschrieben ward. Das immer
noch aufrecht gehaltene kirclihche Verbot, Geld auf Zinsen
auszuleihen, ward seit Jahrhunderten schon allgemein umgan-
gen durch den Verkauf sogenannter wiederkaufHcher Zinsen.
War dabei urspriinglich wohl an den Verkauf einer wii'klichen
y52 Vieite& Bucli. Diitter xVbschuitt.
Einnalimequelle, wie etwa z. B. von einer Fleischbauk, einem
ZoUe etc., gedacht worden, so hatte man sich liingst ent-
wohnt, danach zu fragen; und es war darchaus iiblich, dafs
eine Korperschaft oder auch wohl einzelne, sofern solclie sonst
Kredit genug batten, \\m sicb bares Geld zu vcrscbaften,
einen sogenannten wiederkiiuflicben Zius fiir eine bestimmte
Siimme verkauften, was danu allerdings tbatsacblicb nichts
anderes bedeutete, als dafs sie ihre Kapitalien um ge-
wisse Prozente, welche der sogenannte Zins darstellte, aus-
liehen. Ganz besonders hatte die Geistlichkeit mit ihren
zahh'eichen Stiftungen hiervon Gebrauch gemacbt. Nun er-
klarte mit einemmale der Statthaltei', derartige Ziusverkaufe
seien eben nichts anderes als ein Geldausleihen auf Zinsen
und deshalb wucherisch, dem Kirch enrechte zuwiderlaufend
und gerade von Geistlichen am wenigsten zu dulden. Na
tiirlich ward den Klerikern dabei nicht verhehlt, dafs, wenn
sie sich entschliefsen Avollten, die Halfte dieser Zinsen an
den Sackel des Konigs abzugeben, dieser wohl geneigt sei
wiirde, auch fernerhin durch die Finger zu sehen. Di
Forderung war doch so ansehnlich, dafs die ganze Geistlichkeit
in grofste Aulregung kam, man bescblofs an den heiligen
Stuhl zu appelieren, aber Georg von Stein nahm das iibel,
drohte mit Gewaltniafsregeln und brachte es schliefslich
dahin, dafs doch gar manche, um Schlimmeres abzuwenden,
Zahlung leisteten. Die, welche sich sperrten, batten diesmal
das bessere Teil erwahlt, denn mit dem plotzKchen Tode
des Konigs horte auch dieser Zwang auf.
Selbst der Bischof war zu dieser Zeit in seinem Lande
nicht mehr sicher. Die konigHchen Heerfiihrer legten es
darauf an, Neifse zu besetzen, was niu- durch grofse Vorsicht
und Wachsamkeit abgewendet werden konnte. Schaden
genug machten ohnehin die S(>ldner von Matthias, Avelche
sich in dem Kirchenlande einquai-tierten und es aussogen.
Auch hier soUte eine personliche Feindschaft Georgs von
Stein gegen Bischof Johannes Roth das ti-eibende Motiv ge-
wesen sein.
Dessen Allgewalt und Ubermut ward aber nirgends
schwerer empfunden als gerade in der Landeshauptstadt.
Wir erinnem uns, wie geringschatzig Georg von Stein von
„den Bauern von Breslau" gesprochen, die sich erdreistet
batten, einem Konige Widerpart zu halten, Worte, die von
den stolzen Patriziern der machtigen Stadt nicht vergessen
waren. Um so mehr machte es Eindruck, als der neue Haupt-
mann der Stadt imd des Fllrstentums Breslau, Heinz Dompnig,
den Konig Matthias im Jahre 1487 aus eigener MachtvoU-
'-1
y
Georg vou Steins Mifsliebigkeit. 353
kommenheit eingesetzt hatte, sich auf das engste an Georg
von Stein anschlofs und diesem gegenilber die allergi'ofseste
Gefiigigkeit an den Tag legte. Infolge davon ilberti'ug sich
der Hafs der Breslauer gegen Georg von Stein auch auf
ihr neues Haupt.
Soviel stand fest; niemals vorher hatte ein Landesherr
von Sehlesien eine solche MachtvoUkommenheit in Handen
gehabt, in so unbeschrankter Weise ilber die Kj-afte des
Landes zu verfiigen vermocht wie jetzt Konig Matthias.
Niemals auch vorher hatte das dem Landesherrn unmittel-
bar untergebene Krongut eine solche Ausdehnung erlangt.
Die Zahl der dem Konige nur als Lehensleute unterthanigen
Herzoge, die noch am Anfange des 15. Jahrhunderts an 20
betragen hatte, war auf etwa 5 zusammengeschmolzen , und
niemand hatte in der Art und Weise, wae der Konig gegen
die Fiirsten verging, ein System verkennen mogen, daraaf
gerichtet, sich allmahhch zum direkten Herrn des ganzen
Landes zu machen. Noch zehn Jahre in diesem Gleise
weiter, und es gab in Sehlesien so gut wie in Bohmen oder
Miihren dem Landesherrn gegenilber nur noch Edelleute,
nicht aber mehi' einheimische Fiirsten mit althergebrachten
Privilegien und besonderen Hoheitsrechten. Wu' dllrfen nur
an die Epoche denken, welche das 16. Jahrhundert ein-
leitete, und an die grofse folgenschwere Bedeutung, die da-
mals das Vorhandensein angesehener Landesfui'sten gehabt
hat, um zu ermessen, von wie gewaltiger weittragender Wir-
kung der Schicksalsspruch war, der diesen Selbstherrscher
ohnegleichen am 6. April 1490 in ein sehr fi'iihes Grab
rief, ohne dafs es'ihm vergonnt gewesen ware, einen legi-
timen Erben seiner Macht, seiner Entwllrfe, seiner Gesin-
nungen zurlickzulassen.
Grunhagen, Gescli. Schlesiens. I. 23
354 Viertes Bucli. Vicrtcr Abschuitt.
Vierter Abschnitt.
Die Zeit der Konige Wladyslaw uud Ludwig 1400
bis 1526. Anerkeimuiig Wlady slaws, desseii Laiides-
privilegium you 1498. Der Kolowratsche Vertrag von
1504. Die Hinrichtuiig des Herzogs Nlkolaus voii
Oppeln zii Neifse. Anarcliisclie Zustande. Wladyslaws
Tod 1516. Konig Ludwig bis 1526. Markgraf Georg
von Jjigeriidorf in Schlesien und seine Bemiihungen
um die Anwartschaft aiif die Herzogtiimer Oypeln-
Ratibor.
Ein imverdachtiger Zeuge, der Namslauer Stadtsclireiber
Froben, riihmt Konig Matthias nach, er habe in alien seinen
Landen und Herrschaften einen solchen Frieden hergestellt,
dafs man iiberall sicher die Strafsen habe ziehen konnen
und eine goldene Zeit unter seiner Regierung gewesen sei.
Dabei hatte er den Schlesiern imd insbesondere den Bres-
lauern vielfach gezeigt, dafs ihra ihre Wohlt'ahrt am iierzeu
liege, hatte ihren Handel geschtitzt, Beschwerden derselben
wegen ZoUplackereien auch auswartigen Miichten z. B. Polen
gegenllber ernstlich verti'eten, hatte Schlesien, das sieh ihm
zugewendet, siegreich gegen iibermachtige Feinde geschirmt.
Aber das alles schien nicht schwer ins Gewicht fallen zu
sollen gegeniiber dem Umstande, dafs er von den Schlesiern
mehr Steuern geheischt hatte als friiher ein Herrscher, und
so kam es, dafs, als zu Ostern 1490 die Nachricht von dem
Tode des Konigs in Breslau eintraf, sie wie eine Festfreude
aufgenommen ward, wie eine Botschaft, die Erlosung von
schwerera Ubel verklindete.
Es war nicht zu erwarten, dafs die Schlesier bei solcherj
Gesinnimg dem Sohne des verhafsten Herrschers hiitten zu-
fallen sollen, dem ohnehin der Makel seiner unehelichen'
Geburt entgegenstand. Allerdings hatte der fursorgliche
Vater ihm vieler Orten bereits hiddigen lassen, so in Glogau-
Sagan, in den (Jls-Wohlauer Landen, im Herzogtum Troppau,
und auch in Breslau sollte man bei des Konigs niichster
Anwesenheit noch besonders an Johann Corvin Huldigung
leisten, wie dies der Hauptmann von Breslau und Ratsprases
Heinrich Dompnig bereits im geheimen gethan hatte.
Natiirlich kam fiir Johann Corvin alles darauf an, ob
Die Lage Schlesiens nach clem Tode des Konigs Matthias. 355
er die Nachfolge im Konigreich Ungarn erlangen konnte.
Gelang dies, so mochte er immerhin sich, um die ehemals
bohmischen Nebenlander bei der ungarischen Krone t'estzu-
halten, einige Wirkuug von jeuer Bedingung versprechen,
welche sein klug vorausberechnender Vater in den Olmiltzer
Vertrag von 1479 hineingebracht hatte, dais namlich fur
den Fall einer einstnialigen Trennung der Nebenlande von
der ungarischen Krone diese eine Entschadigung von 400 000
Goldgulden zu beansprucheu habe.
Von diesem Gesichtspunkte aus mahnte nun auch Georg
von Stein, der sich zu der Zeit, wo sein Beschiitzer ver-
schied, in Bautzen aufhielt, die Oberlausitzer an den 01-
miitzer Vertrag und ihre daraus herstammenden Verpflich-
tungen. Eine Wirkung erzielte er allerdings damit nieht.
Die Lausitzer fragten nach jenem Vertrage um so we-
niger, als sie demselben niemals ausdriicklich beigetreten
waren, und hatten mit dem harten Regimente des Konigs
Matthias die ungarische Herrschaft iiberhaupt satt bekomnien ;
Georg von Stein, der hier nicht minder verhafst war, als in
Schlesien, dankte es nur der Intervention der Gorlitzer, dais
man ihn nicht sogleich getangen nahm, um ihm den Prozefs
zu machen. Er mufste froh sein, auf brandenburgisches
Gebiet zu entkommen, seine Rolle war ausgespielt, und die
Oberlausitzer haben am allertrlihsten Wladjslaw anerkannt.
In Sclilesien teilte man gegenliber der ungarischen Herr-
schaft ganz die Gesinnungen der Lausitzer, und Bischof Jo-
hannes Koth, der hier „als der iilteste schlesische Fiirst"
jedenfalls im Einverstandnisse mit dem Breslauer Rate die
Sache in die Hand nahm, verier keinen Augenblick, die
geeigneten Schritte zu thun. Gerade zu Ostern war der
Tod des Konigs hier bekannt geworden, und bereits am
Ostermontage (den 12. April) lud er die Oberlausitzer zu
gemeinsamer Beratung auf den 25. April nach Breslau ein.
Hier erschienen nun auch zwar nicht die Oberlausitzer, die,
wie wir bereits sahen, weil sie sich in gilnstigerer Lage
glaubten als die Schlesier, selbstandig vorgingen, wohl aber
I die schlesischen Fiirsten entweder selbst oder durch Ge-
j sandte vertreten fast vollzahlig, unter ihnen auch die neuen
i Standesherren von Konig Matthias' Gnaden, Hans Haugwitz
[auf Polnisch-Wartenberg, des Konigs Feldhauptmann aus
idem Glogauer Kriege, und sein Bruder Hinko auf Herrn-
tstadt und beschlossen einmiitig auf diesem Fiirsteutage, in
Ider Frage, ob sie der Krone Bohmen oder Ungarn Hul-
idigung leisten soUten, nur nach gemeinsamem Beschlusse
jvorzugehen und jedes Drangen, von welcher Seite es
! ' 23^
356 Viertes Bucli. Vierter Abschuitt.
konimcn muge, notigenfalls rait gemeinsamer Kraft abzu-
wehren.
Abcr audi KiJnig Wladyslaw hatte keinen Augenbliek
versiiumt. Bereits am Karfreitage, den 9. April, erlafst er an
die Nebeulander als alte Zubehurungen dor Krone Bohmen
Aufforderuugen, ihm zu huldigen mid sendet auch Gesandte
liierber. OfFenbar war in Schlesien grolsere Neigung flir
Wladyslaw vorbanden, und zwar nicbt, obgleicb derselbe als
ein gutmiitiger aber schwacber Mann bekannt war, sondem
gerade weil er daiur gait, deun einen solclien erselmte man
bier nacb dem barten Regimente Mattbias'. Indessen war
man docli vorsicbtig genug, zunaebst eine Zusage seitens
des Bobmenkcinigs zu verlangen, dafs derselbe die Scblesier
aus der Pfandscbaft gegen Ungarn (so bezeicbnet man jene
eventuelle Zablungsverpflicbtiing von 400000 Goldgulden
an Ungani) losen wolle. Gleicbzeitig war man aucb niit
dem Nacbbarlande Mabren, das sicb ja in gleicber Lage
mit Scblesien befand, auf eine unmittelbar nacb dem Tode
des Konigs von dem dortigen Landesbauptmann Stibor von
Cimburg gegebene Anreguiig bin in engste Verbindung ge-
treten, und liatte sicb in der Fortsetzung dieser Beratungen
nicbt storen lassen dadurcb, dafs Wladyslaw solcbes Sonder-
blindnis mifsbilligte.
Wladyslaw, der niemals mit Vcrsprecbungen gekargt
hat, trug kein Bedenken, den Scblesiern wenn aucb in
etwas unbestimmt g'efafsten Ausdi'iicken zuzusagen, dafs er
sicb mit der Krone Ungarn in dieser Angelegenbeit aus-
einandersetzen wolle, und die Scblesier, Avelcbe iiber diese
Frage sicb langere Zeit mit mabriscben Abgesandten be-
raten batten, setzen iiun auf einem Fiirstentage zu Breslau
am 24. Mai gleicbsam die Bedingungen einer Annabme
Wladyslaws als Herrscber fest. Zunaebst erklaren sie dessen
Anerbieten, sie aus der ungariscben Pfandscbaft zu losen,
um so mebr annebmen zu woUen, als sie seiner Zeit ganz
imscbuldig in diese Verscbi*eibung bineingekommen seien, ja
sie droben, falls solcbe Losung nicbt erfolge, einfacb sich
weiter an den neuen Konig von Ungarn balten zu woUeu,
wofern dieser ibre Privilegien bestatige und weder unge-
recbte Steuern von ibnen kiinftig zu fordem nocb fremdes
Kji'iegsvolk auf ilii-e Giiter zu legen gelobe, widi'igenfalls
sie ibrer Verpflicbtungen ledig sein wollten. Andernfalls
wenn Wladyslaw die Einlosung ausfubrte, solle aucb er die
Freilieiten der beiden Lander bestatigen und verspreclien,
dieselben nie mebr von der Krone Bohmen zu trennen,
Und auch fui- den Fall, dafs etwa ^\ladyslaw zugleicb zum
Bund mit den Mahrem. 357
Konig von Ungarn gewahlt wiirde, wircl die Pfandlosung
von Ungarn als Bedingung einer Huldigung von Schlesien
iind ]\Iahren hingestellt , da ohne das diese Lande weder
Bohmen huldigen konnten, ohne jener Pfandverpflichtung
gegen Ungarn zu nahe zu treten, noch Ungarn, ohne der
Herrlichkeit der bohmischen Krone Abbruch zu thun.
Aufserdem mlisse aber jeder kilnftige Hei-rscher des Landes
geloben, keine anderen Aintleute oder Burggrafen ins Land
zu setzen als solche, die dort geboren und begiitert die
Lande bei ihrer Gerechtigkeit lassen wlirden.
In dem mahrischen Stadtchen Schonberg unweit Olmiltz
wurden dann diese Beratungen gegen Ende des Mai 1490
eifrig fortgesetzt, und es fanden sich daselbst personhch ein
Bischof Johann von Breslau, Heinrich von Miinsterberg,
Ludmila, Herzogin-Witwe von Liegnitz, Johann der Jiingere
von Ratibor, Johann von Auschwitz und Ujest und die Ver-
ti'eter der Furstentiimer Breslau und Schweidnitz - Jauer,
welche dann mit den mahrischen Standen jenen Breslauer
Beschkifs unter dem 4. Juni in eine neue etwas mehr diplo-
raatische Fassung brachten, kurz dahin lautend, dafs die
beiden Lander bei der Anerkennung ihres kiinftigen Herr-
schers eintrachtig vorgehen und dazu entweder den Konig
von Bohmen als ihren Erbherren oder den neuen Konig
von Ungarn als ihren Pfandherren unter Voraussetzung voll-
kommener Bestatigung ihrer Privilegien annehmen wollten.
Offenbar kam hier alles darauf an, dem Konig Wlady-
slaw dariiber keinen Zweifel zu lassen, dafs jene beiden
Lande ihn zwar als Konig anzunehmen bereit seien, aber
nur unter der Bedingung, dafs er die einst zu Olmiltz fest-
gesetzte Entschadigung von 400 000 Goldgulden flir den
Fall, dafs die ehemaligen Nebenlander Bohmens von Ungarn
wieder losgetrennt wurden, auf sich nahme, dieselbe also
nicht den Landen selbst zur Last legte. Falls diese Ab-
losung nicht erfolge, erklaren die beiden Lander lieber Aveiter
bei der Ki'one Ungarn bleiben zu Avollen.
In Wahrheit hat sich gerade diese Frage nicht so schnell
zum Austiage bringen lassen, als die Verbilndeten wohl ge-
meint batten. Am 11. Juh 1490 ward zu Ofen Wladyslaw
als gesetzHch gewahlter Konig ausgerufen, nicht ohne dafs
auch den ungarischen Magnaten gegenilber seine gutmiitige
Schwache als die beste Empfehlung gewirkt hatte nach der
strengen Selbstherrschaft Matthias'.
Hierauf liefsen sich dann, nachdem die Oberlausitzer
bereits vorangegangen waren, auch Schlesien und Mahren
zur Anerkennung AVlady slaws bewegen. Am 29. Juli ward
858 Viertes Biich. Vierter Abschnitt.
seine Tlironbesteigung in Breslau festlicli bcgangen, die
eigentliclic Iluldigung blieb der Zeit vorbehalten, in der
Wladjslaw persunlich nacli iSclilesieu Aviirde komnien konneu,
und damit war audi die Entscheidung der schweren Frage,
ob die Schlesier Wladyslaw als einem Konig von Ungarn
oder als einem von Bohmen huldigen sollten, noch hinaus-
gescboben.
Wie ungewil's man hier nun beim Tode I\Iattbias' iiber
die Person des kiinftigen Oberlebensberrn hatte sein konnen,
darauf, dafs das Regierungssystem des verstorbencn Selbst-
herrscbers mit ibm zu Grabe geben wiirde, hatte man mit
vollster Bcstimmtbeit gerecbnet, scbon weil niemand mebr
da war, dem man die gewaltige Kraft, die zu solcbem Ke-
gimente geborte , hatte zutrauen mogen. Und weil man
davon ilberzeugt war, trug man keinen Augenblick Be-
denken, sogleicb die Einrichtungen, welche jenes System
hatte befestigen soUen, abzuschaffen. Noch im Laufe des
Aprils beschlofs der Rat von Breslau, unter Zustimmung der
Gemeiude, die Wahlordnung von 1475 abzuschaffen und zu
der Karls IV. zuriickzukehren. Das Patriziat raochte wohl
ganz gem auf die Exklusivitat der in regelmafsigem Turnus
wechseluden aber lebenslanglicheu Ratsherren zu verzichten
bereit sein , wenn es damit nicht nur die Teilung der
Wahlerschaft mit den Zilnften, sondern auch zugleich jenen
koniglichen Vorbehalt los wurde, la-aft dessen Konig Mat-
thias ihnen in der Person ihres Ratsprases, wenn auch aus
ihi'er IMitte einen von ihm abhangigen Herrn und Regeuten
gegeben hatte.
Der, welcher dieses Amt seit 1487 bekleidete, lleinrich
Dompnig, selbst aus einer alten Breslauer Familie stammend,
die von dem Jahre 1322 an, wo der Kilrschner Dominicus
uns zuerst im Rate begegnet, allmahlich in die Reihen des
Patriciats eingeriickt war, ward nun das Opfer der Unzu-
friedenheit , die das strenge Regiment des verstorbencn Kii-
nigs hier hervorgerufen. Er hatte nach dem 19. April, wo
er bei der Neugestaltung des Rates unter dem Danke des-
selben fur seine IMuhewaltung sein Amt niederlegte, wohl
Zeit gehabt zu fliehen, doch er blieb, er bedachte nicht, wie
unerbittlich hart eine aristokratische Korperschaft es zu
rachen pflegt, wenn einer aus ihrer Reihe den traditionellen
Corpsgeist verleugnet.
Am 19. Juni setzte man ihn gefangen, und da die be-
lastenden Zeugnisse nicht schwer genug schienen, half man
dadurch nach, dafs man ihn folterte: auf die so erlangten
Aussagen bin ward er zmn Tode verurteilt, und am 4. Juli
Heinz Dompuigs Hinrichtuug. 359
v'or clem Breslauei' Rathause xmweit der Staupsaule eut-
hauptet. j\Iannhaf't und unersclu'ocken ist er in den Tod
gegangen, iiberzeugt von seiner Unschuld. Seine Verwandteu
durften auf dem Magdalenenkirchhofe ihm eine Denksaule
mit einem Marienbikle darauf errichten. Nock heute er-
innert dieselbe in die Ecke des Pfarrhauses eingemauert
an das Opfer der Reaktion^ welche der Tod Matthias' herauf-
fiihrte.
Es sind uns die Klagepunkte gegen ihn noch erhalten,
dock lohnt es kauni, naher auf sie einzugeken — liegt es
dock klar auf der Hand, dafs die Sckuld, welcke ikn auf
das Schafott gefiihrt hat, die war, dafs er an erster Stelle
des Konigs Hauptmann und erst an zweiter Biii'germeister
von Breslau hatte sein wollen. Wie hatte man es in jener
Zeit dulden mogen, dafs das Haupt des Breslauer Rates das
Interesse des Staates, dem die Stadt angehorte, hoker stellte
als das kommunale?
Tim diesen Gegensatz zu kennzeicknen, brauckt man nur
einen Punkt kerauszugreifen. Nack dem Tode Mattkias'
suckt Dompnig das fiskakscke Eigentum, was sick im Scklosse
zu Breslau oder sonst vorfand, in Sickerheit zu bringen, der
Rat aber verlangt, darauf selbst die Hand zu legen, um es
als Faustpfand zu verwerten ftir die Schulden des verstor-
benen Herrschers. Zu Dompnigs Verurteilung hiitte iibrigens
sckon die allgemein verbreitete Meinung hingereicht, dafs er
mit dem verhafsten Georg von Stein unter einer Decke ge-
steckt, diesem die Heimlickkeiten des Rates verraten kabe.
Da man diesem nickt an den Hals konnte, mufste wenigstens
sein Mitschuldiger -bluteu — ein Opfer keischte die Erregung
des Voikes.
Auch sonst wurden die letzten zum Teil ja selu' gewalt-
samen Verfilgungen Matthias' nicht weiter respektiert. Es
verstand sick von selbst, dafs Heinrick von Munsterberg
wieder in den Vollbesitz seiner Lande eintrat, ja auck sein
Bruder Viktorin erlangte von Konig Wladyslaw eine Be-
statigung seines Recktes, liber Troppau weiter zu verfiigen,
obwokl der Konig gerade dieses Land bereits urkundkck,
wie wir noch sehen werden, dem Johann Corvin zugesagt
hatte. Der ake Herzog Konrad der Weifse trat wiederum
in den Besitz seiner Lande und vertrieb die Gebrilder Haug-
witz, denen Matthias "Wartenberg und Herrnstadt verliehen
hatte, mit Waifengewalt aus ihren Burgen, erhielt auch bald
eine Bestiitigung seines Besitzes durch Wladyslaw. In
Oberschlesien setzte sich Barbara, eine Schwester der beiden
vertriebenen Fiirsten von Jageradorf und Rybnik, mit Hilfe
360 Viertes Buch. Vierter Abschnitt.
ihres Gemahls Johann von Auschwitz in den Besitz von
Jagerndorf und behauptete ihre Hoheit , auch nachdem
Wladyslaw 1493 Johann von Schellenberg mit dem FUrsten-
tuine Jiigerndorf" belehnt hatte. Selbst der alte Hans von
Sagan dachte daran , sein Glogauer Herzogtum wieder-
zuerlangen, aber er war doch allzu iibel beleumundet, und
anderseits bedurfte Wladyslaw der Lande zu anderweitigen
Zwecken.
Doch erhielt seine Gemahlin Katharina das Erbe ihrer
Mutter Salome, Steinau und Raudten, von Wladyslaw; als
aber dann nach dem Tode Konrads des Weifsen Heinrich
von Miinsterberg in dessen Landen folgte (1495), mul'ste sich
Johann mit Wolilau und Winzig begniigen, und der alte
Ubelthater sal's unzuf'rieden aut" dem kleinen Besitze, der
ihm von so grofser Herrschaft allein librig geblieben war,
wenn er gleich nicht aufhorte, den Titel eines Herzogs von
Glogau und Sagan zu fiihren. Als einst ein Bote ihm
aut" seine Frage, ob er bereits gespeist habe, vorsichtig ant-
wortete , er habe winzig gegessen (ein wenig) , sagte der
Herzog mit bitterem Humor zu ihm: „Hast du Winzig ge-
gessen, so beils Wohlau zu, und du hast mein ganzes
Fiirstentum verschlungen." Zidetzt hat Herzog Hans gleich-
lalls ohne grofsen Erfolg sich aufs Goldmachen gelegt und
ist in Wohlau 1504 gestorben.
Von seinen Dienern, die einst in den Glogauer Hiindeln
sich mifsHebig gemacht batten und denen vermutlicli der
Unterwerfungsvertrag von 1489 Amnestic zugesichert hatte,
ereilte jetzt zwei noch eine spate Vergeltung. Der Licentiat
Apitius Colo ward des Landes verwiesen, und mit jenem
Edelmanne, namens Busch, dem die offentUche Meinung
ebensowohl die Einkerkerimg des Herzogs Baltasar wie den
Hungertod der Glogauer Ratsherren zuschrieb, machten die
Freistadter nun kurzen Prozefs und lielsen ihu, nachdem
sie ihm dm'ch die Folter Gestiindnisse erprelst, vor ihrem
Rathause enthaupten.
Die Glogau - Saganer Lande, welche einst Herzog Hans
besessen hatte, bilden dann einen Hauptbestandteil der um-
fangreichen Landverschreibung, durch welche Konig Wla-
dyslaw seinen Bruder Johann Albert unter dem 20. Februar
1491 abfindet und zur Verzichtleistung auf seine Thron-
kandidatur fiir Ungarn bewegt. Es sollten dazu aufserdem
noch gehoren die (3ls-Wohlauer Lande nach dem Tode Herzog
Konrads des Weifsen, ferner das Herzogtum Troppau, sowie
dieses von seinem jetzigen Inhaber Johann Corvin tausch- oder
kaufweise werde erworben werden konnen (bis dahin jiihr-
Besitzverauderiiugen unter deu schlesischeu Fiirsten. 361
lich oOOO Goldgulden) ; dazu Jagerndorf nebst Lobenstein,
Tost, Beiithen, Neudeck, das Herzogtum Kosel mit Leob-
schiitz und Loslau, alles jedoch unter der Bedingung, dais,
falls Johann Albert auf den polnischen Thron gelange , alle
die Lande ohne weiteres an Wladyslaw oder seine Nach-
folger au±" dem Throne von Ungarn zuriickfielen iind vor-
behaltlich der Oberboheit der Krone Bohmen.
Von Glogau-Sagan durfte Johann Albert also jetzt schon
Besitz ergreil'en, und so regierte denn von dieser Zeit an
ein polnischer Hauptniann Johann Polak in Glogau zur ge-
ringen Freude fiir die Unterthanen, die seine Gewaltsamkeit
zu offener Emporung trieb, welche dann wieder blutig be-
stralt ward. Erst als die Lande, nachdem Johann Albert
bereits 1492 auf den polnischen Thron gekommen, an seinen
Bruder Sigismund fielen (1499), erschienen wieder etwas
bessere Tage fur die vielgepriiften Lande.
Johann Corvin hatte jenem Abkomraen des Konigs mit
seinem Bruder keine weiteren Hindernisse bereitet. Er hatte
sich bereitwiUig in Schlesien mit Troppau abfinden lassen
und bereits 1490 seine Unterthanen in den Glogau-Saganer
Landen ihres Huldigungseides entlassen. Die Einweisung
des polnischen Prinzen in seinen neuen Besitz besorgte dann
der neue Oberlandeshauptmann fiir Schlesien, Herzog Ka-
simir von Teschen, den Konig Wladyslaw noch im November
1490 ernannt hatte. Dieser kluge Fiirst, der ja einst be-
reits 1470 den neuen Konig auf seinem Kronungszuge be-
gleitet, hatte sich eigentlich all ein von den schlesischen Her-
zogen von jenen Verhandlungen mit den Mahrern fernge-
halten, die dem Konige als prajudizierlich unlieb gOAvesen
waren, und sich dadurch aufs neue empfohlen; ihm verspricht
nun der Konig kurzweg die koniglichen Lehen, die, so lange
er die Hauptmannschalt verwaltete, in Schlesien der Krone
heimfallen wiirden.
AUerdings war ja bei einem Herrscher wie Wladyslaw,
der, um nur nicht das unangenehme Gefiihl des Versagens
sich zu bereiten , lieber die unbedachtsamsten Zusagen
machte , vom Versprechen zum Halten immer noch ein
grofser Schritt, und als mit dem Tode des kinderlosen greisen
Konrad des W^eifsen 1492 sich die ansehnliche Erbschaft
des Herzogtums (Jls-Wohlau eroffnete, ist dieselbe Herzog
Kasimir nicht zugefallen, vielmehr hat, nachdem die friihere
Zusage dieser Lande an Johann Albert von Polen durch
dessen Berufung anf den polnischen Thron aufgehoben ward,
Wladyslaw diese Herzogtiimer einschliefslicii von Stcinau
und Kaudten 1495 an Heinrich von ]\liinsterberg im Aus-
362 Viertes Buch. Mertcr Abschuitt.
tausche gegen die bolimischen Stammsitze der Podiebrads
gegeben, dessen Linie dann neben Miinsterberg das Herzog-
tum Ols bis zum Aussterben des Mannsstammes 1647 be-
sessen hat, wogegen bereits die Sohne Heinrichs die Grat-
schaft Glatz 1501 an den Grafen Ulrich von llardegg ver-
kaut'ten nnd Wohlau nebst Steinau - Eaudten 1517 an Hans
Turzo, von dera es dann 1523 zu dauerndem Besitze an
Herzog Friedrich II. von Liegnitz gckoinmen ist. Dessen
Haus hat seitdcm die drei Herzogtiiraer Liegnitz, Brieg und
Wohlau in einer Hand vereinigt.
Aufserdem hatte Wladyslaw, ehe er noch die Erbschaft
Konrads dem Milnsterberger Herzog uberwies, zwei ansehn-
liche lieiTSchaften^ die Gebiete von Mihtsch und Trachen-
berg, ganz abgezweigt und sie seinem Kilinmerer Siegniund
Kurzbach als Belohnung I'iir dessen treue Dienste verhehen.
Diese Verleihungen sind von einer gewissen Bedeutung, in-
sofern sie die Anfange jener sogenannten Standesherrschalten
bezeichnen, deren Inhaber dann eine besondere iSteUung in
der schlesisclien Verfassung einnehmen^ eximiert von der
herzoghchen Gewalt und also nicht unter, sondern neben
den Herzogtlimern stehend. Zu den beiden Herrschatten
Militsch und Trachenberg trat dann 1517 noch Plels, wel-
ches damals durch einen Sprossen, der in Ungarn durcli
Bergwerksbeti'ieb reich gewordenen Familie der Tiu'zo,
welche ja auch 1506 Breslau einen hervorragenden Bischof
gab, kaufhch erworben ward.
Das Herzogtum Troppau war, wie wir wissen, der ein-
zige schlesische Besitz, den Matthias' Sohn, Johann Corvin,
behalten hatte; doch erwirbt 1501 der Konig dasselbe im
Wege eines Tausches, urn es dann 1515 seinem Giiustlinge,
Herzog Kasimir von Teschen, zu iibergeben.
Wir niogen hier an der Schwelle des 16. Jahrhunderts
noch einmal iiberblicken, wie sich Schlesien in seiner Aus-
dehnung und Zusammensetzung gestaltet hatte. Seine aufseren
Grenzen batten sich in gewisser Weise erweitert, das Herzog-
tum Trojopau, einst ein Bestandteil von Mahren, war ini
15. Jahrhvmdcrt ganz mit Schlesien verwachsen. Schwie-
riger stand die Frage mit der Grafschaft Glatz. Urspriing-
lich unzwcifelhait zu Bohmen gehorend, war sie, seitdeni j
sie im 14. Jahrhundert zeit weise und im 15. Jahrhundert
definitiv mit schlesischen Herzogtlimern vereinigt worden j
war, im 15. Jahrhundert \'ielfach zu Schlesien gerechnet j
worden, bis jetzt der oben erwahnte Verkauf derselben an |
die bohmischen Grafen von Hardegg 1501 diesen Landes-
teil wieder Schlesien zu entfremden schien, wenngleich auch
Schlesiens Umfang uiid Ausdelmuug. 363
hier verwandtschaftliche Rlicksiehten mitgewirkt hatten, in-
sofern Herzog Heiuriclis jilngste Tocliter an Graf Ulrich voiv
Hardegg vermahlt war.
Auf der anderen Seite waren im Nordwesten wie im
Siidosten bleibende Gebietsverminderungen des ur.spriing-
lichen schlesisclien Landes erfolgt. Die Grebiete von Krossen,
Zllllicliaii, Sommerfeld waren 1483 an die Brandenburger
Hohenzollern gekommen nnd das Herzogtum Sagan 1474
an die sachsischen Fiirsten. Wenn hier nocli die Lehens-
herrlichkeit der Krone Bolimen vorbehalten geblieben war,
so war das bei den Entaufserungen im Sildosten nicht ge-
schehen. Hier hatte bereits 1442 einer der Teilfiirsten der
Tesehener Linie, Wenzel, das kleine Filrstentum Severien
(das Gebiet von Siewierz in Polen ostlich von Beuthen in Ober-
schlesien) an den Bischof von Krakau verkauft, und von
den Herzogen von Auschwitz - Zator, einem Zweige der
Tesehener Linie, welche ihre Lande allerdings in gefahr-
licher Nahe der polnischen Hau])tstadt Ki-akau batten, rifs
sich der eine, Wenzel von Zator, bereits 1441 in der ver-
worrenen Zeit nach dem Tode Albrechts II. von der Krone
Bohmen los, um sich dem Polenherrscher zu unterwerf'en,
und sein Bruder Johann, der den machtigen Nachbar un-
vorsichtig durch Fehden und Eaubziige gereizt hatte, mul'ste
es am Ende noch als eine Gunst ansehen, als Konig Ka-
simir ihm 1453 sein Herzogtum Auschwitz direkt abkaufte,
so dafs ihm nur noch seine schlesische Besitzung Gleiwitz
bHeb, wenn er auch den Titel eines Herzogs von Auschwitz
noch ferner fiihrte. Wenzel regierte iiber Zator weiter,
wenngleich als polnischer Vasall, und erst 1494 hat er sein
Herzogtum an Johann Albert von Polen verkauft, sich aber
den Niefsbrauch fur seine Lebenszeit vorbehalten.
Im Grunde mochte es immer noch als ein Gliick ange-
sehen werden, dafs bei der Ohnniacht und Zerstiickelung
des Landes die Gebietsverluste Schlesiens in den triiben
Zeiten des 15. Jahrhunderts nicht ungleich grofser geworden
sind. Die einheimischen Fiirsten piastischen Stammes Avaren
allerdings aufs aufserste zusammengeschmolzen. Es gab um
die Wende des Jahrhunderts eigentlich nur noch drei solche
Fiirsten: Friedi'ich von Liegnitz-Brieg , Johann von Oppeln
und Kasimir von Teschen. In Ratibor bchaupteten sich
noch die seit dem 14. Jahrhundert zum Bcsitz gekommenen
Premysliden, in Troppau herrschte der Magyar Johann
Corvin, in JNIiinsterberg-Ols die Nachkommen Podiebrads und
in Glogau ein polnischer Prinz.
Der Oberlehensherr Schlesiens war der polnische Fiirsten-
864 Viertes Buch. ^'iel•tel• Abscliuitt.
sohn Wladyslaw, Konig von Ungarn und Bohmen, und zu
welcher dieser beiden Kronen Schlesien eigentlich zu rech-
nen sei, blieb fort und fort streitig. Die Bohmen sahen
diese Frage zu iliren Gunsten fur erledigt an mit dem
Augenblicke, wo ihr Konig die ungarische Krone erlangt
habe, wahrend die Ungarn auf den Ulmiitzer Vertrag ge-
stiitzt vorlier die Zahlung von 400 000 Goldgulden bean-
spruchten.
Der Konig Wladyslaw war weit entfernt davon, diesen
Streitpunkt irgendwie losen zu wollen. Er hat keineriei
Bedenken getragen, den Ungarn gleich bei seiner AVahl und
dann wiederliolt zu geloben, Mahren, Schlesien und die
Lausitzen nicht von der Krone Ungarn trennen zu wollen,
hat aber dann im direktesten Gegensatze hierzu von Prag
aus in verschiedenen urkundlichen Akten Schlesien als Per-
tinenz der Krone Bulnnen bezeichnet, hat die verschiedensten
Privilegien fiir dieses Land ausschliel'slich als Konig von
Bohni^n erteilt, hat z. B. 1491 den Heimfall des Herzog-
tums Glogau an die Ki'one Ungarn stipuliert und dann doch
den bohmischen Standen versprochen, dies Fllrstentum an
Bohmen zu bringen und ganz ebenso beziiglich des Herzog-
tums Troppau die widersprechendsten Verfllgungen erlassen.
Es war eben so, wie dies der alte bohmische Historiker
Dubravius treffend erzlihlt, dafs Konig Wladyslaw alles, was
man ihm vorgetragen, gut geheifsen habe, nur dafs er in
Prag auf czechisch dobre, in Ofen aber, wo Latein die Ge-
schiiftssprache war, bene zu sagen pflegte.
Auch die Schlesier ihrerseits iiefsen die Sache ruhig
gehen. OfFenbar neigten sie mehr zu Bohmen, aber in
keinem Falle hatten sie jene grofse Sumnie auf sich nehmen
mogen. Die eigentliche Huldigung blieb dabei aufgeschoben,
um so mehr, da man daran festliielt, solche nui' im eigenen
Lande zu leisten. Diese Erklarung wiederholten die schlesi-
schen Flirsten 1498, nachdem der Konig sie im Sommer 1497
nach Briinn zu diesem ZAvecke vergeblich entboten hatte,
noch einmal in bestimmter Form. Natiii'lich erneuern die
Ungarn bei dieser Gelegenheit wieder ihre Proteste und
verlangen vom Konig eine ausdriickliche Bescheinigung, dafs
er nur als Kcinig von Ungarn Huldigungen empfangen
hatte, und wirklich richteten die Mahrer ihre Huldigungs-
erklarung so ein, dafs die Frage, ob sie sich als zur boh-
mischen oder zur ungarischen Krone gehorig ansahen, offen
bleiben zu sollen schien.
Zu einer Reise nach Breslau hat sich Wladyslaw erst
gegen Ende des Jahres 1510 entschlossen. Am 26. Januar
Zugehorigkeit zu Ungaru oder Bohineu fraglich. 365
1511 hielt er in Begleitung seines erst filn^alirigeu Sohnes
Ludwig, seiner siebenjahrigen Tochter Anna sowie eines
stattlichen Gefolges von Pralaten imd hohen Wiirdentragern
durch das Schweidnitzer Thor seinen feierlichen Einzug,
wobei der Wagen fur die koniglichen Kinder, wie ein Stiib-
lein eingerichtet und auch mit einem Ofen versehen, be-
sonderes Aufsehen erregte. Der Konig ist von den Bres-
lauern freundlich aufgenommen worden; Balle und Turniere
in der mit Dielen belegten Halle des Rathauses haben -vvah-
rend seines Aufenthaltes , der sich bis zum 15. April aus-
dehnte, stattgefunden , aber zur Huldigung ist es auch da-
mals nicht gekommen.
Schroffer als je haben sich die Anspriiche der Ungarn
und Bohmen gegeniibergestanden, und die letzteren haben
aus Furcht, es konne doch hier in Breslau zu einer Hul-
digung an Ungarn kommen^ durch die leidenschaftlichsten
Beschworungen und Drohungen dies zu verhindern gesucht.
Es war dies im Grunde wohl nicht so schwer, da die Schle-
sier, wie schon erwiihnt, der Verbindung mit Ungarn eigent-
hch uberdriissig waren; so ward dann die Frage abermals
vertagt.
Im ubrigen aber hat die Ungewifsheit nicht verhiudert,
dafs der zur Erteilung von Gnadenbriefen allezeit bereite
Konig ,, Bene", wie man ihn spottweise nach seinem Lieb-
lingsausdrucke nannte, den Schlesiern und zwar ausdriick-
Hch „ aus bohmischer koniglicher Macht " die statthchsten Pri-
vilegien verliehen hat, deren eines, vom 28. November 1498
eine besondere Beachtung fordert, namlich als in gewasser
Weise grundlegend fiir die ganze Entwickelung der schle-
sischen StandeveVfassung.
Das grofse Landesprivileg 1498 und der Kolowratsche Ver-
trag.
Die Schlesier batten dui'ch ihren Oberlandeshauptmann
Herzog Kasimir von Teschen und den Freiherrn Siegmund
Kurzbach von Trachenberg um Bestatigung ihrer Privilegieu
bitten lassen, und indem der Konig eine solche in dem ge-
dachten grofsen Fx'eiheitsbriefe ausspricht, kniipft er dann
an das auch fur alle Nachfolger gegebene Gelobnis, den
schlesischen Oberlandeshauptmann immer nur aus der Zalil
der schlesischen Fiii'sten wahlen zu AvoUen, sehr wichtige
Festsetzungen liber das sogenamite Fiirstenrecht, einen aus
den Fiirsten des Landes und ihren Eaten zu bildenden Ge-
richtshof, der allein kompetent sein sollte flir alle Klagen
(}6G Viertes Diicli. Vicrtcr Abncliuitt.
resp. Beschwerclen des Oberlehcnsherrn gegen einen cler
Fiirsteu oder Erbsassen geistlichen wie weltlichen Standes^
sowie auch umgekehrt , oder aber eines Fiirsten wider den
audern. Das Fiirstenrecht soil dann auch zuglcicli als liochste
Tnstauz I'ilr die gemeine Ritter- und Mannschat't gelteu, sowie
t'iir die Stadte, falls diese liber Kechtsverweigerung in deu zu-
nilchst in Betracht kommenden Instanzen zu klagen batten.
Regelmiilsig zweimal im Jahre, am Montag nach Jubilate
und am Montag nach Michaelis, soil das Fiirstenrecht zu
Breslau abgehalten werden, fllr die Uberschlesier jiihrlich
einmal, am Montag nach Epiphanias, in einer vom Haupt-
mann zu bestimmenden oberschlesischen iStadt.
Daran schliefsen sich nun weitere Zusicheruugen , der
Konig will die Schlesier nicht zu Kriegsdiensten iiber die
Landesgrenzen hinaus driingen, es sei denn, dafs er ihnen
datur Sold und Selmdenersatz leiste, audi keine Huldigung
anderswo begehren als in Breslau resp. t'lir die Fiirstentiimer
Schweidnitz- Jauer in Schweidnitz, keine aulserordentlichen
Steuern verlangen, dagegen die auiserhalb Schlesiens wohnen-
den Besitzer schlesischer Herrschatten zur Teilnahme an
den Lasten des Landes anhalten. Der Konig wird neue
Zolle nur dann einrichten, wenn Fiirsten und Stiinde Schle-
siens dies als im Interesse des Landes liegend erkennen.
Es waren in diesem Privileg in der That gewisse Fun-
damente einer stiindischen Verfassung gegeben. Es war den
Fiirsten und Standeu ein Bewilligungsrecht fur die indii'ckten
Auflagen und thatsachlich durch das Fiirstenrecht liberhaupt
fllr die Steuern eingerilumt und durch die Festsetzung der
regelmillsigen Zusammenklintte fiir das Fiirstenrecht eine
Periodicitiit der Sitzungen festgestellt.
Audi fiir das geistliche Regiment in Schlesien brachte
diese Zeit Festsetzungen von grofster Wichtigkeit. Als es
sich 1501 darum handelte, dem alternden Bischof Johann
Roth einen Koadjutor mit einem gewissen Anrccht auf
Nachfolge zur Seite zu stellen, hatte der Bischof zunlichst
an den Sohn des eintlulsreicheu Kasimir von Teschen, des
schlesischen Oberlandeshauptmanns, Herzog Friedrich^ der
sich dem geistlicheii Stande gewidmet hatte, gedacht, dem-
selben die Pralatur eines Domkantors erteilt und ihn ge-
radezu als seinen Koadjutor designiert. Doch das Dom-
kapitel, welches liber vielfache Verletzungen seiner Immuni-
taten durch die schlesischen Fiirsten sich beklagte, wollte
keinen Angehorigen dieser Herrscherfamilien als kiinftigen
Bischof anerkennen, und eine Gesandtschaft desselben an
den Kcinig setzte doch eine Beanstandung der Koadjutor-
Das Laudesprivileg uud die Koadjutorwahl 1502. 367
wahl dui'ch, worauf denn audi der Bischof die Sache fallen
liels und Herzog Friednch durcli die oberste Priilatur des
Kreuzstiftes zu Breslau, die Propstei abfand, dagegen nun
den Breslauer Declianten, Johannes Turzo, den Sohn seines
alten Freundes, des uberaus reichen ungarischen Grofsgrafen
gleichen Namens, als Koadjutor bezeichnete (l502). Die
Genehmigung des Kapitels ward um so leichter erzielt, als
vonseiten des Grafen Versprechungen vorlagen, dais er bei
der kilnftigen Bischofswahl die ansehnliche Summe der An-
naten selbst tragen wolle und auch wolil sonst Geschenke
nicht gefehlt haben werden.
Aber kaum war die Ernennung ruchbar geworden, so
erhob sich von den verschiedensten Seiten het'tiger Wider-
spruch. Die schlesischen Herzoge zeigten sich emport dar-
iiber, dais das Kapitel beschlossen habe, llberhaupt keinen
schlesischen Fiirsten mehr auf den bischoflichen Stuhl zu
erheben, nachdem die beiden friiheren Bischofe aus diesem
Stande, Wenzel und Konrad, ganz besonders das Stift in so
schwere Schulden gestiirzt hatten. Die Herzoge erblickten
in solchem Beschlusse die schnodeste Undankbarkeit gegen-
iiber der Thatsache, dafs das Breslauer Bistum seine reiche
Dotation wesentlich ihren Vorfahren zu danken habe. Sie
drohten jetzt, zur Vergeltung den Bischof und alle Pralaten
von den Fiirstentagen auszuschliefsen. Aber auch in der
Stadt Breslau, wo man ohnehin fort und fort Reibungen
mit der Domgeistlichkeit hatte wegen der HandAverker, die
auf geistlichem Grunde sitzend den Zlinften der iStadt
Konkurrenz machten, wegen des Bierverkaufs seitens der
Geistlichen, wegen des von dem Kapitel behaupteten Asyl-
rechtes jenseits der" Dombriicke u. s. w., vielleicht auch un-
zufrieden war mit der seit ]\latthias' Zeit nun einmal mifs-
Hebig gewordenen ungarischen Herkunft des Gewahlten, be-
niltzten die Veranlassung, den geistlichen Gewalten ihre
Feindschaft zu zeigen. Es kam zu allerlei argerlichen Auf-
tritten und Tumulten, und als Bischof und Kapitel das
Interdikt liber die Stadt verhangten, zwang der Rat den
Klerus, iunerhalb der Mauern dasselbe unbeachtet zu lassen.
Auch sonst hatten es ja die weltlichen Obrigkeiten sehr
leicht, die geistlichen Herren auf das schwerste schadigen
zu lassen. In Schlesien wie an so vielen anderen Orten
machten sich die Buschklepper und Strauchritter unter der
kraftlosen Regierung Wladyslaws wdeder sehr geltend. Wenn
diese jetzt auf die Spannung des Landeshauptmanns, der
Fiirsten und des Breslauer Rates gegenliber dem Bistum
spekulierend sich gerade die geistlichen Giiter flir ihre An-
368 Viertes Buch. Vierter Absclmitt.
griffe ausersahen, hatten die weltlichen Gcwalteu es voll-
kommea in ihrer Hand, ihrem Eifer bei Bestrafung der
Schuldigen gewisse Schranken zu setzen. Thatsachlich litten
die gcistlichen Guter schAver unter diesen Handeln, und die
Kanoniker hatten weseutliche Aiislalle ihrer Einnahmen zu
beklagen. AUe Sehmerzensschreie und Beschwerdeu bei
Konig und Konigin, bei Papst und Legaten halfen um so
weniger, da einige dissentierende Kapitelsinitglieder von der
Majoritat verbannt eine ganz besondere Kilhrigkeit ent-
wickelten, dera Kapitel den ubelsten Leumund zu machen.
Bischof Johann IV., ein wohlwollender und gelehrter
Mann von milder Gesinnung, ersehnte lebhaft den Frieden;
der neue Koadjutor, der selbst sich seines Lebens kaum
mehr sicher fllhlte, hatte gleicht'alls wenig Anlage zu einem
Martyrer, und das Kapitel war binnen kurzem mllrbe genug,
um des Konigs Beschluls, die Handel dui'ch ein Schieds-
gericht zum Austrag zu bringen, sich getallen zu lassen,
obwohl die Wahl der schiedsrichterlichen Triumvirn, des
Konigs Bruder Sigismund, Herzogs von Glogau, des Ober-
landeshauptmanns Kasimir von Teschen und des bohmischen
Kanzlers Albrecht von Kolowrat nicht gerade eine besonders
weitgehende Beriicksichtigung der geistlichen Interessen ver-
biirgen mochte.
Aus den Beratungen dieaer drei Wiirdentrager ist dann
das denkwilrdige Dokument vom 3. Februar 1504 hervor-
gegangen, das in einer Reihe von Punkten die Beziehungen i
des geistlichen Regiments in Schlesien nach sehr verschie-
denen Richtungen hin regelt.
Die erste dieser Bestimmungen setzte bezuglich des
bischoflichen Stuhles von Breslau wie ilberhaupt aller geist-
licher Lehen imd Beneficien in der sclilesischen Diocese eine
Art von Indigenat fest, insofern sie die Wiihlbarkeit zu
alien diesen auf Angehorige der bohmischen Kronlaude, also
Schlesien, Bohmen, Mahren, Obei'- und Xieder - Lausitz be-
schrankte, eine Festsetzung, Avelche demnach das Statut des
Bischofs Konrad, vom Jahre 1435, das nur Scblesier hier:
zu geistlichen Wlirden kommen lassen woUte, wofeni sie
nicht akademisch Graduierte seien, unter Weglassung dieser
letzteren Exception zugunsten aller bohmischen Ki'onlande
erweiterte, wobei allerdings fur den neuen Koadjutor Johann
Turzo auch bezuglich dessen Nachfolge auf dem bischoflichen
Stuhle eine Ausnahme zugelassen wui'de.
Ganz besonders dieser erste Punkt lafst es sehi' erklar-
lich erscheinen, wenn die ganze Urkunde nach dem Namen
des einen der drei Kommissare gewohnhch als der Ko-
Der Kolowratsche Vertrag. 369
lowratsche Vertrag bezeichnet wird; denu nur der
iiberwiegende Einflufs des bohmischen Kanzlers konnte in
einer Zeit, wo Schlesien rechtlich noch iramer zur Krone
Ungarn gehorte, aiif geistlichem Gebiete solche exklusive
Zusammenfassung dieser Provinz mit den bohmischen Kron-
landen durchsetzen, ohne dafs der polnische Prinz zugunsten
des rechtlich gleichfalls noch nicht gelosten Metropolitans-
verband mit dem polnischen Erzbistura oder der sonst so
vorsichtige Kasimir von Teschen aus Diplomatie Bedenken
dagegen erhob.
Weitere Pmakte sicherten dann dera Bischof das eigent-
liche geisthche Regiment gegen alien Einspruch Welthcher
und alien Geistlichen die Erhebung des Zehntens auf der
Ormidlage des status quo, verboten dann jede Neuerung
beziiglich der Einrichtung weiterer Schenken oder Ansetzung
von Handwerkern unter Vorbehalt eines Entscheidimgsrechtes
bei Streitigkeiten dariiber fllr die Fiirsten und Stande.
Der sechste und vielleicht wichtigste Punkt zog ,, die
Herren des Kapitels" zu den regelraafsigen Landessteuern
heran. Ein weiterer Paragraph beschrankte alsdann die An-
wendung des Bannes gegen saumige Schuldner. Ausge-
schlossen sollte der Bann ganz sein, wenn dieses Rechts-
mittel in dem Zinsbriefe nicht ausdriicklich vorbehalten war.
Doch auch wenn dies der Fall war, sollte der Bann erst
zulassig sein, wenn acht Wochen nach Anzeige des Falles
bei den zustandigen weltlichen Gerichten keine Zahlung er-
folgt war und auch dann nur die eigentlichen Schuldner
trefFen, so dafs sonst niemand in dem Gottesdienste gestort
werde. Ein weiterer Punkt verpflichtete die GeistHchen
furderhin so gut wie weltliche Herren, bei aufsergewohn-
lichen Ungliicksfallen ihren Unterthanen oder Schuldnern
einen gewissen Nachlafs zu gewahren; es folgen schliefslich •
Bestimmungen ilber wiiste Giiter, iiber eine Verjahrungsfrist
von 3 Jahren 18 Wochen in Schuldsachen und endlich war-
den die Hinterlassenschaften von Pfarrern, die ohne ein Testa-
ment zu hinterlassen sterben, einzig imd allein der betreffen-
den Kirchkasse zugesprochen.
Diese Bestimmungen wurden darauf von der Mehrzahl
der schlesischen Fiirsten, desgleichen von dem neuen Koad-
jutor nebst dem Domkapitel untersiegelt und wenige Wochen
darauf von Konig Wladyslaw bestatigt. Einen besonderen
Vertrag zwischen der Stadt Breslau und dem Domkapitel
inbeti-efF der alten Streitpunkte der unter dem Krummstabe
angesessenen Handwerker und des Bierschankes hatte dann
noch der bohmische Kanzler gleichfalls vermittelt. Es war
Griinliagen, Gesch. Schlesiens. I. "
370 Viertes Buch. Vicrtcr Abschuitt.
nun kauin zu bestreiten , dafs cler Geist, in deni jener so-
genanntc Kolowratsclie Vertrag abgefafst war, die prinzipielle
Anerkcnnung dcr geistlichen Steucrpflicht , die Abwehr der
geistliclien Strat'raittel , die Verweisung aller Streitigkeiten
an ausschliefslich weltliche Gerichte sich den bergebrachten
Anschauungen i'lber die Privilegien der Geistlichkeit sehr
entscbieden entgegenstellte , und dafs wir wohl bebaupten
diirfen, es sei nie vorber eine don Ansprlicbcn des Klerus
so ungiinstige Festsetzung erlassen worden. Es war gleicb-
sam die erste Ankilndigiing der Stlirme, die ja subald das
ganze Gebaude der mittelalterUcben kircbbchen Ordnung
bis in ibre Grundfesten erscbiittern soUten. Es war daber
wenig zu verwundern, wenn die piipstbebe Kurie im Jabre
1;j16 dem ganzen Vertrago die Anerkennung verweigerte,
obne da(s sie jedocb damit durebzudringen vermucbt biltte.
Selbst das Kapitel wagte gegeniiber der immer ungiinstiger
sicb gestaltenden offentbchen Meinung mit dieser piipstbcben
Verwerl'ung nicbt ofFen hervorzutreten, und tbatsacbbcb ist
der Kolowratsclie Vertrag, namentlicb in seineni wesentlicb-
sten Punkte, dor Steuerpflicbt der Geistlicbkeit , Gesetz ge-
worden und tort und tort in Geltung gewesen.
Eine spiitere Zeit bat den Kolowratscben Vertrag vor-
nebmlicb dem Einflusse des der Geistlicbkeit immer abge-
neigten Breslauer Rates zugescbrieben. Ricbtiger wohl wiirde
man sagen, dais die stiindiscbe Aristokratie Scblesiens, die
sicb unter dem scblafFen Regimente Konig Wladyslaws ganz
besonders fublen gelernt, und die ja bereits in dem grolsen
Landesprivileg von 1498 sicb tester konstituiert hatte, imn
die Gunst der Zeit benutzend, aucb den geistlicben Gewalten
gegeniiber einen Sieg zu erringen vermocbt bat.
Wir habon bei der Darstellung dieser standiscben Ent-
wickelung dann audi nocb von einer Episode zu beripbten,
welcbe in merkwurdiger Weise zeigt, wie furcbtbar hart und
gewalttbatig diese Ai'istokratie selbst gegen eines ihrer Mit-
glieder auftreten konnte. Es war namlicb im Jabre 1497
bei einem Fiirstentage zu Neilse, wo iiber die Huldigungs-
t'rage beraten Avard, der Herzog Nikolaus von Oppeln ofFen-
bar in einem Anialle von Geistesstorung, von Verfolgungs-
wabnsinn, gegen den (Jberlandesbauptmann Herzog Kasimir
von Tescben und dann aucb gegen den Biscbot' Joliann mit
blanker Webr losgegangen und batte beide verwundet; ja
er batte unzweifelbait den Herzog Kasimir ermordet, batten
nicbt anwesende Edelleute sicb auf ibn geworfen un(t ihn
mit jNIiibe entwaffiiet. Seine Leute, die erscbreckt berbei-
sturzten , scbleppten ibn dann tort und bewogen ibn , sich
Herzog Nikolaus von Hj^pt'lii enthauptet. 371
auf die Stufen des Hochaltars dei- Neifser Piarrkirche zu
riiichten imd das Asyl der heiligen Statte in Ansprucli zu
nehmen.
Aber schuell verbreitete sich die Kunde des Gescliehenen,
und die Nachricht von dem Attentate des wenig beliebten,
des Deutschen ganz unkundigen Herzogs gegen den Bres-
lauer Kirchenfiirsten, in dessen eigener Landeshauptstadt be-
gangen, emporte die Biirger so, dafs ein tormlicher Aufstand
sich erhob, Sturm gelautet ward und das Volk die Kirche
uralagerte, endlich auch in diese eindrang und den Herzog
auf den Stufen des Altars ermordet haben Aviirde, biitte
nicht einer seiner Edelleute, Johann von Stosch, ihn mit dem
eigenen Leibe gedeckt und seine Treue mit einer schweren
Wunde bezahlt. Als man sich endhch des Herzogs bemach-
tigt, reifst der wlitende Haufe ihm die Kleider voni Leibe
und schleppt ihn so wieder auf das Rathaus vor die Fiirsten,
wo er eine Art von Verhor besteht und dabei dem Herzog-
Heinrich von Miinsterberg versichert, auch er habe den
Tod verdient, da er gleichfalls seiner Freiheit nachgestellt
habe, die Briefe, die Herzog Heimlich empfangen, bezeugten
das. Naturhch hatte die Vorzeigung der Briefe nicht den
Erfolg, Nikolaus von dem Ungrunde seines Argwohus zu
iiberzeugen.
Die schlesischen Flirsten waren inhuman genug, statt
nach dem Arzte filr den geisteskranken Flirsten nach dem
Henker zu rufen. Sie liefsen Nikolaus in den Brildertunn
setzen, wo man ihn ohne Speise und Trank schmachteu Hefs,
selbst der Kleider entbehrend, bis ihm ein mitleidiger Edel-
mann, Schellendorf, eine Schaube, mit Fuchsfell gefuttert,
schenkte. Im Rate der Flirsten ward am folgenden Morgen
beschlossen, den Herzog Nikolaus wegen seiner Attentate,
deren morderische Absicht er ja selbst eingestanden habe,
ohne Vei'zug enthaupten zu lassen. Diese tumultuarische
Justiz ward dadurch nicht besser, dafs man ihn gleich
nachher danu vor die Neii'ser Schriffen lidiren liefs, uni aus
deren Munde das Todesurteil zu vernehmen. Das Scliicksal,
das ihm bevorstand, kannte er, man hatte ihn beichten und
sein Testament machen lassen ; von den Griinden des Urteils,
die man ihm vorlas, verstand er nichts, da es in deutscher
Sprache erfolgte, doch hatte er Verstand genug, gegen seine
Verurteilung durch die Neifser StadtschofFen Einspruch zu
erheben, naturhch fruchtlos. Vormittags 10 Uhr am 27. Juni
1497 ward Herzog Nikolaus vor dem Rathause zu Neifse
enthauptet.
Wie die alten Chronisten melden, hatte Herzog Nikolaus
•24^
372 Viertes Buch. Vicrtor Abschuitt.
dui'cli vieliache Grausarakeiten uud Gewalttliatigkeiteu sich
iibcl beruchtigt gemacht, und dies trug auch wohl viel dazu
bei, dafs seiu gewaltsames Ende, wenngleich dabei sehr
tumultuarisch verfahren worden war, doch keine weiteren
Folgeii hatte und selbst von seinem Bruder, dem letzten
Herzoge von Oppeln, Johaun, nicht geracht wui'de. Dafs
der Ktinig Wladyslaw seine Milsbilligung dariiber zu er-
kennen gab, fiel nicht allzu schwer ins Gewicht. Seine
Autoritat gait in Schlesien so gut wie niclits. Selbsthilte,
Fehdewesen und Buschklepperei waren hiei' wie fast iiber-
all in Deutschland zu jener Zeit an der Tagesordnung ;
selbst einer der besseren Fiirsten, Friedrich II. von Liegnitz,
griff, als er 1508, zui-iickgekelirt von einer Pilgerschaft nach
dem gelobten Lande, sich von den Breslauern in seinen
Rechten gekrankt glaubte, olme weiteres zu den Waffen,
und seine Fehde mit den Breslauern flillte 1509 viele jNIo-
nate lang die fruchtbaren Gegenden zwischen Breslau uud
Liegnitz mit Raub und Verwustung. Ebenso schadigte
Herzog Bartholomiius von Miinsterberg, der Sohn Viktorins,
ein Enkel Podiebrads, in langer immer aufs neue entflammter
Fehde die Breslauer, die ihm allerdings am 14. Oktober
1512 vor Cauth eine empfindliche Schlappe beibrachten,
auf das allerschwerste , und teils im Zusammenhange mit
ihm, teils auf eigene Faust erwarben sich mehrere schlesische
Edelleute einen ublen Ruf als gefaluiiche Landesschadiger
und Fehder, so vor allem Christoph von Reisewitz, der
schwarze Christoph genanut (1513 von den Liegnitzern ge-
hangt), und ein AbkummHng des beriichtigten siichsischen
Prinzenraubers , Siegmund- von Kaufungen vom Hummel-
schlosse, desgleichen Lorenz Seidhtz, Franz Dompnig und
Heinrich Steinitz.
Gegen dieses Unwesen hat der neue Landfrieden Konig
Wladyslaws vom Jahre 1505 trotz seiner sorgfaltigen Straf-
bestimmungen gegen „die Beschadiger oder Drauer" uud
deren etwaige BegUnstiger ebenso wenig etwas ausgerichtet
wie die 100 Husaren, welche der Konig als Gendarmerie
1508 den Breslauern zusandte, und weder die vielfach er-
neuerten Biindnisse der koniglichen Stadte in Schlesien noch
der grofse Friedensbund samtlicher buhmischer Ki'onlande
„ wider die Fehder, Rauber und ihi-e Behiiuser" vom Jahre
1512 vermochten Abliilfe zu schaffen. Der Konig Wlady-
slaw selbst hatte an der schUmmsten jener Fehden, der mit
Herzog Bartholomaus von Miinsterberg, einen gewissen An-
teil, und der Zusammenhang dieser Sache ist kulturhistorisch
zu merkwiii'dig, um nicht orwahnt zu werden.
Fehclewesen. Die Schicksale des Hans Rindfleisch. 373
Noch zur Zeit des Konigs Matthias (vor 1478) war ein
Breslauer patrizischer Kaufmann Johannes Rindfleisch auf
einer Geschaftsreise zu Plock in Polen von seinem 'Wirte
um 590 Dukaten bestohlen worden^ und es war ihna ge-
lungen, den Dieb seines Verbrechens zu iiberfuhren. Als
derselbe aber zum Galgen verurteilt war, fehlte es an einem
Scharfrichter, und Rindfleisch erhielt nun die liberraschende
]\litteilung, in solchem Falle habe der Klager die Pflicht,
die Strafe zu vollziehen. Wohl hiitte der Breslauer jetzt
gern auf die Bestrafung des Schuldigen verzichtet, ja als er
erfuhr, dafs er nur die Wahl habe zu henken oder sich von
deni Verbrecher henken zu lassen, erklarte er sich sogar
bereit, wenn man ihn ruhig ziehen lasse, auf die ganze Geld-
sunime zu verzichten, und erst als man ihn streng bei der
schrecklichen Alternative festhielt, vollzog er widerwillig das
ungewohnte Geschaft. Als er aber dann heimkehrte, half
es ihm wenig, dafs er sich von dem Konige von Polen die
Zwangslage, in der er sich befunden, bescheinigen und auch
von Konig Wladyslaw unter Strafandrohung verbieten liefs,
ihm aus jenem Vorfall einen Makel anzuhangen, er gait
fortan fur unehrlich und von Ehren und Wiii'den ausge-
schlossen. Ja selbst sein Sohn Christoph hatte noch unter
jenem Makel zu leiden, und 1501 weigerten sich alien Man-
daten des Konigs zum Trotz die ]\Iannrechtsbeisitzer von
Breslau, rait ihm zusammen zu sitzen und liefsen lieber die
Gerichtssitzungen das ganze Jahr hindurch ausfallen, und
die stadtischcn SchofFen und Geschworenen zeigten bei einem
neuen Versuche des Rates 1507, Christoph Rindfleisch unter
die Schoffen zu bringen, den gleichen Widerstand.
Daraufhin verurteilte Konig Wladyslaw, wie er dies in
seinem zugunsten von Rindfleisch 1502 erlassenen Briefe
angedroht, die Stadt zu einer Geldstrafe von 100 Mark
Silber und war dann unvorsichtig genug, diese Summe dem
Herzog Bartholomaus von Miinsterberg, dessen er sich zu
diplomatischen Sendungen vielfach bediente, zu schenken.
Natilrlich gab diesem dann die Verschreibung der Summe
neuen Vorwand zu Plackereien der Breslauer, deren Rat
im Bewufstsein, selbst an der Sache keine Schuld zu tragen,
die Zahlung weigerte.
In keinem Falle haben die Breslauer, wie Konig Wla-
dyslaw es that, diesem Enkel Podiebrads Thranen nachge-
weint, als im April 1515 auf einer neuen diplomatischen
Sendung nach Wien sein Schift'lein an einem Felsen in der
Donau scheiterte und er selbst ertrank.
Diese letzte Botschaft des Herzogs hatte einer Zusammen-
874 Viertes Bucli. Vii'itcr Abschuitt.
kunt't des Kaisers Maximilian mit W lady slaw gegolten, welclie
als der Abschlufs lang geptiogener Untcrhandlungen dann
im Jali 1515 zu \\'ien vvirklich stattt'aiul luid hier nun eine
Verbindung der beidcn Furstenhauser zu Wege brachte, die
nachmals von so weitreichenden Folgen geworden ist, die
wechselseitige Vermahlung resp. Verlobung der beiden Kin-
der Wladyslaws, der 12jahrigen Anna und des 9jaln'igen
Ludwig mit dem Enkel resp. der Enkelin des Kaisers, ver-
bundcn mit einem weehselseitigen Erbvertrage beziiglich
Ungarns, Bohmens und < )sterreiclis. Nachdem KiJuig \Vla-
dyslaw so fur die Zukunt't seiner Lande gesorgt, ging er
am 13. Mjirz 151G nach kurzem Kj-ankenlager zur ewigen
Ruhe ein, die Herrschaft iiber zwei grolse Keiche einem
zehnjahrigen Knaben hinterlassend.
Schlesien unter Konig Ludwig 1516^1526.
Wenn schon vmter Wladyslaw das Ansehen des Konigs
sehr gesunken war, so erscheint unter der vormundschatt-
schaftlichen Regierung, die jetzt eintrat, das Land vollends
allein aut' sich angewiesen. An der 8pitze der durch den letzten
Willen des heimgegangenen Konigs fur Bohmeu bestellten
Regentschaft stand Herzog Karl von Mllnsterberg, der iSohn
Heinriclis des Alteren, also ein Enkel Greorg Podiebrads,
unter den ungarischen Vormiindern des Konigs Ludwig
aber fand sich Markgraf Georg von Bi'andenburg, ein Enkel
yon Albreclit Achilles, Sohn des ]\Iarkgrafen Friedrich des
Alteren. welcher letztere eine 8chwester Wladyslaws Sophia
zur Gemahlin hatte. Dies war nun auch der Grund, wes-
halb der mehr mit Kindern als mit Gliicksgutern gesegnete
Friedrich seinen Sohn 1505 an den Hof seines Schwiigers
nach Ofen sandte, um dort sein Glilck zu versuchen.
Georg fand bei dem Oheim die allerfreundlichste Auf-
nahme. Es war nicht zu verwundern , wenn der gute,
schwache Konig in ihm, seinem nachsten Verwandten, einem
offenen, lebensmutigen Jiinglinge, eine gewisse Stiltze zu er-
langen suchte gegen die ungarischen Magnaten, welche, die
iibermachtigen Zapolyas an der Spitze, ilm zugleich tyi'an-
nisierten und aussogen. Die ganze deutsche Partei, flir
welche es sich darum handelte, den Erbvertrag mit dem
Kaiser Max gegenliber den ehrgeizigen Absichten der Za-
polyas, die selbst nach der Krone strebten, durchzusetzen,
wandte ihre Blicke auf ihn, und es Avard von grofser Bc-
deutung, dafs die Gunst des Konigs ihm 1509 die Hand
der Witwe von Johann Corvin, Beatrice Frangipani, ver-
Markgraf Georg vou Braudeuburg in Schlesieu. 375
schaffte^ welche clann bei ihrem bereits 1510 erfolgten Tocle,
nachdem ihre beiclen Kinder von Corvin in das Grab vor-
angegangeu waren , Georg als Erben ihrer ansehnlichen
Reichtumer hinterliefs.
Dafs dieser junge aafstrebende Fiirst nun sein Augen-
merk aut' Schlesien richtete, ward f'iir die Geschicke dieses
Landes von der allergrofsten Bedeutiing. Sein Eintritt in
Schlesien ist vielleicht das wichtigste Ereignis, welches aus
der zehnjahrigen Regierung Konig Ludwigs zu verzeichnen
ist. Was einst Albrecht Achilles nur in sehr beschranktem
Mafse gelang, in Schlesien festen Fuls zu fassen, unternahm
jetzt einer seiner Enkel mit ungleich giinstigerem Ertolge,
nur dafs die Hohenzollern , nicht wie zu erwarten gewesen
ware, von Westen resp. Norden, sondern von Sildosten her
ihren Einzug in das Land hielten, das ihnen einst ganz zu-
fallen sollte.
Zu dem Entschlusse des Markgrafen, sich in Schlesieu
ansassig zu machen, haben anscheinend mehrere Motive zu-
sammengewirkt. Schon vor ihm hatte ungarisches Kapital
den Weg hierher gefunden, wie solches namentlich durch
den um jene Zeit machtig eraporkommenden Bergbau er-
zeugt ward. Aus Uugarn scheuchten es die unablassigeu
Unruhen und Biii'gerkriege sowie die Tilrkenget'ahr fort,
und wenn seine Besitzer nicht selbst der slavischen Natio-
nalitat angehorten, konnte Schlesien wohl noch mehr an-
locken als das sonst naherliegende Mahren. Wir erwithnten
ja bereits, wie die durch den Bergbau reich gewordene Fa-
milie der Turzos hier die Herrschaft Plefs erworben und
eins ihrer Glieder zum Koadjutor des Bistums Breslau hatte
aufsteigen sehen. . Dieser Johann Turzo war jetzt 1506
auf den schlesischen Bischofsstuhl gelangt, und hat diesen
bis an seinen Tod 1520 besessen, ein frommer aber auf-
geklarter Kirchenfurst, ein Beschtitzer und Forderer huma-
nistischer Wissenschaft , mild und wohlwollend gegen jeder-
mann. Sein Privatverraogen gestattete ihm, iiber dem Stadt-
chen Jauernick auf steiler Anhohe das schone Schlofs, das
dann nach seinem Namen Johannesberg getauft ward, zu
erbauen, noch heute eine beneidenswerte Sommerresidenz
der Breslauer Bischofe. Die Turzos haben dann auch die
ihnen verschwagerte Familie der Augsburger Fugger, deren
Unternehmungsgeist sie auch zur Teilnahme an der Aus-
beutuug der ungarischen Bergwerke gefiihrt hatte, nach
Schlesien gebracht. Antonius Fugger besitzt 1514 Giiter
im Bischofslande, zu denen das Stadtchen FreiAvaldau (unter-
halb des bekannten Wasserbades Grafenberg gelegen) gehorte.
376 Viertes Buch. Vierter Abschiiitt.
Auch ^larkgrat' Georg hatteVeranlassung, daran zu clenken^
sich so viel als muglich aus den uiigarischen AVirren heraus-
zuwickeln und die an ihn get'allenen in ganz Ungarn zer-
streuten zahlreichen Giiter nach und nach unter der Hand
zu veraulsern, uni sich lieber anderswo einen Besitz zu
gi'unden, den nicht wie in Ungarn die unversohnliche Feind-
schatt der Zapolyas stundlich bedrohte.
Dazu kam dann noch ein anderer Antrieb. Konig "VVla-
dyslaw hatte in seiner grofsen Zuneigung fiir Georg gleich
vom ersten Augenblicke an, wo derselbe an seinen Hof ge-
kommen war, eine reiche Dotation in Schlesien ftir denselben
in Aussicht genommen und ihm 1507 entweder das 1506
dui'cli die Thronbesteigung des polnischen Prinzen Siegmund
erledigte Herzogtum Glogau oder aber nach dem Tode Jo-
hanns von Oppehi dessen Herzogtum zugesagt. Allerdings
war nun bei der Art des guten Konigs, der niemandem
etwas abschlagen konnte, von solcher Zusage bis zur wirk-
lichen Besitzergreifung immer noch ein grofser und schwerer
Schritt. Der AA'iderspruch anderer luteressenten und An-
Aviirter pflegte dann leicht unerwartete Hindernisse zu be-
reiten. So setzten diesmal die Glogauer, welche unter der
Herrschaft des polnischen Prinzen keine guten Tage gesehen
batten, bei dem Konige 1508 eine Zusicherung durch, sie
„ hinfurder in frerade Hande nicht mehr vergeben, versetzen,
verkauten noch verptanden zu wollen".
^^'ohl aber hielt der Markgraf an der Anwartschaft auf
Oppeln test, die dann dadurch noch bedeutungsvoller ward,
dais Herzog Johann von Oppehi vertragsmalsig auch der
Erbe des kinderlosen und krankhchen Herzogs Valentin von
Ratibor war. Allerdings gab es der Bewerber um die
Oppelner Herrschaft viele, und jeder von ihnen vermochte
sich auf irgeudwelche Zusicherungen zu stiltzen, die samt-
lich der gedankenlosen Freigebigkeit des Kiinigs Wladyslaw
entstammten. Da hatte zunachst ebeu jener Herzog Valentin
von Katibor als Sohn einer Schwester Johanns von Oppeln
einen vollen und ungeteilten Erbanspruch , welchen der
Konig als solchen 1511 unumwunden bestiitigt. Ferner
hatte Wladyslaw seinem Bruder Sigisraund eine Anwart-
schaft auf die Oppelner Lande verliehen, welche dieser dann
bei seiner Thronbesteigung dem Herzoge Kasimir von Teschen
resp. dessen Neffen Bartholomaus von Milnsterberg abge-
treten hatte, anscheinend unter Gutheifsung des Konigs.
Ein weiterer Bewerber war der Oberburggraf von Prag,
Zdenko Lew von Rozmital, der seine Stellung als einer der
eintlulsreichsten Grofsen Bohmens dazu benutzt hatte, bei
Das Erbe der Herzoge vou Oppeln. 377
einer Anwesenheit des Konigs in Prag cliesem eine Zusiche-
rung fiir sicli inbetreff der Oppelnsclien Erbschaft abzuge-
winnen. Endlich hatte auch Herzog Friedrich II. von
Liegnitz, vielleicht auf Grund seiner Abstammung miitter-
licherseits (allerdings im vierten Gliede) von einer Oppelner
Prinzessin^ eine Anwartschaft auf Johanns Erbe von Wlady-
slaw zugesicliert erlialten. Ura die Verwirrung noch zu er-
hohen, hatte dann der Konig bei seiner Anwesenheit in
Schlesien 1511 dem Oppehier Herzog auf dessen personHch
angebrachte Beschwerde darliber; dafs so ganz ohne ihn zu
belragen liber sein Erbe verfligt werden soUe, ein ausgiebiges
Privileg eiteilt, welches Johann das Recht vindizierte, liber
seine Lande vollkommen frei zu verfligen und dieselben zu
vergeben, an wem es ihm gefallen werde.
Der Versuch, unter solchen Umstanden alien Mitbewerbern
den Rang abzulaufen^ war fur Markgraf Georg urn so klihner,
als gerade ihm noch besondere Hindernisse mehr als den
anderen Anwartern bereitet war en. So hatte Wladyslaw
unter dem 10. Januar 1510 den bohmischen Standen ver-
brieft, dafs fortan kein schlesisches Herzogtum, das jetzt
oder klinftig in des Konigs Hand sei, wiederum verliehen
werden dlirfe, sondern fortan bei der Krone bleiben solle.
Auch solle niemand einem, der nicht das schlesische Inkolat
besitze, gleichviel ob flirstlichen Standes oder nicht, Land-
besitz verschenken oder vergeben, und auch in dem er-
wiihnten Privileg flir Herzog Johann von 1511 war dessen
Dispositionsrecht doch insoweit beschriinkt worden, dafs der
zu wahlende Erbe aus Bohmen oder dessen Nebenlandern
stammen sollte, so dafs dadurch ein ungarischer Magnat,
als welcher doch auch Georg augesehen werden mufste, aus-
geschlossen erschien.
Alledem zum Trotz hat nun Markgraf Georg von dem
Augenblicke an, wo er 1511 an der Seite seines Oheinis in
Schlesien erschien, das grofse Werk mutig begonnen und
bereits 1512 einen grofsen Vorsprung erlangt dadurch, dafs
die Macht seiner gewinuenden Personlichkeit die Herzoge
Johann von Oppeln und Valentin von Ratibor dazu bringt,
ihn als Dritten in ihren wechselseitigen Vertrag mit aufzu-
nehmeu, so dafs an ihn, falls jene beiden kinderlos stei-ben
BoUten, deren gesamtes Erbe iiele, was dann Konig Wlady-
slaw bestatigt. Damit hatte Georg nun schon einen sicheren
Rechtsboden erlangt und sich zugleich mit auf das Dis-
positionsprivileg Herzog Johanns gestellt, wenn ihm gleich
die Vorbedingung des schlesischen Inkolats noch abging.
Aber der Markgraf that gleich noch einen zweiten Schritt
378 A'icrti'^ Buch. Vicrter Aloclinitt.
weiter, and vuii (l(!i' Erwartung ausgeliend, dais der (Jheim
docli wohl vur deni Neffen das Zeitliche segnen werde,
niachte er la 12 mit Herzog Valentin von Katibor, dessen
bestandiger Geldnot er wohl bei dieser Gelegenheit etwas
zuhilfe kommen mochte, einen ^^ertrag, worin der letz-
tere sich herbeiliels, die Erbschal't Johanns mit ihm zii
teilen.
Dem gegeniiber schlossen sich nun die anderen drei
Anwiirter, Herzog Kasimir von Teschen, Friedrich II. von
Liegnitz und der Prager Oberburggrat Zdenko Lew von
Rozmital, zusammen und machten unter sich gegen Ende
des Jahres 1512 einen Teilungsvei'trag iiber das (Jppelner
Erbe, liefsen sich audi gleich nach dem Tode Wlady slaws
von Kaiser ]Max als Vormund des neuen Herrschers ihre
Anspriiche insgesamt bestiitigen. Zugleich aber land eiuer
von ihnen, Herzog Kasimir, in seiner Eigenschatt als oberster
Hauptmann von Oberschlesien eine Gelegenheit, aut' Herzog
Valentin eine gewisse Pression zu uben, indem er denselben,
aul'Grund von Aussagen gefangener Ubelthater, bei dem Konige
denunzierte, als habe er deren falschmiinzerische Uperationcn
in gewinnsiichtiger Absicht unterstutzt. Diese Sache konnte
um so mehr Konsequenzen haben, als W'ladyslaw noch kurz
vor seinem Tode 1515 dem Herzoge Kasimir alle Strafen
von Landesschadigern zugesichert hatte. Markgraf Georg
aber parierte den 8treich dadurch, dafs er sich 1517 von
dem jungen Konig Ludwig zusichern liefs, es sollten, lalls
etwa jene Anschuldigungen sicli bestatigten und intblge
davon der Herzog Valentin durch Verlust seiner Lande gi-
stratt wilrde, diese letzteren an niemand anders als deu
Markgrafen fallen. Es konnte diesem nicht schwer fallen,
seine Handlungsweise Herzog Valentin gegeniiber als in
dessen Interesse liegend darzustellen, und insofern daniit
Herzog Kasimir jedes eigene Interesse an der ganzen iSache
einbiifste, wird es uns erkliirlich , wenn wir nichts weiter
von dieser Angelegenheit erfahren : bedeutsam aber erscheint
es noch, dafs in dieser Urkunde Konig Ludwig von einer
Einziehung der eventuell durch Herzog Valentin verAvirkten
Lande seitens der Krone Ungarn spricht. Da die grofse
Frage, ob Schlesien ziu" bohmischen oder zur ungarischen
Krone gehore, noch immer nicht ausgetragen war, so er-
regte hier, wo man ira grofsen und ganzen doch in Erinne-
rung an die harten Zeiten des Kiinigs Matthias der unga-
rischen Herrschaft abgeneigt war, alles, was in dieser An-
gelegenheit zu prajudizieren geeignet war, grofses Aufsehen.
Bereits hatte es sich Kasimir von Teschen gefallen lassen,
Markgraf Georgs schlesische Ainvartschaften. 379
151.') die Belehnuug mit Troppau von Ungaru unter der
Form einer Hauptmannschaft in dem Lande zu empiangen.
Jetzt verlautete, Markgraf Georg erhebe von neuem An-
sprilche auch auf Glogau und habe versprochen, wenn er
dies erlange, der Krone Ungarn dafur den Lehenseid zu
leisten. Voller Angst sandten die Glogauer Gesandten nach
Prag und tauschten lol7 rait den bohmischen Standen ge-
gen Zusicherungen thatkriiftigen Beistandes Gelobnisse treuen
Festhaltens an der Krone Bolimen aus. An der Glogauer
Sache waren auch die beiden schlesischen Anwarter auf
die (Jppelner Erbschatt, Kasiniir von Teschen und Friedrich
von Liegnitz, nahe beteiligt, und zwar hatte der erstere,
dessen Verfahren ja lange in Glogau geherrscht batten, und
dem das Land von Wladyslaw zugesichert worden war, sich
bereit finden lassen, seine Anspriiche auf Glogau dem Lieg-
nitzer Herzog (wir wissen nicht um welchen Preis) zu iiber-
lassen, Grund genug filr beide mit dem gefahrlichen ein-
flul'sreichen Gegner ein giitliches Ubereinkommen zu suclien.
Georg kam ihnen auf halbem Wege entgegen. Er suchte
eili'igst verwandtschaftiiche Bedingungen mit den schlesischeu
Fiirsten, in deren Reihe er ja einzutreten beabsichtigte. 1518
verlobt er seine beiden Sch western Anna und Sophia, die
erstere mit Wenzel, dem Sohne Kasimirs von Teschen, die
letztere mit dem seit 1517 verwitweten Friedrich 11. von
Liegnitz; die Verlobung einer dritten Sch wester Georgs,
Margareta, mit Herzog Valentin scheiterte an dem schnell
€rweckten Widerwillen der Prinzessin gegen die schwerlich
mit Unreclit sehr iibel beleumundete Personlichkeit des
wilsten und entnei;vten Herzogs.
Von dieser Zeit an fallen die Anspriiche der iibrigen
schlesischen Bewerber um die Oppelner Erbschaft neben
Markgraf Georg nicht mehr ernstlich ins Gewicht; es han-
delt sich fortan nur noch um die Hohe der Summe, tiir
Avelche sie abzulosen sind. Herr Zdenko Lew von Rozmital,
den seine schlesischen Verbiindeten im Stich gelassen batten,
hatte freilich wohl Grund erziirnt zu sein, und er riiohte
sich auch, indem er, als 1520 der Tod des treffhchen
Bischofs Johann Turzo den Breslauer Stuhl erledigte, die
gesamte bohmische Partei gegen den Plan des Markgrafen,
seinem damals in Eom studierenden erst 2ljahrigen Bruder
Johann Albrecht das schlesische Bistum zu verschaiFen, in
Harnisch brachte, und zwar mit um so grofserem Erfolge,
als, wie gerade damals die Verhaltnisse lagen, die Abstiim-
mung und Verwandtschaft des hohenzollernschen Kandidaten
diesera anscheinend mehr gescbadet als genutzt hat. Das
380 Viertcs Bach. Vicrter Absclmitt.
Domkapitel turchtete den Polenkonig zu beleidigen, wenn
es den Bruder des deutschen Hochmeister^f Albrecht, des
Todleindes der Polen, ziim Bischof wahlto, und audi der
andere Bruder, Markgraf Georg, war damals wegen seiner
Hinneigung zu Ungarn namentlich gerade in Breslau einiger-
mal'sen in ^lilskredit gekonimen. So lenkten sicli nun
schliefslieh die Stimmen auf einen andern Kandidaten, den
Breslauer Domkustos Jakob von Salza, nicht olme dais man
ernstlich gefurchtet hatte, das damals dem Ilochmeister Al-
brecht von Preulsen zuziehende deutsche Kriegsvolk konne etwas
gegen das schlesische Bischolsland unternehmen, wie man
denn auch urn die Verteidigungsfiihigkeit der bischoflicben
Schlosser und Stadte sich besorgt zeigt. Diese Besorgnisse
haben sich bald als ungegrilndet herausgestellt, und auch
Papst Leo IX., der selbst ofFenbar den hohenzollernsclien
Kandidaten vorgezogen haben wiirde, hat den Gewiihlten
nach einigem Zogern bestatigt. Jakob von Salza, ein ge-
schaftserfahrener, king und mild gesinnter j\Iann hat dann
bis 1539 den bischoflicben Stuhl innegehabt, und eine Wilr-
digung seiner Regierung mufs einem folgenden Abschnitte,
der sich mit der Geschichte der religiosen Bewegung be-
schaftigen wird, vorbehalten bleiben.
Erlitt nun bei dieser Bischofswahl die Politik des Mark-
gral'en eine gewisse Niederlage, so schritt sie dagegen nach
anderen Seiten hin siegreicher vorwarts. Mit dem miichtig-
sten schlesischen Filrsten Friedrich II. von Liegnitz - Brieg^
seinem Schwager, tritt Georg in ein im Laiil'e der Zeit
immer intimer sich gestaltendes Freundschaftsverhaltnis.
Friedrich erhalt jetzt 1518 das Fiirstentum Glogau auf
Lebenszeit, und 1521 sehen -wir ihn neben Markgraf Georg
im Auftrage des Konigs von Ungarn in Preufsen , um
zwischen dem Polenkonig und ihrem Schwager resp. Bruder^
dem Hochmeister Albrecht, einen Frieden zu ennitteln. Von
da ruft den Markgrafen nach Schlesien zuriick die Nach-
richt von dem Tode des Herzogs Valentin von Ratibor, dem
sein wiistes Leben einen friihzeitigen Tod bereitet hatte
(1521, 13. November). Doch ehe er noch die Erbschafts-
angelegenheit in diesem ihrem neuen Stadium zu ordnen ver-
mocht hat, sieht er sich genotigt, nach Prag zu gehen, wo
die Eidesleistung des Konigs auf die bohmische Verfassung
und zugleich die Kriinung der Konigin Maria mit grofsera
Pompe gefeiert wird, und hier erscheinen nun die neuen
Verbiindeten um den jungen Konig geschart, die schlesischen
Herzoge Kasimir, Friedrich, Markgraf Georg, der deutsche
Hochmeister Albrecht, der dritte Bruder, der gleichfalls bei
Vertrage wegen dor Oppelner Herrscliaft. 381
Ludwig hoch angesehene Markgraf Kasirair, sie alle zugleich
die Hauptstiltzen der deutschen, fllr die habsburgische Erb-
folge eintretenden Partei.
Auch Karl von Miinsterberg halt sicli zu iluien. Mit
den iibrigen Anwartern auf Oppeln gelangt der Markgraf
hier in Prag zu entgiiltigen Abfindungsvertragen. Selbst
Lew von Rozmital, der von seinen schlesischen Bundes-
genossen im Stich gelassen, allein seine Ansprilche auf
Oppeln-Ratibor, welches Fiirstentum ihm Konig AYladyslaw
nach dem Ableben Herzog Johanns „geschenkt" habe, ver-
folgt und dafur noeh Ende 1521 die Unterstiitzung der
Breslauer in Anspruch nimnit, besinnt sich jetzt eines Bes-
seren und erklart sich im April 1522 gegeniiber den Her-
zogen Kasimir von Tescheu und Friedrich von Liegnitz
bereit, fur seine Person mit dem dritten Teile der fiir sie
drei von Georg zu fordernden 40000 Goldgulden, also mit
13 333 Goldgidden zufrieden zu sein, und wahrend Konig
Ludwig dem Markgrafeu nunmehr „als geschworener Konig
von Bohmen" seine Zusicherungen der Uppelner Erbschaft
zugleich mit der Versicherung , dafs ihm dabei der ]\Iangel
der Ansassigkeit in einem der bohmischen Erblande nicht
schadlich sein solle, erneuert, erfolgen dann zu Prag am 2 . Juni
drei wichtige Abmachungen. Zunachst vertragen sich die Her-
zoge Kasimir von Teschen und Friednch von Liegnitz zu-
gleich in Vollmacht Lews von Rozmital mit Markgraf Georg
dahin, dafs ihnen insgesamt der letztere 40 000 Goldgulden
als Abfindmig ihrer Anspriiche auf Oppeln - Ratibor ver-
spricht, zalilbar binuen drei Jahren nach dem Ableben
Herzog Johanns von Oppeln und unter der Voraussetzung,
dafs der Markgraf -wirklich in den Besitz der Herzogtilmer
komme.
Die anderen beiden Vertrage von demselben Tage ent-
halten dann besondere Vergiinstigvingen des Markgrafen filr
seinen Sch wager Friedrich von Liegnitz. Er verpiliclitet
sich zunachst und zwar zugleich mit seinem Bruder Ka-
simir*, falls ihm die Oppelner Erbschaft zufiele, die Gebiete
von Kj-euzburg - Pitschen , welche einst im "Wege einer Ver-
pfandung von Brieg an Oppeln gekommen, ohne Anspruch
auf Erstattung der Pfandsumme zurilckzugeben. Aufserdem
aber versprechen dieselben Fiirsten zugleich in Vollmacht
ihi-es Bruders Johann fiir den Fall, dafs der Stamm der
drei Markgrafen ohne mannliche Erben ausginge, dem Her-
zog Friedrich und seinen Erben die Nachfolge in Oppeln-
Ratibor, allerdiugs gegen die Zusage, dafs dann auch ander-
" salts bei einem etwaio-en Erloschen des Mannsstamms der
382 Viertos Bach. Viertcr Abscliuitt.
Piasten vou Liegnitz-Brieg deren Lande an die iMarkgraten
uiid deren Nachkoinmen fallen sollten.
Kunig Ludwig war mit deni alien vollkommen einver-
standen, er erscheint gerade damals ganz unter deni Ein-
fiusse des Markgraf'en und seiner Partei, in der er ein er-
Aviinschtes Gegengewicht erblickt_ gegen die bohmischen
]\Iagnaten , deren oligarchischer Ubermut doch audi in
Bohmen selbst vielfacb mifsliebig geworden war. Als jene
biihmischen Herren unter einander haderten, wer von ibnen
bei der Kronungszeremunie die Kroninsignien tragen sollte,
als ob sie allein dariiber zu entscheiden hiitten, rafftc sicli
der junge Konig zu dem kiihnen Entschlusse auf, sie alle-
samt auszuscbliersen. Die Krone auf dem Haupte, das
Scepter in der einen, den Reichsapfel in der anderen Hand,
schritt er nach deni Dome; nur Markgraf Georg durfte da*
Reichsschwert vortragen.
Man kann sich vorstellen, wie solche Vorkonnnnisse dem
Hasse der bohmischen Grofsen gegen „die Deutschen", d. h.
die Partei des Markgrafen, neue Nahrung gaben, und es
war ihnen sicher erwiinscht, dais der Konig kurze Zeit
nach der Kronung denselben nach Schlesien sandte, um die
dort ernstlich gestorte Ordnung wiederherzustellen.
Die Polerei in Schweidnitz.
In Schlesien uamlich batten bereits seit 1511 Fiirstcn
und Stiinde darauf hingewirkt, der schadlichen MiinzverAvir-
rung durch eine einheitliche Regulierung zu steuern und es
nun audi bei dem Konige durchgesetzt, dafs in den Jahren
1519 und 1520 konigliche Edikte einen gemeinsamen Milnz-
ful's fur das ganze Land festsetzten. Gegen diese setzten
sich nun aber ganz besonders die SchAveidnitzer, Avelche seit
alten Zeiten eine eigene Miinzgerechtigkeit besalsen, und so-
wi.'it man diese verAvickelten Verhiiltnisse iibersehen kann,
scheint alles darauf hinauszulaufen, dais die Schweidnitzer
ein lebhaftes Interesse daran batten, ilire alten sclnvereren
Groschen beizubehalten, deshalb, weil sie durch diese ihre
schwerei- Avertige Munze diejenigen, die ihnen Waren zu-
fiihrten, notigten, das empiangene Geld gleich wieder in
^^'aren umzusetzen, insofern das Geld den hoheren Kurs
nur innerhalb der Mauern von SchAveidnitz hatte. Da nun
der Hauptausfuhrartikel hier das beriihmte Schweidnitzer
Bier Avar und an diesem infolge der hier besonders ausge-
bildeten Sitte des Reihebrauens eigenthch die ganze Biirger-
schaft beteiligt Avar, so Avar der Widerspruch gegen die neuen
Schweidiiitzer iMihizhaiidel. 383
Milnzedikte ein allgemeiner, wenigstens gerade bei den Klein-
biirgern und den ZUnften, wilhrend die grolseren Kauf-
herren sich den sonstigen Vorteilen einheitlicher Munzverhalt-
nisse weniger verschlossen. Der alte Gegensatz zwischen
Zunften und Patriziern, der Neid der Armeren gegen die
Reichen, die nie erloschenden Bescliuldigungen der Biirger-
schat't gegen die regierenden Herren wegen angeblicher
parteiischer und eigennutziger Handhabung des Regimentes
traten dazu. Tuniultuarische Aut'tritte, sturmische Beschul-
digungen vor den Schranken des Rates fanden die regieren-
den Herren schwach, und es mochte diesen ini Grunde
erwunscht sein, als der oberste Hauptmann in Nieder-
sehlesien Herzog Friedrich von Liegnitz eine Anzahl von
Ratslierren und Patriziern mit dem Stadtschreiber nach
Liegnitz citierte und diese^ zunilchst ohne Angabe bestimmter
Grunde, an der Ruckkehr nach Schweidnitz verhinderte.
In der Stadt aber hiefs es, die 35 seien aus Schweidnitz bos-
wiUig entwichen und batten ofFentliche Gelder mitgenommen,
der Pobel vergriff sich jetzt an ihren Hausern, plunderte und
demolierte allda, ohne 'selbst des konighchen Schlosses zu
schonen, in dem der Verhafsteste von alien, der konigliche
Miinzmeister Paul Monau, selbst ein Schweidnitzer Patrizier,
seine Mlinzstatte hatte.
Nach seineni Vornamen hatte man die von ihni ge-
priigten minderwertigen Groschen „ Polichen " getaul't , und
der ganze Auf stand hat den Namen der Polerei be-
halten.
Das Schlimmste an der Sache war vielleicht, dais auch
hier politisch - nationale Motive hineinspielten. Die Bcihmen
argwohnten fortwahrend, es sei eine endgultige Verkniipt'ung
Schlesiens mit Ungarn zum Schaden der bohmischen Krone
im Werke, und dais dann 1520 der Bischof von Raab als
koniglicher Kommissar zur Beilegung der Munzwirren nach
Schlesien geschickt ward, reichte bin, um sie in der ganzen
Sache eine ungarische Intrigue sehen zu lassen. Olmehin
hielten sic die tonangebenden schlesischen Fursten, Herzog
Kasimir, der ja Troppau als ungarisches Lelien besal's, den
Markgrafen Georg und dessen ihm eng verbundenen Schwa-
ger Herzog Friedrich fur entschieden ungarisch gesinnt.
1521 erkliirte der bohmische Landtag den Schweidnitzer
jVIiinzmeister als unter seinem Schutze stehend und ersuchte
den Konig, denselben nicht fiirder von Ungarn aus kon-
ti-ollieren zu lassen. Auch der Adel der beiden Filrsten-
tiimer Schweidnitz und Jauor, welcher seit alten Zcitcn sich
immer besonders eng an Bohmen angeschlossen , schien den
384 Viertes Buch. ^'iel•ter Abschnitt.
Miinzedikten feindlich zu seiii. Natiirlich machte die Kennt-
nis dieser Gregensatze die Aufstandischen von Schweidnitz
nur noch mutiger und um so weniger geneigt, den zur Bei-
legiing des Streites durch den Hauptraann von Nieder-
schlesien, Herzog Friedrich von Liegnitz, erlasseuen Man-
daten zu gehorsamen. Warf man doch dem letzteren vor, er
habe sich durch Geschenke des Rats, vor allem ein wert-
volles Gescliiitz, bestechen lasseu. Eine Gesandtschaft der
Biirgerschaft, mehr als 70 Personeu stark, trug schliefslich
die mannigtaltigen Beschwerden derselben iiber ihren Rat
gen Prag, ohne jedoch trotz der mitgenommenen Gesclienke
von dem Konige giinstigen EntScheid zu eriangen.
^Markgraf Georg aber, der zur Schlichtung dieser Handel
vom Konig beauftragt, ini Juli 1522 in Schlesien eintrat',
land den Aufruhr in hellen Flammen und die Schweidnitzer
revolutionare Biirgerschaft in oifenem Kriege mit dem Landes-
hauptmann, dem Liegnitzer Herzog, dessen Bericht nun
auch natiirlich den koniglichen Bevollmjichtigten nicht eben
zugunsten der Aufstandischen stimmen mochte. Auf dessen
Ladung erschienen 65 Schweidnitaer zur Fiihrung ihrer
Sache zu Breslau, die dann vor den Abgesandten der Her-
zoge von Liegnitz und Milnsterberg, des Bischofs und Yer-
tretern der Stadt Breslau, die unter dem Vorsitze des ]Mark-
grafen tagten, ihm Anklagen gegen ihren Rat vorbringen und
beweisen sollten. Doch gelang ihnen das nicht, vielmehr
wurden sie angemafster Gewalt und \'ielt"acher Ungesetzlich-
keiten schuldig gefunden und samtlich ins Getangnis ge-
worfeu.
Von diesen wurden 17 aul' den Tod angeklagt, und cs
drohte ihnen bereits die Hinrichtung, als die Breslauer eine
Vermittelung versuchten. Zwar wies der Markgraf das
Begehren der Schweidnitzer, dafs das ganze Verfahren sistiert
werden raoge, bis sie vier Abgesandte, denen er freies Geleit
„ vor Gewalt und fiecht " zusichern solle , zur A'erteidigung
ihrer Landsleute gesandt hatten, ab, doch gab er der Ver-
Avendung des Breslauer Rates soviel nach, dais er noch zwei
Tage, den 9. und 10. Juli (1522), Frist geben wolle, und
wenn die Schweidnitzer sich indessen unterwiirfen, Gnade
walten zu lassen sich bereit erklitrte, sonst mlisse dem Rechte
sein Lauf bleiben.
Eiligst schrieben die Gefangenen selbst und baten die
Schweidnitzer nachzugeben, und auch die Breslauer thaten
dies in dringendster Form, und Rate des Markgrafen reisten
eiUg nach Schweidnitz, um noch personlich einzuwirken.
Doch die Schweidnitzer, immer noch auf die Zusicherungen
Exekutiou gegcu die Schweidnitzer. 385
auswartiger Hilt'e pochendj wollten von keiner Unterwerfung
horen und konnten nur mit Mulie durch die noch zuriick-
gebliebenen Ratsherren abgehalten werden, die Gesandteii
des Markgrafen als Geifseln I'lir ilire in Breslau gefangen
gesetzten Landsleute gleichfalls festzabalten. Als Georg aber
von der halsstarrigen Gesinnung der Schweidnitzer horte,
bescblofs auch er, ernster vorzugehen. Nachdem er die
eigentlichen Radelsfilhrer, sechs an der Zahl, ermittelt hatte,
brachte er gegen diese die Folter zur Anwendung, um von
ihnen Gestandnisse namentlich liber ihre Verbindungen nach
aufsen bin mit dem Adel der Furstentiimer Scbweidnitz-
Jauer resp. den Bohmen zu erpressen.
Es war erklarlicb, dais die noch in Breslau verweilen-
den Schweidnitzer bei dem Gedanken, welchen Stunn die
Nachricht von diesem scharfen Vorgehen in ihrer Vaterstadt
erregen werde, in Schrecken gerieten, und dais sie alles
aufboten, um den Markgrafen zu grofserer Milde zu stim-
men. Eine Deputation edler Frauen legte Fiirbitte ein,
und selbst der Bischof verwendete sich fiir die Delinquenten.
Wii'klich ist der Markgraf, wie es den Anschein hat, schliefs-
lich doch geneigt gewesen, alien Pardon zu gewahren, doch
fiigte er sich der Meinung seines Schwagers, des Liegnitzer
Herzogs, dafs an einigen ein Exempel statuiert werden
miisse, und so wurden von den sechs die drei Schuldigsten,
zwei Kxetschmer und ein Tuchmacher, von denen einer,
Kunz Giinther, sein Kretschamhaus zum bestandigen Sammel-
platze der Aufstandischen hergegeben hatte, am 18. Juh
1522 zu Breslau au.f dem Ringe; auf dem Platze, wo nach-
mals die Wage gestanden hat, enthauptet, die anderen drei
aber begnadigt.
Aber als dann der Markgraf bis in die Nahe von
Schweidnitz heranrilckte, um die Aufstandischen mit Waffen-
gewalt zu unterwerfen, riisteten diese sich zur Gegenwehr,
und da die bohmischen Stande alles Ernstes zum Entsatze
der Stadt Truppen sammelten, ja sogar einzelne Herren mit
ihren Gewaffiieten bereits heranzogen, auch die Edelleute
der Fiu'stentilmer Schweidnitz - Jauer die Stadt ermutigten,
so schien es hier zu ernsten Auftritten kommen zu sollen;
doch plotzUch rief ein Befehl des Konigs den Markgrafen
ab, nicht ohne ihn wegen der angewandten Strenge zu
tadeln. Mit Jubel sahen die Schweidnitzer ihre Dranger von
der Anhohe von Weizenrode abziehen. Die Streitsache aber
ward noch lange hingeschleppt ; die Schweidnitzer, geuotigt,
die emigrierten Patrizier aufzunehmen, rachten sich dafiir
durch Beschimpfungen und Ehi'enkrankungen aller Art, wo-
Grunhagen, Gescb. Schlesiens. I. *&
386 Viertes Buch. Vierter Abschnitt.
iiiit sie dieselben emplingeu. Schliefslich ward der Stadt das
Recht der Ratswahl genommen und auf den Landeshaiipt-
mann des Furstentums iibertragen, aber Prasentationen sei-
tens der Burgerschaft unter Teihiahme der Ziintte zuge-
lassen. In der Munzfi'age scheint man eine sti'ikte Aust'uh-
rung der allgenieinen Edikte stillschweigend uachgelassen
zu haben.
Jene Abberufung des ]\Iarkgrat'en bedeutete nnzweifelliaft
einen Sieg, den die bohmischen Herren, die Abwesenheit
ihres gefiirchteten Gegners zu einera Drucke auf den schwa-
chen Konig schlau benutzend, davon getragen batten. Es
war ilmen dabei manclierlei zuhilfe gekonimen. Konig
Sigismund von Polen batte bei seinem NefFen Ludwig ernst-
licli liber die Gunst geklagt, die der letztere dem Todfeinde
der Polen, dem deutschen Hochmeister und dessen Ver-
wandten erweise, und ihn ermahnt, sich lieber dem Rate
seiner eigenen Unterthanen zu fligen und solche sich zu
Ratgebern zu wahlen ; er hatte auch aus finanziellen Griinden
dringend empl'ohlen, die Herzogtiimer Oppeln - Ratibor der
Krone zu erhalten und endhch auch gegen die Miinzedikte
protestiert, die zur Folge batten, dafs sein Land von den
neuen schlesischen Mlxnzen ilberschwemnit werde. Das alles
war nicht ohne Eindruck auf den jungen Konig geblieben,
und es war dann Herrn Lew von Rozmital und seinen Ge-
nossen nicht schwer geworden, das energische Auitreten
Georgs gegenliber den Schweidnitzern in gehlissigem Lichte
darzustellen und so den Konig zu jener Zuriickberufung des
Markgrafen zu bewegen.
Natiirlich beeilte man sich, den Sieg mm auch weiter
auszunutzen, und wie es scheint, nahm man daraus, dafs
die Schlesier auf Grund ihres grofsen Landesprivilegiums
von 1498 sich weigerten, einer Ladung in der Munzange-
legenheit nach Prag bin zu folgen, Veranlassung, dera Ko-
nige das Prajudizierhche dieses Privilegs eindriiiglich vor-
zustellen; ja es liegt uns sogar eine in bolnnischer Sprache
geschriebene Urkunde eben aus der in Rede stehenden Zeit
(datiert 1522, 18. September) vor, durch welche Konig Ludwig
jenes grofse Privileg fur hinterlistig erschhchen erklart und
als den Freiheiten der Krone Bohmen schadhch annuUiert.
Doch ist das AnnulHerungs - Dokument einerseits ganz wir-
kungslos gebheben, anderseits erregt die Form, in der es
allein erhahen ist, solche Bedenken, dafs wir guten Grand
haben, an der Echtheit dieser Urkunde zu zweitisln. Wenig-
stens ist dieselbe niemals rechtskraftig geworden.
Auch bezUglich der Anwartschaft auf Oppeln suchte
Markgraf Georg in den Piager Parteikiimpfeu. 387
man jetzt den Planen cles Markgrafen einen Kiegcl vor-
zuschieben, insofern die bohmisclie Magnatenpartei damals
unter dem 29. Oktober von dem Konige eine Bestatigung
jenes die Privilegien der bohmiscben Krone in so exklusiver
Form bekraftigenden Reverses WladysJaws vom 11. Januar
1510 erlangte mit dem Zusatze, dais auch die Fiirstentiimer
Oppeln-Eatibor bei dem Tode des jetzigen Inhabers nicht
an jemand anders vergeben werden, sondern an die Krone
Bobmen fallen und alle eufgegenstebenden Urkunden nicbtig
sein sollten.
Docli der Triumpb der bohmiscben Magnatenpartei sollte
niebt lange dauern. Sie batte im Lande selbst, in den
Stadten, ja sogar unter dem Adel zablreiche Gegner, und
aucb die junge Konigin ertrug* nur scbwer die Abbangig-
keit, in der diese Grofsen ibren Gemabl von sicb bielten.
Als der Konig im Anfange des Jabres 1523 sicb soweit
aufraffte, urn die Einberufungsscbreiben der Herren vom
Landtage selbst abzulassen, zeigte es sicb, wie wenig Lew
von Rozmital und die Seinigen das Land binter sicb batten.
Der neue Landtag lafst sicb geneigt linden, den finanziellen
Bedrangnissen abzubelfen und verlangt anderseits von dem
Oberstburggrafen Recbnungslegung tiber seine Verwaltung.
Die czecbiscbe Magnatenpartei wird gestiirzt und 1523 in
der Person des Herzogs Karl von Mlinsterberg, der ja als
Enkel Georg Podiebrads aucb bei den Bobmen in bobem
Anseben stebt, ein neuer Oberbauptmann des Konigreicbs
und Stellvertreter des Konigs eingesetzt.
Markgraf Georg, der in der Zeit, wo seine Feinde in
Prag die Oberband batten , von Kaiser Karl V. sicb eine
Bestatigung seiner Ansprilcbe aul Oppeln-Eatibor ausgewirkt
batte, vermocbte nun aus der Wendung der Dinge sogleicb
grolsen Vorteil zu zieben. Der neue Landtag von 1523,
die Bescblusse von 1522 vollkommen mit Stillscbweigen
iibergebend, erkliirte sicb ausdriicklicb in alien drei Standen
damit einverstanden, dafs, den Zusagen des Konigs ent-
sprecbend, der Markgraf in den Fiirstentumern Oppeln-
Eatibor als Lebensmann der bobmischen Krone succediere,
und das Fiillborn der konigbcben Gnade ergofs sicb wieder
reicber als zuvor liber den begiinstigten Verwandten und
Freund des jungen Herrscbers. Ludwig bestiitigt jetzt die
Abiindungen der anderen Anwarter, sicbert dem Markgrafen,
urn seiner treuen Dienste willen, bis derselbe in den Besitz
jener Fiirstentumer komme, jabrlicb 2000 ungariscbe Gul-
den aus dem konigbcben Scbatze zu, und beurkundet
ibm die erfolgte Anerkennung seiner Ansprlicbe durcb
25*
38!S Viei*t,es Buch. Vierter Abschnitt.
die bohmischen Stande, desgleichen die IJberlassung von
Schlofs und Stadt Oderberg an den ^Markgrafen durch Jo-
hann von Oppeln, verbunden mit der Befugnis, sicli nun
Herzog in Schlesieu und zu Ratibor zu nennen. Und als
daun Georg in demselben Jahre von Georg von Schellen-
berg das Herzogtum Jagerndorf rait den Stadten Jagern-
dorf", Leobschiitz, Bennisch, Bauerwitz, dem Schlosse Loben-
stein etc. zu einem rechteu erkaufliclien Erbeigenturae er-
wirbt, bestatigt das der Konig nicht nur, sondern tritt ihm
noch zur Erganzung die koniglichen Anrechte aut' die
Herrschait Freudenthal nebst Zubehor ab ; erlaubt auch ihra
und seinen Briideru sowie deren Nachkommen Giiter in
Schlesien zu kauten und damit nach Gefallen zu thun und
zu lassen. Endlich gestattet dann der Konig dem Mark-
grafen noch 1526, nach dem Tode Johauns von Oppeln das
von diesem an Johann von Zierotin verpfandete Schlofs
Neudeck mit der Stadt Beuthen in Oberschlesien wieder
einzulosen.
Und immer weiter spann der Unermildliche seine Faden.
1525 schritt er nach 16jahrigem Witwenstande zur zweiten
Ehe mit dem jungen Tochterlein des Herzogs Karl von
Miinsterberg, begehrend, wie es in der Vertragsurkunde
dar liber heilst, nicht Geld und Gut, sondern Liebe und
Freundschalt, so dafs auch Karl jetzt ihm noch naher trat.
Aus dem Kreise der eug verbundenen schlesischen Flirsten
ging auch der tblgenreiche Gedanke hervor, die Ver-
wickelungen, welche zAvischeu des Markgrafen Bruder Al-
brecht und Polen noch immer schwebten, dadurch zu losen,
dafs man aus dem Ordenslande eiu weltliches Herzogtum
machte, das Albrecht dann von Konig Sigismund als Lehu
empfangen konnte; eine Losung, ganz erwachsen auf dem
Boden der neuen Ideenrichtung, der Georg wie sein Schwa-
ger Friedrich von Liegnitz mit grofsem Eifer sich zuge-
wendet hatteu. Die beiden letzteren unterhandelten zu
Krakau ilber diesen Plan mit dem Polenkonig, wahrend
Albrecht zuerst in seines Schwagers Stadten Brieg resp.
Ki-euzburg, zuletzt, um Ki-akau noch naher zu sein, in dem
damals noch zu Oppeln gehorigen Beuthen verweilte, des
Resultates harrend, das dann, giinstig ausfallend, so gewal-
tige Folgen nach sich ziehen sollte.
Wahi'Hch in einem Mafse wie seiten ein HohenzoUer vor
ihm hat dieser Enkel von Albrecht Achilles fiir die kiinf-
tige Grofse seines Hauses gearbeitet, Samenkoruer gestreut,
die einst ungeahnte Friichte tragen sollten,-i,und zwar fiir das
Kmhaus Brandenburg, dessen Eegent, Joachim I., damals
Xeue Gunst des Markgrafen. Ludwigs Tod. 389
sich feincllich von jener jiingeren Linie abwand-te^ um der
neuen Ideen willen, die bei dieser herrschend geworden
waren.
Im Jahre 1526 begleitete Georg seinen Konig zum
Feldzuge gegen die Turken, auf welchem bekanntlich die
iSchlacht bei Mohacz am 29. August dem jungen Leben
Ludwigs ein Eiide machte. Der schlesische Ritter Uli-ich
Zettritz von Lorzendorf und der Ungar Stephan Acil waren
die beiden einzigen Begleiter des Konigs auf dem Ritte
nach dem Verluste der Schlacbt vom Schlachtfeld, und Uh-ich
allein vermochte sich aus dem sumpfigen und angeschwol-
lenen Bache zu retten, in welchen den Konig die Schwei-e
seiner Rilstung hinabzog. Auch flir Schlesien fuhrte der
frilhe Tod Ludwigs, der den Habsburgern den Weg zu den
Thronen Ungarns und Bohmens ebnete, eine neue Epoche
herauf.
Fiinfter Abschnitt.
Kultui'historisclier Ruckbliek. Nationalitat. Handel
und Industrie. Bergbau. Kalamitilten, Epidemieeu,
Briinde. Sitten, religiose Oesinnung. Wissenschaftliche
Bildunff. Plan einer Bresiauer Universitat. Kiinste.
Die Geschichte Schlesiens ist im wesentliehen die seiner
Germanisation. Diese Geschiclite beginnt mit dem Zeit-
pmikte , wo die machtige Vermittelung Kaiser Friedrich
Barbarosssas 1163 zwei pohiische Herzogtiimer an der oberen
Oder uuter dem Scepter zweier in Deutschland erzogenen
und gebildeten piastischen Fiirstensohne in gewisser Selb-
standigkeit hinstellt Nach diesen ergiefst sich dann bald
ein machtiger Strom deutscher Einwanderung, wjihrend zu-
gleich auch an den schlesischen Flirstenhofen durch deutsche
Prinzessinnen^ um die sich bald ein Getblge von Westen
her eingewanderter Adelsfamilien schart, deutsche Sprache
und deutsche Sitte zur ausschliefslichen Herrschaft kommt,
die auch der eingeborene Adel sich anzueignen eifrig be-
strebt ii-t. Jene deutsche Kolonisation erfiillt bakl das Land
in seiner ganzen Ausdehnung. Uberall grilndet sich in den
81)1) Viertos Buch. Fiiutter Abschuitt.
Stiicltcn das Biirgertum auf deutscher Grundlage, und auch
deutschc Dorfanlagen entstchen jiufserst zahlreich selbst in
den entlcgenen Teilen Oberschlesiens. Milchtig dringt das
deutsche Element auch ilber die Grcnze Schlesiens vor. In
Ki'akau ist bereits am Ende des 13. Jahrhunderts die Kaut-
mannschaft und dei' grofste Toil der Ziinfte deutsch, in
Sendomir selbst herrschen deutsche Gesetze. Doch die Ver-
suche, auf die Dauer Ki'akau unter das Scepter der schle-
sischen Fiirsten zu bringen, scheitern einer nach dem audcrn.
Der Adel Kleinpolens , unterstlltzt von der entschieden
deutschfeindlichen Geistlichkeit , triigt liber das deutsch-
gesinnte Biirgertum den Sieg davon, und nach der Nieder-
werfung des letzten nationalen Aufstandes in Krakau wird
131 2 die deutsche Sprache aus den Aufzeichnungen des
dortigen Rats verbannt, die Germanisation fand ihre Schranke
an den Grenzen Schlesiens. Innerhalb derselben war ihr
noch fast ein Jahrhundert ungestorten Fortschreitens ge-
gonnt. Das in immer mehr Teilturstentiimer zerstlickte
Land sucht und findet gegenliber dem neu erstarkten Polen
Schutz und Schirm in dem Anschlusse an Bohmen, dessen
neue Herrscher, die Luxemburger, von jedem Verdachte
slavischer Sympathieen frei sind. Unter Konig Johann und
ganz besonders unter der segensreichen Regierung seines
Sohnes Karls IV. erscheint Schlesien durch und durch als
deutsches Land, und die schlesischen Fiirsten, die ober-
schlesischen nicht ausgeschlossen , geleiten den Kaiser auf
seinen Reisen, dienen ihm als Diplomaten und Hofbeamte
und nehmen regen Anteil an den Reichsangelegenheiten.
Aber bereits unter Karls Sohne Wenzel wenden sich die
Dinge. In Bohmen erhebt sich eine nationale czechische
Partei unter dem Adel, die dann in diesem Lande, das
bisher als dem Deutschtum gewonnen angesehen wurde, die
czechische Sprache zur offiziellen Landessprache zu erheben
sich bemilht. Zum Siege verhilft diesen Bestrebuugen die
in die Massen des Volks tief eindringende hussitische Be-
wegung, die ganz bewnfst zugleich religios^ und national
wirkt, und die nach dem Martyrertodc des Johann IIus
nur noch machtiger emporflammt. Zu derselben Zeit, wo
das durch die Verbindung mit Littauen gewaltig gekraftigte
Polen in vernichtendem Schlage die Macht des einen der
deutschen Vorlande im Osten, des Ordensstaates Preufsen,
niederwirft, liegt auch das andere Bollwerk des Deutsch-
tums, Sclilesien, in seiner Zersplitterung fast widerstandslos
den Raubziigen der hussitischen Heerscharen jahrelang preis-
gegeben, ohne Beistand gelassen von dem Deutschen Reiche,
Stillstand der Germanisatiou in Schlesien. 391.
das selbst zur Bekampfung der Hussiten sicli ohumachtig
zeigt. Die bohmische Krone, bei der einst die Schlesier
Schutz und Hilfe gegen Polen gesucht, ward jetzt selbst
abhangig von einer deutschfeindlichen czechischen Adels-
versammlung, die neue Gefahren drohte.
Als nun 1458 aus der Wahl dieser czechischen Adels-
versammlung ein Vertreter der slavisch und hussitisch ge-
gesinnten Partei, Georg von Podiebrad , ^is JT^nig auf den
Schild gehoben wird, ein Mann, der nicht einmal der deut-
schen Sprache kundig ist, weigert ihm zuerst fast ganz
Schlesien Anerkennung, bald aber liegt die Last des Wider-
standes allein auf den Schultern der machtigen Hauptstadt Sclile-
siens, des ausschliefslich deutschen Breslaus. Der ungleiche
Kampf zwischen dem machtigen Konig und der einzelnen
Stadt gewinnt fiir die letztere erst irgendwelche Chancen,
als nicht nur eine Adelspartei in Bohmen, sondern auch der
eigene Schwiegersohn Georgs, Matthias Corvinus von Ungarn,
gegen jenen die Waifen ergreift. Der Ungarkonig siegt, doch
die Breslauer miissen inne werden, dafs sie an ihm einen
Schutz ihrer deutschen Nationalitat nicht linden konnen.
Denn vvahrend er mit ganz unerhorter Gewaltsamkeit und
Riicksichtslosigkeit die Krafte des Landes seinen ehrgeizigen
Planen dienstbar macht, tragt er kein Bedenken, den Schle-
siern als obersten Hauptmann in der Person Stephan Za-
polyas einen Mann zu setzen, der der deutschen Sprache
vollkommen unkundig ist. Selbst die Breslauer sind am
Ende hoch erfreut, als sie der Tod des gewaltigen Selbst-
herrschers Matthias 1491 unter das Scepter Wladyslaws
flihrt, obwohl dies in Sprofs des deutschleindUchen Jagel-
lonenstammes war.
Wir vermogen nun allerdings aus dem ganzen 15. Jahr-
hundert kaum eine Mafsregel anzufilhren, welche sich als
direkt gegen das Deutschtum gerichtet bezeichnen lafst,
trotzdem aber ist ein Niedergang des deutschen Wesens in
Schlesien in dieser Zeit ganz unverkennbar. Vor allem
zeigt sich dies bei der landlichen Bevolkerung und natiir-
lich am deutlichsten bei dem schon immer weniger germani-
sierten Oberschlesien.
Wenn wir im Breslauer Staatsarchiv die Ortsurkunden
Oberschlesiens durchmustern , linden wir , wenigstens im
Fiirstentum Oppeln, ganz regelmafsig an die Stelle der zu-
erst ausschliefslich herrschenden lateinischen Sprache im
14. Jahrhundert die deutsche treten, diese aber nun von
der zweiten Halfte des 15. Jahrhunderts an der czechischen
resp. mahrischen weichen, welche dann bis ins 17. Jahr-
892 Viertes Buch. Fiinfter Abschuitt.
himdert hin die ausschliefsliche Kanzleisprache bleibt. Die
Urkunden der oberschlesischen Kloster bestiitigen das voU-
kommen, und wir erfahren aus ihnen, dafs gegen Ende des
15. Jahrhunderts in nachster Nahe von Eatibor auf dem
Lande die slaviscbe Sprache vorherrschte, wie denn in einem
Prozesse der Fleischer von Ratibor mit dem Stifte Rauden
viele Zeugen vom Lande sich jener iSprache bedienen , die
aus der Stadt aber der deutsclien.
In den Stadten selbst, auch in den an der raahrischen
Grenze gelegenen Jtigerudorf, Leobschutz, Freudenthal, be-
hauptet das Deutsche seine Herrschaft noch bis gegen das
Ende des 15. Jahrhunderts; in den Hauptstadten Ober-
schlesiens, Oppehi und Eatibor, beginnen erst in der Zeit
von 1483 — 1490 Urkunden in bohmischer Sprache, im
Fiirstentum Troppau dagegen ist in den oflfentHchen Bii-
chern schon von 1439 an das Czechisehe herrschend. Von
dem K^erus, namentlich der Ordensgeisthchkeit, zeigeu die
Sprache der Urkunden sowie die uns etwa erhaltenen Na-
men deutlich genug die fortschreitende Shivisierung im
Laufe des 15. Jahrhunderts. Am schnellsten ist dieselbe
sicherHch vor sich gegangen bei den Ordensleuten , die am
meisten mit dem niederen Volke in Verbindung standen,
den Minoriten, von denen ja ohnehin die oberschlesischen
Kloster zur polnischen Provinz gehorten, wiihrend die deut-
schen mittel- und niederschlesischen Konvente seit dem
13. Jahrhundert zur sachsischen Provinz abgei'allen wareu.
Charakteristisch ist hier nur, dafs gegen Ende des 15. auch
die verschiedenen ganz deutschen Konvente der Kustodieen
Breslau und Goldberg ornstliche Anstrengungen zu machen
batten, um den Bestrebungen , auch sie der polnischen Pro-
vinz anzuschhelsen , Widerstand leisten zu ktinnen. Aller-
dings wurden die groisen sicher fundierten Stifter im llerzen
Schlesiens ,von diesen Bestrebungen wenig beriihrt. Das
1380 in 01s gestiftete Slavenkloster, das Ireilich wegen
des Gebrauches der glagoliti!?chen Schrif't auch den hiesigen
Slaven als exotisch gel ten mochte, ist schnell in Verfall ge-
kommen.
Sehr eigentiimlich wechselnd scheinen die Verhiiltnisse
nach dieser Eichtung hin bei dem Breslauer Domkapitel zu
sein. Wir haben an friiherer Stelle kennen gelernt, wie
stark am Anfange des 14. Jahrhunderts in dieser Korper-
schaft die nationalen Gegensatze hervorgetreten sind, doch
sahen wir auch, wie damals das deutsche Element den Sieg
behielt. Dagegen schon um die ^Mitte des 14. Jahrhunderts
ward es allerdings durch unmittelbares Eingreilen der papst-
Die Geistlichkeit uud die NatioualitiitentVage. 393
lichen Kurie wiederum moglich, dafs der Kanzler des Konigs
Kasimir, Johann Starzik, ein eitriger Pole, der den Absichten
Earls IV. beziiglich einer Trennung des Bistums Breslau
von Gnesen besonders energisch entgegengearbeitet hatte,
Dechant der Breslauer Kirclie wurde und bis an seinen Tod
(1360) blieb; der Breslauer Rat hat dann 1369 das Dom-
kapitel direkt der Konspiration rait dem Polenkonige be-
schuldigt, und wenn nachmals in der Hussitenzeit, wo die
nationale Spannung wieder besonders stark war, der deutsch-
gesinnte Bischof Konrad 1435 ein Edikt erliefs, welches den
Polen die Breslauer Dorapfriinden erschlofs, so hatte das
die gehoffte Wirkung schon deshalb nicht, weil der Papst
sich nicht daran kehrte, sondern nach wie vor Breslauer
Kanonikate auch an Polen verlieh. Wlihrend des grofsen
schlesischen Feldzugs des Konigs Matthias gegen die Polen
von 1474 sollen, wie das Bischof Johann IV. selbst anfiihrt,
polnische Mitglieder des Breslauer Domkapitels sich ver-
raterischer Mitteilungen an den Polenkonig verdachtig ge-
macht haben, und im Hinblicke gerade hierauf erklart dann
Bischof Johann IV. Roth 1498, in dem Breslauer Dom-
kapitel solle nur e.ine Sprache und eine Sitte herrschen, die
deutsche namlich, und so gut wie im ganzen Konigreiche
Polen in die dortigen Kapitel nirgends Deutsche zugelassen
wiirden, diirften auch in die Breslauer Dompfriinden Polen
tortan keinen Zugang mehr finden. Derselbe Kirchenflirst
gebietet ja auch 1495 den Einwohnern seines Dorfes Woitz
bei Ottmachau, welche unter den umliegenden Dorfern allein
der „fremden polnischen (richtiger der czechischen) Sprache'*
sich bedienten, innerhalb filnf Jahren deutsch zu lerneu,
wofern sie nicht -aus dem Lande getrieben Averden wollten.
Dafs aber ira allgemeinen in Oberschlesien , namentlich
auf dem platten Lande, das deutsche Element mehr und
mehr vor dem slavischen zurlickwich, ist sehr erklarlich.
Bereits in den langen Hussitenkampfen waren eine iiberaus
grofse Zahl von landlichen Besitzungen wlist geworden, die
Grebaude niedergebrannt, die Bewohner verdorben oder ge-
storben; und wir mogen uns erinnern, dafs im Fiirstentum
Breslau noch 1443 fast der fiinffce Teil aller landlichen Hufen
Wlist lag. Von diesen Wiistungen sind nun in Oberschlesien
schwerlich viele wieder mit Deutschen besetzt worden, das
Zufliefsen von deutschen Kolonisten hatte langst aufgehort.
Die Regel war, dafs der Gutsherr solche wiiste Hufen ein-
zog, und besetzte er sie dann wieder, so geschah das unter
so lastigen Bedingungen, dafs ein Deutscher nicht leicht da-
durch sich hatte locken lassen; allerorten kommt ja die
by4 Vieites Buch. Fiinfter Abschnitt.
Bauernfreiheit in Verfall. Der Adel, ohne Kespekt vor den
durch Landerzersplittcrung ohnmiichtigen , stets mit Geldnot
kUnipfenden Fiirsten, herrschte auf seinen Giitern unuin-
schriinkt und legte den Unterthanen neue Lasten auf, ohne
dais deren Klagen und Beschwerden Gehor fanden. Bei den
immer erneuten Fehden und Raubzugen lagen die Bauern-
hauser jeder Gevvaltthat ofFen; hochstens die Burg des Guts-
herrn konnte Schutz und Zuflucht gewilhren, doch natiirlich
nur urn den Preis vollstiindiger Unterwerfung und Dienst-
barkeit. Unter solchen Zustanden mufstcn die deutschen
Dorfanlagen des 13. Jahrhunderts verkummern, an ihre
Stelle traten Slaven, die die Knechtschatt leichter trugen
und audi mit einer wenig menschenwiirdigen Existenz vor-
lieb nahmen.
Das alles hing eng mit der fortschreitenden Slavisierung
des Adels, Avenigstens in einem grolsen Teile von Sclilesien,
zusammen. In Niederschlesien allerdings begilnstigte gerade
im 15. Jahrhundert die Landerwerbung durch die branden-
burger Hohenzollern und die saclisisclien Filrsten die Eiu-
wanderung von Adelsfamilien aus dem Reiche; desto mehr
aber Avandten sich in jener Zeit die obersehlesischen Fiirsten
gen Osten. Seit am Hofe des immer mehr herabkommenden
Konigs Wenzel fiir sie Aveder Ehre noch GeAvinn zu holen
Avar, suchten sie ihren Anschluls am polnischen Konigshote,
Avo sie Aaelfach als Gaste erscheinen; selbst ein sonst ganz
deutscher Flirst Avie Konrad der Weifse A'on Uls diente in
seiner friihen Jugend als Page der Konigin von Polen. In
dem ganzen 15. Jahi'hundert hat kein obersehlesischer Iler-
zog eine Gemahlin A^on einem deutschen Furstenhofe heim-
gefuhrt, Avohl aber haben ihrer A^iele in polnische Herzogs-
oder auch Magnatenfamilien hineingeheiratet, Verbindungen,
Avelche in ihren Folgen natiirlich dem Deutschtume nicht
zum Vorteile gereichten. Nur A^oriibergehend trilbte die
Hussitenzeit das gute Einvernehmen der obersehlesischen
Fiirsten mit dem polnischen Konigshofe, dieselben zeigen
dann im ganzen Verlauf des 15. Jahrhunderts eine ent-
schiedene, oft nur durch aufsere GcAvalt zurilckzuhaltende
Hinneigung nach dieser Seite hin. Und auf der andern
Seite kommt nun mit Podiebrads Auftreten auch ein an-
deres slavisches Element, das czechische, zur Bedeutung.
Es gCAA'innen in Schlesien Personen mafsgebeude Bedeutung,
Avelche der deutschen Sprache unkundig sind. Georg Podie-
brad hat nie Deutsch A^erstanden, und des Breslauer Bischofs
Jost von Rosenberg Muttersprache AA'ar die czechische. Selbst
in dem ganz deutschen Breslau mufste man sich nun nach
Kiickgarig des Deutschtums iiameiitlich in Oberschlesieu. 395
Personen umsehen, die der neuen bohmischen Hofsprache
kundig waren , man empfing czechische Zuschriften und
raufste auch zuweilen in dieser Sprache antworten. Die in
Ratibor herrschenden Przemysliden begannen am frilhesten,
schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts , ihre Urkunden
fast ansnahmslos in czecliischer Sprache abzufassen, etwas
spater folgten die Oppelner Herzoge; von den Sohnen Ni-
kolaus I. (f 1476) erfahren wir von dem einen, Nikolaus II.,
dem 1497, wie wir wissen, enthaupteten, dafs er nicht Deutsch
verstand. Bald drang slavisches Regiment aber auch in
Mittelschlesien ein. Die Macht Georg Podiebrads verschaffte
seinen Sohnen Viktorin und Heinrich nebst Troppau die
G-rafschaft Glatz und das Herzogtum Milnsterberg ; und
ohne dafs beide als fanatische Czechen zu bezeichnen wai'en,
habensie doch ihre Muttersprache begunstigt, und Heinrich
dem Alteren, an dessen Briefen Kenner das besonders reine
und schone Czechisch zu loben wissen, ist es z. B. gekmgen,
die Grafschaft Glatz in erstaunlicher Weise wieder slavisch
zu machen, das Landbuch, das sich aus seiner Zeit erhalten,
erscheint, abgesehen von einigen Stadt- resp. Zunfturkunden,
ganz czechisch abgefafst. Die alten slavischen Ortsnamen
Duznik flir Reinerz, Honiole (Hummel) fur Schlofs Land-
fried werden Avieder herrschend, in dem ganzen Westbezirk
der Grafschaft geht das Deutschtum unter.
Auf dem Fiirstentage von 1497 zu Neifse bedienen sich ein-
zelne Fiirsten unter einander der czechischen Sprache, wenn-
gleich die oftizielle Sprache der Fiirstentage die deutsche
war. Es hatte auch wenig Vorteil gehabt, dafs an Stella
des verhafsten Georg Podiebrad Matthias von Ungarn in
Schlesien zur Herrschaft kam. Der magy^rische Konig fragte
nichts nach der deutschen Nationalitat, und die Genossen
des ihm anhangenden bohmischen Herrenbundes waren
Czechen so gut wie die von der Gegenpartei. Matthias
vertrieb einen Herzog nach dem andern aus Oberschlesien ;
aber die Herren, denen er Guter schenkte, waren alles Aus-
lander: Polen, Bohmen, Ungarn, und der Hauptmann, den
er fiber ganz Schlesien 1475 setzte, Stephan von Zapolya,
verstand, wie bereits erwahnt, absolut kein Deutsch und
liefs den Schlesiern nur die Wahl zwischen czechisch und
magyarisch. Selbst in dem deutschen Niederschlesien und
speziell im Glogauischen ist die lange Herrschaft eines pol-
nischen Prinzen nicht ganz ohne "Wirkuug geblieben, und
wir durfen wohl vermuten, dafs die hier zu bemerkende
auffallend lange Fortdauer des slavischen Adelsgerichtes, der
sogenannten Zaude, auf slavische Einfliisse zurilckzufuhren
31)6 Vicrtes Hucb. Fiiufter Abscbiiitl.
ist. Auch der deutsche Adel hat sich diese Einrichtungen
gefallen lassen, weil dieselben, wie das nun einmal in der
Natur slavischer Institutionen zii liegen scheint, den Standes-
interessen gunstiger waren.
Aus dem Ende des 15. Jalirhunderts ist eine ober-
schlesische Urkunde in deutscher Sprache, die nicht gerade
ausschliefslich stiidtisclie Verhiiltnisse angeht, eine unerhorte
Seltenheit. Die Thatsache aber, dafs ein gutes Dritteil von
Seiilesien ini grol'sen und ganzen fiir die slavische Natio-
nalitat im Laule des 15. Jahrhunderts zuriickerobeit ward,
ist nicht nur an sich selbst hochst bemerkenswert , sondern
auch in ihren Eolgen nach den vcrschiedensten Seiten hin
kaum zu uberschiltzen.
Man braucht nicht so weit zu gehen, etwa diese schle-
sischen Fiirsten nnd Adehgen slavischer Zunge besonderer
Anschlage gegcn die SondersteUung Schlesiens zu beschul-
digen, man braucht auch auf die wirklich vollzogene Los-
reilsung einiger entlegener Grenzbezirke iSchlesiens, wie der
Herzogtiimer Auschwitz, Zator und Severien, die am aller-
wenigsten von deutscher Kultur beriihrt erschienen, einen
besonderen Wei-t nicht zu legen, und man wird doch be-
greifen konnen, dais diese zunehmende Zwiesprachigkeit des
ohnehin schon so zerstiickten Landes noch neue Hindernisse
bereitete. War es immer schon schwer geworden, die Jn-
teressen des Breslauer Patriziats, dem naturgemafs ein be-
deutender Anteil an der Leitung der Geschicke des Landes
zufallen mulste, mit denen der Fiirsten und des Adels aus-
zugleichen, so ward das jetzt noch schwieriger, wo die na-
tionale Verschiedenheit die Gegensatze scharlte und die
Eif'ersucht der stets geldbediii-ftigen Fiirsten und Edelleute
auf die reichen „ Pfeffersacke " von Breslau noch riicksichts-
loser hervortreten liefs. Von den iibelbeleumundeten Ge-
wohnheiten des Adels in Grofspolen , der gewaltthatigen
Fehdelust, die oft genug in direkte Rauberei ausartete, ver-
pHanzte sich jetzt vieles nach Schlesien. Gegen diese Aus-
artungen hat die Energie Konigs Matthias Anerkennens-
wertes geleistet. Nach seinem Tode aber schofs die Busch-
klepperei nur um so lustiger wieder ins Kraut , geiibt
allerdings kaum minder von deutschen Adehgen als von
slavischen.
Unter dem slavischen Regimente in Oberschlesien verfiel
die Bauernfreiheit mehr und mehr, der Wohlstand sank, die-
Kultur ging zuriick, selbst die oberschlesischen Stadte ver-
loren an ihrer Bedeutung, kaum dafs Gleiwitz noch seinen
alten Ruhm als v^tapelplatz fiir Holz und Hopfen zu wahren
Handelsstrarseii. 397
vermochte. Voii ungleich grofserer Bedeutimg- waren die
mittel- imd niederschlesischen deutschen Stadte.
Handel und Industrie.
Was die schlesischen Stadte und ilire Verkehrs- und
Erwerbsverhaltnisse anbetrifft, so waren dieselben, abgesehen
davon, dafs namentlich in den kleineren viele Einwohner
als Ackerblirger Landbau trieben^ an erster Stelle darauf
angewiesen, einen mehr oder weniger grofsen Landkreis mit
allerlei gewerblichen und Handels - Produkten zu versorgen,
wobei es natiirlich schwer ins Gewicht fiel, ob die Dorfer
ringsum von wohlhabenden freien deutschen Bauern , oder
von armen horigen Slaven bewohnt wurden.
Uber diesen gegebenen Umkreis hinaus Kundschaft zu
erlangen, war nun das natiirliche Streben aller Gewerbe-
treibenden, und eine gewisse Gunst ward hier scbon den
Stadten zuteil, welche an einer der grolsen Handelsstrafsen
lagen, auf denen die Warenziige liin- und liergingen, wo
also zeitweise Scharen von Fremden einzogen, Rast hielten
und Geld verzehrten. Diese Strafsen waren im Mittelalter
test bestimmt, jede Abweichung bei Strafe verboten und
auch bei der Beschaffenheit der Wege kaura recht ratlich.
Solche Strafsenzuge , die samtlich dem Mittelpunkte Breslau
von den verschiedensten Seiten zustrebten, gab es nun in
grofserer Auzahl in Schlesien. Aus Ungarn ging eine liber
den Jablunkapafs nach Teschen und dann zur Oder an
Ratibor und Kosel vorbei auf Oppeln, wo dann auch die
alte grofse Handelsstrafse von Krakau her ilber Auschwitz
einmiindete. Bei Oppeln ward die Oder iiberschritten , und
iiber Brieg und Ohlau ging es dann weiter nach Breslau.
Die zu imraer steigernder Bedeutuug gelangende Strafse aus
Mahren, zugleich der Weg von Wien und dem machtigen
Seehandelsplatze Venedig her, filhrte iiber Troppau, Jageni-
dorf nach Neisse und dann auch ilber Grottkau nach Brieg.
Uber den Landeshuter Gcbirgspafs fiihrte der Weg nach
Prag. Nach Westen hin iiber Leipzig zum Rhein und nach
den Niederlanden gingen zwei Strafsen, die eine ilber Lieg-
nitz, Haynau, Bunzlau, Naumburg a./Q. nach der Oberlausitz
und die andere iiber Schweidnitz, Striegau, Jauer, Lowen-
berg, Lauban und ebenso nach Magdeburg und Hamburg.
Die Strafse von Frankfurt resp. Stettin kam iiber Krossen,
Freistadt, Neustadtel, Polkwitz, Liiben, Parchwitz, Neumarkt.
Nach Preufsen und an die baltischen Hafenplatze ging von
Schlesien aus der Hauptzug des Handels auf die Weichsel-
398 Viertes Buch. Fiinftor Abschuitt.
staclt Thorn zu, iiiit welchem Orte Breslau selir vielfache
Beziehungen hatte. Die iiltere Stralse nach Thorn liihrte an
der Grenzburg Militsch vorbei und dann nordlich ilber Orla
(bei Krotoschin), Strzelno, Inowraczlaw. Doch wire] bereits
im 14. Jahrhuudert auch eine zweite Stralse ilber OIs, Ka-
lisch, Peisern erwiihnt, die nachnials wohl hauptsachhch be-
nutzt wurde. 1515 werden als die pohiischen Zollstiltten,
welche schlesische Wareu zu passieren liaben, bezeichnet:
Fraustadt, Posen, Punitz, Kalisch und Sieradz. Der Wasser-
weg, den die Oder darbot, ward verhaltnisniiifsig wenig be-
fahren; von Brieg aufwarts ward die Oder ilberhaupt hoch-
stens zum Holzflofsen gebraucht, aber auch abwarts von
Brieg scheinen die bereits im 14. Jahrhundert imnier er-
neuten Beschwerden liber Beeintrachtigung der Schiffahrt
durch Wehre und unberechtigte Zolle ihre griindliche Ab-
hilt'e noch nicht gefunden zu haben, jedent'alls beginnt die
Benutzung der Oder fur den Handelsverkehr von Breslau
an erst um die Mitte des 16. Jahrhuuderts.
Sich an dem auswiirtigen Handel direkt zu beteiligen^
verraochten nun die sehlesischen Stiidte, auch die an den
grolsen Strafsen gelegenen, nur in beschriinktem ]\Iarse, schon
wegen des Niederlagsrechtes von Breslau, auf welches wir
noch zuriickkoninien werden. Nur fur die Jahrraiirkte der
grofseren Stadte ward jenes Niederlagsrecht suspendiert, wie
wir das noch 14 90 speziell den beiden Stadten Brieg und
Glogau von Konig Matthias zugesichert sehen. Es geluirte
auch zu der selbstandigen Ausriistung von Warenziigen ins
Ausland so viel Kapital, wie es eben aufserhalb der Haupt-
stadt Breslau nicht oft anzutreflfen war ; nur ganz vereinzelt
iinden wir einzelne Provinzialstadte (Liegnitz, Schweiduitz,
Brieg, ()ls) an solchen auswartigen Geschal'ten beteiligt.
Dagegen wurden sicherlich in den sehlesischen Provinzial-
sttidten vielfach gewerbliche und Industrieprodukte erzeugt,
die dann und zwar vornehmlich durch Vermittelung Bres-
lauer Kaufleute nach auswiirts auf den Markt kameu. Im
einzelnen nachweisen konnen wir das z. B. von der hier
friih entwickelten Tuchweberei, wo uns eine gelegentliche
Notiz zeigt, dafs im Jahre 1499 in Breslau Tuche feil ge-
halten wurden aus den sehlesischen Stiidten Liegnitz, Bolken-
hain, Liiben, Schweidnitz, Neustadt, Glatz. Auch Striegauer
Tuch wird in Breslau neben Gorlitzer 1440 erwahnt. Un-
gleich langsamer hat sich die Leinenindustrie , die dann ge-
rade fiir Schlesien von solcher Bedeutung geworden ist, und
welche ihren Sitz in den Gebirgsgegenden hatte, entwickelt.
Speziell fur Hirschberg wird die Einfiihrung der feineren
Industrie. Bergbau. 399
Weberei auf eiiien gewissen Joachim Girnth zuruckg-et'iihrt,
der um 1470 die in Holland erlernte Kunst der Schleier-
weberei in seiner Heimat eingebiirgert habe. Diese Industrie
nahm einen grofsen Aul'schwung, seit es allgemeine Sitte
ward, leineue Leibwasche zu tragen, was wir auch erst ans
Ende des 15. Jahrhunderts setzen diirfen. Freilich stand ilir
das wunderliehe, aber lange festgehaltene Vorurteil entgegen,
welches die Leinweber I'ilr unehrlich ansah.
Weit berilhmt war die schlesische Bierbrauerei , in wel-
cher Schweidnitz mit Breslaii wetteiferte. Eine in der mah-
rischen Stadt Iglau urn die Mitte des 15. Jahrhunderts ge-
schriebene Anweisung der Rhetorik gebraucht als rhetorische
Figur die Phrase, dafs die Breslauer und Schweidnitzer mit
ihrem Bierbrauen auf dem Ambofse der Kehlen Geld schlii-
gen. Der Breslauer Ratskeller erhielt nach dem Schweid-
nitzer Bier, das dort allerdiugs neben anderen Sorten ge-
schenkt wurde, seinen Namen, der ihm noch heute ge-
blieben ist. Auch z. B. die Stadt Thorn hatte (1453) ihren
Schweidnitzer Keller.
Zu besonderer Bedeutung fur Schlesien gelangte dann
auch der Bergbau, der ilberhaupt gegen das Ende des
15. Jahrhunderts einen neuen Aufschwung nahm. Derselbe
ward allgemein anerkannt als ein herzogliches Recht, das
nur durch Ubertragung, durch Schenkung oder Verkauf in
die Hande von Privaten und Korporationen komnien konnte.
Herzog Friedrich II. erlangte 1505 von Kcinig Wladyslaw
die Erlaubnis, sogar iiber seine Landesgrenze hinaus vier
Meilen in des Konigs unmittelbares Land hinein nach Me-
tallen zu schurfeii. Besonders gelten die Naehforschungen
den edlen Metallen und vornehmlich dem Golde. Die einst
im 13. und 14. Jahrhundert so ergiebigen Goldgruben von
Nikolstadt und Goldberg scheinenim 15. Jahrhundert sich
erschopft und die Versuche Friedrichs II. von Liegnitz, sie
wieder zu erschliefsen , nur wenig Erfolg gehabt zu haben,
und nicht viel besser scheiut es damals mit den bergman-
nischen Arbeiten bei Lowenberg und Bunzlau ausgesehen
zu haben. Mit mehr Gliick schafften die Hirschberger auf
ihrem Stadtgute Grunau von 1498 an Silbcr und Gold zu-
tage. Dagegen bliihte damals der Bergbau auf Gold bei
Reichenstein. 1465 kaufte das Kloster Kamenz das Stiidt-
lein samt den Goldgruben, und Breslauer und Krakauer
Burger brachten den Bergbau in Gang, vornehmlich auf
dem sogen. goldenen Esel zu Maifriedsdorf. 1484 reguUert
Herzog Heinrich von Milnsterberg das Verhaltnis zu dem
Stifte Kamenz und erlafst zugleich eine besondere Berg-
400 Viertes Biich. Fuiifter Abschuitt.
ordnung und begnadet 1491 Keichenstein mit den Rechten
einer t'reien Bergstadt, wie solche Kuttenberg und Igiau
batten. Im Anfange des 16. Jabrbunderts, wo fiir die Klo-
ster allerorten scblecbtere Zeiteu kamen, baben dann die
Herzoge von Miinsterberg die Recbte des Kamenzer Klosters
ganz abgeli)st und den Reicbensteiner Bergbau selbst und
nicbt ertolglos in die Hand genommen.
Aucb bei dem Zuckmanteler Goldbergbau, der gleicbt'alls
ins 14. Jabrbundert zuriickreicbt, war Breslauer Kapital tbatig.
Biscbof Rudolf verleibt bier 1477 ein Schurfrecbt an vier
BresLauer Burger, und zablreiche Urkunden zeugen von dem
regen Betriebe.
Bei Freiwaldau im mabriscben Gesenke bat dann Anton
Fugger. der durcb die ibm verscbwagerten Tiu'zos nacb
Scblesien gekommen war, sein Heil mit dem Bergbau ver-
sucbt, anscbeinend jedocb obne solcbe Erfolge, wie sie in
Ungarn den Fuggers und Turzos geworden waren.
Die Gewinnung von Kupfer bei Kupferberg bliibte aucb
nocb in jener Zeit; bei dem Verkauf i. J. 1512 wird des
Bergwerkes besonders gedaebt, 1539 erbielt die Stadt eine
eigene Bergordnung. Aucb die Eisengewinnuug und der
Hiittenbetrieb in Scbmiedeberg im Riesengebirge dauerten
fort.
Der Handel Scblesiens batte seinen natiirbeben und an-
erkannten Mittelpunkt in Breslau. Dies war seit alten Zeiten
der grofse Stapelplatz, wo die Robprodukte des Ostens, Salz,
Pelzwerk, Haute und Leder umgetauscbt wurden gegen die
Produkte des Weltbandels, die Spezereien und Gewurze,
welcbe aus den niederlandiscben Hafenplatzen , aber aucb
aus Yenedig bezogen wurden. ferner Tucb und allmabbcb
aucb Leinwand imd andere gewerblicbe Produkte, Metall-
und aucb Avobl Topfwaren.
Der Handel mit Venedig war im 15. Jabrbundert immer
bedeutender geworden , nacbdem 1388 ein Bundnis von
Breslau mit der Stadt Prag die imgerecbtfertigten Hinder-
nisse, welcbe die Wiener diesem Handel in den Weg legten,
aus dem Wege geraumt batte. Im 15. Jabrbundert ist
sicber der grolsere Teil der ilberseeiscben Artikel auf diesem
Wege nacb Breslau gekommen, es werden uns aus jener
Zeit mebrere Handelsgesellscbaften genannt, die dortbin
Handel trieben. 1512 bat ein einziger Breslauer Kaufmann,
Kom-ad Sauermann, eine Scbuldforderung von 6100 Dukaten
nacb Venedig bin. Im Verkebr nacb solcben entfernteren
Platzen bediente man sicb librigens aucb bereits seit der
zweiten Halfte des 14. Jabrbunderts der Wecbsel.
, Tcxtiliiidustric. 401
Es ist durchaus wahrscheinlich , dafs uiclit nur Polen,
sondern auch wenigstens ein Teil von Preufsen von Breslau
aus mit Spezereien und Gewiirzen versorgt wurden.
Von den baltischen Kiisten, von Danzig iiber Thorn und
von Stettin ilber Frankfurt kamen die gesalzenen Fische,
■die bei den zahlreichen von der Kirche gebotenen Fasttagen
in dem Haushalte der damaligen Bevolkerung eine grofse
Eolle spiel ten.
Wein ward in jener Zeit viel im Lande selbst gebaut,
die grofsen begiiterten Kloster batten fast alle ibre beson-
deren Weinberge, und zahlreiche Stiitten in Schlesien er-
innern jetzt wenigstens nocli dureb ibren Namen an Wein-
pflanzungen, von denen langst jede Spur sich verloren hat;
vermag doch noch der berilbrnte schlesische Humanist Lorenz
Eabe (Corvinus) seine Vaterstadt Neumarkt zu unserer
Uberraschung als die weinbauende zu feiern. Der aus diesen
Reben gekelterte Wein mag iibel genug gewesen sein, doch
-auch der Greschmack jener Zeit war geniigsaraer, und die
Sitte, den Wein gesilfst und gewllrzt zu geniefsen, gestattete
den Verbrauch recht geringer Sorten.
Der geschatzteste Wein kam aus Ungarn, wenngleicli
schon im 14. Jahrhundert bier auch Rhein- und Franken-
weine, franzosische, italienische, auch osterreichische Weine
bekannt waren. Der Preis ward wenigstens in Breslau
durch den Rat festgesetzt.
Feinere Tuch- und Seidenstoffe wurden aus den Nieder-
landen bezogen ; Tuch auch aus England und zwar haupt-
sachlich zur See iiber Danzig. Die Vermittelung der fland-
rischen Tucheinfuhr besorgten vornehmlich Thorner Kauf-
leute, Avelche aucH ZoUfreiheit in Breslau genossen, bis 1385
der Rat von Breslau, um die einheimische Industrie zu
schlitzen, diese Freiheit aufhob. Dar iiber ist es dann zu
Streitigkeiten gekomraen, Avelche im Anfange des 15. Jahr-
hunderts durch einen Vergleich (wahrscheinlich auf Grund-
lage eines mafsiges Zolles) geschlichtet wurden. Billigere
Sorten von Tuch w^urden in Schlesien vielfach fabriciert und
von bier nach den verschiedensten Richtungen ausgetuhrt,
und ebenso Garn und Flachs und gegen Ende dieses Zeit-
raumes vielleicht auch schon Leinwand.
Das wichtigste Fjirbemittel fiir die Tuchfabrikation, den
Waid, lieferten die thiiringischen sogenannten fiinf A^^aid-
«tadte Erfurt, Gotha, Langensalza, Tennstiidt und Arnstadt.
Den Schlesiern wurde er verteuert durch das von Gorlitz
seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts festgehaltene Recht
des Waidstapels. Als dann im 15. Jahrhundert auch
Grunhagen, Gesch. ScUlesiens. I. ^"
402 Viertes Buch. Fiiufter Abschnitt.
die sachsischen Fursten eine Waidniederlage zu Grolsenhain
zu errichten versucliten, riefen die iSchlesier niit Ertblg hier-
wider die Vermittelung des Konigs Matthias an (1478).
Das damals uuter den Metallen vorzugsweise verarbeitete
Kupfer kam vorneliralich aus den imgarischen Bergwerken,
unci schlesische Handler fiihrten es dann cbensowolil nach
Silden gen Venedig, wie ilber Thorn nach Danzig. Eisen,
besonders steirisches, ward in Breslau und Schweidnitz
verarbeitet, in den Schmiedehiltten von Schmiedeberg auch
schlesisehes.
Breslau gehorte bereits seit der zweiten HiUl'te des
14. Jahrhunderts dem Hansabnnde an, die Hauserezesse er-
wahnen vielfach die Teilnahme seiner Gesandten an den
Beratungen, und 1407 wird den Stadten Breslau und Krakau
die Stellung von 10 resp. 15 Gewappneten zur Ausrlistung
einer Schutzflotte gegen die Seerauber aufgelegt.
Trotz der llnsicherheit der Stralsen waren vielfache weite
Reisen und ul)erhaupt ein persimlicher Verkehr der Kauf-
leute in den grcifseren auswartigen Platzen notwendig. Aufer-
dem aber hielten die grofseren Breslauer Kaufmannshituser
ihre Bevollmachtigten und gleichzeitig auch Warennieder-
lagen in anderen Handelsplatzen , so in Venedig, Oten,
Krakau, Thorn, Niirnberg. Mit einigen dieser Stadte Avaren
die Beziehungen sogar sehr intim, hier Avare vielleicht an
erster Stelle Krakau zu nennen, wo unter der fast aus-
schliefslich deutschen Kaufmannschaft und auch unter den
Zunften die Schlesier llberaus stark vertreten sind; doch
lockern sich hier vom Ende des 15. Jahrhunderts an diese
Bande sichtlich, und im 16. Jahrhundert beginnt unter dem
Drucke des erwachten slavischen Nationalgelahls ein starker
Niedergang des Deutschtums in Krakau. Mit Thorn hat
bereits im 14. Jahrhundert eine sehr enge Verbindung be-
standen ; es war hier viel Thorner Kapital angelegt, und in i
den Stadtbiichern beider Stadte stofsen wir sehr hiiutig auf
Namen, welche diese Verbindung bekunden.
Nach Westen zu AA-ar fiir Breslau Niirnberg die Haupt-
station. Vielfach sind Kaufmannsfamihen von daher nach
Breslau iibergesiedelt, und einige derselben wie die Heugel,
Distler, Pfinzing, Scheurl haben Eingang in die Breslauer !
RatsUnie gefunden. ZAA'ei Manner, die fiir das geistige Le-
ben Schlesiens eine hervorragende Bedeutung haben, stam- i
men aus Niirnberg: Peter Eschenloer, der Breslauer Stadt- '
schreiber, Schlesiens grofster Historiker im Mittelalter, und j
Johann Hefs, der erste protestantische Geistliche Breslaus. I
Es hatte sich in alten Zeiten ganz von selbst so gemacht^j
Verbiiidung mit der Hansa. Breslaus Stapclrecht. 403
dais alle von Osten kommenden Warenziige niir bis Breslau
gingen, wo Verkauf der Waren und Einnalime von Riick-
fracht ertblgte. Auch die von Westen kommenden Kaufleute
hatten wenig Neigimg, liber Breslau hinaus nach dem un-
wirtlichen Osten vorzudringen, wo das Eisiko so sehr wuchs,
die Wege schlechter wurden und Unkenntnis der Sprache
das Fortkommen ersebwerte. Dieser Zustand war bereits
1274 durcb ein grofses Privileg Herzog Heinriehs IV., wel-
ches der Stadt Breslau das alleinige Recbt der Niederlage
verlieh, gesetzlicb festgestellt worden, und es liegt auf der
Hand, wie ungemein grofs der Gewinn von diesem Monopol
fiir die Stadt sein mulste, wenngleich manche wicbtige Ar-
tikel, die als Landesware bezeicbnet werden, namlicb Wolle,
Eisen, Gletreide, Wein, Bier, Steine von dem Niederlags-
zwange ausgenommen erscheinen. Man wird in der That
nicbt feblgeben, wenn man in dem Stapelreebtsmonopole die
Hauptgrundlage fiir den trotz aller Not der Zeit immer stei-
genden Woblstand der Stadt Breslau erblickt.
Aber dieser Hauptpfeiler des Breslauer Handels war im
15. Jahrhundert ins Wanken gekommen. Die bestandigen
Unruben in Scblesien seit den Hussitenkriegen hatten dazu
gefiibrt, dafs die Kaufleute, trotz der von den polnischen
Konigen den Breslauern erteilten Zusicherungen von 1417 und
1441, es vorzogen, von Westen her durcb die Mark oder
die Lausitz in der Richtung auf Posen zu ziehen, ferner
wuchs mit dem Fortschritt der Zeit doch auch bei den
Polen die eigene Unternehmungslust , man mifsgonnte den
Breslauern ibren grofsen Gewinn und mocbte den L mweg
liber Breslau sicb nicbt gefallen lassen, namentlicb seit das
damals macbtig aufbliibeDde Leipzig, dessen Mcssen von
der Mitte des 15. Jahrhunderts an in Flor kamen, grofsere
Vorteile und auch namentbch von Grofspolen aus ungleich
naheren Weg gewabrte. Bereitwillig bot Glogau die Hand,
dazu, und auch nacb Sliden zu, in der Richtung auf Mabren,
suchten polnische Warenziige einen Weg liber Brieg mit
Umgebung Breslaus. Wobl riefen die Breslauer die Hilfe
des Landesherrn an, und Kcinig Matthias, der ja fiir wirt-
schaftliche Interessen seiner Unterthanen keineswegs des
Verstandnisses entbehrte, hat noch kurz vor seinem Tode
1490 im Verstandnisse mit dem Kurfursten Jobann Cicero
von Brandenburg ein Privileg erlassen, welches fiir den ge-
saniten polnischen Handel zwei Grenzpunkte an der Oder,
Breslau und Frankfurt (neben Stettin) festsetzte, liber die
hinaus die polnischen Warenziige nicbt vordringen durften.
Doch die Polen erkannten dies in keiner Weise an, sondern
26*
404 Vicrtes Buch. Fiiufter Abschnitt.
antworteten damit, dafs sie, nachdem bereits uia 1400
fiir Krakau ein derartiges Stapelrecht in Ansprucli genom-
men wordcn war, nun ihrerseits Niedorlagen zu Posen und
Kalisch errichteten, so dafs bereits 1491 die Thorner sich
genotigt sehen, die Hilfe des Hansabundes in Anspruch zu
nehmen, weil man ihre nach Breslau bestiramten AVaren
nicht iibor Kalisch hiuausgehen lassen will. Auch die Strafse
ilber Glogau ward nach wie vor bet'ahren , ubwolil das
Privileg von 1490 bei Brieg und Glogau ein Antahren von
Waren nach diesen Stadten nur fur deren Jahrmarkte gelten
lassen wollte, und weder die Bestiitigung der Breslauer und
Frankfurter Niederlagsprivilegien durch Kaiser Maximilian I.
V. J. 1510, noch auch das erneute Privileg, das Konig
Wladyslaw bei seiner Anwesenheit zu Breslau 1511 der
Stadt erteilte, und das dann wiederum zugleieh auch von
den Brandenburger Behorden fiir Frankfurt proklamiert
ward, verschafften dauernde Abhilfe, sondern nur endlose
Streitigkeiten mit den Glogauern. Diese Handel iiber die
Niederlage haben dann weit iiber die Grenze des hier be-
handelten Zeitraumes fortgedaucrt und sind noch vor Kaiser
und Reich gekommen, aber das Endresultat war doch, dafs
die Breslauer auf eine strikte Durchfiihrung ihres alten
Monopols thatsachlich verzichteten , nicht ohne aus der bei
dieser Gelegenheit geschlossenen Verbindung mit der Stadt
Frankfurt Erleichterungen ihres Verkehrs nach den Oder-
miindungen und Stettin davonzutragen.
Was den Wohlstand der Einwohner ini grofsen und
ganzen anlangt, so werden Avir allerdings auf dem piatten
Lande wohl ein gewisses Zuriickgehen anerkennen miissen,
vielleicht auch bei den durch die Landerteilungen und die
fortdauernden Kriegsnote arg heruntergekommenen Fiirsten
und bei einem Teile des Adels, nicht so aber in den Stadten,
wenigstens so weit sie nicht in den Hussitenkriegen von
Grund aus zerstort waren und sich miihsam erst wieder
aufrichteten. Sonst war eben Handel und Gewerbe trotz
aller Ungunst der Zeit doch lohnend genug, um nicht nur
notdiirftigen Lebensunterhalt, sondern auch noch etwas dar-
iiber zu gewahren. Die grofse Bauthiitigkeit in jener Zeit,
der wir noch gedenken werden, scheint immerhin eine ge-
wisse Wohlhabenheit zu bezeugen. Einen recht schlagenden
Beleg liefert uns ein BHck auf das schlesische Miinzwesen.
Hatte hier das 14. Jahrhundert eine grofse Umwalzung
heraufgefiihrt, welche an die Stelle der hier fast ausschliefs-
lich libhchen diinnen nur einseitig gepragten Silberbleche
(Brakteaten) , dickere, daher Groschen (grossi) genannte
Miinzverliultiiisse. Seucheii. 405
Munzen mit doppelseitiger Pragung treten liefs; so zeigt das
15. Jahrhundert eine neue Entwickelungsphase, insofern von
da an die bis dahin haufig vorkommenden herzoglichen
Miinzen zum grofsen Teile verdrangt werden durch stad-
tische, wie wir sie von zahlreichen schlesischen Stadten aus-
gegangen nachweisen konnen, ein siclieres Zeichen, dais die
Fursten in ihren Geldverlegenheiten auch dies wiehtige Ho-
lieitsrecht ihren Stadten verkauft oder verpfiindet batten.
Offenbar war eben in den Stadten noch die grofsere
Wohlhabenheit zu sucben, bei Breslau werden wir sogar
vielleicbt von Reicbtum sprecben dlirfen. In einer Zeit, wo
um etwa ftinfzigtausend Goklgulden ganze Flirstenttimer feil
waren, dilrfen Kaufleute, welcbe liber viele Tausende sol-
cber Goldguklen zu verfugen gewobnt scbeinen^ und welcbe
bautig in einem Jabre Kaufmannsgiiter im Werte von etwa
25 000 Goldgulden bezogen, wobl fiir reicb gelten.
Landeskalamitaten.
Als scbbmme Feinde des Nationalwoblstandes lernen wir
in diesem Zeitraume gewisse Kalamitaten kennen, welcbe
verheerend auftreten, und gegen welcbe die damalige Zeit
wenig Scbutzmittel kennt. So vor allem die Seucben und
Pestilenzen. Eine solcbe wlltete in Scblesien im Jabre 1460
und kebrte dann 1464 wieder, um lange, fast ein Jabr an-
dauernd; die Bevolkerung ganz zu decimieren, so dafs in
Breslau allein an 20 000 Menscben, vornehmlicb jiingere
Leute und Frauenspersonen, daran gestorben sein sollen.
1483 trat eine neue Epidemic auf, die in ganz Nord-
deutscbland und so audi in Scblesien allerorten zablreicbe
Opfer I'ordert. Im Trebnitzer Kloster starben 15 der Nonnen.
Das Breslauer Domkapitel suspendierte durcli einen beson-
deren Kapitelsbescblul's vom 18. Juli die Eesidenzpflicbt der
Domberren, die denn aucb nacb den verscbiedensten Seiten
bin aus der verpesteten Stadt entfloben. Docli wabrte in
Breslau die Pest nur von Ende Juni bis Mitte Oktober.
Die grofse Epidemic von 1497 wird gewobnlicb als eine
Folge der scbrecklicben, im Hocbsommer d. J. eingetretcnen
Uberscbwemmung angeseben, docb mag die letztere mit
ibren Miasmen nur die Disposition zu der Krankbeit ver-
mebrt baben; denn wir erfahren dui'cb einen alteren Cbro-
nisten, dafs an mancben Orten, wie z. B. in Jauer, die Pest
bereits 1496 gewlitet babe. Jedenfalls mufs ibr Wirken
verbeerend gewesen sein. In Scbweidnitz und der nacbsten
40G Viertes Buch. Fiinfter Abschuitt.
Umgegeud soUen an 5000 Menschen gestorben sein, in Breslau
zvvischen dera 2. August und 24. Dezcmber 2931.
Schon 1507 im Herbst horen Avir in Brcslau vvieder von
der Pest, so dafs alle Gerichts- und Ratssitzungen suspen-
dicrt werden, da jeder, der es irgend vermag, aus der Stadt
Huchtet. Aus dem Jahre 1516 wii'd uns berichtet, dafs
binnen der Frist eines Monats 2000 Menschen gestorben
seien. An manchen Orten, wie z. B. in Glogau und Frei-
stadt lafst man die Jahrmarkte ausfallen. In den zwanziger
Jahren dieses Jahi'hunderts scheinen dann die anstockenden
Kraukheiten noch sclilimmer Schlesien heimgesucht zu haben.
1521 huren wir von einer Pest in Sagan, die dort im Herbst
in kurzer Zeit an 500 Menschen wegraflft, 1523 treffen wir
sie an andern Orten, so in Strehlen, in Schweidnitz, in
Breslau, wo in wenigen AA'ochen 2143 Personen starben,
und 1525 giebt schon wieder eine neue Seuche dem Bres-
lauer Rat Veranlassung zu sanitatlichen Verordnungeu, welche
die Ansteckung abzuwehren und durch grofsere ReinUchkeit
die Keime kiinftiger Krankheiten zu verhiiten beabsichtigen,
vielleicht die ersten Yerordnuugen dieser Ai't in Schlesien.
Gedenken mlissen wir unter den Kalamitiiten auch der
Feuersbriinste, welche bei der schlechten Bauart der Hauscr,
der obrigkeitliche Verordnungen , wie wir solche in Breslau
wenigstens bereits im 13. Jahrhundert antreffen, nicht ab-
helfen konnten, der Enge der Strafsen und den hochst
mangelhafteu Anstalten zur Abwehr des Feuers sehr hautig
in ganz furchtbarer Gestalt auftreten. Eine Zusammenstel-
lung der uns ilberlieferten Brande in den schlesischen Stiidten
fiir die Zeit von 144U — 1526 ergiebt, dafs im Diu'chschnitte
jedes zweite Jahr eine Feuersbrunst, die eine schlesische
Stadt ganz oder doch zum grofsten Teil eingeaschert hat,
stattgefunden hat. Fiir Breslau ward im Jahre 1500 die
strenge Bestimmung erlassen, dafs ein niedergebranntes Haus
binnen Jahresfrist wieder aufgebaut werden soUe, bei Strafe
der Konfiskatiou des Grund mid Bodens durch die Stadt.
Sitten, religiose Gesinnung.
Was die Sitten der damaligen Bevolkerung anbetrifft, so
lebte unter der sefshaften Einwohuerschaft der Stadte ein
Sinn fiir Recht und Ordnung. Hier herrschten wii'klich
die Gesetze, eine sorgtaltig eingerichtete Rechtspflege schiitzte
den Biirger, und auch die Polizei wartete eifrig ihres Anites.
Die Strafen erscheinen wie iiberall in diamaliger Zeit nach
unseren BegrifFen hart und grausam, wenn es gleich her-
Brande. Sittea. 407
vorgehoben zu werden verdient, dafs die weiter iiii Westen
so vielfach llblicben Verstiimmeluiigsstrafen bier erst im
16. Jabrbundert durcb die peiubcbe Halsgericbtsordnung
Karls V. eingeblirgert werden. Wenn dann docb auch in
den scblesischen Stadten nacb dem Zeugnisse der uns er-
baltenen Malefizbiicber Verbrecben und Vergeben gegen das
Eigentum uns nicbt eben selten begegnen, so triigt die
Hauptscbuld die damals allgemein geilbte Gewobnbeit, auch
verbaltnismafsig leicbtere Vergeben durcb Verweisung aus
der Stadt zu strafen. Die Masse der so beimatlos Geworde-
nen, das Gescblecbt der fabrenden Leute, trieb scbon die
Ifot imraer wieder von neuem zu Verbrecben, vor denen
-dann aucb die strengsten Strafen nicbt scblitzen konnten.
Als unseren Anscbauungen ganz besonders widersprecbend.
miissen wir bezeicbnen die Art, wie gerade die nicbt selten
vorkommenden Totscblage, d. b. also Totungen, die nicbt
mit Vorbedacht, sondern im Jabzorne infolge eines Streites etc.
verlibt worden waren, bis uber das Ende des bier beban-
delten Zeitraumes binaus dem eigentlicben Strafrecbt ent-
zogen und eiuer Siibneverbandlung zwiscben dem Tbater
und den Angeborigen des Getoteten iiberlassen bleiben.
8olcbe Slibne pflegte dann dem Tbater verscbiedene Ver-
pflicbtungen aufzulegen, Zablung von Geldentscbadigungen
an die Verwandten, Stiftungen frommer Werke, als Seelen-
messen filr den Erscblagenen, aucb wobl Seelbader, d. b.
Stiftungen von unentgeltlicben Badern fur Arme etc., ganz
besonders baufig aber die Erricbtung sogenanuter „Martern",
Stein- oder Holzkreuze zur Erinnerung an den Verblicbenen,
daneben oft "\A'allfabrten nach entfernten Gnadenstatten, vor-
nebmlicb nacb Aa^cben und nacb Rom.
Ungleicb bautiger nocb als in den Stadten kamen der-
artige Totscbliige unter den Landedelleuten vor, deren Sitten
iiberbaupt gerade in jener Epocbe sicb mebr und mebr ver-
wildert batten. In einer Zeit, wo, wie wir bereits oben aus-
fiibrten, die sogenannte „Reiterei", d. b. die Gewobnbeit,
Kaufleute auf ofFener Heerstrafse unter irgendwelcbem ge-
sucbten Vorwande einer Febde oder aucb ganz obne einen
solcben zu llberfallen und zu berauben, als eine Art von
Sport, als eine Prarogative des Adels, oder wobl gar als
ein Akt ausgleicbender Gerecbtigkeit gegeniiber den unge-
recbt erworbenen Reicbtiimern der Kaufleute betracbtet
ward, in einer Zeit, wo aufserdem die Sitte wiister Vollerei
und tjnmafsigkeit im Trinken, die das 16. Jabrbundert nocb
weiter ausbilden sollte , ganz besonders unter dem Adel
herrscbte, darf es uns nicbt wundern, wenn man dann baufig
408 Viertes Bucb. Fiiut'ter ALscliuitt.
in der Erregung zum Raufen kam und audi kleine Ilaiidel
mit Zweikampfen ausfocht, die hiiufig genug einen blutigcn
Ausgang nalimen.
Dabei fehltc es jenem Geschlechte iiiclit an einer ge-
wissen naturwllclisigen Frommigkeit, die allerdings reclit
viel Aufserliclies an sick hatte. AVie diesclbe, wenn ander-
weitige giinstige Dispositionen dazu traten, bis zu eineni
starken Fanatisnms entiiammt werden konnte, zeigen die
oben gescliilderten Erfblge Capistrans, fur gCAvoimlich jedoch
■vvar das leitende Motiv das, der Simdenvergcbung sicliercr
dadurch teilhaftig zu werden, dais man einesteils sich die
Filrbitten Irommer Christen sicherte, anderseits sick durch
Werke der Woklthatigkeit der kinimlischen Barmherzigkeit
wiirdiger mackte. Zu solchem Zwecke waren alle zu Upl'ern
bereit. Unzahlbar sind die frommen Stiftungen, die Seel-
messen, die „ Seelgeriite ", Einrichtuugen von Gedenktagen
(Anniversarien) J an denen vornelmilick in Klustern liir das
Seelenheil der Stifter und ihrer Voriabren gebetet -werden
sollte. Demselben Zwecke diente eine erkaufte Grabstelle in der
geweihten Umfriedung eines Klosters oder der Eintritt eines
Laien in die Briiderscbaft eines Ordens. Ja es bildeten
sich an vielen Orten, auch in den schlesischen Stadten, schon
vom 14. Jahrhundert an unter den Laien selbst fronmie
Briiderschaften verschiedencr Art, Liebfrauengilden u. dgl.,
welche um so mehr anzogen, da in ihnen bei den iibbcheu
Versammlungen neben den Ubungen der Frommigkeit auch
geselhge Yergniigungen nicht ganz ausgesclilossen waren, so
dafs sie zugleich eine Art von Ressourceu wurden. Von
den iibnlicb gearteten, durch ganz Norddeutschland ver-
breiteten Kalanden, so genannt, weil ihre Mitgheder an alien
Kalenden, d. h. am 1. jedes ]\[onats zusammenzukommen
pflegten, hat sich unter diesem Namen wenigstens in Schle-
sien bisher eine Spur nicht nachweisen lasseu.
Im allgemeinen entsprach es iiberhaupt den Anschauungen
der Zeit, den korporativen Vereinigungen durch das Herein-
ziehen des rehgicisen Elementes eine gewisse huhere A^ eihe
zu geben. Sowie z. B. in Breslau bereits seit der Mitte
des 14. Jahrhunderts der Eat eine eigene Kapelle mit einem
besonders angestellten Altaristen liatte (in dem kleinen Erker
am Furstensaale), so besafsen auch hier, wie in den andern,
wenigstens den grofsereu schlesischen Stadten, viele der In-
nungen besondere Zunftheihgtiimer und, wo nicht eigene
Kirchen oder Kirchlein, so doch an die Kirchen angebaute
Kapellen.
Ein Schritt weiter tuhrte daun zur Einrichtung von be-
Kirchlicher Sinn, fronime Stiftuugen. 409
sonderen Familienheiligtumern; eignen an die Kirclien ange-
bauten Kapellen, die dann zugleich als Begrabnisstatten der
Familieuglieder dienten; wobei meistens ein Kapital zur
Besoldung eines Altaristen von dem Griinder ansgcAvorfen
iind audi die Zustimmung des Bischois eingeholt Averden
mufste; daiiir blieb dann die Prjisentation resp. Bestellung
eines Priesters fur den Altaristenposten dem Stii'ter oder
seinen Erben vorbehalten. Die Breslauer Hauptkirchen
weisen eine grolse Menge derartiger Kapellen auf. Wer
nicht die Geldniittel zu solch umlanglicher Stil'tung besafs.,
mochte wenigstens sicb dadurch eine besondere Filrbitte
sicbern, dafs er ein Altarleben griindete; namlicb die Besol-
dung lur einen Altaristen fundierte, der nun wochentlich
einige ]\Iale an einem bestimmten vorliandenen oder auch
wolil lieu erricbteten Altare Messe las, "wobei dann jedesmal
des Stifters und seiner Familie gedacbt wurde. Ungemein
grois Avar die Zalil dioser Altarstiltungen, am Ende des
15. Jabrliunderts zablte die Elisabetlikirche zu Breslau 122
Altaristen an 47 Altaren, die Magdalenenkircbe ibrer 114
an 58 Altaren.
Die Kircbe bat die Grilndung solclier Stiftungen, AA'elclie
die Zabl der Priester vermebrte, allezeit begiinstigt, obAA'obi
docb eigentlicb in solcber Lokalisierung des Kultusbediirf-
nisses eber etAA-as dem universellen Cliarakter der katlio-
liscben Kircbe Prajudizierlicbes geiunden AA~erden konnte,
und obAA'obl anderseits die Menge von grofstenteils docb
scblecbt besoldeten Klerikern scbliefslicb eine Art A'on
geistlicbem Proletariat erzeugen mufste, das dann durcb sein
Verbalten AA'obl A'iel zu der Diskreditierung des Priester-
standes beigeti^agen bat, die Avir im 16. Jabrbundert an so
A'ielen Orten wabriiebmen.
Bei vielen dieser geistlichen Stiftungen AA'aren gleicb von
vornberein aucb Werke dor Wobltbatigkeit, Verteilungen
A'on Almosen u. dgl. in Aussicbt genommen, und jedenfalls
geben bier namentlicb in den titadten allerorten in JScblesien
Yergabungen und Veimiicbtnisse fiir Anne und Kranke den
eigentlicben geistlicben Stiftungen zur feeite. Es mag nur
der eine reclit cbaraktcristiscbe Zug bervorgeboben Averden,
dafs in dem bandscbriftlicb erbaltenen Famibenbucbe der
Kurnberger Scbeurls der in Breslau ansassige Stammvater
Albrecbt Scbeuerbn uni die Mitte des 15. Jabrbunderts bei
jeder grofsen Abrecbnung rait seinen Ilandelsgesellscbaftern
als ganz selbstverstandbcb eine ansebnlicbe iSumme, einige
bundert Goldgalden, von dem gemeinsamen ReingeAviun fur
Almosen u. dgl. vorAvegnimmt, eine Art von Selbstbesteue-
410 A'iertes Biich. Fiinfter Abschuitt.
rung, welche uuch fiir die Zukunft eine Fortdauer giinstiger
Erfolge dadurch sicli erhalten zu konnen hoffte, dafs man
die liebe Armut nach Christenpflicht an dem Gewinne mit
teilnehmen lids. So hat es thatsachlich nirgends in den
sclilesisclien Stadten an Almosenverteilungen, an Auf'nalune-
stiitten flir Kranke und Hili'lose get'ehlt. Die Ausiibung der
Armen- und Kraukenpflege fiel dann allerdings vorzugsweise
den Klostern zu und insouderheit auch den geit^tlichen Kitter-
orden, denen, wie den Johannitern, den Kreuzherren mit dem
roten Stern, den Briidern des heiligen Geistes, den Hiitern
des heiligen Grabe?^, speziell die Krankenpflege und ahu-
liehe Liebeswerke durch ihre Ordensregel zur Pflicht ge-
macht waren.
Gegenstande besonderer Stiftungen waren auch vielfach
die AussJitzigenhospitaler, meistens den Heiligen Lazarus und
Georg geweiht, welche die Notwendigkeit, bei der argen
Ansteckungsfahigkeit die Kranken in besonderen, vor der
Stadt gelegenen cigenen Hiiusern zu isoheren, in den meisteu
schlesischen Stadten vielfach schon ini 13. Jahrhundert ent-
stehen liels. Bekanntlich verliert sich am Ende des 15. Jahr-
hunderts die entsetzliche Krankheit, oder vielmehr sie wird
abgelost durch eine kaum minder schreckliche Geifsel des
]\Ienschengeschlechtes, die Franzosenkrankheit^ die Lustseuche,
welche dann im 16. Jahrhundert die Franzosenhospitaler an
die Stelle der alten Leproserien treten lafst.
Man kcinnte bei der Besprechung der frommen Stiftungen
auch die hervorragendsten und bedeutendsten derselben,
namlich die eigner Kluster, wie solclie ja in Schlesien fiirst-
Uche Freigebigkeit in so grol'ser Anzahl ins Leben gerufen
hat, erwahnt wissen wollen, doch verdieut hier hervorge-
hoben zu Averden, dafs von den etwa 64 Klostern und Stif-
tern, die abgesehen von den zahh'eichen Niederlassimgen der
Johanniter^ sowie den Hiiusern der Beghinen etc. im Mittel-
alter in Schlesien bestanden, nur der allerkleinste Teil in der
Zeit vom Ausgange des 14. Jahrhunderts bis 1526 entstan-
den ist, so dafs hier eigentlich nui' die in der Zeit Capistrans
gegriindeten Franziskanerkloster der strengeren Richtung zu
nennen sind, und wenn die mit den Liinderteilungen und
den fortwahrenden Kriegsnoten zunehmende Verarmung der
Fiirsten dies in der Hauptsache erklart, so werden wir
doch auch bei diesen zugleicli ein Abnehmen der Neigung,
fiir solche Griindungen Opfer zu bringen, konstatieren , ja
iiberhaupt aussprechen diirfen, dafs die Kloster im 15. Jahr-
hundert nicht entfernt mehr die Bedeutung fiir die Ein-
wohnerschaft im grofsen und ganzen hatten wie in friiherer
Geistliche Stifter. Geschichtschreibung. 411
Zeit, wo die „ Feldkloster " des hier in Scblesien vorzugs-
weise vertretenen Ordens der Oistercieuser , wie Leubus,
Trebnitz, Heiurichau, Kameuz, Griissau urn die Landes-
kultur und die deutsche Kolonisation, ganz entsprecliend der
Praxis ihres Ordens, sich grofse Verdienste erworben haben,
wahrend dagegen die Kloster in den Stadten vermoge ilirer
Sonderprivilegien und Exemtionen mit der Entwickelung
der biirgerlichen Selbstiindigkeit und der Durchfubrung der
Gesetze haufig genug in Widerspruch geraten und deshalb
je langer je melir von den Biirgern nicht eben mit glinstigen
Augen angesehen worden sind.
Wissenschaftliche Bildung.
Auf der andern Seite aber vermogen wir auch den
schlesischen Klostern nicht in dem Mafse, wie dies an an-
deren Orten der Fall ist, eine Pflege des geistigen Lebens,
der Wissenschaften u. s. av. nachzuriihmen, und gerade eben
die bier vorwiegenden Cistercienserstifte haben vermoge der
mebr praktischen Richtung ibrer Wirksamkeit nacb der
wissenscbaftlicben Seite es an sicb feblen lassen, und eben
sie erscheinen hier auf litterariscbem Gebiete nur durch ge-
ringfugigere Arbeiten vertreten, wahrend die Augustiner zu
Breslau eine von dem Abte Jodokus von Ziegenhals (f 1447)
begonnene und dann noch mehrfacb fortgesetzte Stiftscbronik
und eine gleiche auch die zu Sagan aut'weisen konnen, an
deren Spitze dann ein Name von hervorragender Bedeutung
steht, jener Abt Ludolf, der (von Geburt ein Sachse) in
«eiuem Traktat iiber das lange Schisma uns die einzige
gleicbzeitige Quelle fiir die Anfange der fiir Sclilesien so
folgenreich gewordenen hussitischen Bewegung gehefert hat.
Den Augustinern zu Glatz hat der kluge Abt Michael
von Neifse eine riihmenswerte Chronik geschenkt, und auch
die Pramonstratenser zu St. Vinceuz vor Breslau haben am
Ende des ]\littelalters in Nik. Liebenthal einen Chi'onisten
gefunden, der mit bewundernswurdigem Geiste nicht nur
die Geschichte des Stiftes verfafste, sondern auch nebcn
sonstigem historischem Material zugleich die Urkuuden des
Stiftes zusammeutrug und damit zwei stattliche Fohanten
fullte.
In diesem Stifte erinnerte man sich jetzt auch des sagen-
haften Griinders Peter Wlast und stellte eine Biographic
desselben zusammen, die fiir uns nicht ohne Wicbtigkeit ist,
insofern ihr eine verlorene alte Quelle des 12. oder 13. Jabr-
bunderts zugrunde liegt. Sonst bat uns die schlesische
412 Viertes Bucli. PTiuftcr Abschnitt.
Geistlichkeit mit Chroniken, die aus dem engen Rahmen
eines Klosters heraustreten , schlecht versehen; die Annalen
des Breslauer •Domgeistliclien Sigismund Kositz erlialten that-
siichlich ilire Bedeutung nicht durch ihreii inneren Wert,
sondern durch den beklagenswerten Mangel an sonstigen Nach-
richten aus jener Zeit, und schon die Chronik des Bres-
lauer Augustinerabtes Benedikt Johnsdort iiberragt sie an
Wichtigkeit, ■vvenngleich dessen selbstiindige Naohricliten nur
die Zeit von 1470 — 1400 umfassen. Eiu nicht geringes
Verdienst aber hat sich um Schlesien der Brieger Burger-
meisterssohn Barth. IStein (Sthenus), ein Mitglied des Johan-
niterordens, erworben, der um das Ende des 15. Jahrhunderts
eine uns sehr wert voile Beschreibung Schlesiens und dann
noch besonders eine Beschreibung Breslaus verfafste. Es-
mutet uns freundlich an, wenn wir vernehmen, dais er diese
Schriften verfafst habe, um der ihm betriiblich dilnkenden
Unkenntnis, welche auiserhalb der schlesischen Grenzen liber
dieses schone Land herrsche, abzuhelfen.
Jedent'alls kann alles, Avas die schlesische Geistlichkeit
jener Epoche fur die Darstellung der vergangenen Zeit ge-
leistet hat, in keiner Weise auch nur in Vergleich gestellt
werden mit dem gewaltigen, trotz aller seiner Schwiichen,
der nationalen Eitelkeit und der selbst von willkilrlicher
Eitindung nicht freien, hiiutig unkritischen Art der Ge-
schichtschreibung, doch bewundernswiirdigen Werke der Ge-
schichte Polens des Krakauer Kanonikus Johann Dlugosz
(t 1480), die auch fiir Schlesien eine Geschichtsquelle ersten
Ranges bildet; aber auch unter den einheimischen Schrift-
stellern stehen, was den asthetischen ^A'ert anbetrifft, die
geistlichen ISchriltsteller jener Zeit den weltlichen nach, jenem
schlichten Blirgcr Martin von Bolkenhain, der uns leider
nur in Fragmenten so lebensvolle ergreifende Bilder aus
den Hussitenzeiten hinterlassen, und dem beriihmten Bres-
lauer Stadtschreiber Peter Eschenloer , der die Zeit der
Kiimpfe seiner Stadt gegen Konig Georg Podiebrad ein-
gehend, lebendig und mit vvirklichem politischen Verstiindnis [
schildert. Er ist es eigentlich fast allein, der in einer Dar- !
stellung der mittelalterlichen Geschichtschreibung Schlesien
wiirdig zu vertreten vermag.
Unter den schlesischen Fiirsten sind es thatsachlich nur
die Liegnitz- Brieger Herzilge, denen wir eine gewisse Be- I
gilnstigung von Kunst und "Wissenschalt nachriihmen kon- j
nen. In ihnen Avar ja die Eriunerung an grofse Vorfahren, I
vor allem an die heihge Hedwig, noch am meisten lebendig,
und soAvie unsero Hauptquellen fiir das 13. und 14. Jahr-
Schlesische Chroniken. 413
hundert, das Cliroiiicon Polono-Silesiacum und die Chronica
principum Poloniae auf Brieg und das dortige Kollegiatstift
zur heiligen Hedwig, eine Grilndung Herziog Ludwigs I.
(1352 — 1398) himveisen, so ist aiich jene uns sehr wert-
volle alteste bildliche Darstellung des Lebens der heiligen
Hedwig mit deutschem Text, von einem gewissen Xikolaus
aus Preufsen in der ^'orstadt von Lllben 1353 verfafst,
wahrsoheinlich auf Anregung dieses Herzogs unternommen,
jedenfalls aber von Ludwig erworben und dem erwahnten
Hedwigsstifte geschenkt worden. Ein anderer Herzog der-
selben Linie, der Johanniterritter Ruprecht, hat dann 1380
diese Bilder noeh einmal fur sich kopieren lassen und ein
Breslauer Patrizier, Anton Hornig, endlich 1451 das latei-
nische Original der Hedwigslegende vollstandig verdeutschen
lassen unter Reproduktion der Bilder. Die Liegnitzer Her-
zoge, Georg I. (1488 — 1521) und Friedrich II. (1488 — 1547),
haben dann im Jahre 1506 filr sich auch eine deutsche
Ubersetzung und Fortfilhrung der alten Chronica princi})um
Poloniae veranlafst.
Es fehlt nun sonst nicht an Kamen von schlesischen
Gelehrten aus der gedachten Zeit, Theologeu, Philosopheu,
Medizinern, Alchymisten, fur deren Aufzahlung doch in
dieser kurzen Ubersicht nicht der Ort ware, und nur der
Kuriositat wollen wir hier eines merkwiirdigen Reisenden
gedenken, eines schlesischen Edelmannes im Dienste Kaiser
Friedrichs III., Nikolaus von Popplau, der als eine Art von
fahrendeni Ritter in den Jahren 1483 — 1486 Westeuropa
durchzog und an den Hofen von Burgund, England, Spanien,
Portugal, Frankreich grofses Aufsehen erregte, gleichzeitig
durch die Kcirperslarke, mit welcher er einen gewaltigen
Spiefs, den andere nicht einmal aufzuheben vermochten, zu
handhaben wufste, wie durch die Gewandtheit im Gebrauch
der lateinischen Sprache, worin er es mit alien Doktoren
aufnahm. Er ist 1489 auf einer Reise nach dem Orient zu
Alexandrieu gestorben. Das uns erhaltene Tagebuch seiner
ersten Reise zeigt ihn als einen aufmerksamen Beobachter
der Eigentiiralichkeiten von Land und Leuten auf seinen
Wanderzilgen.
Im grofsen und ganzen Avird man sagen konuen, dais
die Pflege der Wissenschaften in Schlesien im 15. Jahrhun-
dert durch die Ungunst der Zeit etwas darnieder gehalten
worden ist.
Es wurde das alles anders aussehen, wenn so giinstige
Zeiten, wie sie einst Karls IV. Herrschaft fiir Schlesien
heraufgefiihrt , fortgedauert batten, aber unter den wilden
414 Viertes Buch. Fiinfter Abschnitt,
Stiirmen der Hussltenkilmpi'e ging das Beste zugrunde; da
tuhrten die Streiter das Wort, und in weiten Kreisen inter-
essierte man vor allem sich liir Manner, welche die ver-
hafsten Czeelien vom religiosen Standpunkte als Feinde der
Christenheit bekampften, wie dies z. B. jener Breslauer
Domkantor Nikolaus Tempelteld aus Brieg- gethan, der in
der Zeit der Podiebradschen Kampfe in Breslau einen gi-olen
Einfluls ausiibte. Seine verschiedenen Traktate gegen Georg
Podiebrad, in denen ein gewisses Mafs von Gelehrsanikeit
mit einer leidenschaftlichen Beredsamkeit verbunden erscheint,
tind welche neben der religiosen Seite ebensowolil den na-
tionalen Gesichtspunkt berucksiehtigen, fanden auch in Laien-
kreisen gi'ofsen Anklang.
In keinem Falle aber wiirde man den Schlesiern eine
Unterschatzung des Wertes gelehrter Bildung nachsagen
konnen. In wie vielen Stllcken auch der Osten Deutsch-
lands dem Westen nachsteht, hier scheint er den Vergleich
nicht scheuen zu diirlen. Das Schulwesen war von An-
fang an hier ein Gegenstand grofser Aufmerksamkeit seitens
der deutschen Kolonisten gewesen. Neben den Schulen,
welche die grofseren Kloster, vor allem die zahlreichen Kol-
legiatstifter hielten, schufen doch auch die Stiidte i'ur .sich
besondere Schulen, und wir vermogen noch aus dem 13. Jahr-
hundert resp. aus dem Ant'ange des 14. solche Stadtschulen
in Breslau (zwei bei den beiden stiidtischen Pt'arrkirchen
St. Ehsabeth 1267 und Maria Magdalen a 1293), Leobschiitz
1270, Schweidnitz 1289, Brieg 1292, Sagan, Grottkau,
Reichenbach, Liiben, Glogau, Liegnitz nachzuweisen , und
die letztere scheint sogar, in ihren Zielen iiber das Elemen-
tare hinausgehend, gleich der Breslauer Domschule gram-
matische, logische und naturwissenschaftliche Studien ge-
trieben zu haben. Wir vermogen auch nachzuweisen, dafs
die Schulen in Breslau wie in andereu schlesischen Stadten
im 15. Jahrhimdert erweitert und gefordert worden sind;
auch die Wohlthatigkeit der Burger hat sich vielfach dui'ch
Stiftungen mancherlei Art den Schulen zugewendet, und
wenn es wahr ist, dafs zu Jauer in der Zeit vor 1526 ein
Statut erlassen Avorden ist, dem zutblge dort alien, die nicht
lesen und sclireiben gelernt batten, das Biirgerrecht versagt
bleiben sollte, so ware das immerhin ein bemerken-swertes
Zeichen fortgeschrittener Bildung.
Allerdings scheint gerade in der schlesischen Hauptstadt
am Anfange des 15. Jahrhunderts das Schulwesen etwas in
Verfall gekommen zu sein. Die Schilderungen , welche uns
der Schweizer Thomas Platter in seiner Selbstbiographie
Schulwesen in Schlesien. 415^
liefert, kliugen wenig erbaulich, sie zeigen uns in schlechteu,
unreinlichen Lokalen schleclit clisziplinierte Haufen von
Schiilern, bis zu ueun Klassen in einem und demselben Lo-
kale gleichzeitig unterrichtet und auf das Diktieren ange-
wiesen, da gedruckte Bllcher noch mangeln, und das all-
gemeine Urteil Platters lautet, viel studiert wiire hier nicht
worden. Selbst die Neilser Schulen iibertreffen die Breslaus^
und erst nach der Reformation Breslaus hebt sich intblge
dei' Bemiihungen von Miinnern wie Job. Hefs und Ambrosias
Moiban das Breslauer Schulwesen; die rechten durchgreifen-
den Reformen aber datieren erst aus der Mitte des 16. Jahr-
hunderts.
Dagegen mufs hervorgehoben werden, dal's schon vom
13. Jahrhundert an der Besucb von Hochschulen diirch
Scblesier keineswegs zu den Seltenheiten gehorte, und dafs
auf den italieniscben Hochschulen nicht wenige schlesische
Greistliche akademische Grade erlangt haben. Auf den Uni-
versitaten zu Prag (gestiftet 1348), zu Krakau (gestiftet
1364) und Wien (gestiftet 1378) waren die Schlesier liber-
aus zahlreich vertreten.
Es mufs auch den Breslauer Bischofen nachgeriihmt wer-
den, dafs sie immer aufs neue die Erlangung einer aka-
demischen Bildung ihren Kanonikern eingescharft haben.
So hat Bischof Wenzel 1411 eine Reihe aufserordentlicher
Einnahmen fur seine Kanoniker davon abhiingig gemacht,
dafs dieselben entweder auf einer privilegierten Universitat
drei Jahre studiert, oder aber einen akademischen Grad erlangt
batten, und sein Nachfolger, Bischof Konrad, gestattete den
Auslandern, die sein viel angefeindetes Edikt von 1435 von
den Breslauer Domptriinden ausschlofs, ausnahmsweise den
Zuti'itt auf Grund einer akademischen Wiirde. Und als
dann zu Bischof Rudolfs Zeit der in weiten Kreisen gehegte
Wunsch, durch eine akademische Wiirde sich ausgezeichnet
zu sehen, zur Erkaufung von Diplomen trieb, trat der
Bischof 1476 diesem Mifsbrauche dadurch entgegen, dafs er
die Anerkennung der Wiirde nur auf Grund des nachge-
wiesenen akademischen Trienniums und der abgelegten Prii-
fung gewahrte.
Als im Jahre 1409 infolge der hussitischen Unruhen
drei der vier hier vereinigten sogenannten „Nationen" die
Prager Hochschule verliefsen, weil man ihnen zumutete, dafs
foi-tan die eine czechische Nation ebenso viel zu sagen haben
sollte als die drei andern zusammen, bestand eine der drei,
die sogenannte polnische Nation, zum grcifsten Teil aus
Schlesiern nebst einigen Preufsen, da die Polen seit Stiftung
416 Vicrtes Biich. Fiinfter Abschnitt.
ihrcr Jagollonisclien Universitat diese bcvorzugten ; imd da
aurserdem die Fiihrer der ganzen Bewegung, der derzoitige
Rektor der Universitat, Joluinn von j\[unsterberg und der
Dekan Johann Hoffmann von Schweidnitz, Schlesier waren,
so ward von ihnen zuniichst Breslau als Zuflucht fiir die
Auswandernden vorgeschlagen , und nur die zu weit nach
Osten geschobene Lage dieser Stadt hinderte die Wahl
dieses Ortes, an dessen Stelle nun Leipzig trat. In dieser
neuen Universitat sehen Avir dann die ISchlesier eine sehr
bedeutende Rolle spielen, weniger durch die Zahl der sclile-
sischen Studenten, da die schweren Kriegszeiten im 15. Jahr-
bundei't hindernd dazwischen traten, wohl aber durch die
reich dotierte schlesische Stil'tung des Liebfrauenkollegs und
nicht minder durch die Zahl der hier wirkenden aus Schle-
sien stammendeu Lehrer, wie denn in dem Zeitraum von
1409 — 1500 nicht weniger als 25 Schlesier das Rektorat
der Universitat Leipzig verwaltet haben.
Aber audi auf vielen andern deutschen Uuiversitiiten, in
Rostock, Erfurt und sogar in dem fernen Herford begegncn
wir vielfach schlesischen Docenten und Studenten, ja solbst
Stiftungen fur Schlesier, in Wittenberg war der Rektor,
welcher 1508 Luther als Professor inskribierte , Nikolaus
Faber, ein Schlesier, und in Wien gab 1528 ein Schlesier,
Christoph Rudolf aus Jauer, das erste Buch liber Algebra
heraus.
Alle diese Anfiihrungen geben in ihrer Gesamtheit doch
ein anderes Bild, als wir es von jener Zeit aus dem deut-
schen Sudwesten erhalten, wo uns z. B. von Ulm Felix
Faber um 1490 berichtet, in seiner Jugend, also um die
Mitte des 15. Jahrhunderts, sei unter 1000 Geistlichen nicht
einer gewesen, der nur eine Universitatsstadt gesehen habe,
und ein Magister oder Baccalaureus der Universitat sei wie
ein Wunder angestaunt worden.
Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts erreicht nun die
merkwurdige geistige Bewegung des Humanismus, in wel-
cher das Wiederaufleben der klassischen Studien seinen
Ausdruck findet, auch unser Schlesien. Vorausgeeilt war
ihr naturgemafs jene Erfindung, welche ja mehr als irgend-
eine andere das geistige Leben der Menschheit vorwarts
gebracht hat; im Jahre 1475 druckte der Unterkantor der
Kreuzkirche, Kaspar Elyan, nachmals Domherr hierselbst,
das erste Buch in Schlesien, die Synodalstatuten des Bres-
lauer Bischofs Konrad; allerdings blieben die Produkte
seiner Presse auf engere Kreise beschriinkt, bis dann Kon-
rad Baumgarten um 1503 humanistische Dichtungen von
Gelehrsamkeit, Humanismus. 417
Lorenz Rabe (Corvinus) unci Sigmund Buchwald (Fagi-
lucus) iind dann 1504 jene jetzt sehr selten gewordene, da-
mals aber viel verbreitete illustrierte Hedwigslegende ver-
oifentlichte. Die Buclidruckerkunst lieferte dem Humanis-
mus seine Waffen.
Wie es das Eigentiimliche dieser Bewegung war, dafs
sie ilber alien nationalen Stromungen stehend, die hoher ge-
bildeten Geister aller Nationen zu einer grofsen Gelehrten-
republik verknupt'te, die im Latein ihre iiberall verstandene
Universalsprache hatte, so zeigte sie ihre Wirkung auch
darin, dafs sie nach Schlesien, wie es scheint, ihre ersten
Strahlen gesandt hat von der polnischen Hochschule Ka-akau
aus, wo neben den hergebrachten scholastischen Wissen-
schaften, die auch hier vornehmlich von Schlesiern, Michael
von Breslau und Johann von Glogau gelehrt wurden, doch
auch die humanistischen Studien eine so eifrige Pflege fan-
den, wie dies in Deutschland sonst nur in Erfurt geschah.
Hier ging aus dem Kreise, den der grofse Wanderapostel
des deutschen Humanismus , Konrad Celtes, urn sich sam-
melte, neben dem Breslauer Sigismund Gossinger (Fusilius),
auch der grofste schlesische Humanist hervor, Lorenz Rabe
(Corvinus), der Sohn eines Kurschners aus Neumarkt, der
mit seiner Cosmographia, seinem in 25 Auflagen gedruckten
gramraatischen Werke Hortulus elegantiarum und seinem
lateinischen Ubungsbuche Latinum ydeoraa einen grofsen
Einflufs auf die Zeitgenossen iibte und zugleich als Lehrer
in Schweidnitz und Breslau wirkte, um dann 1503 in das
wichtige und einflufsreiche Amt eines Breslauer Stadt-
schreibers berufen zu werden.
Plan einer Breslauer Universitat.
In der schlesischen Hauptstadt war schon friih das lu-
teresse flir humanistische Studien rege geworden, so dafs
Celtes seinen Freund Corvinus aufforderte, „die herrliche
Stadt Breslau '' in seiner neuen Stellung berllhmt zu machen.
Wesenthch das humanistische Interesse war es ja nun auch
gewesen, welches 1505 zu dem Versuche der Griindung einer
eigenen Universitat in Breslau gefiihrt hatte.
In dem Interesse fur humanistische Studien begegneten
sich um den Anfang des 16. Jahrhunderts die einflufsreich-
sten Manner Breslaus: der Bischof von Breslau, Johann IV.
Roth, den Zeitgenossen als hervorragenden Gelehrten riili-
men , der Hauptmann des Filrstentums Breslau , Hans
Haunold und vor allem der gelehrte Stadtschreiber von
Grunliagen, Gescli. Schlesieus. 1. ''-^
418 Viertcs Bucli. Fiinfter Abschnitt.
Breslau, Gregor ^lorenberg, und schnell ward in diesem
Kreise der Plan gefafst, in Breslau eine eigene Universitat
zu griinden, wozu auch der papstliche Legat, Kardinal
Peter, aufmunterte, der von dem vielfach bewiesenen recht-
glaubigen Eifer der Breslauer durch die neu zu griindende
Hochschule ein erwunschtes Gegengewicht hergestellt zu
sehen hofFte gegen die allerlei hussitischen und wiklefitischen
Ketzereien anhangende Prager Universitat. Fiir den Plan
die Zustimniung des allezeit willigen Konigs Wladyslaw zu
erlangen , hielt nicht scliAver , derselbe stellte unter deni
20. Juli 1505 einen formlichen Stiftungsbrief aus und pro-
klamierte darin die Griindung eines „ allgemeinen Gym-
nasiums der Wissenschaften '' in der Hauptstadt des ganzen
Schlesiens, „welche durch ihre Gelehrsamkeit (humanitate)
alle Stadte Deutschlands libertreffe". Aber auch das Schwie-
rigere, die Mittel zu solcher Griindung zu beschafFen, schien
gelingen zu sollen, zunachst stand die reiche Dotation des
schlesischen Liebfrauenkollegs zu. Leipzig nach einer Klausel
der Grundungsurkunde fur solchen Zweck zur Verfugung,
dann sollten die Pfriinden des Breslauer Kreuzstiftes , fiir
Avelche der Landesherr das Vorschlagsrecht hatte, zur Do-
tierung von Professorenstellen verwendet werden; weitere
Zuwendungen erAvartete man von dem Bischof und dem
Papste.
Schon hatte die Stadt auf dem Elisabethkirchhofe pro-
visorisch ein holzernes Gebiiude fiir die neue Hochschule
errichtet. Doch als die Sache nach Rom kam zur Be-
statigung, bHeb diese aus; von Krakau aus, wo man bei
der neuerdings wieder enger gekniipften gelehrten Verbin-
dung mit Schlesien eine Schmalerung der Jagellonischen
Hochschule furchtetC; ward eifrig jenem Plane entgegen-
gearbeitet, auch fanden die Breslauer nicht den rechten
Weg, um Papst Julius H. dem Plane giinstig zu stimmen ;
dazu starben gerade 1506 zwei der Hauptgonner des Unter-
nehmens, der Landeshauptmann Haunold und Bischof Jo-
hann von Breslau, es zeigte feruer das Kapitel des haupt-
sachlich in Frage kommenden Hochstiftes zum heiligen
Kreuz nicht allzu viel Neigung, einen Teil seiner Pfriinden
fiir akademische Interessen verwendet zu sehen. Die Stadt
Breslau selbst, damals in Streitigkeiten wegen der Nieder-
lage verwickelt und von Fehden bedroht, war zwar zu
Opfern bereit, Gregor Morenberg vermochte aber doch die
sinkende Sache nicht allein zu halten, und so blieb denn.
der Plan von 1505 thatsiichlich unausgefiihrt.
Kiinste. 419
Kiinste.
In der Stiftungsurkuncle der in Aussicht genomraenen
Universitat wird ausgesprochen, dafs deren Sitz Breslau, die
Hauptstadt des ganzen Schlesiens , durch die wunderbar
gliickliche Lage und die Trefflichkeit der Hauser und mo-
numentalen Bauten und dazu durch die Bildung ihrer Bur-
ger sich vor alien deutschen Stadten auszeichne. Es mag
in diesem hohen Lobspruche manches auf Rechnung der
Gewohnheit jener Zeit zu setzen sein, Urkunden dieser Art
mit schonen Redensarten zu verbramen, aber wir werden
es docli begreifen, dafs unser Breslau mit seinem Reichtume
an stattlichen gotischen Kirchen, mit seinem uniibertroffenen
Rathaus, dessen Hauptfacade, die slidliche, vom Jahre 1471
an ausgebaut worden war, und mit den zahlreichen stolzen
Giebelhausern, namentlich am Ringe, bei denen haufig die
alte kunstvoUe Anlage noch dui'ch spatere Verballhornung
hindurchschimmertj wohl als hervorragend unter den deut-
schen Stadten angesehen werden mochte. Einen ganz be-
sonderen Schmuck erhielt 1482 — 1486 die Hauptkirche der
Stadt zu St. Elisabeth durch die aufgesetzte Pyramide des
Turmes, welche bis zur Hohe des Wiener Stephansturmes
emporstieg, aber 1529 durch ein Unwetter auf den Ring
herabgeschmettert ward, gllicklicherweise ohne Schaden an-
zurichten.
Auch sonst verdient es anerkannt zu werden, dafs ti'otz der
Abgelegenheit Schlesiens von den Mittelpunkten altdeutscher
Kunstthatigkeit hier in Schlesien und vornehmlich in Breslau
die bildende Kunst eifrig gepflegt und so Breslau wiederum
fiir die noch mehr zurtickgebliebenen Lander des Ostens
ein Vorbild deutschen Kulturlebens geworden ist.
Fiir den Reichtum an Kleinodien und Kunstwerken im
Besitze der Kirchen, den schon Barth. Stein riihmend her-
vorhebt, zeugen mehr noch als die uns erhaltenen Reste alte
Schatzverzeichnisse , doch auch das Museum schlesischer
Altertiimer besitzt manches Schau- und Schmuckstiick treff-
Hcher Arbeit, und neben der beriihmten erzenen Grabplatte
des Bischofs Johann Roth, einem Werke Peter Vischers von
1496 im Breslauer Dom, konnen sich das Grabmal des
Landeshauptmannes Sebastian Monau in der EUsabethku-che,
von unbekanntem Kiinstler, und von Bildhauerarbeiten das
Sakramenthauschen des Schlesiers Nikolaus Tauchan in der
EHsabethkirche, sowie die jetzt in die Front der Elftausend-
jungfrauenkirche eingemauerten Skulptm-en des alten Nikolai-
420 Viertes Buch. Fimfter Abschnitt.
thores unci die des alten Oderthores zu Glogaii wohl selien
lassen. Bemerkenswert ersclieint daun auch das Grabmal
des Breslauer Patriziers Peter Jenckwitz vom Jahre 1488
in der dortigen Elisabethkirclie als ein aulfallend frilhes
Beispiel eines Renaissaneewerkes, welche Kunstrichtung hier-
her anscheiuend nicht aus Deutschland, sondern aus Polen
resp. Ungarn gekommen ist.
Vor allem ward in Sclilesien im 15. Jahrhundert Grofses
geleistet auf dem Gebiete der Holzschneidekunst. Nachdem
die Verwiistungen der Hussitenkriege an vielen Orten die
Altiire ihres Schmuckes beraubt batten, entstand bier, wo
schon seit 1390 eine besonders konstituierte und privilegierte
Ziiuft der Maler und Bildbauer sich gebildet batte, eine be-
sondere Scbide dieser von Malern gepflegten Kunst, die dann
dui'cb das ganze Land zerstreut, in zabb-eicben Scbnitzaltiiren
Werke hervorgebracht haben, Avelcbe Kenner zu dem Besten
recbneu, was altdeutsche Kunst geschaffen hat.
Recht wenig dagegen haben wir zu berichten, wenn wir
uns nun zu der Kunst wenden, die in spaterer Zeit so eit'rig
gerade in Schlesien kultiviert worden ist, der Dichtkunst.
Urasonst suchen ^yir im 14. und 15. Jahrhundert hier nach
Manuern, welche die Tone echter Poesie, wie sie einst am
Ende des 13. Jahrhunderts Herzog Heinrich von Breslau
so rlihrend anzusclilagen verstanden hatte, weiter vererbt
batten; weder von den Hohen der Gesellschaft , noch aus
der Tiefe des Volkslebens klingt uns ein Lied entgegen, und
ein uns erhalteues Osterspiel des 15. Jahrhunderts, das wohl
in dem schlesischen Grenzgebirge seinen Ursprung hat, kanu
uns mit seinem derbeu Humor, der in die heilige Handlung
sich einmischt, nur miifsig anmuten. Wohl scheint es an
Interesse fiir Poesie hier nicht ganz zu felilen, wie denn
z. B. der Dialog von Hans Sachs iiber den Geiz (1524) an
Hans Odrer zu Breslau gerichtet erscheint, aber eigene
Geistesprodukte von Schlesiern vennogen wir nicht aufzu-
weisen, und erst im Gefolge des Humanismus sehen wir
auch die Poesie , die dann allerdings ausscliliefsHch der
Sprache Vu'gils sich bediente, hier wieder ihren Einzug
halten, und die Gedichte des aus Neumarkt gebiirtigen Bres-
lauer Stadtschreibers Lam-entius Corvinus (f 1527) und des
Breslauers Sigismund Fagilucus (Buchwald) preist Ulrich
von Hutten in zierlichen Distichen. Wie Laurentius Cor-
vinus seine Leier zum Ruhrae des schonen Sclilesierlandes
stimmt, so widmet dann der Hirschberger Kleriker Pankraz
Geier (Vulturinus) in einem Lobgedichte, das er 1506 zu
Padua, dem Orte seiner Studien, verfafste, jeder der schle-
Biklende Kiinste. Poesie. 421
sischen Stadte noch besonders einige freilicli nicht immer
tadellose lateinische Hexameter, speziell fur Breslau hat er
das stolze Lob, es sei vergeblich, etwas, was Breslau nicht
bote, anderswo suchen zvi wollen.
Aber auch aus nicht schlesischem Munde tcint uns sol-
ches Lob entgegen, der vielgereiste Franzose Hubert Languet
lindet in Schlesien und speziell in dem Breslau des 1 6. Jahr-
hunderts die wahre Heimat der Humanitat und in seinen
Bewohnern ein grolseres Mafs von Lauterkeit der Gesinnung
als irgend sonst in Deutschland, wahrend Melanchthon ihnen
ein Verstandnis und ein Interesse I'lir gelehrte Bildung in
einem aufsergeAvohnlichen Malse naclu'uhmt.
Das Herz eines Schlesiers hebt sich freudiger bei solchen
Lobspriichen, das Wesentlichste aber daran ist doch die
Thatsache, dafs es deutsche Kultur ist, die hier gepriesen
ward, dais an der Schwelle der neuen Zeit Schlesien steht
als erfiillt von deutschem Geiste, teilhaftig der Segnungen
deutscher Gesittung. Unahnlich den anderen Kolonisten-
landern der bohmischen Ki'one, Bohmen und Mahren, wo
auch in den natiirHchen Mittelpunkten der Lande die ein-
gefuhrte deutsche Kultur einfach von slavischen Einfliissen
und Stromungen dui'chsetzt, ja unterdriickt erscheint, ist
Schlesien gerade in den Scluchten und an den Stellen,
welche den bestinimendsten Einflufs auf das Schicksal des
Landes hatten, aller slavischen Herrschaft zum Trotze deutsch
geblieben. Dank vor allem dem beherrschenden Einflusse
der Landeshauptstadt, dem doch auch die schlesischen Fiir-
sten slavischer Nationahtat sich nicht zu entziehen ver-
mochten; das sla.vische Element erscheint hier nui' gleich-
sam in der Peripherie oder vermischt mit dem Ballaste der
unteren Volksschicht^ hatte dasselbe auch die Ungunst der
Zeit numerisch anwachsen lassen, so war es doch nicht in
der Lage, einen Anspruch auf Teilnahme an der Herrschaft
zu erheben, und als Schlesien im Jahre 1527 seit langer
Zeit wiederum zum erstenmale unter das Scepter eines Herr-
schers aus deutschem Stamme kam, empfing dieser es im
entschiedenen Gegensatze zu Bohmen und Mahren als eine
deutsche Provinz.
Register *).
A.
Abel, daniscber Prinz G6.
Acil Stephan 389.
Adam, papstlicher Kaplan 109.
Adalbert der Heilige 6.
Adelbeid von Sulzbach, Herzogin
35.
Agnes , Prinzessin , Abtissin von
Trebnitz 66. 107.
— , Gemablin Bolkos II. von Schweid-
nitz 182. 218.
Albert m. d. Barte, Graf 22. 78.
— , Vogt in Krakau 131. 132.
— , Erzb. von Gnesen 260.
Albrecht, Markgraf u. Hocbmeister
380 if. 388.
Albrecht, Markgraf von Branden-
burg 99. 126.
— von Anhalt 126.
— Achilles 268. 270. 279 ff. 288.
297. 301. 309. 314. 316. 328.
340 ff.
— , Herzog von Sachsen 328. 341.
— , Herzog von Mlinsterberg 329.
346.
Ambrosius 241.
Anna, Geinahlin Heinrichs II. 65.
70. 74.
— , Gemablin Heinrichs VI. 137.
— , Gemablin Karls IV. 180. 182 ff.
Anna, Gemablin Konig Ferdinands
365.
— , Schwester Markgraf Georgs
379.
Augustiner in Breslau 20. 57.
— am Zobten 20. 57.
Auras 134. 180. 312.
Auschwitz 34. 396. 397.
— , Herzoge von 275. 363.
Aussatzspitaler 410.
Auvergne, Peter von, Legat 164.
Azenheimer, Leonh. 272. 274.
B.
Baltasar, Herzog von Sagan 300.
303. 306. 317. 319 ff. 324. 327.
328. 360.
Banz, Nikolaus v. 140. 163 ff. 166.
Barbara, Herz. von Glogau 328.
340. 345.
— , Herz. von 01s 329.
— , Herz. von Jagerndorf 359.
Barbj, Herm. von 129.
Baritscb 99.
Bartholomaus , Herz. von Miinster-
berg 372 ff.
Bauerwitz 381. 388.
Baumgarten, Konr. 416.
Bautzen 178. 179. 181. 355.
Beatrix, Gemablin Bolkos I. 122.
*) Materien und Namen, welche in dem Inhaltsvcrzeicbnisse bereits
angegeben worden, baben in diesem Register keine Stelle mehr gefunden.
Register.
423
Beckeusloer, Joh. 326.
Bede 157.
Bedrzich, Hussitenbiiuptling 254.
Beginen 162.
Behatn, Alb. von 66.
Belver 274.
Benediktiner 20.
Bennisch 388.
Bentschen 72.
Bergbau 399 ff.
— auf Gold 64.
Berna 157.
Bernhard, d. beil. 22.
— von Fiirstenberg, Herzog 136.
147.
— von Falkenberg 212 ff. 220 ff.
Bernstadt 88. 125. 252.
Berthold, Graf von Henneberg 131.
Beutben a. 0. 32.
— in Oberschlesien 34. 88. 195. 253.
342. 346. 388.
Beyer, Peter 198.
Bielik, Jan v. Cornitz 342. 346.
Bischofe, Breslauer 16. 17.
— , deren Verb, mit Gnesen 190.
191.
Bitschen, Arabros. 277 ff. 286.
Blanca, Maria Sforza 346.
Bnin, Schlofs 54.
Bobersberg 341. 345.
Boborane 3.
Bochnia 111.
BogusIaM', Domprobst 84.
Bohrau 180. 305 ;
— , Michael von 147.
Bohusch, Bischof von Olmiitz 287.
Boleslaw, Bruder Peta- Wlasts 20.
— , Herz. von Grofspolen 96.
— , Herz. von Krakau 51 ff. 111.
— , mahriscber Prinz 70.
— I. von Oppeln 108. 112. 120.
131. 139. 142.
— von Masowien 112. 113.
— von Beutben 188.
— III. von Oppeln 188 ff
Boleslawice 126. 211. 212.
Bolka von Beutben 188.
Bolkenbain 123. 200. 274. 398.
— , Scblofs das. 312. 320.
— , Martin von 412.
Bolko s. Boleslaw, von Falkenberg
139. 142. 185. 195.
— von Mlinsterberg 147. 164. 174.
184. 207. 210.
— 11. von Sch^veidnitz-Jauer 145.
— IV. von Oppeln 212.
— V, von Oppeln 249 ff. 298. 307.
Borziwoi 10. 54.
Borzycbow, Syncde zu 47.
Brakteaten 404.
Brene, Heinrich v. 97. 105.
Breslau 33. 90. 155. 197. 213 ff.
Adalbertskirche 20. 58.
Becher, goldener 268. 269. 311.
Belagerung 79.
Bernhardinerkirche 281.
Bier 399.
Bischofshof 165.
Brotmarkt 159.
Briicke, neue 313. 333.
Domburg 68. 104.
Egidieakirche 140.
Elisabethhospital 81. 419.
— kirche 76. 91. 417. 419.
— schule 414.
Heiligegeiststift 57.
Jakobskloster 65. 75. 107. 281.
Kaufbaus. deutsches 59. 75.
Klarenstift 75. 126.
Klemenskircbe 227.
Konsulwahl 202.
Kreuzkircbe 110. 418.
Kreuzstift 117.
St. Lazarus 335.
Magdalenenkircbe 58. 409.
— schule 414.
Matthiasstift 75. 91.
Micbaeliskircbe 17.
Minoriten 392.
Moritzbriicke 21.
— kirche 21. 59.
Neumarkt 193.
Neustadt 21. 93. 160 ff 313.
Niederlagsrecht 403. 418.
Nikolaikirche 77.
— thor 419.
Oppelner Haus 216.
Pelzbriicke 268.
Rathaus 176.
Eatskapelle 408.
Salzring 282.
Sandinsel 90.
Sandstift 30. 330.
Tschepine 42. 77.
Tuchraacher 159 ff.
Vincenzstift 22. 24. 30. 408.
Wallonenstrafse 21. 59.
— , Michael von 417.
Bretislaw von Bohmen 9.
Brieg 88. 90. 126. 127. 183. 198.
213. 245. 248. 267. 333 ff 388.
397. 398. 403.
Hedwigstift 187. 413.
Konsulwahl 202.
424
Register.
Brieg, Minoriten 107.
Nikolaikirche 187.
— schule 414.
Briigge 199.
Briinn 199.
Bucbwald, Sigmuud 417. 420.
Biichse, grofse 318.
Bunzlau 64. 123. 127. 246. 248.
397. 399.
Burg 199.
Burghard, Burggr. von Magdeburg
131.
Buruegeld 197.
Busch 360.
c.
Canth 147. 148. 200. 246. 372.
Carceribus, Galhard de 165 ff.
Carpentarii; Nic. 245.
Celtes, Konr. 417.
Ceslaw 58.
Christian, der erste Biscbof von
Preufsen 49.
Christine, Herzogin von Polen 31.
Christoph, der schwarze 372.
Chronica princ. Polon. 413.
C;hronicon Polono-Silesiacura^ 413.
Cimburg, Stibor von 317. 356.
Cistercienser in Schlesien 22. 39.
411.
Colo, Apitius 348. 360.
Cornnus, Johann 344 ff. 354 ff.
360 ff.
— Laurentius 401. 417. 420.
CzarnoTvanz, Kloster 58.
— , Propst von 108.
Czastolowicz , Puota von 241ft'.
244 ff. 247.
D.
Dammratsch 212.
Daniel, Fiirst von Halitsch 51.
Danzig 198. 401.
Deodesi 3. 7.
Deutschordensritter 69.
Dietrich, Domdechant 206. 207.
Dirsko, Palat. von Breslau 49.
Distler, Familie 402.
Dlugosz, Job. 412.
Dobeslaw, Marschall 25.
Dobrin 411.
Dohna. Abraham von 333.
Dompnig, Heinz 352. 353. 354. 358.
359.
— , Franz 372.
Dreigriiben 6.
Drzyrski, Familie 222.
Duba, v. d. 207 s. Nassidul.
— , Albrecht Berka 312.
Dubna, .lakob von 330.
Dubravius 364.
Duster, Joh. 326.
Duznik (Reinerz) 395.
E.
Ebersbach 274.
Ebersdorf, Reinprecht von 279. 280.
290. 291.
Eckard, Domherr 84. 85.
Edelstein, Schlols 104. 106.
Eger 301.
Egidius, Kardinal 16.
Eidgeschofs 160.
Elisabeth , Tochter Heinrichs II.
73.
— , Tochter Heinrichs V. 134.
— , Gemahlin Ludwigs 11. voii
Licgnitz- Brieg 267. 272. 274.
276 ff.
Elyan, Kaspar 416.
Ernst, Herzog von Sachsen 328.
332 341
Eschenloer,' Peter 293. 402. 412.
Eulau 6.
Euphemia von Kosel 145.
Eytzinger. Ulrich 290.
Faber, Nik. 416.
— , Felix 416.
Falkenberg 244.
Falkenhain, Kunad von 168. 169.
171. 186.
Falkenstein 254.
Fantin 309.
Femgerichte 218 ff.
Feuerordnungen 406.
Flandern 199.
Frangipani, Beatrice 374.
Frankenstein 147. 148. 179. 197,
213. 245. 283. 317 ff 320. 349.
Frankfurt a. 0. 199. 397. 403.
Franziskanerkloster 410.
Franzosenkrankheit 410.
Fraustadt 334. 398.
Freiburg 1.53.
Freistadt 348^360. 397. 40(j.
Freiwaldau 375.
Freudenthal 331. 342. 388. 392.
Register.
425
Freyberg, Nik. 227.
Friedricli (oline Laud), Laudgraf
110.
'— II. , Kurflirst von Brandenburg
268. 323.
— von Teschen 36(3.
— I. , Herzog von Liegnitz 278.
286. 290 ff 297. 301. 306. 312.
324. 327. 329. 334. 346. 413.
— II. , Herzog von Liegnitz 363.
372. 377 fi. 388. 399.
Froben, Stadtscbreiber von Nams-
lau 354.
Fugger, die 375.
— , Anton 375. 400.
(Fulko), Bischof von Krakau 45.
Fiir&tenberg 199.
Fiirstenbund, schlesischer 215 ff.
Fiirstenrecht, schles. 365.
Flirstenstein 123. 312.
Fiirstentage 173.
G.
Geier, Pankraz 420.
Geifselbriider 203.
Gentilis. Kardinal 162.
Georg, Markgraf von Brandenburg
374 ff.
Georg , Herzog von Miinsterberg
346.
— , Herzog von Kosel 139.
— I., Herzog von Brieg 413.
— , Hauptraann zu Glogau 28.
Gertrud, Abtissin von Trebnitz 55.
— von Landsberg 122.
Geschofs 60.
Gewedde 91.
Girnth. Joach. 399.
Glatz 13. 14. 71. 97 ff. 111. 147.
148. 197. 213. 244. 245. 283.
315. 320ff. 329. 348 ff. 362. 398.
Augustiner 245. 329.
<Tlaubitz, Familie 245.
Gleiwitz 173. 251. 363. 396.
Glogau 8. 10. 12. 32. 33. 47. 63.
m. 79. 81. 88. 90. 125. 145.
1.55. 179. 183. 197. 210. 309.
344 ff. 398. 403. 404. 4U5. 406.
Laud 34. 324. 360 ff. 364. 376.
Miuoriten 107.
Schule 414.
— . Job. von 417.
— . Ober- 244.
Miuoriten 107.
Stift das. 307.
Gnesen, Erzbischof 85. 107 ff.
Gohlau 253.
— , Zoll 93.
Goldberg 41. 58. 86. 143. 154. 1S6.
197. 243. 278 ft". 392. 399.
jVlinoriteu 107.
Goldbergbau 64 399.
Gonsawa 51.
Gorkau a. Z. 2 >. 246.
GOrlitz 136. 147. I78ff. 199. 242.
318. 355. 398.
— , Waidstapel 401.
Gossinger, Sigism. 417.
Gottesurteil 10.
Gramis, Nic. 274.
Gran, Erzbischof von 66.
Gratz bei Troppau 196. 244.
Greisau 244.
Grenzhag s. preseca.
Greuzzeicheu 327.
Grimma 199.
Groditzberg 6. 327.
Groschen 404.
Grofsenhain 402.
Grottkau 127. 183. 186. 190. 191.
218. 244. 268. 333 ff. 397.
Schule 414.
Gruuau bei Hirschberg 399.
Griinberg (in Bi3hnienj 315.
Grundruhr 196.
Griissau , Klo.ster 65. 75. 123.
127.
Griitzenschreiber , Matthias 279.
286.
Grymislawa, Herzogin 52.
Guhrau 58. 123. 125. 143. 179.
197. 204. 210.
Giinther, Bischof von Plock 50.
H.
Habelschwerdt 197. 321.
Hagen, Franz von 325 ff. 333 ft'.
336.
Hain, Hans 274.
Hausa 4U2
Hardegg, U'rich, Graf 362. 363.
Hasenburg, Ulrich von 320.
Haugwitz, Familie 136.
— , Hans von 347. 349. 355. 359.
— . Hinko von 355. 359.
Hauuold. Hans 417. 418.
Hayuau 123. 126. 143. 186. 246.
278. 397.
Hedwig, d. heilige 55 ft'. 94. 95.
— , ihre Legende 417.
426
Keffister
Hedwig, Tochter Konrads I. von
01s 145.
— , Herzogin von Liiben 278 ff.
285 ff. 306.
— , Tocht Primkos von Teschen 344.
— von Miinsterberg, Geiualilin des
Markgr. Georg 388.
Heiniich von Brieg, Herz. 185.
— von Jauer, Herz. 13G. 14G.
— von Sagan, Herz. 144.
— , Erzbischof von Gnesen 45. 47.
— von Wiirben, Bischof von Bres-
lau 129. 162 ff.
— , Herzog von Miinsterberg 315.
329 ff. 321. 334. 337. 346ff. 357.
359. 361 ff. 371. 395. 399.
— III., Herzog von Glogau 96. 97.
115 ff.
— IX., Herzog von Glogau 312.
318. 324.
— XI., Herz. von Glogau 328. 335.
— , der Erlauchte, von MeiTsen 79.
— von Liegnitz, Bresl. Domdechant
207.
— (Hinko), Sohn Podiebrads s. Hinko.
— , Propst von Miechow 131.
Heinricliau. Kloster 56. 57. 71. 78.
81. 123. 147. 248.
— , Abt von 107. 108.
Hellenbrecht, Nik. 128. 129.
Herrenbund, bohmischer 315 ff.
Herrnstadt 342. 355. 359.
Hels, Job. 402. 415.
Heugel, Familie 402.
Hieronjraus, Erzb. von Kreta 305 ff.
310 ft'.
Hiramelwitz, Kloster 250.
Hinko, Sohn Podiebr. 315. 347. 349.
Hirscbberg 200. 398. 399.
Hoffmann, Johann von Schweidnitz
416.
Horla, Mosticz zur 271.
Hornig, Anton 413.
Hornschlofs, das 135.
Hotzenplotz 244.
Ilradisch bei Levin 245.
Hufeu 61.
— , friinkische, vlamische 61.
Hunimelscblofs 245. 247. 395.
Hundsfeld 88.
— . Zoll daselbst 93.
I.
Iglau 326. 399. 400.
Inkolat, schlesisehes 377.
Inowraczlaw 397.
J.
Jagerndorf 211. 331. 342. 360. 361.
388. 392. 397.
Jakob, Erzbischof von Gnesen 28.
.Jankau bei Ohlau 21. 135.
Jaroslaw, schles. Prinz 35.
— , Bischof 35.
.Jauer 42. 282. 397. 405.
Jaxo. Graf 17. 27. 30.
Jeltsch 96. 140.
Jenckwitz, Peter 420.
Jodocus, Abt des Sandstiftes 411.
Johannes Cicero, Kurf. von Branden-
burg 323. 324. 340.
Johannes der erste Bischof von
Breslau 6.
— II., Bischof von Breslau 30. I
— III. (Romkaj, Bisch. von Breslau "l
129.
— , Erzbischof von Gnesen 85. 86.
— (Muskata), Bischof von Krakau
131.
— , Herzog von Auschwitz 139.
— I. , Herzog von Katibor und
Jagerndorf 211.
— II. , Herzog von Ratibor und
Troppau 213.
— IV., Herz. von Ratibor 329. 330.
— , Herzog von Steinau 143. 144.
— I. von Sagan 247.
— von Miinsterberg 247. 248.
— , Herzog von Liiben 278. 280.
285. 311.
— II. . Herzog von Sagan 307.
326 ff 334 ff 340 ff. 360.
— , Herz. von Auschwitz 32(). 357.
360.
— , Herz. von Gleiwitz 326.
— der Altere von Jagerndorf 331.
— von Oppeln 346. 348. 363.
376ff.
— der Jiingere von Ratibor 357.
Johann Albert , polnischer Prinz,
dann KiJnig 360. 361. 363.
— — , Markgraf von Brandenbui-g
379.
Johanniter in Schlesien 23. 69.
187.
Johnsdorf, Benedikt Abt 412.
Jiidenverfolgung 203 ft\ 227. 282.
K.
Kaland 408.
Kalisch 47. 48. 53. 54. 73.
172. 398. 404.
171.
Register.
427
Kanienz, Burg 9. 10.
-, Kloster 57. 147. 245. 399.
— (Lausitz), Bernhard von 105.
Karl v., deutscher Kaiser 387.
Karl , Herzog von Mlinsterberg
374.
Karpenstein 245.
Kasimir von Eatibor 53. 54.
— von Beuthen 106. 112. 120.
— I. von Teschen 139.
— II. von Teschen 344. 361 ff. 365.
366. 368. 371.
— , Markgraf von Brandenburg
380.
— in Oberschlesien 244.
Katharina, Tocht. Georg Podiebrads
294. 319.
Kattern 335.
Katscher 244.
Kaudelnik, Welek 243.
Kaufungen, Siegmund von 372.
Keppel, Hans 348.
Ketzerverbrennung in Schlesien 162.
Kiefel 334.
Klitschdorf 127.
Kolda, Jan 274.
Kolditz, Albr. von 247.
— , Timo von 195.
Kolowrat, Albrecbt von 368.
Koniggratz 183. 242.
Konrad, Herz. von Masowien 49 if.
73 ff.
— , Herz. von Sagan 126.
— , Herzog von 01s, Bischof von
Breslau 239. 255. 260. 273 ff.
311. 367.
— , sein Nationalltalenedikt 393.
415.
Synodalstatuten 416.
— , Sohn Heinrichs I. 62.
— I.. Herzog von 01s 142. 144.
— II. 145. 188.
— III. 217. 341.
— der Canthner 251. 341.
— der altere Weifse 221. 251. 272.
273. 274. 275. 307. 341. 394.
— der Junge 251. 341.
— der junge Weifse 312. 324. 325.
341. 342. 349 ff. 359.
— der Schwarze 316. 324. 325.
329. 341. 342.
— , Dechant von Breslau 341.
Konstadt 88. 126. 179. 186. 249.
253. 307.
Konstantia von Fiirstenberg 145.
Konsuhvahlen 202.
Korkontier 4.
Koschmieder 349.
Kosel 11. 173. 346.
— , Land 344. 346. 361.
Kosel-Beuthen 342.
Kostenblut 57.
Kotzenau 127.
Krakau 52. 55 ff llOff 390. 402.
417. 418.
Minoriten 113.
Krappitz 244.
Krasa 239.
Kratzau 247.
Kreidel 21.
Kreidelwitz 145.
Kreuzburg 35. 126. 134. 251. 388.
Kreuzburg - Pitschen 95. 134. 144.
179. 182. 183. 186. 187. 249.
253. 381.
Krossen 7. 42. 70. 79. 81. 95. 96.
99. 340 ff 345.
Kujawien 211.
Kulm 49. 50. 53.
Kunigunde, Konigin von Bohmen
107.
Kunstadt, Protzke von 280. 286.
Kupferberg 400.
Kurzbacb, Siegmund 362. 365.
Kutlibozy 253.
Kuttenberg 400.
L.
Labn 64. 84.
Lahnhaus 96. 329.
Landbuch Karls IV. 193.
Landesbut 88. 172. 180. 200. 243.
397.
Landsberg 126.
— , Heinrich von 253.
Lauban 243. 397.
Laurencic bei Kalisch 22.
Lausitz, Nieder- 181 ff. 184. 318.
324.
— , Ober- s. Sechsstadte.
Lebus 12. 46. 47. 48. 49. 63. 65.
66. 72. 74.
Leipzig, Univers. 231. 416.
— , MarienkoUeg 231. 416.
Lenczyc, Synode 85. 107.
Leobschiitz 244. 346. 361. 388.
392.
— , Schule 414.
Leschnitz 58.
Lesko , Herzog von Sendomir 46 ff.
— , der Schwarze, Herzog von Kra-
kau 111. 112.
— , Herzog von Ratibor 139. 173.^
428
Register.
Leslaw, Archidiakon von 107.
Leubus, Kloster 40. 56. 252. 255.
— , Stadtel 88.
Liebenthal, Nik. 411.
Liebfraueiigilde 408.
Liegnitz y;J. 4l). 41. (J9. 79. 84.
88. 90. 154. 181. 198. 282. 397.
398.
Kollegiatstift z. h. Grabe 187.
Land 186. 324.
Minoriten 107.
Schlofs 127. 327.
Schule 414.
— , Tilo von 175.
Lissa, Deutsch 81.
— , ZoU 93.
Lobenstein 331. 361. 388.
Lobel, Melcli. von 333. 334.
Lowenberg 78. 122. 200. 243. 282.
3!I7. 399.
— , Minoriten 107.
Lobe 3.
Lond, Kloster 57.
Lorenz, Bischof von Bveslau 49.
55. 58.
Loslau 332. 346. 361.
Lossen, Kouimende 187.
Ludko 124. 125.
Ludraila, Tocbter Podiebrads, Her-
zog von Liegnitz 324. 329. 357.
Ludolf, Abt von Sagan 411.
Ludwig, Landgraf von Tbiiringen
48.
— I., Herzog von Brieg 186 ff. 413.
— , Herzog von Oblau 244.
— , Konig von Ungarn 365.
— der Eeiche, Herzog von Bayern
314.
— . Scbreiber Heinricbs V. 124.
Liibeu 143. 187. 246. 312. 397.
398. 413.
Schule 414.
Luthold, Domberr zu Breslau 163.
Lygier 4.
M.
Mjihren 356. 357.
Magdeburg, Erzbischof von 7. 14.
49. 65. 79. 85. 95.
- , Recht von 58. 91. 153.
Magnus, Graf 9.
Mannengericht 156.
Mantua, Kongrefs von 303.
Marciukowo 51.
Marcvis, Patriarch von Aquileja
331.
Margarethe, Gemablin Boleslaws IIL
130.
— , Gciuablin Kurfiirst Friedricbs
des Sanltmiitigen 341.
— , Herzogin von Teschen 344.
— , Schwester Markgraf GeorgB 379.
Marienwerder 54.
Martern 407.
Martin. Cistercienser 168.
Mechthild, Gemablin Heinrichs IV.
99. 100.
— , Gemablin Heinriclis III. von
Glogau 133.
Meckebach, Dietmar von 193.
Megerlin, Job. 227.
— Nik. 242.
Merzdorf bei Ohlau 139.
Meseritz 73. 335.
— , Sulko von 112.
Mesko, Herzog von Katibor 45. 46.
73. 74.
— , Sohn Heinricbs II. 72.
— , Herzog von Teschen 106. 109.
120.
Miendzybrzeze 52.
Mikora, Hauptuiann 27. 30.
Militsch 16. 123. imii. 252. 342.
362. 398.
Minoriten 392.
Mochbern, ZoU 93.
Mocbbern, Grois 336.
Moiban, Arabros. 414.
Mollensdorf, Job. von 140.
Monau, Paul 383.
— , Sebastian 419.
Mordsiibnen 407.
Morenberg, Gregor 418.
Mrozko 82.
Miinsterberg 98. 123. 248. 283.
315. 317. 320. 329. 334. 349.
— , Job. von 231. 416.
Miinzgeld 66.
N.
Nakel 51.
Namslau 125. 134. 179. 181. 186.
197. 204. 213. 249. 269. 316.
327.
— , Minoriten 107.
Nanker, Bischof 163 IF.
Nassidel, Job. Berka von 326.
Naumburg a. Bober 57.
— , a. Queis 58. 397.
Neifse 35. 5b. 88. 90. 102 ff. 106.
153. 165. 213 ff. 218. 244. 323.
332. 371. 395.
I
Kegister.
429
Neifse, Beginen 1(32.
— , Judeu 204.
— , Miuoriten 107.
— , Michael von , Abt zu Glatz
411
Neubruchzehnten (53.
Neudeck 388.
Neubaus bei Waldenburg 329.
Neukirch 244.
Neiimarkt 79. 97. 179. 197. 200.
204. 213. 255. 397.
— , Aussiitzisrenspital 57.
— , Recht von 89.
— , Weinbau 401.
— , Job. von, Bischof von Olmiitz
207.
Neustadt, Oberscblesien 244.
Neustadtel 397.
Nikolaus, Biscbof von Olmiitz 220.
— , berzogl. Kanzler 56.
— der Bobme 159.
— von Preuisen 413.
— , Herzog von Miinsterberg 210.
— I., Herzog von Troppau 104.
— II., Herzog von Troppau 133.
173. 179.
— , Herzog von Oppeln 312. 316.
319. 330. 333. 346. 348. 395.
Nikolstadt 399.
Nimmersatt 329.
Niraptscb 5. 9. 14. 116. 127. 248.
251. 253. 254. 336.
Norbert, Erzbischof von Magdeburg
14.
Niirnberg 402.
0.
Obler, Nik. ^41.
Oda, Herzogin 8.'.
Oderberg 388.
Oderschiffabrt 174. 199. 398.
Odrer, Hans 420.
01s 88. 116. 125. 1.34. 312. 334.
I 398.
I—, Slavenkloster 392.
;Ofen 402.
'Ohlauflufs, umBreslau geleitet 121.
;Ohlau 58. 155. 183. 248. 383. 334.
, 397.
I Olmiitz 120.
•Opatowitz 52.
iOpizo, Leg at 82.
lOpoczno. Stephan von 213.
lOppeln 13. 36. 45. 58. 212ff. 333 ff.
i 392. 397.
Oppeln, Land 376 ff.
Minoriten 107.
Orla (bei Krotoschin) 180. 398.
Osterna. Poppo von 69.
Ottmachau 35. 104. 106. 244. 251 if.
254.
Otto, Herzog von Olmiitz 13.
— , Markgraf von Brandenburg 96.
98. 126.
— , Bischof von Bamberg 13. 14.
Ottokar, Konig von Bohraen 82.
95 ff.
Owinsk, Kloster 81.
Pakoslaw 124.
Parchen 60.
Parchwitz 310. 397.
Patriziat 159.
Patschkau 93. 218. 244 317.
Paul, Bischof von Krakau 112.
Peisern 398.
Peiskratscham 250.
Peter, Bischof von Breslau 281.
287.
— , papstlicher Legat 418.
— , Stadtschreiber von Breslau 128.
129.
Peterspfennig 7. 15. 83. 120. 164.
Peterswaldau, Familie 136.
Pfinzing, Familie 402.
Philipp, Bischof von Fermo, Legat
104.
Pitschen s. a. Kreuzl)urg 126. 249.
Platter, Thomas 414.
Plef, 34. 172. 331. 334. 362. 375.
Plock 52. 373.
Podiebrad, Schlofs 329.
Pogarell, Vincenz von 57.
— , Preczlaw von, Breslauer Bischof
169 ff. 203.
Polack, Joh. 361.
Politz 183.
Polkwitz 397.
Pomerio, Walther de 128.
Poperinghen 199.
Popplau, Nik. von 413.
Posen 81. 146. 335. 398.
— , Nikol. von 187.
Prag 242.
— , Univers. 230. 415.
Priimonstratenser 14. 39.
Prausnitz 134. 144. 252.
Premyslaw, Herzog von Grol'spolen
73.' 80. 81. 99. 116. 120.
430
Register.
Preseca 45. 103 ff.
Priebus 328.
Priment, Kloster 48.
Primko von Ratibor 106.
— von Steinau 112. 113. 144. 145.
— von Jeschen ISS. 188. 195. 210.
32G. 330. 342. 344.
Protas, Bischof von Olmiitz 315.
319 ff.
Protsch, Zoll 93.
Protzan, Schlacht bei 96.
Przilep, Jesche 125.
Puchala, Dobko 249. 253.
Punitz 10. 398.
Q.
Quaz, Wilh. 105.
R.
Tfabe, Lorcnz s. Corvinus.
Ptachenau, Arnold von 147.
Rambold, herzogl. Kanzler.
Katibor 11. 33. 34. 90. 109. 113.
172 ff. 203. 326. 342. 346. 886.
392.
— , KoUegiatstift 110.
— , Nikolaikirche 109.
Rauden, Stift 392.
Recht, Magdeburger siehe Magde-
burg.
— , vlamisches 153.
Reichenbach 123. 245. 282.
— , Schule 414.
Reichenstein 183. 400.
Reideburg, Familie 180.
Reiner z 395.
Reisewitz, Christoph von 372.
Richenza, Herzogin 8.
Riesenburg, Alexius von 258.
Rindfleisch, Christoph 373.
— , Johann 373.
Ritschen 8. 10.
Rochlitz 126. 275.
Roger, poln. Hauptmann 26.
Romuald, der heil. 20.
Rosenberg 134.
— , Heinrich von 296.
— . Johann von 296.
— , Jost von, Bischof von Breslau
296. 299 ff. 304. 311. 313. 318.
321. 394.
Rosicz, Sigism. 412.
Roth, Job., Bischof von Breslau
346. 355. 357. 366. 367. 370.
371. 393. 417—419.
— , sein Nationalitatenedikt 393.
Rothkirch, Dorf 63.
Rovorella 326.
Rozmital, Zdenko Lew von 376 ff.
386.
Ruda 54. 73. 74.
Rudolf von Habsburg, deutscher
Konig 96 ff.
— , Christoph 416.
Riidesheim, Rudolf von, Bischof
von Lavant nachraals Breslau
314ff. 318 ff. 324. 327. 334. 400.
415.
Ruprecht. Herzog von Liegnitz 207.
220. 244. 413.
Rybnik 172. 253. 330.
s.
Sagan 64. 133. 198. 307. 319. 328.
341. 361. 406.
— , Augustinerstift 205.
— , Minoriten 107.
Salome, polnische Herzogin 13.
— , Herzogin von Troppau 349.
Salza, Jak. von , Breslauer Bischof
380 ff.
Samland, Bischof von 109.
Samo 5.
Sandewalde 10. 125.
Sauermann, Konr. 400.
Schaffgotsch 247.
Schaffow, Friedrich von 130.
Scharwinsky, Familie 222.
Schatzlar 274.
Schawoine 88.
Schellenberg, Georg von 388.
Scheuerl, Familie 409.
— , Albrecht 4Ufl.
Schiedlo 79.
Schirmer, Joh. 186.
Schkopp, Christoph 317.
Schmiedeberg 400.
Schmograu bei Namslau 8. 187.
Sch(3mberg 122.
Schimberg bei Olmiitz 357.
Schrimm 54.
Sclnvanowitz 333.
Schwarze Peter 198.
Schwarze Schar, die 331.
Schweidnitz 11. 92. 101. 123. 126.
127. 154. 162. 172. 197. 198.
200. 202. 205. 248. 256. 275.
282. 305. 318. 366. 405.
Register.
431
Schweidnitz, Backer 159.
— , Bier 207. 208. 399.
— , Minoriteu 107.
— , Neustadt 160.
— , Tuch 398.
Schweinern Zoll 93.
Sclnvenkenfeld, Joh. von 169.
Sechserkoniraission 193,
Sechsstadte, die 274. 289. 324.
355.
Seelgerate 408.
Seidiitz, Lorenz von 372.
Sendomir 52.
Seniores i. d. Stadten 159.
Senioriat, d. polnische 46.
Severien 396.
Sidonia, Tochter von Georg Podie-
brad 280.
Sieradz 398.
— , Sj'node zu 86.
Siewierz 34. 54. 363.
Sigismund, poln. Prinz 361. 363.
376.
— . Kimig von Polen 386.
Silberberg 183.
Silinger 4.
Simnisdorf 174.
Simon, Provinzial der Doniinikaner
86.
— , Gallicus 95.
Skal 274.
Skala 52.
Sleensane 3. 7.
Sobieslaw, Kast. von Breslau 49.
Sohrau 172. 330.
Somiuerfeld 341. 345.
Sophie von Landsberg- 122.
— , Schwester Markgr. Georgs 379.
Sorge, Schlaclit a. ci. 54.
Sprottau 347.
Stadtegriindungen, deutsche 58. 59.
Starzik, Joh. 393.
Stein, Georg von 338. 347. 350.
353. 355. 359.
— Barth. 412.
Steinau a. 0. 123. 143. 179. 197.
210. 336.
— in Oberschlesien 88. 244.
Stein au-Eaud ten 349 ff.
Steinitz, Heinr. 372.
Stephan, Kast. von Bunzlau 49.
50.
— , Abt vom Sandstifte 86.
Sternberg, Albrecht von 147.
— . Jaroslaw von 147.
-. Zdento von 324. 332. 336.
— , Jaro.slaw 327.
Stosch, Johann von 371.
Strehlen 42. 123. 147. 155. 243.
244. 248. 268. 406.
Strehlitz, Grofs- 212.
— . Klein- 244.
Striegau 88. 97, 123. 200. 282.
398.
— , Komuiende 75.
Strzelno 398.
— , Nonnenkloster 22.
Suhlau 342.
Sumanus 81.
Swantopluk, bohmischer Prinz 10.
Swantopolk von Pominern 51 ff.
T.
Tannhiiuser, der Minnesanger 100.
Tarnau 63
Tanchan, Nik. 419.
Terapelfeld, Nik. 282. 414.
Templer (59.
Tepliwoda, Familie 136.
Teschen 33.
Tettau, Wilh. von 347. 348.
Thomas I., Bischof von Breslau 64.
83 ff.
— II., Bischof von Breslau 102 ff.
— , Vogt von L(J wen berg 70.
Thomaswaldau 347.
Thorn 198. 398. 399. 401. 402.
404.
Tiefensee 126.
Tiniee, Kloster 22.
Tinz, Grofs 23.
Tod, der sclnvarze 202 ff.
Toledo, Franz von 305.
Tollenstein 312.
Tost 250 346.
Trachenberg 88. 134. 342. 362.
Trebnitz 42. 49. 55. 56. 73. 81.
88. 94. 95. 123. 134. 252. 324 ff.
337. 405.
Trentschin, Vertrag von 149.
Trnka 349.
Troppau 244. 315. 326. 329. 331.
346. 361 ff.
— , Land 360. 392.
— , Gegend von 72.
Tschetschau, Familie 136.
Tschirn, Familie 136.
— , Ha3n von 254. 274.
Tuchmacher 21.
Tunkel, Georg 333.
Turzo, Familie 362. 375.
— , Joh., Grofsgraf 367. 375.
— . Johannes 366. 368. 375.
432
Register.
u.
Ujest 250.
— , bischofl. Halt -244.
Unwiirde. Grepror o-Jl.
V.
Valentin . Herzog von Ratibor
37(3 ff.
Veit, Doniherr 1G2.
Yenedig 198.
— , Handel dahin 400. 402.
Veroli, Andr. de l(j4.
Viktorin, Sohn Podiebrads 313. 317.
319. 32G. 329 ff. 331. 345. 359.
395.
Vincenz d. h., dess. Eeliquien 24.
Viola, Herzogin von Oppeln 54.
— , Prinzessin von Tesciien 122.
131.
Vogtdinge 91.
Vogtei Gl. 154.
Vostsdorf. Heinr. 245.
w.
AVahlstatt 69 ff.
Wabren 205.
Waid 401.
Waldaii 280.
Waldensische Lebren 168.
Wallonen in Schlesien 20. 21. 57.
90.
Walther, Bischof von Breslau 22.
23. 30.
Wanseu 148. 268.
Wartenberg, Polniscb- 123. 355.
359.
Wartha 9 10. 14. 241. 327.
— , Kircbe 23.
"Wasylko, Fiirst von Halitscb 51.
Weide. ZoUe daran 93.
Weidenau 92. 244.
Weistritz 336.
— , Zolle daran 93.
Wenzel, Hevz. von Masowien 149.
— , Herz. von Liegnitz 195.
— , Herz. von Liegnitz, Biscb. von
Breslau 207 ff.
— , Herz. von R3'bnik 326. 330.
331.
— , Herz. von Teschen 379.
— , Herz. von Zator 363.
Wieliczka 113.
Wielun 99. 211.
Wien 400.-
Wiesenburg 274.
— , Bartosch von 220.
— , Boguscb von 125.
— , Johann vun 313.
— , Peregrin von 220.
Williehn, Herz. von Troppau 267.
— . Hevz. von Sacbsen 279 ff. 298.
300 ff.
Wilhelm von Modena 54.
Wilmsdorf, Alt- 247.
Wiltberg, Hans von 228.
Winer, .Job., Doniherr 164.
Winzig 252. 360.
"Wittenberg, Univers. 416.
Wladyslaw, Laskonogi 46 ff.
— , Cidouicz 47 ff'.
— , Lokietek 112 ff. 126 ff.
— von Kosel 139.
— von Liegnitz 143. 144.
— von Oppeln 73 74. 188 ff
211 ff.
— von Teschen 344.
Wlast, Peter 20. 22. 23 ff. 411.
412.
Wohlau 349. 360. 361. 362.
Woitz 393.
Wollenweberei 57.
Wrschowece, Familie der 11.
Wsebor 28.
Wiinschelburg 241.
Wiirben bei Xeifse 254.
— bei Ohlau 21. 135.
— , Heinr. von, Archidiakon 167.
z.
Zacbe, Tilo 227.
Zapolj'a , Stephan von 335. 338 ff.
391. 395.
— , Emraerich von 344.
Zaremba, Familie 222.
i Zator 34. 396.
j Zaude 155.
; — in Glogau 156
Zbignew 9. 10. 13.
Zbroslaw 105.
Zbyslawa 10. 25.
Zebraken 312. 316.
Zedlitz, Familie 136.
— , Nik. von 251.
Zerbst 199.
' Zettritz. Hermann von 286.
— . Ulrich von 389.
, Ziegenhals 244.
Register.
421
Ziemowit von Kosel 139.
Zierotin, Job. von 388.
Zirkwitz 81.
Zittau 243.
Zobten, Stadt 246.
Zobtenberg 3. 24.
— , Giiter am 34.
Zobtenberg , Schlofs
183. 247.
Zuckmantel 104.
— , Bergbau 400.
Ziillicbaa 341. 345.
Ziilz 244.
Zvini 11.
darauf 126.
Grunhagen, Gescli. Schlesiens, I.
28
Berichtigungen.
Seite 48, Zeile 1 lies Priment.
56, „ i „ Klemens IV.
56, ,, 14 von unten lies es statt er.
75, „ 21 lies 1257.
113, „ 12 Ton nnten lies 24. August.
143, „ 8 von ohen lies Littauer statt Bistumer.
164, „ 1 lies Johann XXII.
219, „ 7 „ Friedensbrecher.
256 letzte Zeile lies nun.
278, Absatz 2, lies zweimal 1450 statt 1480.
307, Zeile 23 lies Boiko V.
Drubk von Friedr. Andr. Perthes in Gotlia.
Quellennachweisungen
C. Grunhagen;
Geschichte Schlesiens
I.
Grotha.
Fried rioli Andreas Per the a.
1884.
Erstes Buch.
Erster Abschnitt.
1) S. 3, A1)S. 1. Dafs der Gau Silensi uach dem Berge Zlenz
genannt worden sei, giebt der Chronist Thietmar, Bischof von Mer-
seburg (abgedr. Mou. Germ. Ss. Ill), ausdriicklich an lib. Ill, c. 44.
Vgl. aucb Bandtes Aufsatz u. d. T. : Schlesiens Name historisch
nicbt etymologisch erkliirt. Litterar. Beilage z. d. schles. Provzbl.,
1801, September, S. 257. Der Name Zobten ist viel spater eutstan-
den und von dem gleichnamigeu Marktflecken hergeuommen. Vgl.
den interessanten Aufsatz Peipers, schles. Zeitschi-. XIV, 567.
2) S. 3, Abs. 1. Das alte Verzeiebnis aus dem Kloster St. Em-
meran zu Regensburg stammeud und in den Jahreu 866 — 890 zu-
sammengestellt, ist vollstandig abgedruckt bei Zeufs, Die Deutschen
und die Nacbbarstamme , Miinchen 1837, S. 600 ff. imd bei Scha-
farzik, Slaviscbe Altertiimer, herausg. v. H. Wuttke, Leipzig 1843.
n, 673 ff.
3) S. 3, Abs. 2. Der Zobten, eine Statte heidniscber Gotter-
verebrung, Tbietmar IV, 47.
4) S. 4, Abs. 1. Wenn Gustav Freytag in seinen anziebenden
Scbilderungen u. d. T. : Deutsche Ansiedler im scblesischen Grenz-
■walde, Feuilleton der scbles. Zeitg. im Sept. 1874, bistoriscb wahr-
nebmbare Spuren der germanischen Urbevolkerung nacbweisen zu
konnen geglaubt hat , so babe ich diese Ansicht in einem Aufsatze
der schles. Zeitschr. (XII, Iff.) u. d. T. : Der schles. Grenzwald, zu
bekampfen nicbt umbin gekonnt.
Anmerkung. Fiir die iiltere Zeit mag bier ein- fiir allemal auf
die Regesten zur schlesischen Geschichtc, herausgegeben von Griiuhagen,
verwiesen werden, welche von alien urkundlichen und cbronikalischen
Daten , die sich auf die schlesische Geschichte beziehen , in streng
chronologischer Ordnung den thatsachlichen Inhalt ausfiihrlich wieder-
geben und zvigleich kritisch belouchten. Dieselben bilden den Band VII
des cod. diplom. Silesiae. Teil 1 dkvon, bis 1250 reichend, ist 1884
in z we iter vermebrter Auflage zu Eude gefiibrt worden, zugleich mit
vollstandigem Register, erscbien 1875. Teil 2 (bis 1280) erschieii 1875.
Von Teil 3 ist bisher nur eine erste Lieferung (bis 1290) 1879 erschienen.
Mit Riicksicht auf dieses Werk, das ja das gesamte Quelleu-
material leicht auffindbar ixnd in erschopfender Vollstandigkeit bei-
bringt, sind fiir die iiltesten Partieen der sclilesischen Geschichte die
Citate auf das Notweudigste beschrankt worden.
Griinhagen, Gescli. Schlesiens, I. 1
2 Anmerkungen. S. 6 — 8.
5) S. 4, Abs. 1. Krokonosch (richtiger Krkonoscb), bekaniitlich
ein Berg im Rieseugebirge , ist noch beute zugleich der allgemeiue
czecliische Name fur dieses Gebirge. Hierauf macht Stenzel in
seiner schles. Geschichte, S. 12, aufmerksam. Die Silingcr allerdings
identifiziert, wie bier bericbtigend gesagt zu werden vcrdient, die
spaniscbe Cbronik dcs Idacius mit den Vandalen, deren gernianische
Abstammung docb kaum bestritten werden wird. („Vandali cog-
nomine Silingi").
6) S. 5, Al>s. 5. Uber den deutschen Ursprung von Nimptseb,
Tbietmar VII, 44.
7) S. 5, Al)s. 5. Eine Burg Nimptseb bei Guben wird in dem
merkwurdigen sogeu. Nienburger Fragment erwahnt. Griinhagen,
Schles. Reg., Nr. 5 b. Bei Sagan heifst ein Dorf noch beute Nimpscb.
8) S. 6, Abs. 1. Dafs die Zusammenkunft an der Grenze des
Landes stattfand, bezeugt Tbietmar IV, 28.
9) S. 6, Abs. ]. Die Litteratur iiber die Dreigraben bilden
drei Aufsatze in den schles. Provinzialbl. v. Worbs 1802, Jan.,
V. Keller 1825, Juli, u. v. Schulte, 1872, Nov.
10) S. 6, Abs. 1. Ganz damit iibereinstimmend kommt aus
einer Betrachtung der Dorfanlagen M e i t z e n zu dem Schlusse, dafs die
Westgreuze des nach der Lausitz zu gelegenen alten Gaues Diodesi
hinter dem Flufsthale der schnellen Deichsel gelegen baben miisse.
(ijber die Kulturzustiinde der Slaven in Schlesien, Abbandlungen der
schles. Gesch. f. vaterl. Kultur, 18(34, S. 94, Anm. 12).
11) S. 7, Abs. 1. Wrotizlaensis episcopus, Tbietmar IV, 28.
12) S. 7, Abs. 2. iJber den Peterspfeunig in Schlesien vgl. die
Einleitung zu Griinhagens Aufsatze „Konig Johann von Bohmen
und Bischof Nanker von Breslau". Sitzungsber. der Wiener Aka-
demie, 1864 und den Aufsatz von Dr. Maydorn in der schles. Zeit-
schrift XVII, 44.
13) S. 7, Abs. 3. Griinhagen, Schles. Regesten, Nr. 6.
14) S. 8, Abs. 3. Bunzlau begegnet uns urkundlich erst im
Anfange des 13. Jahrhunderts.
15) S. 8, Abs. 4. Der Dom zu Breslau war damals eine wirk-
liche Insel, der ostliche Oderarm etwa an der Stelle der heutigen
Graupnergasse ward erst im vorigen Jabrhundert zugeschiittet.
16) S. 8, Abs, 4. Dafs die von dem polnischeu Chronisten
Dlugosz (am Ende des 15. Jahrhunderts) augefiihrteu Namen keine
Glaubwiirdigkeit mehr baben, darf jetzt als feststehend angesehen
werden. Vgl. die schles. Regesten z. J. 966.
Anmerkungen. S. 11—25.
Zweiter Abschnitt.
1) S. 11, Al)s. 2. Den AngrifF der Mati-er auf Kosel betreflfend,
lafst sich vielleicht die etwas dunkle Stella der Chr. Pol. 11, 45
wie im Texte deuten, ohne dafs man dabei an der in den schles.
Regesten (S. 21) gegebenen Notiz, es sei dies geschehen, wahrend
Boleslaw in Pommern kampft, festzuhalten brauchte.
2) S. 12, Abs. 2. Der Angriff auf Lebus ist Boguphal (Bie-
lowski mon. Polon. II, 504) entnommen, wiihrend sonst die Chron.
Pol. (ebd. Ill, 3ff.) nnserer Darstellung zugrunde liegt.
3) S. 14, Abs. 1. Das Citat aus Giesebrechts Geschichte
der deutschen Kaiserzeit III, 794.
4) S. 14, Abs. 2. Auf Bemiihungen Boleslaws bei dem deut-
scbeu Kaiser in den Jabren 1122/23 kann man daraus schliefsen, dafs
beim Jabre 1135 immer von einem seit zwolf Jabren riickstandigen
Tribute die Rede ist.
5) S. 17, Abs. 3. Von den Skulpturen ist nicbts mebr erhalten,
sondern nur scbwerlicb ganz getreue Abbildungen, welcbe Alwin
Scbultz in Schlesiens Vorzeit II, 231 ff. reproduziert uud be-
sprocben hat.
6) S. 20, Abs. 3. Die bier citierte Gescbichtsquelle ist die
Cbrou. abb. b. Mar. in Arena bei Stenzel, Ss. rer. Siles. 11, 163.
7)' S. 20, Abs. 4. Griinbagen, Les colonies wallonnes en
Silesie et particulierement a Breslau, Academic royale de Belgique
extr. du tome XXXIII des mem. couronnes et m^m. des savants
etrangers. (Bruxelles 1867).
8) S. 22 , Abs, 3. Uber den Brief des heiligen Bernhard vgl.
Zeifsberg, Die polniscbe Gescbicbtschreibung des Mittelalters, S. 47.
9) S. 23, Abs. 2. Aufser Jasko bat aucb ein gewisser Wois-
laus, der unter den ersten Wohltbateru von Miecbow angefiihrt wird,
den Rubm eines tapfern Streiters gegen die Ungliiubigen (Schles.
Regesten, Nr. 45 u. 56) und einer der Sohne Herzog Boleslaws III.
Heiurich, Herzog von Sendomir, ist gleichfalls nach dem heiligen
Grabe gepilgert (Schles. Regesten z. J. 1154).
Dritter Abschnitt.
1) S. 24, Abs. 2. Zum Jabre 1140. Ortlieb von Zwi-
f alt en, Mon. Germ. Ss. X, 104.
2) S. 25, Abs. 1. In dem Folgenden ist speziell fiii- die Dar-
stellung der Katastrophe Peters die von Mosbach als Beilage zu
1*
4 Anmerkimgen. S. 25.
seiner Schrlft Piotr syn Wlodizmirza (Ostrow 1865) mitgeteilte Cronica
Petri eines Pramonstratensers zu St. Viucenz vor Breslau benutzt,
weil dieselbe, weungleicb selbst erst im Anfange des 16. Jabrbunderts
gescbrieben, docb auf einer alten, seitdem verloren gegangenen Chro-
nik, welcbe die Scbicksale des Grafen Peter bericbtete, fufst. Vgl.
meinen Aufsatz: die Vertreibung TMadyslaws 11. von Polen und die
Bleudung Peter "VMasts, scbles. Zeitscbr. XII, 77 ff.
3) S. 25, Abs. 4. Von solcbeu Reibungen bericbtet Ortlieb
a. a. 0., S. 91.
4) S. 25, Abs. 4. Die Angabe der Ann. Magdebg. (Mon.
Germ. Ss. X^^, 187), dafs der eigentlicbe Beginn der Kiimpfe erst nacb
dem Hoftage in Kaina zu setzen sei, ist nicbt aufrecht zu balten.
Die Zeit vom Anfang April bis zum August wiirde scblecbt zureicben
fiir alles, was sicb darin abgespielt baben miifstc. Auch Bogu-
pbals Bericbt (mon. Pol. ed. Bielowski II, 520) wurde damit nicbt
stimmen. Derselbe sagt von dem Herzoge : „ Qui ob boc Piotrkoni
comiti, quamvis nimium molestus fuit, metuens, ne cum fratribus suis
opponens sibi bellum infligere praesumat, tamen caute dissimulans
vindictam inferre obmittit." Die Vorstellungen Peters, welcbe den
Herzog erziirnten, erfolgten docb erst, nacbdem der Letztere gewalt-
tbatig gegen die Briider vorgegangen war. Wladyslaw wiirde auch
den Grafen Peter scbwerlicb nocb Weibnacbten 1144 mit einer Sen-
dung an den Kaiser betraut baben , wenn dieser scbon 1 144 in Un-
gnade gefallen ware. Man wird daber wobl annehmen miissen, dafs
Wladyslaw zu Kaina nicbt die Billigiing des Kaisers fiir etwas noch
zu Tbuendes, sondern die Anerkeunung eines bereits gescbaflfenen
Zustandes der Dinge ausgewirkt babe.
5) S. 25, Abs. 4 (am Eude). Bogupbal (S. 521) liifst nur
jene beiden genannten Herzoge vertrieben werden, docb tritt bei ihm
nicbt bervor, dafs zwiscben dem imd dem Angriffe auf Mesko eine
Zeit voUstancliger Rube lag, und dafs erst der dann ausgebrocbene
Aufstand den Kampf um Posen herbeifiibrte. Vermutlich eben der
Umstaud, dafs das Posener Scblofs, wo die Briider "Wladyslaws nacb
ibrer Mediatisining wobnen, zugleicb dasselbe ist, vor welcbem dann
die Entscbeidimgsschlacbt gescblagen wird, bat die Ereignisse so
zusammenfliefsen lassen, dafs man geglaubt bat, Wladyslaw babe bei
dem Widerstandc, den er von den Briidern erfubr, die Posener Burg
nicbt erobem kounen und bei dem Versucbe, dies zu tbun, babe er
dann seine Kiederlage erlitten. Die Cbron. Petri lafst allerdings
dieser Vermutung keinen Raum; nacb ihi- begiebt sicb Peter mit
seinem Sobne Egidius nacb seiner Blendung zu den berzoglichen
Briidern nacb Posen, und als der Aufstand ausbricht, scbi-eiben dessen
Anstifter den Herzogen dortbin und laden sie zu einer Beratung ein,
und es kanu dariiber gar kein Zweifel sein, dafs in beiden Fallen die
Anmerkungen. S. 25. 26. 5
Herzoge ruliig, niclit angefocliteii und niclit belagert inPosen lebten.
Ja Roger macht sogar clamals geltend, dafs Wladyslaw kein Heer
beisammen habe. In der That ist es kaum anders zu denken, als
dafs die Briider die Zuflucht iu Posen mit Wissen und Willen ihres
alteren Bruders und so durch eine Art von Vertrag erhalten haben.
Es ware dies der Vertrag, den, wie erwahnt, die arm. Magdeburg,
(a. a. 0., S. 187) allerdings unter ganz anderen Umstanden (erst uach
der Schlacht bei Posen) anfiihi-en, und dessen Bruch dann augeblich
die Vertreibuug des Herzogs herbeigefiihrt habe. Es heifst davon
weiter, Gott selbst habe gezeigt, wie es Wladyslaw mit dem Eid-
schwure , durch den er jenes Abkommen bekraftigt , gemeiut habe,
insofem an der Stelle, wo derselbe den Schwm- geleistet, die Erde
geborsten sei und ein Abgrund sich geofl&iet habe, in dem ein Flufs
voU Blut geflossen sei. Es mufs dies eine lokale Tradition sein, die
ihren Weg nach Magdeburg gefunden hat, und daraus schliefse ich,
dafs die Thatsache eines solchen Abkommens wirklich vorgelegen
hat, also diese nicht auf ein ungenau.es Zurechtlegen des allgemein
iiberlieferten Herganges seitens des Magdeburger Chronisten geschoben
werden kann.
6) S. 25? Abs, 6, Wenn man nicht die ganze sonst so giaub-
wiirdig scheinende Darstellung der Chron. Petri fallen lassen will,
mufs man die VerurteUung Peters erst nach der Riickkunft "Wlady-
slaws von Kaina setzen, im Widerspruche mit der russischen Hypatios-
chronik (die Stelle angef. bei Mosbach, S. 101), welche dieBlendung
Peters in den Winter 1145 setzt. Wie die Darstellung im Texte
zeigen wird, lafst die Chron. Petri nach der Blenduug Peters fiir eine
Reise des Herzogs nach Deutschland keine Zeit mehr finden.
7) S. 26, Abs. 2. Uber die Veranlassung zur Verhaftvmg
Peters. Die so oft erztihlte Geschichte von der Jagdpartie, wo Peter
mit dem Herzog im Schnee kalt gebettet gelegen und dessen Scherz-
rede, des Grafen Gemahlin wiirde inzwischen bei dem Priester weicher
und warmer liegen, durch eine gleiche Voraussetzung fiir die Ge-
mahlin des Herzogs beautwortet habe, was dann der Herzogiu Agnes
wiedererzahlt deren todtlichen Hafs erzeugt habe, wird vonBoguphal
der sie zuerst erzahlt, als Erdichtimg des Herzogs zur Bemiintelung
seiner Grausamkeit bezeichnet. Ob dann die Entlassung der Gefan-
genen durch Peter bei dem Feste der Eiuholxmg der Reliquien des
heHigen Vincenz am 6. Juni 1145 (Ann. Magdeburgenses) als Eigen-
machtigkeit oder verraterische Schonung der Feiude des Herzogs des
Grafen Cento hat mit belasten helfen, ist kaum zu entscheiden.
8) S. 26, Abs. 2 (am Ende). Die Chron. Petri, p. 31, scheint
solchen Verdacht anzudeuten.
9) S. 26, Abs. 3 (Anl'aug). Chron. Petri, p. 32. Dobek sue
prodicionis semper memor licenciam iu hospicium a Petro po-
^ Anmerkungen. S. 26 — 28.
Btulavit, jam se nimis gravem contestans et A'ino temulentum nee posse
quicquam profeiTC, que dux seriose mandaret etc. Icb bekenne an
dem Ausdrucke hospicium eincu gewissen Anstofs zu nebmen; an ein
Gasthaus ist docb fiir das Jabr 114(3 nicbt zu denken, das Normale
ware docb gewesen , dafs der berzoglicbe Abgesandte in Peters
Scblosse aucb eiu Nacbtquartier gefunden batte, was freilicb nicht in
Dobeks Plane liegen konnte. Es scbeint fast , als babe der Cbronist
des 16. Jabrbuuderts bier den Text der alten Cbrouik uacb den seiner
Zeit gelaufigen Begriffen umscbrieben.
10) S. 26, Abs. 3. Der Sobu Peters (es ist immer nur von
einem die Rede' beifst in der Inscbrift eiues uocb erbaltenen, aus
sebr friiber Zeit stammendeu Rebefs der Sandkircbe Swentoslaus
(Abbildung bei Klose „von Breslau" I, 211). Es ist wobl mogUcb,
dafs er beide Namen gefiibrt bat.
11) S. 27, A1)S. 2. Die Vollziebung der Strafe bericbtet aucb
die i-ussiscbe Hyj^atioscbronik (vgl. die Stelle bei Mosbacb, S. 101)
und siebt darin eine gerecbte Vergeltung fur die verraterische Heim-
tUcke, welcbe Peter einst an dem russiscben Fursteu Wlodar geiibt.
Die gi-ausame Strafe der Blendung ist am byzantiniscben Hofe Jabr-
bunderte lang iiblicb gewesen , in der polniscben Gescbicbte aber
ungewobnbcb. Indessen vermogen wir eiueu Fall aus dem Jabi-e 1244
anzufiibren, wo Herzog Boleslaw 11. von Scblesien diese Strafe androht.
Stenzel, Griindungsbucb von Heinricbau, S. 53.
12) S. 27, Abs. 3. Mikora ist eine aucb sonst bekannte Per-
sonlicbkeit. Er erscbeint mit dem scbon genannten Jaxa, als dessen
consanguineus er bezeicbnet wird, zweimal in Urkunden von 1149
und 1153 und dann aucb uuter den ersteu AVobltbatern von Kl. Leu-
bus, dem er Besitzungen auf dem Elbing und an der Weide scbenkt
(vgl. meine scbles. Regesten nacb dem Index).
13) S. 28, Abs. 1 (am Ende). Mit dem Ausbrucbe des Auf-
standes verstummt die bis dabin so reicblicb geflossene Quelle der
Cbronica Petri; mit wenigen Zeilen wird der eigentlicbe Kampf ab-
gefertigt und falscbbcb angegeben, Wladyslaw sei nacb Masowien ge-
floben und dort bald gestorben. Augenscbeinbcb bracb die altere
Quelle, welcbe der Historiker des 16. Jabrbuuderts beniitzt, bier
plotzlich ab, und er mufste nun mit diirftigen Notizen nacbbelfen.
Wir folgen in dem Weiteren dem Vincenz Kadlubek bei Bie-
lowski, Mon. Pol. II, 566.
14) S. 28, Abs. 2. Ann. Magdeburg, a. a. 0.
15) S. 28, Abs. 3 (Alifaug). Die cxterorum imd barbarorum
turme werden bei Vincenz wie beiBogupbal ausdriicklicb erwabnt,
imd aucb in dem Briefe P. Eugens IV. vom 31. Dezember 1146 bei
Aumerkungen. S. 28—31. 7
Boczek cod. dipl. Morav. I, 245 beifst es, dcr Hcrzog habe mit
einer Masse von Sai-azeneu das christliche Land angegrifFen.
16) S. 28, Al)s. 3. Weim die Chron. Petri (p. 42) den Roger
als campidiictor bezeichnet, so ist darauf uicht allzuviel zu gebeu, es
wird dies gesagt an eiiier Stelle, vro fiir den Cbronisteu des 16. Jahr-
hunderts augenscbeiulich seine alte Quelle abbricht, so dafs es sehr
moglich erscbeint, er babe die Feldherrnscbaft Rogers aus dem Frii-
beren als wabrscheinlicli gefolgert. Merkwiirdig ist dagegen, was
die aun. Palidens. (Mou. Germ. Ss. XVI, 82) berichten, dafs die Auf-
standiscben unter Fiibrung des kriegsgeiibten Hugo (juueto sibi Hii-
gone quodam fideutissimo et preliis exei'citatissimo uni duo preva-
luerunt etc.) ihren Sieg erfochten batten.
17) S. 29, Abs. 1. Diesen Zug bat Bogupbal (Bielowski M.
P. II, 521), der sonst in dieser Erzahlung ganz dem Vincenz folgt,
allein; Dlugosz (Lib. VII, col. 467) lafst, well ibm der currus par-
vulus bei Bogupbal nicbt pompbaft genug erschien, den Erzbiscbof
mit eiuer quadriga in das Zelt des Herzogs bineinfabren, wo es dann
allerdings kein Wunder war, dafs dieses zusammenstiirzte.
18) S. 29, Abs. 2. Uber die Niederlage Wlady,slaws siebe
Vincenz, S. 367: Bogupbal, S. 521.
Vierter Abschnitt.
1) S. 30, Abs. 2. Ein altes Relief auf Maria und ibren Sobu
Swentoslaw beziiglicb ist nocb beute in der Sandkircbe zu Breslau
iiber der Tbiir der Sakristei erbalteu. Abbildung in Klose „vou
Breslau", Teil I. 211.
2) S. 30, Abs. 3. ijber Konrads Bemiibungen: Vincenz
Kadlubek a. a. 0., S. 371; Radevicus, Lib. I, c. 2.
3) S. 31, Abs. 2. Ann. Magdeburg., p. 187.
4) S. 81, Abs. 2. Boleslaw weicbt jeder Feldschlacbt aus. •Die
allerdings sehr scbwiilstige Stelle bei Vincenz Kadlubek (p. 371):
„Bicorne illi dilemma proponitur, aut regno cedat aut campestrem
belli conflictum non declinet. Sed utrumque vir industrius de die in
diem procrastinans sine bello confligit, sine proelio triumpbat",
mocbte icb nicbt, wie Jaffe dies thut (Konig Konrad, S. 81), so
versteben, als babe Konrad wirklicb das Verlaugen an Boleslaw ge-
ricbtet, er solle eutweder der angemafsten Herrscbaft entsagen oder
in offener Feldscblacbt den Watifen die Entscheidung anbeimgeben,
worauf dann Boleslaw von Tag zu Tage mit der Antwort gezogert,
8 Anmerkungen. S. 31—33.
dabei aber Zeit gewonnen habe, den Deutschen die Zufuhr abzuschneiden.
Solche Aufforderung konnte man sich eigeutlich doch nur als Ultimatum
vor dem Kriege denkeu, wo der Augreifer eine Forderung stellt und im
Ablehnimgsfalle mit dem Kriege droht; im vorliegenden Falle er-
scheint es nun als durchaus wahrscheinlich , dafs Konrad vou Bo-
leslaw dasselbe, was er vorher auf dem Wege der Unterhandluug
begehrt batte, dann unter Androhung des Krieges gefordert bat, das
war aber, wie derselbe Cbronist anfubrt, „ut fratrem nou regno sed
patrimonii consortio restituat", also nicbt, wie es jetzt beifst „ut
regno cedat". Eine wesentlicbe Steigernng der urspriinglicbeu For-
derung wahi-end des Krieges pflegt sonst einen grolsen Erfolg voraus-
zusetzen, sie ware lacberlicb gewesen, wenn wirklicb Konrad, wie
Jaflfe glaubt (vgl. die nachste Anm.), gleicb an den Greuzen des
Landes biitte stillsteben miisseu. Aber icb meine iiberbaupt, dafs
Vincenz mit jener Stelle uicbts anderes hat ausdriicken wollen, als
ein Lob Boleslaws, der anscbeinend vor das Dilemma gestellt, entweder
dem iibermiicbtigen Heere gegeniiber aus dem Lande zu weichen oder
das Gliick der Waffen zu versucben, obne eins von beiden zu tliuu
ein drittes vermocbt babe, obne Krieg zu siegen, obne Ti'effen zu
triumpbieren, so dafs die Stelle als eine rbetoriscbe Pbrase, nicbt als
eine thatsacblicbe Nacbricht aufzufassen ware.
5) S. 31, Abs. 2. Dafs Boleslaw damals seinen jiingsten Bruder
Kasimir als Geisel gestellt babe, wagte icb den Ann. Magdeburg.
(S. 187) nicbt nacbzuerzablen. Es Uegt allzunabe, bier eine Ver-
wechselung mit dem, was dann 1157 gescbab, anzunebmen.
6) S. 31, Abs. 3 (am Ende). Vgl. meine Regesten, Nr. 27—31.
7) S. 31, Abs. 1. Zu 1148, Jan. 6. Regesten I, 32.
S) S. 31, Abs. 4 (am Ende). Regesten I, 37. — S. 32, Z. 6.
Regesten I, 40.
9) S. 33, Abs. 1. Zur Genealogie der Bresl. Piasten. Neuer-
dings bat sicb Grotefend, Abhandlungeu der vaterl. Gescb. 1872/73,
S. 57 fiir das von den anu. cap. Cracov. (Mon. Germ. Ss. XIX, 591)
angegebene Todesjabr 1159 entscbieden; docb Avage icb die bestimmte
Angabe der Urk. v. 18. Aug. 11G2 bei Mart en e et Durand coll.
ampl. I, 860, welche Wladyslaw nocb als Zeugen bei K. Friedricb I.
aufubi*t, nicbt obne weiteres beiseite zu scbieben.
10) S. 33, Abs. 3. Die Beweise dafiir, dais die scblesischeu
Herzoge Boleslaw IV. als Grofsfursten ansaben, in meinem Aufsatze
Boleslaw der Lange, scbles. Zeitscbr. XI, 400 ff.
11) S. 33, Abs. 3. Es ist sebr wabrscbeinlicb , dafs unter
diesen besetzt gebaltenen Stadten Nimptscb und die Groditzburg,
welcbe beide nachweislicb damals scbon existierten, sich befunden
baben, und dafs dies Anlafs zu der konfusen Nacbricht des Chron.
Anmerkungen. S. 33 — 35. 9
Polono-Siles., p. 590 u. der Chr. princ. Pol., p. 94 liber die Erbauung
jener Burgen gegeben hat.
12) S. 33, Abs. 3, Z. 2 V. u. Die Quelleu siehe in den Re-
gesten I, S. 45.
13) S. 34, Abs. 2. Vine. Kadi. 1. c, p. 397: Cui (Casiiniro)
dum omnium urbes proviuciarum ac municipia sine bello gratvilanter
patefiunt, Silensiana visa est rebellare provincia, cujus priucipatum
Mesco Wladislaides fratre duce Boleslao abacto rapuerat.
14) S. 34, Abs. 3 (am Eude). Boguphal a. a. 0., S. 529.
530 erganzt hier die sehr kurzen Angabeu Vincenz Kadi. a. a. 0.
Wenn er auch an dieser Stelle Mesko wiederum das Herzogtum
Oppeln erhalten lafst, so scheint dies,' wie scbon oben (S. 38) aus-
gefiihrt wurde, mit Riicksicht auf das weiter im Texte zu Erziihlende
irrig. Das Chron. Polono-Siles., p. 563, vermengt oflfenbar spatere
Ereignisse mit dem damals 1177/78 Geschehenen.
15) S. 34, Abs. 4. Meskos Zuflucht in Ratibor betr. Vine.
Kadi. (p. 397) sagt von ihm: „Qui peue ab omnibus desertus patria
simul excidit et regno finitimo cum tribus filiis contentus oppidulo."
Hierzu fUgt einer der codices, der allerdings aus dem 15. Jahrhundert
stammt , die Worte scilicet Ratiboria. Boguphal (p. 529) sagt
direkt: „ Ratiboriensi contentus oppidulo." Dafs ihm die Stadt etwa
auf Lebenszeit abgetreten worden sei, was man aus den Worten der
Quelle herauslesen konnte, wage ich doch nicht ohne weiteres anzu-
nehmen •, soUte der Wladyslaide Mesko , der ohnehin alle seine Er-
oberungen herausgebeu mufste, wahrend ihn doch Kasimir offenbar
respektiert, nun auch seine Residenz herzugeben gezwungen wor-
den sein?
16) S. 34, Albs. 4 (am Ende). Vgl. die Anftihrungen Ro-
pells, Geschichte Polens, S. 378.
17) S. 35, Abs. 2. Uber das Neifse - Ottmachauer Gebiet ver-
fiigt Jaroslaw dann letztwillig (im Texte S. 35 unten).
18) S. 35, Abs. 2. Das Kreuzbiirg-Pitschener Gebiet, welches
wir dann spiiter immer zu Mittelschlesien gerechnet finden, wiirde
durch eine Linie, welche die Oppelner Grenze in grader Richtuug
nach Nordost bis zur polnischeu Grenze fortsetzte, noch Oberschlesien
zugeteilt, und dafs es damals auch wirklich hierzu gehort hat, ist
kaum zu bezweifeln. Der merkwiirdige Grenzhag (preseca), den aller
Wahi-scheiulichkeit nach Heinrich I. gegen seinen ihm so feindlicheu
Oheim von Oppeln- Ratibor errichtete, schlofs noch das Kreutzburg-
Pitschensche Gebiet aus (vgl. imten S. 16).
19) S. 35, Abs. 2. Der fiir die Zeit von 1180 — 1198 schou
durch altere Chronisten in die Breslauer Bischofsreihe eingeschmug-
10 Anmerkungeu. S. 35—42.
gclte Bischof Franko, ist durch die vou mir in Prag aufgefundene
Originalurkunde Bischof Siroslaws II. vom Jahre 1189 (schlesische
Kegesten, Nr. 55) als eliminiert anzusehen.
20) 8. 35, Al)S. 4, Z. 11 v. u. Griiiihageu, Boleslaw der
Lange a. a. 0., S. 404 ff.
21) S. 36, Abs. 2. Nicht nur die iu meinem mehrfach erwahn-
ten Aufsatze iiber Boleslaw den Langen S. 407 citierte (allerdiiigs
iuterpolierte) Urkunde vom 11. November 1201, sondern auch das
Chron. Polono-Siles., p. 563, bezeugen, dafs Oppeln erst bei Boles-
laws Tode an Mesko gekommen sei.
22) S. 41, Abs. 2 (am En(le% Iu diesem Interes.se ist eben
die oft erwahnte Urkunde Boleslaws vom 18. November 1201 von den
Leubusern verfafst oder weuigstens interpoliert worden, da nach dem
Tode ihres Beschiitzers, Bole.slaws, Mesko von Eatibor das Oppelner
Land an sich brachte und jeues Besitztum, wie es scheint, nicht
herausgeben mochte. Erst Meskos Nachfolger Kasimir hat dann
1226 sich zu einer gewissen Kestitutiou verstanden, aber ohiie die
Schenkung Jaroslaws anzuerkennen ; vielmehr hat er ein neues Be-
sitztum konstituiert , es aufs neue umschreiten lassen (Regesten,
Nr. 297), also vermutlich in etwas engeren Greuzen, es nach seinem
Namen Kasimiria genannt f'schon vor 1217 existieii: dieser neue Name,
und die Zehuteu dieses Gebietes verleiht Bischof Lorenz den Leu-
busern, vgl. Regesten, N;*. 154) und das Ganze 1226 dem Kloster
geschenkt (Reg., Nr. 297).
23) S. 42, Abs. 1. Uber die deutscheu Ausiedelungeu auf dem
rechten Oderufer vgl. Regesten, Nr. 166.
24) S. 42, Abs. 1. Das Material iiber die iiltesten nachweis-
lichen deutschen Ausiedelungeu hat Stenzel in der Einleitung zu
seiner Urkundensammluug S. 177 ff. zusammeugcstellt , ohne jedoch
die Frage der Echtheit der Urkunden, auf die er verweist, in Betracht
zu Ziehen; zu diesem Zwecke miissen dann meine Regesten zurate
gezogen werdeu.
Anmerkungeu. S. 45. 46. H
Zweites Buch.
Erster Abschnitt.
1) S. 45, Abs. 6. Der Yerzicht auf weitere Successions-
anspriiche in dem Abkommen zwischen beiden Parteien (Regesten,
Nr, 83) lafst darauf schKefsen, dafs damals solcbe vorgelegen habeu.
2) S. 45, Abs. 1 (am Ende). Reg., Nr. 83. 84.
3) Vgl. meinen Aufsatz iiber den scblesischen Grenzhag (preseca)
schles. Zeitschi-. XII, Iff,
4) S. 46, Abs. 2. Niederlausitz. 1218 verspricht Herzog Wla-
dyslaw Laskouogi Heim-icb I. Schonung des Landes Lebus und der
Marchia Lusicensis, quamdiu ab eodem duce H. tenetur, Regesten,
Nr. 204.
5) S. 46, Abs. 4. Die Bulle, deren Inhalt Ropell, der sie nur
aus dem Auszuge bei Rainald kannte, S. 404, mifsverstandlich wieder-
giebt, ist jetzt voUstandig abgedruckt im Cod. dipl. minor. Polon. ed.
Piekosynski, S. 12. Meiner im Texte gegebenen Auffassung und
speziell der Beziehung auf Mesko von Oberschlesien steht, wie icb
nicht leugnen mochte, ein schweres Bedenken entgegen, dafs niimlicb
der Papst bier erklart, ein dux Zlesie habe die ganze Sache angeregt,
und bei dieser Bezeichnung ist es offenbar scbwei", an jemand anders
zu denken als an Heinrich den Bartigen, und icb vermag keinen
Fall anzufiihren, wo in jener Zeit einer der oberscblesischen Herzoge
als dux Zlesie bezeicbnet worden ware. Indessen will icb docb lieber
bier einen Irrtum der papstlichen Kanzelei, die sich so biiufig in den
Verhaltnissen des slawiscben Ostens schlecht unterrichtet zeigt,
voraussetzen als annebmen, Heinrich I. habe bier sich in einer
Sache bemiiht, die doch nur seinem Obeime Mesko zugute kommen
konnte. Mit diesem Fiirsten war er seit den Ereignissen bei seiner
Thronbesteigung, die wir obeu schilderteu, schwer verfeindet, und wir
wissen von keiner Anniiherung zwischen den beiden Fiirsten bis an
Meskos Tod. Und ebeusowenig erscheint es wahrscheiulich , dafs er
sich in dieser Sache soUte mit Lesko von Krakau haben verfeinden
wollen, um^so weniger, da wir Heinrich einen Monat nach dem Er-
lasse jener Bulle ganz li-iedlich neben Lesko an einer Zusammenkunft
polnischer Fiirsten in Borzykowa teilnehmeu sahen (Cod. dipl. maj.
Polon. I, 64). Und wenn man einwerfen woUte, vielleicht habe Hein-
rich das Testament Boleslaws III. im eigenen Interesse in Anspruch
nehmen wollen uuter Berufung darauf, dafs er ja der iilteste Sohn
12 Anmerkungen. S. 45 — 47.
des altesten Sohnes von Boleslaws Erstgeborenen -ware, so ist darauf
zu erwidern, dafs der Wortlaut der papstlichen Bulle eine solche Be-
giinstigung des Stammes des Erstgeborenen nicht enthalt, viehnehr
durch die Worte: ita quod si major decederet vel cederet juri suo,
qui post eum de toto genere major esset, ipsius civitatis
(Cracovie) possessionem intraret, offenbar dem oberscblesischen Herzoge
das nachste Anrecbt giebt. Und schliefslich hat doch auch eben
Mesko vmd uur er alleiu, wie im Teste berichtet wird, von der Sache
einen VorteU gehabt.
6) S. 46, Abs. 5. Die Angabe der Ann. Siles. superioris (Mon.
Germ. XIX, 552), deren kurze Xotizen einen sehr glaub\viirdigen
Eindruck macben, Mesko sei tenendo Cracoviam gestorben, verdient
uiizweifelbaft beriicksichtigt zu werden, und wenn davor die falsche
Jahreszabl 1206 statt 1211 stebt, so will das wenig besagen, VI statt
XI konnte leicht verschrieben resp. verlesen werden.
7) S. 47 , Abs. 2. 1206 erscbeint ein Brief Herzog Heiurichs
ausgesteUt anno illo iu quo d. H. arch, excommunicatus ab ipso d.
^^^odizlao manslt in Wratizlavia, Reg., Nr. 101. 1207, Jan. 5, findet
ein Brief Papst Innocenz HI. den Erzbischof noch in seiner Be-
drangnis, Eeg. , Nr. 111. — Die erste urkundliche En\'ahnuiig Wla-
dyslaws Odonicz als Herzog von Kalisch datiert vom 25. Dezember
1208, wo derselbe daun als Herzog von Kalisch bezel chnet wird.
Natiirlich ist es, da wir friiherer urkundlicher Erwahnungen Wla-
dyslaws entbehren, sehr wohl moglich, dafs Wladyslaw bereits friiher
in den Besitz von Kalisch gekommen ist.
8) S. 47, Abs. 2 (ain Eude). Anfiihrung einer piipsthchen Ur-
kunde von 1217, Febr. 22. Reg., Nr. 183. Boguphals abweicheude
Augaben (a. a. 0., S. 553, 4) konnen gegeniiber den urkundlichen
Zeugnissen kaiun in Betracht kommen.
9) S. 47, Abs. 3. Am 25. Dezember 1208 tritt er als Zeuge
zwei Schenkungen bei, welche sein Xeflfe als Herzog von Kalisch
voUzieht. Reg., Nr. 129. 130.
10) S. 47, Abs. 3 (am Ende). Es ist sehr wahi-scheinlich, dafs
Wladyslaw Odonicz damals das vaterliche Erbteil erhalten hat, auf
welchem er dann das Cisterzienserkloster Priment im Kreise Bombst
fuudiert, das er im Juli 1210 bereits zu erbauen begonnen hat (cod.
dipl. maj. Pol. I, 64). Die Orte, welche er am 25. Dezember 1208
an die schlesischen Kloster Leubus imd Trebnitz schenkt (Regesten,
Nr. 129. 130) sind nicht mit voUer Sicherheit ermittelt. Das an
Leubus geschenkte Gut Lubogosch konnte wohl Laubegast (Kreis
Glogau) sein. Die Erwahnung der naben Seeen macht das um so
wahrscbeinlicher. Dieser Grenzstrich kann damals sehr wohl noch
Anmerkungen. S. 47 — 50. 13
mit zu Grofspolen gehort haben. Die Grenze zwischen Schlesieu und
Grofspolen hat ia jenen Zeiten vielfach sich geJiudert.
11) S. 47, Abs. 4. Das Nachstliegende ware ofFeubar anzu-
nehmen, dafs Heinrich dem Herzoge Wladyslaw das Schlofs Lebus in
irgendwelcher Form iiberlassen hat, wie ja dies aus spiiterer Zeit
(1217) urkundlich feststeht. In der gleich anzufiihrenden Stelle des
Chron. Mont. Sereni wird das Schlofs als Wladyslaw gehorig be-
zeichnet.
12) S. 47, Abs. 4. Chron. Montis Sereni bei Men eke, Ss.
rer. Germ. II, 227.
13) S. 48, Z. 2. Cod. dipl. maj. Pol. I, 64.
14) S. 48, Abs. 2. 1213, Febr. 27 stellt Wladyslaw Odonicz als
dux Polonie eine Urkunde in Gnesen aus (Cod. dipl. maj. Polon.
I, 76). Am 20. Oktober desselbeu Jahres urkundet derselbe wiederum
als Herzog von Kalisch (ebd., S. 78), irnd 1214, August 10, urkundet
Wladysl. Laskouogi wiederum in Gnesen (ebd., S. 79).
15) S. 48, Abs. 3, Z. 2. Honorius III. bestatigt denselben unter
dem 9. Febr. 1217 (cod. dipl. maj. Pol. I, 83).
16) S. 48, Abs. 3. Papstliche Mahnungen und Schenkungen in
dieser Sache, Regesten, Nr. 183. 184. 204. 205.
17) S. 48, Abs. 8 (am Eiide). Theiner mon. Polon. I, 7.
18) S. 48, Abs. 4, Z. 7. Regesten, Nr. 204. Cod. dipl. maj.
Pol. I, 89.
19) S. 48, Abs. 4, Z. 7. Smolka, schles. Zeitschr. XII, 104 fif.
20) S. 48, Z. 5 T, u. Cod. dipl. maj. Pol. I, 87.
21) S. 49, Z. 1. Reg. I, 150.
22) S. 49, Abs. 1. Kaiser Friedrichs 11. Schenkung. Regesten,
Nr. 310. Die Anspriiche des Erzbischofs stiitzten sich nach Bogu-
phal (a. a. 0., S. 559) auf eine Verleihung Kaiser Heinrichs V.
23) S. 49, Z. 5. Ygl. die urkimdlichen Anfiihrungen in Reg.,
Nr. 343. 345. 362.
24) S. 49, Z. 7. Unmittelbar nach seinem Tode versucht Erz-
bischof Wilbrand einen Feldzug zur Eroberung von Schlofs Lebus.
25) S. 49. Bisch. Christian in Trebnitz, Reg., Nr. 216.
26) S. 49, Abs. 3 (am Eude). Reg., Nr. 258.
27) S. 50. Z. 2. Reg., Nr. 258. Nur den im Texte angegebenen
Sinn scheint mir die vielfach gedeutete Stelle haben zu konnen. Ihr
Wortlaut ist: quicunque terram Culmensem habuerit, omnes proven-
tus ipsius terre cum episcopo Pruscie dimidiabit. Insuper decimam
temporalium de parte sua episcopo Pruscie dabit excepto duce Slesie
H., qui faciet cum episcopo secimdum quod eis duobus visum fuerit
14 Anmerkungen. S. 50. 51.
expedire. Der Herzog Heinrich sollte ja doch in Kulm eine Burg
bauen uud wiihrend dieser Zeit auch das Land vor feindlichen Ein-
fiillen und Storungen des unternommenen Baues schiitzen. Dafs er
also der erste Inbaber des Landes seiu mufste, war selbstverstandlich
uud nicbt mchr als billig, dafs man ibn in dieser bedrangteu Zeit
von lastigen Verpflichtungeu frei bielt. Dafs er aber nicbt fiir immer
das Land zu bebaupten gedacbte, mochte er wobl selbst erklart
haben, da das nimmermebr als ein Gewinn, als ein Vorteil angeseheu
werdeu konnte. Die Erbauuug der Kulmer Burg war wie der ganze
Kreuzzug ein frommes Werk, zum eigenen Seeleubeil untei'nommeu.
Hatte er es erfiillt, so mocbte ein anderer uacb ihm kommen und
weiter an dem gottgefalligen Werke arbeiten, und dieser konnte dann
scbon eber den Zebnten an Bisch. Cbristian zahlen.
28) S. 50, Ahs. 2 (am Eiide). 1223, Juli 2, Reg. Es ware
w^obl moglicb, dafs dies der mit Heinrich nacb Prenfseu gezogene
Kastellan von Bunzlau gewesen ist, weuugleich derselbe dann noch
einmal gleicbfalls in Preufsen unter dem 6. Augxist als Kastellan von
Bunzlau aufgefiihrt wird. Reg., Nr. 273 b.
29) S. 50, Abs. 3. Den Biscbof von Flock nennt als Ratgeber
Bogupbal, S. 859.
30) S. 50, Abs. 3. Beziiglich der definitiven Uberlassung des
Kulmer Landes a. d. Deutscbordensritter scbreibt Bogupbal, S. 559:
„Henricus — — Conradum patruum suum petiit, ut cruce signatis
predictam ten-am Culmensem perpetuo adscribere dignaretur." Ebd.
31) S. 50, Abs. 3 (am Eude). Reg., Nr. 247.
32) S. 51, Abs. 3 (am Ende). Bogupbal, S. 554. 555.
Leider tindet sich bier eine Liicke, die Worte lauten: (Lesko) volens
etiam castrum Naklense sub duce Wladislao .... Hierzu ergiinzt
der Herausgeber die Worte Odouis recuperare. Dafs diese Konjektur
nicbt sebr zu befriedigen vermag, bemerkt Smolka (a. a. 0., S. 112,
Anm. 1) mit um so grofserem Recbte, da dieselbe die Meinung bervor-
rufen kann, als biitte es sich dabei darum gehandelt, ein Besitztum,
dessen sich Odonicz widerrechtlich angemafst, demselben wieder ab-
zunehmen, was dann doch erst bewiesen werden miifste. Ohne wei-
teren Anbalt ist es nicht geraten, sich auf eine J^rganzung der feh-
lenden Worte einzulassen. Dafs aber Odonicz mit seinem Schwager
gemeinsame Sache gemacht, deutet auch Bogupbal, S. 354 an, und
die Wolhynisch - Halitzische Chronik (vgl. Smolka a. a. 0.) nennt
Swantopolk und Odonicz zusammen als Morder Leskos, und auch der
allerdings etwas verworrene Bericbt des Cbron. Polono - Siles. (M.
Germ. Ss. XIX, 567) stebt dieser Annabme nicht entgegen.
33) S. 51, Abs. 3, Z. 1. Bogupbal, S. 554. Diese unsere
Hauptquelle stellt die Sache keineswegs so dar, als sei Heinrich ge-
Anmerkuugen. S. 51—53. 15
wissermafsen als Vasall des Grofsfursten unci Herzogs von Krakau
bier erschienen.
34) S. 51, Abs. 4-. tjber die Mitschuld Swantopolks vgl. die
vorige Anmerkung.
35) S. 51, Abs. 4. Das Chron. Polono-Siles. (M. Germ. Ss.
XIX, 567) lafst Heinrich im Bette iiberrascht werden.
36) S. 51, Abs. 4. Uber den Opfertod Peregrins s. Chron.
Pol.-Siles., S. 567.
37) S. 51 , Abs. 5. In einer Urkunde von 1228 ohne Datum
adoptiert unter Berufung auf seine mit Lesko getroifenen Ver-
abredungen Wladyslaw dessen Sohn und nimmt dessen Lande in seinen
Scbutz. Piekosiiiski c. d. cathedr. eccl. Craeov. I, 20. Dafs
Wladj^slaw sicb nun aucb als Grofsfursten angesehen bat, wiire -wobl
moglich. Bogupbal (p. 557) bezeichnet ibn zu diesem Jabre 1228
als Wladislaus magnus. Dagegen erscbeint eine derartige Titulatur,
die ja in einem friiberen Jabre (1227) uns einmal in einer Urkunde
Wladislaws begegnet, in den beiden Urkunden desselben von diesem
Jabre nicht augewendet.
38) S. 52, Abs. 2. Nacb den Anfiihrungeu Smolkas (scbles.
Zeitscbr. XII, 124) aus russiscben Chroniken.
39) S. 52, Abs. 2. Cession Krakaus Cbron. Pol.-Siles. , S. 567.
Die erste Urkunde, in welcber sicb Heinricb Herzog von Scblesien,
Krakau und Polen nennt, datiert vom 30. August 1228, Regesten,
Nr. 338.
40) S. 52, Abs. 3. Uber die beiden Scblacbten das Cbronicon
Pol.-Siles., S. 567, Uber die Krakauer Versammluug Ann. Siles. com-
■pilati M. Germ. Ss. XIX, 539. Dlugosz I, col. 6G0.
41) S. 53, Abs. i. In der Cbronologie dieser Begebenbeiten
folge icb bier und weiterbin der iiberzeugenden Darstelluug Smol-
kas a. a. 0., S. 117ff.
42) S. 53, Abs. 4. Cbron. Polono-Siles. a. a. 0., S. 564. Bo-
gupbal (S. 556) klagt darilber, dafs Heinricb mebrfacb Kloster in
Festungen verwandelt und dann als solche bebandelt babe, unter
andern aucb das von Opatow. Vielleicbt bat er das bei 0. iu
Erinnerung an diesen Vorfall getban.
43) S. 53, Z. 2. Mit S mo Ik a, S. 118 balte icb diese Angabe
des Dlugosz I, col. 640 u. 643 fiir sebr glaubhaft.
44) S. 53, Z. 3. Die erste Urkunde, die Heinricb wieder als Herzog
von Krakau und Polen ausstellt, datiert vom 31. Dez. 1230 (Reg.,
Nr. 364). Vgl. Smolka, S. 118, Anm. 1. Ob der bier als Zouge
angefiibrte consobrinus Heinricbs Boleslaw, wie Smolka vermutet, der
Sobn Leskos war, ist fraglicb; man wird docb wobl eber mitGro
16 Aumerkungeu. S. 53. 54.
fend (scbles. Stanimtafeln , Taf. I, Nr. 5, an den mahrischen Bo-
leslaw, Heinrichs Schwestersohn, zu denken haben.
45) S. 53, Z. 7. Boguphal, S. 555.
46) S. 53, Abs. 2. Wladyslaws Tod, Eeg., Nr. 185.
47) S. 53, Abs. 2 (am Ende). Die Nacbricbt berubt nur auf
der Anfiibrung eines nocb ungedruckten von R op ell (Gescb. Polens,
S. 453) citicrten papstlicben Scbreibens vom 14. Oktober 1287. Vgl.
c. d. maj. Pol. I, 583. Beziiglicb der Cbronologie des Feldzuges scbliefse
icb micb der Ausfiibrung Smolkas (a. a. 0., S. 122, Anm. 2) an.
48) S. 53, Abs. 3. H. BaUc in Breslau, Reg., Nr. 410.
49) S. 53, Abs. 3, Z. 4 v. u. Reg., Nr. 424. Die Zweifel,
welcbe Smolka (a. a. 0., S. 123, Anm. 2) gegen diese Deutung des
Ausstellungsortes Hlem aufsert, erscbeinen docb nicbt binreicbend
substantiiert , um an das von ibm vorgescblagene Dorf Cbelm bei
Petrikau zu denken.
50) S. 54, Abs. 1. Ss. rer. Pruss. I, 57.
51) S. 54, Abs. 2 (am Ende). Reg., Nr. 429b nnd dazu Bo-
gupbal, S. 558. Borziwoi -war ein Sobu des aus seiner Heimat
vertriebenen Markgrafen Diepold , der Heiuricbs Scbwester zur Ge-
mablin batte.
52) S. 54, Abs. 3. Uber die Thatigkeit Wilbelms von Mo-
dena Bogupbal, S. 559; Smolka a. a. 0., S. ISOflf.
53) S. 54, Abs. 4. Uber die Zugeborigkeit der Gebiete von
Kreuzburg, Pitscben und Rosenberg mag nocb eine besondere Notiz
bier einen Platz finden. Beim Regierungsantritte Heinricbs I. baben
diese Gebiete zu Oberscblesien gebort, der alte Grenzbag (preseca)
scbied das Namslauer Gebiet, das zu dem damaligen Herzogtum
Scblesien geborte, von dem Pitscben-Kreuzburger Laude. (Vgl. oben
S. 9). Im Widersprucbe damit finden wir jedocb urkundlicbe Erwab-
nungen , welcbe Herzog Heinricb I. scbon sebr friib berzoglicbe
Recbte in der Rosenberger Gegend ausiiben lassen. Im Jabre 1204
erlafst Heinricb dem Sandstifte eine ibm zustebende Abgabe auf ver-
scbiedenen Stiftsgiitern und unter andei'n aucb in Zarzisk bei Rosen-
berg in Oberscblesien (Reg., Nr. 95). Aber die nur in Kopialblicbern
des Sandstiftes erbalteue Urkuude wird uns scbon durcb die ganz
unerborte Titulatur des Herzogs : Henricus dei et b. Marie beatique
Jobannis gracia, verdacbtig, und aucb die Sandstiftscbronik (Sten-
zel, Ss. rer. Siles. II, 66) sagt von diesen Bewilligungen , dieselben
seien per uegligentiam et nimis antiquatam tacitumitatem abolita et
cxtincta. Allerdings bezeicbnet daun Heinricb aucb in einem grofseu
Privileg von 1209 fiir das Sandstift eine Reibe von Stiftsgiitern jenes
Klosters als in seinem dominium gelegen und von ibm, resp. in seinem
Auftrage umgrenzt, darunter aucb Zarzisk. (Reg., Nr. 133.) Diesen
Anmerkuugeu. S. 54 — GO. 17
letzteren Ort erlaubt claim Herzog Heiorich I. 1228 dem Sandstifte
zu deutschem Rechte auszusetzen luiter gleiclizeitiger Erwahnung der
herzoglichen Schenkeu zu Pitschen (Reg., Nr. 329). Dieseu drei
samtlicli nur in den Kopialbiichern des Sandstiftes vorhandenen Ur-
kunden stellt sich nun aber eine im Originale uns erhalteue uud
iinverdachtige Urkunde des Bischofs Lorenz vom Jahre 1226 eutgegen,
■welche ganz vinzweifelhaft das Gebiet von Rosenberg als im Besitze
des Herzogs Kasimir von Oppeln zeigt (Reg., Nr. 293), und mit
Riicksicht darauf habe icli Anstand genommen, aus jenen Sandstifts-
urkunden , liber deren mutmafslicbe Entstehung Vermutungen zu
aufsern hier zu weit fiihren wiirde, ScUiisse zu machen beziiglich
des Besitzstaudes von Herzog Heinrich in dieser Gegend, und selbst
was Kreuzburg uud Pitschen anbetrifft, so lialte ich bei dem Schwei-
gen aller sonstigen Quellen es fiir bedenklich , eine Herrschaft Heiu-
richs in dieser Gegend anzunelimen. Unzweifelhaft ist dann aucb,
dafs die Rosenberger Nachrichten in (Zimmermanns) Beitragen zur
Beschreibung von Scblesien II, 169 nur auf Kombinationen beruhen,
welche aus der angefiibrten Sandstiftsurkunde von 1228 in der wUlkiir-
licheu Art , wie seiche spateren Chronisten eigen war , hergeleitet
worden wareu.
r)4) S. 54, Abs. 4. IJber Heinrichs Vormundschaft in Ober-
schlesien. Bereits 1232, Okt. 2, stellt Heinrich eine Urkuude zu
Oppeln aus (Reg., Nr. 395) und erwahut in einer Urkunde von 1234,
ev habe „tutelam et gubernacionem filiorum fratris]Casimiri" (Reg. 419b).
55) S. 54, Abs. 4 (am Ende). 1238 bei einer Zusammenkunft,
welche Herzogia A'iola mit H. zu Bobrownik hatte, nennt sie sich
Herzogin von Kalisch und Ruda.
56) S. 55, Abs. 1. Uber Hedwigs Alter bei ihrer Yermahlung
vita Hedwigis bei Steuzel, Ss. rer. Siles. II, 4.
57) S. 56, Abs. 1. Die Vita Hedw. , p. 5, kennt nur sechs
Kinder, doch kann der, wie bereits angefiihrt, am 25. Dezember 1208
getaufte Sohn Heinrichs keiner der drei dort geuannten Sohne sein,
da von diesen der jiingste bereits 1208 mit dem Vater Urkuudeu
ausstellt.
58) S. 56, Abs. 2. Vgl. dariiber Luchs in den schlesischen
Fiirstenbildern, Bogen 8.
59) S. 56, Abs. 4. Uber Kloster Trebnitz vgl. Stenzel,
Griindungsbuch von Heinrichau, S. 8. 9.
60) S. 56, Abs. 4, Z. 2 v. u. Ebd., S. 7.
61) S. 57, Abs. 2. Uber die Bresl. Augustiner vgl. ihre Stifts-
chronik in Stenzel, Ss. rer. Siles. II imd Uber die wallonischen
Elemente meine obea Buch I, Abschn. 2, Anm. 7 angefuhrte Schrift.
Grunhagen, Gescb. Schlesiens. I. 2
18 Anmerkungeu. 57. 58.
62) S. 57, Abs. 2 (am Ende). Vita Hedw. Steuzel. Ss. m-.
Sil. II, 32.
63) S. 57, Abs. 3. Die Urkunde von 1209 ist mitgeteilt vou
Stenzel im Jahresbericht der vaterliindischeu Gesellschaft vou 1840,
S. 122. Vgl. auch iiber diese Gliter H. Adler, Alteste Geschichte
der am Fufse des Zobtenberges liegenden Dorfer des Sandstiftes,
Progi-amm der Bresl. Realschule am Zwinger 1871 u. 1872.
64) S. 58, Abs. 1 (am Ende). Die grofse Zahl der Aus-
setzungen zu deutschem Rechte zeigt die verdienstliche Zusammen-
stellung derselbeu aus den Regesten (die Zeit bis 1250 umfassend)
von H. Neuling in der schles. Zeitschr. XII, 156. Und dabei miisseu
wir immer noch daran denken, wie viele Aussetznngsurkunden zu
deutschem Rechte uns uicht mehr erhalteu siud.
65) S. 58, Abs. 3, Z. 1. Wenn hier Neumarkt an erster
Stelie genaunt wurde, so geschah dies deshalb, weil gerade das Neu-
markter Recht danu vielfach weitcr fortgepflanzt und auf andere
Stiidte iibertragen wird. Soust ist gerade bei diesem Orte um so
schwerer zu sagen, wenn hier zuerst deutsche stadtische Einrich-
tungen eingefiihrt worden sind, als auch fiir landliche Neugi-iindungen
Neumarkt vielfach als Muster angefiihrt ward. Vgl. Tzschoppe
imd Stenzel, Urkundensammlung, Einl., S. 95. 96.
66) S. 58, Abs. 3 (am Aufang-). R. Peiper hat in der schles.
Zeitschr. XIV, 567 ffi die Vermutung aufgestellt, der Name Szroda
(die polnische Bezeichuuug fur Mittwoch) stelie den neugegriindeten
Markt am Mittwoch gleichsam gegeuiiber dem bisherigen einzigen
Markte dieser Gegend in dem Stadtchen Zobten unter dem Berge
gleichen Namens, welcher Markt am Sonnabend abgehalten worden,
der Ort babe daher Sobota = Sonnabend geheifsen, woraus dann
Zobten entstanden sei. Dafs der Zobteuberg erst von dem Markt-
flecken an seinem Fufse diesen seiuen Namen erhalten hat, wird kaum
zu bestreiten sein; noch in der oben angefiihrten Urkunde von 1209
triigt der Berg den alten Namen Silency (Schlesierberg), wahrend der
Marktflecken am Fufse desselben Sobota genannt wird. Der letztere
ist uralt; bereits in der papstlichen Bestiitigung von 1148 ist von dem
forum sub monte die Rede (Adler a. a. 0., S. 23). Dafs der Name
des Fleckens von dem Wochentage, an welchem dort der Markt ab-
gehalten wurde, hergenommeu worden sei, ist eine Konjektur, die
manches fiir sich haben kann. Was Szroda anbetrifft, so miifste
man, wenn man an der Peiperschen Konjektur festhalten will, an-
nehmen , es sei dieser Mittwochmarkt in sehr friiher Zeit gegriindet
worden, wahrscheinlich noch unter Boleslaw dem Laugen, also noch
ira 12. Jahrhundert. Als dann Heiurich I. mit der Griindung von
deutschen Stadten vorging, fiel sein Blick zuniichst auf Szroda, das
Anmerkungen. 58 — 63. 19
eben wegeu seines Marktes einen Haudelsverkelir aufzuweisen batte,
und er nannte dann den Ort bei der Neugriindung zu deutscbem
Rechte Neumarkt. Dies miifste dann wobl bald nacb Heinrichs
Tbronbesteiguug erfolgt sein, denu in wenig spiiterer Zeit im Jabre
1214 finden wir bereits eine ganze Anzabl von Markten im Gebiete
der Breslauer Burg erwabnt, namlicb 01s, Domslau, Bernstadt. (Urk.
Heinrichs I. bei Tzschoppe und Stenzel, Urkuudensammlung der
scbles. Stadte etc., S. 275.)
67) S. 58, Abs. 3. Die Magdeburger scbreibeu: Quod pro
vestra petitioue nostrorum privilegiorum rescripta et nostre civita-
tis jura totiens vobis transmisimus et cum devotione. Undatiertes
Scbreiben zwiscben 1211 u. 1238. Keg., Nr. 141.
68) S. 58, Albs. 3. Dafs der Ausdruck Scbultbeifs damals
ziemlicb gleicbbedeutend mit Vogt gebraucbt wurde, dafiir bringt
Markgraf in der scbles. Zeitscbr. XV, 539 ff. mebrere Belege. Die
Urkunde von 1229, Eeg., Nr. 343.
69) S. 58, Abs. 3. liber das deutscbe Kaufhavis vgl. Griin-
bagen, Breslau unter den Piasten, S. 6 und Markgrafs Aufsatz:
Breslau als deutscbe Stadt vor dem Mongolenbrande von 1241 a. a. 0.
Dafs das Haus ein steinernes war, wird man daraus scbliefsen dlirfen,
dafs es allein den Mongolenbrand iiberdauerte.
TO) Ubergabe der Adalbertskircbe 1226. Reg., Nr. 305.
71) S. 59, Z. 2. Griinbageu, Die Anfange der Pfarrkirchen
zu Maria-Magdalena und Elisabetb. Abbandlungen der scblesischen
Gesellscbaft fiir vaterland. Kultui-, pbilos.-bist. Abtb. 1867, S. 28 ff.
72) S. 59, Abs. 2. Fiir die Existenz einer deutscben Gemeinde
scbon vor 1241 biirgt der Name des Scbultbeifsen Alexander in der
angefiibrten Urkimde von 1229, Reg. 349.
73) S. 61, Abs. 2. - Vgl. im Texte S. 36 ff.
74) S. 61, Abs. 2. Die betr. Bemerkung der Magdebm-ger bei
Tzscboppe und Stenzel, Urkundensamml., S. 271, § 2.
75) S. 62, Z. 1. Von dem Holzpfluge der Slaven und dem
kliiglicben Zustande der Einwobner vor der deutscben Einwanderung
berichtet ein altes Leubuser Gedicbt, Wattenbacb, Monum. Lu-
bensia 15.
76) S. 63, Z. 2. Regesten, Nr. 128. Dieser 1208 getaufte Sohn
Herzog Heinricbs wird nirgends weiter erwabnt.
77) S. 63, Abs. 2 (am Eiide). Cbron. Polono-Siles. Mon. Germ.
SS. XIX, 566. 567. Dafs die Begebenbeit in die letzten Jabre Hein-
ricbs I. zu setzen sei, zeigen scbon die Worte unserer Quelle: viven-
tibus adbuc Henrico etc. Vgl. dazu meine Ausfiibrungen in der
2*
20 Aumerkungen. S. G4— 68.
schlcs. Zeitsclir. VII, 202. Von dem ZusammentrefFen sagt die cr-
wJihiite cinzige Quelle: pater et mater cum hoc malum (den durch
natiouale Autipathieen geschiirfteu Zwist der Bruder) sedare nequirent,
pater Glogoviam , mater in Nempcz cedentes filios congrcdi per-
miserunt. Ich habe diesen Worten im Texte cine vielleicht etwas
gewaltsame Dcutung gegeben, aber es schien mir dpnu docli kaum
denkbar, dafs ein so gewaltiger Krieg.sflirst wie Heinricb I. in eiuer
Augelegenheit, wo ein Priuzip, welches er sein Leben laug verfolgte,
auf dem Spiele stand, soUte gleichsam nur eiuen gleichgiltigen Zu-
schauer abgegeben haben.
78) S. (»4, Z. 9. Naturlich abgeseheu von dem seitdem ziem-
lich um das Fiinffache gesunkencn Geldwerte, wie ihn eine Ver-
gleichung der Getreidepreise herausstellt. Vgl. Tagmanu, Uber
das Miluzwesen Schlesiens bis zum Anfange des 14. Jahrhunderts.
Scbles. Zeitschr. I. 86.
Zweiter Abschnitt.
1) S. 66, Abs. 1 (am Elide). Stenzel, Grlinduugsbuch von
Heinrichau, S. 131. Wenn Knoblich (Herzogiu Anna, S. 43) aus
der Zeugeuschaft des Bischofs bei einer Urkunde Herzog Heiurichs 11.
fiir Heinrichau am 26. Juni 1239 auf die damals erfolgte Versohnung
schliefst, so nehme ich doch Austand, diesen Beweis gelteu zu lassen,
cinmal weil es mit dieser Urkunde eine besondere Bewandnis hat
(vgl. meine schles. Regesten) , ihre Datiening nicht ganz sicher ist
und selbst wenn da kein weiterer Zweifel obwaltete, nach der Praxis
bei solchen Urkunden die INIitsiegelung des Bischofs, welche das
Kloster zu wiinschen alien Grund hatte, noch nicht notwendig seine
Anwesenheit bedingen wiirde.
2) S. 66, Abs. 4. Hofler, Albert von Beham, S. 14 u. 27.
3) S. 68, Abs. 1. Reg., Nr. 572.
4) S. 68, Abs. 2. Beziiglich einer Feststellung der Fiirsten, die
bei Oppeln kampften, vgl. meine schlesischen Regesten, 2. Auflage,
S. 246.
5) S. 68 , Abs. 2. Was in den von mir bearbeiteten schles.
Regesten nur als Moglichkeit hingestellt wurde, dafs die bei Oppeln
iiber die Oder gekommenen Mongolen die Zerstorung Breslaus herbei-
gefiihrt haben , mochte ich nun doch mit grofserer Bestimmtheit an-
nehmen. Die Entscheidung dariiber hjingt von einer andern Frage
ab, niimlich, ob man annimmt, dafs beide Mongolenheere , das durch
Anmerkungen. S. 68. 21
Grofspolen herangeriickte imd das liber Krakau und Oppelii ge-
kommene, vereint bei AVahlstatt gegen Heinrich II. gekiimpft habeu.
Ich nehme das mit Dlugosz (a. a. 0., S. 676) schon deshalb an,
um die Uberzahl der Tartareu , welche dann die Miederlage der
Schlesier herbeifiihrt, leichter erkltireu zu konnen. Was dieser An-
nahme entgegensteht , ist die Aufiihrung des Briefes Kaiser Fried-
richs II. an den Konig von England vom 3. Juli (oft gedruckt z. B.
bei Er ben, Eeg. Bohem., Nr. 1052), demzufolge nur das per Pructenos
entsendete Mongolenheer (also oifenbar das durch Grofspolen ge-
zogene) die Niederlage bei Wahlstatt veranlafst babe, wahrend der
zweite Kriegshaufe in Bohmen (richtiger in Miihren) eingefallen sei.
Aber bei naherer Betrachtung zeigt sich doch die Kunde von den
Vorgangen in Schlesien, wie sie zu dem Kaiser nach Italien ge-
driingen und dann in jenem Briefe sich abspiegelt, zu wenig genau
ini einzeluen, um allzu grofse Beriicksichtigung beanspruchen zu
konnen. Uber den Verbleib des Heeres, das bei Wahlstatt gesiegt,
enthielt jener Brief gar nichts. Und wie barbarisch auch die Mon-
golen waren, so wird man doch den Fiihrern von Heeren, welche so
ausgedehnte Eroberirngsziige auszufiihren vermocht haben, immerhin
eine gewisse Kriegskunst zuschreiben miissen. Wir diirfen doch kaum
voraussetzen, es konne den Fiihrern der Mongolen, welche bei Oppeln
die Oder iiberschritten, ganz verborgen geblieben sein, dafs iu Schle-
sien ihnen noch ein Kampf bevorstehe, dafs Herzog Heinrich gegen
sie riiste und auch der Bohmenkcinig. Um so weniger darf voraus-
gesetzt werden, dafs der bei Oppeln iiber die Oder gekommene Heer-
baufe unbekiimmert um jene Feinde und das Schicksal ihrer aus
Kujawien heranruckenden Landsleute sich sollte nach Bohmen resp.
Mahren gewendet haben. Ob die also nun anzunehmenden Ver-
einigungen der beiden mongohschen Heerhaufen dann gerade am
2. Osterfeiertage (dem 1. April) und zwar im Breslauer Fiirstentume
vor sich gegangen sei, wie Dlugosz (a. a. 0., S. 676) berichtet, kaun
das diesem Chronisten gegeniiber gerechtfertigte Mifstrauen uns noch
dahinstellen lassen. Gewifs ist aber soviel, dafs, so wie wir eine Ver-
einigung beider mongolischer Heere vor der Schlacht bei Wahlstatt
annehmen, auch der Angriif auf Breslau dem von Oppeln auf dem
linken Oderufer in der liichtung auf Liegnitz vordringendeu Haufen
zuzuschreiben sein wird , da Breslau diesem auf dem Wege lag.
Wenn jemand aber mit Riicksicht auf die allerdings arge Diii-ftigkeit
unserer Quellen zweifeln wollte, ob deun iiberhaupt die Mongolen bei
Oppeln iiber die Oder gegangen sind, und ob sie uicht lieber die
Vereiuigung mit dem aus Grofspolen herbeikommeuden Haufen auf
dem rechten Flufsufer gesucht haben soUten, so mag bemerkt werden,
dafs diese Moglichkeit schon deshalb von der Hand gewiesen werden
kann, weil das reiche Kloster Trebnitz sonst sicher nicht der Zer-
storung und Pliindenmg entgangen ware. Was die Verbrennung
22 Anmerkuugeu. S. 68 — 70.
Breslaus betrifft, so hat allerdings Ropell (^Gesch. Poleus, S. 4G9,
AniKi. 14) dieselbe erst iiach der Wahlstattcr Schlacht angenommen
(und ich war seiner Ansicht in meiuen Regesten gefolgt) auf Grund
der Augabeu des Roger (de destructione Huugarie per Tartaros
facta bei Schwaudtuer, Ss. rer. Hung. I, 380). Die Stelle lautet:
„Peta rex per Poloniam dirigcns gressos suos uno ab ipso de ducibus
Polonie interfeeto et destructa Vratislavia civitate nobilissima et strage
facta mirabili — — ad portas Hungarie festinavit." Ich bekenne
nun, dafs ich doch Bedenkeu trage, diese Worte als fUr die Chrono-
logic der Begebeuheiten eutscheideud anzusehen; cs ist ebeusowohl
moglich, dafs der Yerfasser eiufach das ihm als das wichtigste scheiuende
Ereignis, den Fall des Herzogs, vorausuimmt, ohue dabei an die Chrono-
logic zu denken. Wenigstens meine ich nicht, dafs gegeniiber den
im Vorsteheuden angefiihrten Erwiigungen diese Stelle ein entschei-
dendes Gegengewicht abzugeben vermag; auch wird in den Ann.
Siles. compilati CMon. Germ. XIX, 540), deren Angabeu trotz der
imsichereu Herkunft dieser Quelle einen glaubwiirdigen Eindruck
macheu, die Verbrennung Breslaus ganz ausdriicklich als vor der
Wahlstatter Schlacht erfolgt erzahlt.
6) S. 08, Abs. 2. Ann. Siles. compil. a. a. 0. 540.
7) S. 61), Z. 2. Regest. 575.
8) S. 69, Abs. 2. Regesten 598.
9) S. 69, Abs. 3. Angaben iiber die Starke des Mongolen-
heeres vgl. in meinen Regesten I, S. 248, auch Boguphal (a. a. 0.
561) spricht von Tauseuden, die mit Herzog Heinrich gefallen seien.
10) S. 69, Abs. 4. Die Templer batten in Schlesien Besitzungen,
uad erst kiu-zlich hatte ihnen Herzog Heinrich II. 100 Hufen bei
Schiedlo im Lebuser Lande geschenkt (Reg., Nr. 564). Im cod. dipl.
Morav. (HI, 11) findet sich die Schenkungsurkunde eines mtihrischen
Gehoftes aus dem Juni 1242, zum Dauke dafilr, dafs ein Templer
dem Geschenkgeber in conflictu quodam cum atrocibus Tartaris das
Leben gerettet habe. Die Johanniter besafsen schon seit dem 12. Jahr-
hundert grofse Komtureien in Schlesien, so z. B. Striegau und Lowen-
berg, beide nicht fem von dem Schlachtfelde. Das Grabmal Poppos
mit einer Inschrift, die auf seine Teilnahme an der Wahlstatter
Schlacht hindeutet, befand sich uoch im 16. Jahi-hundert in der Bres-
lauer Jakobskii-che. Ygl. dazu Schirrmacher, Kaiser Friedrich
II: III, 361.
11) S. 70 oben. Obwohl ich, wie noch weiter unteu sich zeigen
■wird, die Angaben des D lug o s z iiber den Kam])f bei Wahlstatt keines-
wegs so in Bausch und Bogen verwerfen mochte, wie es z. B. Sten-
zel in seiner schlesischen Geschichte thut imd ihm folgend bis zu einem
Anmerkungeu. S. 70. 71. 23
gewissen Grade auch ich selbst in den Regesteu gethau habe, so wage
ich doch gerade von dem, was Dlugosz iiber die Zusammeusetzung
des christlichen Heeres berichtet, nichts aufrecbt zu erhalten, sondern
glaube, dafs hier alles auf blofsen Kombinationen uuseres Chronisten
bevuht. So z. B. ist es ihm bei seiner sonst bekannten Eigentiim-
licbkeit ohne Zweifel zuzutrauen, dafs er aus der ihm nach seiner
eigenen Anfiihrung bekannten Thatsache der erfolgten Kreuzpredigten
gegen die Tartaren ohne weiteres die Anwesenheit einer Schar von
Kreuzfahrern in Heiilrichs Heere abzuleiten iinternahm, wahrend es
doch erlaubt seiu wird zu zM-eifeln, ob diese Ivreuzpredigten im in-
neren Deutschlaud so friih vorgenommeu worden seien, dafs Scharen,
die sich infolge davon gesammelt, bereits vor dem 9. April hatten in
Liegnitz eingetroflfen sein konnen. Ebenso wenig wird er Bedenken
getragen haben, aus der Kunde, dafs in Goldberg einst Gold gegraben
worden, ein Corps von Bergknappen zu extrahieren, wahrend doch schwer-
lich in solchen Massen das Gold hier vorhanden gewesen ist, dafs wie
etwa heutzutage in Kohlendistrikteu nun gleich Tausende von Ar-
beitern hier dem Bergbau batten obliegen konnen. Den Herzog von
Oppeln hatte Dlugosz zui- Hand, da er iiber dessen Kampf bei Oppeln
berichtete, und die grofspolnischen und Krakauer Scharen fiihrt unser
Chronist schon aus dem bei ihm so sehr mafsgebenden Motive ad
majorem Polouorum gloriam ins Feld. Es soil mit dieser Kritik nicht
im eutferntesten in Zweifel gezogeu werden, dafs auch Krakauer und
Grofspolen im Heere Heinrichs sich befimden hatten, nur die ganze
Einteilung des Heeres in verschiedene Heerhaufen, wie sie der pol-
nische Geschichtschreiber anfiihrt, kann nach meiner Uberzeugung
nicht als glaubwiirdig angesehen werden.
12) S. 70, Abs. 4. Aus der Schilderung der Schlacht bei Dlu-
gosz (677 fF.), die ja schwerlich jemand als voUkommen glaubwiirdig
zu verteidigen geneigt sein wird, sind im Texte einige Ziige, welche
schon an sich weniger als reinwcg erfunden oder auf willkiirlichen
Kombinationen beruhend erscheinen und aufserdem dann noch (me
dies in meinen Regesteu im einzelnen angefiihrt ist) anderweitig
irgendwie gestiitzt werden, aufgenommen worden. AUerdings mufs ja
auch hier die Moglichkeit eines Irrtums inbetrefif der Glaubwiirdigkeit
zugestanden werden, aber auf der andern Seite wird man aber nicht,
wie es ihrer Zeit Rope 11 und Stenzel gethan haben, alle Angaben
des Dlugosz verwerfen konnen. Es ist doch nicht zu zweifeln, dafs
derselbe Quellen vor sich gehabt hat, die uns nicht mehr crlialten
sind, wenn er gleich sich nicht enthalten hat, dieselben in jiufserst
willkiirlicher Weise zu verarbeiten.
13) S. 71, Al).s. 1. Der undatierte Brief Wenzels mehrfach ab-
gedruckt u. a. bei Stenzel, Ss. rer. Siles. H, 4G2. Wenn Wolf in
seiner ,. Gesch. d. Mongolen ", S. 71 , die Feigheit des Btilimenkonigs
24 Anmerkungcn. S. 71. 72.
besonders aiich axis dor Thatsache herleitet, dafs derselbe eiugestiind-
lich zuv Zeit der WablstJitter Scblacht bis nacb Guben zurilckgc-
wichen sei, so mufs dagegeu bemerkt werden, dafs die Beinerkuug in
einem Briefe Weuzels i^Erben, Nr. 3027): „ducem etiam jamdictum
in castro Ligentze obsederunt, quod distat vix duodecim milliaria a
Oobin", doch noch keiu Recbt giebt zu dem Schlusse, dafs
Wenzel wirklich bis Guben zuriickgegangen sei, was nicht die niin-
deste innere Wabrscbeinlichkeit fiir sich hat. Diese Notiz mochte
ihre Bedeutung eben uur fiir den uns unbckannten Adressaten des
Briefes haben. Guben gehorte 1241 entschiedeu nicht zum Gebiete
des Kcinigs von Bohmen, und es ware gar zu skandaliis gewesen,
wenn, nachdem die flutter und Gemahlin Herzog Heinrichs sich in
Krossen fiir sicher geborgen hielten, nun der Konig mit seinem Heere
noch hinter Krossen hatte zuriickgehen woUen.
14) S. 71, Z. 2 V. u. Die Nachricht, dafs die Mongolen in der
Ottmachauer Gegend an 14 Tage verweilt batten, haben aufser D 1 u -
gosz und Matthias von Miechow auch die Ann. Siles. compilati
(M. G. XIX, 540), und es pafst das vollkommeu zu der Anfiihrung
eines gleichzeitigen Briefes (Erben, Nr. 1034), dafs die Mongolen vor
dem Himmelfahrtsfeste (9. Mai) nach Miihren gekommen seien. Merk-
wiirdig ist es , dafs , so viel wir wissen , das Kamenzer Kloster von
ihnen nicht heimgesucht worden ist. Vielleicht haben sie sich doch
eben auf dem rechten Neifseufer gehalten.
15) S. 72, Z. 4. Zwei Urkuuden des Markgi-afen von Miihren
3. Mai 1247 das Troppauer Land und die Stadt Freudenthal betr.,
welche durch die Tartaren grofstenteils zerstort worden seien , Re-
gresten Nr. 655 und 656.
Dritter Abschnitt.
1) S. 72, Abs. 2. Der Genealog- der schles. Fiirsten Grote-
fend erklJirt (Abhandluugen der schles. Gesellsch. 1872/73, S. 70),
die Reiheufolge der Sohue nicht mit Sicherheit feststellen zu konnen,
und auch ich verzichte darauf. Doch liifst sich daraus, dafs Boleslaw
und Mesko bereits 1230 in einer Urkunde ihres Grofsvaters mit er-
wahnt werden (Reg. 364), schliefsen, dafs diese beiden die iiltesten
waren.
2) S. 72, Abs. 2. Dafs die Herzogin Anna eiu Jahr laug die
Vormundschaft gefiihrt hat, sagt die vita Anne (Stenzel Ss. rei*.
Siles. II, 128) ausdriicklich. Wemi Stenzel 'Anm. 1 zu p. 29 der
Ss. rer. Siles. I) besonderen "Wert darauf legt, dafs Boleslaw bereits
Tinter dem 10. Miirz 1242 eine Urk. ausstellt Reg. 585 , so mufs da-
Aiimerkimgeu. S. 72. 73. 25
gegeu darauf hiugewieseu werden, dafs diese Urk. schwerlich ecbt
ist. Die bereits von mir an der erwahnteu Stelle der Regesteu gel-
tend gemachteu Bedenkeu hat dann Grotefend in der schlesischeu
Zeitschrift XI, 176. 177 noch verstarkt und weiter ausgefiihrt und
die Urk. positiv als Falschung des 14. Jahrh. bezeichnet. Zu chrono-
logischen Feststellungen wird sich daher die Urk. kaum verwenden
lassen.
3) S. 72, Abs. 2 (am Ende). Bogupbal (Mon. Polon. II, o(J6)
nennt Lebus das Scblols Meskos, und giebt auch an, dais derselbe
dort begi-aben worden sei. Wenn eben Mesko, wie man doch an-
nehmen mufs, noch wiihi-end der Regentschaft Annas also als iinmiin-
diger Knabe gestorben ist, fallt es doch schwer zu glauben, dais in
dieser Zeit bereits eine vollstJindige Teilung erfolgt sei, infolge dereu
dann Mesko von Schlofs Lebus Besitz ergriffen habe. Da ist vielleicht
noch eher denkbar, dafs Herzog Heinrich II. aus irgendwelcher Ur-
sache, vielleicht um hauslicher Zwistigkeiten willeu, diesem seinem
Sohne jene Burg zum Aufeuthalte angewieseu habe.
4) S. 73, A1)S. 4, Bogupbal 5GG. — Weuu Ropell (Gesch.
Polens, S. 472) diese Heirat in das Jahr 1244 setzt, so glaube ich
zweifeln zu diirfen, dafs er dafiir ein positives Zeugnis der Quellen
hat, sondern es ist die Annahme wahrscheinlich nur aus den Angaben
von Boguphal (S. 562) kombiniert, doch sagt Boguphal (der iibri-
gens beilaufig gesagt die Priuzessin fiilschlich Hedwig neunt) that-
siichlich nicht mehr, als dafs jene Heirat post modici temporis inter-
vallum anni predicti (1244) erfolgt sei, und wie iibel es iiberhaupt
um seine chronologischeu Angaben steht, zeigt er gleich in demselben
Absatze dadurch, dafs er berichtet, die polnischen Adeligen batten
das Schlofs Kalisch" post nuptiarum solemnitatem dem Herzog Premy-
slaw uberliefert, wahrend es doch, wie wir noch weiter im Texte
sehen werden, urkuudlich feststeht, dafs Boleslaw noch 1249 im Be-
sitze von Schlofs Kalisch sich befunden hat. Meine Angabe im Texte,
dafs jene Hochzeit im Jahre 1248 erfolgt sei, stiitzt sich wesentlich
auf die Thatsache, dafs wir aus diesem Jahr 1248 zwei Bewilligiuigeu
Premyslaws fiir Kloster Trebnitz haben (Reg. 672 imd 676, die eine
undatiert, die andere vom 30. April), welche als erteilt unmittelbar
nach der VermJihlung mit der aus Kloster Trebnitz entfiihrten Elisa-
beth also gleichsam zur Entschiidigung des Stiftes am eiufachsten ihi-e
Erkltirung finden.
5) S. 73, lbs. 4 (am Ende). Boguphal, S. 564. Dieser
Chronist setzt allerdings die Abtretung dieser Schlosser ins Jahr
1246, aber man kann auf seine Zeitbestimmungen nicht allzu viel
Gewicht legen, vgl. die niichsten Anmerkuugeu vor- und nachher.
26 Anmerkuugen. S. 73 — Tti.
6) S. 73, Z. 8 V. u. Die letzte uns erhalteue Urkuude, iu wel-
cher Viola als Herzogiu vou Kalisch mit Zustimmung ihres Sohnes
Wladyslaw eine Vei-fiigung macht , datiert vorn 23. Marz 1243.
Keg. 599.
7) S. 73, Z. 2 V. u. Steuzel, Bistums Uric, S. 17, § 4.
8) S. 74, A1)S. 1. Cod. dipl. maj. Pol. I, 242 imd dazu Boguphal,
S. 5G3. Nacli den hier gegebeneu sicheren urkundlicheu Abgabeu
sind die Aufiihruugen Bo gup ha Is (S. 3G4) iiber das, was augeblich
1247 gescheben sei, zu bericbtigeu, ein neuer Beleg fiir die Uuzii-
verltissigkeit seiner Zeitangaben.
0) S. 74, Abs. 2. Vgl. Eegesten, Nr. (519i>. G20. 696: Bogu-
phal, S. 567.
10) S. 74, Abs. 3 (am Ende). Regesten I, S. 247.
11) S, 74, Abs. 4 (am Ende). Griindungsbuch von Heiurichau
<ed. Steuzel, S. 20.
12) S. 75, Z. 4. Urk. vom 8. Mai 1243 Eegesten, Xr. 586.
13) S. 75, Z. fi. 1242. Reg., Nr. 587.
14) S. 75, Abs. 1 (am Eude). Pfoteuhauer, Die Kreuz-
lierren niit dem roten Sterne iu Schlesieu, schles. Zeitschr. XIV, 63.
Hier wird dann auch die traditiouelle Ansiedlung der Kreuzherrou
Tom J. 1230 bekampft.
15) S. 75, Abs. 3. Die gauze Kombiuation auf eiue kurze Au-
fiihrung der Vita Anne bei Steuzel, Ss. rer. Siles. II, 128 gegriindet
ward zuerst iu meinem Buehe: „Breslau unter deu Piasteu" S. 16
vorgebracht uud hat seitdem allseitige Zustimmung gefunden.
16) S. 76, Abs. 2. Das alteste mir bekannte Vorkommeu des
Namens Salzring gehort dem Jahre 1353 au, cod. dijjl. Siles. Ill, 81.
tjber die urspriingliche Bestimmung kann kein Zweifel obwalteu.
17) S. 76, Abs. 2. Die Salzpforte: Schultz, TopograiDhie
Breslaus schles. Zeitschr. X, 250. Wenu diese Pforte erst im 15. Jahrh.
uvkuudlich nachweislich auftritt, so beweist das uatiirlich nichts gegeu
ihve friihere Existenz, die sehr wahrscheinlich ist.
18) S. 76, Abs. 3. Griiuhageu, Die Antange der Pfarr-
kircheu zu Maria Magdalena uud Elisabeth, Abhaudlungeu der schles.
Gesellsch. , 1867 , philos. hist. Klasse. Daraus , dafs gleich bei der
Griiudung der Stadt uud zwar au der Stelle, wo der Sitte uach iiber-
all in deu schlesischeu Stiidten die Stadtku-che zu stelien pflegte,
liier ein Platz freigelasseu wurde, glaube ich mit voUster Sicherheit
sehliefseu zu diirfen, dafs bei der Neugriiudung eine eigene Stadt-
kirche iu Aussicht genommen wurde, dafs also die deutsche Biirger-
Anmerkimgeu. S. 7G. 27
schaft auf die bereits vorhaudeue Maria - Magdaleneukirche uicht
reflektierte. Dafs die letztere Kirclie scliou 1242 vorhanden war,
glaube ich in dem erwahnten Aufsatze S. 34 nachgewiesen zu haben,
freilich lag sie moglicherweise noch vom Mongolenbrande her in
Triimmern. Abgesehen von dieser Moglichkeit, konnte fiii- die Deut-
schen ein Grund, von der Maria - Magdalenenkirche ganz abzusehen,
in zwei Umstanden liegen : dieselbe stand augenscheinlich von Anfang
an ganz unter bischoflichem Patronate, und wir werden noch im Text
seben, wie eifersiichtig die Breslauer wareu, geistliche Einfliisse ab-
zuwehreu, und ferner umfafste der bereits vorhandene Kirchsprengel
dieser Kirche ja auch verschiedene Ansiedelungeu , die keineswegs in
die neue Stadt hineiugeborten, z. B. die an der Ohlau von deren Miin-
dung bis an die Adalbertskirche. Natiirlich wiirden die Breslauer
sich aus alien Kriiften gewebrt haben, wenn man ihnen als eigentliche
Stadtkirche hiitte ein zu eiuem geistlicben Stift gehoriges Gotteshaus
geben woUen. Wenn sie nacbmals sich diese ihre Kirche haben weg-
nehmen lassen miissen, so ist das unter besonderen Umstanden ge-
schehen, von denen im Texte imten weiter die Eede sein wird. Wir
haben im iibrigen noch einen sehr schlagenden Grund, der gegen die
sonst vielleicht naheliegende Annahme spricht, die Ebsabethkii-che
sei von vornherein als Kirche flir das Elisabethhospital gegriindet
Tvorden.' Wir finden namlich in der Urkunde vom 26. Februar 1253
(Reg., Nr. 815), in welcher dann dem Elisabethhospitale die Elisabeth-
kirche inkorporiert wird, oder richtiger gesagt die Inkorporation be-
statigt wird, eine gewisse Dotation der Kirche mit Zehnten etc. an-
gefiihrt, wahrend, wenn die Elisabethkirche gleich von vornherein als
Stiftskirche fiir das Ordenshaus der Kreuzherren mit dem roten Sterne
erbaut worden ware, eine besondere Dotation der Kirche imabhangig
von dem Stifte auffallend erscheinen miifste. Schou die raumliche
Entfernung spricht • iibrigen s deutlich genug gegen jeue Voraus-
setzung.
19) S. 76, Z. 9 T. ii. Dafs dies im Siiden der Fall gewesen,
lehrt ein Blick aixf den Stadtplau, wo ja die HinterhUuser der Jimkeru-
strafse bereits an die Ohlau stiefsen. Dafs es im Osten ebenso ge-
wesen, wird man annehmen miissen, wenn man an der obcn auge-
fiihrten Voraussetzung, es sei die Maria - Magdalenenkirche urspriiug-
lich nicht mit in die neue Stadt gezogeu worden, festhalten will. Im
Norden wird es gleichfalls wahrscheinlich , wenn wir uns erinnern,
dafs hier der Erwerb der knapp innerhalb jener Grenze liegeuden
grofsen Fleischbanke (vgl. die niichste Anm.) Schwierigkeiten macheii
konnte. Im iibrigen spricht auch der Umstand, dafs es noch 2U Jahre
spiiter dem Herzog moglich wird, einen so grofsen Platz wie den
Neumarkt neu anzulegeu, fiir die enge Begrenzung der ersten Stadt-
anlage.
28 Anraerkungeu. S. 76—78.
20) S. 7(>, Z. 3 V. u. Regesten, Nr. 585. Die Urkunde ist
offenbar gefalscbt uud das Datum 10. Miirz 1242 wahrscheinlich
unrichtig, da damals wobl noch Anna die Regentschaft fiibrte; aber die
dariii bericbtete Thatsacbe diirfte wobl ricbtig sein. Gerade bei den
zablreicben Trebuitzer Falscbungeu nebmeu wir sehr oft wabr, dafs
das Klostei' dazu gegriflPeu bat, fiir gewisse Vorteile oder Eiunabmen,
in deren Besitze es war, erst nachtrilglicb sicb liecbtstitel durcb ge-
fjilscbte Urkuudeu zu scbaffen. Die Ordensbrlider von Leubus pflegten
in solcben Fallen auszubelfen. Es bat sicb wobl in der Mebrzabl der
FiiUe eben nnr um den Xaebweis der liecbtmiifsigkeit eines gauz
ebrlicb erworbeneu Besitzes gebaudelt, nicbt um betriigerischen Er-
werb neuer Kecbte.
21) 8. 70, Abs. 3. Der westlicbe Teil der beutigeu Ursuliner-
strafse biefs Judengasse. Schultz, Topograpbie a. a. 0., S. 257.
In Regeste, Nr. 97 findet sicb erwabnt villa falconariorum quam
Joszof et Kazcbel judei babuerunt; vgl. aucb Regesten, Nr. 1)2
und 127.
22) S. 77, Z. (>. Derselbe wird bereits in der citierten Urkunde
Boleslaws von 1242 erwabnt.
23) S. 77, Z. 9. Vgl. die Urk. von 1248, in welcber Heinricb III.
auf einen Vertrag seines Bruders Boleslaw mit dem Erbvogte Bezug
nimmt. Scbles. Zeitscbr. VIII, 433 uud Korn, Bresl. Urkundeubuch,
S. 11.
24) S. 77, Abs. 3. Daber Ritter- oder Herrengasse ^heutige
Ursulinergasse bis zur Scbmiedebriicke), Scbultz, Topogr. a. a. 0.,
S. 2G3.
25) S. 77, Abs. 4. Griiubagen, Das Dorf der Falkner zu
Breslau. Abbandluugen der scbles. Gesellscb. 1866, philos.-bistor.
Klasse, S. 81. 1175 in der Gi'iiudungsurkuude von Leubus ist nur
von einer cape 11a S. Nicolai die Rede, dagegen wird die Grilnduugs-
urkunde von Trebnitz 1203 ante ecclesiam b. Nicolai ausgestellt
(Reg., Nr. 46 und 90). Uber die Tscbepine Griinhagen, Die An-
fange der Nikolaivorstadt (Tscbepine), Abbandluugen der scbles. Gesell-
scbaft 1866, pbil.-bist. Klasse, S. 67 ff.
26) S. 78, Z. 10. Wenn diese Weidepliitze als ex utraque parte
Odere liegend bezeicbnet werden, 1261 Korn, Bresl. Urkd.-Bucb,
S. 29 , so kann dabei vielleicbt das in Betracbt kommen , dafs , wie
mir Herr Stadtarcbivar Dr. Markgraf freundlicbst mitteilte, noch
im 16. Jabrb. die Oder (moglicberweise allerdings aucb nur ein Arm
derselben) siidlicb von dem jetzigen Bette bis in die Niihe der Habnen-
kriihsaule gegangen ist.
Anmerkungen. S. 78. 70. 29
27) S. 78, Al)S. 3. Stenzel, Griindungsbucli von Heinrichau,
S. 20. 32-35.
28) S. 78, Al>s. 4. Die erste gemeinsame Urk. datiert vom
11. Okt. 1247. Reg., Nr. 662. Herzogiu Anna giebt hier noch ihve
Zustimmung.
29) S. 78, Z. 3 T. u. Das Jalir darf Insoweit als feststehend
angesehen werdeii, als von 1248 an die Briider, welche, wie wir
sahen, 1247 mehrere Urk. gemeinsam ausgestellt hatteu, nun wiederum
getrennt urkunden, vgl. die Regesten zii 1248 wegeu der abweiclien-
den Annahme Stenzel s.
30) S. 79, Z. 14. Chron. Polono-Siles., p. 569.
31) S. 79, Z. 19. Ich glaube als sicber annebmen zu diirfen,
dafs die Urk. Boleslaws vom 8. Juli 1248 (Reg., Nr. 677) nacb der
Teilung ausgestellt ist. — Z. 22. Dafs Jauer dazu gehorte und
nicht erst nacb der Scblacbt bei Stolz 1277 an die Liegnitzer Linie
gekommen ist, wie Grotefend aunimmt (Zur Genealogie der Bres-
lauer Piasten, Abhandlungen der scbles. Gesellscb. 1872/73, S. 83),
daran Avird festgebalten werden miissen, scbon im Hinblicke auf Re-
geste 1159. Die Urkunden vom 10. Mai 1274 (Reg., Nr. 1469) und
1275 0. T. (Reg., Nr. 1483) werden eben Heinricb, dem altesten
Sobue Boleslaws II., dem nacbmaligen Heinricb V., zuzuscbreiben
sein, wofiir die Urkunde Bolkos I. vom 4. Juli 1288 (Reg., Nr. 2074)
als Beleg dienen kann. — Z. 23. Es mufs dies nocb im Sommer
1248 gescbeben sein. Am 4. September stellt er scbon als Hen- des
neu erworbenen Anteils eine Urk. aus. Reg., Nr. 679. — Z. 24. In
der Urk. bei Stenzel, Bist.-Urk., S. 16 vom 28. Jan. 1249, wird
bereits von Verwiistungen im Neumarktiscben gesprocben. — • Z. 15
V. u. Cbron. Polono-Siles., ji. 568. Dafs mit den Ausfiibrungen der
eben erw. Urk. vom 28. Januar 1249 diese Ereigniss=e gemeint sein
konuten, scbeint mir docb undenkbar. Wenn bier wirklicb durcb die
Scbuld des Herzogs eine Kircbe niedergebrannt worden ware, wobei
dann nocb viele Menscben umgekommen wiiren, wiirde der Biscbof
sicber nicbt unterlassen baben, gerade dafiir besondere Genugtbuung
zu verlangen. Mit dieser Erwagung fiillt dann aucb die nocb in
meiuen Regesten aus der Urkunde gezogene Scblufsfolgerimg fiir
die Cbronologie. Zur Sacbe selbst mocbtc icb bemerken, dafs icb die
Erzablung der erw. Quelle fiir sebr iibertrieben haltc. — Z. 11 v. u.
Wir vermogen nur soviel zu konstatieren , dafs 1250 Heinricb und
Boleslaw wieder versobnt erscbeinen, vgl. Reg., Nr. 707 und 710. —
Z. 7 V. u. Den 20. April 1249. Reg. 696. Die Zweifel an der
Ecbtbeit bin icb geneigt fallen zu lassen. — Z. 3 T. u. Regesten,
Nr. 697, gleicbfalls vom 20. April 1249. Die Form der Urk., wo
Heinricb III. mit dem ganz unerhorteu Titel dux Polonie scblecbtbin
30 Anmerkungen. S. 80. 81.
und dazu uoch voii Meilsen aus urkuudet, lafst sich doch vielleicht
so erkliireu, dafs die Urk. in der Kauzlei Ileiurichs des Erlauchtcn
zu !Meifsen im Namen des schlesiscben Herzogs abgefafst wordeu ist,
und dafs dieser, als sie dann ihm zugeschickt wurde, trotz der merk-
wiirdigen Form kein Bedenken getragen hat, seiu Siegel daran zu
liiingen. Weuigstens scheint das Original im Dresdeuer Staatsarchiv
nach Schi'ift und Siegel nicht unecht.
32) S. 80, Abs. 2. ijber Konrads Teilnahme an der Regierung
vgl. die Kegesten dieses Jahres. Uber seine Befiirchtungen Bogu-
phal, S. 568.
33) S. 80, A1)S. 3 (am Eude). In Erwiigung, dafs Konrad in
den Urkunden aus d. J. 1250, welche das wiederbergestellte Einver-
nehmen zwiscbeu Heiuricb und Boleslaw bekimden, nicht mit erwUhut
wird, sondern fUr 1250 und bis zum November 1251 ganz aus uuseru
Urkunden verscbwiudet , -mrd die Aunahme gerechtfertigt erscheinen,
dafs er eben bereits 1250 zu Premyslaw gegaugeu ist.
34) S. 80, Abs. 3. Uber die Aussohnung mit Bischof Thomas
vgl. die Regesten, Nr. 707. 710. 711.
35) S. 80, Abs. 4. Die Thatsache seiner Reise nach Prag
weiset die Urk. vom 25. Miirz 1252 nach. Reg., Nr. 791.
36) S. 81, Z. 2. Chron. Polon. bei Stenzel, Ss. I, 28 und
Chron. princ. Pol. ebds. 107. Dafs in der neuen Ausgabe der ersteren
Chronik in den M. G. XIX. als Chron. Polouo - Siles. auf p. 568
mit arger Entstellung des Textes von einem flagellator Surianus ge-
sprochen wird, hat bereits Wattenbach in dem Anzeiger des germ.
Museums filr 1868 Sp. 288 geriigt. Wohl aber konnte es zweifelhaft
werden, ob nicht am Ende Surianus eiue Art Gattungswort sei , etwa
im Sinn von Possenreifser , wenigstens beginnt eine vielfach und zu-
letzt in dem gedachten Blatte Sp. 199 abgedruckte scherzhafte Urk.
von 1209 mit den Worten: Surianus diutina fatuorum favente de-
mentia — — presul et archiprimas vagorum scolarium.
37) S. 81, A1)S. 2. Bei den zwei Urk., welche wir von Kourad
noch aus d. J. 1251 besitzen, die eine uudatiert, die andere vom
4. November, Reg. 751 u. 777, finden sich als Zeugen die Kastellane
von Glogau, Beutheu, Sagan, Sandewalde, Steinau.
38) S. 81, Abs. 2 (am Ende). Boguphal, S. 569 und dazu
Reg., Nr. 779, bei welcher Urkunde vielleicht doch die urspriingliche
Datierung 1251 vorzuziehen sein diirfte. Ein Kastellan von Krossen
findet sich in Konrads Uragebung allerdings erst bei Gelegenheit
ciuer Urk. vom 11. Dez. 1253. Reg. 854.
39) S. 81, Abs. 3. Die betr. Angabe bei Boguphal, S. 750
scheint richtig im Gegensatze zu den sonstigen hochst verwirrten An-
Anmerkiingen. S. 81—83. 31
gabeu dieses Schriftstellers. Die Heirat Konrads mit Salome kann
wohl diesem Ereiguis vorangegangeu sein, doeh ist das traditionelle
Jahr 1249 nicht zu erweisen.
40) S. 81, A1)S. 4. tjber die Trebuitzer Nonnen llegesteii II,
S. 17, iiber die Schenkungen an Trebnitz uiid Heinrichau Reg. 803
und 804, iiber die Dotierung des Elisabethhospitals Reg. 815 und die
Xeumarktei- Zusammeukunft Reg. 815.
41) S. 81, Abs. 5. Uber die Brandschatzung Lissas vgl. die
grofspolnischen Annalen bei Sommersberg, Ss. r. Sil. II, 85.
42) S. 81, Z. 3 V. u. Boguphal, S. 5(38, der die Gefangen-
nehmung allerdiugs an das Jahr 1250 anschliefst. Fiir meine Anord-
nung war die Regeste, Nr. 853 mafsgebeud.
43) S. 82, Z. 4. Die Urk. vom 11. Dez. 1253, welche Heiurich
iind Thomas zu Glogau mit besiegehi (Reg. 853), nimmt augenscheiu-
lich auf eine Grenzregulieruug Bezug. Boguphal 572. Reg. 873.
44) S. 82, Abs. 2. Uber das Interdikt, Boguphal 572, die Zu-
sammeukunft von 1254 Reg. 873, den Aufenthalt des Bohmenkouigs
zu Breslau Regesteu II, S. 44, weitere Zusammeukiinfte von 1255
Reg. 806.
45) S. 82, Abs. 2 (am Eiule). Unter dem 10. August 1255 be-
lohut er eiuen Getreuen, der ihm in den Zeiten seiner Bedriingnis
durch seine undankbaren Vasallen, und als ihn seine Brilder Konrad
und Heinrich „indebite" gefangeu gehalten batten, treu zur Seite
gestanden (Reg. 900). Ob die in ihren Einzelheiten wenig glaubhafte
Geschichte, welche Bogui^hal (S. 578, wenugleich nicht in alien Hand-
schriften) jedocli zum J. 1257 (eine der Haudschriften scheint aller-
diugs dieselbe friiher setzen zu wollen, S. 579 Aum. 1) davon erzixhlt,
dais Boleslaw Konrad arglistig nach Liegnitz geladen und dieser
rechtzeitig gewarnt, dann zwar gekommen aber umgekehrt nun Bo-
leslaw in dessen eigener Burg gefangen genommen und nach Liegnitz
gefiihrt habe, hiermit zusammenfiillt , bleibt zweifelhaft. Die Sachen
sind sehr verwirrt. Im Chron. Polono - Siles. 5G8 wird berichtet , Bo-
leslaw habe zuerst Heinrich und Konrad gefangen genommen, dann
aber sei er in die Gefangenschaft jener geraten, und man habe ihn
dann mit Absicht aus Breslau in Gesellschaft seines geliebten Fiedlers
entfliehen lassen.
46) S. 83, Abs. 2. Hube, Antiquissimae constit. synod, prov.
Gnezn. Petersbg. 1850, p. 14sqq. Stenzel nennt in seiner schlesi-
schen Geschichte S. 56 den piipstl. Legaten iri-tiimlich Guido.
47) S. 83, Abs. 2 (3Iitte). Caput 15. — ea tolerari de cetero
prohibemus, nisi forte urgens necessitas vel evidens utilitas hoc requirat.
Caput 17.
32 Aumerkungen. S. 83 — S(>.
48) S. 83, AI)S. 3. Vgl. oben S. 7 und die Anm. 12 dazu. Wir
konncn eigentlieh nur einen einzigeu Vortrag iiber den Peterspfeunig,
njimlich den vom 9. Febr. 1217, in welcbem sicb der ja der Geist-
lichkeit ganz besonders ergebene "Wladyslaw Odonicz noch dazu in
fiir ihn sehr bcdriingter Zeit zur Zahlung von 10 Mark Goldes alle
3 Jahre verpflichtet. Theiner, Mon. vet. Pol. I, 7.
49) S. 83, Al)s. 3. IJber die an den Erzb. von Gncseu gestellte
Zumutung. BuUe vom 10. Miirz 1248, cod. dipl. maj. Pol. 1, 295.
50) S. 83, Al>s. 3 (am Ende). Cap. 20.
51) S. 84, Abs. 2, Z. «. Vgl. die Reg. 7G0. 791. 796. - Z. 13.
Vgl. die Eeg. 090 u. 707.
52) S. 84, Abs. 2. Vom 26. Januar 1256 datiert cine erneute
strenge papstl. Weisung an die polni.scben Bischofe , mit Kircben-
strafeu gegen Kitter und Laien, welcbe die Intere.ssen der Geistlich-
keit beeintriicVitigten, vorzugeben. lieg. 592.
53) S. 84, Z, 13 V. 11. Boguslaw und nicbt Bogupbal, wie
der gi-ofspolniscbe Chronist bat, mufs der Name lauten. Vgl. Reg.
II, S. 58.
54) S. 84, Abs. 2, Z. 11 v. u. Godyslaw, Fortsetzer Bogu-
pbals, S. 577. Weun der polnisclie Cbronist, dessen Hafs gegeu die
Deutscben bei jeder Gelegenbeit zutage tritt, anfubi-t, Boleslaw babe
die Gewalttbat veriibt vesania diabolica et suasu Tbeutonicorum, quo-
rum regebatur consilio, so folgt daraus noch nicbt die Notwendigkeit,
■wie dies Stenzel (Schles. Gescb., S. 56) tbut, den deutscben Add
in Schlesien als Austifter einer Tbat binzustellen, die docb Boleslaws
Gemiitsart binlanglicb erklart. Am Hofe Heinricbs III. war der
deutscbe Adel nicbt minder vertreten als in der Umgebung Boleslaws,
und docb bielt man bier Frieden mit den Biscbofen.
55) S. 85, Abs. 1. Godyslaw Pasko, S. 578 und dazu Stenzel,
Ss. rer. Siles. I, 161.
.56) S. 85, Abs. 2. Bauuspruch 13. Dez. 1256. Reg. 944. —
Kreuzpredigt 30. Marz 1257. Reg. 969.
57) S. 85, Abs. 2 Biscbof Thomas getadelt. Vgl. die iilteren
Bischofskataloge bei Stenzel, Ss. I, 161 und Mon. Lubens. ed.
Wattenbacb 13 (fiilschlich bei Thomas II.} Dlugosz vitae ep.
Wrat. ed. Lipf, p. 16. — Synode zu Lenczyc, Godyslaw 581.
58) S, 85, Z, 8. T. u. Konrad verlangt das spater (1271) zu-
riickerstattet zu erhalten. Stenzel, Bistumsui-k. 49.
59) S. 86, Z. 6. Die von Heinrich III. in Boleslaws Nanien zu-
gesicherten Konzessionen enthalt die noch auzufuhrende Urkunde vom
S. Mjirz 1260 (Reg. 1039). Was die Gegenleistung des Bischofs be-
Anmerkungen. S. 86—88. 33
trifft, so ist fill* diese kein ui-kundliches Zeuguis vorhandeu, uud es
ist gar niclit unwabrscheinlicli , dafs es sicli dabei nm- urn ein still-
schweigendes Geschehenlassen haudelte. Dafs die Konzessiou tbat-
sachlicli gemacbt worden ist, wird uicht bezweifelt werdeu kouuen.
Die Klagen der Biscbofskataloge (z. B. in deu Mon. Lubens. 13 uud
bei Dlugosz) ilber das ecclesie dampnum eternum, lassen deutlicb er-
kennen, dafs die Ablosung des Zebnten iu der angegebeueu Form
uuu die Kegel blieb; in der erwabnteu Urkunde vom 8. Miirz 1260
■wird die Zebntenfrage nicbt erwabnt, uud in einer damit zusammen-
hangenden vom 5. Mai 1260 (Reg. 1043) ist nur von Malterzebuten
die Rede.
60) S. 86, Al>s, 2 Boleslaws Gefangennabme. Godyslaw 578.
Die Einzelbeiten wage icb nicbt nacbzuerzablen , sie erscbeineu un-
glaubwllrdig. Dafs Kourad durcb diese Gefangennebmuug seinem
Bruder das von Biscbof Tbomas gezablte Geld wieder babe abpressen
woUen, wie Stenzel, Scbles. Gescb., S. 58, anfiibrt, berubt einzig
und allein auf einer Kombiuatiou von Dlugosz, Hist. Pol. lib. VII.
col. 747, der an dieser Stelle oflFeubar keiue andere Quelle als Gody-
slaw vor sicb gebabt, sonst aber sicli die Sacbe nur nacb seiner Art
in der angegebenen Weise zurecbt gelegt bat.
61) S. 86, Ahs, 2. Dafs die Bufsbandlung in dieser Form
-wirklicb zur Ausfllbrung gekommen sei, wird nirgeuds bericbtet, wab-
rend wir docb sicber sein konnten, dafs flir solcbe Kauossasceue sicb
unter den Geistlicben mebr als ein Aufzeichner gefunden hatte , aber
aucb die Urkunde vom 2. Dez. 1258, in welcber sicb Boleslaw dazu
verpflicbtet , und welcbe uns nur in dem grofseu Kopialbucbe des
Bresl. Domkapitels aus dem 15. Jabrbundert erbalten ist, Stenzel,
Bistumsurkunden 20, erscbeint als eine Erfiudung spaterer Zeit, vgl.
Reg. 1008.
62) S. 86, Z. 15 V. II. Stenzel, Bist.-Urk. 21.
63) S. 86, Z. 12 V. u. Ebd. 22 (5. Juni 1260). Z. 11 (3. Mai
1260) ebd. 25. Z. 9 (13. Oktober 1261) ebd. 24. S. 87 (20. Dezbr.
1262) ebd. 24.
64) S. 87, Al)s. 2 Konrads Privileg 1261 im Mai, Regesten 1083.
Das Wladyslaws vom 30. Nov. 1260, Reg. 1066.
€5) S. 87, Abs. 3. Dlugosz, Cbrou. ep. Vratisl. ed. Lipf. p. 19. —
Synodalstatuten ed. Hube a. a. 0. 52, bes. Kap. 5.
66) S. 88, Z. 1. Scbles. Zeitscbr. XI, 408 fF.
67) S. 88, Abs. 2. Vgl. die bereits erwiibnte Zusammeustellung
Neu lings im XII. Bde. der Scbles. Zeitscbr. Uber Striegau Reg.
587. Hier wird nvir auf eine wabrscbeinlicb kurz vorher erfolgte Grlln-
Grunhagen, Gescli. ScUlesicns. I. "^
34 Anmerkungen. S. 89—93.
dung zu deutschem Rechte Bezug genommen. Zu Liegnitz Reg. 782.
Hier gilt das Gleiche.
68) S. 89, Z. 6. Hiiufig fiihrt diese alte Ansiedelung den Na-
men der Stadt, nur durch die Vorsetzung des Wortes Alt gekeun-
zeichnet: Alt-Jauer, Alt-Wansen, Alt-Brieg (jetzt Briegiscbdorf),
hiiufig wird sie auch direkt als Altstadt bezeicbuet: Altstadt Neifse,
Altstadt Liiben , oder als Altendorf wie bei Ratibor und Plefs oder
als das poluiscbe Dorf bei Trebuitz.
69) S, 89, Z. 8. Polonus vol cujuscuuque ydiomatis homo liber
donuun ibi habeus jus Theutonicum paciatur nullo obstante casu vel
superbia rebellaute heifst es 1250 in der Aussetzungsurk. vou Brieg.
Cod. dipl. Siles. IX, 219.
70) S. 90, Abs. 1. 1267 wird Ratibor zu deutschem Recht aus-
gesetzt Reg. 12-14); iiber Glogau Tzschoppe und Steuzel, Ur-
kundensamnilung 330; iiber Brieg Cod. d. Siles. IX, p. 219; iiber
Neifse vom 30. April 1261 Tschoppe und Stenzel 346.
71) S. 90, Abs, 2 (am Eude). Stenzel, Griindungsbuch von
Heiurichau 33. Jaurowitz ist nicht mehr vorhanden , mufs aber bei
Kunzendorf, Kreis Miinsterberg, gelegen haben. Anm. 73.
72) S. 91, Z. 6. Urk. vom 16. Dez. 1261. Korn, Bresl. Ur- ^
kundenbuch, S. 28.
73) S. 91, Abs. 3. Abgedruckt bei Korn, S. 18.
74) S. 91, Abs. 4 (Aiifaug-). Urk. vom 16. Dez. 1261, Korn 28
predictorum judiciorum quod nobiscum vogethding appellatur.
75) S. 92, Abs. 1 (am Elide). Unter dem Titel: Bresl. Stadt-
bucb herausgegeben von Markgraf und Frenzel als Bd. XI des
cod. dipl. Siles. XT, 1882.
76) S. 92, Abs. 2. Die Ratswahl betr. in Weideuau Tzschoppe
und Steuzel, Urkundensammlung 412; in Patschkau ebd. 382; in
Liegnitz Schirrmacher, Liegnitzer Urkundenbuch 13; in Ratibor
Tzschoppe und Stenzel 420.
77) S. 93, Abs. 1. iiber die Neustadt Urkuude bei Korn 30.
Auf die hochst fragwiirdige Beschaffeuheit der Grenzbestimmungen
einzugehen, mufs ich mir an dieser Stelle versagen. — Den Xeumarkt
betr. — dafs es moglich war, hier einen grofseu Marktplatz auzulegen,
lafst sehr bestimmt auf die verhaltnismafsig enge Grenze der 1241
neu ausgesteckten Stadt Breslau schliefsen. — Uber die neuen Fleisch-
banke vgl. Urk. vom 18. Mai 1266. Korn 32. — Uber die Zolle
Urk. vom 2. Juui 1266. Korn 33. — Uber die Kramliiden Urk. vom
10. Juni 1266. Korn 33.
Anmerkuugeu. S. 94 u. 95. 85
Vierter Abschnitt.
1) S. 94, Abs. 2, Z. 1. Au clie Nachricht des Chi-ou. Polono-
Siles. 569 von einer Vergiftung Heinrichs III. durch unzufriedene V.asallen
vermag ich nicht zu glaiiben. Allzu hiiufig sind bei dem Tode von
gekronten Hauptern, uamentlich wenn eiu soldier plotzlich erfolgte,
derartige Geriichte eatstauden uud geglaubt worden, ohne dafs ihi-e
Wahrheit sich bestatigt hiitte.
2) S. 94, Abs. 2 Landesteilung. Chron. Poloiio - Siles. 569 und
dazu Loschke in der scbles. Zeitschr. XII, 68 ft".
3) S. 94, Abs. 3 Postulation AVladyslaws. Anfuhruug Bischof
Thomas' II. vom 7. Sept. 1271, Reg. 1373.
4) S. 94, Abs. 3 (am Ende). Chron. princ. Polon. bei iSten-
zel, Ss. rer. Siles. I, 162.
5) S. 95, Z. 4. Vita Hedvigis bei Stenzel, Ss. II, 95. — Z. 5
Reg. 1258. — Z. 7 den 28. April 1267, Reg. II, S. 166. Dafs dies
bereits 1267 erfolgt sei, macht ein kleiner Aufsatz W. v. Milko-
wit sells in der scbles. Zeitschr. Bd. XVIII wahrscheinlich,
6) S. 95, Abs. 1 (am Ende). Die damals errichtete Statue ist
uach Lucbs glanbwiirdiger Annahme (Scbles. FUrstenbilder, Bogen 8)
noch heute in der nordlichen Vorhalle erhalten. Dazu dann auch
Luchs , romanische Stilproben aus Breslau und Trebnitz , Breslau
1859.
7) S. 95, Abs, 2. ijber den Aufenthalt Heinrichs bei Ottokar
vgl. eiuen Aufsatz W. v. Milk owitsch in der schlesischen Zeitschrift
Bd. XVIII. — Wenn das Chron. Polono - Siles. 569 und Grodyslaw
(resp. Boguphal) 596 Wladyslaw gleichfalls an Gift sterben lasseu
wie seiueu Bruder, so wird man dies ebenso wie bei Heinrich fiir ein
Geriicht ansehen diii-fen. Heinrichs Gelobnis fiir Ottokar vom 24. Nov.
1270, Reg. 1349. — Uber Simons Vormundschaft vgl. Loschke,
Zm- Frage iiber den Regierungsanti'itt Heinrichs IV., schles. Zeitschr.
XII, S. 74 ff. Tutor noster nennt ihn Heinrich in einer Urk. vom
11. Miirz 1272, Reg. 1396. Es darf bier noch bemerkt werden, dafs
Simon Gallicus, dessen Siegel in den schles. Siegeln ed. Pfotenhauer
taf. IV, 29 abgebildet ist, von Stenzel, Jahresber. der vaterliiud.
Ges. 1841, S. 143 fiir den Stammvater der Frankenbergischen Familie
gehalten wird.
8) S. 95, Abs. 3. Loschke a. a. 0. 76 und Regesteu 1435.
9) S. 95, Abs. 4. Uber Kreuzburg, Urk. vom 3. Marz 1274,
Reg. 1454, Uber Krossen, Schles. Regesteu II, S. 217.
3*
36 Anmerkungen. S. 96—98.
10) S. 06, Z. 4. Dei- gleicli im Texte zu erwiihueude kurz nach
deni \'ortalle geschriebeue Brief Konig Ottokars fiihrt ausdriicklich
an, dafs Heinricli durch einige malignos homines gefangen iind daun
dem Herzoge Boleslaw ausgelicfert worden sei, und damit ist die
Darstellung unserer Hauptquelle, des Chrou. Polono-Siles. 569, wenn
man darans das fabelhafte aus der Vergiftungsgeschichte entuommene
Motiv ausscheidet, sehr wobl zu vereiubaren. Dafs der Wunsch, ein
Stiick von deui Erbe Wladyslaws zu erpressen, Boleslaw vornebm-
lich geleitet babe, bericbten die Ann. Polonor. (Men. Germ. XIX,
p. 640). Obwobl an dieser Stelle das Objekt partem hereditatis oder
ein abnlicbes Wort ausgelassen ist, so kanu doch iiber den Sinn kein
Zweifel obwalten.
11) S. J)6, Abs. 3. Ottokars Bemuhuugeu fiir Ileinricb IV.
betr. vgl. Regesten 1522, 1524, 1526. Um die cbi-onologiscbe Fixie-
rung der auf diese Verbaltnisse beziiglicben Urkunden in dem Formel-
bucbe des Henricus Italicus ed. Voigt bat sieb erfolgreich bemiibt
Ulauowski, Uber die Datierung der auf Heinricli lY. bezugl. Ur-
kimden etc., scbles. Zeitscbr. XYI, S. 220 ff.
12) S. 96, Abs. 3 (am Ende). Nach anderen fand die Scblacht
bei Stolz statt. Vgl. die Zusammenstellung in den scbles. Regesten
II, S. 227. Die Notiz der Ann. Polouorum (M. Germ. XIX, 640) zu
diesem J.: „Eodem anno milites Theutouici vocati sunt in Zleziensem
dyocesim" — fiir dieses Ereignis mit zu verwerten, babe icb mir ver-
sagt infolge der Erwagung, dafs zwiscben dem 18. Februar und
24. April die Zeit eigentlich zu kurz sei, um innerhalb deren einen
Zuzug von auswarts zu gewinnen und heranzufiihren.
13) S. 97, Z. 5. Der Vertrag mit moglicbst emendiertem Texte
abgednickt bei Griinbagen und Markgraf, Lebeus- imd Besitz-
urkunden Schlesieus, Leipzig 1881, S. 482. Vgl. dazu Ulauowski
a. a. 0. 235 ff.
14) S. 97, Abs. 3. Heinrich von Brene betr. vgl. aus d. J.
1276/77 die Regesten 1510, 1539, 1540.
15) S. 97 (letzte Zeile). Dafs der angeblicbe Brief Ottokars
an die polniscben (d. b. scblesiscben) Fiirsten, in welcbem dieselben
zur Verteidigung der slaviscben Nationalitat gegen die Unersiittlich-
keit der Deutschen zum Kampfe aufgerufen werden (Steuzel, Ss.
rer. Siles. II, 479) , nur als die Stiliibung eines czechisch gesinntea
Notars aus dem 14. Jabrh. angesehen werden kami, daran glaube ich
mit voUer Bestimmtbeit festbalten zu miissen. Reg. 1566.
16) S. 98, Z. 12. Vgl. Emler, Decern registra censuum Bo-
hemica, Prag 1881, S. 8.
Anmerkuageu. S. 98— lOU. 37
17) S. 98, Abs. 3. Dafiir, dafs eine derartige Lehensauftragung
Schlesiens, d. h. Mittelschlesiens, durch Heinrich IV. wirklich erfolgt
ist, haben wir als Zeuguis eine ausdriickliche Anfiihruug in einer Ur-
kunde Konig Rudolfs vom 25. Sept. 1290 (Griinhagen und Mark-
graf, Schles. Lehensurk. I, S. 63), welche dann in einer Urkunde
Konig Ludwigs des Bayern vom 20. April 1.324 ebenso bestimmt
wiederholt wird (a. a. 0. 65). Wenn die Urkunde selbst uns nicht
mehr erhalten ist, so erklart sich das leicht. Wir diirfen kavun
zweifeln, dafs Karl IV. , der ein luteresse daran hatte , Schlesien als
ein dem Nexus des Eeichs nicht unterworfenes Stiick seiner Erblande
ansehen zu lassen, fiir das Verscbwinden der betreifenden Urkunden
zu sorgen gewufst hat.
18) S. 99, Z. 2. Chi-on. Polono - Siles. (Mon. Germ. XIX, 570
und dazu die chronologische Kombination Ulanowskis in der schles.
Zeitschr. XVI, 101.
19) S. 99, Abs. 2. Ann. Grissor. u. Ann. Cisterciens. in llein-
richow, Mon. Germ. XIX, 541 u. 445.
20) S. 99, Abs. 2. Ann. Polonov. i. d. Mon. Germ. XIX, 646)
und dazu Dlugosz, lib. VII, col. 822. Es fallt dabei auf, dafs
Baritsch damals keinesfalls in Heinrichs Lande gelegen hat, dafs also
der Vorfall doch wahrend des Krieges erfolgt ist und daher vielleicht
nicht ganz den verraterischen Charakter hat, den ihm die Heim'ich
sehr abgeneigten polnischen Chronisten zu geben geneigt sind. Gegen
diesen spricht doch auch die nachmals zutage getretene Freundschaft
Heinrichs von Liegnitz, eines der Opfer jenes Anschlags, gegeniiber
Heinrich IV.
21) S. 99, Abs. 3 (am Eude). Beziiglich der chronologischen
Festsetzung der Vermahlung Heinrichs IV. kaun ich mich den Aus-
flihrungen Ulanowskis, schles. Zeitschr. XVI, 105 ff. anscliliefsen.
22) S. 100, Abs. 1 (am Eiide). Aus Hagens Atlas z. Bilder-
saal altdeutscher Dichter, Tafel III Nachbildung bei Luchs Fiirsten-
bilder, B. 10. 28.
23) S. 100, Abs. 2. Wir werden im Texte von Turnieren noch
vreiter unten bei Gelegenheit des Kirchenstreites zu berichten haben.
24) S. 100, Abs. 2. Die Vermiihhmg Heinrichs. Ottokars
Reimchronik bei Fez, Ss. rer. Austr. Ill, S. 192.
25) S. 100, Abs. 2. Das Lied des Tannb.-iusers bei Hagen,
Minnesiinger II, 90. Dafs dasselbe nur auf Heinrich IV. bezogen
werden konne, habe ich in den schles. Regesten II, 149 nachzuweisen
gesucht.
38 Anmerkungen. S. 100—109.
2G) S. 100, Abs. 2. H. Ruckert, Der Minnesanger Heiurich
von Breslau. Beilage zu Luc lis Fiirstenbilderu B. 10, S. 32. — Eben-
daselbst die beidon Lieder mit einer Ubertraguug ius Neuhoch-
deutsche.
27) S. 101, Abs. 1 (am Eiide). Reg. 1554 imd dazu S. 234 das
dieser Urkuude Yorangebende.
28) S. 101, Abs. 2. Der Tamihauser bei Hageu, Miuue-
saugor II, 90.
2J>) S. 101, Abs. 2. Reg., Nr. IGGo; Korn, Bresl. Urkdb.,
S. 44 dann S. 40, 31. Januar 1272.
30) S. 102, Abs. 1. Reimchrouik Ottokars, S. 191.
31) S. 102, Z. 4 V. u. Stenzel, Urk. des Bistums Breslau,
S. 69. Die NeiTser leisten Abbitte biei-fiir 1280 den 8. Mai.
32) S. 103, Abs. 3. Uber den Grenzhag s. o. S. 45.
33) S. 103 , Z. fi V. n. Reg. 1820. Die Dorfer werdeu naraeut-
licL aufgefiilirt in Regeste 1815.
34) S. 104, Abs. 1. Uber Edelstein Reg. 1G74, der Schieds-
spruch Reg. 1720, Abs. 2. Die Aufseruug Uber den Schied Stenzel,
Urk. des Bist. Breslau 102.
35) S. 105, Abs. 1 (am Eude). Die Dokumente des grofsen
Streites sind in Steuzels Bistumsurkunden ganz mitgeteilt und aus-
ziiglicb in den schles. Regesten. Aufserdem entbiilt die Einleitung
zu den Bistumsurkunden eine zusammeuhangende mit genauen Citateu
versebene Darstellung der Vorgange, so dafs icb bier uur in ver-
einzelten Fallen Citate fiir notwendig bielt.
36) S. 105, Abs. 2. Stenzel, Bistumsurkunden 92. Was das
Datimi anbetrifft, so konnte man vielleicbt bei den AVorten: cum agi
deberent jirocessionis misteria an die Fronleicbnamsi)rozession deuken,
das ware der 8. Juni (1284).
37) S. 106, Z. 2 T. u. Stenzel, Bistumsurk. 92.
38) S. 107, Abs. 3. Kunigundens Brief bei Palacky Uber
Formelbiicher 288, wenn das Ganze nicbt etvra nur eine Stiliibimg
ist wie der oben (Anm. 15) erwahnte Brief Ottokars.
39) S, 107, Z. 6 V. u. Stenzel, Bistumsurk. 152.
40) S. 108, Z. 4. Ebendaselbst 179.
41) S. 108, Abs. 3. Ebendaselbst 202. 212. 227.
42) S. 109, Abs. 2 (am Ende). Ebendaselbst 242, § 9.
43) S. 109, Abs. 3. Brief an Mesko, Stenzel 227.
Anmerkuugen. S. 110. 39
44) S. 110, Z. 2. AVeim ich in meiueu Regesten III, S. 107
den G. Januar 1288 als Datum der Yersohnung wenigsteus als mog-
lich statuiert babe, so bekeuiie icb docb jetzt, dafs mir da der Zeit-
raum bis zur Ausstellung der Griindungsurkunde des Bresl. Kreuz-
stiftes (11. Januar 1288), welcbe Griindung docb erst naeh der Yer-
sobuuug in Aussicbt genommen worden ist, allzu kurz erscbeiut. —
Die Sammlung von Akteustucken fiir die Gescbicbte des Kirchen-
streites mitgeteilt in Steuzels Bistumsurk. bricbt mit dem 20. Aug.
1287 ab, uud was den Ausgang des Kampfes anbetrifft, so siud wir
einzig und allein auf die Cbronica principum Poloniae bei Steuzel,
Ss. I, 114 augewiesen, denn die ausfiibrUcbere DarsteUung bei D lu-
ges z bist. Pol. lib. YII, col. 845. 846 zeigt sicb bei uaberem Zu-
sehen als eine blofse Ausspiuuung jenes alteren Bericbtes, wo sogar
desseu eigene Worte immer wiederbolt werden. Die Cbrou. princ.
Pol., gescbi-ieben etwa 100 Jabre uacb den Ereigoissen, spricbt von
eiuer relacio fide dignorum antiquorum, in der nun aber der geistlicbe
Bericbterstatter ad majorem ecclesiae gloriam den Yorgaug etwas ge-
farbt hat. Dafs der siegreicbe Herzog sicb vor dem Biscbof zu
Bodeu geworfen und ausgerufeu babe: ,,Yater icb babe gesiindigt im
Himmel und vor dir und bin nicbt wert, dein Sobn zu beifsen", ist
eben mebr eine Redensart, die in dieser Quelle vorwaltende ganze
Auffassung der Sacbe aber wird erklarlicb genug durcb die Wendung,
die so iiberraschend im Jabre 1290 eintrat, und die allerdings ja
dann die allergrofsten Konzessionen seitens des Herzogs bracbte. You
dieser Wendung uud dem grofseu Freibeitsbriefe fiir die Kircbe wer-
den wir nocb zu sprecben babeu. Dafs eiu Cbronist spaterer Zeit
die in dem Privilege von 1290 zutage tretende Gesinnuug auf das
Jabr 1287 iibertrug, hat wenig Auffallendes. AVir fasseu bier nacb
Stenzels Yorgange das ins Auge, was die Urkunden wirklicb uud
tbatsacblicb ergebeu.
45) S. 110, Z. 6. Die Wirkungen der Amnestic zeigt bereits
die Zeugeureibe der Urk. vom 11. Januar 1288 (Regeste 2054; uud
dazu Stenzel, Bist.-Urk., Eiul. S. lxxxi.
46) S. 110, Abs. 2. Dafs der Herzog bereits eben bei der Aus-
sobnung von 1287 die umfassendeu Konzessionen, welcbe dann das
grofse Kircbenprivileg von 1290 eutbalt, gemacbt babe, kounte man
vielleicbt aus dem Bericbt des Cbron. princ. Pol. 114 zu scbliefseu
sich versucbt fiibleu, es ist aber in der That wenig wabrscbeinlicb.
Bekanntlicb datieren vom 24. Juni 1290, dem Todestage des Herzogs
zwei grofse Urkunden hocbst iibeiTascheuden Inhalts, deren eine
eben jenes grofse Kircbenprivileg ist, die andere das Testament Hein-
richs lY. Yon dem letzteren konnen wir nun mit vollster Bestimmt-
heit bebaupten, dafs der Herzog die bierin zutage tretenden Gesiu-
nungen im Jabre 1287 nicbt gebegt bat, da er sonst unmoglich den
40 Anmerkungeu. S. 110. 111.
grofsen Kampf um Krakau erst unternommen haben wiirde. Und
hiernach dlirfte ja wohl der Schlufs gerechtfertigt erscheiuen, dafs
audi die zweite Urkuude von deinselbeu Datum, gleichfalls auf dein
Toteubette des Herzogs ausgestellt, ebenso wie die andere eiue ganz-
liche Sinuesanderuug des Ausstellers voraussetzt. Wenu dann femer
der anouyme Verfasser der Chron. princ. Pol. a. a. 0. 114 berichtet,
wie er von mehreren erfabren (sicut a plerisque refcrentibus didici),
babe der Herzog damals aucb die Stadt Breslau dem Bischofe scheu-
ken wollen, doch babe dies der letztere abgelebnt in der Besorguis,
seine Macbt werde nicbt hinreichen, um die Stadt mit ihrem Distrikte
zu scbiitzen, so erscbeiut das nicbt glaubwiirdig. Heinricb IV., der
sicb selbst in seinen Urkunden immer als Herzog von Scblesien,
Herr von Breslau bezeicbnet, wiirde scbwerlicli darau gedacbt
haben, sicb dieser seiner eigentlicbeu Hauptstadt zu entaufsern. An-
derseits kann fiir jemauden, der die Breslauer Gescbichte kennt, dar-
aber kein Zweifel obwalten, dafs die Ubei'lieferung der Breslauer
Biirgerscbaft an die geistlicbe Gewalt jener als etwas bocbst Uner-
wiinscbtes erschienen sein ^viirde, und solcb scblecbter Dienst kanu
einem Fiirsteu nimmermehr zugetraut werden, fiir welcheu, wie wir
uocb zu erziibleu baben werden, die Breslauer jAie aufopferndste An-
htinglichkeit an den Tag legen. — Was dann das Fallenlassen der
Geldanspriiche betrifft, so besitzen wir allerdiugs dariiber kein be-
sonderes Dokument, doch diirfen wir konstatieren , dafs von Geld-
anspriicben des Biscbofs an Heinricb IV. resp. dessen Nachfolger von
jener Zeit an nichts mebr verlautet, wJibrend es doch gauz undeuk-
bar ist, dafs Heinricb, der unmittelbar nacb jener Versohnung wiederum
in schwere Kriegshiindel verwickelt erscheint , Summen von solcher
Hohe, wie sie der oben erwiibnte Scbiedsspruch des Legaten ibm
auferlegte, irgendwie biitte bescbaflfen konnen.
47) S. 110, Abs. 3. tJber die Griindung in Ratibor vgl. Dlu-
gosz, lib. VII, col. 846 und dazu Weltzel, Gesch. von Ratibor,
S. 44. — Uber das Kreuzstift Regeste 2054.
48) S. Ill, Abs. 2. Stenzel bemerkt in Aum. 2 zu der eben
angefiibrten Griindungsurkunde des Kreuzstiftes , dafs er eine Ver-
wandschaft Heinrichs mit Boleslaw von Krakau (in der Urkuude als
avunculus bezeicbnet) nicht nachweisen konne. Icb vermag das
auch nicht.
49) S. Ill, Abs. ;i. Als die polnische Partei in Krakau gegen
Lesko 1285 sicb emport und ibn vertreibt, ura den masoviscben Her-
zog auf den Thi-on zu rufen, bleibeu die Deutscben in Krakau ibm
treu und belfen ibm zur Wiedererlangung des Thrones. Ropell,
Poln. Gesch. 540.
50) S. Ill, Abs. 4. Die Schoffen Krakaus aus jener Zeit (cod.
dipl. civ. Cracov. ed. Piekosinski XLVI), die Konsuln aus der Zeit
ADmerkungen. S. 112—114. 41
Heinrichs i^Krakauer Stadtbiicher ed. Piekosiiiski Nr. 25} zeigeu fast
nur deutsche Namen.
51) S. 112, Abs. 4. tjber den Vertrag mit Ungaru vgl. Konig-
saaler Gesch.-Qu. ed. Loserth, S. 81, iiber den Erbvertrag mit
Bohmen die Erwahnungen in den Urkunden vom 25. u. 26. September
1290. Schles. Lehensiirk. ed. Griinhageu uud Markgraf I, 63.
52) S. 112, Abs. 5. S. von Meseritz Ann. Polouor. Mon. Germ.
XIX, 650.
53) S. 112, Z. 6 V. u. Heinrich stellt unter dem neuen Titel
am 27. ivnd 29. Januar 1289 zwei Urkunden in Breslau aus.
54) S. 113. Primkos Tod. — stantem coram ipsis juvenculum
ut agnum gladiis et hastis crudeliter peremerunt. So die Epitaphia
ducnm Siles. bei Watteubach, Monum. Lubens. 18. Die Nach-
riclit von der Gefangennehmung Boleslaws von Oppeln hat nur Dlu-
gosz (lib. VII, col. 854).
55) S. 113, Abs. 2. Ann. Polouor. I, Mon. Germ. XIX, 650.
56) S. 113, Abs. 3. Eaubziige. Vgl. die Anfiihrungen in meiuen
schles. Regesten III, S. 128.
57) S. 113, Abs. 3. Riistungen der Breslauer. Ottokars von
Steier Reirachronik bei Pez, Ss. rer. Austr. Ill, 194.
58) S. 113. Wladyslaws Fkicht. Ann. Polon. a. a. 0. 650. 651
ixud dazu Dlugosz a. a. 0. 854.
5;)) S. 113. Wieliczka. Ohne Jahr und Tag im Cod. dipl. Vie-
liciens. (Lemberg 1872), p. 1.
60) S. 113, Z. 2 V. u. Chron. princ. Polon. bei Stenzel, Ss.
rer. Siles. I, 114. '
61) S. 114, Z. 3. Eine Abbildung und Beschreibung desselben
in Luchs Fiirstenbilderu.
62) S. 114, Abs. 4. — ut episcopi, qui pro tempore fuerint,
inibidem plenum dominium perfectumque in omnibus habeant jus du-
cale. — Stenzel, Bistumsui-k. 251.
63) S. 114, Z. 12 V. u. Es kann irrige Vorstellungeu erwecken,
wenn Stenzel (Bist.-Urk. 251) zu der betreflfenden Stelle unserer
Urkunde als Anm, 1 hinzuschreibt : das Pitschensche. Die Giiter, um
die es sich handelt, sind offenbar dieselben, welche in der biscbof-
licheu Urkunde vom 15. Juli 1271 (Stenzel, Bist.-Urk. 41. 42) er-
wahnt werden, wobei allercUngs die von Stenzel gegebeue ErklUruug
der Ortsnamen in mancheu Stiicken einer Berichtigung bedarf, wie
ich solche in meinen Regesten II, 185 zum 7. Juui 1271 gegebeu
habe. Vor allem ist Bandlovici, nach welchem Orte in der vorliegen-
42 Aumerkuugeu. S. 114. 115.
den Urkunde der gauze Giiterkomplex bezeichuet wird, uicht Pauls-
dorf, wie Stenzel aunimmt, souderu ein heute untergegaugeues Dorf
Baudelau , von deui heute noch die Bendelauer oder Baudelauer
Wassermiihle bei Sgorsellitz zwei Meileu uordostlich von Namslau
Zeugnis ablegt. Die Guter lageu auch damals uicht im Pitscheuscheu
Gebiet, sondern an der Grenze desselben, wenn mau nauilich dem
Sprachgebrauche jener Zeit eutsprecheud das Kreuzburger Gebiet mit
uuter dem Namen des Pitscheuscheu bezeichuet. Dafs die Grenze dabei
gegeuiiber der heutigen etwas uach Westen vorgeschoben erscheiut, hat
wenig Befremdiiches. Dagegen kommt noch ein anderes wichtiges
Moment in Betracht. Gerade in der Richtuug der hier in Frage
kommeuden Dorfer diirfte der alte Grenzhag, die preseca, der uach
dem Zeugnisse der Urkuude vom 9. Jauuar 1268 (Kegesteu 1289)
hier auf der Grenze des Namslauischen und Pitscheuscheu Gebietes vor-
handen war und dessen ob. S. 9 Aum. 18 gedacht wurde, gegangen seiu.
Im Hinblicke nun auf die Thatsache, dafs der grofse Streit zwischen
Herzog und Bischof sich ganz besonders um die im Neifseschen auf
dem Terrain der alien preseca gegriindeten Dorfer gedreht hat, ware
es hochst iuteressant, wenn mau nun annehmeu miifste, dafs auch die
im Namslauischen gelegeneu strittigen Dorfer solche waren, die auf
dem Gruude jener ehemaligen Fortifikatiou augelegt wareu. Die
Wahrscheiulichkeit diirfte auch diesmal dafiir sprecheu, doch begreift
man hier nicht so recht, was im Neifseschen sich ja von selbst er-
giebt, auf welchen Rechtstitel gestiizt der Bischof in dieser Gegend
die Greuzhagdorfer sich angeeignet haben mochte.
64) S. 114, Z. 9 T. u. „Necuon omnes possessioues et predia,
que per patrem vel i^atruum sen per nos vite nostre temporibus iu-
debite fuerant occupate." Die gauze Urkunde bei Stenzel, Bis-
tumsurk. 250.
65) S. 115, Abs. '*. Urkunde vom 30. Juli Eegeste 2150. Qui
antequam diem clauderet extremum, sub obtestacione divini judicii
precepit omnia reddi, que rehgiosis domibus et ecclesiis suggestione
maligna receperat pro placito terreni et temporalis atfectus etc.
66) S. 115, Abs. 3, Die Echtheit des Kirchenprivilegs
bei Stenzel, Bistumsiu-kuuden, S. 250. Die Stelle der eigeuhaudigeu
Unterschriften, welche uach unsereu Rechtsbegriften die Authenticitat
eiues rechtlichen Aktes verbiirgen, vertreten im Mittelalter bekauut-
lich einzig uud alleiu die angehangten Siegel. Die in Rede stehende
Urkunde, deren Original sich im Archive des Breslauer Domkapitels
sub sign. C. 9 befindet, hat nun, wie wir aus den Einschuitten im
Pergamente sehen konnen, immer nur eins gehabt, das grofse des
Herzogs, und zwar ist dasjenige, was iins heute als zu der Ui'kunde
gehorig gezeigt wird, ein echtes Siegel Heinrichs IV., sogar \'on der
Form, wie sie dieser Herzog in der letzten Zeit seiuer Regieruug zu
Anmerkungen. S. 115. 43
gebraucheu pflegte. Dagegeu bleibt die eigentlicLe Hauptsache, iiiim-
lich die Frage, ob dieses Siegel zur Beglaubiguug der vorliegeudeu
Urkuude gedient hat, und ob es mit dieser wirklich zu diesem Zwecke
in der iiblicheu Weise verbunden resp. an dieselbe augehangt ge-
wesen ist, zweifelhaft. Das Siegel ist gegenwartig niir gauz aufser-
lich durch eine Sehinir mit der Urkunde verbuuden, also in eiuer
Form, welche in keiuer "Weise deu Auspruch macbt fllr die origiuale
Befestiguug zu gelteu, imd dafs dies auch bereits friiher der Fall
war, erfabren wir aus einem ProtokoU des Breslauer Rats, welcher
unter dem 16. Juli 1476, als er die betrefFende Urkunde beglaubigen
soUte, erklUrt, dafs damals, als einer der Ratsmitglieder das Dokument
naher auseheu wollte, das Siegel diesem in deu Schofs gefallen sei.
Die Moglichkeit, dafs durch irgendeineu Zufall, etwa durch das Alter,
das Siegel vou selbst abgefalleu sei, erscheint bei der iiblicheu Art
von Befestigimg an losen Seideufaden ausgeschlossen , iusofern das
Siegel selbst nicht etwa abgebrockelt, sondern durchaus wohlerhalten
sich zeigt. Denn erfahrungsmiifsig ist eine solche Meuge von Seideu-
faden hochst haltbar und widerstandsfiihig , vmd es gehort uotwendig
ein schneidendes Instrument oder eia Durchbrennen der Fiideu dazu,
um bei solcher Befestiguug, ohne die Urkuude oder das Siegel zu be-
schadigeu, das letztere von der ersteren zu trennen. Es konnte daher
gauz Avohl das Siegel, welches 1476 als zu der Urkimde gehorig ge-
zeigt wurde und uoch heute gezeigt wird, von einer anderu Urkuude
abgeschuitten worden sein, um fiir das Kirchenprivileg als Siegel zu
dieueu. Ein derartiger Yerdacht konnte uoch bestUrkt werden durch
die Wahrnehmuug, dafs die aus dem Siegel hervorrageuden Eudeu
der Siegelfiideu etwas verkohlt erscheiuen, abgebrauut unter sehr
vorsichtiger Handhabung einer kleinen Flamme, die von dem Siegel-
wachse so gut wie nichts hat schmelzen lasseu, wie um damit blofs
die Spuren einer D'oi-chschneiduug der Siegelfaden zu verwischeu.
Wer also blofs das Origiual des grofsen Kirchenprivilegs betrachtet,
wird nicht umhin kouueu zu erkliiren, dafs diese Urkunde jeder
eigentlichen Beglaubiguug eutbehrt, insofern nicht uachweisbar ist,
dafs das Siegel des Ausstellers jemals an der Urkunde gehaugeu hat,
imd fiir etwaige Siegel von Zeugen nicht eiumal Locher zum Duroh-
ziehen der Siegelfaden in der Urkunde sich fiuden. Schwerlich ist
mit der Urkimde alles gauz iu der Orduuug gewesen. Auf der anderu
Seite darf nicht verschwiegen werden, dafs schon vier Tage uach
Ausstelluug der Urkunde unter dem 27. Juui 1290 die Abte Dietrich
von Leubus, Friedrich vou Heinrichau, Reyubold vou Kamenz, Wil-
helm vou St. Yincenz, Nikolaus vom Sandstitte, Walther IMeister des
Matthiasstiftes, Gozlaus Propst vom Heiligeugeiststifte , Jakob Sub-
prior der Domiuikauer, Arnold Gustos und Hermaun Guardian der Mi-
noriten an Papst ISikolaus TV. die Bitte richteu, den Freiheitsbrief,
welchen weiland Herzog Heiurich der Breslauer Kirche erteilt, uud
L
44 Anmerkungeu. S. 116.
welcher auch bei Gelegenheit der an der Stiitte seines Begrabnisses,
del' Kreuzkirche zu Breslau, fiir ihn gebaltenen Seelmessen nach dem
Offertorium in Gegenwart zweier der in seinem Testamente zu Erbeu
eingesetzteu Fiirsteu und fast allei* Baroue und Biirger des Landes,
sowie der Aussteller und vieler aus dem Volke otientlicb verlesen und
ins Deutscbe iibersetzt worden sei, ohne dafs irgend ein VViderspruch
laut geworden, nun zu bekraftigen unter Androbung des Anatbems fiir
jeden da wider Handelndeu. Die Urkunde, in der dies ausgesprocben
wird, erscbeint uuzweifelliaft ecbt und ist verseben mit neun Siegeln
der vorgenannten Priilaten (Regeste 2144). Wenn es nun aucb unler
deu Verbaltuisseu, die unmittelbar nacb dem Tode Heinricbs IV. ein-
treten, und welcbe am Anfange des niicbsten Abscbnittes niiber dar-
gelegt werden sollen, erklarlicb wird, dafs damals jede Opposition
verstummte, so mocbte ich docb gegeniiber dieser Urkunde und an-
gesicbts der Tbatsaclie, dafs von keiuerlei Zweifebi an der Ecbtbeit
des Kircbeuprivilcgs oder des (gleicb im Texte anzufiibreuden) an
demselben Tage emauierten berzogl. Testamentes trotz der boclist auf-
fallenden Umstiinde, unter denen die beideu Urkunden abgefafst worden
sind, und trotz der unverkennbaren Mangel und UnregelmJifsigkeiten,
welcbe ibneu anbaften, etwas verlautet, Anstand uebmen, beide Urkunden
einfacb tur Fjilscbungen zu erkliiren. Da die Moglicbkeit, dafs bei
Herzog Heinricb auf seinem Sterbebette eine voUstandige Sinnes-
iinderimg eingetreten sei, nicbt als ganz ausgescblossen angeseben
werden kann, wird ein streng objektiv urteilender Historiker immer-
bin Bedenken tragen miissen, aus den den beiden Urkunden vom
23. Juni 1290 anbaftenden formellen UnregelmJifsigkeiten , welcbe
sonst in der ganz ungewobnlicben Situation ja wobl eine gewisse Er-
klarung findeu konuten, das bestimmte Urteil abzuleiten, dafs bier
einem von Todesgrauen umnacbteten, seiner Sinne nicbt mebi- miich-
tigen Fiirsten Dinge in den Mund gelegt worden seien, von denen er
nicbts mebr gewufst babe. Die einzige reflektierende Bezugnabme
eiuer iilteren Gescbicbtsquelle auf eine der beiden Urkunden finde
icb in der Cbron. princ. Pol. (Stenzel, Ss. rer. Sil. I, 115), deren
Verfasser bekauntbcb fiir das Liegnitz-Brieger Fiirstenbaus sebi- ein-
geuommen erscbeint , also das den Liegnitzer Herzog enterbende
Testament sicber nicbt parteiiscb mit allzu giinstigen Augeu ange-
seben bat. Derselbe sagt von dieser letztwilbgen Verfiigung Henricus
aliqualiter sed uou plene disposuerat ante mortem — d. b. der Cbro-
nist bemiingelt die Verfiigung als nicbt formell recbtsgiiltig , obne
dabei docb sie etwa als gefiilscbt oder erscblicben bezeichnen zu
woUen.
67) S. 116, Abs. 1 (am Ende). Die Urkunde bei Stenzel,
IJistumsurk. 252.
68) S. 116, Z. 4 V. u. Die Tbatsacbe, dafs die Urkunde in
einer Abscbrift des sogen. liber niger des grofsen Kopialbucbes des
Antnerkungen. S. 118. 119. 45
Breslauer Domkapitels erhalteu ist, bezeugt allein schon hiureicheud
die Provenienz.
Fiinfter Abschnitt.
1) S. 118, A1)S. 1. Reg. 2143. 2144.
2) S. 118, Abs. 2. Reg. 2144.
3) S. 118, A1)S. 3. Chron. princ. Pol. Steuzel, Ss rer. Siles.
I, 115 — aliqualiter sed non pleue disposuerat ante mortem.
4) S. 118, Abs. 4. Das merkwiirdige Fragment, anscheinend
einer Anspraclie des Rats an die BUrger, mitgeteilt von mir in Cod.
dipl. Siles. Ill, 150, verweist die Handschrift imgefahr in diese Zeit,
und die Anfangsworte Heu moi'tuo duce et capita perdito nos ipsi
diligentem custodiam — teneamus gestatten kaum, an ein anderes Jahr
zu denken.
5) S. 119, Z. 1. Wofern das in der vorigen Aumerkung citierte
Fragment richtig in die Zeit von 1290 gesetzt werden mnfs, kann
die Angabe der Chr. princ. Pol. 115, dafs der Glogauer Herzog bis
zur Ankunft Heiurichs von Lieguitz in Breslau geblieben sei, nicht
wohl aufrecht erhalten werden. Bei einer Stimmung, wie sie dort
sich ausspricht, hatte sich Heinrich uumoglich siclier fiihlen konnen.
6) S. 119, Abs. 1 (am Eude). Eiue Urkimde dieses Yergleiclies
besitzen wir nicbt , aber wenu wir erwiigen , dafs der Bischof
Thomas als ernannter Exekutor des Testamentes und infolge der in
dem Dokumente enthaltenen geistlicben Stiftung auf der Dominsel
noch naher an der Sache beteiligt, es offenbar in seiner Hand geliabt
hatte, ebenso gut wie das Kircheuijrivileg audi das Testament offiziell
publizieren und beglaubigen zu lassen, so diirfen wir wohl angesichts
der Thatsache, dafs von dem Testamente offiziell nicht mehr die
Rede ist und dasselbe nur in einer Abschrift in dem Kopialbuche
des Domkapitels uberhaupt erhalteu ist, von einem Fallenlassen dieses
Dokumentes sprechen. Auf der andern Seite wird uus wenigstens
thatsachlich die Anerkennuug des Kirchenprivilegs durch Heinrich
von Lieguitz durch eine Urkunde desselben verbiirgt, datiert vom
30. Juli 1290, also wenig mehr als eiuen Monat nach dem Tode des
Herzogs. Reg. Nr. 2150.
7) S. 119, Abs. 2 (am Ende). Vom 22. Juli 1290, Korn. Bresl.
Urkdbuch, S. 54.
8) S. 119, Abs. 3 (am Ende). Urkunden vom 25. und 26. Sept.
1290 bei Griinhagen und Markgraf, Lehensurk. Schlesiens I,
46 Anmerkimgcn. S. 120—123.
S. 62. 63. Fiir die Anwesenheit Bcrnhards bei Konig Wenzel im
September 1290 versichert Palacky, Gesch. Bohmens II, 1. S. 361,
Amn. 428 urkundl. Zeiignisse gesehen za haben.
«) S. 120, Z. 2. Die unter Regeste 2148 augefiihrte allerdings
undatierte Urkunde eines Formelbuches lafst sich kaum auf eine an-
dere Zeit beziehen.
10) S. 120, Abs. 2. Urkuude vom 17. Januar in Griiiihagett
und Markgraf, schles. Lehensurk. II, S. 300.
11) S. 120, [Abs. 3. Konigssaaler Gesch. - Quellen ed. Lo-
serth 117.
12) S. 120, Z. :J V. u. Die papstliche Erklarung von 1302
in Raynaldi, Ann. z. d. J. § 22 und in Palackys italien. Reise,
p. 51") spi'icht das oiFen genug aus.
13) S. 121, Abs. 3. Uber Heinvich von Liegnitz Chron. princ.
Pol. 115.
14) S. 121, Abs. 4. Urk. vom 23. Jaunar 1291, Korn, Bresl.
Urkdbuch, S. 57.
15) S. 122, Z. 2. Luchs schles. Fiirstcnbilder, B. 28.
16) S, 122, Abs. 2. Aus der Chronik des Klarenklosters zu
Weifsenfels ed. Opel bei Luchs a. a. 0., S. 7, Anm. 35 und friiher
von Lindner mitgeteilt, schles. Zeitschr. IX, 155.
17) S. 122, Abs. 3 (am Eiule). Urk. vom 23. August 1289.
Schles. Lehensurkunden ed. Griinhagen und Markgraf I, S. 487.
18) 8. 123. Die Liiuderabtretungen Heiurichs V. Ich
bin in der Darstellung dieser Abtretungen mehr der noch wiederholt
anzufiihrenden grofsen Urkunde vom 6. Mai 1294 (schles. Lehensurk.
edd. Griinhagen u. Markgraf II, 3- 4) und iiberhaupt den sonst
noch etwa vorhandeuen urkundlichen Zeuguissen gefolgt als der ein-
zigen Chronik, welche die Ereignisse dieser Zeit uns erzahlt, der Chro-
nica principum Poloniae (Steuzel, Ss. rer. Siles. I, 115ff.). Im
"Widerspruche mit dieser Chronik (p. 119) scheidet jene Urkunde von
1294 die friiheren Abtretungen von denen, zu welchen Heinrich erst
diu-ch seine Haft eben im Jahre 1294 sich gedrangt sieht, und wenu
liber den Umfang dieser friiheren Abtretungen der Wortlaut der Ur-
kunde von 1294 vielleicht noch Zweifel lassen konnte, insofern diese
letztere iiber die Chronologic der friiheren Abtretungen uichts enthalt»
so vermogen wir dagegen aus anderweitigen urkundlichen Zeugnissen
festzustellen , dafs Heinrich von Glogau iiber Steinau bereits unter
dem 29. Sep. 1291, iiber einen Ort im Bunzlauer Gebiete unter dem
20. April 1292, iiber Festenberg im Gebiete von Polnisch-Wartenberg
unter dem 1. August 1293 urkundet (vgl. schlesische Regesten zu
Anmerkungen. S. 123. 47
diesen Dateu), wahrend daneben Saudewalde (also das Guhrauische
Gebiet) ja bei der Geschichte der Gefangenuehraung Heinrichs V.
selbst genannt wird. Auch riuden wir schon unter dem 12. Nov.
1292 eineu Kastellan von Haynau als Zeugen bei Heinrich von
Glogau erwjihnt. Und wahrend wir aiis der Zeit von 1291 bis Ende
des Jahres 1293 nicht eine einzige Urkuude anfzuweisen vermogen,
die eine Regierungshaudlung Heinrichs V. in einem der Gebiete be-
knndete, welche wir im Texte als etwa urn 1291 an seinen Vetter
abgetreteu bezeichneten, sind uns Urkunden Heinrichs V. die Gebiete
von Kreuzburg und 01s betreiFend aus dieser Zeit noch erhalten (so
29. Sept. 1292, 22. Dec. 1292 und 3. Marz 1293, an welchem letz-
teren Orte ein claviger von 01s bei diesem Herzog als Zeuge er-
scheint). Unverdiichtige Urkunden geben also gegeniiber der Dar-
stelluug der Chron. princ. Pol. I, 119, welche Haynau und Bunzlau
mit Kreuzburg und Namslau in einen Topf Avirft, uuserer Auffassung,
welche die ira Text genannten Gebiete als vor Heinrichs Gefangen-
nehmung abgetreten bezeichuet, entschieden Recht.
AUerdings scheint hiermit die im Texte gegebene Chronologie
noch nicht ganz erwieseu, und es bleibt die Moglichkeit, dafs auch
die vor Heinrichs I. Gefaugeuschaft (Ende 1293) gemachten Ab-
tretungen nicht auf einmal gemacht worden sind, sondern successive
gleichsam in verschiedeneu Absiltzen, etwa 1291 ein Stiick, 1292 ein
zweites, 1293 ein drittes. Indessen, streug gonommen, wird das in
keiner unserer Quellen angegeben, weder in der Chron. princ. Pol.,
welche, Avie schon erwahnt, ja iiberhaupt nur von Abtretungeu nacb
dor Glogauer Haft Heinrichs V. etwas wcifs, noch in der Urkunde
von 1294, welche doch eben nur zwisehen einer fi-iiheren Abtretung
und der spateren iufolge der Haft untcrscheidet. Ja eine Stelle dieser
letzteren Urkuude macht einen solchon Zustand der Hilflosigkeit, in
welcher sich Heinrich V. ein Stiick Land nach dem andern successiv
habe abdriingen lassen, sehr unwahrscheinlich. In dieser ihm durch
seine Haft abgezwungenen Vertragsurkunde verpflichtet sich namlich
Heinrich V. auch zu Folgendeni: Alle di hantvesten, die uns un.se
vetter hcrczoge Heinrich von Glogow gegeben hat, vanne sie uns sin
wurden von betwungen dingen, die sulle Avir im alle Avidergeben —
di sidlen alle tot sin unde keine kraft haben etc. Hierunter diirfton
eben Urkunden zu verstehen sein, durch welche sich Heinrich von
Glogau mit jenen ihm gemachten Abtretungeu fiir alle Zeit abge-
funden zu sein bekennt. In der That hiitte ja auch Heinrich von
Glogau kaum notig gehabt, zu so schmahlicher Hinterlist zu greifen,
ware sein Breslauer Vetter bereits so reduziert gewescn, dafs man
ihm jedes Jahr ein neues Stiick Land hiitte abdrtingen konnen.
Lassen wir nun aber demnach jene Moglichkeit einer successivon
Abtretimg als unwahrscheinlich fallen, so ergiebt sich fiir die grofse
Abtretung, wie im Texte angegeben ,' das Jahr 1291 als spatester
48 Aumerkungcn. !S. 123.
Termin, insofern, wie aus den angefuhrten Urkunden hervoi-giug,
weuigsteus Stcinau iind Buuzlau damals bereits abgetreteu waren.
Uuter dieser Voraussetzung wird jedoch nun audi das, was die
Chron. princip. Polon. 115. IIG iibor das Verhaltea Bolkos anfiihrt,
sebr zweifelhaft. Ohiiehin zeigt sich unser Chronist sehr mangclhaft
unterrichtet. So wie derselbe beharrlicb den Glogauer Herzog Konrad
nennt anstatt Heinricb, so bezeicbnet er nun aucb Bolko von vorn-
herein als Herzog von Schweidnitz, wjibrend derselbe doch Schweid-
nitz orst durch die Abtrctung Heinricbs V. erbiilt und liifst den letz-
tercn dem Bruder zuniichst abti*eten Striegau und Jauer, wahiend
Bolko nachweislich Jauer schou lange vor Heinricb IV. Tode besafs.
Nicbt besser sieht es nun niit dem Folgenden aus. Bolko, er-
zahlt unser Cbronist , babe aus Neid iiber die Erwerbung Bi-eslaus
durch seinen Bruder, mit dem Glogauer Herzog im geheimen sich
verscbworen, Heinricb gefangeu zu nehmcn, vielleiclit sogar ilm zu
toten und ein gut Stiick seines Landes zu gewiuneu. Davon nicbts
abnend, babe Heinricb V. durcb Abtretuug von Striegau und Jauer
das Gelobnis des Bruders zum Beistande gegen den Glogauer Vetter
erlangt, und als Bolko nicbt Woi't gebalteu, babe Heinricb V, dann
durcb Heim-icb von Glogau gedi-angt, ibm eiue weitere Abtretung
von Reicbenbacb, Frankenstein imd Strehlen gemacht gegen eine er-
neute Znsage seines Beistandes , die dann ebeuso wenig wie die erste
erfuUt worden sei.
Wenig stimmt damit das iiberein, was sicb aus den Urkunden
ergiebt. Wenn gleicb die Urkunde, welcbe nacb Stenzels Meinung
(Griindungsbucb von Heinricbau, S. 99, Anm. 191) einen Besitz von
Frankenstein und Reicbenbacb seiteus Bolkos sebon aus dem Jahre
1290 (25. Okt.) nacbweisen sollte, ricbtiger ins Jabr 1298 z*i setzen
sein diirfte, insofern das VIII. vor Kalendas Novembres nicbt zu dieseiu
letztei-en Worte, soudern zur Jabreszabl zu bezieben ist, wie das
aucb Stenzel ^^Tzscboppe und Stenzel 437) selbst angenommen
hat, so zeigt doch anderseits das grofse Privileg Bolkos fiir Schweid-
nitz vom 31. Januar 1291, ebenso wie die Urkunde vom 16. Oktober
1290 (Reg. 2164), wie friib bereits diese wichtige Erwerbung Bolkos
gemacht worden ist, und das, was oben beziigUcb der Abtretungen
an Heinricb von Glogau ausgefiihrt wurde, macht es durcbaus wabr-
scbeinbch, dafs kurze Zeit nacb dem Regieruugsantritte Heinricbs V.
in Breslau dieser die im Texte erwabnten umfassenden Abtretungen
an Bolko wie an den Glogauer Herzog gemacht babe, und soviel
stebt doch fest, dafs vor einer Verraterei, wie die war, der dann
Heinricb V. zum Opfer fiel, aucb die briiderlichste Gesiunung Bolkos
jenen nicbt zu schiitzen vermocht hatte. lusoweit wird es also ge-
rechtfertigt erscheinen, wenn wir Bedenken tragen, die Darstellung
jener Geschichtsquelle iiber die Handlungsweise Bolkos in voUem
Umfange gelten zu lassen. Allerdings konnte ja noch der Vorwurf
Aunerkuugea. S. 123. 124. 49
Isestehen bleiben, Bolko habe uach der Gefangenuehmung des Bruders
sicb so verhalten, dafs er eher mit dessen Bedriinger einverstanden zu
sein habe scbeineu miissen, doch auch einer solchen Voraussetzung
widerspricht die oft erwahnte Urkunde vom 6. Mai 1294. lu dieser
verpflicbtet sicb Heinricb V. gegen gewisse namentlich aufgefubrte
scblesiscbe Flirsten, die der Glogauer Herzog als seine Verbiindeteu
ansiebt wie z. B. die oberscblesiscben Herzoge, bianeu fiinf Jahren
nicbts Feindseliges zu uuternebmeu. Unter diesen findet sicb Bolko
nicbt, ganz im Gegenteile stebt derselbe unter den Freunden Hein-
Ticbs v., d. b. unter den Flirsten, gegen welcbe dieser seinem Tetter
von Glogau Hilfe zu leisten nicbt verbunden sein soil, binter dem
K.onige von Bobmeu und neben den Markgrafen von Brandenburg,
den Scbwagern Bolkos. Man wird einriiumen, dafs das nicbt danacb
aussiebt, als babe Heinricb V. irgendwie angenommen, sein Bruder
stecke mit seinem Bedranger, dem Glogauer Herzoge , unter einer
Decke.
Auf der andern Seite ist ja aucb im Texte nicbt verscbwiegen
worden, in wie riicksicbtsloser Weise Bolko, kurz nacbdem Heinricb V.
z\xr Herrscbaft in Breslau gelangt war, im Bunde mit dem Glogauer
Herzog seinen Bruder zu grofsen Landesabtretungen gedrangt bat.
Dafs dieses Verbalten im Vereine mit den nocb zu erwabnenden Er-
eignissen kurz vor Heini'icbs V. Tode bei den Liegnitzer Fiix-sten
eine gewisse Bitterkeit gegen Bolko bervorgerufen bat, ist sebr er-
klarlicb, und die Tradition dieser Gesinnung konnte dann unseren
Cbronisten, der ja offenbar dem Lieguitz - Brieger Piasteubause nabe
.gestanden bat, leicbt dazu bewegen, die Ereiguisse aus Herzog Bolkos
IZeit mit einer gewissen iibertreibenden Uuguust darzustellen.
19) S. 123, Abs. 3. Zemplin, Fiirstenstein, S. 8ff.
20) S. 124, Z.- 2. Ann. Grissow. M. Germ. XIX, 541.
21) S. 124, Abs. 3. Der Verzicbt des Glogauer Herzogs wird
-erwabnt in der Urk. von 1294, vgl. Anm. 18.
22) S. 124, Abs. 3. Die Cbron. princ. Pol. 116. 117 irrt, weuu
sie Pakoslaw als einen Hofbeamten aus der Zeit, wo Heinricb V.
nocb nicbt das Herzogtum Breslau erlangt batte, also als zum Lieg-
nitzer Hofadel geborig bezeicbnet. Die scbon von Stenzel in Anm. 3
zu obiger Stelle angef. urkundl. Zeugnisse lassen sicb jetzt aus deu
:scbles. Regesten leicbt nocb vermebren.
23) S. 124, Abs. 3. 1292 21. April finden wir Pakoslaw das
letzte Mai als Zeuge genannt, 1293 11. Juli wird er als' verstorben
erwabnt.
24) S. 124, Abs. 4. Ludko, Grabissius, Pakoslaw, Jol.ann und
Bernbard. Anf. bei Stenzel, Ss. rer. Siles. I, 116, Note 3. Von
•diesen verkaufen Ludko und Pakoslaw ibr AUod Baumgaiten bei
Grunhagen , Gescb. Schlesiens. I. 4
50 Anmerkimgen. S. 125.
Strehlen iiuter dem 11, Juli 1293 an Heiurich vou Miihlheim (vgL
Reg., Nr. 2259). Steuzel a. a. 0. iiimmt an, dafs die Familie-
Packisch von ihneu abstamme.
25) S. 125, Z. 4. Chr. prine. Pol. 117. 118.
26) S. 125, Z. 15. In der Urk. Psrilep, was docli kaum denk-
bar ist. Przilep ist wahr.scbeinlich von dem gleichnamigen Dorfe in
Mabren (Kreis Hradisch) entlebnt. — Die Namen der Verschworenen.
nennt die vielerwjibnte Urk. v. 6. Mai 1294. Scbles. Lebensurk. II, 3.
27) S. 125, A\)S. 3, Das Datum haben die Ann. AVratislav.
majores und die Ann. Grissow. maj. bei Pertz, Mon. Germ. XIX,.
532 u. 541 , die ersteren allerdings mit dem unricbtigen Jahre 1292,
dieselben sagen aucb ausdriicklicb : in balnea stuba. Yon einem Bade in
der Oder selbst, an welcbes scbon im Hinblick auf die Jabi-eszeit
kaum zu deuken ware, spriebt eigentlicb keine Quelle. Es verdient
dies gegeniiber der traditiouellen Angabe, welcbe aucb bei Stenzel,.
Scbles. Gescb., S. Ill, auftritt, erwiibnt zu werden.
28) S. 125, Abs. 4. "Walther de Pomerio. Icb mufs niich
bier recbtfertigen, dafs icb eine Quellennotiz, die zu der Gescbicbte
der Gefangenscbaft Heinricbs V. geboii: , ganz iibergangen babe. In
einem Quaternus des Breslauer Stadtarcbivs (Scbeinicb 11), der
wie eine Art von Kladde sebr verscbiedeuartige Stiicke aus dem An-
fange des 14. Jabrbunderts zusammenfafst , findet sich ein Siinden-
register eines Breslauer Patriziers, naniens Waltber de Pomerio (Hec
sunt excessus Walteri de Pomerio contra civitatem) , in welchem nun
aucb angegeben Avird, dieser Waltber sei seiner Zeit in Glogau der
Wacbter und Qualer des Herzogs Heinricbs V. gewesen. Diese
Worte im buchstiiblicben Sinne aufzunebmen und als Faktum wieder-
zugeben, babe icb micb nicbt eutscbliefsen konnen. Fiir Ludko und
einige sonst genannte Persoulicbkeiten, deneu Herzog Heinrich, wie
es beifst, wegen seiner Haft vielleicbt zUruen konnte, wird in der
Urkunde vom 6. Mai 1294, wie wir nocb seben werden, Amnestie
ausgewirkt und aucb da nocb mit einem Zusatze, dafs es denselben
gestattet sein solle , ibre G liter zu verkaufen und auszuwandern,.
so dafs man siebt, dafs das letztere eigentlicb vorausgesetzt wird.
Fur jenen AYaltber ist Derartiges , soviel wir wissen , nicbt aus-
bedungen, und dafs ein Mann , der wirklicb erwiesenermafsen der
Kerkermeister und Peiniger des Breslauer Herzogs gewesen, dann
batte ganz ungestort in Breslau leben, ja dort eine RoUe spielen
konnen, nocb dazu unter der Eegierung des Sobnes Heinricbs V.,
Boleslaws, der, wie wir nocb seben werden, sebr ernstlicb die dem
Vater widerfabrene Unbill im Gedjicbtnis bebalten batte ; das scheint
mir unwahrscbeinlicb im bciebsten Mafse. Yermutlicb hat selbst
der Schreiber jener Anscbuldiguugen, den wir offenbar im Kreise der
Breslauer Ratskanzlei zu sucbcn babeu, wie denn im Yerlaufe des.
Anmei'kungen. S. 120. 127. 51
Sundenregisters vou einem heftigen Auftreten AYalthers gegen den
Breslauer Stadtschreiber Peter ausdriicklich gesproehen wird, diesen
Passus auch gar nicht in jener buchstablichen Form verstanden wissen
woUen. Auf der andern Seite erscheint es bei dem soustigen SchAvei-
gen aller Quellen liber die Sache bedenklich, hier mit Konjekturen
vorzugehen. ^Yalther de Pomerio war, soviel wir aus andereu noch
anzufiihrenden Notizen wissen, zngleich ein Geldmann, ein reicher
Kanfmann, und es wiire ja moglich, dafs er wiihrend der Gefangen-
schaft Heinrichs V. nach Glogau berufen in Sachen des Losegeldes
dann sich dort nach der Meinung vieler unpatriotiscb gezeigt und
durch diesen seinen Mangel an Patriotismus die Qualen des gefange-
nen Herzogs verlangert babe. — Das ist mSglich, aber eine Geschicbts-
darstellung, die nach bestem Wissen das glaubwurdig Uberlieferte
zusammenzustellen unternimmt, hat meines Erachtens kein Recht, solche
Konjektiu'en in ihren Text aufzunehmen.
29) S. 126, Z. 2. Boleslawice, welches Heinrich V. fur die
Mitgift seiner Gemahlin, einer Tochter Boleslaws von Kalisch, in Pfand-
besitz hatte.
30) S. 126, Alt)s. 2 (am Eude). Urk. vom 6. Mai 1294. Mit
ungleich besserem Texte als friiher bei Sommersberg abgedruckt
bei Grilnhagen und Markgraf, Schles. Lehens- und Besitzurk.
II, S. 3ff. In der Urkunde steht nichts von einer Geldzahlung von
30000 M., welche die Chr. princ. Pol. anfiihrt (S. 119). Moglicher-
weise hatte diese Summe schon vorher gezahlt werden miissen.
31) S. 126, Abs. 3. Chron. princ. Pol. 121. Aus der Griin-
dungsi;rkunde von Griissau, 7. Sept. 1292, ersieht man, dafs Bolko
in den Dorfern und um den Zobten bereits gebot; da erscheint dann
die Forderung des Zobtenschlosses sehr naheUegend.
32) S. 126, Z. 4 V. n. Die Ann. Polonor. Mon. Germ. XIX,
653 berichten von einem verwiistenden Eiufalle Wladyslaws im Jahre
1297. Dafs Bolko diese Gelegenheit zur Erueuerung des Kampfes
mit dem Glogauer Herzoge benutzt babe, ist nur eine Vermutung,
die aber wohl viel AVahrscheinlichkeit fiir sich hat.
33) S. 127, Abs. 2. Chron. princ. Pol. 121.
34) S. 127. UberBolkoI. vgl. die Zusammenstellung in Luchs
schles. Fiirstenbildern , Bogen 28, 5. — Uber sein Verhalteu den
Stadten gegeniiber vgl. die Urk. vom 16. Okt. 1290 u. 7. Febr. 1293
bei Schmidt, Gesch. von Schweidnitz und Tzschoppe und Sten-
zel 420.
35) S. 127. Den Einzug durch die niedergerissene Stadtmauer
berichtet die Chron. princ. PoL 121.
4*
52 Aumerkongeu. S. 127 — 29.
36) S. 127 uuten. Jahrbiicher vou Griissau Mou. Germ. XIX,
p. 542.
Sechster Abschnitt.
1) S. 128, Abs. 2 (am Ende,. Im Jahre 1307 findeu wir zum
letztenmale Hermann vou Brandenburg als Vormund erwahnt, Riedel
c. d. Brandenburg. II. 1, 269.
2) S. 128, Z. 9 T. u. In dem scbon erwabnten Quaterniis des
Breslauer Stadtarcbivs (Scbeinich 11) wii-d dies uuter den excessus
Walteri de Pomerio augeftihrt. Es mufs diese Debatte zwischen dem
9. November 1301, dem Todestage Wenzels, und dem Ascbermittwoch
1302, wo Nikolaus Hellenbrecbt seiu Eatsberrnamt niederlegte, statt-
gefundeu baben.
3) S. 129, Z. 3. Cod. dipl. SUes. UI, p. 1 u. 45.
4) S. 129, Abs. 3. Dafs Bischof Heinricb wirklicb von der
alten Familie AVurben abstammte, was Stenzel bezweifelte (Jabres-
beriebt der vaterl. Gesellscb. 1841, S. 137), darf wobl jetzt fiir er-
wieseu gelten (vgl. Grotefend in der schles. Zeitscbr. XII, 283).
Dafs die Familie als germanisiert anzuseben war, scbliefse icb aus
den in ibr vorkommenden Vornameu Heinricb, Gebbard etc., ferner
daraus, dafs ibi'e Besitzimgen, das Stammgut Wiirben wie Weizenrode,
in einer scbon sebr friib germanisierteu Gegend, der von Scbweidnitz,
lagen und in gewisser Weise eudlicb aucb daraus, dafs bereits 1243
einer dieses Stammes sein Besitztum zu deutscbem Recbte aussetzt.
Dafs Biscbof Heinricb ein Deutscber war, zeigt iibrigens sein ganzes
Verbalten, wie das im Texte darzustellen sein wird, deutlicb genug.
Nebenbei sei nocb bemerkt, dafs, wie Stenzel a. a. 0. hervor-
bebt, die Familie vou "Wiirben, soweit wir dies urkundlicb erweisen
konneu, die erste war, welcbe sicb mit dem spater beibebaltenen Fa-
miliennamen resp. dem Namen eines Besitztums (von Wiirben) zu
nenueu pflegte.
5) S. 129, Abs. 3. Als Termiu der Wabl bezeicbnen die Vitae
ep. Wrat. von Dlugosz (ed. Lip., p. 21) den 2. Febr. 1302 und eiu
in dem grofsen Diplomatar des Prager Grofspriorats (Handscbrift des
Wiener Deutscbordeusarcbivs) entbaltfener Biscbofskatalog den 24. Ja-
nuar 1302. Obwobl die letztere Quelle von einfer Hand des 17. Jahr-
buuderts gescbrieben erscbeint, so kanu sie docb nebeu Dlugosz,
dessen Angaben gerade iiber die Wabl- und Sterbetage der Biscbofe
mit sebr verdientem Mifstrauen augesebeu werden, genannt werden.
Anmerkungeu. S. 130. 131. 53
6) S. 130, Z. 1. Schou Wattenbach ist in der Einleitung
(p. vi) zu dem von ihm edieiten Formelbuche Arnolds von Protzan
(c. d. Siles. V) dieser auf Chron. princ. Pol. 115 gestutzten Tradition
entgegengetreten. Die angef. Chronik sagt beziiglich dieser angeb-
lichen Verschwendung : Thesaurum succesive cepit expendere.
Aber er hat sich mit seiner Vergeudung doch unmoglich sehr Zeit
nehmen konnen, wenn er nm- ein Jahr die Vormundschaft gefiihrt
hat, wie das im Texte noch naher darzustellen sein wird. Auch fallt
gegen jene Tradition doch allzu stark ins Gewicht die Thatsache,
dafs die Breslauer sich nachmals fiir ihn verwenden, und dafs er auch,
wie wir sehen werden, spater, nachdem Boleslaw bereits die Regie-
rung angetreten, zum Vormunde der beiden anderen Briider ernannt
wird. — tjber die in Z. 11 erw. 100 Mk. vgl. C. d. Sil. Ill, 11.
7) S. 130, Abs. 2. Dafs der Ubergang der Vormundschaft
von Bischof Heinrich auf Konig Wenzel im besten Einvernehmen mit
dem ersteren vor sich gegangen, verbiirgt schon die Thatsache, dafs
dann Bischof Heinrich am 26. Mai 1203 die Konigin EUsabeth von
Bohmen zu Prag kront ^Pulkawa bei Dobner, Mon. Bohem. Ill,
258). Auch verdient hervorgehoben zu werden , dafs die Breslauer
Kechnungsbiicher in den Jahren 1302 und 1303 von Gesandschaften
nach Prag, wie sie spater mehrfach angefiihrt werden, nichts wissen,
so dafs eine Initiative zu dem Wechsel der Vormundschaft seitens
der Breslauer Vasallen (dafs die Breslauer Patrizier damals bereits
viele Landguter im breslauischen Fiirstentume besafsen, ist urkundhch
nachzuweisen) , wie sie die Chron. princ. Pol. 1. c. , p. 125 darstellt,
schon aus diesem Grunde rech^ zweifelhaft wird. — In der gleich
naher anzufiihrenden Cessionsui'k. vom 8. Januar 1303 nennt Boles-
law Konig AVenzel bereits seinen Schwiegervater. — Uber F. von
Schaffow vgl. die Zusammenstellung bei Caro, Gesch. Polens I, 6,
Anm. 3, und die Bresl. Rechuungsbiicher ed. Griinhagen a. a. 0.,
p. 13 und 15. — Betr. das Femgericht, ebds. 152. 153, lafst die zwei-
malige Erwahnung Fritskos kaum einen Zweifel dariiber, dafs das
Statutenfragment in die Zeit der Vormundschaft Wenzels gehort, imd
dafs eben Wenzel und nicht Konig Johann dor rex ist, von dem
S. 157 gesprochen wird.
8) S. 130, Z. 2 Y. u. Griinhagen und Markgraf, Schles.
Lehensurk. II, S. 9.
9) S. 131, Z. 8. Ebds. I, G4.
10) S. 131, Abs. 3. Liber actorum etc. civ. Cracov. ed. Pie-
ko sin ski, Krakau 1877. — Ein Gedicht auf den Vogt Albert aus
einer Breslauer Handschrift neu herausgegeben von Peiper in den
deutschen Forsehungen, Bd. XVII, 372 lafst diesen von sich sagen:
Me petebat rex, dux, baro,
!Xunquam sine me vel raro
6^ Aninerkungeu. S. 132.
Quicquam agi poterat.
Inter magnos ego primus
Baroues fui sublimus.
Me dux omuis noverat.
Zupparius fui salis,
lu bouis uullus equalis
Castris, villis, oppidis. —
Vgl. auch R op ells Aumerkuugeu zu deu Auu. cap. Crac, Moii. Germ
XIX, 607. Zu S. 131, Z. 6 v. u. Gives rabie furoris Germauici
perusti sagen die Auu. cap. Crac. a. a. 0.
11) S. 132, Z. 4. In dem erw. Gedichte auf Albert heifst es:
Volens miles esse Swevi
Terram sibi ofFereus.
Mit dem Swevus kann kaum jemand auders gemeiut sein als der Luxem-
burger Johann. Das Zerwiirfnis zwiscben Boleslaw von Oppelu uud
Albert, das der Annalist bei Sommersberg 11,95 uud der diesem fol-
gende Dlugosz I, col. 051 uuberiibrt lasseu, findet sich aucb uocb
in den Ann. cap. Crac. GOT uud in den Ann. Polon. M. G. XIX, G55
insoweit hervorgehoben , als diesc Quellen ebenso wie das erw. Lied
deu Herzog den Vogt gefangen uehmen uud gefangen mit fortfiibreu
lassen. Dafs Albert mit dem Bobmenkonig in Verbindung gestaudeu,
dafiir spricbt auch, dafs er nacb seiner Freilassvmg nach Bobmeu
geht, was aufser dem Gedichte auch Dlugosz a. a. 0. berichtet.
Auch die Auu. des hcil. Kreuzes Mon. Pol. Ill, 77 erwahuen diese
Vorfalle doch falschlich im Anschlusse au Begebeuheiten des Jahres
1305.
12) S. 132, Z. 6. Diese Zeitaugabe der Ann. Polon. Ill, 1. c.
G55 wird bestatigt durch die Acta Cracov. ed. Piekosinski 25.
13) S. 132, Z. 11. Wladisl. vero predictus infedilitatem eorum
perpendens plures ex eis equis tractos mandavit in furcis suspeudi.
Ann. des heil. Kreuzes Mon. Pol. Ill, 77. Noch charakteristischer
vom natioualen Standpuukte aus ist die Anfiihrung der Krasiiuski-
schen Annalen ib. 133. — qui nesciebant dicere soczovycza, kolo,
myelye, mlyn decoUati sunt omnes.
14) S. 132, Z. 14. Acta Cracov. 28: Hie incipiuut acta civ.
Cracovie et resiguacioues compilate iu latiuo.
15) S. 132, Abs. 2. FUr so ganz vollgviltig scheinen diese Pri-
vilegien nicht augesehen worden zu sein ; iiber das noch spater naher
anzufiihreude Privileg Boleslaws wegen des Gewerbebetriebs in der
Neustadt geht Heim-ich VI. 1311 ohne weiteres hinweg, iusofem es
tempore adolescencie fi-atris nostri erlassen worden sei ^Koru, Bresl.
Urkdb. 86), uud die Aufstiiudischen von 1333 urteileu von diesem
Privileg, die Breslauer hjitteu dasselbe vou einem Hauptmaune des
Konjgs von Bohmen gekauft (Griiuhagen, Breslau unter den
Piasten 117).
Amnerkungeu. S. 132—135. 55
16) S. 132, Abs. 2. Uber des Bischofs zweitc Vormundschaft
vgl. c. d. Siles. Ill, 21.
17) S. 132, Z. 7 V. u. Vgl. Biermanu, Gesch. der Herzogt.
Troppau und Jagerudorf, S. 44—47 und 140 — 143. Die Urk. vou
1318 in den schles. Leliensurk. edd. Griinhagen u. Markgraf II,
Tou S. 459 an.
18) S. 133, Z. 6. Cod. dipl. Siles. Ill, 18.
19) S. 133. Die Teiluugsurk. von 1312, schles. Lehensurkundeu
I, 120.
20) S. 133, Al)s. 3. Riedel, Cod. dipl. Brandbg. II. 1, 428,
in den schles. Leheusurk. I, 125.
21) S. 133, Z. 8 V. u. Chron. princ. Pol. 126.
22) S. 134, Z. 1. Lehensurk. I, 120.
23) S. 134, Z. (J. 2. Febr. 1317, Lehensurk. II, 9.
24) S. 134, Al)s. 1. Wir diirfeu hervorheben, dafs in den gleich
•anzufiihrenden Urkunden nirgends Konrads Bruder Boleslaw erwabnt
-wird. — Heinrichs VI. Teilnahme au dem Buude gegen Kourad
wird durch die Urkunde des Formelbuches Arnolds von Protzau
(C. d. Siles. V, p. 209) bezeugt und ebenda auch das Eiugreifeu der
Polen. — Uber das Eosenberger Gebiet vgl. die Urk. vom 2. Nov. 1321
Lehensiu-k. II, S. 302. — Uber Konrads Heirat vgl. die Urkunden
bei Theiner, Mon. Pol. I, 409 und die bereits erwiihnte im Forrael-
buche 209, in weiterer Folge auch die Urkunde vom 10. Januar 1322,
Lehensurk. II, 10. — Uber die Verwiistungen in Trebnitz siehe die
Urkunden in dem erw. Formelbuche S. 226 — 228 u. 240, au welchem
letzteren Orte Wattenbach auch in Anm. 1 die Entschuldiguugsurk.
Herzog Boleslaws fUr das Kloster Trebnitz vom 14. Okt. 1322 mit-
teilt. — Der Vertrag von 1323 in den schles. Lehensurk. II, 12.
25) S. 134, Z. 5 V. II. Gegen die Hohe der in der Chron. princ.
Pol. 126 angegebenen Sumnien, fiir welche wir beziiglich Breslaus in
den stiidtischen Rechnungsbiichern keine Belegc fiuden, babe ich
bereits friiher Bedenkeu erhoben. Anm. 3 zu Cod. dipl. Siles. Ill, 34.
26) ijber Wladyslaw vgl. die eingehenden Ermittelungen G r o t e -
fends, Zur Geuealogie der Bresl. Piasten. Abhandlg. der schles.
Gesellsch. fiir vaterl. Kultur 1872/73, S. 100—104. Das Chron. princ.
Pol. 127 berichtet: Propter quod jusjuraudum fecit Boleslaus fratri
tribus vicibus, ejus iuculpacionis necessitate coactus.
27) S. 135 (3Iitte). Uber die Wallonendorfer vgl. Griinhagen,
Les colonies Wallounes en Silesie et particulierement a Breslau.
Alemoires de I'academie royale Beige 1867.
56 Anmerkungen. S. 136—141.
28) S. 136, Abs. 4. Vgl. die Urk. vom 22. Sept. 1319 und;
8. Mai 1325 bei Kohler, Cod. dipl. Lusat. I, 194 u. dazu Konig*
saaler Gesch.-Qu. a. a. 0. 467.
29) S. 136, Abs. 5. Konigsaaler Gesch.-Qu. ed. Losertb 418
uud dazu Watteubachs Aufsatz: Scbles. Eitter iu der Schlacbt bei
Muhldorf mit der daselbst abgedruckten Urkuude , scbles. Zeitschrift
III, 199.
30) S. 137, Z. 1. Konigsaaler Gesch.-Qu. 414. — Z. 4 obea
S. 134.
31) S. 137, Abs. 2. Kriegszug uach dem Rbeiue 1314, Cod.
dipl. Siles. Ill, 38. Belebnung von Konig Ludwig 1324, Scbles. Lebens-
urkunden I, 65.
32) S. 137, Abs. 3. Tbeiner, Mon. vet. Pol. I, 218.
33) S. 137, Z. 2 T. u. Als Heinrich von Jauer 1320, 27. Juli,
ein Biindnis mit dem Herzog von Pommern scbliefst , nimmt er zwar
seine Briider i;ud die Breslau - Brieger Yetteru aus als solcbe, gegen
die er nicbt Hilfe zu leisten braucbe, aber z. B. nicbt die der Glo-
gauer Linie. Riedel, Cod. dipl. Braudbg. II. 1, 457.
34) S. 138, Z. 7. Theiner a. a. 0. I, 228.
35) S. 139, Z. 17. Es ist docb wohl kaum daran zu zweifelu,.
dafs Konig Jobann, bevor er seinen Zug antrat, sicb durcb Gesandte
der Geneigtbeit der Herzoge, ibm Huldigung zu leisten, versicbert
baben wird.
36) S. 139, Abs. 2 (am Ende), Die samtlichen Urkunden finden
sicb aufs neue und zwar zum erstenmale uacb den Originalen abge-
druckt in den scbles. Lebeusurkundeu Band II bei den verscb. Fiirsten-
tiimern. Wenn Stenzel (scbles. Geschicbte, S. 119) bier die Be-
merkung anschliefst, obne Zweifel batten damals aucb „die meisten,
iibrigen Herzoge in Oberscblesien " ibre Lande von Bobmen zu Lebea
genommen, so ist dem gcgeniiber zu konstatieren , dafs es abgesebn
von Herzog Boleslaw von Oppelu, dessen Huldigung am 5. April
aber ja Stenzel selbst S. 121 richtig aufiibrt, absolut keine ober-
scblesiscben regierenden Herzoge gab aufser den genannten.
37) S. 140, Z. 1. Chron. princ. Pol. 129.
38) S. 140, Abs. 2 (am Ende). Ebds. 129. 130.
39) S. 140, Z. 5 T. II. C. d. Siles. HI, 51.
40) S. 141, Z. 9. Sommersberg, Ss. rer. Siles. Ill, 77.
41) S. 141, Abs. 3. Bresl. Recbnungsbucher, S. 52. 53. Die in
meinem Buche „ Breslau unter den Piasten", S. 59 gegebene Dar-
stellung bericbtigend , mocbte icb bemerken, dafs bei naberer Er-
Anmerkungeu. S. 142. 143. 57"
wagung ich bei den Worten des Rechnungsbuches pro legatione ad
regem doch lieber an eine der Eeise des Herzogs nach Prag voraus-
gegangene Gesandtschaft der Breslauer deuken mochte als an eine
blofse Begleitung des Herzogs dahiu. Fiir das letzte wurde man ver-
mutlich einen andern Ausdruck gewjihlt baben. — Uber des Herzogs
Eeise nach Prag vgl. aucb die Konigsaaler Geschichts- Qu. 448. —
Die Eeise Heinrichs nach Prag mochte Konig Johann gefordert
haben, urn den Bohmen die Unterwerfung des schlesischen Herzogs
ad oculos demonstrieren zu kcinnen, die dann sich zu einer Geldforde-
rung wohl benutzen liefs. Seitens der Schlesier ist das Recht, nur im
eigenen Lande zu huldigea ein ja auch spater immer behauptetes
Vorrecht. — Die Urkunde vom 6. April 1327 in den schles. Lehens-
nrkunden I, 66.
42) S. 142, A\)S. 3. Konigsaaler Geschichts- Qu. 448 u. Chron.
princ. Pol. 130.
43) S. 142, Abs. 4. Aus dem Orig. abgedr. in den schles.
Lehensurk. II, 304.
44) S. 142, Z. 6 Y.'"u. Auch unsere Quellen die Chron. princ.
Pol. 130 und Konigsaaler Geschichts-Qu. 449 stellen das Zerwiirfnis
Heinrichs mit seicem Bruder Boleslaw als das Hauptmotiv fiir des.
ersteren Anschlufs an Bohmen hin.
45) S. 143, Z, 5, Alles, was T\-ir iiber diese Ereignisse kon-
statieren kounen, beschriinkt sich darauf, dafs in der Unterwerfungs-
urkunde Johanns von Steinau d. d. 29. April 1329, schles. Lehensurk.
I. 129, dieser bekennt, er habe, nachdem der Konig das Herzogtum
Breslau entgegengenommen , diesem Lande und dessen Einwohnern
Schaden gethan, und dafs auch in der Belehuungsurkunde Herzog
Boleslaws vom 9. Mai 1329 (Lehensui-k. I, 302} von „brache und
krig", die hier vorausgegaugeu, gesprochen wird. Dafs diese Kiimijfe
von nicht allzu grofser Erheblichkeit gewesen , mogen wir daraus
schliefsen, dafs in den Breslauer Rechnungsbiichern jener Jahre von
den Kosten gi-ofserer Riistungen nichts zu finden ist.
46) S. 143, Z. 8. Ich wage es doch nicht, Caro (poln. Gesch.
II, 132) in der Annahme zu folgen, es sei mit dem Herrn von Falken-
burg, dessen bei dieser Gelegenheit bewiesene Tapferkeit Konig Jo-
hann selbst zu Liedern begeistert habe, sein neuer Lehensmann, unser
schlesischer Herzog (Bolko) von Falkenbei'g gemeint. Willelmi
Egm. Chron. ap. Matth. II, 695.
47) S. 143, Abs. 2.
48) S. 143, Abs. 3.
49) S. 143, Z. 11 V. II. Theiuer, Mou. vet. Pol. I, 218. —
Z. 2 T. u. Chron. princ , Pol. 130.
■58 Amnerkungeu. S. 144. 145.
50) S. 14-4:, Z. 5. Es ist bezeichueud dafiir, dafs in der gleich
anzufiihreudeu IJelehuungsurkimde vom 9. Mai 1329 Wladyslaw ueben
Heiurich Herzog vou Scblesieu und Herr von Breslau geuaunt wird.
51) S. 144, Abs. 2. Die Urk. in den scbles. Lebeusurk. I, 302
und 305.
52) S. 144, Abs. 3. Lebensurk. I, 129 u. II, 17. 19. Abs. 4.
Urk. vom 25. Miirz lo38, Lebensurk. I, 153, vom 7. u. 29. Mai 1329
Lebeusurk. II, 16 u. 19. Ubrigens ist Prausnitz docb scbliefsHcb
vou Kourad selbst zuriickgekauft worden 1344, Lebensurk. II, 30.
53) S. 144, Z. 5 V. u. Cbrou. princ. Pol. 149. Der bestimmten
Angabe dieser Cbrouik wird man docb mebr Glauben scbenken
miisseu, als dem in den Konigsaaler Gescbicbtsquellen, S. 484, ab-
gedruckten Briefc des koniglicbeu Notars Heiuricbs vom 27. Okt.
1331, Avelcber ganz im Gegeuteile bericbtet, der in diesem Jabre ge-
storbene Herzog Bricko von Glogau (dafs damit Primko gemeiut ist,
stebt wobl aufser Zweifel) babe sicb dem Konig unterworfeu und die
Stadt sowie sein Land vou ibm zu Leben genommen. Die Angabe
der scblesiscben Cbrouik wird docb wabrscbeinlicber eiumal durch
das Feblen vou Primkos Namen in den Lebeusvu'kunden der Brlider
und dann aucb dadurcb, dafs in dem vou Bolko von Fiirsteubcrg, dem
Scbwager des verstorbenen Herzogs Primko, fiir Glogau ausgestellten
Eeverse von 1331, Lebensurk. I, 133, wiederum von Konig Jobann
gar keine Rede ist. ScbliefsUcb diirfen wir docb aucb konstatieren,
dafs eine Lebensurkunde Herzog Primkos uirgends erbalten ist, wiib-
rend solcbe sonst von keiuem der Fursten, die sicb damals der Krone
Bobmen unterworfeu baben, feblen.
54) S. 144 letzte Zeile. Grotefend, Stammtafelu der scbles.
Fursten, S. 34, Nr. 12.
55) S. 145, Z. 5. Urk. vom 25. Marz 1338, Lebeusurk. II, 24.
Die zweite Ehe Kom*ads war damals ohne Zweifel beseits mebrere
Jabre gescblossen, docb ein Erbe nocb uicbt gcboren.
56) S. 145, Abs. 2. Die in deu Konigsaaler Gescbicbts-
quellen (S. 484, in dem bereits enviibuten Briefe des Notars Heiurich)
augefiibrte Summe lafst sicb aus deu Breslauer Recbnungsbiicbern
(C. d. Sil. IH, p. 58) nacbweiseu.
57) S. 145, Abs. 2, Der Konig batte das den Breslaueru 1327
versprocben (Lebensurk. I, 67). Die Erneuerung der Zusage als
Motiv der Freigebigkeit der Breslauer vorauszusetzen scbien die Urk.
A'om 2. Oktober 1331 (Lebensurk. I, 135^ geniigenden Grund zu
geben.
Aumerkungen. S. 145. 14(j. 59
58) S. 145, Abs. 3. Vgl. Bolkos Revers fiir die Glogauer
vom 10. Miirz 1331, Lehensurkundeu 1, 133. — Chron. princ Pol
149. 150.
59) S. 145, Z. 7 V. u. 2. Okt. 1331. Mi us berg, Geseh. vou
Glogau I, 337.
60) S. 14G, Z. 3. 1. Okt. 1331. Lehensurk. I, 134.
61) S. 146, Z. 7. So verscbreibt er 133G das Laud Glogau
au Herzog Jobann von Steinau als seiuen Guberuator uud Stadt-
balter auf Lebenszeit (Lebensurk. I, 139), iibergiebt aber danu 1337,
wie uocb im Texte auzufubren sein wird, das Laud Glogau au Heiu-
ricb von Jauer auf Lebenszeit (Lebensui-k. I, 141). Es hatte zu weit
gefiihrt, wenn wir die mannigfacbeu Verkaufsgescbafte, die Kouig
Jobann mit dem kiuderloseu uud ewig geldbediirftigen Jobauu vou
Steinau abgescblosseu bat, im eiuzelueu biitteu verfolgeu wolleu. Das
lu-kuudlicbe Material fiudet sicb iu den Lebensurkunden uuter Fiirsten-
tum Glogau gesammelt. Nur kurz sei erwabnt, dafs iufolge davou
Liiben Stadt und Laud 1338/39 erst iu den Besitz Kouig Jobanus
uud daun an die Lieguitzer Herzogsliuie gekommen ist, der es dauu
aucb verblieb.
62) S. 146, Abs. 3 (am Ende). Wenn die berkouimlicbe Uber-
lieferung die Besitzergreifuug durcb des Kouigs Sobu, Karl, voll-
ziebeu lafst, so stiitzt sie sicb auf eiue Aufiibrung des Kouigsaaler
Abtes Kouigsaaler Gescbicbts - Qu. 522) , wo es uacb dem Tode
Heiuricbs beifst : mox Jobanues rex Bobemiae Karolum filium suum
niisit qui se patris nomine de civitate Wratislavieusi — siue coutra-
dictione qualibet intromisit — . Docb diese Angabe erregt Bedenkeu.
Karl war uacb den Regesten von Bobmer und Huber am 26. No-
vember iu "Wiscbegrad iu Ungaru, am 30. in Brilnu und scbou im
Dezember uacb der einen Quelle Cout. Par. de Cereta ap. Muratori
VIII, 64S) soil er wiederum iu Karutbeu gewcseu sein, wiibrend ibu
die Kouigsaaler Quellen am dritteu Tage uacb Neujabr uacb Karutbeu
kommen lasseu. Die Zeit wiirde bier immer scblecbt zureicben, weuu
wir annehmen wollteu, dafs Karl iuzwiscben nach Breslau gereist
ware, docb mebr nocb scbeint etwas anderes ins Gewicbt fallen zu
miissen. Wir wolleu nicbt allzu viel Gewicbt darauf legen. dafs keiu
Dokument des wobl erbaltenen Breslauer Stadtarcbivs vou der Au-
weseubeit Karls und seiner Besitzergi-eifuug Zeuguis ablegt, obwobl
docb Karl ebenso gut, wie er am 30. November namens seines Va-
ters die Privilegieu der mabriscbeu Stadt Jamnitz bestatigt, etwas
Abnlicbes aucb iu Breslau batte tbuu kouueu, wicbtiger aber scbeint
es, dafs in dem Breslauer Recbuungsbucbe . das vom 10. Miirz 1335
bis zum 2. Miirz 133G reicbt p. 01^, der Name Markgi-af Karls gauz
eutgegen den soustigeu Gewobubeiten dieser Ratiouarien nicbt geuanut
60 Anmerkungen. S. 147.
wird, wahrencl es doch bei solcher Gelegenheit ohne Ebrengeschenk^
wie solche soust immer und gleich beim folgenden Jabre wieder ver-
zeicbnet sind, nicbt abgegaugen wiire. Dagegen erfabreu wir von
verscbiedeneu Gesandtscbaften an den Konig, und nacbdem die Ge-
sandtscbaft uacb Briinn und Ungam, iiber deren Zeit (Ende No-
vember 1335) und Zweck, den Tod Herzog Heinricbs zu melden, nacb
den liegesteu Konig Jobanns kaum ein Zweifel obwalten kann, er-
wiibnt ist, konimt dann nocb eiue ultima via versus Pragam, die ja
nun auch Ende 1335 oder Anfang 1336 den Konig in Prag getroffen
bat. Diese ■ware docb -wobl iiberfiiissig geweseu, wenn bereits Mark-
graf Karl die Huldiguug abgenommen batte. Aucb verdient es nocb
hervorgehoben zu werden, dafs Karl selbst in seiner Autobiograpbie
von jener immerhin docb -wicbtigen Sendung kein Wort erwabnt.
Was den Konigsaaler Abt anbetrifft, so feblt es nicbt an Analogieen,
die einen Irrtum bei ibm wobl als denkbar erscbeinen lassen, er bat
vielleicbt einfacb die Entsendung Karls nacb Scblesien einige Monate
friiber, der wir im Texte gleicb zu gedenken baben werden, bier mit
diesen Ereignissen zusammengeworfen. Wenn wir aber aucb wirklicb
Konig Johann es nocb aufscbieben seben, sicb in Breslau bukligen
zu lassen, so bat das kaum etwas Befremdlicbes , da er bier seiner
Leute so ganz sicber war und sein konnte.
63) S. 117, Z. 9. Konigsaaler Gescb.-Qu. 520. Von den
Bedriickvuigen der Geistlicbkeit durcb Bolko von Mliusterberg be-
ricbten zablreicbe Urkunden in dem Formelbucbe Arnolds von Protzan
ed. AVattenbacb und dem Kamenzer Urkundenbucbe ed. Pfoten-
hauer, Cod. dipl. Siles. V. u. X.
64) S. 147, Abs. 2. tjber die Verteidigung Frankensteins vgl.
die Urk. vom IG. Okt. 1387 — corpora, res, se et sua tauquam intre-
pid! examinati et subditi fidelissimi inventi nobis ex debito in com-
placenciam ipsisque Franckensteinensibus ad eternam laudem et con-
tinuam fidelitatis gloriam exponentes, quos tenemur et volumus tan-
quam bene meritos premiare etc. Tzscboppe u. Stenzel 547. —
Die Namen der beiden Edelleute nenut Benescb vonWeitmil bei
Pelzel und Do brow sky, Ss. rer. Bobem. II, 268. A. v. R. kommt
als Freund Herzog Bolkos wiederbolt im Kamenzer Urkundenbucbe
vor (Cod. dipl. Siles X, vgl. das Register). — Vgl. dann die Vita
Caroli bei Bobmer foutes I, 249 und Konigsaaler Gescbicbts-Qu.
520. Benescb a. a. 0. — Die Losung der Gefangenen betr. scbeint
die bierauf beziiglicbe Angabe der Cbron. princ. Pol. 124 mit der der
Konigsaaler Quelle 521 , dafs die Gefangenen 800 Scbock Groscben
batten zablen mitssen, doch nicbt unvereinbar. Die erstere Cbronik
bemerkt nur, dafs der Hei'zog eine sebr bobe Summe batte fordern
konnen, und in der That sind 800 Scbock Groscben flir 150 Edle
nicbt eben viel.
Anmerkuugen. S. 147 — 149. 0t
65) S. 147, Abs. 2 (am Ende). Der, wie schou die Nennuug
der Namen der beiden Edelleute zeigt, in dieser Sache gut unter-
richtete Benesch sagt (268) voa Karl: civitatem Kauth obtiuuit.
Und dafs dieses dann Kouig Johann an Herzog Heinrich von Jauer Uber-
lassen hat, steht ja auch fest. Also ist es wohl wahrscheinlich , dafs
Canth nicht erst mehr zuriickgegeben worden ist. Uber Canth vgl.
scbles. Zeitschr. VII, 103 if.
66) S. 147, Abs 3. Es mag da noch maucherlei vorgegangeu
sein in dem verhaltnismafsig langen Zeitraum zwischen dem September
1335 und dem August 1336, wovon uns die Quellea nichts meldeu.
Bolko hatte sehr wohl im Winter Johann in Prag aufsuchen konueu,
und wenn er dann im Sommer mit grofsem Gefolge den weiten Weg
nach Bayern antrat, so milssen sehr zwingende Grlinde ihn getrieben
haben. — Uber die Belehnung vgl. die Leheusurk. vom 29. August,
Lehensui-k. II, S. 128.
67) S. 147, Z. 2 V. u. Chron. princ. Pol. 124. Es verdieut
hervorgehoben zu werden, dafs Bolko Glatz schon im Jahre 1336, also
vor den grofsen Konzessiouen , die er im Januar 1337 dem Konige
macht, erhalten hat. Im November und Dezember 1336 stellt er
Terschiedene Urkunden in Glatz aus; vgl. Kamenzer Urkundenb. 127
und Tzschoppe und Stenzel 542. Den Titel eines Herrn von
Glatz hat er dagegen, wie es scheint, erst von 1341 an angenoramen.
Ein urkuudliches Zeugnis Uber die Erwerbung von Glatz durch Bolko
scheint nicht erhalten.
• 68) S. 148, Z. 3. Bereits unter dem 28. Miirz 1337 urkundet
Heinr. von Jauer als Besitzer von Kanth. Lehensurk. I, 88.
69) S. 148, Z. 6. Urk. vom 7. u. 9. Jan. 1337, Lehensurk. I,
308 u. II, 131. Z. ,9. 10. Jan. 1337, Lehensurk. II, 132. Z. 11.
8. Jan. 1337, Lehensurk. II, 132.
70) S. 148, Abs. 2. Die verschiedenen Urkunden samtlich vom
Jahi-e 1337 finden sich in den Lehensurk. I, 141. 142. 144; II, 88.
488 und schles. Zeitschr. VII, 104.
71) S. 149, Z. 3. Lehensurk. I, 3.
62 Anmerkungen. S. 153— 15G.
Drittes Buch.
Erster Abschnitt.
1) S. 153. Die Urk. iiber Neifse unci Freiburg bei Tzschoppe
uud St en z el, S. 416 resp. 545.
2) S. 154, Z. 3. Tzschoppe tind Stenzel, S. 415.
3) S. 154, Z. 6. Ebd. 442. Die in Zeile 23 genannten
oberschlesischen Stadte sind Grofs-Strehlitz 1362, Ober-Glogau 1372,
Teschen 1374. Tzschoppe und Stenzel 581. 593. 594.
4) S. 154, Z. 2 V. n. Der Zusammenstellung bei Tzschoppe
und Stenzel 244 habe ich noch Reicheubach hinzuzufiigen 1384.
5) S. 155, Z, 6. So in Breslau, Brieg, Liegnitz, Schweidnitz.
Fiir Liegnitz ist der Abschnitt iiber die Gerichte inSchuchards sehr
verdienstlicher Schrift, die Stadt Liegnitz ein deutsches Gemeinwesen,
Berlin 18G8, sehr lehrreich. — Das mit dem Jahre 1339 beginnende
Liegnitzer Buch der Verfestungen hat Schuchard im Anhange seiner
erwahnten Schrift S. 153 mitgeteilt. — Aus Furcht vor solcher Ver-
festung bitten die Vasallen des Bezirkes von Lobau 1348 Karl IV.
selbst darum, wegen Geldschuld vor dem Lobauer Vogte zu Recht
stehen zu diirfen. Tzschoppe und Stenzel 559.
6) S. 155, Al)s. 1. 10. August 1339. Korn, Bresl. Urkdbuch.
Die letztgenannten beiden Stadte waren Pfandbesitz des Konigs.
iiber Strehlen haben wir die Urk. von 1337. Lehensurk. I, 308. —
Uber die Verpfandung von Ohlau scheint keine besondere Urkunde
erhalten, doch spricht davon die Urkunde vom 20. Miirz 1337, Korn,
Bresl. Urkdb. 139, Nr. 9. — Es ist auch sicher kein blofser Zufall,
wenn das erwahnte Liegnitzer Buch der Verfestungen gerade mit
dem Jahre 1339 beginnt.
7) S. 155, Z. 7 V. u. Worbs neues Archiv I, 132. — Z. 3
V. u. Das Wort Zaude bedeutet auch wieder nur soviel als Gericht. —
Letzte Zeile. 1337. Korn, Bresl. Urkdb. 136. — S. 156, Z. 2.
Schuchard a. a. 0. 117flF. — Z. 5. SchonwiLlder, Die Piasten
zum Brieg I, 142.
8) S. 156, Abs. 3. 9. Jan. 1289. Lehensurk. II, 413. (Im
Text steht irrtiimlich AVladyslaw statt Kasimir.) — Bischof Heinrichs
Regentschaft Chron. princ. Pol. 125. — Uber Bolko von Miinsterberg
Anmerkungeu. S. 157 — 162 63
Lehensurk. II , 127. Danii zum Jalire 129U : Nobiles atque cives
Wrat. — ducem Heur. imauimiter elegerunt, Chr. princ. Pol. 115. —
Uber den Anschlufs an Bohmen ibid. 130: tunc terrigene quam cives
cum duce suo Heur. inierunt consilium etc. — Uber das Erbieteu
Heinrichs III. Urk. vom 16. Dezember 1261. Korn, Bresl. Urkdb.
28. — Uber den dreimaligen Eid Boleslaws III. Chron. princ. Pol.
127. — Letzte Zeile. Schirrmacher, Liegn. Urkdb. 90.
9) S. 157, Z. 4. Ein besonderes Privileg dariiber erhaltHerzog
Boleslaw von Konig Joliann 1329 Lehensurk. 1 , 305. Die von dem-
selben Jahre datierende Lehensauftragung Konrads von 01s enthalt
eine solche Bestimmung gleich mit. Lehensurk. II, 20.
10) S. 157, Abs. 2. Diese Falle werden in dem oben erwahnten
Schiedsspruche des papstl. Legaten Philipp von Fei-mo von 1282
auch fiir die geistlichen Unterthanen gelten gelassen. Stenzel'
Bisti^msurk. 77.
11) S. 157 letzte Zeile. Korn, Bresl. Urkdb. 165.
12) S. 158, Abs. 2. Die Seuiores. Privileg fiir Haiuau
von 1353 Tzschoppe u. Stenzel 570: tres esse debent de numero
seniorum seu mercatorum, alie vero tres persoue debent eligi de
operariis etc.
13) S. 15S, Abs. 3. Das Ratswahlprivileg bei Korn, Bresl.
Urkdb. 110.
14) S. 159, Abs. 1. Gr tin ha gen, Breslau unter den Piasten,
S. 40 ff.
15) S. 159, Abs. 2. Cod. dipl. Siles. VIII, p. 8. 14. 110, rubr. 4,
Nr. 4.
16) S. 160. Die Urk. bei Korn, Bresl. Urkdb., S. 72. 75. 85.
91. 122; Tzschoppe u. Stenzel 541; Oberlaus. Urkdnverz. I, 36;
Schmidt, Gesch. von Schweidnitz I, 36.
17) S. 161, Abs. 1 (am Eude). Der gleichzeitige Bericht iiber
den Aufstand abgedr. bei Grlinhageu, Breslau unter den Piasten
117, vgl. dazu ebd. S. 68 fF.
18) S. 161, Abs. 2. 2. Febr. 1336. Korn, Bresl. Urkdb. 135.
Dafs die Urk., welcher die Jahresbezeichnung fehlt, in dieses Jahr
gehort, ersieht man aus dem Ausstellungsorte Prag, welcher im Ja-
nuar auf kein anderes Jahr pafst.
19) S. 162, Abs. 2. Ann. Lubens. Mon. Germ. XIX, 549; Anu.
Cisterc. in Heinrichow ib. 546. Auch dcr Liibecker Chrouist Detmar
berichtet von den Ketzerverbrennungen in Schweidnitz uud anderen
Stadten Polens, doch zum Jahre 1312. Dagegen erziihlt der Kcinig-
64 Anmerkuugen. S. 162 — 170.
saaler Abt (Konigsaaler Gesch.-Qii. ed. Losertli, p. 366 zum Jahre
1315, dafs damals in diversis pavtibus populi haeretici sich gefuudea
hiitten, qui obmissis et coutemptis clavibus ecclesie coufessiouem suam
aliis laicis facere sunt comperti. Infolge davou seieu zu Prag in
jenem Jahre in einem Monate vierzehn verbrannt wordeu, plures ac-
cepta cruce penitentiam promiserunt. Dafs diese Waldensischeu Lehren
durch die Verfolgungeu nicht ausgerottet wurden, zeigeu die bald
nachher vom Papste fiir notweudig erachteteu Verorduungen gegen
diese Ketzereien, zusammeugestellt in Watte nbachs Anm. 1 zu
S. 54 des Formelbuchs und gauz besonders das Auftreten des Bru-
ders Martin in Breslau zu Bischof Nankers Zeit (wir werden seiner
noch zu gedeuken habeu) vgl. Heyne, Gesch. des Bistums Breslau
I, 735.
20) S. 162, lbs. 3, Die Urkunden dariiber in dem Formel-
buche Arnolds von Protzan ed. Wattenbach, Cod. dipl. Siles V,
59—63 u. 253. — Uber die Synode von 1316 veroffentliclit Watten-
bach eine Mitteilung in der schles. Zeitschrift IV, 273.
21) S. 163, Z. 6. Dlugosz, Vitae ep. Yratislav. ed. Lipf,
p. 21.
22) S. 163, Abs. 1 (am Elide). Von hier an und fiir die fol-
gende Darstelluug, die von der hergebrachten in manchen Stiicken
abweicht, finden sich die Belegstellen bei Griinhagen, Kouig Johann
von Bohmen und Bischof Nanker von Breslau, Sitzungsberichte der
Wiener Akademie, Bd. 47 (1864).
23) S. 164, Abs. 1. Cod. dipl. Siles. V, 77 und Anni. dazu
und die Urkunde bei Theiner, Mon. vet. Pol. I, 124 u. 290.
24) S. 165, Abs. 2 (am Eude). Cod. d. Sil. Y, 265. Abs. 3.
ibid. 263.
25) S. 166, Abs. 2 (am Eude). Zwei Berichte Galhards bei
Theiner I, 391—397 u. 416.
26) S. 167, Abs. 3. Tzschoppe u. Stenzel 315.
27) S. 169, Abs. 1. Bei Heyne, Bist. Breslau I, 734, Anm. 2
ist eine Stelle aus Bzovius, Ann. eccl., abgedruckt, welcher eine
ausflihrliche Aufzeichnung dieser Ketzereien im Dominikanerkloster
zu Krakau gefunden zu haben versichert.
28) S. 170, Z. 4. Ich zweifle keinen Augenblick, dafs in den
Breslauer Rechuuugsbiichern von 1342 (a. a. 0., p. 69") die ratsel-
■ hafte Bezeichnuug super sadbotes 929 M. so zu erklaren ist, dafs der
Abschreiber des im Orig. nicht mehr erhaltenen Rechnuugsbuches
hier sacerdotes (mit einem R-Haken liber dem c) so falschlich erkliirt
hat. Ich kam darauf, als ich in der gleichzeitigen Handschrift des
Anmerkungen. S. 170. 171. 65
sogen. Breslauer Kladdeubuches das Wort sacerdotes in der That so
geschrieben fand , dafs ein fluchtiger Leser wohl sadbotes leseu
konnte.
29) S. 170, Z. 5. Iq dem vielfach erwahnten Aufsatze, Konig
Johann und Bischof Nauker S. 92, hatte ich bereits die von spaterea
geistlichen Chronisten und neuerdings wieder von Heyne, Bistum
Breslau I, 814 sehr aufgebauschte Geschichte von einer demiitigeudeu
Bufshandlung der Breslauer Ratsberren in der Breslauer Adalberts-
kircbe auf das bescbeidenere Mafs zuriickgefiibrt, wie sie die einzige
iiltere Quelle, die Chron. princ. Pol., p. 137 scbildert. Aber nachdem
mir inzwischen uoch weiteres urkundl. Material iiber diese Ange-
legenheit zugauglich geworden, glaube ich auf Grund dessen leugnen
zu miissen, dafs iiberbaupt eine Bufshandlung der Konsuln wii-klich
vorgefallen ist. Wie schon a. a. 0. S. 92 bemerkt wurde, hat das
Domkapitel unter dem 23. Juli 1342 in sein grofses Kopialbuch, den
sogen. liber niger , f. 453b eintrageu lassen , die Pralaten und Dom-
lierren seien mit den Ratsherren in dem Rathause zusammengekom-
men, um iiber eine freundliche Beileguug der zu Nankers Zeit ent-
standenen Streitigkeiten zu verhandeln, und die Konsuln batten eud-
lich fi-eimiitig und aufrichtig gelobt, den Bischof, das Kapitel und
-den gesamteu Klerus in ihren und der Stadt Schutz zu nehmen, mit
ihnen in Freundschaft zu leben und ihnen beizustehen, auch dieses
Gelobnis alljahrlich am Aschermittwoch bei der Ratsemeuei-ung zu
"wiederholen. Und nun femer wird in der Urk. vom 4. Sept. 1343
(Orig. Domarchiv W. 40) , durch welche der Ponitentiar des Papstes
in des letzteren Auftrage dem Bischof von Breslau die Aufhebung
-des Bannes der Ratsherren etc. gestattet, dies durch folgende Worte
motiviert: Cum itaque postmodum capitaneus consules et universitas
predict! ac eorum in hac parte complices vobiscum et capitulo supra-
dicto necnon clero civitatis et diocesis predictarum amicabiliter con-
■cordaverunt et alias parati existunt in omnibus s. Romane ecclesie
obedire mandatis etc. Also auch hier ist von einer penitentia, wel-
ches Wort sonst so natiirlich in den tenor derartiger Urkunden
einfliefst, in keiner Weise die Rede. — Dafs nachmals in geist-
lichen Kreisen das Geriicht von einer abgelegten Bufse der Rats-
herren entstanden ist, hat nichts Befremdliches. Der Priester, der
die Chron. princ. Pol. verfafste, hat dies Geriicht zuerst aufgeschrieben,
seine Nachfolger haben dann die Sache immer klaglicher ausgemalt.
30) S. 170, Abs. 3 (am Ende). Lehensurk. I, 6.
31) S. 170, Z. 3 II. 2 V. u. Stenzel, Bistumsurkunden 289
u. 291.
32) S. 171, Z. 9. T. u. Uber die Chronologie dieser Begeben-
lieiten vgl. meinen kleinea Aufsatz in der schles. Zeitschr. X\T;, 266.
GrunhageD, Gesch. Schlesiens. I. «^
C6 Anraerkiingen. S. 171 — 17G.
33) S. 171, Z. 1 V. u. Vita Caroli bei Bohmer, Pontes reiv
Germ. I, 2G5. Karl bemerkt hierzu, dafs die Stadt Stenavia damals
zxim Herzogtum Breslau gehort habe. Wir wisseu nur soviel, dafs
am 12. August 1345 Herzog Kom-ad von 01s an Konig Johaun Stadt
und Land Guhrau zur Hiilfte und ebenso die HJilfte der Stadte
Steinau uud Koben sowie Fraustadt verkauft (Lehensurk. I, 165), dafs
dagegen unter dem 9. Miirz 1348 wiederum Herzog Johaun von
Steinau die Privilegien dieser Stadt bestiitigt, wobei er dann auch
der Verwiistung derselben durcb die infideles Rutheni gedenkt
Tzschoppe u. Stenzel 560).
34) S. 172, Z. 9. Am 21. April 1345 ist Johann noch in
Breslau, am 27. urkundet er mit seinem Sohne im Lager vor Scbweid-
nitz, vgl. Regesten Karls IV. von Huber.
35) S. 172, Abs. 2. Wladyslaw von Beuthen scbliefst nocb
am 15. Februar 1346 mit Konig Kasimir ein Biinduis, Tvelches ihn
verpflicbtete , dem Bobmenkcinig und Xikolaus von Troppau keinen
Beistand zu leisten, noch aucb demselben seine Festungen zu offben.
Scbles. Lehensurk. II, 419. — Vgl. sonst Vita Caroli 265. Ratiborer
Chronik, scbles. Zeitscbi". IV, 15. Dogiel, Cod. dij^l. Pol. 1, 5.
36) S. 173, Z. 13. C. d. Siles. VI, 180. Z. 15 oben S. 170.
Z. 17.
37) S. 173 letzte Zeile. Korn, Bresl. Urkdb. 138.
38) S. 174, Abs. 2. Die eben erwahnte Landesordnung von
1337 erlafst der Konig presentibus consiliariis nosti-is (folgen 5 Namea
Breslauer Vasallen und der eines Hofnotars) et consulibus civitatis
nostre Wratislaviensis.
39) S. 175, Z. 6. 27. Okt. 1243. Korn, Bresl. Urkdb. 159.
40) S. 175, Abs. 2. Korn 155. Der Gesandte ist oflfeubar
derselbe, der sonst in den Ratslisten als Tilo scrijitor bezeichnet wird.
Stadtschreiber war derselbe schwerlich; solche pflegtc man nicht in
den Rat zu wsiblen, wie das diesem Tilo vielfach (wenn auch nicht
gerade 1343) zuteil geworden ist (cf. Cod. d. Siles. XI, 120). Es
bleibt zu bedauem, dafs wir so gar nichts erfahreu iiber die Griinde,
welche dem Rate mit einem Male die Betreibung dieser Sache so
dringend baben erscheinen lassen, dafs man nicht die Riickkehr des
Konigs abwartet, sondern eine so weitgehende Gesandtschaft ab-
schickt, die docb natiirlich auch sehr viel kostet. Die Recbnungs-
biicber sprechen a. a. 0. 69 von 375^ Mk. quas Tilo pro se et Jo-
bannis de Lubek debitis secum duxit.
41) S. 176, Z. 9. Die Breslavier Rechnungsbiicher in C. d.
Siles. III.
Anmerkungen. S. 176—179. 67
42) S. 176, Abs. 2. Urk. vom 27. September 1345 — de cimi-
terio Judeonim conjuncto predicte civitati. Dafs der Judenkirchhof
wirklich in der der Stadt ueu hinzugefligten Zone (und zwar vor der
heutigen Ohlauer Thorbriicke) gelegen, zeigt die in der schles. Zeit-
schrift VIII, 212 von mir mitgeteilte Urkunde von 1316, wo der
Kirchhof als an den damaligen Wall greuzend bezeichnet wird. Es
erkliirt dies doch einigermafseu die ganze Mafsregel. Steine mit
hebraischen Inscliriften, die offenbar aus jener Zeit stammten, hat
man 1848 mehrfach in den Kellern des Eathauses gefimden, speziell
audi in den Souterrainraumen des Eatsturmes.
4:3) S. 176, Z. 8 V, u. Konigsaaler Geschichtsquellen, S. 529.
Zweiter Abschnitt.
1) S. 178, Z. 4 u. 2 T. n. Lehensurk. I, 8 u. 12.
2) S. 179, Abs. 1. Cod. dipl. Morav. VII, 564. Der AussteUer
der Urkunde stiitzt sich dabei auf eine augeblicbe Schenkung Konig
Ottokars an den Vater Nikolaus' III., welche jedoch Biermann
fNikolaus II., Programm des Teschener Gymnasiums 1871, S. 22) fiir
apoki'yph halt.
3) S. 179, Abs. 2. Bereits 1337 hatte Konig Johann Franken-
stein von Bolko von Miinsterberg pfandweise erworben. Nachmals
mills dasselbe wieder eingelost wordeu seiu, und Bolkos Sohu Niko-
laus hatte es 1346 an Heinrich von Haugwitz vei-pfandet, der das-
selbe nun eben 1348 Konig Johann iiberlafst; Kamenzer Urkunden-
buch (Cod. dipl. Sil. X, 152 u. 166), worauf dann Herzog Nikolaus
unter dem 9. Nov. 1351 Frankenstein definitiv an Konig Karl ver-
kauft. Ebd. 181.
4) S. 179, Abs. 2, Namslau betr. Soviel wie im Texte ge-
geben ist, stelleu die Urkuuden vom 1. Mai 1353 und 2. Febr. 1359
(Lehensurk. I, 71) aufser Zweifel. Die sonstigen verwickelten Han-
del um diese Stadt (vgl. Lehensurk. I, 317 imd schles. Zeitschi-. VII,
106—108) aufzukliiren, ist hier nicht der Ort. Vielleicht hatte sie
Karl IV. bereits 1348 aus polnischem Pfandbesitze geliist. — Lehens-
urkunden I, 71. Die Unterordnung Namslaus unter den Breslauer
Hauptmann wii-d ausdriicklich ausgesprochen erst in der Bestiitlgung
jener Inkorporationsurk. von 1359 diirch Konig Wenzel 1. Okt. 1397.
Lehensurk. I, 79.
5) S. 179, Z. 8 u. 9 V. ii. Breslauer Landbiicher im Breslauer
Staatsarchive B. maj. f. 133. Cod. dipl. Siles. HI, 112. Z. 5 v. u.
Vgl. Lehensurk. I, 315 u. 317.
5*
68 Aumerkungeu. S. 180. 181.
6) S. 180, Abs. 2, Landesliut betr. Chron. princ. Pol. 123.
Die Zeitbestimmuug liefern die Fragmente einer Korrespondenz der
Stadt Breslau mit Karl IV., ed. Griiuhagen, Archiv fiir Kuude
osterr. Geschichtsquellen 18G5. — Vordringen der Polen bis Rosen-
thal, etwa 3 Kilom. uordl. von Bre-slau. Korrespondenz etc. S. 10. —
ijber die Reideburgs vgl. Korresp. a. a. 0. S. 10 u. 13.
7) S. 180, Z. 2 V. u. Ebd. 12. 13.
8) S. 181, Z. 2. Corresp. S. U.
9) S. 181, Z. 8. Pelzel, Karl IV. I, Urkdbuch 170.
10) S. 181, Abs. 2. Die Verzichturkunden Ludwigs uud Ka-
simirs vom 27. Mai 1353 in den schles. Lehensurk. I, 331 u. 332.
11) S. 181, Abs. 2. Die verwickelten Schicksale von Kreuz-
burg uud Pitscheu, gerade im 14. Jahrh., wo sie an die Herzoge
von Oppelu verpfandet uud daun wieder an den Schweiduitzer Herzog
zeitweise gekommeu sind, wahrend doch auch der Poleukouig trotz
jenes Verzichtes von 1353 uoch weitere Anspriiche auf sie macht,
warten noch eiuer besondereu Untersuchung. Die schles. Lehens-
urkuudeu bringen einige merkwiirdige Urkuuden iiber sie.
12) S. 181, Z. 12 v. u. Dafs Karl in jeueu Tagen auf der
Reise von Breslau nach Bautzen zwischen dem 24. November, wo er
in Breslau noch verschiedeue Urkunden ausstellt, und dem 28., wo er
in Bautzen urkundet (vgl. Hubers Regesteu Karls IV., S. 65),
Liegnitz beriihrt und sich hier auch aufgehalten hat, zeigt die Ur-
kunde fiir Breslau, durch welche Karl die jahrliche Ratswahl wieder
einfiihrt, bei Korn, Bresl. Urkdb. 176. Kom giebt das Datum
nicht richtig wieder. Das Kopialbuch, dem er sie bei dem Mangel
des Originals zu entnehmen genotigt war, hat iiber der VIII. das
Wort none klein geschrieben, anscheinend von spaterer Hand stehen.
Sehen wir davon ab, so lautet das Datum: Leguicz a°. dom. M. CCCXL
Vni. Decembris regnorum nostrorum anno tercio. Das nono vor die
Einerzahl hineinzuschieben uud dann die Urk. auf den 8. Dezember
1349 zu setzen, wie Korn es thut, verbietet ein Blick auf das Itinerar
Karls IV., der 1349 im Dezember in ganz anderer Gegend war, und
schon der annus regnorum hatte Korn von jener Datierung abhalteu
soUen. Eben der annus regnorum und der feststehende Monatsname
Dezember kombiniert mit der Thatsache, dafs Karl von Bautzen aus
zuerst nach "Wittenberg mid dann nach Dresden geht, wo er dann
den ganzeu Monat hindurch vielfach lu-kundet, zwingt uns, wenn wir
etwa zwei Tage fiir die Reise von Liegnitz nach Bautzen ansetzen,
den 25. oder 26. November als Ausstellungstag jener Urkunde anzu-
nehmen. Wenn Karl noch am 24., wo er, wie erwahnt, mehrere Ur-
kunden zu Breslau ausgestellt hat, abgereist ist, konute er am 25.
Anmerkungen. S. 182—184. 69
recht wohl Liegnitz erreichen unci dort mit Bolko von Schweidnitz
zusammentreffeu. — Wenn Stenzel, schles. Gesch. 131, aus dem
Jahre 1349 noch einen Grenzvertrag Bolkos mit Karl IV. anfiihrt, so
liegt liier ein Irrtum vor, wie bereits F. Kohler in der schles. Zeit-
schrift VIII, 202 nachgewiesen hat. Dort ist denn auch S. 215 die
betr. Urk. vom Jahre 135 9, nicht 1349, Januar 5, aus dem Originals
im Olser Archive abgedruckt. — Z. 8 T. u. Riedel, Cod. dipl.
Brandbg. II. 2, 273.
13) S. 182, Abs. 1 (am Eude). Lehensurk. I, 494 u. 496. —
Es steht nichts im Wege, die beiden gleich auzufdhrenden Urkunden
Konig Ludwigs d. d. Ofen, 27. Mai 1353, als zu den Ehepakteu ge-
horig, und eben den 27. Mai als Tag der Vermahlung anzusehen.
14) S. 183, Abs. 1. Lehensurk. I, 196 u. 331. Vgl. dazu die
Urk. Kasimirs von 1356 , S. 507 u. 332. Desgl. fiir diesen Absatz
I, 497 u. 560. — Zu Z. 9 scheint es, dafs die Stiidte mit diesen sehr
ansebnl. Privilegien noch nicht immer zufrieden waren. — Eventual-
huldigungen. Lehensurkunde I, 502 — 504. — Das Zobtenschlofs
ebd. 501. — Kreuzburg - Pitschen hatte Bolko bis an seinen Tod.
Chron. princ. Pol. 145. Halb Brieg und Ohlau, Lehensurk. I, 34,
Goldberg angef. bei Schuchard, Herzog "Wenzel, S. 16; Grottkau
Stenzel, Bistmnsurk. 320 ff. und Schuchards (a. a. 0.) Vermutung
inbetreff der Urk. von 1359 Lehensurk. I, 337; halb Glogau Lehens-
ixrkunden I, 179; die Erlaubnis des Markgrafen zur Einlosung der
Lau.sitz bei Riedel, C. d. Brdbg. II. 2, 461.
15) S. 184, Z. 2. Aufzeichnungen des tiltesten Striegauer Stadt-
buches abgedruckt bei Luchs, schles. Fiirstenbildei", Bog. 29% S. 3,
Anm. 19.
16) S. 184, Abs. 2. B en esch v. We it mil 402 und die Ver-
zichtsiu-k. Bolkos vom 28. Januar 1370. Lehensurk. I, 519. — Uber
die Schuld von Kasimir vgl. Benescb a. a. 0.; in der Eventual-
huldigungsurk. der Stadt Schweidnitz vom 4. Juli 1353 ist von einer
Schuld von 3500 Mk. an den Polenkonig die Eede , fiir welche die
Stadt Schweidnitz diesera habe „huldung" leisten miissen.
17) S. 184 letzte Zeile. Urspriinglich bei dem eigentlichen Ver-
lobungsvertrage 1363, 18. Miirz, hatte diese Zusage die Xiederlausitz
nebst auderen Landen in gleichem Werte wie Schweidnitz - Jauer be-
troffen. Vgl. die Urk. bei Pelzel, Karl IV. I, Urkdb. 230. Als
dann aber 1364, 14. April, die Markgrafen von Brandenburg iiber die
Niederlausitz und deren Einlosung aus der Pfandschaft der Mark-
grafen von Meifsen durch Karl resp. zunachst Bolko von Schweidnitz
einen besonderen Vertrag gemacht batten 'Riedel, Cod. dipl. Brdbg.
II. 2, 461), mufste Otto einige Tage darauf am 18. April in einem
70 Anmerkuiigen. S. 185— 11»0.
neuen Vertrage jeue ueumarkischen resp. Lebuser Besitzuugeu der
Niederlausitz substituiereu. Schles. Leheusurk. I, 508.
18) S. 185, Abs. 1. 12. Oktober 1369. Lebensurk. I, 514.
Vorher wird erst Elisabetb durch eineu besoudereu Akt des Kaisers
vom 11. Oktober miiudig gemacht (Scbweidnitzer Stadtarcbiv). Des-
gleichen Weuzel, Lebensurk. I, 511. — Z. 13. Lebensui-k. I, 515.
19) S. 185, Z. 14 T. u. Wie z. B. die von Scbweidnitz, Lieg-
iiitz, Tescbeu, Tropjjau, in der Angelegeubeit des falscheu Waldemar,
Sommersberg I, 1»S1. — Z. 12 v. u. Eine mir vorliegende aus
Urkundenwerken gescbopfte Zusammeustellung uennt etwa 20 Karaen
schlesiscber Herzoge, die wahreud der Kegierungszeit Karls IV. in
dessen Gefolge wiedcrbolt gcnannt werden. — Z. 10 v. lu Vielfacbe
Aufiibruugen bei Franklin, das kaiserl. Hofgericbt.
20) S. 186. Scbirrmacher, Liegnitzer Urkundenbuch, S. 10. —
Vgl. die Urkundeu bei Scbirrmacber S. 97 u. 98 und dazu
Scbucbard, Herzog Wenzel von Liegnitz, S. 9 u. Aum. G das.,
feruer S. 12 und Cbi-on. priuc. Pol. 142.
21) S. 187, Z. 11. Cbron. princ. Pol. 145.
22) S. 187, Abs. 2. Uns ist von dem Liegnitzer Stifte uur die
biscbofl. Bestiitigungsurk. von 1363 erbalten, Scbirrmacber, Lieg-
nitzer Urkundenb. 159. — Die Bilder der Hedwigslegende, nacb einer
Hdscbi-. von 1353, ed. G. v. Wolfskrou. Wicn 1846. Vgl. dazu
aucb Luchs, Uber die Bilder der Hedwigslegende. Breslau 1861. —
Icb bin geneigt, meine friiber (Zeitschr. V, 198) ausgesprocbene Ver-
mutung, welcbe den Ur-sjirung der Cbronik nacb Leubus verlegeu
wollte, fallen zu lassen. — Stenzel, Ss. rer. Siles. I, 38 — 156.
23) S. 188, Abs. 3. Lebensurk. II, 422ff.
24) S. 188 letzte Zeile. Fej^r, C. d. Uug. IX. 59.
25) S. 189, Z. 2. Pray ann. regni Hung. IH, 119. Tburocz
bei Schwandtner, Ss. rer. Hung. I, 191 hat das Jahr 1362. —
Z. 10. Lebensurk. II, 308. — Z. 15. ib. 308.
20) 8. 189, Abs. 2 {am Eude). Dobner, Mou. Bob. II, 392.
27) S. 190, Z. 1. Caro, Gescbicbte Polens I, 380.
28) S. 190, Abs. 3. Uber des Papstes Geneigtbeit vgl. die An-
filbrung einer Protestation Karls vom 12. Mai 1355, Palacky,
italienisebe Reise, S. 86, Nr. 180.
29) S. 190, Z. 11 v. u. Cod. dipl. Morav, VII, 55.3. — Z. 5
V. Ti. Stenzel, Bistumsui-k., Einl. XCII. — Z. 2 t. u. Den 5. Fe-
biTiar. Th einer, Mon. Pol. I, 528-
Aumerkuugeu. S. 191—195. 71
30) S. 191, Z. 6. Anfiihrung eiuer Prozefsschrift vou 1379.
Bresl. Stadtarchiv. — Z. 15. 15. November 1351. Steuzel, Bis-
tumsurk. 308.
31) S. 191, Z. 8 V. u. 26. Jiili 1360. Glafey, Anecdota 288.
32) S. 192, AI).s. 1 :am Eude). Spruch vom 30. Januar 1370.
Liiuig, Reichsarchiv XIV. 2, 246. Die wichtige Urkunde fehlt in
Korns Breslauer Urkiindenbuch. Der ganze Streit ist ausfuhrlich
dargestellt bei Grlinhagen, Karl IV. in seiuem Verhaltnis zur
Breslauer Domgeistlichkeit. "Wieu 1868. Archiv fiir Kunde osterr.
Geschichtsquellen, Bd. 39.
33) S. 192, A1)S. 2. Stenzel, Bistumsurk. 337. — Vgl. die
Aufserungen des Archidiakon Nikolaus, Griinhageu a. a. 0. 21 und
die Biographie Preczlaws bei L u e h s , Fiirstenbilder, Bog. 1, wo auch
eine Abbilduug uud Beschreibung seines schouen Denkmals in der
Breslauer Domkirche.
34) S. 193, Z. 2. Beispiele bei Rauke, Gescbicbten der ro-
maniscben und germanischen Volker von 1494 — 1514. Zweite Auflage.
Einl. S. XXVIII.
35) S. 193, Z. 15 v. u. Das Landbueb berausgeg. von Sten-
zel in dem Jabresber. der vaterl. Gesellscbaft 1842. Vgl. dazu die
Urk. vom 10. Febr. 1352. Korn, Breslauer Urkuudenbuch 182.
36) S. 193, Z. 10 T. u. Korn, Bresl. Urkiindenbuch 165. —
Gaupp, Das scbles. Landrecbt, Leipzig 1848. — Z. 8 T. u. Eine
Begiinstiguug weiblicber Erbfolge durcb das polniscbe Eeebt zeigen
die Urkunden iiber den Ratiborer Erbfolgestreit von 1337. Scbles.
Lehensurk. II, 380 u. 383.
37) S. 194, Z. 2. Gesammelt bei Tzscboppe und Stenzel,
Urkundensammlung , S. 86, Anni. 1. — Z. 5. Gaupp in seinem
Bucbe iiber das scbles. Landrecbt S. 88 lafst es dabingestellt, welches
der beiden zuletzt erwiibuten Motive bestimmend gewesen sei. —
Z. 8. Homeyer, Klenkok wider den Sachsenspiegel. Abhandluugen
der Berl. Akademie 1855/56. 432.
38) S. 194, Abs. 2. Das Magdeburg - Breslauer systematisehe
Schoflfenrecht aus der Mitte des 14. Jahrh. , ed. Laband, Berlin
1863. Eine wichtige Vorarbeit fiir dieses hat Bobertag in der
scbles. Zeitschr. XIV, S. 185ff. beschrieben. — Korn, Breslauer Ur-
kuudenbuch, Vorw. S. V.
39) S. 194, Abs. 4, Aufzeichnungen des Minoriten Detmar,
ed. Grautoff, S. 56.
40) S. 195, Abs. 2. G. Bobertags direkt aus den Breslauer
Amtsbiichern jener Zeit gesehupfte Zusammcnstelluug der Breslauer
JIauptleute i^scbl. Zeitschr. VII, 157) zeigt, wie schon 1359, wo der
72 Anmerkungen. S. 195—107.
alte Kuuad von Falkenhain wieder als Hauptmaun genaunt wird, danebeni
doch der Bresl. Rat vice et nomine d. C. de Falkenhain urkundlich
als Hauptmaun auftritt, uud Pol (Bresl. Jabrb. I, 113) hat sicher
recht, -wenn er sagt, Timo von Kolditz babe die Hauptmaunschaft
durch den Katsiiltesteu verwalteu lassen. — Liber imperatoris d. a.
1377, ed. Griiuhagen. Cod. dipl. Siles. Ill, 101.
41) S. 15)5. 1359, Schirrmacher, Liegn. Urkdb. 144; 1359,
Lehensurk. II, 434; 1362, Leheusurk. II, 437; 13G7, Cod. dipl. Siles.
VI, 189; 1370, Klose „von Breslau" 11, 248 aus eiuem leider ver-
loren gegangenen Kopialbuche.
42) S. 196, Abs. 3. Graf uud Dietherr, Deutsche Rechts-
spriichworter, S. 96. Kloden, Stellung des Kaufmanns wiihrend
des Mittelalters , Stiick II, S. 7. — Korn, Breslauer Urkunden-
buch 232.
43) S. 196, Abs. 4 (Aiifaug- . — uuiversis et singulis illustri-
bus ducibus in partibus Polonie constitutis uostre dicioui subjectis —
lautet der Ausdruck bier, Korn, Bresl. Urkdb. 167.
44) 8. 196, Z. 9 V. u. Urkuudeu vom 25. April u. 13. Juli 1348.
Erstere in einem Glatzer Privilegienbuche des Bresl. Staatsarcbivs D,,
365d f. 65 (^deutsch) und f. 168 (bohmisch). Die andere angf. bei
Kogler, Glatzer ^liscellen I, 134. — Z. 5 v. u. Schirrmacher,
Liegnitzer Urkuudeubucb 109. — Letzte Zeile. Minsberg, Ge-^
schichte von Glogau I, 339.
45) S. 197, Z. 1. Im iiltesten Lowenberger Stadtbuche. — Z. 4..
9. Nov. 1347. Grig, im Schweidnitzer Stadtarchive, vgl. dazu Su-
torius, Gesch. von Lowenberg I, 62.
4)6 S. 197, Z. 8. Eine solche Verbindung Avird z. B. 1344:j
zwischeu Streblen und Miinsterberg geschlossen. Or. unter den Streh-
lener Stadtui-k. im Bresl. Staatsarchive , und eine zweite zwischea]
Goldberg und Hainan eiuer-, und den Stiidten von Schweiduitz-Jauerj
anderseits, erwjihnt 1346 in dem iiltesten Lowenberger Stadtbuche. —
Z. 11. Man wird dies daraus schliefseu diirfen, dafs neben deaj
Stiidten doch auch die verschiedenen kaiserl. Hauptleute die Einung;j
machen. — Z. 12. Korn, Bresl. Urkundeubuch 316. — Z. 16^ j
Gorlitz fehlt \inter den Oberlausitzer Stadten als sechste oder erste*
Aber da die Urkuude in Gorlitz ausgestellt ist, wird man wohl nichtJ
zweifeln diirfen, dafs Gorlitz mit dabei war.
47) S. 197, Abs. 3. Benesch V. Weitmil 367: Et facta est!
talis pax in regno Boemie et in omnibus terris adjacentibus , qualemj
nulla etas meminit nee in cronicis fuisse reperitur etc.
48) S. 197, Z. 10 T. u. Urkunden bei Korn, S. 79. 80 u. 83]
und dazu die in dem iiltesteu Privilegienbuche enthalteae Xotiz 'vgl.
Anmerkungeu. 198—200. 73
schles. Zeitschr. XIV, 170), dafs der Herzog von Oppelu dariiber
noch eine besondere Urkimde gegeben habe, wonach er sich fiir den
Fall des Zuwiderhandelns dem Gerichte des Bresl. Bischofs, dem
Bann und Interdikte unterwiirfe. Et istas libertates quidam noster
concivis exul et humilis ad honorem dei et b. virginis sua propria
pecunia comparavit. — Danu Korn, Breslauer Urkundenbuch 117.
189. 247. 248.
49) S. 198, Abs. 2 (am Eude). Korn 184. Dafs das aller-
dings nicht ganz geholfen babe, zeigt die Klage der Breslauer 1354.
(Korr. der St. Breslau a. a. 0., S. 20.) Erst uuter der Regierung
Ludwigs und vielleicht dnych den Einflufs Wladyslaws von Oppeln
scbeint eine gewisse Besserung eiugetreten zu sein, -weuigstens ver-
stunimen jetzt die Klagen.
50) S. 198, Abs. 3. Korn 209. 189.
51) S. 198, Z. 7 V. u. Danziger Stadtarchiv XXIV, 6. Die
Urkunde ist undatiert , docb lassen iiber die Zeit die beiden Namen
keinen Zweifel. Peter Schwarze ersclieint im Breslauer Rat in den
Jahren 1342 — 1380, Peter Beyer 1344—1380, wie die Zusammen-
steUung im Cod. dipl. Siles. XI edd. Markgraf und Frenzel
zeigt. — Z. 4 T. u. Nach freundlicben Mitteilungen des kiirzlich
verstorbenen Professor Dr. Hirsch in Greifswald, des langjahrigen
Vorstehers des Danziger Archivs.
52) S. 199. Privileg von 1349. Korn 175. Das Jahr vorher
batten die Breslauer den Konig um die Erwirkung solches Privilegs
gebeten. Korresp. 13.
53) S. 199. Oderschiffahrt. Niiheres hieriiber bei Kloden,
Beitrage zur Geschichte des Oderbandels. Erstes Stilck S. 40 ff.
Ferner Korn 138; Nr. 2. 175 u. 186; Kloden 76 if. Stadtarcbiv.
Antiquarius f. 52. Matrica S. Vincentii auf dem Breslauer Staats-
arcbive f. 59, Klose II, 214 hat fiilschlicb porta statt portu ge-
lesen.
54) S. 199. Handel nacb Westeu, Die Ortsnamen sind
teils der ZoUroUe Heinrichs VI. von 1327 entuommen (Korn 111),
teils der undatierteu Urkunde im Cod. dipl. Siles. Ill, 95 , wo jedoch
hinter Grimma die Worte Zerbst und Burg ausgelasseu sind. —
Theiner, Mon. vet. Pol. I, 329. 595—597. 612. Korresp. a. a. 0.
S. 9; Korn 229 u. 231.
55) S. 200j Abs. 2. Korn 166. 206-208. 210. — Schirr-
macber, Liegnitzer Urkundenbuch 56.
56) S. 200, Z. 6 V. u. Karls Quittung bei Korn 211. — Z. 5
V. u. Agf. bei Klose II, 261 aus einem seitdem verlorenen Stadt-
buche.
74 Anmerkungen. S. 201—205.
57) S. 201, Al>s. 1. Koru 250; Pols Jahrbiicher I, 125. Dei-
Brief scheiut nicht mehr erhalten.
58) S. 201, Abs. 2. Benesch v. Weitmil, p. 410. pa-
rentatis seu non parentatis — Koru 166. Breslauer Stadtbuch C. d.
Siles XI, S. 154.
59) S. 202, Abs. 1. Schmidt, Gcscbichte von Schweiduitz I,
55. — Schirrmacher, Licguitzer Urkuudeubuch 134. — Cod. dipl.
Sil. IX, Nr. 212'^. — Uber die Erbvogtei vgl. die Aufiihruiigen bei
Tzscboppeu. Stenzel 244. In den Jahren 1371 — 1377 kaufeii
von den Schweiduitz - Jaucrschen StJidten die Erbvogtei Schweiduitz,
Jauer, Lahn, Hirschberg, Lowenberg.
60) Feuersbriiuste. lu Breslau am Tage vor Stanislai (7. Mai)
1342Rosicz, Chrou. (ed. Wachter iu XII. der Ss. rer. Siles., p. 39)
und dazu Koru 153. 154; dann 28. Mai 1348 Korrespon. 16 and
dazu Korn 177 u. 184. 1360 Pols Jahrb. I, 128 und dazu Koru
207. Oppelu 1351 Cod. dipl. Sil. I, 14. Schweiduitz 1362 Pols
Jahrb. I, 208.
61) S. 203. ZurErgiiuzung der sehr verdieustlichen Monographic
R. Honigers: Der schwarze Tod in Deutschlaud, Berlin 1882, welche
in sehr dankenswerter Weise die herkommlicheu Augaben iiber das
Auftreten der Pest hier im ostlicheu Deutschlaud berichtigt , vermag
fiir Schlesien speziell Griinhageus Exkurs iiber deu schwarzen Tod,
schles. Zeitschr. XYII, 39 zu dieuen. — Z. 8. Wic eiue Notiz iu der
Ratiborer Chrouik, scliles. Zeitschr. IV, 116, vermuteu Ijifst.
62) 8. 203, Abs. 2. Uber Preczlaws Eiuschreiteu vgl. Aunalista
Silesiacus, Zeitschrift I, 221 (als Ann. Wratislav. iu d. Mou. Germ.
XIX, 532). — Z. 3 V. u. Korrespondenz S. 14. — Z. 2 v. u.
Koru 178.
63) S, 204 , Abs. 2. You Guhrau siehe uuteu. — Haudschriftl.
Chrouik des 17. Jahrhuuderts auf dem Staatsarchive. (Museums-
Handschr. B. f. 69.) Nachtriiglich moge hierzu bemerkt werden,
dafs solche Selbstverbrennung vou Juden ebeu am 2. April 1349 aus
den verschiedensteu Stadteu Deutschlauds berichtet wird. — Abs. 3.
Rechnuugsbiicher 79. Korrespondenz 22. Olsuer, Schles. Urkunden
zur Gesch. der Juden im Mittelalter. Wien 1864. (Archiv f. Kunde
osterr. Gesch.-Qu. 31). S. 54 ff.
64) S. 204, Z. 4 T. u. Ann. Mechovieus. (Mou. Germ. XIX,
670.) Ann Sendiwogii (Bielowski, Mou. Pol. II, 880). — Uber
die Chronologie des Auftreteus der Pest iu Schlesien vgl. meiueu ob.
(Aum. 61) augef. Exkurs.
6.5) S. 205, Z. 11. Klose 11,184. Die eine Synagoge vermieten
sie jahrlich urn 2 Mk. Rechuuugsb. 100. — Z. 13. Rechnuugsb. 78.
Aumerkungen. S. 205—207. 75
CG) S. 205. Uber Sagau Steuzel, Ss. rer. Siies. I, lOO. — Die
Judeuverfolgungen Olsner a. a. 0. 53 uud dazu Cod. dipl. Sile.s. IX,
Nr. 235. — Fur Breslau haben wir fiir die iiltere Zeit alleiu die Auf-
zeichuung bei Rosicz (ed. Wachter, Ss. rer. Siles. XII, S. 40), der
aber zum Jahre 1360 nur ganz kurz bericbtet, am Tage Jakobi seieu
zu Breslau die Juden erschlagen worden. Dlugosz (Hist. Pol. lib.
IX, col. 1130) bericbtet zum Jabre 13(j1 , aber zu gieicbem Tage,
von einer grofsen Feuersbrunst zu Breslau mit dem Hinzufiigen, die
Breslauer batten infolge des Brandes einen gewaltigen Zoru gegen
die Juden gefafst, diese verfolgt und vertrieben. Von spiitereu Chi-o-
uisten giebt z. B. Pol in seinen Breslauer Jabrbiicbern wiederum
zum Jabre 13G0 (I, 128) an, es seieu am 25. Juli die Juden zu
Breslau alle erscblagen worden und bald nacbber die Stadt „fast gar"
ausgebranut. AVeun es nun scbon an und fiir sicb sebr locken raufs,
die Judenverfolgung in das Pestjabr 1362 zu setzen, in welcbem
Jabre wir aucb noch an zwei anderen Orten von Judeuverfolgungen
erfahren, so drangt, wofern wir uns die Judenverfolgung als im Zu-
sammenbange steheud mit dem Brande denken woUeu, noch ein an-
deres Zeugnis dazu, an dem Jahre 1362 festzuhalten uud bei Rosicz
einen chronologischen Irrtum vorauszusetzen. Der Rat von Breslau
setzt namlich unter dem 26. August 1363 fest, dafs alle durch den
Brand zerstorten holzernen Hauser am Ringe nur von Steineu oder
Ziegeln aufgebaut warden diirften (Korn, Breslauer Urkundenbucb
207). Der Brand ist also sicher nicht friiber als 1362 gewesen. Am
Ringe batte man unmoglich so lange mit dem Wiederaufbau der
Hauser gezogert. — Uber die Amnestic Cod. dipl. Sil. IX, Nr. 233.
67) S. 205, Z. 14 T. u. 1372 und 1375, Korn 231 u. 244 und
Z. 8 V. u. Faber, Origines Wratislav., handschriftlich.
Dritter Abschnitt.
1) S. 207, Abs. 1 (am Eiule). Uber ihn und den ganzen Her-
gang des Pfaffenkrieges vgl. Griinbagen, Kouig Wenzel uud der
Pfaffenkrieg zu Breslau. Arcbiv fiir Kunde osterr. Gesch.-Qu. 37.
Im Anhange dazu finden sicb Regesten der in Frage kommcndeu
Urkunde und Kritisches uber die Hauptquellen speziell auch iiber
Janko von Czarukowo, der inzwischen bei Bielowsky, Men.
Pol. II aufs neue und besser als bei Sommersberg abgedruckt ist.
2) S. 210, Z. 9. Biermann, Seit waun saben sich die ober-
scblesischen Piasten als sclilesische Herzoge an? Schles. Zeitscbrift
vm, 31.
76 Anmerkungeu. S. 210—216.
3) S. 210, Z. 15 V. u. Th. Linduer, Konig Wenzel 1, 210. —
Z. 12 V. u. Schles. Lehensui-k. I, 196. — Z. 8 v. u. Biermann,
Gesch. von Teschen 147.
4) S, 211, Al)s. 2. Vgl. die interessante Charakteristik Wlady-
slaws bei Caro, Poln. Gesch. Ill, 113. — Uber die miibr. Handel
vgl. Arcbiv f. Kunde osteiT. Gesch. -Qu. VIII, 183. Uber den Ver-
kanf von Jagemdorf Biermanu, Geschichte von Troppau - Jiigern-
dorf 217.
5) S. 211, Z. 8 V. u. Dlugosz, Hist. Pol. lib. X, col. 129.
Henelii ann. Siles. bei Sommersberg II, 302. Die Schuldverhiilt-
nisse, welche den Anlafs zu der Oppelner Fehde bildeten (vgl. unten),
zur Erklarung dieser Kiimpfe heranzuzieheu , wie dies Lindner
(Konig Wenzel II, 186, Anm. 1) thut, mochte ich doch bei dem
Mangel aller Bindeglieder nicht wagen.
6) S. 212, Z. 1. Dlugosz, lib. X, col. 144. — Z. 8. Vgl.
Mosbach, Schles. Zeitschr. VII, 70 ff. und dann die Urkunden von
1367 u. 1396 in den schles. Lehensurk. II, 308 und 318. — Ferner
Dlugosz, lib. X, col. 145 und Idzikowski, Gesch. von Oppeln,
S. 78. 79.
7) S. 213, Z. 8. Das Dunkel ganz zu lichten haben doch auch
Lindners Forschuugen nicht vermocht (Geschichte Konig Wenzels
II, 369 ff.). — Z. 11. Die Urk. vom 14. Juli 1397 fiir Herzog Johann
Lehensurk. II, S. 179 zeigt, dafs derselbe bereits Hauptmaun von
Glatz und Frankenstein war, dies also nicht, wie Palacky, Gesch.
von Bohmen III. 1, 103 anzunehmen scheint, zum Lohne fiir die That
geworden ist.
8) S. 213, Abs. 3. Elisabeth, die Gemahlin Bolkos II. von
Oppeln, hatte diese Anspriiche auf ihre beiden Sohne, den oft ge-
nannten Wladyslaw und Bolko III. , vererbt. Von Wladyslaw ist
aber in dem ganzen Handel nie die Rede, sondern iramer nur von
den drei Sohuen Bolkos III. (f 1378}, ohne dafs wir von einer Cession
an diese etwas erfahren.
9) S. 213, Z. 7 V. u. Die Schuldurk. vom 10. Juni 1398 bei
Liinig, C. d. Germ. II, 382.
10) S. 214, Z. 8. Handschrift des Bresl. Staatsarchivs E. 75.
Querele civitatis Wratisl. contra duces Opolienses.
11) S. 216, Z. 9 V. n. Den Ausdruck gebrauchen die Oppelner
Herzoge in einem Schreiben an Markgraf Jost ;enthalten in Berichten
aus Ofen Breslauer Stadtarchiv Roppan 393 k und n).
Anmerkungeu. S. 218—224. 77
12) S. 218, Abs. 2. Urk. vom 2. Mai 1383, Walter, Sil. dipl.
il, 422. 29. April 1384 im Stadtarchiv vou Oppeln und die Anfiih-
rungen in der schles. Zeitschr. IV, 187; IX, 106 u. 170.
13) S. 219, Abs. 2. Femgerichte. Urk. vom 12. Marz
1381. Milichsche Bibl. zu Gorlitz, Mskr. 217, Nr. 56. — C. d.
Siles. Ill, 117 und Anm. 2 dazu. Anfiihrungen bei Klose „von
Breslau" II. 2, 404.
14) S. 219, Abs. 3. La ndf riedeusbiinduisse. Keichstags-
akten ed. Weizsacker I, 373, § 24. — Klose II. 2, 402. — 8. Jan.
1389. Orig. Urk. im erzbiscbofl. Arcbive zu Kremsier. — 30. Marz
1396. Herzog Wladyslaw von Oppeln ent.sclauldigt sein Ausbleibeu
bei der Wabl des Altesten. Bresl. Staatsarcbiv , Senitziscbe Samm-
lung. — Erkliii-ung fur Weuzel. 11. Juli 1402, Sommersberg I,
1006 und Liinig, C. Germ. dipl. II, 26; die scbles. Lehensurk. 1,19
geben nur den politischen Teil der Urk. mit Weglassung der Be-
stimmungen iiber den Bund.
15) S. 221. Scbles. Fiirsten am Krakauer Hofe. Frag-
niente von Krakauer Rechnungsbiicbern vom Jabre 1419 , welcbe
Zeifsberg veroffentlicht hat, Analekten zur Gescb. des 15. Jabrb.,
Zeitschr. f. d. osterr. Gymnas. 1870, Heft 5 u. 6, S. 367.
16) S. 221. Poln. Werbuugen, Dlugosz, lib. XI, col. 141. —
Konrad gefangen, Ss. rer. Prussicar. Ill, 426. — Ludwigs Ver.sprechen
Ygl. Voigt, Gescb. Preufs. VII, 71, Anm. 2. — Wenzels Geueigt-
heit zu Abtretungen in Schlesien bezeugt die Urkunde bei Pelzel,
Konig Wenzel II, Anbang 103 u. 104, wenngleich Dlugosz (lib. X,
••col. 181), der von einer angebotenen Abtretung von ganz Schlesien
spricbt, arg iibertreibt.
17) S. 222, Z. 7. Mitteilungen aus der Beschwerdescbrift bei
Klose II. 2, 395 £P. — Uber Bartuscb Pols Jabrb. I, 143, wo offen-
bar altere Quellen vorlagen, danu Klose II. 2, 402 ff. Vgl. bierzu
auch C. d. Siles. Ill, 121 ff. — Brandschatzung von 01s, Pol I, 143.
18) S. 222, Z. 5 v. u. So von 1391 zwischeu Wladyslaw und
Konrad von 01s, Dogiel, C. d. Pol. Suppl. ad I, p. II 1391 und
von 1397 zwischen Wladyslaw und dem scbles. Bunde, Invent. Cracov.,
p. 54.
19) S. 223, Z. 2. Raczynski, Cod. dipl. Litbuan., p. 110.
20) S. 223. iiber die Bresl. Verfassungskiimpfe vgl. Mark-
grafs Einl. zu dem Bresl. Stadtbucbe (C. d. Siles. XI, p. XXII ff.)
21) S. 224. Der ziinftiscbe Ausschufs. Bresl. Stadtbuch,
S. 157. In dem liber magnus, aus dem der Abdruck erfolgt ist, hat
eine Hand des 16. Jahrhunderts zu dieser Urkunde die Worte ge-
78 Aumerkungeu. S. 224—227.
schriebeu : seditiose plebis scriptuin. Es ist iuteressant die am Eiu-
gange der Urkunde gegebene Aufziihlung der Ziinfte init der Zu-
sammeubtelluug der Gescbworeneu aus den Stadtbiicheru jeiier Zeit,
welche in der scbles. Zeitschr. IV, 18G gegeben ist, zu vergleichen.
22) S. 224. Bresl. Stadtbucb (C. d. S. XI) Einl. XXII -XXIV,
dann p. 158 und dazii Zeitschr. IV, 187.
23) S. 22«, Al)s. 1 (am Ende). Bresl. Stadtb. 175.
24) S. 226, Z. 8 v. u. Bresl. Stadtb. XXXIV. — Z. 6 v. u.
Die Fleischer werden nachmals als Anstifter besonders bestraft.
25) S. 227, Z. 1. Wir sind, was die Einzelheiten des Auf-
standes anbetriflft, der Hauptsache nach auf spjitere Quellen, niimlich
einmal die handschriftlichen Origines Wratislavienses des 1568 ver-
storbenen Stadtschreibers Franz Faber und dann die Bresl. Jahr-
biicher des Nik. Pol (Anfang des 17. Jahrh.) ed. Biisching,
Breslau 1813, I, 158 ff. angewiesen. Was nun Faber anbetrifft, so
ist bier doch wohl kaum mehr zu entscheiden, ob er blofs nach
miindlicher Tradition bericbtet, um so weniger da z. B. die Liste der
Euthaupteten, die er bringt (vgl. Bresl. Stadtbucb, S. 183 Anm.), mit
ihreu Zusiitzen, wie bei Gotschalk: wold sackman niachn oder bei
Hengsweip: lautte die rotglocke doch wohl als gleichzeitig ange-
sehen werden miifsen. Diese Quelle kanu dann recht wohl noch
weitere Zusatze gehabt haben.
Dagegeu scheint in der That das, was der nun noch fast 70 Jahi'e
nach Faber schreibende Nik. Pol an weiteren Zusiitzen hat, auf einer
nur huchst unsicheren Tradition zu beruhen. Hierher gehiirt das
Hereinziehen der Neusttidter Klemenskirche, in welcher angeblich die
Verschworenen am Sonntag den 17. Juli zusammengekoramen und
sich unter Ablegung der Beichte und Genufs des Abendmahls zu
ihrem blutigen Werke verbunden batten. Das letztere habe ich in
dem Text nicht mit aufzunehmeu gewagt, es erscheint mir wie ein
aus dem Geiste einer spiitereu Zeit erfundener Zug.
Was dann ferner die Klemenskirche anlangt, so finden wir ihre
erste Erwiihnung zum Jahre 140G, wo sie als die neue Ivirche in der
Neustadt erscheint (schles. Zeitschr. X, 280). Im Jahre 1489 ist
von dem Prediger „der do polnisch predigt in S. Clement kirche"
die Rede (Schles. Zeitschr. X, 281). Sthenus in seiner gegen das
Ende des 15. Jahrh. geschriebenen Breslographia (ed. Kunisch,
p. 13) bericbtet von der Klemenskirche nur ganz kurz: Praeterea
S. Clementis aedes in crucis est figuram structa non magna quidem
Polonorum et piscatorum ecclesia. Anf lihrungen , denen wir wenig-
stens soviel entnehmen konnen, dafs damals die Kirche noch nicht
wUst lag, und dafs selbst ein so iinterrichteter Mann wie Sthenus von
Anmerkungeu. S. 227. 7^
jener traurigeu Beriihrntheit der Kirche nichts gewulst zu haben
scheint.
26) S. 227, Z. 2. Den Tag des heiligen Arnulph, den Faber
angiebt, verblirgt auch des Abtes Ludolf von Sagan tractatus de
longevo schismate ed. Loserth, Wien 1880, 125 und wenn Grote-
fend in seiner hist. Chronologie, S. 104, angiebt, das Fest dieses
Heih'gen sei in mancben Diocesen und so auch in der Breslauer erst
am 16. August gefeiei-t worden , so ist dagegen zu bemerken , dafs
spatere schlesische Quellen wie Pol I, 159 noch eine zweite chrouo-
logische Bestimmung haben: Montag nach der Apostel Teikiug, welche
dann auf den 18. Juli fiihrt, auf welcheu Tag auch gewohnlich das
Fest des heil. Aniulph gesetzt zu werdeu pflegt. Vom 16. August
konnte ohnehin hier uicht die Eede sein, am 10. August wird ja be-
reits der neue Rat eingesetzt.
27) S. 227, Z. 10. AUerdings heifst es in der Strafsenteuz von
1420 (Stadtbuch 182) die Aufi-Uher batten das rathus ufgestossen,
doch in dem liber proscriptorum (daselbst 184), sie wiiren frevelich in
das rathus ingelofen und wahrend unter den Zusiitzen zu den Xamens-
verzeichuissen das Aufhauen des Ratsturmes besonders hervorgehoben
wird, ist von einem gewaltsamen OfFnen der Rathausthiir nie die
Rede.
28) S. 227, Abs. 2. Wenn wir auuehmeu, dafs die von dem Pobel
Ermordeten nicht die vorzugsweise Vei-hafsten, sondern einfach die
gewesen seien, deren man gerade habhaft werden konnte, so ist das
nur eine durch die dem 16. Jahrhuudert angehorenden lateinischen
Hexameter (gedruckt bei N. Pol I, 160 \md mit besserem Texte in
desselben Chronisten Breslauer Feuerspiegel , S. 42) gestiitzte Ver-
mutvmg. Doch gewinnt dieselbe eine gew. Wahrscheinlichkeit, wenn
wir erfahren, dafs unter den Opfern von den Ratsherren jenes Jahres,
gegen die sich doch vorzugsweise der Grimm der Aufstiindischen ge-
richtet haben miifste, nur eben der Biirgermeister sich befunden hat,
dagegen drei aus dem SchofFenkollegium , das doch seiner ganzen
Stellung nach uugleich weniger politisch hervortrat, und zwei Kon-
sulare friihercr Zeit, noch dazu beide Ziinftler, wahrend aus den
vornehmsten Geschlechtern, also den exklusivsten Patriziern, niemand
beteiligt war. Auch das klJigliche Schicksal ^Nlegerlins (vgl. im
Texte), von dem wir ja bestimmt hoi*en, dafs er auf der Flucht er-
griffen und dann ermordet ward, drJlngt zu der obigen Vermutung.
29) S. 227, Abs. 2. Angefuhrt in dem Weistume von 1420,
Bresl. Stadtbuch 178. Die Tradition, wie sic bei Faber und Pol
uus entgegentritt , und welche abgesehen von dem vom Ratsturme
herabgestlirzten Megerliu die iibrigen Opfer siimtlich enthaviptet werden
lafst, findet doch in alien alteren Quellen ihre Bestatigung, so in dem
78 Aumerkuugeu. S. 224 — 227.
schriebeu : seditiose plebis scviptum. Es ist iuteressant die am Ein-
gange der Urkunde gegebeoe Aufzahlung der Ziinfte mit der Zu-
sammenstellung der Geschworeneu aus den Stadtbiicbeni jeuer Zeit,
welcbe in der scbles. Zeitschr. IV, 186 gegeben ist, zu vergleichen.
22) S. 224. Bresl. Stadtbuch (C. d. S. XI) Einl. XXII - XXIV,
dann p. 158 imd dazii Zeitschr. IV, 187.
23) S. 226, Abs. 1 (am Ende). Bresl. Stadtb. 175.
24) S. 226, Z. 8 v. u. Bresl. Stadtb. XXXIV. — Z. 6 v. u.
Die Fleischer werden nachmals als Anstifter besonders bestraft.
25) S. 227, Z. 1. Wir sind, was die Einzelheiten des Auf-
standes anbetriflft, der Hauptsache nach auf spatere Quellen, niimlich
einmal die handschriftlichen Origines Wratislavienses des 1568 ver-
storbenen Stadtschreibers Franz Faber und dann die Bresl. Jahr-
biicher des Xik. Pol (Anfaug des 17. Jahrh.) ed. Biisching,
Breslau 1813, I, 158 ff. angewiesen. Was nun Faber anbetrifft, so
ist bier doch wohl kaum mehr zu eutscheiden, ob er blofs nach
miiudlicher Tradition berichtet, um so weniger da z. B. die Liste der
Enthaupteten, die er bringt (vgl. Bresl. Stadtbuch, S. 183 Anm.), mit
ihren Zusiitzen, wie bei Gotschalk: wold sackman machn oder bei
Hengsweip: lautte die rotglocke docli wohl als gleichzeitig auge-
sehen werden miifsen. Diese Quelle kauu dann recht wohl noch
weitere Zusatze gehabt haben.
Dagegen scheiut in der That das, was der nun noch fast 70 Jahi-e
nach Faber schreibende Nik. Pol an weiteren Zusiitzen hat, auf einer
nur hochst unsicheren Tradition zu beruhen. Hierher gehort das
Hereinziehen der XeustJidter Klemeuskirche, in welcher angeblich die
Verschworenen am Sonntag den 17. Juli zusammengekommen und
sich unter Ablegung der Beichte und Genufs des Abeudmahls zu
ihrem blutigen Werke verbunden batten. Das letztere habe ich in
dem Text nicht mit aufzuuehmen gewagt, es erscheint mir wie ein
aus dem Geiste einer spiiteren Zeit erfundener Zug.
Was dann ferner die Klemenskirche anlangt, so finden wir ihre
erste Erwtihnung zum Jahre 1406, wo sie als die neue Ivirche in der
Neustadt erscheint (schles. Zeitschr. X. 280). Im Jahre 1489 ist
von dem Prediger „der do polnisch predigt in S. Clement kirche"
die Rede (Schles. Zeitschr. X, 281). Sthenus in seiner gegen das
Ende des 15. Jahrh. geschriebenen Breslographia (ed. Kunisch,
p. 13) berichtet von der Klemenskirche nur ganz kurz: Praeterea
S. Clementis aedes in crucis est figuram structa non magna quidem
Polonorum et piscatorum ecclesia. Anfiihrungen, denen wir wenig-
stens soviel entnehmen konnen, dafs damals die Kirche noch nicht
wiist lag, und dafs selbst ein so unterrichteter Mann wie Sthenus von
Anmerkungeu. S. 227. 7^
jener traurigeu Beriihmtheit der Kirche nichts gewulst zu habeii
scheint.
26) S. 227, Z. 2. Den Tag des heiligen Aruulph, den Faber
augiebt, verbiirgt anch des Abtes Ludolfvon Sagan tractatus de
longevo schismate ed. Losertli, Wien 1880, 125 imd wenn Grote-
fend in seiner hist. Chronologie , S. 104, angiebt, das Fest dieses
Heib'gen sei in mancben Diocesen und so auch in der Breslauer erst
am 16. August gefeiert worden , so ist dagegen zu bemerken , dafs
spjitere schlesische Quellen wie Pol I, 159 noch eine zweite chrono-
logisehe Bestimmung haben : Montag nach der Apostel Teiluug, welche
dann auf den 18. Juli fiihrt, auf welcheu Tag auch gewohnlich das
Fest des heil. Arnulph gesetzt zu werden pflegt. Vom 16. August
konnte ohnehin bier nicht die Rede sein, am 10. August wird ja be-
reits der neue Rat eingesetzt.
27) S. 227, Z. 10. AUerdings heifst es in der Strafsentenz von
1420 (Stadtbuch 182) die Aufi-iiher batten das rathus ufgestossen,
doch in dem liber proscriptorum (daselbst 184), sie waren frevelich in
das rathus ingelofen und wahreud unter den Zusiitzen zu den Namens-
verzeicbnissen das Aufhauen des Ratsturmes besonders hervorgehoben
wii'd, ist von einem gewaltsamen (3ffnen der Rathausthiir nie die
Rede.
28) S. 227, Abs. 2. "Wenn wir annehmen, dafs die von dem Pubel
Ermordeten nicht die vorzugsweise Verhafsten, sondern einfach die
gewesen seien, deren man gerade habhaft werden konnte, so ist das
nur eine dui-ch die dem IG. Jahrhuudert angehoreuden lateinischen
Hexameter (gedruckt bei N. Pol I, 160 und mit besserem Texte in
desselben Chronisten Breslauer Feuerspiegel , S. 42) gestiitzte Ver-
mutung. Doch gewinnt dieselbe eine gew. Wahrscheinlichkeit , wenn
wir erfahren, dafs unter den Opfern von den Ratsherren jenes Jahres^
gegen die sich doch vorzugsweise der Grimm der Aufstiindischen ge-
richtet haben miifste, nur eben der Biirgermeister sich befuuden hat,
dagegen drei aus dem SchofFenkoUegium , das doch seiner ganzen
Stelluug nach uugleich weniger politisch hervortrat, und zwei Kon-
sulare friiheror Zeit, noch dazu beide Ziinftler, wahrend aus deu
voruehmsten Geschlechtern, also den exklusivsten Patriziern, uiemand
beteiligt war. Auch das klagliche Schicksal Megerlins (vgl. im
Texte), von dem wir ja bestimmt horen, dafs er auf der Flucht er-
grifFen und dann ermordet ward, draugt zu der obigen Vermutung.
29) S. 227, Abs. 2. Angefuhrt in dem Weistume von 1420,
Bresl. Stadtbuch 178. Die Tradition, wie sie bei Faber imd Pol
ims entgegentritt , und welche abgesehen von dem vom Ratsturme
herabgestiirzten Megerlin die iibrigen Opfer sJimtlich enthauptet werden
lafst, findet doch in alien Jilteren Quellen ihre Bestiitigung, so in dom
82 Anmerkungeu. S. 2ol— 23G
3) S. 231, Z, 4. Hofler, Geschichtschr. der hussit. Bewegung-
II, 160. — Z. 13. Wuttke, Der Zusaminerihang des collegii b.
Mariae virg. init den Aufiiugen der Univ. Leipzig. Leipzig 1859.
S. 8 ft.
4) S. 231, Abs. 2. Die einzige schlesische Quelle, welche da-
von erzahlt, ist der von dem gelehrteu Saganer Abt Ludolf verfafste
tractatus de longevo schismate ed. Loserth. Wien 1880. Archiv
fiir osterr. Gesch., Bd. 60, 1.
5) S. 233, Abs. 2. Ludolf, Kap. 66flf.
6) S. 234, Abs. 3. Es wird dies Sigismund in dem Manifeste
der Czechen vom 5. Novbr. 1420 vorgeworfen. Archiv Czesky lU^
217. — Schreiben Sigismunds an die von Bautzen und Graf Wilhelm
von Meifsen bei P alack y, Urkdl. Beitrage zur Gesch. des Hussiten-
ki-ieges I, 23 u. 29.
7) S. 236, Abs. 3. Diese Umstande aus dem Briefe Peter
Kasters an den Eat zu Gorlitz vom 19. Febr. 1420, scales. Zeitschr.
XI, 194 im Anhauge meines Aufsatzes : Zur Gesch. des Aufstandes.
TOn 1418, auf den gleichfalls verwiesen werden soil.
8) S. 236, Abs. 3. In dem erw. Brief nach Gorlitz: der konig
hot lossen vohen vil lewte aus der gemeyne, und was her domit menit,
das kan man noch nicht gewissin. — Nach Fabers Notiz waren
„ die schuldigsten Keulentreger zu S. Jacob unde gen Roma gegangen
und batten sich nach der tadt bei tzeiten ausgedreht" (Stadtbuch 183
Anm.). Diese Notiz sieht nicht wie -willkiirlich erfunden aus, und
doch hat sie etwas sehr Merkwiirdiges. Faber scheint wohl bier
nicht von denen zu sprechen, welche aus Furcht vor Sigismunds Ge-
richt entflohen sind, denn man fliichtet doch nicht nach Rom oder
S. Jago di Compostella; auch der Zusatz nach der tadt lafst eher
darauf schliefsen , dafs einige , welche besondere Blutschuld bei dem
Aufstande auf der Seele trugen, zur Abbiifsung derselben sich zu
besonders beschwerlichen Wallfahrten entschlossen batten, dafs also
ein Gefiihl der Schuld doch schon sich hier unter den Urhebern des
Aufstandes geltend gemacht hatte, ehe Sigismund sein Gericht ein-
setzte. Es scheint denn die Notiz Fabers am Ende darauf hinaus-
zulaufen, was auch Abt Ludolf a. a. 0. 126 andeutet, dafs namlicb
gerade die Enthaupteten nicht die Hauptschuldigen gewesen seien.
9) S. 236, Abs. 4. Vgl. meinen angef. Aufsatz in der schles.
Zeitschr. XI, 191. 192 und Markgraf a. a. 0. XXXIII Der Be-
richt des Strafsburger Gesandten Zeitschr. XI, 196 giebt allerdings.
als den Ort der Esekution den Platz vor dem Rathause an; doch ein.
Fremder konnte wohl iiberhaupt den Ring als Platz vor dem Rathause
bezeichnen. Die Zahl der Enthaupteten geben verschiedene iiltere
Quellen niit der geringfiigigen Abweichung von 23 oder 24 an, vgL
Anmerkungen. S. 236—244. 88
Markgraf a. a. 0. XXXIII und Faber in seinen handschriftlichen
Orig. Wrat. bringt 24 Nameu dazu. AufFallend bleibt eins: es ist
im Grunde unwahrscheinlich, dafs alle die, welche Sigismund hatte in
Haft nehmen lassen, nua aucb wirklich zum Tode verurteilt und ent-
hauptet worden seien; es diirfte doch bei einigen ein minderer Grad
von Schuld sich herausgestellt baben, und dann ware zu vermuten,
dafs einige derselben die Strafe der Landesverweisung getroffen babe;
die Namen solcher wUrde man aber vergebens in der noch anzu-
fiihrenden Publikation des Kouigs an alle Obrigkeiten seiner Kron-
lande vom 26. Marz 1420 suchen, in welcher die Namen der in con-
tumaciam Verurteilten und nur diese kundgegeben werden, Es bleibt
ja allerdings die Moglichkeit, dafs eine ahnliche Publikation beziig-
lich der vor dem 4. Marz mit Landesverweisung Bestraften erlassen
worden, dafs diese aber eben uus nicht mehr erbalten sei, doch liifst
eigentlich die Einleitung der Publikation vom 26. Marz 1426 einer
solchen Vermutung kaum noch Raum, da sonst die in dieser ent-
haltene Orientierung iiber die Vorfalle von 1418 uberfliissig gewesen
und eine Bezugnahme eben auf die friihere Verordnung unbedingt
angezeigt gewesen ware. — Uber weiteres in diesem Zusammenbange
vgl. die Urkunden im Breslauer Stadtbuche und Markgrafs Ein-
leitung dazu.
10) S. 236, A1)S. 5. Bresl. Stadtbuch 179 und Markgrafs
Einleitung XXXIV.
11) S. 238. ijber Krasa vgl. Griinhagen, Die Hussitenkampfe
der Schlesier (Breslau 1872), S. 19. 20, auf welches Buch ich uber-
haupt hinsichtlich der Quellenangaben fiir diesen Abschnitt verweisen
mochte.
12) S. 241, Abs. 2. Wiese, Das Glatzer Land im Hussiten-
kriege, schles. Zeitschr. XV, 3841?.
13) S. 241, Abs. 3. Der Bericht aus Martin von Bolkenhain,
welcher Chronist neu abgedruckt ist in den Ss. rer. Siles. XII ed.
Wachter. — Bei dem Namen des Pfarrers Megerlin denken wir an
den gleichnamigen Bresl. Ratsherrn, der auch ein so schreckliches
Schicksal hatte vgl. hier o. S. 227.
14) S. 242 Abs. 3. Griinhagen, Hussitenkampfe, S. 39 und
desselben Gesch.-Quellen der Hussitenkriege, Ss. rer. Siles. VI, 42.
15) S. 244, Abs. 2 (am Ende). Aus Professor Schultes Auf-
satz: Die Hussiten vor Neifse (Neifse 1882 in der Festschrift zur
50jahrigen Jubelfeier des Neifser Realgymnasiums) , babe ich eiilige
meine Darstellungen in den schon augcf. Hussitenkampfen der Schle-
sier (S. 130 ff.) berichtigende Einzelheiten entnommen. Auch Schulte
halt daran fest, dafs die Hussiten die Oder damals nicht uberschritten
haben, und dafs deshalb das von einer Quelle mit genannte Leenici
6*
b-4 Auinerkungen. S. 253— 2G0.
nicht auf das Stiidtcben Lescbuitz auf dem recbteu Oderufer bezogen
werdeu diirfe. Wenu Scbulte aber deu Ortsuamen Lesuicz auf das
Pauliiier Kloster Wiese (Lesnik) bezieben will, so babe icb docb Be-
denkeu getrageu, das zu acceptiereu. So mitten uuter deu Stiidteu
wiirde der Name eiues Klosters befremdlicb sebeiueu.
16) S. 253, Abs. 3. Ritter Heim-icb Swatopulk von Landsberg.
Weiteres Uber ibn aus dem Jabre 1437 bei Ermiscb, Scblesieu
unter Albrecbt II., scbles. Zeitscbr. XII, 244.
17) S. 255, Z. 9. Ss. rer. Slles. VI, 169. — Mitte der Seite.
Zum Jabre 1443 Ausziige aus den Hufenregisteru bei Klose „vou
Breslau" 11! 2, 443.
18) S. 255, Z. 4 y. u. Wir vermissen unter ibnen Bolko (V)
den Jiingereu von Oppelu, der, wie wir wissen, cs mit den Hussiten
gebalten batte. Seiu Vater Bolko wird bier genannt mit seinem Sobu
Jobanues, dem jUngeren Bruder Bolkos V. Wir erfabren nicbts dar-
iiber, wie sicb gerade ibm gegeniiber das Verbaltnis der andern
scbles. Fiirsten gestaltet hat.
19) S. 258 , Abs. 2. Der Majestiitsbrief ist abgedr. im Arcbiv
Czesky III, 446 in czecbiscber Spracbe ; die Ausziige, welcbe Palacky,
Gescb. von Bobmen III. 3, 224 giebt, zeigen das Bestrebeu, die
Scbrofflieit des Urtextes zu mildern. — So giebt z. B. der Auszug
bei Palacky bei § 12 des erw. Majestatsbriefes nur den ersten Satz
wieder , der kurzweg bestimmt , dafs keiu Auslander in Bobmen ein
Amt erbalten solle, aber es findet sicb in der Urkunde docb uocb
ein Zusatz uezli Czecb, aufser ein Czecbe, und wenn man die Gegen-
iiberstellung von Deutscbeu und Czecben in § 10 in Betracbt ziebt,
wird man kaum zweifeln, dafs die vorUegende Ui'kunde in Bobmen
geborene Deutscbe uicbt unter die Czecby zu subsumieren beabsicb-
tigt. § 10 lautet in wortl. Ubersetzung: Item dariiber, dafs den
Czecben in deu Kircben und den Deutscben aufserbalb gepredigt
werde, so werdeu wir das, ob wir mit Gottes Willeu nacb Bobmen
kommen, mit des Erzbiscbofs (des Hussiten Rokiczan) uud dem all-
gemeinen Rat so tbuu, wie das zur Ebre dieser (der czecbiscbeu) Na-
tioualitat (toho jazyka wortlicb dieser Zunge — wenn Palacky es
mit Nation iibersetzt, so ist das nicbt ganz genau) und zum Preise
Gottes am besteu scbeineu wird. § 3 des mebrerwiibnten Majestats-
briefes lautet: Item den Rat, welcben sie (die Czecben) erwablen
werden, den wollen wir annehmen und in Ubereinstimmung mit ibm
gerecbt bandeln, und wenu wir in diesen Rat jemand aufnebmen
wollen, werden wir das mit ibrer Zustimmung tbun.
20) S. 260. Das Statut des Biscbofs Konrad abgedr. bei Heyne,
Gesch. des Bistums Breslau III, 527, Aum. 1.
Anmerkungen. S. 265—269. 85
Viertes Buch.
Erster Abschnitt.
1) S. 265, Z. 4. Szalay in seiner Gesch. Ungaras III, S. 4
hebt ausdriicklich hervor, dafs die Stande zuniichst das Erbrecht
der Tochter Sigismunds anerkannt, dann allerdings noch eine Wahl
haben folgen lassen.
2) S. 266, Z. 7. Palacky III. 3, 299ff.
3) S. 266, Abs. 3. Anfiihrnngen bei Palacky, III. 3, 315.
311. 292. 293.
4) S. 267, Z. 2. Dlugosz, lib. XII, col. 700. 701.
5) S, 267, Z. 9. Chron. abb. b. Mar. etc. bei Stenzel, Ss. rer.
Siles. II, 233.
6) S. 267, Abs. 2. Schles. Lehensurk. I, 20. Von einer Be-
ziebuDg auf die erfolgte Wahl Albrechts ist in der Huldigungsformel
keine Spur zu finden. Man wird daher doch sehr zweifeln konnen,
ob die Schlesier irgendwie an der Wahl Albrechts teilgenommen
haben, wie dies Ermisch annimmt (Schles. Verb, zu Polen und
Konig Albrecht U. , schles. Zeitschr. XII, 253). Dafs Albrecht in
seiner Wahlkapitulation als bohm. Konig die Freiheiten der Schlesier
zu schiitzen gelobt hat, zwingt noch nicht zur Annahme einer Be-
teiligung der Schlesier an der Wahl. — Vgl. 'dazu Lichnowsky,
Gesch. d. Hauses Habsburg V, 391.
7) S. 267, Z. 7 T. u. Ermisch a. a. 0. 257.
8) S. 269, Z. 11. Die Urkunde Albrechts vom 3. Miirz 1439
im Bresl. Stadtbuche ed. Markgraf X'od. dipl. Siles. XI, 188), die
Verteilung der Amter in der schles. Zeitschr. VIII , 441 , iiber das
Gauze der Mafsregel Markgraf a. a. 0. in der Einleitung S. XLI
bis XLm.
9) S. 269, Abs. 2. Ermisch a. a. 0. 271. Was Dlugosz,
lib. XII, col. 739 iiber einen Plan, durch eine Heirat des jungen
Kcinigs Kasimir mit einer Tochter Albrechts den Streit beizulegen,
berichtet, sowie dafs Albrecht den Vorschlag bercits angenommen
gehabt , dann aber mit plotzlicher Siunesiinderung fallen gelassen
habe, wird mit Kecht von Ermisch (S. 271" wie von Caro (Gesch.
Polens IV, 192) als uuglaubwiirdig angesehen.
86 Aumerkungen. S. 270—278.
10) S. 270, Z. 8. Anfuhrung aus eiuem verloreu gegangeueu
Bresl. Stadtbuche bei Klose „von Breslau" II, 441.
11) S. 272, Z. 4. Lib. magn. im Bresl. Stadtarchiv I, f. 28,
ausfiibrl. Auszug bei Klose a. a. 0. II. 2, 325.
12) S. 272, Abs. 3. Die hier genannten Fiirsten und Stande
erscheinen 1442 mit den Breslauern gegeu die Poleu verbiindet, wie
aus einer Zusammeustellimg verschiedener Aufiihrungeu bei Sig. Ko-
sicz in den Ss. rer. Siles. XII, p. 57sqq. hervorgeht.
13) S. 272, Abs. 3 (zu Ende). Johann v. Guben in den Ss.
rer. Lusat. I, 69.
14) S. 273, Z. 8. Die Bedingungeu des Friedens sind uie be-
kaunt gewordeu, und ob in ihuen wirklicb Schlesien zur Mitgift einer
an Kouig "Wladyslaw zu vermahlenden Tocliter Elisabeths bestinimt
gewesen ist, wird sieb scliwerlicb mit Sicherlieit feststelleu lasscn.
Ermiscb, scbles. Zeitscbr. XIII, 21 halt es fiir uicht unwahrscheinlich.
Caro, Gesch. Polens IV, 240, bezweifelt die GlaubAviirdigkeit der
Nachricht bei Dlugosz, lib. XII, 770.
15) S. 274, Abs. 2. Ermiscb a.a.O. 291ff. Das Bundesbuch
noch vorhandeu im Bresl. Stadtarchiv. — Martin von Bolkenhain,
Ss. rer. Siles. XII, 10—18. Ermiscb 299 u. 318 flp. — Starssi leto-
pisowe in den Ss. rer. Bohcm. Ill, 146. Ermiscb 338. — Uber
Rochlitz Eosicz cd. Wachter, Ss. r. S. XII, 62. — Ermiscb 342.
16) S. 275, Abs. 2. Ermiscb 340. — Biermanu, Zur Ge-
schichte der Herzogtumer Zator und Auschwitz (Wien 1863), S. SOfl".
Die Urkunden iiber die Unterwerfung unter Polen siehe in den schles.
Lehensurkunden Bd. II unter dem Herzogtum Auschwitz-Zator.
17) S. 275, Abs. 2 (am Eude). Jan Kolda schreibt 1444 an
Herzog Konrad den Weifsen von 01s beziigl. des Polenkonigs: cujus
vos familiaris estis et servitor und bezeichuet diesen selbst als domi-
uus rex noster, Anfiihrung bei Ermiscb a. a. 0. 299.
18)8.270. Markgraf, Der Liegnitzer Lehensstreit. Abhand-
luugen der schles. vaterlaud. Gesellsch. Philos. hist., Abtl. 1 (1869),
S. 25 ff. mit eincm Nachtrage ebd. Jahrgang 1871, S. 41 ff. S chirr-
mac her, Ambros. Bitscheu und der Liegnitzer Lehensstreit. Pro-
gramm der Liegn. Ritterakademie 1865. Die Urk. jetzt gesammelt
in den schles. Lehensurkunden I, Fiirstentiimer Liegnitz-Brieg.
19) S. 276, Abs. 3. Die gegenseitigen Erbverbindungen zwischen
Ludwig II. und seiuem Neffen von Haynau-Liiben aus dem J. 1424
siehe in den schles. Lehensurk. I, 369 ft.
20) S. 278, Z. 1. Markgraf a. a. 0. 41. 4-J.
Anmerkungen. S. 278—288. 87
^1) S. 278, Z. 15. Die einzige Nachricht dariiber enthalt die
deutschc Fortsetzung der Chron. princ. Pol. in den Ss. rer. Sil. XII,
•ed. Wachter, p. 102. Schirrmacher bezweifelt die Riclitigkeit
der Nachricht, doch. wie mir scheint, mit unzulanglicheu GriAnden.
22) S. 279, Abs. 3. Palacky, Geseh. von Bohmen IV. 1, 269.
Markgraf Friedrich erhebt sogar noch eineu eigeneu Anspruch auf
Lieguitz, iiber den wir nicht niiher unterrichtet sind. Angefiihrt bei
Markgraf, S. 43 und Anm. 5 dazu.
23) S. 282, Z, 2. Quellennachweisungen bei Markgraf, schles.
Zeitschr. XI, 240 IF.
24) S. 282, Abs. 2. Zeugnisse fiir Reisen voruehmer Preufseu
nach Breslau „zu dem heiligen Manne" enthalten Briefe in den von
Toeppen edierten Akten der Standetage Preufsens III, 599. 615. —
ijber die Judenverfolguugen vgl. Olsner, Schles. Urk. zur Gesch.
der Juden im Mittelalter, S. 35 ff. (^Archiv f. Kunde osterr. Gesch.-Qii..
Bd. 31.)
25) S. 283, Z. 7. Aufuhrungen bei Markgraf, S. 250.
26) S. 284, Abs. 4. Markgraf 250. In der spateren deut-
scheu Bearbeituug sagt Eschenloer (ed. Kunisch I, 18) mit
dilrren Worten, dafs Ladyslaw der Ketzerei der Bohmen gram war.
27) S. 285, Abs. 3. Intercessionsschreiben schles. Fiirsten 1453
16. Sept., Schles. Lehensurk. I, 439. — Aus einem friiheren Inter-
cessionsschreiben ebd. 437. Vgl. auch S. 441.
28) S. 285, Z. 6 y. u. Markgraf 243.
29) S. 287, Abs. 3. Rosicz a. a. 0., S. 68 und Nachtrag dazu
S. 140.
30) S. 288, Z. 4. Schles. Lehensurk. I, 83.
31) S. 288, Z. 9. Histr. Wratislav. ed. Markgraf, Ss. rer.
Siles. VII, 7.
32) S. 288, Abs. 3. A neas Sylvius in seiner hist. Boh. hat
eine dauu auch von Eschenloer (a. a. 0.) mitgeteilte Anekdote ims
erhalten, der zufolge in Breslau eiu Possenreifser mit dummdreister
Miene Podiebrad gefragt habe, warum er nicht lieber der Religion
der Schlesier folge, als der Rokyczanas, da doch wohl die Bohmen
nicht wiirden kliiger sein woUen als die iibrige Christenheit. Da
habe Podibrad geantwortet, der Frager moge denen, die ihn geschickt,
sagen, jeder folge seiner religiosen Uberzeugung, die ihn zwinge,
etwas fiir wahr und richtig zu halten und anders nicht. Wer diese
Uberzeugung verleugne, moge die Menschen tauschen, Gott tiiusche
er nicht, und ihm (Podiebrad") zieme es nicht, so zu handeln, wie es
88 Anmerkungen. S. 289—204.
wohl der Frager thun moge. Aliud histrioni aliud homini nobili con-
venit. — Abs. 4. Eschenloer, S. 8 u. 9.
33) S. 289, Z. 6. Von dieser Bewerbung spricht ein Brief des.
AVittingauer Archivs d. d. 4. Dez. 1453, angef. bei Palacky IV. 1>
353, Anm. 298.
34) S. 289, A1)S. 2 (am Eude). Ich mochte nicht allzu grofsen
Wert darauf legen, dafs, wie Markgraf (S. 260) hervorhebt, kein
Dokument erhalten ist, das Eosenberg einem scbles. Landesflirsten
gegeuiiber als Landesregenten auftretend zeigt. Er hat sein Amt nur
wenige Jahre verwaltet und war viel abwesend. Die Bedeutuug des
ganzen Aktes seiner Ei-neunung wird dadurch nicht vermindert. —
Abs. 3. Eschenloer 9.
35) S. 290, Abs. 1. Der Urteilsspruch, abgedruckt bei Schirr-
macher, Urkundenbuch der Stadt Liegnitz, S. 409, giebt zugleich
die vorhergehenden Phasen des Rechtsstreites wieder.
36) S. 290, Z. 6 V. u. Schles. Lehensurk. I, 439.
37) S. 291, Z. 2. Lehensurk. I, 445. — Z. 9. S. 446.
38) S. 291, Abs. 2. Anfiihrung aus dem Bresl. Stadtarchiv bei
Markgraf 62. — Palacky, Urkundl. Beitrage, S. 90. — An-
fiihruug eines ungedruckten Briefes bei Palacky, Bohm. Gesch.
IV. 3, 397.
39) S. 292, Abs. 2 >m Ende). Rosicz, Ss. rer. Siles. XII>
S. 71 nnd dazu Eschenloer, Hist. Wrat., p. 9 — 12.
Zweiter Abschnitt.
1) S. 294, Z. 2. Es ist das grofse Verdienst des Breslauer
Stadtarchivars Dr. Markgraf, das Verbaltnis der beiden Bearbeitungen
Escheuloers fiir alle Zeiten klar gestellt zu haben, wie er dies in der
Einleitung der von ihm zuerst ediertcn lateinischen Bearbeituug (Ss.
rer. Siles. VII) gethau hat, nachdem er bereits friiher ausfiihrlicher
iiber Eschenloer in einem Programme des Bresl. Friedrichs-Gyranasiums
vom Jahre 1865 geschrieben. Die deutsche Bearbeitung Eschenloers
existiert nur in der allerdings wenig mustergiiltigen Ausgabe von
Kunisch, 2 Bde. , Breslau 1827/28. Von dieser deutschen Be-
arbeitung sagt Droyseu (Preufs. Pol. II, 199, Anm. 2) bitter genug:
„wie wibde er auch bei uns bewundert werden, wenn er ein Franzose
oder Italiener ware".
2) S. 294, Z. 7 T. n. In diesem Sinne schreibt bereits vor
seiner AVahl unter dem 29. Dec. 1457 Georg Podiebrad an Herzog
Anmerkungen. S. 205—302. 89
Wilhelm von Sachsen, der bei den Schlesiern Anerkennung seiner
Erbanspriiche begelirt hatte. Aus dem Dresdener Archive mitgeteilt
bei Palaeky, Urkundl. Beitriige zur Geschichte Bohmens 1450 bis
1471 (Wien 1860), S. 120. — Letzte Zeile. „Heredibus et succcs-
soribus nostris Boemie diintaxat regibus" etc., Schles. Lebensurk.
I, 11.
3) S. 295, Abs. 2. Die Urk. von 1348 mitgeteilt bei Eschen-
loer ed. Markgraf, S. 21, und zwar ist der Text mit dem Originale
in Wien koUationiert. — Aurea bulla c. VII de success, princ. salvis
semper privilegiis juribus et consuetudinibus regni nostri Boemie
super electione regis in casu vacatiouis per regnicolas.
4) S. 296, Z. 10. Eschenloer schreibt etwa zum Oktober
1458 (S. 32) Duces Zaganenses et Wratislavienses — vidisseut quoque
libenter, ut Slesite in unum conventi eciam unum regem elegissent et
Bohemiam diffidasseut. Vgl. vorber S. 30.
5) S. 298, Z. 11. Wenn man nicht Wlodko von Glogau, der
zugleich Herzog von Tescben war, zu den oberschles. Fiirsteu rechnen
will. — Z. 13. An der pracisen Angabe Eschenloers (S. 19):
Huic diete nee provinciales ueque communitates Slesie interfuerunt
ist meines Erachteus nicht zu zweifeln, wenngleieh andere Berichte
Spateres und Friiheres vermischend aus dem Liegnitzer Tage eine
allgem. Versammlung der Schlesier machen. Eschenloer konnte das
ganz genau wissen und hat sich Derartiges sicher nicht ersonnen.
6) S. 298, Abs. 1 am Eiide). Eschenloer 24. — Z. 7 v. u.
Der Glogau - Teschener Herzog hatte wenigstens einen Orator ge-
schickt.
7) S. 299, Z. 2. Eschenloer 24.
8) S. 299, Abs. 2 (am Eiide). Die Bundesurk. 1458, 19. April,
bei Eschenloer 25.
9) S. 300, Z. 8. Ann. Glogov. ed. Markgraf in den Ss. rer.
Siles. X, 26.
10) S. 300, ibs. 3. Die Erzahlung von eiuem Briefe Papst
Calixts III. aus dessen letztem Lebensjahre, gerichtet an Georg als
seinen lieben Sohn, welche auch Palaeky IV. 2, 46 ohne niihere
Begriindung anfiihrt, wird von Markgraf (Verhaltnis des Konigs
Georg zu Papst Pius II. Programm des Bresl. Friedrichs-Gymnas.
1867, S. 8) fiir unglaubwiirdig erklUrt.
11) S. 301, Z. 8. Eschenloer 35. Semper ille civitates die
Sechsstadte der Oberlausitz) dominis Misnensibus adverse sunt und
Markgraf s Anm. 2 dazu. — Abs. 2. Eschenloer 36.
12) S. 302, Z. 2. Palaeky IV. 2, 01 berichtet iiber diese
Vertriige aus archivalischen Quellen, welche die Abdrucke der Ver-
tragsurkunden >. B. bei Dumont, Corps. Dipl. III. 1, 252) noch er-
k
90 Anmerkungen. S. 303—312.
ganzen. Vgl. dazu aucb Palackys urkmidl. Beitriige, Nr. 182ff. —
Z. 9. Escheuloer 31.
13) S. 303, Abs. 3. — habitus es .semijer carissiine fili devo-
tissimus princeps fidei et religiouis cultor precipuus — Sommers-
berg, Ss. rer. Siles. I, 1025.
14) S. 304, Abs. 2 (am Ende). In deni sogen. liber maguus
T. I, p. 55. Latein. Text bei Escheuloer 29.
15) S. 304, Abs. 3. Schreibeu voin 30. April 1459 abgedr. in
der polit. Korrespoudenz Breslaus ed. Markgraf, Ss. rer. Sil. VIII,
S. 22. 23.
16) S. 30.5, Z. 10. Escheuloer 5i». 60, noch ausfiihrlicbor in
der deutscheu Bearbeitung ed. Kunisch I, 65, wo die Rede aller-
diugs iu eine etwas friihere Zeit gesetzt ist. lu zweifelhaften Fallen
wird man bei Escheuloer immer dem lateinischen Texte mehr
traueu konnen, als der spiiter geschriebenen deutscheu Bearbeituug.
17) S. 306, Abs. 1 (am Elide), Die Urkuude bei Escheuloer
90ff. — Abs. 4. Markgraf. Der Liegnitzer Lehensstreit a. a. 0.,
S. 67—69.
18) S. 307, Z. 3. Escheuloer 99. — Abs. 1. Die Koustadter
Sache ebd. und dann Ss. rer. Siles. VIII, 52 und schles. Lehensurk.
II, 60 u. 62. — Abs. 1 (zu Ende). Ss. rer. Siles. VIII, 58. —
Abs. 2. Ebd. S. 62: turris est et acies terribilis et iu his partibus
christiaue religiouis scutum. August 1461.
19) S. 308, Z. 11. Breslauer Bericht vom 28. August 1462,
Ss. rer. Siles. VIII, 123. — Abs. 1 (am Eude). Bericht bei Escheu-
loer 85 und dazu Palacky, Urkuudl. Beitr., S. 268-271.
20) S. 309, Abs. 1. Bericht bei Escheuloer 124. Palacky,
Urkuudl. Beitr., S. 272. — Abs. 2 (Anfaug). Ausfuhrlich bespricht
dieseu Plan Markgraf in Sybels histor. Zeitschr , XI. Jahrg., 257 ff.
21) S. 310, Abs. 1 (Ende). Oratioues Pii II ed. Mausi,
p. 195. — Ss. rer. Siles. VIII, p. 136. — Abs. 2 (Aiifaug-). Rosicz
in den Ss. rer. Siles. XII ed. Wachter, p. 79. — (Ende). Ss. rer.
Siles. VIII, 180.
22) S. 311, Z. 4 V. u. Vgl. Escheuloer ed. Kunisch I,
212 und dazu Markgraf, Das Verhaltnis Georgs zu Papst Pius II.
in den Forschungen zur deutschen Geschichte, Jahrg. 18, S. 237.
23) S. 312, Z. 7 V. u. Die papstl. Urk. vom 29. Miirz und
1. April 1463 iu den Ss. rer. Siles. VIII, 183 u. 187.
24) S. 312, Abs. 2 (Anfangr). Hieriiber (was Bolkenhaiu imd
Lahnhaus betr.) beklagt sich Papst Pius II. in einem Schreibeu an
Anmcrkuiigeu. S. 313—318. 91
den Kaiser vom 2, Oktober 1463. Palaeky, Urkundl. Beitr., S. 323.
Vou Fiirstensteiu bericlitet der Bresl. Rat unter dem 5. Jau. 1464.
Ss. rer. Siles. IX, 27. — Danu ebd. 10 u. 17.
25) S. 313, Z. 5. Der Pression de.s Konigs aiif Herzog Hein-
ricli von Freistadt gedeukt der erwahute Brief Pius' II. vom 2. Okt.
1463. Von Brieg spricht der Bericht der Breslauer vom 5. Januar
1464, S.S. rer. Siles. IX, 27 und von Liegnitz und 01s die darau ge-
kniipfte Notiz Eschenloers ebd.
26) S. 313, AI)S. 3. Eschenloer, Deutsche Bearbeituug ed.
Kunisch I, 177. — Eosicz, Ss. rer. Siles. XII, 80. — Ss rer.
Siles. YIII, 153 und in der Anm. dazu weitere Quelleuangaben. Die
Briicke hat danu bis zum Jahre 1514 gestanden.
27) S. 313, Abs. 4 (Eiule). Ss. rer. Siles. IX, 45-49 und dazu
Eschenloer ed. Kunisch I, 228 flf. — Z. 2 v. u. Vgl. den inter-
essanten Bericht des Bresl. Gesandten Joh. Weiurich vom 7. Sept.
1463. Ss. rer. Siles. IX, 6. 7.
28) S. 313, Z. 5. Markgraf in dem augef. Aufsatze: Pius II.
und Konig Georg 1462 — 1464 (Forschuugeu IX, 251) fafst diese Ver-
haudlaugen wesentlich anders anf als Droysen, Preufs. Politik
II. 1, 320. Ich mochte ]\Iarkgraf beitreten. Der Bericht des Erz-
bischofs von Kreta vom 29. Jan. 1464 in der Ss. rer. Sil. IX, 33. —
Z. 9. Vgl. den erwiihnten Bericht Weiurichs.
29) S. 314, Abs. 2. Uber das papstliche Schreiben vou 1464,
2. Januar, vgl. Ss. rer. Siles. IX, 75 und dann weiter ebd. S. 135
und 147.
30) S. 315, Z. 6. Schles. Lehensurk. II, 315.
31) S. 316, Abs. 1 i;Ende) u. Abs. 2 ^Eude). Ss. rer. Siles.
IX, 192—195 u. 210.
32) S. 316, Z, 5-V. u. Uber den Herrenbuud vgl. die zwei
Aufsatze Markgrafs in Sybels histor. Zeitschrift. Neue Folge.
Bd. II, 48 u. 252 tf.
33) S. 316, Abs. 3. Die betr. Stelle in Liebichs Nam.slauer
Chrouik, S. 75, stamrat aus der handschriftlichen Chronik des Nams-
lauer Stadtschreibers Froben. Vgl. Uber ihn Ss. rer. Sil. \l, 163. —
Abs. 3 (Elide). Eschenloer 131.
34) S. 317, Abs. 2. Palaeky, Bohm. Gesch. IV. 2, 472. —
Abs. 3 (Aiifang-). Eschenloer ed. Kunisch II, 38. 39. — Z. 10
V. u. Ebd. 39.
35) S. 318, Z. 6. Palackys Vormirf, dafs Eschenloer die
Bedeutung der Niederlage abzuschwachen versucht babe, konute
hochstens die deutsche Bearb. treffeu II, 44, obwohl auch diese ja
92 Anmerkungen. S. 318—321.
„eine grofse Niederlage" zugesteht. Der lateinische Text p. 133
Isifst der infaustissima strages voile Gerechtigkeit widerfaliren. Ander-
seits ist aber kaum daran zu zweifeln, dafs wirklich der grofsere Teil
der Breslauer entkommen ist. In einem Briefe Gregors von Heim-
burg an Markgraf Albrecht vom 2G. August 14G9 (angef. bei Pa-
lacky IV. 2, 607) macht der Briefsteller es dem Prinzen Viktorin
zum Vorwurfe , dafs derselbe damals die Breslauer bei Nacht aus
Frankenstein habe entkommen lassen. Er sagt, von Viktorins schlech-
ten Eigenschaften sprechend, ein rechter Hauptmann wiirde die Flncht
der Schlesier aus Frankenstein nicht verschlafen haben. Diese Stelle
auf Viktorins Bruder Heinrich zu beziehen, wie Brockhaus,
Gregor vonHeimburg, S. 371 anscheinend auf Pessina gestiitzt thut,
lafst der Zusammenbang docb wobl nicht zu.
36) S. 318, Abs. 2. Escbenloer 133. Bresl. Stadtbuch Cod.
dipl. Siles. XI, Einl. XLIV u. 190. — Anscbauliche Schilderung des
damaligen Treibeus in Breslau, Escbenloer ed. Kunisch II, 47
bis 50. — Abs. 3. Ebd. 43. — Z. 4 v. u. Dlugosz, Hist. Pol.
11, 394.
37) S. 319, Z. 4. Der Papst an den Legaten, 14. Mai 1467,
Ss. rer. Siles. IX, 229. — Abs. 2. Niederlage bei Freistadt am
12. Okt. 1467, Escbenloer 145. Rosicz, Ss. rer. Siles. XII, 83.—
Z. 10 V. u. Dlugosz II, 414.
38) S. 320, Z. 2. Escbenloer ed. Kunisch II, 109. —
Abs. 2. Escbenloer, Hist. Wrat. 177, dann 178 Palacky, Ur-
kundl. Beitrage, Nr. 417. — Escbenloer 179 u. 188. — Abs. 3.
Ss. rer. Sil. IX, 261. 262. 263.
39) S. 320, Abs. 4. Am 23. Juni 1468 fiel Bolkenbain,
Escbenloer 188. Miinsterberg batten die Bobmen selbst geriiumt,
Frankenstein ward am 16. Sept. 1468 erobert, Escbenloer 192. —
Letzte Zeile. Escbenloer 185 ed. Kunisch II, 134. 135.
40) S. 321, Z. 5. Ebd. 149 und Hist. Wrat. 197.
41) S. 321, Abs. 3. Escbenloer, p. 201. Es geschah dies
am 30. April, also noch vor der formellen Wabl, die ja, wie wir
wissen, erst am 3. Mai erfolgte. Zdenko von Sternberg batte bereits
am 17. April sich der Zustimmung des Konigs versicbert. Palacky,
IV. 2, 583. — Abs. 4. Escbenloer 199.
Anmerkungeu. S. 323—328 93
Dritter Abschnitt.
1) S. 323, Abs. 1 (Eude). AnfUhrung bei Palacky IV. 2,
581.
2) S. 324, Abs. 1. Escheuloer 203. 204. Uber die angeb-
liche Unterwerfuugsurkunde der oberscblesischen Herzoge aus diesem
Jahre, die daun mit der falscben Jahreszahl 14G9 statt 1479 auch
z. B. in Biermanns Gescb. von Teschen, S. 173 libergegangeu ist,
vgl. scbles. Lehensurk. I, 32. — Die Lieguitzer Urkuude datiert vom
30. Jimi, Lebensurk. I, 452. — Die Glogauer Urkunde vom 15. Juui
1469, Lebensurk. I, 207.
3) S. 326, Z. 5. Escbenloer, Hist. Wrat., p. 221. Aucb
das Vorstebende ist wesentlicb aus Escbenloers Scbilderuugeu ent-
nommen.
4) S. 326, Abs. 2. Dlugosz, lib. Xm, col. 448. — Dafiir, dafs
die Herzoge wenigstens Kriegsvolk geworben und flir M.s Saebe ge-
stritten babeu, scbeint docb der Umstand zu sprecben, dafs Escben-
loer, Hist. 220 an die Nacbricbt von dem Abfalle Herzog Jobanns
Ton Ratibor zu Georg unmittelbar die Nacbricbt aukuiipft, derselbe
babe seine Kriegsleute adversus ducem de Eeibenek geseudet. —
Escbenloer, Hist. AVrat. 220.
5) S. 326, Z. 3 v. u. Dlugosz, col. 468.
6) S. 327, Z. 4. Dlugosz, col. 469. — locum — qui Sle-
siam seu Poloniam a Bobemia juxta assertionem Bobemorum dister-
minat (verus enim et legitimus limes Polonos a Bobemis non mons
ipse sed sylva Hercynia post Klocko [Glatz] sita disterminat). Pa-
lacky V. 1, Anm'. 30 bemerkt bierzu, er konne Hunderte von Be-
Tveisen dafiir aufiibi-en, dafs die Grafscbaft Glatz damals zu Bob-
men gerecbuet worden sei, und es wird in der Tbat dies aucb kaum
zu bestreiten sein.
7> S. 327, Abs. 2. Escbenloer, Hist. Wrat., p. 243. Auf
die polniscbe Gesinnung der Breslauer Domberreu in jener Zeit weist
nocb das Statut Jobanns IV. vom Jabre 1498, 28. Juui, bin, Otto,
De Job. Turzone ep. Wrat., p. 12, Anm. 7. — Abs. 3. Escbenloer
238. — (Ende.) Ann. Glogov. Ss. rer. Siles. X, 28.
8) S. 328, Abs. 2. Ann. Glogov. 27. Dafs die Belagerung
nicbt so kurze Zeit dauerte, wie bier angenommen wird, zeigon die
bei Worbs, Gescb. von Sagan, S. 126, aus den bandscbi-iftl. Ann.
Gorlicenses des Scultetus augef. Briefe. — Abs. 2 (Eude). Wie friib
das Geriicbt aufgekommen, zeigt der Umstand, dafs der deutscbe
Escbenloer (H, 267) die Ermordung B.s durcb Jobann ab Tbat-
94 Anmerkungen. S. 328 — 332.
sacLe aiifiihit. Deunoch widerspiicbt dem die Thatsache, dafs die-
Anu. Glogov. , die niemand der Parteilichkeit fiir Johann zeihen
kouute, an zwei Stellen (p. 27 u. 63), wo sie von der Gefangenschaft
B.s sprechen, nichts von solcheni Verbrechen erwabnen, obwohl an
der letzteren Stelle, wo der noch zu erziiblende Hungertod der Glo-
gauer Ratsberren besprocben wird, die Gelegenbeit dazu sicb sebr
wobl dargeboten batte. Aucb die Cbron. Abb. Saganens. bei Sten-
zel, Ss. I, 365, die gleichfalls dem Herzog Jobann sebr feindlicb ge-
sinnt ist, erwjibnt Baltasars Tod obne Andeutung eines Verbrecbens.
Eine genaue Bescbreibung des sogen. Hungerturnis zu Priebus bei
AVorbs a. a. 0., S. 74 ff.
9) S. 328, Abs. 3. Urkunden von 1472, 12. Dezbr., u. 1474,
6. Okt. Scbles. Lebensurk. I, 213 u. 216. — Zur Beurteilung des
Alters des dann 1476 gestorbenen Herzogs Heinrieb XT. haben wir
nur die eine Tbatsacbe, dafs sein alterer Bruder Sigismund 1458 im
27. Lebeusjabre stirbt. — Die Verschreibung fiir Barbara 1472, Juli 9.
Lebensurk. I, 209.
10) S. 329, Z. 5. 9. Marz 1472. Lebensurk. II, 159. — Z. 12.
Nacb der bandscbriftl. Glatzer Augustinercbronik auf dem Breslauer
Staatsarchive. — Abs. 1 (En(le% Escbenloer ed. Kunisch 11,
268. — Z. 12 T. n. Ebd. 291.
11) S. 330, Abs. 2. Ebd. 272 — 274. — Abs. 3. — velut
demens et furiosus sagt Dlugosz II, 489. — Ende des Abs. Dlu-
gosz II, 489. Ob wirklicb der Anlafs des Krieges ein Angriff des
Herzogs Wenzel auf die Stadt Kosel war, wie Pols Jahrbucber IT,
IIG bericbten, mag dabin gestellt bleiben. Von dem Zuzug der Bres-
lauer l)erichtet Escbenloer ed. Kuniscb II, 278. — Letzte Zeile.
Dlugosz a. a. 0. und dazu die Urkunden im Registrum Wenceslai
(Cod. dipl. Sil. VI) Nr. 292-284.
12) S. 331, Abs. 5. Konig Mattbias sagt in der Urk. vom
16. Dezember 1474, dafs er Plefs mit dem Scbwerte von Herzog
Wenzel als.seinem Feiude genommen batte. Scbles. Lebensm-k. II,
395. — Dafs es Herzog Viktorin war, der den Herzog Jobann, aller-
dings auf des Konigs Befebl, gefaugen nabm, sagt die Urkunde vom
30. Aug. 1474 (Lebensurk. II, 511) ganz bestimmt. Escbenloer
ed. Kuniscb II, 302. Ratiborer Chronik ed. Weltzel, Scbles.
Zeitscbr. IV, 123. Jobanns Scbwester Barbara an Herzog Jobann
von Auscbwitz und Gleiwitz vermablt, erbielt eine Anwartscbaft auf
Jagerndorf nacb Mattbias' Tode und ist aucb wirklicb in Besitz ge-
treten. Lebensurk. 11, 527. 528 u. Biermann, Gescb. von Troppau-
Jiigerndorf, S. 229.
13) S. 332, Abs. 2. Escbenloer ed. Kuniscb II, 305. —
Abs. 3. Cbronik des Bened. Jobnsdorf, Ss. rer. Sil. XIT, 119.
Anmerkungen. S. 333—341. 95
14) S. 333. Schilderung des Lagers, Escheuloer ed. Ku-
nisch II, 306.
15) S. 334, Abs 1. Eschenloer II, 313, der fiir die Ereig-
nisse dieses Jahres iiberhaupt als Hauptquelle dient. — Abs. 3,
Schles. Lehensurk. II, 160 u. 395. Heiurich trat Plefs dann im
niichsten Jahre seinem Bruder Victorin ah. Ebd. u. 396. — Abs. 3
(Ende). Annales Glogov., p. 30 u. 59. Die Anm. Markgrafs dazu
vindiziert dem Orte Kiefel den vielfach anderweitig auf Drossen,
Frankfurt u. s. w. bezogenen Vers.
16) S. 335, Abs. 1 (Ende}. Escheuloer ed. Kuuisch U,
309. Ann. Glogov. 32. — Abs. 2 (Ende.. Eschenloer II, 310,
311.
17) S. 336, Abs. 1 (Ende). Eine sehr lesenswerte Skizze iiber
diese Steiukreuze hat Markgraf in der schles. Zeitung vom 6. Juni
1880 verofFentlicht. Ob die Steiukreuze wirklich zur Eriunerung an
jene Zusammenkuuft gesetzt worden sind, kauu allerdings noch als
zweifelhaft angesehen werden. — Zwei Gedichte iiber den Abzug der
Poleu teilt Zeifsberg mit, schles. Zeitschr. X, 373. — Abs. 2.
Eschenloer ed. Kunisch II, 319. 320 uud Ann. Glogov., p. 31.
18) S. 336, Z. 2 V. u. Eschenloer II, 320. 321.
19) S. 337, Z. 7. Escheuloer H, 327. — Abs. 2 (am Ende).
Dlugosz, col. 530.
20) S. 337 (letzte Zeile). Urkunde vom 19. Februar 1475 im
Bresl. Stadtbuche, Cod. dipl. Siles. XI, 191 und dazu Markgrafs
Einleitung XLIV.
21) S. 338, Abs. 1 (am Ende). Eschenloer II, 335. —
Abs. 3. Ebd. S. 328-332.
22) S. 339, Abs. 2. Ebd. 336. — (Am Ende.) Im Texte ob.
S. 337.
23) S. 340, Z. 3. -Eschenloer U, 336.
24) S. 340, Abs 2. Das Urkundliehe in den schles. Lehensurk.
I, 209 uud dann von S. 219 an. — Annalistisches in den Ann. Glogov.
(Ss. rer. Siles. X von p. 33 an). Dazu noch Hofler, Barbara, Mark-
grafin von Brandenburg, Prag 1867.
25) S. 341, Z. 5. Die Urkunden vom 20. Sept. und 25. Okt.
1482 (schles. Lehensiu-k. 237 u. 242) berichtigen die Datierung dieser
Vertriige in Ss. rer. Siles. X, 128, wo dieselben falschlich ins Jahr
1479 gesetzt waren.
26) S. 341, Z. 6 V. u. Die Urkunde in den schles. Lehensurk.
II, 70 ff.
9(5 Aumerkungen. S. 342—346.
27) S. 342, Z. 3. Eschenloer ed. Kunisch II, 336. Weiia
derselbe danu als Grund des Scheiterns der betr. Verhaudlungeu au-
fiihrt, Herzog Ernst babe sicb nicht verpflichteu woUeu, wiibreud des
Krieges seine Stiidte und Scblosser Kouig Mattbias offeu zu balten,
so klingt das in dieser Form nicbt recbt glaublich. Einer solcben
Yerpflicbtung konute sicb der Lehensmann seinem Lebensherrn gegen-
iiber docb kaum eutscblagen.
28) S. 342, Abs. 2. 16. August 1479. Lebensurk. II, t»l, dort
aucb weiteres urkundl. Material. — Vou 1476 an scbalten in Kosel
und Beutben kouiglicbe Hauptleute. — Cod. dipL Siles. VI, 107. —
Langenn, Herzog Albrecbt der Beberzte, S. 95, spricht von einer
solcben Anwartscbaft obne nabere Quellenangabe uud da wir in der
niicbsteu Zeit die sacbsiscben Herzoge wiederbolt im besten Verneb-
men mit dem Konig finden, wie die Urkuudeu zeigen, in welcben die-
selbeu als Yermitteler , Scbiedsricbter u. dergl. auftreten, so ist es
wobl wabrscbeinlicb , dafs Konig Mattbias ibnen eine Anwartscbaft
als Abfinduug fiir ibre Anspucbe geboten babe.
29) S. 342, Z. 5 v. u. Dlugosz II, 554 giebt nur diese in
ibrer Unbestimmtbeit nicbt recbt verstandlicbenAndeutungen, Tilisch
"bei Sommersberg I, 735 erwabnt nur ganz kurz (uud zwar falscb-
licb zum Jabre 1471) eine drobende Gefangennebmuug, welcbe pol-
niscber Beistand abgewendet babe. Vgl. aucb Biermanu, Gescb.
vou Toscben 175.
30) S. 343, Al)s. 1 (am Eude). Die grofse Urkuude des 01-
miitzer Vertrages vom 21. Juli 1479 uud zwar die Ausfertiguug des
Kouigs ist zum erstenmale nacb dem Wiener Origiuale gedruckt in
den scbles. Lebensurk. I, 21. — Abs. 2. Palacky V. 1, 208. —
Abs. 3. Lebensurk. I, 30 u. 32.
31) S. 344, Abs. 4. Lebensurk. I, 232.
32) S. 345, Abs. 1 (Eude). Die Hauptquelle fiir diese Kampfe
sind die bereits mebrfacb erwiibnten Ann. Glogovieuses ed. Mark-
graf, Ss. rer. Siles. X, p. 37 ff. — Abs. 2 (Ende). Die Haupt-
urkunde bieriiber vom 7. Juni 1481 in deu scbles. Lebensurk. I, 232
und dazu 236 flf. — Letzte Zeile. Lebensurk. II, 521.
33) S. 346, Abs. 2 (Ende). Scbles. Lebensurk. I, 33. Wenn
der ducatus Kosbonieusis cum castro et civitate Rozle (statt Kozle,
Kosel) wirklicb, was allerdings w^obl das wabrscbeinlicbste ist, als
ducatus Razboriensis auf Ratibor zu bezieben ist, so kanu man nur
an ein Stiick dieses Herzogtums denkeu, well sonst wobl die Haupt-
stadt des Landes als Pertinenz genannt worden ware, nicbt aber das
gar nicbt zu diesem Herzogtum geborige Kosel. Aufserdem boren
wir sonst nirgeuds etwas davon , dafs die Herrscbaft Herzog Jobauns
des Jiingeren liber Ratibor eine Unterbrecbung erfabren hatte. Die
Anmerkungen. S. 346—349. 97
ganze Urkunde ist offenbar von eincm der Landesverhaltnisse gaiiz
Unkundigeu abgefafst.
34) S. 346, A1)S. 3 (Eude). Die Teilualunc der beidcu Herziige
von Oppeln an dem Kampfe gegen Matthias wird durch die Amnestie-
urkunde des letzteren vom 20. Jauuar 1489 verbiirgt, schles. Lehens-
ixrkunden II, 339. Nocb aus dem Jahre 1505 horen wir, dafs Herzog
Johauu vou Oppeln seine Verschreibungen gegeuiiber Hans von Sagan
und Heinricb von Miiusterberg, die inzwischen an des letzteren Sohne
gekonamen waren, vou dieseu zuriickkauft. Lebensnrk. II, 341.
35) S. 346, Abs. 3 (Eude). So berichtet die Katiborer Chronik
zum Jahre 1484 (schles. Zeitschr. IV 124) mit dem Ilinzuf iigen , ein
andrer Grand sei nicht aufzufinden gewesen , als dais man den beiden
Herzogen babe Geld abpressen wollen. Von der plotzlichen Gefangen-
nehmung der beiden wird aiich in dem Berichte iiber den Prozel's de.s
Herzogs Nikolaus von Oppeln vom Jahre 1497 gesprochen (Klosc „von
Breslau" III. 2, 450) doch wird hier bemerkt, dies sei vor 10 Jahren ge-
schehen also 1487, welches Jahr nun auch sonst besser passeu wiirde.
Dais dieHerzoge die ungeheuere Summe von 30000Goldgulden wirklich
bezahlt haben sollten, erscheint unglaubwiirdig. Das Zerwiirfnis des
Konigs mit den beiden Herzogen hing iibrigeus mtiglicherweise damit
zusammeu, dafs dieselben sich durch die Losreifsung eiues Toils des
Herzogtums Ratibor, auf welches sie verbriefte Erbanspriiche batten
(Schles. Lehensurk. II, 397. 398), gekrankt fiihlten. — Abs. 4 (An-
fang-). Die Urkunde vom 22. August 1487, in welcher sich Herzog
Victorin von dem ihm aufgezwungenen Vertrag mit Matthias lossagt
(Schles. Lehensurk. II, 524) , scheint bestimmt dafiir zu sprechen. —
Z. 3 V. u. Konrads Teilnahme erwiilmt ausdriicklich Marcus
Kyntsch von Zobten in seinem Berichte iiber diese Kampfe. Ss. rer.
Siles. IV, 6.
36) S. 348, Abs 1 (Eude). Die Aufzeichnungcn Keppels sind
abgedruckt in dem schon ei'wahnteu Bericht von Marcus Kyntsch
Ss. rer. Siles. IV, der neben den Ann. Glogov. , Ss. rer. Siles. X, die
Hauptquelle dieser Ereiguisse bildet.
37) S. 349, Z. 1. Lehensui-k. I, 244. — Abs. 2. Schles.
Lehensurk. II, 339 u. I, 244. Ss. rer. Lusat. II, 102; IV, 16. Aufiili-
rung einer Urk. vom 6. Febr. 1489 bei Palacky , Bohm. Gesch. V. 1, 317.
Auch der iilteste Bruder verlor jctzt die Giiter in Slavonien, welche
er fiir Troppau hatte eintauschcn mlissen 5 und in der schon erwahuteu
Herzog Heinricb von Miiusterberg betreffeuden Urkunde vom 28. De-
zember 1488 (Schles. Lehensurk. I, 244) wird Victorin als einer, der
sich dem Konig feindselig bewieseu habe , bezeichnet. Merkwiirdig
ist uur, dafs dieser Urkunde zufolge es scheint, als habe Victorins
Schuld darin bestanden, Feinde des Kiiuigs auf seinon Schliissern iu
Slavonien aufgenommen zu haben, wahrend wir doch urkundliche
Grunhagen, GescL. ScUlesiens. I. 1
98 Anmerkungen. S. 349—351.
Zeugnisse dafur haben, dafs er sich bereits 1487 von seinen Vertriigeu
mit dem Konige losgesagt, sich wicderum als Herrii vou Troppau be-
trachtet und dieses Herzogtum seinem Bruder Ileinrich vermacht habe,
Urkunde vom 22. August 1487, Schles. Lebensurk. II, 524.
38) S. 349, Abs. 2 (Ende). Chronik des Abtes Benedikt
Johnsdorf ed. Wachter, Ss. rer. Siles. XII, 121 uud dazu Cbron.
abb. Sagan. bei Stenzel, Ss. rer. Siles. I, 397, so dafs die sehr uu-
bestimmt gefafste Aiigabe bei Palacky, Bohm. Gesch. V. 1, 317
ihre Bestiitigung findet; allerdings mit der Einschrankiuig , dafs es
nicbt zutritft, wenn Palacky meint, diese Versohnung sei nocb friih
genug gekommen, um den Konig zu bewegen, von der Belagerung
Frankensteins abzustehen. Johnsdorf sagt das Gegenteil, und die Auf-
zeichnungen des Marcus Kyntsch (Ss. rer. Siles. IV, IG) ver-
zeichnen ganz bestimmt das Datum der Ubergabe von Frankenstein
namlich den 22. Januar 1489. — Abs. 3 (Anfaug). Ss. rer. Lusat.
11, 102. Der Konig schreibt unter dem 7. September 1488 den
Breslauem, dafs er den Trnka gegen Suhlau gescliickt habe. Angef.
bei K lose III. 2, 357. — Z. 5 v. u. Den 26. Febr. 1489. Die Ann.
Glogov. ed. Markgraf, Ss. rer. Siles. X, 59 geben, die Anfiihrung
der Grotefendschen Stammtafeln (XI, 16) berichtigend, Jahr imd Da-
tum von Salomes Tod zuverlassig an.
39) S. 350 , Z. 6. Das bestimmte Motiv der kriegerischen
Mafsregeln gegen Herzog Kourad geben nur Pols Jahrbiicher II,
14G an. Und obwohl die Nachricht aus einer Quelle des 17. Jahr-
hunderts stammt, erscheint sie doch dui'chaus glaublich. Dort auch
die Abfindung mit Auras. Sonst ist auch hier Benedikt Johnsdorf
Quelle, ed. Wachter, Ss. rer. Siles. XII, 122. — Z. 9. Georg,
Markward und Konrad vou Stein erhalten diese Lande unter dem
6. Dezember 1489, Schles. Lebensurk. I, 267.
4:0) S. 350, Z. 14 v. u. Griinhagen, Schlesische Regesten
Nr. 1567 u. 1224. — Z. 13 v. u. iiber die Berna Tzschoppe und
Stenzel, Urkundensammlung, S. 31 u. 201. — Z. 4 v. u. Eschen-
loer ed. Kunisch H, 303.
41) S. 351, Abs. 2. Klose „von Breslau" HI, 2. 361. 286
und 295, Schickfus, Schles. Chronik lU, 169. — Die Ann. Glo-
govienses ei-wahnen wiederholt z. B. in dem Glogauer Kriege die
Mitwirkung schles. Aufgebote, und von Breslau speziell bezeugt dies
ein Brief des Konigs vom 29. August 1488, Klose, a. a. 0. 346.
Ein Brief des Konigs aus dem Jimi 1488 (bei Klose a. a. 0. 342)
spricht von einer zu leihendeu Buchse, und in den Ann. Glogov. werden
nocb die grofsen Biichsen der Schweidnitzer und Lieguitzer er-
wahnt. — Abs. 3. Kgl. Deklaration von 1486 bei Klose, a. a. 0.
330 flf.
Anmerkungeu. S. 352—356. 99
4:2) S. 352, Abs. 1. Aun. Glogov. a. a. 0. Gl. Johusdorf,
a. a. O. 122. — Abs. 2. Johnsdorf 121.
43) S. 353, Z. 1. Breslauer Stadtbuch (C. d. Siles. XI.)
S. 37.
Vierter Abschnitt.
1) S. 354, Abs. 1. Fro ben, Ann. Namslav. Haudscba-ift des
Breslauer Staatsarcbivs f. 63 — Abs. 1 (Elide). Jobnsdorf,
a. a. 0., 123. Cujus mortis nuncia venerunt Wratislaviani sabbatho
sancto pasche et publicata in ipsa festivitate pascbali ad liberacio-
nem et consolacionem omnium nostrorum simul cum gaudiosa resun-ec-
cione dominica.
2) S. 354, Abs. 2. Die Eidesformel fiir Glogau-Sagan in den
Ss. rer. Lusat. II, 103 und in den scblesischeu Lebeusm-k. II,
656. — Uber Ols-Woblau Jobnsdorf 122. Wenn wir fiii- Troppau
eiues bestimmteu Zeugnisses entbebren, so spricbt docb die Tbatsacbe,
dafs gerade Troppau aUein nacbber wirklicb in Job. Corvius Besitz
gekommen ist, sebr entscbieden dafiir, dafs bier eine Eventualbuldigung
bei Mattbias' Lebzeiteu, wie wir sie an andern Orten bestimmt nacb-
weisen kounen, wirklicb erfolgt ist.
3) S. 354, Z. 2 T. u, Nacb dem Zeugnisse der Anklagescbrift,
Klose m, 2. 402, 3.
4) S. 355, Abs. 2. Gorlitzer Ratsannalen. Ss. rer. Lusat. II,
310 und die Erklarung vom 23. Mai 1490 auf S. 318. — Jobns-
dorf 123.
5) S. 355, Abs. 3. Die Oberlausitzer bescbliefsen den Brief
der Scblesier ganz unbeautwortet zu lassen, und aucb auf eiueu zwoiten,
vom 1. Mai, der sie auf den 23. Mai nacb Breslau eiulud, autworten
sie boflicb ablebnend. Gorlitzer Ratsannalen. Ss. rer. Lusat. II, 311,
316, 317. Der Buudesbescblufs der Scblesier 1490, Apr. 25 in den
scbles. Lebensurk. I, 23.
6) S. 356, Abs. 1. In der Anklagescbrift gegen Heinz Dompnig wird
diesem u. a. aucb zum Vorwurf gemacbt, dafs er einen Brief, den
Herr Stibor nacb dem Tode des Konigs an den Rat zu Breslau ge-
scbrieben, an Georg von Stein abscbriftUcb mitgeteilt babe (Klose
a. a. 0. 401). Da nun Dompnig bereits am 19. April 1490 seine
Wurde niederlegt (Bresl. Stadtbucb, Cod. dipl. Silcs. XI, p. 38), so
mufs jener Brief kurz nacb des Konigs Tode gescbrieben sein. —
Abs. 1 (Ende). Des Konigs Scbreiben vom 31. Mai 1490, bei Klose
100 Aumerkungeu. S. 357—360.
a. a. 0. 411. — A1)S. 2. Revers vom 5. Mai 1490 Lebensur-
kundeu I, 3G.
7) S. 357, AI)s. 1 (Elide). Ss. rcr. Siles XIl, 128 — Al)s. 2.
Lebensurk. I, 30.
S) S. 358, Z. 1. Pols Jabrb. II, 159. - Abs. 2. Breslauer
Stadtbucb, S. 38. — Abs. 3. Ebeudas.
9) S. 359, Abs. 2. also denne ber selbist uftmals gesagit und
nebist aucb vor den b. ratmanuen bokant bat, das in nicbt der rat
nicbt dy gemeyne gesaczt , suuder die koiiiglicbe m.'ijestet, der ber
aucb besundern seinen erben uud der crou zu Uiingern eyde darczu
getban bette. — Breslauer Stadtbucb 195. — Abs. 3. Uber Domp-
uigs Prozefs uud Hiuricbtung vgl. die quellenmafsige AnfUbrung bei
Klose III, 2 von S. 394 an, dann 404—6 u. ff.
10) S. 359, Abs. 4. Die Bestatigung fiir Victoriu datiert vom
9. Oktober 1490, die fur Jobann Corviu vom 31. Juli 1490. Sebles.
Lebensurk. II, 522 und 523. — Auf dem Fiirstentage vom 25. April
1490 neunt sicb Konrad nocb kurzweg Herzog der Scblesier, in dem
Biindnisvertrage mit den Miibrern vom 4. Juui 1490 aber bereits
wieder Herr zu Olsen. — Z. 4 v, u, Anfiibrungen der Urkunde
Konrads vom 17. Juli 1490, durcb welcbe derselbe den Gebriidern
Soppke , die ihn bei seinem Feldzuge unterstiitzt , Hcrrnstadt ver-
leibt. Lebensurk. I, 269. — Bestatigung vom 12. Dezember 1492,
Sebles. Lebensurk. II , 105. — S. 359 uiiteii. Scblesiscbe Lebens-
urkundeu 11,526 und dazu Biermann, Gescbichte von Troppau und
Jagerndorf S. 229 ff.
11) S. 360, Abs. 2. Lebensurk. I, 273 und 289. Als Herzog
von Glogau und Sagan erscbeiut Jobann in dem Reverse der sebles.
FUrsteu vom 10. Jauuar 1498 Lebensurk. I, 48 uud zum letztenmale
unter den Zeugen des Kolowi-atschen Vertrages, 3. Februar 1504.
Stenzel, Bist.-Urkunden 361. Das Wortspiel bei Pol, Jabrbiicber
II, 146.
12) S. 360, Abs. 2. Ss. rer. SUes. IV, 18. Colo Zeuge bei
dem Vertrage mit den Miibrern 4. Juni 1490. Weiteres iiber ibn bei
Heyne, Bist. Breslau III, 211 ff.
13) S. 360, Abs. 3. Uber Buscb Ann. Glogov., Ss. rer.
Siles. X, 63. Hier wird er blofs der nenne genannt. Curaeus ami.
Siles. 359 sagt: quidam relatus inter uobilitatem ut arbitror Buscus,
queni nomiuabant patrem principis, und Pol (Jabrb. II, 160) nocb
deutlicber Buskum eiueu vom Adel, den man des FUrsteu Naune oder
Vater nannte. Nanue oder aucb nenne fiir Vater ist allerdiugs schlesiscb.
Marcus Kyntscb (Ss. rer. Siles. IV, 14) sagt bei anderer Gelegenbeit
vou ibm : der biefs der Neine (offenbar verscbrieben fiir nenne) darum
I
Auineikmigeu. S. 3G1— 3G3, 101
dafs er hertzog Hans aus dcui feiior trug, da er in Poleii die Kiefel
ausbrandte (vgl. o. S. 334). Diese Stelle ist zugleich das belasteudste
Zeugnis fiir Biischs Schiild an dem Huugertodc der Glogauer Rats-
herren.
14) S. 361, Z. 7. Schles. Lehensurk. I, 39. Die Konkurrenz
der beiden Forderungeu des Riickfalls an die Krone Ungarn und
des Vorbehalts der Lehenshoheit fiir die Krone B ohm en zeigt
recht das Schwankende der staatsrechtlichen Anschauungen nach
dieser Seite bin. — Abs. 2, Ann. Glogov. p. 65. Lehensiu-kunden I,
250.
15) S. 361, Al)s. 2. Die Entlassungsurk. fiir Sprottau (14. Sept.
1400) Lehensurk. I, 245. Eine Anwartschaft J. Corvins auf die Olser
Erbschaft (Lehensurk. II, 106) ist dann wie so viele andere unter
Kouig Wladyslaw nie praktisch geworden. Die EinfUhrung des neueu
Oberlandeshauptmanns geschah auf dem Breslauer Fiirstentage am
11. November 1490. Ann. Glogov. 62. — Konig Wladyslaw erteilt
1473 den Einwohnern von Freistadt im Teschenschen zwei Jahrmiirkte
zum Lohne fiir die treuen Dienste des Herzogs Kasimir. Bier-
mann, Gesch. von Teschen 174. — Abs. 3 (am Ende). Lehens-
urkunden II , 657. — Z. 5 v. u. Einen kurzcn Pfandbesitz von 01s-
Wohlau durch Kasimir weist aUerdings die Verschreibimg de.s Konigs
von 1493 nach (Stark-Tilisch bei Sommersberg. Ss. rer. Sil. I,
737) , und auch in der Urkiuide vom 28. April 1495 wird auf eiueu
Besitz der Lande durch Kasimir Bezug genommen.
16) S. 362, Z. 2. Vgl. die Urkunde vom 28. und 30. April
1490. Lehensurk. II, 108 u. 109 und dazu die Urkimde iiber Steinau
und Raudten vom 21. Juli 1497, Lehensurk. I, 287. — Z. 6, Leheus-
vu-kunden II. 190. — Z. 7. Lehensurk. I, 289 u. 291. — Z. 8. Lehens-
vu'kunden I, 293. — Abs. 2. Die Verleihimgen an Kurzbach erfolgen
1494. Lehensurk. 11, 106. 107 und dann weiter 11, 403. — Abs. 3.
Lehensurk. II, 528 u. 543.
17) S. 362, Z, 4 V. u. In den Kriegsanschlagen gegen die Hussiten
erscheint Puota von Czastolowicz , der Herr von Glatz, immer ncben
den schlesischen Fiirsten, und in den Verleihuugsurkundeu Gcorgs
an seine Sohne wird der comitatus Glacensis dui-chaus auf glcichcr
Stufe mit dem ducatus Munsterbergesis behandelt, als waren eben
beide schlesische Lehen der Krone Bohmen.
18) S. 363 Z. 8. Lehensurk. I, 242. — Z. 9. Ebendas. S. 217.
Infolge des Schmalkaldischen Kricges kam 1548 Sagan an Ferdi-
nand zuriick. — Der Verkauf von Severieu, Lehensurk. II, 626. —
tjber Auschwitz und Zator Lehensurk. II, 584 luid dazu Bicrmanus
Aufsatz in den Sitzimgsber. der Wiener Akadcmie von 1863. —
Abs. 2 (Ende). Lehensm-k. 11, 617.
102 Aninerkuugeu. S. 364—367.
19) S. 3G4, Abs. 2. Lehensurk. I, 38. 39; II. 49, 657, und
daun uoch I, 45; auch die Landtagsverliandlungen von 1497. Archiv
Czesky V, 465 § 4. — Biermann, Gesch. von Troppau, '251 ff.
Die bctr. Urkunden in den Lehensurk. 11, 522 ft. — Dubravius,
Hist, regni Boh. 202.
20) S. 364, Z, 13 V. n. Eiue derartige Erkliirung hatten die
Schlesier bereits 1490 abgegeben, huldigen zu wollen, wenn seine
Majestiit „ an die orther luid stellen komeu wiirde , do vor alters vor-
mals cyde holduugk und pflichte geschehcn wereu." Lehensurk. I,
39. — Z. 11 V. u. Agf. bei Klose III. 2, 449.
21) S. 364, Z. 10 v. n. In der Urk. vom 10. Jan. 1498 (Lehensurk.
I, 48) vermissen wir unter den schles. Fiirsten und Standen eincr-
seits den pohiischen Prinzen, der in Glogau herrschte, ebeuso wie
Johanu Corvin aus Troppau und anderseits die Vertreter von Schwcud-
nitz-Jauer, welche letztere der in der Urkunde gestellten Forderuug,
der Konig solle nach Breslau zur Huldigung kommen, deshalb uicht
beistimmten , weil sie auf Grund ihrer Privilegien verlangten, nur in
Schweidnitz zu huldigen. Dagegen begegnet uus hier noch eininal
der alte Hans II. als Herzog zu Sagan und Grofsen-Glogau , wovon
ihm natiirlich nur noch der Titel geblieben und dann hiuter der Stadt
Breslau angereiht eine Anzahl Standesherren : Siegmund Kurzbach zu
Trachenberg, Hiuko Haugwitz zu Warteubcrg, der also nach dem Tode
Konrads des Weifsen die Herrschaft Polnisch-Wartenberg wieder er-
halteu haben mufs (vgl. o. S. 359), IMelchior und Balthasar Welczek
auf Hultschiu und Ernst Mrakotha von Luznitz auf Olbersdorf (bei
Jagerndorf). — Z. 6 v. u. Lehensurk. I, 49. — Z. 3 v. u. Archiv
Czesky V, 462 und dazu Palacky, Gesch. vou Bohmen V. 1, 458.
22) S. 365, Abs. 1 (Ende). Pols Jahi-b. II, 194 — 196. —
Abs, 2, Vgl. die Schreiben in den Lehensurk. I, 56. 57. Man wird
sich hiiten miissen, daraus den SchluTs zu ziehen, dafs wiihi-end Wla-
dyslaws Bresl. Aufenthalt der ungarische Eiuflufs iiberwogen habe.
Schon die Fassung des in Breslau ausgestellten Privilegs fiir Herzog
Johanu von Oppelu vom 30. Miirz 1511 (Lehensurk. II, 343), welches
die Ungarn ganz ausschliefst, wiirde entschieden dagegen sprechen. —
Z. 7 V. II. Lehensurk. I, 49.
23) S. 366, Abs. 2 (Ende). Es soil an dieser Stelle auf die
Einweudungen der bohmischen Stiinde gegen das ganze Privileg nicht
eingegangen werden. Dieselben mogen einer Darstellimg der Zeit
von 1546 vorbehalten bleiben. — Z. 4. v. u. Vgl. z. B. den Auf-
satz Ottos uber den Immunitatsstreit dos Kapitels mit Herzog
Friedrich von Liegnitz 1499. Schles. Zeitschr., Bd. VII.
24) S. 367, AI>s. 2. Den ganzen Streit behandelt sehr eingehend
mit genauen QueUenangaben Luchs., Schles. Fiirstenbilder, Bogen IV,
S. 21 ff.
Anmerkungen. S. 369—375. 103
35) S. 369, Z. 6 v. u. Aus dciii Orig. im Domkapitelsarchiv
bei Stenzel, Bistumsurk. 365; eine zweite Origiualausfertigung be-
sitzt das Breslauer Stadtarchiv. — Z. 5 v. ii. Unter dem 18. Febr.
1504 Stenzel a. a. 0. 370. — Letzte Zeile. Vom 6. Febr. 1504.
Im Auszuge bei Heyne, Bistum Breslau III, 395.
26) S. 370, Z. 14. Stenzel, Bistumsurk. 373.
27) S. 370, A1)S. 2. Vgl. die Anfuhrungen bei Heyne III, 390.
38) S. 371, Z. 2 T. u. Berichte uber das Ereignis in den Ss.
rer. SUes. XII ed. Wachter, S. 135 u. 138. Vgl. dazu noch Klose
III. 2, 449 fF. Nikolaus' Testament (in deutscher Ubersetzung) bei Pol,
Jahrb. II, 167. Uber die Frage, welches von den drei angeblichen
Richtschwertern des Herzogs das echte sei, sind die Meinungen noch
geteilt.
29) S. 372, Z. 2. F rob ens Bericht Ss. rer. Siles. XH, 139.
Pol in seinen Jahrb. II, 170 berichtet dann noch eine besonders
gravierende Geschichte von dem Herzog. Uber die Fehde mit Fried-
rich n. Sammter, Chronik von Liegnitz II, 98 If. Ulier das TrefFen
bei Canth Pol, Jahrb. II, 198. Uber den schwarzen Christoph Ss.
rer. Siles. Ill, 34 ff. Uber die von Kauffuug vgl. den trefFl. Aufsatz
von Perlbach, Die Herren von Kauffung auf dem Hummelschlosse,
schles. Zeitschr. X, 34. — Abs, 1 (Elide), Von diesen hat der
schwarze Christoph ausgesagt, sie alle seien nur des Herzogs Bar-
tholomiius Riite gewesen, Klose bei Stenzel, Ss. HI, 38.
30) S. 372, Abs. 2. Landfriede 1505, 18. Januar. Original im
Breslauer Stadtarchiv. Abdr. bei Bare de Scopelismo, p. 393. —
Die Husaren, Pol II, 191. Die Stiidtebiindnisse , Ss. rer. Siles. IH,
51 ff.
31) S. 373, Abs. 1, Z. 1. Klose, ebd. S. 64. Daselbst S. 61
cin Brief der Stadt Plock, der die Existenz dor unerhorten Bcstim-
mung zugesteht. — Klose berichtigt hier die aus Dubravius, Hist.
Boh. 816, geschopfte DarsteUung Pols II, 188. Vgl. dazu auch das
Bresl. Stadtbuch Cod. dipl. SUes. XI, 41. — Abs. 2. Der Brief bei
Klose a. a. 0. 60.
32) S. 374, Z. 8. Ob dies Karl oder Ferdinand sein wiirde,
liefs der Vertrag noch dahingesteUt, doch verpflichtete sich der Kaiser,
wenn keiner der beiden Anna heimfiihre, dies selbst zu thun.
33) S. 375, Abs. 2 (Ende). Die folgende DarsteUung basiert
vor aUem auf den nunmehr im zweiten Bande der Lehensurkunden vcr-
offentlichten zahlreichcn Dokumcnten Uber die Festsetzung Georgs in
Schlesien, die dann noch besonders citiert werdcn soUen. Eine auf
sorgfaltigeu Quellenstudien beruhende Skizzc von Georgs Leben hat
Markgraf in Bd. VIH, S. 611 der aUgem. deutschen Biographio
104 Amnerkungen. S. 376. 377.
gegeben. Niiher Iteschaftigen sich daiin auch init ihm zwei fleifsige
Breslauer Promotionsschriften von 1S83, Neustadt, Markgr. Georg
von Brandenburg als Erziehcr am uugarischeu Hofe und Ncufert,
Die scliles. Erwcrbungen dcs Markgrafen Georg von Brandenburg.
Beidon Verfassern war es von den Heransgebcrn gestattet, die Manu-
skripte fiir Bd. II der schles. Lehensurk. zu benutzen. Neustadt hat
dann auch Archivalien des Munchener Reichsarchives, welche zufallig
zu andereu Zweckcn an das Breslauer Staatsarchiv gesendct waren,
einsehen diiifen. — Letzte Zeile. Im Jalu-e 1564 erlaubt Bischof
Johanu „seinem Schwager" Autonius Fugger das Stadtchen Frei-
waldau seinem (d. h. Fuggers) Diener Hans Siifs zu iiberlassen.
Neifser Lagerbuch L. 334 im Breslauer Staatsarchive. Der Ausdruck
Schwager ist schwerlicb im engstcu Sinne des Wortes zu nehmen.
Vgl. den Aufsatz H. Wen z els, Der Fugger Bedeutung fiir die Ge-
schichte Unganis in der ungarischen Revue 1883, S. 204.
34) S. 376, Abs. 2. Schles. Lehensurk. II, 341, wo in der
Uberschrift irrtumlich der von Glogau handelnde Passus auf Ober-
Glogau bezogen ist. — Ende des Abs. Lehensurk. I, 256.
35) S. 376, Z. 9 v. u. Lehensui-k. 11, 345, noch niiher aus-
gefiihrt in der konigl. Bestiitigung vom 11. Oktober 1512 (ebd.).
Der friihere Erbvertrag, auf welchen sich die erstere Urkimde be-
zieht, vom 13. Jan. 1478 (Lehensurk. II, 397), liifst allerdings die
Deutung zu, als konnten die Erbauspriiche von Valentins Mutter
jcderzeit mit 2000 Goldgulden abgekauft werden, doch ist davon in
den spatei'en Bestatigungen keine Rede mehr.
36) S. 376, Z. 4 t. u. Urkunde Kasimirs vom 30. Marz 1510,
Lehensurk. II, 343. Derselbe hatte dann, dem Wunsche Sigismunds
eutsprechend , seinem (Kasimirs) Neffen Bartholomiius von Miinster-
berg Ober- Glogau und ELrappitz verschriebeu ; Bartholomiius stirbt
bekanntlich kiuderlos 1516. Eine Bestiitigung ist allerdings urkimd-
lich nicht crhalten, doch beruft sich Kaiser Max in einem Privileg
von 1517, Marz (Lehensurk. II, 351), welches er als Vormuud Kouig
Ludwigs ausstellt, auf eine Begnadung der beiden Herzoge durch
weiland Konig Wladyslaw.
37) S. 377, Z. 3. Kaiser Max bestiitigt ihm uuter dem 12. Miirz
1517 seine Anspriiche in der bereits erwiihnten Urk. (Lehensui-k. U,
351). Es wird auch im weiteren Verlauf dieser Angelegenheit in
zahlreichen Urkunden auf diese Anspriiche Bezug genommcu. —
Z. 7. Auch dessen Anspriiche werden nebeu denen Kasimirs von
Teschen in der mehrfach erwiihnten Urkunde des Kaisers von 1517
bestatigt. — Ende des Abs. Urk. vom 30. Miirz 1511, Lehensurk.
II, 343. — Abs. 2. Gesammelte Nachrichten, den gegenwiirtigen Zu-
stand Schlesiens betr. 1741, I, 328. — Abs. 3. Urk. vom 11. Okt
1512, Lehensurk. 11, 345.
Amnerkungeu. S. 378 -382. 105
38) S. 378, Z. 6. 31. Okt. 1.512 bestJitigt 2. Nov., Leheusiirk.
II, 348 u. 351. — Z. 11. Urk. vom 1. Dez. 1512 bestatigt 12. Marz
1517, Lehensurk. II, 351. — Die Denunziatiouen des Herzogs angef.
bei Zach. Starck, Sommersberg, Ss. I, 739. Die Zusicherung von
1515 erwabut iu der gleicb anzuf. Urk. vom 21 Febr. 1517, diese
dann iu den Lehensurk. II, 403.
39) S. 379, Z. 1. Vgl. Palacky, Gesch. Bohmens V. 2, 288. -
Z. 8. Revers der Glogauer Landschaft vom 4. Juni 1517, Lehensurk.
I, 2G2. — Eude des Abs. Spiels, Aufldiirungeu in der Gesch. u.
Diplomatik, S. 64.
40) S. 379, Z. 11 V. u. Wie Zach. Starck in seincn hand-
schi-iftl. Teschener Aufzeichuuugen (im Bi-esl. Staatsarch.) anfuhrt,
mufste der Konig 1520 eine Art von Siihne stiften zwischen Kasimir
von Teschen und Lew von Rozmital auf Grund von Injurien des
letzteren gegen den ersteren.
41) S. 380, Z. 12. Otto, Die Wahl Jacobs von Salza, schles.
Zeitschr. XI, 302 ff. — Abs. 2. 19. Sept. 1518 vormundUchc Urk.
des Kaisers Max, Lehensurk. I, 264.
42) S. 381, Z. 3. Karl urkundet vom 30. April 1521 zu Oppeln
mit Johaun von Oppeln zuguusten des Markgrafen Georg (Reg.
Wencesl., Cod. dipl. Siles. VI, Nr. 506), und wie wk noch im Texte
sehen werden, bringt ihm 1523 das Wiederaufkommen der Partci
Georgs die Statthalterwiirde in Bohmeu ein. — Z. 11. Wir besitzen
nur die vorsichtige dilatorische Antwort des Breslauer Rates d. d. 27. De-
zember 1521 angef. bei Klose III. 2, 941. — Z. 16. 23. April 1522,
Lehensurk. II, 359. — Z. 21. 9. Mai 1522, Lehensurk. II, 359 die
erwiihnte Versicherung wegeu des Defekts der Ansessigkcit euthielt
schon das wieder eiugeriickte Privileg vom 16. Febr. 1519 ebd. 355. —
Elide des Abs. Lehensurk. II, 360. — Z. 7 v. u. Lehensurk. II,
659,
43) S. 382, Z. 2. Lehensurk. II, 361. — Abs. 2 (Elide). An-
gefiihrt bei Palacky V. 2, 464.
44) S. 382, Abs. 4. Uber die sogen. „Polerei" habeu wir des
Schweidn. Stadtschreibers Jakob Gar thener Bericht ed. Watteu-
bach in der schles. Zeitschr. II, 375 ff.; dann eine abschriftl. auf dem
Bresl. Staatsarchive (Jauersche Mskr. UI, Iff.) vorl)andcne : „walir-
hafte Beschreibung des ganzen Vcrlaufs in dem Aufruhr zu Schweid-
uitz die Polerei oder die . . . Marckerey gcnannt 1522, welche ganz im
Sinne der Aufstiindischen verfafste Quelle dann auch vorzugsweisc der
Darstellung in Schmidts Gesch. von Schwcidnitz, S. 250 ff". zu Grunde
liegt; feruerKloses vorzugsweisc auf die Urk. des Bresl. Stadtarchivs
basierte Erzahlung (III. 2, 983 ff.). Klose macht S. 997 ff bereits
darauf aufmerksam, wie die Schweiduitzer Chronisten den Sachverhalt
106 Anmerkimgen. S. 383. 384.
entstellt liiittcn, cine Bemerkung, die dauii audi die Schinidtsche
Darstellung triflft. In dem Berichtc bei Palacky V. 2, 468 flf. ist
vonichmlich die politisch nationale Seite zum Ausdrucke gekomincn.
45) S. 383, Abs. 1 (Elide). Die Laduiig durch den Hauptinauu
giebt der Stadtsehreiber Garthener (a. a. 0. 392) bestimmt alsGrtind
des Verlassens von Schweidnitz an. — Z. 3 v. u. Angef. bei Pa-
lacky V. 2, 449.
46) S. 384, Z. 1. Garthener a. a. 0., S. 398 sagt — dorzu
sie (die Schweidnitzer) einen ruckc unde anhalt von ctzlicheu von
adel gebabt, und der Ilerausgeber Wattenbach fiihrt in der Anm. 4
dazu eiue Reibe von Belegen dafiir an.
47) S, 384, Abs. 2, Dafs alle die Schweidnitzer Gesaudten ge-
fangen gesetzt warden, bezeugcn iibereinstimmend die handschriftl.
sogen. „wahrhafte Beschreibung " und Garthener a. a. 0. 394.
Neufert a. a. 0., S. 25, hat sich durch die nicht ganz klare Wieder-
gabe der erstercn Quelle bei Schmidt, S. 261, bewegen lassen, nm-
von 17 Gefangenen zu sprechen. Das waren die nachinals ,,auf den
Hals Angeklagten".
Dafs der Markgraf durcli die ihm vom Konige mitgegebene In-
struktion (vom 18. April abgedr. Klose III. 2, 993) autorisiert war,
iiber die Schweidnitzer pciuliche Strafen zu vcrhiiugen, steht fest,
auch dafs die Breslaucr angewiesen waren, „bei VoUziehung soldier
peinlichen StraflF mit thatlicher Hilf nach allem seiner Lieb Befehl
oliue einigerlei Ausflucht sich unterthiinig zu erzeigen".
Die handscliriftl. sogen. „wahrhaftc Beschreibung etc." bringt
die daiin auch in Schmidts Darstellung (I, S. 260) iibergegangene
Nachricht, dafs Markgraf Georg den Schweidnitzern zunachst freies
Geleit zugesichert, daim aber betriiglicherweise durch seinen Haus-
hofineister von den Geleitsbricfen habe die Siegcl abrcifsen lassen
und darauf die Gesaudten gefangen gesetzt habe. Davon wissen nun
weder der Bericht des Stadtschreibcrs Garthener noch die verschie-
denen bei Klose ausziiglich abgedruckten den Hergang erzUhleuden
Briefs des Breslauer Stadtarchivs, welche mir ganz vorgelegen haben,
etwas. Die Sache ist auch iunerlich unwahrscheinlich. Hatten die
Schweidnitzer Geleitbriefe erhalten, so wiirden sie wohl auch nach
Frankenstein gegangen sein, wohin sie der Markgraf zuerst vorlud;
so aber kamen sie uur nach Breslau, wo sic auf Sympathieen unter
der Biirgerschaft rechneten und sich deshalb sicher fiihlteu, imd
kamen als Kliiger nicht als Angeklagte, hofften auch durch ihre
grofse Anzahl zu imponieren; 65 Leuten hatte man auch nicht so
ohne weiteres Geleitsbriefe erteilt.
Ubrigens geuiigt zur Widerlegung jener Nachricht schon fiir
sich allein cine Stelle des noch im Texte anzufiihrenden Briefes der
Breslauer an die Schweidnitzer vom 9. Juli 1522 (im Bresl. Stadt-
Anmerkungen. S. 384— 38G. 107
archive Notul. communes). Aus dieser erfahren wir, dafs die Schweid-
nitzer auf die Nachricht von der Gefangennehmung der 65 den Mark-
grafen durch die Breslauer haben bitten lassen, vier Gesandten, die
sie zur Fiihruug ihrer Sache uud zu ihrer Verantwortung abzufertigen
bereit seieu, freies Geleit „vor Gewalt und Reclit" zu gewiilu-eu.
Solche Bitte hatte doch keinen Sinn gehabt, wenn der Markgraf kurz
vorher von 65 Geleitsbriefen die Siegel hjitte abreifseu lassen; zum
mindesten hatte da doch auf jenes Ereignis wenigstens den Breslauern
gegenilber Bezug genommen werden mlissen, uud besoudere Vorsichts-
mafsregeln wiirden sicher vorgeschlagen worden sein.
48) S. 384, Abs. 3. Der Brief der Breslauer vom 1). Juli im
Stadtarchiv (Notul. comm.) vgl. auch das eine Rechtfertigungsschreiben
der Breslauer an die Stadt Prag vom 23. Juli ebd., im Auszuge bei
Klose ni. 2, 994 u. 1006.
49) S. 385, Abs. 2. Garthener a. a. 0. 395. — Eine Zu-
sammenstellung chronikalischer Nachrichten liber die Exekution bei
Klose III. 2, 997. Die Ubereinstimmung dersclben in dem Punkte,
dafs Herzog Friedrich der eigentliche Urheber der Hiurichtuugen
sei, habe ich geglaubt, nicht ignorieren zu diirfen. — Die Breslauer
erklaren iibrigens in dem erwiihuten Rechtfertigungsschreiben an die
Prager die Haudlungsweise des Markgrafen fiir durchaus korrekt.
Isto more coactus est legatus (d. h. der Markgraf) ex jure in eos
animadvertere. Quesivit et collegit omnium ordinum sententias et
calculum, necesse fuit aut eos injustos pronunciare aut Regiam Ma-
jestatem et justitiam offendere.
50) S. 385, Abs. 3. Urkundliche Anfiihrungen bei Palacky,
Bohm. Gesch. V. 2, 469 und bei Schmidt, Gesch. von Schweiduitz
I, 263. — (Schlufs (les Abs.) Schmidt I, 275.
51) S. 386, AI)S. 3. Acta Tomiciaua VI, 54 u. 147; Schmidt
I, 251; Palacky V. 2, 468.
52) S. 386, Abs. 3. Abgedr. Lehensurk. I, 58. Wir kiinnen
nicht umhiu zu konstatieren, dafs von dieser den Schlesiern so nach-
teiligen Urkuude, welche dazu bestimmt war, ihr Hauptprivilcg null
und nichtig zu machen, ihnen uiemals ein giiltiges Original vorgelegt
worden ist, ja dafs die Schlesier iiberhaupt von der Existenz eincr
solchen Urkunde gar uiclits erfahren haben, bis daun ])ci dem grofsen
von den Bohmen gegeu die Schlesier 1545 angcstrengteu Privilegien-
streite jene diese Urkunde vorbrachten, doch ohnc eben ein Original
vorlegcn zu konnen. Palacky (V. 2, 470, Anm. 341) gesteht selbst
ein, nur einfache Abschrifteu im bohm. Gubernialarchivc und im
mahr. Landesarchive geseheu zu habeu, uiid der Abdruck in den
Lehensurk. I, 58 ist erfolgt nach einem Traussumte des Prager Dom-
kapitels von 1546, also gemacht gerade in der Zeit, wo der Privi-
lOS Anmerkungen. S. 387. 388.
Ipgienstrcit in seiner Bliite stand, unci von einer Bclioide, die nicht
fur neutral und iinbeteiligt geltcn konnte, sondern die im Gegenteile
als czechisch gcsinnt und katholisch damals den evangelischeu und
deutschen Schlesiern iiotorisch feindlich gegeniiberstand , vou der
also eine unbefangenc Priifung der vou derselben zu transsiuniereu-
den Urkunde nicbt vorausgesetzt werdeu konnte. Die Schlesier
batten daher guten Grund, jeue Annullieruug ibrcs Landesprivilegs zu
ignorieren und als nicbt vorbanden anzuseben. Es wird ja dor Partci,
die damals am Keginiente war, geradezu vorgeworfen, dafs Lew von
Rozmital und Genossen dem Konige viclfacb Urkunden zur Bc-
stiitigung und Unterscbrift gegebeu batten, dereu wabren Inbalt und
Tendenz sie vor ibm verbeimbcbt batten, dafs sie wicbtige Urkunden,
Instruktionen und Scbreiben binter des Konigs Riicken batten aus-
geben lassen etc. (Anflibi-ungen bei Palacky V. 2, 477 aus den
Acta Tomiciana VI, 238 if.). So gut wie der Landtag von 1523 den
in der Zeit von Lews von Rozmital Regiment gefafsten Landt^gs-
bescblufs, auf den die Urk. vom 29. Oktober 1522 (Lebensurk. II,
3(i3) basiert ist, einfacb ignoriert, dm'ften aueb die Scblesier jeue
Attentate auf ibr Landesprivileg uubeacbtet lassen.
Was in den bobmiscben Landtagsverbandlungen von 1545 iiber
diese Augelegenbeit gesagt ist (Bobm. Landtagsverbandlungen [Prag
1877], I, 628) bringt nicbts Neues als die Bebauj^tuug, es babe be-
reits Konig ^Vladyslaw das scbles. Privileg von 1498 revociert. Da-
von ist nicbts bekannt, ganz im Gegenteil besitzt das Breslauer
Stadtarcbiv einen Originalbrief dieses Konigs vom 18. April 1504
(Lebensurk. I, 53), in welcbem derselbe erklart, dafs das Geriicbt, als
babe seiner Zeit der bobm. Kanzler Jobann von Scbellenberg das
grofse Privileg von 1498 obne Wissen des Konigs ausgeben lassen,
voUkoramen ungegriindet sei.
53) S. 387, Z. 1. Lebensurk. I, 55 und II, 363. — Abs. 3.
Die Urkunde Karls V. in den Lebensurk. II, 362. — Z. 9 v. u.
Anfiibnmgen bei Palacky V. 2, 491 und Bestiitigung durcb Konig
Ludwig, 7. April 1523, Lebensurk. II, 367. — Z. 5 v. u. Lebens-
urkimdeu II, 365. — Z. 2 v. u. Ebd.
54) S. 388, Z. 1. Lebensurk. II, 367. — Z. 4. II, 400. —
Z. 9. II, 547. — Z. 11. II, 550. - Z. 14. II, 549. — Schlufs
des Abs. II, 454.
Anmerkuugen. 392—397. I09
Fiinfter Abschnjtt.
1) S. 392, Abs. 1. Vgl. namentlicb die Klostcr-Urkunden von
Rauden uud Ratibor iu Bd. II. des Cod. dipl. Siles. uud ebendas.
S. 31. Wenn bier das Polonicum dem vulgare (d. h. dem Deutschen)
entgegengesetzt wird, so ist mit Siclierbeit anzunebmen, dafs uicbt
polnisch, sondern czecbiseb gemeint sei. Vou eigeutlicber pobiiscbor
Sprache finden wir nur iu der Kreuzburger Gegend einige Spunin,
soust beiTscbt allgemein das Czechische vor, wenugleicb vielfacli von
poluiscben Fonnen durcbsetzt. — Abs. 2. Vgl. Biermann, Ge-
scbiclite von Troppau, S. 432. Kopetzky, das Troppauer Landes-
archiv. Schles. Zeitschr. VIII, 420. Tractat Johaunis de Ko-
morowo ed. Zeissberg. Arcb. fiir osterr. Gesch. Bd. 4i», S. 384
(88). — Schlufs des Abs. Wattenbacb, Das Slavenkloster in
Ols, scbles. Zeitscbr. Ill, 206.
2) S. 393, Z. 6. Stenzel, Bistumsurk. Einl. XCII u. Griin-
bagen, Karl IV. in seinem Verbiiltnisse zur Bresl. Domgeistlicbkeit.
Arcbiv fiir Kunde osten-. Gescb.-Qu. Bd. XXXIX, S. 6, 7. — Das Statut.
vom 28. Juui 1498, der Hauptsacbe nacb mitget. bei Otto de Job. V
Turzoue, Breslau 1865, S. 12 Anm. 7. — (Schlufs des Abs.) Urk.
vom 15. Juni 1495 bei Tzchoppe u. Stenzel 022. — Z. 7 v. u.
Griinhagen, Hussiteukampfe der Scblesier, S. 276. 277.
3) S. 394, Abs. 2, Vgl. Zeifsberg, Analekten zur Gescbicbte
des 15. Jahrbunderts. Zeitscbrift fiir die osterr. Gyninas. 1870.
Heft 5 u. 6, S. 367. — Ss. rer. Siles. VI, p. 40. — Die Grotefend-
seben Stammtafeln fiibreu zablreicbe Fiille solcber Heiraten mit Mag-
uatentoehteru aiif.
4) S. 395, Z-. 10. Ss. rer. Siles. XH. ed. Wacbter, S. 37.
Die Worte: eo tamen nulla verba querelarum iutelligente luid die
darauf folgende Frage des Herzogs bei der Verkiindiguug des Urteils,
was wobl diese Leute gesprocheu babeu mocbten, lasseu kaum einen
Zweifel, dafs er nicht Deutscb verstand. — Abs. 1. Briefe des
Herzogs Heiurich an seiue, einem Anbaltsebeu Fiirsten vermablte
Tocbter gerichtet, aus den Jahreu 1494 — 1497, welche icb im berzog-
licben Arcbiv zu Zerbst fand, und die dann Herr Profes.sor Neliring
in dem Czasopis Mus. Czesk. 1883, S. 527 flF. veroffentlicbte. — Abs. 1
(Scldufs). Perlbacb, Schles. Zeitscbrift IX, 288. 289. — Abs. 2
(Aiifang). Ss. rer. Siles. XII, p. 136. Als offizielle Spracbe dor
Fiirstentage wird das Deutscb bezeicbnet in dem erwiibnten biscbijfl.
Statut von 1498.
5) S. 397, Z. 1. Ss. rer. Siles. Ill, 152. — Abs. 3. Das die
Riebtung diesor Strafsen auf Brieg festsetzende Privileg vom Jabre
1310 (Cod. dipl. Siles. IX, 226^ ward dann 1474 durcb Konig Mat-
no Anmerkungcn. S. 398. 399.
thias aufs ueue bestiitigt (ebendaselbst Nr. 1039). — Z. 2 v. u.
Kloden, Beitnige zur Geschichte des Oderhaudeb II, 74.
6) S. 398, Z. 2. Die iilteren Stadtbiicher beider StUdte habcn
dafiir ungemein zahlreiche Belege. — Z. 4. Kestner, Beitriige
zur Gescbichte der Stadt Thorn, 1883 S. 23. Der hier unerkliirlicb
erscbiencne Ortsname Ilurle stofst uus schou in der von mir edierten
Kon-espondenz der Stadt Breslau mit Karl IV anf (S. 10 Arcliiv fUr
Kunde osterr. Gescb.-Qu. 1865), und meine Erkliirung dui'cb Orla bei
Krotoschin erscbeiut uacb der Lage des Ortes wold wahi-sclieiidicb.
Orla scheint, bevor Krotoscliin eutstand, eine gewi.sse Bedeutung ge-
babt zu liaben. Bei der Glogauer Teilung von 1312 wird Hurla
cum suo districtu besonders aiifgefiibrt. Scbles. Lehensurk. edd.
Griiuhagen u. Markgraf I, 121. — Z. 7. Kestner a. a. 0. —
Z. 9. Ss. rer. Siles. Ill, 144. — Schlufs von Abs. 1. Scbouwiilder
Ortsnachrichten von Brieg I, 271. Kloden a. a. 0, IV, Iff.
7) S. 398, Abs. 2 (Mitte). Cod. dipl. Siles. IX, Nr. 1096 —
(Schhils). So Liegnitz und 01s im Anfange des 15. Jabrhunderts
bei Hirsch, Handelsgescbicbte von Danzig 184. Brieg und Scbweid-
nitz erscbeinen 1404 bei den Verbaudluugen eiues Haudelsvertrages
der preufsiscben Stiidte mit Bobmen und Scblesicu durcb Gcsaudte
vertreten. Hanserezesse I, S. 141. — Z. 11 T. u. Wenu z. B. in
Wien am Beginne des 16. Jabrbunderts ueben Breslauer Tucben uocb
„Schlesinger Tuche" als feilgeboten bezeicbuet werdcn, Arcbiv fiir
Kunde i3steiT. Gesch.-Qu. XIV, 288. 291. 299, so diirften miter den
letzteren Tucbe aus schlesiscben Provinzialstildten zu versteben
sein. — Z. 6 v. u. Ss. rer. Siles. Ill, 151. — Z. 5 v. u. Zeit-
scbrift VIII, 447.
8) S. 399, Z. 3. Hens el, Bescbreibung von Hirscbberg, S. 200,
zeigt sicb luisicber, ob er nicbt das Gauze ein Jahrbundert spiiter
setzen soUe, wUhreud er docb zugesteht, dafs das viel zu spat sein
wUrde.
9) S. 399, Abs. 2. Candela retboricae ed. Watte ubacb.
Arcbiv fill- Kunde osteiT. Gescb.-Qu., Bd. XXX. — Ss. rer. Siles. Ill, 281,
wird zu den Jabren 1524 imd 1526 nocb Laubaner und Frciberger
Bier als im Scbweidnitzer Keller ausgescbenkt erwiibnt. Beuseler
in seiner Gescb. Freibergs 494 erwiibnt bereits aus dem Ende des
15. Jabrbunderts Niederlagen von Freiberger Bier in Scblesien und
Ungarn. — Scbweidnitzer Bier wird bereits 1331 in Breslau von der
Stadt ausgescbenkt. Cod. dipl. Sil. Ill , 57. Die iilteste Ei-wahnung
des Namens Scbweidnitzer Keller finde icb z. J. 1439. Zeitschr. VIII,
441. — (Schlufs). Toppen, Akten der Standetage Preufsens III,
579 z. J. 1453.
Anmerkungen. S. 399—401. Ill
10) S. 399, Abs. 3. Steinbeck, Gesch. des schles. Berg-
baues I, 118. — Z. 12 y. u. Vgl. die urkundlichen Anfiihrungon
bei Steinbeck II, 130 ff. Auch die eben angef. Urkunde von
1505 gehort in diesen Zusammenhang. — Z. 9 v. u. Steinbeck I,
139. — Z. 7 V. XI. Die Erlaubnis zu schiii-fen erteilt ihnen 1498
der Landeshauptmann. 1506 erwerben die Hirschberger Grunau ganz,
Hensel, Gesch. von Hirscbberg 185. — Z. 6 v. u. Eine Urkunde
dariiber vom Jahre 1341 im Kamenzer Urkundenbuch ed. Pfoten-
hauer, Cod. d. Siles. X, 141. — Z. 5 v. u. Kamenzer Urkundenb.
322. — Z. 3 v. u. Ss. rer. Siles. Ill, 151. 2.
11) S. 400, Abs. 1. Heintze, Reichenstein S. 54, Kamenzer
Urkundenb. 331 flP. und schles. Zeitschrift XVIII, 157 (in dem Auf-
satze Schimmelpfennigs liber Karl von Miinsterberg). Abs, 2.
Urkundl. Anfiihrungen bei Steinbeck II, 107 fF. und dazu Ss. rer.
Siles. Ill, 152. — Abs. 3. 1514 uberliifst Anton Fugger Freiwaldau
samt dem Bergwerk seinem Diener Hans Siifs. Breslauer Staats-
archiv, Neifser Lgb. L, 334. — Abs. 4. Lehensurk. I, 537. Bei
dem Verkauf von 1398 (Lehensurk. I, 825) wird des Bergbaues nicht
besonders gedacht. Vgl. Steinbeck II, 32.
12) S. 400, Abs. 5. In den Breslauer Rechnungsbiichern aus
dem 14. Jahrhundert (Cod. dipl. Siles. Ill) wird ueben dem Krakau-
Wiliczkaer Steinsalze auch das Hallesche aus der Soole gewonnene
Salz erwahnt, doch behielt das erste ofFenbar den VoiTang. —
Z. 9 T. u. Agf. bei Klose U, 1. 291. — Z. 5 v. ii. 1466 N.
Tinzmann , Hans Gebauer und Compagnie , 1481 ; N. Kurn , Hieron.
Scheuerlin nebst Compagnie: Ss. rer. Siles. Ill, 138. — Z. 3 T. u.
Ebendas. 137. — Letzte Zeile. Ein Beispiel gerade nach Venedig
hin aus dem Jahre 1444, schles. Zeitschrift IX, 169. Vgl. dazu M.
Neumann, Gesch. des Wechsels im Hansagebiet, Erlaugen 1863
vomehmlich S. 38. 39.
13) S, 401, Z. 3. Bei der beklagenswerten Armut an Quellen
gerade filr die Handelsverhiiltnisse mufs man sich an cine gelogont-
liche Anfiihrung halten", wie z. B. cine Safranlieferung nach Preufsen
im Jahre 1433, schles. Zeitschr. VIII, 156. — Abs. 2. Ss. rer.
Siles. Ill, 51 vom Jahre 1509. — Abs. 3. Vgl. den Aufsatz G.
Bauchs liber Lorenz Rabe in der schles. Zeitschr. XVII, 239 und
dazu die Anfuhrung in Aum. 2 aus dem Neumarkter Stadtbuch von
1460. — Abs. 4. Vgl. das Register zu den Bresl. Reclinuugsbiicliern
(cod. d. Sil. III). Bestimmungen liber Weinpreise vom Jahre 1373,
Ss. rer. Siles. HI, 197. Bestrafuug von Zuwiderhandlungcn 1495,
ebendas. 83.
14) S. 401, Abs. 5. Ss. rer. Siles. HI, 138. Von dem „enge-
lischen want" ward mit Beziehimg auf Breslau auf einer Hausevers.
zu Danzig 1404 gehandelt. Hanserezesse I, 1. 139. Kestner,
112 Anmerkungen. S. 401-403.
Beitnige zur Gesch. der Stadt Thorn, 1883 S. 23 ff. Direkt iiacb-
zuweisen vermogen wir schles. Tuchausfubr nacb Ungani hin (1440),
schles. Zoitsch. VTII, 447, nacb Wion Anfaiig des l(j. Jabrbuiiderts,
Arcbiv tur Kunde osterr. Gescb.-Qu. XIV, 2^3. 291. 299. Aufsordem
balte ich es fiir zweifellos, dafs aucb nacb Westen hiu und ebenso
nacb Preufsen und Polen scble.siscbe und vornebralich Breslauer Tuclie
exportiert wurden. ^
15) S. 401 uuteii. Ausfiibrlicbes Uber die Streitigkeiten wegeu
des Waidbandels bei Knot he, Gesch. des Tuchmacber-Handwerks
in der Oberlausitz. Neues Lausitz. Mag. 58. von S. 257 an.
16) S. 402, Abs. 2, Der Export von Kupfer nacb Yonedig wird
ini'brfacb i. d. Scbeurlscben handscbriftl. Aufzeicbnungen crwiibut.
Vgl. aucb die Aufubrung z. J. 1420 bei Ilirscb, Dauziger Handels-
gescb., S. 184. — Abs. 3. Hanserezesse I, 5. 293. — Abs. 4. Ss.
rer. Siles. Ill, 137. Das alte Breslauer Stadtbucb aus dem 14. Jabr-
bundert, der sogen. Autiquarius, voniebmlicb Kaufe von wiederkiiufl.
Zinsen eutbaltend , zeigt Tborner Eintragungen in Menge , und um-
gekehrt ist Professor J. Caro bei seiuen Studien im Arcbiv zu Tliorn
die Fiille von Beziebungen zu Breslau aufgefallen. Nacb den Ilus.siten-
kriegen (1439) erbitten die Bresl. unter Berufung auf den erlittonen
Kriegsscbadeu von Danzig luid Thorn Nachsicht wegen der dortigen
Biirgern zustehenden Zinsen aus Breslau. Danziger Ai'chiv Qu. XXIII,
15 und dazu Hanserezese II. 1, 223 und 409.
17) S, 402, Abs. 5. Vgl. die alphabetische ZusammensteUung
der Breslauer im Rate vertretenen Familieu im Breslaufr Stadtbuche
'c. d. Siles XI, von S. 89 an) und dazu v. Prittwitz, Breslauer
Katsfamilien in Scblesiens Vorzeit III, S. 391. Die Familie Scheurl
ist bier mitgenaunt als eine bekannte Niiruberger Patrizierfamilie, ob-
wobl ibr Ahuherr Albr. Scheurlin um die Mitte des 15. Jabrhunderts
nicht aus Nih-nberg, sondem aus Lungingen (Gundelfingen) in Bayern
nacb Breslau iibergesiedelt. Dor biesigo schlesische Geschicbts-
verein besitzt abscbriftlicb die auf Breslau bezUglichen Abschnitte
des Scheurlschen Familienbuches.
18) S. 403, Abs. 1. Uber die Niederlage vgl. Korn, Bres-
lauer Urkundenbuch S. 43 und die Anfiihrung eines Konigl. Scbreibcns
vom Jabre 1572 bei Liinig, Reicbsarchiv XIV, 2, S. 335. — Abs. 2.
Die Urkmide von 1417 und 1441 bei Luuig XIV, 2. 315. 31G. Sebr
lehrreich fiir die Eutwickelung des Stapelrechts ist eine Denkschrift
der Breslauer im Jabre 1512 zur Information (3es Konigs abgefafst,
ausziigUch mitgeteilt bei Klose III, 2, 257 ff. — Z. 2 T. u. Von
den beiden Urkuuden datiert die Brandenburger vom 2, Febr. 1490,
abgedruckt bei Riedel cod. d. Braudenburgensis und bei LUnig
ji. a. 0. 317 ; die fiir Breslau des Konigs Matthias vom 1. Marz
Anmerkuiigeii. S. 404—407. t|,S
1490 befindet sich im Originalo im Breslauer Stadtarcliiv L. 14 a.,
abgedruckt bci Liinig a. a. 0. 318.
10) S. 404, Z. :J. Kestner a. a. 0., S. 30. — Z. 7. Hanse-
rezesse III, 2. S. 452. Man .sieht aus dieser Bescbwerde, dafs in
Kalisch eiii Stapelrecbt bereit.s vor dem grofsen Niedcrlagsprivileg
von 1496 (Raczynski C. d. maj. Pol. 193) ausgeiibt worden ist.
Vgl. dann die Urkunde bei Liinig, Reicbsarchiv XIV, 2. 321 und
329. Uber den Streit mit Glogau viele nrkundliclie Anfiibrnngpii bei
Klose in, 2. 559 ff.
20) S. 404, Z. 8 V. II. In den scbon erwahnten Scbeurlscben
Anfzeicbnungen wird in den Jabren 1443 — 1455 der imter den Ge-
sellscbaftcrn znr Verteihuig kommende Reingewinn auf 29 bis 40 %
beziffert.
21) S. 405, Z. 8. F. Friedensbnrg, Das Miinzwesen Schlesions
im Mittelalter. Zwei Abliandhnigen in der Berliner Zeitscbrift fiir
Miinzkuude 1882.
22) S. 40.'), Abs. 2. Fiirstentum Sagan 1472. Fiirstentnm
Crossen mit Ziillicbau, Sommcrfeld, Bobersberg etc. 1482 beide nm
50000 Goldgnlden, Herzogtum Jagerndorf 1523 um 58900 Gold-
gulden. Lebeasurkunden I, 213 und 242; II, 547. — Abs. 2 (sun
Eude), In dem scbon erwabnten Scbeurlscben Familienbucbe wird
fiir Albr. Scbeurl diese ZaU oder genauer 24573 Dukaten augegeben,
und es i.st wobl anzunebmen, dafs dieser nicbt der eiuzige war, der
Gescbiifte in solcbem Umfange macbte. Es stimmt docb ganz damit
zusammen, wenn wir boren, dafs gegen Ende des 15. Jabrbunderts
dem Breslauer Kaufmanu Rindfleisch auf einer Geschaftsrei.se lOOO
Dukaten gestoblen werden konnten, ohne dafs denselben dies in Ver-
legenheit bringt, und dafs im Jabre 1500 Konr. Sauennanu in Venedig
6100 Dukaten einzukassieren hat. Ss. rer. Siles. Ill, 137.
23) S. 405, Abs. 3. Anfiibrungen in den Ss. rer. Siles. Ill,
110. — Abs. 4. Trebnitz, Pols Jabrbiicber II, 136. Dann die
Sammlung von Kapitels-statuten im Breslauer Staatsarcbiv D. 1 b. f.
165. — Z. 2 T. u. Tbommendorf, Ss. r. Siles XI, 8.
24) S. 406, Z. 2. Pol II, 166. — Abs. 2. Ss. rer. Siles. Ill,
110.. Ss. rer. Siles. I, 447. Hoffmanns Monatsschrift II, (525.
Ss. rer. Siles. XI, 15. Pol III, 34. Ss. rer. Siles. Ill, 113.
25) S. 406, ibs. 2. Korn, Breslauer Urkundenbucb 41. Aus
Liegnitz ist eine Peuerordnung vom Jabre 1340 abgedruckt in der
schles. Zeitscbr. Ill, 223.
26) S. 407, Abs. 1. Sehi- zalilreiches urkundlicbes Material
gerade aus Scblesien von der zweiten Halfte dcs 14. Jahi'bunderts
Grunhagen, Gescli. Schlesiens. I. O
114 Anmerkungen. S. 408—413.
an, liefert das treflPliche Buch von Fraiienst ildt, Blutraclie und
Totscblagssuline, Leipzig 1881, im Anbange.
27) S. 408, Al)s. 2. Vieles dankenswcrte Material iiber diesen
Gcgenstaud liefeil das Bucb von H. Scliaffer, Uber die Liebfrauen-
gilde zu llatibor. Katibor 1883. — Abs. 3. Markgraf, Bcitrag
zur Gescbicbte des evangeliscben Kircbeuwcsens in Breslau. (Breslaii
1877), S. 8 und 18. Die Klemeuskircbe in der Ncustadt darf als
Zunftbeiligtum der ncustUdtiscben Weber gelten. Vgl. aucb Korn,
]^ic luuung als fromme Brliderscbaft. Cod. dijil. Siles. A'^lll,
s. xLvn.
28) S. 409, Abs. 1. Luchs, Die Deukmiiler der St. Elisabetb-
kircbe zu Breslau (Breslau 18G0) imd Stbenus , Descriptio Vratislavitie
ed. Kuuiscb 1832 p. 24. — Letzte Zeile. In der scbon mebrfacb
erwiibnten Abscbrift des scbles. Geschicbtsvereins.
29) S. 410, Abs. 2. Wattenbacb bat in der scbles. Zeit-
scbrift, Bd. III. S. 44fF. und Nacbtrag dazu S. 216 die ersteu Nacb-
ricbteu iiber Leproserien in Scblesien zusammengestellt, welcbe dann
allerdings bei weitem nicbt von alien in Scblesien vorbandenen der-
artigen Anstalten bericbten.
30) S. 411, Abs. 2. Die Augustinercbrondk bei Stenzel, Ss.
rer. Siles. II, die von Sagan ebendaselbst, Bd. I. Tractatus de long-
evo scbismate ed. Loser tb, Wien 1880 (Arcbiv fiir osterr. Gcscli.,
Bd. LX. 2). Die Glatzer Cbromk ist nocb nicbt abgedruckt. Vgl.
iiber sie Wattenbacb, Die Cbronik der Augustiner zu Glatz, scbles.
Zeitscbrift lU. — Letzte Zeile. Abgedruckt bei Mosbacb, Piotr
.syn Wlodimirza, Ostrow 1865.
31) S. 412, Abs. 1. Der nui- in sehr schlecbten Abscbrifteu
erbaltene Text des Eosicz ist neuerdiugs sebr sorgfiiltig ediert vou
Dr. Wachter in den Ss. rer. Siles. XII, ebenso Jobnsdorf.
Stbenus abgedr. von Kuniscb in zwei Programmen des Konigl.
Friedricbs-Gymnasiums zu Breslau, 1832 und 1836. — Abs. 2. Vou
Dlugosz die Leipziger Ausgabe vom Jabre 1711, eine neue Aus-
gabe in vier Biindeu, Krakau 1873 — 1878. M. v. Bolkenbain neu
ediert vonWacbter in den Ss. rer. Siles. Bd. XII. Uber Escben-
loer vgl. die Ausgaben seiner beiden Bearbeituugeu, der lateiniscben
und deutscbeu, sowie deren Cbarakteristik bei Markgraf, Ss. rer.
Siles. Vm.
32) S. 413, Z. 1. Gedruckt in den Mouum. Germ. XIX, resp.
bei Stenzel, Ss. rer. Siles. I. — Z. 10. Die Bilder der Iledwigs-
legende sind berausgegeben von Wolfscron, Wien 1846 und dazu
Lucbs, Die Bilder der Hedwigslegende, Breslau 1861, Programm undi
darin nocb besonders S. 15. — Abs. 1 (am Elide). Die deutscbeJ
Anmerkungen. S. 413 — 415. 115
Fortsetzuug vou 1490 — 150G ist neu hcrausgegeben vou Wachter,
Ss. I'er. Siles. XII.
33) S. 413, Albs. 2. Klose bei Stenzel, Ss. rer. Silcs. Ill,
325ff. weifs aus dem Zeitraum 1458—1526 an 60 aiicb als Scbrift-
steller berlibmt gewordene Scblesicr zu iiennen. Vgl. audi Haiikc,
de Siles. indig. eruditis, und die bochst fleifsigen imd verdieustvollen
Arbeiten Heuscbels, Schlesieus wisseuscbaftlicbe Zustiinde im
14. Jabrhundert , Breslau 1850 und zur Gescbicbte dcr Medizin in
Scblesien, Breslau 1837. Umlixngreicbe Ausziige aus Popplaus Tage-
bucbe in 01s ner und Reicbe, Scblesien ebedem und jetzt, IJd. I.
und bei Klose (Stenzel, Ss. rer. Siles. Ill, von S. 361 an).
34) S. 414, Z. 6. iJber Tempelfeld vgl. Loscrtbs Aufsatz,
Wieu 1880, Arcbiv. fiir osterr. Gescbicbte 61, 1, wo aucb der grofste
dieser Traktate abgedruckt ist. — Z. 14 v. u. Tagmann, Petrus
Vincentius, der erste Scbulinspektor in Breslau, Breslau 1857, S. 37. —
Z. 6 T. u. Angef. von Fiscber, Gescb. von Jauer I, 201, allerdings
obne genaueres Citat.
35) S. 415, Z. 1. Tbomas Platters seit dem Jabre 1718
vielfacb gedruckte Selbstbiograpbie. Die au^f Breslau beziiglicben
Stelleu sind bei Reicbe, Gescb. des Gymnasiums zu St. EUsabetb.
Programm von 1843, S. 18 — 20 abgedruckt.
36) S. 415, Abs. 2. In Bologna babe icb selbst im Archive
der Grafeu Malvezzi dei Medici drei Handscbriften geseben: Aunales
clarissimae nationis Germanorum, Liber armorum Germanicae nationis
apud Bononiam und Matricula uobilissimi Germanorum collegii, letztere
mit dem Jabre 1289 beginneud und bis 1688 reicbeud. Dieselbeu
zu beuiitzen war mir uicbt gestattet, da, wie icb borte, cine voU-
stilndige Herausgabe durcb den dortigeu Staatsarcbivar Malagola be-
absicbtigt sei. Einiges Wenige iiber diesen Gegenstand fiudet sicb
in Heuscbels oben angefiibrten Scbriften entlebnt aus Sarti de
clar. Arcbigymn. Bononiens. professor. Bonon. 1769 fol. Reicbe
in dem Programm des Elisabetbgymnasiums vom Jabre 1843, S. 8
fand aus dem Zeitraum von 1430—1503 fiinfzebn Zeugnisse Breslauer
Domberren, von welcben 9 zu Rom, 4 zu Bologna und 2 zu Perugia
imd Padua akademiscbe Studien gemacbt batten. — Dio Uuiversitut
Krakau besitzt ihre Matrikelbiicher von 1400 an. Die daraus von
Zeifsberg gegebeneu Ausziige (das alteste Matrikelbucb der Uni-
versitiit Krakau, Insbruck 1872) wcisen eiue Meuge Scblesier auf.
Ebeuso fiuden sicb dieselbeu zablreicb vertreten in den Statuta nee
non liber promotiomun in univ. JagcUouica 1402 — 1849 ed. Mucz-
kowski, Krakau 1849. So finden sicb z. B. zum Jabi-e 1407 unter
den Nomina Magistrorum pro tunc regencium Magister Erasmus von
Neifse, Magister Franz Kreysewtz von Brieg, Magister Nic. Sculteti
116 Anmerkungen. S. 41G— 418.
von Konradswaldaii , Magister Joh. von Kreuzburg, Magister Anton
Tempelfeld, Magister Nik. von Glogau, Magister Nik. von Pitschen. —
In Wien war 1388 Eektor Johann Gallici, ein Schlesier, Leibarzt
Herzog Albrechts III. von Ostcrreich, eiuer der grofsten Arzte seiner
Zeit. Uber andere Schlesiei', die sich auf dieser UniversitJit beriihnit
gemacht haben, vgl. Heyne, Bistum Breslau II, 1G5.
3?) S. 41fi, Abs. 1. Heinrich Wuttke teilt in seinem Auf-
satze: Die Versuche der Griindung einer UniversitJit in Scblesien
(Schles. Provinzialbl. 1841, S. 5, Anm. 1), Statistisches hieriiber aus
den Leipziger Matrikelbiicbern mit. Danacb scbwankte die Zabl der
jiilulicb neu aufgenommenen Scblesier durcbscbnittlicb zwisclien 10
und 20, stieg aber nie Uber 30. Wuttke, Collegium b. Mar. Virg.
in univers. Lipsieusi. Leipzig 1859. Pfotenhauer, Scblesier als
Rektoren der Univers. Leipzig, scbles. Zeitschr., Bd. XVII, von S. 177
an. — A1)S. 2. Uber die Bcziebungen zu Herford, welcbes infolge
der ungeuauen Ausdrucksweise im Texte zu Unrccht als Uuiversitiits-
stadt erscbeinen konnte, vgl. Rciche, Programm des Bresl. Elisa-
betans 1840, S. 31 ff. — Al)s. 3. Angefiihrt bei Tagmann a. a. 0.
44. — Abs. 4. Dziatzko, Kaspar Elyan, Breslaus erster Drucker.
Scbles. Zeitschr. XV.
38) S. 417, Z. 4. Probe des Drucks und der Illustrationen bei
(Scbeibel) Geschichte der Stadtbucbdruckerci zu Breslaii 1804. —
Abs. 2. Vgl. G. Bauch, Laurentius Corvinus, scbles. Zeitscbr. XVII.
39) S. 417, Z. 2 V. u. AUgem. Biographic XIV, 230.
40) S. 418, Abs. 1. Der Stiftungsbrief mitgeteilt aus dem Orig.
von Gaupp in der schles. Zeitschrift I, 234. — Letzte Zeile. Uber
den ganzen Plan vgl. neben der bereits angefiihrten Schrift von
Wuttke nocb die JubilJiumsschrift der Bresl. Universitat von Rein-
kens u. d. T. Die Universitat zu Breslau vor der Vereinigung der
Frankfurter Viadrina mit der Leopoldiua, Breslau 18(jl. Den Re-
sultaten des Verf. vermag ich allerdings nicht ganz zuzustimmen.
Er scbeint mir weder erwiesen zu haben, dafs der Widerspruch Kra-
kaus nicht mitgewirkt babe, noch dafs es bier an Miinnern fiir die
neue Universitat gefehlt habe, was schon nach unseren Anfiihnmgen,
die vins Schlesier als Docenten auf so vielcn Hochschulen zeigten,
kaum glaublich erscheint. Dafs das Breslauer Kapitel zum heiligen
Kreuz von der Aussicht, seine Pfriuiden zu akademischen Zwecken
benutzt zu sehen, nicht iibermafsig erbaut war, ist am Ende reclit
begreiflich, und derartige Oppositionen wiirden ,sich an audern Orten
ganz ebenso geltend gemacht haben.
41) S. 419, Z. 6. Bei Wuttke a. a. 0. S. 5. Anm. Vratislavia
qiiae universac Silesiae est metropolis miraque loci felicitate aedifi-
ciorumque ac insignium strixcturarum praestantia civiumque in,super hu-
Anmerkungen. S. 419 — 421. 117
manitate cunctas facile Germauiae urbes exsuperat. — Der Elisabcth-
turm vor 1529 abgebildet bei Schmeidler, Gesch. der Elisabeth-
kirche. — Abs. 2. A. Schultz, Scblesiens Kimstlebcu iin 15. bis
18. Jabi-h. , Breslau 1872, S. 3, eiue Abbaudluug, der ich iu diescm
Abschnitte vorzugsweise gefolgt bin. — Z. 11 v. u. Desci'iptio Vrat.
p. 20. — Z. 10 V. u. A. Schultz hat solche Schatzvcrzcichuiase
veroffentlicht in den Abhaudluugen der schles, Gesellsch. fiir vater-
landische Kultiu', 1867, 1. hist.-phil. Klasse.
43) S. 420, Abs. 2. Schultz 8. 9. _ Das Museum schles.
Altertiimer zu Breslau bietet in dem Marien-, dcm Barbara-, dem
Stanislaus - Altare Proben dieser KunstAverke. — Das Zuckmanteler
Osterspiel abgedruckt in Hoffmanns Fundgruben, Tl. II. — Z, 5
V. u. Angefiihi-t bei Bauch, Laurentius Corviuus, schles. Zeitschr.
XVII, 259.
43) S. 421, Z. 4. Abgedruckt iu Fiildeners schles. Biblio-
thek von S. 363 an. — Z. 9. Angefiihit bei Gil let, Crato von
Crafftheim I, S. 4. — Z. 12. Aus der Praefat. cateches, scholae
Goltperg.
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