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Full text of "Geschichte Schlesiens"

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Geschichte  Schlesiens. 
I. 


Ex  librla 

C.  K.  nnr^rs 


Gesehichte  Schlesiens 


von 


Dr.  C.  Griinhagen, 

Eonigl.  ArcliiTrat  uud  Professor  an  der  TJniversitit  Breslan. 


Erster  Band: 

Bis  znm  Eintritt  der  habsburgisclien  Herrschaft  1527. 

Hit  einem  Sandchen  Quelleimacliweisiuigen. 


Gotha. 

Friedrich   Andreas   Perthes. 
1884. 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


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Vorwort. 


Es  sind  mehr  als  clreifsig  Jahre  vergangen,  seit  der  Alt- 
meister  der  schlesischen  Geschichte,  G.  A.  Stenzel^  es  am 
spaten  Abend  seines  Lebens  unternahm,  aus  seinen  lang- 
jahrigen  Studien  auf  diesem  Gebiete  gleichsam  die  Summe 
zu  Ziehen  und  ein  Gesamtbild  der  vaterlandischen  Gesehichte 
einem  grofseren  Publikum  gebildeter  Leser  darzubieten.  Doch 
von  den  drei  Banden,  auf  welche  das  Werk  angelegt  war, 
ist  nur  der  el'ste,  bis  zum  Jahre  1355  reichend,  1853  er- 
schienen.  Ein  Jahr  spater  setzte  ein  plotzHcher  Tod  allem 
weiteren  Schaffen  des  Verfassers  ein  Ziel. 

Es  ist  nie  versucht  worden,  das  Buch  fortzusetzen,  viel- 
leicht  weil  schon  jener  erste  Band  niclit  den  gehofften  Er- 
folg  gehabt  hatte,  und  das  seitdem  immer  lauter  ausge- 
sprochene  Verlangen  nach  einer  den  Anforderungen  unserer 
Zeit  entsprechenden  DarsteHung  der  schlesischen  Gesehichte 
blieb  unerfulh. 

Nun  habe  ich,  ein  Nachfolger  Stenzels  ebenso  in  der  Di- 
rektion  des  Breslauer  Staatsarchivs  wie  in  der  Leitung  des 
schlesischen  Geschichtsvereins   und  in   gewisser  Weise   audi 


VI  Vorwort. 

in  der  "Wirksamkeit  an  der  hiesigen  Hochschule  das  gleiche- 
Wagstiick  unternommen,  ehe  es  auch  bei  niir  Abend  wiirde, 
nachdem  ich  selbst  bereits  auf  ein  Vierteljahrhundert  eige- 
ner,  der  schlesischen  Geschichte  fast  ausschliefslich  ge- 
Tvidmeter  "wissenschaftlicher  Thatigkeit  zuruckziiblicken  ver- 
mag. 

Was  meine  Lage  gunstiger  erscheinen  lafst ,  als  die- 
Stenzels  war,  beruht  vor  allem  in  der  staunenswerten  Fiille 
von  landesgesehichtlichem  Quellenniaterial ,  die  jene  dreifsig 
Jahre  ans  Licht  gefdrdert  haben,  darunter  Werke,  welche 
wie  die  schlesischen  Regesten  fiir  die  alteren  Epochen  und 
die  schlesischen  Lehensurkunden  fiir  die  ganze  Zeit  des 
Mittelalters  eigentlich  in  jedem  Augenblicke  erwiinschte,. 
sichere  Grundlagen  bequem  darboten.  Dazu  traten  dann 
neben  manchem  selbstandig  erwachsenen  Beitrage  die  zahl- 
reichen  Spezialuntersuchungen ,  welche  die  18  Biinde  der 
Vereinszeitschrift  fiillen.  Es  mufste  ins  Gewicht  fallen,  dafs 
die  Beobachtung  eines  wachsenden  Interesses  fiir  die  hei- 
mische  Geschichte  unter  meinen  Landsleiiten  den  Mut  zu 
der  Arbeit  und  die  Freude  an  derselben  belebte  und  erhohte, 
sowie  dafs  ich  in  einem  Kreise  von  Mitstrebenden  freund- 
liche  Teilnahme  und  fiir  manche  Einzelfrage  Auskunft  und 
Belehrung  zu  finden  vermochte.  So  konnte  ich  denn  unmog- 
Jich  in  die  Klagen  einstimmen ,  welche  nach  diesen  Seiten 
hin  aus  dem  Vorworte  Stenzels  uns  entgegenklingen.  Wohl 
aber  telle  ich  seine  Ansicht  vollkommen  inbetreflf  der 
argen  Not,  die  einem  schlesischen  Historiker  die  sprode  Be- 
schaffenheit  des  Stoffes  macht,  wo,  wie  Stenzel  sehr  mit 
Recht  bemerkt,  bei  der  schon  friih  beginnenden  weitgehen- 
den   territorialen   Zersplitterung   des   Landes    der    einigende 


Vorwort.  VII 

Faden  dem  Bearbeiter  nur  zu  leicht  aus  den  Handen  schliipft. 
Die  grofse  Schwierigkeit,  unter  solchen  Unistanden  eine 
wirkliche  Landesgeschichte  zu  schreiben,  das  wahrhaft  Be- 
deutungsvoUe  liberallher  zusammenzufassen  und  zur  Geltung- 
zu  bringen,  ohne  durch  solche  Eklektik  das  Interesse  des- 
Lesers  zu  zerstreuen  und  zu  ermiiden,  ward  von  mii'  um 
so  lebhafter  empfunden ,  da  niir  eine  Vereinbarung  mit 
meinem  Verleger  eine  besondere  Knappheit  zur  Pflicht  ge- 
macht  hatte,  und  recht  oft  beschlichen  mich  Zweifel  an  dem 
Gelingen  des  Werkes. 

Da  gewahrte  es  mir  eine  Art  von  freundlicher  Beruhigung^ 
als  bereits  nach  dem  Erscheinen  der  ersten  Lieferungen,  in 
welche  eine  Anordnung  des  Verlegers  den  Band  zerteilt 
hatte,  mir  Aufserungen  eines  warm  anerkennenden  Interesses 
aus  Kreisen  zukamen,  die  mit  in  meinen  Leserkreis  ziehen 
zu  konnen  ich  kaum  gehofft  haben  wiirde.  Es  schien  hier 
wenig  bemerkt  worden  zu  sein,  was  mir  wahrend  des  Schrei- 
bens  so  oft  Sorge  gemacht  hatte,  dafs  namlicb  der  Wunseh, 
trotz  der  gebotenen  Knappheit  mancher  immerhin  wissens- 
Averten  Einzelheit  noch  nebenbei  ein  Platzchen  zu  gewinnen, 
hier  und  da  den  leichten  Fkifs  der  DarsteUung  beeintrach- 
tigte,  und  noch  weniger  liefs  man  mich  Vorwurfe  dariiber 
horen,  dafs  die  ganze  Darstelhing  der  quellenmafsigen  Be- 
lege  und  Nachweisungen  entbehre. 

Mir  aber,  der  ich  ja  selbst  wohl  in  die  mir  so  oft  ent- 
gegengebrachten  Klagen  liber  einen  derartigen  Mangel  in 
dem  von  Stenzel  uns  hinterlassenen  Bruchstucke  einer  schle- 
sischen  Geschichte  eingestimmt  hatte ,  widerstand  es  ge- 
radezu,  mich  iAber  eine  von  mir  stets  anerkannte  Verpflich- 
tung  hinwegzusetzen,  und  wenn  ich  hoffen  durfte,  mehrfacb 


VIII  .  Vorwoit. 

ueue  Kesultato  liet'ern  zu  konuGii,  meinte  icli  audi  den 
Weg,  auf  dem  ich  zu  ihnen  gelangt  war,  anzeigen  zu 
miissen.  Audi  dachte  ich  der  vielen,  die  um  irgeudweldier 
Einzelheit  willen  einmal  in  die  ilmen  sonst  fremde  ver- 
wickelte  sdilesisdie  Landesgeschichte  hineinzusteigen  ^'er- 
anlassung  haben  und  es  dann  dodi  selir  dankbar  enipfinden, 
wenn  ihnen  neben  der  kurzen  Darstellung  des  knappen 
Textes  noch  ein  Wink  daiuber  zuteil  wird,  wo  sie  aus- 
giebigere  Belehrung  suchen  konnen.  iSolchen  das  zu  ver- 
sagen ,  was  mir  zu  geben  verhiiknismafsig  leicht  wird, 
Hinweise  auf  Quellen  und  Litteratur,  wilrde  mir  hart  er- 
schienen  sein. 

So  habe  idi  dcnn  mit  fortlaufenden  Quellen-  und  Litte- 
raturnachweisungen  noch  ein  Supplementbandchen  gefiillt 
und  dabei  dem  Nachsuehenden  nur  die  kleine  Unbequem- 
lichkeit  auferlegt,  im  Bediirfnisfalle  das  ihn  Interessierende 
nach  Seite  und  Absatz  aufzuschlagen.  Ich  besorge  dabei 
kaum,  dafs  dieses  Supplement  dem  grofseren  Publikum  als 
llberflilssiger  Ballast  erscheine.  Denn  mag  immerhin  die 
Zahl  derer  recht  grofs  sein,  die  sich  von  vornherein  einer 
Kontrollierung  des  Textes  an  der  Hand  der  Citate  zu  be- 
geben  durchaus  geneigt  sind,  so  soUte  doch  anderseits  keiner 
meiner  freundlidien  Leser  fiir  sich  den  Wunsch  als  ausge- 
schlossen  erachten,  im  Verfolge  einer  ihn  naher  interessieren- 
den  Einzelheit  einmal  die  AVegweiser  aufsuchen  zu  konnen, 
die  in  dem  Ergiinzungsbande  aufgerichtet  stehen. 

Das  Buch  erscheint  als  ein  Teil  eines  von  dem  Ver- 
leger  grofs  angelegten  Unternehmens,  welches  die  Entwicke- 
lung  der  einzelnen  deutschen  Landschaften  in  einer  Reihe 
von    historischen    Darstellungen   dem  Publikum    vorzufiihren 


Vorwort.  IX 

beabsichtigt,  so  dafs  unser  gemeinsames  Vaterland  den  weiten 
Rahmen  bildet,  in  welchen  alle  die  verschiedenen  Sonder- 
geschichten  sich  einfiigeu.  Die  schlesische  Geschichte  hat 
einen  besonderen  Anspruch  auf  einen  Platz  in  diesem  Zu- 
sammenhange ,  denn  ihr  eigentlichster  Inhalt  in  dem  hier 
behandelten  Zeitraume,  bis  an  die  Schwelle  der  Neuzeit,  ist 
die  Beantwortung  der  Frage:  wie  ist  Schlesien  deutsch 
geworden  und  deutsch  geblieben?  In  dem  Ringen 
um  diesen  Preis  ist  es  von  dem  iibrigen  Deutschland  sehr 
wenig  unterstiitzt  worden;  seine  Geschichte  verlauft  unter 
Beziehungen  mit  den  Reichen  des  Ostens,  Polen,  Bohmen, 
Ungarn,  abgekehrt  von  der  des  deutschen  Reichs.  In- 
folge  davon  ist  die  eigenartige  Geschichte  dieser  dabei  noch 
so  zersplitterten  deutschen  Landschaft  unsern  Landsleuten 
aufser  Schlesien  im  grofsen  und  ganzen  recht  fremd  ge- 
bHeben,  und  es  ist,  wie  mir  scheint,  bis  in  die  neueste  Zeit 
von  den  deutschen  Historikern  nicht  nach  Geblihr  ge- 
wiirdigt  worden,  welche  Bedeutung  die  Existenz  dieses  deut- 
schen Vorlandes  fur  die  Reichsgeschichte  gehabt,  wie  die 
standhafte  Behauptung  der  deutschen  NationaHtat  in  diesem 
zwischen  Czechen  und  Polen  eingekleramten  Grenzlande  dem 
Vaterlande  reichen  Gewinn  gebracht  und  grofsere  Gefahren 
von  diesem  abgewendet  hat.  Es  ware  zu  kiihn,  daran  den- 
ken  zu  wollen,  es  konne  dieses  Buch  die  hergebrachte  An- 
schauungsweise  irgendwie  umwandeln.  Um  so  zuversicht- 
Hcher  aber  halte  ich  an  der  schonen  Hoffnung  fest,  dafs  in 
Schlesien  selbst,  wo,  wie  die  Erfahi'ungen  des  schlesischen 
Geschichtsvereins  zeigen,  in  der  AnhangHchkeit  an  die  Hei- 
mat  und  dem  Interesse  fiir  deien  Vergangenheit  selbst  sonst 
getrennte  Geister  ein  einigendes  Band   zu   fiuden  vermogen. 


X  Vorwort. 

zahlreiche  Stimmen  den  mit  redlichem  Willen  unternom- 
menen  Versuch ,  einem  lange  empfundenen  und  oft  be- 
klagten  Mangel  Abhilfe  zu  schafFen  freundlieh  willkommen 
heifsen  werden. 

Breslau,  im  Februar  1884. 

C.  Griinhagen. 


Inhalt. 


Seile 

Erstes  Buch. 

Schlesien  unter  polnischerHerrschaft  bis  1201.         1 

Erster  Abschnitt. 

Alteste  Zeit  bis  1102 3 

Zweiter  Abschnitt. 

Boleslaw   III.    1102  —  1138.     Die    schlesische    Kircbe   im 

11.  Jahrhundert.     Romanische  Einfliisse 10 

Dritter  Abschnitt. 

Wladyslaw  II.  und  Peter  Wlast 23 

Vierter  Abschnitt. 

Schlesische  Herzoge    unter    poluischer   Oberhoheit.     An- 

fange  deutscher  Ansiedelungen 30 

Zweites  Buch. 

Schlesien  unter  selbs tandigen  Herzogen  1201 
bis  1327 43 

Erster  Abscbnitt. 

Heinrich  I.  der  Bartige   1202 — 1238  und  seine  Gemahlin, 

die  heil.  Hedwig.     Klostergriindungeu,  Germanisation .      45 

Zweiter  Abschnitt. 

Heinrich  11,  und  der  Mongoleueinfall  1241 65 

Dritter  Abschnitt. 

Die  Sohne  Heiurichs  II.  Neugriindung  Breslaus.  Bruder- 
zwiste.  Sonderstellung  des  Bistums  Breslau.  Fort- 
schritte  der  Germanisation 72 


XII  Iiihalt. 

Seite 
Vierter  Abschnitt. 

Ilciiirich  IV.    bis    12SU.     Der  grofse   Kirclieu.strcit.     Er- 

oberuug  Krakaus 94 

Funfter  Abschnitt 

Die  Suliiie  Boleslaws  II.,  Heinrich  V.  von  Breslau-Liegnitz 

imd  Bolko  I.  von  Schweidnitz-Jauer 117 

Sechster  Abschnitt. 

.Schlesieu  koinint  an  Bolimen ...  128 

Drittes  Buch. 

Schle.sieu  unter  Kouigeu  aus  dem  Stamme  dor 
Luxenburger  1327  — 1437 151 

Erster  Abschnitt. 

Sclilesien  luitor  Konig  Johauu.  Stadtische  iind  stiindische 
Fortentwickelung.  Nationale  Gegensiitze  in  der  sclile- 
sischen  Kirclie.     Streit  mit  Biscliof  Nanker    ;     .     .     .     153 

Zweiter  Abschnitt. 

Schlesien  unter  Kaiser  Karl  IV.  Uirterwerfung  BoIko.s  II. 
von  Schweidnitz.  Die  scblesisclien  Fur.sten.  Karl  als 
Gesetzgel>er  und  Landesvatcr.  Judenverfolgungen.  Dor 
scbwarze  Tod ' 178 

Dritter  Abschnitt. 

.Scblesieu   uuter   Konig  Wenzel.      Der   Pfaffenkrieg.     Die 

Oppelner  Fehde.     LandfriedensbUndni.sse 206 

Vierter  Abschnitt. 

Kaiser  Sigismund  und  die  HussitenkJimpfe 229 

Viertes  Buch. 

Sclilesien  unterFiirsten  aus  verschiedeuenHiiu- 
sern  vornehmlich  nicbtdeutscber  Abkunft 
1437  —  1526 263 

Erster  Abschnitt. 

Albrecbt  II.  1438-1439.  Die  koniglose  Zeit  1440—1452. 
Der  Liegnitzer  Lebensstreit.  Jobaim  Capistran  in 
Scblesien.     Koiiig  Ladyslaw  Postbumus  1^53 — 1457     .     265 

Zweiter  Abschnitt. 

Konig  Georg  Podiebrad  1458  —  1469.  "SViderstand  der 
Breslauer  und  deren  Isolierung.  Die  Regentscbaft.  des 
Legaten.    Kampfe  in  Sclilesien  1466/67 293 


luhalt.  XIII 

Seite 
Dritter  Abschnitt. 

Konig    Matthias    von    Uugaru    1409  — 1490.     Kjimpfe   iu 

Schlesien  mit  den  Anhaugern  ties  Gegenkonigs  Wlady- 

law  von  Polen.    Behauptung  Schlesiens  durch  Matthias 

gegen  die  polnisch-bohmischen  Heere  1474.     Matthias 

als  Regent  von  Schlesien.     Vertrag  von  Olmiitz  1479. 

Niederwerfung  Johanns  von  Sagan.     Georg  von  Stein.     32iJ 

Vierter  Abschnitt. 

Die  Zeit  der  Konige  Wladyslaw  und  Ludwig  1490 — 1526. 
Anerkennung  Wladyslaws ,  dessen  Landesprivilegium 
von  1498.  Der  Kolowratsche  Vertrag  von  1504.  Die 
Hinriehtung  des  Herzogs  Xikolans  von  Oppeln  zu  Neifse. 
Anarchische  Zusttinde.  Wladyslaws  Tod  1516.  Konig 
Ludwig  bis  1526.  Markgraf  Georg  von  Jagerndorf  in 
Schlesien  und  seine  Bemiihungen  um  die  Anwartschaft 
auf  dis  Herzogtiimer  Oppeln-Ratibor 354 

Fiinfter  Abschnitt. 

Kulturhistorischer  Riickblick.  Nationalitat.  Handel  und 
Industrie.  Bergbau.  Kalamittiten,  Epidemieen,  Brande. 
Sitteu,  religiose  Gesinnung.  Wissenschaftliche  Bildung. 
Plan  einer  Breslauer  Universitiit.     Kiinste 389 

Register 422 


Erstes  Buch. 

Schlesieu  miter  poliiischer  Herrschaft 
bis  1201. 


Grunliagen,  Gescli.  Sclilesiens.     I. 


Erster  Abschnitt. 

Al teste   Zelt   bis   110  3. 


Aus  dem  breiten  fruchtbaren  Oderthale  erhebt  sich  steil 
die  machtige  Pyramide  des  bis  zu  713  Meter  emporsteigen- 
den  Zobtenberges.  Weithin  siclitbar  kann  er  reclit  eigeiit- 
lich  als  das  Wahrzeichen  Sclilesieiis  gelten,  und  an  ihn 
kniipft  audi  der  Name  Schlesiens  sicli  an.  Den  Berg  Zlenz. 
(mit  dem  als  weiches  s  zu  sprechenden  slavisclien  s)  nennen 
ihn  altere  Urkunden^  und  die  an  seinem  ostlichen  Fufse 
hinfliefsende  Lolie  Zlenza  den  Schlesierflufs,  so  wie  das  ganze 
Gebiet  den  Sclilesiergaa  (pagus  Silensi  bei  Thietmar,  Sleen- 
zane  in  einem  alten  Verzeichnis  slavischer  Volkerscliaften). 
Von  diesem  zentralen  Gebiete  aus  haben  dann  allmahlich  auch 
die  iibrigen  jetzt  zu  Schlesien  gerecbneten  Gauen  Boborane, 
das  Land  am  Bober,  Deodesi,  slidostlich  davon,  sowie  das 
Land  der  Opoliiii  und  der  Hrowaten  in  Oberschlesien  den 
Namen  erhalteu. 

Die,  welche  den  Zobten  als  den  Schlesierberg  als  Zlenz 
bezeicbneten ,  waren  nun  Einwohner  slavischer  Zunge,  dem 
grofsen  Stamme  der  Lechen  (Polen)  angehorig,  flir  sie  war 
der  machtige  Berg  zugleich  eine  Statte  heidnischer  Gotter- 
verelu'ung,  wie  uns  der  deutsche  Chronist  Bischof  Thietmar 
von  Merseburg  aus  dem  Anfange  des  11.  Jahrhunderts 
glaubwiirdig  bcrichtet. 

Ob  nun  in  iriiheren  Zeiten  etwa  bis  ziu'  Volkerwande- 
rung  das  Berghaupt  des  Zobten  auch  aut'  Bewohner  einer 
andern  Nationalitat  herabgeblickt  habe,  davon  ist  uns  be- 
stimmte  Kunde  nicht  erhalten.  Die  Romer,  von  denen  kaum 
zu  zweifeln  ist,  dafs  sie  Handelswege  nach  den  Bernstein- 
kiisten  auch  durch  diese  Gegenden  gefiihrt,  haben  uns  nur 
einige  lateinische  Namen  von  Stationen  hinterlassen,  in  deren 
Deutung    dilettantischen   Voraussetzungen    ein    unbegrenzter 

1* 


4  Erstes  Buch.     Erster  Abschuitt. 

Spieli'aum  gelassen  ist ;  uud  wenu  wir  aus  Tacitus'  Gerraania 
entnehmcn  zu  kouneu  glauben,  dais  zii  seiner  Zeit  in  diesen 
Gegeuden  die  Lygier,  ein  Volk  sucviscli-vandalischen  Stam- 
mes  gewohnt  habe,  so  steht  hinter  diesem  Namen  docli  nichts 
von  Geschiclite,  uud  obeudrein  liaben  diojeuigen  lygischen 
Stiimme,  die  wir  nach  dem  Griecheu  Ptolemiius  in  der  Ge- 
gend  von  Schlesien  zu  suclaen  liabeu,  die  Silinger  (der  Name 
erinnert  an  Slesane)  und  Korkontier  in  ihren  Namen  eher 
einen  slavischen  Beigeschmack.  Wir  vermogen  eben  bei 
dem  Mangel  aller  sieheren  Zeugnisse  hier  uns  sichere  Uiieile 
nicht  zu  bilden. 

Und  es  wLirde  uns  auch  Avenig  lielfen,  wollteu  Avir  der 
Mabnung  des  Dichters  folgend  gegeniiber  dem  SchAveigeu 
der  Geschicbte  die  Diuge  ,,redend  zeugen^'  lassen,  „die 
man  aus  dem  Schofs  der  Erde  grlibt^'.  Es  ist  an  solcheu 
kein  Mangel:  im  Breslauer  Museum  reihen  sicli  zu  Tausenden 
die  sch-warzen  Aschenurnen  aneinander;  WafFen,  Haus- 
gerate,  Scbmucksacben  der  verschiedensten  Art  finden  sich 
dort  aufgebauft:  ganz  obne  Spracbe  sind  nun  diese  Dinge 
wobl  nicht,  und  fiir  die  Kulturgescbichte  der  ]\[enschheit 
mogen  sie  in  gewisser  Weise  auch  Zeugnis  ablegen  konnen, 
von  unserer  spezieilen  Laudesgescliichte  aber  melden  sie  uns 
nichts. 

Das  ganze  erste  Jahrtausend  der  christlichen  Zeitrech- 
nung  ist  fiir  unser  Schlesien  ein  Aveifses,  unbeschriebenes 
Blatt,  ja  es  scheint  geAA^agt,  fur  diese  Zeit  ilberhaupt  A^on 
einem  Lande  Schlesien  zu  sprechen.  Wohl  ist  die  Grenze 
gegen  Bohmen  bin  seit  uralter  Zeit  eine  feste  geAvesen,  das 
Hochgebirge  der  Sudeten,  damals  mit  undurchdringlichem 
Walde  bedeckt,  hat  eine  sichere  Grenzscheide  abgegeben, 
durchbrochen  uur  da,  avo  das  bohmische  Land  mit  der  zu 
ihm  gerechneten  Grafschaft  Glatz  in  das  schlesische  Gebiet 
tief  einspraug  bis  zu  dem  Felsenthore  der  Neifse  am  Wartha- 
berge. 

Aber  scliAverlich  hat  es  in  den  Aveiteu  Ebenen,  Avelche 
auf  dem  rechteu  Oderufer  Aveit  sich  hinziehen,  eine  feste 
Grenzhnie  gegeben,  Avelche  liier  die  schlesischen  Slaven  von 
ihren  ostHchen  und  niJrdlichen  Nachbarn  geschieden;  und 
aller  •  Wahrscheinlichkeit  nach  haben  ganz  ahnhch  Avie  an 
der  Warthe  uud  Weichsel  auch  die  SlaA'en  an  der  Oder 
A'ereinzelt  in  patriarchalischen  GauA^erfassungen  gelebt,  der 
Zugehfjrigkeit  zu  einem  grofseren  Ganzen  nur  dann  sich 
bcAA'ufst,  AA'enn  die  eiserne  Faust  eines  milchtigen  Eroberers 
sie  zur  Leistung  von  Heeresfolge  und  Tributen  zAA^ang.  So 
mogen    AA^enigstens    Telle    des   jetzigen    Schlesiens    zu    dem 


Einfiihrung  des  Christentums.  5 

gTofsen  Reiche  gehort  haben,  welches  um  623  cler  von  den 
Wenclen  zu  ihrem  Heerfiilirer  erkorene  frankische  Kaufmann 
Samo  griindet  imd  dann  gegen  Ende  des  9.  Jahrhunderts 
zu  dem  grofsmahrischen  Reiche,  wo  dann  -vielleicht  auch 
Schiller  der  Slavenapostel  3Iethodius  imd  Constantinus  so  gut 
wie  in  Bcihnien  und  Mahren  auch  hier  Bekeln-ungsversuche 
zuiu  Christentvime  und  zwar  nach  griechischem  Kirchen- 
gebrauche  gemacht  haben  mogen.  Beide  Staatenbildungen 
hatten  nur  kurze  Dauer,  und  ihre  Auflcisung  hat  dann  jene 
Bestandteile  einfach  der  alten  Unabhangigkeit  zurlickge- 
geben. 

Anders  wuxl  dies  mit  der  Tollstandigen  Einfiihrung  des 
Christentums  in  Polen,  es  ist,  als  ob  erst  das  Eintreten  der 
grolsten  organisatorischen  Kraft,  welche  das  Mittelalter  hat 
entstehen  sehen,  der  Kirche,  in  diese  Kreise  auch  auf  poli- 
tischem  Gebiete  die  Kunst  der  Staatenbildung  und  Gliede- 
rung  gelehrt  habe. 

Die  Bekehruug  Polens  begann  etwa  um  966  mit  der 
Taufe  des  Polenherzogs  Mesko  gerade  in  einer  Zeit,  wo  fast 
hundert  Jahre  hindurch  immer  erneute  Kampfe  mit  Bohmen 
stattfinden,  wesentlich  um  den  Besitz  der  schlesischen  Gauen, 
in  welche  dann  Kriege  mit  den  von  Bohmen  wie  von 
Polen  Vasallenschaft  heischenden  deutschen  Kaisern  hinein- 
spielen. 

Einer  dieser  bohmisch  -  polnischen  Streite  giebt  uns  nun 
Gelegenheit,  den  ersten  Ortsnamen  auf  das  weifse  Blatt  der 
schlesischen  Karte  zu  verzeichnen,  als  den  ersten  Punkt,  der 
aus  den  wogenden  Nebcin  der  Vorzeit  uns  deutlich  erkenn- 
bar  vor  Augen   tritt. 

Im  Jahre  990  namHch  ge^\annt  Mesko,  der  erste  christ- 
Hche  Polenherzog,  im  Kampfe  mit  dem  Bohmenherzog  Bo- 
leslaw  II.  die  Bm'g  Nimptsch.  So  werden  wir  wiederum  in 
das  eigenthche  Herz  des  Landes  gefiihrt,  dahin,  wo  an  den 
Ufern  des  Schlesierflusses ,  der  Lohe,  jener  Hiigel  sich  er- 
hebt,  der  nachmals  noch  viel  Blut  hat  fliefsen  sehen,  und 
es  ist  wie  ein  bedeutsames  Omen,  dafs  dieser  zuerst  in  dem 
slavischen  Lande  uns  entgegentretende  Ort  eine  deutsche 
Grilndung  ist,  wie  schon  der  Name  (Niemci  =  Deutsche) 
und  aufserdem  noch  der  Chronist  Tliietmar  uns  bezeugt,  wo 
deutsche  Hitter  in  slavischem  Solde  den  in  ihrer  Heimat 
ubHchen  Burgbau  hier  zur  Anwendung  gebracht  hatten. 

In  jenen  Kiimpfen  nun  bleiben  die  Polen,  namentlich 
seitdem  auf  jMesko  992  dessen  Sohn,  der  gewaltige  Boleslaw 
Chrobry,  folgt,  Sieger  imd  dehnen  auch  liber  die  schlesischen 
Gaue  nach  und  nach  ihre  Herrschaft  aus,  bis  dahin,  wo  an 


G  Elates  Buck.     Eiatcr  Abscbiiitt. 

die  sclilesisclien  Slaven  die  "Wenden  der  Lausitz  grenzten. 
Dafiir  spriclit  die  bedeutsame  Thatsache,  dafs,  als  Kaiser 
Otto  ira  Jalu'e  1000  seine  AVallfahrt  iiach  Grnesen  zum  Grabe 
des  heiligen  Adalbert  zur  Ausiilhrung  bringt ,  ilm  der 
Polenfllrst  Boleslaw  Ohrobry  in  Eulau  bei  Sprottau  empfangt, 
an  der  Grrenze  seines  Landes  des  Gaues  Diodesi.  Dieser 
Punkt;  vmweit  des  Zusammenflusses  von  Bobcr  und  Queis 
gelegen,  ist  uns  um  so  interessanter,  als  er  einen  Knoten- 
oder  Scheitelpunkt  einer  dreifachen  Reihe  von  Griiben  be- 
zeichnet,  der  sogenanuten  Dreigrjiben,  welche  wir  von  da 
an  bis  in  die  Gegend  von  Krossen  im  wesentlichen  auf 
der  alten  Greuze  der  Fiirstentiimer  Glogau  und  Sagan  ver- 
folgen  konnen.  Dieselben  scheiuen  von  Eulau  zum  Queis 
sich  gezogen  zu  baben,  und  dieser  Flufs  dilrfte  dann  auf- 
warts  bis  Puscbkau  ihre  Stelle  vertreten  haben.  Von  Pusch- 
kau  aus  konnen  wir  sie  dann  ostlich  bis  Petersdorf  siidlich 
von  Primkenau  verfolgen,  ziemlich  parallel  der  Grenze  der 
alten  Fiirstentiimer  Glogau  und  Jauer  oder  spezieller  des 
sprottauischcn  und  bunzlauischen  Weichbildes.  Von  Peters- 
dorf siid warts,  also  nalie  der  Ostgrenze  des  Bunzlauer  Ge- 
biets,  finden  wir  dann  noch  Spuren  derselben  bis  zu  den 
Silmpfen  von  Greulich.  Wenn  die  Beobachtung,  dafs  die 
hocliste  der  zu  den  Dreigrjiben  gehtirigen  Schanzen  nach 
der  Lausitzer  Seite  zu  liegt,  ricbtig  ist,  so  Aviirden  wir 
Grenzbefestiguugen  vor  uns  haben,  welche  die  Lausitzer 
Wenden  gegen  die  sclilesischen  Polen  erriclitet.  Mit  grofser 
Wahrscheinliclikeit  durfen  wir  sclion  um  des  glaubhaft  er- 
wahnten  Grenzpunktes  Eulau  willen  in  dem  Ganzen  die 
schlesische  Landesgreuze  gegen  Westen  und  speziell  die  des 
niedersclilesischen  Gaues  Diodesi  urns  Jalir  1000  erblicken, 
und  es  kann  wohl  zuliissig  erscbeinen,  dieselbe  zu  vervoll- 
stiindigen,  indem  wir  die  Linie  der  Dreigraben,  von  dem 
Punkte,  an  welcbem  wii'  sie  verliefsen,  in  derselben  Rich- 
tung  auf  der  Ostgrenze  des  bunzlauischen  Weichbildes  (des 
spateren  jauerschen  Fiirstentums)  siidlich  verlangern,  wo  wir 
dann  den  isolierten  Bergkegel  des  Grfiditzberges,  dessen 
Kame  (grad  oder  brad  =  Burg)  auf  eine  slavische  Burg- 
anlage  hindeutet,  als  altes  Grenzkastell  treffen  werden. 

Jene  Zusammenkunft  Kaiser  Ottos  III.  mit  dem  Polen- 
herrscher  Boleslaw  Chrobiy  hat  dann  die  wichtige  Folge, 
dafs  fiir  ganz  Polen  ein  grofser  Metropolitenverband,  dessen 
]\Iittelpunkt  das  Erzstift  Gnesen  ist,  geschaffen  und  diesem 
auch  das  wahrscheinlich  Avenige  Jahre  friiher  gestiftete  Bis- 
tum  Breslau  unterworfen  wird.  Der  erste  Bischof  von 
Breslau   hiefs   Johannes.     Es   fallt   also   ums  Jahr  1000    zu- 


Bistum  Breslau.  7 

gleich  die  erste  Erwahmmg  der  Landeshauptstadt ,  deren 
Namen  der  deutsche  Chronist  Thietmar  als  Wrotizla  be- 
zeichnet,  worin  wir  den  unter  den  slavisehen  Orten  haufigen 
Namen  Wratisla-s-ia  erkennen,  von  dem  doch  mehr  bolimisch 
klingenden  Personenuamen  Wratislaw  abgeleitet. 

Die  selbstandige  Organisation  der  polnischen  Kirche 
unter  einem  eignen  Erzstifte  erfolgte  zum  Schaden  des  deut- 
schen  Erzstiftes  Magdeburg,  welches  bei  seiner  Griindung 
dui'cli  Otto  den  Grofsen  die  Anwartschaft  auf  die  im  Slaven- 
lande  zu  griindenden  Bistilmer  empfangen  hatte,  indessen 
mufste  der  Widerspruch  des  Magdeburger  Erzbischofs  um 
so  Avirkungsloser  bleiben,  als  Boleslaw  Chrobry  den  piipst- 
lichen  Stulil  auf  seine  Seite  zu  bringen  wufste,  dadurch  dafs 
er  sein  Land  dem  Schutze  des  heiligen  Petrus  iibergab,  es 
also  diesem  gewissermafsen  als  Lehen  auftrug  und  zur  An- 
erkennung  dessen  sich  zur  Zahlung  des  sogenannten  Peters- 
pfennigs  verpfliclitetej  einer  Steuer,  welche  zwar  im  Priuzipe 
als  eine  von  jedem  Einwobner  zu  erbebende  Kopfsteuer  ge- 
dacht  werden  mochte,  tbatsacblicb  aber  als  ein  von  dem 
Filrsten  jahrlicb  nach  Eom  abzuflihrender  Tribut  erscheint. 
Insofern  dieser  Peterspfennig  im  Deutscben  Reiche  nie  be- 
zahlt  worden  ist,  war  bier  ein  Gegensatz  zwischen  Polen 
und  Deutscben  und  ein  Motiv  zur  Begunstigung  der  Polen 
seitens  des  papstliclien  Stables  gescbaffen,  das  dann  mannig- 
fach  weiter  gewirkt  hat. 

Dafs  schon  damals  der  Einflufs  der  Kurie  sich  zugunsten 
des  machtigen  Polenfursten  geltend  gemacht,  dafilr  lassen 
sich  Spuren  nachweisen,  und  Boleslaw  selbst  hat  keinen  An- 
stand  genommeuj  den  Papst  zu  derartigen  Anstrengungen 
aufzufordern ,  Avie  er  denn  z.  B.  1013  demselben  schreibt, 
die  Nachstellungen  des  deutscben  Kunigs  machten  es  ihm 
unmoglich,  den  versprochenen  Peterspfennig  zu  zahlen. 

Es  geschah  dies  in  den  Kampfen,  welche  sich  entzlinde- 
ten  dadurch;  dafs  Boleslaw  die  Wirren  nach  dem  friih- 
zeitigen  Tode  Kaiser  Ottos  III.  1002  zu  neuen  Erobenmgen 
beniltzte,  Bohmen  bedrohte  und  in  bis  zum  Jahre  1018 
imauer  fortgesetzten  Kriegen  den  Besitz  der  Lausitzen  er- 
stritt.  Wiederholt  sind  die  Heere  Kaiser  Heinrichs  11.  in 
diesen  Kampfen  bis  nach  Schlesien  vorgedrungen ,  schon 
1005  hat  derselbe  Mitte  August  den  Oderiibergang  bei 
Krossen  bewirkt,  um  sich  dann  gegen  Grofspolen  zu  wenden, 
1010  verwustet  derselbe  auf  einem  neuen  Zuge  die  eigent- 
lichen  schlesischen  Gaue  Silensi  und  Diodesi,  1015  erleidet 
ein  deutsches  Heer  in  dem  letztgenannten  Gaue  schwere 
Verluste,  und  1017  erfolgt  dann  der   grofste  der    deutscben 


8  Erstes  Bueh.     Erstor  Abscliuitt. 

Feldziige.  Der  Kaiser  stelit  am  9.  August  vor  der  Glogauer 
Burg,  die  Boleslaw  gegen  ihu  behauptet,  zielit  dann  in  das 
eigentliche  Sclilesieu  gegen  das  teste  Nimptseli,  das  er  lange 
Zeit  doch  vergeblich  belagert,  wahreud  Boleslaw  inzwischen 
in  Breslau  verweilt.  Das  deutsche  Heer  zielit  endlieh  nicht 
ohne  Verlust  liber  Bohmen  zurilck,  ohne  andere  Eriblge  er- 
zielt  zu  haben  als  die  Verwiistung  des  Landes,  welclie  dann 
der  Polcnfurst  an  den  Nachbarlaudern  riicht. 

Nachdem  auch  aus  diesem  Karapfe,  obwolil  Bohmen, 
Ungarn,  Russen  den  Kaiser  unterstiitzt  haben,  Boleslaw  un- 
bezwungen  hervorgegangen,  lal'st  ihm  der  Friede  zu  Bautzen, 
um  dessen  Vermittelung  wiederum  die  Geistlichkeit  eifrig 
sich  bemilht  hat,  sogar  den  Besitz  der  Lausitzen.  Seinem 
Sohne  Mesko  wkd  die  Enkeliu  Ottos  II.  Tochter  des  Pfalz- 
grafen  Erenfrid  Richenza  vermiihlt,  Boleslaw  selbst  heiratet 
in  zweiter  Ehe  des  Markgrafen  Ekkehard  Tochter  Oda. 
Die  Konigski'one  ist  der  spate  Lohn  einer  Regierung,  die 
Polen  grofs  gemacht  hat,  wie  es  zu  kemer  Zeit  gewesen, 
die  den  Schreeken  der  polnischen  Waffen  von  Kiew  bis 
vor  die  There  von  Magdeburg,  von  der  Moldau  bis  an  die 
Ufer  der  Ostsee  getragen. 

Nach  seinem  Tode  1025  vermogen  seine  Naehfolger  (zu- 
nachst  Mesko  bis  1<)34)  weder  die  kcinighche  Wurde  noch 
die  ausgedehnten  Eroberungen  zu  behaupten;  als  Reste  der 
Lausitzer  Erwerbungen  dilrfen  wir  vielleicht  das  Saganer 
Gebiet  bis  nach  Krossen  hinauf  und  ebenso  das  von  Bunzlau 
ansehen,  welche  dann  definitiv  bei  Schlesien  geblieben  sind. 
Ob  es  vielleicht  schon  eben  Boleslaw  Chrobry  gewesen,  der 
im  Thale  des  Bober  eine  neue  teste  Burg  angelegt  und  nach 
sich  Boleslavia  (Bunzlau)  getauft  hat,  diirfte  schwer  festzu- 
stellen  seiu. 

Nach  Meskos  Tode  1034  begegnen  wir  dann  noch  ein- 
mal  einer  Reaktion  des  Heidentums,  bei  der  zugleich  auch 
die  nationale  Abueigung  gegen  die  Ausliinderin,  die  deutsche 
Fiirstentochter  Richenza,  Kleskos  Witwe,  ins  Spiel  kommt. 
Diese  wird  samt  ihreui  Sohne  Kasimir  vertrieben,  und  die 
Verfolgung  der  Christen  trifft  natiirlich  auch  den  Breslauer 
Bischof,  der  auf  der  Breslauer  Dominsel  im  Schutze  der 
herzoglichen  Burg  (im  Nordwesten  der  Insel)  seine  Kirche 
und  seinen  Wohnsitz  hatte.  Seinen  Namen  wissen  wir  nicht 
zu  nennen,  seit  jenem  Johannes,  der  uns  ums  Jalu'  1000 
genannt  wird,  kennen  wir  die  Breslauer  Bischofe  bis  in  die 
5litte  des  11.  Jahrhunderts  nicht,  wir  wissen  nur  so  viel,  dafs 
das  schlesische  Kirchenhaupt  auf  dem  rechten  Oderufer  in 
Schmograu  bei  Namslau  und  dann  in  Ritschen,  einem  schon 


Boleslaw  Clirobry.  9 

seit  dem  15.  Jahrhimdert  untergegangenen  festen  Orte  im 
Oderwalde  zwischen  Ohlaii  und  Brieg,_in  dessen  Riiinen 
wir  die  einzigen  uns  noch  erhalteuen  Uberreste  einer  bis 
ins  Heidentiim  hiuaufreichenden  Burganlage  erkennen,  eine 
Zuflucht  gesucht  hat,  bis  sich  die  Sturmflut  der  Verfolgung 
wieder  verlaufen. 

Jene  Zeit  der  Anarchie  nacli  Meskos  Tode  ermutigt 
dann  den  Bohmenlierzog  Bretislaw  zu  siegreichen  An- 
griffen  auf  Sclilesien,  welches  aiich,  nachdem  Kasimir  1041 
Polen  mit  deutscher  Hilfe  wiedergewonnen  hatte,  den  Boh- 
men  bheb  und  erst  1054  an  Kasimir  zurlickfiel  mit  der  Ver- 
pflichtung,  dafiir  einen  jiihrlichen  Tribut  an  Bohmen  zu 
zahlen.  Dieses  Verhaltnis  hat  dann  bis  in  den  Anfang  des 
12.  Jahrhunderts  fortgedauert ;  und  das  Unterlassen  der 
Tributzahhmg  hat  noch  zu  wiederholten  Kriegen  gefuhrt, 
in  deren  einem  1093  nach  der  allerdings  wohl  iibertreiben- 
den  Nachricht  des  bcihmischen  Chronisten  Kosmas  der 
Bohmenherzog  Bretislaw  das  ganze  schlesische  Land  auf 
dem  linken  Oderufer  von  Ritschen  bis  Glogau  so  verwiistet 
haben  soil,  dafs  nur  Nimptsch  bewohnt  geblieben  sei.  In 
jener  Zeit  erscheint  Breslau  als  Sitz  eines  besonderen  Her- 
zogs  resp.  Statthalters,  des  Grafen  Magnus,  der  dann  in  die 
schnell  wieder  gedampfte  Emporung  des  Zbignew  eines  un- 
echten  Sohnes  des  damahgen  Polentursten  Wladyslaw  Herr- 
mann verwickelt  erscheint. 

Schon  1096  erfolgt  ein  neuer  Einfall  Bretislaws.  Der- 
selbe  erobert  und  zerstort  die  am  "VVarthapasse  gelegene 
Burg  Brido  (Wartha),  damals  die  polnische  Grenzfestung, 
wie  denn  bis  in  viel  spatere  Zeit  die  Grafschaft  Glatz  zu 
Bcihraen  gerechnet  worden  ist.  Bretislaw  erbaut  weiter  ab- 
warts  der  Neifse  dann  die  Burg  Kamenz,  die  er  als  Aus- 
fallsthor  nach  Schlesien  hin  besetzt  halt.  Erst  sein  Tod  ira 
Jahre  1100  endigt  faktisch  die  Abhangigkeit  Polens  von 
Bohmen. 


10  Erstes  Bucli.     Zweiter  Absdiuitt. 


Zweiter  Abschnitt. 

Boleslaw  III.  llOtJ— 1138.    Bie  selilesisclie  Kirelie  im 
11.  Jalirliuiuleit.    Komanisclie  Einfliisse. 


Mit  Boleslaw  in.  1102— 11 38^  cler  sclion  vor  dem  Tode 
seines  Vaters  AVladyslaAv  Hermann  neben  Krakau  und 
Sendomir  aucli  Breslau  als  eineu  der  Hauptsitze  des  Reiches 
mit  einer  gewissen  Selbstandigkeit  innegehabt  hatte,  besteigt 
nun  ein  Herrschcr  den  Thron,  der  die  Traditionen  BoleslaAV 
Chrobrys  ernciiert^  und  gleicli  diesem  seine  fast  imnier  siog- 
reichen  Waffen  in  rastlosen  Kampfen  einnial  bis  an  die  Ul'er 
der  Ostsee  triigt  und  schliefslich  sogar  Stettin  erobert  (1122), 
dann  wieder  nach  Bolimen  und  Mjiliren  oder  nach  dem 
sildliclien  Rufsland  und  Galizien.  Es  ist  nicht  die  Aufgabe 
eines  sclilesischen  Historikers,  ein  zusammenhangendes  Bild 
seiner  Tliaten  zu  entwerfen,  diese  kommen  viehnehr  fiir 
uns  nur  so  Aveit  in  Betraclit,  als  sie  Schlesien  berlihren,  wel- 
ches Land  durch  Aviederholte  Verwiistungen,  die  es  von  den 
Nachbarn  erleidet,  teurer  als  alle  andern  polniscben  Pro- 
vinzen  den  Kriegsrubm  Boleslaws  bezablen  mufs. 

Gleicb  im  zvveiten  Regierungsjabre  1103,  als  sich  Bo- 
leslaw durcli  einen  glucklicben  Feldzixg  Zbyslawa,  die  Tocliter 
des  Fursten  von  Kiew,  als  Gemablin  erkiimpft,  bereitet  ilnn 
sein  eigener  alterer  Halbbruder  Zbignew,  den  der  Vater 
als  unebenbilrtig  mit  Glogau  (nacli  anderen  aucli  j\Iasowien) 
abgefunden  hatte,  Nacbstellungen,  und  der  Verdacbt,  dafs  er 
die  Bohmen  zu  einem  Einfalle  angereizt  babe,  bleibt,  ob- 
wolil  er  im  Gottesurteile  seinen  Anldiiger,  den  Burgberrn 
von  Punitz,  bei  der  spater  oft  genannten  Burg  Sandewalde 
unweit  von  Gubrau  besiegt.  Bohmische  Scharen  verwiisten 
das  Breslauer  Land,  scblagen  bei  Ritsclien  ein  Lager  auf 
und  werden  nur  durcli  Geld  zum  Abzugc  bewogen  (1103). 

Dagegen  seben  wir  bald  nacbber  BoleslaAv  siegreich  sein 
Land  bebaupten  mid  den  Einfallen  der  Feinde  (Pommern 
und  Bobmen),  welehe  der  immer  neue  Riinke  anspinnende 
Zbignew  zu  Einfallen  aiireizt,  trotzen.  Schon  1104  hatte 
ihm  einer  der  bohmischeu  Kronpratendenten  Boriwoi  das  fcste 
Schlofs  Kamenz  zurlickgegeben ,  und  als  dann  ein  anderer 
Pratendent  Swatopluk  niehr  Aussichten  auf  den  Thron  hatte, 
erkaufte  derselbe  die  Unterstiitzung  Boleslaws  durch  das 
Versprechen,    die  Grenzburgen,    daruiiter  jedenfalls  Wartha 


Boleslaw  III.  11 

unci  wahrscheinlich  audi  Ratibor,  zu  schleifen  oder  zuriick- 
zugeben.  Swatopluk  hielt,  als  er  1107  aiif  den  Thron  kam, 
sein  Wort  nicht;  dock  gelang  es  Boleslaw,  bald  daraiif  Ea- 
tibor  in  seine  Grewalt  zu  bekommen. 

Er  ha.tt6  namlich  von  einem  Anschlag  der  Miihrer  auf 
Kosel  erfahren  und  in  aller  Stille,  wakrend  er  selbst  sckein- 
bar  gaiiz  unbesorgt  eine  grolse  Jagd  veranstaltete ,  eine  zu- 
verlassige  Schar  ausgesendet,  welche  im  Rilcken  der  vor 
Kosel  gezogenen  Miibrer  einen  Handstreick  auf  Ratibor  aus- 
fiikren  soUten,  der  dann  auck,  wenn  gleick  nickt  okne  Blut- 
vergiefsen,  gelang.  Die  Makrer,  vor  Kosel  abgewiesen,  wer- 
den  dann  auf  dem  Riickmarscke  von  Ratibor  aus  durck  die 
Polen  angefallen  und  mit  sckwerem  Yerluste  gescklagen 
(etwa  1108). 

Bei  Boleslaws  inimer  fortdauernder  Feindsckaft  mit  dem 
Bokmenkerzog  Swatopluk  suckte  er  ein  Blindnis  mit  Konig 
Koloman  von  Ungarn,  und  in  Ausfukrung  dessen  mackt  er 
dann,  als  Kaiser  Heinrick  V.,  von  dem  Bokmenkerzog  unter- 
stlltzt,  1108  gegen  Ungarn  zufelde  ziekt,  einen  Einfall  in 
Bokmen.  ]\Iit  ikm  ziekt  einer  der  bokmiscken  Kronpraten- 
denten  Boriwoi,  der  Bruder  Swatopluks,  der  dann  auck  in 
Bokmen  Ankanger  findet.  ObAvokl  nun  Boleslaw  bald 
durck  die  Nackrickt  von  einem  Angritfe  der  Pommern  auf 
Grofspolen  zuriickgerufen  ward,  so  ward  dock  die  Diversion 
der  Polen  flir  Kaiser  Heinrick  die  Veranlassimg ,  den  filr 
die  deutscken  Watien  oknekin  nickt  gilnstig  verlaufenden 
ungariscken  Feldzug  aufzugeben  und  erfolglos  keimzukekren, 
dock  mit  dem  Entscklusse,  den  Poienfursten  fiir  seine  Ein- 
misckung  zu  strafen.  Auck  Swatopluk  nakm  blutige  Racke 
an  alien,  die  seinem  Nebenbukler  sick  zugewendet,  sein  Yer- 
daclit  traf  auck  das  macktige  und  weit  verzweigte  Gesckleckt 
der  Wrsckowecen,  die  er  unter  Andrang  besckuldigte,  mit 
seinen  Feinden  in  Zvini  verrateriscke  Zusammenkiinfte  ge- 
habt  ziT  kaben,  und  okne  Erinnerung,  dafs  gerade  dieses 
Gesckleckt  ikm  einst  auf  den  Tkron  gekolfen,  durck  massen- 
kafte  Hinricktungen  vertilgte.  Es  verdient  dies  kier  ange- 
fiikrt  zu  werden,  weii  man  wokl  nickt  ganz  mit  Unreckt  in 
Zvini  unser  keutiges  Sckweidnitz  suckt,  dessen  iilteste  Er- 
waknung  Avir  also  kier  vor  uus  katten. 

Im  folgenden  Jakre  1109  riistete  Kaiser  Heinrick  V.,  in 
dessen  Seele  der  zu  ikm  geflokene  Halbbruder  Boleslaws 
Zbignew  den  Zorn  gegen  den  Polenfilrsten  wack  erhal- 
ten  und  zugleick  das  Zufallen  einer  miicktigen  mit  diesem 
unzufriedenen  Partei  vorgespiegelt  hatte,  in  aller  Stille,  und 
sein  Heer  stand   im  August   sckon   in   der  Lausitz,    als  Bo- 


12  Erstes  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

leslaw,  cler  inzwisohen  an  cler  Netze  gegen  die  Pommern 
im  Felcle  lag,  das  Ultimatum  des  Kaisers  erhielt,  das  ihin 
die  Abtretimg  seines  halben  lieiches  an  Zbignew  und  die 
Zalilung  eines  jahrlichen  Tributs  von  300  Mark  Silbers  zii- 
mutete. 

Boleslaw  Aveist  dies  ab  und  eilt  zum  Scliutze  seines 
Landes  zurilck.  Der  Kaiser  indessen,  lebhaft  Avunschend, 
hier  an  der  Oder  einen  festen  Punkt  zu  geA\'innen,  greift 
zuerst  Lebus  an,  aber  erfolglos,  dann  niit  nicht  besserem 
Ertblge  Aveiter  oderaulAviirts  Beiithen,  dessen  Besatzuug  so- 
gar  einen  kecken  Ausfall  aiif  das  deutsche  Heer  AA^agt,  end- 
lich  das  AAdchtigste  dieser  Kastelle  Glogau,  vor  Avelcliem 
auch  eine  von  Boleslaw  vorausgeschickte  Scliar,  den  Deut- 
schen  den  Oderilbergang  zu  Avehren,  ein  Lager  aufge- 
schlagen  liatte-,  dock  fanden  die  letzteren  eine  Furt  durch 
den  Fluls,  iiberschritten  denselben  am  Festtage  des  lieiligen 
Bartbolomaus,  den  24.  August,  und  eroberten  das  polnisehe 
Lager,  so  dais  Avenige  entkamen,  um  BoleslaAv  die  Ungliicks- 
kunde  zu  bringcn,  der  mit  seinem  durch  den  Pomraernfeld- 
zug  geschAvilchten  Heere  in  olfener  Feldschlaclit  den  Kaiser- 
lichen  entgegenzutreten  nicht  Avagte  und  sich  nun  hinter 
einem  Fliiischen  verschanzte,  VerstJirkuugen  erAvartend  und 
zugleich  die  schleunigst  erbetene  Hilfe  von  den  Uugarn  und 
Russen. 

Heinrich  aber  schlofs  indessen  Glogau  fest  ein  und 
angstigte  die  Burger  so,  dafs  sie  endlich  durch  Stellung  A'on 
Geiseln  einen  filnl'tagigen  WafFenstillstand  erkauften,  Aviih- 
rend  dessen  sie  A^on  Boleslaw  die  Erlaubnis  zu  einer  Ka- 
pitulation  einzuholen  gedachten.  Dieser  aber  verwarf  jeden 
Gedanken  daran  und  liefs  die  Burger  mit  dem  Kreuzestode 
bedi'ohen,  Avenn  um  iliretAvillen  die  Burg  llbergeben  Averden 
mlifste.  Infolge  davon  diente  der  fiinftagige  AA^aflenstillstand 
den  Belagerten  nur  dazu,  die  verfallenen  FestungsAverke 
eit'rig  Aviederherzustellen ,  und  den  fortgesetzten  Widerstand 
vermochte  selbst  die  Drohung  des  Kaisers,  den  Trotz  der 
Glogauer  an  den  Geiseln  blutig  zu  ritchen ,  nicht  zu 
lahmen. 

Heinrich  gab  cndhch  die  Belagerung  auf  und  zog  ver- 
eint  mit  SAvatopluk  von  Bohmen  die  Oder  autwarts  auf 
Breslau  zu ;  immer  A^on  BoleslaAV  gefolgt ,  dessen  leichte 
Truppen  die  deutsche  Heeresmasse  umschwarmten  und  ihr, 
ohne  sich  auf  entscheidende  Kampfe  einzulassen,  da  ihr 
Vorriickeu  in  dem  rauhen  fremden  Lande  ohnehin  viele 
Schwierigkeiten  fand,  Auelfachen  Schaden  zufiigten.  "\Yohl 
war    der  Kaiser  bereit,    die    anfanglichen  Forderungen   sehr 


Boleslaw  III.  13 

herabzustimmen  7  von  einer  Abtretung  an  Zbignew,  clem  er 
wegen  der  unerfilllt  gebliebenen  Versprecliungen  ziirnte, 
sollte  nicht  niehr  die  Rede  sein  und  nur  eine  einmalige 
Geldzahlung  von  300  Mark  als  stillschweigendes  Zugestand- 
nis  des  Unterliegens  angesehen  werden.  Aber  Boleslaw,  der 
in  der  heranrlickenden  raulieren  Jahreszeit  den  besten 
Bundesgenossen  erwarten  durfte,  verweigerte  auch  dies,  ohne 
sich  dadurcli  sclirecken  zu  lassen,  dafs  Heinrich  gegen  die 
Hauptstadt  des  Reiches  Krakau  ziehen  zu  woUen  erklarte. 
Ob  es  demselben  damit  Ernst  gewesen,  ist  sehr  zweifelhaft, 
und  er  hat  im  September  1109  sich  schwerlich  dariiber  ge- 
tauscht,  dafs  nur  eben  ein  ruhraloser  Rilckzug  ihm  iibrig 
bleiben  Averde.  Jedenfalls  mufste  der  letzte  Zweifel  dariiber 
schwinden,  als  am  21.  September  den  Bohmenfiirsten  Swato- 
pluk  im  Lager  die  Hand  eines  bohmischen  Morders  fallte. 
Bald  war  Schlesien  von  den  fremden  Truppen  geraumt,  und 
Boleslaw  durfte  sich  riihmenj  seine  Lande  gegen  iiberlegene 
Heere  erfolgreich  verteidigt  zu  haben.  Um  diesem  Ruhme 
ein  glanzenderes  Relief  zu  geben,  haben  spatere  Chronisten 
dann  aus  dem  sehr  alten  Namen  des  Stiftsgutes  von  St.  Vin- 
cenz  bei  Breslau  Hundsfeld  die  Sage  von  einer  grofsen 
Mederlage  der  Deutschen  bei  Hundsfeld  erfunden,  deren 
Leichen  den  Tieren  zur  Speise  liegen  gelassen  worden 
seien. 

Von  Bohmen,  wo  nacli  dem  Tode  Swatopluks  ein  langer 
Krieg  um  die  Thronfolge  das  Land  zerriittete,  drohte  Polen 
keine  Gefahr  mehr,  und  auch  die  anfangliche  Einmischung 
Boleslaws  in  diese  inneren  Kampfe  hat  zu  der  schlesischen 
Geschichte  keine  direkte  Beziehung,  wir  mogen  uns  be- 
gniigen  in  lokalem  Interesse  hervorzuheben ,  dafs  in  jenen 
Kampfen  1114  Glatz  verbrannt  wird,  und  dafs  1115  im  Juli 
Boleslaw  an  der  Neifse  eine  Zusammenkunft  mit  den  boh- 
mischen Fiirsten  hatte. 

Auch  mit  Deutschland  kam  Boleslaw  bald  in  besseres 
Vernehmen  namentlich  dadurch,  dafs  er  um  1110  in  zweiter 
Ehe  Salome,  Tochter  des  schwabischen  Grafen  Heinrich  von 
Berg,  heiratete,  von  deren  Sch western  die  eine  dem  sich 
schhefslich  auf  dem  bohmischen  Throne  behauptenden  Wla- 
dislaw,  die  andere  desscn  Bruder  Herzog  Otto  von  Olmiitz 
gleichfalls  einem  bohmischen  Kronpriitendenten  vermahlt  war 
resp.  wurde.  Der  Stifter  dieser  Ehen  war  vermutlich  Bischof 
Otto  von  Bamberg,  der  in  Bohmen  und  Polen  gleich  ange- 
sehen war.  Der  deutsche  Historiker,  der  diese  Vermutung 
aufstellt,  fiigt  treffend  hinzu:  „Die  drei  Schwabinnen  und 
Bischof  Otto    haben    den   Frieden    jener   Lander    und    den 


14  Erstes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

cleutschen  Einflufs  im  Osten  besser  gewalirt,  als  es  Konig 
Heinrich  vermoclitc."  In  cler  That  erialiren  -wir  von  Kjim- 
pfen  zwischcn  Bolunen  mid  Polen  erst  Avieder  gegen  Ende 
der  Regiei'ung  Boleslaws  III.,  wo  wir  von  schrecklichen 
Verwustungen  leseii,  welche  in  den  Jahren  1132  — 1134  die 
Bohmen  in  Schlesien  angerichtet  und  bei  welchen  auch 
Kosel  zerstort  wurdo,  bis  1137  cine  Zusammenkunl't  Bo- 
leslaws rait  dem  Bohmenfllrsten  Sobieslaw,  in  der  schon  seit 
1129  neu  aufgerichteten  Glatzcr  Burg  einen  Frieden  lierbci- 
flihrte,  zn  dessen  Bcsiegclung  dann  bald  nachher  in  Nimptsch 
der  polnische  Kronprinz  Wladyslaw  den  bi3hmischen  Prinzen 
Wenzel  aus  der  Taute  hob. 

Dafs  der  polnische  Herrscher  eben  durch  seine  zweite 
Vermiihlung  in  ein  bessercs  Verhaltnis  zum  Deutschen  Reiche 
gekommen,  sahen  wir  schon,  und  es  ist  sehr  Avahrscheinlich, 
dafs  er,  als  er  1122/23  mit  der  Eroberung  Stettins  die 
UnterAverfung  Polens  vollendete,  in  irgendAvelcher  Form  cine 
Anerkennung  der  neuen  Erwerbung  bei  dem  Kaiser  gesvicht 
habe.  Wahrschcinlich  spielte  den  Vermittier  auch  da  wieder 
Bischof  Otto  von  Bamberg.  An  ihn,  den  er  als  Kaplan  am 
Hofe  seines  Vaters  kennen  gelernt,  und  der  ihm  sogar  ent- 
I'ernt  verschwiigert  war,  Avendete  sich  BoleslaAA^,  um  seine 
neuen  Unterthanen  in  Ponimern  fur  den  christlichen  Glau- 
ben  gCAAdnnen  zu  lassen,  nachdem  ein  romischcr  Bischof 
Bernard  an  dieser  Aufgabe  gescheitert  und  von  dem  pol- 
nischen  Kirchenfiirsten  keiner  fur  das  schwere  und  nicht 
ungefilhrliche  Geschaft  zu  gCAvinnen  Avar.  1124  reiste 
Bischof  Otto  liber  Bohmen  durch  Schlesien  nach  der  neuen 
Stittte  seiner  Wirksamkeit  liber  Wartha,  die  bohmische  Grenz- 
burg,  und  Nimptsch,  u.m  dann  am  4.  und  5.  Mai  in  Breslau, 
Avo  der  Herzog  Boleslaw  und  der  Bischof  ihm  den  ehren- 
vollsten  Empfang  bereiteten,  East  zu  halten  und  dann  am 
6.  Mai  seine  Reise  nach  Gnesen  Aveiter  fortzusetzen. 

Ottos  Missionsthiltigkeit  zu  besprechen  ist  hier  nicht  der 
Ort;  gCAvifs  ist  aber,  dafs  er  fort  und  fort  einen  nicht  ge- 
ringen  Einflufs  auf  BoleslaAv  auszuilben  vermocht  und  viel 
dazu  beigetragen  hat,  ihn  von  Zerwlirfiiissen  mit  Deutsch- 
land  abzuhalten.  Es  handelte  sich  sogar  in  dem  letzten 
Decennium  der  Regierung  Boleslaws  darum,  das  alte  Privileg 
des  IMagdebiirger  Erzstiftes  Avieder  zur  Geltung  zu  bringen 
und  ihm  die  polnischen  Bistumer  unterzuordnen.  Norbert, 
zu  jener  Zeit  Erzbischof  von  Magdeburg ,  der  Stifter  des 
daraals  so  einflufsreichen  Prilmonstratenserordens ,  hoch  an- 
gesehen  auch  bei  der  romischen  Kurie,  schien  ganz  der 
Mann  dazu,  solch  grofsen  Schritt  zur  Ausfuhrung  zu  bringen. 


Boleslaw  III.  15 

fur  den  sich  audi  Kaiser  Lothar  warm  interessierte.  Aber 
zu  der  Zeit,  wo  Herzog  Boleslaw,  auf  den  docli  hier  das 
meiste  ankam,  in  die  ungarischen  Handel  verwickelt  und 
durch  die  wiederholten  Einlalle  der  Bohmen,  wie  wir  sahen, 
bedrangt  sich  deni  Reiche  ofFen  anschlofs,  Pommern  zu  Lehen 
nahm,  den  seit  zwolf  Jahren  riickstandigen  Tribut  zalilte 
und  nacli  Ableistung  des  Vasalleneides  auf  dem  Reichstage 
zu  Mei'seburg  den  15.  August  1135  dem  Kaiser  das  Scliwert 
vortrug,  so  dafs  man  von  ihm  audi  jene  Konzession  lilitte 
zu  erlangen  hoffen  diirien,  war  Biscliof  Norbert  schoii  ge- 
storben  (1134);  er,  der  allein  das  sdiwierige  Werk  viel- 
leiclit  hiitte  durclifiiliren  konnen. 

Ftir  Sdilesien  und  die  schlesisclie  Kirclie  konnte  man 
wolil  bedauern,  dafs  jener  Gedanke  niclit  zur  Ausfilhrung 
gekoramen  ist.  Allerdings  liatte  die  abermalige  Losre;fsung 
der  polni&dien  Bistiimer  und  ilire  Konstituierung  zu  einem 
selbstiindigen  Metropolitenverbande  uicht  allzu  lange  aus- 
bleibeii  konnen ;  aber  sdion  liundert  Jalire  spater  waren 
vermutlicli  weder  Breslau  nocli  Lebus  mit  an  Poleii  zuriick- 
gefallen,  liatten  audi  von  Polen  kaum  mit  reklamiert  werden 
konnen,  wiihrend  die  Trennung  der  sclilesisclien  Kirche 
von  Gneseii  so  sich  erst  langsam,  unter  Schwierigkeiten 
und  ini  Interesse  unseres  Landes  entschieden  niclit  frilh 
genug  voUzogen  hat. 

FreiHch  fallt  es  schwer  zu  glauben,  dafs  die  papstliche 
Kurie  audi  damals  sich  zu  einer  Verkniipfung  der  polnischen 
Bistiimer  mit  Deutschland  hatte  ernstlich  bereit  linden  lasseii, 
obschon  man  nach  der  in  ilirer  Echtheit  nicht  angezweifellen 
Bulle  Papst  Innocenz'  II.  voni  4.  Juni  1133  dies  aiinehmen 
mufste.  Denn  wie  grofse  Verdienste  sich  audi  fort  und 
fort  der  deutsche  Klerus  um  die  Kirche  nach  alien  Seiten 
hin  erwarb,  so  mufste  doch  einerseits  der  Umstand,  dafs  in 
Polen  der  Peterspfennig  gezahlt  wurde,  in  Deutschland  aber 
nicht  schwer  ins  Gewicht  fallen;  anderseits  lag  doch  in  dem 
Plane  des  Papsttums ,  wie  dassdbe  sich  besonders  seit 
Gregor  VII.  entwickelte ,  ganz  entschieden  die  nationale 
Selbstiindigkeit  der  verschiedenen  Staaten,  welche  neben  dem 
gewaltigen  deutschen  Kaisertum  bestanden,  und  die  ja  auch 
zum  grcifsten  Telle  den  besondern  Schutz  des  heiligen 
Petrus  zugesichert  erhalten  batten  gegen  das  Gelobnis  des 
Peterspfennigs. 

Es  ist  gar  kein  Zweifel,  dafs  der  polnische  Episkopat  sich  in 
altesterZeit  entwickelt  hatohne  irgendwelche  direkte  Anlehnung 
an  Deutschland.  Das  gilt  audi  natllrlich  in  vollstem  Mafse 
von  dem  Bistuni  Breslau.     Schon  Gregor  VII.  hatte  Legaten 


16  Erstes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

zur  Ordnung  der  Bistumsverhaltnisse,  deren  Zei'fahrenheit  der 
Papst  in  einem  Briefe  vom  Jahre  1075  beklagt,  iiach  Polen  ge- 
sendet,  wenngleich  die  genauere  Festsetzung  der  Diocesan- 
grenzcn  erst  dem  Kardinallegateu  Egidius  1123  zugeschrieben 
wird.  Eine  thatsachliclie  Bestiitigung  der  erfolgten  Grenzbe- 
stimmung  enthiilt  dann  das  grofse  pilpstliclie  Privileg  t'lir  das 
Gnesener  Erzbistiim  vom  7.  Juli  1136,  in  "welchem  unter 
anderem  demselben  auch  das  Schlofs  Militsch  zugesproclien 
wird,  das  aber  in  der  Breslauer  Diocese  liege,  eine  Bestim- 
mung,  -vvelche  filr  uns  von  um  so  grofserer  Wichtigkeit  ist, 
als  sie  uns  den  Lauf  der  Diocosangrenze,  die  ja  dann  mit 
der  politisclien  zusammenfallt,  etwa  aiif  der  Linie  der  spa- 
teren  schlesisch-polnischen  Grenze  imd  sogar  das  durch  seine 
Lage  zwischen  Siirapfen  sehr  leste  spater  als  Grenzburg  be- 
deutsam  werdende  ]\Iilitsclier  Schlofs  schon  vorhanden  zeigt. 

Eine  ahnliche  umfassende  Bestiitigung  ihres  Landbesitzes 
hat  auch  das  Breslauer  Bistum  unter  dem  23.  April  1155 
von  Papst  Hadrian  IV.  erhalten,  eine  Urkunde,  welche,  in- 
sofern  sie  die  Kastellaneien  autzahlt,  die  damals  zum  Bres- 
lauer Sprengel  gehorten,  fur  uns  vom  allergrofsten  Werte 
sein  miifste,  waren  nicht  die  Ortsnamen,  die  in  derartigen 
papstlichen  Bestatigungen  von  den  piipstlichen  Schreibern, 
welchen  sie  natilrlich  ganz  fremd  "warcn,  sich  mannigfache 
Entstellungen  gefallen  lassen  mufsten,  dadurch,  dais  die  Ur- 
kunde sich  nui*  in  spateren  Abschriften  erhalten  hat,  oft 
gerade  an  den  fur  uns  entscheidendsten  Stellen  bis  zur  Un- 
kennthchkeit  verunstaltet. 

Ob  in  dieser  Zeit  schon  die  Breslauer  Bischofe  ein  Kreis 
von  Kanonikern  als  Domkapitel  mngab,  lafst  sich  mit  iSicher- 
lieit  nicht  feststellen.  So\'iel  aber  ist  gewifs,  dafs,  wenn 
1120  das  Domstift  des  heiligen  Johannes  noch  nicht  be- 
standen  hat,  auch  die  zwar  nicht  von  gleichzeitigen  aber 
doch  von  iilteren  Quellen  liber lieferte  Grundung  des  Kol- 
legiatstiftes  zu  Glogau  in  jenem  Jahre  nicht  wohl  denkbar 
ist,  und  wie  wahrscheinlicli  es  auch  sein  mag,  dafs  Herzog 
Boleslaw  III.  in  dankbarer  Erinnerung  an  die  tapfere  Ver- 
teidigung  Glogaus  1109  gegen  Kaiser  Heinrich  V.  hier  bald 
darauf  ein  frommes  Werk  gestiftet  babe,  so  kann  er  sich 
doch  sehr  wolil  mit  der  Erbauung  einer  grofseren  Kirche 
an  diesem  Orte  begnilgt  haben,  an  welche  sich  dann  erst 
spater  ein  KoUegiatstift  angeschlosscn. 

Von  Breslau  ist  uns,  Avio  schon  erwahnt,  die  Reihe  der 
Bischofe  erst  von  der  Mitte  des  11.  Jahrhuuderts  an  be- 
kannt,  wo  dann  folgteu  Hieronymus  1051 — 1062,  Johann  I. 
1063  —  1072,    Peter    1074—1111,    Siroslaw    1112—1120, 


Alteste  Breslauer  Bischofe.  17 

Hejmo  1120 — 1126,  Eobert  1127—1140;  daun  nach  sechs- 
jahriger  Vakaiiz  Jobanu  II.  1146—1149,  Walther  1149  bis 
1169.  Wir  wissen  von  ihuen  alien  weuig  mebr  als  die 
Namen,  die  biograpbischen  Notizen,  welcbe  auf  Grund  des 
polnischen  Cbronisten  Dlugosz  liber  sie  in  alteren  Blicbern 
sicb  finden,  sind  langst  als  unglaubAviirdige  Erfindungen 
anerkannt.  Ein  Deutscher  ist  schwerlicb  in  dieser  Reihe, 
vielmebr  diirften  es  der  Mebrzahl  nach  Polen  gewesen  sein, 
wie  dies  von  den  beiden  Siroslaws  und  jenem  Johann  II., 
welcber  das  Kloster  Jendrzejow  selbstandig  dotierte,  niemand 
bezweifeln  wird;  und  Avelcber  nationale  Geist  nnter  ihnen 
berrschte,  mochte  jener  Hof kaplan  Boleslaws  III. ,  den  man 
friiher  als  Martinus  Gallus  bezeichnete,  wobl  kennen,  als  er 
um  1113  seine  scliAvillstige  von  deutscbfeindlieber  Euhmi-edig- 
keit  llberfliefsende  Chronik  den  polnischen  Bischoien,  unter 
welchen  sich  audi  der  Breslauer  Siroslaw  befand,  iiberreichte. 

Dais  ein  Volk  in  der  Periode,  wo  es  aus  primitiven  Zu- 
stiinden  sich  herausarbeitet ,  fremden  Beistandes  nicht  wohl 
entbehren  kann,  steht  ja  fest,  xvad  es  uiufs  da  immer  von 
grofster  Bedeutung  werden,  Avoher  diese  Lehrer  und  Heifer 
ilnn  kommen.  Welche  unabsehbaren  Folgen  wLirde  es  z.  B. 
gehabt  haben,  wenn  die  Einwirkungen  byzantinischer  Kultur 
griechischen  Bekenntnisses  stark  genug  gewesen  waren ,  um 
den  Teil  der  slavischen  Welt,  an  dessen  Geschichte  unser 
Schlesien  teilhat,  deni  Osten  zugekehrt  zu  erhalteu. 

Vorhanden  gewesen  sind  diese  Einfliisse ,  daran  ist  gar 
nicht  zu  zweifeln.  Wir  brauchen  gar  nicht  weit  zurilck- 
gehend  die  missioniire  Thatigkeit  des  Constautin  und  Methodius 
auch  unter  den  westlichen  Slaven  heranzuziehen ,  wir  brau- 
chen nur  an  die  zahlreichen  Verschwagerungen  der  polnischen 
Fiirsten  mit  den  russischen  im  11.  und  12.  Jahrhundert  zu 
erinnern,  an  die  byzantinische  Art  des  Geprages  auf  den 
altesten  polnischen  Mtinzen  und  an  die  interessanten  an 
byzantinische  Kunst  unverkennbar  erinnernden  Reliefs  aus 
der  von  dem  Schwiegersohne  Peter  Wlasts  dem  Grafen  Jaxo 
erbauten  Michaehskirche,  welche  nach  deren  Abbruch  1529 
an  das  Allerheiligen  -  Hospital  und  dessen  Nebengebaude  ge- 
kommen  und  dort  wenigstens  im  vorigen  Jahrhundert  noch 
zu  sehen  waren. 

Es  kann  kaura  bezweifelt  werden,  dafs  nur  die  grofse 
Armut  unserer  Quellen  diese  Beziehungen  so  vereinzelt 
vms  nachweisen  lafst.  Von  grofsei-er  Bedeutung  aber  konn- 
ten  sie  nicht  werden,  nachdem  seit  der  Mitte  des  11.  Jahr- 
hunderts  die  Spaltung  zwischen  der  romischen  Kirche  und 
der  des  Orients  auf  das  scharfste  zutage  getreten  war,  und  die 

Grunhagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  <i 


18  Erstes  Bueb.     Zweiter  Abscbnitt. 

Polen  clem  Bischofe  zu  Rom  treu  blieben,  zii  dem,  wie  wir 
wisscn,  schon  Boleslaw  Chrobry  in  ein  njiheres  Verlialtnis 
getreten  war. 

Die  polnischen  Ilerrscher  in  dieser  Gesinnung  festzu- 
lialten,  gerade  gegenilber  den  Get'ahren,  welclie  die  Familien- 
verbindungen  mit  den  russischen  FUi*sien  etwa  bereiten 
konnten,  war  ein  Ziel,  welches  die  Papste  nicht  aiis  dem 
Auge  verlieren  durf'ten,  nnd  schon  dieser  Grmid  neben  an- 
deren,  die  zu  erortern  wir  noch  Gelegenheit  finden  werden^ 
erkliirt  den  Eifer,  mit  Avelchem  die  Kurie  ihren  Einflufs  aut" 
die  polnische  Kirche  wahrt. 

Der  schon  genannte  spatere  polnische  Chronist  Dlugosz 
hat  fur  lange  Zeit  der  Behauptung  Kredit  verschafft,  die 
jiltesten  Bischofe  Breslaus  seien  Italiener  gcAvesen,  nnd  be- 
ziiglich  des  ersten  der  oben  aufgezjihlten  Bischofe  Hieronymus 
berichten  dies  auch  die  alteren  Kataloge. 

Dafs  sich  Avirklicli  Welsche  unter  den  altesten  Bischofen 
Breslaus  befunden  haben,  kann  uns  nicht  nnwahrscheinlich 
dilnken,  Avenn  wir  erwiigen,  dafs  doch  die  papstlichen  Le- 
gaten,  welche  nach  Polen  kamen,  samtlich  Italiener  oder 
Franzosen  waren,  und  dafs  wir  welsche  Ilofgeistliche  am 
polnischen  Hofe  antreffen.  In  der  That  ist  es  nicht  ohne 
Interesse,  die  ersten  Spuren  jener  sarmatisch-Avelschen  Sym- 
pathieen,  welche  dann  alle  Jahrhunderte  und  alle  ei'littenen 
Enttiiuschungen  iiberdauert  haben,  zu  verfolgen. 

Im  Grunde  war  es  nicht  allein  das  Bewufstsein  gemein- 
samer  Interessen  gegenilber  dem  allmachtigen  Kaisertume, 
was  die  Staaten  zweiten  Ilanges  verband  vind  speziell  auch 
die  romanischen  Staaten  den  Polen  naher  brachte,  obwohl 
eben  diese  Gemeinsamkeit  dor  Interessen  von  der  Kurie 
eifrig  gepflegt  ward.  Es  ist  daneben  noch  in  Reclmvmg  zu 
setzen,  dafs  ilberhaupt  gerade  in  der  Zeit,  die  wir  hier  im 
Auge  haben,  am  Ende  des  11.,  Anfang  des  12.  Jahrhunderts 
die  speziiisch-romanische  Kultur  in  Europa  den  Ton  angab. 

Das  griifste  Avelthistorische  Kesultat,  welches  das  1 1 .  Jahr- 
hundert  herausgelebt,  die  ungemeine  Kralfigung  des  gesamten 
kirchlichen  religiosen  Momentes,  die  Bildung  der  Ideen,  die 
wir  auf  diesem  Gebiete  als  die  eigentiimlich  mittelalterlichen 
anzusehen  gewohnt  sind,  war  eine  Frucht  des  asketisch- 
mystischen  Geistes,  dor  mit  immer  machtigerer  Gewalt  das 
11.  Jahrhundert  erfllllt.  Indem  Gregor  VII.  denselben  filr 
seine  hierarchischen  Zwecke  mit  grofsartiger  Energie  zu  be- 
nutzen  verstand,  absorbierte  er  ihn  doch  nicht,  man  konnte 
eher  sagen,  dafs  er  ihn  durch  eine  feste  Organisation  noch 
mehr  kraftigte.     Hier  ist  es  nun  auch  nicht  zu  leugnen,  dafs 


Eoniauische  Einfliisse.  19 

diescr  Geist  der  Zeit  ganz  besonders  von  den  Romancn  und 
iinter  diesen  -v^dederum  vornehmlich  von  dem  keltisch- 
romanischen  Zweige,  den  Franzosen,  erfafst  und  zum  Aus- 
drnck  gebracht  wnrde.  Von  dieser  Seite  vornehmlich  war 
das  gewahige  Ereignis  des  ersten  Kreuzzngs,  wenn  auch 
nnter  papstlicher  Oberleitung,  in  Scene  ge.setzt  worden^  wjih- 
rend  die  Deutschen  sich  sprtide  zuriickhielten;  das  so  viel- 
fach  niit  religiosen  Motiven  verquickte  Eittertum  bildete  sich 
vorzngsweise  an  den  roiuanischen  Hofen  aiis,  atif  fran-' 
zosischem  Boden  entstanden  ziierst  jene  romantischen  Eitter- 
sagen,  die  wir  dann  in  den  Bearbeitungen  unserer  grofsen 
mittelalterlichen  Dichter  bewimdern ;  von  hier  ging  der  eigen- 
tumHche  grofsartige  Baustil  ans,  den  wir  ziemlich  nugeeignet 
mit  eineni  Spitznamen  der  Eenaissancezeit  als  den  gotischen 
bezeichnen;  hier  bildete  sich  jene  Eeform  der  Monchsorden 
aus,  welche  dieselben  mit  neuem  Leben  und  tieferem  Inhalt 
erflillten:  die  Pramonstra tenser ,  die  Cistercienser  erwuchsen 
wie  vordem  die  Cluniacenser  auf  franzcisischem  Boden,  um 
bald  mit  ilu-en  Kolonieen  das  christliche  Europa  zu  erfiillen; 
auch  die  geistlichen  Eitterorden  der  Johanniter  und  Templer, 
welche  der  Verbindung  des  religiosen  Moments  mit  dem 
Eittertume  einen  iiufserlichen  Ausdruck  geben,  waren  roma- 
nische  Stiftungen. 

Es  kann  nicht  geleugnet  werden,  dafs  dies  alles  der  Aus- 
druck des  damahgen  Zeitgeistes  war,  dafs  das  Schiff  der  Kirche 
damals  von  der  Stromung  der  Zeit  getragen  ward,  mid  dafs 
die  in  demselben  Fahrwasser  segelnden  Franzosen  das  Be- 
wufstsein  hegen  konnten,  den  Deutschen  voraus  zu  sein  und 
all  das  neue  Leben,  das  bei  ihnen  aufsprofs,  in  dem  Sonnen- 
strahl  einer  siegenden  Idee  frohhch  gedeihen  zu  sehen,  zu 
einer  Zeit,  wo  ilber  Deutschland  tiefere  Schatten  lagen,  wo 
das  gCAvaltige  Herrsehergeschlecht  der  Salier,  das  in  der  Be- 
kampfung  jener  Ideen  seine  Lebensaufgabe  erblickt  hatte, 
ins  Grab  stieg.  Es  ist  noch  ein  voller  Ausdruck  der  Si- 
tuation, als  1147  einer  der  gewaltigsten  Vorkampfer  der 
ncuen  Ideen,  der  grofse  Cistercienserabt  Bernhard  von  Clairvaux, 
den  Hohenstaufen  Konrad  III.  eigentlich  gegen  dessen  Willen 
und  I'berzeugung  zu  dem  Kreuzzuge  bestimmte  und  so 
Deutschland  sich  endlich  doch  von  der  neuen  Bewegung  ins 
Schlepptau  nehmen  liefs. 

Strahlen  jenes  Glanzes,  der  damals  die  Eomanen  um- 
strahlte,  drangen  nun  auch  in  den  fernen  Osten  und  be- 
wirkten,  dafs  die  Polen  liber  Deutschland  hinweg  den  Fran- 
zosen die  Hand  reichten.  Auch  gerade  unser  Schlesien  nimmt 
an  diesen  Bestrebungen  eifrigen  Anteil,  und  es  ist  in  der  That 

2* 


20  Erstes  Bach.     Zweiter  Abschuitt. 

von  InteressG;  wabrzunehmen,  wie  liier  im  12.  Jahvlmndert, 
kiirz  vorher  ehe  sich  das  Land  ganz  uud  gar  deutschen 
Einfliissen  ciffnete,  romanisclie  Eiuwirkuugen  vielt'ach  auf 
kil'clilicliem  Gebiete,  ja  sugar  die  Aufjinge  romanischer  Ko- 
lonisation  nachzuweisen  sind. 

In  Polen  selbst  sind  die  romanisclien  Verbiudungen,  be- 
sonders  auf  kirchlichem  Gebiete,  uralt,  die  altesten  polnischen 
Monclie  Benediktiuer  -  Ordens  solleu  aus  Monte  Cassino  ge- 
kommen  sein;  am  Anfang  des  11.  Jahrhunderts  sandte  der 
heilige  Romuakl  zwei  Schiiler,  Johannes  uud  Benedikt,  nach 
Polen,  deren  Ermordung  1004  dann  die  Legende  so  ^^eltach 
ausgesponnen  hat.  Den  Herzog  Kasimii*  lalst  eiue  Iriih  ent- 
standene  Sage  aus  dem  Kloster  Chiny  auf  den  Thron  be- 
rufeu  werden,  eine  Gesandtschaft  nach  dem  KJoster  des  hei- 
ligen  Egidius  in  der  Provence  (1082)  und  die  Filrbitte  der 
dortigen  Monche  verschaflft  der  kinderlosen  Ehe  Herzog 
AVladyslaws  den  lange  ersehnten  Sprofsling,  den  nachmaligen 
Boleslaw  III. 

Im  Anfange  des  12.  Jahrhunderts  erfahren  wii-  auch 
schon  von  franzosisch-polnischen  Familienverbindungen,  wie 
z.  B.  die  Tochter  des  Grafen  Gottfried  von  Lowen  einen 
polnischen  Prinzen  heiratet.  Auch  dem  Feldherrn  Boles- 
laws  III.  Peter  "Wlast  (d.  h.  Sohn  AVladimirs),  einem  in 
Sclilesien  reich  begiiterten  Mamie,  von  dessen  Schicksalen 
wir  noch  weiter  zu  sprechen  haben  werden,  giebt  eine  iiltere 
schlesische  Geschichtsquelle  die  Tochter  eines  flandrischen 
Grofsen  zm'  Gemahhn,  und  wenn  auch  dies  zweifelhaft  bleibt, 
so  ist  doch  so  viel  gewifs,  dafs  er  im  Jahre  1109  auf  seinen 
vaterhcheu  Erbgiitern  am  Zobtenberge  und  zwar  auf  dem 
dem  hohen  Berge  nordwestlich  vorliegenden  Berglein  (Gorka, 
Gorkau)  ein  Kloster  grilndete  fiir  Handrische  Augustiner,  die 
aus  der  Abtei  von  Arrovaise  in  der  Grafschaft  Artois  her- 
gezogen  waren  und  mit  reichen  Giltern  vorziiglich  am  Zobten 
ausgestattet  wurden.  Auch  erhielten  dieselben  um  die  Mitte 
des  12.  Jahrhunderts  in  Breslau  die  Sandkirche  und  einen 
Teil  der  Sandinsel,  wohin  sie  dann,  da  das  Khma  am  Zobten 
ihnen  zu  rauh  erschien,  ganz  ubersiedelten ,  in  Gorkau  nur 
€ine  Propstei  zm-iicklassend.  Dor  Bruder  Peter  Wlasts,  Bo- 
leslaw, erbaute  fiir  sie  die  Adalbertskirche  zu  Breslau,  zu 
der  auch  Landbesitz  gehorte,  darunter  vielleicht  auch  der 
Grund  und  Boden  der  spiiteren  Taschenstrafse,  welche  noch 
am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  den  Augustinern  gehort. 

Ganz  unzweifelhaft  von  diesen  flandrischen  Augustinern 
ist  nun  das  ausgegangen,  was  wir  von  wallonischen  Ko- 
lonieen  in  Schlesien  iinden,  uud  dessen  Begriindung  wir  sicher 


Wallonisclie  Kolonieen.  21 

ins  12.  Jahrhimdert  setzen  diirfeu,  so  der  Flecken  von 
St.  Moritz,  der  sich  um  die  Wcahrscheinlich  noch  im  12.  Jahr- 
himdert entstandene  Maimtiuskirche  gruppierte^  auch  wohl 
als  Wallouenstrafse  (platea  gallicana  oder  romana)  bezeichnet, 
die  heutige  Klosterstralse,  Von  hier  fiihrte  die  schon  im 
Anfange  des  12.  Jahrhunderts  urkundlich  erwahnte  Moritz- 
brllcke  iiber  die  Ohlau  auf  das  insulare  Gebiet  der  spateren 
Neustadt.  Von  diesen  Ein"\yanderern  ist  nun  die  erste  Kunde 
der  Tuchweberei,  worin  die  Flanderer  bekanntlich  Meister 
waren,  nach  Schlesien  gekommen,  und  sie  haben  vermutlicli 
auch  den  Stamm  gebildet  fiir  die  Tuchmacherkolonie ,  die 
spater  als  Breslauer  Neustadt  ein  besonderes  Stadtrecht  er- 
hielt.  Was  die  sonstigen  wallonischen  Kolonieen  anbetrifft, 
so  vermiigen  T\dr  als  soiche  nachzuweisen  von  den  Stil'ts- 
giitern  der  Augustiner  Jankau  bei  Ohlau  und  Kreidel  bei 
Wohlau,  aufserdem  das  Jankau  benachbarte,  aber  dem  Vin- 
cenzstilt  gehorige  Wiirben  und  endlich  ein  bischofliches  Gut 
in  der  Nalie  von  Namslau,  welches  in  einer  Ur kunde  von 
1271  als  Prevacovica  Gallicorum  bezeichnet  wird,  und  wel- 
ches moglicherweise  mit  Wallendorf  zusammenfallt;  wo  der 
Name  (polnisch  Wlochy)  gleichfaUs  auf  wallonischen  Ur- 
sprung  hinweist. 

Irgendwelchen  nachweisbaren  allgemeineren  Einflufs  haben 
diese  wallonischen  Kolonieen,  die  von  dem  vlamischen  (d.  h. 
also  nicht  romauischen,  sondern  eher  germanischen  Ursprungs) 
Avohl  zu  unterscheiden  sind,  nicht  geiibt,  und  wir  haben 
nicht  den  leisesten  Anhalt  selbst  nicht  filr  Vermutungen 
liber  die  besonderen  Rechtsverhaltnisse ,  unter  welchen  sich 
jene  Grilndungen  vollzogen  und  entwickelt  haben.  Nur  so- 
viel  werden  wir  sagen  konnen,  dais  die  Lage  dieser  Ko- 
lonisten  nicht  so  giinstig  gewesen  sein  kann,  als  die  der  zu 
deutschem  Eechte  ausgesetzten,  da  diese  Wallonendorfer  im 
13.  Jahrhundert  aUe  deutsches  Recht  verlangen  mid  erhalten. 
Boden  konnten  sie  nicht  wohl  greifen,  nachdem  vom  Ende 
des  12.  Jahrhunderts  an  in  immer  wachsendem  Mafse  das 
deutsche  Element  massenhaft  hier  Eingang  land,  welches 
sie  notwendigerweise  bald  absorbieren  mufste,  wenn  wu' 
gleich  die  Grilnduugen  noch  im  13.  Jahrhundert  als  wallo- 
nische  erwiihnt  finden  mid  auch  am  Anfange  des  13.  Jahr- 
hunderts wenigstens  hier  und  da  in  Urkundeu  Erlaubnis  zur 
Ansiedeluug  auch  von  Wallonen  erteilt  wird. 

Hervorzuheben  dilrfte  noch  das  sein,  dafs  unter  den 
wallonischen  Einwanderern  sich  auch  adelige  Elemente  be- 
fundeu  haben  miissen,  da  einerseits  die  Mutter  des  am  Hole 
Herzog   Heinrichs   am   Anfange    des    13.  Jahrhunderts    hoch 


2i2  Erstes  JJiich.     Z welter  Abscliuitt. 

angesehcnen  Grafen  Albert  mit  clem  Barte  aus  cler  Bres- 
lauer  AValloueustrafse  stammte,  anderseits  das  gauze  13.  Jahr- 
liuudert  hindurc]")  bis  ins  14.  liinein  Kavaliere,  die  aiisdriick- 
lieb  den  Beinameii  Gallici  trageii,  in  der  Umgebung  der 
Herzoge  genannt  werden. 

Zu  weiteren  Verbindungen  mit  Frankreich  but  dann  die 
Eiufiihrung  der  schnell  zu  groisem  Kuhme  geUingteu  neueu 
Monchsorden  der  Pramonstratenser  uud  Oistercienser  in 
Polea  und  Schlesien  Veranlassung.  Schon  Peter  Wlast  wird 
die  G-rundiing  eines  Klosters  fiir  Prjlmonstratensermonche  in 
Laiirencic  bei  Kalisch,  sowie  eines  Nonnenklostcrs  dieses 
Ordens  zu  Strzebio  in  Grofspolen  zugescbrieben,  und  das  be- 
deutende,  reicb  ausgestattete ,  spiitere  Vincenz-Stift,  welches 
Graf  Peter  nordlicb  von  Breslau  (etwa  wo  jetzt  die  neue 
Michaeliskirche  steht)  in  den  dreifsiger  Jahren  des  12.  Jahr- 
hunderts  erbaute,  ward  zwar  anfangs  mit  Benediktinern  aus 
dem  polnisclien  Kloster  Tiniec  unweit  Krakau  besetzt,  docli 
erfolgte  bald  auch  dereii  Ersetzung  durcli  Pramonstratenser 
und  zwar  vielleicbt  friiher  als  gewohnlicli  angenonmien  wird, 
insofern  einer  papstlicheu  Urkuude  von  1193  zutblge  dieser 
Wechsel  noch  mit  Zustimmung  des  Grafen  Peter  erfolgt 
ware.  Es  war  doch  wohl  aucli  direkter  EinHufs  der  roma- 
nisclien  Pramonstratenser,  wenn  Bischof  Walther  die  Bres- 
lauer  Kirche,  was  Liturgie  uud  Ritus  anbctritfc,  der  von 
Laou  nachbildete,  flir  welches  Bistum  dor  Piilmonstratenser- 
orden,  dessen  Stifter  der  heilige  Norbert  bei  dera  Bischof  von 
Laon  Zuflucht  und  vielfache  Forderung  gefunden  hatte,  ein 
besonderes  Interesse  hegte.  Im  Jahre  1201  hat  dann  zuerst 
ein  Priimoustratensei-abt  Cyprian  seinen  Weg  auf  den 
bischoflichen  Stulil  von  Breslau  gefunden. 

Auch  bezuglich  des  Cistercieuserordens  darf  behaup- 
tet  werden,  dafs  zu  der  Zeit,  wo  der  heilige  Beruhard 
auf  der  Htihe  seines  Ruhmes  stand,  also  wesentlich  friiher, 
ehe  deutsche  Oistercienser  als  eifrige  Beforderer  germani- 
scher  Kultur  liier  ihren  Einzug  hielten,  direkte  Beziehun- 
gen  zwischen  Poleu  resp.  Schlesien  und  don  iiltesten  Stiftern 
des  Ordens  in  Frankreich  bestanden  haben.  Als  der  Bres- 
lauer  Bischof  Johannes  II.  um  1140  selbstiindig  das  pol- 
nische  Oistercienserkloster  Jedrzejow  griindete  und  dotierte, 
siedelte  er  dort  Briider  aus  Morimund  an,  die  sogar  den 
Namen  des  Mutterklosters  nach  Polen  verpHanzten.  Einen 
Brief  des  heiligen  Bernhard  dorthin  hat  man  hier  jahrhun- 
dertelaug  als  teure  Rehquie  aufbewahrt,  bis  ein  Brand  ihn 
zerstort  hat.  Um  1144  hittet  Bischof  Matthaus  von  Krakau 
den  heiligen  Bernhard  aufs  dringendste,  nach  Polen  zu  konnnen, 


Gruudungen  romauischeu  Urspnings.  23 

WO  man  allgemein  seine  Ankunft  erwarte,  unci  wo  viele 
tromme  Manner,  vor  alleni  cler  edle  Graf  Peter,  sebr  glilck- 
lich  sein  wiirclen,  ihn  zu  sehen. 

Als  Stiftungen  urspriinglicli  romanisclien  Gepriiges,  die 
zugleich  an  die  Kreuzzlige  anklingen,  werden  wir  dann  nocli 
die  Berufung  der  Hiiter  des  heiligen  Grabes,  welche  Graf 
Jasko  von  seiner  Wallfalirt  nacli  Jerusalem  1163  nacli 
Kloster  Miechow  gefilhrt  und  die  bald  auch  in  Oberschlesieu 
Giiter  erwarben,  und  ferner  die  der  Johanniter  zu  nennen 
liaben,  denen  Herzog  Heinricli  von  Sendomir,  der  Bruder 
Wladyslaws  II.,  infolge  seiner  Kreuzfahrt  1154  die  ersten 
Besitzungen  in  Polen  verlieh,  und  deren  Kirche  zu  Striegau 
schon  Biscliof  Waltlier  weiht  wie  sein  Nachfolger  Siroslaw  11. 
1170 — 1198  die  Kirclie  ihrer  zweiten  schlesischen  Kommende 
zu  Grofs  -  Tinz.  Siroslaw  sclienkt  ihnen  dann  im  Jahre 
1193  aucli  nocli  die  Kirche  zu  Wartha  unter  der  Bedinguug, 
dais  datur  die  Namen  der  gestorbenen  Breslauer  Kanoniker 
nacli  Jerusalem  berichtet  und  fiir  diese  dort  an  heiliger 
Stelle  Seelenmessen  gelesen  werden. 

Wir  haben  in  dem  Vorsteliendeu,  uni  Gemeinsames  nicht 
zu  trennen,  weit  liber  die  Grenze  gegrifFen,  bis  zu  welcher 
wir  die  politische  Geschiclite  gefilhrt  hatten,  und  doch  be- 
reiteten  sich  bald  nach  dem  Tode  Boleslaws  III.  die  Ereig- 
nisse  vor,  Avelche  unserer  Landesgeschiclite  eine  ganz  andere 
Wendung  gaben,  sie  von  der  polnischen  mehr  und  mehr 
trennten  und  die  schlesischen  Fllrsten  zwangen,  an  Deutsch- 
land  einen  Rilckhalt  zu  suchen,  von  wo  aus  nur  ein  kleiner 
Schritt  war  zu  einer  Offnung  des  Landes  gegen  Deutsch- 
land  bin,  fllr  Einwirkungen,  welche  dann  in  kui'zem  alle 
jene  ursprllnglichen  romanischen  Pflanzungen  umgestalten 
mufsten. 


Dritter  Abschnitt. 

Wladyslaw  II.  und  Peter  Wlast. 


Herzog  Boleslaw  III.  hatte  vor  seinem  Ende  das  Reich 
unter  seine  vier  Sohne  (den  filnften  noch  unniilndigen  nicht 
mit  bedenkend)  geteilt,  doch  dem  Altesten,  Wladyslaw,  nicht 


24  Kistos  Buch.     Diittei-  Absclniitt. 

nur  einen  grofseien  Anteil,  neben  Krakau  audi  Schlesien^ 
sondei'n  audi  einc  die  Einheit  dcs  Keiches  repriisentierende 
hohere  Stellung  als  GroMiirst  (dux  raaximus)  gewjihrt,  welehe^ 
an  den  Besitz  von  Krakau  gekniiptt,  audi  fur  die  Zukunft 
immer  dcm  Altesten  zutoil  Averden  sollte. 

Unverineidlidi  lagen  in  dieseni  Verhiiltnisse,  bei  welcheni 
danii  doch  die  Grenzen  der  konkurrierenden  Gewalten  iia- 
tiirlicli  nirgends  festgesteckt  wareu,  die  Keime  innerer  Zer- 
wurl'uisse,  wie  solche  eigentlidi  bei  der  ersten  Probe  des 
Seniors,  seine  Priirogative  geltend  zu  maclieii  liervortreten 
niulsteii.  In  der  That  erfaliren  wir  schon  zum  Jahre  11 40 
von  Zerwlirliiissen  zwischeu  den  Briidern,  welclie  damals, 
wie  es  scheint ,  die  Vei'mittelung  ihrer  j\Iutter  Salomea 
schliditet;  aber  der  Keim  weiterer  Verwickelungen  blieb, 
und  dafs  Wladyslaw  solche  hervoiTief  diu'ch  starke  Betonung 
seiner  oberherrlichen  Gewalt,  schi'ieb  alle  Welt  an  erster 
Stelle  deni  Ehrgeize  seiner  deiitschen  Gemahlin  Agnes  von 
Usterreich,  einer  Halbsdiwester  Kaiser  Konrads  III.,  zu;  und 
die  Abneigung  gegen  die  Auslanderin  und  deren  EinHuls 
verlieh  danii  der  partikularistischen  Opposition,  in  welcher 
sich  Adel  und  hohe  Geistlidikeit  zusammentanden ,  noch 
einen  gewissen  popular  -  nationalen  Anstrich.  Von  diesem 
Standpunkte  aus  konnte  es  dann  wohl  audi  geniiisbinigt 
werden ,  wenn  Wladyslaw  allerdings  ganz  getreu  der  von 
seinem  Vater  in  dessen  letzter  Zeit  vertblgtcn  Politik  ein 
gutes  Einvernehmen  rait  dem  deutschen  Kaiser  suchte  und 
z.  B.  zum  Weihnachtsfeste  1144  an  Konrads  III.  Hof- 
Jager  den  grolsen  Feldherrn  seines  Vaters,  den  uns  schon 
bekaunten  Peter  Wlast  sandte,  der  dann  diese  Gelegenheit 
benutzte,  um  dort  kostbare  Kdiquien  des  heiligen  Bischofs 
Vincenz  flir  seine  grolse  Stiftung  auf  dem  Elbing  bei  Bres- 
lau  zu  erwerben,  welche  am  6.  Juni  1145  feierlich  in 
Breslau  eingeholt  wurden  und  Veranlassung  gaben,  das 
urspriiuglich  der  Jungfrau  Maria  geweihte  JStilt  nun  nach 
jeneni  Heiligen  zu  benenuen. 

Dieser  Graf  Peter  war  nicht,  wie  spatere  Sageu  berichtet 
haben,  ein  Dane,  sondern  der  Sohu  eines  polnischen  und 
zAvar  eines  schlesischen  Edelmannes  Wladirair,  dessen  grofse 
HeiTschaft  am  Zobten  lag.  Peter  war  namenthch  dadurch 
in  so  holies  Ansehn  bei  Boleslaw  gekommen,  dafs  er  im 
Jahre  1122  angeblich  durch  eine  Hinterlist,  bei  welcher  er 
selbst  sein  Leben  aufs  Spiel  setzte,  und  welche  an  die  That  des 
Zopyros  bei  Herodot  erinuert,  den  Fursten  von  Halicz  (Ost- 
galizien)  gefangen  nahm.  Boleslaw  lohnte  ihni  durch  Reich- 
tiinier    und   Ehrenstellen ,    verschaffte    ihm    die    Hand   einer 


AVladyslaw  IT.  imd  Peter  Wlast.  25 

russischen  Flirstentochter  Maria,  einer  VerAvanclten  seiner  Ge- 
mahlin  Sbyslawa.  Unter  den  Wiirclen,  die  ihm  zufielen, 
scheint  sich  auch  die  eines  Statthalters  von  Schlesien  be- 
fiinden  zu  haben. 

Jedenfalls  war  Peter,  als  sein  gTofser  Gonner  Boleslaw 
1138  starb,  einer  der  angeseliensten  unter  den  poluischen 
Magnaten,  iind  seine  schon  erwahnte  Sendung  an  den  Hot' 
des  deutschen  Kaisers  im  Jahre  1144  zeigt,  dais  das  Ver- 
trauen  des  Vaters  auf  den  Sohn  sich  vererbt  hatte. 

Doch  ward  dasselbe  bald  darauf  einer  zn  schweren 
Probe  unterworfen,  als  \^'ladyslaw  mit  seinen  Briidern  in 
offnen  Zwist  geriet. 

Xachdem  das  Verhaltnis  Wladyslaws  zu  seinen  jiingeren 
Stiet'brildern  schon  iramer  ein  keineswegs  ungetriibtes  ge- 
wesen  und  mancherlei  Reibungen  vorgekommen  waren,  reitte 
allmahlich  in  WladyslaAv,  der  angeblich  voruehmlich  durch 
seine  elu'geizige  Gemahlin  Agnes  von  (jsterreich  sich  leiten 
liefs,  der  Gedanke,  fest  durchgreifend  sich  eine  monarchische 
Gewalt  auch  liber  die  von  seinen  Briidern  beherrschten  Ge- 
biete  zu  sichern,  und  im  Jahi^e  1145  schritt  er  zur  Aus- 
fiihrung.  Als  er  jedoch  in  den  Lauden  der  Briider  Steuern 
erheben  wollte,  machten  diese  Einwendungen ,  und  als  ihre 
Vorstellungen  und  Bitten  fruchtlos  bleiben,  wagen  sie  be- 
AvafFneten  Widerstand,  und  zwei  der  Briider,  Boleslaw  und 
Heinrich,  biiisen  ihre  Lande  Masowien  und  Sendomii'  voll- 
stiindig  ein,  wahreud  der  dritte  Bruder  Mesko  sein  Land 
(Grolspolen)  ganz  oder  zum  Teii,  wie  es  scheint,  durch  recht- 
zeitige  UnterAvertung  rettet  und  dann  in  Posen  auch  den 
Briidern  eine  Zuflucht  gCAvahren  kann. 

Fiir  den  neugeschaflenen  Zustand  der  Dinge,  der  faktisch 
eine  Umwlilzung  der  Verhiiltnisse ,  AAde  sie  seit  dem  Tode 
BoleslaAvs  III.  bestanden  hatten,  herbeigefiihrt  hatte,  suchte 
nun  WladyslaAv  bei  seinem  ScliAvager,  dem  Kaiser  Konrad, 
dem  er  den  Titel  eines  Oberlehnsherrn  nicht  weigerte,  eine 
nachtragliche  Anerkennung,  die  er  dann  Avohl  wie  eine  Art 
Garantie  ansehen  mochte,  und  erlangte  dieselbe  auch  auf 
dem  Hoftage,  den  Konrad  1146  zu  Ostern  (Marz  31)  in 
Kaina  bei  Altenburg  abhielt. 

Mit  dem  Geliihle  erhohter  Sicherheit  eilte  Wladyslaw 
nach  Polen  zuriick,  entschlossen  die  Ziigel  der  Herrschaft 
noch  fester  anzuziehen  und  die  widerstrebenden  Eleraente 
ohne  Schonung  niederzuwerfen.  Ein  Opfer  dieser  Vorsiitze 
wurde  nun  Graf  Peter  "VVlast.  Dieser  machtige  Mann  hatte 
im  Vertrauen  auf  die,  wie  er  hoffte,  vom  Vater  auf  den 
Sohn  A'ererbte  Gunst  des  Herrschers  es  o-eAvae-t,  otFener  und 


2<)  Erstes  Buch.     Diittei-  Abschuitt. 

eiuclringlicher  als  aiidere  Grofse  den  Herzog  von  den  Schrit- 
ten  gegeu  die  Brilder  abzumahnen.  Wladyslaw  aber  iind 
vielleicht  niehr  noch  seine  Gremahlin  hatte  des  Graien  otlene 
Rede  auf  das  liet'tigste  erzilrnt,  iind  eine  strengc  Aim- 
dung  del'  Unbotmiilsigkeit  ward  niir  verschoben,  uni 
nicht,  so  lange  noch  der  Widerstand  der  Anliilnger  der 
Brilder  nieht  ganz  gebrochen  war,  den  machtigen  ^lanu 
resp.  dessen  Freuude  auf  die  Seite  der  Aufstiindischen  zu 
treiben. 

Wir  diirt'en  als  huclist  wahrsclieinlich  voraussetzen ,  dais 
die  einmal  autgeschobene  Strafe  oder  Rache  gar  nicht  oder 
wenigstens  nicht  in  so  grausanier  Weise  zur  Aust'iihrung 
gekommen  ware,  batten  nicht  immer  wieder  neue  Vorkomm- 
nisse  den  Argwohn  und  Groll  des  Herzogs  genahrt,  und 
ebenso  gewil's  ist,  dafs  nach  der  Riickkehr  des  Herzogs 
aus  Deutschland  eine  besondere  Veranlassung  AV  lady  slaw 
bestimmt  hat,  den  Bet'ehl  zu  des  Grafen  Verhat'tung  zu  ge- 
ben.  ]\IogIich  ist  auch,  dafs  die  dem  Herzoge  erregte  Be- 
sorgnis,  es  sei  bei  dem  von  Peter  geriisteten  Feste  der 
Vermithlung  seines  Sohnes  Egidius,  wo  viele  Grofse  geladen 
werden  sollten,  eigentlich  auf  eine  Verschwurung  abgesehen, 
AVladyslaw  bestimmt  hat,  den  entscheidenden  Bcfehl  zu  er- 
teilen. 

Die  Gefaugennehmung  des  machtigen  Manncs  war  dem 
herzoglichen  Marschall  Dobek  (Dobeslaw),  einem  auf  Peters 
Ansehen  und  seine  Schiitze  neidischen  Manne,  iibertragen,  der 
sich  nun  allein  nach  dem  befestigten  Schlosse,  das  Peter 
auf  dem  Elbing  vor  Breslau  neben  dem  Vincenzkloster  sich 
erbaut  hatte,  begab  und  unter  dem  Vorgeben,  er  kame  niit 
einem  Auftrage  vom  Herzoge,  Einlafs  und  gastliche  Be- 
wirtung  fand;  spiit  des  Nachts  schied  er,  um  in  seine  Her- 
berge  zu  gehen,  die  Eroflfnung  der  herzoglichen  Botschaft 
dem  kommeuden  Tage  vorbehaltend ,  nachdem  er  die  Ge- 
legenheit  des  Ortes  ausgekundschaftet,  erschien  aber  vor 
Tagesgrauen  wieder  an  der  Pforte  mit  Bewatiheten,  die  er 
versteckt  hielt,  klopfte  und  hefs  den  Hauptmann  des  Grafen 
Namens  Roger,  von  dessen  treuer  Ergebenheit  gegen  seinen 
Herrn  er  Widerstand  fiirchtete,  rufen  und  versicherte  sich 
dessen  Person.  Dann  drang  er  mit  seinen  Bewaffueten  ein, 
rief  Peter  aus  dessen  Schlafgemach  durch  die  Xachricht,  der 
Herzog  selbst  erwarte  ilm,  nahm  ihn  gefangen  und  ebenso 
noch  seinen  durch  den  Liirm  herbeigelockten  Sohn  Egidius, 
welche  dann  alle  drei  fortgeschleppt  und  ins  Geiangnis  ge- 
worfen  werden,  wahrend  das  Schlofs  Peters  geplilndert  und 
schhefslich    in    Brand    o-esteckt   wird.      Von   der   gelungenen 


Wladyslaw  II.  uud  Peter  Wlast.  27 

Ausfilbrung  erhalt  der  Herzog,  cler  in  eiiier  Staclt  unweit 
Breslau  verweilt,  schleunige  Nachricht.  Inzwischen  Avar  der 
Schwiegersohu  Peters^  der  Graf  Jaxa,  oline  Kunde  des  Vor- 
gegangenen,  bei  Wladyslaw  erschienen,  mn  den  Herzog  zur 
Vermablungsfeier  des  Egidius  eiuzuladen;  als  er  am  Hofe 
den  Sturz  seines  Schwiegervaters  erfahren,  versuclite  er  ver- 
gebens  den  Zoi'n  des  Herzogs  zu  besanftigen,  und  ward 
sogar  selbst;  da  er  sieb  von  jenem  nicbt  lossagen  wollte, 
vom  _  Angesiclit  des  Herrscbers  verbannt. 

Uber  Peter  und  dessen  Sobn  gedacbte  der  Herzog  Ver- 
lust  seiner  Gilter  und  ewige  Verbannung  zu  verbangen  ; 
seine  Gemablin  jedoeb  bestand  auf  der  Todesstrafe,  berubigte 
sicb  aber,  als  sie  wenigstens  die  Strafe  der  Blendung  bei 
ibrem  Gemabl  ausgewirkt  batte.  Ein  verurteilter  Morder 
flibrte  um  den  Preis  seiner  Begnadigung  die  grausame  Strafe 
aus  und  soUte  aucb  nacb  Dobeks  Weisung  dem  Grafen  die 
Zunge  ausscbneiden,  welcbes  letztere  jedoeb;  nur  unvollkom- 
men  ausgefilbrt,  nicbt  ganz  die  Spracbe  raubte.  Der  Un- 
gliieklicbe  land  mit  seinem  Sobne  eine  Zuflucht  in  Posen 
bei  den  Briidern  des  Herzogs. 

Nun  ging  em  Abgesandter  WladjslaAvs  an  den  gefangenen 
Hauptmann  Peters  Roger,  er  solle  den  Ort,  wo  der  Graf 
seine  Sebatze  verberge,  entdecken  und  aus  dessen  Dienst 
in  den  des  Herzogs  treten,  wo  man  ibm  Ansebn  und  Ebren- 
stellen  verbiels.  Auf  seine  Weigerung  ward  ibm  bedeutet, 
er  diirfe  seinem  Herrn  nur  folgen,  Avenn  er  sicb  vorher  mit 
Geld  lose.  Roger  verlangte  zur  Aufbi'ingung  des  Geldes 
entlassen  zu  werden,  und  an  der  Spitze  der  zebn  Biirgen, 
die  er  zu  diesem"  ZAvecke  stellen  mufste,  befand  sicb  der 
Roger  verwandte  damalige  Biscbof  von  Breslau  Johannes 
mit  A'erscbiedenen  Bittern.  Nacb  AA^enigen  Tagen  aber  wurde 
Roger  von  dem  Herzoge,  dem  dessen  Entlassung  leid  ge- 
worden  war,  vor  ibn  nacb  Krakau  gefordert,  und  Roger 
hatte  sicb  aucb  bereits  auf  den  Weg  gemacht,  als  ibm 
Biscbof  Johannes  seinen  Archidiakon  und  Vertrauten  Robert 
nacb  Krakau  nachsandte  rait  der  Warnung,  jetzt  nicbt  \^or 
dem  Herzog  zu  erscbeinen,  da  ibm  Gefabr  drobe;  er,  der 
Biscbof,  woUe  eine  Verlangerung  des  jenem  gestellten  Ter- 
mines  auswirken.  Wirklicb  setzte  er  dies  aucb  durch,  und 
Roger  blieb  drei  Tage  im  Hause  eines  Arm  en  zu  Ki'akau 
versteckt,  begab  sicb  aber  dann  zu  einem  VerAA'andten,  dem 
Hauptmann  im  Krakauischen,  Johann  gen.  Mikora,  einem 
angesebenen  Edelmann,  und  forderte  diesen  auf,  die  GeAA'alt- 
thaten  WladyslaAA's,  die  Vertreibung  der  Herzuge,  soAAde  die 
Grausamkeit  gegen  Peter  zu  riichen,  und  als  dieser  geltend 


28  Erstcs  Much.     Drittcr  Abschnitt. 

macht,  wie  er  zwar  dies  wunsche,  aber  keine  Moglichkeit 
zur  Aust'ulirimg  selie,  setzt  ihm  Roger  auseinander,  wenn  er 
und  sein  Neffe  Georg,  der  Hauptinann  in  Glogaii,  die  ver- 
triebenen  Herzoge  zur  Riickkehr  aul'lorderc  und  beide  ilinen 
ihre  Schlosser  einraumten,  werde  WladyslaAV,  der  jetzt  kein 
Heer  gesammelt  habe,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  unter- 
liegen.  Mikora  kann  sich  noch  nicht  entschliefsen  und 
weist  Roger  an  seinen  Neffen  Georg,  der  aber  noch  mehr 
Bedenken  begt  und  jenen  an  seine  Verpfliehtungen  den 
Biirgen  gegenuber  erinnert.  Inzwischen  aber  hat  Roger 
andere  Adelige  gewonnen  und  durch  diese  verschiedene  von 
vcrschiedenen  Sciten  kommende  Waruungsbriefe  an  Mikora 
und  Georg  schreiben  lassen,  der  Herzog  hege  gegen  sie 
Verdacht,  sie  mochten  sich  hiiten,  ihnen  drohe  dasselbe 
Schicksal  wie  dem  Grafen  Peter.  Nun  drilngte  aiich  sie 
die  List  mit  dem  Scheine  der  Notwehr  auf  die  Seite  der 
Verschworenen ,  Avelche  in  Breslau  zur  Beratuug  zusammen- 
kamen,  wo  dann  Rogers  Beredsamkeit  die  letzten  Bedenken 
zerstreute.  Wiihrend  Wladyslaw  nichts  ahnend  einer  Ein- 
ladung  zur  Jagd  nach  Rufsland  gefolgt  war,  rief  man  die 
jiingeren  Herzoge  aus  Posen  herbei,  und  ihnen  offnete  sich 
der  grolsere  Teil  der  Schlosser. 

Es  ist  kauni  zu  bezweifehi,  dafs  die  herzoglichen  Brilder, 
als  sie  sich  an  die  Aufstandisehen  anschlossen,  sich  bemtiht 
haben,  die  Verantwortung  Wladyslaw  zuzuwalzen,  als  ob 
dieser  durch  neue  gegen  sie  vertibte  Ungerechtigkeiten  das 
zwischen  ihnen  getrofFene  Abkommen  verletzt  und  sie  da- 
durch  zur  Notwehr  gedritngt  habe. 

AVladyslaw  sammelte  auf  die  Nachricht  von  diesen  Vor- 
gangen  ein  Heer  von  Soldnern  in  Rulslaud  mit  Zustimmung 
und  Unterstiitzmig  des  ihm  verwandten  Filrsten,  und  mit 
diesen  und  seinen  polnischen  Anhiingern  zog  er  gegen  die 
Aufstandisehen,  welche  unter  Filhrimg  des  AVsebor,  Palatins 
von  Sendomir,  ihm  an  der  Pilica  eine  blutige  Schlacht  lie- 
ferten,  in  welcher  sie  sich  zwar  den  Sieg  zuschrieben,  doch 
nicht  verhindern  konnten,  dafs  er,  durch  neue  ausliindische 
Soldnerscharen  verstarkt  und  den  Gegnern  an  Zahl  der 
Streitkrafte  weit  ilberlegen,  sie  immer  mehr  zuriick- 
driingte,  eine  Stadt  nach  der  andern  einnahm  und  endlich 
vor  den  Thoren  der  letzten  Zuflucht  der  Aufstandisehen, 
vor  Posen,  sein  Lager  aufschlagen  konnte  die  Stadt  hart  be- 
drangend. 

Damals  geschah  es,  dafs  der  greise  Erzbischof  Jakob 
von  Gnesen  im  Lager  des  Herzogs  erschien,  sich  in  einem 
kleinen  Wagen,    an  den  ihn  die  Gebrechhchkeit   des  Alters 


Wladyslaws  II.  Vertreibung.  29 

fesselte,  in  das  Zelt  des  Herzogs  rollen  liefs  und  diesen  mit 
den  eindringlichsten  Worten  beschwor,  deui  Blutvergiefsen 
ein  Ende  zu  machen  und  von  der  Bedrlickuug  der  Brlider 
abzustelien,  und,  da  Wladyslaw  ihn  hart  abwies,  den  Bann 
der  Kirche  iiber  ihn  aussprach.  Als  der  Bischof  hiernach 
sich  entferneu  wollte,  rifs  der  Diener,  der  das  Wagiein  des 
Pralaten  bewegte,  aus  Ungeschicklichkeit  eine  der  Stiitzen  des 
Zeltes  urn,  so  dafs  dieses  zum  Teil  einstlirzte  und  den  Herzog 
fast  erschlagen  hiitte,  —  ein  Zufall,  der  als  ein  iibles  Zeichen 
fiir  diesen  angesehen  ward,  den  aber  derselbe  ungeahndet 
hingehen  liefs. 

Mesko,  einer  der  jiingeren  Herzoge,  der  mit  seiner  Scliar 
nicht  mit  eingeschlossen  war,  hatte  inzwischen  mit  der  Be- 
satzung  der  Burg  einen  Uberfall  des  Lagers  Wladyslaws 
verabredet,  zu  dem  ein  von  einem  Turme  der  Stadt  hinter 
der  Nikolaikirche  dreimal  auf-  und  niedergezogener  Scliild 
das  Signal  gab.  Es  gelang,  die  Wacheu  zu  iiberrumpeln, 
und  zugleich  mit  einem  allgemeinen  Ausfalle  der  Besatzung 
erfolgte  dann  der  AngrifF  auf  die  unvorbereiteten,  gerade  mit 
dem  Mittagsmahle  beschattigten  herzoglichen  Scharen,  die 
nun  eine  voUstandige  Niederlage  erlitten.  Wladyslaw,  seine 
Sacbe  verloren  gebend,  fioh  nach.  Krakau,  und  als  die  sieg- 
reichen  Gegner  ihm,  naclidem  sie  iliren  Truppen  eine  kurze 
East  gegonnt,  nachzogen,  von  da  weiter  liber  Ungarn  nach 
Deutschland  an  den  Hof  seines  Schwagers,  des  Kaisers 
Konrad  III.  Seine  Gemahlin  Agnes  blieb  mit  den  Sohnen 
zuriick  und  versuchte  noch  eine  Verteidigung  der  Krakauer 
Burg,  ward  aber  bald  zu  einer  Kapitulation  genotigt,  auf 
Grund  deren  sie  dann  ihrem  Gemahle  in  die  Verbannung 
folgte. 

Wladyslaw  11.  vertritt  im  grofsen  und  ganzen  die  tradi- 
tionelle  Idee  der  polnischen  Monarchie,  welche  das  Testa- 
ment Boleslaws  III.  zu  gefahrden  schien,  den  Gedanken  der 
Einheit  des  Reiches,  an  welcher  trotz  der  Landerteilung  fest- 
gehalten  werden  soil.  Seinen  Bestrebungen  treten  die  Brii- 
der  entgegen,  nicht  ohne  Sympathieen  bei  der  Aristokratie 
zu  finden,  aber  ohne  dafs  die  letztere  gleicli  von  vornherein 
es  inne  geworden  ware,  wie  ihre  zentrifugalen  Interessen 
mit  denen  der  Teiliiirsten  solidarisch  verknilpft  sind.  Erst 
als  \Aladyslaw  obgesiegt  hat  und  nun  auch  die  Grofsen  die 
straffer  angezogenen  Ziigel  zu  kosten  bekommen,  als  einer 
der  Magnaten  einer  barbarischen  Sti-afe  unterliegt,  da  bricht 
der  Sturm  los,  die  geistliche  Aristokratie  vereinigt  sich  mit 
der  weltlichen  zum  Sturze  des  Herrschers,  und  es  erfolgt 
eine  jener  Revolutionen,  an  welche  die  polnische  Geschichte 


30  Krstes  Biicli.     Vierter  Absclmitt. 

SO  reicli  ist,  unci  welche  das  endliehe  Schicksal  dieses  Landes 
bestimmt  haben. 


Vierter  Abschnitt. 

Schlesisclie    Herzoge    imter    polnischer    Oberhoheit. 
Anfjiiige  deutsclier  Aiisiecleliiiigeii. 


Nach  der  Vertreibimg  Wladyslaws  II.  ilbernahm  der 
nachstalteste  Bruder  Boleslaw  das  Seniorat,  die  Lander  niit 
seinem  Bruder  ]\Iesko  gleicli  teilend,  wahrend  der  jiingste 
Kasimir  als  noch  unraiindig  vorlauiig  leer  ausging.  Sclile- 
sien  blieb  bei  dem  alteren,  Boleslaw,  der  dann  natiirlich 
auch  dem  Grafen  Peter  alle  seine  Gliter  wiedergab.  Als 
der  Herzog  1149  die  Besitzungen  der  Lieblingsstiftung  des 
Grafen  J  des  Vincenzklosters,  bestatigte,  finden  wir  ihn  um- 
geben  von  einera  Kreise,  den  wir  aus  der  Geschichte  Peters 
kenuen ;  da  ist  der  Bischof  von  Breslau,  Johannes,  der  einst 
fiir  den  Grafen  gebiirgt,  da  Bischof  j\Iattliaus  von  Ki'akau, 
der  dem  heiligen  Bernhard  so  riihmend  filr  Peter  geschrie- 
ben,  da  der  Scliwiegersohn  Peters,  Graf  Jaxa,  und  Mikora, 
der  mit  Roger  zuerst  den  Aufstand  gcplant.  Bischof  Jo- 
hannes wird  dann  1149  Erzbischof  von  Gnesen,  und  sein 
Nachfolger  in  Breslau,  AValther,  dotiert  aufs  freigebigste 
auch  die  zweite  Grilndung  Peters,  das  Sandstift,  fiir  welche 
sich  dann  auch  vornehmlich  dessen  Gemahlin  Maria  und 
sein  Sohn  Swentoslaw  (sonst  auch  Egidius  genannt)  inter- 
essierten.  Maria  stirbt  1150,  drei  Jahre  spitter  folgt  ihr  Gatte. 
Beide  iinden  im  Vincenzstifte  ihre  letzte  Ruhestiitte. 

Inzwischen  hatte  Wladyslaw  bei  dem  deutschen  Konig 
Konrad,  dem  Stiefbruder  seiner  Gemahlin,  freundliche  Auf- 
nahme  gefunden.  An  einer  vollkommenen  Wiederherstellung 
seiner  IMacht  verzweifelte  er  selbst  bald  und  wollte  sich  mit 
der  Riickgewinnung  seines  Erbteils  begniigen.  In  diesem 
Sinne  bemiihte  sich  nun  auch  Konrad;  aber  auch  seine 
Vermitteluug  scheiterte,  und  so  entschlofs  er  sich  dann  noch 
im  August  1146  zu  einem  Feldzuge  gegen  Polen,  nachdem 
er  die  sachsischen  Fiirsten,  auf  die  an  erster  Stelle  gerechnet 


Deutsche  Bemiihiangen  zuguusten  Wlady slaws  II.  31 

werclen  mufste,  bei  einer  Zusammenkunft  clem  Plane  geneigt 
gefunclen  hatte. 

Aber  der  Zug  ging  iiiclit  nach  Wunsclie  voiistatten ; 
Boleslaw  hiitete  sich  zwar  wohl,  dem  kaiserlichen  Heere  in 
offener  Feldschlacht  gegenliberzutreten ,  suchte  aber  durcli 
SpeiTung  der  Strafsen  dem  Marsche  der  Feinde  alle  mog- 
lichen  Hindernisse  zu  bereiten  und  ihnen  die  Lebens- 
mittel  abzuschneiden  und  erzielte  dadurch  einen  ahnlichen 
Erfolg  wie  einst  sein  Vater  Kaiser  Heiurich  V.  gegenliber. 
Wohl  mochte  Konrad  im  Lande  vordringen^  ihm  wurde 
docli  niit  jedem  Scliritte  die  Moglichkeit  der  Verpflegung 
schwieriger  •,  er  ging  endlich  gern  auf  Unterhandlungen  ein^ 
die  Boleslaw  anbot,  und  zog  mit  seinem  Heere  ab^  sich  mit 
einer  Sumrae  Geldes  und  den  Versprechungen  des  polnisclien 
Grofsfiirsten,  vor  einem  Hoftage  zu  erscheinen,  begniigend. 

Der  Kreuzzug  Konrads  III.  unterbracli  dann  diese  Ver- 
liandlungen ,  docli  bemlilite  sich  dessen  Sohn  und  Stell- 
vertreter  Heinrich^  zunachst  wenigstens  vora  Papste  Eugen  HI. 
die  Losung  des  vertriebenen  Herzogspaares  vom  Kirchen- 
banne  zu  erwirken,  und  Eugen,  damals  durch  die  Agitation 
Arnolds  von  Brescia  vertrieben,  bedurfte  zu  sehr  der  Freund- 
schaft  des  Kaiserhofes,  um  nicht  hier  der  traditionellen  Po- 
litik  der  Kurie,  dem  deutschen  Einflufs  auf  das  Polenreich 
keinen  Vorschub  zu  leisten,  untreu  zu  werden.  Sein  Legat 
Kardinal  Guide  hob  im  Verein  mit  dem  Olmiitzer  Bischof 
Heinrich  im  Frlihling  1149  den  Bann  auf  trotz  des  Wider- 
standes,  den  die  polnischen  Pralaten  noch  immer  entgegen- 
setzten. 

Dagegen  hatten  sich  die  Aussichten  Wladyslaws  auf 
deutsche  Hilfe  sehr  getrilbt,  seitdem  Boleslaw  IV.  gerade 
die  sachsischen  Fiirsten,  auf  deren  Hilfe  bei  einem  polnischen 
Feldziige  so  viel  ankam,  auf  seine  Seite  gezogen  und  zu 
einem  Biindnisse  gebracht  hatte,  welches  dann  durch  die  Ver- 
miihlungen  zweier  Schwestern  von  ihm  mit  Otto,  dem  Sohne 
Albrechts  des  Baren  und  Dietrich  von  Meifsen  besiegelt 
Avurde  (1148  Jan.  6).  In  der  That  bleibt  diese  Sache  ruhen, 
bis  nach  dem  Tode  Kaiser  Konrads  (1152)  die  Gunst,  in 
welcher  Wladyslaw  bei  dessen  Nachfolger  Friedrich  I.  stand, 
ihm  bessere  Aussichten  erciffnete.  Es  hatte  denn  doch  audi 
seine  Bedeutung,  als  der  Herzog  ums  Jahr  1153  oder  1154 
in  zweiter  Ehe  sich  mit  Christine,  der  Tochter  Albrechts 
des  Baren,  verniahlte. 

Als  dann  der  Kaiser,  von  seinem  ersten  Romerzuge 
zuriickgekehrt,  der  gegen  ihn  aufsteigenden  Opposition  unter 
den   Fursten   Herr    geworden    war    und    noch    speziell    den 


32  Erstes  liucb.     Mcrter  Abschuitt. 

Buhmenherzog  fester  an  sich  gekettet  hatte,  dachte  er  auch 
daran,  dem  slavischen  Osten  seine  Maclit  zu  zeigen,  was 
uni  so  mehr  geboten  schien,  da  im  Jauuar  1157  ein  Aul- 
stand  der  Slaven  die  Erobeningen  Albreclits  des  Baren  in 
der  Nordmark  ernstlich  bedrolite.  Auf  dem  Reichstage  zu 
Halle  (Anfang  August  1157)  erseliieneu  auch  Gesandte 
Boleslaws  IV.,  docli  genllgten  die  Anerbietungen,  welclie  sie 
brachten,  nicht,  und  sogleich  setzte  sich  das  Heer  des  Kaisers 
in  Bewegung. 

Es  war  der  ruhmreichste  Feldzug,  den  ein  deutscher 
Kaiser  gegen  Polen  unternommen,  die  Grenzverhaue  der 
Polen  hielten  den  Marsch  nur  wenig  auf,  und  als  das  deutschc 
Heer  am  22.  August  1157  den  Oderiibergang  erzwungen, 
zilndeten  die  Polen  selbst  ihre  Oderfestungen  Glogau  und 
Beuthen  an  und  zogen  sich  eilig  zuriick,  das  schlesische 
Gebiet  auf  dem  rechten  Oderufer  und  das  grofspolnische 
ward  von  schweren  Verwustungen  heimgesucht;  bald  stand 
Friedi'ich  vor  Posen;  da  erschien  zu  Krzyszkowo  Boleslaw 
vor  ihm  mit  blofsen  Fiifsen,  ein  uacktes  ISchwert  am  Halse 
hangend,  so  biifsend  fiir  die  gewaltthatige  Selbsthilfe,  die 
er  gegen  scinen  Bruder,  einen  von  dem  Kaiser  anerkannten 
Fiirsten,  geilbt.  Dies  bereuend,  gelobt  er  niichste  Weih- 
nachten  in  Magdeburg  zu  erscheinen  um  vor  dem  kaiser- 
lichen  Oberlehensherrn  die  Entscheidung  des  Streites  mit 
dem  Bruder  zu  empfangen.  Zur  Suhne  zahlt  er  2000  Mark 
dem  Kaiser,  1000  den  Fursten,  20  ]Mark  Goldes  der  Kai- 
serin,  dem  Lehnhofe  200  Mark  Silber  und  stellt  Geiseln, 
unter  ihnen  seinen  jlingsten  Bruder  Kasimir,  gelobt  auch 
300  Reisige  fiir  den  Romerzug. 

Es  mochte  ganz  den  Anschauungeu  Friedrichs  entsprechen, 
hier  vor  allem  die  MajestJit  des  Reiches  zur  Anei'kennung 
zu  bringen  und  die  Sache  Wladyslaws  der  Entscheidung 
des  Fiirstengerichtes  vorzubehalten ;  der  Kaiser  mochte  selbst 
auch  lebhaft  wiinschen  vor  dem  Eintritte  der  rauheren 
Jahreszeit  sein  Heer  aus  dem  unwirtlichen  Lande  zuriick- 
fiihren  zu  konnen;  so  viel  aber  war  gewifs,  als  die  Deutschen 
zur  Freude  Boleslaws"  abmarschierten,  hatten  sie  durch  ihren 
ruhmreichen  Feldzug  thatsachlich  nichts  gewonnen  als  einige 
polnische  Geiseln  und  eine  Menge  schoner  Versprechungen, 
an  deren  Erfiillung  Boleslaw  kaum  je  gedacht  hat.  Er 
mochte  auf  neue  Verwickelungen  rechnen,  welche  den  Kaiser 
nach  andern  Seiten  hin  ablenken  wurden ;  wie  deun  auch  in 
der  That  der  zweite  grofse  Romerzug  von  1158  — 1162  dem- 
selben  nicht  Mufse  hefs,  die  Wortbriichigkeit  des  Polen- 
herzoffs  zu  ahnden. 


Die  Sohne  Wladyslaws  II.  33 

Als  er  1163  wieder  diesen  Verhaltnissen  seine  Aufmerk- 
samkeit  zuwendete,  anderte  sich  die  Situation  wesentlich 
dadurch,  dafs  Wladyslaw  am  2.  Juni  d.  J.  starb. 

Wenn  gegen  diesen  im  Herzen  nicht  nur  seiner  Brilder 
sondern  auch  unter  den  Grofsen  des  Landes  die  alte  Ab- 
neigung  nicht  hatte  schwinden  wollen,  so  vererbte  sich  diese 
doch  nicht  auf  seine  Kinder,  und  es  hat  vielleicht  nicht  ein- 
mal  einer  besonderen  Pression  seitens  des  Kaisers  bedurft, 
iim  Boleslaw  zu  vermogen,  den  Sohnen  Wladyslaws  einen 
Teil  ihres  Erbes,  namHch  Schlesien  im  Umfange  des  Bis- 
tums  Breslau,  zu  gewahren  (1163).  Diese  Sohne  waren 
Boleslaw  (der  Lange),  Mesko  und  Konrad,  doch  kam  der 
letztere,  damals  noch  ein  Knabe,  der  in  einem  deutschen 
Kloster  erzogen  wurde,  bei  der  Teilung  nicht  in  Betracht. 
Aber  auch  die  beiden  alteren  teilten  keineswegs  gleich,  und 
Mesko  mufste  sich  mit  den  kleinen  Grebieten  von  Ratibor 
und  Teschen  abfinden  lassen,  wahrend  der  iiltere,  Boleslaw, 
Glogau,  Liegnitz,  Breslau,  Oppeln  erhielt.  Wir  wissen  nicht, 
ob  dieser  ungleichen  Teilung  eine  bestimmte  Hervorhebung 
des  Erstgeburtsrechts  zugrunde  lag,  oder  ob  vielleicht  Bole- 
slaw die  Bevorzugung  einer  besonderen  Gunst  des  Kaisers, 
dem  er  auf  seinem  Romerzuge  treue  Heerfolge  geleistet, 
verdankte. 

Es  mufste  von  hervorragender  Bedeutung  werden,  dafs 
auf  diese  Weise  die  Deutschland  am  uachsten  gelegene 
Pi'ovinz  des  Polenreiches  unter  Vermittelung  des  deutschen 
Kaisers  an  zwei  Fiirsten  kam,  welclie  jetzt  siebzehn  Jahre 
in  Deutschland  zugebracht  hatten,  und  die  ihren  Riick- 
halt  naturgemafs  immer  am  Reiehe  suchen  mufsten.  Dem 
deutschen  Einflufs  war  hier  ein  breites  Thor  geoffnet,  und 
insoweit  verdient  das  Jahr  1163  als  ein  epochemachendes 
wohl  angesehen  zu  werden.  Davon  ist  jedoch  keine  Rede, 
dafs  von  diesem  Jahre  an  Schlesien  fur  ein  unabhangiges 
Herzogtum  hatte  gelten  sollen.  Die  beiden  Wladyslaiden 
erkannten  vielmehr  den  Senior  des  Hauses  Boleslaw  IV.  als 
den  polnischen  Grofsfursten  im  Sinne  des  Testamentes  Bole- 
slaws  III.  an;  ja  der  Oheim  behielt  sogar,  weil  er  den 
NefFen  mifstraute,  einige  Stadte  in  Schlesien  besetzt.  Doch 
die  Herzoge  drangen  darauf,  sie  zuriick  zu  haben^  besetzten 
und  befestigten  sie,  und  wenn  auch  Boleslaw  IV.  hier  nach- 
gab,  so  grollte  er  doch  seitdem  den  Briidern,  es  kam  aufs 
neue  zu  Streitigkeiten,  und  1172  fand  sich  Kaiser  Friedrich 
zu  einem  neuen  polnischen  Feldzuge  veranlafst,  iiber  dessen 
Ausgang  Avir  eigeutlich  im  unklaren  sind,  wahrscheinlich 
hat    die    Ausgleichung    der    Differenzen    der    Umstand    er- 

Griinhage'D,  Gesch.  Schlesiena.     I.  o 


34  Erstes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

leichtert,  dafs  im  Jahre  1173  Boleslaw  IV.  starb,  mit  dessen 
Nachfolger,  seinem  Brudei*  Mesko,  wir  dann  die  schlesischen 
Herzoge  in  freundlichem  Vcrkebre  sehen,  Avie  derselbe  denn 
in  zwei  schlesischen  Urkunden  fiir  Kloster  Lcubus  im  Jahre 
1175  nnd  1177,  den  26.  April,  als  Grofsherzog  von  Polen 
an  oberster  Stelle  uns  begegnet. 

Bald  aber  entspinnt  sich  ein  Streit  zwischen  den  beiden 
schlesischen  Briiderherzogen,  und  es  gelingt  Mesko  von  Ka- 
tibor,  seinen  Brvider  Boleslaw  aus  dessen  Lande  zu  ver- 
treiben.  Wie  man  sich  versucht  fllhlt  anzunehmen,  geschah 
dies  in  einem  gewissen  Einverstandnisse  mit  dem  Grofs- 
tursten  Mesko,  Avenigstens  erfahren  wir,  dafs,  als  um  die- 
selbe  Zeit  dieser  durch  den  Abfall  der  Grofsen,  denen  ihn 
die  Herrschaft  eines  Giinsthngs  verhafst  gemacht  hatte,  ge- 
zwungen  wurde,  die  Grofsfiirstenwurde  seinem  Bruder  Ka- 
simir  abzutreten,  der  oberschlesische  Herzog  fiir  den  Ver- 
triebenen  Partei  crgriff. 

Es  gelang  jedoch  Kasimir,  die  Streitigkeiten  zu  schlich- 
ten.  Boleslaw  der  Lange  erhielt  sein  Land  zuriick,  ver- 
stand  sich  aber  dazu,  seinem  inzwischen  herangewachsenen 
jiingeren  Bruder  Konrad  Glogau  als  eigenes  Herzogtum 
abzutreten.  Mit  Mesko  von  Ratibor,  dessen  Tapferkeit  Ka- 
simir schiitzen  gelenit  hatte,  trat  dieser  in  ein  freundschaft- 
liches  Verhaltnis,  lud  ihn  zum  Paten  seines  Sohnes  Kasimir 
und  schenkte  ihm  zu  seinem  Herzogtume  Ratibor  noch  die 
Gebiete  von  Beuthen  und  Auschwitz,  wozu  wir  auch  Zator, 
Siewierz  und  Plefs  rechnen  diirfen,  welche  als  Teile  des 
Krakauer  Kirchensprengels  bis  dahin  nicht  zu  Schlesien  ge- 
rechnet  wurden. 

Der  vertriebene  Grofsfiirst  Mesko  hatte  zuniichst  bei 
seinem  Namensvetter  in  Ratibor  eine  Zuflucht  gefunden.  Doch 
machte  er,  der  vielfache  Familienverbindungen  mit  Deutscn- 
land  hatte,  wiederholte  Anstrengungen ,  mit  deutscher  Hilfe 
die  Grofsfiirstenwiirde  wiederzuerlaugen,  so  1180,  und  1184 
riistete  wirkHch  Kaiser  Friedrichs  Sohn  Heinrich  einen 
Feldzug  gegen  Polen,  den  jedoch  Kasimu-  durch  Anerken- 
nung  der  deutschen  Oberlehenshoheit  abzuAvenden  wufste. 

In  Schlesien  erhoben  sich  nun  aber  neue  Streitigkeiten, 
als  nach  dem  friihen  Tode  Konrads  von  Glogau  (das  Jahr 
kennen  wir  nicht)  Boleslaw  der  Lange  das  Erbteil  des 
Idnderlosen  Bruders  einfach  wieder  einzog.  Meskos  Ein- 
spruch  dagegen  fiel  um  so  schwerer  ins  Gewicht,  als  gleich- 
zeitig  in  Boleslaws  Familie  ein  arges  Zerwiii-fnis  entstan- 
den  war. 

Boleslaw  hatte  aus  erster  Ehe  mit  einer  russischen  Prin- 


Boleslaw  der  Lange  und  sein  Sohn  Jaroslaw.  35 

zessin  einen  Sohn  Namens  Jaroslaw,  welcher  mit  seiner  Stief- 
mutter  Adelheid  von  Sulzbach,  der  er  eine  ungerechte  Be- 
glinstigung  ihres  Sohnes  Heinrich  schuld  gab,  in  bestandigem 
Unfrieden  lebte.  Jaroslaw  emporte  sicli  gegen  seinen  Vater 
wahrscheinlich  von  seineni  Oheime  Mesko  und  vielleicht 
audi  von  einem  Telle  der  polnischen  Grofsen,  welche  den 
Einflufs  der  Auslanderin  mit  ungiinstigen  Augen  ansahen, 
unterstiitzt,  und  Boleslaw  liefs  sich  wirklich  zu  einer  Ab- 
findung  Jaroslaws  herbei. 

Er  trat  diesem  Oppeln  ab,  wozu  wir  auch  das  Neifse- 
Ottmachauer  Gebiet  und  das  von  Kreuzburg-Pitschen  rech- 
nen  miissen,  aber  nur  auf  Lebenszeit,  und  um  jede  Mog- 
lichkeit  einer  Vererbung  dieses  Landes  fur  Jaroslaw  aus- 
zuschJiefsen,  mufste  derselbe  in  den  geistlichen  Stand  treten 
mit  der  Aussiclit,  nach  dem  Tode  des  greisen  Bischofs  Siro- 
slaw  II.  dessen  Nachfolger  auf  dem  bischoflichen  Stuhle  von 
Breslau  zu  werden. 

Dieses  Abkommen  erfolgte  sicherlich  noch  vor  dem  Tode 
des  Grofsfursten  Kasimir  (1194  den  4.  Mai)  und  jedenfalls 
mit  dessen  Zustimmung-,  und  nachdem  Boleslaw  dasselbe  zu- 
stande  gebracht,  folgte  er  dem  Heerrufe  des  deutscben  Kai- 
sers Heinrich  VI.,  den  er  dann  auf  dessen  italienisehem 
Feldzuge  mit  einer  Schar  von  Bewaffiaeten  begleitete.  Drei 
Jahre  war  er  abwesend.  Inzwischen  hatte  nach  dem  Tode 
des  Grofsfursten  Kasimir  dessen  Bruder,  der  vertriebene 
Mesko  der  Alte,  seine  Ansprliche  erneuert,  und  der  Herzog 
von  Ratibor  Mesko,  sowie  dessen  Neffe  unterstutzte  den- 
selben,  erschienen  aber  bei  der  Schlacht  an  der  Mozgawa 
1195,  den  13.  September,  zu  spat,  um  eine  Entscheidung 
herbeifuhren  zu  konnen.  Ohne  Zweifel  hoffte  der  jiingere 
Mesko  von  der  Unterstiitzung  des  alten  Oheims  eine  Be- 
reicherung  auf  Kosten  seines  Bruders,  und  es  ist  daher  sehr 
glaublich,  dafs  Boleslaw,  als  er  1198  endlich  zuriickkehi't, 
mit  dem,  was  inzwischen  hier  geschehen,  und  namenthch 
mit  der  Haltung  seines  Sohnes  wenig  zufrieden  war.  Noch 
1198  am  8.  Marz  droht  der  Papst  Innocenz  III.  den 
Bedrangern  des  Herzog  Boleslaw  mit  geistlichen  Strafen. 

Ubrigens  war  Jaroslaw  dem  Abkommen  mit  dem  Vater 
entsprechend  in  dessen  Abwesenheit  wirkHch  in  den  geist- 
lichen Stand  getreten  und  nach  Siroslaws  Tode  1198  Bischof 
von  Breslau  geworden;  in  dieser  Eigenschaft  vermachte  er 
dann  dem  Bistume  das  ganze  Landgebiet,  welches  damals 
nach  der  alten  auf  einem  steilen  Hligel  angesichts  der  boh- 
mischen  Grenzgebii'ge  gelegenen  Ottmachauer  Burg  benannt 
WTirde,  bis  spater  die  unweit  davon  entstehende  Stadt  Neifse 

3* 


3()  Erstes  Buck.     Viertcr  Abschuitt. 

eine  Resideuz  der  selilesischeii  Kii'cheniursten  ward.  Die 
Sclienkung  Jaroslaws  legte  den  Grund  zu  dem  spiiteren 
bischoflichen  Fiirstentume  Neifse,  doch  hat  es  sich  damals 
nur  um  eine  Giiterschenkung  gehandelt,  bei  welcher  Hobeits- 
recbte  nicht  mit  in  Frage  kamen. 

Jaroslaw  starb  schon  am  22.  Marz  1201^  und  bei  seinem 
Tode  ist  Oppehi  mit  seinem  daraaligen  Zubebcir  wieder  an 
seinen  Vater  gefallen,  der  ihn  freilich  nur  bis  zum  7.  De- 
zember  desselben  Jabres  iiberlebt  hat,  und  der  die  Herr- 
schaft  nun  seinem  einzigen  Sohn  zweiter  Ehe  Heinrich  I. 
dem  Bartigen  hinterUefs. 

Die  Anfange  deutscher  Ansiedelungen. 

An  Boleslaw  den  Langen  kniipft  sich  der  Hauptsache 
nach  das,  was  das  12.  Jahi'hundert  von  deutscher  Kultur 
in  Schlesien  hat  entstehen  sehen. 

Wii'  denken  hierbei  naturhch  zunachst  an  die  Griin- 
dungen  deutscher  Dorfer,  die  Aussetzungen  zu  deutschem 
Rechte.  Aber  gerade  bei  diesen  mllssen  wir  uns  eigenthch 
hllten,  sie  reinweg  oder  auch  nur  vorzugsweise  als  uationale 
Demonstrationeu ,  als  Akte  deutschfreundlicher  Gesinnung 
anzusehen,  vielmehr  liegen  ihre  Motive  weit  mehr  aut"  finan- 
ziellem  Gebiete  und  entspringen  dem  Wimsche,  eine  pro- 
fitablei'e  Verwertuug  des  Grundeigentums  herbeizufiilu-en, 
welche  nun  ohne  Heranziehung  fremder  Kolonisten  sehr 
schwer  durchzuflihren  war,  weil  sie  in  zu  grofsem  Gegen- 
satze  zu  der  im  Slavenlande  libHchen  Form  der  landlichen 
Verhaltnisse  stand. 

Die  letzteren  batten  einen  eminent  patriarchahschen  und 
speziell  einen  so  zu  sagen  physiokratischen  Charakter.  Alle 
Existenzen  beruhten  eigenthch  auf  der  Landwu'tschaft,  Acker- 
bau  und  Viehzucht;  auch  wer  im  Besitze  irgendeiner  ge- 
werbhchen  Kunstfertigkeit  Avar,  trieb  diese  mehr  als  Neben- 
beschaftigung ,  indem  er  dabei  doch  die  eigentlichen  Bedin- 
gungen  seines  Lebens  der  Scholle  verdankte,  auf  der  er 
wohnte,  und  die  er  bebaute.  Ein  solcher  unterschied  sich 
von  dem  eigenthchen  Landbauer  Avesentlich  nur  dadm'ch, 
dafs  er  den  Zins  fill"  den  Fleck  Landes,  den  man  ihm  llber- 
lassen,  nicht  wie  jener  hauptsachlich  in  landwu'tschaftlichen 
Produkten  vmd  in  Darbietung  einfach  landhcher  Arbeits- 
ki'aft  leistete,  sondern  durch  Ausiibung  seiner  gewerbhchen 
Kimstfertigkeit  resp.  Ablieferimg  von  Produkten  derselben. 
Was  er  davon  etwa  noch  den  Nachbarn  zukommen  lassen 
konnte,  dafiir  empfing  er  den  Lohn  audi  wieder  in  Na- 
turalien   und   dadurch   zugleich  die   Entschadigung   fiir   das 


Anfange  deutscher  Ansiedelungen.  37 

Manko,  das  der  Betrieb  einer  Nebenbeschaftigung  seiner 
eignen  Laudwirtschaft  bracbte.  Es  war  ein  Leben,  bei  dem 
sich  die  Arbeit  ganz  unniittelbar  in  die  materiellen  Bedin- 
gungen  des  Daseins,  Xahriing  und  Kleidung,  umsetzte,  ohne 
dafs  dem  Medium  des  Geldes  eine  bedeutende  Rolle  zuge- 
fallen  ware. 

Auf  iihnlichen  Grundlagen  beruhete  dann  docb  auch  das 
Leben  der  Grolsen  des  Landes.  Auch  ihnen  mufste  alles 
so  zu  sagen  ins  Haus  wachsen,  und  nicht  niu'  dafs  das 
Brot  und  Fleisch,  das  sie  afseu,  der  Honig,  aus  dem  sie 
ihren  Jlet  bereiteten,  in  reicher  Flille  aus  der  eignen  Wirt- 
schaft  und  den  Leistungen  der  Horigen  ihnen  zuflossen,  auch 
sonst  Avaren  viele  Hande  von  Unterthanigen,  die  auf  dem 
weiten  Gute  safsen,  bereit,  ihnen  alles,  Avas  zu  des  Lebens 
Notdm'it  gehorte,  darzubieten:  Gespinste  und  Gewebe  zur 
Kleidung,  das  zubereitete  Leder  zum  Schuhwerk,  das  ein- 
fache  GescliiiT  zu  Speise  und  Trank.  Und  dieselbe  Hand, 
die  die  Axt  leidhch  geschickt  zu  filhren  wufste,  wenn  es 
gait,  Balken  zu  einem  neuen  Bau  zu  zimmern,  vermochte 
dann  auch  wohl  einen  Tisch,  eiuen  Sessel  herzustellen  oder 
den  Wagen  zu  reparieren.  Kurzum  der  Gutsherr  rechnete 
darauf,  ziemlich  fur  alle  Lebensbedlirfnisse  in  den  Grenzen 
seines  Dominiums  Befriedigung  und  geeignete  Werkzeuge 
zu  finden,  und  zwar  wurde  auch  hier  die  Ai'beit  und  deren 
Produkt  nicht  mit  Geld  abgelohnt,  sondern  der  Gutsherr 
empfing  beides  entweder  von  einem  Diener ,  den  er  selbst 
speiste  und  kleidete,  oder  als  Leistung  von  einem  Unter- 
thanigen,  dem  er  dafur  einen  Fleck  Landes  angewiesen. 
Es  ging  dies  Prinzip  so  weit,  dafs  wir  sogar  die  herzoglichen 
Falkner  oder  Jager  in  bestimmten  Dorfern  angesiedelt  finden, 
wo  sie  dann  die  ^cker,  welche  sie  bebauten,  zeitweise  auf 
den  Wink  ihres  Herrn  verHefsen,  um  diesem  zur  Jagd  ge- 
wartig  zu  sein.  Natiirlich  fehlten  unter  solchen  Umstanden 
die  ersten  Voraussetzungen  zur  Entwickelung  von  Handel 
und  Industrie.  Das  Geld  spielte  unter  derartigen  Verhalt- 
nissen  keine  grofse  Rolle.  Der  Gutsherr  bezahlte  nicht  in 
klingender  Munze  und  konnte  es  auch  nicht,  da  ihm  wohl 
eine  Fiille  von  Naturalien  und  eine  grofsere  Flille  von  Ar- 
beitskraften  aller  Art  zur  Verfiigung  stand,  aber  bares  Geld 
sehr  wenig. 

Dies  eben  war  der  Punkt,  der  eine  Umgestaltung  so  be- 
sonders  notwendig  und  erwiinscht  erscheinen  liefs.  So  wie 
die  rein  pati'iarchalischen  Sitten  zu  schwinden  begannen, 
sowie  eine  Kenntnis  etwas  verfeinerter  Lebensgeniisse  und 
zugleich  das  Bewufstsein,  dafs  solche  mit  Gelde  zu  erlangen 


38  Erstes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

seien,  sich  zu  verbreiten  begann,  da  wollte  dies  alte  haus- 
backene  Leben  niclit  mehr  munden,  die  Armut  an  Geld- 
einkiinften  ward  schwer  empfunden,  und  es  dammerte  Avohl 
auch  cine  Ahnung  davon  auf,  dafs  jene  altslavische  Wirt- 
schaft  eine  entsetzliclie  Vergeudung  von  Menscbenkraft  be- 
deute. 

Aber  wie  es  iindern?  Bekanntlich  lassen  sicb  landliche 
Verhaltnisse  nicht  so  leicht  durchgreifend  umgestalten,  jeder 
Landmann  ist  ein  geborener  Konservativer  durch  und  durch. 
Dazu  kam,  dafs  die  bestimmte  Grestaltimg  der  landlichen 
Verhaltnisse,  wie  sie  sich  eben  unter  den  Slaven  heraus- 
gebildet  hatte,  doch  nicht  allein  ein  Werk  des  Zut'alls  war, 
dafs  sie  eng  zusammenhing  mit  slavischer  Eigentiimhchkeit 
iiberhaupt,  der  eine  peinHche  Ausniitzung  menschUcher  Ar- 
beitskraft  nicht  gegeben  erscheint,  wilhrend  ihi*  das  Gegen- 
teil,  eine  gewisse  Verschwendung  der  Menschenarbeit,  noch 
bis  auf  den  heiitigen  Tag  anhaftet.  Nun  mit  einemmale 
aus  dieser  Menge  streng  unterthaniger  Leute  freie  Zinsbauern 
zu  machen,  hatte  einen  Entschhifs  verlangt,  ungleich  kiihner 
als  in  neuerer  Zeit  die  Bauernomanzipation  in  Rufsland,  ja 
die  grofse  Mehrheit  der  Einwohner  wLirde  das  Geschenk 
der  Freiheit  um  den  Preis  eines  Zinses,  dessen  Erschwingung 
ihnen  ein  hoheres  Mafs  von  Arbeit  gekostet  hatte,  schwer- 
lich  gewollt  haben.  So  hat  man  denu,  ohne  auf  allraahhche 
Umgestaltungen  ganz  zu  verzichten,  doch  lieber  zu  dem 
Auskunftsmittel  gegriffen,  deutsche  Kolouieen  unabhangig 
von  den  alten  slavischen  Niederlassungen  auf  bisher  unbe- 
bautem  Terrain  zu  grimden.  An  Raum  dazu  fehlte  es 
nicht,  auf  dem  herzogUchen  Domanenlande ,  dessen  Umfaug 
wir  uns  gar  nicht  kolossal  genug  vorstellen  konnen,  batten 
viel  neue  Dorfer  Platz,  und  die  Kolonisten  verschmahten 
selbst  Waklboden  nicht,  wo  sie  mit  der  Rodearbeit  beginnen 
mufsten. 

Das  Greschaft  war  fiir  den  Herzog  ganz  wanderbar  vor- 
teilhaft,  or  erliielt  von  einem  Stuck  Landes,  das  ihm  bisher 
wenig  oder  gar  nichts  gebracht  hatte,  nach  Ablauf  einer 
Anzahi  von  Freijahren  einen  bestimmten  Geldzins  und  auch 
wohl  eine  Quautitat  Gretreide,  dessen  Preis  mit  dem  Zu- 
nehmen  der  Kolonisation,  in  deren  Gefolge  der  Handel  sich 
zu  regen  begann,  stetig  zu  steigen  pflegte.  Dabei  hatte  der 
Herzog  nicht  einmal  irgendwelche  Bemiihung,  er  verschrieb 
den  Fleck  Landes  einem  Unternehmer,  der,  selbst  entschadigt 
durch  ein  zinsfreies  Stiick  Land  und  gewisse  gewerbliche 
Berechtigungen  (Kretscham,  Miihle,  Brot-  und  Fleischbanke), 
die  Sorge  fur  die  Heranziehung  der  Kolonisten,  die  Organi- 


Anfange  deutscher  Ansiedelungen.  39 

sation  und  Verwaltung  der  Ansiedelung,  und  schliefslich 
audi  die  Einziehung  des  Zinses  auf  sich  nahm.  Das  an- 
gewiesene  Land  ward  dann  in  eine  Anzalil  gleich  grofser 
Ackerlose  oder  Hut'en  (sortes,  mansi)  verteilt,  von  denen 
jeder  Inhaber  durchschnittlich  eine  Viertelmark ,  also  etwa 
fiinf  Mark  unseres  Geldes,  an  den  Herzog  zahlen  und  da- 
neben  an  die  Geistlichkeit  als  Zehnten  einen  Malter  dreierlei 
Getreides.  Ganz  in  derselben  Weise  vollzog  sich  die  Griin- 
dung  von  Stadten,  bei  denen  dann  natiirlicli  der  Zins  noch 
holier,  der  Vorteil  fur  den  Landesfiirsten  nocli  grofser  war. 

Das  Vorteilhafte  einer  derartigen  Unternelimung  eiiizu- 
sehen  und  auszufiihren,  liatten  nun  einen  slavischen  Flirsten 
jener  Zeit  nationale  Bedenken  sicher  nicht  abgehalten ;  wohl 
aber  konnten  die  Scliwierigkeiten  der  Ausfiihrung  nament- 
licli  bei  dem  ersten  Scliritte  zuriicksclirecken.  Denn  natiir- 
licli fand  sicli  fur  eine  erste  deutsclie  Ansiedelung  in  ganz 
slaviscliem  Lande  nicht  eben  leicht  eiii  Unternehmer,  und 
fand  sich  ein  solcher,  mufsten  ganz  besonders  grofse  Vor- 
teile  zugesichert  werden.  Hier  war  nun  natiirlich  Boleslaw 
der  Lange  in  ganz  besonders  gunstiger  Lage,  er,  der  selbst 
langere  Zeit  in  Deutschland  gelebt  und  die  eigenen  Verbin- 
dungen  wie  die  der  deutschen  Eitter  an  seinem  Hofe  zu 
beniitzen  vermochte. 

Die  wichtigsten  Untersttitzungen  der  deutschen  Koloni- 
sation  gewahrten  aber  die  damals  im  12.  und  13.  Jahr- 
hundert  sich  weit  nach  Osten  vorschiebenden  Ordenshauser 
der  Pramonstratenser  und  der  Cistercienser,  namentlich  der 
letzteren,  fiir  welche  die  Pflege  des  Ackerbaues  eigentlicli 
mit  zur  Ordensregel  gehorte.  Diese  deutschen  Monclie  wur- 
den  dann  ganz  naturgemafs  die  wichtigsten  Beforderer  der 
Germanisation.  Sie  selbst  im  fremden  Lande  angesiedelt, 
hatten  ein  ganz  unmittelbares  Interesse,  moglichst  viel  Lands- 
leute  nach  sich  zu  zielien,  von  denen  sie  voraussetzen  konn- 
ten, dafs  sie  in  der  Fremde  sich  doppelt  eng  an  das  Kloster 
anschliefsen  und  zu  dessen  Wohlthatern  werden  wiirden. 
Die  Organisation  der  Orden  und  die  stetige  Verbindung 
der  Kloster  unter  einander  erleichterte  ebensowohl  die  erste 
Anknlipfung,  die  Heranziehung  der  ersten  Kolonisten  wie 
die  des  spjiteren  Nachschubs.  Fiir  die  deutschen  Kolonisten 
aber  war  die  Existenz  eines  deutschen  Klosters  in  der  Nahe 
ihres  neuen  Wohnortes  eine  sehr  erwiinschte  Saclie,  eine 
erste  Anlehnung,  ein  Riickhalt  fiir  alle  Fitlle  ward  ihnen 
hier  gesichert,  die  Vermittelung  des  Klosters  bot  ihnen  eine 
gewisse  Gai'antie  dafiir,  dafs  sie  nicht  durch  triigerische 
Versprechungen  in  die  unwirtbare  Fremde   gelockt   wiirden, 


40  Erstes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

und  es  lag  etwas  sehr  Trcistliches  fiir  sie  in  clem  Bewufst- 
sein,  eine  gottgeweihte  Statte  mit  denselben  Einrichtungen, 
wie  sie  sie  in  der  Heimat  kennen  gelernt,  hier  in  der  Fremde 
wiederzuiinden ;  es  war  wie  das  antike  Mitnehmen  der  hei- 
mischen  Gotter  in  die  Fremde. 

Unter  solchen  Umstanden  mufste  die  Grilndung  des 
Cistercienserklosters  Leubus  zu  einem  Ereignis  ersten  Ean- 
ges  fiir  die  Germanisation  Sehlesiens  werden.  Wir  brauchen 
auf  die  legendenhafte  Vorgeschichte  des  Klosters  an  dieser 
Stelle  nicht  niiher  einzugehn ;  moglich ,  dafs  schon  vor  dem 
Jahre  1175;  wo  der  erste  Stiftmigsbrief  ausgestellt  ist, 
eine  Ansiedelung  von  Cisterciensern  bestanden  hat,  die  aber 
unter  der  Ungunst  der  politischen  Verhaltnisse  nicht  recht 
hat  gedeihen  wollen;  jedenfalls  kann  man  namentlich  mit 
Riicksicht  auf  die  gleich  anzufiihrende  Schenkung  Siroslaws 
von  einer  Wirksamkeit  des  Klosters  fiir  die  Germanisation 
erst  von  1175  an  sprechen. 

Wie  schon  hervorgehoben  wurde,  hatten  deutsche  Monche 
im  Slavenlande  ein  direktes  eigenes  Interesse  an  der  Griin- 
dung  von  Koloniecn  ihrer  Landsleute ,  aber  speziell  bei 
Leubus  hat  Boleslaw  in  kluger  Weise  es  einzurichten  ge- 
wufst,  dafs  das  dortige  Kloster  ganz  besondere  Vorteile  aus 
eifriger  Betreibung  der  Kolonisation  erwachsen  sehen  mufste, 
indem  er  fiir  Leubus  von  Bischof  Siroslaw  die  Schenkung 
der  Zehnten  von  alien  neuen  Dorfern,  den  jetzt  vorhaudenen 
und  den  noch  zu  griindenden,  im  Lieguitzer  Gebiete  aus- 
wirkte.  Die  Unbedenklichkeit,  mit  der  nun  1175  der  Bischof 
in  Bausch  und  Bogen  eine  solche  Schenkung  aussprach,  Uifst 
uns  mit  Sicherheit  schliefsen,  dafs  Siroslaw  noch  wenig 
Kenntnis  von  deutscher  Kolonisation  hatte,  dafs  also  ihm  in 
dem  damahgen  Schlesien  noch  wenig  Gelegenheit  geboten 
worden  war,  sich  dariiber  zu  unterrichten.  Einige  Zeit 
spjiter  wiirde  sich  ein  Breslauer  Bischof  gehiitet  haben,  so 
reich  fliefsende  Einnahm^equellen  in  solcher  Masse  zu  ver- 
schenken. 

Die  Leubuser  Monche  haben  nun  in  der  That  den  Er- 
wartungen  entsprochen.  Nicht  dafs  sie  rund  um  ihr  Kloster 
alles  weit  und  breit  mit  deutschen  Dorfern  erfiillt  hatten; 
vielmehr  haben  sie,  die  Vorschrift  ihrer  Ordensregel,  dafs 
ihre  Niederlassungen  in  der  Einsamkeit  fern  von  den  be- 
wohnten  Stiitten  der  Menschen  liegen  sollten,  festhaltend,  den 
mjichtigen  Wald,  der  die  Ufer  der  Oder  auf  beiden  Seiten 
bedeckte,  sorgfaltig  geschont,  so  dafs  er  aus  den  Handen 
des  Stiftes  in  die  des  Staates  iibergegangen ,  noch  heute  in 
bedeutender    Ausdehnung    an    dieser    Stelle    vorhanden    ist: 


Deutsche  Ansiedelungen.     Die  Kloster.  41 

leicht  moglich  ilbrigens,  dafs  auch  die  Gefahr  von  Uber- 
schwenimungen,  von  Ansiedelungen  in  zii  grofser  Niihe  des 
Stromes  zurilckschreckte. 

Dagegen  ist  es  hochst  walirscheinlich,  dafs  eben  in  jenem 
Gebiete,  in  welchem  dem  Kloster  die  Zehnten  der  neu  ange- 
legten  Dorter  zugesichert  waren,  also  ira  Liegnitzer  Lande 
(in  potestate  Legenicensi,  sagt  die  Urkunde  von  1175  und 
meint  damit  wahrscheinlich  einen  grofseren  Bezirk  als  die 
Kastellanei  von  Liegnitz,  deren  Gebiet  schwerlich  weiter  ge- 
reicht  hat  als  das  eines  heutigen  Kreises),  die  deutschen  An- 
siedelungen im  12.  Jahrhundert  am  zahlreichsten  vertreten 
gewesen  sind.  Namen  und  Zahlen  vermogen  wir  hier  bei 
der  Arraut  der  Urkunden  aus  jener  Zeit  nicht  anzugeben, 
wohl  aber  darauf  hinzuweisen,  dais  die  schlesische  Stadt, 
welche  am  frlihesten  deutsches  (Magdeburger)  Recht  erhalten 
zu  haben  scheint,  Goldberg,  hier  lag.  Das  Entscheidende 
enthalt  fiir  uns  die  Thatsache,  dafs,  als  1198  Bischof  Jaro- 
slaw  zur  Regierung  kam,  er  jene  Schenkung  seines  Vor- 
gangers  zuriicknahm,  ofifenbar  weil  er  die  immer  steigenden 
Einnahmen  den  Leubuser  Monchen  nicht  gonnte.  Allerdings 
scheint  er  auch  sonst  diesen  Schiitzlingen  seines  Vaters  nicht 
wohlgewollt  zu  haben,  denn  als  der  letztere  ihn  bei  seiner 
Riickkehr  aus  Deutschland  drilngt,  dem  Kloster  das  Ent- 
zogene  wiederzugeben  oder  sonst  Ersatz  zu  leisten,  erklart 
er,  nicht  den  Leubusern,  sondern  nur  dem  Orden  der  Cister- 
cienser  Genugthuung  leistea  zu  wollen,  und  weist  zu  diesem 
Zwecke  in  seinem  Gebiete  zwischen  den  Flilssen  Hotzenplotz 
und  Straduna  ein  Stilck  Landes  in  der  Ausdehnung  von 
luOO  Hufen  an,"  wo  er  dann  fiir  Cistercienser,  die  er  direkt 
aus  Kloster  Pforta  berufen ,  ein  Kloster  zu  bauen  beginnt 
und  wiederum  zugleich  die  Zehnten  der  dort  zu  begriinden- 
den  Dorfer  dem  neuen  Kloster  schenkt.  Ehe  er  jedoch 
dieses  vollenden  konnte ,  ereilte  ihn  der  Tod ,  und  nun 
bemilhten  sich  die  Leubuser,  jenes  Besitztum  fiir  sich  zu  er- 
langen,  was  ihnen  aber,  soweit  wir  die  Sache  zu  iibersehen 
vermogen,  nur  zum  Telle  gelungen  ist,  obwohl  sich  Herzog 
Boleslaw  der  Sache  anuahm  und  die  Monche  von  Pforta 
zum  Verzicht  bewog,  wie  denn  auch  Boleslaws  Nachfolger, 
Heinrich,  jene  Schenkung  bestatigte. 

Fiir  uns  ist  das  Wichtigere  die  Thatsache,  dafs  die  Ein- 
nahmen aus  den  Zehnten  der  neugegriindeten  Dorfer  im 
Liegnitzischen  aufgewogen  werden  durch  einen  Grundbesitz 
in  dem  kolossalen  Umfange  von  1000  Hufen  d.  h.  also  etwa 
3  Quadratmeilen ,  woraus  wir  denn  unter  alien  Umstanden 
einen    glinstigen    Schlufs    auf  die   Bedeutung   der    deutschen 


42  Erstes  Bucli.     Vierter  Abschnitt. 

Neugriindungen  zieheu  konnen.  Auch  von  deutschen  An- 
siedelungen  auf  dem  rechten  Oderufer  in  der  Trebnitzer 
Gegend  schon  zurZeit  des  Bischofs  Siroslaw  II.  (1170 — 1108) 
erhalten  wir  zuverliissige  Kunde,  auch  in  der  Gegend  von 
Krossen,  Jauer,  Strehlen  sowie  aiif  der  Tsehepine,  westlich 
von  Breslau,  dilrften  schon  damals  deutsche  Ansiedeliingen 
auf  Leubuser  Klostergiltern  entstanden  sein,  wenngleich 
hier  der  Umstand,  dafs  die  betrefFenden  Urkunden  grofsten- 
teils  unecht  sind,  die  Festsetzung  im  einzelnen  sehr  erschwert. 
Auch  die  deutsche  Kolonisation  auf  den  Sandstiftsgiitern  am 
Zobtenberge  reicht  vielleicht  in  ihren  Anfangen  bis  ins 
12.  Jahrhimdert  zuriick,  ohne  dafs  "vvir  jedoch  dafiir  einen 
strikten  Beweis  zu  flihren  vermochten. 

Der  rechte  Aufschwung  kommt  eben  erst  im  13.  Jahr- 
hundert  unter  der  Regierung  von  Boleslaws  grofserem  Sohne 
Heinrichj  der  flir  das  schlesische  Herzogtum  eine  geradezu 
beherrschende  SteUung  zu  erringen  und  der  deutschen  Kultur 
breite  Wege  zu  bahnen  vermag. 


Zweites  Buch. 

Schlesien  uiiter  selbstandigen  HerzSgen 
1201  —  1327. 


Erster  Abschnitt. 

Heinrich  I.  der  Bilrtige  r203  — 1338  uiid  seine  Oe- 

mahlin,  die  heilige  Hedwig.   Klostergriindungen,  Grer- 

manisatiou. 


Der  Herzog  von  Ratibor,  Mesko,  benutzte  den  Tod  seines 
Bruders  Boleslaw,  um  seinen  allerdings  ursprllnglich  knapp 
zugemessenen  Anteil  zu  vergrofsern.  Er  liberzog  seiueu 
jungen  Neffen  mit  Ki'ieg  und  eroberte  bald  das  Oppelner 
Land;  vielleicht  auf  eine  Zusage  von  dessen  friiherem  Besitzer, 
dem  Bischof  JaroslaAv^  gestiltzt,  der  ja  dem  oberschlesisclien 
Oheim  stets  ebenso  zugethan  sicli  gezeigt  hatte  Avie  feindlich 
dem  Bruder.  Der  junge  Fiirst  mufste  nachgeben,  und  elie 
noch  das  Jahr  1202  zu  Ende  gegangen  war,  batten  der 
Erzbischof  von  Gnesen,  Heinrich,  und  die  Bischofe  von 
Breslau  und  Krakau  einen  Vergleicli  zwischen  Oheim  und 
Neffen  vermittelt,  infolge  dessen  dieser  jenem  1000  Mark 
zahlen  und  ihm  die  bis  zum  Tage  des  geschlossenen  Vergleiches 
gemachten  Eroberungen  lassen  sollte. 

In  grimmem  Zorne  schieden  sich  damals  die  Verwandten; 
alles  Erbrecht,  das  die  Bhitsverwandtschaft  zwischen  ihnen 
begriinden  konnte,  ward  durch  beiderseitigen  Yerziclit  auf- 
gehoben,  ja  Herzog  Heinrich  suchte  eine  Mauer  aufzurichten 
gegen  den  gewaltthatigen  Oheim,  indem  er  den  meilenbreiten 
Grenzhag,  den  man  einst  gegen  Bohmen  vor  dem  Wartha- 
passe  dadurch  errichtet  hatte,  dafs  man  im  Walde  zahl- 
reiche  Stiimme  geiallt  und  diese  zwischen  den  stehen  ge- 
lassenen  zum  Blockzaune  aufgeschichtet  hatte,  nun  auch 
gegen  Oberschlesien  fortsetzen  hefs,  wo  wu'  Spuren  davon 
auf  dem  rechten  Ufer  der  Neifse  hinter  der  Stadt  gleiches 
Namens  und  auch  auf  der  Grenze  der  Gebiete  von  Namslau 
und  Kreuzburg  noch  lange  nachher  begegnen. 

Nur    das,    was    innerhalb   dieses   Grenzhages   lag,    hiefs 


46  Zweites  Buch.     Erster  Abschnitt. 

Schlesien,  jenseits  desselben  begann  nach  der  Meinung  jener 
Zeit  bereits  Polen. 

Doch  dieses  schlesische  Reich  war  immerhin  ansehnlich 
genug.  Es  begann  nordlich  von  Frankfurt  an  der  Oder, 
wo  das  Land  Lebus  niit  dem  gleichnamigen  Schlosse  ein 
allerdings  viellach  bestrittener  Besitz  Heinrichs  I.  war,  an 
den  sich  dann  auch  Teile  der  Niederlansitz  anscldossen. 
Die  Unistande,  unter  denen  er  diese  Besitzungen  erworben, 
kennen  wir  allerdings  ebenso  wenig,  wie  wii'  Naheres  von  der 
Ausdehnung  seiner  Herrschaft  nach  einer  andern  Seite  hin 
wissen,  nach  Grofspolen  hin,  wo  wir  unseren  Herzog  iiber 
das  Schlofs  Kalisch  verfiigen  sehen. 

Es  war  namhch  im  Jahre  1202  der  polnische  Grolsfiirst 
Mesko  der  Alte  gestorben,  dem  entsprechend  dem  Testa- 
mente  weiland  Boleslaws  III.  eine  gewisse  OberheiTlichkeit 
liber  alle  piastischen  Herzoge  zustand.  Ihm  folgte  im  Be- 
sitze  von  Krakau,  an  den  jene  oberherrliche  Wiirde  ge- 
kniipft  sein  sollte,  sein  Neffe  Lesko  von  Sendomir,  nachdem 
der  zuerst  von  den  Krakauer  Magnaten  herbeigerufene 
Wladyslaw  Laskonogi  (Diinnbein)  sich  namentlich  wegen 
seiner  Zerwiirfhisse  mit  der  GeistHchkeit  nicht  hatte  halten 
konnen.  Das  jenem  Hausgesetze  Boleslaws  III.  zugrimde 
liegende  Prinzip  des  Seniorats,  wonach  immer  der  alteste 
des  ganzen  Geschlechtes  mit  dem  Besitze  von  Ki'akau  eine 
hervorragende  Stellmig  einnehmen  sollte,  war  nun  aufgegeben 
worden,  denn  Wladyslaw  wie  Lesko  hatten  sonst  beide  dem 
oberschlesischen  Herzoge  Mesko,  dem  thatsachlichen  Senior 
der  Familie,  nachstehen  miissen. 

In  der  That  hat  auch  dieser  letztere  einen  derartigen 
Anspruch  erhoben.  Er  wandte  sich  1210  an  Papst  Inno- 
cenz  III.  mit  dem  Gesuche,  die  Beobachtung  jenes  Famihen- 
statutes  den  polnischen  Fiu'sten  aufs  neue  einzuscharfen,  und 
Innocenz  entsprach  wu'khch  der  Bitte,  insofeiTi  er  unter  dem 
9.  Juni  1210  den  Erzbischof  von  Gnesen  anweist,  iiber  die 
Ausflihrimg  jener  Bestimmung  zu  wachen  und  gegen  die 
dawider  Handelnden  mit  geistHchen  Strafen  vorzugehen. 

Wir  erfahren  dann  auch,  dafs  Mesko  im  Besitze  Krakaus 
am  16.  Mai  1211  gestorben  ist,  ohne  dafs  wir  iiber  die  naheren 
Umstande  der  Eroberung  irgendwie  unten*ichtet  wai'en. 

Allerdings  hat  es  sich  fill'  Mesko  offenbar  nui'  um  den 
Besitz  von  Ki'akau  gehandelt.  Davon  dafs  er  eine  Ai-t  von 
Oberherrschaft  iiber  die  andern  Fiirsten  und  speziell  iiber 
Heinrich  I. ,  wie  sie  dessen  Vater  sich  noch  hatte  gefallen 
lassen,  auszuiibeu  vermocht  hatte,  kann  bei  dem  Verhaltnisse 
beider  zu  einander  keine  Rede  sein,   und  wir  durfen   daher 


Heinrichs  I.  Stelluiig  zu  den  polnischeu  Fiirsteu.  47 

wohl  daran  festhalten,  dafs  Schlesien  zwar  nicht,  wie  man 
friiher  immer  angenommen  hat,  gleich  1163  als  unabhaiigiges 
Herzogtum  verliehen  worden  ist,  dafs  es  aber  dies  wurde 
beim  Tode  Meskos  des  Alten,  der  ja  mit  der  Thronbestei- 
gung  Heinrichs  I.  ziemlich  zusammenfallt. 

In  der  Erbschaft  der  grofspolnischen  Lande,  die  Mesko 
der  Alte  besessen,  folgte  ihm  sein  Sohn  Wladyslaw  Las- 
konogi  mit  Nichtachtung  der  Anspriiche  seines  Neffen  glei- 
chen  Namens,  des  hinterlassenen  Sohnes  eines  alteren  Bru- 
ders  Odo,  daher  auch  Odoniz  (Sohn  des  Odo)  genannt.  Der 
letztere  suchte  Schutz  und  Hilfe  bei  Herzog  Heinrich,  die 
dieser  ihm  ebenso  gewahrte  wie  dem  durch  den  gewalt- 
thatigen  Wladyslaw  von  Grofspolen  vertriebenen  Erzbischof 
Heinrich  von  Gnesen;  ja  Heinrich  verHeh  dem  jungen  pol- 
nischen  Prinzen  sogar  das  Schlofs  KaHsch,  das  er  selbst, 
wir  wissen  nicht  auf  welchen  Anspruch  gestiitzt,  anscheinend 
aus  der  Erbschaft  Meskos  des  Alten  erworben  hatte.  Wlady- 
slaw verpfiichtete  sicli  damals,  Kalisch  zuriicl^ugeben ,  falls 
er  in  den  Besitz  seines  eigentlichen  Erbteiles  komme. 

Als  nachmals  Wladyslaw  Laskonogi  zum  Zeichen  seines 
guten  Einvernehmens  mit  dem  Sclilesierherzog  bei  diesem 
in  Glogau  das  Weihnachtsfest  feiert  und  dessen  Sohn  aus 
der  Taufe  hebt,  versohnt  er  sich  mit  seinem  Neffen  Wlady- 
slaw Odoniz,  erkennt  diesen  als  Herzog  von  Kalisch  an 
und  gewahrt  ihm  sogar  ein  Stiick  grofspolnischen  Landes 
an  der  Grenze  des  Fiirstentums  Glogau  (1208). 

Mit  der  giitlichen  Auseinandersetzung  zwischen  den  Her- 
zogen  Heinrich  und  Wladyslaw  Laskonogi,  wie  sie  dem 
Tauffeste  zu  Glogau  vorausgegangen  ist,  hat  es  nun  wohl 
in  ii'gendwelcher  Verbindung  gestanden,  wenn  wii*  im  Jahre 
1209  bei  einem  Anschlage  des  Markgrafen  Konrad  vom 
Osterlande  auf  Schlofs  Lebus  zu  dessen  Entsatze  nicht 
Herzog  Heinrich,  in  welchem  wir  den  Herrn  von  Lebus 
vorauszusetzen  haben,  sondern  eben  Wladyslaw  Laskonogi 
heranriicken  sehen ,  der  dann  jedoch  die  Besetzung  des 
Sclilosses  durch  den  Markgrafen  seinen  Schwager  nicht  zu 
verhindern  vennag.  Von  einer  Intervention  Heinrichs  in 
dieser  Sache  erfahren  wii'  nichts. 

Im  Grunde  scheint  es,  als  sei  doch  Wladyslaw  Laskonogi, 
wahrscheinlich  um  seiner  bestandigen  Handel  mit  der  Geist- 
lichkeit  willen,  in  einer  gewissen  Isolierung  geblieben.  Bei 
einer  feierlichen  Synode  zu  Borzychow  Ende  JuH  1210,  wo 
alle  polnischen  Bischofe  sich  versammelt  iinden,  und  wo  in 
Gegenwart  Heinrichs,  sowie  der  kleinpolnischen  Fiirstenbruder 
Wladyslaw  Odoniz  in  seinem  fiisch  erworbenen  Lande  ein  neu 


48  Zweites  Bach.     Erster  Absclmitt. 

gegriindetes  Cistercienserkloster  Primant  mit  reichen  Gilter- 
schenkungen  ausstattet,  vermissen  wir  seinen  Kamen,  \ind 
sein  schlauer  Neffe  hat  daan  wohl  auch  diese  Isolieruiig 
seines  Gegners  in  der  Weise  auszubeuten  gewufst,  dafs  er 
sein  Gebiet  Aveiter  ausdeliute,  wie  das  verscliiedeue  in  den 
naclisten  Jahren  von  ihm  gemachte  Schenkiingen  an  geist- 
liclie  Stittungen  bezeugen. 

Es  kam  endlicb  so  weit,  dais  Odoniz  1213  die  Haupt- 
stadt  seines  Oheims  Gnesen  eroberte  und  nun  auch  den 
Titel  desselben,  Herzog  von  Polen,  annahm,  ohue  allerdings 
das  eine  wie  das  andei*e  behaupten  zu  konnen. 

Als  dann  1216  ein  Friede  zwischeu  Oheini  und  NefFen 
zustande  gekommen  war,  welcher  dem  letzteren  die  Riick- 
gabe  seines  vaterHchen  Erbteiles  verbiirgte,  hielt  es  Herzog 
Heinrich  fur  an  der  Zeit,  ihn  an  sein  Versprechen  der  Kiick- 
gabe  des  Schlosses  Kahsch  zu  mahnen  und  nahm,  als 
WhidyslaAv  von  jener  Zusage  niehts  mehr  wisseu  wollte,  die 
Hihe  des  Papstes  in  Anspruch,  der  dann  auch  (121 7/1 8J 
Aviederholte  JMahnungen  und  Sentenzen  an  den  pohiischen 
Herzog  in  dieser  Sache  richtete,  welche  dann  doch  in  einer 
Rllckgabe  des  Schlosses  ihre  Erledigung  nicht  gefuuden  hat. 
Denn  da  Odoniz  eben  damals  den  polnischen  Fiirsten  das 
Beispiel  gab,  sich  den  besonderen  Schutz  des  heiligen  Petrus 
durch  die  Zahlung  einer  Summe  von  10  Mark  Goldes  alle 
drei  Jahre  zu  sichern,  war  es  erklarlich,  dafs  der  Papst 
gegen  einen  so  wohlgesinnten  Fiirsten  nicht  allzu  sti'eng 
vorgehen  mochte. 

Ein  vielleicht  im  Zusammenhange  hiermit  und  jedenfalls 
in  derselben  Zeit  gefiilu'ter  neuer  Krieg  zwischen  Laskonogi 
und  Heinrich  wird  1218  unter  piipstlicher  Yermittelung  in 
der  Weise  geschlichtet ,  dafs  Laskonogi  von  Heinrich  das 
S  c  h  1 0  f s  Lebus  auf  Lebenszeit  erhalt ,  doch  mit  der  Ver- 
pflichtung,  das  Land  Lebus,  das  im  Besitze  Herzog  Hein- 
richs  blieb,  gegen  jedermann  zu  beschiitzen.  In  dem  Briefe, 
in  Avelchem  Wladyslaw  Laskonogi  dem  Papste  Honorius  HI. 
den  Vertrag  mit  Heinrich  zur  Bestiitigung  einsendet,  be- 
zeichnet  er  sich  und  hier  zum  ersten  imd  so  viel  wii*  sehen 
zum  einzigen  Male  als  Grofsfiirst  von  Polen,  die  letzte  Er- 
wiihnung  des  Senioratsgesetzes,  die  auch  schwerlich  von  be- 
sonderen Konsequenzeu ,  namentlich  fiir  Schlesien  gewor- 
den  ist. 

Was  das  Schlofs  von  Lebus  anbetrifFt,  so  ward  dasselbe 
1225  dem  grofspolnischen  Herzoge  durch  den  Landgrafen 
Ludwig  von  Thiiringen,  der  damit  angeblich  die  Beraubung 
thiiringischer  Kaufleute  im  polnischen  oder  schlesischen  Lande 


Griinduug  des  Ordensstaates  iu  Preufsen.  49 

zu  rachen  suclite,  entrissen,  aber  an  den  Erzbischof  Albert 
von  Magdeburg  abgetreten,  dem  es  dann  1226  Kaiser  Fried- 
rich  II.  mit  Beziehung  auf  alle  Anspriiche  desselben  ver- 
leiht.  Gegen  diesen  fiihrt  Herzog  Heinrich  in  den  Jahren 
1229  und  1230  Krieg  und  gewinnt  auch  die  Burg  Lebus 
wieder,  in  deren  Besitz  er  sich  dann  bis  an  sein  Lebens- 
ende  behauptet,  ohne  dafs  von  Wladyslaw  Laskonogi,  der 
aHerdings  ja  1232  stirbt,  nach  dieser  Richtung  bin  weiter  die 
Rede  ware. 

Einen  hervorragenden  Anteil  hat  Herzog  Heinrich  der 
Bjirtige  auch  an  dem  grofsen  weltgeschichtlichen  Ereignisse  der 
Grriindung  des  Ordensstaates  Preufsen  genommen.  Christian 
der  kuhne  und  unternehmende  erste  Bischof  von  Preufsen  (seit 
1215)  hatte  von  Papst  Honorius  III.  die  Erlaubnis  erlangt, 
seine  Nachbarn  zu  Kreuzzilgen  gegen  die  heidnischen  Preufsen 
zu  bewegen,  denen  der  Papst  dieselbe  Wirkung  fiir  das 
Seelenheil  der  Betreffenden  zusichert,  die  ein  Kreuzzug  nach 
dem  heihgen  Lande  gewahren  konnte.  Er  war  nun  1219 
auch  in  Sclilesien,  wo  er  den  25.  August  an  der  feierHchen 
Einweihung  der  Klosterkirche  zu  Trebnitz  teilnimmt,  nnd 
hat  sicher  bei  seinem  Bestreben  Herzog  Heinrich  fiir  einen 
Kreuzzug  nach  Preufsen  zu  gewinnen  die  Fiirsprache  der 
frommen  und  glaubenseifrigen  Herzogin  Hedwig  gefunden. 

Wirkhch  unternahm  Heinrich,  wahrend  die,  vermoge  der 
Lage  ihrer  Landgebiete  an  dem  Ganzeu  noch  naher  inter- 
essierten  Gebriider  Konrad  von  Masowien  u.nd  Lesko  von 
Krakau  und  Sendomir  sich  nicht  anschhefsen  mochten,  im 
Jahre  1222  einen  Kreuzzug  nach  Preufsen.  Von  seinen 
Begleitern  aus  Schlesien  werden  uns  genannt  der  Bischof 
Lorenz  von  Breslau,  der  Palatin  Dirsco  von  Breslau  und 
die  Kastellane  Sobeslaw  von  Breslau  und  Stephan  von 
Bunzlau. 

Von  dem  Wunsche  ausgehend,  dem  ganzen  Werke  der 
Bekampfung  der  Preufsen  einen  festen  Stiitzpunkt  zu  sichern, 
unternimmt  er  es,  an  der  Weichsel  das  von  den  Preufsen 
zerstorte  Schlofs  Kuhn  wieder  aufzurichten,  und  gewinnt  fur 
diesen  Plan  auch  den  Bischof  Christian,  der  sich  allerdings 
seine  Zustimmung  von  Konrad  von  Masowien  mit  ansehn- 
Hchen  Scheukungen  bezahlen  liefs.  Die  Urkunde,  in  der 
dies  geschieht,  vom  3.  August  1222,  ist  uns  noch  erhalten, 
und  in  ihr  wird  nun  auch  festgesetzt,  dafs  der  Inhaber  des 
Kulmer  Landes  die  Einkunfte  desselben  mit  dem  Bischofe 
Christian  zu  teilen  und  den  Zehnten  von  seinem  Anteile 
demselben  zu  entrichten  habe.  Doch  solle  diese  letztere 
Bestimmung  nicht  fiir  Herzog  Heinrich  gelten,  dem  es  iiber- 

G  run  ha  gen.  Gesch.  ScUlesiens.     I.  4 


50-  Zweites  Bncli.     Erster  Abscbuitt. 

lassen  bleibt,  so  lange  er  das  Land  besetzt  halt,  sich  in 
diesem  Punkte  niit  dein  Bischofe  zii  verstiindigen. 

Herzog'  Heinrich  hat  den  Winter  1222/23  aller  Wahr- 
scheinlichkeit  nach  in  Preuisen  zugebracht,  um  den  Ban  der 
Kuhner  Burg  zu  iordern,  und  dieselbe  scbeiut  lertig  zu  sein, 
als  im  Sommer  sich  eiu  Heer  von  Kreuztahrern  urn  ihn 
schart,  an  dem  nun  auch  die  Herzcige  Konrad  von  Masowien 
und  Lesko  von  Sendomir ,  sowie  mehrere  Biscluife  teil- 
nehmen,  wenigstens  iinden  wir  in  seiner  Unigebung  unter 
den  Zeagen  auch  einen  Kastellan  von  Kuhn  Namens 
Stephan. 

Uber  den  -weiteren  Verlauf  des  Kreuzzuges  fehlt  uns 
jede  Xachricht;  nur  so  viel  vermOgen  Tvir  zu  ersehen,  dafs 
die  Knhuer  Burg  nicht  wieder  von  den  Preufsen  zerstort 
■\vorden  ist,  sondern  sich  zu  behaupten  vermocht  hat,  und 
wir  diirien  es  als  im  hochsten  Mafse  wahrscheiulich  ansehen^ 
dafs  Heinrich,  audi  als  er  sclbst  nach  Schlesien  heimgekehi't, 
eine  Besatzung  in  der  Burg  zuriickgelassen  hat  und  diese 
dort  geblieben  ist,  bis  (Ende  12  25  oder  Antang  1226J  Herzog 
Konrad  von  Masowien  den  von  ihm  herbeigerufenen  Rittern 
des  deutschen  Ordens  die  Kulmer  Burg  ilbergab.  Konrad 
that  dies,  wie  es  heifst,  auf  Veranlassung  des  Bischofs  Giin- 
ther  von  Block,  aber  jedenfalls  unter  Beirat  unseres  Herzogs, 
der  als  zeitweiliger  Besitzer  des  Kulmer  Landes  uber  eine 
weitere  Vergebung  desselben  gefragt  zu  wei'den  ein  Recht 
hatte,  und  von  dem  es  feststeht,  dafs  er  nachmals  die  end- 
gilltige  Uberlassung  dieses  Gebietes  an  die  deutschen  Bitter 
herbeigeiuhrt  hat,  wie  denn  er  zuerst  untei*  alien  piastischen 
Fllrsten  kurz  vor  seinem  preufsischen  Feldzuge  sein  Interesse 
fiir  den  deutschen  Orden  durch  eine  Giiterschenkung  an 
denselben  bekundet  hat. 

So  sehen  wir  denn  Herzog  Heinrich  I.,  dem  wir  das 
Hauptvcrdienst  an  der  Gestaltuug  eines  miichtigen,  wesent- 
lich  auf  den  Prinzipien  deutscher  Kultur  gegriindeten  Her- 
zogtums  Schlesien  zuschreiben  miissen,  auch  an  der  Errich- 
tung  des  Ordensstaates  in  Preufsen  bedeutungsvoll  und  ent- 
scheidend  milwiiken.  Wie  viel  diese  beiden  Vorlande  des 
Deutschen  Rciches  liir  dieses  letztere  gethan,  wie  sie,  ohne 
zu  diesom  zu  gehoren,  doch  deraselben  die  Dienste  zweier 
gegen  den  slavischen  Osten  vorgeschobeuen  Bollwerke  ge- 
leistet  haben,  und  in  Zeiten,  wo  es  mit  der  Verteidigungs- 
kraft  des  Deutschen  Reiches  gegeniiber  den  erstarkten  sla- 
vischen Machten  libel  aussah,  wie  z.  B.  in  der  ersten  Hlilfte 
des  14.  Jahrhundeits  und  dann  wieder  des  15.  Jahrhunderts 
Deutschland  sehi   wirksamen  Schutz  gewahrt  haben,  das  ist 


Kiimpfe  niit  den  polnischeu  Fiirsten.  5t 

vielleicht  noch  niclit  in  hinreichendem  Mafse  gewlirdigt  wor- 
den,  iind  wir  werden  darauf  hinzuweisen  noch  weitere  Ge- 
legenheit  finden. 

Mit  den  Gebrtidern  Lesko  und  Konrad,  in  deren  Gesell- 
schaft  wir  Herzog  Heinrich  auf  dem  preufsischen  Kreuzzuge 
sahen,  entzweite  er  sicli  dann  ini  Jalire  1225  aus  unbekannten 
Ursachen.  Wir  wissen  zuveriassig  nar  so  viel,  dafs  er  in 
diesem  Jahre  gegen  Krakau  ins  Fekl  zog  und  aeht  Tage 
vor  der  Stadt  lagerte. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich ,  dafs  dieser  Feindseligkeit 
bald  eine  aufrichtige  Versohnung  gefolgt  ist,  da  wir  bei-eits 
1227  unseren  Herzog  als  Verbiindeten  jener  beiden  Her- 
zcige  wdederum  eiuen  Kriegszug  iinternehmen  sehen.  Lesko 
hatte  in  diesem  Jahre  einen  Landtag  nach  Gonsawa  bei 
Trzemesno  in  Grolspolen  berufen  zur  Beratung  iiber  einen 
Kriegszug  gegen  den  Pommernfursten  Swantopolk ,  der 
sich  seinen  Vasallenpiliehten  entziehen  wollte ,  welcher 
Kriegszug  dann  zunachst,  wie  es  scheint,  gegen  die  Burg 
des  Wkidyslaw  Odoniz,  Nakel,  gerichtet  sein  sollte,  da 
dieser  mit  Swantopolk,  seinem  Schwager,  gemeinsame  Sache 
machte. 

Hier  nun  erschien  auch  Heinrich,  dessen  Rat  sich  Lesko 
erbeten  hatte.  Auch  Swantopolk  stellte  sich  ein,  und  wah- 
rend  er  dem  Scheine  nach  eine  giltliche  Verstandigung 
suchte,  wufste  er  schwerlich  ganz  ohne  Wissen  seines  Schwa- 
gers  einen  heimlichen  Uberfall  der  beiden  Fiirsten  ins  Weik 
zu  setzen  (den  23.  November  1227).  Lesko  suchte  durcli 
die  Flucht  zu  entkommen,  ward  aber  in  Marcinkowo  nahe 
bei  Gonsawa  von  den  Leuten  Swantopolks  ereilt  und  nieder- 
gehaucn.  Heinrich  ward  im  Bade  iiberrascht  und  dankte 
seine  Kettung  nur  der  Aulbpferung  seines  geti'euen  Ritters 
Peregrin  von  Wiesenburg,  der  bei  der  Yerteidigung  seines 
Herrn  todliche  Wunden  empfing.  Doch  liels  man  Heinrich, 
auf  den  es  also  bei  dem  Uberfalle  nicht  eigentlich  abgesehen 
war,  der  aber  doch  auch  selbst  ernstlich  verwundet  worden 
war,  ruhig  fortziehen  und  den  Leichnam  seines  Getreuen 
mit  sich  fortnehmen,  dem  dann  in  Kloster  Leubus  eine 
ehrenvolle  Bestattung  zuteil  wurde. 

Die  Regentschaft  wahrend  der  ]\Iinderjahrigkeit  des  kaura 
17  Monat  alten  Sohnes  von  Lesko,  Boleslaw,  sollte  nach 
den  Bestimmungen  des  Verstorbenen  ^^'ladyslaw  Laskonogi 
llbernehmen.  Dem  widerstrebte  aber  Leskos  Bruder  Konrad 
von  Masowicn  und  uberzog  unterstiitzt  von  den  Halitscher 
(galizischen)  Fiirsten  Daniel  und  Wasylko  (Basihus),  AYlady- 
slaw  mit  Krieg.     Grausame  Verwiistungen   trafen   im  Jahre 

4* 


52  Zweites  Buch.     Erster  Abschnitt. 

1228  Grofspolen  unci,  da  Herzog  Heinrich   als  Verbiindeter 

Laskonogis  angesehen  Aviirde,  auch  Sclilesien. 

Wladyslaw  geriet  in  um  so  grijfsere  Bedrangnis,  als  nun 
auch  sein  Neffe  Odoniz  und  Swantopolk  von  Pommern,  der 
sich  nach  dem  Tode  Leskos  ganz  unabhiingig  geraacht  hatte, 
sich  gegen  ihn  wandten.  Sei  es  nun,  dafs  er  freiwdlig  auf 
die  Regentschaft  in  den  Landen  weiland  Herzog  Leskos 
verzichtete ,  sei  es  dafs  sich  nur  eben  thatsjichfich  seine 
Unfahigkeit  die  Schutzherrschaft  zu  fiihren  herausgestellt 
hatte:  kurz,  die  Witwe  Leskos  Gninislawa  entschlols  sich 
auf  den  Rat  der  Mannen  des  Krakauer  Landes,  Stadt  und 
Land  Krakau  an  Herzog  Heinrich  zu  ilbei'lassen,  der  dafiir 
die  Beschiitzung  des  fur  Leskos  Sohne  reserWerten  Herzog- 
tums  Sendomir  iibernahm.  Es  geschah  dies  im  Sommer 
1228. 

XatilrHch  mufste  sich  Heinrich  die  Anerkennung  seiner 
Herrschaft  iiber  Krakau  erst  von  seinem  Nebenbuhler  Kon- 
rad  von  Masowien  erkampfen,  und  noch  im  Laufe  des  Jahres 
1228  besiegt  er  denselben  in  zwei  Schlachten  bei  Skala  und 
Miendzybrzeze.  Dann  ruft  er  nach  Krakau  eine  Versauim- 
lung  der  Barone  sowie  der  geisthchen  AVurdentriiger  zu- 
sammen,  bestatigt  die  Freiheiten  der  Ku'che  und  erlafst 
Yerordnungen  zum  Schutze  der  Gesetze  und  zur  Ziigelung 
der  Friedensbrecher. 

Aber  Konrad  war  ein  gefahrhcher  Gegner,  und  seiner 
Arghst  gelang  das,  was  er  mit  ofFener  Gewalt  zu  erreichen 
nicht  vermocht  hatte.  Als  Heinrich  etwa  im  Fruhhng  1229 
einen  Landtag  in  Opatowitz  hielt,  llborfiel  ihn  liier  Konrad, 
nahm  ihn  ti'otz  seiner  GegeuAvehr  verwundet  gefangen  und 
schleppte  ihn  nach  Plock  der  Hauptstadt  ]\Iasowiens. 
Ihn  zu  befreien,  riistete  sein  Sohn  Heinrich  ein  Heer,  gab 
aber  den  Vorstellungen  seiner  Mu.tter  der  Herzogin  Hedwig 
Gehor,  welche  den  Weg  giitlicher  Vermittelung  einzuschlagen 
beschlofs.  Sie  begab  sich  selbst  zu  Konrad  nach  Plock, 
und  der  Gewalt  ihrer  Personlichkeit  gelang  es,  die  Freiheit 
ilu*es  Gemahls  zu  erlangen,  der  dabei  allerdings  auf  den 
Besitz  Ka-akaus  Verzicht  leisten  mufste.  Der  zwischen  den 
beiden  Gegnern  neu  geschlossene  Friede  sollte  dann  durch 
die  Vermahlung  zweier  Tochter  Heinrichs  H.  mit  den  bei- 
den Scihnen  Herzog  Konrads  bekraftigt  werden. 

Aber  in  Ki-akau  wollte  man  von  der  Herrschaft  des 
habsilchtigen  und  gewaltthatigen  Konrad  nichts  wissen,  der 
dann  auch  das  Herzog-tum  Sendomir  seinem  Neffen  Boleslaw 
entrifs,  urn  es  dem  eigenen  Sohne  gleichen  Namens  zu  ver- 
leihen.     Der    Papst    Gregor   IX.    entband    Heinrich   I.    von 


Eroberung  vou  Krakau  iind  Kalisch.  53 

jener  eidlich  bekraftigten  Verzichtleistung  auf  Krakau  als 
einer  erzwungenen  ^  und  der  letztere  setzt  sich  1230  wieder 
in  Besitz  der  Stadt  und  behauptet  sich  nun  in  demselben 
bis  an  seinen  Tod,  wenngleicli  nicht  ohne  nocb  weitere 
Kampfe  mit  Koni'ad  von  Masowien,  allerdings  vornehmlich 
im  Interesse  seines  Schiltzlings  Boleslaws  von  Seudomii%  von 
dessen  Lands  er  auch  selbst  1233  noch  ein  Stuck  erhielt. 
Erst  1236  kani  es  zu  einem  definitiven  Frieden  zwischen 
den  beiden  Gegnern,  bei  welclier  Gelegenheit  dann  auch 
die  einst  von  der  Herzogin  Hedwig  verabredeten  Familien- 
verbindungen  resp.  Verlobungen,  denen  bisher  noch  das 
zarte  Alter  der  beiden  Braute  entgegengestanden  hatte,  ihre 
Sanktion  erhielten. 

Doch  auch  noch  nach  einer  andern  Seite  hin  gelang  ihm 
ein  ansehnlicher  Landerwerb.  Die  kaiun  unterbrochenen 
Kampfe  der  beiden  groispolnischen  Herzoge ,  der  beiden 
Wladyslawe,  hatten  schHefslich  den  Verlauf  genommen,  dafs 
der  Oheim  zwar  seinen  Neifen  gefaugennahm ,  dann  aber, 
als  dieser  aus  der  Haft  entkommen  war,  von  demselben,  den 
wiederum  sein  Schwager  Swantopolk  von  Pommern  unter- 
stiltzte,  so  in  die  Enge  getrieben  wmxle,  dafs  er  landfliichtig 
in  Schlesien  bei  dem  oberschlesischen  Herzoge  Kasimu-  in 
Ratibor  eine  Zuflucht  suchen  mufste.  Als  er  hier  nun  den 
18.  August  1231  kinderlos  stirbt,  vermachte  er  sein  Land 
unserem  Herzoge  Heim-ich.  Die  Geltendmachung  dieser 
Ansprilche  Wladyslaw  Odoniz  gegenilber  fand  jedoch  um 
so  mehr  Schwierigkeiten ,  da  dieser  bei  seiner  grofsen  Frei- 
gebigkeit  gegen  die  Geistlichkeit  diese  gauz  auf  seiner  Seite 
hatte  und  deshalb '  auch  von  der  romischen  Kiu-ie  geschutzt 
wurde.  In  der  That  erfahren  wir  auch,  dafs  der  Feldzug 
vom  Jahre  1233,  welchen  Heinrich  begleitet  von  seinem 
gleichnamigen  Sohne  im  Jahre  1233  gegen  Odoniz  unter- 
nimmt,  zwar  die  Eroberung  von  Kalisch  zur  Folge  hat,  aber 
bald  durch  einen  von  dem  Bischofe  von  Posen  vermittelten 
Frieden  beendet  wird,  in  welchem  Heinrich  auf  Grofspolen 
Verzicht  leistet. 

Ihn  dazu  zu  bestimmen,  wirkte  wahrscheinlich  noch  eine 
andere  Rilcksicht  mit.  Im  Juni  1233  finden  wir  in  Breslau 
bei  ihm  Hermann  Balk,  den  Prokm-ator  des  Deutschen  Or- 
dens,  und  jedenfalls  im  Zusammenhange  damit  sehen  wir 
nach  einer  Zusammenkunft,  welche  er  mit  Konrad  von  Ma- 
sowien im  Oktober  dieses  Jahi'es  bei  Kulm  hatte,  ihn  dann 
im  Spatherbst  1233  einen  neueu  Kreuzzug  in  das  Preufsen- 
land  unternehmen,  an  welchem  sich  aufser  dem  masowischen 
Herzoge  noch  der  Pommernfiirst  Swantopolk  und  Wladyslaw 


54  Zweites  Buch.     Erster  Abschuitt. 

Odoniz  beteiligen,  -wiihrend  der  jiingere  Ileinricli  das  schle- 
sisclie  Corps  befehligt.  Derselbe  iiimmt  hier  an  der  Griiu- 
dung  von  JMarien-werder  teil  uud  hilft  mit  in  streuger 
^^'interzeit  den  Preufsen  die  schwere  Nicderlage  an  der 
Sorge  zu  bereiten. 

lux  naclisten  Jalu'e  1234  erneuert  sicli  dann  Avieder  der 
Krieg  rait  Odoniz,  gegen  welehen  die  rait  seiner  Herrschat't 
unzutriedenen  Edlen  des  Landes  den  schlesisclien  Jierzog 
lierbeirufen.  Siegreich  dringt  dieser  nun  vor,  ei'obert  die  Ge- 
biete  von  Kalisch,  Peisern,  Schroda,  Posen,  stellt  das  im 
Vorjahre  von  AVladyslaw  zerstorte  Sclilofs  Bnin  wieder  her 
und  bedriingt  den  letzteren  so,  dais  derselbe,  ura  nicht  alles 
zu  verlieren,  in  eine  Teilung  des  Landes  Avilligt,  bei  welcher 
er  alles  Land  auf  dera  linken  Ul'er  der  ^^'artha,  also  den 
ganzen  westlichen  Teil  der  heutigen  Provinz  Posen,  an 
Herzog  Heinrieli  abtritt,  fiir  diesen  eine  erfreuliche  Abrun- 
dung  des  Lebuser  Landes  mit  den  Lausitzer  Besitzungen. 
Auch  das  Schlofs  Schrimra  jenseits  der  Wartha  bleibt  Hein- 
rieli, der  liier  seinen  Keffen,  den  mahrisclien  I'rinzen  Bor- 
ziwoi,  zum  Statthalter  einsetzt. 

Das  Schlofs  Schriram  ward  aber  nachnials  von  den 
Polen  tiberfallen,  Borziwoi  ermordet,  und  so  entziindeten  sich 
neue  Kiirapfe,  ura  dei*en  Schlichtung  sich  dann  der  papstliche 
Gesandte,  Wilhelm  von  Modena,  eifrig  beniuhte.  JedenfuUs 
blieb  der  Teil  Grofspolens  auf  dera  linken  Wartha-Ufer 
Heinrich  dera  Biirtigen,  der  nun  auch  den  Titel  eines 
Herzogs  von  Polen  neben  dem  von  Schlesien  und  Krakau 
flihrte. 

In  den  weiten  Gebieten,  die  Heinrich  so  unter  seinem 
Scepter  vereinigte,  und  welche  von  den  Grenzen  Poramerns 
bis  an  die  Abhiinge  des  Tatragebirges  sich  erstreckten,  lag 
als  selbstandiges  Land  noch  raitteninne  das  oberschlesische 
Herzogtum  Oppeln-Ratibor,  wozu  dann  auch  noch  das  nach- 
mahge  Herzogtura  Beuthen  mit  der  Herrschat't  Siewierz  (jetzt 
in  Polen  gelegen)  und  das  Herzogtum  Teschen  gehorte, 
Avahrend  Troppau  und  Jagerndorf  damals  noch  zu  Mahren 
gerechnet  Avurden.  Doch  auch  liber  das  oberschlesische  Gebiet 
hatte  Heinrich  seit  dera  Tode  seines  Vetters  Kasimir  122  9  eine 
gewisse  Herrschat't  erlangt,  er  filhrt  die  Vorrauudschaft  iiber 
die  minderjahrigen  Sohne  des  Verstorbenen ,  ja  gegen  das 
Ende  seiner  Eegierung  verbindet  er  das  Oppeln  -  Ratiborer 
Land  seinem  Peiche,  indera  er  der  Herzogin-Witwe  von 
Oppeln,  Mola,  als  Entschadigung  dafur  das  Landgebiet  von 
Kalisch  und  Ruda  iiberweist,  das  also  gleichfalls  von  Wladj- 
slaw  Odoniz  abgetreten  worden  sein  muls. 


Die  heilige  Hedwig.  o5 

Die  heilige  Hedwig. 

Es  Avaren  so  ziemlich  drei  Vierteile  des  alteu  groisen 
polnischeu  Reiches,  welclie  nun  der  bartige  Herzog  in  seiner 
starkeu  Hand  vereinigte,  und  wie  es  lieifst,  iiabe  der  Herzog 
daran  gedacht,  seinen  Lieblingssohn  Heinrich  zum  Konige 
von  Polen  einzusetzen,  ohne  dafs  wir  jedocli  von  Scliritten, 
die  er  zu  diesem  Ende  gethan,  etwas  Naheres  erfahren. 
Hatte  einst  sein  Grofsvater,  der  vertriebene  Herzog  Wlady- 
slaw,  am  Kaiserliofe  in  Deutschland  Zuilucht  und  Schutz 
gefuuden,  hatte  die  machtige  Yerwendung  Friedrich  des 
Rotbarts  die  Herausgabe  Schlesiens  an  Heinricbs  Vater  und 
Oheim  herbeigefuhrt,  so  lohnte  jetzt  Heinrich  dem  Deutschen 
Reiche  dadurch,  dafs  er  hier  auf  slavischem  Boden  deutsche 
Kultur  einluhrte  und  weite  Landschaften  thatsachhch  fur 
Deutschland  gewann.  Denn  das  Avar  das  besonders  Bedeut- 
same:  der  Filrst,  dem  mit  der  alten  Burg  Krakau  die  Ober- 
herrschaft  iiber  alle  piastischen  Fiirsten  zugefallen  AA'ar,  der 
den  grofseren  Teil  des  ganzeu  polnischen  Reiches  selbst 
unter  seinem  Scepter  hielt,  AA^ar  ein  Deutscher.  Von  einer 
deutschen  Mutter  geboren,  in  Deutschland  erzogen,  Avar  er 
zum  Deutschen  geAvorden  und  fuhrte  nun  auch  eine  deutsche 
Prinzessin  heim.  HedAA'ig,  die  Tochter  des  frankischen  Grafen 
Bertold,  den  der  Titel  eines  Herzogs  A^on  Meran  (in  Dal- 
matien)  zierte,  eine  Frau  von  seltenen  Gaben  des  Geistes 
und  Herzens ,  voll  AA^ahrer  ungeheuchelter  Frommigkeit, 
Gottesfurcht  und  Nachsteuliebe.  Nachdem  sie  in  zartester 
Jugend  bereits  A'ermahlt  (angeblich  12  Jahre  alt)  ihrem  Ge- 
mahle  sieben  Kinder  geschenkt  hatte,  bcAvog  sie  diesen,  mit 
ihr  in  die  Hand  des  Bischofs  Lorenz  von  Breslau  das  Gelllbde 
ehelicher  Enthaltsamkeit  abzulegen.  Seitdem  zog  sie  sich 
mehr  und  mehr  in  die  klosterliche  Einsamkeit  von  Trebnitz 
zuriick,  avo  einige  Meilen  ncirdiich  A^on  Breslau  auf  dem  rechten 
Oderufer  in  anmutigem  Thale  ihr  Gemahl  filr  Cisterciense- 
rinnen,  die  aus  ihrer  frankischen  Heimat  liierher  berufen 
AAurden,  ein  reich  ausgestattctes  Stift  gegriindet  hatte,  in 
dem  dann  auch  eine  ihrer  Tochter  Gertrud  (1228)  Abtissin 
AA'urde.  Diese  hatte  hier  den  Schleier  genommen,  nachdem 
ihr  Verlobter  Otto  von  "Wittelsbach  die  Blutschuld,  Avelche 
er  durch  den  Mord  Kcinig  Philipps  A^on  SchAA'aben  (1208) 
auf  sich  geladen,  mit  dem  Tode  gebiifst  hatte.  Hier  in 
Trebnitz  lebte  nun  Hedwig  lange  Jahre  Werken  der  Barm- 
herzigkeit,  aber  auch  Ubungen  einer  fiir  Gott  gefallig  er- 
achteten  Selbstpeinigung  durch  Fasten,  Bufsiibungen,  Geifse- 
lungen.     Und  dem  Geiste  jener  Zeit  entsprechend,  AA-aren  es 


36  Zweites  Buch.     Erster  Abschuitt. 

vielleicht  niclit  zum  geringsten  Telle  eben  diese  letzteren, 
welche  den  lluf  ilirer  Heiligkeit  bei  ihren  Zeitgenossen  be- 
griindeten  und  dann  24  Jaiu-e  nach  ihi-em  Tode  1267  aucli 
ihre  Heiligsprechung  durcli  Papst  Klemens  IX.  herbeifuhrten. 
L'brigens  ist  Herzogin  Hedwig  neben  ihreu  Andachtsiibungen 
doch  auch  ihrer  sonstigen  Pflieliten  wolil  eingedenk  geblieben. 
Nach  dem  Uberfalle  bei  Gonsawa  elite  sle  schnell  lierbel, 
den  verwundeten  Gemahl  zu  pllegen,  und  als  dlesen  die 
Argllst  Konrads  von  Masowien  in  die  Gefangeuschaft  ge- 
braclit  hatte,  scheute  sie  den  weiten  Weg  nach  Plock  nlcht 
imd  vermochte,  wle  wlr  wlssen,  diu'ch  die  Maclit  ihrer  Per- 
sonlichkelt  die  Fesseln  zu  losen. 

Schwerlich  ganz  getreu  schlldert  uns  die  alte  Hedwigs- 
legende  das  Bild  der  hohen  Frau.  Jedenfalls  kommt  darin 
nur  die  eine  Seite  ihi'es  Wesens,  das  asketlsche  Moment, 
recht  zur  Erscheinung.  Dafs  es  noch  eine  andere  Seite 
gab,  zelgt  uns  die  kurze  Zelt  nach  Ihrem  Tode  gefertlgte 
Statue  Hires  Hochgrabes,  wo  sie  in  reichera  herzoglichem 
Schmucke  uns  entgegentritt  und  ebenso  das  Siegel,  dessen 
sie  sich  selbst  bedlente,  und  welches  sie  in  sehr  modischer, 
fast  iippig  zu  nennender  Gewandung  darstellt. 

Es  mufste  nun  von  Bedeutung  erscheinen,  dafs  die  Ge- 
mahlin  des  gewaltigen  Herzogs,  der  das  kleine  Herzogtum 
Schlesien  zum  ]\{ittelpunkte  eines  ansehnlichen  Reiches  machte, 
eine  Frau  war,  die  alles  Volk  schon  bei  Lebzeiten  wie  eine 
Heilige  vereln-te.  Uni  so  fester  schlug  das  Herrschergeschlecht 
seine  Wurzeln  in  den  Herzen  der  Unterthanen. 


Klostergriindungen. 

Ob  Herzogin  Hedwig  je  Polnisch  gelernt  hat,  ist  zweifel- 
haft  und  wie  ihr  Hofstaat  deutsch  war,  so  war  er  auch  die 
Umgebung  der  Klosterschwestern ,  unter  denen  sie  in  Treb- 
nitz  lebte.  Herzog  Heinrich  hat  dieses  Stift  selbst  als  seine 
eigenste  Grlindung  bezeichnet  im  gleichen  Mafse,  Avie  die 
seines  Vaters  Leubus  gewesen  ware,  aber  sie  blieb  nicht  die 
einzige.  In  Heinrichau  slldlich  von  Breslau  wunschte  Ni- 
kolaus,  des  Herzogs  erster  Minister,  ein  Ivloster  zii  errichten, 
bedurfte  aber  dessen  Genehmigung  dazu  um  so  mehr,  da 
die  dazu  zu  verwendenden  Giiter,  welche  ihm  die  Huld 
seines  Herrn  gewahrt  hatte,  ihm  nur  auf  Lebenszeit  ge- 
hcirten.  Der  Herzog  gab  die  Erlaubnis,  jedoch  nicht  ohne  das 
Yerdienst  der  Stiftung  flir  sich  selbst,  resp.  filr  seinen  Sohn 
Heinrich  in  Anspruch  zu  nehmen.  1222  ward  das  neue  Stift 
eingerichtet  imd  mit  Cisterciensern  aus  Leubus  besetzt. 


Griindimg  der  Kloster  Heiurichau  uud  Kamenz.  57 

Gerade  dieser  Orden,  der  vornehmlich  praktische  Zwecke 
verfolgte,  war  fur  die  deutsche  Koloiiisation  von  hervor- 
ragender  Bedeutung,  die  ja  schon  an  fruherer  Stelle  naher 
dargestellt  worden  ist.  Es  wird  daher  wohl  erklarlich,  daf& 
allmahlich  auch  Kloster  anderer  Orten  in  die  Hande  der 
Cistercienser  ilbergegangen  sind,  die  dann  in  der  zweiten 
Halfte  des  13.  Jahrhunderts  die  Mehrzahl  der  grofseren 
schlesisclien  Stifter  Leubus,  Trebnitz,  Kamenz,  Heinrichau, 
Griissau  innehaben.  Xamentlich  unter  Heinriehs  Regierung 
nnd  schwerlich  ohne  sein  Zuthun  sind  dann  auch  in  Polen 
Grilndungen  des  Ordens  erfolgt,  es  entstanden  die  Kloster 
Lond  und  Priment,  als  sich  weiter  vorschiebende  Posten  der 
Germanisation ,  welcher  ubrigens  auch  schon  die  in  sehr 
grofser  Ausdehnung  verliehenen  Stiftsgiiter  schlesischer  Klo- 
ster in  Polen  dieuteu. 

Auch  die  Augustiner-Chorherren  des  Sandstiftes  zu  Bres- 
lau,  welche,  obgleich  wallonischen  Ursprungs,  sich  sehr 
friih  den  Interessen  der  deutschen  Einwanderung  zuwandten, 
der  sie  das  wertvolle  industrielle  Element  der  aus  Flandern 
eingefuhrten  Wollenweberei  zuiilhrten,  breiteten  sich  weiter 
liber  das  Land  aus^  1210  siedelten  sich  Brilder  des  Ordens 
am  Fufse  des  altberuhmten  Burgberges  von  Kamenz  an^  wo 
ihnen  ein  Sprofs  eines  der  altesten  in  unserer  Heimat  nach- 
weisbaren  Adelsgeschlechter  Vincenz  von  Pogarell  eine  Statte 
bereitet  hatte  ;  1217  grlindete  der  Herzog  selbst  eine  Propstei 
derselben  zu  Kaiimburg  an  dem  Bober,  aus  welcher  nach- 
mals  das  beriihmte  Stift  zu  Sagan  hervorgegangen  ist,  und 
ihrer  Obhut  Avird  auch  das  Hospital  zum  heiligen  Geist  an- 
vertraut,  das  Herzog  Heinrich  1214  in  Breslau  und  zwar 
auf  dem  linken  Oderufer  nahe  dem  Flusse  grlindet  und 
reich  dotiert,  dem  dann  bald  auch  ein  speciell  den  Aus- 
satzigen  gewidmetes  Hospital  in  der  jungen  deutschen  Stadt 
Neumarkt  sich  anschlieist,  ein  besonderer  Gegenstand  der 
Sorge  filr  Herzogin  Hedwig. 

In  grolsem  Mafsstabe  nehmen  nun  die  Augustiner  die 
Ansiedelung  von  Deutschen  in  Angriff.  Fiii-  den  grofsen 
Giiterkomplex,  welchen  dieselben  noch  von  Peter  Wlast  her 
am  Zobtenberge  besitzen,  erlangen  sie  bereits  im  Jahre  1209 
ein  grolses  Privilege  das  ihnen  unter  neuer  Umgrenzung 
dieser  Besitzungen  die  Aussetzung  derselben  zu  deutscheni 
Rechte  gestattete.  Das  Gleiche  thaten  in  dieser  Zeit  die 
Priimonstra tenser,  welche  seit  dem  Ende  des  12.  Jahrhunderts 
in  dem  Vincenzstifte  bei  Breslau  die  Benediktiner  abgelost 
hatten,  mit  ihrem  Giiterkomplexe  bei  Kostenblut  und  audi 
deren  Schwesterkloster  in  Oberschlesien ,    welches    1228    aus 


58  Zwcites  Buch.     Erstcr  Abschnitt. 

Rybnik  nach  Czaniowanz  bei  Oppeln  verlegt  wurde,  wie 
deiin  uberhaupt  der  Herzog  selbst,  Biscliot"  und  Doinkapitel 
uud  die  verscliiedenen  IStil'ter  formlich  darin  wetteifern ,  sich 
die  Vorteile  zu  sichern,  welclie,  wie  iViilier  scbon  dargelegt 
wurde,  die  Neugrluidung  ihrer  Gliter  zu  deutschem  Kecbte 
ibnen  bringen  mulste. 

Deutsche  Stadte. 

Aber  aucb  die  Anlegung  von  Stadten  zu  deutschem  Rechte 
ward  jetzt  eifriger  betrieben. 

Wahrscheinlieh  waren  es  Neumarkt,  niit  welchem  Namen 
Heinrich  den  aut"  seinen  Reisen  zwischen  Breslau  und  Lieg- 
nitz  oft  besuchten  polnischen  Ort  Szroda  umtaut'te,  und 
Lowenberg,  welche  den  Reigen  der  zahh-eiclien  von  Hein- 
reich  I.  zu  deutschem  Reelite  gegrilndeten  Stiidte  erofFnen, 
fur  deren  mehrere  er  dann  nachmals  aus  IMagdeburg  voll- 
stiindige  Abschriften  der  Rcchtsbestimniungen,  nach  welchen 
dort  die  Burger  lebten,  kommen  liefs.  L>afs  dies  oft  ge- 
schehen  sei,  erwahnen  die  Magdeburger  SchofFen  in  einem 
dieser  Schreiben  ausdrllckhch.  Kach  deutschem  Rechte  wur- 
deu  in  Heinrichs  I.  Zeit  nachweisHch  uoch  gegriindet  Gold- 
berg, welches  von  dem  hier  gefundenen  Golde  seinen  Kamen 
erhielt,  Naumburg  a.  d.  Quels,  Neifse,  Steinau  a.  d.  Oder, 
Guhrau,  Ohlau,  in  Oberschlesien  Oppeln,  Ratibor,  Steinau, 
Leschnitz.  Auch  in  der  Landeshauptstadt  Breslau  befand 
sich  schon  damals  eine  deutsche  Ansiedelung,  deren  Vor- 
stand  (Schultheifs)  Alexander  uns  in  einer  Urkunde  von 
1229  begegnet.  An  dem  Marktplatze  der  damaligcn  Stadt 
Breslau  auf  dem  linken  Oderufer  unmittelbar  an  der  Briicke 
liber  die  Oder  (Sandbriicke)  an  der  Stelle  des  heutigen  Ober- 
landesgerichtes  stand  das  steinerne  Kaufhaus  der  Deutschen. 
Von  da  oderabwitrts  zog  sich  herzogliclies  Gebiet,  Kurien 
der  herzoglichen  Familie,  die  bald  insgesamt  zu  geistlichen 
Stiftungen  verwandt  wurden.  Von  der  Sandbriicke  aber,  in 
deren  Nahe  Avenig  oderauiwilrts  damals  die  Ohlau  mundete, 
erstreckten  sich  bereits  am  linken  Ufer  dieses  Flusses  siidwarts 
w^eitere  Ansiedelungen  bis  zu  der  bereits  im  12.  Jahrhundert 
vorhandenen  Adalbertskirche,  und  als  dann  Bischof  Lorenz 
1207 — 1232  dieses  Gotteshaus  dem  1226  damals  aufkommen- 
den  Dominikanerorden ,  dem  hier  unter  Leitung  des  nach- 
mals heilig  gesprochenen  Polen  Ceslaw  ein  Konvcnt  ge- 
grundet  Avordeu  war,  libergab,  sah  er  sich  bald  darauf  ver- 
anlafst,  anstatt  ihrer  eine  neue  Kirche  mit  Parochialrecht  zu 
erbauen,  namlich  die  zu  ]\Iaria  ]\Iagdalena,   in   welcher   wir 


Anlegung  deutscher  Stiidte.  59 

somit  difi  alteste  Stadtpfarrkirche  des  eigentlicheu  Breslaus 
auf  dem  linken  Oderufer  zii  erkennen  habeii. 

Die  Bevulkerung,  filr  welche  nun  diese  Kirche  gegriindet 
ward,  hat  man  sich  wolil  aiis  Slaven  und  Deutsclien  ge- 
mischt  zu  denken.  Neben  den  Wallonen,  welqlie,  wie  friiher 
erwahnt  wurde,  um  die  Kirche  des  heiligen  Moritz  (heutige 
KJosterstral'se ,  damals  Wallonenstrafse)  angesiedelt  waren, 
haben  sicherlich  imter  den  Slaven  auch  schou  vielfach 
Deutsche,  uameutlich  Handwerker  gewohnt;  und  es  kann 
nicht  der  mindeste  Zweifel  obwalten,  dafs  diese  sich  in  ge- 
sellschaftHch  giinstigerer  Lage  befanden  als  die  slavischen 
Einwohner,  dafs  sie  personhch  frei  und  anderen  Gesetzen 
unterworfen  wareu,  es  ist  auch  nicht  zu  zweifeln,  dafs  sie 
mit  ihren  noch  besonders  privilegierten  Landsleuteu  im  Kauf- 
hause  zu  einer  Gemeinde  verbunden  Avaren.  Es  ist  nun 
wohl  moglich,  dafs  ahnliche  Verhaltnisse  auch  noch  in  an- 
dern  schlesischen  Stadten  vorhanden  waren,  deutsche  Ge- 
meinden  mit  eigenen  Rechten  innerhalb  einer  slavischen  Be- 
volkerung. 

Aber  in  jedem  Falle  verhalt  es  sich  wesentlich  anders 
mit  Stadten,  welche  wirkiich  zu  deutschem  Rechte  ausgesetzt 
wurden.  Bei  diesen  ward  von  der  alten  slavischen  Nieder- 
lassung,  die  ja  meistens  an  demselben  Orte  vorhanden  war, 
ganz  abgesehen  und  in  einer  gewissen  Entfernung  davon, 
auf  noch  unbebautem  Boden,  wohl  in  den  meisten  Fallen 
auf  herzoglichem  Grunde  die  neue  Stadt,  die  danu  ganz 
ausschhefslich  fiir  deutsche  Kolonisten  bestimmt  war,  ausge- 
steckt.  Ihren  Mittelpunkt  bildete  stets  das  mlichtige  gleich- 
seitige  Viereck  des  Marktplatzes  oder,  wie  man  in  Schlesien 
es  (doch  wohl  nach  einem  altslavischen  Worte)  nannte  und 
noch  nennt,  des  Ringes,  dessen  sehr  umfangreiche  Anlage 
auch  bei  recht  kleinen  Stadten  uns  haufig  noch  heute  er- 
staunen  macht.  Mitten  auf  dem  Ringe  steht  das  Rat- 
haus,  in  dessen  unteren  Raumen  oder  in  oft  sehr  winzigen, 
daran  angebauten  Verkaufsstellen  dann  die  verschieden- 
artigsten  Lebensbedurfnisse  feilgeboten  werden.  Ursprllng- 
lich  war  wohl  die  Meinung,  dafs  der  Ring  alle  selbstandigen 
Burger,  auf  die  bei  der  Anlage  gerechnet  war,  umfassen 
sollte,  und  wenn  z.  B.  eiue  Stadt  40  Ackerhufen  also  40 
Ackeranteile  mitbekam,  konnte  es  ja  sehr  wohl  angehen, 
jede  der  4  Ringseiten  in  10  Baustellen  zu  teilen,  auf  denen 
sich  nun  aneinandergereiht  die  Biirgerhiluser  erhoben.  Hier 
nach  vorn  heraus  wohnte  das  Handwork  und  das  stadtische 
Leben,  aber  zu  dem  hinteren  Thore,  welches  nach  der  nach- 
sten   Parallelstrafse   zuging,    blickt  bereits   das  Dorf  in    das 


60  Zweites  Buch.     Erster  Abschnitt. 

Gehoft  des  Ackerbiirgers  hinein.  Die  anclere  Seite  dieser 
Stralsc  bildeten  wohl  schon  meistens  die  iScheuem  der  Bur- 
ger. Hinter  diesen  war  dann  mit  Wall  und  Graben  die 
Umfrieduug  der  Stadt,  auf  dem  ersteren  meistens  ein  Parchen, 
ein  Pl'ahlzaun  statt  der  Mauer.  An  einer  Ecke  des  Ringes 
pflegt  die  raethodisehe  Regelmalsigkeit  dieser  Einrichtung, 
bei  der  alles  mit  der  EicLtschnur  abgemessen  erscheint,  durch 
den  daran  stofsenden  Kircbhof  mit  der  Stadtkirche  daranf 
nnterbrochen.  Fast  immer  gehorte  zur  Stadt  dann  noch 
jenseits  des  Umfriedigungsgraben  neben  den  Ackerstilcken 
der  Biii'ger  aucli  noch  ein  gemeinsamer  stadtisclier  Weide- 
platz. 

Bei  der  Mehrzahl  der  schlesischen  Stadte  erkennt  man 
noch  heute  sehr  gut  den  Zuschnitt  der  ersten  Griindung  in 
all  seiner  Regelmafsigkeit,  den  miichtigen  quadratischen  Ring 
mit  dem  an  das  Rathaus  sich  anschliefsenden  winkeligen 
Komplex  von  Bauhchkeiten,  die  aus  den  urspriinglichen 
Yerkaufsbuden  sich  entwickelt  haben;  bei  einigen  besonders 
kleinen  Orten  findet  man  wohl  auch  noch  schon  in  der 
ersten  Parallelstralse  die  stadtischen  Scheunen  als  Zeichen 
ursprilnghcher  Beschranktheit,  bei  den  meisten  hat  das  schnelle 
Wachstum  dies  veriindert.  Vielfach  zogen  gleich  bei  der 
Aussetzvmg  zu.  deutschem  Rechte  Deutsche  mit  hinein,  welche, 
auch  ohne  bei  der  Verteilung  der  Ackerlose  mitbeteiligt  zu 
sein,  doch  dann  als  Handwei"ker  sich  an  dem  Orte  nieder- 
hefsen.  Natiirhch  fanden  sich  auch  slavische  Eingeborene 
in  grofserer  Zahl  ein,  welche  die  niederen  Dienstleistungen 
iibernahmen. 

Es  ist  nicht  daran  zu  zAveifeln,  dafs  die  deutschen  Hand- 
werker  sich  gleich  von  vornherein  zu  Innungen  zusammen- 
geschlossen  haben,  und  ebenso  wahrscheinlich  ist,  dafs  bei 
Streitigkeiten  der  Deutschen  unter  einander  schon  in  der 
ersten  Zeit  der  Vogt  imter  Zuziehung  von  Schotfen  aus  der 
Gemeine  Recht  gesprochen  hat. 

Die  deutschen  Ansiedler  zahlten  (meistens  nach  einer 
ihnen  zugesicherten  und  sehr  verschieden  bemessenen  Zahl 
von  Freijahi-en)  dem  Landesherrn  eine  bestimmte  Abgabe, 
die  als  Geschols  (exactio)  friih  schon  iixiert  und  von  den 
Kommunalbehorden  auf  die  Einzelnen  umgelegt  ward,  dazu 
denn  noch  als  MUnzgeld  (abegang)  eine  bald  auch  festgesetzte 
Summe  als  Entschiidigung  dafur,  dafs  der  Filrst  von  seinem 
Rechte,  die  Miinzen  alljahrhch  umzuprageu,  keinen  Gebrauch 
machte,  aufserdem  noch  einen  Zins  fiir  die  gewerbhchen 
Verkaufsstatten.    Die  stadtischen  Abgaben  gingen  nebenher. 

AVie  bei  den    Dorfern   libernahm    auch   hier    ein    landes- 


Anlegung  deutscher  Stadte.  61 

herrschaftlicher  Kommissar  als  locator  die  Miihe  der  Herbei- 
schaffimg  der  Kolonisten.  Derselbe  erhielt  das  Stiick  Land 
in  Bausch  und  Bogen,  verteilte  dasselbe,  unterhandelte  mit 
den  Ausiedlern  und  fiibrte  nacbmals  die  Steuern  ab.  Er 
erhielt  fiir  sich  und  seine  Erben  das  Richteramt  oder  die 
Vogtei  (daher  Erbvogtei)  mit  verschiedenen  Einkiinften, 
namlich  unter  alien  Umstanden  den  dritten  Teil  der  von 
dem  Vogteigericbte  verhangten  Strafgelder  (den  sogenannten 
di'itten  Pfennig),  ferner  sehr  haufig  ein  von  Abgaben  be- 
freites  Haus  und  Hof  und  wolil  auch  noch  Ertrage  ge- 
wisser  gewerblicher  Institute  als  Miihlen,  Badstiiben,  Ver- 
kaufsstellen  u.  dgl.  Der  Vogt  safs  denn  auch  dem  Gerichte 
vor,  in  welchem  stadtische  SchofFen  das  Urteil  fanden,  von 
welchem  eine  Berufung  an  das  Gericht  des  Herzogs  zulassig 
war,  und  vertrat  iiberhaupt  den  Landesherrn,  so  dafs  an- 
:^nglich  die  Regierung  der  Stadt  thatsachlich  in  seiner 
Hand  lag. 

Die  ganze  Einflihrung  germanischer  Kolonisation  und 
der  Anklang,  den  diese  Einrichtungen  auch  bei  Fiirsten 
fanden,  denen  sonst  eine  besondere  Begiinstigung  des  Deutsch- 
tums  fern  gelegen  haben  wiirde,  beruhte,  wie  dies  bereits 
friiher  dargelegt  -worden  ist,  auf  der  unzweifelhaften  finan- 
ziellen  Ersprielshchkeit  der  Neugrlindungen,  auf  den  erhohten 
Einkunften,  welche  dieselben  den  Fiirsten  brachten.  ludem 
dann  aiich  selbst  der  deutschfreundliche  Heinrich  I.  diesen 
Gesichtspunkt  sehr  ins  Auge  fafste,  mufste  er  sich  von  den 
Magdeburger  Schoffen  belehren  lassen,  dafs  die  dortigen 
Burger  sich  maijche  seiner  finanziellen  Einrichtungen  von 
ihrem  Landesherrn  nicht  gefallen  lassen  wiirden.  Es  ward 
nun  fiir  die  zu  deutschem  Rechte  ausgesetzten  Stadte  das 
nachsteZiel  ihres  Strebens  grofsere  Selbstandigkeit  dem  Landes- 
herrn und  dessen  Vertreter,  dem  Vogte,  gegeniiber,  mid  wir 
werden  von  den  Erfolgen  dieser  Bestrebungen  in  spateren 
Zeiten  noch  zu  sprechen  haben. 

Es  war  eine  grofsartige  Umwalzung,  welche  sich  damals 
in  Schlesien  voUzog.  Der  dichte  Wald,  der  noch  das  Land 
bedeckte,  lichtete  sich  an  vielen  Stellen  unter  der  Axt  der 
Kolonisten,  welchen  dann  an  solchen  Orten  die  grofsere  Miihe 
eine  reichlichere  Beraessung  der  einzelnen  Landanteile  lohnte 
(fi-ankische  oder  Wald-Hufen  im  Gegensatze  zu  den  kleineren 
vlamischen  Hufen),  Siimpfe  wurden  entwassert,  neue  Wege 
durchschnitten  das  Land;  wo  bisher  nur  Weideflachen  ge- 
legen hatten,  entstanden  jetzt  Dorfer  mit  Kli-chen  in  ihrer 
Mitte;  anderwarts  erhoben  sich  neben  den  slavischen  Hiitten, 
die  am  Bache  entlang  gestanden  batten,  die  grofsen  Rundungen 


62  Zweites  Bucli.     Erster  Abschnitt. 

deutscher  Staclte.  Der  Boden  mit  besseren  Werkzeugen  und 
grofsereni  Fleifse  bestellt,  lieferte  ungleich  reichere  Ernten, 
ein  Gesclilecht  freier  deutscher  Baucrn  erstand  untcr  den 
leibeigenen  slavischen  Einwohnern.  Wir  diirfen  annelimen, 
dais  gegen  das  Ende  der  Regierung  Heinrichs  I.  nament- 
lich  aut"  dera  linken  Oderufer  zwischen  dem  Flusse  und  dem 
Gebirge  eine  sehr  ansehnliche  Zalil  von  Niederlassungen 
sich  vom  Bober  an  bis  zur  Neifse  hingezogen  Jiat  und  die 
deutsclie  Spracho  hier  zur  herrselienden  vieltach  gCAVor- 
den  ist. 

Das  niedere  slavische  Volk  konnte  mit  dem  ganzen  Pro- 
zesse  wohl  zufrieden  sein.  Ihm  ward  nichts  genommeu, 
wohl  aber  kam  die  steigende  Kultur  auch  ihm  zugute,  es 
lernte  eine  bessere  Form  des  Landbaus  kennen,  die  Pro- 
dukte  stiegen  ira  Werte,  der  Absatz  ward  leichter  und  be- 
quemer,  die  Gelegeuheit  zum  Verdienst  besser  und  die  ganze 
gesellschaftliche  Lage  durch  das  Zusammenwohnen  mit 
Freien  gilnstiger;  die  Arbeit  des  Feldes,  welche  jetzt  hier 
auch  freie  Manner  vornahmen,  stieg  im  Werte,  und  der 
Willkiir  ihrer  Herren  waren  schon  dadurch  gewisse  Schran- 
ken  gezogen ,  dafs  dieselben  von  mehr  Augen  beobachtet 
wurden. 

Weniger  einverstanden  war  rait  dem  Ganzen  der  ein- 
heimische  Adel.  In  diesen  Kreisen  empfand  man  es  ja  libel, 
dafs  an  den  Hot'  des  machtigen  Herzogs  Heinrich  deutsche 
Edelleute  sich  zogen,  denen  dann  wohl  auch  dessen  Gunst 
Landbesitz  verlieh,  sowie  andere  sich  solchen  erkautten,  dafs 
am  Hofe  die  deutsche  Spraclie  die  polnische  verdriingte  und 
deutsches  Wesen,  deutsche  Sitte  einen  gewissen  Vorzug  ge- 
nossen.  Eine  derartige  Unzufriedenheit  zu  thatlichem  Aus- 
druck  zu  bringen ,  war  einem  so  gewaltigen  Fiirsten  wie 
Heinrich  gegeniiber  nicht  leicht,  doch  gab  ein  Zwist  in  der 
herzoglichen  Farailie  selbst  dazu  Gelegenheit. 

Von  den  drei  alteren  Sohnen  Heim"ichs  I.  war  der  erste 
Boleslaw,  dera  der  Vater  angeblich  das  Lebuser  Land  zu 
eigener  Verwaltung  iibergeben  hatte,  friih  verstorben,  und  der 
zweite  Konrad,  von  seinen  Zeitgenossen  der  Krause  (Crispus) 
genannt,  also  vermuthch  von  wenig  anmutendem  Wesen, 
verscherzte  die  Gunst  des  Vaters,  die  sich  ganz  seinem 
Bruder  Heinrich  zuwendete.  Wahrend  Heinrich  schon  vom 
Jahre  1209  an  (Reg.  132)  wiederholt  in  Urkunden  des 
Vaters  entgegentritt  und  der  letztere  sogar  Aviederholt  imd 
zuerst  eben  im  Jahre  1209  der  Zustimmung  seines  Sohnes 
ausdriickliche  Erwiihnung  thut,  wird  Konrad  nur  einmal  am 
AA'eihnachtsfeste    1208,    wo    bei    der    Taufe    seines    jiingsten 


Zwist  uuter  den  berzogliclien  Prinzen.     Zehutstreitigkeiten.      ()3 

Bruclers  viele  Fiirsten  in  Glogau  versammelt  sind,  erwahnt, 
seitclem  iiiclit  mehr. 

Diese  Unzufrieclenheit  nilhrten  in  ihm  mifsvergniigte  pol- 
nisclie  Edelleute  am  Hofe  seines  Vaters,  deren  Gesinnungen 
er  bald  teilen  lenite,  and  als  Heinrich  der  Bartige  gegen 
das  Ende  seines  Lebens  die  Absicht  aussprach,  Konrad,  den 
er  mit  einer  saohsischen  Prinzessiu  zu  vermahlen  gedachte, 
durcli  das  Land  Lebus  und  die  niederlausilzischen  Besitzungen 
abzutinden,  wahrend  Heinrich,  dem  er  die  Konigskrone  von 
Polen  zudachte,  seine  ubrigen  Landgebiete  erben  sollte,  er- 
hob  Konrad  ofFenbar  ebenso  unzufrieden  mit  dem  ihm  zu- 
gedachten  kleinen  Anteile  wie  mit  der  deutschen  Heirat 
ofFen  die  Fahne  der  Emporung.  Gegen  die  unter  seiner 
Fiihrmig  gescbarten  pohiischen  Adeligen  entsandte  der  Herzog 
seinen  Sohn  Heinrich,  dem  die  deutschen  E-itter  freudig  zum 
Kampfe  Iblgten,  und  bei  Rotkirch  (unweit  von  Liegnitz  ge- 
gen Goklberg  bin)  unterlagen  in  hartem  Kampfe  die  Polen. 
Konrad  fluchtete  zu  seinera  Vater  nach  Glogau,  der  ihm 
audi  Verzeihung  gewahrte,  land  aber  bald  darauf  in  der 
Kiihe  von  Tarnau  auf  der  Jagd  durch  einen  Sturz  vom 
Pi'erde  seinen  Tod. 

An  der  deutschen  Kolonisation  beteiligten  sich  nun,  wie 
bereits  bemerkt  wurde,  die  deutschen  Stifter  mit  grofsem 
Eifer,  und  nicht  minder  avich  das  Bistum,  das  Domkapitel 
wie  der  Bischof  von  Breslau.  Dieser  letztere  war  an  der 
Sache  in  doppelter  Weise  beteiligt.  Nicht  nur  dafs  die 
Neugriindungen  die  Eitrage  seiner  Besitzungen  sehr  wesent- 
lich  erhiihten,  es  verhiefs  ihm  audi  jedes  neu  angelegte 
deutsche  Dorf  eine  Vermehrung  seiner  geistlichen  Zehnten. 
Die  Bedeatung  dieser  Einnahmequellen  leuchtete,  wie  wir 
bereits  sahen,  sehr  friih  den  Kirchenhirten  ein.  Schon  Bischof 
Jaroslaw  hatte  ja  die  Schenkung  des  Neubruch- Zehnten, 
welche  sein  Vorgiinger  Siroslaw  dem  Kloster  Leubus  ge- 
macht,  zuriickgenommen,  und  sein  zweiter  Nachfolger,  Lorenz, 
ging  der  Eini'orderung  der  Zehnten  mit  solchem  Eifer  nach, 
dafs  er  darllber  in  ernsthchen  Streit  mit  Herzog  Heinrich 
geriet. 

Dieser  klagte  iiber  den  Bischof  bei  Papst  Honorius  HI., 
derselbe  bedriicke  diejenigen,  welche  in  des  Herzogs  Lande 
Wald  oder  anderes  unbebautes  Land  urbar  machen  wollten, 
mit  unberechtigten  Auflagen  unter  dem  Namen  von  Zehnten, 
gegen  die  Gewohnlieit  des  Landes,  wie  sie  die  benachbarten 
Bischofe  beobachteten ,  so  dafs  die  Kolonisten  nicht  mehr 
Lust  hiitten  in  dies  Land  zu  konimen,  ja  sogar  an  nianchen 
Orten  die  schon  begonnenen  Ansiedelungen  im  Stiche  liefsen 


64  Zweites  Bucb.    Erster  Abschnitt. 

und  lieber  iiber  die  Grenze  gingen.  Hieraiis  enstanden 
dann  nicht  nur  schwere  Yerluste  fill'  den  Herzog,  sonderii 
audi  Grenzverletzungen  und  infolge  dessen  schwere  Streitig- 
keiten  mit  den  Nachbarn.  Auf  diese  Besehwerde  liin  liaben 
vom  Papste  bestellte  Schiedsiichter  1227  einen  Vergleicli 
vennittelt,  dei'  nun  im  Prinzipe  den  von  den  deutschen 
Griindungen  zu  fordernden  jahrlichen  Zclmten  in  Gelde 
festsetzt  und  zwar  in  der  Hohe  von  einera  Vierdung,  d.  h. 
einer  Viertelraark  (etwa  7  Mark  unseres  Gekles)  von  der 
Hufe,  wahrend  die  slavischen  Bewohner  bei  Naturalleistungen 
blieben,  so  dafs  z.  B.  aus  den  Wald-  und  Heidestrichen  von 
Sagan  und  Bunzlau  Honig,  aus  dem  Bergthale  von  Lahn 
Eichhomchenfelle  geliefert  werden  sollten. 

Der  Herzog  verstaud  sich  dazu,  von  dem  Zehnten,  den 
•er  selbst  von  den  Goldgrabereien  in  Niedersciilesien  (in  der 
Liegnitz-Goldberger  Gegend)  verlangte,  nun  wiederura  den 
zehnten  Teil  der  Kirclie  abzutreten.  Jene  Festsetzung  des 
Zehnten  in  Gelde  hat  sich  dann  nainentHch,  nachdem  all- 
mahHch  eine  Verschlechterung  der  Munzen  eintrat,  als  wenig 
vorteilhaft  fiir  den  Bischof  herausgestellt,  und  es  war  daher 
erklarhch,  wenn  bald  neue  Zehntstreitigkeiten  sich  erhoben. 
Aber  es  fehlte  auch  sonst  nicht  an  Streitpunkten  zwischen 
den  Breslauer  Bischofen  und  dem  Herzoge.  Des  letzteren 
hiiufige  Kriege  legten  doch  dem  Lande  mannigfache  Lasten 
auf,  und  die  Kirche  erhob  den  Anspruch,  dafs  die  auf  ihren 
Besitzungen ,  welclie ,  auch  abgesehen  von  dem  Neifse- 
Ottmachauer  Gebiete,  dem  eigentlichen  Kirchenlande  durch 
ganz  Schlesien  zerstreut  waren,  wohnenden  Eiuwohner  von 
derartigen  Lasten  befreit  seieu,  ohne  dafs  der  Herzog  sich 
daran  kehrte;  und  ilberhaupt  war  die  Frage,  ob  und 
inwieweit  die  eigentlichen  Hoheitsrechte  im  Neifselande 
dem  Herzoge  oder  dem  Bischofe  zustanden,  eine  vielfach 
strittige. 

Da  nun  Bischof  Thomas  I.,  der  1232  Lorenz  auf  dem 
bisch(iflichen  Stuhle  zu  Breslau  nachfolgte,  in  der  Wahrung 
der  ku'chlichen  Freiheiten  kaum  minder  eifrig  war  als  sein 
Vorganger,  so  rissen  die  Zwiste  kaum  ab;  papstliche  Le- 
gaten  vermittelten  wiederholt,  der  Erzbischof  von  Gnesen 
als  Metropolitan  gritf  mit  ein,  und  schliefslich  ist  der  grofse 
Herzog,  dem  die  Kirche  so  reiclie  Griindimgen  verdankte, 
1238,  den  19.  ]Marz,  im  Banne  gestorben,  und  es  mochte 
als  eine  besondere  Rucksicht  angesehen  werden,  dafs  man 
ihm  ein  Begriibnis  an  geweihter  Stelle  vor,  dem  Hoch- 
altare  der  Trebnitzer  Klosterldrche,  seiner  bevorzugten  Griin- 
dung  gonnte.     Das  alte  Denkmal,  das  sein  Grab  zierte,    ist 


Herzog  Heimich  II.  65 

im  17.  Jahrhundert  durcli  ein  neues  ersetzt  word  en,  nur  die 
Verse  der  Grabsclirift  behielt  man  bei. 


Zweiter  Abschnitt. 

Heimich  II.  unci  der  Mongoleiieiufall  l^ll. 


Unter  ung-leich  giinstigeren  Verhaltnissen  als  einst  sein 
Vater,  ergriff  nun  dessen  einziger  Sohn  Heinricli  II.  die 
Ziigel  der  Herrschaft,  als  der  nnbestrittene  Erbe  eines  ge- 
waltig-en  Liindergebietes  imd  einer  noch  bedeutenderen 
MachtsteUung.  Naraentlich  die  letztere  zu  behaupten,  die 
faktische  Oberleitung  im  polnischen  Reiclie,  verlangte  wohl 
einen  ganzen  Mann,  aber  dem  neuen  Herzog,  schon  im 
reiferen  Alter  stehend,  etwa  47  Jahre  alt,  in  den  Staats- 
geschaften  wie  im  Felde  erprobt,  fehlte  es  weder  an  Mut 
und  Entschlossenheit  noch  an  der  siclieren  Ruhe  und 
Mafsigung.  Ihm  blieben  Krakau  und  die  Teile  von  Grofs- 
polen  ohne  besondere  Kampfe,  ihm  der  Einflufs  auf  die 
ilbrigen  polnischen  Fiirsten  und  vornehmlich  auf  die  minder- 
jahrigen  Vettern  in  Oberschlesien ,  und  als  der  Erzbischof 
von  ]\ragdeburg  im  Bunde  niit  dem  Markgrafen  von  Bran- 
denburg 1238  einen  Angriif  auf  Schlofs  Lebus  versuchten, 
erfuhren  sie,  zurlickgeschlagen ,  dafs  der  Sohn  die  voile 
Kriegstiichtigkeit  des  Vaters  geerbt. 

Und  noch  in  einem  wesentlichen  Punkte  glich  er  dem 
Vater.  Wie  dieser  in  gliicklicher  Ehe  lebend,  mit  der  boh- 
mischen  Prinzessin  Anna,  deren  Fromraigkeit  die  GeistHchen  zu 
preisen  nicht  milde  wurden,  und  selbst  berilhmt  wegen  seiner 
Milde  und  Freigebigkeit  gegen  die  GeistHchkeit ,  wie  er 
denn  z.  B.  1240  fill*  Prager  Minoriten  das  Jakobskloster  in 
Breslau  (neben  dem  Oberlandesgerichte)  griindete  und  gleich- 
zeitig  Benediktiner  aus  dem  bohmischen  Kloster  Opatowicz 
in  Griifsau  ansiedelte,  auch  die  Errichtung  eines  grofsen 
Hospitals  in  Breslau  in  Aussicht  nahm,  war  er  doch  weit 
entfernt,  seine  Herrscherrechte  geistHchen  Ansprilchen  zu 
opfern.  So  hielt  er  in  dem  Sti-eite  mit  dem  Bischofe  unveiTtickt 
an  dem  Programme  seines  Vaters  fest ,  obwohl  Papst 
Gregor  IX.  ihm  unter  dem  25.  Mai  1238  sehr  eindringhche 

Grunhagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  O 


66  Zweites  Bnch.     Zweiter  Abschnitt. 

Vorstellungen  machte  unci  sogar  vor  der  Drohung,  den  Leich- 
nam  Heinrichs  I.  aus  der  geweihten  Stelle  wieder  entfernen 
zu  lassen  und  dessen  Sohn  mit  dem  Banne  zu  belegen, 
nicht  zuriickbebte.  Bischof  Thomas  von  Breslau,  der  un- 
beugsam  an  seinen  Anspruclien  festhielt,  blieb  von  seiner 
Eesidenz  wie  von  dem  eigentlichen  Bischofslande  (dem  Neifse- 
Ottmaclianer  Gebiet)  verbannt  in  Glogau,  und  niu'  ver- 
stohlen  und  niclit  ohne  Gefahr  konnte  ein  befreundeter 
Mcinch  von  Heinrichau  seine  Botschaften  uberbringen. 

Ubrigens  hiltete  man  sich  in  Rom  vor  scharfen  Mafs- 
regeln  um  so  mehr,  als  man  sich  sehmeichelte,  den  Herzog, 
der  mit  seinem  Schwager,  dem  Bohmenk(  inige ,  eng  zu- 
sammenhielt ,  ebenso  wie  diesen  in  dem  Kampfe  gegen 
Kaiser  Friedrich  II.  gebrauchen  zu  konnen.  Es  war  auf 
ihn  sehr  gerechnet,  als  der  papstliche  Legat  Albert  von 
Beham  im  Sommer  1239  eine  Fiirstenzusammenkunft  in 
Lebus  im  Sinne  hatte,  auf  welcher  der  danische  Prinz  Abel 
zum  Gegenkunig  gewahlt  werden  sollte. 

Hieraus  wurde  nun  nichts,  ja  Konig  Wenzel  wenigstens 
zeigte  eine  so  bedenkliche  Neigung,  sich  mit  Kaiser  Konrad 
zu  verstiindigen,  dais  der  Legat  im  August  1240  vom  Papste 
verlangte,  er  solle  iiber  Bohmen  das  Interdikt  verhiingen 
und  den  Erzbischof  von  Gran  oder  den  Bischof  von  Breslau, 
der  also  auch  in  diesen  Angelegenheiten  eine  sehr  bestimmt 
ausgesprochene  Stellung  eingenommen  zu  haben  scheiut,  zum 
Vollstrecker  erwahlen. 

Auch  dies  geschah  nun  nicht,  \nelmehr  schopfte  der 
Legat  bald  wieder  Hoffiiungen,  den  Konig  auf  seine  Seite 
zu  Ziehen ,  indem  er  besonders  auf  die  Flirsprache  der 
Sch wester  des^Konigs  und  Schwagerin  des  Herzogs,  Agnes, 
der  spjiteren  Abtissin  von  Trebnitz,  ziihlte,  und  noch  1241 
versprach  er  sich  von  einer  Zusammenkunft  mit  dem  Bohmen- 
konig  und  jenem  allerchristlichsten  Fiirsten  Polens,  dem 
Herzoge  Heinrich,  sehr  viel,  als  die  Katastrophe  des  Mon- 
goleneinfalls  auf  einmal  alle  diese  Bestrebungen,  denen  Hein- 
rich  jedenfalls  sehr  kiihl  gegeniibergestanden  hat,  vereitelte. 

Der  Mongoleneinfall  1241. 

Man  wufste  in  Schlesien  damals  kaum  etwas  von  dem 
ungeheuren  Reiche,  welches  vom  Jahre  1209  an  im  Inneren 
Asiens  der  furchtbare  Tschinggischan,  der  Chan  der  Chane, 
iiber  Triimmern  und  Leichen  errichtet.  Vom  nordlichen 
China  an  erstreckte  es  sich  bis  nach  Indien  hin.  Aus  den 
kriegerischen  Reitervolkern  der  grofsen  Steppen  tartarischen 


Der  Mongoleneinfall.  67 

Stammes  hatte  er  vermocht  sich  ungeheure  Heere  von 
Hunderttausenden  zu  bilden,  welclie  dann  der  Schrecken  und 
die  beutelustige  Raubgier  zusammenhielt,  und  denen  in  Asien 
ein  Reich  nach  dem  andern  imterlag.  Schon  1222  waren 
ihi'e  Heerscharen  liber  die  Wolga  in  Rufsland  eiagedrungen, 
batten  1223  an  der  Kalka  (nordlich  vom  Asowschen  Meere) 
die  Macht  der  Russen  vernichtet,  waren  aber,  nacbdem  sie 
das  Land  zur  Eincide  gemacbt,  am  Dniester  umgekehi't  und 
heimgezogen.  1227  war  Tsehinggiseban  gestorben,  und  unter 
seinem  Sobne  und  iJsacbfolger  Ogodai  (Oktai)  im  Jabre 
1237  bracben  die  Mongolen,  gefiiln-t  von  Batu,  einem  XefFen 
Tscbinggiscbans ,  aufs  neue  in  Europa  ein,  diesmal  weiter 
oberbalb  die  AVolga  iiberscbreitend.  Sie  verwlisteten  meb- 
rere  Jabre  lang  Rufsland,  wo  die  unter  einander  in  Hader 
Hegenden  Fiirsten  sicb  zu  gemeinsamem  Handebi  zu  ver- 
einen  nicbt  vennocbten.  Nocb  bevor  dann  am  6.  Dezember 
1240  auch  die  Hauptstadt  des  slidostHcben  Rufslands  Kiew, 
von  den  Mongolen  erobert,  entsetzlicber  Zerstorung  anbeim 
gefallen  war,  scbickte  sicb  ein  Haute  des  ungebeuren  Mon- 
golenbeeres,  das  russiscbe  Cbronisten,  sicber  ilbertreibend, 
auf  600  000  Kampfer  obne  den  Trofs  angeben,  unter  Baidar 
(Peta)  an,  in  Polen  einzudringen,  da  Fiirsten  von  Kiew  bei 
Herzog  Konrad  von  Masowien  Zuflucbt  gefunden  batten. 

Einer  dieser  Fiirsten,  JVlicbael,  Hob  weiter  nacb  Scblesien, 
und  seine  Nicbte  oder  Enkelin  ward  ibm  vorausreisend  in 
der  scblesiscben ,  damals  bereits  zu  deutscbem  Recbte  aus- 
gesetzten  Stadt  Neumarkt,  wo  ibre  mitgeliibrten  Scbatze  die 
Habsucbt  von  Bosewicbtern  erregt  batten,  ermordet  (wobl 
Anfang  1241),  ein  Ereignis,  aus  dem  dann  die  Sage  sicb 
gebildet  hat,  die  Ermordung  einer  tatarischen  Prinzessin  in 
Scblesien  babe  den  Mongoleneinfall  herbeigeflihrt. 

Inzwiscben  walzte  sich  der  Schwann  der  Tartaren  naber 
auf  Scblesien  zu.  In  Polen  fand  man  zu  gemeinsamem 
Widerstande  nicbt  den  Mut.  Am  13.  Februar  iiel  Sendomir 
in  der  Mongolen  Hande. 

Fiirchterliche  Verwlistungen  bezeichneten  ibren  Weg^ 
und  vor  ihnen  her  ging  der  Schrecken.  Den  abendlandischen 
Volkern  erschienen  sie  mit  ibrer  abschreckenden  Hafslich- 
keit,  den  schief  gescblitzten,  tief  Hegenden  Augen,  den  her- 
vortretenden  Backenknochen ,  den  gekriimmten  Beinen  und 
dem  kein  Alter  und  kein  Gescblecht  scbonenden  Bkitdurste, 
sowie  der  Wildheit  ibrer  AngrifFe,  gar  nicbt  mehr  als  Men- 
schen,  sondern  wie  Damonen,  Ausgeburten  der  Holle  (des 
Tartarus,  daher  Tartaren,  wie  sie  schon  von  Zeitgenossen 
genannt  werden). 

5* 


OS  Zweitcs  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

Ziu'  Verteidigung  gegen  sie  war  das  machtige  Deutsche 
Reich  in  keiner  Weise  geriistet ,  der  unheilvolle  Kampf 
zwischen  Kaiser-  iind  Papsttum  lahmte  hier  alles,  und  An- 
hanger  des  Papstes  bebten  selbst  nicht  vor  der  toUen  Be- 
hauptung  ziu'iick,  Gesaudte  Kaiser  Friedrichs  II.  hatten  die 
Mongolen  erst  zu  ihrem  Einfalle  angereizt.  Man  wartete 
darauf,  von  einem  papstlichen  Legaten  gegen  den  Feind  ge- 
fiihrt  zu  werden,  und  indessen  regte  sich  keine  Hand,  um 
die  europaische  Kultur  vor  dem  Hereinbrechen  asiatischer 
Barbaren,  um  das  Aufsenwerk  des  Reichs,  das  Neudeutsch- 
land,  das  hier  so  hoffnuugsvoll  in  Schlesien  autblilhte,  zu 
verteidigen.  Auch  in  Polen  und  Schlesien  sah  es  mit  den 
Yerteidigungsanstalten  iibel  aus.  OfFenbar  ware  es  eigent- 
Uch  Sache  des  Herzogs  von  Schlesien  und  Polen,  wie  er 
sich  nennt,  Herzog  Heinrichs  II.  gewesen,  mit  den  gesamten 
Kraften  seines  Landes  die  alte  Ktinigsburg  Ki-akau  zu  ver- 
teidigen; aber  sei  es,  .dafs  er  mit  seinen  Riistungen  nicht 
schnell  genug  fertig  wurde,  sei  es,  dafs  Yerabredungen  mit 
seinem  Schwager,  dem  Bohmenkonige ,  der  selbst  ein  Heer 
sammelte,  ihn  zuriickliielten,  genug,  er  llberliefs  Polen  seinem 
Scliicksale  und  war  nicht  einmal  mit  seinen  Scharen  zur 
Stelle,  als  es  sich  darum  handelte,  den  Oderiibergang  bei 
Oppeln  den  Barbaren  zu  wehren. 

Schon  von  Sendomir  aus,  diesseits  der  Weichsel,  hatten 
sich  die  Mongolen  aufs  neue  geteilt,  und  wahrend  der  eine 
Heerhauf'e  die  grofspolnischen  Landschaften  von  Sieradz, 
Lenczjc  und  Kujawien  verwiistete,  ohne  ii'gendwo  im  freien 
Felde  Widerstand  zu  finden,  suchte  der  andere  den  Weg 
zur  Oder.  Bei  Chmieluik  (elf  Meilen  nordcisthch  von  Kra- 
kau)  vernichtete  dieser  ein  kleines  polnisches  Heer,  das 
sich  unter  den  Palatinen  von  Ki-akau  und  Sendomir  ent- 
gegenstellte,  und  verbrannte  bald  darauf  Krakau,  wo  nur 
die  aufserhalb  gelegene  Andi*easku-che  verteidigt  und  be- 
hauptet  wurde.  Bei  Oppeln  machten  die  oberschlesischen 
Herzoge,  die  Gebruder  Mesko  und  Wladyslaw,  den  Uber- 
gang  streitig,  unterlagen  aber  der  Uberzahl.  Weiter  wiilzte 
sich  nun  auf  dem  linken  Oderufer  der  Schwarm  der  Mon- 
golen auf  Breslau,  wo  wie  in  Krakau  die  Stadt  aufgegeben 
und  nur  die  dm-ch  den  Flufs  geschiitzte  Burg  auf  der  Dom- 
insel  mit  Erfolg  verteidigt  ward.  iS^achdem  die  Einwohner 
aus  der  eigenthchen  Stadt  sich  gefluchtet,  ziindete  die  Be- 
satzung  der  Burg  jene  an,  so  dafs  die  Mongolen  nur  rau- 
chende  Triimmer  fanden.  Deren  Zug  gmg  nun  weiter  gegen 
Liegnitz. 

Wenn    Konig   "Wenzels    (der    allerdings    wohl    ilber    die 


Die  Tartarenschlacht  bei  Wahlstatt.  OH 

naheren  Umstande  dieser  Vorgange  unterrichtet  sein  konnte) 
Augabe,  dais  die  Mongolen  den  Herzog  in  der  Liegnitzer 
Burg  belagert  batten,  ricbtig  ist,  so  wii'd  man  zu  der  An- 
nabme  gedriiugt,  Heim'icb  babe,  vermutHcb  weil  es  an 
Nabrungsmitteln  fur  das  in  Liegnitz  versammelte  Heer  man- 
gelte,  seine  Scbaren  berausgefiibi't  und  aucb  wii'klicb  die 
Einscbliefsungslinie  der  Feinde  za  durcbbrecben  vermocbt, 
sicb  aber  dann  '^ji  Meilen  siidlicb  von  Liegnitz  bei  "Wabl- 
statt  den  ibm  nacbsetzenden  Mongolen  zum  Kanipfe  stellen 
miissen. 

Davon  dais  sein  Scbwager,  Konig  Wenzel,  ibm  mit 
einem  grolseren  Heere  bis  aut'  einen  Tagemarscb  nabe  ge- 
wesen  sei,  wie  der  letztere  in  einem  Briet'e  bebauptet,  kann 
der  Herzog  kaum  etwas  gewufst  baben,  sonst  wiirde  er 
docb  seinen  Ausfall  lieber  nacb  der  Ricbtung  bin,  wo  er 
das  bobmiscbe  Heer,  das  ilber  Zittau  angeriickt  sein  soli, 
erwarten  konnte,  gemacbt  babeu,  statt  gerade  nacb  der  ent- 
gegengesetzten  Ricbtung. 

Da  wo  siidlicb  von  Liegnitz  das  Terrain  erbebUcb  an- 
steigt,  auf  dem  Plateau  von  Wablstatt,  ordnete  Herzog  Hein- 
ricb  seine  Scbaren  zur  Scblacbt  am  9.  April  1241.  Er 
batte  schwerHcb  mebr  als  eiuige  Tausend  Bewaffnete  iim 
sicb.  Daran  werden  wir  festbalten  diirfen,  wenngleicb  in 
Bericbten  jener  Zeit,  welcbe  docb  eigentlicb  nui'  die  Art, 
wie  das  Geriicbt  die  scbreckbcbe  Begebenbeit  iibertreibend 
gestaltet  batte,  wiederspiegeln,  bobere  Zablen  uns  entgegen- 
treten.  Die  Heere  des  jVlittelalters  pflegen  liberbaupt  nicbt 
stark  zu  sein  und  erscbeinen  von  grolserer  Bedeutiing  nur 
dann,  wenn  sicb  mebrere  Fiirsten  mit  den  Aufgeboten  ibrer 
Vasallen  vereinigten.  Einem  einzelnen  Fiirsten  aber,  ganz 
auf  sicb  selbst  angewiesen,  wie  bier  Herzog  Heinricb  war, 
wiirde  es  sehr  schwer  gefallen  sein,  eine  grofse  Truppenmacbt 
aufzubringen ,  um  so  weniger,  da  er  nicbt  einmal  iiber  die 
Krafte  seines  Landes  verfiigte,  nacbdem  er  dasselbe  von 
Krakau  bis  Liegnitz  preisgegeben,  aus  welcben  Gebietsteilen 
sicher  nur  der  kleinere  Teil  der  Vasallen  sicb  bei  der  Fabne 
eingefunden  baben  wii'd,  wabrend  die  iibrigen,  wofern  sie 
sicb  im  Besitze  gut  gelegener  fester  Burgen  befanden,  auf 
eigene  Hand  deren  Verteidigung  versucbt  baben  mogen. 

Zuzug  batte  Heinricb  aller  ^^'abrscbeinbcbkeit  vonseiten 
der  in  Scblesien  angesessenen  geistlicben  Ritterorden,  der 
Templer,  Jobanniter  und  der  Deutscbordensritter  erbalten, 
welcbe  letztere  bier  unter  ibrem  Landmeister  Poppo  von 
Osterna  focbten.  Dais  neben  den  Rittern  aucb  die  deut- 
scben  Ansiedler  aus  Stadt  und  Land,   welcbe  ja   damals  in 


70  Zweites  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

keinem  anderen  Tcile  Sclilesiens  so  stark  wie  in  dieser 
Gegend  verti'cten  waren,  zu  den  Waffen  gegriften  haben, 
um  ihre  neueu  Herde  zu  verteidigeu,  dart'  vorausgesetzt  wer- 
den;  der  Vogt  von  Lowcnberg,  Thomas,  wird  unter  den 
Gefallenen  avisdrlicklich  genannt.  Von  den  Adeligen,  welche 
in  der  Schlacht  mitgekampft  haben,  wird  uns  kein  Name 
angetuhi't,  und  Avir  haben  kein  Kecht,  ein  Gewicht  darauf  zu 
legen,  wenn  mehr  als  100  Jahre  spater  ein  Geistlicher  am 
Liegnitzer  Fiirstenhofe,  der  die  Legende  der  heiligen  Iledwig 
und  darin  auch  die  Tartarenschlacht  zu  illustrieren  hatte, 
bei  dieser  Gelegenheit  einigen  hervorragenden  Adelsgeschlech- 
tern  seiner  Zeit  die  Aufmerksamkeit  erwies,  ihre  Wappen 
auf  die  Schilder  einiger  gegen  die  Barbaren  zum  Kampfe  an- 
reitender  Ritter  zu  setzen.  In  der  ersten  Hjilt'te  des  13.  Jahr- 
hunderts  sind  ja  liberhaupt  Familiennamen ,  die  von  einem 
ganzen  Geschlechte  gefiihrt  wurden,  noch  aufserst  selten. 

Offenbar  haben  slavische  und  deutsche  Ritter  hier  ver- 
eint  gekampft,  wenn  gleich  vorauszusetzen  ist,  dafs  Bewaff- 
nung  und  Kampfesart  im  Grunde  deutsch  waren. 

Was  nun  die  Mongolen  anbetriiYt,  so  dUrfen  wir  unbe- 
denklich  annehmen,  dafs,  nachdem  sich  die  beiden  Heeres- 
haufen  Baidars  und  Kaidans,  der  aus  Grofspolen  und  der 
von  Oppeln  hergekommene  vereinigt  batten,  sie  dem  Heere 
der  Christen  mehrfach  iiberlegen  Avaren.  Ihre  Zahl  allzu 
hoch  anzunehmen,  mufs  uns  schon  die  Erwagung  hindern, 
dafs  dieselben  sonst  in  den  doch  diinn  bevolkerten  Land- 
schaften,  die  sie  durchzogen,  unmoglich  hinreichend  Nah- 
rungsmittel  zu  linden  vermocht  batten. 

tjber  den  Verlauf  der  Schlacht  selbst  verraogen  wir 
nur  auf  Grund  einer  vielleicht  doch  nicht  ganz  zu  ver- 
werfenden  Nachricht  anzufuhren,  dafs  die  clmstlichen  Sti'eiter 
durch  eine  stinkenden  Dampf  ausstromende  Kriegsmaschine 
der  Mongolen  in  Schrecken  gesetzt,  als  ob  hollische  Zauber- 
kiinste  gegen  sie  entfesselt  wlirden,  sich  zur  Flucht  wandten. 
Herzog  Heinrich  11.  fand  im  Kampf  seinen  Tod,  mit  ihm 
sein  Vetter  Boleslaw,  ein  Sohn  des  verbannten  raahrischen 
Prinzen  Diepold,  des  Gemahls  einer  Schwester  Heinrichs  I. 
Die  Mongolen  schnitten  dem  gefallenen  Flirsten  das  Haupt 
ab  und  trugen  es  triumphierend  auf  einem  Spiefse  umher. 
Seinen  Leichnam  vermochte  seine  Mutter  Hedwig  mid  seine 
Gemahlin  Anna,  die  von  Krossen,  wohin  sie  sich  gefluchtet, 
herbeikaraen,  unter  den  Leichen,  welche  die  Walstatt  be- 
deckten,  daran  zu  erkeunen,  dafs  er  am  linken  Fufse  sechs 
Zehen  hatte. 

Die    Mongolen    wurden    ihres    Sieges    wenig    fi-oh.      Sie 


Die  Tartarenschlaclit  bei  Wahlstatt.  71 

batten  docli  in  dem  Kampfe  so  schwere  Verluste  erlitten, 
dafs  sie  nicht  Lust  hatten,  einem  neuen  Kampte  mit  dem 
andern  Heere,  welches  der  Bohmenkonig  lieranfiihrte,  ent- 
gegenzugehen  und  lieber  langst  der  Berge  in  der  Richtung 
nacli  Mahren  abzogen.  Insoweit  hatte  Konig  Wenzel  ja 
vielleicht  ein  gewisses  Recht  zu  behaupten,  die  Mongolen 
seien  aus  Furcht  vor  ihm  umgekehrt^  obvvohl  sein  sonstiges 
Verhalten  und  namentlich  die  Thatsache,  dais  er  naclimals 
sein  Land  Maliren  den  Verwiistungen  der  Feinde  vollstandig 
preisgiebt,  ohne  auch  nm-  einen  Versuch  zur  Abwehr  und 
Befreiung  zu  machen,  nicht  eben  fur  seine  Tapferkeit  und 
seinen  Kampfesmut  spricht  und  uns  es  vielraehr  nahelegt,  daran 
zu  zweifeln,  ob  er  wirkHch,  wie  er  es  behauptet,  am  9.  April 
seinem  Schwager  mit  seinem  Heere  so  nahe  gewesen  ist, 
dafs  er  demselben  einen  Tag  spater  sein  ganzes  Heer  hatte 
zufiihi'en  konnen.  Ein  Zweifel  dieser  Art  kann  um  so  be- 
rechtigter  erscheinen,  als,  wie  wir  bereits  bemerkten,  das 
Vorgehen  Heinrichs  von  Liegnitz  nach  Wahlstatt  so  gar  nicht 
danach  aussieht,  als  habe  er  auf  eine  nahe  Hilfe  seines 
Schwagers  sich  Rechnung  gemacht.  Li  keinem  Falle  wiirden 
die  grimmen  Barbaren  vor  Wenzels  Heere  sich  gefiirchtet 
haben,  hatte  nicht  die  Tapferkeit  der  Schlesier  sie  ihren 
Sieg  vom  9.  April  so  teuer  erkaufen  lassen,  dafs  sie  einer 
zweiten  Schlacht  dieser  Art  sich  nicht  mehr  gewachsen 
glaubten. 

Das  Hauptverdienst  und  den  hochsten  Ruhm  werden 
wir  doch  immer  dem  Herzog  Heinrich  und  seiner  tapferen 
Schar  zuschreiben  mlissen ,  welche  hier  an  den  Pforten 
Deutschlands  im  offenen  Felde  den  barbarischen  Feinden 
tapfer  die  Stirne  boten.  Wir  haben  voUen  Grrund,  ihrer  mit 
demselben  Gefiihle  zu  gedenken,  das  wir  den  Streitern  der 
Thermopylen  zoUen.  Die  Schlacht  bei  Wahlstatt  war  die 
Bluttaufe  der  jungen  deutschen  Pflanzung  hier  im  Osten, 
ein  erstes  ruhravoUes  Blatt  ihrer  Gescliichte. 

Den  Riickweg,  den  die  Mongolen  genommen,  vermogen 
wir  mit  einem  hoheren  Grade  von  Wahrscheinlichkeit  an- 
zugeben:  iiber  Jauer,  Striegau,  Schweidnitz,  Nimptsch,  Hein- 
richau,  offenbar  immer  am  Fufse  des  Gebirges  bin.  Das 
ansehnUche  Cistercienser stilt  in  Heinrichau  ward  vollstandig 
verwiistet  und  niedergebrannt.  Wenn  sie  anfanglich,  wie 
es  scheint,  schneller  vorwarts  gegangen  sind^  als  ob  sie  eine 
Verfolgung  fiirchteten,  so  rasteten  sie  dann,  als  sie  bei  Ott- 
machau  die  Neifse  erreicht  und  wahrscheinlich  auch  iiber- 
schritten  batten,  hier  um  so  langer,  voile  zwei  Wochen, 
versuchten  auch  in  dieser  Zeit  einen  Streifzug  gegen  Glatz, 


72  Zweites  Buch.     Dritter  Abschiiitt. 

doch  erfolglos,  da  sie  die  Engpilsse  gesperi't  ixiid  wohl  ver- 
teidigt  fauden.  An  Neifse  vorbei  haben  sie  dann  die  grofse 
Stralse  zwischen  Schlesien  iind  I\Iahren  iiber  Jiigerndorl"  und 
Troppau  (aus  welcher  Gegend  wir  urkundliche  Zeugnisse 
iiber  die  von  ilinen  augerichteten  Verwiistungen  haben)  er- 
reicht  und  etwa  zwischen  dcm  4.  und  6.  Mai  die  nijihrische 
Grenze  iiberschritten,  avo  dann  ihre  weiteren  Schicksale  nicht 
niehr  der  schlesischen  Geschichte  angehoi'en. 


Dritter  Abschnitt. 

Die    Sohne    Heinriclis   II.      Neugruuclung    Breslaiis. 

Briiderzwiste.     Soiiderstelliiiig   des  Bistums  Breslau. 

Fortschritte  der  Oermanisation. 


Herzog  Heinrich  II.  von  Schlesien,  der  1241  bei  Wahl- 
statt  liel ,  hinterliefs  neben  fiinf  Tochtern  fiinf  Sohne :  Bo- 
leslaw,  Mesko^  Heinrich,  Konrad,  Wladyslaw,  Avelche  jedoch 
samtlich  beim  Tode  des  Vaters  noch  unmiindig  waren,  so 
dafs  ihre  Mutter,  Herzogin  Anna,  zunachst  die  Vorniund- 
schaft  zu  fiihren  hatte,  bis  nach  einem  Jahre,  also  1242, 
die  JMiindigsprechung  Boleslaws  es  diesem  gestattete,  zugleich 
im  Namen  seiner  Briider  die  Regierung  zu  iibernehmen,  von 
denen  der  Alteste  Mesko  auf  dena  Schlosse  Lebus,  das  ihm 
bereits  der  Vater,  wie  es  scheint,  ziim  Aufenthalte  angewiesen 
hatte,  vermutlich  kiirz  nach  diesem  starb. 

Wenn  es  einst  Heinrich  dera  Bartigen  schAver  genug  ge- 
worden  war,  das  grofse  Landgebiet  zusammenzubringen,  das 
er  seinem  Sohne  hinterhefs,  so  Avar  es  dann  \delleicht  noch 
schwerer,  es  zusammenzuhalten.  Je  Ijinger  je  niehr  machte 
sich  doch  der  Gegensatz  zAvischeu  Polen  und  Deutschland 
geltend  und  entfremdete  dem  Herrscher  namentlich  in  den 
altpolnischen  Landesteilen  die  Herzen  der  Adeligen,  deren 
Unzufriedenheit  dann  mifsgiinstige  Nachbarn  Avohl  zu  be- 
nutzen  Avulsten,  vielfach  noch  durch  die  Geistlichkeit  unter- 
stiitzt. 

Fiir  die  Aufgabe,  unter  solchen  Umstiinden  das  Erworbene 
zusammenzuhalten,  hatte  es  eines  ganzen  Mannes  bedurft, 
eines  Herrschers,    der   mit   Ernst   und    Streuge   die   AVider- 


Abfall  der  poluischcn  Laudschaften.  73 

strebenclen  sich  zu  unterwerfen,  anderseits  aber  durch  eine 
weise  abwagende  Politik  die  Gegensatze  zu  mildern  ver- 
mocht  hatte.  Wie  liatte  solcher  Aufgabe  der  junge  Herzog 
Boleslaw  sich  gewachsen  zeigen  konnen;  ein  unbesonnener 
Jiiugling,  keck  dareinfahrend  und  gedankenlos  in  Lieb'  und 
Hafs,  im  Geben  und  Versagen  den  Impulsen  seines  Wesens 
oder  auch  seinen  wechselnden  Stimmungen  folgend?  Das 
Keich  Heiurichs  I.  zerbrockelte  in  seiner  Hand. 

Am  friihesten  scheint  das  Krakauer  Gebiet  abgefallen 
zu  sein,  von  weichein  sogleich,  nachdem  die  Tartarenflut  ver- 
laufen  war,  der  alte  Konrad  von  JMasowien  Besitz  nahm. 
Und  wenn  diesem  nun  auch  wiederum  Boleslaw  von  Sendomir 
den  Raub  abjagte,  so  hatte  davon  der  schlesische  Herzog 
keinen  Vorteil. 

Bald  folgte  auch  der  Abfall  der  Landesteile,  die  zu  der 
heutigen  Provinz  Posen  gehorten. 

Allerdings  gab  es  docli  auch  eine  Partei  unter  dem 
grofspolnischen  Adel,  welche  die  Riickfuhrung  Boleslaws  be- 
trieb,  und  auf  diese  Verbindungen  sich  verlassend,  unter- 
nahm  dann  Boleslaw  im  Friihling  1248  einen  Zug  nach 
Grofspolen;  aber  die  Verschworung  Avard  entdeckt  und  mit 
[Strenge  unterdrilckt.  Dagegen  gelang  es  Boleslaw  damals^ 
den  einen  der  grofspolnischen  Herzoge,  Premyslaw,  durch 
Verschwagerung  sich  naher  zu  verbinden,  indem  er  ihm 
seine  Schwester  Elisabeth,  welche  er  zu  diesem  Zwecke 
nicht  ohne  Gewaltsamkeit  aus  dem  Kloster  Trebnitz  ent- 
fuhrte,  zur  Gemahhn  gab.  Infolge  davon  bahnte  sich  nua 
doch  ein  freundlicheres  Verhaltnis  zwischen  den  Schwagern 
an,  und  Boleslaw  ward  mit  einem  Streifen  Landes  im 
Nordwesten  bis  zum  Ober  und  den  drei  Schlossern  Zan- 
toch,  Meseritz  und  Bentschen  abgefunden,  ohne  dafs  er  je- 
doch  diesen  Landteil  auf  die  Dauer  zu  behaupten  vermocht 
hatte. 

Dagegen  trat  ihm  sein  oberschlesischer  Vetter  Wlady- 
slaw,  der  bis  zum  Tode  seines  Bruders  Mesko  von  Oppeln, 
(1246)  anscheinend  in  Gemeinschaft  mit  seiner  Mutter  iiber 
Kahsch  und  Ruda  geherrscht  hatte,  als  er  nun  in  Oppeln 
succedierte,  Kalisch  ab,  und  Boleslaw  behielt  sich,  als  er 
1248  Mittelschlesien  Heinrich  ilberliefs,  Kalisch  noch  vor^ 
schon  weil  er  den  Titel  eines  Herzogs  von  Polen  noch 
weiter  zu  fiihren  entschlossen  war,  und  noch  unter  dem  28.  Ja- 
nuar  1249  verpflichtet  er  sich  dem  Bischofe  Thomas  gegen- 
iiber,  die  verbrannte  Kirche  zu  Kalisch  wiederherstellen  zu 
lassen;  aber  kurze  Zeit  darauf  benutzten  die  polnischen 
Adeligen  die  inneren  Zerwurfnisse  der  schlesischen  Herzoge^ 


74  Zweites  Bucli.     Dritter  Abschuitt. 

una  jenes  Schlofs  den  polnischen  Fiirsten  in  die  Hande  zii 
spielen,  und  am  20.  April  1249  vermag  der  grolspolnische 
Herzog  Boleslaw  bereits  in  Kalisch  eine  Urkunde  auszii- 
stellen.  Man  wird  schwerlich  irren,  wenn  man  annimmt, 
dafs  von  1251  an^  wo  die  Bezeichnimg  Herzog  von  Polen 
aus  dem  Titel  der  mittelschlesischen  Fiirsten  verschwiudet, 
auch  die  letzten  Reste  grofspolnischen  Besitzes  ihnen  ab- 
handen  gekommen  sind. 

Von  dem  Lebuser  Lande  hatte  Boleslaw  unmittelbar 
nach  des  Vaters  Tode  den  grofsten  Teil  dem  erzbischof- 
lichen  Stuhle  von  Magdeburg,  dessen  Inhaber  ja  nach  dieser 
Seite  bin  alte  Anspriiclie  festhielten ,  verpfandet  oder  ver- 
aufsert  und  nur  sich  noch  die  Burg  Lebus  selbst  vorbe- 
halten,  welche  aber  nach  der  Teilung  (1249)  auch  dem 
iibrigen  nachfolgte.  Als  dann  infolge  der  Bruderzwiste,  von 
denen  wir  noch  zu  sprechen  haben  werden,  auch  die  Lau- 
sitzer  Besitzungen  verloren  gingen,  war  schliefslich  das 
grofse  Reich  der  beiden  Heinriche  bis  auf  Nieder-  und 
Mittelschlesien  zusammengeschmolzen. 

Eine  energischere  Haltung  zeigt  in  jener  Zeit  der  ober- 
schlesische  Herzogsstamm.  Nicht  nur,  dafs  sich  hier  der 
jiingere  Bruder  Wladyslaw  in  dem  Besitze  von  Ruda  be- 
hauptet,  auch  der  altere,  Mesko,  vermag  es  im  Bunde  mit 
seinem  Schwiegervater ,  dem  alten  Konrad  von  Masowien, 
seine  Grenzen  von  Beuthen  und  Siewierz  aus  ins  Krakauische 
vorzuschieben  und  wenigstens  eine  der  Grenzburgen,  die  er 
hier  anlegte,  bis  an  seinen  Tod  festzuhalten. 


Neugriindung  Breslaus. 

Auch  im  Innern  begann  die  Regierung  Boleslaws  nicht 
«ben  giinstig.  Wohl  mochte  nach  der  entsetzUchen  Ver- 
wiistung  des  Landes  durcli  die  Mongolen  die  Heranziehung 
neuer  Kolonisten  doppelt  erwiinscht  erscheinen,  aber  auch 
die  fremden  Ansiedler  verlangten  doch  in  dem  neuen  Vater- 
lande,  das  sich  ihnen  ofFnen  sollte,  einigermafsen  geordnete 
sichere  Zustande,  und  solche  fanden  sich  hier  nicht.  Die 
Gesetzlosigkeit,  die  damals  einrifs,  schildert  ein  Zeitgenosse, 
ein  Monch  aus  Heinrichau,  mit  kurzen  aber  beredten 
Worten:  nach  dem  Falle  des  erlauchten  Herzogs  herrschten 
in  diesem  Lande  die  Ritter,  und  ein  jeder  rifs  an  sich,  was 
ihm  von  den  Erbgiitern  des  Herzogs  gefiel. 

Die  Regentin  Herzogin  Amia,  deren  religioser  Eifer  seit 
dem  Tode  des  Gemahls  niu-  noch  gewachsen  v/ar,  ging  ganz 
auf  in  Schopfungen   frommer  Werke,   geistlicher  Stiftungen, 


Neugriindung  Breslaus.  75 

bei  denen  wir  sie  dann  noch  einer  gewissen  Vorliebe  fiir 
ihre  bohmischen  Landsleute  folgen  sehen.  So  veranlafste 
sie  die  Giiindung  eines  Klosters  in  Griifsau  fiir  Benediktiuer 
aus  Opatowitz,  so  beschenkt  sie  die  schon  im  12.  Jahr- 
hundert  hier  angesiedelten  Johanniter  in  ihrer  Komturei 
Striegau,  so  macht  sie  aus  dem  grofsten  Teil  der  in  Breslau 
am  linken  Oderufer  sich  hinziehenden  herzoglichen  Grund- 
stiicke  geistliche  Stiftungen.  Auf  dem  westlichsten  Teile 
dieser  Grundstiicke  errichtet  sie,  einen  Gedanken  ihres  ver- 
storbenen  Gatten  ausfiihrend,  ein  grofses  der  heiligen  Elisa- 
beth geweihtes  Hospital,  das  dann  den  aus  Prag  hervor- 
gerufenen  Kreuzlierren  mit  dem  roten  Sterne  iibergeben 
wird;  seine  Antange  reichen  wahrscheinlich  bereits  bis  auf 
das  Jahr  1242  zuriick. 

Ostlich  an  diese  Griindung  stiefs  dann  das  Minoriteu- 
kloster  zu  St.  Jakob,  dessen  Bau  bereits  Heinrich  II.  etwa 
um  1240  begonnen  hatte,  das  aber  dann  1241  bei  dem 
Mongolenbrande  in  Flammen  aufging.  Als  diese  Monche, 
wie  wir  gleich  zu  erzahlen  haben  werden,  anderweitig  unter- 
gebracht  wurden,  grilndet  an  dieser  Stelle  Herzogin  Anna 
nachmals  (1287)  ein  Kloster  der  gleicht'alls  aus  Prag  her- 
berufenen  Klarisserinnen ,  denen  sie  dann  auch  noch  ihre 
eigene  anstofsende  Kurie  schenkte,  das  spatere  Ursulinerinnen- 
kloster.  Die  drei  Kirchen  mit  ihren  Tiirmen  unmittelbar 
neben  einander  auf  diesem  Platze  zeugen  noch  heute  von 
der  frommen  Herzogin  Anna. 

An  die  Stiftung  des  Jakobsklosters  schliefst  sich  dann  in 
bedeutsamer  Weise  die  Neugriindung  Breslaus  zu  deutschem 
Rechte.  Die  Zellen  der  Minoriten  waren  bei  dem  Mon- 
golenbrande ein  Opfer  der  Flammen  geworden,  imd  der 
Wunsch  der  Herzogin,  ihren  Schiitzlingen  ein  neues  Obdach 
zu  verschaffen,  gab  nun  der  deutschen  Gemeinde  in  Breslau 
und  deren  Hauptern  Gelegenheit,  mit  einem  Vorschlage  her- 
vorzutreten,  der  Breslau  erst  wirklich  zu  einer  deutschen 
Stadt  machte.  Die  deutschen  Kaufleute  zeigten  sich  bereit, 
ihr  an  das  Minoritenkloster  anstofsendes  massives  Kaufhaus, 
das  eben  wegen  seiner  festeren  Bauart  dem  Brande  von 
1241  widerstanden  hatte,  der  Herzogin  zu  iiberlassen,  wenn 
diese  dafiir  eine  Neugriindung  der  Stadt  zu  deutschem 
Rechte  zuliefse.  Infolge  des  Vertrages,  der  dann  mit  Herzog 
Boleslaw  abgeschlossen  wurde,  ward  nun  die  neue  Stadt, 
die  zu  deutschem  Rechte  ausgesetzt  werden  soUte,  abgesteckt, 
wahrscheinlich  in  dem  Umtange,  den  der  Lauf  der  heute  zu- 
geschiitteten  Ohlau  angiebt,  an  deren  Stelle  bereits  damals 
ein  Graben  die  Umfriedung;  bezeichnete. 


76  Zweuos  Bucb.     Dritter  Abschiiitt. 

Allerdings  gehorte  keinesAvegs  das  ganze  Gebiet  zwischen 
Oder,  Uhlau  und  dem  gedachten  Graben  der  ueueu  Griin- 
dung.  Aucli  hier  war,  wie  wir  das  ja  auch  sonst  als  Sitte 
der  deutschen  Stadtaussetzungen  bezeichneten,  der  Ring  die 
Hauptsaclie,  und  er  ward  in  der  That  in  einem  hii:ireichend 
grofsen  Mafsstabe  abgesteckt,  um  fiir  eine  ansehnliche  Zahl 
von  Burgern  Wobnungen  zu  gewahren. 

Besonders  merkwiirdig  ist  es  nun  aber,  dafs  sicb  an 
diesen  grofsen  Platz  noch  ein  zweiter  kleinerer  anschlofs, 
der  Salzring,  den  man  richtiger  als  polnischen  King  be- 
zeiehnet  haben  wiirde,  denn  er  hatte  von  vornherein  die  Be- 
stimniung:  die  polnischen  Fuhrleute,  die  ja  vorzugsweise  das 
Salz  der  WieHczkaer  Gegend  hierher  brachten,  um  dann 
als  Riickfracht  mancherlei  Waren  des  Westens  zu  empfangen, 
zu  beherbergen.  Die  Scheidung  der  beiden  Nationalitiiten 
erhielt  hier  einen  eharakteristischen  monumentalen  Avisdruck: 
ein  des  Abends  geschlossenes  Tlior  resp.  Gitter  liefs  Avenig- 
stens  in  spaterer  Zeit  die  Trennung  des  deutschen  von  dem 
polnischen  Marktplatze  noch  schitrfer  hervortreten. 

So  wie  im  Slldwesten  erscheint  nun  auch  an  der  nord- 
westlichen  Ecke  des  Ringes  ein  weiterer  Platz  von  vorn- 
herein ausgespart  und  abgesteckt,  namhch  nach  der  herge- 
brachten  iSitte  fiir  die  Kirche  der  neuen  Stadt,  die  sich 
dann  auch  einige  Jahre  spater  hier  erhoben  hat,  der  erst 
kurz  vorher  kanonisierten  deutschen  Heiligen,  Elisabeth,  ge- 
weiht,  errichtet  (etwa  um  1245)  walu'scheinlich  von  Herzog 
Boleslaw  und  mit  einigen  Zehnten  von  dem  Bischofe  ausge- 
stattet.  Diese  Kirche  ward  jedoch  nicht  lange  nach  ihrer 
Grilndung  (vielleicht  um  1248)  dem  Elisabethhospitale  ge- 
schenkt,  dessen  Verwalter,  die  Kreuzherren  mit  dem  roten 
Stern ,  dann  hier  den  Gottesdienst  zu  versehen  batten. 
Hinter  diesen  beiden  Platzen  ist  dann  ofFenbar  schon  die 
Grenze  der  neuen  Grilndung  gewesen,  die  also,  wie  das 
nach  dem  friiher  AngefLllu'ten  bei  den  deutschen  Stiidte- 
anlagen  die  Regel  war,  aufser  dem  Riuge  nur  noch  die 
nilchste  ParallelstraTse  umfafste,  nui*  im  Westen  etwas  Aveiter 
ausbiegend.  Hinter  dem  Elisabethkirchhofe  lageu  dem  Herzog 
gehorige  Fleischbiluke ,  deren  Hereinziehung  in  die  neue 
Stadt  Schwierigkeiten  machte,  da  die  Deutschen  durchaus 
die  Ablosung  eines  daraiif  haftenden,  dem  Kloster  Trebnitz 
geschenkten  Zinses  A^erlangten,  wozu  sich  dann  der  Herzog 
audi  A'erstand. 

Man  Aviirde  also  vielleicht  sagen  konnen,  die  deutschen 
Kaufleute  erhielten  an  Stelle  ihres  abgetretenen  Kaufhauses 
einen  neuen    grofsen   Kaufhof  in    Gestalt   des   Ringes   nebst 


Neugrunduug  Breslavis.  77 

Hinterhauseru  unci  Hintergassen ,  dazu  dann  noch  einen 
zweiten  Platz  filr  die  polnischen  Fulirleute  und  in  liblicher 
Weise  einen  di'itten  flir  eine  Stadtkirche.  Auf  dem  Ringe 
erhob  sich  natiirlich  sogleich  das  Rathaus  (noch  nicht  das 
jetzige)  tind  um  dasselbe  grofse  Reihen  der  Verkaufsstatten, 
von  denen  der  Herzog  einen  Zins  heischte.  Der  landes- 
herrliche  Kommissar  der  Austhuung,  der  Erbvogt  Heinrieh, 
hat  in  diesem  Falle  vornehmlich  durch  Besitzungen  aufser- 
halb  der  Stadt  seinen  Lohn  erhalten.  Ira  ilbrigen  erscheint 
die  von  der  Stadt  an  den  Herzog  zu  entrichtende  Steuer 
(Geschofs,  exactio)  ein-  fiir  allemal  festgesetzt  in  der  Hohe 
von  400  Mark,  also  gerade  das  Doppelte  dessen,  was  vor 
der  Aiissetzung  zu  deutschem  Rechte  das  Kaufhaus  der 
Deutschen  allein  zu  zahlen  gehabt  hatte. 

Es  war  im  Grunde  eben  eine  Aussetzung  zu  deutschem 
Rechte,  wie  so  viele  andere  in  Schlesien,  doch  hatte  sie 
etwas  wesentlich  Abweichendes  infolge  dessen,  dafs  hier  in 
dem  umfriedeten  Raume  zwischen  der  Oder  im  Norden,  der 
Ohlau  im  Osten  und  dem  Grenzgraben  der  neuen  Stadt  im 
Silden  und  Westen,  doch  noch  mancherlei  mit  enthalten 
war,  was  eben  nicht  zur  Neugrlindung  gehorte. 

So  im  Sildosten  die  alten  Niederlassungen  liingst  des 
damaligen  Ohlaulaufes  von  der  Sandbrlicke  bis  zur  Adalbert- 
kirche  und  so  auch  im  Norden  an  der  Oder  das  eximierte 
herzogliche  Gebiet,  dessen  Kurien  ja  damals  nacli  und  nach 
ganz  in  geistliche  Stiftungen  aufgingen,  das  aber  auch  Woh- 
nungen  von  Rittern  und  Hofbedienten  enthielt,  auch  die 
Hauser  der  unter  besonderem  herzoglichen  Schutze  stehenden 
Juden,  die  uns  schon  im  Anfange  des  13.  Jahi'hunderts  und 
zwar  als  Grundbesitzer  urkundlich  begegnen.  NatiirHch 
fixhrte  die  naturgemafse  Entwickelung  der  Stadt  allmahlich 
zur  Einverleibung  aller  dieser  Gebiete. 

Im  Nordwesten  zunachst  der  Oder  lag  jenseits  des  Grenz- 
grabens  der  neuen  Stadt  (also  an  der  Stelle  des  heutigen 
Bm'gfeldes)  eine  kleiue  Ansiedelung  der  herzoglichen  Falk- 
ner,  deren  jeder  eine  Hiitte  mit  einem  Ackerstilck  hatte 
(Sokolnici  d.  h.  Falknerdort  genannt).  Westlich  stiefs  daran 
an  der  Stelle  der  heutigen  Nikolaivorstadt  das  Dorf  Stepin 
(der  Name  Tschepine  hat  sich  noch  lange  erhalten)  um  die 
uralte,  schon  1175  genannte  Nikolaikirche ,  ein  Besitztum 
des  Klosters  Leubus,  das  aber  bereits  kurz  nach  dem  Re- 
gierungsantritte  Heinrichs  I.  von  diesem  nach  anderweitiger 
Entschadigung  des  Klosters  erworben  wurde.  Zu  diesem  Dorfe, 
das  die  Leubuser  Monche  jedenfalls  mit  Deutschen  besiedelt 
hatten,  gehorten  neben  einer  kleineren  Zahl  von  Ackerhufen 


^  Zweites  Buch.     Drittei*  xVbschnitt. 

(etwa  8^)  eine  grofsere  Flilche  von  Weideliindereien,  bis  an 
Pcipelwitz  und  die  alte  Grenzsaule  der  Hahnenkrahe  sich 
erstreckend.  Nachdem  dann  1241  bei  dem  Mougoleneinfalle 
auch  diese  Ansiedelung  von  Grund  aus  verwiistet  worden 
war,  sind  vielleiclit  die  Einwohner  mit  in  die  neue  deutsche 
Stadt  Breslau  aufgenommen  worden;  wenigstens  erfahren 
wir,  dais  die  ackerbaren  Hufen  der  Tschepine  dem  damals 
gegrilndeten  Klarenstifte  geschenkt  wurden,  wiihrend  jene 
Wiesenflachen  an  der  Oder  als  Weideplatze  der  neuen  Stadt 
iiberwiesen  wiu'den. 

Jedenfalls  batten  die  Deutscben  bei  der  Neugrlindung 
der  Stadt  ihren  Vorteil  wahrzunehmen  gewufst,  so  dafs  nacb- 
mals,  wie  wir  noch  zu  erwahnen  baben  werden ,  Boleslaws 
Nacbfolger  Ursuche  hatte  dariiber  zu  zilrnen. 

Bruderzwiste. 

Es  war  nicbt  eben  schwer  gewesen ,  Boleslaw  zu  uber- 
vorteilen.  Er  war  zu  gedankenlos,  um  karg  sein  zu  konnen. 
Die  Staatsgescbafte  batten  wenig  Interesse  fiir  ibn;  sein 
Sinn  stand  nacb  allerlei  Kurzweil,  ritterbeben  Ubungen  und 
Lustbarkeiten,  und  es  konnte  da  wobl,  wie  ein  alter  Kloster- 
bruder  bericbtet,  vielerlei  jetzt  vorkommen,  was  unter  den 
alten  rubmreichen  Hei'zogen  unerbort  gewesen  sein  wiirde. 
Recbt  cbarakteristiscb  ist  fiir  ibn  folgender  Zug.  Im  Jabre 
1243  geliistete  es  ibm,  am  Tage  des  Apostels  IVIattbias  in 
Lowenberg  ein  Turnier  zu  veranstalten ;  da  erklarten  ibm 
die  Ritter,  es  sei  gegen  ibr  Gewissen,  an  einem  Feiertage 
Lanzen  zu  brecben,  wofern  er  nicbt  durcb  ein  besonderes 
Gescbenk  an  die  Kircbe  sieb  gleicbsam  Dispens  erwirke, 
und  der  scblaue  Albert  mit  dem  Barte,  der  selbst  audi 
seinen  Vorteil  in  dieser  Zeit  wabrzunebmen  verstanden  batte, 
erwirkte  nun  aucb  wirklicb  unter  dieser  Firnia  das  Gescbenk 
eines  Landgutes  an  Kloster  Heinricbau.  Bei  der  iiblen 
Wirtscbaft  des  Herzogs  kam  es  bald  so  weit,  dafs  einige 
Bitter  ibn  unter  dem  Vorgeben,  sie  mlifsten  das  Interesse 
seines  damals  nocb  unmiindigen  Bruders  Heinricb  wabren^ 
gefangen  setzten  und  eine  Zeit  lang  festbielten. 

Vielleiclit  durcb  die  Unzufriedenbeit  der  Vasallen  ge- 
drangt,  uimrat  dann  Boleslaw  vom  Herl)ste  1247  an  seinen 
Bruder  Heinricb  zum  Mitregenten  an,  und  im  folgenden 
Jabi'e  erfolgt  nun  unter  Vermittelung  des  Biscbofs  Tbonias 
eine  Teiluug  der  Lande.  Diese  batte  ibre  Hauptscbwierig- 
keit  darin,  dafs  aufser  dem  genannten  Briiderpaare  nocb 
zwei  jiingere^  Konrad  und  Wladyslaw,  zu  versorgen  waren^ 


Zwiste  uuter  den  Sohnen  Heinrichs  II.  79" 

wahrend  das  ohnehin  bereits  so  arg  zusammengeschmolzene 
Landgebiet  eine  allzu  weitgehende  Zersplitterung  kaum  noch 
zu  vertragen  schien.  Man  hatte  zu  dem  Aviskunftsmittel 
gegriffen,  die  beiden  jiiugeren  Soline  fur  den  geistlichen 
Stand  zu  bestimmen,  und  Konrad  befand  sich  damals  be- 
reits auf  der  Pariser  Hochschule,  um  dort  seine  Studien  zu 
machen,  war  auch  schon  durcli  die  Wahl  des  Kapitels  auf  den 
bischoflichen  Stuhl  von  Passau  berufen  worden.  Boleslaw 
und  Heinrich  erhielten  nun  jeder  einen  der  Jiingeren  auf 
seinen  Anteil  als  Gefahrten  mit,  um  sich  mit  diesem  giitlich 
wegen  der  Abfindungssumme  auseinanderzusetzen ,  und 
unter  _der  allgemeinen  Bestimmung,  dafs,  falls  einer  der  bei- 
den Alteren  stilrbe,  in  dessen  Anteil  dann  nur  eben  der' 
ilim  gepaarte  Jiingere  nachzufolgen  das  Recht  liaben  soUte. 
Boleslaw  als  der  Altere  erwahlte  nun  als  Gefahrten  Konrad, 
der  ihm  fiir  sein  Verbleiben  im  geistlichen  Staude  bereits 
eine  gewisse  Sicherheit  zu  bieten  scheinen  mochte,  und  als 
Landanteil  Mittelschlesien  (also  etwa  das  Gebiet  des  heu- 
tigen  Regierungsbezu'kes  Breslau).  Indessen  reute  ihn  schon 
bei  der  Ubergabe  von  Liegnitz  die  getroffene  Wahl,  und 
er  driingte  den  Bruder  zum  Tausche;  so  dafs  er  nun 
Liegnitz  und  Glogau  (uebst  Sagan,  Jauer,  Wohlau  etc.)' 
erhielt. 

Doch  bald,  und  zwar  wahrscheinlich  noch  im  Jahre  1248, 
beginnt  er  wieder  Handel  mit  dem  Bruder,  und  mit  einer 
Schar  von  Rittern,  die  er  durch  Preisgebung  herzoglicher 
Rechte  gewoimen,  sucht  er  diesen  zu  bedrangen.  Schwer 
wird  das  Gebiet  von  Neumarkt  verwiistet  und  die  Stadt 
selbst  eingeaschertj  so  dafs  in  der  Kirche  resp.  auf  dem 
Kirchhofe  des  Ortes  an  500  Menschen  in  den  Flammen 
umgekommen  sein  sollen.  Die  Stadt  Breslau  ward  zu  dreien 
Malen  belagert;  die  Burger  aber,  welche  den  wilden  Herzog 
trotz  all  seiner  Freigebigkeit  nicht  liebten,  wehrten  tapfer 
alle  Angriffe  ab.  Der  Kampf  dauerte  dann  noch  das  ganze 
Jahr  1249  fort,  und  beide  Teile  suchten  dabei  die  Hilfe 
fremder  Fiirsten.  Boleslaw  trat  jetzt,  um  Geld  zu  erlangen, 
von  Schlofs  und  Land  Lebus  dem  Erzbischofe  von  Magde- 
burg die  eine  Halfte  ganz  ab  und  nahm  die  andere  von 
demselben  zu  Lehen,  ixnd  Heinrich  HI.  suchte  gleichzeitig 
den  Markgrafen  von  Meiisen,  Heinrich  den  Erlauchten,  zum 
Kriege  gegen  Boleslaw  dadurch  zu  bewegen,  dafs  er  ihm 
fur  diesen  Fall  entweder  das  Land  Krossen  oder  einen 
Landstrich  zwischen  Bober  und  Queifs  zusagte.  Dazu  ist 
es  nun  dann  doch  nicht  gekommen;  nur  das  Schlofs 
Schiedlo,  von  welchem  gleichfalls  in  dieser  Urkunde  die  Rede 


80  Zweitcs  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

ist,  scheint  Heinrich  rlei*  Erlauchte  danials  an  sich  gebraclit 
zu  haben. 

Inzwisclien  war  nun  audi  der  dritte  dei*  Brildcr,  Konrad, 
nach  Schlesien  zuriickgekehrt  und  hatte  im  Jahre  1249  niit 
dem  Titel  eines  erwiihlten  Bischofs  von  Passau  an  Boleslaws 
-Seite  an  der  Regierung  des  Landes  teilgenomraen ,  dock 
bald  hatte  sich  das  Verhaltnis  zu  deni  letzteren  getriibt, 
namentlich  seit  Konrad  den  Wunsch  jiufserte,  dem  geist- 
liehen  Stande  zu  entsagen  und  ein  Stilck  Landes  aus  dem 
vaterlichen  Erbe  zu  selbstandiger  Herrschaft  iiberwiesen  zu 
erhalten.  Dieser  Wunsch  fand  bei  Boleslaw  den  heftigsten 
Widerspruch,  ja  Konrad  glaubte,  seitdem  diese  seine  Absicht 
laut  geworden  sei,  nicht  mehr  seines  Lebens  oder  wenigstens 
seiner  Freiheit  sicher  zu  sein,  und  da  auch  Heinrich  III. 
ihm  jeden  Beistand  versagte,  entwich  er  1250  zu  Herzog 
Premyslaw  von  Grrofspolen,  der  ihn  als  Werkzeug  weiterer 
ehrgeiziger  Plane  gern  aufnahm. 

Der  friedliebende  Heinrich  mochte  mit  schwerer  Be- 
kiimmernis  den  neuen  Karapfen  entgegensehen,  die  sich  hier 
vorbcreiteten.  Wohl  liels  er  sich  Boleslaw  gegenilber  zur 
Verstitndigung  bereit  finden  und  sohnte  diesen  sogar  mit 
Bischof  Thomas  aus  (l250),  aber  dariiber,  dafs  auch  er 
in  die  Streitsache  der  Briider  verwickelt  werden  wurde, 
durfte  er  sich  um  so  Aveniger  tauschen,  als  Boleslaw  wieder- 
holt  die  Uberzeugung  aussprach,  dafs,  wenn  Konrads  An- 
sprllche  befriedigt  Averden  soUten,  auch  Heinrich  zu  seiner 
Ablindung  beisteuern  milfste,  wogegen  dieser  einwendete, 
dafs  er  ja  mit  dem  ihm  speziell  zugewiesenen  Bruder  Wlady- 
slaw  in  bestera  Einvernehmen  lebe  und  mit  den  Zwistig- 
keiten  des  andern  Briiderpaares  nichts  zu  thun  habe. 

Er  kam  auf  den  Gedanken,  zur  Entscheidung  dieser 
Streitigkeiten  die  Vermittolung  eines  miichtigen  Nachbar- 
filrsten,  des  ihm  ja  als  Oheim  nahestehenden  Bohmenkonigs 
Wenzel  I.  zu  erbitten,  und  reiste  im  Sommer  1251  nach 
Prag,  mufste  aber  dort  bald  inne  werden,  dafs  Wenzel,  da- 
mals  vollauf  mit  dem  grolsen  Gedanken  der  Erwerbuug  von 
Osterreich  beschaftigt,  keine  Lust  hatte,  sich  in  die  schlesi- 
schen  Handel  zu  mischen. 

Inzwischen  hatte  nun  Boleslaws  unbesonnene  Art  in 
seinem  Lande  Zustande  vollster  Gesetzlosigkeit  herbeigefiihrt. 
Die  Ritter,  die  ihm  bei  seinem  Feldzuge  1249  beigestanden, 
spotteten  jetzt  seiner  Macht,  pliinderten  die  Kaufleute  und 
erfilllten  das  Land  rait  Schrecken  und  Verwlistung.  Mit 
dem  Herzoge  kam  es  schliefslich  so  weit,  dafs  er  zeitweise 
flilchtig  umherirrte,  zuweilen  selbst  eines  Rosses  entbehrend, 


Bruderzwiste,  81 

auf  die  Gesellschaft  eines  ihm  treu  anhangenden  fahrenden 
Mamies,  eines  Fiedlers  Surriauus,  besclirankt. 

Herzog  Heiurich  mufste  liier  endlich  selbst  einschreiten, 
und  nachdem  er  einige  Burgen  der  scblimmsten  Raubritter 
gebrochen,  gelang  es  ibra,  den  Brnder  in  sein  Liegnitzer 
Herzogtum  zuruckzufiibren.  Inzwiscben  batte  aber  nun 
aucb  Konrad,  von  dera  pobiiscben  Herzoge  unterstiitzt,  1251 
den  Kampf  ura  sein  Erbe  begonnen,  sicb  in  Beutben  a.  O. 
festgesetzt  und  nocb  vor  Ende  des  Jabres  das  ganze  Land 
auf  dem  recbten  Oderufer  bis  an  die  Grenzen  des  Breslauer 
Herzogtums  fiir  sicb  gewonnen,  einscbbefsbcb  Glogaus.  Der 
polniscb  gesinnte  Teil  des  Adels  fiel  ibm  iiberall  zu  und 
spielte  ibm  dann  aucb  das  Krossener  Scblofs  in  die  Hande. 

Am  26.  Dezember  umgiirtete  Prerayslaw  seiuen  Scblitz- 
Hng  feierbcb  in  der  Kircbe  zu  Posen  in  Gegenwart  des 
dortigen  Biscbofs  mit  dem  Ritterscbwerte  und  gab  ibm  aucb 
seine  Scbwester  Salome  zvtr  Gemablin. 

Es  scbien  nun,  als  sollte  auf  Grundlage  dieses  tbatsacb- 
licben  Besitzstandes  ein  freundlicbes  Verbaltnis  zvviscben  den 
Briidern  sicb  berausbilden,  schon  weil  Boleslaw  docb  eiumal 
nicbt  die  Macbt  batte,  Konrad  aus  seinem  neuen  Besitze  zu 
verdrangen.  Im  Oktober  1252  werden  Nonnen  aus  Treb- 
nitz  feierbcb  in  dem  grofspolniscben  Kloster  Owinsk  ein- 
gefubrt,  und  neben  der  Abtissin  beteiligt  sicb  an  der  Feier- 
licbkeit  aucb  eine  Tocbter  Heinricbs  II.,  die  in  Trebnitz 
den  Scbleier  genommen,  die  grofspolniscben  Fiirsten  be- 
scbenken  Trebnitz  und  Heinricbau,  und  die  alte  Herzogin 
Anna  bat  die  Freude  (Februar  1253),  zu  der  Dotierung 
des  grofsen  Elisabethbospitals ,  welcbes  sie  in  Ausfiibrung 
eines  bereits  von  ibrem  Gemable  gefafsten  Vorsatzes  in 
Breslau  gegrlindet  batte,  alle  ihre  vier  Sobne  einraiitig  ibre 
Zustimmung  geben  zu  seben,  und  wir  erfabren  aucb  von 
einer  Zusammenkunft  der  Briider  in  der  Hospitalkircbe  A'on 
Neumarkt  in  jener  Zeit. 

Aber  bald  triibte  sicb  wieder  der  Ilimmel,  obne  dafs 
wir  die  besonderen  Griinde  zu  erkennen  vermocbten.  Im 
September  1253  fallen  Kriegsbaufen  der  grofspolniscben 
Herzoge  mit  den  Truppen  Konrads  vereint  in  das  Land 
Herzog  Heinricbs  ein  mid  verwilsten  die  Gegend  um  Zirk- 
witz  und  Trebnitz  bis  zur  Weide  bin,  ja  ein  Haufe  wagt 
es  sogar,  die  Oder  zu  uberscbreiten  und  1^  Meilen  vor  den 
Tboren  Breslaus  das  Stiidtcben  Lissa  zu  brandscbatzen.  Als 
Heinricb  ibnen  entgegentritt,  wird  er  selbst  gefangen  ge- 
nommen und  von  Konrad  nacb  Glogau  gebracbt.  Er  mufste 
Geiseln   stellen   und   Losegeld   zablen,    vor   allem    aber   an- 

Grunhagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  6 


H2  Zweites  Buch.     Dritter  Absclmitt. 

scheineud  unter  Vermittelung  des  Bischol's  Thomas  die  Herr- 
scbai't  seines  Bruders  Konrad  iiber  die  Herzop;tunier  Glogau 
iind  Wolilau  ancrkennen ,  deren  Grenzcn  jetzt  (Dezember 
1253)  niiher  festgesetzt  wiirdeu. 

Dock  vermoehte  diese  Verstandigung  nicht  zu  verhindern, 
dais  Herzog  Prerayslaw,  als  Heinrich  sicli  weigerte,  fur  eineu 
seiner  angeseliensten  Ritter,  den  Burggralen  von  Ritschen, 
Mrozko,  welchen  der  Polenfurst  gelangeu  gencjmmen  liatto, 
das  sehr  liochgegriifene  Losegekl  von  500  ^lark  zu  zalilen, 
einen  neuen  Einfall  (wahrscheinlich  im  Januar  J  254)  unter- 
nalnn,  bei  welchem  er  die  Stadt  Ols  auspliinderte.  Infolge 
davon  schritt  dann  der  danials  in  Schlesien  anwesende 
papstliche  Legat  Opizo  ein  uud  verbilngte  am  14.  Mjirz 
itber  Premyskxw  und  seine  Lande  das  Interdikt,  das  er^ 
mit  Ende  des  Monats  infolge  geleisteter  Genugthuung  wieder 
aufgehoben  ward.  Zur  Aufbringung  eines  Losegeldes  f'ilr  den 
Gefangenen  und  zugleicb  zur  Fassung  von  Beschliissen  behufs 
Erriclitung  einiger  fester  Schlosser  zur  Abwehr  almliclier 
Einfalle  hielt  Heinrich  Anfang  Juni  1254  eine  Versammlung 
seiner  Ritter  in  Breslau  ab ,  zu  welcher  dann  doch  audi 
Konrad  seinen  Kanzler  Rambold  mit  dem  herzoglichen  Siegel 
ausgeriistet  hinschickte,  ein  BcAveis  des  fortdauernden  guten 
Einvernehmens  zAvischen  den  Brlidern.  Als  Kimig  Ottokar 
von  Bohmen,  auf  seinem  Kreuzzuge  nach  dem  Preufsenlande 
begriffen,  das  Weihnachtsfest  1254  in  Breslau  feiert,  sind 
die  Brilder  alle  um  ihn  versammelt,  und  noch  weiter  im  Jahre 
1255  linden  Avir  die  drei  alteren  Briider  zu  gemeinsamen 
Rechtsakten  vereinigt;  doch  noch  in  demselben  Jahre  schei- 
nen  Heinrich  und  Koni'ad  sich  gedrungen  gesehen  zu  haben, 
ihren  Bruder  Boleslaw,  dem  schon  die  Zeitgenossen  den  Bei- 
namen  des  Wilden  gaben,  eine  Zeit  lang  gefangen  zu  halten, 
Avahrscheinlich  um  ihn  zur  Erfiillung  ilbernommener  Ver- 
pllichtungen  zu  vermogen. 


Die    erste   Sonderung   Schlesiens    von  Polen    in   kirchlichen 

Dingen. 

Wenige  Jahre  spater  geriet  Boleslaw  durch  eine  Gewalt- 
that  an  Bischoi  Thomas  I.  in  neue  scliAvere  Verwickelungen, 
Avelche  dann  bald  auch  die  Bruder  in  Mitleidenschaft  zogen. 

Es  ist  bei  anderer  Gelegenheit  von  uns  ausgefuhrt  wor- 
den,  wie  die  Frage  nach  der  Natur  und  Hohe  des  der 
Kirche  zu  entrichtenden  Zehntens  viell'ache  Zwistigkeiten 
mit  der  Geistlichkeit  hervorrief.  Je  weiter  nun  die  An- 
legung   neuer   deutscher  Ortschaften    fortschritt,    desto   mehr 


Zehntstreitigkeiteii.     Peterspfennig.  83 

Helen  die  Abgaben  derselben  ins  Gewicht,  und  desto  Aveniger 
zeigte  sich  die  Geistlichkeit  geneigt,  sicli  mit  dera  nnter 
Heinrich  I.  getroffenen  Abkommen,  welches  den  Zehnten 
von  der  Hufe  auf  einen  Malter  Getreides  oder  den  vierten 
Teil  einer  damaligen  Mark  Geldes  festgesetzt  hatte,  zu  be- 
gniigen,  und  die  papstliche  Kurie  trat  nun  auch  fur  er- 
weiterte  Ansprllche  mit  allem  Eifer  ein. 

In  den  Satzungen  einer  feierlichen  Synode  der  Gnesener 
Kirchenprovinz,  welche  am  10.  Oktober  1248  der  papstliche 
Legat  Jakob,  Archidiakon  von  Liittich,  zu  Breslau  abhielt, 
ward  es  als  Gewohnheit  des  Landes  (namlich  Polens)  hin- 
gestellt,  dafs  bei  der  Ernte  die  Feldfriichte  nicht  eher  ein- 
gefuhrt  werden  diirften,  bis  der  der  Kirche  gebuhrende 
Zehnten  (also  der  voile  Garbenzehnteu)  zu  allererst  entrichtet 
sei,  und  jene  erwahnte  Ablosung  des  Zehntens  als  prinzipiell 
unzulassig  bezeichnet.  Ja  indem  hier  auch  gegen  die  Be- 
freiung  je  der  sechsten  Hufe  geeifert  ward,  griff  man  in  ge- 
wisser  Weise  die  eingebiirgerten  Formen  der  Ansetzung 
deutscher  Kolonisten  an  und  erregte  natlirlich  vielfache  Un- 
zufriedenheit. 

Dazu  kam  noch  ein  anderer  Punkt.  Polen  gehorte  mit 
Skandinavien  und  England  in  die  Reihe  der  Lander,  welche 
den  Vorzug,  unter  dem  besonderen  Schutze  des  heiligen 
Petrus  zu  stehen,  durch  einen  Tribut  unter  dem  Namen  des 
Peterspfennigs  lohnten.  Die  Verpflichtung  zu  einem  solchen 
Tribute  reicht  in  die  Zeit  Boleslaw  Chrobrys  und  fast  bis 
zum  Jahre  1000  hinauf  Als  nun  aber  das  polnische  Reich 
sich  unter  eine  Reihe  kleinerer  Fursten  zersplitterte ,  bei 
denen  aufserdem  Geldverlegenheiten  die  Regel  waren,  mochte 
es  dem  Papste  sehr  scliwer  werden,  einen  solchen  Tribut 
von  den  einzelnen  Herzogen  zu  erlangen,  und  die  Zahlungen 
waren  alhnahlich  sehr  in  Verfall  gekommen.  Aber  Papst 
Innocenz  IV.,  der,  als  gerade  sein  Kampf  mit  Kaiser  Fried- 
rich  II.  besonders  heftig  entbrannt  war,  kein  Bedenken 
trug,  von  dem  Erzbischofe  von  Gnesen  fur  zwei  Jahre  den 
fiinften  Teil  seiner  Jahreseinkiinfte  als  aufserordentliche  Bei- 
steuer  zu  verlangen,  trug  nun  den  Bischofen  des  Gnesener 
erzbischoflichen  Sprengels  auf,  den  Peterspfennig  als  Kopf- 
steuer,  von  jedem  Haupte  einen  Pfennig,  einzuziehen,  und 
eben  auf  jener  Breslauer  Synode  von  1248  ward  die  Zah- 
lung  dieser  Steuer  noch  besonders  eingescharft. 

Es  lilfst  sich  ermessen,  wie  gering  die  Geneigtheit  der 
Deutschen  in  Schlesien  Avar,  gerade  diese  Steuer  zu  zahlen, 
von  der  ihre  deutsche  Ileimat  nichts  wufste,  und  zu  welcher 
sie   um   so   weniger   sich   fiir   verpflichtet   hielten,    als    man 

6* 


84  Zweites  Bucb.     DiittL-r  Absclmitt. 

ihnen  Freiheit  von  alien  Lasteu  des  polnischen  Keclites  aus- 
driicklich  zugesagt  hatte.  Von  dem  hartnackigen  Wider- 
stande,  den  sie  dieser  Forderung  leisteten,  weifs  die  schle- 
sische  Gescliichte  vieles  zu  erzahlen  uud  auch  von  den 
Folgen  jener  prinzipiellen  Gegensatze,  welche  sich  zwischen 
den  deiitsclien  Ansiedlern  und  der  Kurie  herausstellten.  Vor 
allem  kamen  naturlich  die  sclilesiscben  Fiirsten  in  iible 
Lage.  Sie  batten  obnebin  noeb  mit  maneben  andern 
Scbwierigkeiten  zu  kanipfen,  so  mit  den  weitgebendeu  For- 
derimgen  der  Geistlicbkeit  beziiglicb  der  voUstandigen  Be- 
freiung  ibrer  Untertbaneu  von  alien  Lasten,  und  in  den 
wiederbolten  Bruderzwisten  jener  Zeit  fielen  docli  mancberlei 
Gewaltsamkeiten  und  Beeintracbtigungen  kircblicber  Inter- 
essen  vor,  fur  welclie  man  dann  von  ilmen  Genugtbuung 
verlangte. 

Heinrieb  III.  mit  seiner  milden  und  friedlicben  Gesin- 
nung  wufste  mit  Biscbof  Tliomas  I.  von  Breslau,  so  eifrig 
dieser  aucb  die  Interessen  seiner  Kircbe  wabrnabm,  ein 
gutes  Einvernebmen  aufrecbt  zu  erbalten.  In  Zeiten  seiner 
Bedrangnis  ist  sogar  der  Biscbof  mebrfacb  seinen  Geldnoten 
zubilfe  gekommen.  Aucb  Herzog  Konrad  bat  sicb  bemiibt, 
in  Frieden  mit  dem  Biscbofe  zu  lebeu.  Aber  Bole- 
slaws  wilde  Art  war  nicbt  in  Scbranken  zu  balten,  und 
seine  Zerwiii'thisse  mit  dem  Biscbofe  rissen  kaum  ab.  In 
der  Zeit  der  Not,  und  wenn  ihm  die  liber  ibn  verbiingten 
Kircbenstrafen ,  Bann  und  Interdikt ,  unbequem  wurden, 
verspracb  er  alles  Mogbcbe,  vergafs  aber  bald  wieder  seiner 
Zusagen  und  veriibte  Aveitere  Gewaltsamkeiten.  Als  im  Jabr 
1256  neue  Zwistigkeiten  zwiscben  dem  Biscbof  und  dem 
Herzoge  entstauden ,  liefs  am  2.  Oktober  Boleslaw  den 
ersteren,  der  gerade  zur  Einweibung  der  neu  erbauten  Kircbe 
in  Gorkau  am  Zobtenberge  verweilte,  bei  nacbtlicber  Weile 
mit  zwei  seiner  Domberren,  dem  Propste  Boguslaw  und  dem 
Kanonikus  Eckard,  iiberfallen  uud  nacli  Burg  Liibn  am 
Bober  bringen.  Die  roben  Kriegsknecbte  rissen  den  greisen 
Kircbenfursten  aus  seinem  Bette,  boben  ibn,  unzulangbcb 
bekleidet  (ein  mitleidiger  Knecbt  gab  ibm  endlicb  noch 
einen  Mantel  und  ein  Paar  Stiefeln),  trotz  der  Kalte  der 
Herbstnacbt  auf  ein  Rofs  und  zwangen  ibn,  der  wegen  der 
Gebrecben  des  Alters  das  Reiten  batte  lange  aufgeben 
miissen,  zu  seiner  Qual  den  weiten  Weg  von  vielleicbt  neun 
Meilen  zu  reiten.  Er  ward  dann  von  Labn  nacb  Liegnitz 
gebracbt  und  in  barter  Haft  gebalten,  zeitweise  sogar  in 
Ketten,  ebenso  wie  seine  Begleiter.  Der  Biscbof  mufste 
scbliefslicb ,    um    aus  diesen  Qualen    erlost   zu   werden,   sich 


Gefangennehmung  des  Bischofs  Thomas.  85 

zu  einem  Losegelde  von  2000  Mark  Silber  verstehen  irnd 
die  Ablosung  des  Zehiitens  in  Vierdunge  fur  die  ganze 
Diocese  bewilligeu.  Als  er  dann  die  Hiilt'te  des  versproche- 
nen  Geldes  wirklich  gezalilt  und  i'ur  die  andere  Halfte 
Bilrgen,  resp.  Geiseln  gestellt  hatte,  ward  er  Ostern  1257, 
also  nacb  sechsmonatlicber  Halt,  endlich  wieder  in  Freibeit 
gesetzt,  die  beiden  Domberren  batten  nocb  besonderes  Lose- 
gekl  zu  zablen,  W(jbei  Eckard  die  Lieferimg  einiger  iStiicke 
Scbarlachtuch  llbernommen  batte. 

Xaturbcb  erregte  die  an  dem  Biscbofe  verilbte  Gewalt- 
tbat  in  den  Kreisen  der  GeistHcbkeit  gi'ofse  Entriistung. 
Auf  die  Klage  des  Domkapitels  liels  Papst  Alexander  IV. 
den  Erzbiscbof  von  Gnesen  gegen  den  Frevler  mit  Kircben- 
strafen  vorgeben.  Als  nun  aber  Bann  und  Interdikt  keine 
andere  Wirkung  batten,  als  die  Haft  des  Biscbofs  nocb 
barter  zu  macben,  griff  der  Papst  zu  dem  aufsersten  Mittel 
und  befabl  den  Erzbiscbofen  von  Magdebuj-g  und  Gnesen, 
gegen  Boleslaw  das  Kreuz  predigen  zu  lassen.  Ebe  dieser 
Erlafs  in  Deutscbland  sein  konnte,  war  nun,  wie  wir  bereits 
anfilbrten,  Biscbof  Tbomas  fi'eigelassen  worden,  allerdiugs 
unter  barten  Bedingungen,  und  eben  um  dieser  willen  ward 
er  namentlich  von  der  polniscben  GeistHcbkeit  bart  getadelt, 
dafs  er  mit  seiner  Einwilligung  in  die  Ablosbarkeit  des 
voUen  Feldzebntens  durcb  den  Malter-  oder  Geldzebnten  die 
Interessen  der  Kircbe  preisgegeben  babe.  Diese  Stimmung 
fand  dann  aucb  auf  der  S}Tiode,  welcbe  der  Erzbiscbof 
Fulko  von  Gnesen  am  14.  Oktober  zu  Lenczjc  abbielt, 
einen  olfiziellen  .Ausdruck.  Die  Meinung  der  polniscben 
Pralaten  ging  dabin,  der  Biscbof  solle  die  gemacbten  Zu- 
gestiindnisse  als  erzwungen  widerrufen  und,  den  Weisungen 
des  Papstes  entsprecbend,  ein  allgemciner  Kreuzzug  den  ge- 
walttbiltigen  Herzog  niederwerfen  und  zur  Unterwerfung 
unter  die  Kircbe  zwingen. 

Diesen  Planen  gegenliber,  welcbe  Scblesien  mit  scbreck- 
licher  Verwirrung  und  Verwuistung  bedrobten,  legten  sicb 
nun  aber  die  beiden  Brilder  Boleslaws,  Heinricb  und  Konrad, 
die  ja  scbon  frilber  um  die  Losung  des  Biscbofs  sicb  be- 
milbt  und  Geld  fur  diesen  Zweck  aufgebracbt  batten,  ins 
]\Iittel.  Heinricb  unternimmt  es,  mit  dem  ibm  befreundeten 
Biscbofe  Tbomas  in  Unterbandlungen  zu  treten  auf  der 
Gruudlage,  dafs  die  beiden  Herzoge  sicb  verpflicbten,  dem 
Biscbofe  filr  die  erlittene  Gewalttbat  ausgiebige  Genugthuung 
zu  scbaffen  und  flir  diesen  Zweck  selbst  Opfer  zu  bringen, 
dafs  sie  ferner  Boleslaw  bestimmen  wollen,  in  den  sonstigen 
Streitpunkten    bezuglicb    der    Exemtionen   der   Untertbanen 


86  Zweites  Buch.     Dritter  Abscbuitt. 

der  Kirche  u.  dgl.  die  kirchlichen  Forderiingen  ertullen, 
strittige  oder  entzogene  Einkilnfte  zuriickgeben  zu  wolleii 
II.  s.  w.,  wogegen  der  Bischof  in  dem  einen  Hauptpunkte, 
der  Umwandlung  des  Feklzelintens  in  den  Maker-  oder 
Geklzelmten ,  sich  tliatsaclilich  an  die  Avahrend  seiner  Haft 
gemaclite  Ziisage  gekunden  ansehen  soke. 

Boleslaw  woHte  erkliirkcherweise  von  der  ihm  zuge- 
muteten  Genugthuiing  zuerst  nichts  horen,  und  wie  es 
sckeint,  kat  er  erst  dadurch,  dais  ihn  Konrad  gefangen- 
nahm  und  in  Haft  hick,  zum  Nacligeben  gebracht  werden 
konnen.  Dafs  er  dann  sich  verpflichtet  habe,  wie  gewohn- 
Hck  erzahk  Avird,  zum  Zeiclien  seiner  Reue  mit  100  Rittern 
und  Edelknappen  von  Goldberg  aus  nach  Breslau  im  Bilfser- 
gewande  und  barfufs  zu  pilgern,  um  dort  vor  der  Dom- 
kirche  die  Verzeihung  des  Bisckofs  zu  erflehen,  erscheint 
bei  niiherer  Prilfung  der  QaeUcn  als  unglaubwiirdig,  docli 
mufste  er  in  der  Tiiat  diirck  ansehnUche  Zugestandnisse  die 
Verzeihung  des  Bischofs  erkaufen,  und  zwar  traute  man 
seinen  Versprechungen  nicht,  sondern  verlangte  die  Biirg- 
schaft  seiner  Brilder  Heinrich,  Konrad  und  auch  des  gerade 
abwesenden  Wladyshxw,  damals  Propstes  vom  ^A^yschahrad 
zu  Frag.  Im  Namen  Boleslaws  und  unter  der  Biirgschaft 
seiner  Briider  gelobt  dann  unter  dem  8.  Marz  1260  Hein- 
rich  IH.,  dem  Bischofe  eine  Summe  von  2000  Mark  Silber 
zu  zahlen,  ferner  Freiheit  fiir  die  Unterthanen  der  Kirche 
von  aUen  Landessteuern  aufer  in  bestimmten  Fallen  dringen- 
der  Not,  desgleichen  Freiheit  von  den  landesherrlichen  Ge- 
richten  mit  Ausnahme  der  Blutgeriehtsbarkeit,  und  Wieder- 
gabe  der  dem  Bischofe  bisher  vorenthaltenen  Einklinfte  nach 
den  Bestimmungen  einer  daflir  niederzusetzenden  Kommis- 
sion,  Avofiir  dann  Heinrich  eigene  G liter  zum  Pfande  setzen 
mufste.  Aufserdem  erfolgte  noch  durch  Heinrich  HL  eine 
weitere  Uberweisung  von  Einkllnften  spezieil  zur  Entscha- 
digung  fiir  das  Breslauer  Domkapitel.  Nachdem  dann 
auch  Boleslaw  in  gleicher  Weise  sich  verpHichtet ,  erteilte 
auf  des  Bischofs  Bitte  Papst  Urban  IV.  die  Ermachtigung, 
den  Bann  Boleslaws  zu  losen.  Die  dazu  ernannten  Bevoll- 
machtigten,  Johann,  Erzbischof  von  Gnesen,  Abt  Stephan 
vom  Sandstifte  und  der  Provinzial  der  Dominikaner,  Simon, 
emplingen  dann  im  Dezember  1262  vor  dem  Portale  der 
Domkirche  zu  Breslau  den  Herzog  Boleslaw,  der  in  Gegen- 
wart  seines  Bruders  Heinrich  und  einer  grofsen  Versamm- 
lung  seine  Gelobnisse  erneuerte  und  um  Losung  vom 
Banne  bat,  und  flihrten  ihn  nun  feierlich  wieder  in  das 
Gotteshaus    ein,    ihn    so    der    Gemeinschaft    der    Gliiubigen 


Die  Ablosbarkeit  des  Zehiiteas  fiir  Sclilesieu  zugestaudeu.        87 

uud  der  Teiluahme  an  den  Sakramenten  der  Kirclie  zurilck- 
gebend. 

Die  Geldsiunme;  filr  welche  sich  Heinricli  III.  hier  ver- 
biirgt  hatte,  blieb  schliefslich  ihm  zur  Last.  Boleslaw  hatte 
kein  Geld,  und  auch  Konrad  scheint  den  Bruder  im  Stiche 
gelassen  zu  haben.  Nocli  nicht  ein  Viertel  der  ganzen 
Summe  war  bezahlt,  als  Heinrich  III.  1266  den  1.  Dezember 
die  Augen  schlofs.  Doch  hat  Konrad  auch  seinerseits  ein 
grofses  Privilegium  iur  die  Geisthchkeit  und  deren  Unter- 
thanen  ausgestellt.  Ja  auch  der  oberschlesische  Herzog 
Wladyslaw  zeigte  sich  durch  ein  Exemtionsprivileg  der 
Ku-chenunterthanen  dankbar  fiii-  die  Wohlthat,  welche  ja 
auch  seinem  Lande  durch  des  Bischofs  fiir  dessen  ganzen 
Sprengel  -geltendes  Zugestandnis  hinsichtlich  der  Zehnten 
erwachsen  mufste. 

Und  in  diesem  Zugestandnisse  liegt  daun  aach  die  bisher 
keineswegs  in  genilgendeni  Mafse  gewurdigte  Bedeutung 
dieser  Begebenheiten.  In  den  Kreisen  der  Geisthchkeit  ist 
man  sich  dieser  Bedeutung  mehr  bewufst  geblieben,  und 
zwei  Jahrhunderte  spiiter  schrieb  der  polnische  Chronist 
Dlugosz  von  jenen  Begebenheiten :  „  es  war  dies  das  erst- 
mahge  Schisma,  durch  welches  sich  die  Herzoge  und  Barone 
Schlesiens  von  dem  Korper  des  polnischen  Reiches  zu  schei- 
den  und  unter  gewaltthatiger  Abstellung  der  alten  Satzungen 
ihre  Absichten  ins  Werk  zu  setzen  begannen".  Wahrend 
namlich  sonst  die  polnische  Geistlichkeit  an  dem  alten 
Eechte  des  vollen  Garbenzehntens  festhielt  und  dieser  For- 
derung  durch  eine,  wie  es  scheint,  besonders  eben  damals 
1262  zusammenberufene  Synode  zu  Sieradz  Ausdruck  gab, 
mufste  man  es  sich,  wenngleich  auch  der  Bischof  von  Bres- 
lau  dieser  Sjnode  beiwohnte,  doch  thatsachlich  gefallen 
lassen,  dafs  in  dem  Breslauer  Sprengel,  eben  um  der  hier 
so  weit  vorgeschrittenen  Gerraanisation  willen,  eine  Ablosung 
des  Zehnten  zu  einem  Malter  fur  die  Hufe  stattfand.  Es 
war  dabei  noch  besonders  bedeutsam,  dafs,  wahrend  sonst 
in  jener  Zeit  die  oberschlesischen  Herzoge  sich  gar  nicht 
als  schlesische  Fiirsten  ansahen,  sie  doch,  als  mit  zum  Bres- 
lauer Bistum  gehorig,  gleichfalls  jener  Vergiinstigung  teil- 
haftig  wurden,  so  dafs  wir  hier  eine  ganz  einzeln  dastehende 
Zusammenfassung  Schlesiens  als  ein  Ganzes   vor  uns  haben. 


Aussetzungen  schlesischer  Stadte  zu  deutschem  Rechte. 

Einen  denkwiirdigen  Wendepunkt  bezeichnet  dann  auch 
der  Geschichte    der  Gerraanisation   des  Ostens    diese  Ab- 


iSti  Zweites  Bucii.     Drittcr  Abschnitt. 

sonderung  Schlesiens.  Wir  sahen  an  andereni  Orte  bereits, 
iu  wie  hohera  Grade  Huanziell  vorteilhaft  und  ersprielslich 
die  Ausrietzung  deutscher  Ortsehafteii  fur  die  Landes-  und 
Grundherren  war,  und  man  hatte  daher  in  der  ersten  Hillfte 
des  13.  Jalirhundcrts  vonseiten  der  Polen  und  Deutschen, 
Geistlichen  und  Laien  unbedenklich  zu  diesem  ervvimschten 
Mittel,  die  Einkiini'te  zu  erliohen,  gegritfen.  Allmahlicli  hatte 
allerdings  im  Laute  der  Zeit  und  uamentlich  scit  deni  Tode 
Heinrichs  III.  das  Milsvergniigen  der  polnischen  Adeligen  ilber 
die  Bevorzugung  der  Deutsehen  hier  Ilemmungen  bereitet,  ganz 
besonders  aber  von  jetzt,  eben  etwa  von  12  60  an,  stemmte 
sich  nun  der  gesauite  pohiische  Klervis  rait  all  seiner  Macht 
gegen  eine  weitere  Ausdehnung  der  deutsehen  Ansiedelungen. 
^lulste  man  jetzt  sich  dazu  entschliefsen ,  Schlesien  als  ver- 
loren  anzusehn,  so  woUte  man  doch  das  tjbel  nicht  weiter 
greiten  lasseu.  Die  Gernianisation  kara  zum  Stillstand  we- 
nigstens  auf  dem  Gebiete  der  deutsehen  Dort'anlagcn.  Deutsche 
Stadtrcchte,  bei  denen  ja  jene  bedenklichen  Fragen  in  un- 
gleich  geringerem  Mafse  in  Betracht  kamen,  sind  allerdings 
noch  mehrfach  nach  dem  slavischen  Osten  verpflanzt  worden. 
Von  der  Feindschaft  aber,  welche  der  polnischo  Klerus 
fortan  gegen  die  Deutsehen  in  Schlesien  hegte,  und  welche 
doch  auch  die  papstliche  Kurie  in  gewisser  Weise  teilte,  hat 
die  hcimische  Geschichte  noch  in  spiiteren  Zeiten  viel  zu 
berichten. 

In  den  unruhigen  Zeiten  nach  dem  Mongoleneini'all,  wo 
ja  die  sclueckliche  Verwiistung  des  Landes  ohnehin  zu 
neuer  Besiedelung  drilngte,  hatte  die  Germanisation  in  Schle- 
sien machtige  Fortschritte  gemacht,  und  ganz  besonders 
ward  die  Keugriindung  von  Stadten  zu  deutschem  Rechte 
in  dieser  Zeit  in  grofsem  Umfange  ausgefiihrt.  Wir  haben 
aus  der  Zeit  von  1241  bis  zum  Tode  Heinrichs  III.  ur- 
kundliche  Nachrichten  liber  die  Griiudung  folgender  schle- 
sischer  Orte:  Trebnitz  (l24l),  Striegau  (1242),  Steinau  in 
Oberschlesien  (1243),  Landshut  (1249),  Stiidtel  Leubus  (1249), 
Brieg  (1250),  Wansen  (1250  und  1252),  Liegnitz  (1252), 
Schawoine  und  ZirkAvitz  (1252,  beide  bei  Trebnitz  gelegene 
Orte  sind  jetzt  nur  DiJrler),  Hundsleld  (1252),  Trachenberg 
(1253\  Glogau  (1253),  Beuthen  in  Oberschlesien  (1254),  Ols 
(1255),  Konstadt  (l26l),  Glogau  (1263),  Bernstadt  (1266), 
zu  welchen  dann  nuch  verschiedene  treten,  von  denen  die 
betreffenden  Urkundon  nicht  mehr  erhalten  sind,  wohl  aber 
Xachrichten,  welche  die  Thatsache  der  hier  bereits  erfolgten 
Aussetzung  bezeugen,  wie  z.  B.  bei  Neifse. 

Man  hat  bei  diesen  Griindungen  sich  stets  bemiiht,    die 


Deutsche  Sttidte.  89 

neu  abgesteckte  Staclt  auf  eineni  Grande  anzulegen,  cler  mit 
den  bishei'  an  dem  Orte  vorhandenen  Ansiedelnngen  nichts 
zu  thun  hatte,  so  dais  dann  die  Ictztere  als  Dorf  neben 
der  neuen  Stadt  und  getrennt  von  dieser  fortbestehen  blieb, 
wie  wir  das  bei  einer  grofsen  Anzahl  der  schlesisclien  Stadte 
noch  heute  nachzuweisen  vermogen.  Wer  in  der  Stadt 
Avohnte,  unterstand  deren  Rechte,  gleichviel  welcher  Nation 
er  angehnrte,  natllrlich  abgesehen  von  den  besondereu  Privi- 
legien  der  Geistlichkeit  und  der  geistlichen  Stitter. 

Bei  mehreren  der  genannten  Stadte  (Stadtel  Leubus, 
Brieg,  Trebnitz,  Schawoine,  Ols,  Konstadt)  ward  gleich  in 
der  Aussetzungsurkunde  bemerkt,  dafs  sie  das  Stadtrecht 
von  Neumarkt  haben  sollten,  also  da  das  Neuraarkter  Reclit 
indirekt  von  Magdeburg  herstammte,  dafs  fur  sie  die  Rechts- 
grundsatze  gelten  sollten,  welche  in  der  letztgenannten  Stadt 
galten;  von  den  librigen  Orten  werden  wir  das  Gleiche 
stillschweigend  voraussetzen  diirfen.  Es  werden  nait  diesem 
Stadtreclite  nicht  sowohl  die  eigentlichen  Freibeiten  der 
Stadtj  d.  h.  die  ihr  von  ihrera  Landesherrn  gewabrten  Zu- 
gestandnisse^  gemeint,  als  vielmehr  diejenigen  Reclitsgrund- 
satze,  nach  welcben  in  den  stadtischen  Gericbten  der  Yogt 
unter  Beirat  der  aus  der  Gemeinde  gewahlten  Schoffen  die 
Streitigkeiten  der  Burger  unter  einander  zu  entscheiden 
hatte.  An  eine  Ubertragung  des  Stadti'eehtes  im  Wege  der 
Mitteilung  einer  scbriftlichen  Aufzeichnung  etwa  z.  B.  von 
Neumarkt  auf  eine  der  genannten  Stadte,  ist  fiir  jene  iiltere 
Zeit  kaum  zu  denken.  Die  Mitteilung  eines  ganzen  Magde- 
burger  Stadtrecbtes  an  Breslau  im  Jahre  1261,  von  der 
wir  noch  zu  sprechen  haben  werden,  steht  ganz  vereinzelt 
da,  wie  hauiig  auch  in  spaterer  Zeit  derartige  Rechts- 
mitteilungen  vorkommen.  Offenbar  war  damals  zunachst 
der  Vogt  der  Trager  dieser  Rechtskenntnis ,  seine  Sache 
war  es,  Streitigkeiten  nach  den  Grundsatzen  des  Magde- 
burger  Rechts  zu  entscheiden.  Inwieweit  dann  die  Schoffen, 
auf  eigene  Kenntnis  gestutzt,  selbstjindige  Aufiassungen  gel- 
tend  zu  machen  vermochten,  hing  von  deren  Beiahigung 
ab.  Doch  Avar  es  naturlich,  dafs  die  Bilrgerschaft ,  deren 
ganze  EntAvickelung  ja  darauf  ging,  der  Gewalt  des  Vogtes 
gegeniiber  mehr  und  mehr  Selbstandigkeit  zu  gewinnen, 
schon  friih  das  Bedurfnis  empfand,  durch  schriftliche  Auf- 
zeichnungen  der  Recht?grundsatzo  sich  die  Mciglichkeit  eigner 
Kontrolle  zu  sichern  und  jeder  AYillkiir  des  Vogtes  Schran- 
ken  zu  setzen. 

Unter  den  genannten  Stadten  geuossen  natiirlich  die 
Residenzen  der  Herzoge  einen  gewisseu  Vorzug  und  gelangten 


90  Zweitos  JJuch.     Drittci-  Abschnitt. 

zu  hoherer  Bedeutung.  So  Oiogau,  Liegnitz,  Breslau  und 
dnneben  audi  Brieg  und  in  Oberschlesien  die  damalige 
Ilauptstadt  Katibur.  Dafs  die  Filrsorge  der  Herzoge  sicli 
dann  auch  noch  auf  die  Befestigung  der  Stadte  erstreckte, 
erkljirt  sich  leicht  aus  der  Not  der  damaligen  stiirniischen 
Zeiten.  Herzog  Konrad  urkundet  1253  iiber  Glogau,  er 
woUe  hier  eine  freie  und  zugleich  feste  Stadt  begriinden, 
auf  dais  die  Freiheit  zahh'eiche  Bewohner  dort  hinziehe, 
die  Festigkeit  aber  sie  dann  dort  sicher  leben  lasse,  und 
ebenso  verspricht  Heinrich  111.  1250,  seine  neu  gcgrlindete 
Stadt  Brieg  innerhalb  zwei  Jahreu  zu  befestigen.  Bei  Keilse 
iibcrlaist  es  dcrselbe  Herzog  den  Bllrgern,  resp.  dem  Bischofe, 
die  Kosten  der  Befestigung  zu  tragen,  und  giebt  uur  seine 
Einwilligung  dazu.  Die  Befestigung  soil  in  einer  Mauer 
von  Steinen  oder  Ziegeln  bestehen ;  wenn  das  aber  den  Bllr- 
gern zu  grofse  Kosten  mache,  begniigt  man  sicli  auch  niit 
einer  Scliutzwehr  aus  Balken. 

Von  jenen  Stadtegriindungen  fiiUt  nun  bei  Aveitem  der 
grofste  Teil  Heinrich  111.  zu,  der  ja  unter  den  Briidern  den 
ausgebildetsten  Sinn  filr  staatliche  Ordnung  besafs  und 
iiberhaupt  zu  einem  guten  Regeuten  nach  alien  Seiten  hin 
veranlagt  war.  Ein  Klosterbruder  von  Heinrichau  berichtet 
zu  jener  Zeit,  Heinrich  habe,  nachdem  er  die  Kegierung 
angetreten,  erklart,  er  AvoUe  das  Erbteil  seiner  Vater  Avieder 
haben,  und  von  diesem  Grundsatze  ausgehend,  habe  er  dann 
manche  der  Schenkungen  seines  Bruders  Boleslaw  zuriick- 
genommen  und  so  auch  dem  Kloster  Heinrichau  Jaurowiz 
wieder  entzogen. 

Jener  Grundsatz  des  Herzogs  brachte  ihn  auch  in  einen 
gewissen  Konflikt  mit  seiner  neugegrliudeten-  Stadt  Breslau. 
Wie  er  selbst  dariiber  urkundet,  batten  die  Breslauer  damals, 
als  er  noch  ein  Knabe  war,  also  1242,  sich  mehr  angeeiguet, 
als  ihnen  zukam,  so  z.  B.  die  herzoglichen  Fleischbiinke 
und  auch  die  Verfiigung  liber  die  innerhalb  der  ersten 
Grenzgriiben  der  Stadt  liegenden  Garten  und  Gehofte. 

Als  der  Herzog  zur  Regierung  kam,  forderte  er  das 
alles  einfach  zuriick  und  erbot  sich  sogar,  sein  Recht  daran 
vor  Gericht  nachzuweisen.  Aber  die  Breslauer  zogen  es  vor, 
einen  glltlichen  Vergleich  mit  dem  Herzoge  abzuschliefsen, 
infolge  desseu  nun  Heinrich,  jedenfalls  gegen  eine  ansehn- 
liche  Geldsumme,  jene  bestrittenen  BesitztLimer  den  Bres- 
lauern  liels,  ja  sogar  das  stadtische  Weichbild  Aveiter  aus- 
dehnte,  namlich  ilber  die  Oderinsel,  den  Sand  genannt,  auf 
welche  allerdings  auch  das  dort  befindhche  Augustinerstift 
Anspriiche  erhob,    und    anderseits   liber    die    alte  Wallonen- 


Vertrag  der  Breslauer  mit  Heiurich  III.  91 

kolonie  um  die  Mauritiuskirche  (die  heutige  Klosterstrafse), 
ferner  der  Stadt  die  Viehweiden  im  Westen  der  Stadt  zu 
beiden  Seiten  der  Oder  bestiitigte^  imd  aulserdem  auch  zur 
Anlockung  neuen  Zuzugs  jedem  Ankomraling,  der  in  der 
Stadt  Grundeigentum  erwarb,  Steuerfreiheit  auf  eiu  Jahr 
zusicherte. 

Es  hat  wahrscheinlich  mit  jenen  bei  der  Throubesteigung 
Heinricbs  III.  von  diesem  gemachten  Riickforderungen  zu- 
sammengehaugen ,  dafs  derselbe  nun  auch  die  ofFenbar  von 
Boleslaw  erbaute  und  vom  Bischof  dotierte  Stadtkii-che  zu 
St.  Elisabeth  dem  gleichnamigen,  von  den  Kreuzherren  mit 
dem  roten  Sterne  geleiteten  Hospitale  inkorporierte ,  so  dafs 
die  letzteren  die  Einkiinfte  der  Kirche  zogen  und  dafur  den 
Gottesdienst  in  derselben  durch  einen  ihrer  Brilder  ver- 
sehen  liefsen 

Als  die  Hauptsache  jenes  zwischen  Herzog  und  Blirger- 
schaft  geschlossenen  Vergleiches  diirfen  wir  jedoch  das  an- 
sehn,  dafs  beide  vereint  von  den  Ratraannen  und  SchofFen 
zu  Magdeburg  eine  Abschrift  des  an  ietztereni  Orte  gelten- 
den  Stadtrechtes  erbaten  und  der  Herzog  Heinrich  III.  in 
Oemeinschaft  mit  seinem  Bruder  Wladvslaw  nun  den  Bres- 
lauern  den  Gebrauch  dieses  Stadtrechtes  filr  den  ganzen 
Umfang  ihres  Weichbildes  gestattete.  Dieses  vimfangHche, 
ims  noch  in  dem  aus  Magdeburg  gekommeuen  Originale  er- 
haltene  Dokument  enthalt  nun  zu  gleicher  Zeit  eine  Fest- 
setzung  der  leitenden  Grundsatze  der  biirgerhchen  und 
Straf  -  Gesetzgebung,  sowie  des  dabei  zu  beobachtenden 
Rechtsverfahrens  und  daneben  doch  auch  Grundziige  einer 
stadtischen  Verfassung ,  und  wir  diirfen  alle  diese  Fest- 
setzungen  im  grofsen  und  ganzen  als  giiltig  fiir  die  deutschen 
Stadte  Schlesiens  ansehen. 

Nach  dieser  Verfassung  behalt  der  Herzog  sich  selbst, 
beziehungsweise  einem  von  ihm  ernanuten  Kommissar,  hier 
Landvogt  genannt  und  nicht  mit  dem  Stadt-  oder  Erbvogt 
zu  verAvechseln,  die  Gerichtsbarkeit  liber  besonders  schwere 
Verbrechen :  Mord,  Raub  und  Isfotzucht  vor.  Derselbe  hielt 
sein  Gericht  (das  Vogtding)  dreimal  im  Jahre  an  genau 
festgesetzten  Terminen,  und  auch  kleinere  Vergehen  fallen 
ihm  zu,  wenn  dieselben  in  den  14  Tagen  vor  seinem  Ding- 
tage  begangen  wurden.  Ihm  gebilhrt  ein  Strafgeld  von 
eO^Schillingen,  welches  aber  der  Herzog  filr  Breslau  auf 
diejHalfte  herabsetzt.  Das  gewohnliche  Gericht  halt  dann 
der  Erbrichter  oder  Erbvogt,  dessen  Gewedde  (Strafgeld) 
gleichfalls  von  8  Schilling  auf  4  herabgesetzt  wird,  woven 
der]Herzog  zwei  Telle,  der  Erbrichter  einen  erhalt.    SchofFen, 


t>j  Zweites  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

die  nils  tier  Biirgerschaft  gekoren  werden,  helfen  bei  beiden 
( nTicliten  den  Vr»gteu  das  Urteil  linden.  In  Sachen  des 
Handi'ls  und  Verkehrs,  also  z.  B.  iiber  ungorechte  Kiiuio 
tuid  zii  geringes  I^Ials  habcn  die  Ratsherren  zu  entscheiden, 
welche  dann  iiberhanpt  in  der  nach  Rate  der  „weisesten 
Leute"  zu  berufenden  Bilrgerversammlung  (dem  Burdinge) 
Festsetznngen  iiber  Handel  und  Verkehr  treff'en  dilrten. 
Die  Ilatsherren  oder  Konsuln  werden  nach  dem  j\lagde- 
Itiirjicr  Vorbilde  aut"  ein  Jahr  gewalilt;  nach  dessen  Ablaufe 
sie  dann  selbst  ihi*e  Nachtblger  erkiesen.  Diese  Form  der 
Ratswahl  ist  nun  filr  Breslau  fort  und  fort  die  herrschende 
geblieben,  wie  wir  denn  filr  Breslau  iiberhaupt  das  Bestehen 
einer  stildtischen  Obrigkeit,  also  den  Anfang  einer  Selbst- 
regierung,  von  dieser  Bewidmung  mit  dem  ]\Iagdeburger 
vStadtrechte  an  rechnen  diiri'en.  Aus  dem  Jahre  126(»  Aver- 
den  uns  die  ersten  Nanien  Breslauer  Konsuln  iiberliefert, 
der  authentische  Ratskatalog,  der  dann  in  ununterbrochener 
Folge  die  Ratsherren  bis  zum  Jahre  1741  aufzahlt,  beginnt 
mit  dem  Jahre  1287. 

Was  die  ilbrigen  schlesischen  Stadte  anbetriift^  so  haben 
dieselben  sich  zunachst  damit  begniigen  miissen,  dafs  der 
Erbvogt,  der  sie  nach  aufsen  hin  vertrat,  in  wichtigeren 
Angf'legenheiten  den  Beirat  der  angesehensten  Biirger  (se- 
niures)  sich  erbat,  doch  haben  einzelne  von  ihneu  schon  vor 
Ablauf  des  13.  Jahrhunderts  eigene  Stadtobrigkeiten ,  Kon- 
suln. Inbezixg  auf  deren  Wahl  ist  die  Praxis  nicht  iiberall 
dieselbe.  In  Weidenau  erwiihlt  dieselben^  5  an  der  Zahl, 
der  Erbvogt  (129(>);  in  Patschkan  desgleichen  2  (l270),  in 
Brieg  ernennt  noch  im  14.  Jahrhundert  der  Herzog  die 
Konsuln,  nach  Liegnitz  verpflanzte  1293  die  Gewahrung 
der  Rechte  von  Breslau  auch  die  hier  ilbliche  Form  der 
Ratswahl,  und  denselben  Wahlraodus  bezeugt  (1293)  eine 
Rechtsmitteilung  der  Schweidnitzer  an  Ratibor;  und  filr  die 
letztere  Stadt  ernennt  dann  (1299)  Herzog  Premyslaw 
5  Ratsherren  rait  der  Bestimmung,  dafs  diese  nach  Ablauf 
ihrcs  Amtsjahres  die  neuen  Konsuln  zu  wahlen  haben 
sollen. 

Im  allgemeinen  werden  wir  daran  festhalten  dilrfcn,  dafs 
die  Landesherren  den  StJidten  gegeniiber  ungleich  weniger 
jingstlich  an  ihren  Hoheitsrechten  festhalten  als  an  den  dar- 
aus  hertliofsenden  Einnahmequellen,  und  dafs  daher  die  Burger, 
so  wie  ihr  A\'olilstand  sich  hob,  es  nicht  allzu  schwer  hatten, 
um  Geld^  Rechte  der  Filr.sten  abzuiosen  und  so  grofsere 
Sell)standigkeit  zu  erringen,  —  ein  Weg,  der  dann  ganz  regel- 
nijifsig  von  den  Biirgerscliaften  eingeschlagen  wird. 


Die  Neustadt  imd  der  Neuniarkt  zu  Breslau.  93 

Etwas  der  Art  trug  sicli  nocli  in  den  letzten  Regieruugs- 
jahren  Heinrichs  III.  in  Breslau  zu.  Dieser  sparsame  Filrst 
hatte  es  sich  hier  angelegen  sein  lassen,  nach  jenem  Yer- 
gleiche  mit  der  Biirgerschaft  von  1261  sich  neue  Einnahme- 
quellen  zu  eroffnen.  Er  grilndete  1263  jenseits  der  Ohlau 
die  Neustadt  Breslau,  westlich  von  der  alten  Stadt  unter 
einem  besonderen  Vogte,  die  dann  vorzugsweise  ein  Sitz 
einer  industriellen ,  der  Wollenweberei  obliegenden  Bevolke- 
rung  wurde.  Diese  Neustadt  zeigt  nirgends  eine  Spur  einer 
Marktanlage,  und  obwohl  dem  Yogte  derselben  in  der  Aus- 
setzungsurkunde  neben  den  Einkiinften  von  einer  Badestube, 
einer  Miihle  an  der  Olilau,  auch  die  von  gewerblichen  Ver- 
kaufsstatten  zugesichert  werden,  so  dilrfen  wir  dock  an- 
nehmen,  dafs  wesentlicli  fiir  sie  der  Neumarkt,  welchen  der 
Herzog  westlich  von  der  Neustadt,  aber  auch  aufserhalb  der 
Grenzen  der  Altstadt  damals  anlegte,  bestimmt  war.  Doch 
die  Breslauer  Burger  ertrugen  die  Konkurrenz  sehr  ungeru, 
und  wenige  Jahre  spater  (1266)  sehen  wir  drei  aus  der 
Biirgerschaft  dem  Herzoge  die  24  neuen  Fleischbanke,  die 
er  am  Neumarkte  angelegt  hat,  wiederum  abkaufen,  zugleich 
mit  dem  Schlachthofe ,  und,  was  vielleicht  das  Wichtigste 
ist,  der  Herzog  verspricht  bei  dieser  Gelegenheit,  in  der 
Stadt  Breslau  und  dem  einmeiligen  Umkreise  derselben  hin- 
fort  keine  neuen  Fleischbanke  anlegen  zu  wollen.  Wenige 
Wochen  spater  verkauft  der  Herzog  den  Breslauern  den 
MarktzoU  zu  Breslau,  desgleichen  die  Briickenzolle  auf  der 
Weide  in  Schweinern,  Protsch  und  Hundsfeld,  sowie  auf  der 
Weistritz  bei  Lissa,  Gohlau  und  Mochbern,  wo  er  dann  auch 
keine  Schenke  niehr  halten  Avill,  welche  Zolle  nun  die  Bres- 
lauer im  Interesse  ihres  Handels  ganz  und  gar  aufheben. 
Wiederum  acht  Tage  spater  folgt  dann  noch  eine  weitere 
Veraufserung  des  Herzogs  an  Breslauer  Biirger,  nilmlich 
von  47|  Kramladen,  gieichfalls  unter  der  Verpflichtung  des 
Herzogs,  weder  neue  derartige  Laden  eri-ichten  noch  die 
vorhandenen  an  eine  andere  Stelle  verlegen  zu  Avollen: 
insgesamt  Geschafte,  welche  von  dem  schnellen  Aufbliihen 
der  Stadt  zeugen. 

Es  ist  eben  durchaus  wahrscheinhch ,  dafs  Breslau  bei 
dem  Tode  Heinrichs  HI.  bereits  ein  verhaltnismafsig  reclit 
ansehnlicher  Handelsplatz  war,  bedeutsam  nicht  allein  als 
kommerzieller  Mittelpunkt  eines  ansehnlichen  Landstriches, 
sondern  noch  ganz  besonders  als  der  wichtigste  Ort,  wo  die 
Produkte  des  slavischen  Ostens ,  vornehmlich  Pelzwerk, 
Haute,  Salz,  ausgetauscht  wurden  gegen  die  von  Westen  her 
zu    beziehenden   Kolonialwaren,   Tuch,   Wein   u.  dgl.     Das 


94  Zweites  Buch.     Vierter  Abscliuht. 

spjiter  urkundlich  verbriefte  Niederlags-  oder  Stapelrecht, 
wolclies  cine  blol'se  Diuvlifiihrung  von  Handelswaren  geradezu 
verbut,  mochte  schon  danials  thatsiichlich  in  Geltung  sein, 
so  dais  der  grofdc  Gcwinn  dieser  Warenvermittelung  den 
Bre.slauern  unverkiirzt  zufiel. 


Vierter  Abschnitt. 

Heiiirich  IV.  bis  1*290.   Der  grofse  Kirchenstreit.    Er 
oberiins  Krakaus. 


Heinrich  III.  hinterliefs  bei  seinem  Tode  1266  einen 
einzigen  damals  noch  unmiindigen  Sohn  gleichen  Namens, 
dessen  Vormundsclial't  naturgemafs  seinem  Oheime  Wlady- 
slaw  zufiel.  Dieser  seit  1265  Erzbischof  von  Salzburg,  hatte 
doch  auch  auf  einen  Anteil  an  der  scldesischen  Herrschaft 
nie  verzichtet,  und  nun  bei  dem  Tode  Heinrichs  111.  setzte  eine 
miichtige  Partei  des  Adels,  welche  immer  schon  den  milden 
und  freigebigen  Kjrclienfursten  dem  strengereu  sparsamen 
Herzoge  vorgezogen  hatte,  eine  voUstandige  Teilung  des  von 
diescm  hinterlassenen  Landes  durch.  Als  Vormund  des 
jungen  Prinzen  hat  er  dann  thatsachhch  liber  das  ganze 
Land  Heinrichs  III.,  etwa  den  heutigen  Regierungsbezirk 
Breslau  (mit  Ausschluls  von  Glatz)  umfassend,  bis  an  seinen 
Tod  (1270)  geherrscht. 

Aufserdem  fiel  ihm  auch  die  Verwaltung  des  Bistums 
Bresku  zu.  Als  naniHch  am  30.  ]\Iai  1268  Bischof  Thomas  1. 
starb,  postulierte  das  Breslauer  Domkapitel  ihn  als  Nach- 
lolger,  und  wenngleich  Papst  Klemens  IV.  in  solche  Hau- 
fung  bischcjflicher  Wiirden  nicht  willigen  mochte,  so  ilber- 
liefs  er  ihm  doch  die  Verwesung  des  Bistums  und  den  Genufs 
der  Einkiinfte  davon. 

Zu  seiner  Zeit  und  wahrscheinlich  nicht  ohne  seine  Be- 
rn ilhungen  erfolgte  auch  die  feierliche  Heiligsprechung  seiner 
Grolsmutter,  der  fronimen  Herzogin  Hedwig.  Das  Geriicht 
von  Wuudern,  die  an  ihrem  Grabe  in  Trebnitz  erfolgt  seien, 
hatte  bereits  Papst  Urban  IV.  bewogen,  im  Jahre  1262 
Kommissare  zur  Untersuchung  derselben  abzuordnen,  und 
als   dann    sein   Nachfolger   Papst    Klemens  IV.,    der   frllher 


i 


Heinriclis  IV.  Jugend.  95 

ein  Kriegsmann ,  aus  seiner  damaligen  Ehe  eine  blinde 
Tochter  hatte,  wie  die  Legende  ei'zalilte,  die  Freude  er- 
lebte,  dais  dieser  am  Grrabe  der  Herzogin  das  Gesicht 
wiedergegeben  ward,  proklamierte  dieser  unter  dem  26.  JMarz 
1267  die  Kanonisation  der  Herzogin  Hedwig.  Wladyslaw 
legte  dann  selbst  den  Grund  zu  dem  Ausbau  des  einen 
SeitenschifFes  der  Trebnitzer  Klosterkirche ,  in  welcher  nun 
die  Gebeine  der  Heiligen  ein  neues,  wurdigeres  Grab  finden 
sollten,  und  am  17.  August  1267  erfolgte  dann  die  feier- 
liche  Translation  zu  Trebnitz  in  Gegenwart  des  Bohmen- 
kcinigs  Ottokar,  sowie  vieler  sclilesischer  und  polnischer 
Fiirsten  imd  Pralaten  von  zahlreiclien  Ablafsbewilligungen 
verschiedener  auch  auswartiger  Kirclienfursten  begleitet,  ein 
Ereignis,  welches  einen  neuen  Glanz  dem  Hause  der  schle- 
siscben  Piasten  verlieh. 

Der  junge  Priuz  Heinrich  verweilte  in  dieser  Zeit  vor- 
nehmlich  in  Prag  bei  seinem  Grofsoheime,  dem  Konige 
Ottokar,  den  er  auch  1271  auf  dessen  Feldzuge  gegen 
Ungarn  begleitet,  und  als  dann  sein  Oheim  Wladyslaw  am 
27.  April  1270  stirbt,  legt  er  mit  Riicksicht  auf  die  Unreife 
seines  Alters  in  Gegenwart  der  Bischofe  von  Breslau  und 
Lebus  das  feierliche  Gelobnis  ab,  ohne  Wissen  und  Willen 
des  Konigs  keine  wichtigen  Entscheidungen  treffen  zu  wollen, 
und  dieser  setzt  ihm  dann  aus  der  Reihe  der  schlesischen 
Adeligen  den  angesehenen  aus  der  wallonischen  Kolonie  in 
Schlesien  stammenden  Simon  Gallicus  als  Erzieher  zur 
Seite. 

Etwa  vom  Jahre  1273  an  scheint  Heinriclis  selbstandige 
Regierung  zu  beginnen ,  wo  er  dann  noch  einmal  dem 
Bolnnenkonig  in  Erinnerung  an  vielfach  empfangene  Wohl- 
thaten  gelobt,  von  niemanden  als  ihm  den  Giirtel,  das  Zei- 
chen  der  RitterAviirde,  anzunehmen  und  auch  seine  Diener- 
schaft  in  die^^Farben  des  Konigs  zu  kleiden. 

Es  war  ein  Flirst  von  seltenen  Gabon  des  Geistes, 
energischem  WiUen  und  voll  kiihner  Entwurfe.  Schon  in  seinen 
ersten  Regierungsjahren  bemerken  wir  ein  Anwachsen  seines 
Landgebietes.  Das  Gebiet  von  Kreuzburg-Pitschen  erscheint 
ihm  gehorend,  und  1276  kauft  er  von  dem  Magdeburger 
Erzbischof  das  Krossener  Land  zuriick.  Aber  bald  geriet 
er  durch  die  Mifsgunst  seines  Oheims  Boleslaw,  dessen  ge- 
waltthiitiger  Sinn  das  Alter  nicht  zu  mildern  vermocht  hatte, 
in  die  schwerste  Bedriingnis.  Boleslaw  hatte  nach  dem 
Tode  Wladyslaws  an  dessen  Erbe  gleichfalls  Anspriiche  er- 
hoben,  welche  Heinrich  entsprechend  dem  nach  dem  Tode 
Heinrichs  II.   gesclilossenen   Famihenpakte   als   ungegrilndet 


%  Z\voit<-s  IJiicli.     Viortcr  Absclmitt. 

ansah.  Nun  fand  Boleslaw  alier  unter  den  Vasallen  Hein- 
riclis  IV.  Verriiter,  welclie  niit  dem  festen  jungen  Herzog 
un/.ulrieden  zu  eincr  Gewalttliat  an  diesen  die  Hand  boten. 

Diese  iibertic'len  am  18.  Februar  1277  Heinrich  des 
Kachts  in  dem  Sclilosse  Jeltsch  bei  Ohlau,  schleppten  ihn 
fort  und  lieferten  ihn  an  Herzog  Boleslaw  von  Liegnitz  aus, 
dor  ihn  aut'  Burg  Liilmhaus  am  Bober  in  stronger  Haft 
hielt. 

Es  war  natiirlieh,  dafs  in  dieser  Bedrangnis  Heinrich 
vor  allem  von  seinem  bisherigen  Beschiitzer,  dem  Bohmen- 
konig,  Beistand  erwartete.  Diesem  mochten  die  schlesischen 
Hiindel  sehr  unerwLlnscht  kommen.  Er  hatte  eben  seine 
kilhnen  Plane  einer  Gewinnung  (3sterreichs  scheitern  sehen 
und  sicli  zu  einem  Frieden  mit  seinem  siegreichen  Gegner, 
dem  rcimischen  Kiinig  Rudolf  von  Habsburg,  herbeigelassen, 
ohne  dafs  jedoch  dieser  Friede  schon  ganz  perfekt  ge- 
worden  ware  und  keinenfalls  ohne  den  Hintergedanken,  bei 
giinstiger  Gelegenheit  die  Fesseln,  die  ihm  dieser  auferlegte, 
wieder  abzuschiitteln.  In  den  schlesischen  Fiirsten,  liber 
welche  er  bisher  eine  Art  von  Oberherrlichkeit  thatsachlich 
ausgeiibt,  erblickte  er  seine  natiirlichen  Bundesgenossen,  und 
es  kam  fiir  ihn  an  erster  Stelle  darauf  an,  hier  Frieden  zu 
stiften,  die  vorgefallenen  Irrungen  zu  schlichten,  ohne  dabei 
doch  durch  ein  zu  schroffes  Auftreten  einen  Teil  dieser 
Fiirsten  in  das  Lager  seiner  Gegner  zu  treiben.  Diese  po- 
litischen  Rlicksichten  behielt  er  trotz  seiner  niiheren  Be- 
ziehungen  zu  dem  jungen  Herzog  von  Breslau  sehr  sorg- 
ialtig  im  Auge.  So  begniigt  er  sich  zunachst  damit,  Ge- 
sandte  an  Boleslaw  zu  senden,  urn  einen  Vergleich  herbei- 
zufiihren,  stellte  den  Markgraf  Otto  von  Brandenburg,  der 
wegon  alter  noch  in  Wladyslaws  Zeit  zuriickreichender  An- 
spriiche  Heinrich  gleichfalls  bekriegte,  durch  Verplandung 
von  Krossen  zufrieden,  und  erst  als  Boleslaw  zu  hohe  For- 
derungen  stellte,  griff  er  dazu,  natiirlieh  gleichfalls  auf  Hein- 
riclis  Kosten,  den  Herzog  Boleslaw  von  Grofspolen  und 
Heinrich  von  Glogau  zu  einem  Kriegszuge  gegen  Boleslaw 
zu  gewinnen.  Doch  das  von  diesen  gesammelte  Heer,  das 
der  Polenherzog  befehligte,  unterlag  am  24.  April  1277  bei 
Protzan  imweit  Frankenstein  nacli  blutigem  Kampfe  den 
Scharen,  welche  Heinrich,  der  alteste  Sohn  Boleslaws,  gegen 
sie  ins  Fold  fiihrte. 

Nun  waren  ernstliche  Konzessionen  in  Gestalt  von  Land- 
abtretungen  nicht  mehr  zu  vermeiden.  Konig  Ottokar  ver- 
mittelte  eiligst  einen  Waffenstillstand  bis  zum  13.  Juli, 
wahrend  dessen  dann  Boleslaw  nach  Prag  Gesandte  scliicken 


i 


Landabtretungen  an  Boleslaw  II.  97 

oolite.  In  der  That  kam  in  dieser  Zeit  iinter  Vermittelung 
des  Krakaner  Herzogs  ein  Vertrag  zustande,  der  dem  Lieg- 
nitzer  Herzog  als  den  dritten  Teil  der  Erbschaft  Wlady- 
slaws  das  Gebiet  der  heutigeu  Kreise  Striegau  nnd  Neumarkt 
iiberliefs,  worauf  dann  anscheinend  noch  vor  Ablauf  des 
WafFenstillstandes,  also  im  Juli,  die  Freilassung  Heinrichs 
erfolgte. 

AVas  Boleslaw  bier  erlangte,  war  im  wesentlichen  das, 
was  ilim  nach  gewolinlicbem  Erbrecbte  iind  abgesehen  von 
den  Verabredungen  bei  der  einstmaligen  Teilung  zwischeu 
ibm  nnd  Heinrich  aus  der  Hinterlassensciiaft  Wladjslaws 
batte  zufallen  miissen.  Dieselben  Anspriicbe  hatte  ja  nun 
wohl  auch  Heinrich  von  Glogau,  der  Sobn  des  jiingsteu  der 
drei  Briider,  Konrad,  erheben  konnen,  doch  erfahren  wir 
von  Entschadigungen  nach  dieser  Seite  bin  nichts  Naheres. 

Die  Anschauung,  welche  bei  dem  Gauzen  zum  Aus- 
druck  kam ,  fafste  die  herzogliche  Gewalt  immer  nur 
unter  dem  Gesichtspunkte  eines  privatrechtlichen  Besitzes, 
bei  dem  Erbschaftsteilungen  ins  ungemessene  zulassig,  ja 
geboten  seien;  sie  mufste  natiirlich  die  schwersten  Folgen 
haben.  Mit  der  Zersplitterung  schwanden  die  Bedingungen 
selbstandiger  Entwickelung,  und  fiir  die  zahlreichen  macht- 
losen  und  unter  einander  uneinigen  Teilfursten  stellte  sich 
mehr  und  mehr  die  Anlehnung  an  eine  auswartige  grofsere 
Macht  als  Notwendigkeit  heraus.  Von  dem  damals  iibrigens 
selbst  zersplitterten  Polen  waren  die  scblesischen  Fiirsten 
losgerissen,  an  das  Deutsche  Reich  batten  sie  einen  Anschlufs 
nicht  gesucht,  so  gerieten  sie  denn  in  die  Abhangigkeit  des 
machtigen  Nachbars  von  Bohmen,  und  Konig  Ottokar  rech- 
nete  auf  ihre  Hilfe  sehr  ernstlich  bei  dem  schweren  Kampfe, 
zu  welchem  er  sich  seit  Ende  des  Jahres  1277  mit  seinem 
machtigen  Gegner,  dem  Konige  Rudolf,  eifrig  rlistete.  Aller- 
dings  hatte  auch  der  letztere  ernstliche  Versuche  gemacht,  die 
Schlesier  und  vornehmlich  Heinrich  IV.  auf  seine  Seite  zu 
Ziehen,  wie  denn  auch  der  mit  dem  Herzoge  verwandte  und 
wegen  seiner  Frommigkeit  hoch  angesehene  Minorit  Heinrich 
von  Brene  in  diesem  Sinne  thatig  war.  Aber  umsonst! 
Vielleicht  mehr  noch  als  das  Band  der  Dankbarkeit  fesselte 
Heinrich  an  Ottokar  dessen  Versprechen  einer  Abtretung 
der  Grafschaft  Glatz,  und  so  fochten  denn  in  dem  Ent- 
scheidungskampfe  auf  dem  Marchfelde  am  26.  August  1278 
die  scblesischen  Herzoge  Heinrich  von  Breslau,  Wladyslaw  von 
Oppeln  und  Heinrich  von  Glogau  auf  der  Seite  Ottokars, 
dem  bekanntlich  der  Tag  den  Sieg  und  das  Leben 
kostete. 

Griinhagen,  Gesch.   Schlesiens.     I.  • 


98  Zweites  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

Fiir  Heinrich  IV.  nahte  erst  jetzt  die  Zeit,  wo  er  zur 
vollen  Bedeutung  kara. 

Nach  dem  Tode  Konig  Ottokars  nahm  er  auf  "Grund 
seiner  Vertriige  mit  diesem  die  Grafsehaft  Glatz  ein  und 
erhob  nun  audi  Auspriiclie  auf  die  Vormundsehaft  iiber  den 
von  Otlokar  hinterlassenen  noch  unmiindigeu  Priuzen  Wenzel. 
Um  diese  Anspriiche  kaniplte  er  dann  mit  dem  Neffen  Otto- 
kars, dem  Markgrafen  Otto  von  Brandenburg,  und  vor  den 
Thoren  von  Prag,  bis  wohin  beide  Heere  vorgedrungen 
waren,  schien  es  zur  Schlacht  kommen  zu  sollen.  Doch 
die  Partei  des  Markgrafen  behielt  in  der  Stadt  die  Ober- 
hand,  sie  ciflnete  dem  letzteren  die  Thore,  und  Herzog  Hein- 
rich mufste  sich  damit  beguugen,  Glatz  zu  bebaupten,  ohne 
dafs  Konig  Rudolf  ilim  diesen  Besitz  bestritten  hatte. 

Dieser  war  weit  entfernt  davon  gewesen,  den  schlesischen 
Fiirsten  ibre  Parteinabme  fiir  seinen  Gegner  entgelten  zu 
lassen;  er  hatte  sie  gern  in  den  Frieden  mit  Bohmen  ein- 
geschlossen,  und  der  machtigste  von  ihnen,  eben  Heinrich  IV., 
zeigte  sich  sogleich  bereit,  gegen  die  Anerkennung  des  Be- 
sitzes  von  Glatz  seine  Lande  vom  Kcinig  Rudolf  resp.  dem 
Deutschen  Reiche  zu  Lehen  zu  nehmeu,  wodurch  denn  nun 
die  Trennung  Schlesiens  von  Polen  ganz  formell  besiegelt 
wurde,  wenngleich  diese  Zugehorigkeit  zum  Reiche  nach- 
mals  wieder  in  Vergessenheit  gekommen  ist. 

Und  walirend  hier  im  Herzen  Schlesiens  einem  energischen 
Fiirsten  im  Besitze  eines  ansehnlichen  Machtgebietes  noch 
weitere  Erwerbungen  gelangeu,  sank  bei  den  iibrigen  Her- 
zogen  ihre  Macht  durch  immer  fortgesetzte  Landesteilungen. 
Bei  den  Glogauern  hatte  schon  um  1271  der  Tod  Konrads 
zu  einer  Teilung  gefiihrt;  als  jetzt  1278  der  wilde  Lieg- 
nitzer,  Boleslaw,  starb,  gait  es,  drei  Erben  zu  befriedigen: 
Heinrich,  Bolko  und  Bernbard,  und  ebenso  zersplitterte  sich 
die  oberschlesische  Herrschaft,  als  1281  (oder  1282)  der 
ki'iegerische  Wladyslaw  die  Augen  schlofs;  mit  der  bedeut- 
samen  Rolle,  welche  der  Oppeler  Fiii'st  in  den  polnischen 
Handeln  und  den  Kampfen  an  den  Grenzen  Mahrens  und 
Ungarns  gespielt  hatte,  war  es  aus,  seit  hier  vier  Prinzen 
sich  in  das  Erbe  jenes  teilten. 

Um  so  bedeutsamer  erschien  da  die  Macht  Heinrichs  IV., 
der  in  seiner  Hand  vereinigte  die  Herzogtiimer  Breslau  (mit 
Ausschlufs  des  Neumarkter  Gebietes),  Schweidnitz  (ohne  den 
Striegauer  Kreis),  die  Grafsehaft  Glatz,  ferner  die  Herzog- 
tiimer Miinsterberg,  Brieg  (mit  dem  grottkauischen  und 
dem  Bezii'k  von  Kreuzburg),  01s  samt  den  Landen  von 
Polnisch-Wartenberg,  MiHtsch,  Tracheuberg  bis  an  die  pol- 


Auswartige  Beziehungen  Heinrichs  IV.  99 

nische  Grenze;  ferner  Krossen,  das  er  von  clem  Branden- 
bm'ger  Markgrafen  1279  urn  6000  Mark  wieder  einloste, 
endlich  das  nachmalige  Herzogtum  Wohlau,  und  1281  auch 
ein  Stiick  von  Grofspolen^  das  Land  Wielun,  zurlickerlangte. 
Er  erbte  thatsachlich  von  Ottokar  einen  gewissen  Vorraug 
unter  den  schlesischen  Fui'sten  und  eine  Oberherrlichkeit 
iiber  dieselben.  Nicht  ohne  Widersh'eben  ward  dieselbe  an- 
erkannt. 

Im  Jalire  1280  erfahren  wir  von  einem  Kampfe  Hein- 
richs mit  den  Sohnen  seines  Oheiras  Boleslaw  von  Liegnitz^ 
bei  welchem  die  letzteren  die  Unterstiitzung  der  Branden- 
burger  erlangen,  wo  dann  Markgraf  Albrecht,  der  Bruder 
von  Heinrichs  altem  Gegner  Otto,  mit  seinen  schlesischen 
Verbiindeten  in  das  Gebiet  des  Breslauer  Herzogs  einen 
Einfall  macht  und  Miinsterberg  belagert,  wiihrend  jener  das 
Liegnitzische  verwiistet,  und  dann  wieder  von  einer  arg- 
hstigen  Gefangenschaft  der  beiden  Herzoge  von  Liegnitz 
und  Glogau,  sowie  des  Herzogs  Premyslaw  von  Grofspolen 
in  Baritsch  bei  Jauer,  welche  eine  Haft  dieser  Fiirsten  in 
Breslau  bis  Anfang  Juni  zui'  Folge  hatte,  ohne  dafs  ein 
verwiistender  Einfall  Herzog  Leskos  des  Schwarzen  daran 
etwas  zu  andern  vermochte. 

Die  machtigsten  der  schlesischen  Teilfiirstenj  die  von 
Liegnitz  und  Glogau,  sicherten  damals  Heinrich  IV.  fiir  jeden 
seiner  Kriege  eine  Unterstiitzung  mit  30  Lanzen  zu,  und 
wir  werden  noch  sehen,  wie  in  der  That  bei  Heinrichs 
letztem  grofsen  Unternehraen  gegen  Krakau  die  schlesischen 
Fiirsten  ihm  treue  und  tapfere  Heeresfolge  geleistet  haben. 
Die  Feindseligkeit  mit  den  askanischen  Markgrafen  fand 
endlich  auch  ihr  Ende  durch  die  Vermahlung  Heinrichs  IV. 
mit  Mechthild ,  der  Tochter  Markgraf  Otto  des  Langen, 
1288. 

Charakteristik.     Regierungsthatigkeit. 

In  der  That  scheint  die  ruhmwiirdige  Zeit  Heinrichs  des 
Biirtigen  in  dessen  Urenkel  noch  einmal  aufzuleben.  Kaum 
minder  als  in  dem  Ahnherrn  lebte  und  wii'kte  in  dem  Enkel 
ein  kiihn  aufstrebender  Ehrgeiz,  ein  gewaltiger,  energischer 
Wille,  den  Schwierigkeiten  nicht  schreckten,  Wechselfalle 
des  Scliicksals  nicht  entmutigteu.  Und  dabei  webt  urn 
Heinrich  IV.  die  Romantik  einen  besonderen  Zauber.  Er 
ist  der  glanzendste  Vertreter  des  Rittertums,  den  Schlesien 
aufzuweisen  hat.  Seine  Zeit  hat  uns  ein  BUd  hinterlassen, 
welches  den   ritterlichen  Herzog  Heinrich   von  Breslau   dar- 

7  * 


100  Zweites  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

stellt,  wie  er  auf  stolzem  Streitrosse,  auf  dessen  Decke  als 
Zierat  der  schlesische  Adler  rait  einzelnen  Buchstaben  des 
Wortes  Amor  abwechselt,  von  seiner  Waffen  und  Banner 
trageuden  Dienerschaft  iimgeben,  in  den  Schranken  eines 
Tm-nierplatzes  halt,  das  lockige  des  Helms  entledigte  Haupt 
und  den  recliten  Ai'm  zu  dem  Altan  erhebend,  den  edle 
Frauen  zieren,  deren  vornehmste  dem  fiirstlicheu  Sieger  den 
gewonncnen  Kranz  herabreiclit. 

Und  so  diirftig  unsere  Quellen  iiber  den  Herzog  sind, 
so  beiuchten  sie  doch  auch  von  Turnieren,  die  der  Herzog 
abhielt ;  er  liebte  glanzende  Feste,  seine  Vermahlung  mit  der 
askauischen  Prinzessin  Mechthild  ward  mit  uugewohnlicher 
Pracht  gefeiert.  Sein  Holhalt  war  glanzend  und  vermochte 
selbst  liervorragende  Sanger  zu  fesseln,  deren  einer,  der 
Tannhauser,  von  ihm  riihmt,  wenn  er  das  Gut  von  tausend 
Fiirsten  hiitte,  er  wiirde  es  gern  und  willig  verschenken. 
Ja,  er  zahlt  selbst  mit  unter  den  deutschen  Minnesiingern, 
und  obwohl  uns  niu'  zwei  Lieder  von  ihm  erhalten  sind,  so 
sichern  ihm  diese  doch  nach  sachkundigem  Urteile  einen 
der  ersten  Platze  in  der  Reihe  der  spateren  hofischen  Dichter. 
Das  eine  dieser  beiden  Lieder: 

„Ich  klage  dir,  ISIai,  ich  klage  dir,  Sommerwonue, 
Ich  klage  dir,  liebte  Heide  bx-eit"  etc., 

enthalt  eine  riihrende  Klage  iiber  die  Hartherzigkeit  der 
Geliebten,  mit  der  zarten  Wendmig,  dais  als  die  Miichte 
der  Natur  die  Sonne,  der  Wald,  die  Blumen  und  eudlich 
Frau  Venus  selbst,  die  er  um  Beistand  angerufen  hat,  ihm 
versprechen,  sie  wollten  fortan  der  Sproden  alles  versagen 
und  derselben  statt  Freuden  nur  Unlust  gewahren,  er  dar- 
iiber  erschrocken  seine  Bitte  zuriicknimmt  und  lieber  in 
seiner  Qual  sterben  -ndll,  als  die  Geliebte  von  so  viel  Freu- 
den gesehieden  sehen. 

Nicht  immer  sind  die  ritterlichen  Fiirsten  zugleich  gute 
Regenten,  und  eine  glanzende  Hofhaltung  hat  oft  genug 
eine  recht  iible  Kehrseite,  indem  sie  zerrilttete  Finanzen, 
hartherzige  Aussaugung  des  Landes,  schranken-  und  gesetz- 
lose  Herrschaft  eines  iibermiitigen  Hofadels,  Bedrlickung 
des  Biirger-  und  Bauernstandes  uns  darsteUt.  Anders  bei 
Heinrich  IV. 

Er  ward  sehr  friih  dazu  gedrangt,  gerade  dem  Adel 
gegeniiber,  der  unter  der  Herrschaft  des  guten  aber  schwa- 
chen  AVladyslaw  in  gewisser  Weise  verwildert  war,  die 
Wiirde  des  Landesherrn  mit  Strenge  zur  Geltimg  zu  brin- 
gen.  Aufsassige  Edelleute  waren  es  ja  gewesen,  deren  Ver- 
schworung  ihn  in  die  Haft   des  Oheims  gebracht  hatte.     So 


Heinrichs  IV.  Wirksamkeit  als  Regent.  101 

wie  er  dieser  entledigt  war,  1279,  zog  er  die  Teilnehmer 
jener  Verschworung,  soweit  er  ihrer  habhaft  werden  konnte, 
zu  scliwerer  Verantwortung,  strafte  einige  durcli  liarte  Haft, 
andere  dui'ch  Landesverweisung ,  imd  auch  nachdem  Konig 
Ottokars  Dazwischentreten  ihn  zum  Erlasse  einer  Amnestie 
gedrangt  hatte,  ergriff  er  energische  Mafsregeln  gegen  das 
gesetzlose  Fehde-  imd  Raubwesen  des  Adels  und  setzte  fiir 
die  einzelnen  Landesteile  Ausnahmegerichte ,  aus  je  zwei 
Rittern  und  zwei  Biirgern  bestehend,  ein,  zui'  Bestrafung  der 
Friedensbrecher,  mit  der  ausdrlicklichen  Befugnis,  auch  Todes- 
strafen  zu  verhangen. 

Damit  schuf  er  wiederum  geordnete  Zustande,  so  dafs  ein 
Dichter  jener  Zeit  von  ihm  singen  konnte:  „Friede  und 
Recht  ist  ausgesandt  von  ihm  auf  seiner  Strafse".  Schon 
jene  Zuziehung  des  Elementes  der  Biirgerschaft  zu  seinen 
Femgerichten  zeugt  fiir  seine  Achtung  des  Biirgerstandes ; 
und  es  erscheint  doch  wie  der  Ausdruck  einer  biirgerfreund- 
lichen  Gesinnung,  wenn  wir  den  Herzog  (12  81)  den  Schweid- 
nitzern  zusichern  sehen,  dafs  der  dortige  Erbvogt  alle 
Ritter,  Sohne  von  Rittern,  Edelleute,  Ministerialen ,  Vogte, 
Schulzen  etc. ,  wofern  dieselben  Schuldner  Schweidnitzer 
Burger  seien,  vor  sein  Gericht  ziehen  und  den  letzteren 
notigenfalls  durch  Pfandung  zu  ihrem  Gelde  belfen  dlirfe, 
oder  wenn  er  (1274)  fiir  Breslau  festsetzt,  dafs  alle,  welche 
innerhalb  des  stadtischen  Weichbildes  angesessen  seien, 
Ritter,  Kanoniker  und  Ordensgeistliche  nicht  ausgescblossen, 
zu  der  zum  Zweck  besserer  Befestigung  resp.  Ummauerung 
ausgeschriebenen  Steuer  mit  beitragen  miifsten.  Es  ist  wohl 
auch  mehr  als  eine  blofse_  Redensart,  wenn  er  in  einem 
seiner  Stadtprivilegien  die  Uberzeugung  ausspricht,  das  Ge- 
deihen  und  der  Vorteil  der  Biirgerschaft  schlossen  das  Gleiche 
auch  fiir  den  Landesherrn  in  sich. 

Ganz  besonders  wendet  er  seine  Gunst  Breslau  zu,  wie 
er  denn  der  erste  Fiirst  ist,  der  seinem  Titel:  Herzog  von 
Schlesien,  noch  den  zweiten:  Herr  von  Breslau,  zufiigt,  wo- 
durch  er  unzweifelhaft  Breslau  als  die  vornehmste  Stadt 
seines  Landgebietes  anerkennt,  moglicherweise  zugleich  in 
Erinnerung  daran,  wie  die  polnischen  Fiirsten  aus  der  Herr- 
schaft  iiber  ihre  Hauptstadt  Krakau  einen  gewissen  An- 
spruch  der  Oberherrlichkeit  iiber  die  anderen  Herzoge  her- 
zuleiten  gewohnt  waren.  Gewifs  ist,  dafs  die  Breslauer 
ganz  besonders  zahlreiche  Privilegien  von  diesem  Fiirsten 
aufzuweisen  haben,  dafs  sie  von  ihm  das  fiir  ihren  Handel 
so  wichtige,  ein  besonderes  Monopol  fiir  diese  Stadt  enthal- 
tende  ausschhefsliche  Niederlagsprivileg  von  ihm   empfangen 

LIBRARY 
UNIVERSITY  OF  CATJFORNIA 


102  Zweites  Buch.     Vierter  Abschuitt. 

haben,  und  dafs  eine  Periode  grofserer  Selbstiindigkeit  und 
treier  Entwickelung,  Erschliefsung  neuer  Quellen  des  Wohl- 
standes  von  seiner  Ilerrschalt  datiert.  LFnzweifelhaft  haben 
die  aufsergewohnlich  zalilreichen  Privilegien  des  Herzogs  fur 
Breslau  dessen  Bewohnern  ein  gut  Stilck  Geldes  gekostet,  und 
der  Urastand,  dafs  der  freigebige,  prachtliebende  und  unter- 
nehmungslustige  Herzog  viel  Geld  brauchte,  hat  sicher  seinen 
Anteil  an  der  Fiille  der  erteilten  Privilegien,  aber  die  Biir- 
ger  I'anden  schou  darin  ihreu  Vorteil,  wenn  ihr  Landes- 
herr  ohne  engherzige  Riicksichten  ihnen  fiir  gutes  Geld 
Freiheit  ihrer  Entwickelung  und  dabei  einen  gewissen  raach- 
tigen  Schutz  geAvahrte,  und  fiir  die  grofse  Anhiinglichkeit 
der  Breslauer  gerade  an  diesen  ihren  Herzog  werden  wir 
noch  thatsachliche  Beweise  anzufilhren  haben,  die  es  doch 
als  wohl  begriindet  zeigen,  wenn  ein  Zeitgenosse  von  Hein- 
rich  berichtet,  er  habe  mit  seinen  Unterthanen,  ob  das  nun 
Burger  oder  Herren,  Laien  oder  Pfaffen  gewesen  seien,  in 
so  gutem  Verhaltnis  gelebt,  dais  sie  allezeit  bereit  gewesen 
seien,  selbst  Blut  und  Leben  fiir  ihn  zu  opfern.  Der  friih 
schon  auftauchende  Beiname  probus,  der  Biedere,  entstammte 
sicher  aus  Kreisen,  wo  seine  ritterlichen  Eigenschaften  nicht 
den  eigentlichen  Mafsstab  fiir  seine  Beurteilung  abgaben. 

Der  grofse  Kirchenstreit. 

Fast  das  ganze  letzte  Jahrzehut  von  Heinrichs  IV.  Re- 
gierung  wird  ausgefiillt  durcli  seinen  Kampf  mit  der  geist- 
Hchen  Gewalt,  bei  welchem  dem  gewaltigen  und  willens- 
starken  Herzoge  in  der  Person  des  Bischofs  von  Breslau 
Thomas  11.  (1270^1292)  ein  ebenbiirtiger  Gegner  gegen- 
iiberstand.  Der  Bischof  hat  mannhaft  und  mit  bewunderns- 
werter  Ausdauer  die  Rechte  der  Kirche  verteidigt,  und  er 
hat  unzweifelhaft  in  vielen  Stiicken  Recht  und  gegriindete 
Ursache  gehabt,  iiber  Gewaltsamkeiten  seitens  des  Herzogs 
zu  Idagen;  aber  ebenso  gewifs  ist,  dafs  er  seiner  Sache  und 
seinem  Rechte  schweren  Eintrag  gethan  hat  durch  die  un- 
gebiindigte  und  riicksichtslose  Heftigkeit  seines  Tempera- 
ments, die  ihm  viele  Herzen  entfremdete  und  einen  giitlichen 
Ausgleich  aufs  iiufserste  erschwerte.  Es  mufsten  doch  schli)nme 
Dinge  vorgekommen  sein,  wenn  die  Biirgerschaft  der  eignen 
Hauptstadt  des  Kirchenlandes,  Neifse,  schriftlich  ihren  Bischof 
als  einen  Wutenden  bezeichnete. 

Die  Hauptpunkte ,  um  welche  sich  der  grofse  Streit 
drehte,  bildete,  wenn  wir  von  den  nie  abreifsenden  Zehnt- 
streitigkeiten  und  den  immer  sich    erneuenden  Klagen    iiber 


Der  Kircheiistreit.  lOS 

Gewaltsamkeiten  des  Herzogs  resp.  seiner  Diener,  nament- 
lich  bei  Gelegenheit  etwaiger  Kriegszlige,  absehen,  die  strit- 
tige  Stellung  der  Eiuwohner  des  besonderen  Kirchenlandes, 
der  Gebiete  von  Ottmachau  und  Neifse.  Hier  war  seit  den 
Zeiten  Bischof  Jaroslaws  der  jedesmalige  Bischof  von  Bres- 
lau  Grundherr,  ohne  jedoch  die  Landeshoheit  zu  liaben,  auf 
welche  der  Herzog  vielmehr  seinen  Anspruch  aufrecht  erhielt. 
Dagegen  suchte  der  Bischof  diesem  seinem  ganzen  Lande  und 
dessen  gesamten  Einwohnern  alle  die  Befreiungen  zuzuwenden, 
welche  filr  kirchlichen  Besitz  iibUeh  waren,  und  es  lag  auf 
der  Hand,  dafs,  wenn  er  damit  durchdrang,  die  Rechte  des 
Herzogs  kaum  minder  eingeschrankt  wurden,  wie  wenn  der 
Bischof  die  voile  Landeshoheit  gehabt  hatte. 

Heinrich  HI.,  der  seiner  Zeit  um  jeden  Preis  mit  dem 
Bischof  Frieden  zu  halten  sich  bemlihte,  mochte  hier  vieles 
nachgesehen  haben,  was  jetzt  von  dem  Sohne  wieder  ge- 
fordert  zu  sehen  der  Bischof  doppelt  schwer  empfand. 

Dazu  kam  dann  noch  ein  anderer  besonders  merkwiir- 
diger  Streitpunkt.  In  alten  Zeiten  hatte,  wie  wir  oben  er- 
wahnten,  ein  mehr  als  meilenbreiter  Giirtel  dichten  Waldes, 
in  dem  man,  um  ihn  noch  unzuganglicher  zu  machen,  ge- 
faUte  Stamme  zwischen  den  stehen  gelassenen  Baumen  auf- 
geschichtet  hatte,  der  sogen.  Hag  (preseca),  die  Grenze  ge- 
gen  Bohmen  resp.  Mahren  bin  bezeichnet,  welche  von  Wartha 
an  auf  dem  rechten  Neifse -Ufer  nicht  gar  weit  von  dem 
Flusse  sich  hingezogen  hatte.  Das  noch  in  Herzog  Hein- 
richs  I.  Zeit  bestehende  Verbot,  in  dem  Grenzhage  Baume 
zu  fiillen  und  Land  urbar  zu  machen,  war  allmahlich  aufser 
IJbung  gekommen,  seit  das  BedLlrfnis  solchen  Grenzschutzes 
in  den  friedlicher  gewordenen  Zeiten  nicht  mehr  bestand, 
und  es  waren  eine  grofse  Anzahl  neuer  Dorfer  auf  diesem 
ehemahgen  Waldlande  entstanden,  und  begreiflicherweise  waren 
dieselben,  so  weit  sie  zwischen  dem  neifse- ottmachauischen 
Kirchenlande  und  der  Grenze  lagen,  zu  dem  ersteren  ge- 
zogen  und  gerechnet  worden.  Auf  ihren  Besitz  erhob  nun 
aber  jetzt  Heinrich  IV.  Anspruch,  insofern  diese  Dorfer  auf 
einem  von  dem  Landesherrn  zu  fortifikatorischen  Zwecken 
ausdriicklich  vorbehaltenen  Grunde  angelegt  seien.  Der 
Gegenstand  war  wichtig  genug,  es  handelte  sich  um  etwa 
sechzig  Dorfer. 

Es  scheint  allerdings,  dafs  gerade  diese  grofsen  und 
prinzipiellen  Gegensatze  erst  im  Verlaufe  des  letzten  grofsen 
Kirchenstreites  in  voUer  Schroffheit  hervorgetreten  sind; 
wenigstens  finden  wir  noch  im  Jahre  1281  den  Herzog 
nach    Beilegung    friiherer    Zwistigkeiten    in    gutem    Einver* 


104  Zweites  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

nehmen  mit  dem  Bischofe.  Diesem  letzteren  wirkt  er  eben 
damals  von  Herzog;  Nikolaus,  einem  natiirlichen  Sohne  Konig 
Ottokars,  der  uach  des  letzteren  Tode  in  den  Besitz  de& 
damals  noch  zu  Mahren  gcrechneten  troppauischen  Gebietes 
gekommen  war,  die  Abtretung  von  Zuckmantel  nebst  dem 
dariiber  gelegenen  Schlosse  Edelstein  aus,  imd  beide  Par- 
teien  kommen  iiberein,  ihre  sonstigen  Streitpunkte  dem 
Schiedsspruche  des  papstlichen  Legaten  Philipp  Bischofs  von  - 
Fermo  zu  ilberlassen.  Aber  das  Urteil,  welches  derselbe 
nun  unter  dem  10.  August  1282  lallt,  spricht  einerseits  dem 
Herzoge  thatsachlich  jedes  Landeshobeitsrecht  iiber  das 
Kirchenland  (abgesehen  von  einigen  besonders  namhaft  ge- 
machten  Notfallen)  ab  und  belastet  anderseits  denselben  mit 
geradezu  unerschwinglichen,  dem  Bischofe  zu  entrichtenden 
Entschadigungsgeldern ,  narabch  in  der  Hohe  von  5000 
Mark  Goldes  (etwa  3  Millionen  Mark  unseres  Geldes),  von 
denen  auch  die  Hiilfte,  auf  die  der  Legat  selbst  schncll  her- 
unterging,  noch  als  ganz  mafslos  bezeichnet  werdeu  durfte. 

Es  war  daher  kaum  zu  verwundern,  dafs  der  Herzog 
diesem  Schiedsspruch  sich  nicht  filgen  mochte,  seine  Giiltig- 
keit  unter  allerlei  Vorwanden  besti'itt  und  nach  Rom  appel- 
lierte ;  einer  seiner  Ratgeber  aulserte  ganz  oifen,  der  Schieds- 
spruch sei  ein  Stab  von  Rohr,  welcher  dem  die  Hand 
durchbohren  werde,  der  sich  darauf  stlitzen  wolle.  Fast 
zwei  Jahre  Avartete  der  Bischof;  endlich  im  Marz  1284  liefs 
er  den  Schiedsspruch  offentlich  bekannt  machen,  was  nun 
wieder  den  Herzog  sehr  erziirnte.  Dem  Bischof  wurde  in 
seiner  Residenz  auf  dem  Dom  in  der  unmittelbaren  Nilhe 
des  Gegners,  der  damals  das  alte  Schlofs  in  der  nordwest- 
lichen  Ecke  der  Dominsel  bewohnte,  der  Boden  zu  heifs. 
Ein  von  Anhiingern  des  Herzogs  gegen  einen  allzu  eifrigen 
Domherrn  unternommener  Angriff  gab  Thomas  Anlafs,  sich 
von  Breslau  nach  dem  festen  Ottmachau  zu  fliichten.  Von 
dort  aus  erkliirte  er  dann  den  Herzog  als  dem  Banne  ver- 
fallen  und  gehalten,  neben  jener  in  dem  Schiedsspruche 
festgesetzten  unerschwinglichen  Entschadigungssumme  nun 
auch  die  gleichfalls  ganz  unerhort  hoch  gegriffene  Kon- 
ventionalstrafe  von  1000  Mark  Goldes  (etwa  600  000  Mark 
unseres  Geldes)  zu  zahlen.  Hierauf  erklaren  nun  unter  dem 
15.  Mai  die  Oberen  der  Stifter  und  der  geistlichen  Ritter- 
orden  in  Breslau  und  iiberhaupt  im  Lande  des  Herzogs, 
sowie  eine  Anzahl  von  Pfarrern,  sie  vermochten  im  Hinblick 
darauf,  dafs  des  Heinrichs  BevoUmachtigte  ihnen  die  An- 
nahme  seiner  Appellation  durch  den  papstlichen  Stuhl  nach- 
gewiesen,  den  Herzog  noch  nicht  als  gebannt  anzuerkennen 


Der  Kirchenstreit.  105 

und  cleshalb  jede  Gemeinschaft  mit  demselben  abzubrechen, 
was  ja  nicht  einmal  die  Pralaten  und  Kanoniker  des  Dom- 
stiftes  zu  thun  geneigt  seien.  Im  Interesse  der  Kirche  flehen 
sie  den  Bischof  an,  auf  eine  baldige  Beendigung  des  Streites 
zu  denken.  Die  Einmiitigkeit^  mit  der  liier  thatsachlich  der 
ganze  Kegularklerus  des  Landes  dem  Bischofe  entgegenh'at, 
hatte  wohl  auf  diesen  Eindruck  machen  konnen,  und  schwer 
fiel  auch  ins  Grewdcht,  dais  in  dieser  Opposition  auch  der 
Name  jenes  schon  erwahnten  durch  vornehme  Abstammung^ 
Gelehrsamkeit  und  Frommigkeit  ausgezeichneten  Minoriten, 
Heinrich  von  Brene,  nicht  fehlte,  der  eben  jetzt  aus  Demut 
trotz  des  vom  Papste  ausgesprochenen  Wunsches  den  erz- 
bischofliehen  Stuhl  von  Gnesen  ausgeschlagen  hatte.  Aber 
an  des  Bischofs  Hartnackigkeit  scheiterte  alles,  auch  die 
Vermittelungsversuche  Bernhards  von  Kamenz,  des  frommen 
Kanzlers  Heinrichs  IV.,  schkigen  fehl;  Thomas  blieb  dabei^ 
er  konne  ohne  die  schwerste  Schadigung  der  Kirche  von 
dem  Schiedsspruche  der  Legaten  nicht  abgehen. 

Freihch  konnte  er  nicht  verhindern,  dafs  in  Breslau  in 
den  meisten  Kirchen  der  Gottesdienst  auch  in  Gegenwart 
des  Herzogs  weiter  gefeiert  wurde,  und  dafs  sogar  ein  Do- 
minikanennonch  Wilhelm,  genannt  Quaz,  bei  einer  Prozession 
in  der  Domkirche  ofFentHch  es  aussprach,  der  Schiedssprucb 
des  Legaten  sei  ungiiltig  und  der  Herzog  deshalb  nicht  als 
gebannt  anzusehen,  auch  in  diesem  Sinne  das  auf  dem 
Kirchhofe  versammelte  Volk  anredete.  Dagegen  vermochten 
des  Bischofs  energische  Ermahnungen  an  die  Geisthchkeit 
wenigstens  einige  auf  seine  Seite  heriiberzuziehen ,  den  Abt 
des  Sandstiftes  und  den  Prior  der  Dominikaner,  wie  denn 
auch  das  Domkapitel  mit  alleiniger  Ausnahme  von  dessen 
Haupte,  dem  Dompropste  Zbroslaw,  der  test  zu  dem  Her- 
zoge  hielt,  auf  seiner  iSeite  stand.  Sonst  bHeb  die  Mehrheit 
des  Klerus,  vor  allem  auch  die  Weltgeisthchkeit ,  wo  nicht 
in  offenem  Widerspruche  mit  dem  Bischofe,  so  doch  in  einer 
vorsichtigen  Zuriickhaltung,  jeder  FeindseHgkeit  gegen  den 
Herzog  ausweichend. 

Der  Herzog  verbot  jetzt  geradezu  ihm  weitere  Mahnungen 
des  Bischofs  wegen  Erfullung  des  Schiedsspruches  vor  die 
Augen  zu  bringen,  und  wiirdigte  den  Bischof  keiner  Antwort 
mehr,  wohl  aber  erhob  er  jetzt  seinen  Anspruch  auf  die 
(oben  erwahnten)  65  Dorfer  im  Neifseschen  und  lud  den 
Bischof  in  dieser  Sache  vor  das  JMannengericht  des  neifse- 
schen Landes,  und  als  der  Bischof  gegen  diesen  Laien- 
Gerichtshof  als  ihm  nicht  anstehend  protestierte,  soil  es  mit 
dem  Kanzler,    der   den  Protest  iiberbrachte,   zu   einer    hef- 


t06  Zweites  Buch.     Vierter  Abscbuitt. 

tigen  Scene  gekommen  sein,  in  der  Heinrich  jenem  das 
Orij^-inal  der  VoUmaclit  gewaltsam  entrisseu  und  ihm  dabei 
tliatlich  zuleibe  zu  gehen  kauni  hatte  verhindert  Averden 
kiinnen.  Er  quartierte  sich  jetzt  in  des  Gegners  Hauptstadt, 
Neifse,  dauernd  ein  und  angstigte  den  in  dem  nahen  Ott- 
macliau  sich  aut'haltenden  Bischof  mit  der  Furcht,  dort  be- 
lagert  zu  werden.  Und  als  Thomas  dann  am  30.  Juli  es 
wagte,  die  Bannsentenz  gegen  den  Herzog  zu  erneuern  und 
alle  Orte,  wo  derselbe  sich  auf  halten  wurde,  mit  dem  Inter- 
dikte  zu  belegen,  war  dessen  ganze  Antwort  die,  dafs  er 
eine  glilnzende  Versammlung  von  schlesischen  Fursten  und 
Edehi  nach  des  Bischofs  Hauptstadt  Neifse  zu  einem  fest- 
lichen  Turniere  einhid  und  nun  hier  mit  den  Herzogen  von 
Oppeln,  Glogau  und  Troppau,  sowie  einer  grolsen  Anzahl 
von  Rittern  vier  Tage  hindurch  Feste  feierte,  gleichsam  unter 
den  Augen  des  Gegners,  dessen  Vorrate  aufzehrend  imd 
seiner  Bannstrahlen  spottend.  Standhaft  hielt  inzwischen 
trotz  der  Niihe  des  Feindes  der  Bischof  in  seiner  Burg  zu 
Ottmachau  aus;  aber  als  er  im  Frllhling  1285  dieselbe  ver- 
liefs,  um  durch  eine  Reise  nach  0})pehi  den  dortigen  Herzog 
womoglich  fiir  sich  zu  gewinnen,  war  Heinrich  schnell  zur 
Hand,  erzwang  am  16.  April  die  Ubergabe  des  Schlosses 
Ottmachau,  dessen  Befestigungen  er  bald  von  Grund  aus 
zerstorte,  und  rilckte  dann  vor  die  letzte  Burg  des  Bischofs, 
Edelstein  bei  Zuckmantel,  um  audi  dieses  alien  Protesten 
des  Gegners  zum  Trotze  einzunehmen,  so  dafs  Bischof  Tho- 
mas, aus  seinem  Lande  vertrieben,  froh  sein  mufste,  in  Ra- 
tibor  bei  einem  der  oberschlesischen  Teilfiirsten  noch  eine  Zu- 
flucht  zu  linden.  Dieser  Mesko,  sowie  seine  Briider  Kasimir 
und  Primko  waren  in  der  That  die  einzigen  unter  den 
schlesischen  Fursten,  welche  es  mit  dem  Bischofe  noch  hiel- 
teu;  alle  librigen  standen  rait  mehr  oder  minder  Entschieden- 
heit  auf  Heinrichs  Seite. 

Und  wiihrend  so  der  Bischof  in  immer  steigende  Be- 
drjingnis  kam,  flihlte  er  sich  doch  auch  von  dem  papstlichen 
Stuhle  ebenso  wie  von  seinem  Metropoliten  dem  Erzbischofe 
von  Gnesen  und  seinen  polnischen  Amtsbrlidern  im  Stich 
gelassen. 

Vergebens  hatte  er  bereits  im  Juni  1284  in  Rom  eifrig 
gedrangt,  der  Papst  moge  die  Sache  so  bald  als  moglich 
entscheiden;  denn  wenn  Heinrichs  BevoUmachtigter  seinen 
Wunsch,  die  Ernennuug  besonderer  Richter,  durchsetze,  sei 
bei  der  grofsen  Macht  des  Herzogs  er,  der  Bischof,  tot 
und  die  Kirche  verloren.  Das  alles  verting  iiicht;  in  Rom 
wirkte  das  Geld,    mit    dem  Heinrich   nicht   karg   war,    und 


Der  Kircheustreit.  lOT 

die  Partei  der  Minoriten,  die  mit  grofster  Entschiedenheit 
zmn  Herzog  hielten,  hatte  einflufsreiche  Freunde;  es  wurden 
wirklich  besondere  Ricliter  fiir  den  Fall  delegiert  in  der 
Person  des  Erzbischofs  von  Gnesen,  des  Abtes  von  Heinrichau 
und  des  Archidiakons  von  Leslau,  die  dann  nun  A\dederiim 
zu  einem  entschiedenen  Auftreten  gegen  den  Herzog  nicht 
i-echt  den  Entschlufs  fanden. 

Eine  gewisse  Wendung  erhielt  die  Sache  erst  dadurch, 
dafs  die  grofsen  nationaleu  Gegensatze,  welche,  wie  bereits 
wiederliolt  angedeutet  wurde^  hier  in  Sclilesien  das  Verlialt- 
nis  der  Deutschen  wesentlich  bestimmten,  sich  aiich  in 
diesem  Streite  geltend  machten. 

Der  erste  Anstofs  dazu  war  anscheinend  von  den  Mi- 
noriten  gekommen.  Bei  diesen,  die  sich  ja  vorzugsweise 
aus  den  unteren  Volksklassen  rekrutierten,  kampfte  das  pol- 
nische  Element  mit  dem  deutschen,  und  es  ist  uns  noch 
ein  Brief  erhalten,  in  welchem  Konig  Ottokars  Gemahlin 
Kunigunde  ihrer  Base  Agnes,  der  Abtissin  von  Trebnitz, 
Vorwiirfe  macht  wegen  Begiinstigung  der  deutschen  Mi- 
noriten  auf  Kosten  der  bohmischen  und  polnischen.  Wah- 
rend  des  Kirchenkampfes  hatte  nun  das  deutsche  Element 
die  Oberhand  gewonnen,  und  urn  dem  audi  einen  aufseren 
Ausdruck  zu  geben,  traten  damals  (etwa  1284)  von  zAvolf 
schlesischen  Minoritenkonventen  acht,  nanilich  die  zu  Breslau, 
Brieg,  Neifse,  Goldberg,  Namslau,  Sagan,  Schweidnitz  und 
Lowenberg  von  der  polnischen  Kirchenprovinz  zur  sach- 
sischen  iiber,  so  dafs  nur  noch  die  vier  Konvente  zu  Oppeln, 
Ober-Glogau,  Grofs-Glogau  und  Liegnitz  bei  jener  blieben. 

Dieser  Vorgang  rief  bei  den  polnischen  Bischofen  eine 
nicht  geringe  Aufregung  hervor,  und  dieselben  richten  nun 
von  einer  im  Januar  1285  zu  Lenczyc  versammelten  Pro- 
vinzialsynode  aus  ein  bewegliches  Schreiben  an  den  Papst, 
in  welchem  sie  wiederum  die  alten  Beschwerden  liber  die  in 
polnische  LandesteUe  eingedrungenen  Deutschen  erheben  und 
geltend  machen,  dafs  durch  diese  ebensowohl  der  papstliche 
Stulil  um  den  Peterspfennig  als  die  Bischofe  um  den  besseren 
Teil  ihrer  Zehntrechte  kamen,  dafs  durch  sie  das  polnische 
Volk  unterdriickt,  geringschatzig  behandelt  und  durch  Kriege 
bedrangt,  die  Freiheit  der  Kirchen  verletzt  und  die  kirch- 
hchen  Strafen  verachtet  Avtlrden. 

Ja  die  Bischofe  giugen  bald  noch  weiter  •,  sie  trugen  dem 
1285  neugewahlten  Papst  Honorius  IV.  vor,  Heinrich  IV. 
sei  ja  ebenso  gut  wie  die  iibrigen  polnischen  Flirsten  speziell 
dem  heiligen  Stuhl  unterworfen,  um  so  mehr  habe  der  Papst 
das  Recht,    wo    nicht  die  Pflicht,    gegen    den   hartnacldgen 


108  Zweites  Bucb.    Vierter  Abschnitt. 

Verachter  und  Bedriinger  der  Kirche,  der  schlimmer  als 
Pharao  sei,  ernstlich  vorzugehen,  ein  materielles  Schwert 
gegeu  ihn  anzuwenden,  einen  weltliclien  Arm  gegen  ihn  zu 
bewaflfnen.  Man  sieht^  wenn  seiner  Zeit  Thomas  I.  zum 
grol'sen  Verdrusse  seiner  polnischen  Amtsbriider  fiir  Schlesien 
eben  mit  Kllcksicht  auf  die  hier  vollzogene  Germanisation 
eine  besondere  Praxis  in  kirchlichen  Diugen  zugestanden 
hatte,  so  trieb  jetzt  der  groi'se  Kirchenstreit  dessen  Nach- 
folger  wdeder  ganz  ins  polnische  Lager,  und  um  diesen  Preis 
erkaufte  er  eifrigen  Beistand  seitens  der  polnischen  Bischofe. 

Freilich  materiell  ward  zunachst  sehr  wenig  erzielt: 
Heinrich  IV.  ging  mit  fm-chtbarer  Energie  vor.  Er  belegte 
alles  Eigentum  und  alle  Einkilnfte  des  Bischofs  und  der 
ihm  verbiindeten  Domherren  mit  Beschlag ,  vertrieb  alle 
Pfarrer,  welche  des  Bischofs  Edikte  zu  publizieren  und  aus- 
zufuhren  wagten,  und  setzte  ihm  ergebene  Geistliche  an  deren 
Stelle,  verbot  auf  das  sti-engste,  einem  der  Anhanger  des 
Bischofs  Obdach  zu  gewahren  oder  ihnen  Nahrungsmittel  zu 
geben  resp.  zu  verkaufen.  Als  der  Propst  von  Czarnowanz 
eine  Botschaft  des  Bischofs  nach  Breslau  brachte,  ward  er 
in  dem  Kloster  seines  Ordens  bei  St.  Vincenz  von  Soldaten 
des  Herzogs  liberfailen,  ausgepliindert  und  daun  aus  der 
Stadt  getrieben. 

Auch  von  den  durch  den  Papst  ernannten  Kichtern 
hatte  der  eine,  der  Abt  von  Heinrichau,  aus  Scheu  vor  dem 
Herzoge  sich  seines  Amtes  entbinden  lassen.  Seine  Kollegen 
batten  nun  zwar  im  Friihhng  1285  die  bischoflichen  Bann- 
sentenzen  bestatigt,  und  auch  Papst  Honorius  IV.  hatte 
unter  dem  28.  Marz  1285  die  feierliche  Verkiindigung  der 
gegen  Heinrich  IV.  ausgesprochenen  Exkommimikation,  so- 
wie  des  ilber  sein  ganzes  Land  verhangten  Interdiktes  be- 
fohlen.  Indessen ,  nachdem  sich  zur  Genlige  herausgestellt 
hatte,  dafs  die  kirchlichen  Strafen  dem  miichtigen  Fursten 
gegeniiber  vollkomraen  wirkungslos  bheben,  woUte  das  nicht 
allzu  viel  besagen.  Allerdings  wufste  der  Bischof  weitere 
Mafsregeln  vorzuschlagen.  Er  riet  (unter  dem  16.  Januar 
1287),  der  Papst  moge  die  Unterthanen  des  Herzogs  von 
ihi'en  geleisteten  Eiden  entbinden,  das  Kreuz  gegen  den 
Herzog  predigen  lassen  und  die  nachsten  Erben  Heinrichs, 
die  Fursten  von  Liegnitz  und  Glogau,  zu  VoUstreckern 
der  papstlichen  Urteile  ernennen  und  zwar  mit  dem  Hinzu- 
fugen,  dafs,  wenn  sie  sich  dieses  Auftrags  weigerten,  andere 
auswartige  Fursten  damit  betraut  werden  sollten.  Aber  vor 
solchen  Extremen  schi-eckte  man  doch  in  Rom  zuriick,  um 
so  mehr,  da  Heinrich  sich  fortwahrend  zum  Frieden  geneigt 


Der  ELirchenstreit.  109 

zeigte  und  die  von  deu  papstlichen  Bevollmachtigten  ange- 
knlipften  Unterhandlungen  nur  an  der  Hartnackigkeit  des 
Bischofs  scheiterten ,  obwohl  selbst  der  Erzbischof  von 
Onesen  ihm  zu  einer  groiseren  Nachgiebigkeit  riet.  Denn 
wahrend  der  Herzog  sich  znr  Herausgabe  des  kirch- 
lichen  Eigentums  und  zum  Schadenersatze  bereit  erklarte, 
wollte  Thomas  jenes  Forderung,  dafs  bis  zum  voUstan- 
digen  Abschlusse  des  Vergleichs  das  Interdikt  suspendiert 
werden  und  demgemafs  auch  die  von  dem  Herzoge  be- 
rufenen  Pfarrer  weiter  ihr  Amt  verwalten  sollten,  nicht  ge- 
wahren. 

An  seiner  Unbeugsamkeit  scheiterten  die  Unterhand- 
lungen,  welche  (1287)  Herzog  Boleslaw  von  Oppeln  im 
Vereine  mit  dem  Bischofe  von  Samland  und  dem  papst- 
lichen Kapellan  Adam  ins  Werk  setzte,  ebenso  wie  die, 
welche  dann  Herzog  Heinrich  von  Liegnitz  versuchte.  Im 
Gegenteile  ging  Thomas  immer  nur  noch  weiter,  schleuderte 
immer  neue  Bannstralilen  gegen  die  Anhanger  seines  Wider- 
sachers  und  erhob  schliefslich  unter  anderm  als  Vorbedingung 
jedes  Vergleichs  auch  die  Forderung,  dafs  der  Herzog  die 
im  Kirchenlande  (d.  h.  also  wohl  auf  dem  von  Heinrich 
beanspruchten  Terrain  des  ehemahgen  Grrenzhages)  neu 
hergestellten  Aussetzungen  von  Dorfern  zu  deutschem  Rechte 
wieder  riickgangig  mache,  die  neuen  Ansiedler  austreibe  und 
die  Polen  zurilckrufe. 

Das  Sclieitern  dieser  Friedensvorschlage  hatte  nun  ein 
weiteres  Voi'gehen  des  Herzogs  zur  Folge.  Unter  dem 
14.  April  1287  verlangt  er  von  Herzog  Mesko,  derselbe 
solle,  wofern  er  sein  Freund  bleiben  wolle,  dem  Bischof 
nicht  langer  in  seinem  Lande  eine  Zuflucht  gewahren,  und 
als  Mesko  zogert,  zieht  er  (etwa  im  Herbst  oder  Winter 
1288)  selbst  mit  Heeresmacht  gegen  ihn  und  belagert  Ra- 
iibor.  Dafs  die  Stadt  sich  auf  die  Lange  nicht  halten 
konnte,  lag  auf  der  Hand,  und  dem  Bischofe  blieb  kaum 
noch  etwas  anderes  iibrig  als  Ergebung  oder  der  Yersuch 
einer  heimlichen  Flucht.  Bischof  Thomas  wahlte  die  erstere, 
die  er  dann  mit  grofser  Feierlichkeit  in  Scene  setzte.  In 
vollem  Ornate,  umgeben  von  seinen  Domherren,  zog  er  in 
das  Lager  des  Herzogs.  Der  grofsmiitige  Sieger,  ge- 
rlihrt  durch  die  endliche  Unterwerfung  des  hartnackigen 
Gegners,  kam  ihm  entgegen,  beugte  ehrfurchtsvoU  das  Knie 
vor  dem  Kirchenfilrsteu ,  und  die  langjithrigen  ei'bitterten 
Feinde  tauschten  den  Kufs  des  Friedens  aus.  Ein  darauf 
folgendes  langeres  Gesprach  in  der  Nikolaikirche  besiegelte 
die  Versohnung    und    die   Unterwerfung   des    Bischofs,    wie 


l\Q  Zweites  Buch.     Vierter  Abscbnitt. 

eine  solche  ja  aus  der  ganzen  Lage  der  Dinge  mit  einer 
gewissen  Notwendigkeit  tblgen  mufste. 

HeiDrich  I^^  gab,  wozu  er  sich  immer  bereit  erkljirt 
hatte,  alles  Avieder  heraus,  was  er  dem  Biscliofe  abgenonimen, 
wahrend  dieser  Baiin  vmd  Interdikt  aut'hob  und  in  die  auch 
vom  Herzoge  erlassene  allgemeine  Amnestic  willigte.  Die 
Erledigung  der  streitigen  Punkte  hat  man  unzweitelhaft 
weiteren  Verhandlungen  und  zu  erwahleuden  Scliiedsrichtern 
vorbehalten,  wenn  audi  vielleicht  versohnliche  Versicherungen 
bei  jener  Aussohnung  ausgetausclit  worden  sind.  Die  Haupt- 
sache  vielleicht  war,  dais  von  jenen  ungemessen  hohen  Geld- 
anspriichen,  iiber  welche  thatsachlich  der  ganze  Streit  ent- 
brannt  war,  nachdem  sie  einst,  wie  wir  wissen,  jener  Schieds- 
spruch  des  Legaten  Philipp  von  Fermo  dem  Bischofe  zu- 
erkannt  hatte,  anscheinend  gar  nicht  mehr  die  Rede  gewesen 
ist.  Das  Fallenlassen  derselben  bezcugt  entschiedener  als 
etwas  anderes  das  thatsachliche  Nachgeben  der  geistlichen 
Gewalt. 

Beide  Telle  griindeten  iibrigens  nach  der  Versohnung 
geistlichc  Stiltungen,  der  Bischof  ein  Kollegiatstift  in  der 
Stadt,  die  ihm  so  lange  als  Zuflucht  gedient  hatte,  in  Ra- 
tibor,  und  zwar  bezeichnend  genug  zur  Ehre  des  heiligen 
Bischofs  Thomas  von  Canterbury,  des  standhaften  Vorfech- 
ters  der  kirchlichen  Gewalt  gegeniiber  der  des  Staates,  der 
Herzog  ein  gleiches  zu  Ehren  des  heiligen  Kreuzes  auf 
dem  Territorium  der  alten  furstlichen  Burg  auf  der  Bres- 
lauer  Dominsel,  dessen  Kirche  noch  heute  in  ihi'cr  ursprling- 
lichen  Gestalt  erhalten  ist.  Das  Stift,  reich  dotiert,  auf  fiinf 
Pralaturen  und  zwolf  Kanonikate  berechnet,  deren  Besetzung 
der  Herzog  dem  Bischofe  iiberliefs,  zeigte  von  der  Frei- 
gebigkeit  des  Grllnders  und  wenngleich  die  umfangliche 
Stiftungsurkunde  vom  11.  Januar  1288  keineswegs  so  gefafst 
ist,  dais  sie  etwa,  wie  dies  bei  geisthchen  Stiftungen  des 
Mittelalters  sonst  nicht  ungewohnlich  ist,  eine  bul'sfertige 
Gesinnung  des  Ausstellers,  oder  den  Wunsch,  fiir  begangenes 
Unrecht  Genugthuung  zu  leisten,  zum  Ausdruck  brachte,  so 
konnte  thatsachhch  doch  Bischof  Thomas  in  den  Pfriinden, 
welche  ihm  die  Ratiborer  wie  die  Breslauer  Stiftung  zur 
Veriiigung  stellte,  Mittel  linden,  um  Anhanger,  welche  wah- 
rend des  Kirchenstreites  um  ihre  Stellen  gekommen  waren, 
nun  wieder  zu  belriedigen. 

Erobemng  Krakaus. 
Als  Heinrich    seinen  Frieden   mit   dem  Bischofe   machte, 
beschaftigten    ihn    offenbar    bereits    andere    weitaussehende 


Die  EroberuDg  Krakaus.  lit 

Entwiirfe.  Waren  unsere  Quellen  nicht  so  klaglich  arm, 
wir  wiii'den  sicher  davon  erfahren,  dafs  miser  Herzog  die 
polnischen  Angelegenheiten  mit  grofser  Aufmerksamkeit  ver- 
folgte  und  nach  dieser  Seite  hin  nur  auf  eine  Gelegenheit 
wartete,  um  in  die  Ful'stapfen  seines  Abuherrn  Heinricli  I. 
zu  treten. 

Als  er  1288  das  Kreuzstift  grlindet,  erklart  er,  diese 
Stiftung  zu  machen  speziell  zum  Seelenlieile  seiner  ver- 
storbenen  Oheime,  des  Erzbischofs  Wladyslaw  von  Salzburg, 
des  Konigs  Ottokar  von  Bohmen  und  des  Herzogs  Boleslaw 
vonKrakau,  —  eine  Anfuhrung,  die  darauf  liinzudeuten  scheint, 
dais  er  wie  von  den  beiden  ersteren  (von  Kcinig  Ottokar 
hatte  er  ja  die  Grafschaft  Glatz  geerbt)  so  auch  von  dem 
letzteren  sich  als  Erben  ansab.  Dieser  Boleslaw  von  Krakau,. 
der  Schambafte  genannt,  derselbe,  dessen  Vormundschaft 
einst  Heinrich  I.  gefiihrt,  und  der  zur  Zeit  der  Gefangen- 
scbaft  Heinrichs  IV.  sicli  i'iir  diesen  mit  bemiiht  batte,  war 
1279  Idnderlos  gestorben. 

Wenn  damals  Heinrich  IV.  sein  Erbrecht  nicht  geltend 
machte,  sondern  den  Thron  Krakaus  auf  eineu  Enkel  jenes 
aus  friiherer  Zeit  uns  bekannten  Konrads  von  Masowien, 
Lesko  den  Schwarzen,  ubergehen  liefs,  so  ist  dies  wahr- 
scheinlich  auf  den  Wunsch  der  deutschen  Partei  in  Krakau 
geschehen,  AA^elche  eben  in  Lesko  einen  Beschiitzer  erblickte. 
Da  nun  aber  auch  Lesko  kinderlos  blieb,  wandten  sich  die 
Augen  der  Deutschen  ganz  naturgemafs  auf  den  ange- 
sehenen  schlesischen  Herzog  als  kiinftigen  Herrscher.  Wir 
diirfen  sicher  sein,  dafs  Verbindungen  von  Krakau  aus 
mit  den  Breslauern  wie  mit  ihrera  Herzoge  sich  ange- 
sponnen  batten,  denen  vielleicht  selbst  Herzog  Lesko  nicht 
fernstand. 

In  der  That  bestand  in  dem  sildlichen  Polen  eine  mach- 
tige  deutsche  Partei ;  nicht  nur  in  den  damals  noch  zu  Schlesien 
gerechneten,  heute  galizischen  Orten  Auschwitz  und  Zator, 
sondern  auch  in  den  Hauptorten  des  Landes,  Krakau  und 
Sendomir,  sowie  der  durch  ihre  Salzbergwerke  schon  friih 
reich  gewordenen  Stadt  Bochnia  bestanden  deutsche  Gemein- 
den  unter  deutschem  (Magdeburger)  Stadtrechte ;  und  speziell 
in  Krakau  lag  nicht  nur  der  Handel  fast  ausschliefslich  in 
den  Handen  von  Deutschen,  sondern  auch  in  den  Kreisen 
der  gewerbetreibenden  Biirgerschaft  der  Handwerker  herrschte 
diese  Nationalitiit  vor.  Vor  allem  die  Kaufmannschaft  stand 
in  engster  Beziehung  zu  Breslau,  und  dessen  Einwohner 
mufsten  einen  ganz  ungemeinen  Vorteil  darin  erblicken,  wenn 
es  gelang,  in  der  wichtigsten  Station  ihres  polnischen  Handels, 


112  Zweites  Buch.     Vierter  Abschuitt. 

der   alten  Weichselhauptstadt  eine   deutsche  Herrschaft   ein- 
zurichten  und  fest  zu  griinden. 

Zu  einer  darauf  zielenden  Unternehmung  ihren  Fiii'sten 
zu  ermuntern  und  ihin  filr  solchen  Zweck  die  eifrigste  Hilfe 
und  Unterstiltzung  zuzusagen,  lag  diu'chaus  im  Interesse  der 
Breslauer. 

Am  30.  September  1288  starb  Herzog  Lesko  der 
Schwarze,  Herzog  von  Krakau,  kinderlos,  und  dies  gab  fiir 
Heinrich  das  Signal  zu  der  Unternehmung  gegen  Polen. 
Allerdings  sclnen  auch  der  junge  Bohmenkonig  W^enzel  II. 
sein  Auge  auf  Krakau  geworfen  zu  haben,  und  wenn  wir 
denselben  1289  einen  der  oberschlesischen  Teill'iirsten ,  Ka- 
simir  von  Oppeln,  nicht  lange  nach  dem  Tode  Leskos  be- 
wegen  sehen,  sich  der  Krone  Bohmen  zu  unterwerfen,  so 
scheiut  dies  eiu  Schritt  nach  Polen  liin. 

Sicherheit  nach  dieser  Seite  hin  suchte  Heinrich  zunachst 
in  einem  gegen  den  Bohmenkonig  gerichteten  Blindnisse  mit 
Wladyslaw  von  Ungarn;  doch  mochten  die  Deutschen  in 
Krakau,  die  Herzogin  - Witwe  an  ihrer  Spitze,  die  Feind- 
schaft  gegen  den  Konig  Wenzel,  in  dem  sie  gleicht'alls  einen 
Beschiitzer  ihrer  Interessen  erblickten,  sehr  ungern  sehen, 
und  da  einerseits  Herzog  Heinrich  kinderlos  war,  anderseits 
es  diesem  ebensowohl  wie  seinen  geti'eueu  Breslauern  ein- 
leuchten  raochte,  dais,  um  die  angestrebte  Verbindung  Ki*a- 
kaus  mit  Schlesien  auf  die  Dauer  den  Polen  gegeniiber  zu 
behaupten,  eine  grofse  Macht  notweudig  sein  werde,  so  kam, 
wir  wissen  nicht  unter  Avelchen  Umstanden,  schliefslich  zwi- 
schen  AVenzel  und  Heinrich  IV.  ein  Vertrag  zustande,  wel- 
cher  dem  Bohmenkonig  die  Nachfolge  in  den  Landen  des 
schlesischen  Herzogs  zusicherte. 

Wahrend  nun  in  Krakau  der  Adel  im  Einverstandnisse 
mit  dem  Bischofe  Paul  den  Vetter  des  verstorbenen  Herzogs, 
Boleslaw  von  Masowien,  zum  Nachfolger  erwahlt,  ruft  die 
deutsche  Partei  Herzog  Heinrich  IV.  um  Beistand  an.  Der- 
selbe  eilt  herbei,  die  mJichtige  Zunft  der  Fleischer  ofFnet 
ihm  die  Thore  der  Stadt,  Sulko  von  Meseritz  liefert  auch 
die  Burg  in  seine  Hande,  und  in  der  alten  polnischen  Konigs- 
stadt  gebietet  ein  deutscher  Fiirst.  Im  Gefiihle  einer  ge- 
wissen  Sicherheit  kehrt  Heinrich,  der  jetzt  den  Titel  eines 
Herzogs  von  Krakau  und  Sendomir  annimmt,  nach  Breslau 
zuriick,  und  lalst  auch  sein  Heer,  vermutlich  mit  Zuriick- 
lassung  einer  Besatzung,  in  Krakau  durch  die  Herzoge 
Primko  von  Steinau  und  Boleslaw  von  Oppeln  nach  Schle- 
sien heimfiihren. 

Doch    jene    Sicherheit    erwies    sich    als    sehr   triigerisch, 


Die  Eroberung  Krakaus.  113 

auch  die  Poleu  hatteu  im  stillen  gerilstet,  der  polnische 
Thronkandidat  Herzog  Boleslaw  im  Vereine  mit  dem  Bru- 
der  Leskos,  Wladyslaw,  mit  dem  Beinamen  Lokietek  der 
Ellenlange,  dessen  kleiuer  Korper  jedocb  ein  tapferes  Herz 
einschlofs,  griffen  am  26.  Februar  1289  das  Heer  der  Schlesier 
bei  Siewierz  unvermntet  an  und  rieben  dasselbe  gauz  auf. 
Boleslaw  von  Oppeln  ward  verwimdet  gefangen,  dem  jimgen 
Herzog  Primko  bereitete  die  Wut  der  Feinde,  als  er  bereits 
-entwaffiiet  vor  denselben  stand,  einen  grausamen  Tod. 

Wladyslaw  beeilt  sich  nun  vor  Krakau  zu  riicken  und 
gewinnt  auch  wirkbcb  die  Stadt.  Aber  aucb  die  Schlesier 
riisten  ein  neues  Heer,  welches  tapfer  bis  in  das  Krakauer 
Oebiet  vordringt,  aber  dann  zweimal,  bei  Skala  und  Swietnice, 
den  Sti-eitkraften  der  Gegner  unterliegt. 

Jetzt  ergiefsen  deren  Schwarme  samt  den  barbarischen 
Euthenen,  welche  in  dem  Polenheere  als  Hill'svolker  dieuen, 
plilndernd  und  verwiistend  sich  liber  Oberschlesien.  In 
Ratibor  wehrt  die  Tapferkeit  der  Burger  den  AngrifF  ab, 
-doch  bis  in  die  Gegenden  von  Neifse  und  Grottkau  er- 
strecken  sich  ihre  Raubziige.  Aber  auch  die  Schlesier  riisten 
von  neuem.  Wii'  sahen  bereits,  wie  Fiirsten  aus  Nieder- 
und  Oberschlesien  Heinrich  IV.  Heeresfolge  leisten,  und  vor 
alien  zeigen  sich  jetzt  die  Breslauer  opferwilHg  in  einer 
Sache,  die  ihnen  schon  ihr  Handelsinteresse  besonders  nahe 
ans  Herz  legt.  Sie  stellen  allein  3500  Mann  und  1200 
AVagen  fiir  den  Transport  und  aufserdem  noch  100  Wagen 
mit  Belagerungswerkzeugen,  und  wahrend  den  Herzog  Hein- 
rich IV.  selbst  Krankheit  an  Breslau  fesselt ,  fiihrt  sein 
gleichnamiger  Vetter  von  Liegnitz  das  Heer  seines  damaligen 
Gegners  gegen  den  Feind  und  wiederum  zum  Siege. 

Am  Tage  des  heiligen  Bartholomaus ,  den  12.  August 
1289,  schlug  er  die  Polen  und  drang  nun  unaufhaltsam  ge- 
gen Krakau  vor.  Nachdem  viele  polnische  Hitter  gefallen 
sind,  wird  die  Stadt  im  Sturm  erobert,  Bischof  Paul  ge- 
fangen  genommen;  sein  Sclaicksal  wiirde  auch  Wladyslaw 
Lokietek  geteilt  haben,  batten  ihm  nicht  die  Minoriten  heim- 
liche  Fiucht  in  Monchstracht  ermoglicht.  Die  Herrschaft 
Heinrichs  IV.  erscheint  nun  auf  die  Dauer  gegriindet,  sie 
wird  bezeichnet  durch  die  Aussetzung  der  Salzstadt  Wie- 
liczka  zu  deutschem  (franldscheni)  Rechte. 

Aber  den  Herzog  selbst  qualte  indessen  schweres  Siech- 

I     turn,  welches  das  Geriicht  wiederum  (wie  bei  seinem  Vater 

und  Oheime)  auf  eine  Vergiftung  zuriickzufiihren  gescbaftig 

"war.     In  der  Johannesnacht  (24.  Juni)    1290    starb    er   und 

ward  in  der  schonen  von  ihm  gegrlindeten  Kreuzkirche  vor 

:  Grunhagen,  Gescb.  Schlesiens.     I.  8 


114  Zweites  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

dera  Hochaltare  beigesetzt ,  wo  sich  bald  eiii  stattliches 
noch  heute  dort  vorhandenes  Denkmal  iiber  seinem  Grabe 
erhob. 

^lit  ihm  geht  die  grofse  Zeit  der  schle«ischeu  Geschichte, 
welche  eiust  am  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  durch  Heiu- 
rich  I.  begonnen,  dann  diirch  das  Unheil  des  Mungolen- 
einlalls  unterbrochen  und  nun  diu'ch  Pleinrich  IV.  erneuert 
Avorden  war,  zu  Ende,  die  Zeit,  wo  die  deutschen  Fiirsten 
Schlesiens  einen  bestimmenden  Einfluls  aut"  die  Gesehicke 
des  gesamten  Polenlaudes  auslibten,  und  die  Hoffnung,  die 
Grenzen  des  von  deutsehem  Leben  eiiilUten,  von  deutschem 
Einflusse  beherrschten  Gebietes  von  der  Oder  bis  an  die 
obere  Weichsel  und  ilber  dieselbe  vorzuscliieben  und  die 
alte  polnische  Hauptstadt  zu  einer  Vorburg  des  Deutschtums 
zu  macben,  ihrer  Eriullung  nahegerilckt  schien. 

Es  Avar  fiir  derartige  Plane  A'erhangnisvoll,  dais  Mechthild 
von  Brandenburg  ihrem  Gemahl  keinen  Erben  besciiert 
hatte,  aber  wirklicb  entsclieidend  Avurden  erst  die  hciehst 
merkwilrdigen  Vorgange,  die  am  Totenbette  Heinrichs  IV. 
gespielt  haben  miissen,  und  bei  denen  AAur  allerdings  nur 
A'on  den  nach  aufsen  tretenden  Tliatsachen  etAvas  Avissen, 
Avahrend  den  Werdeprozefs  derselben  ein  dichter  schAverlich 
mehr  zu  liiltender  Schieier  bedeckt. 

Heinrich  starb,  wie  bereits  erAviihnt,  in  der  Naclit  vom 
23.  zum  24.  Juni  1290.  Vom  23.  Juni,  also  streng  ge- 
nommen  des  Herzogs  Todestage,  datiert  nun  ein  grofses 
Privileg  des  Herzogs,  in  Avelchem  derselbe  unter  der  aus- 
driickliclien  Erklarung,  sioli  bei  gutem  Verstande  zu  be- 
finden,  definitiv  alle  herzoglichen  Rechte,  d.  h.  die  voUe 
Landeshoheit  iiber  die  Gebiete  A^on  Neilse  und  Ottmachau, 
dem  Bisehofe  von  Breslau  resp.  dessen  Nachfolgern  abtritt, 
ebenso  eine  Reihe  von  bisber  strittig  geAvesenen  Giitern  r»st- 
lich  A^on  Nan;slau,  sudlicli  von  Reiclithal,  von  denen  nach- 
mals  der  Skorischauer  Halt  librig  goblieben  ist,  und  dazu 
zuriickgiebt  „nlle  Besitzungen  und  Giiter,  Avelche  durch 
seinen  Vater,  seinen  Olieim  oder  durch  ihn  bei  seinen  Leb- 
zeiten  unrechtmaisig  in  Besitz  genoramen  Avorden  seien^'. 

Es  kann  niemandem  entgehen,  dais  dieses  PriA'ilegium 
im  Grunde  alles  aufgab,  was  der  Herzog  in  dem  grofsen 
sechs  Jahre  hindurch  mit  solcher  Energie  geluhrten  und 
siegreich  zu  Ende  gebrachten  Kirchenstreite  behauptet  und 
A'erteidigt  hatte,  unci  ganz  unerhort  ist  die  zuletzt  angefiihrte 
Verfiigung,  Avelche  so  ganz  kurz  und  unbestimmt  die  Riick- 
gabe  aller  A'on  dem  Herzoge  selbst  oder  seinem  Vater  und 
Oheime  jemals  der  Kirche  entzogenen  Giiter  in  Aussicht  stellt 


Heiiirichs  IV.  letzte  Verfiigiingeu.  115 

und  damit  ungemessenen  mid  in  der  That  kaum  erfiillbaren 
Anspriichen  Thiir  und  Thor  ofFnet.  Wir  dlu'l'en  so  viel  als 
ganz  unbestreitbar  annehmen,  dafs  eine  solche  Verleugnung 
aller  der  Grundsatze,  die  Heinricli  wahrend  seiner  Regie- 
rungszeit  so  entschieden  ausgesprochen  nnd  zur  Geltung  ge- 
bracht  hat,  denkbar  erscheint  nur  unter  der  Voraussetzung 
einer  vollkommenen  Sinnesanderung  dieses  Fiirsten. 

Indessen  wer  vermochte  zu  behaupten,  dafs  eine  solche 
Sinnesanderung  angesichts  des  Todes  und  seiner  Schrecken 
unm(3ghch  sei '?  A¥ir  werden  diese  Moglichkeit  um  so  we- 
niger  von  uns  weisen  konnen,  als  eine  Aufserung  seines 
Nachfolgers  es  bestatigt,  dafs  Heinrich  IV.  vor  seinem  Tode 
und  im  Hinblicke  darauf,  dafs  er  in  kurzem  vor  den  Richter- 
stuhl  Gottes  treten  solle,  die  Plerausgabe  der  von  ihm  der 
Kirche  entzogenen  Besitztlimer  befohlen  habe.  So  viel 
scheint  festzustehen ,  dafs  das  Ohr  des  Herzogs  in  seinen 
letzten  Stunden  Personen  offen  stand,  welche  vor  allem  das 
Interesse  der  Kirche  zu  wahren  beflissen  waren  und  den 
Sterbenden  in  diesem  Sinne  zu  sehr  weitgehenden  Zusagen 
vermocht  haben. 

Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  mit  den  uns  noch  heute 
vorliegenden  diese  Zusagen  enthaltenden  Urkunden  alles  in 
Ordnung  ist,  ob  die  Barone,  mit  deren  Zustimmung  die- 
selben  gegeben  worden  sein  sollen,  wirklich  zugestimmt  haben, 
ob  ]e  der  Kanzler  des  Herzogs  dessen  Siegel  an  diese  Ur- 
kunde  gehangt  hat.  Aber  wenn  dies  auch  zweifelhaft  bleibt, 
so  steht  doch  so  viel  fest,  dafs  jenes  grofse  Kirchenprivileg 
Heinrichs  IV. ,  wii3  wir  dies  noch  weiter  sehen  werden, 
seinem  wesenthchsten  Inhalte  uach  anerkannt  worden  ist, 
und  dafs  thatsachlich  die  Landeshoheit  der  Bischofe  von 
Breslau  tiber  das  neifse  -  ottmachauische  Gebiet  auf  diesem 
Privilege  fufst. 

Aber  noch  etwas  anderes  kaum  minder  Wichtiges  hing 
hiermit  eng  zusammen. 

Es  hat  ja  wohl  die  Urheber  des  Kirchenprivilegs  locken 

konnen,    einen  Gemiitszustand ,    dem    man    so    weitreichende 

Bewilligungen  abzugewinnen  vermocht  hatte,  noch  weiter  zu 

benutzen,  und  so  ist  denn  von  dem  Sterbebette  Heinrichs  IV. 

unter   dem    Namen    eines  Testamentes   dieses  Herzogs   noch 

ein    zweites  Dokument    ausgegangen,    eine  Reihe   von  Ver- 

tilgimgen  enthaltend,    die  vielleicht  noch   mehr   als   die    des 

Kirchenprivilegs  iiberraschen  konnten. 

I        Der    Herzog    vermacht    in    diesem    seinem    sogenannten 

i  Testamente  seine  schlesischen  Lande  und  speziell   das  Bres- 

I  lauer  Land  seinem  Vetter  Heinrich   von  Glogau,    das  Land 


116  Zweites  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

Ki'ossen  seinem  Schwestersohne,  dem  Landgrafen  Friedrich 
von  Thiiringen;  das  Glatzische  giebt  er  dem  Konige  von 
Bdhjiien  zuriick  imter  der  Bedingung,  dafs  derselbe,  ohne 
weitere  Anspriiche  zu  erlieben ,  des  Herzogs  Erben  in 
Schlesien  gegen  weitere  Angriffe  verteidige,  Krakau  aber 
vind  Sendomir  an  Primko  von  Grofspoleu.  Aulserdera  soil 
die  Geburtsstatte  des  Herzogs,  die  herzogliclie  Burg  aut'  dem 
Dome  mit  ihrem  Umkreise,  zur  Griindung  eincs  Nonnen- 
klosters  von  Cistercienserinnen  verwendet  werden,  welches 
aut"  verschiedene  namentlich  angetuhrte  herzogliche  Einkiinfte 
in  den  Gebieten  von  Nimptsch  und  01s  fundiert  wird.  Eine 
Anzahl  Legate  ausschliefslich  fiir  geistliche  Stiftungen  scliliefst 
sicli  hier  an.  Die  Ausfiihrung  des  Testamentes  wird  dem 
Bischofe  iibertragen. 

Dieses  Testament  darf  uns  wolil  iiberraschen.  Wis  Avir 
wissen,  hatte  Heinrich  sein  Land  vertragsmafsig  dem  Bohmen- 
konig  zugesichert ;  diesen  Vertrag  ignoriert  die  vorliegende 
Urkunde  vollstandig.  Aber  selbst  wenn  wir  annehmen, 
dafs  jener  Erbvertrag  mit  Bohmen,  dessen  Wortlaut  wir  ja 
nicht  kennen,  nicht  in  dem  Mafse,  wie  man  wolil  glauben 
konnte,  bindend  gewesen  sei,  wiirde  man  immer  noch  eher 
erwarten,  einen  andern  Vetter  des  Erblassers,  Herzog  Hein- 
rich von  Liegnitz,  den  siegreichen  Fiihrer  seiner  Heere,  den 
Eroberer  Krakaus,  zum  Universalerben  ernannt  zu  sehen,  als 
gerade  den  Glogauer  Herzog,  der,  so  \del  wir  wissen,  an 
Heiurichs  IV.  UnternehmniTgen  nicht  den  mindesten  An- 
teil  genommen  hat.  Vielleicht  noch  auffallender  mufs  der 
Verzicht  auf  Krakau  und  Sendomir  zugunsten  eines  pol- 
nischen  Herzogs  erscheinen.  Nachdem  dieser  Besitz  erst 
'  kui'z  vorher  mit  so  Adelem  Blutvergiefsen,  so  grofsen  Upfern 
erkauft  worden  war,  hatte  eine  testamentarische  Bestimmung, 
welche  den  Interessen  der  deutschen  Partei  in  Krakau 
«benso  wenig  wie  denen  der  getreuen  und  opferwilligen 
Breslauer  irgend welche  Beriicksichtigung  gewahrte,  etwas 
sehi'  Befremdhches.  Dieses  Testament  bringt  eben  und  \ael- 
leicht  in  noch  hoherem  JMafse  als  das  Kii'chenprivileg  eine 
vollstandige  Umkehr,  eine  ganzliche  Anderung  aller  Gesin- 
nvmgen  bei  dem  Herzoge  zum  Ausdrucke,  eine  Verleugnung 
alles  dessen,  was  wir  ihn  wahrend  seiner  Regierung  er- 
streben  und  vollfiihren  gesehen  haben. 

Welche  Einfliisse  zu  einer  derartigen  Verfugung  gedrangt 
haben,  darllber  kann  kein  Zweifel  obwalten.  Dieselbe  ist 
nur  die  weitere  Konsequenz  des  Ku'chenprivilegs  und 
steuert  augenscheinlich  in  demselben  Fahrwasser;  beide  Ur- 
kunden     sind     hervorgerufen    durch     die    Erfahrungen    des 


Heinrichs  IV.  Tod.  117 

grofsen  Kirchenstreites  und  den  Wunsch^  solchem  ins  kiinf- 
tige  vorzubeugen. 

Die  ilble  Folge  hatte  ja  der  Kirchenstreit  gehabt,  dais 
er  den  Bischof  von  Breslau  wiederum  an  die  Interessen 
der  polnischen  Pralaten  gekettet  und  in  deren  Gemeinschaft 
zurilckgedriingt  hatte.  Diese  Bundesgenossenschaft  verlangte 
gebieteriscli  im  nationalen  Interesse  die  Trennung  Krakaus 
von  Breslau,  und  dieselbe  Rucksiclit  ebenso  wie  der  Wunsch, 
nicht  wiederum  einem  allzu  machtigen  Fiirsten  sich  gegen- 
iiber  zu  sehen,  verlangte  die  Ablehnung  der  bohmischen  Erb- 
folge.  Die  Verdrangung  der  Aveltlichen  Herrscliaft  von  der 
Dominsel  zu  Breslau  war  dann  eine  weitere  gleichfalls  durch 
den  Kirchenstreit  nahegelegte  Forderung  der  Kirche. 

Wie  wir  im  Folgenden  noch  uiiher  sehen  werden,  ist 
das  Testament  in  seinem  ganzen  Umfange  nicht  zur  Aus- 
fuhruug  gekommen;  aber  wirkungslos  ist  es  deshalb  nicht 
geblieben,  vielmehr  ist  wesentlich  infolge  dieses  Testamentes 
eine  Situation  geschatfen  worden,  welche  eine  Verbindung 
von  Breslau  und  Krakau  unter  demselben  Scepter  unmog- 
lich  machte  und  in  Schlesien  unheilvolle  Kampfe  und  eine 
beklagenswerte  Zersplitterung  des  Landes  herbeifuhrte ,  so 
dafs  es  in  der  That  schwer  fallt,  einen  Standpunkt  zu  finden, 
von  dem  aus  man  die  geistlichen  Einflilsse,  welche  am 
Sterbebette  Heinrichs  IV.  sich  geltend  gemacht  haben,  als 
fur  die  Wolillahrt  des  Landes  erspi'iefsHch   ansehen  konnte. 


Fiinfter  Abschnitt. 

Die  Sohne  Boleslaws  II.,  Heiiirich  V.   von   Breslau- 
Liegiiitz  imd  Bolko  I.  von  Schwcidnitz  -  Jaiier. 


Wir  Avissen  nicht,  welche  Verdienste  sich  Herzog  Hein- 
rich  von  Glogau  um  die  bischofliche  Partei  erworben,  oder 
wodurch  er  sich  bei  dieser  so  beliebt  gemacht  hat,  dafs  man 
ihm  das  schlesische  Erbe  zudachte;  aber  gewifs  ist,  dafs  er 
bei  dem  Tode  des  Herzogs  bereits  in  Breslau  bereit  war, 
das  Erbe  anzutreten.  Als  Heinrich  IV.  in  der  Kreuzkirche 
beigesetzt  war,  vermutlich  am  25.  Juni,  fand  tags  darauf  in 
derselben   Kirche   eine   feierhche   Seelenmesse   flir   den  Ver- 


118  Zweitcs  Buch.     Fiint'ter  Abschuitt. 

storbenen  statt,  und  bei  dieser  ward  daun  vor  einer  Ver- 
sammlung  von  Vasallen  und  Vcrtretern  der  Breslauer  Biir- 
gerscliaft  das  neue  grofse  Kircheiiprivileg  verlesen,  oliue 
dais,  wie  es  heifst,  sich  Widersprucli  erhob,  und  Bischof 
Thonuis  bcdrohte  jedeu  mit  dem  Banne,  dcr  fortan  diesen 
crlaug-ten  Freiheiten  zu  uahe  treten  wiirde. 

Bei  dieser  Versammlung  waren,  wie  es  in  der  vom 
27.  Juni  ausgestellten  ersten  Beglaubigung  des  Kircheu- 
privilegs  heifst,  zwei  der  in  des  Herzogs  Testamente  zu 
Erben  eingesetzten  Fiirsten  mit  anwesend,  alio  aiifser  lleiu- 
rich  von  Glogau  vermutlicli  der  Landgraf  Friedrich;  die- 
selben  galten  also  sclion  als  Erben,  wenn  wir  gleich  von 
einer  eigentlichen  Proklamierung  des  Testaments  nichts  er- 
fahren. 

Unsere  einzige  chronikalische  Quelle  iiber  diese  Er- 
eignisse  erzahlt  den  Hergang  in  folgender  Weise:  „Kach 
dem  Tode  des  biderben  Herzogs  gab  es  einen  grolsen  Streit, 
indem  die  einen  Heinrich  von  Glogau  zum  Herzoge  liaben 
wollten,  mit  Rllcksicht  darauf,  dafs  Heinrich  IV.  so  vor 
seinem  Tode  in  gewisser  Weise,  wenngleicb  nicht  vollgliltig, 
verfugt  hatte,  einige  aber  ihn  nicht  mochten,  da  sie  wufsten, 
dafs  er  nicht  eben  friedfertig  gesinnt  sei  und,  Avie  es  hiefs, 
nicht  zuverlassig  in  dem,  was  er  sagte." 

Die  Breslauer  scheinen  vom  ersten  Augenblicke  an  ent- 
schlossen  gewesen  zu  sein,  den  Glogauer  Herzog  nicht  anzu- 
erkennen.  Sie  riisten  sich  mit  dem  Aufgebot  aller  Krafte 
zur  Abwehr,  bewaffnen  die  Biirgerschaft  und  besetzen  die 
Thore  mit  starken  Wacheu,  fahren  Steine  darauf  und  schei- 
nen selbst  nach  Uberwaltigung  der  Tliore  vor  einem 
Kampfe  in  den  Strafsen  nicht  zuriickgebebt  zu  sein;  vmter 
Androhung  schwerer  Strafen  gebietet  der  Rat  die  Bewachung 
der  einzelnen  Hauser  mit  Armbriisten  und  Steinen.  Inso- 
fern  es  kaum  zweifelhaft  erscheint,  dafs  der  Erbvertrag 
Heinrichs  IV.  mit  Wenzel  von  Bohmen  seiner  Zeit  unter 
Zustimmuug  der  Breslauer  erfolgt  ist,  mufsten  diese  jotzt 
darauf  gefafst  sein,  unter  bohmische  Herrschaft  zu  kommen, 
und  es  ist  auch  wahrscheinlich,  dafs  sie,  wenn  damals  der 
Bohmenkonig  es  verlangt  hatte,  ihre  Huldigung  nicht  ge- 
weigert  hatten;  doch  nun  driingte  die  Zeit.  So  nahmen  sie 
denn  den  Liegnitzer  Herzog,  der  sie  ja  das  Jahr  vorher  zum 
Siege  gegen  die  Polen  gefuln-t  hatte,  als  dieser  damals  nach 
Breslau  kam,  mit  Freuden  auf,  moglicherweise  zunachst  nur 
als  Fiihrer. 

Mit  seiner  Ankunft  gab  Heinrich  von  Glogau,  der  bisher 
auf  der  Dominsel  verweilt  hatte,  fiir  jetzt  das  Spiel  auf  und 


Heinrichs  Y.  Kegierungsautritt.  119 

raumte  das  Feld.  Aber  audi  die  bischofliche  Partei  mochte 
wohl  eiiisehen,  dafs  bei  der  Stimmung  dei'  Breslauer  es 
kaum  gelingen  konne,  don  Herzog  von  Grlogau  hier  als 
Herrn  einzafiihren,  und  da,  -wemi  dies  einmal  nicht  wohl 
erreicbbar  schien,  die  Erbfolge  Heinrichs  von  Liegnitz  immer 
noch  als  kleineres  Ubel  augesehen  werden  durfte  als  die 
bohmische  Herrschaft,  welche  ja  doch  die  den  polnischen 
Bundesgenossen  besonders  verhafste  Verbiudung  Breslaus 
und  Krakaus  ermoglicht  haben  wiirde,  so  kam  es  zu  einem 
Vergleiche  im  wesentlichen  auf  der  Grundlage,  dafs  der 
Bischof  das  Testament  im  grofsen  und  ganzen  fallen  liefs 
und  sich  der  Succession  Heinrichs  von  Liegnitz  nicht  wider- 
setzte  unter  der  Bedingung  der  Anerkennung  des  grofsen 
Kirchenprivilegs. 

Unter  Avelchen  ErAvagungen  sich  die  Breslauer  in  den 
Gedanken  gefunden  haben,  auf  die  bohmische  Erbfolge  als 
die  einzige  Kombination,  welche  ihnen  die  Verbindung  mit 
Krakau,  an  der  ihnen  ja  so  viel  lag,  und  filr  die  sie  so  grofse 
Opfer  gebracht  batten,  zu  verzichten,  das  wissen  wir  nicht; 
gewifs  ist  so  viel,  dafs  sie  einmiltig  Herzog  Hemrich  von 
Liegnitz  als  ihren  neuen  Herrn  anerkannteu.  Heinrich  V., 
wie  er  sich  jetzt  nannte,  erklart  in  dem  erst  en  Privileg, 
welches  er  den  Breslauern  ausstellte,  seinen  lieben  und  ge- 
treuen  Biirgern  sowie  den  Vasallen  des  Herzogtums  ver- 
danke  er  nlichst  Gott  allein  die  Erlangung  dieses  Be- 
sitzes. 

Der  Minister  Heinrichs  IV.,  der  Propst  Bernhard  von 
Kamenz  (in  der  Ober  -  Lausitz) ,  dessen  Ratschlagen  dieser 
Fiirst,  wie  wir  annehmeu  dlirfen,  in  seinen  letzten  Lebens- 
jahren  vielfach  gefolgt  ist,  scheint  sich  noch  mit  weiteren 
Hoffnungen  fiir  die  bohmische  Nachfolge  getragen  zu  haben : 
er  begiebt  sich  an  den  Hof  Konig  Wenzels,  bei  dem  er 
auch  bald  zu  hohem  Ansehen  gelangt,  und  wahrscheinlich 
unter  seinem  Einflusse  lafst  sich  dieser  dann  im  September 
1290  von  seinem  Schwiegervater ,  dem  romischen  Konige 
Rudolf  von  Habsburg,  sein  Erbrecht  auf  Schlesien  und 
Breslau  erneuern  und  diese  Lande  als  Reichslehen  sich  zu- 
sprechen. 

Weitere  Folgen  hatte  das  allerdings  jetzt  nicht;  vielmehr 
scheint  es,  dafs  Wenzel  rait  dem  neuen  Herren  von  Breslau, 
von  dem  er  vielleicht  irgendwelche  Zusagen  fur  die  Zukunft 
empfangen  hat,  in  ein  durchaus  freundliches  Verhaltnis  trat ; 
er  sichert  ihm  und  dessen  Bruder  Bolko,  dem  er  ja,  wie 
wir  noch  anzufiihren  haben  werden,  schon  frliher  naher  ge- 
standen    hatte,    seinen    Beistand    gegen    etwaige   Feinde    zu, 


120  Zweites  Buch.     Fiinfter  Abschnitt. 

unter  cler  einzigen  Bedingung,  dais  die  Herzoge  die  Kosten 
dieses  Beistandes  zu  tragen  haben  sullen. 

Desto  eifriger  nahm  aber  Koiiig  Wenzel  seine  polnischea 
Plane  auf,  zu  deren  Durchfiihi'ung  nun  die  Botmiifsigkeit 
der  oberschlesist'hen  Teill'ursten  unerlai'slich  schien.  Kasimir 
von  Beuthen  war,  Avie  wir  wissen,  bereits  seit  1289  Lehens- 
mann  der  bolunischen  Krone,  jetzt  fanden  sich  nun  im 
Januar  1291  auch  dessen  beide  BriAder,  Mesko  von  Teschen 
und  Boleslaw  von  Oppeln,  in  Olmiitz  bei  dcm  Konige  ein,. 
diesem  Heerfolge  in  dem  bevorstehenden  Kanipte  in  feier- 
licher  Form  auf  ein  Stllek  vom  Kreuze  Chri:>ti  zu  geloben. 

Zu  dem  grofseu  Zuge,  den  dann  im  August  1292  Konig 
Wenzel  gegen  Krakau  uuternahm,  sammelten  sich  im  Landfr 
des  Herzogs  von  Oppeln  die  bohmischen  Kriegsscharen. 
Hier,  also  wahrscheinlich  in  Oppeln,  Avird  Konig  Wenzel 
von  Markgraf  Otto  dem  Laugen  mit  dem  liittersehwerte 
umgilrtet,  und  hier  nahmen  nun  auch  die  oberschlesischeu 
Herzoge  ihre  Lande  feierlich  von  Bcilunen  zu  Lehen;  ein 
unter  Mitwirkung  der  Schlesier  erfochtener  vollstandiger  Sieg 
iiber  Wladyslaw  Lokietek,  der  diesen  selbst  samt  seinem 
Bruder  in  bohmische  Gefangenschaft  filhrte,  befestigte  die 
Herrschaft  Wenzels  in  Krakau.  Die  Verbindung  des  Konigs- 
hauses  der  Premysliden  mit  den  oberschlesischeu  Piasten 
ward  nachmals  int'olge  der  Vermahlung  des  bohmischen 
Throntblgers  mit  Viola,  der  Tochter  Herzog  Meskos  von 
Teschen  (1305),  noch  enger. 

Die  Herrschaft  Wenzels  ilber  Ki'akau  hat  noch  einmal 
starke  Anfechtung  gefunden  durch  jeuen  Herzog  Premyslaw 
von  Grofspolen,  welchem  das  Testament  Heinrichs  IV.  die 
Erbschaft  von  Krakau  zugedacht  haben  sollte.  Wenn  den- 
selben  zu  der  Zeit,  als  Heinrich  IV.  starb,  und  in  der 
nachsten  Zeit  darauf  die  Angelegenheiten  Pommerellens,  wa 
er  dem  kinderlosen  Herzog  Mestwin  naclizufolgeu  Aussicht 
hatte,  so  in  Anspruch  nahmen,  dafs  er  damals  den  Planen 
Wenzels  nicht  eutgegentrat,  so  hatte  er  docli  seine  Anspriiche 
um  so  weniger  aufgegeben,  da  er  sich  des  machtigen  Bei- 
standes der  polnischen  Geistlichkeit  sicher  wufste.  Auch 
bei  der  romischen  Kurie  sprach  flir  ihn  neben  der  Befiir- 
wortung  durch  die  polnischen  Pralaten  die  Abneigung  gegen 
die  bohmische  Herrschaft,  insofern  diese  die  pjipstlichen  An- 
spriiche auf  das  einst  unter  den  besonderen  Schutz  des 
heiligen  Petrus  gestellte  Polen  und  in  weiterer  Konsequenz 
auch  den  Peterspfennig  in  Frage  stellen  zu  kunnen  schien, 
und  so  geschah  es  denn  unter  ausdriicklicher  Zustimmung 
Papst   Bonifaz'   VIH.,    dafs   Premyslaw    am    26.    Juli    1295 


Die  letzten  Premysliden  in  Krakau.  121 

von  clem  Erzbischofe  von  Grnesen  in  clem  clortigen  Dome 
feierlicli  zum  Konige  von  ganz  Polen  und  Herzoge  von 
Pommern  gesalbt  unci  gekront  wurcle.  Aber  schon  am 
6.  Februar  fiel  er  von  der  Hand  eines  Meuchelmorders,  und 
die  gesetzlosen  Zustande,  die  jetzt  in  Polen  einrissen,  iuhr- 
ten  schliefslich  dazu^  dais  die  polnischen  Grofsen  aucli  in 
Grofspolen  dem  Bohmenkonige  mit  der  Hand  der  Tochter 
des  ermordeten  Premyslaw  die  polnische  Eli'one  anboteu. 
A^'enzel  ward  dann  auch  im  Jahre  1300  zu  Gnesen  feier- 
licli zimi  Konige  gekront. 

Als  eigentlicher  Erbe  Premyslaws  sah  sich  allerdings  der 
cliesem  Fiirsten  blutsverwandte  Heinrich  von  Glogau  an, 
auf  eine  letztwillige  Verfugung  desselben  sich  sttitzend,  und. 
wenn  derselbe  auch  als  Erbe  des  polnischen  Reiches  gegen 
Konig  Wenzel  nicht  das  Felcl  behaupten  konnte^  so  ei'langte 
er  doch  zu  dauerndem  Besitz  einen  anselmhchen  Teil  von 
Grofspolen  mit  der  Staclt  Posen  und  ilber  die  Warthe  hin- 
aus,  —  ein  Besitz,  der  dann  allerdings  in  der  ersten  Halfte 
des  14.  Jahrhunderts  mehr  und  mehr  zusammengeschmol- 
zen  ist. 

Inzwischen  war,  wie  wir  sahen,  in  Breslau  und  Mittel- 
schlesien  Heinrich  von  Liegnitz  zur  Herrschaft  gelangt,  ein 
Fiirst,  dick  von  Leibesgestalt,  von  milder,  gerechter  und 
freundhcher  Sinnesart  u.nd  dabei  trotz  der  von  ihm  auf 
verschiedenen  Schlachtfeldern  gepfliickten  Lorbeeren  in  hohem 
Mafse  friedhebend.  Aber  geracle  seine  Regierung  sollte  mit 
Stm'm  und  Drang  sich  erfullen. 

In  Breslau  sah  man  Aveitere  Kiimpfe  gegen  den  Glogauer 
Herzog  bestimmf  voraus,  und  eine  der  ersten  Mafsregeln 
Heinrichs  V.  war  eine  bessere  Befestigung  der  Stadt  da- 
durch,  dafs  man  den  Ohlauflufs,  der  unmittelbar  oberhalb 
Breslaus  in  die  Oder  miindete,  nun  (l29i)  als  Wallgraben 
um  die  Stadt  fiihi'te  und  erst  unterhalb  derselben  in  den 
Hauptflufs  sich  ergiefsen  hefs. 

Beistand  und  Unterstiitzung  hoffte  Herzog  Heinrich  vor- 
nehmlich  von  seinem  Bruder  Bolko.  Dieser  Bolko  I. ,  der 
Begrilnder  der  Schweidnitz-Jauerschen  wie  der  Miinsterberger 
Herzogslinie ,  war  nur  wenig  j linger  als  sein  Bruder  von 
Breslau,  ein  tapferer  und  energischer  Fllrst,  den  Feinden 
furchtbar  wie  den  Ubelthatern  im  Lande,  wo  er  mit  stax'ker 
Hand  die  Urdnung  aufrecht  erhielt,  der  Erbauer  zahlreicher 
Burgen  zum  Schutze  des  Lancles,  den  Bllrgern  seiner  Stadte 
freundlich  und  wohlgesinnt,  so  dafs  in  den  Orten  am  Ge- 
bu'ge,  vornehmhch  in  Schweidnitz,  sein  Andenken  in  der 
Tradition  des  Volkes  bis  auf  den  heutigen  Tag  lebendig  ge- 


122  Zweites  Huch.     Fiinfter  Abschuitt. 

blieben  ist,  wie  das  kaiun  eineiu  andern  der  alten  sclile- 
sischen  Fiirstcn  ziiteil  g-eworden  ist. 

Der  Kut"  seiner  Tiichtigkeit,  seiner  Macht,  seines  An- 
sehens  war  weit  verbreitet,  iind  der  nieifsensche  ]\Iarkgraf 
Dietrieb  von  Landsberg  reiste  3  285  selbst  nach  Schlesien, 
um  Bolko  sich  als  Scbwiegersobn  zu  gewinnen.  Derselbe 
batte  damals  widerstrebend  zugeben  miissen ,  dafs  seine 
Tocliter  Sopbie  in  dem  von  ibm  gegriindeten  Klarenkloster 
zu  Weifsenfels  den  Scbleier  nabm,  mm  AvoUte  er  wenigstens 
tiir  deren  Scbwester  Gertrud  eine  Hocbzeit  riisten,  wie  sie 
„seit  Abasverus'"  Zeiten  nicbt  geseben  worden  sei.  Aber  als 
Bolko  nun  wirklicb  um  die  Jungfrau  warb,  zeigte  es  sicb, 
dafs  bei  dieser  der  Hang  zum  Klosterleben  kaum  minder 
stark  war  als  bei  der  Sebwester,  und  es  kam  scblielslicb  so 
weit,  dais  Getrud  ein  Messer  ergrifF  und  sicb  damit  ibr 
Antlitz  so  zu  entstellen  entscblossen  zeigte,  damit  nie- 
mand  mebr  ibrer  begebren  solle.  Da  erklarte  Herzog 
Bolko,  die  Braut  dem  himmliscben  Briiutigam  iiberlassen 
zu  wollen;  wende  sie  aber  ibre  Liebe  einem  andern  zu, 
der  solle  seines  Lebens  nimmer-  sicber  werden  vor  ibm 
(1286). 

Bald  darauf  vermablte  sicb  Bolko  mit  Beatrix ,  der 
Tocbter  ]\Iarkgraf  Ottos  des  Langen  von  Brandenburg,  obne 
dais  er  jedocb  seinem  nunmebrigen  Scbwager,  dem  Herzog 
Heinricb  IV.,  niiber  getreten  ware,  dessen  Unternebraungen 
er,  unabnlicb  so  vielen  auderen  sclJesiscben  Fiirsten,  ganz 
fern  geblieben  zu  sein  scbeint.  Wobl  aber  bat  ihn  sein 
Scbwiegervater,  der  Vormund  Konig  Wenzels,  mit  diesem 
in  nabere  Verbindung  gebracbt.  Bei  der  Unterwerfung 
Kasimirs  von  Beutben,  am  10.  Januar  1289,  ist  er  in  Frag 
anwesend,  und  nocb  in  demselben  Jabre  scbenkt  ibm  Konig 
Wenzel  zum  Zeicben  besonderer  Huld  die  Stadt  Scbonberg 
mit  vier  benacbbarten  Dorfern,  welcbe  dann  seit  dieser  Zeit 
von  Btibmen  getrennt  und  zu  Scblesien  gescblagen  er- 
scbeint. 

Bolko  batte  bei  der  Erbteilung  nacb  dem  Tode  seines 
Vaters  das  Gebiet  von  Jauer  erbalten,  wozu  dann  1286 
bei  dem  Ableben  seines  Bruders  Bernbard  Lowenberg 
kam,  so  dafs  ibm  ein  breiter  Stricb  Landes  langs  des 
Riesengebirges  und  bis  zu  dessen  Hobe  binaufreicbend  unter- 
thanig  war.  Als  dann  1290  sein  Bruder  Heinricb  das  um- 
fangi-eicbe  Erbe  Heinricbs  IV.  von  Breslau  antrat,  meinte 
aucb  Bolko  einen  ansebnHcben  Anteil  verlangen  zu  konnen, 
und  bat,  wie  es  den  Anscbein  bat,  als  Heinricb  die  Forde- 
rung    zu    hoch    fand,     sicb    mit    dem     auf    das    Testament 


Herzog  Bolko  I.  123 

Heinriclis  IV.  berufenden  unci  deshalb  gleichfalls  eiue  an- 
sehnliche  Abiiadung  begehreuden  Glogauer  Herzog  ver- 
biindet  und  so  eine  iibermachtige  Verbindung  hergestellt, 
welclier  nun  Heinrich  V.,  durch  schwere  Verwiistungeu  des 
Landes  und  imnier  erneute  Bedrangnisse  schnell  miirbe  ge- 
macht,  wich,  und  sich  zu  einer  Landesteilung  in  ziemlich 
grofsem  Mafsstabe  herbeiliels. 

Bei  dieser  erliielt  nun  Bolko  die  Gebiete  von  Striegau, 
Schweidnitz ,  Reichenbach^  Frankenstein,  Milusterberg  und 
Strehlen,  also  ungefahr  die  beiden  nachraaKgen  Fiirstentiimer 
Sehweidnitz  und  Miinsterberg;  Heinrich  von  Glogau  aber 
die  Gebiete  von  Bunzlau,  Hainan,  Steinau  (welches  letztere 
nach  Primkos  Tode  1289  Heinrich  IV.  sich  angeeiguet 
hattej  und  dann  jenseits  der  Oder  die  Gebiete  von  Guhrau, 
Militsch,  Trebnitz,  Polnisch- Wartenberg,  also  den  ganzen 
Strich  Landes  langs  der  Grenze  von  Grofspolen  hin,  wel- 
cher  dem  Glogauer  Herzog  zur  Arrondierung  der  von  ihm 
wohl  schon  damals  erhoffien  poluischen  Erbschaft  besonders 
begehrenswert  scheinen  konnte.  Diese  grofse  Landesteilung 
gehort  wahrscheinlich  noch  ins  Jalir  1291. 

Als  Herzog  Bolko  seinen  neuen  Besitz  angetreten,  er- 
baute  er  da,  wo  bei  Freiburg  aus  der  Ebene  der  breiten 
Oderniederung  die  ersten  Hohen  des  Waldenburger  Gebirges 
sich  erheben,  auf  einem  Felskegel  derselben  eine  neue  Burg 
und  verlegte  hierher  aus  der  von  ihm  gegriindeteu  Bolko- 
biu'g,  nach  welcher  ja  dann  auch  das  dai-unter  liegende 
Stadtchen  Bolkenhain  den  Xamen  hat,  seine  Hauptresidenz. 
Er  nannte  die  neue  Burg  den  Fiirstenberg;  dieselbe  stand 
an  der  Stella,  welche  jetzt  das  wegen  seiner  romantischen 
Lage  so  vielfach  besuchte  Schlofs  Fiirsteinstein  (und  zwar 
das  neue  Schlofs,  nicht  die  sogen.  alte  Burg)  einnimmt. 
Bolko  nahm  den  Fiirstenberg  geradezu  in  seinen  Titel  auf; 
er  und  das  ganze  Geschlecht,  das  von  ihm  abstamrate^ 
nannten  sich  in  den  Urkunden  Herzoge  von  Schlesien,  HeiTen 
von  Fiirstenberg. 

Im  Jahre  1292  griindet  dann  Bolko  unfern  von  Landes- 
hut  in  Grufsau,  wo  bis  dahin  einige  Beuediktiner  gewohnt 
batten,  denen  der  Herzog  ihren  Besitz  abkaufte,  gleichsam 
als  Famihenstift  seines  Hauses  und  zugleich  als  letzte  Ruhe- 
statte  fiir  sich  und  die  Seinen,  eine  Cistercienserabtei ,  die 
er  reich  dotierte.  Nachdem  Briider  aus  Heinrichau  dort 
bereits  am  9.  August  ihren  Einzug  gehalten,  ward  am  7. 
und  8.  September  die  eigentliche  Griindungsiu'kunde  von 
Bolko  ausgestellt.  Zahlreiche  Edle  des  Landes,  auch  sein 
Bruder  Heinrich  V.,  nahmen  an    der   Feier  teil,    ein  Beweia 


124  Zweites  Buch.     Fiinfter  Abschuitt. 

fur    (las    wiederhergestellte    Einvernehmen   der  Brilder;   der 
Ban  des  steiueruen  Klosters  ward  1:296  begounen. 

In  der  That  seheint  nach  jencr  grofsen  Abtretung  von 
1291  der  Friede  in  Schlesien  wiederhergestellt  zu  sein;  der 
Glogauer  Herzog  hatte  selbst  versichert,  beziiglich  seiner 
Ansprilehe  belriedigt  zu  sein.  Allerdings  war  das  nicht 
seine  Meinung,  und  er  sann  darauf,  weitere  Landabtretungen, 
die  er  durch  oftene  Gewalt  nicht  erreichen  konnte,  nun  dureh 
Hinterlist  und  Verrat  zu  erzielen.  Eine  Gelegenheit  dazu 
hot  sich  ihm  bald. 

Unter  deni  Breslauer  Holadel  hatte  schon  in  der  Zeit 
Heinriehs  IV.  eine  hervorragende  RoUe  der  Marschail  Pako- 
slaw  gespielt  und  dieses  Ami  unter  dessen  Nachlblger  be- 
kleidet.  Dieser  nun  hatte  einen  andern  Adeligen,  wenn 
auch  vielleicht  nicht  vorsatzlich,  getotet,  und  mulste  sich 
gegen  die  Klage  der  Angehorigen  des  letzteren  verantworten, 
that  das  aber,  auf  seinen  Rang,  seine  Stellung  und  die  Gunst 
des  Herzogs  pochend^  in  so  trotziger  und  llbermtitiger  Weise, 
dais  es  schwer  war,  ]\Iilderungsgrunde  seiner  Schuld  zu 
finden,  und  ubwohl  ihn  Heinrich,  der  ihn  gern  geschont 
hatte,  wiederholt  mahnte,  doch  seine  Aussagen  anders  ein- 
zurichteu,  blieb  er  stolz  bei  dem  einmal  Gesagten,  so  dais 
der  Herzog  endlich  nicht  anders  handeln  za  konnen  glaubte, 
als  der  Gerechtigkeit  freien  Lauf  zu  lassen,  die  dann  den 
Tod  des  Schiddigen  verlangte.  So  fiel  denn  das  Haupt  des 
Marschalls  (1292). 

Derselbe  hinterliefs  fiinf  Sohne,  deren  iiltester,  Ludko, 
bereits  erwachsen  und  in  den  Diensten  des  Herzogs  stehend, 
das  schreckliche  Ende  des  Vaters  selbst  niit  erlebt  und  mit 
angesehen  hatte.  Ihn  zu  entlassen,  mahnten  die  Rate  Hein- 
riehs, und  dieser  redete  den  Jungling  an  in  Gegenwart 
seines  ganzen  Holes ,  er  habe  gesehen ,  v\'ie  der  Vater  sein . 
Schicksal  selbst  verschuldet  und  der  Herzog  nicht  anders 
gekonnt  habe,  als  dem  Rechte  seinen  Lauf  zu  lassen.  Ludko 
moge  nun  selbst  mit  sich  zurate  gehen ,  ob  er  glaube  es 
fiber  sich  zu  vermogen,  wegen  jenes  Vorfalles  ihm,  dem 
Herzoge,  keinerlei  GroU  nachzutragen,  wo  nicht,  moge  er 
seinen  Hof  verlassen.  Acht  Wochen  soUe  er  Bedenkzeit 
haben. 

Xach  deren  Ablauf  aber  warf  sich  Ludko  zu  des  Her- 
zogs Fiifsen  und  erklarte  unter  Thriinen,  er  wisse,  dafs  sein 
Vater  durch  eigene  Schuld  seinen  Tod  gefunden,  und  gelobe 
dem  Herzoge  aus  diesem  Grunde  gegen  ihn  nie  eine  Feind- 
schaft  zu  hegen.  Herzog  Heinrich  bitte  er,  ihm  auch  ferner 
ein  gnadiger  Herr   zu    sein.     Da   hob    ihn  Heinrich   geriihrt 


Heinrichs  V.  Gefangenschaft.  125 

aiif  und  sprach:  „Von  nun  an  werde  ich  dein  Vater  sein 
und  dir  so  wolilthun,  dafs  du  und  die  Deinigen  es  mil' 
sollt  zu  danken  habeu."  In  hohen  Ehren  und  in  des  Her- 
zogs  besonderer  Gunst  und  besonderem  Vertrauen  lebte 
Ludko  fortan. 

Aber  Abgesandte  des  arglistigen  Glogauer  Herzogs  fan- 
den  doch  den  Weg  zu  seinem  Ohre,  und  bei  einer  person- 
lichen  Zusammenkunft  mit  diesem  entflammte  derselbe  den 
Sinn  des  Jiinglings  zur  Eache  und  verhiefs  reichen  Lohn, 
wenn  ihm  Ludko  Heinrieh  V.  in  seine  Gewalt  lief  ere.  Der 
Verrat  ward  beschlossen,  eine  Anzahl  unzufriedener  Adeliger, 
aufser  Ludkos  Bruder,  Pakoslaw,  noch  Bogusch  von  Wiesen- 
burg,  ein  unwiirdiger  Abkommling  jenes  getreuen  Peregrins 
von  Wiesenburg,  der  fiir  Heinrieh  den  Bartigen  einst  das 
Leben  liefs,  Jesche  von  Przilep  und  Ludwig,  Aveiland  der 
Schreiber  Heinrichs  IV.,  verschworen  sich  mit  Ludko,  und 
bei  der  vertrauensvoUen  Sorglosigkeit  Heinrichs  V.  fand  sich 
bald  eine  Gelegenheit  zur  Ausfilhrung. 

Als  um  Martini  1293  (November  11)  der  Herzog  un- 
"weit  der  Breslauer  Burg  in  einem  Hause  am  Oderstrande 
ein  Bad  nahra,  kam  ein  Haufe  Bewaflfiaeter,  durch  den  ge- 
rade  sehr  seichten  Oderarm  hindiu-chreitend ,  auf  die  Bade- 
stube  zu.  Wohl  gewahrten  ihr  Nahen  die  Begleiter  des  Her- 
zogs, doch  dieser  glaubte,  seit  er  Ludko  erkannt  hatte,  liber 
die  friedliche  Ausicht  der  Kommenden  unbesorgt  sein  zu 
konnen.  Als  die  bewafihete  Schar  aber  dann  zum  AugrifF 
schritt,  konnte  von  einer  Verteidigung  der  waffenlosen  ent- 
kleideten  Diener  des  Herzogs  nicht  die  Rede  sein;  einer 
derselben  biifst  den  Yersuch,  den  Fiirsten  mit  seinem  Leibe 
zu  schirmen,  mit  dem  Leben. 

Man  warf  den  gefangenen  Heinrieh,  notdiirftig  bekleidet, 
auf  ein  Rofs  und  schleppte  ihn  eilig  nach  der  Burg  Sande- 
walde  bei  Guhrau  und  von  da  nach  Glogau.  Als  er,  viel- 
leicht  in  der  Hoffhung  auf  Unteniehmungen  zu  seiner  Be- 
freiung  die  ihm  vorgelegten  Bedingungen  nicht  annehmen 
mochte,  verscharfte  sein  Vetter  die  Haft  und  sperrte  ihn, 
um  den  Widerstand  zu  brechen,  schliefslich  in  einen  engen 
Holzkafig,  wo  er  weder  stehen  noch  sitzen  noch  Hegen 
konnte,  bei  lebendigem  Leibe  eine  Beute  der  Wiirmer;  da 
gab  er  nach,  und  nach  sechsmonatUcher  Haft  kam  er  frei 
(Anfang  Mai  1294),  nachdem  er  einen  Vertrag  von  ganz 
ausgesiTchter  Harte  unterschrieben  i;nd  ausreichende  Burgen 
gestellt  hatte. 

Die  hier  dem  Glogauer  Vetter  gemachten  Abtretungen 
umfafsten  die  Stadte  und  Gebiete  von  01s,  Bemstadt,  Namslau, 


120  Zwoites  Buch.     Fiiiiftcr  Abschnitt. 

Konstadt,  Kreuzburg,  Pitschen,  Landsberg-,  einschliefslich  des 
Pfandbesitzes  von  Boleslawice  in  Polen,  kurz  alles,  was  Herzog 
Heinrich  V.  noch  ant"  dem  rechten  Oderul'er  besafs,  bis  auf 
einen  Streifen  Landes  in  der  Breite  Von  einer  halben  i\Ieile 
liings  des  Plusses. 

Ferner  mul'ste  Heinrich  voile  Verzeihung  den  obgenannten 
Verriitern,  welche  seine  Gefangennehmung  verursaclit,  ge- 
loben,  welche  ungehindert  ihr  Besitztum  verkaulen  und  aus- 
wandern  diirien,  sich  auch  auf  funf  Jahre  verpflichten,  seinem 
Vetter  von  Glogau  gegen  alle  etwaigen  Angreii'er,  niit  Aus- 
nahme  des  Konigs  von  Bohmen,  Herzog  Bolkos,  der  Mark- 
gral'en  Otto  und  Albrecht  von  Brandenburg,  des  Grafen 
Albrecht  von  Anhalt  und  der  polnischen  Herzoge  mit  100 
gerlisteten  Ilossen  zuhilfe  zu  kommen,  und  ebenso  wenig 
selbst  mit  den  Verbiindeten  des  Glogauer  Herzogs,  dessen 
Bruder  Konrad  von  Sagan  oder  den  oberschlesischen  Teil- 
tursten  Krieg  anzufangen,  auch  keine  Burg  an  den  Grenzen 
seines  Vetters  anzulegen.  Drei  seiner  Schlosser ,  Brieg, 
Tietensee  bei  Grottkau  und  Rochlitz  bei  Liegnitz,  mulsten 
als  Unterptander  dem  Glogauer  Herzoge  eingeraumt  werden^ 
und  50  Ritter,  bei  Strale  des  Einlagers  in  Breslau,  weitere 
Biirgschaft  leisten. 

Heinrich  V.  kehrte  als  ein  gebrochener  Mann  aus  der 
unmensclilichen  Halt  des  Vetters  heim  •,  er  hat  sich  nie  wie- 
der  ganz  zu  erholen  vermocht.  Als  er  seine  Kraf'te  ab- 
nehmen  und  sein  Ende  herannahen  filhlte,  bat  er  seinen 
Bruder  Bolko,  sich  seiner  unmlindigen  Knaben  als  Vormund 
anzunehmen.  Dieser  erkliirte  sich  bereit  dazu,  begehrte  aber 
als  Entgelt  das  frliher  bei  der  Abtretung  des  Schweidnitzer 
Gebietes  wie  eine  Art  von  Enklave  von  Heinrich  zuriick- 
behaltene  Zobtenschlofs.  Wie  unangenehm  auch  dem  Her- 
zoge die  neue  Forderung  war,  so  bewilligte  er  sie  doch  auf 
den  Rat  seiner  Getreuen,  nnd  nach  dieser  Seite  hin  be- 
ruhigt,  schlols  der  schwer  gepriilte  Furst  am  26.  Februar 
1290  die  Augen  und  fand  im  Klarenkloster  zu  Breslau  seine 
letzte  Ruhestatte,  ein  Furst,  der  wohl  ein  besseres  Schicksal 
verdient  hatte. 

Bolko  hielt  treulich  sein  Wort  und  schirmte  mit  kriif- 
tigem  Ann  die  Miindel.  Ja,  indem  er  die  Kampfe,  in  welche 
der  Glogauer  Herzog  mit  Wladyslaw  Lokietek  geriet,  klug 
benutzte,  gewann  er  jenem  (um  1297)  die  Gebiete  von  Hainau 
und  Bunzlau  Aviederum  ab.  Das  erstere.  gab  er  seinen 
NefFen,  das  letztere  behielt  er  fiir  sich ,  und  weder  ist  jenes 
von  dem  Liegnitzer,  noch  dieses  von  dem  Jauerschen  Fiirsten- 
tum  fortan  wieder  getrennt  worden.    Zwei  neu  erbaute  Bur- 


Heinriclis  V.  Eude.     Bolkos  1.  Regentschaft.  127 

gen,  Klitschdorf  bei  Buuzlau  unci  Kotzenau,  einige  Meilen 
nordlich  von  Hainan  mufste  die  neuen  Erwerbungen  schlitzen. 
Es  war  seine  Art,  den  Schutz  des  Landes  durcli  neue  Be- 
festigungen  anzustreben,  so  erneuerte  er  in  seiner  Mlindel  Ge- 
bieten  die  Befestigungen  von  Brieg,  Grottkau  und  Nimptsch. 

Offenbar  war  es  ein  Regent,  der  Ordnung  im  Lande 
hielt.  Er  ist  der  erste  schlesische  Fiirst,  von  dem  berichtet 
wird,  wie  er  die  Einklinfte  und  Leistuugen  der  Unterthanen, 
die  Lehendienste,  genau  habe  verzeicbnen  lassen.  Die  ge- 
ordneten  Zustande,  die  er  so  schuf,  trugen  auch  ihre  Friichte: 
die  Welt  spracli  von  den  Scbatzen,  die  er  in  den  festen 
Gewolben  der  Bolkoburg  sammle ;  aber  auch  fiir  die  Mlindel 
lullten  sich  die  Gewolbe  des  Liegnitzer  Schlosses. 

Er  war  den  Biirgern  freundlich  gesinnt,  und  reiche 
Privilegien  gewahrte  er  den  Stadten,  wo  er  das  Ansehen 
der  stadtischen  Obrigkeiten  streng  aufrecht  hielt.  Als  die 
Burger  seiner  Hauptstadt  Schweidnitz  ihr  Stadtrecht  denen 
von  Ratibor  mitteilen,  berichteten  sie  mit  einem  gewissen 
Stolze  das  Wort  ihres  Herzogs,  er  rechne  sich  zu  den  fiinf 
Ratsherren  als  sechster,  und  wer  den  Rat  schelte,  greife  da- 
mit  auch  ihn  an. 

Aber  auch  die  Stadte  durften  nicht  vergessen,  dais  er 
ihr  Oberherr  sei,  und  als  in  der  Zeit  seiner  vormundschaft- 
lichen  Regierung  die  machtigen  Breslauer,  denen  er  aller- 
dings  nicht  geringe  Lasteu  auferlegte,  ihm  zu  widerstreben 
wagten,  fiihrte  er  ein  so  stattliches  Heer  gegen  sie,  dais  sie 
aul  schnelle  Unterwerfung  zu  denken  Grund  batten. 

Zum  Zeicheil  derselben  und  zur  Warnung  fur  das  kiinf- 
tige  zwang  er  sie  dann,  ein  Stiick  ihrer  Stadtmauer  einzu- 
reil'sen  und  hielt  dann  durch  diese  Bresche,  wie  weiland 
Friedrich  Barbarossa  in  Mailand,  seinen  Einzug  in  die  ge- 
demiitigte  Stadt. 

Am  9.  November  1301  starb  Bolko  I.,  offenbar  einer 
der  bedeulendsten  Fiirsten,  welche  die  Reihe  der  schlesischen 
Piasten  aufzuweisen  hat,  die  „  Krone  Schlesiens",  wie  ihn  die 
Jahrbilcher  von  Griifsau  nennen.  Die  Gruft  in  seiner  neuen 
Griinduug  Griifsau  nahm  seine  sterblichen  Uberreste  auf. 
Sein  Name  lebt  in  den  Traditionen  des  Volkes  bis  auf  den 
heutigen  Tag,  und  die  Sage,  welche  die  Ruinen  auf  den 
Htihen  unseres  Gebirges  umspinnt,  hat  viel  mit  ihm  zu  thun, 
Seine  Herrschaft  zersplitterte  sich  nach  der  verderblichen 
Sitte  der  Piasten  durch  Landesteilung  unter  drei  Sohne. 


128  Zweites  Buch.     Scchster  Absclmitt. 

Sechster  Abschnitt. 
Schlesieii   komint   an  Bolimeu. 


Das  damalige  Schlesien  bis  zur  Neifse,  also  abgesehen 
von  Obersclilesien,  hatte  durcli  die  gewaltigen  Besitzverande- 
runffeu  nach  dem  Tode  lieinrichs  IV.  etwa  die  Gestalt  an- 
genommen,  dafs  es  in  seiner  Langenriclitung  von  Nordwest 
nach  Sildost  in  drei  durchgeliende,  parallele,  nicht  eben  breite 
Straiten  geteilt  erscheint,  von  denen  der  zunachst  der  pol- 
nischen  Grenze  sich  hinziehende  den  Glogauer  Herzogen, 
der  mittlere  der  Breslau  -  Lieguitzer  Linie,  der  am  Gebirge 
dem  Stamme  Bolkos  gehorte.  Der  mittlere  war  -snelleicht 
der  kleinste,  umfafste  jedoch  die  fruchtbarsten  vind  bevcilkert- 
sten  Gebiete. 

Bolko  hatte  von  1296  an  liber  zwei  dieser  Gebiete  ge- 
boten;  aber  als  er  starb,  ward  nun  auch  in  seinem  Gebiete 
eine  vormundschaftliche  Regierung  notwendig,  da  auch  er 
nur  minderjahrige  Knaben  liinterhefs.  Hier  fiel  die  vor- 
mundschafthche  Regierung  ohne  weiteres  seinem  Schwager, 
dem  Askanier,  Markgrafen  Hermann  von  Brandenburg,  zu, 
den  wir  dann  auch  mehrfach  teils  selbst,  teils  durch  einen 
von  ihm  eingesetzten  Hauptmann,  Hermann  von  Barby,  Re- 
gierungshandlungen  vornehmen  sehen,  bis  etv\'a  1308  der 
alteste  der  Sohne  Bolkos,  Bernhard,  die  Regierung  selbst  zu 
iibernehmen  vermag. 

In  Breslau  hatte  man  unmittelbar  nach  dem  Tode  Bolkos 
im  Rate  daran  gedacht,  den  Konig  von  Bohmen  um  Uber- 
nahme  der  Vormundschaft  zu  bitten.  Es  mufs  bei  dieser 
Gelegenheit  zu  sehr  heftigen  Debatten  gekommen  sein,  bei 
denen  ein  Gegner  jenes  Vorschlags,  Walther  de  Pomerio, 
sich  soil  zu  der  Drohung  haben  hinreifseu  lassen,  er  werde 
den  Konsuln  und  besonders  dem  Konsul  Nikolaus  Hellen- 
brecht  sowie  dem  Stadtschreiber  Peter  die  Beine  entzwei- 
schlagen,  wenn  sie  an  den  Konig  von  Bohmen  schrieben. 

Es  ist  dies  die  erste  Gelegenheit,  wo  uns  der  Name 
eines  Breslauer  Stadtschreibers  zugleich  mit  einer  Andeutung 
uber  die  politische  Richtung,  die  er  verti'itt,  begegnet.  Mit 
diesem  Amte  mufste  sich  naturgemafs  gegenilber  dem  jahr- 
lichen  Wechsel  der  Ratsherren  ein  sehr  bedeutender  Einflufs 
verbinden,  der  uns,  wenigstens  in  spaterer  Zeit,  die  Stadt- 
schreiber als  die  thatsachlichen  eigentlichen  Leiter  des  Bres- 


Yormuudschaftliclie  Regierungen.  129 

lauer  Gemeinwesens  ansehen  liifst.  Die  laier  tins  vorliegeiide 
Notiz  iiber  die  politischen  Absiehten,  die  der  Stadtsclireiber 
Peter  (im  Arate  von  1299 — 1320)  in  Ubereinstiramung  mit 
dem  damaligen  Haupte  des  Rates  Nikolaus  Hellenbreclit  ver- 
folgt,  hat  fiir  uns  ein  um  so  grofseres  Interesse,  als  der  hier 
geplante  Anschlufs  an  Bohmen  thatsachlich  dem  entspricht, 
was  wir  bei  spaterer  Gelegenheit  von  den  Gesinnungen  des 
Rates  erfahren  und  welches  deutlich  zeigt,  wie  man  in  diesen 
Kreisen  die  Uberhefernngen  aus  der  Zeit  Heinrichs  IV.  treu 
festhielt,  vor  allem  die  Idee  der  pohtischen  Verbindung  mit 
Krakau,  welche  sich  ja  jetzt  nur  noch  iinter  dem  gemein- 
samen  bohmischen  Scepter  verwirklichen  zu  lassen  schien. 

Dafs  man  damals,  um  die  Wende  des  Jahres  1301,  fiir 
den  Augenblick  den  Gedanken  jenes  Anschlusses  aufgab, 
haben  wohl  weniger.die  brutalen  Drohungen  der  gegnerischen 
Partei,  als  die  Erwagung  bewirkt,  dafs  Konig  Wenzel,  der 
zu  jener  Zeit  den  grofsen  Plan,  die  Krone  von  Ungarn  fiir 
seinen  Sohn  zu  gewinnen ,  eifrig  betrieb ,  zur  Wahrung  der 
Breslauer  und  schlesischen  Interessen  schwerlich  recht  Mufse 
finden  wiirde. 

Auch  fand  sich  zur  Ubernahme  der  Vormundschaft  in 
nachster  Nahe  eine  Personlichkeit,  welche  wohl  fiir  geeignet 
gelten  konnte.  Es  war  namlich  zehn  Tage  nach  Bolko 
1301  auch  der  Breslauer  Bischof  Johannes  Romka,  der 
Nachfolger  jenes  oft  erwahnten  streitbaren  Thomas  II.  (gest. 
1292),  gestorben,  und  walirend  bei  Johannes'  Wahl  noch  der 
Einflufs  des  polnischen  Metropoliten  sich  sehr  geltend  ge- 
macht  hatte,  hatte  jetzt  die  deutsche  Partei  des  Kapitels 
obgesiegt  und  in  der  Person  des  Kanonikus  Heinrich  von 
Wiirben  den  Sprossen  eines  altschlesischen  Adelsgeschlech- 
tes,  das,  wenn  auch  urspriinglich  polnischer  Abkunft,  doch 
fiir  germanisiert  gelten  durfte,  zum  Bischofe  gewahlt. 

Die  deutsche  Partei  des  Domkapitels  hatte,  wie  wir  das 
ja  noch  weiter  sehen  werden,  enge  Verbindungen  mit  den 
Breslauer  Patriziern  wie  mit  dem  deutschen  Hofadel  des 
Landes,  und  so  konnte  sich  wohl  die  Berufung  des  Neu- 
gewahlten  zum  vormundschaftHchen  Regenten  fiir  den  Augen- 
blick empfehlen,  wenn  auch  vielleicht  bereits  damals  die 
Meinung  obwaltete,  sobald  es  irgend  anginge,  auf  den  An- 
schlufs an  Bohmen  zuriickzukommen. 

Jedenfalls  hat  diese  Regentschaft  niu-  ein  Jahr  gedauert, 
und  schon  deshalb  fallt  es  uns  schwer,  den  iiberlieferten 
Vorwurf,  als  habe  Bischof  Heinrich  durch  eine  verschwende- 
rische  Regierung  den  von  Herzog  Bolko  fiir  seine  Miindel 
aufgesammelten  Schatz,  der  an  16  000  Mark  betragen  haben 

Grunhagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  9 


130  Zweites  Buch.     Sechster  Abschnitt. 

soil,  ziim  grofsten  Telle  verbraiicht,  fllr  walir  zu  halten. 
Wenn  ein  derartiger  Schatz  wirklich  da  war  und  schnell 
dahinschwand,  so  ist  es  ungleich  wahrscheinlicher,  dais  der 
junge  Herztig  Boleslaw  mit  seinen  verscliwenderischen  Nei- 
gmigen,  mit  seinen  mannigfachen  Kriegsziigen,  den  kost- 
spieligen  Keisen  nach  Prag  u.  s.  w.  fiir  die  Unterbringung 
des  Geldes  gesorgt  hat,  aber  dann  eifrig  bemiiht  gewesen 
ist,  den  grolsten  Teil  der  Schuld  auf  li'emde  Schultern  zu 
walzen.  Aus  der  Zeit  von  Bischof  Heinrichs  Regentschaft 
erfahren  wir  von  erhohten  Anforderungen  an  die  Breslauer 
nur,  dafs  er  100  Mark  von  ihnen  heischt,  als  es  sich  darum 
handelt,  die  Burgen  widerspenstiger  oder  rauberischer  Ritter- 
in  den  Landen  der  jMiindel  zu  brechen. 

Der  Gedanke  eines  Anschlusses  an  Bohmen  war  in- 
zwisclien  in  keiner  "Weise  aufgegeben  worden,  und  bereits 
wiihrend  des  Jahres  1302,  wo  der  Bischof  die  Vormund- 
schaft  filhrte,  und  unzweifelhaft  ira  vollsten  Einverstjindnisse 
mit  diesem,  vielleicht  sogar  auf  dessen  Anregung,  Avar  der 
alteste  Sohn  Heinrichs  V.,  Boleslaw,  damals  erst  elf  Jahr  alt, 
mit  seiner  Mutter  an  den  Prager  Hof  gegangen,  und  dort 
von  Wenzel  mit  seiner  sechsjiihrigen  Tochter  Margarete 
noch  in  demselben  Jahre  verlobt  worden.  Damit  iibernahm 
dann  der  Konig  auch  zugleicli  das  Amt  der  Vormundschaft ; 
von  ihm  eingesetzte  Hauptleute,  und  zwar  zuniichst  der 
schlesische  Edelmann  Friedrich  von  SchafFow,  der  ubrigens 
auch  kurz  vor-  und  nachher  in  Polen  und  Pommern  ala 
Statthalter  waltet,  fiihren  hier  in  Breslau  1303  und  1304 
die  Regierung,  und  namentlich  jener  Schaffow  hat  hier  in 
Breslau  strenge  Ordnung  gehalten,  wie  die  aus  seiner  Zeit 
noch  erhaltenen  Statuten  bezeugen;  selbst  von  einem  Fem- 
gerichte,  einem  vorzugsweise  auf  Rauber  und  Friedensbrecher 
gemllnzten  Ausnahmegerichtshofe ,  wie  ein  soldier  zu  ver- 
schiedenen  Zeilcn  in  Schlesien  uns  entgegentritt ,  erfahrei 
wir  damals. 

Von  besonderera  Literesse   fiir  uns  ist  es   aber,    wahrzu- 
nehmen,  dafs  Konig  Wenzel,   indem    er    die  Vormundschai 
ilber   den  jungen   Herzog  Boleslaw,    dem    er    seine  Tochtei 
zugesagt,  iibernimmt,    sich    zugleich    entschlossen   zeigt,    die! 
Ausdehnung  seiner  Herrschaft  auch  liber  Schlesien  ernstlichl 
zu    betreiben.      Der    deutlichste    Beweis   dafiir   ist,    dafs   erJ 
durch  seinen  Miindel  sich  schon  unter  dem  8.  Januar  130Sj 
alles    das   Land    jenseits    der   Oder,    welches    einst   Herzog j 
Heinrich  von  Glogau  dem  Breslauer  Vetter  durch   eine   un- 
gerechtfertigte  Haft  abgedruugen  und  seitdem  occupiert  hatteJ 
abti-eten  lalst. 


Ausgang  der  Premyslideu  iu  Bohmen  und  Poleu.  131 

Eine  Geltendmachung  dieser  Anspruche  hinderte  nun 
allerdings  zunachst  der  Krieg,  in  welchen  Wenzel  mit  dem 
romischen  Konig  Albrecht  I.  1304  geriet,  bei  welchem  dann 
auch  die  Ansprtiche  des  Bohmenkonigs  auf  Schlesien  gegeu- 
iiber  der  von  dem  Reiche  festgehaltenen  Oberlehenshoheit 
in  Frage  kamen.  In  dieser  Angelegenheit  ward  bei  dem 
Frieden  zu  Nurnberg  1305  der  entgultige  Austrag  einem 
Schiedsspruche  des  Grafen  Berthold  von  Henneberg  vmd 
des  Burggrafen  Burghard  von  Magdeburg  iiberlassen. 

Als  jener  Friede  geschlossen  war,  weilte  Konig  Wenzel 
bereits  nicht  mehr  unter  den  Lebenden.  Am  21.  Juni  1305 
hatte  ein  friiher  Tod  ihn  im  Alter  von  34  Jahren  binweg- 
gerafft.  Sein  einziger  Sohn  imd  Erbe,  Wenzel  III.,  behielt 
Schlesien  wohl  sehr  bestimmt  im  Auge;  er  vermiihlte  sich  im 
Jahre  1305  mit  Viola,  der  Tocbter  Herzog  Meskos  von 
Teschen,  aber  bevor  der  librigens  mehr  ungezligeltem  Lebens- 
genusse  als  politischen  Interessen  nachstrebende  Jiingling  sich 
zu  einer  ernstlichen  Aktion  aufgerafft  hatte,  traf  ihn  am 
4.  August  1306  der  Dolch  eines  Meuchelmorders  auf  den 
Tod.  Der  Stamm  der  Premysliden  ging  mit  ihm  zu  Ende, 
und  Schlesien  war  wieder  auf  sich  selbst  angewiesen. 

Am  schwersten  traf  dieses  Ereignis  die  Krakauer  deutsche 
Gemeinde.  Wie  sehr  bier  das  deutsche  Element  die  Ober- 
hand  hatte,  mogen  wir  aus  der  Thatsache  entnehmen,  dafs 
alie  Aufzeichnungen  des  Stadtbuches  damals  in  deutscher 
Sprache  erfolgten;  der  Vogt  Albert,  der  zugleich  das  wich- 
tige  und  eintragliche  Amt  eines  Oberdirektors  der  Salzberg- 
werke  bekleidete ,  •  iibte  einen  Einflufs ,  der  weit  iiber  die 
Grenzen  des  stjidtischen  Weichbildes  hinausging.  Aber  nach 
dem  Ausgang  des  Premysliden  hatte  die  Stadt  sich  Wlady- 
slaw  Lokietek  unterwerfen  mlissen  und  litt  jetzt  schwer  unter 
der  Abneigung  gegen  das  Deutschtum,  welche  der  Herzog 
imd  mehr  noch  seine  Gemahlin  Hedwig  zu  verhehlen  sich 
kaum  die  Miihe  gaben.  Da  diesen  aufserdem  auch  Gewalt- 
thatigkeiten  gegen  die  Geistlichkeit  verhafst  machten,  ent- 
fachte  sich  im  Jahre  1312  gegen  ihn  ein  Auf  stand,  in  den  der 
Vogt  Albert,  sein  Bruder  und  Heinrich,  Propst  von  Miechow, 
und  auch,  wie  es  scheint,  der  Bischof  von  Krakau,  Jo- 
hannes Muskata,  ein  geborener  Schlesier,  verwickelt  waren, 
und  an  dem  die  ganze  deutsche  Bevolkerung  mit  Eifer  teil- 
nahm.  Wladyslaw  mufs  die  Stadt  raumen,  vermag  sich 
aber  in  dem  Schlosse  jenseits  des  Weichselarmes  zu  be- 
haupten.  Die  Deutschen  wenden  wieder  ihre  Blicke  auf 
Schlesien  und  rufen  Herzog  Boleslaw  von  Oppeln  herbei, 
der  auch  etwa  im  April  erscheint  und  offene  Thore,  freudige 

9* 


132  Zwcitcs  Buch.     Sechster  Abschnitt. 

Authahme  Hndet.  Aber  derselbe  verliert  bald  die  Lust,  den 
schweren  Kanipf  mit  Wladyslaw  zu  bestehen,  seit  er  wahr- 
niramt,  dais  das  Haupt  der  Krakauer,  der  Vogt  Albert, 
eigentlich  den  Plan  hat,  die  Stadt  unter  die  Ilerrschat't  des 
Bohmenkonigs  Johann  zu  bringen.  Er  setzt  Albert  ge- 
fangcn,  schlielst  aber  bald,  nachdem  er  nur  zwei  Monate  in 
Krakau  geherrsclit,  mit  Wladyslaw  eine  Kapitulation  ab, 
die  ihm  t'reien  Abzug  sichert.  Den  Vogt  fiihrt  er  mit  sich 
und  halt  ihn  noch  fiinf  Jahre  lang  in  Haft.  Wladyslaw 
ahndete  schwer  den  Aufstand,  liefs  die  Hiiupter  unter  Martem 
hinrichten,  setzte  einen  neuen  Rat  ein  und  trat  auch  den 
Deutschen  gegeniiber  noch  viel  entschiedener  als  friiher  auf. 
Vera  November  des  Jahres  1312  verschwindet  die  deutsche, 
Sprache  fiii'  immer  aus  den  Stadtbiichern  von  Krakau.  Die 
Stadt  ging  fiir  das  Deutschtum  verloren. 

Inzwischen  hatte  in  Breslau  vom  Jahre  1305  an  Bole- 
slaw  bereits  Urkunden  ausgestellt,  und  die  dortige  Aristo- 
kratie  verstand  es  wohl,  von  dem  chronischen  Geldbedtlrf- 
nisse  des  jungen  Fiirsten  ansehnhche  und  zahh-eiche  Privi- 
legien  zu  erlangen;  doch  mochte  es  Biirgern  und  Vasallen 
ratlich  erscheinen,  seiner  Jugend  einen  erfahrenen  Beirat 
zur  Seite  zu  setzen,  und  so  sehen  wir  denn  1308  Bischof 
Heinrich  wiederum  als  Vormund,  d.  h.  als  Vertreter  der 
Interessen  der  beiden  minderjahrigen  Briider  Heinrich  und 
Wladyslaw  thatig. 

Boleslaw  hatte  fur  die  Mitgift  seiner  Gemahlin  das  Trop- 
pauer  Land  wahrscheinlich  von  Heinrich  von  Karnthen, 
seinem  Schwager,  der  nach  Wenzels  HI.  Tode  zunachst  die 
Herrschaft  iiber  Bohmen  und  Mahren  erhielt,  zu.m  Unter- 
pfande  empfangen  (1309),  und  in  diesen  Pfandbesitz  dann 
auch  zum  Ausgleiche  anderweitiger  finanzieller  Verpflich- 
tungen  seine  beiden  Briider  mit  eintreten  lassen.  Doch  hat 
Johann  von  Luxemburg,  der  seit  1310  seinen  Schwager 
Heinrich  aus  der  Herrschaft  iiber  Bohmen  verdrangt,  um 
1313  jene  Pfandschaft  wieder  eingelost  und  1318  das  Her- 
zogtum  Troppau  als  Lehen  an  Nikolaus  gegeben,  den  Sohn 
jenes  gleichnamigen  Fiirsten,  der  als  natiirlicher  Sprofsling 
weiland  Konig  Ottokars  die  Landschaft  bereits  zeitweise  be- 
sessen. 

Die  Thatsache  gewinnt  eine  besondere  Bedeutung  da- 
durch,  dafs  diese  Landschaft,  zu  der  aufser  Troppau  auch 
die  Gebiete  von  Jagerndorf  und  Leobschiitz  gehorten,  eben 
durch  jene  Verleihung  von  der  Markgrafschaft  Mahren, 
ihrem  eigenthchen  Stammlande,  geschieden  und  nachmals 
gleich  den  iibrigen  oberschlesischen  Herzogtiimei-n  zu  Schle- 


Landerzersplitterung  in  Schlesien.  133 

sien  gerechnet  wurde,  so  clafs  eine  weseutliche  Erweiterung 
der  schlesisclien  Grenzen  damit  zusammeiihangt. 

Aus  Breslaii  erfahren  wir  von  Boleslaw  zu  der  Zeit,  wo 
er  allein  regierte,  von  kriegerischen  Versuchen,  dem  Glo- 
gauer  Oheim  das  dem  Vater  abgedrungene  Land  wieder 
abzunehmen  (1306),  aber  nichts  von  Erfolgen  derselben. 
Eine  gilnstigere  Gelegenheit  dalur  konnte  sich  bieten,  als 
1309  der  machtige  Heinrich  I.  von  Glogau  die  Augen  schlofs 
und  seine  Lande,  zu  denen  damals  ja  noch  ein  grofser  Teil 
von  Grofspolen  mit  den  Hauptstadten  Posen,  Gnesen  und 
Kalisch  gehorte,  unter  filnf  grofstenteils  noch  unmundige 
Sohne  geteilt  werden  sollten.  AUerdings  schuf  man,  um 
grofserer  ZerspKtterung  vorzubeugen,  bei  der  Erbteilung  von 
1312  nur  zwei  grofsere  Anteile,  einen  westliclien  mit  Posen, 
Steinau,  Sagan,  Griinberg,  Krossen  (von  Glogau,  Freistadt, 
Beuthen,  PoUcwitz,  Primkenau,  welche  Orte  zum  Leibgedinge 
der  herzoglichen  Witwe  Meclitbild  geliorten,  hatte  man  dabei 
ganz  abgesehen),  und  einen  ostlichen  mit  01s,  Kalisch,  Gnesen, 
Wohlau.  Jener  fiel  den  Briidern  Heinrich,  Johann  und 
Primko  zu,  dieser  Bolko  und  Konrad,  und  aus  ihm  vor- 
nehmlich  hat  sich  das  grofse  Herzogtum  01s  entwickelt,  in 
welchem  dann  von  jenem  Konrad  abstammende  Ftirsten, 
die  fast  ausnahmslos  diesen  Namen  fiihrten,  bis  zum  Er- 
loschen  des  Stammes  am  Ende  des  15.  Jahrhunderts  ge- 
herrscht  haben. 

Das  ganze  grofse  Landgebiet  haben  die  Fiirsten  nicht 
zu  behaupten  vermocht;  die  ausehnlichen  grofspolnischen 
Gebiete  sind  im  Laufe  des  14.  Jahrhunderts  eines  nach  dem 
andern  abgebrockelt ;  im  Norden  drangte  der  machtige  as- 
kanische  Markgraf  Waldemar.  1318  gebot  er  auf  Grund 
alter  Pfandanspriiche  in  Sagan,  1319  zwang  er  schon  wie- 
der zu  neuen  Abtretungen  auf  grofspolnischem  Gebiete,  und 
erst  sein  Tod  in  demselben  Jalire  liefs  die  bedrangten  Her- 
zoge  wieder  freier  aufatmen. 

Und  auch  die  Breslau  -  Liegnitzer  Herzoge  lernten  es, 
ihren  Vorteil  den  Vettern  gegeniiber  wahrzvmehmeu.  Zwar 
scheint  die  Fehde,  welche  Boleslaw  nach  Heinrichs  I.  Tode 
1309  mit  den  Glogauern  begann,  keinen  Erfolg  gehabt  zu 
haben,  wohl  aber  fanden  sich  Konrad  von  01s  gegeniiber 
Mittel  zu  Landerwerbungen.  Dieser  hatte  seine  Lande  mit 
einem  Bruder,  der  den  Namen  Boleslaw  filhrte,  zu  teilen, 
und  ihn  hatte  Boleslaw  von  Liegnitz  vornehmlich  durcli 
Geldvorschiisse  sich  verpfhchtet  und  in  eine  gewisse  Ab- 
hangigkeit  gebracht.  Bereits  in  der  erwahnten  Teilungs- 
urkunde  der  Glogauer  von  1312  ist  von  Schulden  undVer- 


134  Zweites  Buch.     Sechster  Abschnitt. 

plandungen  an  die  Breshiuer  Herzoge  die  Rede.  1314  er- 
wirbt  Ileinrich  VI.  von  Breslau,  gegen  Zahlung  einer  Greld- 
suuime,  das  oderabwarts  von  Breslau  gelegene  Schlofs  und 
Stildtchen  Auras,  1317  linden  wir  Boleslaw  von  Brieg  im 
Besitze  des  mitten  in  dera  Olser  Anteile  gelegenen  Stadt- 
chens  Prausnitz,  und  urns  Jahr  1321  bildet  sich  ein  lorm- 
liclier  Bund  gegen  den  Herzog  Konrad  von  Ols.  Boleslaw 
vcrmoclite  aulser  seinem  Bruder  Heinrich  auch  noch  den 
Polenkonig  heranzuziehen ,  welcher  ja  mit  den  Fiirsten  der 
Grlogauer  Linie  wegen  deren  Anspriichen  auf  Grrolspoleu  in 
bestandiger  Feindscliaft  lebte,  und  ebenso  den  Herzog  Bolko 
von  Oppeln,  dem  er  von  den  Landen  Konrads  das  Stlick 
zwischen  Stober  und  Oder,  also  im  wesentlichen  das  Gre- 
biet  von  Rosenberg,  versprach.  AUerdings  gelang  es  Konrad, 
den  im  Grunde  friedlich  gesinnten  Heinrich  von  Breslau 
von  dem  Biinde  abzaziehen,  und  von  diesem  nicht  uur  die 
Hand  seiner  Tocbter  Elisabeth,  sondern  auch  eine  Geld- 
summe  zu  erlangen,  fur  welche  er  zuerst  seine  Hauptstadt 
Ols  und  anstatt  deren  dann  das  Gebiet  von  Trachenberg  ver- 
pfanden  muls;  aber  um  so  schlimmer  setzten  ihm  die  anderen 
Teilnehmer  des  Bundes  zu;  das  rechte  Oderufer  ward  von 
den  Polen  wie  von  den  Scharen  Boleslaws  schwer  verwlistet, 
auch  das  Kloster  Trebnitz  arg  geschadigt,  und  Konrad 
mufste  sich  1323  zu  einem  von  Konig  WladyslaAv  vermittel- 
ten  Frieden  bequemen  und  diesen  mit  einer  grofsen  Ab- 
ti'etung  von  Boleslaw  erkaut'en,  welche  dann  Namslau, 
Krcuzburg  und  Pitschen  umfafste  und  natiirhch  auch  das 
Rosenbergische  dem  Oppelner  Herzoge  liefs.  Datiir  hatte 
ihn  der  Tod  seines  Bruders  Boleslaw  1322  in  den  alleinigen 
Besitz  seines  immer  noch  ansehnlichen  Landanteiles  auf  dem 
rechten  Oderufer  (die  Herzogtiimer  (,)ls  und  Wohlau  um- 
fassend)  gesetzt. 

In  Breslau  war  im  Jahre  1311  eine  Teilung  zwischen 
den  drei  Brlidern  in  der  Weise  verabredet  worden,  dafs 
drei  Anteile  gebildet  wurden,  Liegnitz,  Breslau  und  Brieg, 
von  denen  der  letztere  den  anderen  an  Wert  so  weit  nach- 
stehend  erachtet  wurde,  dafs  man  fiir  ihn  noch  eine  Geld- 
entschadigung  hinzufiigte,  welche  angeblich  sich  auf  32  000 
Mark  von  Liegnitz  (das  wegen  der  in  diesem  Gebiete  be- 
triebenen  Goldgewinnung  fur  besonders  reich  gait)  und  auf 
1 8  000  von  Breslau  behef  Gerade  aber  nach  diesem  An- 
teile griff  Boleslaw,  der  als  der  Alteste  zuerst  zu  wahlen 
hatte,  um  seiner  Geldnot  willen.  Heinrich,  der  Breslau 
sich  erkor  als  Herzog  Heinrich  VI. ,  setzten  Vasallen  und 
Burger  bald  in  den  Stand,    die  Entschadigung   an  Boleslaw 


Die  Sohue  Herzog  Heinrichs  V.  135 

2U  zahlen;  doch  Wladyslaw  von  Lieguitz  brachte  die  ihm 
^uferlegte  Summe  iiicht  auf,  und  er  mulste  deshalb  dem 
Bruder  Liegnitz  verpfanden  und  sich  dessen  Mitregierung 
gefallen  lassen^  und  als  er,  sich  dieser  Beschrankung  zu  ent- 
ziehen,  Krieg  mit  dem  Bruder  begann,  ward  er  von  diesem 
gefangen  genommen  und,  an  Hiinden  und  Fiifsen  gefesselt, 
in  grausamer  Haft  gehalten.  Erst  der  Verzicht  auf  sein 
herzogliches  Erbe  befreite  ihn  daraus,  doch  bald  verschmahte 
er  es,  sich  mit  dem  ausbedungenem  Jahreseiukommen  von  500 
Mark,  das  ihm  Boleslaw  zugesichert,  zu  begniigen,  und  be- 
hauptete,  es  sei  ihm  mehr  versprochen  worden.  Und  als 
seine  Klage  von  dem  Gerichte  der  Barone,  nachdem  Bole- 
slaw die  Thatsache  des  erfolgten  Ubereinkommens  mit  drei- 
fachem  Eide  erhartet  hatte,  abgewiesen  ward,  geriet  er 
aufser  sich,  und  einem  Raubritter  sich  zugesellend,  begann 
er  von  dessen  Burg  aus,  dem  Hornschlosse  im  Walden- 
burger  Gebirge,  verwlistende  Ziige  in  das  Land  hinein.  Als 
er  mit  einem  solchen  auch  die  alteu  Wallonendorfer  bei 
Ohlau ,  Jankau  und  Wui'ben ,  Klostergiiter  des  Breslauer 
Sandstiftes,  heimzusuchen  unternahm,  liefen  die  Bauern  zu- 
samraen,  leisteten  tapferen  Widerstand,  schlugen  die  Rauber 
in  die  Flucht  und  nahmen  den  Herzog  mit  etwa  zwanzig 
seiner  Begleiter  gefangen.  Nach  Liegnitz  dem  Bruder  aus- 
geliefert  und  dort  wieder  in  Haft  gehalten,  verfiel  er  in 
Tobsucht,  so  dafs  niemand  ihm  zu  nahen  wagen  durfte. 
Endlich  wieder  beruhigt,  ward  er  nach  Jahresfrist  freige- 
lassen ,  doch  ohne  wieder  zu  einer  Herrschaft  zu  ge- 
langen. 

Von  spateren  -Anspriichen  auf  Liegnitz  werden  wir  noch 
einmal  zu  berichten  haben,  aber  auch  von  ihrer  Erfolg- 
losigkeit.  Boleslaw  vereinte  in  der  That  nun  zwei  der 
Erban telle  in  seiner  Hand:  die  Herzogtumer  Liegnitz  und 
Brieg,  ohne  deshalb  von  Angriffen  auf  das  Erbe  des  dritten 
Bruders  abzulassen. 

Die  zunehmende  ZerspHtterung  des  Landes  in  kleinere 
Herrschaften ,  deren  Inhaber  fortwahrend  mit  einander  im 
Zwiste  lagen ,  mufste  natiirlich  zu  einer  ernsten  Gefahr 
werden  und  machtige  Nachbarn  zur  Einmischung  in  die 
schlesischen  Angelegenheiten  anlockeu.  Nun  war  damals 
auf  der  einen  Seite  Polen ,  dessen  Konigswiirde  Wlady- 
slaw Lokietek  1320  erneut  hatte,  unter  dem  Scepter  dieses 
energischen  Fiirsten  miichtig  emporgekommen ,  anderseits 
hatte  auch  in  Bohmen  der  tapfere  und  ritterliche  Konig 
Johann  von  Luxemburg  seit  1310  seine  Herrschaft  immer 
fester   begrilndet.     Aber   auch    der   romische  Konig  Ludwig 


Via  Zwoitcs  Buch.     .Sechstcr  Absclniitt. 

nahm   an  den   schlesischen   Angelegenlieiten   teil    und   zeigte 
sich  geneigt,  die  alte  Oberherrlichkeit  des  Reiches  iiber  dies 
Land  wieder  geltend   zu  machen,   um   so  mehr,    da   ihn  ja    ■ 
auch  die  Erwerbiing  der  Mark  Brandenburg   filr  sein  Haus    ■ 
zum  Nachbarn  der  Sclilesier  machte. 

Mit  diesen  machtigen  Herrschern  selien  wir  nun  in  dem 
ersten  Viertel  des  14.  Jahrhunderts  die  schlesischen  Teil- 
fiirsten  in  vielfaclien,  sehr  verschiedeuartigcn  Beziehungen. 

Aus  der  Schweidnitzer  Linie  versucht  der  eine  Hcrzog 
Heinrich  von  Jauer,  der  auch  die  Hand  einer  jiingeren 
Konigstoehter  des  ausgestorbenen  Hauses  des  Premysliden 
gewinnt,  sich  nach  dem  Tode  des  grofsen  Askaniers  ^^'alde- 
mar  (1319)  in  der  Oberlausitz  festzusetzen,  gestlltzt  auf  die 
von  seiner  Mutter,  einer  brandenburgischen  Prinzessin,  er- 
erbten  Anspriiche. 

Noch  im  August  1319  huldigt  ihm  Gorhtz.  Wohl  droht 
zwischen  ihm  und  Konig  Johann  von  Bohmen,  der  nicht 
minder  schnell  Bautzen  eingenommen  hat,  erbitterter  Kampf, 
aber  bereits  im  September  kommt  es  zwischen  beiden  zu 
einem  giitHchen  Vergleiche,  in  welchem  der  Bohmenkonig 
schon  mit  Riicksicht  auf  die  dem  Sch wager  noch  zukommende 
Mitgift  seiner  Gemahlin  demselben  den  ostlichen  Teil  der 
Oberlausitz  mit  Gorlitz  lafst  und  ihm  dann  diesen  Besitz; 
vor  dem  romischen  Konig  Ludwig  bestiitigt.  Doch  hat  die 
Herrschat't  des  schlesischen  Herzogs  hier  keine  teste  Wur- 
zeln  zu  schlagen  vermocht,  und  zehu  Jahre  spater  hat 
Heinrich  1329  diesen  Lausitzer  Besitz  an  den  Bohmenkonig 
gegen  eine  Geldsumme  Aviederum  abgetreten. 

Heinrichs  Bruder,  Bernhard  von  Fiirstenberg,  sehen  wir 
1322  mit  dem  Bohmenkonige  dem  Konig  Ludwig  dem 
Bayer  zuhilfe  kommen  und  in  der  Scblacht  bei  Mlihldorf 
I'iir  diesen  mitkampfen,  erfahren  audi,  dais  Bitter  aus  den 
schlesischen  Adelsgeschlechtern  von  Haugwitz,  Peter swaldau, 
Tephwoda,  Zedlitz,  Tschetschau,  Tschu-n  in  seinem  Gelblge 
sich  _betunden  haben. 

Uber  das  Motiv,  welches  den  Herzog  zu  dieser  freiwil- 
ligen  Hilfeleistmig  bewogen,  erhalten  wir  keine  Andeutung, 
mogen  aber  darin  ein  Zeugnis  dafiir  erblicken,  dafs  auch 
Bernhard  wie  sein  Bruder  Heinrich  die  Oberherrlichkeit  des 
romischen  Konigs  anerkannte. 

Von  den  beiden  Herzogen  des  Breslau  -  Liegnitzer  Stam- 
mes  hielt  sich  der  altere,  Boleslaw,  zu  seinem  Schwager 
Kcinig  Johann  von  Bohmen,  auf  dessen  Seite  sein  unruhiger 
Sinn  Thaten  und  Abenteuer  und  daneben  wohl  auch  Land- 
mid  Geldgewinn  hoifen  mochte.     1321    fuhrte    derselbe,   als 


Das  Deutsche  Reich  und  die  schlesischeii  Fiirsteii.  137 

Konig  Johanu  auf  einem  Kriegszuge  abweseud  war,  als  sein 
Stellvertreter  die  Regierung  in  Bolimen.  Doch  hielt  ihn 
das  nicht  ab,  auch  mit  dem  Polenherrscher  nahere  Bezie- 
hiingen  zu  pflegen,  wie  denn  dieser  1323  jene  schou  er- 
wahnte  grolse  Landabtretung  Konrads  von  (3ls  auf  dem 
rechten  Oderufer  vermittelte.  Wenige  Jahre  spater,  1326, 
als  Konig  Wladyslaw,  durch]  den  Papst  aufgestachelt ,  den 
Sohn  Lvidwigs  von  Bayern  in  Brandenburg  bekriegte,  liefs 
sich  Boleslaw  zu  einem  Einl'alle  in  Polen  bewegen,  den 
Wladyslaw  zu  rachen  keine  Zeit  fand,  so  dais  auch  von 
seiner  (Boleslaws)  Seite  eine  Hinneigung  und  Beziehung  zu 
dem  romischen  Konige  Ludwig  nachweisbar  wird. 

Was  seinen  Bruder  Heinrich  VI.  von  Breslau  anbetrifffc, 
so  zogen  diesen  Bande  der  Verwandtschaft  eher  zu  Ludwigs 
Gegenkonig  Friedrich  von  Osterreich ,  dessen  Schwester 
Anna  seine  Gemahlin  war,  und  in  der  That  sehen  wir  ihn 
1314  einen  Kriegshaufen  zu  dessen  Uuterstiitzung  an  den 
Rhein  fuhren.  Doch  zu  einem  treuen  und  standhaften  Aus- 
harren  auf  dieser  Seite  reichten  bei  dem  Herzoge  weder 
die  kriegerischen  Neigungen-  noch  die  Geldmittel  aus.  Er 
ist  bald  wieder  heiragekehrt,  den  Schwager  seinem  Schick- 
sale  ilberlassend,  und  hat,  als  dieser  1322  bei  Mllhldorf  be- 
siegt  und  gefangen  ward,  sich  beeilt,  mit  dem  Sieger  seinen 
Frieden  zu  machen.  Von  Konig  Ludwig  empfaugt  er 
1324  sein  demselben  aufgetragenes  Herzogtum  als  Reichs- 
lehen  zurilck  mit  der  Befugnis,  dasselbe  zuuachst  seiner 
Gemahhn  auf  Lebenszeit,  uud  dann,  da  er  mannlicher  Erben 
entbehrte,  seinen  Tochtern  zu  hinterlassen. 

Was  die  Herzoge  der  Glogauer  Linie  anbetrifft,  so  stand 
fllr  diese  in  erster  Linie  die  Sorge  um  die  Behauptuug  ihres 
grofspolnischen  Besitzes,  den  ihnen  die  Polen  nicht  gonnten. 
Der  hieraus  sich  ergebende  Gegensatz  war  doch  zu  stark, 
als  dais  es  hatte  Erfolg  haben  kcinnen,  als  sie  1325  der 
Papst  aufforderte,  um  der  Ehre  der  Kirche  willen  in  Ver- 
bindung  mit  dem  Polenkonige  den  Markgraf  Ludwig  von 
Brandenbm'g,  den  Sohn  des  exkommunizierten  romischen 
Konigs,  zu  bekampfen. 

Uberblicken  wir  das,  was  wir  hier  ilber  die  Handlungs- 
weise  einzelner  schlesischer  Herzoge  m  dieser  Zeit  anzu- 
fiihren  vermochten,  so  erkennen  wir,  dafs  von  einer  einheit- 
hchen  etwa  nach  spezifisch  schlesischen  Gesichtspunkten  ge- 
regelten  Politik  nicht  die  Rede  ist,  sondern  dafs  jeder  nur 
seinen  besonderen  Interessen  und  Neigungen  folgt.  Indessen 
geht  doch,  Avenngleich  von  einer  verabredeten  tbereinstim- 
mung  der  politischen  Ziele  kaum  die  Rede  ist,    durch    alles 


138  Zweites  Buch.     Sechster  Abschnitt. 

ein  gewisser  Zug  vou  Gemeinsamkeit ,  der  sich  negativ  als 
eine  ALneigung  gegen  Polen  und  positiv  als  eine  gewisse 
Hinneigung  zu  dem  Deutschen  Keiche  und  dessen  Ober- 
haupte  Ludwig  vun  Bayern  bezeichneu  lafst.  Wie  weit 
diese  ging,  dafur  spricht  ganz  besonders  die  Thatsache,  dais 
132G  der  Papst  gegen  mehrere  schlesische  Abte  einschreitet, 
-\veil  diese  sich  weigern,  die  papstlichen  Bannspriiche  gegen 
Kuuig  Ludwig  den  Bayer  bekanut  zu  machen.  Von  einer 
Anlchnung  des  zersplitterten  Schlesiens  und  seiner  Piasten 
an  das  neu  erstarkte  Polen  und  den  dort  horrschenden 
ihnen  stammverAvandten  Herrscher  konnte  keine  Rede  sein. 

Audi  Kcinig  AMadyslaw  hat,  so  viel  wir  sehen  konnen, 
keine  ernstlichen  Schritte  gethan,  die  schlesischen  Fiirsten 
gegen  ihren  Willen  in  seine  Maehtsphare  zu  ziehen,  sie  in 
Abliiingigkeit  you  sich  zu  briugen;  cr  mochte  erkennen, 
wie  die  nun  einmal  nicht  wegzuleugnende  Thatsache ,  dafs 
in  iSchlesien  deutsche  Sprache  und  deutsche  Kultur  zur 
Herrschaft  gekommen  Avaren,  dieses  Land  nun  iiir  immer 
vou  Polen  schied. 

Es  war  dies  das  Resultat,  Avelches  das  13.  Jahrhundert 
geschafien  hatte,  ein  Ergebnis  von  nicht  geringer  Bedeutung 
fur  die  allgemeine  und  besonders  fiir  die  deutsche  Ge- 
schichte.  Deutschland  hatte  im  13.  Jahrhundert  in  dem 
preufsischen  Ordenslande  einer-  und  in  dem  deutschen  Schle- 
sien  anderseits  gleichsam  zwei  neue  Marken,  AufsexiAverke 
gegen  die  slavische  Welt,  empfangen,  und  es  Avard  gerade 
damals,  avo  nach  dem  Aussterben  der  Askanier  die  Mark 
Brandenburg,  Avelche  an  erster  Stelle  zur  AVacht  im  Osten 
berufen  AA^ar,  so  AA^enig  Aviderstandstahig  erschien,  A'on  nicht 
geringer  Bedeutung,  dafs,  als  damals  die  riimische  Kurie 
die  Polemnacht  zum  Angriffe  auf  Bi-andenburg  trieb ,  der 
Angritf  nur  in  schmaler  Front  erfolgen  konnte  und  dabei 
noch  gehemnit  durch  jene  beiden  die  polnischen  Landesteil^ 
flankierenden  deutschen  Staatenbildungen. 

UnzAveifelhaft  hiitte  ein  energischer  Filrst  auf  dem  deut- 
schen Throne  mit  etAvas  Interesse  fllr  die  Politik  des  Osteua 
es  leiclit  gehabt,  die  schlesischen  Fiirstentilmer  fest  rait  der 
Reiche  zu  verkniipfen,  und  LudAAdg  der  Bayer  hat  ja  auch] 
wie  AA'ir  sahen,  die  Lehensauftragungen  einiger  von  ihnei 
entgegengenommen ;  aber  sich  nach  dieser  Seite  ernstlicl 
als  k^chutzherr  zu  A'erpflichten ,  trug  er  docli  Bedenken  unc 
iiberliefs  es  schliefslich  dem  Bohmenkonig ,  dem  er  flii 
tapfcre  Kriegshilfe  zu  Dank  verbunden  AA-ar,  hier  in  Schle-i 
sien  die  reif  gCAvordenen  Frilchte  zu  pfliicken. 

Natilrlich  bedurfte  es  immer  noch  aufserer  Anljisse,    lun 


Lehensauftragungen  der  obersclilesischeu  Fiirsten  au  Bohmeu.     139 

das  grofse  unci  folgenschwere  Ereignis  des  Anschlusses   von 
Schlesien  an  die  Krone  Bohmens  herbeizufiihren. 

Am  einfachsten  gestalteten  sicli  die  Dinge  in  Ober- 
schlesien,  wo  ja,  Avie  wir  wissen,  die  dortigen  Teilfiirsten 
schon  einst  Konig  Wenzel  11.  gehuldigt  hatten.  Dieselben 
batten  das  1289  getban,  als  der  Bobmenkonig  gegen  Krakau 
zog;  und  als  nun  Konig  Jobann,  der  gegen  die  Kcinigs- 
kronung  Wladyslaws  protestiert  batte  und  selbst  als  Erbe 
der  Premysbden  den  Titel  eines  Konigs  von  Polen  fubrtO; 
1327  sicb  zam  Kriege  gegen  jenen  entscblofs,  wird  es 
ibm  nicht  allzu  scbwer  geworden  sein,  die  oberscblesiscben 
Herzoge  zu  einer  erneuerten  Huldigung  zu  bewegen.  Nun 
vermittelte  zwar  im  letzten  Augenblicke  nocb  Wladyslaws 
Sebwiegersobu,  Karl  Robert  von  Ungarn,  einen  Frieden 
zwiscben  den  beiden  Gegnern,  aber  Jobann  zog  trotzdem 
nacb  Oberscblesien ,  um  die  ibm  nun  einmal  verbeifsenen 
Huldigungen  der  dortigen  Fiirsten  zu  empfangen.  Am 
18.  Februar  1327  tragen  ibm  zu  Troppau  die  Herzoge  Ka- 
simir  von  Tescben  und  Bolko  von  Falkeuberg  ibre  Lande 
zu  Lehen  auf;  tags  darauf  folgt  ibnen  ebendaselbst  Wladj- 
slaw  von  Kosel  samt  seinen  Briidern  Ziemowit  und  Greorg, 
und  am  24.  Februar  tbun  das  Gleicbe  zu  Beutben  Jobann 
von  AuscbAvitz  und  Lesko  von  Ratibor.  Von  den  ober- 
scblesiscben Fiirsten  bielt  sicb  nur  Boleslaw  von  Oj^peln 
nocb  zuriick. 

Man  AA^ird  nun  nicbt  sagen  konnen,  dafs  diese  Vorgange 
ein  Gleicbes  in  Niederscblesien  batten  berbeifiibren  miissen. 
Die  VerbinduDg  zwiscben  jenen  Fiii'sten  im  Siidosten  Scble- 
siens  mit  denen  im  Herzen  des  Landes  Avar  damals  eine 
selu-  lose,  und  ebensowohl  Avie  1289  batte  aucb  1327  Ober- 
scblesien  sebr  wobl  seinen  eigenen  Weg  geben  konnen,  obne 
dais  das  librige  Land  nacbgefolgt  ware.  Doch  batten  bier 
besondere  Umstande  auf  dasselbe  Ziel  bingedrangt. 

Herzog    BoleslaAV     von    Liegnitz     und    Brieg    war     ein 

scblecbter  Finanzmann,  und  seine  vielen  Febden  und  Aben- 

teuer   verscblangen    grofse  Summeu.     Seine  Geldnot   mocbte 

nacb  dem  Feldzuge  gegen  Herzog  Konrad  A^on  1323  an  doppelt 

driickend   gcAvordeu    sein,    und    so   driingte    er   denn    seinen 

Bruder  Heinricb,   ibm    sein  Herzogtum  Breslau   tauscbweise 

gegen  Liegnitz    abzutreten,    erwiigend,    dafs   der   Besitz    des 

steuerkraftigen  Breslau  seinen  Bedrangnissen  Abbilfe  scbaffen 

I  kiinnte.    Natiirlicb  weigerte  sicb  Ileinricb,  darauf  einzugeben, 

j  batte    aber    seitdem    A^on    A^erAvii.stenden   Einlallen   zu   leiden, 

•  welcbe    die   Ritter  Boleslaws   A'on    Mertzdorf  bei  Oblau    und 

anderen  Bursren  seines  Landes  aus  in  das  Breslauiscbe  unter- 


140  Zweites  Buch.     Sechster  Abschnitt. 

nahraen.  Als  dann  Heinricli  den  Feindseligkeiten  des  Bru- 
ders  gegeuiibei'  Schutz  bei  Koiiig  Ludwig  dem  Bayer 
suchte  und,  wie  Avir  wissen,  von  diesem  dann  audi  1324 
das  Recht ,  seine  Lande  aiif'  seine  Tochter  zu  vererbcn  er- 
langte,  steigerte  sieh  nur  die  Feindscliaft  Boleslaws.  Der- 
selbe  suchte  den  Schi'itt,  der  ihm  seine  Hoffnung,  in  den 
Lehen  des  Bruders  sich  oder  seine  Scihne  folgen  zu  sehen, 
abschnitt,  zuuachst  an  den  Ratgebern  Heinrichs  zu  riichen. 

Einer  von  ihnen,  der  Domherr  und  Bistumsadministrator 
Nikolaus  von  Banz,  von  dessen  grofsem  Einflusse  "svir  noch 
zu  sprechen  haben  werden,  wu'd  von  Leuten  des  Brieger 
Herzogs  Avahrend  einer  Domkapitelsitzung  in  der  Egidien- 
kirche  aufgehoben,  nach  dem  Schlosse  Jeltsch  bei  Ohlau 
fortget'ilhi't  und  dort  eine  Weile  festgehalten ,  bis  es  seinen 
Freunden  gelingt,  ihn  (doch  wohl  gegen  hohes  Losegeld) 
Avieder  zu  betreien.  Ungleich  sclilimmer  erging  es  einem 
andern  von  Heinrichs  ]\Iinistern,  dem  Breslauer  Patrizier 
Johann  von  Mollensdort",  den  Boleslaws  Schergen  in  der 
Elisabethldi-che  iibertielen ,  hinausschleppten  und  auf  ein 
Pferd  setzten,  um  ihn  gefangen  fortzuf uhren ,  dann  aber, 
da  er  sich  durch  alle  Bedrohungen  nicht  abhalten  liefs^ 
Hilfe  zu  schreieuj  niederliieben ,  um  ilir  Heil  in  der  Flucht 
zu  suchen ,  ehe  ein  Volkszusammenlauf  ihnen  Gefahr 
drohe. 

Wenn  solches  innerhalb  der  Mauern  Breslaus  moglicl 
Avurde,  dami  stand  es  allerdings  libel  mit  der  Macht  Herzog 
Heinrichs  VI.  Avie  mit  der  Wehrhaftigkeit  der  Burgerschaft, 
und  das  Bedilrfnis  eines  machtigen  Schutzes  von  aufsen  war 
nicht  abzuleugnen.  Dais  solchen  Schutz  der  feme  Herrschei 
des  Deutschen  Reiches  nicht  gCAvahren  konnte,  lag  auf  der 
Hand,  und  so  tauchte  der  Gedanke  eines  Anschlusses  an 
die  Ea-one  Bohmen,  Avelchen  die  Breslauer,  Avie  Avir  sahen^ 
audi  schon  bei  frilherer  Gelegenheit  betrieben  batten,  von 
neuem  auf.  Dem  Breslauer  Handel  konnte  ja  nur  geholfen 
Averden,  Avenn  ein  machtiger  Schutzherr  in  Schlesien  ge- 
ordnete  Verhiiltnisse  herbeifuhrte  und  Ruhe  und^  Sicherheit 
Aviederherstellte. 

So  sehen  Avir  denn  die  Breslauer  Konsuln  unzAveifelhaft^ 
im  EinA^erstiindnisse  mit  ihren  Landesherren  bereits  1325 
zAvei  Gesandtschaften  an  Konig  Johann  nach  Prag  ab- 
scliicken.  Sie  kamen  zu  ungiinstiger  Stunde  und  mufsten 
erfahren,  dais  der  Konig  blofs  in  Prag  verAveile,  um  zu 
einem  Feldzug  an  den  Grenzen  Franla-eichs,  nach  dem  ihm  i 
der  ganze  Sinn  stand.  Geld  zusammenzm-aflfen.  Da  Avar 
filr    den  Augenblick  nichts    zu   erlangen,    und   ein   Aveiteres 


Heinrichs  VI.  Bedranguis  durch  seineu  Briidei*  Boleslaw.       141 

Vorgehen  hatte  sie  dem  Grimme  Boleslaws  ausgesetzt,  ohne 
dafs  sie  an  dem  Konige  Scliutz  gehabt  hatten. 

luzwischen  aber  erneuten  mid  vermehrten  sicli  die  Be- 
clrangnisse  Herzog  Heinrichs.  Wegen  eiues  polnischen  Raub- 
ritters^  dem  man  in  Breslau  den  Prozefs  gemacht  hatte, 
kiindigte  Konig  Wladyslaw  von  Polen  Krieg  an  (1326),  und 
Heinrich  suchte  Schutz  in  einem  Bilndnisse  mit  dem  Hoch- 
meister  des  Deutschen  Ordens,  ohne  sich  dadurch  recht  ge- 
sichert  zu  fiihlen. 

Als  nun  im  Januar  1327  Konig  Johann  nach  Bcihmen 
zuriickkam  und  jetzt  ernstlich  sich  den  ostHchen  Verhalt- 
nissen  widmen  zu  wollen  schien,  einen  Krieg  gegen  Polen 
riistete  und  im  Februar  die  Huldigungen  der  oberschlesischen 
Fiirsten  in  Troppau  und  Beuthen  entgegennahm ,  entschlofs 
sich  Herzog  Heinrich,  ihn  als  Oberlehensherrn  anzuerkennen. 
Gesandte  der  Breslauer,  welche  den  Konig  aufsuchten  und 
ohm  ein  Ehrengeschenk  darbrachten,  haben,  wie  es  scheint, 
dariiber  verhandelt.  Bei  des  Konigs  Riickkehr  aus  Ober- 
schlesien  nach  Prag  fand  sich  der  Herzog  Heinrich  VI. 
dort  ein,  und  nachdem  die  letzten  Verabredungen  getroffen 
waren,  begleitete  ihn  nun  Konig  Johann  von  Prag  nach 
Breslau,  wo  beide  am  4.  April  eintrafen,  und  vom  6ten 
datiert  dann  die  denkwiirdige  Urkunde,  durch  welche  Bres- 
lau der  Krone  Bohmen  verschriebeu  ward. 

In  diesem  Dokumente  erklarte  Konig  Johann,  Herzog 
Heinrich  habe  ihm  das  Herzogtum  Breslau  um  des  Landes 
Ehre  und  Besten  willen  freiwillig  abgetreten,  wogegen  er 
demselben  auf  das  feierlichste  zusichert,  dais  Heinrich  Zeit 
seines  Lebens  die  voile  Herrschaft  ilber  das  Land  haben 
und  ausiiben  solle,  wenngleich  unter  der  Beschrankung, 
dafs  derselbe  Lehen,  die  fortan  vakant  wllrden,  zwar  aufs 
neue  verleihen  dilrfe,  aber  doch  nur  im  Namen  des  Konigs, 
und  dais  er  diesen  im  Falle  eine  Krieges  seine  samtlichen 
Festungen  offen  zu  halten  verpflichtet  sei. 

Was  hier  festgesetzt  ward,  war  doch  wesentHch  verschie- 
den  von  den  sonstigen  Lehensauftragungen  der  schlesischen 
Fiirsten,  wie  denn  auch  in  dieser  Urkunde  die  iibhche 
Erklarung  fehlt,  der  betreffende  Fiirst  habe  das  in  die 
Hande  des  Konigs  iibertragene  Land  als  Lehen  zuriick- 
erhalten.  Eine  derartige  Festsetzung,  hier  eingeschoben, 
wiirde  ja  dann  die  MogHchkeit  offen  gelassen  haben,  dafs, 
wenn  Heim-ich  z.  B.  aus  einer  zweiten  Ehe  noch  mannliche 
Nachkommen  gewonne,  die  in  dem  Lehen  dann  ohne  wei- 
teres  hatten  succedieren  konnen,  ein  Fall,  der  eben  hier 
ganz  und  gar  ausgeschlossen  werden  soUte.    Nicht  von  einer 


142  Zweites  Bueh.     Sechster  Abschnitt. 

Lehensaiil'tragung-  \vird  man  hier  sprechen  kunnen,  ja  nicht 
eininal  von  eincm  Erbvertrage,  sonclern  von  einer  einfachen 
Abtretung  unter  Vorbehalt  des  Besitzes  auf  Lebenszeit,  doch 
so,  dais  der  Enipfanger  schon  danials  eine  Oberherrlichkeit 
eingerjiumt  erliielt,  die  natiirlich,  Avoraut"  eben  hier  das  nieiste 
ankam,  zuglcich  eine  Verpflichtung  zum  Schutze  seinerseits 
einschlofs. 

Man  wird  kaum  zweifeln  kcinnen,  dafs  es  wesentlich  die 
Brcslauer  Konsvdn  waren ,  welche  den  Herzog  zum  An- 
schhisse  an  Biihnien  gerade  in  dieser  Form  bewogen.  Sie 
batten  das  lebhai'teste  Interesse  daran,  aus  dem  Jammer  der 
Kleinstaaterei  berauszukommen  und  fiir  den  Fall,  dafs  ihr 
gutcr,  aber  wenig  thatkriiltiger  Herzog  die  Augen  schlols,  ihrer 
aufbliihenden  Handelsstadt  den  Schutz  eines  mjichtigen  Herr- 
schers  zu  sichern,  statt  es  darauf  ankomnien  zu  lassen,  dafs 
der  scbwacbe  Konrad  von  01s,  auf  das  Privileg  Konig  Lud- 
wigs  gestiltzt,  das  Land  Breslau  mit  seinem  Schwager  von 
Falkenberg  teilte,  oder  beide  mit  dem  versehwenderischen 
und  gewalttbatigen  Boleslaw  von  Brieg,  dem  nachsten  Mannes- 
erben,  um  das  Land  rauften. 

Konig  Johann  hatte  sich  iibrigens  bereit  finden  lassen, 
dem  Breslauer  Herzog  ansehnlicbe  Vorteile  filr  die  definitive 
Verschreibung  des  Landes  zu  bieten;  den  Besitz  der  Graf- 
schai't  Glatz  und  jahrlich  1000  Mark  Silbers  hatte  er  dem 
Herzoge  gewahrt.  Wie  gut  die  Breslauer  auch  filr  sich 
selbst  zu  sorgen  verstanden  hatten,  werden  wir  an  anderem 
Orte  noch  auszufuhren  Gelegenheit  haben. 

Die  Huldigung  des  Breslauer  Herzogs  hatte  als  nachste 
Folge,  dafs  nun  auch  der  letzte  noch  iibrige  oberschlesische 
Furst  Bolko  von  Oppeln  in  Breslau  am  5.  April  1327  sich 
fiir  seine  Lande  Oppeln  und  Rosenberg  zum  Lehensmann 
der  Krone  Bohmen  erklai-te. 

Mit  der  Breslauer  Verreichung  unzufrieden  zu  sein 
hatten  nun  wohl  am  meisten  Ursache  gehabt  die  Schwieger- 
sohnc  Heinrichs  VI.,  Konrad  I.  von  Ols  und  Bolko  von 
Falkenberg,  da  ja,  wie  wir  wissen,  Kilnig  Ludwig  von 
Bayern  1324  ausdriicklich  ein  Erbrecht  der  Tochter  Hein- 
richs anerkannt  hatte.  Thatsachlich  aber  war  es  des  letz- 
teren  Bruder,  Boleslaw,  der  sich  als  den  eigentHch  Geschadig- 
ten  ansah. 

An  Gelegenheit,  sich  an  dem  Bruder  zu  rachen,  fehlte 
es  nun  nicht,  denn  den  Konig  trieb  sein  abenteuernder 
Sinn  gleich  1327,  unmittelbar  von  Breslau  aus,  ins  weite, 
und  er  hat  sich  nun  fast  zwei  Jahre  lang  in  fernen  Kriegs- 
handeln  an  der  franzosischen  Grenze  herumgetummelt.     Und 


Reiurich  VI.  unterwirft  sich  der  Krone  Bohmen.  143 

in  der  That  erfahren  wir,  dais  Boleslaw  im  Bunde  mit  dem 
gleichfalls  ewig  unruhigen  Herzoge  Johann  von  Steinau  zu 
den  Waffen  gegriffen  hat  gegen  den  Konig  resp.  dessen 
neuen  Schiitzling,  den  Breslauer  Herzog,  ohne  es  doch  zu 
mehr  als  einigen  verwlistenden  Einfallen  zu  bringen. 

Konig  Johann  kehrte  gegen  Ende  des  Jahres  1328  nach 
dem  Osten  zuriick,  unternahm  aber  sofort  wieder  im  De- 
zember  dieses  Jahres  einen  Kreuzzug  gegen  die  Bistiiraer^ 
auf  dem  er  neue  Lorbeeren  erntete,  pohiische  Herzoge  zur 
Huldigung  verpflichtete  und  dem  deutschen  Orden  Ausdeh- 
nung  seiner  Grenzen  und  Hilfe  gegen  seine  Feinde  brachte. 
Als  er  dann  in  der  Ostervvoche  1329  wieder  in  Breslau 
eintraf,  erhob  sein  Schwager  Boleslaw  bittere  Vorwiirfe  ge- 
gen ihn  wegen  des  Breslauer  Vertrages,  da  er  ihm  doch 
gelobt  habe,  ihm  keine  seiner  Anwartschaften  zu  entziehen, 
sondern  ihm  vielmehr  gegen  jedermann  beizustehen.  ,;  Ge- 
gen jedermann " ,  soil  Konig  Johann  darauf  geantwortet 
haben,  „aber  doch  nicht  gegen  mich  selbst",  ein  Wort, 
welches  allerdings  nur  so  viel  besagte,  dafs  der  Konig  seine 
Versprechungen  nur  so  lange  respektiere,  als  er  seinen  Vorteil 
dabei  lande,  und  die  Frage,  ob  denn  Boleslaw  ein  Recht 
habe,  Breslau  unter  seine  Anwartschaften  zu  zahlen,  unbe- 
rlihrt  liefs. 

vSchnell  brachte  der  Konig  die  ihm  widerstrebenden  Fur- 
sten  zur  Euhe.  Herzog  Johann  von  Steinau  ward  einfach 
genotigtj  zur  Siihne  dafur,  dafs  er  das  Breslauer  Land  ge- 
schiidigt,  und  um  ein  infolge  davon  gegen  ihn  etwa  anzu- 
strengendes  Rechtsverfahren  abzuwenden,  alle  seine  Lande, 
namlich  die  Gebiete  von  Steinau,  Lllben  und  Guhrau,  von 
dem  Konig  zu  Lehen  zu  nehmen  (1329,  29.  April). 

Und  auch  gegen  seinen  Schwager  Boleslaw  wufste  der 
Konig  sehr  wirksame  Triimpfe  auszuspielen.  Noch  lebte 
ja  dessen  Bruder  Wladyslaw,  den  Boleslaw  aus  seinem  Lieg- 
nitzer  Erbe  vertrieben  hatte,  und  dessen  sich  bereits  1325 
der  Papst  in  einer  besonderen  Bulle  angenommen  hatte. 
Wladyslaw  hatte  inzwischen  in  Masowien  eine  alte  Herzogin 
gefunden,  die  dem  halb  Wahnsinnigen  ihre  Hand  gereicht, 
hatte  aber  dieselbe,  nachdem  das  Heiratsgut  durchgebracht 
war,  wieder  verlassen,  und  fand  sich  in  dem  Feldlager  Ko- 
nig Johanns  ein,  ausgeriistet  mit  einer  Urkunde,  in  welcher 
die  Liegnitzer,  die  des  verschwenderischen  Boleslaw  iiber- 
driissig  waren,  Wladyslaw  als  ihren  rechtmafsigen  Herrn 
anerkannten,  und  bereit,  seine  Anspriiche  an  Konig  Jo- 
hann zu  verkaufen.  Aufserdem  vermochte  der  letztere  auch 
Pfandanspriiche    auf  Haynau   und  Goldberg,    die   ihm  Bres- 


144  Zweites  Buch.     Scchster  Abschnitt. 

lauer     IBiirger ,     Gliiubiger    Boleslaws ,     iiberlassen ,    vorzu- 
bringen. 

Vor  diesen  AVaffen  beugte  sich  Herzog  Boleslaw,  und 
so  wie  er  sich  zur  Huldigung  bereit  zeigte,  war  naturlich  von 
Wladyslaws  Ansprlichen  keine  Rede  melir;  iinter  dem 
9.  Mai  1329  erhielt  er  jetzt  sarat  seineu  Erbeu  und  Nach- 
komnilingen  beide  Herzogtiimer  Liegnitz  und  Brieg  (letz- 
teres  mit  Nanislau,  Kreuzburg  luid  Pitschen)  als  Lehen  der 
Krone  Bohmens,  und  ein  besonderes  Privileg  verpflichtete 
dann  audi  den  Konig,  sich  in  die  Schuldsachen  seines 
Schwagers  (wofern  nicht  adelige  Vasallen  ini  Spiel  wilren) 
nicht  ferner  zu  mischen. 

Die  Belehnungen  Johanns  von  Steinau  und  Boleslaws  von 
Liegnitz-Brieg  waren  bei  Gelegenheit  der  Anwesenheit  Konig 
Johanns  in  Breslau  erfolgt,  und  hier  hatten  sich  nun  denn 
audi  die  Brilder  des  ersteren,  Heinrich  von  Sagan  und 
Konrad  von  Ols,  eingefunden  und  liefsen  sich  gleichf'alls  zur 
Auttragung  ihrer  Lande  als  Lehen  der  Krone  Bohmen  be- 
wegen.  Es  erfolgte  dies  ebenfalls  am  9.  Mai  1329  in  zwei 
ganz  ilbereinstimmenden  Urkunden,  welche  dann  die  Lehens- 
nachfolge  den  direkten  mannlichen  Leibeserben  der  Aus- 
steller  und  in  Ermangelung  soldier  den  Briidern  Heinrich, 
Johann  und  Konrad  und  ihren  mannlichen  Nachkommen 
zusichern,  aber  bei  Ausgang  des  Mannesgeschlechts  einen 
Heimfall  an  die  Krone  Bohmen  in  Ausicht  nehmen.  Ent- 
sprechend  dem  Privileg,  welches  Herzog  Boleslaw  erlangt, 
wird  auch  diesen  beiden  Fiirsten  zugesichert,  dafs  nur  dem 
Add  ihrer  Lande  und  zwar  fiir  den  Fall,  dafs  sie  in  Kechts- 
streitigkeiten  bei  dem  Landesherrn  kein  Recht  fandeu,  eine 
Berufung  an  den  Konig  von  Bohmen  als  Oberlehensherrn 
zustehe. 

Lisofern  beide  Herzoge  ganz  freiwillig  ihre  Lehensauf-j 
tragungen  vornehmen,  erlangen  sie  auch  noch  besonderej 
Gunstbezeugungen  vom  Konige,  welche  bei  Heinrich  von 
Sagan  in  Gddzahlungen ,  bei  Konrad  von  01s  in  der  Zu- 
sage  einer  Einlosung  des  an  den  Breslauer  Herzog  ver- 
pfandeten  Schlosses  Praufsnitz  bestehen. 

Ganz  fern  hatte   sich  diesen  Vorgangen   ein   vierter   der 
Glogauer  Herzoge,  Primko  von  Glogau,    gehalten.     Obwohlj 
auch  ihn  Konig  Johann  zur  Huldigung  drangte,  weigerte  erj 
sich  doch  ganz    entschieden,   und   ward   dafiir   dadurch   ge- 
straft,   dafs  sein  Name  in  den  Lehensurkunden   der  Bruder| 
nicht  als  Anwarter  genannt  werden  durfte,  etwas,  was  that- 
sachlich  ohne  weitere  Folgen   blieb,    da   jener    bereits    1331  i 
kinderlos  starb.     Von  grofserer  Bedeutung   hatte    es  werdenl 


Die  Fiirsten  der  Glogauer  Liuie.  145 

konnen,  dafs  Konig  Johann  aus  besonderer  Gunst  im  Jahre 
1338  im  Wider spruclie  mit  dem  Lehensbriefe  von  1329 
Hedwig  dem  eiiizigen  Kiiide  dps  Herzogs  Kom'ad  von  01s 
ein  Successionsrecht  auf  die  Olser  Lande  zusprach;  doch 
audi  bier  erledigte  sicb  aller  Streit  dadurch,  dafs  Herzog 
Konrad  aus  seiner  zweiten  Ebe  mit  Eupbemia  von  Ko- 
sel  docb  nocb  einen  mannbcben  Erben,  Konrad  II.,  ge- 
wann. 

Als  Konig  Jobann  das  nacbste  Mai  in  seinen  neuen 
Lebenslanden  erscbien,  im  Herbste  1331 ,  wufste  er  nun  in 
Niederscblesien  festeren  Fufs  zu  fassen.  Von  den  Bres- 
lauern  bracbte  er  damals  in  Gestalt  aufserordentlicher  Bei- 
steuern  die  grofse  Smnme  von  1200  Mark  auf,  indem  er 
denselben  die  Zusage  erneuerte,  die  etwa  zu  gewinnenden 
Landesanteile  unmittelbar  dem  Herzogtume  Breslau  binzu- 
fiigen  zu  wollen.  Darauf  riickte  er  mit  einem  von  ibm  ge- 
sammelten  Heere  gegen  Glogau. 

Diese  Stadt  batte  nacb  dem  Tode  Primkos  am  11.  Ja- 
nuar  d.  J.  dessen  Scbwager,  Herzog  Bolko  von  Fiirstenberg, 
im  Namen  von  Primkos  Witwe,  Constantia,  seiner  Scbwester, 
der  sie  als  Wittum  verscbrieben  war,  zu  bebaupten  ver- 
sucbt,  aber  auf  einen  Kampf  mit  dem  Konige  mocbte  er 
es  nicbt  ankommen  lassen.  Ende  September  1331  stand 
Jobann  mit  seinem  Heere  bei  Kreidelwitz  etwa  drei  Meilen 
vor  Glogau  und  verlangte  von  der  Blirgerscbaft  Huldigung. 
Als  die  Ratsberren,  die  in  sein  Lager  berausgekommen, 
Einweuduugen  macbten,  zeigte  der  Konig  auf  sein  Heer: 
„Mit  wenigen  seid  ibr  berausgekommen,  mit  dieser  Menge 
werde  icb  eucb  zuriickfubren,  und  ebe  ibr  beimkommt, 
werdet  ibr  mein  Banner  auf  dem  Scblosse  von  Glogau 
weben  seben."  Und  so  gesebab  es.  Eine  macbtige  Partei 
in  der  Stadt  bing  dem  Konige  an  und  oifnete  ibm  die 
Tbore.  Und  wie  die  Burger  im  Grunde  gesonnen  waren, 
mogen  wir  daraus  erkennen,  dafs,  als  sie  dem  Konige  nun 
am  1.  Oktober  buldigten,  sie  in  ibre  Privilegienbestatigung 
aucb  das  aufnebmen  liefsen,  dafs  der  Konig  versprecbe, 
Stadt  und  Land  Glogau  mit  alien  Einwobnern  nie  von  der 
Krone  Btibmen  nocb  aucb  von  der  Verbindung  mit  Stadt 
und  Flirstentum  Breslau  zu  losen.  Aucb  bier  in  Glogau 
mocbte  es  ungleicb  mebr  locken,  in  Verbindung  mit  Breslau 
in  die  Hand  eines  macbtigen  auswartigen  Fiirsten  zu  kom- 
men,  als  die  Stadt  und  ibr  Gebiet  unter  mebrere  kleine 
obnmacbtige,  aber  ewig  geldbediirftige  Fiirsten  geteilt  zu 
seben. 

BeziigHcb  der  Entscbadigungen   an   die  Briider  Primkos 

Grunhagen,  Gesch.  Schlesiens.    I.  10 


146  Zweites  Buch.     Sechster  Abschnitt. 

erfahren  Avir  nur  so  viel,  dafs  Johann  von  Steinau  seine 
Anspriiche  aiii'  Glogau  um  2000  Mark  dcm  Kcinig  verkaiil't 
hat.  In  der  That  hat  Konig  Johann  und  aiich  sem  Nach- 
folger  von  da  an  Stadt  und  Land  Glogau  als  unmittelbares 
Besitztum  der  Ki'one  Bohmen  beti-achtet,  doch  hat  er  sich 
dessen  wiederholt,  wenngieich  immer  niu*  zeitweise,  wieder 
entaufsert. 

Wenn  Konig  Johann  versucht  hat,  aus  der  Erbschaft 
Primkos,  die  er  nun  einmal  beanspruchte ,  auch  Posen  fiir 
sich  zu  erwerben  und  deshalb  damals,  im  Herbst  1331,  von 
Glogau  aus  in  Grofspolen  eingedrungon  ist  und  Posen  be- 
lagert  hat,  so  hat  das  doch  schhefslich  keinen  Erfolg  ge- 
habt,  obwohl  auch  der  deutsche  Orden  gleichzeitig  den  Polen- 
konig  bedriingte. 

Wohl  aber  hefs  der  Tod  Heinrichs  VI.  von  Breslau  am 
24.  November  1335  die  Hauptstadt  Schlesiens  mit  ihrem 
Gebiete  mid  dem  von  Auras,  dem  1327  getrofFenen  Ab- 
kommen  gemafs,  an  den  Konig  fallen,  dem  auch  die  Bres- 
lauer  Katsherren  ilu'e  Treue  zu  geloben  sich  beeilten. 

Die  Unterwerfung  der  schlesischen  Fiirsten  lindet  dann 
in  den  Jahren  1335  — 1337  ihren  Abschlufs.  Bis  dahin 
waren  von  den  vier  grofsen  Stiimmen,  in  welche  sich  hier 
die  Herzoge  spalteten,  drei  vollstilndig  zur  Unterwerfung 
gebracht,  nur  die  Sohne  Bolkos  I.  von  Fiirstenberg,  die 
einen  weiten  Strich  Landes  liings  des  Gebirges  besafsen, 
hatten  sich  bisher  noch  ganz  ferngehalten.  Von  den  drei 
Sohnen  Bolkos  I.  hatte  der  alteste,  Bernhard,  den  mittleren 
Anteil,  Schweidnitz,  der  zweite,  Heiurich,  den  westlichen^ 
Jauer,  der  jiingste,  Bolko,  den  ostHchen,  Mllnsterberg,  er- 
halten.  Diese  hatten  sich,  wie  wir  bereits  (wenigstens  von 
den  beiden  Letztgenannten)  anflihrten,  enger  an  Konig  Lud- 
vrig  den  Bayer  angeschlossen ;  einer  hatte  ja  sogar  bei  Miihl- 
dorf  fiir  diesen  Herrscher  mitgekiimpft,  und  Heinrich  von 
Jauer  hatte  noch  1329,  als  er  Gorlitz  an  Kcinig  Johann 
verkaufte,  unter  Beruiung  darauf,  dafs  es  sich  um  ein 
Reichslehen  handelte,  dem  Kaiser  davon  Mitteilung  gemacht. 
Es  ist  Avohl  moglich,  dafs  diese  Verbindung  sie  bewogen 
hat,  die  Antrage  Johann s,  auch  ihrerseits  sich  unter  den 
Schutz  der  Krone  Bohmen  zu  stellen,  abzulehnen.  Hatte 
nun  der  Konig  gleichfalls  aus  Riicksicht  auf  Konig  Ludwig 
von  weiterem  Driingen  nach  dieser  Seite  hin  abgestanden, 
so  fiel  diese  Riicksicht  fort,  als  1335  wegen  des  Tiroler 
Erbschaftsstreits  zwischen  Johann  und  dem  Deutschen  Kaiser 
bittere  Feindschaft  ausbrach  und  man  auf  beiden  Seiten 
eifrig  zum  Kj'iege  riistete. 


Herzog  Bolko  von  Miinsterberg.  147 

Das  Heei*  Konig  Johanns  sammelte  sich  im  Sommer 
1335  in  Mahren;  da  aber,  unci  zwar  wahrscheinKcli  auf 
des  imgarischen  Herrschers  Antrieb  zunachst  nocli  einmal 
friedliclie  Unterhandlungen  versuclit  werden  sollten,  so  ward 
dasselbe  wieder  entlassen;  einen  Teil  davon  aber  entsandte 
der  Konig  im  September  unter  seinem  Sohn  Karl  gegen 
Bolko  von  Miinsterberg,  unter  dem  Vorwande,  die  Kloster 
Kamenz  und  Heinrichaii  vor  dessen  Gewaltthatigkeiten 
schiitzen  zu  miissen. 

Wir  erfahren  von  diesem  Feldzuge,  dafs  das  bohmische 
Heer  das  Land  des  Herzogs  verwllstete,  Schlois  Cantli  er- 
oberte  und  Frankenstein  belagerte,  welches  jedoch  die  Bilr- 
ger  so  tapfer  und  aufopfernd  verteidigten ,  dafs  der  Herzog 
ihre  Treue  naclimals  in  einem  besonderen  Freiheitsbriefe 
anerkannt  und  belohnt  hat.  Aufserdem  erlitten  die  Belagerer 
auch  einen  schweren  Verlust  dadurch ,  dafs  eine  Schar  der- 
selben,  bei  welcher  sich  an  150  Edie  befanden,  unter  ihnen 
die  Gebriider  Jaroslaw  und  Albrecht  von  Sternberg,  durch 
zwei  Edelleute  des  Landes,  Arnold  von  Kachenau  und 
Michael  von  Bohrau,  deren  Flihrung  man  sich  anvertraut 
hatte,  in  einen  Hinterhalt  der  Feinde  und  so  in  deren  Ge- 
fangenschaft  gefuhrt  wurde.  Doch  fiihrten  Unterhandlungen. 
bald  zum  Ziele;  Herzog  Bolko  erschien  auf  die  Einladung 
Karls  in  dessen  Lager,  und  bei  einem  festHchen  und  glan- 
zenden  Mahle  gewannen  ihm  die  Thranen  und  Bitten  der 
Frauen  der  Gefangenen  deren  Befreiung  gegen  billiges  Lose- 
geld  ab,  und  auch  Karl  vereinigte  sich  mit  Bolko  liber  die 
Hauptpunkte  eines  Vergleiches,  der,  was  das  Wichtigste 
war,  des  letzteren  Unter werfung  in  sich  schlofs,  wahrend 
Karl  das  Schlofs  Canth  gleichsam  als  Pfand  behielt. 

In  dem  nachsten  Sommer  (1336)  suchte  dann  Herzog 
Bolko  den  Konig  in  seinem  Feldlager  zu  Straubing  in 
Bayern  auf,  und  hier  erfolgte  auch  am  29.  August  die  Be- 
lehnung  in  Gegenwart  des  Brieger  Herzogs  Boleslaw  und 
mehrerer  Adehgen  des  Mlinsterberger  Landes  in  aller  Form. 
Es  ward  ein  Kufs  gewechselt,  und  zum  Symbol  des  ge- 
reichten  Lehens  bedeckte  der  Konig  das  Haupt  des  vor 
ihm  knieenden  Herzogs  mit  dem  herzoglichen  Barette.  Die 
Belehnung  erstreckte  sich  nur  auf  die  direkten  mannHchen 
Nachkommen,  nach  deren  Absterben  das  Land  an  die  Krone 
Bohmen  fallen  sollte,  so  dafs  ein  Erbrecht  der  Brlider  und 
ihres  Stammes  nicht  anerkannt  wurde.  Dagegen  erhielt 
Bolko  auf  Lebenszeit  die  durch  den  Tod  Heinrichs  VI.  von 
Breslau  erledigte  Grafschaft  Glatz. 

Nachtraghch   sehen   wir   dann   bei   des   Konigs   nachster 

10* 


148  Zweites  Bucli.     Sechstcr  Abschnitt. 

Anweseiilieit  iu  Breslau  den  Herzog  noch  verschiedene  sehi- 
ansehnliclie  Zugestiiuduisse  an  den  Konig  machen.  Abge- 
sehen  von  Canth,  Avelches  er  offenbar  nicht  wieder  erliielt, 
verptiiudete  er  an  Johann  Frankenstein,  Strelilen  und  Wanseu 
imd  erteiltc  demselben  audi  das  Recht,  das  an  seine  Bril- 
dcr  versetzte  Reichenbaclier  Gebiet  einzulosen,  so  dafs  ihm 
thatsachlich  nur  noch  das  Miinsterberger  Land  bleibt;  er 
verpflicbtet  sich  dann,  binnen  Monatsfrist  in  alien  seinen 
Landen  dem  Konige  buldigen  zu  lassen,  ja  er  gelobt  sogar, 
falls  ihm  seine  Gemahlin  stilrbe,  ohne  Zustimmung  des  Ko- 
nigs  keine  neixe  Ehe  einzugehen. 

In  denselben  Tagen  unterwarf  sich  hier  zu  Breslau  dann 
audi  ein  zweiter  der  Sohne  Bolkos  I.,  des  Konigs  Schwager, 
Heinrich  von  Jauer.  Was  sich  aus  den  verschiedenen  bei 
dieser  Gelegenheit  ausgestellten  Urkunden  ergiebt,  ist  that- 
sachlich  Folgendes:  Herzog  Heinrich  bestatigt  den  eigentlich 
bereits  1329  festgesetzten  Verkauf  von  Giirlitz  an  den  Konig 
und  verspricht  demselben,  dafs,  falls  er,  der  Herzog,  ohne 
mannliche  Erben  zu  hinterlassen ,  stlirbe,  seine  sonstigen 
Lausitzer  Besitzungen  an  Johann  fallen  sollten.  Datilr  er- 
halt  Heinrich  auf  Lebenszeit  Stadt  und  Land  Glogau  imd 
ebenso  Schlofs  Canth,  verpflicbtet  sich  aber,  an  beiden  Orten 
die  Schlosser  dem  Konig  immer  offen  zu  lialten,  die  Haupt- 
leute  dem  Konig  Treue  schworen  zu  lassen  und  aufserdem, 
Tvenn  und  so  oft  es  notig  wlirde,  dem  Konige  gegen  aUe 
Feinde  geti*eulich  beistehen  zu  wollen.  Es  war  dies  eine 
vollstandige  Verpflichtung  zur  Lehensfolge,  wenn  gleich  in 
diesen  Vertragen  der  Name  der  Lehensaufreichuug  oder 
Belehnung  sorgfaltig  vermieden  wird.  Da  Heinrich  von  Jauer 
kinderlos  war,  kam  wenig  darauf  an. 

Etwas  Wichtiges  bei  diesen  Vertragen  war  aber,  dafs 
es  dem  Herzoge  thatsachlich  unbenommen  blieb,  seiu  viiter- 
liches  Erbe  m  Schlesien,  das  Herzogtum  Jauer,  in  seinem 
Hause  an  seines  Bruders  Sohne,  Bolko  II.  und  Heinrich  von 
Schweidnitz  zu  vererben,  wahrend  diese  foiian  die  einzigen 
Fursten  in  Schlesien  waren,  welclie  die  Oberlehnsherrschaft 
Bohmens  nicht  anerkannten.  Der  Konig  liefs  sie  in  der 
That  unbeheliigt,  gilnstigerer  Gelegenheit  wartend. 

Inzwischen  hatte  der  Anschlufs  Schlesiens  an  Bohmen 
doch  auch  eine  internationale  Anerkennung  gefunden,  in- 
sofern  im  Sommer  1335  Konig  Kasimir  von  Poleu,  welcher 
1332  seinem  Vater  Wladyslaw  Lokietek  auf  dem  Thi'one 
gefolgt  war,  einen  Vertrag  mit  Konig  Johann  geschlossen 
hatte,  des  Inhalts,  dafs,  wahrend  der  letztere  den  Titel  eines 
Konigs   von  Polen,   welchen   er   als  Nachfolger  AVenzels  II. 


Verzicht  des  Polenkonigs  auf  Schlesieu.  149 

immer  noch  fiihrte,  abzulegeu  versprach,  Kasimir  dagegen 
alien  Ansprllchen  auf  Schlesien,  soweit  dasselbe  sich  der 
Krone  Bohmen  unterworfen  hatte,  entsagte. 

Dieser  Trentschiner  Vertrag  vom  24.  August  1335  ist 
in  seiner  Fassung  merkAvtirdig  genug.  Es  urkunden  hier 
polnische  Wllrdentrager  in  Vollmacht  Kasimirs,  dafs  der 
Konig  von  Bohmen,  sein  Solm  Karl  und  alle  seine  Erben 
fur  immer  alien  Ansprtlclien  auf  Polen  entsagen,  jedoch  mit 
Ausschlufs  der  Lande  Breslau  und  Glogau,  sowie  einer  An- 
zahl  von  Fiirsten,  welche  ihre  Lande  von  dem  Konige  von 
Bohmen  zu  Lehen  genommen  haben.  Es  werden  hier  auf- 
geziihlt  Boleslaw  von  Liegnitz  und  Brieg,  Heinrich  von 
Sagan  und  Krossen,  Konrad  von  (3ls  und  Johann  von  Steinau 
als  Herzoge  von  Schlesien,  darauf  die  Herzoge  von  Oppeln, 
Falkenberg,  Strehlitz,  Kosel  und  Beuthen,  Katibor,  Ausch- 
witz, Teschen,  und  mitten  unter  diesen  Uberschlesiern  auch 
der  Herzog  Wenzel  von  Masowien.  Auf  deren  Lande  ver- 
spricht  nun  der  Polenkonig  keinerlei  Anspriiche  mehr  er- 
heben  zu  woUen. 

Offenbar  wird  hier  eine  bisherige  Zugehorigkeit  Schlesiens 
zu  Polen  im  Grunde  anerkannt,  und  es  liluft  alles  darauf 
hinaus,  dafs  gewisse  Telle  polnischen  Landes  fortan  der 
Krone  Bohmen  iiberlassen  werden,  von  denen  eine  Anzahl 
(das  heutige  Oberschlesien  nicht)  unter  dem  Gesamtnamen 
Schlesien  zusammengefafst  erscheinen.  Diesem  Vertrage  zu- 
folge  bleibt  fiir  die  schlesischen  Lande,  wo  noch  keine  Hul- 
digung  an  Bohmen  erfolgt  ist,  also  Schweidnitz - Jauer  und 
Mlinsterberg,  die  Verbindung  mit  Polen  bestehen.  Es  wllrde 
nun  allerdings  den  Polen  schwer  genug  geworden  sein,  ihr 
Anrecht  auf  Schlesien  urkundlich  nachzuweisen ,  und  es 
knlipft  sich  auch  fiir  die  spatere  Zeit  keine  besondere  Be- 
deutung  an  diese  Anspriiche;  jedenfalls  aber  liegt  der 
Schwerpunkt  des  Ereignisses  von  1335  darin,  dafs  eine  Anzahl 
Landschaften  definitiv  von  Polen  getrennt  werden  und  zwar 
doch  nicht  eigenthch  als  Eroberungen,  die  aus  einer  Hand 
in  die  andere  iibergehen,  sondern  wesentlich  infolge  des  na- 
tionalen  Entwickelungsprozesses ,  infolge  des  Ubergewi elites, 
welches  die  deutsche  Kolonisation  hier  erlangt  hatte. 

Die  Bedeutung  des  Moraentes  soil  in  keiner  Weise  iiber- 
schiitzt  werden,  wir  wissen  sehr  wohl,  dafs  in  manchen  der 
oberschlesischen  Fiirstentiimer,  Avelche  hier  mit  in  Frage 
konimen,  die  Germauisation  keniesAvegs  so  weit  vorgeschritten 
war,  dafs  das  nationale  Moment  hier  den  Ausschlag  gegeben 
hatte,  wir  haben  ja  auch  selbst  die  Art  der  Unterwerfung 
seitens  der  verschiedenen  Filrsten  im  einzelnen  kennen  gelernt 


150  ZweitCi  Buch.     .Scchster  Abschuitt. 

und  g(3sehen,  dafs  da  selir  mamiigfaltige  BeweggTilnde  mit- 
gewirkt  haben;  doch  darau  dilrfen  wir  I'esthalten,  dais  den 
eigentlichen  ersteu  Anstofs  zui'  Festsetzung  der  bohniischen 
Macht  ia  der  schlesischen  Hauptstadt  1327  das  deutsche 
Intcresse  der  Breslaiier  gegeben  liat,  und  dlirfen  audi  iiber- 
zeugt  sein,  dafs  der  kluge  Konig  Kasimir  von  Polen  Schlesien 
nicht  so  Icichten  Kaufes  aufgegeben  haben  wdrde,  hatte  er 
nicht  empfunden,  dafs  dies  iufolge  der  hier  emporgewach- 
senen  nationalen  Schranken  doch  fiir  ihn  verloren  sei. 

Darliber  aber  kann  kein  Zweifel  obwalten,  dafs  der 
Anschlufs  der  Schlesier  an  Bohmen  denselben  als  ziemlich 
gleichbedeutend  erschienen  ist  mit  einem  Anschlussc  an 
Deutschland.  War  es  doch  em  ganz  deutsches  Fiirsten- 
haus,  welches  hier  herrschte,  und  die  deutsche  Kok^nisation 
hatte  in  Bohmen  damals  bereits  kauni  minder  grofse  Fort- 
schritte  gemacht,  -svie  in  Nieder-  und  Mittelschlesien,  so  dafs 
dort  wie  hier  das  slavische  Element  in  die  uuteren  Schichten 
zm'iickgedrangt  scliieu.  Was  in  Schlesien  deutsch  gesinnt 
war  von  Fursten,  Adel  und  die  Biirgerschaft  im  grofsen  und 
ganzen,  das  hoffte  von  der  Herrschaft  der  Luxemburger  fiir 
ihre  NationaHtat  das  Mafs  von  Schutz  gegen  die  polnischen 
Nachbaren,  welches  ihm  ihre  Fiii'sten  bei  der  Zersplitterung 
des  Landes  zu  gewiihren  nicht  imstande  waren. 

Dais  aber  damals  die  Losreifsung  von  Polen  sich  doch 
nicht  alleiu  auf  Grund  nationaler  Momente  voUzogen,  son- 
dern  zum  Teil  audi  auf  Grund  sonstiger  politischer  Macht- 
verhiiltnisse,  ist  fiir  Schlesien  sehr  zum  Gliick  ausgeschlagen. 
Auf  dem  ersteren  Wege  allein  hatte  sich  z.  B.  das  damalige 
Oberschlesien  schwerlich  gewinnen  lassen.  Das  Gliick  war 
hier  ebcn,  dafs  die  Gebiete,  welche  nationale  Sjmpathieen 
Konig  Johann  gleichsam  entgegentrugen,  mit  denen,  welche 
einfach  dessen  kiihne  PoHtik  sich  zu  gewinnen  wufste,  nun 
zu  gleicher  Zeit  von  Polen  losgerissen  und  schon  dadurch 
zu  einer  Art  von  Gemeinsamkeit  vereinigt  wurden.  Es 
waren  dies  ja  im  wesentlichen  diesdben  Landgebiete,  welche 
einst  1163  als  eigene  Herzogtiimer  von  dem  grofsen  Polen- 
reich  gesondert  und  die  dann  als  Diocese  Breslau  wenigstens 
in  Ivirchhcher  Beziehung  zusammengefafst  wurden. 

Diese  Gemeinsamkeit  erhalten  zu  haben,  ist  ein  Verdienst, 
das  Schlesien  dem  Konig  Johann  zu  danken  hat;  ohne  ihn 
ware  nach  menschhchem  Ennessen,  wenngleicli  das  ger- 
manisierte  Nieder-  und  Mittdschlesien  immer  in  irgendwelcher 
Form  den  Anschlufs  an  Deutschland  gesucht  und  gefunden 
hatte,  doch  Oberschlesien  naturgemafs  Polen  zugefalleii. 


Drittes  Buch. 

SchlesienuiiterKonigen  aus  demStarome 
der  Luxemburger  1327—1437. 


Erster  Abschnitt. 

Schlesien  miter  Koiiig  Johanii.    Stiidtisehe  uiid  staii- 

disclie  FortentTvickeliuig.   Natioiiale  Cregeusatze  in  der 

schlesischeii  Kirclie.     Streit  mit  Bischof  jSaiiker. 


Die  immer  fortgesetzten  Gebietsteilungen  der  schlesischen 
Fiirsten  bedingten  ein  Sinken  ihrer  Macht,  aber  ein  Steigen 
ihrer  Geldnote.  Von  beidem  wulsten  die  Stadte  Vorteil  zu 
Ziehen  und  immer  neue  Privilegien  den  Fiirsten  abzuge- 
winnen  resp.  abzukaufen.  Damit  wachs  natiirlich  die  Selb- 
standigkeit  der  Stadte.  Verschiedene  Zeichen  lassen  sich 
dafiir  nachweisen.  So  sehen  wir  jetzt  im  Laufe  des  14.  Jahr- 
hunderts  die  Mitteilungen  geschriebener  Rechte;  die  dann 
doch  in  gewissem  Sinne  Verfassungsurkimden  darstellten, 
bei  den  schlesiscben  StJidten  liberhand  nehmen.  Vorherr- 
schend  blieb  hierfilr  das  sachsische  Recht,  wie  es  sich  be- 
sonders  in  ]\Iagdeburg  ansgebildet  hatte,  nur  ganz  aus- 
nahmsweise  erl'ahren  wir  aus  dem  Jahre  1310,  dafs  in 
Neilse  das  hier  geltende  Magdeburger  Recht^  weil  es  sich 
nicht  bewahrt  habe^  durch  vlamisches  ersetzt  wird,  und  aus 
dem  Jahre  1337  von  einer  Beleihung  der  Stadt  Freiburg 
mit  frankischera  Rechte.  Es  handelte  sich  bei  diesen  Rechts- 
mitteihnigen  nicht  blols  um  die  urspriingliche  Zusendung 
einer  Abschrift  des  eigenen  Stadtrechtes  von  einer  Stadt 
an  die  andere,  sondern  auch  um  gelegenthch  notwendig 
werdende  Erganzungen  desselben  durch  Mitteihmg  von  so- 
genannten  ^^'eistumern  zur  Feststelhmg  zweii'elliafter  Fragen, 
ja  sogar  um  Einhohing  von  direkten  Entscheidungen  ein- 
zelner  Falle,  wo  dann  das  Schoffenkollegium  der  einen  Stadt 
gleichsam  eine  Appellationsinstanz  tiir  die  andere  darstellte. 
Kicht  nur  erhohtes  Ansehen,  sondern  auch  nicht  imerheb- 
hche  Einkiinfte  waren  "der  Lohn  solcher  Mitteihmgen.  Es 
war  daher  kein  Wunder,  dafs  die  Jiandeshauptstadt  Breslau 


154  Drittes  Bucli.     Erstcr  Abscbuitt. 

das  ernstliche  Bestreben  zeigt,  sicli  ein  Monopol  auf  solche 
]\Iitteilungen  zu  sichern.  1292  erklilren  die  Breslaiier  sich 
als  Oberhof  fiir  die  Stadt  Goldberg,  imd  1302  verpilichtet 
sich  Liegnitz,  die  von  Breslau  erlialtenen  Stadtrcchte  nicht 
welter  zu  geben  oder  zu  verkaufeu  und  dagegen  Rechts- 
belehruugen  nur  in  Breslau  zu  holen.  Gegen  solclie  Be- 
strebungen  setzte  sich  nun  allerdings  die  Eifersucht  der  an- 
deren  gnifseren  Stadte  und  mehr  vielleicht  noch  der  Par- 
tikularismus  einzelner  Herzr)ge.  Wie  hatten  die  Fiirsten 
aus  Bolkos  I.  Geschlecht,  die  ja  in  so  vielen  Dingen  sich 
sehr  spr()de  abschlossen,  solche  Superioritiit  Breslaus  sich 
gefallen  lassen  sollen?  Ihre  Stadt  Schweidnitz  entwickelte 
sich  in  voller  Selbstandigkeit,  verkehrte  direkt  mit  Magde- 
burg vind  teilte  selbst  Rechtsbelehrungen  aus.  Und  ebenso 
gewann  Liegnitz,  jenem  Versprechen  von  1302  zumTi'otz,  unter 
Boleslaw  III.  das  Recht;  fiir  die  Stadte  des  Liegnitzer  Landes 
den  Oberhof  zu  bilden ,  und  auch  im  Neifseschen  wahrte 
man  der  Landeshauptstadt  die  Befugnis  zu  Rechtsraitteilungen. 
Dabei  blieb  fiir  Breslau  allerdings  immer  noch  ein  recht 
ansehnliches  Gebiet,  in  dem  dasselbe  als  Oberhof  anerkannt 
wurde,  und  es  ward  doch  nicht  von  geringer  Bedeutung, 
dafs  Avenigstens  in  der  zweiten  Halfte  des  14.  Jahrhunderts 
auch  oberschlesische  Stadte  von  Breslau  ihr  Recht  holten 
und  die  Qualitat  dieser  Stadt  als  ihres  Oberhofes  feierlich 
anerkannten. 

Die  wesentlichste  Bedeutung  der  geschriebenen  Stadt- 
rcchte lag  in  der  Herstellung  sicherer  Rechtsnormen  zum 
Schutze  gegen  Ungorcchtigkeit  und  "Willkiir,  wie  solche  von 
Verb-etern  des  Landesherrn  und  insbesondere  von  den  Vogten 
gefurchtet  wurden.  Der  Kampf  mit  diesen  letzteren  bildet 
iiberhaupt  ein  wesentliches  Kapitel  in  der  Geschichte  der 
schlesischen  Stadte,  zu  deren  Beendigung  es  allerdings  ein 
sehr  sicheres  Mittel  gab,  namlich  die  giinzliche  Erkaufung 
der  Vogteu'cchte  durch  die  Stadte.  Von  diesem  IVIittel 
haben  dann  auch  schon  sehr  frilh  die  bedeutenderen  schle- 
sischen Stadte  Gebrauch  gemacht,  und  wir  besitzen  aus 
dem  14.  Jahrhundert  Urkunden  iiber  kaufweise  Erlangungen 
der  Vogteien  im  ganzen  oder  in  Anteilen  von  folgenden 
Stadten:  Brieg,  Haynau,  Breslau,  Glogau,  Glatz,  Franken- 
stein, Ohlau,  Schweidnitz,  Lahn,  Jauer,  Liegnitz,  Hirsch- 
berg,  Luwenberg,  Milnsterberg,  Grottkau,  Striegau,  Reichen- 
bach,  so  dafs,  abgesehen  von  Oberschlesien ,  die  Stadte 
Schlesiens  hier  schon  frilh  einen  gewissen  Hohepunkt  ihrer 
Entwickelung  erreicht  zu  haben  scheinen. 

Einen   weiteren   Fortschritt    der   Stadte   auf    dem    Wege 


Stadtisclie  EntAvickeluug.  155 

zu  vollkommener  Selbstregierung  bezeichnet  die  immer  fort- 
schreitende  Ausdehnuug  der  Befugnisse  des  stadtischen  Ge- 
richtes  ebensowohl  iubezug  auf  die  raumlichen  Grenzen 
(Weichbild,  Stadtgiiter),  wie  auf  die  Personen  (Adelige, 
Landbewohner) ,  sogar  aiich  wohl  in  dem  Falle,  wenn  der 
Gerichtsstand  des  Beklagten  ein  anderes  verlangt  liatte.  Es 
war  dies  allerdings  auch  sehr  notwendig,  wenn  der  Biirger, 
der  einem  Edehiiann  Geld  lieh,  dafiir  eine  gewisse  Sicher- 
heit  haben  sollte.  Und  fehlte  diese  Sicherheit,  so  mufste 
sofort  ein  hoherer  Zinsfufs  das  grofsere  Risiko  aufwiegen, 
ebenso  wie  die  Unsicherheit  der  Strafse  fiir  die  Warenziige 
naturgemafs  den  Preis  der  Wareu  steigerte.  Gegen  Gewalt- 
samkeiten  seitens  eines  Ritters  mufsten  die  Verfestungen 
schlitzen,  d.  h.  Erklarungen^  welche  dem  Betreffenden  niit  all 
den  Seinigen  das  Betreten  eines  stadtischen  Weichbildes 
untersagten.  War  es  nan  gleich  fiir  den  Betreffenden  immer- 
hin  empfindlich,  wenn  die  nachste  Stadt,  auf  die  er  mit  so 
vielen  Lebensbediirfnissen  angewiesen  war,  ihm  ihre  There 
schlofs ,  so  konnte  der  voile  Nachdruck  solcher  Mafsregel 
doch  erst  dann  eintreten,  wenn  damit  zugleich  auch  die 
llbrigen  schlesischen  Stadtthore  sich  schlossen,  und  der  kluge 
Konig  Johann  zeigte  den  Schlesiern  einen  der  Vorzuge  seiner 
Herrschaft,  indeni  er  1339  fiir  den  ganzen  Umfang  seines 
unmittelbaren  Besitzes,  d.  h.  neben  den  Stadten  der  Ober- 
lausitz  noch  in  Schlesien  Breslau,  Glogau,  Strehlen  und 
Ohlau,  die  in  einer  der  Stadte  ausgesprochene  Acht  iiber 
einen  Rauber  oder  Friedensbrecher  allgemein  fiir  giiltig  er- 
klarte,  und  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dafs  damals  auch  in 
anderen  Stadten  'Versuche  gemacht  worden  sind,  sich  dieser 
Mafsregel  anzuschliefsen ;  aber  zu  rechter  Gemeinsamkeit  hat 
es  dann  doch  die  Zersplitterung  des  Landes  nicht  konimen 
lassen,  und  man  blieb  schliefslich  auf  Verbindungen  der 
Stadte  unter  sich  zu  gemeinsamen  Mafsregeln  gegen  Friedens- 
brecher angewiesen,  fiir  die  aber  die  rechte  Zeit  erst  am 
Ausgange  des  14.  Jahrhunderts  kommt,  wenngleich  der 
erste  Anfang  dazu  bereits  1310  gemacht  wird,  wo  sich  in 
der  anarchistischen  Zeit  nach  dem  Tode  Heinrichs  III.  von 
Glogau  die  Stadte  des  Glogau  -  Saganer  Landes  zu  solchem 
Zwecke  verbiinden. 

Die  Ausdehnung  der  stadtischen  Jurisdiktions-Privilegien, 
in  Verbiudung  mit  der  fortschreitenden  Germanisation,  mufste 
nun  vor  allem  dem  aus  der  slavischen  *Zeit  heriibergenom- 
menen  Kastellaneigerichte,  der  sogen.  Zaude,  mehr  und  mehr 
den  Boden  entziehen.  Fiir  das  Fiirstentum  Breslau  schaffte 
sie   Konig  Johann  1337    ganz    ab,    im  Fiirstentum    Liegnitz 


156  Drittes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

konnen  Avir  aus  den  Urkunden  ihre  allmiihliche  Einschran- 
kung  vertblgeu,  und  audi  mehr  nach  Obersclilesien  hin,  wie 
z.  B.  ira  Fiirstentum  Brieg,  scheiut  die  Zaude  gegen  das 
Ende  des  14.  Jahrliuuderts  aufser  Braucli  gekommen  zu 
sein,  dock  hat  sicli  an  anderen  Orten  das  Gericht,  wenn 
auch  besehrankt  und  modifiziert,  noch  bis  in  neuere  Zeit 
erhaltcn,  wie  z.  B.  in  Glogaii. 

Aus  der  Erbscliaft  der  Zaude  empfingen  Ansehnliches 
auch  die  Vasallen  des  Landes,  die  nun  das  j\Iannengencht, 
den  Lehenshot"  konstituierten  und  eben  als  Lehensleute  des 
Herzogs,  trotz  aller  personlichen  Getblgschaft ,  docli  eine 
hohere  SteUung  dem  Herrseher  gegeniiber  einnahmen,  als 
die  Edelleute  eines  polnischen  Fiirsten.  Und  je  mehr  die 
Landerteikmgen  die  Macht  der  Herzoge  minderten,  desto 
mehr  stieg  die   der  Vasallen. 

Schon  im  13.  Jahrhundert  finden  vdr  bei  Avichtigeren 
Staatsakten  den  Beirat  und  die  Zustimmung  der  Vasallen 
erwahnt,  wie  z.  B.  bei  der  Lehensaviftragung  an  Bohmen 
durch  Wladyslaw  von  Kosel  1289,  im  14.  Jahrhundert  wird 
das  mehr  und  mehr  zur  Eegel.  Natiirlich  llel  ganz  beson- 
ders  bei  der  Minderjahi'igkeit  der  Fiirsten  die  Gesinnung 
der  Edlen  des  Landes  schwer  in  die  Wagschale.  Nach  dem 
Tode  Bolkos  I.  sind  es  die  Vasallen  des  Landes  Breslau, 
welche  im  Verein  mit  den  Breslauern  den  Bischof  Heinrich 
zum  Regenten  bestellen,  und  als  1321  Bolko  von  Miinster- 
berg,  miindig  geworden,  sich  mit  seinem  bisherigen  Vor- 
munde  Bernhard  von  Schweidnitz  auseinandersetzt,  regeln 
die  Adeligen  beider  Lande  die  Angelegenheit.  Desgleichen 
wenn  die  Thronfolge  auf  eine  andere  Herrscherhnie  iiber- 
ging.  So  setzen  die  Edeln,  mit  den  Breslauer  Biii'gern  ver- 
eint,  1290  auf  eigene  Hand  die  Thronbesteigung  des  Lieg- 
nitzer  Herzogs  durch  und  fiihren  1327  den  Ansclilufs  an 
Bohmen  herbei.  Vor  dem  Gerichte  der  Mannen  stand  selbst 
der  Herzog  zu  Eecht.  Als  einst  Heinrich  IH.  sich  erbietet^ 
im  Streite  mit  den  Breslauern  sein  Anrecht  auf  die  Fleisch- 
banke  etc.  vor  Gericht  zu  erweisen,  wird  man  kaum  an 
ein  anderes  denken  konnen,  als  an  das  der  Mannen  des 
Fiirstentums,  und  sicherHch  vor  einem  solchen  Gerichte  hat 
Boleslaw  HI.  von  Brieg  den  dreimahgen  Eid  geleistet,  der 
seine  Anspriiche  auf  Liegnitz  erharten  soUte,  ja  dieser  letz- 
tere  Fiirst  hat  sogar  aus  besonderer  Gnade  darein  gewilligt, 
dafs  ein  besonderer  trerichtshof,  gebildet  aus  filnf  Vasallen 
des  Liegnitzer  Landes  imd  fiinf  Liegnitzer  Ratsherren,  Ab- 
hilfe  schaffen  soUte,  falls  er,  der  Herzog,  einem  Vasallen 
oder    einem   Biirger   unrecht   gethan   hatte.      Seit   die   schle- 


Eechte  der  Vasalleu.  157 

sischen  Herzoge  sich  der  Krone  Bohmen  unterworfen,  stand 
den  Edlen  gegen  den  Landesherrn  auch  eine  Berufung  an  den 
Oberlehensherrn  fi-ei  und  zwar  nur  ihnen,  niclit  den  Bilrgern. 

Auch  ein  gewisses  Steuerbewilligungsrecht  besaisen  die 
Ritterschaften  der  einzelnen  Fiirstentiimer.  Die  Landes- 
fui'sten  bezogen  gerade  von  ihren  Lehensleuten  an  direkten 
Steuei'n  wenig  oder  gar  niebts,  hier  stellte  ja  die  Verpilicb- 
tung  zum  Lehendienste  eigentlicb  vornehmlich  den  Preis  des 
Gilterbesitzes  dar,  doch  waren  Beisteuern  filr  aufserordent- 
liche  Falle,  an  denen  dann  die  gesamte  Einwobnerschaft 
teilnabm,  immer  tiblicb  gewesen.  Als  solcbe  Falle  warden 
bereits  im  13.  Jabrbundert  angeseben,  weun  der  Furst,  oder 
eines  seiner  Kinder,  sicb  vennablte,  wenn  der  Herzog,  oder 
einer  seiner  Sobne,  webrbaft  gemaebt  wurde,  wenn  es  sicb 
im  Interesse  der  Landesverteidigung  um  Wiedergewinnung 
eines  frllber  zum  Lande  geborigen  Platzes  oder  Gebietes 
bandelte  oder  um  Abwebr  eines  feindbcben  Angriffs  oder 
um  Losegeld  filr  den  bei  Verteidigung  des  Landes  in  Fein- 
desband  geratenen  Herzog  resp.  einen  seiner  Erben.  Na- 
tiirbcb  bbeb  es  bei  diesen  Fallen  nicbt,  um  so  meln-  bielt 
man  darauf,  dafs  diese  aufserordentbcben  BewilHgungen  dann 
nur  als  etwas  freiwiUig  und  aus  gutem  Willen  Gegebenes 
erscbienen,  den  Cbarakter  einer  „Bede"  (petitio)  batten,  die 
auf  besondere  Bitte  des  Fursten  in  Fallen  der  Not  bewilligt 
wm'den.  In  Bobmen  ward  in  solcbem  Notfalle  eine  Landes- 
steuer  erboben,  die  sogen.  Berna,  die  pro  Hufe  bestimmt 
angesetzt  war;  docb  verzicbtete  Konig  Jobann,  als  er  1327 
Breslau  zugesicbert  erbielt,  auf  die  Berna  und  verspracb, 
sicb  mit  den  iibbcben  Diensten  und  Hilfsgeldern  zu  be- 
gnilgen.  Solcbe  Hilfsgelder  bat  er  dann  aber  in  vielen 
Fallen  in  Ansprucb  genommen,  zuweilen  vom  ganzen  Lande, 
zuweilen  von  einzelnen  Stadten,  aber  immer  docb  nur  in 
der  Form  von  aufserordentbcben  Bewilligungen,  und  bei 
anderen  scblesiscben  Fursten,  vorzugbcb_  bei  Boleslaw  III. 
von  Brieg-Liegnitz  wiederbolt  sicb  dann  Abnlicbes. 

Offenbar  baben  wir  bereits  Anfange  der  nacbmabgen 
standiscben  Privilegien  vor  uns.  Diese  Vorrecbte  baben 
nun  die  Mannen  an  vielen  Orten  mit  Burgern  der  bervoi- 
ragenden  Stadte  zu  teilen.  Am  fi'iibesten  beobacbten  wii* 
das  bei  der  Landesbauptstadt  Breslau,  wo  bei  den  grofsen 
pobtiscben  Akten  nacb  dem  Tode  Heinricbs  IV.,  deren  wir 
bereits  gedacbten,  die  Barone  und  die  Burger  vereint  auf- 
ti'eten.  Eine  der  letzten  Verordnungen  des  Konigs  Jobann 
vom  15.  Februar  1346  setzt  eine  zur  Halfte  aus  den  Ya- 
sallen,   zur   Halfte   aus  den  Breslauer  Ratsmannen  gewablte 


158  Drittes  BucL.     Erstor  Absclinitt. 

Kommission  ein  zur  Fortbilclung  unci  Ergiinzung  des  gelten- 
den  Rechtes,  und  eine  in  iihnlicher  Weise  zusammengesetzte 
Korperschaft  aus  dem  Fllrstentum  Liegnitz  wurde  bereits 
erwabnt.  Dazii  kani  nun  nocb,  dais  scbon  sehr  friib  in 
Breslau,  Liegnitz,  Scbweidnitz,  Brieg  u.  s.  w.  angesebene 
und  woblhabende  Burger  Grundbesitz  aufserbalb  der  Stadt 
er  war  ben  und  so  albnabHch  in  die  Reiben  der  Edelleute  ein- 
traten.  Der  Stadtadel,  das  Patriziat,  stellte  sicb  neben  den 
ritterlicben  Adel  des  platten  Landes. 

Unsere  scblesiscben  Urkunden  keunen  den  Namen  Pa- 
trizier  nicbt,  sie  gebraucben  dagegen  bereits  ini  13.  Jabr- 
hundert  vieliacb  den  Ausdruck  seniores,  Altesten,  zur  Be- 
zeicbnung  der  Angesebensten  unter  der  Biirgerscbalt,  deren 
Beirat  bei  wicbtigen  Akten  erforderKch  ist.  Ein  erbobtes 
Anseben  konnten  nun  sebr  verscbiedene  Dinge  gewabren, 
z.  B.  vornebme  Geburt,  insofern  unzweifelbal't  aucb  Adebge, 
wenngleich  in  geringerer  Anzabl,  in  den  Stiidten  Grund- 
besitz gebabt  und  niit  den  Bilrgern  Geklerwerb  gesuebt 
baben,  ferner  aucb  altererbter  ansebubcber  Besitz  in  der 
Stadt,  desgleicben  Erfabrung  in  den  Gescbaften,  wie  solebe 
wiederbolte  Bekleidung  offentbcber  Amter  gewiibrt,  ebenso 
Reicbtum  und  scbliefsHcb  doeb  aucb  bervorragende  per- 
sonUcbe  Tiicbtigkeit.  Durcb  derartige  Umstiinde  ausge- 
zeicbnete  Manner  mocbten  wobl  als  seniores  gelten.  In- 
dessen  linden  wir  das  Wort  aucb  in  einer  allgemeinen  Be- 
deutung  gebraucbt,  namlicb  als  gleicbbedeutend  mit  Kauf- 
leute  und  im  Gegensatze  zu  den  Handwerkern,  und  so 
wollen  wir  beber  den  Ausdruck  Patrizier  anwenden  zur  Be- 
zeicbnung  der  oberen  liber  den  Ziinften  stebenden  Scbicbt 
der  Bevolkerung,  als  der  eigeutbcben  berrscbeuden  Klasse. 

Nun  war  ja  allerdings  die  in  Scblesien  aus  Magdeburg 
eingefubrte  und  bier  fast  ausscbbefslicb  zur  Regel  gewordene 
Form  der  RatsAvabl,  der  zufolge  die  nacb  Ablauf  eines 
Jabres  von  ilirem  Amte  zm-ilcktretenden  Konsuln  ibre  Nacb- 
folger  ernaunten,  welcbe  Form  aucb  bereits  1327  den  Bres- 
lauern  ausdriicldicb  verbrieft  ward,  sebr  dazu  geeignet^  die 
eigentbcbe  Teilnabme  an  der  Regierung  auf  einen  engen 
Kreis  zu  bescbrilnken  und  tbatsacblicb  aus  der  patriziscben 
Aristokratie  eine  Oligarcbie  zu  macben ;  indessen  stand  die 
Sacbe  docb  immerbin  so,  dais  nacb  den  berrscbeuden  Standes- 
begrifien  die  \A''abl  eines  HandAverkers  in  den  Rat  nui'  als 
ein  besonderer  Ausnabmefall  angeseben  wm'de,  dais  also  die 
^^'ablbarkeit  prinzipiell  auf  das  Patriziat  bescbrankt  bbeb. 
Natiirbcb  waren  die  Zilnfte,  welcbe  sicb  in  den  scblesiscben 
Stadten  iiberall  von  dem  Zeitpunkt  der  Grlindung  zu  deut- 


Patrizier  uud  Ziiufte.  159 

schem  Reclite  an  gebildet  batten  unci  in  ihrer  festen  Or- 
ganisation, ausgestattet  mit  gewissen  Privilegien  ausschliefs- 
Hclien  Handwerksbetriebs,  auch  wiederum  aristokratische  Ge- 
meinwesen  darstellten,  mit  dieser  Ausschliefsung  von  der 
Regierung  sehr  wenig  einverstanden  und  auch  nicht  geneigt, 
sich  damit  zu  begniigen,  dafs  ihi-e  Vertreter,  die  Geschwore- 
nen  der  einzehien  Ziinfte,  bei  besonders  wichtigen  Be- 
schlilssen  des  Rates  zugezogen  zu  werden  pflegten,  und  sie 
haben  in  Breslau  wirklich  einmal  in  den  Jahren  1314 — 1320 
unter  Umstanden ,  von  denen  wir  leider  nichts  Naheres 
wissen,  eine  Hinzufligung  von  vier  bis  sechs  Zunltgenossen 
zu  den  acht  patrizischen  Ratsherren  durchgesetzt ;  aber  bald 
kommt  man  wieder  davon  zuriick  und  begniigt  sich  damit, 
jedesmal  ein  zunftisches  Mitglied  im  Rate  zu  haben,  ohne  dafs 
deshalb  die  Versuche  der  Ziinfte,  eine  wirksame  Teilnahme  an 
der  Stadti'egierung  zu  erlangeu,  aufgegeben  worden  waren. 

In  der  That  batten  die  Handwerker  auch  ein  mn  so 
grofseres  Interesse  hieran,  da  ja  doch  der  Rat  als  der  eigent- 
hche  Inhaber  der  Gewerbepohzei  es  jeden  AugenbHck  in 
der  Hand  hatte,  einen  Beschhifs  zu  fassen,  der  vielleicht 
eine  einzelne  Zunft  auf  das  allerempfindhcliste  traf,  indem 
er  z.  B.  um  des  allgemeinen  Wohles  willen  eine  unerwiinschte 
Konkurrenz  zuHefs  oder  auch  Preise  festsetzte,  welche  den 
Handwerkern  unbiUig  schienen.  Ein  interessantes  Beispiel 
hierflir  erhalten  wir  aus  Schweidnitz  vom  Jahre  1311.  Da- 
mals  batten  die  dortigen  Backer,  unzufrieden  tlber  Brotpreise, 
die  der  Rat  festgesetzt,  eine  allgemeine  Auswanderung  samthcher 
Backer  beschlossen.  Da  schritt  aber  der  Rat  sehr  energisch 
ein,  liieit  die  Backer  zuriick  und  verhangte  iiber  sie  schwere 
Geldstrafen,  verbannte  den  Radelstuhrer  Nikolaus,  den  Boh- 
men,  nachdem  man  ihn  mit  grofsem  Gefolge  und  zwar  zu 
seinem  Hohne  am  hellen  Tage  mit  angeziindeten  Fackein 
zur  Stadt  hinausgeleitet  hatte,  auf  ewig  aus  dem  Gebiete 
des  Herzogs  Bernhard,  seiner  Briider  und  ebenso  aus  dem 
der  drei  Herzoge  der  Breslauer  Linie  und  fiihrte  schhefsUch 
wochentKch  einen  einmahgen  freien  Brotmarkt  ein.  In 
Breslau  bestand  ein  solcher  am  Sonntag;  aber  Herzog  Hein- 
rich  VI.  giebt,  da  er  wahrgenommen,  dafs  man  zuweilen  in 
Breslau  filr  gutes  Geld  nicht  Brot  zu  kaufen  bekomme,  dem 
Rat  das  Recht,  Avenn  es  ihm  notwendig  schiene,  noch  einen 
zweiten  freien  Brotmarkt  einzm'ichten ,  was  natiii'Hch  von 
den  Backern  sehr  iibel  empfunden  wird. 

Die  unzufriedenste  aUer  Inuungen  war  die  der  Tuch- 
weber,  schon  aus  dem  Grunde,  well  gerade  ihr  der  Einzel- 
verkauf  ihrer  Produkte  geradezu  verboten  war,  insofern  der 


160  Drittos  Buch.     Erstcr  Absclmitt. 

Tuuhaussclinitt  eiu  eiterbilchtig  bewachtes  Privileg  der  Grofs- 
kaut'leute,  der  KammerheiTeu,  d.  h.  der  Besitzer  von  Tuch- 
kaiumern,  war,  von  denen  jeue  dann  bezuglich  der  Preise 
ihrer  Arbeit  abhiingig-  Avaren  und  vielfacli  gedrlickt  warden. 
Dazu  kam  nun  nocli,  dafs  in  Breslau  und  ganz  ebenso  in 
Scliweidnitz  die  Tuchweber  ursprilnglich  eine  gewisse  kom- 
munale  Selbstandigkeit  hatten,  insot'ern  aus  ihnen  griifstenteils 
die  Einwolnierschat't  der  ini  13.  Jabrliundert  hier  wie  dort  als 
besonderes  Gemeinwesen  ausgesetzten  Neustadt  bestand.  Un- 
zweifelbait  hatte  diese  Selbstandigkeit  auch  niaterielle  Yor- 
teile,  ward  aber  natlirlich  von  den  Bewohnern  der  beiden 
Altstadte  luit  sebr  ungiiustigen  Augen  angeseben;  und  in 
den  Jahren  1305  und  1306  erlangten  die  Breslauer  von 
dem  jungen  Herzog  Boleslaw  nicht  nur  ein  erneutes  Verbot 
des  Gewandausscbnittes,  sondern  jeder  Art  von  Handwerks- 
betrieb  in  der  Neustadt  niit  alleiniger  Ausnabnie  der  We- 
berei  (nur  ein  Kleinscbmied  zum  Ausbessern  der  A\'eber- 
geriite  und  filnf  Backer  werden  bier  nocb  gestattet).  Auf 
die  Vorstellungen  der  Neustiidter  bebt  nun  zwar  Heinricb  VI. 
1311  diese  Beschriinkungen  wieder  auf,  dock  vermogen  die 
Breslauer  1315  den  Glogauern  mitzuteilen,  dafs  ibre  Neu- 
stadt zwar  einen  eigenen  Vogt  dock  keine  eigenen  Fleiscb- 
oder  Scbuhbanke  babe.  Ini  Jabre  1327,  wo  die  Breslauer 
Ratslierren  dann  zur  Zeit  des  Aiiscblusses  an  Bobmen  den 
scliwacben  Herzog  vollstandig  beberrschen ,  erlangen  sie 
neben  vielen  anderen  Zugestiinduissen  aucb  die  Vereiniguug 
der  Neustadt  mit  der  Altstadt  (in  Scliweidnitz  erfolgte  das- 
selbe  erst  1336),  scbwerlicb  zur  Freude  der  Neustiidte,  deren 
Weber  nun  einen  Grund  mebr  zur  Uuzufriedenlieit  batten. 
Seitdem  scheint  bier  namentlicb  unter  den  neustadtiscben 
Webern  die  Unzufriedenbeit  gewachsen  zu  sein.  Es  war 
die  Zeit,  wo  in  vielen  Stiidten  des  Westens  die  Ziinfte  hef- 
tige  Angriffe  gegen  das  patriziscbe  Regiment  ricbteten,  wo 
in  Giirlitz  Konig  Joliann  gegen  die  Weber  einscbritt  (l33l) 
und  in  Scliweidnitz  Herzog  Bolko  den  Rat  gegen  Ungebor- 
same  scbiitzen  mufste.  Auch  in  Breslati  sielit  sich  Konig 
Jobann  genotigt,  das  Watfentragen  allgemein  zu  verbreiten 
und  dem  Rat  sebr  entschiedene  VoUmachten  zur  Bestrafung "' 
von  Aufstiindiscben  zu  erteilen.  ( 

Als  dann  in  diesen  Jahren   die   erhohten  Anforderungen'' 
des  Konigs  Jobann  eine  starkere  Belastung  der  Burger  her- 
beifuhrten  und  der  Rat  einen  Teil  der  erforderlichen  Summe' 
im  Wege   eines   sogen.  Eidgeschosses ,    d.    h.    einer   auf  eid-: 
licher    Selbstschatzung    beruhenden    Vermogens-    und    Ein- 
kommensteuer  aufzubringen  versuchte,  gab  diese  ungewohnte 


Die  Tuchweber  zu  Breslau.  161 

Besteuerung  im  Jahre  1333  Anlafs  zu  einem  Aufstande,  an 
dessen  Spitze  sich  die  belden  Tuchmaclierinnungen  der  Neu- 
stadt  und  Altstadt  stellten,  und  wobei  der  vom  Rate  eiuge- 
setzte  Yogt  der  Neustadt,  Hartmann,  selbst  einen  der  Fiihrer 
abgab.  Die  Geschworenen  der  beiden  Zlinfte  erhoben 
schwere  Klage  iiber  den  Rat,  der  es  auf  den  Ruin  ilu'es 
Handwerks  abgesehen  babe  und  die  Gelder  der  Stadt  unred- 
lich  und  eigenniltzig  verwalte.  Ibre  Tcicbter  und  Verwandteu 
statteu  die  Ratsherren  damit  aus,  sagten  sie  dem  Herzog, 
diesem  nur  wollten  sie  kiinftig  schworen ,  nicht  mehr  den 
Konsuln,  und  ibm  gern  ansebnlicbe  Summen  zur  Verfiigung 
stellen,  wenn  er  sie  scbiitzen  woUe.  Natilrlicb  blieb  es  ein 
vergebliches  Bemiihen,  den  Herzog  von  der  patrizischen 
Aristokratie  abzuziehen,  die  Gescbworenen  wurden  dem  Rate 
gegenilbergestellt ,  wo  sie  dann  aucb  eigentlicbe  Bevveise 
nicbt  vorzubringen  vermochten  und  scblielslicb  sich  dazu 
hinreifsen  liefsen,  drohend  auf  900  Mann  hinzuweisen,  die 
wohl  niit  Waffen  versehen  und  bereit  waren,  ihren  Forde- 
rungen  Nacbdruck  zu  verleihen.  Ob  es  dabei  noch  zu  Ex- 
cessen  und  Gewaltsamkeiten  gekommen,  wissen  wii'  nicht, 
wohl  aber,  dafs  die  ganze  Erhebung  mit  grofser  Strenge  nie- 
dergeworfen  ward.  Drei  der  Radelsfiihrer  wurden  enthauptet, 
darunter  der  neustadtische  Vogt,  die  vier  Gescbworenen  der 
beiden  Zlinfte  aber  nebst  noch  zwei  andereu  verbannt. 

Natilrlicb  blieb  der  Gegensatz  und  die  Unzufriedenheit, 
und  Konig  Johann  erlafst  dann  noch  1336  eine  Weisung 
an  den  Rat,  mit  aller  Energie  den  Parteiungen  entgegen- 
zutreten,  welche  zuweilen  zu  Skandalen  Veranlassung  gaben; 
doch  zu  Aufstanden  kam  es  nicht  mehr,  so  lange,  wie  dies 
unter  diesem  Herrscher  und  auch  seinem  Nachfolger  der 
Fall  war,  die  Macht  des  Landesherrn  dem  Breslauer  Regi- 
mente  wirksamen  Schutz  gewahrte.  Wie  fest  und  eng  die 
Beziehungen  zwischen  dem  Konig  und  der  Breslauer  Aristo- 
kratie waren,  das  zeigt  ganz  besonders  auch  dessen  Kampf 
mit  Bischof  Nanker  von  Breslau.  Um  diesen  ganz  zu  verstehen, 
werden  wir  in  etwas  friihere  Zeit  zurilckgreifen  miissen. 

Streit  mit  Bischof  Nanker. 

Es  hatte  sich,  vde  bereits  frllher  angedeutet  ward,  etwa 
seit  dem  Beginn  des  14.  Jahrhunderts  in  dem  Verhaltnisse 
der  Stadt  Breslau  zum  Bistum  ein  sehr  bedeutsamer  Um- 
schwung  vollzogen.  Der  schlesische  Klerus  spaltete  sich 
selbst  in  eine  polnische  und  eine  deutsche  Partei,  und  wah- 
rend  jene  an  den  polnischen  Pralaten  des  Gnesener  Spren- 
gels  und  den  piipstlichen  Legaten  einen  machtigen  Riickhalt 

Grunliagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  11 


162  Drittes  Buch.    Erster  Abschnitt. 

fand,  hatte  diese  mit  dem  Bischofe  Heinrich  von  Wurben 
1301  einen  der  ihrigen  auf  den  Breslauer  Bischofssitz  ge- 
bracht,  und  es  diirt'te  wohl  als  ein  Zeichen  daliir  gelten^ 
Avie  sich  die  Zeiten  geandert  batten,  dafs  damals  wenige 
Jabrzebnte  nacb  dem  so  erbittert  gefubrten  Kircbenstreite 
die  Edeln  des  Breslauer  Landes  in  Verbindung  mit  dem 
Rate  den  neuen  Biscbof  zum  Vormunde  der  jungen  Herzoge 
erkoren.  Aber  begreiflicherweise  war  Heinrich  niebt  in 
gleiebem  Mafse  der  papstbcben  Kurie  genebm,  und  man 
nabm  von  einem  Sfcreite,  den  Heinricb  mit  dem  berzogbcben 
Protonotar  Giintber  von  Biberstein  hatte,  Anlafs,  ibn  1309 
unter  Suspension  von  seinem  Amte  nacb  Avignon  zu  citieren, 
wo  man  ibn  dann  mebrere  Jabre  festbielt,  wabrend  welcber 
Zeit  der  papstHche  Legat,  Kardinal  Gentihs,  alle  Pfrunden 
nacb  seinem  Gutdunken  vergab.  In  dieser  Zeit  (1312)  stellen 
die  Breslauer  dem  Papste  den  Scbaden  vor,  den  die  ver- 
waiste  Kirche  erleidet,  und  bitten  denselben,  ibnen  den 
Biscbof,  der  nur  ein  Opfer  der  Verleumdung  sei,  zuriick- 
zugeben.  Darauf  wird  denn  Heinricb  1313  restituiert,  und 
als  er  nun  zuriickkebrt,  lafst  er  es  an  Beweisen  seines  kircb- 
licben  Eifers  nicbt  feblen. 

So  tritt  er  mit  iiufserster  Energie  gegen  Aufserungeik 
waldensiscber  Lebre  auf,  die  sicb  damals,  wie  an  so  vielei 
Orten,  so  aucb  bier,  regten.  Zum  erstenmale,  so  viel  wir- 
wissen,  sab  der  schlesiscbe  Boden  das  tram'ige  Scbauspiel 
von  Ketzerverbrennungen.  An  50  Menscben,  darunter  Wei- 
ber  und  Kinder,, erlitten  im  Sommer  1315  zu  Scbweidnitz 
den  Feuertod;  Abnlicbes  wiederbolte  sicb  bald  nacbber  in;] 
Breslau  und  vielleicbt  aucb  nocb  in  anderen  Stiidten. 

Aucb   uber   den  Orden   der  Beginen,  Klosterfrauen ,    die 
sicb  unter  etwas  laxer  Kegel   zu   gemeinsamer    gewerblicber 
Tbiitigkeit  vereinigt  bielten  und   an  verschiedenen  Orten   iikl 
Scblesien,   in   Breslau,    Scbweidnitz,  Neifse   Niederlassungei 
batten,   verbangte  jetzt  Heinricb  scbwere  Verfolgungen    und.] 
erHefs   aucb   auf  einer  in  Breslau  1316    zusammengerufenen.! 
Synode    strenge  Bestimmungen ,    besonders   zu  dem  ZweckeJ 
den  Klerus  einer  strengeren  Disziplin  zu  unterwerfen. 

Natlirlicb  blieben   die   nationalen  Gegensiitze   im  Scbofse 
der   scblesiscben    Geistlicbkeit   unveriindert,    und    wie  starl 
dieselben  waren,    zeigte    sicb  recbt   deutlicb,    als   nacb   dem^l 
Tode    des    Bischofs    Heinricb    das   Kapitel   zu   einer   neuenl 
Wabl  scbritt.    Die  deutscb  gesinnte  Mebrbeit  wiiblte  den  an- 
geblicb    aus    dem    Gescblecbte    der    Habdank    stammenden.1 
Domberni  Veit,    aber  die  polniscbe  Minderbeit,    welcbe   furl 
einen    ibrer   Landsleute,    der   den    allerdings   nicbt   polnisckj 


Die  papstliche  Kurie  uud  das  Breslauer  Bistuin.  163 

klingenden  Namen  Luthold  fiihrte,  gestimmt  hatte,  focht 
die  Wahl  an  und  setzte  es  durch,  dafs  die  Sache  zur  Ent- 
scheidung  an  den  papstlichen  Stuhl  zu  Avignon  kam,  wo 
dann  nach  vielen  Verhandlungen  erst  1326  Johann  XXII. 
sich  mit  Riicksicht  darauf,  dafs  Veit  als  geborener  Schlesier 
vor  eineni  Fremden  den  Vorzug  verdiene,  zu  dessen  Gun- 
sten  entschied.  Als  dieser  nun  aber  acht  Tage  nach  seiner 
Bestatigung  starb,  behielt  sich  der  Papst  selbst  die  Besetzung 
des  bischofiichen  Stulales  vor  und  berief  dann  noch  1326 
einen  Polen,  den  bisherigen  Bischof  von  Krakau,  Nanker, 
dessen  Stellung  in  Krakau  infolge  eines  Streites  mit  Ktinig 
Wladyslaw  mifslich  geworden  war,  nach  Breslau,  naturhch 
nicht  eben  ziu'  Freude  des  dortigen  Domkapitels. 

In  diesem  hatte  die  Fiihrung  der  deutsch  gesinnten  Mehr- 
heit  allmahhch  allein  der  Domherr  imd  Kantor  des  Kreuz- 
stiftes  Nikolaus  von  Banz  erlangt,  der  selbst  einem  Bres- 
lauer Patriziergeschlechte  entstammend  eine  enge  Verbindung 
mit  dem  Herzoge  und  der  Stadt  immer  im  Auge  hatte. 
Er  war  einst  bereits  in  die  Handel  verwickelt  gewesen, 
welche  1309  Bischof  Heinrichs  Suspension  veranlafst  batten, 
aber  1319  nach  dem  Tode  des  letzteren  zu  einem  der  Ad- 
ministratoren  des  Bistums  erwahlt  worden,  wo  dann  bald 
thatsachlich  die  Leitung  des  Bistums  in  seine  Hande  liberging. 
Er  hatte  liier  eine  aufserst  schwierige  Stellimg.  Es  gait,  die 
Rechte  der  Kirche  zu  wahren  gegeniiber  der  Laienwelt,  die 
damals  sich  um  so  weniger  fllgsam  zeigte,  als  ihr  doch  nicht 
ein  Bischof  mit  der  Autoritiit  seines  Amtes  gegeniiberstand. 

Und  wahrend  hier  die  Kenntnis  der  Verhaltnisse  zu  sehr 
vorsichtigem  und  mafsvollem  Auftreten  mahnte,  drangten 
die  papstlichen  Legaten  unwiUig  ilber  die  ihnen  allerorten 
entgegentretende  Abneigung  fortwahrend  und  mit  drohenden 
Aufserungen  auf  Anwendung  der  scharfsten  geistlichen  Strafen 
hin.  Uberhaupt  mochte  das  Breslauer  Kapitel  in  diesen 
Legaten  wohl  seine  allerschlimmsten  Feinde  erblicken. 

Zunachst  waren  dieselben  Trager  sehr  unliebsamer  Auf- 
trage.  Sie  batten  fur  den  papstHchen  Stuhl  von  Avignon 
Steuern  einzuziehen,  in  einem  Umfang,  wie  solches  nie- 
mals  vorher  gefordert  worden  war.  Da  handelte  es  sich 
einmal  um  die  Annaten ,  den  vollen  Jahresertrag  von 
jeder  vakanten  geistlichen  Pfrilnde,  ferner  um  den  sogen. 
sechsjahrigen  Zehnten,  namlich  um  10  Prozent  aller  geist- 
lichen Einkiinfte  von  alien  geisthchen  Pfriinden  auf  sechs 
Jahre  hinaus  und  von  1325  an  streng  eingefordert,  und 
aufserdem  auch  um  den  Peterspfennig  und  zwar  in  der 
Gestalt  einer  wirklichen  Kopfsteuer,  einen  Denar  von  jedem 

11* 


164  Drittes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

mensclilichen  Haupte,  wie  ihn  Johann  XII.  seit  1318  ver- 
langtc,  wahvend  man  sich  triiher  init  einer  von  dem  Fiirsten 
gezahltcn  Bauschsumme  begniigt  hatte.  War  es  nun  schon 
gehassig  genug,  von  der  Geistlichkeit  bishcr  ungewohnte 
Steuern  einzutreiben  in  einer  Zeit,  wo  ohnehin  die  Achtung 
vor  dem  Papsttum  sehr  gesunken  war,  so  machte  die  An- 
gelegenheit  des  Peterspfennigs  die  Sache  nocli  besonders 
schlimm,  insofern  bier  die  Laien  ganz  direkt  in  Mitleiden- 
schaft  gezogen  wui'den.  Wie  wir  von  friiheror  Zeit  her 
wissen,  weigerten  sich  die  deutschen  Ansicdler  iiberhaupt 
dieser  Steuer  und  nun  natiirhch  noch  ganz  besonders  der 
kopfweisen  Erhebung.  Als  Bischof"  Heinrich  starb,  war  der 
grolste  Teil  Schlesiens  dem  Interdikt  verf'allen,  und  die  schle- 
sischen  Fiirsten  protestierten  in  Avignon  gegen  die  An- 
forderungen  der  Legaten.  AYohl  bemiihte  sich  Nikolaus 
von  Banz,  einen  Ausgleich  herbeizuliihren,  und  dem  grofsen 
Einflusse  dieses  Mannes,  der  ja  zugleich  Leiter  des  Bistums 
und  Minister  Heinrichs  VI.  von  Breslau  war,  gelang  es 
auch  wirklich ,  die  schlesischen  Fiirsten  und  die  Stadt 
Breshiu  zu  Zahkmgen  des  Peterspfennigs  zu  bewegen;  aber 
die  papstlichen  Legaten  liefsen  es  zu  keinem  Frieden  kom- 
men.  Sie  schikanierten  das  Kapitel  mit  der  verlangten  Rech- 
nungsablegung  resp.  Abheferung  der  bischoflichen  Einnahmen 
aus  der  Zeit,  wo  Bischof  Heinrich  in  Avignon  gewesen  war, 
wobei  sie  sich  sogar  zu  der  nachweisHch  unrichtigen  Be- 
hauptung  verstiegen,  der  Bischof  sei  gar  nicht  wieder  in 
sein  Amt  eingesetzt  worden,  sondern  nach  dem  Tode  Papst 
Klemcus'  V.  eigenmachtig  zuriickgekchrt,  um  so  auch  fiir 
den  Rest  der  Regierungszeit  Heinrichs  Rechnungsablegung 
beanspruchen  zu  konnen.  Die  Administratoren  schreiben 
nach  der  Berufung  Nankers  dem  Papste,  wenn  die  Forde- 
rungen  der  Legaten  ei'fiillt  werden  sollten,  wllrde,  da  das 
Bistum  jetzt  infolge  der  Ungunst  der  Zeiten  nicht  mehr 
den  zehnten  Teil  seiner  sonstigen  Einlciinfte  besitze,  der 
neue  Bischof  absokit  nichts  mehr  zu  leben  finden.  Ohnehin 
waren  grofse  Verpfandungen  notwendig. 

Die  schAvierigen  Verhaltnisse  verschhmmert  dann  noch 
die  PersonHchkeit  der  Legaten.  Andreas  von  VeroH,  der  bis 
1326  amtierte,  gait  als  habsilchtig  und  eigenniltzig,  und 
unter  sein  em  Nachfolger  Peter  von  Auvergne  kam  es  zu 
den  schlimmsten  Auftritten.  Als  derselbe  einst  einem  aus 
Breslauer  Patrizierkreisen  stammenden  Kanonikus  der  Kreuz- 
kirche  zu  Breslau,  Johann  Winer,  mit  der  Faust  ins  Gesicht 
geschlagen  und  ihn  einen  Riiuber  der  papstlichen  Gelder  ge- 
scholten  hatte,   erhob    sich  ein   allgemeiner   Aufstand   gegen 


Bischof  mid  Domkapitel.  166 

ihn;  selbst  cler  Herzog  verlangte,  das  Kapitel  solle  den 
Frevler  exkommunizieren,  Peter  muiste  sogar  in  dem  Bres- 
lauer  Bischofshofe,  wo  er  sicli  einquartiert  hatte,  fiir  seine 
Siclierheit  furchten. 

Hier  land  ihn  1327  der  neue  Bischof  Nanker,  den  der 
Papst,  wie  wir  wissen,  dem  Breslauer  Bistum  aufgenotigt 
hatte,  und  die  Klagen  des  erbitterten  Legaten  fullten  mm 
das  Ohr  des  im  Grimde  ehrlichen,  aber  beschrankten  und 
allzu  eifrigen  Pralaten.  Derselbe  ward  bald  selbst  in  Mit- 
leidenschaft  gezogen,  insofern  bei  einem  neuen  Angriffe  auf 
den  Legaten  auch  Diener  des  Bischofs  erschlagen  warden 
und  augeblich  selbst  der  geheihgte  Raum  der  Kii'chen  nicht 
respektiert  geblieben  ist.  Um  so  weniger  vermochte  der 
Bischof  mit  seinem  Kapitel  in  gutes  Einvernehmen  zu  kom- 
men.  Nanker  fliichtete  nach  Neifse,  das  Kapitel  aber  Avei- 
gerte  sich,  ihm  zu  folgen. 

Dasselbe  liefs  seinem  Oberhirten  (1329)  durch  dritte 
Hand  insinuieren,  wenn  er  sich  entschlosse,  fortan  in  Breslau 
seinen  dauernden  Aufenthalt  zu  nehmen  und  in  Eintracht 
mit  seinen  Brlidern  im  Kapitel  zu  handeln,  so  werde  er 
durch  deren  Rat  und  Beistand,  sowie  durch  den  der  Burger- 
schaft  Breslaus,  der  Hauptstadt  der  ganzen  Diocese,  und  vor 
allem  durch  den  Schutz  des  Beherrschers  der  Stadt,  des 
Konigs  von  Bohmen,  es  moglich  machen,  ilber  seine  Feinde 
zu  siegen;  wenn  er  aber  fortfiihre,  immer  aufseiten  der 
Gegenpartei  (d.  h.  der  Legaten  und  der  Polen)  zu  stehen, 
im  Zwiespalt  mit  seinem  Kapitel  und  seinem  Klerus,  so 
drohe  der  Kirche  vollstandiger  Ruin. 

Wirklich  naherte  sich  der  Bischof  bald  wieder  dem  Ka- 
pitel in  demselben  Mafse,  wie  er  mit  dem  Legaten  zerfiel. 
Dieser,  der  nach  den  iiblen  Erfahrungen  in  Breslau  noch 
weiter  Schlimmes  erduldet,  indem  ihn  der  gewaltthatige 
Bolko  von  Miinsterberg  bei  Oppeln  hatte  liberfallen  vmd  be- 
rauben  lassen,  hatte  sich  nach  Krakau  fliichten  miissen,  und 
die  Klagen  wegen  Erpressung  und  Unterschlagung  hauften 
sich  gegen  ihn  endlich  m  solchem  Mafse,  dais  auch  der 
Papst  ihn  fallen  hefs  und  Untersuchungen  gegen  ihn  ver- 
hangte  (1335). 

Das  Schlimme  war  nur,  dafs  sein  Nachfolger  Galhard 
de  Carceribus  zwar  wohl  ehrlicher,  aber  dafur  auch  noch 
gewaltsamer  und  deutschfeindlicher  war.  Derselbe  machte 
sich  in  kurzer  Zeit  bei  dem  schlesischen  Klerus  so  mifs- 
liebig,  dafs,  als  er  nach  Breslau  kam,  ihn  hier  niemand 
aufnehmen  wollte  und  die  Kurien  der  Domherren  sich  hier 
ebenso  vor  ihm  schlossen  wie  die  Hauser  der  verschiedenen 


166  Diittes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

schlcsischen  Stifter.  Mit  dem  Kapitel  geriet  er  in  offenen 
Konflikt  cladurch,  dafs  er  den  Quittungeu  seines  Vorgaugers 
die  Anerkennung  versagte,  und  bald  kani  es  dahin,  dais  er 
nicht  nur  Kikolaus  von  Banz  exkommunizierte,  sonderu  audi 
die  niederschlesischen  Fiirsten  und  speziell  die  Stadt  Breslau 
mit  dem  Interdikte  belegte.  Aber  eine  ^Appellation  der 
Schlesier  verscliafFte  ihnen  drei  schlesische  Abte  als  Richter, 
welche  dann,  als  Galhard  sich  daran  nicht  kehrte,  nun 
ihrerseits  wiederura  den  Legaten  cxkommunizierten. 

Voller  Erbitteruiig  sclireibt  nun  Galhard  an  den  Papst, 
in  alien  Teilen  Polens,  wo  Deutsche  herrschten,  kiimen  alle 
Rechte  der  piipstlichen  Kammer  ganz  und  gar  in  Verfall, 
und  die  Nachgiebigkeit,  welche  man  gegen  das  Breslauer 
Kapitel  bewiesen,  werde  dem  papstlichen  Stulile  schwere 
Verluste  bringen.  Man  habe  durch  die  Ernenuung  deutscher 
Richter  die  Saclie  thatsachlich  in  die  Hand  des  Klilgers  ge- 
legt,  denn  die  gesamte  schlesische  Geistlichkeit  stande  so 
vollstandig  unter  dem  Einflusse  des  Nikolaus  von  Banz,  dafs 
aus  ihrer  Mitte  niemand  gegen  denselben  zu  entscheiden 
wage  und  selbst  der  Bischof  eingestandlich  es  nicht  wagen 
diirfe,  gegen  ihn  die  Exkommunikation  zu  vollstrecken  oder 
derselben  auch  nur  personHch  Folge  zu  geben.  Uberhaupt 
sei  Bischof  Nanker  ein  alter,  abgelebter  Mann,  dem  als 
Nachfolger  der  Papst  selbst  einen  Polen  setzen  miisse,  denn 
wenn  man  die  Wahl  dem  Kapitel  iiberliefse  oder  dem  Ein- 
flusse des  Konigs  oder  auch  nur  der  Ubermacht  des  deutschen 
Klerus,  so  wiirden  alle  Anrechte  der  papstlichen  Kammer 
vollstandig  in  Verfall  kommen,  wie  es  bisher  uberall  ge- 
schehen  sei,  wo  Deutsche  die  geistliche  und  weltliche  Ge- 
walt  batten.  Es  sei  jetzt  schon  so  weit  gekommen,  dafs 
selbst  die  sonst  noch  gutgesinnten  Slaven  anfingen  scliAvierig 
zu  werden  und  mehrfach  aufserten,  sie  wollten  nicht  allein 
Sklaven  sein,  wiihrend  die  in  ihrem  Lande  und  von  ihren 
Giitern  lebenden  Deutschen  ganz  frei  seien. 

Bei  soldier  deutschfeindlichen  Gesinnung  war  es  nicht 
zu  verwundern,  dafs  der  Legat  bald  auch  einen  ernsthchen 
Konflikt  mit  der  weltlichen  i\Iacht  hervorrief.  Dieser  drelite 
sich  um  das  Sclilofs  MiHtsch,  ein  uraltes  Besitztum  der  Bres- 
lauer Kii'che  und  zugleich  eine  durch  die  Siimpfe  der  Bartsch 
wohlgeschiitzte   Grenzburg  gegen  Polen. 

Dasselbe  war  in  der  Zeit  Bischof  Heinrichs  an  einen 
polnischen  Starosten  verpfandet,  aber  eben  um  seiner  mili- 
tiirischen  Bedeutung  willen  noch  kurz  vor  des  Bischofs  Tode 
wieder  eingelost  Avorden,  und  Bischof  Nanker  hatte  dann 
dorthin  als  Befehlshaber  einen  seiner  Kanoniker  gesetzt,  den 


Streit  um  Sclilofs  Militscli.  167 

Breslauer  Archidiakon  Heim'ich  von  Wilrben,  mit  Zustim- 
mung  des  Kapitels,  welches  wolil  mit  Nanker  darin  iiberein- 
stimmen  mochte,  dafs  es  zweckmafsig  sei,  den  Archidiakon 
aus  Breslau,  wo  seine  Mifshebigkeit  schon  zu  argerhchen 
Konflikten  gefiihrt  hatte,  mit  guter  Manier  fortzubringen. 
AUerdings  bereitete  Heinrich  von  Wiirben  auch  in  seiner 
]\lilitscher  SteUung  durch  hochfahrendes  Wesen  und  Unbot- 
miifsigkeit  den  eigenthchen  Herren  des  Schlosses,  den  Bres- 
lauer Kapitnlaren,  vielen  Verdrufs.  Dieser  Mann  gebot  nun 
in  MiHtsch  noch,  als  im  Beginne  des  Jahres  1337  Konig 
Johann  auf  seinem  Kreuzzuge  gegen  die  Litauer  an  dem 
Schlosse  vorbeizog  und  dessen  Bedeutung  fur  den  Fall  eines 
Krieges  mit  Polen  wohl  erkannte. 

Er  liefs  sofort  Unterhandlungen  ankniipfen  iiber  den 
Verkauf  des  Schlosses.  Das  Kapitel  war  natiirhch  gern 
dazu  bereit,  und  auch  der  Bischof  hatte  sich  geneigt  finden 
lassen,  um  so  mehr,  da  der  Konig  ihm  eben  damals  (1337, 
Marz  30)  eine  grofse  Bestatigung  aller  Freiheiten  der  Bres- 
lauer Kirche  erteilt  hatte.  Aber  der  papstliche  Legat  Gal- 
hard  de  Carceribus  war  auf  keine  Weise  zu  gewinnen;  er 
schlug  alle  Einladungen  des  Konigs  zu  einem  Besuche  in 
Prag  aus  und  driingte  den  Papst  dazu,  die  Veraufserung 
des  Schlosses  geradezu  zu  verbieten.  An  diesen  schreibt  er 
ganz  unmnwunden,  die  Besetzung  von  Militsch,  welches  auf 
jener  Seite  gleichsam  der  Schliissel  Polens  sei  und  die  Er- 
werbung  anderer  benachbarter  Schlosser  nach  sich  zieheu 
wiirde,  miisse  zum  grofsten  und  unersetzlichen  Schaden  des 
Konigs  von  Polen  gereichen. 

WirkHch  Heis  sich  der  Papst  bewegen,  den  Schlesiern 
gegentiber  das  Interesse  ihres  Landesfeindes,  des  Konigs  von 
Polen,  zur  Richtschnur  zu  nehmen  und  verbot  in  strengster 
Form  die  Veraufserung  des  Schlosses.  Konig  Johann  aber 
gab  seine  Plane  nicht  auf  und  war  entschlossen,  zwar  nicht 
den  Verkauf  aber  doch  ein  Mitbesatzungsrecht  der  Grenz- 
burg,  wie  es  ja  die  Herzoge  friiher  wu'khch  ausgeiibt,  zu 
erzwingen.  Als  er  im  Juli  1339  wieder  nach  Breslau  kam, 
sammelte  er  auf  Kosten  der  Bi^eslauer,  die  gern  zu  solchem 
Zwecke  beisteuerten ,  ein  kleines  Heer  und  Hefs  es  vor 
Militsch  riicken.  Heinrich  von  Wiirben  erschien  zu  eiuer 
Besprechung  im  Lager,  und  reichlicher  Weingenufs  stimmte 
ihn,  wie  es  heifst,  so  mild,  dafs  er  in  die  Aufnahme  boh- 
mischer  Besatzuug  willigte. 

Nun  natiirlich  grofse  Erbitterung  der  polnischen  resp. 
papstlichen  Partei,  und  Bischof  Nanker,  vermutlich  durch 
den    Legaten    aufgestachelt,    entschlofs    sich,    nachdem    der 


168  Drittes  Buch.     Evster  Absclmitt. 

Konig  die  Zurilckgabe  des  Schlosses  verweigert  hatte,  zu 
einer  grolsen  IVIanif estation  im  Stile  des  Bischoi's  Ambrosius  dem 
Kaiser  Tlieodosius  gegenilber.  Etwa  im  August  1339  suchte 
er,  begleitet  von  drei  Domherren,  die  allein  seiner  Ladung 
Folge  geleistet  batten ,  den  Kunig  im  Jakobskloster  zu 
Breslau  auf,  wo  derselbe  gerade  in  einer  Ideinen  Stubs 
neben  dem  Refektorium  mit  den  Konsuhi  Rates  pflog,  und 
nachdem  er  den  ihm  zuerst  verweigerten  Eintritt  sich  durch 
beharrliches  Fordern  erzwungen^  verlangte  er  die  Rilckgabe 
von  Militsch.  „Das  wird  nicbt  so  bald  geschelien,  wie  ihr 
denkt",  antwortete  Johann.  Da  rief  der  Bischof  dem  Konig 
das  Kreuz  entgegenlialtend,  „so  exkommuniziere  icb  eucb  fiir 
jetzt  und  immerdar  im  Namen  des  Vaters,  des  Sohnes  und 
des  heiligen  Geistes".  Wahrend  nun  die  Anwesenden  er- 
schreekt  verstummten,  sagte  Johann  ruliig:  ;;Bei  der  Seele 
Gottes,  was  ist  das  flir  ein  Priester,  der  Avurde  gem  ein 
Martyrer  werden,  wenn  nur  jemand  Lust  liiitte,  ihn  dazu 
zu  machen." 

Konig  Johann  hatte  dazu  entschieden  keiue  Lust;  der 
Bischof  ging  vuigefahrdet  vondannen,  nachdem  er  noch 
den  Zeugen  des  ganzen  Auftrittes,  den  Breslauer  Ratsherren, 
welche  ihm  Vorstellungen  wegen  seines  hel'tigen  Verfahrens 
machten,  erklart  hatte,  sie  seien  als  Mitschuldige  des  Kouigs- 
gleichfalls  selbst  dem  Banne  verfallen  und  auch  noch  hin- 
zuget'ugt  hatte,  dieser  Herrscher  sei  gar  kein  rechter  Konig, 
sondern  nur  ein  Koniglein,  eine  Aufserung,  welche  sich,  wie 
die  Konsuln  nachmals  erl'uhren,  darauf  griindete ,  dais  der 
Konig  von  Bohmen  in  seinem  Lande  keinen  Erzbischof 
habe,  sondern,  um  gekront  zu  werden,  einen  solchen  erst 
borgen  miisse. 

Wahrend  Nanker  wieder  nach  Neifse  zuriickging,  legte 
in  Breslau,  von  wo  der  Konig  bald  wieder  abgereist  war, 
der  Landeshauptmann  Kunad  von  Falkenhain  im  Vei'ein 
rait  dem  Rate  eine  Sperre  auf  alle  geistlichen  Einkiinfte, 
die  allerdings  auf  die  besonders  mifshebigen  Kleriker  be- 
schrankt  bliebt,  Hefs  die  Domkirche  schliefsen,  verlangte  aber 
von  den  Pfarrern  der  Stadtkirchen  Abhaltung  des  Gottes- 
dienstes  trotz  des  verhangten  Interdiktes,  setzte  die  sich 
"Weigernden  ab,  an  ihrer  Stelle  aber  andere  fugsamere  ein 
und  vertrieb  einige  widerstrebende  Klostergeistliche,  worauf 
dann  im  Dezember  1340  der  Bischof  liber  die  Urheber 
dieser  Mafsregeln  den  Bann  aussprach. 

In  dieser  Zeit  grofser  Aufregung  gegen  die  geistlichen 
Gewalten  kamen  nun  auch  jene  an  waldensische  Lehr- 
meinungen   ankniipfenden  Ketzereien,   welche   unter  Bischof 


Dei*  Streit  mit  Bischof  Nanker.  169 

Heinrich,  Avie  wir  wissen,  hart  veifolgt,  aber  nicht  ausge- 
rottet  Avaren,  wieder  zu  Worte,  imd  die  Verwerfung  des 
Papsttums,  das  man  als  die  babylonische  Hure  der  Offen- 
barung  bezeiclmete,  sowie  der  Vorrechte  des  Priesterstandes, 
fandeii  vielen  Beifall.  In  diesem  Sinne  lehrte  ein  aus  Klo- 
ster  Grulsau  ausgetretener  Cistercienser,  Bruder  Martin,  den 
der  Breslauer  Rat  zum  Pfarrer  von  Maria  -  Magdalena  ge- 
macht  hatte,  von  der  Kanzel  dieser  Kirche,  und  einer  der 
Breslaiier  Konsuln,  ein  Gerber  seines  Zeichens,  soil  auf 
offentlichem  Platze  von  erhohtem  Gerils'te  aus  in  gleichem 
Geiste  zu  vielem  Volke  gesprochen  haben. 

Gegen  diese  Ausschreitungen  ward  nun  von  Bischof 
Nanker  der  vom  Papste  zum  Ketzerinquisitor  bestellte  Do- 
minikaner  Johann  von  Schwenkenfeld  nach  Breslau  ent- 
sendet,  welcher  aueh  hier  mutig,  aber  doch  mit  Vorsicht 
und  Malsigung,  auftritt.  Da  nun  aueh  die  Breslauer  Rats- 
herren  in  diese  Beschuldigungen  der  Ketzerei  verwickelt  er- 
schienen,  so  rief  Konig  Johann  den  Inquisitor  wie  die  Kon- 
suln  zu  sich  nach  Prag,  und  hier  verwickelte  sich  die  Sache 
noch  niehr  dadurch,  dafs  am  28.  September  1341  Johann 
von  Schwenkenfeld  von  unbekannter  Hand  ermordet  wurde, 
wo  dann  doch  den  Landeshauptmann  und  die  Ratsherren 
ein  wenn  aueh  unbegriindeter  Verdacht  traf 

Wie  schlimm  iibrigens  diese  Konflikte  aussahen,  so  fan- 
den  sie  doch  ihre  glitliche  Losung  und  zwar  um  so  leichter, 
als  die  vorzugsweise  beteiJigten  Personlichkeiten  samtlich 
vom  Schauplatze  abtraten.  Am  10.  April  1341  starb  Bischof 
Nanker,  am  25.  April  1342  Papst  Benedikt  XIII.  Kcinig 
Johann,  vollstandig  erbhndet,  trat  im  Februar  1342  die  Re- 
gierung  iiber  Bohmen  und  Schlesien  seinem  Sohne  Karl  ab. 
Schwenkenfeld  war  tot,  der  Landeshauptmann  von  seinem 
Amte  zuriickgetreten,  die  Breslauer  Ratsherren  durch  andere 
ersetzt.  Die  Tiroler  Erbschaftsangelegenheit  verfeindete  die 
Luxemburger  vollstandig  mit  Konig  Ludwig  dem  Bayer, 
und  in  dem  Hasse  gegen  ihn  fand  man  sich  mit  dem  Papste. 
Der  vorsichtige  Markgraf  Karl,  der  nachmalige  Kaiser,  war 
weit  davon  entfernt,  den  Konflikt  mit  der  Geistlichkeit  auf 
die  Spitze  zu  treiben  und  fand  bei  dem  neuen  Papste, 
Klemens  VI.,  seinem  ehemaligen  Erzieher,  freundliches  Ent- 
gegenkommen. 

Derselbe  ergab  sich  sogar  darein,  dafs  das  Breslauer  Ka- 
pitel,  obwohl  Benedikt  XIII.  sich  diesmal  die  Besetzung  des 
Bistums  ausdrilcklich  vorbehalten  hatte,  in  der  Person  des 
Domherrn  Preczlaw  von  Pogarell,  eines  schlesischen  Edel- 
mannes,  einen  Bischof  sich  wahlte  und  bestjitigte  unter  der 


170  Drittes  Buch.     Erster  Absehuitt. 

Anuabme,  dafs  das  Kapitel  wohl  von  jenem  Vorbehalte 
nichts  gewufst  babe,  den  Keugewiiblten,  und  die  Zecbe  batten 
scbbersHcb  nur  die  Breslauer  Katsberren  zu  zableu,  in  Ge- 
stalt  einer  Geldsumnie  an  die  gescbiidigten  Priester  und 
einiger  berubigenden  Versicberungen  flir  die  Zukuni't. 

Mibtscb  erbielt  die  Kircbe  zurllck,  natiirbcb  unter  der 
Verpflicbtung;  es  im  Kriegsfalle  dem  Konig  zu  uftnen,  von 
pobiiscben  Sjmpatbieen  der  Breslauer  Biscbofe  ist  fiirs  crste 
niebt  weiter  die  liede,  und  wir  werden  Karls  sebon  weit 
^•ediebenen  Plan,  BresLau  dem  1343  neu  gegriindeten  Erz- 
bistume  Prag  anzufilgen,  noch  spater  zu  besprecben  baben. 

Die  Hauptsaebe  war,  dafs  der  neue  Biscbof  sogleicb  in 
ein  naberes  VerbaUnis  zu  dem  Konige  von  Bobmen  trat 
und  diesem  unter  dem  1.  JuH  1342  eine  Urkunde  ausstellte, 
welcbe  einerseits  dem  vollzogenen  Anscblusse  Scblesiens  an 
Bobmen  eine  gewisse  kirebbcbe  Weibe  gab,  anderseits  das 
Yerbiiltnis  des  Breslauer  Biscbofs  zu  dem  Oberlebensberrn 
genauer  pracisierte.  In  seiner  Gegenwart,  so  urkundet  bier 
Preczlaw,  batten  die  namentlicb  genannten  Herzoge  der 
Breslauer  Diocese  vor  dem  Markgrafen  Karl,  dem  Erst- 
gebornen  des  Konigs  Jobann,  sicb  als  Lebensleute  der  Krone 
Bobmen  bekannt  und  desgleicben  die  Vasallen  des  Bres- 
lauer Landes,  wie  aucb  die  Burger  der  Stadt  Breslau  dem 
Konige  Treue  gelobt.  Indem  der  Biscbof  dies  auf  Karls 
Wunscb  tiffentlicb  bekundet,  gelobt  er  zugleicb,  die  Fiirsten 
notigenfalls  durcb  geistlicbe  Strafen  zur  Erfiillung  ibrer  Eide 
anzubalten  und  ebenso  aucb  selbst  keinem  Feinde  des  Ko- 
nigs Hilfe  oder  Rat  zuteil  werden  zu  lassen,  vielmebr 
auf  das  Wobl  der  Konige  von  Bobmen  als  seiner  Haupt- 
patrone  bedacbt  zu  sein,  aucb  alle  seine  und  der  Kircbe 
Scblosser  sowie  des  der  letzteren  in  voller  Freibeit  geborigen 
Neifser  Landes  zu  Verteidigungszwecken  immer  dem  Konige 
ofFen  zu  balten. 

Es  war  docb  bier  eine  wesentlicbe  Wandelung  einge- 
treten  seit  dem  Jabre  1327,  wo  damals  die  geistbcbe  Ge- 
walt  in  der  Person  des  piipstlicben  Legaten  auf  die  Hul- 
digung  der  Breslauer  mit  einer  blofsen  Verwabrung  der 
papstlicben  Recbte  geantwortet  batte,  bis  zu  dieser  Urkunde, 
durcb  welcbe  der  Biscbof  fur  die  neue  Ordnung  der  Dinge 
selbst  so  bedeutungsvolle  Verpflicbtungen  auf  sicb  nabm. 

Markgraf  Karl  lobnte  diese  Zusicberungen  durcb  einen 
von  demselben  Tage  datierenden  unumwundenen  Freibeits- 
brief,  den  dann  sein  Vater  imter  dem  4.  Oktober__desselben 
Jabres  bestatigte,  rait  der  kleinen  aber  bedeutsamen  Anderung, 
dafs  er  die  in  derselben  gebraucbte  Bezeicbnung  der    scble- 


Markgi'af  Karls  Gefangenschaft  in  Kalisch.  171 

sischen  Lehensfiirsten  als  Patrone  des  Bistums  wegliefs.  Als 
solcher  wollte  er  allein  augeselien  werden,  er  der  Herrscher 
liber  Schlesien. 

Wir  haben  in  dem  Yorstehenden  an  eine  Darstellimg 
der  Begrilndung  der  Luxemburger  Herrschaft  in  Schlesien 
die  Einfiihrung  derselben  aucli  auf  das  kirchliche  Gebiet 
angereiht,  und  wollen  nun  nocli  die  Ausiibung  dieses  Re- 
giments, Johanns  Wirksamkeit  als  Herrscher  in  Schlesien 
kurz  zu  schilderu  versuchen. 

Wie  wir  wissen,  waren  in  Schlesien  zwei  Landschaften 
dem  Scepter  des  bohmischen  Oberlehensherrn  noch  nicht 
unterwoiien,  die  Grebiete  von  Schweidnitz  und  Jauer.  Von  den 
beiden  Fiirsten,  die  hier  regierten,  hatte,  wie  wir  sahen,  der 
eine,  Heinrich  von  Jauer,  zwar  personlich  gewisse  Verpflich- 
tungen  gegen  Kunig  Johann  ubernomnien,  sein  jauersches 
Land  aber  sich  frei  behalten,  der  andere,  Bolko  von  Schweid- 
nitz, sich  seine  voile  Freiheit  bewahrt.  Kunig  Johann  konnte 
dieses  abnorme  Verhaltnis  um  so  eher  sich  gefallen  lasseu, 
als  keiner  jener  beiden  Herzoge  miinnliche  Nachkommen 
hatte;  aber  eine  gewisse  Spannung  war  hier  doch  unver- 
meidlich,  und  diese  hatte  dann  zur  Folge,  dais  Bolko  durch 
enge  Verbindung  mit  dem  Bruder  seiner  Mutter,  Konig  Ka- 
simir,  sich  zu  schiitzen  suchte,  was  dann  natlirlich  wiederum 
die  Luxemburger  im  hochsten  Grade  argwohnisch  maclite. 
Lifolge  davon  kam  es  noch  einmal  zu  blutigen  Kampfen. 

Als  im  Anfange  des  Jahres  1345  Markgraf  Karl  von 
dem  Feldzuge  gegen  die  Litauer,  auf  welchem  er  seinen 
Vater  begleitet  hatte,  durch  Grofspolen  zuruckkehrte ,  Avard 
er  in  Kalisch  trotz  aller  Geleitsbriefe ,  die  ihm  Kasimir  ge- 
geben,  gefangen  genommen,  angeblich  um  einer  Geldschuld 
willen.  Doch  war  die  Haft  leicht  genug,  um  es  ihm  zu  er- 
moghchen,  dafs  er  auf  einem  Spaziergang  nach  dem  Stadt- 
thore  dort  ein  Rofs  besteigen  konnte,  das  ihm  der  Bres- 
lauer  Hauptmann  Kuuad  von  Falkenhain  entgegengeschickt, 
und  auf  dem  er  dann  schnell  eine  Schar  Bewaffueter  er- 
reichte,  die  in  einem  nahen  Walde  versteckt  seiner  warteten 
und  ihn  sicher  nach  Breslau  brachten. 

Kasimir  eutliefs  hierauf  zwar  das  Gefolge  Karls,  das  er 
anfanglich  nach  des  letzteren  Flucht  gefangen  gesetzt  hatte, 
wiederum,  begann  aber  jetzt  den  Krieg  gegen  den  Bohmen- 
konig  mit  einem  Einfalle,  bei  welchem  die  Stadt  Steinau 
erobert  und  verbrannt  wurde. 

Inzwischen  war  Konig  Johann,  welcher,  obwolil  seit 
1340  ganz  erblindet,  trotzdem  die  Lust  an  Kriegszilgen 
nicht   verloren   hatte   und    von    seinem    litauischen  Feldzuge 


172  Drittes  Bach.     Erster  Abschnitt. 

aus  eiligst  nach  clein  Khein  aufgebrochen  war,  auf  die  Nach- 
richt  von  seines  Sohnea  Abenteuer  in  Kalisch  schleunig  zu- 
riickgekelirt  uud  hatte,  in  Breslau  Ant'ang  April  angelangt, 
schnell  ein  Heer  gesammelt,  das  er  nun  aber  nicht  gegen 
den  Polenkonig,  dessen  Kriegshaufen  wohl  also  verniutlich 
bereits  wieder  zuriickgegangen  waren,  sondern  gegen  dessen 
Neffen,  den  Herzog  Bolko  von  Schweidnitz,  fuhrte,  in  dem 
man  den  Hauptaustifter  des  Kalisclier  Anschlags  vermutete. 
Gegen  Ende  des  April  ward  Schweidnitz  eingeschlossen, 
welches  jedoch  tapferen  Widerstand  leistete,  so  dais  Kunig 
Johann  unverrichteter  Sache  abziehen  mufste.  Dafur  ei'- 
oberte  er  Landsliut  und  hielt  es  besetzt.  So  lief  denn  der 
Feldzug  eigentlich  auf  eine  grausame  Verwiistung  des  Lan- 
des  hinaus,  bis  derselbe  etwa  im  Mai  durch  einen  Waffen- 
stillstand  beeudigt  wurde,  welcher  deni  Schweidnitzer  Herzog 
seine  voile  Unabliiingigkeit  liefs. 

Davon,  dais  Kasimir  seineu  Neffen  unterstiitzt  hatte,  er- 
fahi-en  wir  nichts,  sondern  derselbe  hat  erst,  als  dieser  Feld- 
zug zu  Ende  war,  im  Einverstandnisse  mit  oberschlesischen 
Fiirsten,  welche,  wie  es  scheint,  die  Vergebung  von  Ratibor 
an  den  Troppauer  Herzog  nicht  verschmerzen  konnten,  einen 
Einfall  in  Oberschlesien  unternommen  und  dabei  die  dem 
Herzoge  Nikolaus  von  Troppau  gehorige  Stadt  Sohi-au  be- 
lagert  und  Plefs,  Rybnik  sowie  andere  kleinere  Orte  der 
Nachbarschaft  verbrannt ,  ist  aber  von  den  Bohmen  ge- 
schlagen,  bis  vor  Ki'akau  verfolgt  und  gencitigt  worden,  um 
einen  Waffenstillstand  zu  bitten,  in  welchen  daun  allerdiugs 
Herzog  Bolko  mit  aufgenommen  ward,  und  welcher  unter 
Vennittelung  Papst  Klemens'  VI.  1346  zu  einem  delinitiven 
Frieden  fiihrte. 

So  ist  die  Regierung  Konig  Johann s  zu  Ende  gegangen, 
ohne  dais  er  die  Unterwerfuug  Schlesiens,  Avie  er  es  wohl 
wvinschte,  hatte  vollenden  konnen.  Dagegen  hat  er  in  dem 
ihm  untergebenen  grol'seren  Telle  seine  Herrschaft  fest  und 
dauerhaft  zu  grilnden  vermocht.  Allerdings  waren  ja  auch 
hier  doch  eben  nur  das  Herzogtum  Breslau ,  die  Stadt 
Glogau  und  einige  wechselnde  Pfandschaften  unmittelbarer 
Besitz,  den  verschiedenen  Herzogen  gegeniiber  konnte  Jo- 
hann nur  das  Recht  des  Oberlehensherrn  geltend  machen, 
welches  eigentlich  nur  auf  die  Forderung  der  Lehensfolge 
in  Kriegszeiten  hinauslief  Aber  energische  Fiirsten  haben 
zu  alien  Zeiten  ihrer  Oberleheusherrschaft  noch  einen  weiteren 
Inhalt  zu  geben  gewulst,  und  auch  Konig  Johann  hat  das 
sehi'  wohl  verstanden. 

Bei    seinen  Anwesenheiten   in    Breslau    hat   er   mehrmals 


Stellimg  der  schlesischen  Fiirsten.  173 

eine  ganze  Anzahl  schlesischer  Fiirsten  um  sich  versammelt 
unci  hier  daun  auch  wohl  Streitigkeiten  derselbeu  uuter  ein- 
ander  entschieden ,  wie  er  z.  B.  1337  die  Streitigkeiten  um 
das  diu'ch  den  Tod  des  kinderlosen  Herzogs  Lesko  1327 
eriedigte  Herzogtum  Ratibor  in  der  Weise  schlichtet,  dafs 
er,  hervorhebeud,  \\de  das  alte  polniscbe  Erbrecht,  auf  wel- 
•ches  sicb  die  oberschlesischen  Herzoge  berufen,  bier  nicbt 
zur  Geltung  kommen  konne,  sondern  nur  das  Lebenrecbt, 
das  Herzogtum  Ratibor  als  erledigtes  Leben  einem  dem 
piastiscben  Hause  nicbt  angeborenden,  aber  ibm  treu  ergebe- 
nen  Fiirsten,  dem  Herzoge  Nikolaus  H.  von  Troppau,  giebt 
iind  nur  Kosel  und  Gleiwitz  den  Verwandten  des  Herzogs 
iiberlafst,  oder  1342  dureb  seinen  Sobn  die  verscbiedenen 
scblesischen  Fiirsten  nocb  emmal  vor  Biscbof  Preczlaw  ibre 
Treue  und  Lebenspflicbt  versicbern  lafst.  Diese  Fiirsten- 
zusammenkiinfte,  in  denen  sebr  erklarUcberweise  spatere 
Cbronisten  die  Anfange  der  Fiirstentage  gefanden  baben, 
batten  neben  der  Wirkung,  in  den  scblesiscben  Fiirsten  das 
Geflibl  ibrer  Abbangigkeit  von  dem  Bobmenkonig  lebendig 
zu  erbalten,  aucb  die,  die  Fiirsten  von  Scblesien  und  von 
Oppeln,  d.  b.  von  zwei  scbarf  gesonderten  Landesgebieten, 
eben  in  jeuer  Abbangigkeit  eine  geAvisse  Gemeinsamkeit 
linden  zu  lassen,  die  dann  dieselben  dazu  fiibren  konnte,  sicb 
als  Fiirsten  eines  Landes  zu  betracbten. 

Preczlaw  batte  in  der  mebrfacb  erwabnten  Urkunde  von 
1342  bereits  eine  Formel  fiir  diese  Einbeit  gefunden,  indem 
er  alle  die  Fiirsten  als  Herzoge  seiner  Diocese  zusammen- 
fafste.  Es  war  dies  dieselbe  Formel,  unter  der  einst  1163 
die  Gebiete  von  Scblesien  und  von  Oppeln  -  Ratibor  als  die 
sacra  Silencii  provincia  von  Polen  gesondert  wurden.  Es 
war  bier  nur  nocb  ein  klemer  Scbritt  zu  thun,  um  diese 
verscbiedenen  Fiirsten  der  Breslauer  oder  scblesiscben  Diocese 
nun  als  scblesiscbe  Fiirsten  zusammenzufassen  und  fiir  die 
Herzogtiimer  der  Oppelner  Linie  den  Namen  Oberscblesien 
festzusetzen. 

Aber  wir  linden  aucb  weiter,  dafs  Kouig  Jobann  im  all- 
gemeinen  Interesse  des  Landes  mancberlei  Verfiigungen 
trilft,  welcbe  docb  in  die  Macbtspbare  der  Einzelfiirsten  ein- 
greifen,  und  von  denen  wir  ja  als  moglicb  voraussetzen 
diirfen,  dafs  er  sicb  eben  bei  jenen  Fiirstenzusammenkiinften 
mit  den  verscbiedenen  Herzogen  iiber  derartige  Mafsnabmen 
vorber  verstandigt  bat.  Es  wird  dies  um  so  wabrscbein- 
Hcber,  wenn  wir  wabi-nebmen,  dafs  derartige  Bestimmungen 
uns  vornebmHcb  in  der  grofsen  Landesordnung  des  Fiirsten- 
tums    Breslau   begegnen,    datiert   den    20.    Marz  1337,    also 


174  Drittes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

kaum  zwei  Monate  nach  jener  hier  in  Breslau  abgehaltenen 
Fiirstenzusammenkunlt.  Als  derartige  Verfugungen  dllrften 
sich  bezeichiien  lassen,  dafs  alle  neuen  und  ungewohnten 
Zolle  in  den  Landen  der  Fursten  zu  Wasser  wie  zu  Lande 
autgehoben ,  desgleichen  alle  Wehre  avif  der  Oder  zwischen 
Brieg  und  Krossen  entfernt  werden  und  der  Sti'om  bis  auf 
sechzehn  Ellen  verbreitert  Averden  soil,  dais  ferner,  wofern 
von  einem  lierzoglichen  Gebiete  aus  Raubereien  erfolgen  und 
der  betreffende  Landesfiirst  es  ablehnt,  hier  selbst  Genug- 
thuung  zu  schaffen,  der  Landeshauptmann  von  ]5reslau  die 
Ubelthater  zur  Genugthuung  zwingen  und  ebenso  deren 
etwaige  Begiinstiger  zur  Verantwortung  ziehen  soil,  dais 
gegen  Herzog  Bolko  von  Milnsterberg  wegen  seiner  Schul- 
den  an  Breslauer  Bilrger  debitum  justitiae  com^Dlementura  er- 
folgen, und  dais  endlicli  die  Briicke  bei  Simmsdorf  (damals 
zum  Fiirstentum  Liegnitz  gehorig)  ausgebessert  und  in  bau- 
lichem  Stande  erhalten  werden  soil. 

Der  Breslauer  Landeshauptmann  erscheint  hier  nicht 
blofs  als  stellvertretender  Regent  des  dem  Konig  unmittel- 
bar  unterworfenen  Breslauer  Herzogtums,  sondern  darilber 
hinaus  als  der  Trjiger  aufserordentlicher  koniglicher  Voll- 
machten,  die  er  im  Interesse  des  Landes  auszufilhren  hat, 
eventuell  sogar  zwangsweise  den  schlesischen  Fursten  gegen- 
liber.  Insofern  nun,  wie  wir  aus  sehr  vielen  Stellen  sehen, 
die  natilrlichen  Berater  des  Konigs,  wie  seines  Stellvertreters, 
des  Hauptmanns,  die  Breslauer  Mannen  und  die  Konsuln 
von  Breslau  sind,  ging  doch  etwas  von  der  hohen  Ver- 
trauensstellung  audi  auf  die  letzteren  liber.  Ohnehin  maclite 
ja  die  wiederholte  Zusammenberufung  der  Fursten  aus  alien 
Teilen  Schlesiens  Breslau  erst  eigentlieh  zur  Hauptstadt  des 
Landes,  wiihrend  doch  friilier  die  ober schlesischen  Herzoge 
jede  Beziehung  zu  Breslau  in  Abrede  gestellt  haben  wiirden. 

Dazu  kam  nun  noch,  dafs  der  Kcinig  die  Stadt  Breslau 
und  deren  Rat  niit  einem  ganz  besonderen  Vertrauen  be- 
ehrte.  Johann  ist  keinem  der  schlesischen  Fursten  irgend- 
wie  niiher  getreten,  das  Interesse,  was  er  ilberhaupt  an 
diesen  seinen  Herrschaften  nahm,  war  nie  allzu  grofs,  sein. 
Sinn  stand  doch  immer  nach  dem  Westen,  wo  er  in  alien 
den  franzosischen  VerAvickelungen  seine  Hand  haben  mufste, 
aber  die  Kriegsziige  dorthin  kosteten  Geld,  und  er  schatzte 
die  Breslauer  schon  deswegen,  weil  sie  ihm  gegeniiber  eine 
offene  Hand  hatten.  Li  der  That  hat  er  auf  diesem  und 
jeneni  Wege  viel  von  den  Breslauern  gezogen  und  sie  schliefs- 
lich  mit  Privilegien  bezahlt,  in  denen  er  sehr  unbedenklich 
ihnen    alle    moglichen    Hoheitsrechte    abtritt   resp.    verkauft. 


Das  Breslauer  Patriziat.  175 

Der  Fiirst,  der  sonst  seine  konigliche  Wiirde  sehr  gut  zii 
wahren  wvifste,  nahm  keinen  Anstand,  den  Breslauern  zu 
verbi-iefen,  dafs  sie  selbst  konigliche  Briefe,  falls  sie  die- 
selben  dem  Wohle  der  Stadt  fiir  nicht  zutraglicli  erachteten, 
ohne  Besorgnis  vor  seiner  Ungnade  unaiisgeflihrt  lassen 
dllrften. 

Wir  sahen  bereits,  wie  des  Konigs  Pri^alegien  die  Bres- 
lauer Patrizier  vollstandig  dem  Landadel  des  Fiirstentums 
gleichstellten ,  und  wie  unter  ihrem  Beirate  jene  Landes- 
ordnung  fllr  das  Herzogtum  Breslau  erlassen  ward;  wir 
berichteten  auch,  wie  Bisehof  Nanker  bei  der  grofsen  Bann- 
scene,  die  er  dem  Konige  vorfuhrte,  diesen  in  geheimer 
Konferenz  mit  den  Breslauer  Konsuln  traf.  Wir  diirfen  in 
der  That  nicht  zweifeln^  dafs  diese  Manner  das  Ohr  des 
Konigs  batten.  Die  natiirliche  Folge  dieser  hohen  Stellung 
des  Breslauer  Rates  war  eine  aristokratischere  Gestaltung 
desselben.  Die  Ratgeber  des  machtigen  Konigs  hatten  in 
ihrer  Mitte  fiir  Vertreter  des  Handwerks  keinen  Raum.  So 
darf  es  uns  nicht  wundern,  wenn  unter  Konig  Johann  eine 
Verfassungsveranderung  beziiglich  des  Rates  eingefuhrt  wird^ 
welche  nun  den  Rat  noch  oligarchischer  macht,  als  dies  der 
eingefiihrte  Wahlmodus  ohnehin  that.  1343,  den  31.  Marz, 
befiehlt  der  Konig  von  Paris  aus,  auf  die  Vorstellung  des 
als  Gesandter  an  ihn  geschickten  Tilo  von  Liegnitz,  dafs 
die  bisherige  jiihrliche  Ernennung  der  Konsuln  der  Stadt 
mancherlei  Schaden  brachte,  fortan  32  lebenslangliche  Kon- 
suln zu  erwahlen^  welche  dann  zu  je  8  in  regelmafsigem 
jahrlichen  Turnus  wechseln  sollen^  natiirlich  unter  Vorbehalt 
der  Kooptation  fur  den  Fall  des  Todes  oder  des  Wegzuges 
eines  Mitgliedes.  Diese  Wahl  der  32  ist  dann  in  der  That 
am  6.  Januar  1344  vollzogen^  dock  die  ganze  Einrichtung 
nach  dem  Tode  des  Konigs  bald  wieder  beseitigt  worden. 

Im   grofsen   und   ganzen   wird    man    behaupten    diirfen, 

dafs    trotz    dieser    ohgarchischen    Gestaltung    des    Breslauer 

Stadtregimentes  und  trotz  der  ansehnlichen  Geldforderungen 

des    Konigs   dessen   Regierungszeit   fiir   Breslau   eine   gliick- 

liche   gewesen   ist,    er   hat   den  Breslauer  Handel   von  man- 

chen  drlickenden  Fesseln  und  Hemmungen  befreit,  ihm  zahl- 

I    reiche  Begiinstigungen  zuteil  werden  lassen  und  die   ihm  zu 

I    dankende  Wiederherstellung  von  Ruhe,  Ordnung  und  Sicher- 

[    heit  im  Lande  war  etwas,    das  in   der  That   ganz  Schlesien 

1    zugute  kam. 

Fiir   Breslau   lafst   sich    der  Aufschwung  jener    Zeit   im 

einzelnen   nachweisen.     Damals    erfolgte   die   grofsartige  Er- 

j    "weiterung  der  Stadt,   welche  einen  breiten  Giirtel   ilber   die 


176  Drittes  Uuch.     Erster  Abschnitt. 

Ohlau  hinaus  bis  zu  der  noch  heute  von  dem  Stadtgraben 
bezeicbneten  Linie  der  Stadt  hinzutiigte  und  so  deren  Um- 
fang  nabezu  verdoppelte.  Es  war  ein  gewaltiger  Entschluls, 
das  grofse  Werk  durchzutubren  und  die  nngeheuren  Kosten 
der  neiien  Ummauerung  auf  sieb  zu  nebraen,  ziigleicb  ein 
Beweis  des  steigenden  Woblstandes.  Fast  zebn  Jabre  ward 
daran  gearbeitet;  man  wird  sagen  konnen,  dafs  von  1336 
bis  1340  die  neue  Mauer  vollendet  ward,  wo  dann  von 
1340  — 1346  die  Herstellung  der  Tbore  sieb  anscblofs. 

Kclnig  Jobaun  bat  den  Bau  durcb  mebrfacbe  Bewil- 
Hgungen  unterstiitzt,  scbHefsbcb  aucb  dadurcb,  dais  er  dem 
Rate  erlaubte,  von  dem  Ku'cbbofe  der  Juden,  der  in  die 
Stadterweiterung  bineiugezogen  und  desbalb  verlegt  werden 
mufste,  die  Leicbeusteine  zu  den  Mauern  zu  verwenden. 

In  der  Zeit  Kunig  Jobanns  entstand  denn  nun  aucb  vom 
Jabre  1331  an  die  grcilste  arcbitektoniscbe  Zierde  Bresbaus, 
das  stolze  Ratbaus  mit  seinem  Turme,  und  wenugleicb  die 
reicbe  Sildfagade  erst  mebr  als  ein  Jabrbundert  spater  voll- 
endet ward,  so  zeigte  doch  aucb  die_  damals  gebaute  Ost- 
seite  scbone  und  originelle  Formen.  Uber  dem  Portale  er- 
bob  sieb  bier  macbtig  der  bobmiscbe  Lowe  als  Zeicben, 
welcber  Herr  bier  gebiete. 

Als  Konig  Jobann  1345  von  Breslau  aus  gegen  den 
Scbweidnitzer  Herzog  zufelde  zog,  batten  ibn  seine  getreuen 
Burger  zum  letztenmale  geseben.  Im  Jabre  1346  traf  bier 
die  Nacbricbt  ein,  dais  er  am  26.  August  bei  Crecy  ira 
Kampfe  gegen  die  Englander  geiallen  sei.  Nacb  der  Nieder- 
lage  des  ibm  so  eng  befreundeten  frauzosiscben  Herrscbers 
hatte  er  zu  flieben  verscbmabt,  und  der  blinde  Mann  batte 
sieb  in  das  Kampfgewubl  fiibren  lassen,  dem  sicberen  Tode 
entgegen. 

Bbnd  war  der  Konig  scbon  seit  langer  Zeit;  aus  dem 
preufsiscben  Feidzuge  von  1337  batte  er  ein  scbweres 
Augenleiden  mitgebracbt,  und  in  Breslau  war  es.  wo  dann 
im  ]\[arz  dieses  Jabres  ein  franzosiscber  Arzt,  den  er  mit 
sieb  fiibrte,  ibn  so  ungliicklicb  bebandelte,  dafs  das  Ubel 
die  scblimmsten  Fortscbritte  macbte  und  der  erzlirnte  Konig 
den  ungliicklicben  Arzt  in  der  Oder  ertranken  liefs;  und 
weder  die  Kunst  eines  Arabers,  dem  er  sieb  dann  in  Prag 
anvertraute,  nocb  die  Weisbeit  der  Doktoren  von  Montpelber 
konnten  verbindern,  dais  er  1340  ganzlicb  erblindete,  obne 
desbalb  von  seinen  Reisen  und  Kriegsziigen,  auf  denen  er 
ja  wiederbolt  Deutscbland  vom  aufsersten  Nordosten  bis  zum 
fernsten  Siidwesten  durchmafs,  abzulassen. 

Es   war   das   die   Art   dieser    so   reicb    und   grofs   ange- 


Die  Bedeutuug  Kijuig  Johanus.  177 

legten  Natur  sich  melir  Tielleiclit  noch  als  durch  die  Stimme 
des  halb  franzusischen  Blutes,  das  in  seinen  Adern  flofs, 
durcli  die  Anzieliungskraft  einer  hoher  entwickelten  Kultur 
aus  den  Kreisen  seiner  eigentlichen  Berufspflichten  immer 
wieder  nach  dem  fernen  Westen  ziehen  zu  lasseu,  wo  dann 
in  minder  bedeutungsvollen  Handeln  der  beste  Teil  einer 
Ki'aft  sich  aiifrieb,  der  liier  ira  Osten  das  Hochste  hatte  ge- 
lingen  konnen. 

Hatte  Johaiin  Willeij  und  Neigung  gehabt,  seinen  rast- 
los  vorwarts  strebenden  Ehrgeiz  ganz  auf  die  Erweiterung 
der  Grrenzen  seiner  bohmisch-schlesisehen  Lande  zu  nchten, 
er  hlitte  wohl  das  polnische  Reich  der  letzten  PremysHden 
wieder  aufrichten  konnen;  der  Polenkcinig,  der  schon  bei 
den  von  Johann  nur  mit  halber  Kraft  und  immer  nur  ruck- 
weise  nach  langen  Zwischenraumen  versuchten  AngrifFen  sich 
des  iibermachtigen  Gegners  kaum  erwehren  konnte,  hatte 
nach  menschUchem  Ermessen  ihm  erhegen  miissen,  und  das 
iiberwiegend  deutsche  Krakau  wiii'de  sich  Avohl  haben  ge- 
winnen  und  behaupten  lassen,  zum  allergi-ofsten  Vorteile  flir 
die  Germanisation  des  Ostens. 

Aber  Johann  ist  immer  nur  auf  kurze  Zeit  gleichsam 
besuchsweise  in  seinen  osthchen  Landen  erschienen,  und  sein 
Drang,  wieder  fortzukommen  hat  grofsen  Unternehraungen 
mehr  als  alles  hindernd  im  Wege  gestanden.  Dafs  er  unter 
solchen  Umstanden  es  noch  in  dem  Mafse,  wie  wir  es  wahr- 
nehraen,  verstanden  hat,  auch  hier  im  Osten  mit  so  schnellem 
Verstandnis  die  Lage  der  Diuge  zu  erfassen,  so  energisch 
und  so  erfolgreich  einzugreifen,  mufs  uns  mit  BeAvunderung 
fiir  seinen  Geist  erfullen.  Bei  ihm  war  in  der  That  die 
Ritterhchkeit ,  dieser  grofse  sch wungvolle ,  heldenhafte  Zug, 
den  er  vor  seinem  nicht  minder  khigen  Sohn  voraus  hat, 
mit  erstaunhchem  poHtischeu  ScharfbHck  gepaart. 

Die  Schlesier  mcigen  sein  Andenken  in  Ehren  hahen. 
In  einer  Zeit,  wo  hier  alles  in  jammerlicher  Kleinstaaterei 
zu  verkiimmern  drohte,  hat  sein  Einschreiten  Rettung  ge- 
bracht,  in  der  Zerfahrenheit  wieder  den  Gedanken  einer  Art 
von  Staatsbildung  aufkeimen  lassen  und  dieses  Gewirr  kleiner 
politischer  Existenzen  zu  einer  Einheit  zusammengefafst,  die 
uns  doch  wenigstens  von  einem  Lande  Schlesien  und  einer 
Geschichte  Schlesien  s  zu  reden  gestattet. 


<5runhagen,  Gescli.  Sclilesions.     I.  12 


178  Drittes  Biich.     Zweiter  Abschuitt. 


Zweiter  Abschnitt. 

Schlesieii  iiiiter  Kaiser  Karl  IV.     I  nterwerfiiiig  Jiol- 

kos  II.   von  Scliweitliiitz.    Die  sehlesisclieii  Fiirsteii. 

Karl  als  Oesctzgeber  imd  Landesvater.     JiKlenvcrlol- 

guugeii.     Der  sclnvarzo  Tod. 


Dem  Kiinice  Johann  folgte  1346  sein  Solin  Karl,  clem 
ja  schon  bei  Lebzeiten  des  Vaters  audi  in  Schlesien  aller- 
orten  gehuldigt  -worden  war,  olnie  jeden  Widerspriich.  Er 
besafs  uicht  die  schAvungvolle  Ritterliclikeit  seines  \'aters, 
aber  daiiir  audi  iiicht  dessen  unstiites  ^Vesen,  nocli  den 
Hang  zu  Fehden  uud  Abenteuern.  Dafs  er  es  vermied,  avo 
er  irgend  konnte,  zuni  Schwerte  zu  greifen  und  lieber  durcli 
die  Kiinste  der  Diplomatie,  in  der  er  ein  uniibertrofFener 
Meister  Avar,  seine  Sadie  zu  I'iihren  suchte,  durttcn  seine 
Untertlianen  avoIiI  rlihmen,  sie  dankten  dieser  Eigenschalt 
friedliche,  gluckliche  Zeiten.  Dabei  liatte  er  nidit  nur  den 
guten  Willen,  ein  Vater  seiner  Unterthanen  zu  sein,  sondern 
audi  ebensowolil  die  Fahigkeit,  ihre  Bediirfnisse  richtig  zu 
erkennen,  Avie  die  Ausdauer  und  die  Arbeitskraft,  seine  Re- 
gentenpflicliten  treu  zu  eriullen.  Karl  IV.  ist  ein  Virtuose 
in  der  Kunst  des  Regiereus,  der,  seiner  Zeit  A\'eit  A^oraus,  fast 
in  niodernem  Sinne  seinen  Beruf  auffafste,  llberall  teste,  ge- 
setzmafsige  Formen,  geordnete,  einfache  Verhaltnisse  herzu- 
stellen  suchte.  Wenn  seine  Walil  zum  romisehen  Koiiig 
ihn  AA'ohl  in  geAAdsser  Weise  \'on  der  Surge  fiir  seine  Erb- 
lande  abzog,  so  gab  sie  ihni  doch  auf  anderer  Seite  erhuhtes 
Anselien,  A^ermdirte  Autoritat. 

Es  lag  nun  ganz  in  seiner  Art,  dais  er  seine  Stellung 
als  Reichsoberhaupt  dazu  benutzte,  ura  die  neue  Provinz, 
die  sein  Vater  erAA'orben,  Schlesien,  fester  an  die  Krone 
B(ilmien  zu  ketten,  iiidera  er  1348  als  lomischer  Kcinig  in 
feierlicher  Form  dieses  Land,  die  Lchensliustentumer  A^on 
Schlesien  und  Poleu  (so  AAcrden  hier  noch  die  oberschlesi- 
schen  Herzoge,  niit  denen  ja  allerdings  auch  der  a'oii  Ma- 
soAA'ien  A-erbunden  erscheint,  bezeichnet)  ebenso  Avie  den  uii- 
mittelbaren  Besitz  r.ebst  den  Marken  A^on  Bautzen  und 
Gorlitz  der  Krone  Bohnien  fiir  evrige  Zeiten  inkorporiert^ 
und  diese  Inkorporation  dann  1355  als  Kaiser  A-on  neuem 
bestatigt. 


Ausdehnuug  von  Karls  Herrschaft.  "^  179 

Nur  die  letztere  zahlt  clann  die  Fiirsten  von  Schlesien 
und  Polen,  Avelche  sich  der  Krone  Bohmen  unterworfen 
haben,  einzeln  aiif,  und  es  verdient  vielleicht  bervorgehoben 
zu  werden,  dafs  sich  unter  ihnen  wohl  der  Herzog  von 
Masowien  befindet,  nicht  aber  Nikolaus,  Herzog  von  Troppau, 
obwolil  dieser,  schon  weil  er  ja  seit  kurzem  zugleich  Herr- 
scber  vou  Ratibor  war,  eigentlich  auch  seinen  Platz  bier 
hatte  finden  sollen.  Jedenfalls  ward  der  Troppaiier  Herzog, 
namentHch  seit  Karl  unter  dem  7.  April  1348  dureb  einen 
besonderen  staatsrecbtliehen  Akt  das  Herzogtuni  Troppau, 
ganz  gescbieden  von  der  Markgrafscbaft  Mabren,  aJs  Leben 
der  Krone  B(ibmen  erklart  batte,  mebr  und  mebr  zur  Ver- 
bindung  mit  Sclilesien  gedrangt,  dessen  Fiirsten  derselbe 
dann  etwa  voni  Ausgange  des  14.  Jabrbunderts  imuier  zu- 
ffezablt  wird. 

Jene  Bestatigung  von  1355  zablt  uns  nun  aucb  einen 
ansebnlicben  unmittelbaren  Besitz  auf,  namlicb  aufser  Bres- 
lau,  Neumarkt,  Bautzen  und  Gorlitz  und  den  scbon  von 
Karls  Vater  den  Glogauer  Herzogen  abgewonnenen  Stilcken 
Steiuaii,  Gubrau  und  balb  Glogau  nocb  Frankenstein,  das 
Karl  IV.  1348  von  dem  bisberigen  Pfandbesitzer  sieb  ab- 
treten  befs,  und  endbcb  Namslau,  das  er  von  dem  schwer 
verscbuldeten  Herzog  Wenzel,  dem  Sobne  Boleslaws  von 
Lieguitz  und  Brieg,  uacb  des  letzteren  Tode  gekauit  batte. 
Die  Inkorporation  dieser  Stadt  in  den  unmittelbaren  Besitz 
und  ibre  Verbindung  mit  dem  Herzogtume  Breslau  1359, 
bei  dem  dieselbe  dann  deiinitiv  geblieben  ist,  zeigt  uns  die 
einzige  praktisebe  Folge  des  Versprecbens,  welcbes  Karl  IV. 
in  Erneuerung  eines  abnbchen  Gelobnisses  seines  Vaters 
1352  den  Breslauern  gab,  alles  was  er  sonst  nocb  von  Polen 
(d.  b.  Scblesien  mit  eingerecbnet)  gewinnen  werde,  dem 
Herzogtum  Breslau  einzuverleiben,  wenngleicb  einzelne  An- 
deutungen  zeigpn,  dafs  der  Hauptmann  von  Breslau  iiber 
den  ganzen  unmittelbaren  Ki'onbesitz  in  Scblesien  eine  ge- 
wisse  Macbt  ausubte,  wie  wir  z.  B.  lesen,  dafs  derselbe  bei 
Entscbeidung  eiues  Streites  zwischen  dem  Abte  von  Leubus 
und  dem  Hauptmanne  von  Gubrau  den  letzteren  als  „un- 
seren  Hauptmann"  bezeicbnet,  oder  dafs  er  1377  fiir  die 
Reparatur  krmigbcber  Gebaude  in  Glogau  sorgte. 

Jene  Erwerbung  von  Namslau,  welches  der  verschuldete 
Herzog  Boleslaw  1341  sanit  Kreuzburg,  Pitscben  und  Kon- 
stadt  an  Polen  verpfandet  batte,  bat  nun  wahrscbeinlich 
aucb  in  einem  gewissen  Zusammenhange  gestanden  mit  den 
Beziehungen,  in  welcbe  Karl  IV.  zu  den  Kcinigen  vou 
Polen   und  Ungarn   trat.     Als    er    den  Thron    bestieg,    fand 

12* 


180  Drittes  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

er  noch  jene  unerwilnsclite  Verbindung  vor  sich  zwischen 
dem  einzigen  schlesischen  Herzog,  der  seine  Unabhangigkeit 
bewahrt  hatte,  Bolko  II.  von  Schweidnitz- Jaiier,  und  dem 
Polenkonige,  dessen  Oheim.  Bolko,  dor  seit  dem  Tode 
seines  Vatersbruders  Ileinrich  von  Jauer  1346  auch  dessen 
Lande  geerbt  hatte,  war  bei  weitem  der  maclitigste  Fiirst 
Sclilesiens;  er  gebot  iiber  cinen  weiten,  fruclitbaren  Strich 
Landes  von  den  ersten  Erhebungen  dcs  Landes  bei  Freiburg 
und  Striegau  bis  auf  den  Kamm  des  Riesengebirges  und 
von  Bunzlau  bis  fast  zu  den  letzten  Abhangen  des  Eulen- 
gebirges.  Eng  hielt  er  mit  Kasimir  zusammen,  aber  auch 
der  machtige  Konig  von  Ungarn,  Ludwig,  nalim  lebhafteren 
Anteil  an  seinem  Schicksale.  An  seinera  Hofe  ward  die 
Nicbte  und  Erbin  Bolkos,  Anna,  deren  Mutter  eine  Schwester 
Ludwigs  war,  ei'zogen. 

Sei  es  nun,  dafs  wegen  der  Erbschaft  Heinrichs  von 
Jauer  Karl  und  Bolko  in  Streit  geraten,  oder  dais  Kasimir 
nach  dem  Tode  Konig  Johanns  die  Gelegenlieit  zu  Erobe- 
rungen  fiir  giinstig  erachtete,  genug  es  kam  im  Jahre  134:7 
zu  neuen  Kampfen.  Bolko  gelang  es,  am  Anfange  des  Jahres 
1348  seine  Stadt  Landeslmt,  welclie  Konig  Johann  1345 
erobert  und  seitdem  besetzt  gehalten  hatte,  wiederzugewinnen, 
indem  er  ein  Hauflein  Bewatfneter,  auf  Wagen  versteckt, 
ohne  Verdacht  an  oder  in  die  Stadt  zu  bringen  vermochte 
(Anfang  1348),  und  polnische  Kriegsbaufen  schwarmten  von 
der  Burg  Orla  aus  (bei  Krotoschin)  verwlistend  bis  nalie 
an  die  Thore  Breslaus.  Karl,  der  damals  fern  in  Siiddeutsch- 
land  verweilte,  iiberliefs  es  dem  Bi'eslauer  Rate,  durcli  Unter- 
bandlung  eine  Waffenruhe  berbeizufiihren ;  der  Schweidnitzer 
Herzog,  froh,  seine  Feste  Landesbut  wieder  zu  haben,  liefs 
sich  leicht  dazu  bewegen,  und  die  Breslauer  batten  nur 
damit  Not,  die  streitlustigen  Vasallen  des  Fiirstentums,  wie 
z.  B.  die  Reideburgs,  Inhaber  des  Burglebens  Bohrau,  von 
einer  Fortsetzung  der  Feindseligkeiten  abzuhalten.  Aber 
die  Polen  waren  auf  eine  Verlangerung  der  urspriinglich 
festgesetzten  kurzen  Waffenruhe  nicht  eingegangen  und  batten 
Ende  Mai  1348  einen  neuen  Raubzug  gegen  das  etwas 
oberhalb  von  Breslau  an  der  Oder  gelegene  Schlofs  Auras 
unternommen,  und  zwar  das  Schlofs  nicht  zu  erobern  ver- 
mocht,  das  dessen  Burggraf  Konrad  von  Borsnitz,  von  den 
Breslauern  unterstiltzt,  tapfer  verteidigte,  aber  das  Land 
schwer  verwiistet,  und  waren  auch  ungehindert  mit  ihrer 
Beute  wieder  abgezogen. 

Gegen  Ende  Juni  uben  die  Breslauer  in  gewisser  Weise 
Vergeltung,  indem  sie  ein  Streifcorps  bis  in  die  Gegend  von 


Verlialtnis  zu  Bolko  II.  von  Schweidnitz.  181 

Krotoschin  entsenden,  wobei  jedoch  alles  auch  nur  auf  die 
Verbrennung-  einiger  Dorfer  hinauslauft. 

Eine  durchgreifende  Anderung  der  Verhaltnisse  bewirkt 
erst  das  persouliche  Erscheinen  Karls  im  Herbst  1348.  Am 
22.  November  kommt  er  mit  Konig  Kasimir  in  Namslau 
miweit  der  polnischen  Grenze  zusammen,  und  hier  wii'd  nun 
ein  sehr  merkwurdiges  Schutz-  und  Trutzbiindnis  zwischen 
den  beiden  bisherigen  Gegnern  geschlossen,  das  seine  Spitze 
besonders  gegen  die  Wittelsbaeher  in  Brandenburg  richtet, 
denen  ja  Karl  eben  in  jenem  Jahre  durch  die  Anerkennung 
des  falsclien  Waldemar  die  schwersten  Verlegenheiten  be- 
reitet  hatte,  aber  doch  auch  den  deutschen  Orden  den  Polen 
preisgiebt.  Kasimir  verpfiichtet  sich  schliefslich  hier,  nicht 
nur  Karl  gegen  jedermann  beizustehen,  aufser  gegen  den 
Konig  von  Ungana,  sondern  auch  von  seinen  Eroberungen 
die  Halite  Karl  zu  iiberlassen.  Infolge  dieses  Biindnisses 
verzichtete  dann  Karl  IV.  auf  die  Lehenshoheit  iiber  das 
polnische  Herzogtum  Masowien,  das  einst  sein  Vater  er- 
worben,  wogegen  Kasimir  und  ebenso  dessen  Vetter  Lud- 
wig  von  Ungarn  ilire  Pfandrechte  auf  die  schlesischen  Land- 
schaften  Kreuzburg  und  Pitschen  aufgaben.  Dieselben  sind 
dann ,  obwohl  eigentlich  zu  Oberschlesien  gehorig ,  nach 
manchen  wechselnden  Schicksalen,  Verpfandungen  u.  dgl. 
doch  bei  dem  Liegnitz  -  Brieger  Fiirstenhause  auf  die  Dauer 
gebheben. 

In  jenen  Namslauer  Frieden  war  nun  auch  Herzog  Bolko 
von  Schweidnitz  eingeschlossen ,  wofern  derselbe  innerhalb 
drei  Tagen  zustirame,  seinen  Streit  mit  Karl  der  Entschei- 
dung  des  Herzogs  Albrecht  von  Osterreich  zu  iiberlassen. 
Wirkhch  kam  auch  am  dritten  Tage  darauf  Bolko  mit 
dem  Konige  in  Liegnitz  zusammen  und  verabredete  da  eine 
Verliingerung  des  Waffenstillstandes  vorlaufig  bis  nachste 
Fastnacht.  Daraus  ward  dann  ein  voUer  Friede.  Bolko 
ist  nun  ganz  fiir  die  Politik  Karls  gewonnen,  der  ihm  wohl 
damals  bereits  Aussichten  auf  die  Niederlausitz  eroffnet  haben 
mochte;  er  erscheint  bei  den  Friedensverhandlungen  Karls 
mit  Markgraf  Ludwig  dem  Romer  (Februar  1350)  zu  Bautzen 
im  Gefolge  des  Konigs,  und  im  August  dieses  Jahres  ist  er 
schon  so  weit,  dafs  er  sich  Karl  gegentlber  verpfiichtet, 
liber  sein  Land  nicht  ohne  dessen  Zustimmung  zu  verfUgen, 
was  ja  eigentlich  bereits  eine  gewisse  Unterwerfungserklarung 
in  sich  schlofs.  Bald  selien  wu*  ihn  dann  noch  einen  grofsen 
Schritt  weiter  gehen.  Unter  dem  13.  Dezember  1350  schhefst 
er  mit  Karl  einen  Vertrag  iiber  die  Erbfolge,  dessen  weit- 
aussehende  Kasuistik,  die  allerdings  bei  Karl  IV.  keineswegs 


182  Drittes  Buch.     Zweiter  Abscbnitt. 

unerhort  ist,  ims  raorkwurdig  genug  erscheiiit.  Bulku  eut- 
belirte  der  Kinder,  und  auch  sein  Bruder  Heinricli  hatte 
niir  eine  Tochter  Anna  hinterlasseu ,  Avelche  also  jetzt  tvir 
die  Erbin  der  reichen  Lande  gelteu  durfte.  Diese  (damals 
vielleicht  elf  Jalire  alt)  ward  nun  durch  den  gedacliten  Vcr- 
trag  Karls  Erstgeborneiii;  Wenzel,  verlobt,  der,  am  17.  Ja- 
nuar  1350  geboren,  damals  nocli  in  den  Windeln  lag.  Aller- 
ding.s  wai-  fur  alle  moglichen  Falle  Sorge  getragen.  Falls 
jener  Sohn  Karls  IV.  stiirbe,  sollte  ein  etwa  ihm  noch  ge- 
borener  jiingerer  an  dessen  Stelle  treten,  und  falls  der 
Herzog  selbst  vielleicht  noch  eine  Tochter  erhielte,  sollte  auf 
diese  das  Verlobnis  iibertragen  werden  u.  s.  w.  Es  scheiut 
fast,  als  ob  sich  dann  im  folgeuden  Jahre  die  Beziehungen 
zwischen  Karl  und  dem  Herzoge  noch  einraal  getriibt  haben; 
wenigstens  sehen  wir  im  September  1351  den  crsteren  eifrig 
beflissen,  an  seinem  Hof lager  zu  Pirna  Beweise  dafiir  zu- 
sammenstellen  zu  lassen,  dafs  weiland  Herzog  Heinrich  von 
Jauer  seine  Lande  einst  von  Kaiser  Ludwig  dem  Bayern 
zu  Leheii  genummen  habe,  so  dafs  Bolko  als  Erbe  Herzog 
Heinrichs  vorausseheu  kounte,  es  wiirde  bei  seinem  Tode 
unter  alien  Umstandeu  mindestens  ein  Teil  seiner  Lande 
von  Karl  resp.  dessen  Nachfolgern  auf  dem  Kaiserthrone  in 
Anspruch  genommen  werden.  Anderseits  ward  auch  jener 
Vertrag  von  1350  von  selbst  dadurch  hinfallig,  dafs  im 
Dezember  1351  jenes  kleine  Sohnchen  Karls,  das  dieser 
bereits  verlobt  hatte,  noch  bevor  es  sein  erstes  Lebensjahr 
vollendet  hatte,  starb.  Wenn  Karl  hierdurch  in  gewisse  Ver- 
legenheit  kam.  so  hat  dieselbe  nicht  lange  gedauert,  denn 
als  im  Anfang  Februar  1353  der  Tod  seiner  Gemahlin 
Anna  von  der  Pfalz  ihn  zum  Witwer  machte,  zogerte  er 
keinen  Augenblick,  nun  selbst  an  die  Stelle  seines  Solmchens 
zu  treten  und  um  die  Hand  der  Erbin  von  Schweidnitz- 
Jauer  zu  werben.  Er  war  willkommen;  schon  Ende  Mai 
konnte  in  Ofen,  wo  die  Braut  bei  ihrem  miitterlichen  Oheime 
verweilte,  die  Vermahlung  feierlich  begangen  werden,  und 
Karl  dm-fte  es  sich  als  Hochzeitsgeschenke  anrechnen,  wenn 
bei  dieser  Gelegenheit  am  27.  Mai  1353  Konig  LudAvig 
alien  eignen  Ansprlichen  auf  Schweidnitz- Jauer  entsagte  und 
den  Verzicht  auf  Kreuzburg  und  Pitschen  erneuerte. 

Von  Ofen  eilte  Kai'l  mit  seiner  jungen  Gattin  nach 
Schweidnitz,  wo  nun  am  3.  Juli  Herzog  Bolko  seiner  Nichte 
und  deren  Leibeserben  seine  samtlichen  Lande  unter  der 
Bedingung  vermacht,  dafs  dieselben  zunachst  nach  seinem 
Tode  seine  Gemahhn,  Agues  von  Osterreich,  Zeit  ihres  Le- 
bens   haben   solle,   mit   der   Verpflichtung ,    die    Burggratcn- 


Karls  Vermahluug  mit  Anua  vou  Schweidnitz.  183 

amter  cier  festen  Sclilusser  nur  im  Einverstandnisse  mit  der 
bohmischen  Krone  nea  zu  besetzeii,  wahrend  Karl  seiner 
Oemahlin  15  000  Schock  bulimischer  Grosclien  unter  Ver- 
pfiindung  der  Stadte  imd  Gebiete  von  Koniggriitz,  Holien- 
uiauth  und  Politz  verschreibt  und  anderseits  dem  Herzog 
Schutz  imd  Beistand  gegeu  alle  Feinde  gelobt.  Nun  leisten 
die  Stadte  von  Schweidnitz-Jauer,  von  Karl  reich  mit  Pri- 
vilegien  begnadet,  der  Konigin  Anna  und  deren  Nachkommen 
Eventualhuldigungen.  Am  28.  Juli  ward  sie  feierlich  zu 
Prag  gekront;  Herzog  Bolko  erscheint  forian  auf  das  aller- 
treueste  dera  Konig  verbunden ,  in  dessen  Dienste  er  nocli 
mehrfach  wichtige  VerLandlungen  filhrt.  Ansehnliche  Ver- 
grofserungen  seines  Landbesitzes  erwuchsen  ibm  aus  diesen 
Beziehungen.  Bereits  bei  der  Vermahlung  Karls  1353  hatte 
dieser  ibm  das  Schlols  auf  dem  Zobtenberge  auf  Lebenszeit 
eingeriiumt  und  wahrscheinlicb  um  dieselbe  Zeit  aucb  die 
Gebiete  von  Kreuzburg  und  Pitsclien  iiberlassen.  1356  lost 
er  von  Heinrich  von  Haugwitz  das  diesem  verpfandete, 
durch  seine  Goldbergwerke  wichtige  Beichenstein  nebst 
Silberberg  ein.  1358  verkauft  ibm  der  iilteste  der  Sobne 
Boleslaws  von  Brieg,  Herzog  Wenzel,  die  ihm  zugehorige 
Halfte  von  Brieg  und  Ohlau  und  liberlafst  ibm  auch  pfand- 
weise  Goldberg.  1360  seben  wir  ihn  dann  das  von  Bole- 
slaw  an  Biscbof  Preezlaw  verkaufte  oder  wohl  riclitiger  ge- 
sagt  verpfandete  Grottkau  dem  letzteren  mit  bewaffneter 
Macbt  wieder  abnebinen,  wabrscheinlich  auf  Grund  eines 
von  Herzog  Wenzel  an  ihn  abgetretenen  Riickkaufsanspruches. 
Bolko  beruft  sich  in  dieser  Angelegenheit  ganz  direkt  auf 
ein  Mandat  Kaiser  Karls,  und  in  der  That  sehen  wir  diesen 
den  Bestrebungen  des  Schweidnitzer  Herzogs,  dm'ch  welche 
derselbe  sein  Landgebiet  in  gewaltiger  Weise  vergrofserte, 
nicht  nur  keine  Hindernisse  in  den  Weg  legen,  sondern 
dieselben  sogar  fordern.  Er  tritt  Bolko  nicht  nur  1361 
die  ihm  gehorige  Halfte  von  Glogau  ab,  sondern  verschafft 
demselben  sogar  1364  noch  die  Nieder - Lausitz ,  indem  er 
ihm  gestattet,  dieselbe  von  den  Gebriidern  Markgrafen  von 
Meifsen  um  21000  Mark  lotigen  Silbers  wieder  einzulosen, 
wohl  mit  Rllcksicbt  auf  die  Ansprliche,  welche  Bolko  als 
Enkel  einer  Prinzessin  aus  dem  askanischen  Hause  noch 
zustanden.  Zur  Aufbringung  der  ansehnhchen  Summe 
steuern  die  schweidnitz-jauerschen  Stadte  willig  bei.  Bereits 
im  Mai  1364  nennt  er  sich  in  Urkunden  Markgraf  der 
Lausitz,  wenn  er  gleich  erst  im  November  die  feierlichen 
Huldigungen  empfangt.  Unter  dem  28.  Mai  schreibt  er  an 
die  Stadte    seiner    Lande,    er   habe    an   dem   heutigen    Tage 


184  Drittes  Buch.     Zweitcr  Abschuitt. 

seiii  altes  grofses  Ingesiegel  zerschlagen,  was  sie  in  ihre- 
Blicher  sollten  einzeiclmeii  lassen,  das  neue  Siegel  enthalt 
claun  den  neuen  Titel  und  den  Wappenschild  der  Lausitz, 
den  Stier. 

Karl  konnte  diese  Gebietsvermehrung  des  schlesischen 
Herzogs  sehr  ruhig  mit  ansehen,  da  ja  die  ganze  Herrlich- 
keit  auf  zwei  Augen  stand  und  dahinsank,  wenn  sich  diese 
sclilossen.  Er  hat  indessen  niclits  versilumt,  die  eignen  Erb- 
ansprilche  zu  erhalten  und  zu  festigen.  Anna  hatte  ihrem 
Geiuahl  1358  eine  Tochter  Elisabeth  und  1361  den  erselmten 
Erben,  den  naclnnaligen  Konig  Wenzel,  geboren,  war  aber 
selbst  das  Jahr  darauf  gestorben,  so  dafs  nun  der  Erb- 
anspruch  auf  Schweidnitz  -  Jauer  nur  auf  den  vier  Augen 
der  beiden  kleinen  Sprolslinge  beruhtC;  welche  Anna  ihni 
hinterliefs,  ohne  dafs  dem  Kaiser  selbst  ein  solcher  zuge- 
standen  hiitte.  Indessen  anderte  der  Tod  Herzog  Bolkos 
von  Schweidnitz  am  28.  Juli  1368  die  Verhaltnisse  voll- 
kommen.  Die  Nachricht  traf  den  Kaiser  in  Italien,  und 
erst  im  September  1369  vermochte  er  nach  Deutschland 
zuriickzukehren,  wo  er  dann  nun  die  Ordnung  des  grofsen 
Nachlasses  mit  gewohntem  Eifer  in  die  Hand  nahm.  Dafs 
die  Niederlausitz  jetzt  an  ihn  fiel,  hatte  er  sich  bereits  frliher 
von  den  Markgrafen  von  Brandenburg  zusichern  lassen ;  bei 
anderen  schlesischen  Besitzungen,  welche  dem  Schweidnitzer 
Hei'zog  nur  auf  Lebenszeit  uberlassen  worden  waren,  ver- 
stand  sich  das  von  selbst.  Die  Hauptsache  war  natiirlich 
Schweidnitz  -  Jauer.  Der  Witsve  Bolkos  blieben,  den  Ver- 
triigen  entsj)rechend ,  die  Einkiinfte  des  gesamten  Gebietes 
fiir  ihre  Lebenszeit,  der  nachste  mannliche  Anverwandte, 
Bolko  von  Miinsterberg,  ward  dui'ch  Geld  und  kleinere 
Landabtretungen  bewogen,  alien  Ansprilchen  auf  die  Herzog- 
tiimer  zu  entsagen;  bei  Konig  Kasimir  von  Polen  gait  es 
nur  alte  Schulden  Bolkos  zu  tilgen;  aber  auch  das  Erbrecht 
des  iiltesten  Kindes  der  Konigiu  Anna ,  der  Prinzessin 
Elisabeth,  sollte  abgelost  werden.  Deren  Hand  war  1363, 
wo  Elisabeth  fiinf  Jahr  alt  war,  dem  Markgrafen  Otto  von 
Brandenburg  aus  dem  Hause  Wittelsbach  zugesagt  worden, 
um  diesen  als  den  voraussichtHchen  Nachfolger  seines  kinder- 
losen  Bruders  Ludwig  des  Romers  in  der  Herrschaft  liber 
die  Mark  Brandenburg  an  Karls  Interesse  zu  fesseln. 
Otto  hatte  dann  (l3G4)  auch  fiir  den  Fall,  dafs  er,  wenn 
etwa  der  Bruder  seiner  kiinftigen  Gemahlin,  der  junge  Prinz 
Wenzel,  friihzeitig  stiix'be,  in  den  Besitz  von  Schweidnitz- 
Jauer  kame,  ansehnliche  Landerabtretungen  in  der  Neumark 
und    dem    Lande    Lebus    dem   Kaiser   zugesagt.     Nachmals 


Karl  Herrscher  liber  gauz  Schlcsieii.  185 

aber  hatte  Karl  eine  anclere  Kombination,  Avelche  nun  audi 
das  habsburgische  Haus  in  seine  Familienbeziehungen  hin- 
einzog,  mehr  zugesagt;  Markgraf  Otto  ward  jetzt  mit  der 
inzwischen  Wit  we  gewordenen  altesten  Tochter  Karls  (aus 
erster  Ehe)  abgefunden^  die  junge  Prinzessin  Elisabeth  1366 
Albrecht  von  Osterreich  verlobt  und  diese  nunmehr  1369 
ebenso  wie  ihr  Gemalil  durch  eine  Geldzahlung  bewogen, 
ihren  Anspruch  auf  Schweidnitz-Jauer  ibreni  Bruder  Wenzel 
abzutreten.  Der  letztere,  damals  neun  Jahre  alt^  wird  dann 
durch  seinen  Vater  kraft  dessen  kaiserlicher  Machtvoll- 
kommenheit  zur  Verfugung  liber  Schweidnitz-Jauer  milndig 
gemacht,  und  nun  vermacht  derselbe  seineni  Vater  filr  den 
Fall  seines  Todes  die  Herzogtlimer  Schweidnitz-Jauer,  deren 
Stande  jetzt  Wenzel  huldigen  und  dem  Kaiser  Eventual- 
huldigung  leisten ,  wogegen  dieser  ihnen  gegenliber  mit 
Gnadenbriefen  und  Freiheiten  nicht  kargt  und  diese  Lande 
nie  von  der  Krone  Bohmen  zu  trennen  und  immer  dem  alte- 
sten Sohne  zu  iibergeben  verspricht. 

Nun  erst  durfte  Karl  den  Besitz  von  Schweidnitz-Jauer 
als  gesichert,  ganz  Schlesien  in  seiner  Hand  vereinigt  an- 
sehen.  Diese  Herrschaft  ist  ihm  thatsachlich  nie  bestritten 
worden.  Seine  kaiserliche  Wlirde,  der  Ruhm  seiner  Staats- 
kunst  und  Weisheit  sicherten  seine  Stellung  auch  den  schle- 
sischen  Fursten  gegenliber.  Dieselben  als  seine  Lehensleute 
zu  einem  grofsen  Kriegszuge  aufzubieten,  hat  der  fried- 
liebende  Monarch  nvir  sehr  vorlibergehend  Veranlassung  ge- 
habt ;  doch  verstand  er  es,  was  sein  Vater  immer  verschmiiht 
hatte,  diese  Herzcige  naher  an  seine  Person  zu  fesseln,  sie 
seinem  Hofadel  einzureihen.  Mit  wenigen  Ausnahmen  linden 
wir  die  zahlreichen  schlesischen  Flii'sten  wiederholt  an  seinem 
Hof lager,  sehen  dieselben  bei  dem  Austrage  iuternationaler 
Streitigkeiten  als  Schiedsrichter  fungieren,  ihn  aui  seinen 
Reisen  ins  Reich  begleiten,  seinen  Urkunden  als  Zeugen 
dienen,  ja  manche  derselben,  wie  z.  B.  Bolko  von  Falken- 
berg,  Primko  von  Teschen,  Heinrich  von  Brieg,  im  kaiser- 
lichen  Dienste  als  Hofrichter  amtieren,  und  es  unterliegt 
kaum  einem  Zweit'el,  dafs  diese  Herzoge,  so  lange  sie  im 
Hofdieust  des  Kaisers  standen,  auch  in  gewisser  Weise  von 
ihm  Lohnung  empfaugen  haben. 

Dais  er  der  Schiedsrichter  ihrer  Streitigkeiten  war,  ver- 
stand sich  von  selbst,  wie  auch,  dafs  er  dieses  Richteramt 
andern  libertragen  konnte.  Es  hat  nun  an  Streitigkeiten 
der  kleinen  Dynasten  unter  einander  nicht  gefehlt,  und 
einige  Falle  von  allgemeinerer  Bedeutung  verdienen  hier 
wohl  hervorgehoben  zu  werden. 


|g€  Drittes  Bucli.     Zweiter  Abschnitt. 

Als  Konig  Johann  die  Herrschaft  iiber  Schlesieu  antrat, 
war  unzweil'elhal't  der  angesehenste  Filrst  sein  Scluvager 
Bulcolaw.  Derselbe  gebot  damals  in  NiederschJesien  iiber 
die  Gebiete  von  Liegnitz,  Goldberg,  Ilaynau,  Liiben  und 
oderaufwiirts  von  Breslau  iiber  Brieg,  Grottkau,  Kamslau, 
Berustadt,  Ki-euzburg,  Pitschen.  Aber  eine  mafslose  Ver- 
schwondung  brachte  ihn  um  den  grofsten  Teil  seines  Land- 
besitzes,  es  kam  so  weit,  dafs  er  1339  die  Lande  Haynau 
und  Liegnitz  an  vier  Breslauer  Biirger  verptandete,  und 
zwar  niclit  blofs  die  Einkiinfte,  sondern  auch  alle  Hoheits- 
reclite  der  Lande,  so  dafs  thatsaclilich  die  ganze  Regierung 
derselben  in  den  Handen  der  Gliiubiger  lag,  welche  sie 
dann  allerdings  durch  zwei  Adelige,  den  Breslauer  Haupt- 
mann  Kunad  von  Falkenhain  und  Johannes  Schirnier,  ver- 
walteu  lassen  mulsten,  ja  Boleslaw  ward  sogar  nieht  ohne 
Beiliilte  des  bohmischen  Kouigs  Johann  resp.  seines  Thron- 
folgers  Karl  gencitigt,  vor  einem  aus  fiinf  adeligen  Vasallen 
und  fiinf  Liegnitzer  Biirgern  gebildeten  Gerichtshofe  seinen 
Unterthanen  gegeniiber  Recht  zu  uehmen.  Die  Zustaude 
wurden  allmlihlich  in  solchem  Grade  unhaltbar,  dafs  ernst- 
licli  zu  befiirchten  war,  die  bohraische  Krone  mochte  ein- 
schreiten  und  die  Lande  unter  irgendwelchem  Vorwaude 
sich  direkt  annektieren,  und  so  entschlofs  sich  denn  der 
Herzog  1341,  die  wcstliche  Halfte  seines  Gebietes  Liegnitz, 
Haynau  und  Goldberg  seinen  beiden  Scihnen  Weuzel  und 
Ludwig  abzutreten,  welche  dann  niit  Zuhilfeuahme  der  Mit- 
gifteu  ihrer  Gemahlinnen  das  Verpfandete  einzulosen  imd 
so  wieder  geordnetere  Verhaltnisse  herbeizufiihren  vermoch- 
ten.  ,1345  teilten  die  Briider  ihre  Herrschaften ,  doch  da 
der  Altere  die  verschwenderischen  Xeigungen  des  Vaters 
geerbt  zu  haben  schien,  so  begannen  die  Verpfandungen 
von  neuem,  und  Ludwig,  Veriiufseruugen  an  Konig  Karl 
fiirchtend,  griff  endlich  zu  dem  seltsamen  Mittel,  dem  Bruder 
auch  seinen  xVnteil  abzutreten  gegen  bindende  Zusicherungen 
fiir  den  Fall  von  dessen  Tode,  worauf  dann  Ludwig  das 
verpfandete  Liiben  fiir  sich  einloste  und  auf  diesem  kleinen 
Besitztume  haushielt,  bis  beim  Tode  Herzogs  Boleslaw 
1352  oder  eigentlich  erst  1358  nach  dem  seiner  Wit  we 
Katharina,  welche  die  Lande  als  Leibgedinge  besafs,  auch 
die  ostliche  Halfte  des  Landbesitzes,  von  der  allerdings  Bo- 
leslaw das  Grottkausche  1342  an  den  Bischof,  das  Gebiet 
von  Namslau  an  Konig  Karl  und  Kreuzbui'g,  Pitschen  und 
Konstadt  an  die  Krone  Polen  verpfiindet  resp.  verkauft 
hatte,  zur  Teilung  kamen,  wo  dann  Wenzel  sich  beeilte, 
seine    Halfte    wiederum    an    den    Schweidnitzer   Herzog    zu 


Die  Herziige  vou  Liegnitz-Bricg.  187 

versetzen.  Nacli  dessen  Tode  1368  ist  es  nun  Ludwig  I., 
einera  sorgsamen  imd  sparsaraen  Fursten,  gelungen,  nacli 
mannigfaclieu  Streitigkeiten  rait  dem  unruhigen  Bruder,  in 
welcliem  nielir  als  eimnal  Ktiaig  Karl  zii  vermitteln  hatte^ 
wenigsteus  die  Lande  Brieg  imd  Olilau  (auf  der  andern 
Seite  noch  Liiben  dazu)  vollstandig  in  seine  Gewalt  zu  be- 
komnien  und  eudlich  auch  Kreuzburg  und  Pitschen  wieder 
zu  erlangen,  welches  ilnn  allerdings  die  Herzoge  von  Oppeln 
streitig  raachten  und  erst,  nachdem  sie  bei  Kreuzburg  in 
einem  Treffen  den  Waffen  Ludwigs  unterlegen  Avaren,  her- 
gaben. 

AYiihrend  inzwischen  in  dem  Liegnitzer  Lande  die  ilble 
Wirtschaft  Herzog  Wenzels  bis  an  dessen  Tod  (1364)  fort- 
dauerte,  wenngleich  auch  er  zur  Grilndung  eines  Kollegiat- 
stiftes  in  Liegnitz  (zum  heiligen  Grabe)  die  Mittel  gefunden 
hat,  erlebte  das  Herzogtum  Brieg  unter  der  langen  Kegie- 
rung  des  Herzogs  Ludwig  (f  1398)  ungleich  bessere  Zeiten. 
In  seiner  Zeit  erhob  sich  in  Brieg  der  Neubau  der  statt- 
lichen  Nikolaikirche ,  deren  Pati'onat  den  Johanniterrittern 
in  Lossen  zustand,  und  1368  errichtete  der  Herzog  hier  ein 
Kollegiatstift,  dessen  gotische  Kirche  neben  den  Ruiuen  des 
Piastenschlosses  noch  heute  von  jenen  Zeiten  Kunde  giebt. 
Ludwig  weihte  das  Stift  seiner  berilhmten  Ahnfrau,  der 
heiligen  Hedwig,  aus  deren  haudschriftlicher  Legende  er 
sich  auch  durch  Nikolaus  von  Posen,  den  Hofnotar  Bischof 
Preczlaws,  einen  Auszug  fertigen  und  denselben  1353  mit 
64  noch  heute  uns  erhaltenen  Bildern  illustrieren  liefs.  Offen- 
bar  besafs  Herzog  Ludwig  ein  gewisses  historisches  Literesse, 
eine  Eigensciiaft ,  die  wir  sonst  nicht  allzu  vielen  der  schle- 
sischen  Teilfiirsten  nachzuriihmen  vermogen,  und  wie  wir 
"von  ihm  erfahren,  dafs  er  nach  den  Grabstatten  der  alten 
schlesischen  Bischofe  in  Schmograu,  wo  ja  einst  zeitweise 
ihre  Residenz  war,  hat  nachgraben  lassen,  so  erkennen  wir 
auch  bei  der  bedeutendsten  alteren  schlesischen  Chronik  aus 
ihrer  Widniung  an  Herzog  Ludwig  wie  aus  der  unverkenn- 
bareu  Parteilichkeit  fllr  denselben,  dais  er  auf  ihre  Ent- 
stehung  einen  gewissen  Einflufs  geiibt  hat,  so  dais  auch  die 
Vermutung  manches  fiir  sich  hat,  dieselbe  sei  aus  dem 
Brieger  Hedwigstit'te  hervorgegangen.  Es  ist  dies  die  etwa 
138485  geschriebene  sogenannte  Chronica  principam  Po- 
loniae.  Wenn  es  uns  befremden  kann,  dais  hier  die  ganz 
und  gar  deutschen  Fiirsten  des  damaligen  Schlesiens  als 
polnische  Fiirsten  bezeichnet  werden,  so  mufs  darauf  hin- 
gewiesen  werden,  dafs  es  dem  Verfasser  oflfenbar  nur  darum 
zu  thun  war,    die  Abstararaung  dieser   schlesischen  Herzoge 


18S  Drittes  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

von  dcr  bis  in  die  sagenhafteste  Vorzeit  zurllckreichendeii 
pulnisclicn  Ilerrsclierlaxnilie  naehzuweisen  und  damit  den 
Eulim  des  Geschlechtes  zu  erhohen,  nicht  anders,  wie  Avenn 
■\vir  noGh  jetzt  diese  Fiirsten  als  Piasten  bezeichnen,  welches 
Wort  auch  eigentlich  nur  die  Bedeutung  des  eingeborenen 
Pulentums  entlialt. 

In  Ludwig  1.  tritt  uns  einmal  das  Bild  eines  Avirklicii 
landcsvilterlicli  gesinnten  und  wirkenden  schlesischen  Fiirsten 
entgegen,  ein  Typus,  wie  er  docli  nicht  allzu  hiiufig  hier 
sich  vertreten  fiudet. 

In  Oberschlesien  erlosch  wahrend  der  Regierung  Karls  IV. 
der  Mannsstamm  eines  der  dortigen  Teiliiirsten  im  Jahre 
1355  niit  dem  Tode  Bolkos  von  Kosel-Beiithen,  und  wieder- 
um  stellte  sich,  wie  schon  1336  bei  der  Erledigimg  des 
Herzogtums  Ratibor,  das  alte  polnische  Erbrecht  mit  aus- 
gedehnten  Erbansprlichen  der  Verwandtschaft  dem  Lehen- 
recht  entgegen,  und  erst  ein  Urteil  des  kaiserHchen  Hof- 
gerichtes  entschied  den  Streit  auf  Grund  der  Lehensurkunde 
weiland  Herzog  Wladyslaws  zugunsten  des  Erbrechts  der 
darin  ausdi'iickhcli  als  Erben  anerkannten  nachsten  weib- 
lichen  Verwandten ,  namlich  der  Schwester  des  letzten 
Herzogs  Bolko,  resp.  ihres  Gemahls  Konrad  von  Ols  und 
der  altesten  Tochter  Bolkos,  vermiihlt  mit  dem  Herzog 
Primko  von  Teschen,  welche  nun  allerdings  wieder  zu  ver- 
schiedenen  Abfindvmgeu  genotigt  waren.  Es  trat  hier  mit 
Plerzog  Konrad  von  Ols,  der  nun  den  auch  auf  seine  Kach- 
kommen  vererbten  Titel  eines  Herzogs  von  Kosel  annimmt, 
ein  Fiirst  aus  dem  eigentlichen  Schlesien  in  die  Reihe  der 
oberschlesischen  Dynasten. 

Unter  den  oberschlesischen  Piasten  jener  Zeit  verdient 
einer  besonders  hervorgehoben  zu  werden,  wenngleich  der 
eigenthche  Hauptschauplatz  seiner  Thatigkeit  aufserhalb  der 
schlesischen  Greuzen  gelegen  hat.  Es  war  dies  Wladyslaw 
von  Oppeln,  mit  seinem  jiingeren  Bruder  Bolko  der  Erbe 
Bolkos  n.  von  Oppeln.  Schon  vor  dessen  Tode  (1356)  in 
jungen  Jakren  war  er  an  den  Hof  seines  Oheims  von 
miitterUcher  Seite,  des  Ungarnkonigs,  gekommen,  in  dessen 
Dienste  getreten  imd  schnell  zu  grofseu  Ehren  gelangt,  als 
einflufsreichster  Ratgeber  und  geschatztester  Diplomat.  In 
dieser  Eigenschaft  wirkte  er  dann,  als  Konig  Ludwig  sich 
durch  ein  ehrenkrankendes  Wort  liber  die  Konigin  -  Mutter 
von  Ungarn  beleidigt  fand,  an  der  Herstellung  eines  grofsen 
gegen  Karl  IV.  gerichteten  Biindnisses,  das  Ungarn,  Polen, 
die  osterreichischen  Herzoge  und  Herzog  Meinhard  von 
Bayern  umschlofs,  eifrig  mit  (1362),  ja    er  stand    sogar   an 


Herzog  Wladyslaw  vou  Opx^eln.  189 

der  Spitze  des  Heeres,  welches  Ludwig  gegen  Mahren  ent- 
sendete.  Freilich  trug  der  Bund  keine  Friichte ;  der  Ungarn- 
konig,  von  den  Yerbiindeten  im  Stich  gelassen,  liefs  sich 
bald  wieder  zu  Unterhandlungen  bereit  finden,  und  als  diese 
Erfolg  batten,  gewabrte  Karl  seinem  ungetreuen  Lebens- 
manne  gern  wieder  Verzeibiing,  ja  er  gab  ibm  sogar,  um 
einen  dankbaren  Freund  in  Ludwigs  Umgebung  zu  ge- 
winnen,  einen  besonderen  Beweis  seiner  Gunst,  indem  er 
ibm  1367  gestattet,  seine  scblesiscben  Lande  in  Ermangelung 
mannlicher  Nacbkomraen  auf  seine  Tochter  zu  vererben, 
wodurcb  er  allerdings  die  Erwartungen  und  Hoffiiungen  seines 
treuen  Dieners,  des  Herzogs  Bolkos  III.,  Wladyslaws  Bru- 
dei',  welcher  darauf  rechnete,  der  Bruder  werde  mit  seinen 
Erfolgen  in  Ungarn  zufrieden  auf  seine  scblesiscben  Be- 
sitzungen  verzicbten,  arg  tauscbte. 

Wladyslaw  fand  vielfacbe  Gelegenbeit,  sicb  dankbar  zu 
zeigen,  indem  er  am  Hofe  Ludwigs  zugunsten  Karls  tbiitig 
war,  wenn  die  Eifersucbt  Konig  Kasirairs  und  die  unver- 
scibnlicbe  Feindscbaft  der  Wittelsbacber  zu  neuen  Anscblag-en 
gegen  die  wacbsende  Macbt  des  Kaisers  zu  drangen  sucbten. 
Recbt  deutlich  zeigte  sicb  das  1372,  als  in  Ofen  die  ersten 
Unterbandlungen  iiber  eine  Vermablung  des  kaiserlicben 
Prinzen  Sigisraund  mit  Maria,  der  Tocbter  Ludwigs,  ge- 
pflogen  wurden,  und  Primko,  Herzog  von  Tescben,  als  Ge- 
sandter  Konig  Karls  mit  Wladyslaw  von  Oppeln,  dem  un- 
gariscben  Bevollmachtigten,  zu  verbandeln  batte.  Damals 
eilte  Herzog  Stepban  von  Bayern  selbst  berbei,  um  die 
Sacbe  zu  bintertreiben ,  und  zwiscben  ibm  und  Wladyslaw 
ist  es  damals  zu  so  beftigen  Auftritten  gekommen,  dafs  nur 
das  Dazwiscbentreten  des  Konigs  Thatlicbkeiten  verbin- 
dert  bat. 

^Alady slaws  Stelkmg  war  durcb  den  Tod  Kasimirs  1370 
nur  aufs  neue  befestigt  worden.  Sein  Eifer  babnte  Ludwig 
die  T\^ege  zur  Nacbfolge  aucb  in  Polen,  und  der  Konig 
kargte  nicbt  mit  seinem  Danke.  War  der  Herzog  bereits 
Palatin  von  Ungarn,  Graf  von  Presburg  gewesen,  so  erbielt 
er  jetzt  das  Wieluner  Land,  d.  b.  das  ganze  von  dem 
oberen  Lauf  der  Wartba  eingescblossene ,  dem  Oppelner 
Herzogtum  benacbbarte  Land  (allerdings  bei  Emiangelung 
mannlicber  Erben  nur  auf  Lebenszeit),  und  im  Herbste  1372 
aucb  das  beutige  ostlicbe  Galizien  als  eigenes  Lebensfursten- 
tum.  Und  in  Scblesien  batte  man  alien  Grund,  sich  der 
wacbsenden  Macbt  des  Landsmannes  aufserbalb  der  scble- 
siscben Grenzen  zu  freuen.  Eifirig  wirkte  derselbe  in  den 
ibm  unterworfenen  Landen  fiir  Verbreitung  deutscber  Kultur, 


190  Drjttes  lUicli.     Zweitcr  Absclmitt. 

gewJihrte  den  schlesischen  Kaui'leuten  Handelsvorteile  und 
hielt  Kuhe  und  Ordiiung  aufrecht.  Freilich  hatte  er  die 
pohiisclie  Adelspartei  gegen  sich.  Dauerndes  hatte  er  in 
seinem  langen  Leben  (er  stirbt  erst  1408)  und  in  den 
wechselnden  Stellungen,  die  er  dann  noeh  bekleidet,  nirgends 
zu  schafFen  vermocht,  und  speziell  fiir  die  Geschichte  ^chle- 
siens  ist  er  im  grol'sen  und  ganzen  olme  Einfiufs  geblieben. 
In  seinen  Oppehier  Landen  innerhalb  deren  alter  Grenzen 
sind  ihm  seine  Neffen  gefolgt,  seine  Tocliter  haben  sich  mit 
Gehlabtindungon  begniigen  miissen. 

Flir  das  ganze  System  Karls  IV.  wiirde  es  natiirhch  von 
grofser  VVichtigkcit  gewesen  sein,  in  dem  nun  ganz  und  gar 
unter  seiner  Herrschaft  vereinigten  ISchlesierlande  auch  den 
Laudesbischof  in  die  geistliche  Hierarchic  des  bohinischen 
Eeiches  eingeiugt  zu  sehen,  wozu  dann  also  die  Losung  von 
dem  Metropolitanverbande  mit  Gnesen,  dem  letzten  Bande, 
das  Schlesien  noch  mit  Polen  verkniipl'te,  notwendig  ge- 
wesen ware. 

Die  Griindung  eines  eigenen  Erzbistums  fiir  das  Ktinig- 
reich  Bohmen  im  Jahre  1344,  welche  Karl  noch  als  Kron- 
prinz  durchsetzte,  schien  dazu  die  beste  Gelegeuheit  zu 
bieten,  und  der  damalige,  dem  Kaiser  so  wohlgesinnte  Papst 
Klemens  VI.  (1342 — i352)  zeigte  sich  auch  in  der  TJiat 
geneigt,  gegen  das  Versprechen,  den  Peterspfenuig  in  der 
ganzen  Breslauer  Diocese  einzut'iihren,  Karls  WAmsch  zu  er- 
tiillen  und  das  schlesische  Bistum  dem  Prager  Sprengel  hinzu- 
zutiigen.  Von  dem  Breslauer  Bischof  Preczlaw,  dem  Karl 
eben  den  wichtigcn  ansehnlichen  Erwerb  des  Grottkauer 
Landes  gestattet  und  vermittelt  hatte,  der  dann  selbst  als 
Kanzler  in  seine  Dienste  trat,  raochte  er  keinen  Widerspruch 
furchten,  und  in  der  That  sehen  wu'  im  Jahre  1348  Precz- 
law  in  wichtigen  staatsrechtlichen  Urkunden  unter  den 
Hauptwurdentragern  Bohmens  neben  dem  Erzbischof  von 
Prag  und  desseu  Suffraganen,  den  Bischolen  von  Olmiitz 
und  Leitomischl,  auftreten,  als  sei  or  schon  einer  von  diesen. 
Dennoch  kam  die  Sache  nicht  recht  in  den  Gang;  der  Erz- 
bischof von  Gnesen  wehrte  sich  aus  alien  Ki'aften  dagegen, 
und  Konig  Kasimirs  Kanzler  sparte  am  Hofe  zu  Avignon 
weder  Geld  noch  Miihe,  gegen  den  Plan  zu  wirken,  und 
nahm  sogar  keinen  Anstand,  einen  von  Karl  produzierten 
Brief  Kasimirs  liir  gefiilscht  zu  erkliiren.  Selbst  Klemens  VI. 
schreibt  loOU  dem  Konig  bedauernd  iiber  die  Hiudernisse, 
die  sich  dem  verabredetcn  Werke  entgegenstellten,  wenn  er 
gleich  noch  immer  seinen  guten  Willcn  beteuert.  Als 
dann  im  folgenden  Jahre  Kfinig  Kasimir  mit  dem  Erzbischofe 


Vergeblichev  Versucli  einer  Treunung  d.  Bist.  Breslau  v.  Guesen.    191 

von  Gnesen  in  Breslau  erschien,  gewann  nun  audi  hier  die 
polnische  Partei  im  Domkapitel  wieder  neuen  Mut.  Es  ist 
ja  vvohl  schwerlich  wahr,  wenn  die  Breslauer  nachmals  be- 
liauptet  haben,  die  Herren  vom  Kapitel  batten  damals  da- 
nacb  getrachtet,  den  Polenkonig  hier  wieder  zum  Herrn 
zu  rnachen ;  aber  scbon  der  Verdacht  zeugt  fiir  die  grofse 
Spannung  der  Geister,  und  es  war  docb  ein  starkes  Stuck, 
dafs  jener  Kanzler  Kcinig  Kasimirs,  der  in  Avignon  so 
schroff  und  beleidigend  dem  bobmischen  Plane  entgegen- 
getreten  war,  dabei  eine  der  bochsten  Pralaturen  der  Bres- 
lauer Kircbe,  namlich  das  Amt  eines  Decbanten,  bekleidete. 
Dem  Biscbof  Preczlaw  mifsfiel  es  docb  sebr,  als  damals  der 
Erzbipcliof  von  Gnesen  seine  Zustimmung  zu  der  Lostren- 
nuug  Breslaus  von  der  Abzweigung  eines  Teiles  dieser  Diocese, 
also  wobl  Oberscblesiens,  abbangig  macbte,  und  Konig  Karl 
mufste  durcb  eine  besondere  Urkunde  berubigen,  dafs  er  an 
derartiges  nicht  denke. 

Inzwiscben  starb  nun  audi  Karls  Freund,  Klemens  VI. ; 
mit  seinem  Nacbfolger  Innocenz  VI.  kam  er  scbon  wegen 
seines  grofsen  Werkes,  der  goldenen  Bulle,  welcbe  das  Reicb 
zu  unabbangig  vom  Papste  zu  stellen  scbien,  in  Mifshellig- 
keiten,  und  so  verlor  der  grofse  Plan  immer  mebr  an  Aus- 
sicht  auf  Verwirklicbung.  Umsonst  tauscben  audi  in  Scble- 
sien  Kaiser  und  Biscbof  nocb  einmal  1358  eifrige  Treu- 
versicberungen  und  reicbe  Privilegienbestatigungen  aus,  die 
Beziebungen  werden  bier  von  Jabr  zu  Jabr  gespannter,  und 
Karl  niufs  mit  Preczlaw  sebr  unzufrieden  gewesen  seiii, 
wenn  er  1360  seinen  Freund,  den  Herzog  Boiko  von 
Schweidnitz,  so  gewaltsam  gegen  jeiieii  vorgehen^  und  Grott- 
kau  von  ibm  zuriickfordern  lafst.  Audi  die  Ubertragung 
der  Haiiptmannscbaft  .1360  an  den  Breslauer  Rat  empfanden 
Biscbof  und  Kapitel  als  einen  gegen  sie  gefiibrten  Scblag 
bei  der  Feindscbaft,  die  zwiscben  beiden  Gewalten  berrscbte. 
Preczlaw  scbien  es  eben  mit  biifsen  zu  sollen,  dafs  Karl  in 
jeneni  Jabre,  um  einer  drobenden  Verbindung  von  Ungarn 
und  Polen  gegen  ibn  vorzubeugen,  Kasirair  das  Versprechen 
gab,  an  einer  Lostrennung  Breslaus  von  der  Diocese  Gnesen 
nicbt  mebr  zu  arbeiten,  und  1365  ver.«;icbert  Papst  Urban  V. 
dem  Konige  Kasimir,  der  Kaiser  babe  niemals  bei  ibm 
Scbritte  in  dieser  Angelegenbeit  getban. 

In  der  Tbat  scbeint  Karl  nicbt  einmal  bei  Gdegenbeit 
seines  zweiten  Romerzuges  1368,  wo  er,  dessen  Waffen 
Urban  V.  nacli  Rom  zurilckfiibrten,  von  diesem  vieles  batte 
verlangen  kcinnen,  jencn  Plan  wieder  aui'genommen  zu  baben. 
Wobl  aber  bat  er  damals  die  Gdegenbeit  benutzt,  ein  papst- 


192  Drittes  Biicli.     Zweitei-  Abschuitt. 

liches  Mandat  zur  Entscheidung  eines  Streites  zwisclien  der 
Breslauer  Donigeistliclikeit  uiid  dera  dortigen  Rate  zu  er- 
langen.  Der  Scliied  ging  jetzt  dahin,  dais  der  Rat  das 
Reclit  liabcn  solle,  alle  Unterthanen  des  Bischofs  und  des 
Kapitels  wegen  irgendwelcher  Verbrechen  oder  Vergelien, 
unci  audi  wegen  Geldschulden,  falls  sie  in  der  Stadt  be- 
troffcn  wiirdeu,  festzuhalten  und  vor  dem  Stadtgerichte  liber 
sie  Recht  zu  sprechen,  ohne  dafs  es  dem  Bischofe  und  dem 
Kapitel  gestattet  sein  solle,  deshalb  die  Stadt  mit  dem  Inter- 
dikte  zu  belegen;  alle  entgegenstehenden  Statuten  Avurden 
fiir  aufgehoben  erklart,  und  jede  Art  von  Appellation  ward 
von  vornberein  ausgescblossen. 

Die  Strenge  der  Entscheidung  bat  damals  wolil  das  Ka- 
pitel naraentlich  rait  Rucksicbt  auf  des  Kaisers  dem  Klerus 
sonst  so  giinstige  Gesinnung  iiberrascbt ,  und  auch  der 
Biscbof  Preczlaw,  der  im  Verlaufe  dieses  Streites,  wenngleicb 
nicbt  obne  eine  reservatio  mentalis,  auf"  das  Verlangen  des 
Kaisers  ausdriicklicb  erklart  batte,  dafs  dem  Bischofe  kein 
Recht  an  Stadt  und  Fiirstentum  Breslau  zustebe,  ist  dem 
Vorwurf  allzu  grofser  Nacbgiebigkeit  nicbt  entgangen,  aber 
in  AA'^abrbeit  baben  auch  die  Breslauer  Domberreu  nacli  des 
Kaisers  Tode  diesen  lebbaft  zuriickgesebnt,  und  die  Bres- 
lauer Kirche  bat  unter  dera  friedliebenden  Preczla^v  (1341 
bis  137G),  welcber  ibr  auch  den  grofsen  Giiterkomplex  am 
mahrischen  Gesenke,  dessen  sie  sich  noch  heute  erfreut,  er- 
worben  hat,  ibre  beste  Zeit  gehabt;  von  dieser  stararat  der 
stolze  Beinarae  des  goldenen  Bistums  her,  den  nicbt  alle 
Folgezeit  zii  bebaupten  vermocht  bat. 

Kaiser  Karl  hat  bei  dem  eben  erwabnten  Sti'eite  der 
Breslauer  mit  dem  Domkapitel  sebr  sorgfaltig  Gutacbten 
eingefordert  von  den  scblesiscben  Fiirsten,  den  Stadten  des 
Landes,  der  Breslauer  Ritterscbaft,  deren  viele  noch  heute 
erhalten  sind.  Es  ist  dies  recht  charakteristisch  fiir  diesen 
Regenten,  dessen  Siegel  den  schonen  Spruch  fiihrt:  „urteilt 
gerecht,  ibr  Menschensobne".  Es  lagen,  wenn  man  so  sagen 
darf,  konstitutionelle  Neigungen  in  ihm;  iiberall  bei  wich- 
tigen  Entscbeidungen  spricht  sich  der  Wunsch  aus,  die  Ge- 
rechtigkeit  seiner  Entscbeidungen  durch  die  Zuziehung  kom- 
petenter  Berater  aufser  alien  Zweifel  zu  stellen,  und  ebenso 
diirfen  Avir  ibn  als  ein  hervorragendes  organisatorisches  Genie 
bezeichnen. 

]\Ian  hat  wohl  gesagt,  es  babe  sich  um  die  Mitte  des 
13.  Jabrbunderts  allerorten  bei  den  roraanischen  wie  bei 
den  gerraanischen  Volkern  ein  Streben  nach  erneuten  Ver- 
fassungen   gezeigt.     In  Spanien   wie   in  Italien,   in  England 


Gesetzgebung  in  Schlesien.  193 

^de  in  Frankreich  lassen  sicii  derartige  Bestrebimgen  in 
jener  Zeit  nacliweisen.  Als  einen  Hauptvertreter  dieser  Rich- 
tung  diirfen  wii*  eben  Karl  IV.  bezeichnen;  und  in  dem 
Geiste,  in  dem  er  1356  mit  der  goldnen  Bulle  der  Verf as- 
sung  des  romischen  Reiches  auf  Jahrhunderte  hinaus  ein 
festes  Grundgesetz  gegeben,  und  ebenso  fiir  Bohmen  ein 
allgemeines  Gesetzbuch,  die  sogenannte  majestas  Carolina, 
abfassen  liefs,  deren  Annahme  dann  allerdings  den  boh- 
mischen  Stiinden  bedenklich  erschienen  ist,  in  diesem  Geiste 
hat  er  audi  in  Schlesien  gewirkt,  in  Gesetzgebung  und  Ver- 
waltung.  AVir  gedenken  der  letzteren  zuerst,  weil  gerade 
liier  Karls  Einflufs  am  bestimmtesten  naclizuAveisen  ist.  Es 
handelt  sich  dabei  an  erster  Stelle  um  jenes  denkwlirdige 
Landbuch  Karls  IV.  fur  das  Herzogtum  Breslau,  eine  Auf- 
zeichnung,  welche,  ohnegleichen  in  ilirer  Zeit  und  nur  noch 
iibertroffen  von  desselben  Herrschers  1373  fur  die  Mark 
Brandenburg  veranstalteten  Landbuebe,  auf  einmal  hier  dem 
gesamten  Grundbesitze  im  Fllrstenturae  Breslau  mit  den 
darauf  haftenden  Zinsen  und  Renten  eine  teste  und  gesetz- 
mafsige  Grundlage  gab  und  jeder  Willkiir  Schranken  setzte ; 
eine  groisartige  Arbeit,  welche  alien  spateren  Katastrierungen 
zur  Grundlage  gedient  hat  und  zugleich  auf  die  Ausdehnung 
der  menschliclieu  Besiedelungeu  in  jener  Zeit  ein  iiber- 
raschendes  Licht  wirft,  indem  sie  uns  mit  verschwindenden 
Ausnahmen  alle  die  Dorfer,  welche  wir  jetzt  in  den  Ki'eisen 
Breslau,  Neumarkt  und  Namslau  antreffen,  schon  damals 
vorhanden  zeigt.  Die  Vorarbeiten  djizu  wui-den  im  Februar 
1352  von  Konig  Karl  den  Breslauer  Konsuln  und  dem 
Kanzler  des  Fiirstentums  Dietmar  von  Meckebach  aufge- 
tragen  und  das  Landbuch,  wie  wir  annehmen  dlii'fen,  im 
Jahre  darauf  ausgefuhrt.  Und  um  dieselbe  Zeit  und  mittel- 
bar  oder  unmittelbar  aus  denselben  Impulsen  entstand 
dann  auch  das  denkwlirdige  sogenannte  schlesische  Land- 
recht,  welches  die  Sechser-Kommission,  jene  zur  Fortbildung 
des  materiellen  Rechtes  auf  Grund  eines  Privilegs  Konig 
Johaans  von  1346  eingesetzte  und  halb  aus  den  Mannen 
des  Fiirstentums ,  halb  aus  Breslauer  Konsuln  gebildete 
Kommission,  im  Jahre  1356  hier  zusammenstellte ,  eine  Be- 
arbeitung  des  imter  dem  Kamen  des  Sachsenspiegels  be- 
kannten  Gesetzbuches.  Dasselbe  erlitt  hier  einige  Ande- 
rungen,  namentlich  auf  dem  Gebiete  des  Erb rechtes,  zu- 
gunsten  der  weibHchen  Erbfolge,  ohne  dafs  Avir  jedoch  fest- 
zustellen  vermochten,  ob  hierbei  eine  Erinnerung  an  das 
polnische  Recht  oder  Einwirkungen  des  rfimischen  Rechtes, 
von    welchem     wir    ja     schon     aus     dem    14.    Jahrhundert 

Grunhagen,  Gesch.  Sclilesiens,    I.  13 


194  Drittes  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

in  Schlesieu  urkundliche  Spuren  praktischer  Anwendung 
naclnveisen  konncn,  oder  nur  allgemeinc  BilligkeitsrUcksicliteu 
jeiie  Abweichungen  von  den  den  Mannsstanini  strenger  be- 
giinstigenden  Festsetzungen  des  sachsischen  Rechtes  lierbei- 
gefilhrt  haben.  War  dasselbe  gleich  ursprilnglich  aucli  nur 
fur  das  Fiirstentum  Breslau  bestimmt;  so  hat  es  unzweifclhaft 
doch  bakl  ungehindert  durch  die  papstliche  Verdanunung 
des  Sachsenspiegels  1356  Geltung  fiir  den  grofsten  Teil 
Schlesiens  gewonnen,  wie  das  schon  die  zahlreichen  ilberall 
verbreiteten  Handselu'iften  desseiben  beweisen. 

Neben  diesem  „Landrechte"  entstand  dann  aucli  um  die- 
selbe  Zeit  (wahrselieinlich  1359)  ein  eigenes  Breslauer  Stadt- 
recht,  eine  systematische ,  aber  den  Unterscheidungen  des 
rcimischen  Rechtes  noch  ganz  fernstehende ,  zum  Gebrauche 
flir  die  Schott'en  bestimmte  Zusanimenstellung  des  aus 
Magdebiu'g  eingebiirgerten  Rechtes,  das  dann  gleichfalls  aus 
Breslau  in  viele  andere  schlesische  Stildte  iiberging.  Einige 
Jahre  friiher  (l350)  war  auch  der  Schatz  der  Breslauer 
Privilegien,  welche  man  doch  von  den  R^chtssatzungen  sehr 
bestimmt  trennle,  in  einem  besonderen  Buche  zusammen- 
geschrieben  und  durch  eine  beigegebeue  deutsche  Uber- 
setzung  dem  allgemeinen  Verstandnisse  zugaiiglicher  gemacht 
worden. 

Die  angetllhrten  Gesetzbllcher  entstanden  in  Breslau,  und 
wenu  nicht  auf  Anregung  Karls  IV.,  so  doch  in  dessen 
Geiste.  Der  letztere  mulste  ja  in  dem,  was  er  fur  die  Her- 
stelhmg  geordneter  Rechtsverhaltnisse  in  Schlesien  zu  thun 
unternahm,  die  Breslauer  Stadtbehorden  als  seine  Avichtig- 
sten  Organe  ansehen,  wie  deun  doch  liberhaupt  in  den 
Stadten  der  meiste  Sinn  fiir  Gesetzlichkeit  und  auch  das 
grtil'ste  Interesse  dafiir  gefunden  ward,  insofern  ja  Handel  und 
Verkehr  zu  ihrem  Gedeihen  gesetzliche  Zustiinde,  Ridie  und 
Sicherheit  zur  notwendigen  Yoraussetzung  batten. 

Wir  diirfen  in  der  That  nicht  zweifeln,  dafs  Karl  IV". 
die  Stadte  sehr  hoch  liielt.  Als  bei  einem  Besuche  in  Liibeck 
die  dortigen  Ratsherren  den  Titel  „Herren",  rait  dem  er  sie 
begriifste,  bescheiden  ablehnen  wollten,  versichert  er  ihnen 
nachdriicklich :  „Ihr  seid  Herren."  Und  so  hat  auch  den 
Breslauern  gegeniiber  der  Kaiser  nie  mit  Beweisen  seiner 
Gunst  und  seines  Vertra.iens  gekargt.  In  seinem  grofsen 
Gesetzbuche  tiir  Bohmen,  der  majestas  Carolina,  setzt  er 
einige  Biirgerschaften,  „  welche  er,  weil  sie  vor  den  iibrigen 
durch  die  Tugenden  und  die  Reife  ihrer  Biirger  und  die 
Menge  ihrer  Einwohner  sich  auszeichneten,  besonders  geehrt 
"wissen  will",  gleichsam  zu  Wiichtern  jener  Verfassung    ein. 


Begunstigung  Breslaus.  195 

Es   sind    dies   Frag,    Breslau,    Bautzen    und    die    Bergstadt 
Kuttenberg. 

Wir  sahen  bereits,  wie  Karl  zur  Ausarbeitung  seines 
Breslauer  Landbuches  die  Hilfe  der  Konsuln  in  Anspruch 
nimmt.  Diesen  ilbertrligt  er  dann  audi  bereits  1357  ganz 
mid  gar  die  Hauptmanuschaft  des  Breslauer  Landes,  d.  h. 
die  gesamte  Regierung  desselben,  die  kaiserliche  Statthalter- 
schalt,  und  Avenngleicli  von  1369  an,  infolge  Streitig- 
keiten  des  Breslauer  Rats  mit  der  Domgeistlichkeit,  aus 
Rucksicliten  der  Unparteiliclikeit  ein  bohmiscber  Edelmann, 
Timo  von  Kolditz,  als  Landeshauptmann  genannt  wird,  so 
war  das  mehr  pro  forma.  Thatsachlicli  besorgte  der  Rat 
dock  die  Gesckafte,  und  noch  1377  sehen  wir  diesen  liber 
die  Verwaltung  der  kaiserlichen  Einkiinfte  Rechnung  fiihren, 
so  dafs  wir  getrost  annehmen  diirfen,  der  Breslauer  Rat  liabe 
von  1357  bis  an  des  Kaisers  Tod  1378  thatsachkch  das 
Fiirstentum  regiert. 

Insofern  nun  aber  der  Inhaber  der  Breslauer  Haupt- 
mannschaft  das  niichstliegende  Organ  der  Willensakte  des 
Oberlehensherrn  war  und  derselbe  anderseits  schon  seit  Konig 
Johanns  Zeit  mancke  Belugnisse  besals,  die,  wie  z.  B. 
bei  der  Verfolgung  von  Ubeltkatern ,  iiber  die  Grenzen 
des  Fiirstentums  kinausgingen ,  so  kamen  mekr  und  mekr 
die  Breslauer  Konsuln  in  eine  selir  acktunggebietende  Stel- 
Imig  auck  den  scklesiscken  Flirsten  gegeniiber,  die  ja  auck 
so  kaufig  die  Ga^tfreLindsckaft  der  Stadt  Breslau  genossen, 
und  es  hat  daker  kaum  etwas  Wunderbares ,  wenn  wir  die 
Breslauer  Konsuln  vielfack  als  Sckiedsrickter  in  Streitigkeiten 
der  scklesiscken  Herzoge  unter  einander  fungieren  seken ; 
wiederkolt  vermitteln  sie  in  den  Handeln  der  Gebrilder  von 
Lieguitz  -  Brieg ,  Wenzel  und  Ludwig;  auck  den  endlicken 
Sckiedsspruck  fallt  1359  Kaiser  Karl  unter  ikrem  Beirate, 
und  ebenso  werden  sie  berufen,  um  nack  dem  Tode  des 
letzten  Beutkener  Herzogs  alle  zwiscken  den  Erben  nock 
obsckwebenden  Streitpunkte  auszugleicken.  1362  begiebt 
sick  sogar  eine  Deputation  des  Breslauer  Rates  im  Auftrage 
des  Kaisers  nack  Beutken  in  Oberscklesien,  um  die  dortige 
Biirgersckaft  zur  Hvddigung  an  Herzog  Primko  von  Tescken 
zu  bewegen,  und  1367  seken  wir  dann  wieder  eine  aus 
Breslauer  Patriziern  gebildete  Kommission  gleicksam  als 
Beisitzer  des  erkorenen  Sckiedsrickters,  des  Herzogs  Ludwig 
von  Brieg,  Streitigkeiten  zwiscken  den  Herzogen  von  Tescken 
und  Troppau  einer-  und  Herzog  Bolko  von  Falkenberg 
anderseits  entsckeiden.  Im  Jakre  1370  tragt  Kaiser  Karl 
dem   Landeshauptmanne   und   den   Ratmannen   von  Breslau 

13* 


1%  Drittes  Bucli.     Zweiter  Absclmitt. 

auf,  den  Glogauer  Besitz  zwisclieii  ilim,  dem  Kaiser,  and 
Herzog  lieinricli  VI.  zu  teilen. 

Das  Ansehii  des  Breslauer  Rats  kam  dem  Ganzen  zu- 
gute,  dcnn  cs  befurderte  die  allgemeine  Sicherheit,  insofern 
die  kleinen  Teiltursteu  es  nun  doch  weniger  wagten,  Kaub- 
rittern  und  Fehdern  Schutz  und  Ruckhalt  zu  gewiihren, 
oder  durch  willkurliche  Zolle  die  Kauf  leute  zu  drilcken  und 
zu  brandscliatzen ,  und  auch  sonst  Beschwerden  der  Bres- 
lauer gegeniiber  sich  nachgiebiger  zeigten.  Ein  einziges 
recht  schlagendes  Beispicl  uiuge  hier  angelilhrt  werden. 

Im  jMittelalter  berrsclito  bekauntlich  an  vielen  Urtcn 
die  Meinung,  der  lubalt  eines  umgestiirzten  Fuhrmanns- 
wagens  sei  dadurcb  herrenloses  Gut  geworden,  eine  gute 
Beute  des  ersten  besteu,  der  dazu  kame,  ganz  ebenso  wie 
das  Gut  eines  gestrandeten  Schiffes.  Diese  lible  Gewohn- 
heit,  die  sogen.  Grundruhr  —  um  so  verderblicber,  weil  sie 
nioglicbst  schlecbte  Strafsen  als  im  Interesse  der  nacbsten 
Urawobner  begend  erscbeinen  Hefs  — ,  war  nun  aucb  auf  der 
grolsen  iStrafse  nach  Miibrcn  bei  Gratz  unfern  von  Troppau 
an  Breslauer  Kaufmannsgutern  erprobt  worden.  Auf  eine 
Bescbwerde  des  Breslauer  Kates  aber  gelobte  der  llerzog 
Johanu  von  Troppau  und  Katibor  1371  Abstellung  jeues 
alten  Mifsbrauches ,  von  dem  wir  aucb  in  der  Tbat  uicbt 
weiter  boren. 

Karl  bat  aucb  gieicb  bei  seinem  Regieruugsantritte  (1347) 
eine  denkwiirdige  Verfilgung  an  alle  scblesiscben  Herzcige 
erlassen,  sicb  aller  Febden  zu  enthalten  und  Ubeltbatern 
und  Raubern  in  keiner  Weise  Scliutz  und  Riickbalt  zu  ge- 
wabren,  damit  alien  seinen  Landen  uud  insonderbeit  dem 
breslauiscben  Lande  die  Wohltbat  des  Friedens  gewabrt 
bleibe,  und  das  Jabr  darauf  teilt  er  den  Glatzei'n  die  Be- 
scbliisse  des  Prager  Landtages  zur  iSicberung  des  Landes- 
friedens  mit  und  verlugt,  dafs  dieselben  proklamiert  werden, 
ja  er  sicbert  alien  den  stildtiscben  und  litndbcben  Obrig- 
keiten  der  Grafscbaft  Ersatz  des  Scbadens  zu,  den  sie 
bei  Erfolgung  des  Feindes  erleiden  soUten,  und  tiberlafst 
ibnen  die  Beute.  Und  dem  Beispiele  des  Oberlebensberrn 
folgen  nun  aucb  bald  die  Filrsten.  Herzog  Wenzel  giebt 
1347  den  Liegnitzern  ausgedebnte  Vollmacht,  gegen  Friedens- 
brecber  energiscb  einzuscbreiten  und  bestatigt  im  voraus 
alle  dabin  gebenden  Mafsregeln  des  Rates;  Heim'icb  von 
Glogau-Sagan  ordnet  1349  fiir  alle  Stadte  seines  Gebietes 
cin  gemeinsames  Verfabren  an,  so  dafs  die  m  der  einen 
Stadt  ausgesprocbene  Acht  m  alien  anderen  Geltuug  baben 
sollte,  was  Herzog  Bolko  II.  von  Scbweidnitz  -  Jauer  bereits 


Kuhe  unci  Ordnung  aufrecht  erhalten.  197 

1346  fur  seine  Stadte  angeordnet  hatte,  und  der  letztere 
liefs  sogar  in  seinen  Stiidten  ein  eigenes  sogenanntes 
Burnegeld  erheben  zu  dem  ausdriicklichen  Zwecke  der  Ver- 
wendung  gegen  Rauber  mid  Friedensbrecher. 

Aulserdem  bestanden  ja  schon  seit  Konig  Johanns  Zeit 
zwischen  den  Stadten  verschiedener  Furstentiimer  \aelfache 
Verbindungen  zur  gemeinsamen  Aufrechterhaltung  der  gegen 
Friedensbrecher  erlassenen  Verfestungen ,  nnd  speziell  ward 
dann  aueh  die  bereits  1339  geschlossene  Verbindung  aller 
unmittelbaren  Landesteile  und  Stadte  in  Schlesien  und  den 
Lausitzen  1369  sicherlich  auf  des  Kaisers  Weisung  erneuert 
und  weiter  ausgedehnt;  dieselbe  erklart  die  liber  Rauber, 
Diebe,  Moi'der  und  Mordbrenner  in  einem  der  Landesteile 
ausgesprochene  Acht  aueh  fur  die  anderen  als  giiltig.  Die 
Einigung  umfafste  jetzt  die  Nieder-  und  die  Oberlausitz 
(mit  den  dieselbe  bildenden  sechs  Stadten),  die  Grafschaft 
Glatz  (mit  Glatz  und  Habelschwerdt)  und  den  schlesisclien 
immittelbaren  Besitz  mit  den  Stadten  Breslau,  Glogau,  Neu- 
markt ,  Goldberg ,  Frankenstein  ,  Namslau ,  Steinau  und 
Gulirau. 

Das  Gesamtresultat  war  nun  in  der  That  ein  geradezu 
grofsartiges,  dafs  namlich,  wie  dies  ein  bohmischer  Chronist 
hervorhebt,  man  in  Konig  Karls  Landen  allerorten  unge- 
fiihrdet  ruhig  seine  Strafse  ziehen  konnte,  zum  unschatz- 
baren  Vorted  fiir  das  Gedeihen  des  Landes,  das  Aufblilhen 
des  Verkehrs. 

Uberhaupt  machte  der  Handel  Schlesiens  und  besonders 
Breslaus  unter  d§r  Regierung  Karls  IV,  gewaltige  Fort- 
schritte.  Er  trat  gewissermafsen  jetzt  in  eine  neue  Phase. 
Die  Breslauer  waren,  seit  die  Stadt  einen  gewissen  Wolil- 
stand  und  damit  ein  nicht  geringes  Mafs  von  Selbstvertrauen 
erlangt  hatte,  also  etwa  seit  dem  Beginne  des  14.  Jahr- 
hunderts,  schrittweise  vorgegangen,  batten  urn  1310  fiir  Geld 
ztun  Teil  in  Gemeinschaft  mit  Sehweidnitz,  von  mehreren 
schlesischen  Herzogen  eine  Reihe  von  Zollbefreiungen  er- 
langt, und  dann,  als  sie  1327  bei  ihrem  Herzoge  die  Unter- 
werfung  unter  Bohmen  dui'chsetzten ,  dies  benutzt,  um  als 
Lohn  dafiir  sich  fiir  ihre  Waren  die  Zollfreiheit  in  Bohmen 
verbriefen  zu  lassen.  Aber  erst  unter  Karl  IV.  vermogen 
sie  es,  ihrem  Handel  nacli  Bohmen  hin  recht  solide  Grund- 
lagen  zu  geben.  Erst  jetzt  1359  ei'langen  sie  die  Befreiung 
von  dem  Xiederlage-  oder  Stapelrechte ,  das  die  bohmische 
Haviptstadt  Prag  besafs,  und  welches  sie  bisher  genotigt 
hatte,  alle  nach  Prag  gebrachten  Waren  nun  audi  hier  zu 
verkaufen,    also  zu  einem  Handel,   der   weiter  gehen    sollte, 


198  Drittes  liucb.     Zweiter  Abschnitt. 

die  Vemiittelung  Prager  Kaufleute  in  Anspruch  nehmen, 
und  diesen  cincn  anschulichen  Teil  ihres  Gewinnes  zu  gon- 
nen,  ein  Recht,  welches  ja  bekanntlich  Breslau  selbst  bereits 
seit  1274  besafs  und  anderen  Stiidten  gegenliber  mit  Strenge 
ausiibte.  Ja  1377  versprachen  die  Prager  sogar,  einem 
neuen  Privilcg  des  Kaisers  naclikommend ,  unter  Vorbehalt 
der  Gegenscitigkeit,  dafs  fortan  die  Breslauer  Kaufleute  in 
Prag  ganz  ebenso,  wie  die  Prager  selbst,  aacli  mit  fremden 
dort  gerade  anwesenden  Handelsleuten  Geschafte  machen 
diirften. 

Aber  auch  nacli  dem  Auslande  hin  zeigte  sicli  Karl  IV. 
geneigt,  das  Gewicht  seines  Tveit  reichenden  Einflusses  zu- 
gunsten  des  Breslauer  Handels  in  die  Wagschale  zu  werfen. 
Gegen  Konig  Kasimir  von  Polen,  der  im  Interesse  der 
eigenen  Unterthanen  den  Breslauern  ihre  alte  Handelsstrafsc 
nach  Polen  und  Rtifsland  zu  sperren  ]\Iiene  machtC;  crgreift 
Karl  1352  die  strengsten  Gegenmafsregeln ,  und  sein  Be- 
fehl  verpflichtet  nicht  nur  alle  seine  Bearaten ,  sondern 
ebenso  auch  alle  Fiirsten  des  bohmischen  wie  des  heiligen 
romischen  Reiches,  auf  Requisition  der  Breslauer  polnische 
Kaufleute  anzuhalten  und  deren  Waren  mit  Beschlag  zu 
belegen. 

Und  ebenso  erwirkte  Karl  1365  von  Konig  Ludwig  von 
Ungarn  ein  Privilege  welches  die  Breslauer  den  durch  be- 
sondere  Freibriefe  vorzugsweise  begiinstigten  Kaufleuteu  von 
Prag  und  Niirnberg  gleichstellte ,  und  1358  erwidert  der 
Doge  von  Venedig  die  seiuen  Landsleuten  von  Karl  erwiesene 
Forderung  durch  die  Gewahrung  gleicher  Gunst  flir  die 
Kaufleute  des  Reiches,  des  Konigreichs  Biihmen  und  der 
sonst  ihra  unterworfenen  Lande. 

Lafst  dieser  Freibrief  uns  an  cine  Ausdehnung  des 
Breslauer  Ilandels  bis  an  den  grofsen  Weltstapclplatz  am 
Adriatisclien  Meere  dcnken,  so  finden  wir  anderseits  auch 
urkundliche  Zeugnisse  flir  einen  uberseeischen  Handel  der- 
selben  aus  dem  Haupthafen  der  Ostsee  Danzig.  In  der 
Zeit  Karls  IV.  schreibt  der  dortige  Rat  an  den  von  Breslau 
beziiglich  eines  bei  Helsingborg  gestrandeten  Schiffes,  auf 
welchem  die  Breslauer  Kaufleute  Peter  Schwarze,  Peter 
Beyer  und  Genossen  Tuche  und  andere  Waren  gehabt  hatten, 
und  das  Danziger  Archiv  bewahrt  eine  Reihe  von  Korre- 
spondenzen  avich  mit  Biirgern  anderer  schlesischer  Stiidte 
auf  (Brieg,  Sagan,  Schweidnitz,  Liegnitz). 

Die  Hauptstrafse  ging  hier  quer  durch  Grofspolen  auf 
Thorn  zu,  und  es  verdient  bemerkt  zu  werden,  dafs  die 
Schlesier,   wenn  sie  nach  Norden    zu  die  See    suchten,    sich 


Schutz  des  Handels.  199 

nach  Preufsen  wandten,  iiicht  nach  Stettin,  der  Miin- 
dung  ihres  Stromes  zu.  Aber  in  der  That  scheiut  dieser 
Weg  nocli  niehr  Hindernisse  geboten  zu  haben  als  jener 
trotz  des  Handelsprivilegs ,  welches  Karl  bereits  1349  fur 
die  Kaufleute  seiner  Lande  von  Markgraf  Ludwig  von 
Brandenburg  ausgewirkt  hatte.  Es  gait  da  immer  noch, 
sicli  mit  dem  alten  Niederlagsprivileg,  das  die  Stadt  Frank- 
furt behauptete,  abzufinden. 

Es  hing  damit  wohl  zusammen;  wenn  wir  sehen,  dafs 
€s  doch  nicht  gelingen  wollte,  die  Oder  zwischen  Breslau 
und  Krossen  vollstjindig  der  Schiffahrt  zu  erofFnen.  Schon 
Konig  Johann  hatte  1337  die  WegschafFung  der  Wehre  und 
die  Herstellung  eines  bequemen  Fahrwassers  in  der  Breite  von 
16  Ellen  angeordnet.  Aber  es  kam  nicht  dazu,  obwohl 
sein  Nachfolger  diese  Weisungen  noch  zweimal  1349  und 
1355  erneuerte,  und  wenn  Karl^  um  1370,  um  die  Stadt 
Frankfurt,  der  er  wegen  friiherer  AViderspenstigkeit  grollte, 
zu  trefFen,  bei  deni  lausitzischen  Stadtchen  Furstenberg  1370 
eine  Briicke  zu  bauen  begann,  um  von  hier  aus  eine  Strafse 
auf  dem  rechten  Ufer  zu  schatfen,  welche  Frankfurt  um- 
gehen  konnte,  so  hat  er  diesen  Plan  dann  doch  fallen  ge- 
lassen,  nachdem  er  selbst  die  Mai'k  erworben  und  Frank- 
furt ihm  gehuldigt  hatte.  Die  letztere  Stadt  behauptet  ihre 
Niederlage,  und  aus  der  Schiffahrt  oderabwarts  von  Breslau 
wird  nichts.  Im  Oberwasser  kann  man  eher  von  Anfangen 
einer  solchen  sprechen.  Aus  dem  Jahre  1365  erfahren  wir 
von  Kahnen,  welche  Kalksteine  aus  der  noch  heute  kalk- 
reichen  Gegend  hinter  Oppeln  hergeflihrt  haben,  und  es 
wird  oberhalb  von  Breslau  1359  sogar  von  einem  Oderhafen 
gesprochen,  der  dann  allerdings  vorzugsweise  fiir  geflofstes 
Holz  bestimmt  erscheint. 

Nach  Westen  zu  fiihrte  eine  uralte  Handelsstrafse  iiber 
Niirnberg  nach  Flandern,  von  wo  die  Tuchfabrikation  und 
vielleicht  audi  die  Kunst  des  Bierbrauens  hierher  gekommen 
war.  Noch  immer  wurden  von  da  feinere  Sorten  von  Tuch 
eingefiihrt,  und  die  Tuche  von  Ypern  und  Poperinghen 
behaupteten  auf  dem  Breslauer  Markte  noch  immer  einen 
hoheren  Rang  vor  den  minder  feinen  Geweben  aus  Grimma, 
Zerbst,  Burg,  Gorlitz,  Brilnn.  Bereits  1330  konnte  die 
papstliche  Kurie  die  Vermittelung  von  Breslauer  Kauf  leuten 
behufs  Abfllhrung  papstlicher  Gelder  zu  Brugge  in  Anspruch 
nehmen,  wie  dies  dann  auch  in  den  Jahren  1360  und  1362 
wiederholt  geschieht,  und  1347  erbittet  der  Breslauer  Rat 
die  Vermittelung  Karls  IV.  zur  Ermafsigung  der  von  den 
dortigen   Kaufleuten   auf  dem   Wege    ilber   Niirnberg    nach 


200  Drittes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

Flandem  verlangten  Geleitsgelcler.  Aus  deui  Jalire  1372 
bositzen  wir  clanii  zwei  Schreiben  tier  j\Iagistrate  von  Koln 
unci  Briissel,  welche  auf  eine  Anfrage  cles  Breslauer  Rates^ 
betr.  den  zu  beanspnichenden  Feingehalt  der  Gold-  unci 
Silberarbeiten,  Auskunft  erteilen. 

Es  lag  nun  ganz  in  den  Anschauungen  jener  Zeit,  dais 
jede  Stadt  ihr  ZoUsysteni  fiir  sich  liatte;  nur  auf  Grund  be- 
sonderer  Vertrage  liefs  eine  Stadt  die  andere  an  ihren  ZoU- 
vergiinstigungen  teilnebmen,  und  dorartige  Vertriige  waren 
nicht  einmal  allzu  hilutig,  wie  wir  denn  in  der  That  nicht  nach- 
zuweivsen  vermogen,  dafs  fiir  gewohnlich  aucli  nur  die  Stadt  > 
eines  und  desselben  Herzogtums  gegenseitige  Zollfreiheit  ge- 
habt  batten.  In  Breslau.  allerdings  bestand  eine  solche  mit 
Neumarkt;  das  bereits  seit  deni  13.  Jahrhundert  jenem  po- 
litisch  enger  verbunden  war;  1347  ward  sie  aucli  auf  das 
benaclibarte  Stildtchen  Canth  ausgedehnt,  und  eine  Reihe 
weiterer  derartiger  Vertrage  fiilirte  dann  die  Politik  Karls  IV. 
herbei;  als  dieser  sich,  wie  wir  oben  sahen,  1363  in  den 
Landen  Herzog  Bolkos  II.  ein  Erbfolgerecht  zusichern  liefs, 
wurden  die  grofseren  Stadte  dieser  Landschaften  Schweid- 
nitz,  Striegau,  Lowenberg,  Landshut,  Hirschberg,  Bolkenhain 
vom  Zolle  und  Ungeld  in  Breslau  befreit.  Ganz  vereinzelt 
steht  es  dagegen  da,  wenn  wir  in  der  Liegnitzer  Zollrolle 
von  1328  unter  den  Kanfleuten,  welche  die  Stadt  passieren, 
die  in  Schlesien  wohnenden  nur  halb  so  hocli  besteuert  sehen 
wie  fremde. 

Wenn  wir  in  den  hier  gegebenen  kurzen  Notizen  liber 
den  Breslauer  Handel  den  Kaiser  iiberall  bereitwilhgst  seine 
getreue  Stadt  unterstiitzen  sehen  und  iiberhaupt  Privilegien 
in  ungewohnlich  grofser  Anzahl  von  diesem  Herrscher  aus- 
gehend  finclen,  so  werden  wir  das  doch  nicht  so  ohne  wei- 
teres  mit  dem  den  mittelalterlichen  Fiirsten  gelautigen  Handel, 
der  sie  bereitwillig  fiir  gutes  Geld  gute  Privilegien  geben 
liefs,  erkliiren  diirfen;  denn  einmal  lafst  sich  wenigstens  aus 
den  uns  zugebote  stehenden  Materialien  nicht  nachweisen, 
dafs  Karl  den  Sackel  der  Stadt  ungebiihrlich  in  Anspruch 
genommen  habe,  wenn  er  gleich  Anleihen  sich  hat  geben 
lassen,  und  bei  zwei  besonderen  Gelegenheiten  audi  wolil 
aufserordentliche  Beisteuern,  so  1367  zu  seinem  zweiten 
Rcimerzuge,  und  bei  der  Erwerbung  der  Mark  Brandenburg 
1373;  anderseits  werden  wir  schwerlich  fehlgehen,  wenn  wir 
Karl  einen  gewissen  direkten  Anteil  an  der  Gesetzgebung 
der  Stadt  in  jener  Epoche  zuschreiben,  hervorgehend  aus 
einer  wirklich  landesvaterlichen  Fiirsorge  und  einer  ihm 
eigenen  Vorliebe  fiir  die  Einzelheiten    der  Staatsverwaltung. 


Die  stadtischeu  Verfassungen.  201 

In  manchen  Fallen,  wenn  er  z.  B.  aus  Tangermiincle  1377 
den  Ratsherren  eine  Weisung  fiir  die  Ausrottung  der  den 
Fischen  schadlichen  Wasserraben  sendet,  oder  1355  die 
Wegschaffung  der  Oderwehre  auftragt,  mochten  wir  eine 
direkte  Initiative  Karls  voraussetzen.  Und  wenn  Avir  die 
uns  noch  erhaltenen  Bi'uchstucke  des  liber  die  Korrespon- 
denz  der  Stadt  mit  dem  Kaiser  gefiihrten  Journals  durcli- 
selien,  kann  es  uns  nicht  entgelien,  mit  welchem  Vertrauen, 
welcher  Zuversicht  sich  die  Breslauer  an  ihn  wenden.  Ja  ein 
uns  erlialtener  Brief  Karls  aus  Berlin  vom  23.  Mai  1377, 
an  den  Landeshauptmann  und  den  Eat  gerichtet,  tragt  einen 
Charakter,  kaum  anders  wie  ein  Freund  ein  em  Freunde 
schreiben  wiirde,  Mitteilungen  von  Erlebnissen,  am  Schlusse 
mit  der  Mahnung:  „Thut  uns  dicke  (oft)  Botschaft,  also 
wollen  wir  hinwieder  thun",  ja  ein  Chronist  des  17.  Jahr- 
hunderts  weifs  von  einem  eigenhandigen  Briefe  Karls,  der 
den  Rat  frage,  wie  es  ihm  gehe,  er  sei  um  die  Stadt  be- 
kiimmert. 

Die  Vorliebe  fur  Breslau  hat  nun  aber  Karl  nicht,  wie 
dies  bei  seinem  Vorganger  in  gewisser  Weise  der  Fall  war, 
dazu  gefilhrt,  eine  strengere  Durchfiihrung  aristokratischer 
resp.  oligarchischer  Formen  zu  begiinstigen.  Was  er  von 
den  Magistraten  seiner  Stadte  verlangt,  war  das,  was  er 
selbst  zu  iiben  sich  ehrlich  bemuhte:  eine  streng  unpartei- 
liche  Regierung  und  Rechtspfiege.  Und  so  wie  zu  seiner 
Person  auch  der  Armste  an  bestimmt  festgesetzten  Tagen 
freien  und  leichten  Zutritt  fand,  so  scharfte  er  auch  gleich 
bei  seinem  Regierungsantritte  den  Breslauern  ein,  ohne  jedes 
Ansehen  der  Person  die  liberkommenen  Rechte,  Satzungen 
und  Gewohnheiten  aufrecht  zu  erhalten,  und  der  Zusatz 
„verwandt  oder  nicht  verwandt"  soil  augenscheinlich  der 
oft  gehorten  Beschwerde,  als  ob  die  „ratsverwandten"  Bur- 
ger besondere  Begun stigungen  genossen,  entgegentreten.  So 
sehen  wir  ihn  denn  auch  1348  die  von  Konig  Johann  ein- 
gefiihrten  Ratsherren  auf  Lebenszeit  wieder  abscliaffen  und 
zu  der  alten  Gewohnheit  der  jahrliclien  Ratserneuermig  zu- 
ruckkehren. 

Es  lafst  sich  daher  auch  nicht  behaupten,  dais  Karl  trotz 
seiner  lebendigen  Teilnahme  an  der  Entwickelung  der  Stadte, 
in  Breslau  oder  anderswo,  auf  die  grofse  mehr  und  mehr 
bedeutungsvoll  Averdende  Frage  der  Teilnahme  der  Innungen 
am  Stadtregimente  einen  bestimmenden  Einflufs  geiibt  habe. 
Leider  fliefsen  unsere  Quellen  viel  zu  durftig,  als  dais  wir 
von  den  verschiedenen  Stiidten  Schlesiens  liber  den  Stand 
der  Dinge  nach  dieser  Richtung  hin    in   der  Zeit  Karls  IV. 


202  Diittcs  Bucb.     Zweiter  Absclinitt. 

genauere  Angaben  iiiachen  konnten,  und  wir  miissen  ims 
damit  bej::niigen ,  Avenigstens  aus  einigen  grofseren  Orten 
einzelne  Kotizen  anzufilhren.  In  Breslaii  blieb  es,  wie  es 
seit  lange  gewesen  war*,  man  wiililte  gelegentlich  auch  ziinf- 
tische  Mitglieder  in  den  Rat  wie  in  das  Schuffenkolleg,  ohne 
dafs  darin  ein  feststehendes  Prinzip  nachweisbar  ware,  und 
obne  dais  es  aufserdem  den  Konsuhi  verschrankt  gewesen 
ware,  in  besonders  wicbtigen  Angelegenheiten  sicb  des  Bei- 
rats  der  Innungsgeschworenen  zu  bedienon.  Auch  in  Schweid- 
nitz  bleibt  der  Rat  im  Grande  patrizisch,  nur  dafs  die  neue 
Handfeste  Herzog  Bolkos  von  1355  festsetzt,  es  sollten, 
wenn  bei  der  jahrlichen  Ratserneuerung  die  abtretenden 
Konsubi  den  neugewiihlten  Rechnung  legten,  aus  der  Zahl 
der  Ilandwerker  die  zugezogen  werden,  welehe  den  Konsuhi 
als  die  „  niitzlichsten  und  f iiglichsten "  scbienen.  Filr  Lieg- 
nitz  dagegen  und  Hainau  erliefs  1353  Herzog  Wenzel  cine 
Bestimmung,  wonacb  der  jahrlicb  zu  wiihlende  Rat  von 
sechs  Personcn  zur  Hiilfte  aus  den  ,,  seniores  oder  Kauf- 
leuteii'^,  zur  Halfte  aus  den  Zunften  gcwahlt  werden  sollte. 
Die  Wabl  der  neuen  Konsubi  durcb  die  abtretenden  alten 
erscheint  iibrigens  als  die  Regel  bei  den  grofseren  Stildten 
weuigstens,  wenn  wir  gleicb  z.  B.  in  Brieg  noch  in  Karls  IV. 
Zeit  einer  Ernennung  durcb  den  Herzog  begegnen.  In 
Schweidnitz  traf  das  erwiihnte  Privileg  von  1355  die  merk- 
wilrdige  Einrichtung,  dafs  die  abtretenden  Konsubi  fiinf  von 
den  sechs  jalirlichen  Konsubi  erwiihlten,  worauf  diese  iieu- 
gewjihlten  daiin  einen  der  vorjahrigen  sich  als  sechsten  koop- 
tierten.  In  alien  den  Stadten  aber  liatte  die  Zeit  des  Frie- 
dens  und  der  Sicherheit,  Avelche  Karl  IV.  heraufflihrte, 
audi  materielles  Gedeihen  und  ein  Zunehmen  des  Wohl- 
standes  im  Gefolge,  so  dafs  wir  damals,  iiamentlich  in 
Schweidnitz-Jauer,  selbst  kleinere  Stadte  mit  der  kaufweisen 
Erwerbung  der  Vogtci  ihre  voile  Selbstiindigkeit  erlangen 
sehen. 

Wir  Averden  aber  nun  auch  der  Ungliicksfalle  gedenken 
miissen,  welehe  in  dieser  Zeit  Schlesien  heimsuchten.  Ab- 
gesehen  von  den  Feuersbriinsten,  welehe  sich  ja  in  den  Stadten 
schon  wegen  der  Bauart  der  Hauser,  bei  deueii  doch  nur 
sehr  allmahlich  Ziegelbauten  an  die  Stelle  der  holzernen 
treten,  nur  zu  oft  wiederholen,  miissen  wir  da  in  erster 
Linie  an  eine  europiiische  Kalamitiit,  jene  entsetzliche  Seuche, 
der  „  schwarze  Tod "  geuannt ,  die  orientalische  Beulenpest, 
denken,  welehe  voni  Jahre  1348  an  jahrzehntelang  in 
Europa  Verwiistungen  aiigerichtet  hat. 

Das    (istliche  Deutschland    und    so    auch   unser  Schlesien 


Der  sch-warze  Tod.  203 

lilieben  zunachst  von  der  Seuche  selbst  verschont,  nicht  aber 
von  den  Wirkungen,  Avelclie  die  Not  der  Zeit  auf  den  Volks- 
geist  auslibte,  und  welclie  in  allerlei  schwarmerisch-asketisclien 
Neigungen  zutage  treten. 

Allerorten  tauchten  wieder  die  Geifselbriider  auf,  wie 
sie  schon  fast  ein  Jahrhundert  friiher  (126 1)  hier  erscliienen 
waren.  Aus  Ungarn  kam  ein  Scliwarm  derselben  (1349) 
nacli  Schlesien,  trieb  in  Ratibor  sein  Wesen  und  gelangte 
endlich  auch  nach  Breslau.  Bufspsalmen  singend  und  den 
Leib  mit  Geifselhieben  zerfleischend ,  zogen  sie  einher;  die 
Hungersnot ,  welciie  in  jenem  Jahre  in  Schlesien  herrsclite; 
machte  auch  bier  die  Gemiiter  fiir  derartiges  empfanglicber. 
Viele  zogen  mit,  weil  sie  in  der  Not  der  Zeit  eine  Strafe 
ihrer  Silnden  erblickten,  welche  sie  abbilfsen  miifsten,  viele 
aber  auch,  weil  in  dem  allgemeinen  Elend  die  Scbaren  der 
Biifser  bemitleidet ,  wo  nicht  bewundert,  noch  am  eliesten 
sicker  waren,  nicht  zu  verhungern.  Freilich  kam  es  natur- 
gemafs  bald  dahin,  dafs  die  frommen  Brllder  und  Schwestern 
solche  Gaben  als  ihr  Recht  ansahen,  sie  erzwangen  und 
wohl  auch  nalnnen,  wenn  man  sie  nicht  gutwillig  gab ;  ge- 
schlechtliche  Excesse,  wie  sie  bei  der  Gemeinsamkeit  dieser 
Wanderungen  nicht  ausbleiben  konnten,  kamen  hinzu,  und 
•dieselben  miissen  arg  genug  gewesen  sein,  da  sie  es  dahin 
brachten,  dafs  der  sonst  so  milde  Bischof  Preczlaw  den  Flihrer 
des  Haufens,  einen  aus  Breslau  gebilrtigeu  Diakon,  fest- 
nehmen,  seiner  geistlichen  Weihen  eutkleiden  und  mit  Hilfe 
der  weltlichen  Gewalt  verbrennen  liefs.  Die  iibrigen  war- 
den aus  der  Stadt  vertrieben,  aber  es  mochten  doch  manche 
zuriickgeblieben  sein,  und  der  einmal  erregte  Fanatismus 
im  Verein  mit  der  herrschenden  Not  gebar  ein  Verbrechen, 
welches  sonst  bei  den  gesetzlichen  und  geordneten  Verhalt- 
nissen,  die  hier  herrschten,  kaum  denkbar  gewesen  ware. 
Am  28.  Mai  zilndeten  boswillige  Hande  mehrere  Hauser 
von  Juden  zu  gleicher  Zeit  an,  und  als  die  um  sich  grei- 
fende  Flamme  Schrecken  und  Verwirrung  erzeugte,  benutzte 
dies  eine  verbrecherische  Rotte,  brach  in  die  AVolmungen 
<ier  Juden  ein ,  totete  dieselben ,  soweit  man  ihrer  habhaft 
werden  konnte,  und  raubte  und  pliinderte  nach  Herzenslust. 
Wir  haben  nun  keinen  Grund,  in  die  Aussage  der  Breslauer 
Konsuln  Zweifel  zu  setzen,  welche  die  Urheberschaft  des 
Verbrechens  wesentlich  fremden  Herumtreibern  zur  Last 
legen  und  auf  den  grofsen  Schaden,  den  die  Stadt  selbst 
durch  den  Brand  erlitten,  hinweisen,  der  Konig  hat  von 
ihnen  auch  Bestrafung  der  tJbelthater  gefordert;  aber  wir 
diirfen  doch    nicht   verschweigen ,    dafs    sie    keinen   Anstand 


204  Drittes  Bxich.     Zvreiter  Abschnitt. 

nahiiien ,  die  Hinterlassenschaft  der  ermurdeten  Judeii  als 
herrenloses  Gut  zu  beanspnichen ,  woboi  sie  allerdings  niit 
den  k(inigliclien  Behorden  in  Konkurrenz  kamen,  welche 
gleiche  Wunsche  hegten.  Der  Rat  machte  den  praktischen 
Vorschlag,  diese  unerwartet  angefallenen  Keichtumer  zur 
Einl(isung  der  verpiaudeten  Einkiintte  des  Herzugtums  zu 
verwenden;  dock  seheint  Karl  anders  entschieden  zu  haben: 
am  7.  Oktober  jenes  Jahres  schenkte  er  der  Stadt  die 
Hjiuser  und  liegenden  Grilnde  der  Juden  nebst  den  zwei 
►Synagogen,  soweit  dieselben  nicht  den  Wert  von  400  Mai'k 
iiberstiegen,  und  noch  im  folgenden  Jahre  gewinnen  sie  an 
aufsenstehenden  Forderungen  der  Juden,  und  Geld,  das  man 
in  ihren  Hot'en  vergraben  getimdeu  hatte,  445  Mark. 

Ob  damals  auch  in  auderen  Stadten  Sclilesiens  Juden- 
verfolgimgen  stattgefunden  haben,  erfaln-en  wii'  nicht;  nur 
von  Neilse  berichtet  eine  allerdings  sehr  junge  Chronik,  es 
hatte  allda  am  2.  April  1349  ein  Jude  sein  Haus  angezundet 
und  sich  selbst  mit  Weib  und  Kindern  verbrannt,  um  nicht 
Christ  werden  zu  mussen.  Mehr  als  40  Hauser  seien  da- 
mals durch  eine  Feuersbrunst  verzehrt  worden,  so  dais  man 
auch  hier  wie  in  Breslau  nur  an  das  gewaltthatige  Treiben 
einer  Rotte  von  Ubelthatern  glauben  muls,  welche  die  Ver- 
wirrung  einer  Feuersbrunst  zur  bequemeren  Ausilbung  ihrer 
Raubereien  zu  benutzen  suchten. 

Dais  in  Breslau  die  Juden  weder  ausgerottet  noch  alles 
Geld  ihnen  abgenommen  worden  ist,  erhellt  am  besten  dar- 
aus,  dafs  es  den  Breslauern  moglich  Avird,  bereits  zwei  Jahre 
nach  der  Verfolgung  1351  ein  Darlehen  von  500  Mark  bei 
ihnen  aufzuuehmen.  Ja  die  Breslauer  beschweren  sich  bei 
dem  Konig  Karl  dariiber,  dafs  Herzog  Bolko  II.  ihnen  ihre 
Juden  abspenstig  zu  machen  und  zur  Ubersiedelung  nach 
SchAveidnitz  zu  bewegen  sich  bemiihe,  und  dafs  die  Juden 
dazu  Lust  zeigten,  obwohl  ihnen  doch  alle  Versprechungen 
des  Konigs  und  des  Rates  getreulich  gehalten  wlirden,  und 
infolge  davon  finden  wir  nun  dann  auch  au.s  den  nachsten 
Jahren  neue  Schutzbriefe  fiir  die  Juden,  PriAnlegien  fur  die- 
selben in  Breslau,  Neumarkt,  Namslau  und  Guhrau,  und 
Festsetzungen  iiber  den  von  denselben  zu  entrichtendeii  Zins. 

Aber  es  begann  doch  noch  einmal  eine  Priifungszeit  fur 
die  Juden,  als  die  Pest,  die  in  den  fiinfziger  Jahren  in 
Bcihmen  nur  hier  und  da  Opfer  gefordert  hatte,  nachdem 
sie  13G0  in  Polen  schrecklich  gewiitet  und  nachdem  i.  J. 
1361  schreckliche  Dilrre  die  Ernte  vernichtet  hatte,  im  Ge- 
folge  der  Hungersnot  von  Bcihrnen  her  die  Gebirgsgegenden  er- 
griff  und  dann  1362  sich  nun  auch  in  Schlesien  ausbreitcte. 


JudeDvcrfolguugen.     Karls  Tod.  205 

Nilheres  liber  die  Pest  erfahren  wir  einzig  und  allein 
aus  Sagan,  namlich  dafs  hier  die  Pest  14  Briider  des  Au- 
gustinerstiftes  hingerafft  habe,  auch  der  Abt  selbst  die  Stadt 
verlassen  und  eiu  ganzes  Yierteljahr  auf  dem  Gute  Waliren 
Zuflucht  gesucht  habe.  Wie  an  anderen  Orten  Avurden  auch 
in  Schlesien  die  Juden  als  Anstifter  der  Pest  verfolgt,  die 
sie  durcli  Ausstreueu  von  giftigeu  Pulvern  erzeugt  batten; 
aus  Guhrau,  Brieg  und  Breslau  erfahren  wir  von  Juden- 
verfolgungen ,  und  an  dem  letztgeuannten  Orte  war  sogar 
ein  grofser  Brand  (am  25.  JuH)  die  Folge  jener  Ausschrei- 
tungen,  zugleich  ein  BeAveis,  dafs  hier  nicht  sowohl  der 
Fanatismus  als  viehnehr  Raubsucht  die  Ursache  war,  wie 
schon  weilaud  1349.  Die  Ubelthater  erlangten  librigens 
aus  Anlafs  der  Vermahkmgsfeier  Karls  IV.  mit  Ehsa- 
beth,  seiner  vierten  Gattin  (April  1363);  Amnestie.  Wir 
erfahren  dann  noch  einmal  zum  Jahre  1372  von  einer 
Pest,  ohne  jedoch  zu  wissen,  wie  weit  dieselbe  Schlesien  be- 
troffen  habe. 

Gerade  in  diesem  Jahre  hat  Kaiser  Karl  IV.  die  ersten 
Monate  bis  zum  Marz  in  Breslau  zugebracht,  und  in  seinem 
dortigeu  Schlosse  (an  der  Stelle  der  heutigen  Universitat) 
wurden  damals  unter  eifriger  Teilnahme  des  friiher  mehr- 
fach  genannten  Herzogs  Wladjslaw  von  Oppeln  wichtige 
Unterhandlungen  mit  Ungarn  augesponnen,  welche,  Avenn- 
gleich  fiir  den  Augenblick  erfolglos,  doch  in  spaterer  Zeit 
das  grofse  Resultat  der  Erwerbung  der  ungarischen  Krone 
filr  Karls  Sohn  Sigismund  mit  der  Hand  der  Tochter  Lud- 
wigs  von  Ungarn  haben  soUten.  Als  dann  im  ]\Iarz  1372 
der  Kaiser  von  seiner  getreuen  Stadt  Breslau  schied,  geschah 
es  auf  NiramerAviederselni.  Wohl  konnten  fur  die  Breslauer 
die  wiederholten  IMahnungen  des  Kaisers ,  seine  hiesige 
Bm'g  zu  restaurieren ,  als  Unterplander  erneuerten  Besuches 
gelten,  aber  die  Erwerbung  der  Mark  Brandenburg  1373 
nahm  ihn  dann  doch  allzu  sehr  in  Anspruch^  und  am  29.  No- 
vember 1378  setzte  zu  Prag  ein  schleichendes  Fieber  seinem 
I'astlos  thatigen  Leben  ein  Ziel.  Die  Stadt  Breslau  rilstete 
zu  seinen  Ehren  ein  Totenfest  mit  ungewolmHchem  Auf- 
wande.  Wenn  bohmische  Chronisten  melden,  die  Nachricht 
von  seinem  Tode  habe  in  Prag  allgemeines  Klagen  und 
Weiuen  hervorgerufen ,  so  ist  es  wahrscheinlich ,  dafs  dies 
in  Breslau  nicht  anders  gewesen  ist.  Auch  liier  und  in 
ganz  Schlesien  Avird  man  es  Avohl  empfunden  haben,  dafs 
man  einen  Herrscher  A^erloren  hatte,  Avie  sie  selten  nur  eiuem 
Volke  beschieden  sind.  In  der  That  hat  Schlesien  AA'eder 
vor  noch  nachlier   eine   solche   lange   Zeit   ungestorten  Frie- 


206  Drittes  Buch.     Dritter  Absclmitt. 

dens,    geordneter   Zustande,    eine    solche   Epoche    des  Auf- 
schwungs  und  des  Gedeihens  erlebt. 


Dritter  Abschnitt. 

Schlesien   imter   Koiiig    Weuzel.     Der   Pfatfeukrieg. 
Die  Oppelner  Felicle.    Laiidfriedensbuiidnisse. 


Der  Sohn  und  Nachfolger  Kaiser  Karls  IV.,  Wenzel, 
liatte  Avenig  vom  Vater.  NamentKch  felilte  ihm  ganz  dessen 
aus  weiser  Selbstbeherrschung  entspringende  besonnene  staats- 
manniscbe  Art,  an  deren  Stelle  hier  eine  leicht  in  wilden 
Jahzorn  ausbrecbende  Heftigkeit  trat,  die  unter  dem  Ein- 
flusse  einer  rait  den  Jahren  sich  steigernden  Trunksucbt  niir 
um  so  schroffer  sich  geltend  machte.  Dais  er  bei  solcher 
Leideuschaftlichkeit  Ungereciitigkeiten  verubte,  war  unver- 
meidlich  trotz  seines  im  Grunde  gutmiltigeu  Naturells  und 
eines  gewissen  Eifers,  als  Landesvater  unparteiische  Gerechtig- 
keit  zu  liben  und  sein  Volk  zu  begbiicken.  Obnebin  konnte 
dieser  Eifer  nie  recht  frucbtbar  werden,  da  ibra  nicbt  die 
nacbbaltige  Energie  zur  Seite  stand,  die  er  bedurft  batte, 
einmal  um  seinen  Entscbeidungen  und  EntscbHefsungen 
das  Fundament  sorgsamer  Einsicbt  und  Saebkenntnis  zu 
gebeu  und  anderseits  eritgegenstebende  Hindernisse  zu  iiber- 
winden. 

Die  Scblesier  fanden  bereits  kurze  Zeit  nach  seinem  Re- 
gierungsantritte  Gelegenbeit,  die  Art  ibres  neuen  Herrscbers 
in  ihrer  Eigentiimlicbkeit  kennen  zu  lernen.  Es  bandelte 
sicb  damals  um  die  Angelegenbeiten  des  Bistums.  Am 
6.  April  1376  war  Bischof  Preczlaw  gestorben,  und  die 
ewig  geldbedilrftige  Kuiie  von  Avignon  batte  sofort  die 
Hand  auf  das  Bistum  gelegt,  um  durcb  das  Spolienrecbt, 
die  Annaten  und  Reservation  der  neuen  Besetzung  von 
„  dem  goldenen  Bistume "  moglicbst  viel  zu  gewinnen.  Aber 
das  Kapitel  batte  kkig  und  energiscb  operiert,  sicb  durch 
eine  Karl  IV.  gewiibrte  Anleibe  dessen  Gunst  gesichert,  sich 
dann  mit  dem  papstlichen  Legaten  giitlich  abgefunden  und 
in  dem  Breslauer  Dechanten  Dietrich  eine  dem  Kaiser  ge- 
nehme  Personlichkeit  zum  Bischof  gewablt.     Als  dieser  aber 


Das  Bistum  Bieslau  nach  dein  Tode  Preczlaws.  207 

nun  nach  Avignon  ging,  um  sich  bestatigen  zu  lassen,  fand 
er  den  ,Papst  Giegor  XI.  nach  ItaHen  verreist,  und  wahrend 
man  ihn  in  Avignon  hinhielt,  starb  Gregor  den  27.  Miirz  1378 
zu  Rom.     Die  dortigen  Kardinide  erwiihlten  Urban  VI,,  die 
zu  Avignon  aber  Klemens  Vll.,  der  dann  von   hier  aus  die 
von   Rom    gegen    ihn    geschleuderten   Bannfluche   erwiderte. 
Dietrich,  in  Avignon  festgehalten,  konnte  sich  der  hier  herr- 
schenden  Richtung  nicht  wohl  entziehen,  wahrend  inDeutsch- 
land,  wo  man  die  Abhangigkeit   der  Avignoner  Papste    von 
Frankreich  schon  litngst   mit   ungilnstigen  Augen   angesehen 
hatte,  die  offenthche  Meinung   dem    rcimischen  Pontifex   zu- 
neigte.     Es  dauerte  nicht  lange,  bis  der  neue  Bohmenkonig 
Wenzel    dem   Breslauer  Kapitel   die    Anerkennung  Dietrichs 
verAveigerte ,    da    dieser   ein  Schismatiker   sei,    wahrend    der 
Papst  auch   gleich   dessen  Breslauer  Pralatur  einem  andern, 
dem  Herzoge  Heinrich  von  Liegnitz,  zusprach.    Ftigsam  hefs 
das  Kapitel  seinen  Erwahlten   fallen,    obwohl   dadurch    eine 
neue    kostspielige    Auseinandersetzung    mit    dem    rcimischen 
Papste    notwendig    ward ,     postulierte    den    hochverdienten 
greisen  Kanzler  weiland  Karls  IV.,  Johann   von  Neumarkt, 
zur  Zeit  Bischof  von  Olmiltz,    der  aber,    ehe  er  seine  neue 
Wiirde  antreten  konnte,  am  20.  Dezember  1380  starb.    Nun 
zogerte   man   mit   einer   Neuwahl,   da   man    den    von  Konig 
Wenzel  empfohlenen  bohmischen  Edelmann,  von  Duba,  nicht 
mochte;    dem   Namen   nach    administrierte    der   Bischof  von 
Lebus,  Herzog  Wenzel  von  Liegnitz,  in  papstlichem  Auftrage 
das  Bistum,  thatsachlich  war  der  Archidiakon  Nikolaus,  ein 
feingebildeter,   in  weiten  Kreisen  berilhmter,    aber,  wie   wir 
hinzufiigen  mlissen,  als  Politiker  nicht  gliicklicher  Pralat,  die 
leitende  Personlichkeit  des  Kapitels. 

Oifenbar  Avar  das  letztere  in  iibler  Lage.  Wahrend  ihm 
eben  die  Vakanz  erhohte  Lasteu  auferlegte,  flossen  die  Ein- 
nahmen  unregelmafsiger  als  sonst,  gar  manche  Herren,  selbst 
Fiirsten,  wie  der  gewaltthatige  Bolko  von  Miinsterberg,  ver- 
weigerten  die  Zahlung  der  Bischofsvierdunge ,  da  |a  kein 
Bischof  da  sei,  und  die  papstlichen  Strafen  versagten  nur 
zu  oft  ihre  Wirkung.  Um  so  unzweckmiifsiger  war  es  des- 
halb,  geringfugiger  Ursachen  halber  auch  mit  der  machtigen 
Landeshauptstadt ,  dem  Sitze  des  Bistums,  einen  Konflikt 
heraufzubeschworen. 

Geringfiigig  war  die  Ursache  in  der  That:  Herzog  Rup- 
recht  von  Liegnitz  hatte  seinem  Bruder  Heinrich,  dem  Bres- 
lauer Dechanten,  ein  Fafschen  Schweidnitzer  Bieres  1380 
als  Weihnachtsgeschenk  gesandt,  die  stadtischen  Behcirden 
jedoch  dasselbe  konfisciert,   da   sie   dem  Kapitel  das  Recht, 


208  Drittes  Ikich.     Di-ittcr  Abschiiitt. 

fremclc  Biere  einzufiiliren,  nicht  zugestauden.  Haben  iiiui 
audi  vielleicht  die  Domherren  mit  ihrem  Vorwurfe,  die 
Breslauer  brauten  ein  gar  zu  grobes  Bier,  man  miisse  sich 
an  fremdes  lialten,  reclit  gehabt,  den  Domherren  kam  es 
dock  allzii  teuer  zu  stehen,  dais  sie,  der  zornigen  Aufwal- 
lung  des  in  seiner  Wurde  gekrjiukten  kerzogliehen  Em- 
plangers  nachgebend,  die  Kontiskation  jenes  Bierfasses  durch 
Verhangung  des  Interdiktes  iiber  die  Stadt  rachten  uud  sich 
dann  das  Recht  dazu  von  dem  Erzbischoie  von  Gnesen 
noch  ausdrilckHch  bcstatigen  liefsen.  Freihch  noch  uugleich 
schUnuner  und  thorichter  war  es,  dafs,  als  dann  der  neue 
Herrscher,  Kfinig  Wenzel,  vor  den  inzwischen  die  Breslauer 
den  Streit  gebracht  hatten,  im  Sommer  1381  zum  ersten- 
male  in  Breslau  erschien,  und  wahrend  er  unparteiische 
Priifung  des  Streites  zusagte,  zunitchst  die  zeitweilige  Auf- 
hebuug  des  Interdiktes  verlangte,  das  Kapitel  dieses  Be- 
gehren  schrofi,  ja,  wie  es  heifst,  geradezu  unehrbietig  zu- 
riickwies. 

Da  ergrimmte  der  leicht  zu  cntfiammende  Konig  und  gab 
zui*  Strafe  die  zunachst  an  Breslau  liegenden  Giiter  der  Dom- 
herren, nachdem  diese  selbst  liingst  die  Stadt  gcravmit  hatten, 
der  Plunder ung  der  bohmischen  Krieger  preis,  welche  Wenzel 
zur  Verwunderung  der  Breslauer,  die  solehes  voni  Kaiser 
Karl  nie  erlebt,  gleichsam  als  seine  LeibwJichter  mit  nach 
Breslau  gebracht  liatte.  Am  29.  Juui  1381  sah  die  Stadt 
das  merkwiirdige  Schauspiel,  dafs  in  ihren  Strafsen  wilde, 
fremde  Kriegsgesellen  allerlei  Vieh  und  Gerat  zu  Spott- 
preisen  feilboten. 

Der  Schaden  war  geschehn,  und  die  Geschadigten  fanden 
nirgends  Beistand.     Der  Papst  sehr  weit   entternt,    sich   mit 
dem  romischen  Konige  um  des  Breslauer  Kapitels  willen  zu 
llberwerfen,  ignorierte  in  seinen  Entscheidungeu  die  Gewalt- 
samkeiten  Wenzels  voUkommen  und  schien  nur  eine  Differenz 
zwischen  dem  Domkapitel  iind  dem  Breslauer  Rate  vor  sich 
zu   sehen;    der   ernannte   papstliche  Richter  Kardinal  Pileus,  ,j 
der  als  Rat  Wenzels  von    diesem   einen  Jahresgehalt   bezog,  ,j 
wilrde  sich  gleichfalls  sehr  gehiitet  haben,  mit  seinem  konig- 
lichen  Herrn  Streit  anzufangen,  und  der  jetzt  von  dem  Ka-  • 
pitel  zum  Bischof  postulierte  Wenzel  von  Lebus  strebte  nur  j 
danach,    die    Anerkennung    des  Konigs    zu    erlangen.     Das 
Interdikt   Avard    einfach    aufgehoben,    und   Wenzel    erklarte 
den  Domgeistlichen  kurzweg,   er  wolle  Herr  sein  in  seinem  i 
Reiche.     Um  eine  Bestatigung  ihrer  PrivUegien  zu  erlangen,  j 
mufsten  Administrator  und  Kapitel  sehr  unumwunden  Wenzel  j 
als  den  Hauptpatron  ihrer  Kirche  und  bezuglich  ihrer  Giiter 


Konig  Wenzel  mid  das  Domkapitel.  209 

als  iliren  Herrn  anerkennen,  dem  sie  Respekt  und  Ver- 
ehrung,  Treue  und  Gehorsam  schuldig  seien,  dessen  Feinden 
sie  nie  und  auf  keine  Weise  Vorschub  leisten,  dem  sie  alls 
Schlosser  der  Kirche  offen  halten  sollten.  Dafiir  sichert 
ihnen  der  Konig-  zu,  er  werde  fortan  auf  keine  Weise  dul- 
den,  dafs  der  Papst  oder  seine  Einnelnner  das  Kapitel 
wahrend  der  Vakanzen  durch  Steuern,  Annaten  oder  Avel- 
chen  Namen  solclie  Abgaben  luhrten,  belastigten,  einzig  aus- 
genommen  soUte  die  dem  Konige  bei  seiner  Rorafahrt  zu- 
stehende  Steuer  des  Hundertsten  von  den  geistlichen  Ein- 
kilnften  sein.  Bier  durfte  sicli  fortan  das  Kapitel  kommen 
lassen,  woher  es  wollte,  doch  streng  darllber  wachen,  dafs 
dasselbe  niclit  an  Biirger  der  eigentlichen  Stadt  verkauft 
werde.  Wenn  der  Konig  ursprimglich  die  Domherren  auch 
hatte  verpflichten  Avollen,  die  Dominsel  auf  ibre  Kosten  zu 
befestigen  und  ihm  sogar  in  der  Ecke,  wo  einst  die  alte 
herzogliche  Burg  stand,  ein  neues  Scblofs  zu  erbauen,  so 
hat  das  Kapitel  sich  dem  docli  sclilau  zu  entziehen  gewufst, 
ohne  dafs  der  Konig  dann  besonders  test  darauf  bestanden 
hatte. 

Die  Anerkennung  ihres  neuen  Bischofs  Wenzel  durch 
den  Konig  mufsten  die  geistlichen  Herren  erst  noch  durch 
neue  Geldopfer,  durch  Quittierung  alter  Geldforderungen 
im  Gesamtbetrage  von  4000  Mark  erkaufen.  Den  Kapi- 
tularen  mufste  dann  der  neue  Bischof  ein  jetzt  erst  ent- 
worfenes  Statut  vom  10.  Juni  1383  bestiitigen,  welches 
zur  Zeit  der  Vakanzen  das  Kapitel  als  alleinigen  Regenten 
des  Bistums  proklaraierte  und  dem  erwahlten,  postulierten 
oder  vom  Papste  providierten  Bischofe  nicht  eher  einen 
Einflufs  gestatten  wollte,  bis  er  dem  Kapitel  seinen  Eid  ge- 
leistet  und  von  diesem  wirklich  acceptiert  worden  ware. 
Wenzel  Herzog  von  Liegnitz  hat  dann  bis  1418  als  Bischof 
hier  gcAvaltet  nicht  eigentlich  zu  besonderem  Segeu  des  Bis- 
tums. Wohlwollend  aber  ohne  Energie  und  freigebig  ohne 
rechte  Wahl  liefs  er  die  Zeit  des  tinanziellen  Verfalls  be- 
ginnen,  der  das  goldne  Bistum  so  schnell  von  seiner  Hohe 
herabbrachte. 

Die  Breslauer  haben  sicherlich  wenig  Mitgefuhl  empfunden 
fiir  die  Auftritte,  welche  sich  hier  1381  abspielten,  und 
welche  schon  frilli  den  Namen  des  Pfaffenkrieges  erhielten, 
aber  soviel  ist  gewifs,  dafs  das  ganze  gewaltthatige  Auf- 
treten  Konig  A^^enzels,  die  Raubzilge  seiner  Soldateska  auch 
bei  der  Burgerschaft  einen  huchst  unglinstigen  Eindruck 
machten.  Mifstrauisch  wandte  man  sich  allgemcin  von  dem 
neuen  Herrscher  ab,    das    schone   Band   der  Anhiinglichkeit 

Grunhagen ,  Gescli.  Schlesieus.    I.  14 


210  Drittes  Bucli.     Dritter  Abschnitt. 

und  des  Verti*auens,  welches  zu  Konig  Karls  Zeiten  die 
Sclilesier  und  speziell  die  Breslauer  niit  ihrem  Herrscher 
verbunden  hatte,  war  zerrissen. 

Die  Folgen  konnten  nicht  ausbleiben.  Was  zunachst 
die  Fursten  anbetrifft,  so  konnte  es  seheineii;  als  sei  gerade 
in  dieser  Zeit  ein  Gefuhl  provinzieller  Gemeinsamkeit  bei 
ihnen  wahrzunehmen,  insof'ern  jetzt  erst  auch  die  ober- 
schlesischen  Herzoge  als  schlesische  Fursten  bezeichuet  wer- 
den.  Dock  King  dies  wohl  auch  damit  zusammen,  dafs  jetzt 
zuerst  oberschlesische  Herzoge  wie  z.  B.  Primko  von  Teschen 
niederschlesische  Besitzungen  erlangten,  kraft  deren  ihnen 
dann  jener  Titel  naturgemafs  zukam.  Sonst  und  in  Wahr- 
heit  konnen  wir  uns  dariiber  nicht  tauschen,  dais  jc  niehr 
mit  dem  sinkenden  Ansehen  des  Oberlehensherrn  dieser 
aufser  Stand  gesetzt  wurde,  mit  starker  Hand  die  Lehens- 
flirsten  in  dem  Kreise  seiner  Politik  festzuhalten^  jeder  der- 
selben,  ohne  irgendAvie  nach  dem  Allgemeinen  zu  fragen, 
Anlehnung  und  Beziehungen  nach  aulsen  hin  da  suchte,  wo 
ihm  die  meisten  Aussichten  zu  winken  schienen.  Eiue  Weile 
ging  ja  nach  dem  Todc  Karls  IV.  noch  alles  in  den  Gleisen 
fort,  die  Karl  IV.  geschafFen.  Schlesische  Fursten,  wenn 
auch  in  minderer  Zahl  als  voi'her,  suchen  den  Hof  ihres 
Oberlehensherrn  auf,  begleiten  ihn  auf  Reisen  und  amtieren. 
als  seine  Hofrichter,  ja  der  von  ihn-en,  dessen  Dienste  be- 
reits  Karl  IV.  ganz  besonders  schatzen  gelernt  hatte,  Herzog 
Primko  von  Teschen  steht  sogar  an  der  Spitze  der  Gesand- 
schaft,  welche  1381  zu  London  die  Ehepakten  zwischen 
dem  Konige  Richard  11.  von  England  und  Anna,  der  Tochter 
Wenzels,  festsetzte,  und  der  Herzog  hat  zur  Belohnung  dafiir 
nicht  nur  einen  Jahresgehalt  von  500  Pfund  Sterling  von 
dem  englischen  Konig,  sondern  aufserdem  auch  von  Wenzels 
sorgloser  Freigebigkeit  den  ganzen  unmittelbaren  Besitz  der 
Krone  in  Niederschlesien ,  namlich  die  Hiilfte  von  Glogau 
und  dazu  Steinau  und  Guhrau  ganz  erhalten.  Es  war  da- 
her  nicht  mehr  als  billig,  dais  er  fur  AVenzel  eingetreten 
ist,  als  es  sich  1394  um  dessen  Befreiung  aus  den  Handen 
Josts  von  ]\Iahren  und  der  bohmischen  Verschworenen  ban- 
delte. 

Derselbe  hat  denn  avich  im  Jahrc  1400  als  Wenzels 
Gesandter  zu  Frankfurt  von  der  beabsichtigten  Absctzung 
des  Konigs  wenngleich  vergeblich  abgemahnt.  Auch  den 
anderen  schlesischen  Filrsten  ,  die  .  wir  im  Hofdienst 
Wenzels  begegnen,  den  beiden  Herzogen  von  Miinsterberg, 
Bolko  und  Nikolaus,  so  wie  den  Liegnitzern,  Ruprecht  und 
Ludwig,  miissen  wir  nachriihraen,  dafs  sie  ihrem  Herrn  die 


Die  schlesischen  Fuvsten.  211 

Treue  bewahrt  haben.  Die  Mliusterberger  Fiirsten  und 
Herzog  Ruprecht  liaben  sogar  Wenzels  Gefangenschaft  in 
Wien  mit  ihm  geteilt^  ja  wir  werden  nocli  einer  allgemei- 
neren  Kundgebung  zugunsten  Wenzels  aus  dem  Jahre  1402 
211  gedenken  haben. 

Aber  nebenher  gehen  doch  mancherlei  deutlicbe  Zeiclien 
der  Auflosung  der  staatliehen  Ordnung,  Avelche  unter  Konig 
Karl  geherrscht  hatte.  Besonders  ward  Oberschlesien  in 
dem  letzten  Jahrzehnt  des  14.  Jahrliunderts  von  liblen  Han- 
deln  heimgesueht.  Hier  wirkte  Verschiedenes  zusammen. 
Es  war  eine  gewisse  Spannung  geblieben  zwischen  den 
Premysliden  von  Troppau ,  die  bekanntlich  seit  Konig 
Johanns  Zeit  auch  das  Herzogtum  Ratibor  erhalten  batten, 
und  den  librigen  piastischen  Fiirsten,  namentb'ch  denen  von 
Oppeln,  welcbe  den  Eindringlingen  den  schlesischen  Besitz 
niclit  gonnten.  Dazu  kam  die  eigentilmliche  Stellung  Wlady- 
slaws  von  Oppeln,  der,  wie  wir  bei  anderer  Gelegenheit 
sahen,  neben  seinem  fiirstlichen  Erbe  in  Schlesien  noch 
grofse  Lehenschaften  in  Polen,  das  Herzogtum  Kujawien,  die 
Lande  Dobrin  und  Wielun  besafs  und  in  alien  polnisch- 
ungarisch-bcihmischen  Verwickelungen  seine  Hande  im  Spiel 
hatte.  Endlich  erscheinen  die  schlesischen  Herzoge  auch 
in  die  mahrischen  Handel  verwickelt,  avo  die  beiden  Briider 
Prokop  und  Jost  einander  unaufhorHch  befehdeten.  Durch 
Vermittelung  des  Bischofs  von  Breslau  hatte  1389  ein  schle- 
sischer  Landfriedensbund  dem  Bischof  von  Olmiitz  Schutz 
zugesagt  gegeu  den  gewaltthatigen  und  rauberischen  Adel, 
der  sich  um  Markgraf  Prokop  scharte.  Doch  Konig  Wenzel 
stand  auf  Prokops  Seite,  unci  es  kann  uns  genugen,  wenn 
wir  erfahren,  dais  1390  Wladyslaw  von  Oppeln  die  von 
Herzog  Johann  erworbene  Herrschaft  Jagerndorf  an  Mark- 
graf Jost  weiterverkauft  habe,  um  es  erkliirlich  zu  finden, 
dafs  noch  in  demselben  Jahre  die  reisigen  Genossen  Mark- 
graf Prokops  im  Verein  mit  den  Troppauern  die  Oppelner 
Herzoge  befehdeten,  wobei  es  denn  allerdings  zu  nichts 
weiter  als  Verwiistungen  des  Landes  kam ,  welche  die 
Herzoge  im  nachsten  Jahre  zu  erwidern  sich  alls  Mtihe 
gaben. 

Bald  aber  geriet  nun  Herzog  Wladyslaw  von  Oppeln, 
dem  die  Poleu  die  Verplandung  des  Dobriner  Landes  an 
den  Deutschen  Orden  nicht  verzeihen  mochten,  in  Streit 
mit  Konig  Wladyslaw  Jagiello,  welcher  1386  in  Polen  eine 
neue  Dynastie  begrlindet  hatte;  polnische  Herren  gritFen 
1395  das  Oppelner  Land  an,  hielten  das  feste  Schlofs  Bole- 
slawice    (jetzt    in    Russisch  -  Polen    nahe    der    Grenze)    eng 

14* 


212  Drittos  Buch.     Diittcr  Abschuitt. 

blockiert  und  belagerten  sogar  die  Landeshaiiptstadt  Oppeln. 
In  deren  ]\Iauern  waren  damals  die  Neffeu  Wladyslaws, 
Bolko  und  Bernhardt  eingeschlossen ,  und  obwolil  eine  der 
Ursachen  dcs  Zerwilrfnisses  zwischen  ihrera  Oheira  vuid 
Polen  dcssen  Beraiihungen  gewesen  waren,  den  altesten  der 
Oppelner  Briider,  Joliann  Bischof  von  Kujawien,  einen  allcr- 
dings  sehr  wenig  geistlichcn  Herrn  (wegen  seiner  gecken- 
haften  Haartracht  ,,  Sprengwedel "  genannt),  auf  den  erz- 
biscboflichen  Stuhl  von  Gnesen  zu  bringen,  so  suchten  dock 
dessen  Briider,  Bolko  und  Bernhard,  die  Avobl  auch  friiher 
scbon  Geliiste  nacb  des  machtigen  Oheiras  scblesischen  Lan- 
den  gezeigt  batten,  eibgst  Frieden  mit  dem  Polenkonig  zu 
macben,  und  unter  dem  6.  August  1396  kam  zwiscben 
ibnen  (zugleicb  im  Namen  des  abwesenden  Bischofs  Johann) 
und  dem  Konige  von  Polen  ein  sebr  merkwiirdiger  Vcrtrag 
zustande,  durcb  welchen  sicb  die  beiden  Hcrzoge  verpflicbten, 
die  Lande  und  Festen  ihres  Oheims  Oppeln,  StreUitz  und 
Damraratscb  (Kreis  Oppeln)  zu  besetzen,  so  dafs  von  diesen 
aus  fiirder  dem  Polenkonige  kein  Scbade  gescbeben  konne, 
wie  sie  denn  aucb  dem  blockierten  Scblosse  Bolesla\ace  keinerlci 
Beistand  leisten,  nocb  die  Zufiibrung  von  Proviant  nacb  dem- 
selben  dulden,  sondern  vielraebr  die  etwa  unter  den  Ver- 
teidigern  der  Burg  sicb  findenden  Adeligen  des  Oppelner 
Landes  abberufen  soUen.  Diesen  Vcrtrag  vermittelt  der 
scblesiscbe  Fiirstenbund,  dessen  wir  noch  weiter  zu  gedenken 
baben  werden,  es  werden  als  Vermittler  genannt  Biscbof 
Wenzel  von  Breslau  sowie  die  Herzoge '  Konrad  von  01s- 
Kosel  und  Primko  von  Troppau  und  unter  den  Biirgen 
aucb  nocb  Herzog  Ludwig  von  Brieg.  Trotzdem  bat  nun 
aber  WladyslaAV  von  Oppeln,  und  obwobl  er  seine  polniscbe 
Herrscbaft  wie  seine  Bedeutung  in  den  (istlicben  Handeln 
am  Abend  seines  Lebens  dabinscbwinden  sebeu  mufste,  sicb 
in  seinem  Erblande  siegreicb  zu  bebaupten  vermocbt.  Das 
Scblofs  Boleslavice  bat  eine  mehrjiibrige  Belagerung  nicbt 
bezwingen  konnen,  und  aucb  in  Oppeln  bat  Wladyslaw  bis 
an  seinen  Tod   1402  geberrscbt. 

Dafs  Wenzel  an  den  erziiblten  Ereignissen,  bei  welcben 
ein  auswiirtiger  Fiirst  in  Scblesien  mit  bewaffneter  Hand 
einfiel  und  scblesiscbe  Herzoge  mit  demselben  Vertrage 
scblossen,  u'gendwie  Anteil  genommen  batte,  erfabren  wir 
nirgends;  abgeseben  davon,  dafs  er  damals  mit  dem  Polen- 
konig in  engem  Biindnis  stand,  erscbeint  er  aucb  in  jener 
Zeit  tief  verwickelt  in  iible  Handel  mit  den  mabriscben 
Vettei-n  und  seinem  Bruder  Sigismund,  und  1397  baben 
die  Breslauer  gewifs  nicbt  obne  Entsetzen   gebort,    dafs   am 


Die  Oppelner  Fehde.  213 

11.  Juni  vier  der  vornehmsten  kouiglichen  Rate  und  unter 
ihnen  auch  jener  Stephan  von  Opoczno,  den  ihnen  Wenzel 
erst  1395  zum  Hauptmann  gesetzt  hatte,  in  dem  koniglichen 
Schlosse  Karlstein  niedergemetzelt  worden  seien,  und  dafs 
an  der  Spitze  der  Morder  ein  sclilesischer  Flirst,  Johann 
von  Troppau,  der  neuernannte  Oberhofmeister  Wenzels,  ge- 
standen  habe.  Uber  dem  ganzen  furchtbaren  Vorgange  und 
seinen  Motiven  liegt  ein  dichter  Schleier,  aber  gewifs  ist, 
dafs  Wenzel  den  Mordern  Amnestie  erteilt  und  ihrem  An- 
fiihrer,  dem  Herzog  Johann,  unmittelbar  nach  der  That 
Gnadenbeweise  gegeben  hat. 

Wie  weit  war  man  bei  solchem  wlisten  gewaltthatigen 
Treiben  von  den  Zeiten  und  Sitten  Kaiser  Karls  abgekom- 
men.  Vor  allem  empfanden  das  die  Breslauer,  und  wir 
mlissen  eines  besonders  charakteristischen  Handels  gedenken, 
bei  welchem  dieselben  um  ihres  Konigs  willen  und  infolge 
der  anarchischen  Zustiinde,  die  unter  seinem  Regimente  ein- 
zureifsen  begonnen,  zu  schwerem  Schaden  kommen.  Wir 
niogen  diese  Angelegenheiten  unter  dem  Namen  der  Op-- 
pelner  Fehde  zusammenfassen ,  die  ziemlich  20  Jahre 
iang  die  Breslauer  schwer  bedrangt  hat,  und  deren  Her- 
gang  mehr  als  alles  andere  den  liber  Schlesien  in  der  Zeit 
Konig  Wenzels  hereingebrochenen  Verfall  uns  vor  die  Augen 
tiihrt. 

Als  einst  Kaiser  Karl  IV.  die  Anwartschaft  auf  Schweid- 
nitz-Jauer  erworben,  hatte  es  sich  daruni  gehandelt,  eine 
Oppelner  Herzogin  als  Tochter  Bernhards  von  Schweidnitz 
abzufinden.  Die  '  Geldschuld  von  10  000  Mark  war  von 
Karl  auf  seinen  Sohn  vererbt  worden,  schon  well  ja  that- 
sachlich  die  Krone  Bohmen  nicht  in  den  Besitz  der  Herzog- 
tumer  kam,  so  lange  die  Wltwe  Bolkos  II.  von  Schweidnitz- 
Jauer  Agnes  lebte.  Doch  noch  ehe  diese  starb  (1392),  batten 
die  Enkel  und  Erben  jener  Oppelner  Herzogin  eben  jene 
bereits  mehrfach  erwahnten  drei  Brlider,  der  lockige  Bischof 
Johann,  Bolko  und  Bernhard,  1389  von  Konig  W^enzel,  dem 
die  Ausstellung  einer  Schuldurkunde  nicht  grofse  Beschwer 
machte,  die  Zusicherung  erlangt,  die  ganze  Schuld,  die  hier 
au.f  8000  Mark  beziffert  wird,  in  acht  Jahreszahlungen  zu 
je  1000  Mark  abzahlen  zu  woUen.  Als  Biirgen  waren  in 
der  Urkunde  genannt  einige  bohmische  Edelleute,  ferner  die 
Stadt  Prag  vmd  die  sehlesischen  Stadte  Glatz,  Frankenstein, 
Breslau,  Namslau  und  Neumarkt,  welche  siimtlich  zum  Ein- 
lager  in  Brieg  oder  Neifse  mit  je  vier  Pferden  (zwei  Rittern 
resp.  Ratsherren  und  zwei  Knechten)  verpflichtet  werden. 
]Mit  diesem  Briefe  erschien  dann  der  Bischof  von  Wladvslaw 


214  Drittes  Buch.     Dritter  Abschiiitt. 

iu  Breslau  uud  iiberraschte  die  Konsiilu  durcli  die  Weisung 
des  Konigs,  nun  schleiinigst  ihr,  Siegel  daran  zu  hangen. 
Der  Rat  zeigte  geringe  Neigung,  aber  Bischof  Johann  rcdete 
giitlich  zu,  scbon  babe  der  Kunig  1000  Scbock  von  den 
8000  gezalilt,  er  werde  es  sicber  aucb  ferner  tbun,  bei  der 
Menge  der  Blirgcn  sei  das  Risiko  klein,  und  er  verspreebe 
zugleicb  im  Namen  seiner  Briider  die  Breslauer  vor  allem 
scbonen  zu  wollen. 

Daraufbin  iibernabmen  nun  die  Breslauer  fiir  ibren 
Oberlebensberrn  die  Bilrgscbaft,  welcbe  ibnen  dann  so  sebr 
teuer  zu  steben  kommen  sollte.  Wenzel  zablte  natiirbcb 
niebt,  und  scbon  1390  fanden  zwei  Breslauer  Ratsberren 
im  Einlager  zu  Neifse  voile  Mufse,  liber  die  Erspriefslicbkeit 
der  Biirgscbaften  fur  gekronte  Haupter  nacbzudenken ,  sie 
mufsten  aucb  mit  sebwerem  Grelde  ausgelost  werden ;  aber 
damit  nocb  nicbt  zufrieden,  bielten  die  Oppelner  Herzoge 
nun  aucb  nocb  Breslauer  Kaufieute  in  Grols  -  Streblitz  an 
und  scbatzten  dieselben  um  Geld  und  Pferde.  Vergebens 
klagen  die  Breslauer  bei  dem  scblesiscben  Filrstenbunde, 
scbon  riisten  sie,  um  Gewalt  der  Gewalt  entgegenzusetzen, 
da  crscbeint  1397  Biscbof  Joliann  bei  ibnen,  und  durcb  ein 
Darlebn  von  50  Mark  giinstig  gestimmt,  gebt  er  auf  den 
Wunscb  der  Breslauer  ein,  ibren  Anteil  an  der  Biirgscbaft 
festsetzen  und  so  ablosen  zu  lassen.  Die  Haupter  des 
Fiirstenbundes  Biscbof  Wenzel  und  Herzog  Ruprecbt  von 
Liegnitz  fixieren  denselben  auf  1428  Mk.  29  Gr.,  wovou 
jedocb  100  Mark  als  bereits  den  Opplern  vorgescbossen  ab- 
geben  sollen.  Eibg  zablen  die  Breslauer  in  der  HofFnung, 
nun  den  boseu  Handel  los  zu  werden.  Aber  die  Herzoge  j. 
beansprucben  Entscbadigung  flir  den  bisberigen  Zinsverlust,  i 
und  Avabrend  sie  die  Festsetzung  der  Surame  verscbleppen,  j| 
begeben  sie  neue  Gewalttbiitigkeiten,  obne  sicb  dadurcb  ab-  <' 
balten  zu  lassen,  von  den  Breslauern  wiederum  ein  Anleibcn 
von  300  Mark  zu  begebren.  Diese  erkaufen  nun  endlicb 
damit  von  Bolko  und  Bernbard  das  beimlicbe  Versprecben,, 
bis  zur  Riickzabluug  Frieden  balten  zu  wollen. 

Darauf  gestiitzt  wagen  nun  die  Breslauer,  1399  wiedei: 
mit  ibren  Waren  nacb  Ungam  zu  zieben,  und  bescbicken 
dann  aucb  Anfang  Mai  den  Floriansmarkt  zu  Ki-akau,  nicbt 
obne  vorber  von  Herzog  Bolko  unter  Hinweis  auf  das  Ab- 
kommen  sicb  das  sicbere  Geleit  erneuern  zu  lassen. 

Aber   als   der   Herzog    dann    vom    Oppelner  Scblofs   au3 
die   reicben  ^^'agenzuge    der   Breslauer   voriiberzieben    siebt,  , 
rent  es  ibn  docb  zu  sebr,  sicb  die  raublustigen  Hande  baben 
binden  zu  lassen,  und  er  fafst  einen  Plan   von   fast   ergotz- 


Die  Oppelner  Fehde.  215 

licber  Arglist.  Es  sei  rauberisch  Volk  liber  die  Odei'  ge- 
kommeu,  das  ihuen  Gefahr  drohe,  sagt  ei'  deu  Kaufleuten, 
sie  mochten  ein  paar  Tage  verziehen,  bis  er  erkundschaftet 
habe,  ob  sie  sicker  weiter  konnten.  Inzwischen  aber  sckickt 
cr  eilig  zusammeugeraffte  300  Mark  nach  Breslau,  damit 
das  Abkommeu  und  seine  Gewahr  zu  kiindigen.  Das  Ge- 
schiift  war  nicht  schlecht.  Die  Pliinderung  der  Kaufinanns- 
karawane  braclite  dem  wilrdigen  Fursten  Beute  im  Werte 
etwa  von  4000  Mark.  Und  nun  das  Eis  einraal  gebrochen, 
scbwindet  alle  Scheu.  Herzog  Bolko  sieht  jeden  Breslaiier 
Kaufmann  als  willkommene  Beute  an,  und  auch  seine 
Mannen  sucken  es  ihm  gleich  zu  thun  und  machen  Ein- 
falle  ins  Breslauer  Land,  dort  nach  Gefallen  zu  pliindern 
und  zu  rauben.  Der  Rat  richtet  indessen  ohmuachtige  Kla- 
gen  an  den  roniiscken  Konig,  an  die  von  Ungarn  und  Polen, 
Herzog  Bolko  antwortet  darauf  nur  dadurch,  dafs  er  ihnen 
in  Aussicht  steUt,  ihnen  Arme  und  Beine  abhauen  zu  lassen, 
wenn  er  sie  in  seine  Gewalt  bekomme.  Nun  endlich  wer- 
ben  die  geplagten  Breslauer  Soldner  und  beginnen  den 
Kampf,  doch  Herzog  Bolko  besiegt  sie,  nimmt  Diener  der 
Stadt  gefangen,  die  man  dann  wieder  mit  teuerem  Losegeld 
loskaufen  niufs.  Inzwischen  hatte  Bolko  nun  doch  auch 
Konig  Wenzel  personlich  in  Prag  gemahnt;  Wenzel  hatte 
wieder  eine  Rate  gezahlt,  doch  sein  Kammerer  Sigismund 
Hiiler  unterschlug  das  Geld  und  schob  die  Schuld  dann 
geschickt  auf  die  kuniglichen  Rate,  die,  wie  Avir  wissen,  am 
11.  Juni  1397  Herzog  Hans  von  Troppau  auf  dem  Karl- 
stein  ermorden  liefs. 

inzwischen  iMte  die  Beraubung  und  Schadigung  der 
Breslauer  ihren  ungehemmten  Fortgang.  Schutz  fanden  sie 
bei  niemandem,  am  wenigsten  bei  dem  schlesischen  Fiirsten- 
bunde,  zu  dessen  Hauptleuten  Herzog  Bernhard,  einer  der 
rauberischen  Oppelner  Fursten,  gehorte.  Ihr  Schaden,  deu 
sie  gewissenhaft  buchten,  stieg  hoher,  1405  berechnen  sie 
ihn  ganz  abgesehen  von  dem  baar  bezahlten  auf  13244 
Mark.  Die  Hauptsache  aber  war,  dafs  die  Biirgerschaft, 
welche  noch  ein  Jahrhundert  friiher  ihrem  Herzog  so  tapfer 
Krakau  erobert  hatte,  jetzt  in  der  laugen  Friedenszeit  des 
Kaisers  Karl  der  Waffenilbung  und  der  Wehrhaftigkeit  sich 
so  entwohnt  hatte,  dafs  sie  nun  zu  mutvoller  Abwehr  der 
Unbilden  sich  aufzuraffen  nicht  vermochte  und  diese  Sorge 
angeworbenen  Soldnern  iiberhefs,  die  dann  schliefshch  blofs 
den  Oppelner  Fursten  Gelegenheit  zu  wolilfeilen  Triumphen 
verschafften. 

Noch  einmal  schien  eine  Hoffnung  der  bedrangten  Stadt 


216  Drittes  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

zu  leuchten,  als  1404  Kunig  Wenzel  einc  Zusammenkimft 
mit  clem  Polenfursten  in  der  Bieslauer  Burg  veranstaltete, 
wo  dann  charakteristisch  genug  dem  fremden  Herrscher 
Konig  Wladyslaw  als  Schiedsricliter  die  Schliehtung  dieser 
Handel  zufiel.  Er  machte  es  sicli  niclit  allzii  selnver,  sou- 
dern  wies  eintacli  beide  Teile  zur  Rulie,  indem  er  den 
Zinsverlust  der  Oppelner  Herzoge  gegen  die  Schaden  der 
Bi'eslauer  kompensierte,  obwuhl  ilin  die  umfangliche  uud 
nns  noch  erhaltene  Klageschrit't  der  letzteren  ilber  die  Hohe 
dieser  Schaden  hinreicliend  aufklarte.  So  wenig  nun  auch 
die  Stadt  mit  solclier  Entscheiduug  zufrieden  seiu  mochte, 
so  gewann  sie  doch  wenigsteus  filr  einige  Jahre  Kuhe. 
Aber  die  Schuld  war  noch  immer  nicht  bezahlt,  wenn- 
gleich  Wenzel  inzwischen  sich  von  der  Unredlichkeit  seines 
Kiimmerers  iiberzeugt  und  diesen  1405  zu  warnendem  Bei- 
spiele  hatte  enthaupten  lassen,  und  etwa  1409  tlammte  der 
Streit  von  ueuem  auf,  als  damals  die  Oppelner  Herzoge  nun 
auch  einmal  mit  den  Pragern  anbanden  uud  deren  Kauf- 
leute  zu  pliindern  begannen,  wobei  dann  wiederuni  auch 
die  Breslauer  zu  Schaden  kamen.  Ernstlich  suchte  jetzt 
Wenzel  eine  definitive  Abfindung  der  Herzoge,  und  als 
diese  seine  Vorschliige  zuriickwiesen ,  ordnete  er  endlich 
im  Herbste  1410  eine  grolse  liustung  gegen  dieselbeu  an 
und  gebot  auch  den  Breslauern,  falls  sich  einer  der  Her- 
zoge in  Breslau  blicken  liefse ,  denselben  sofort  festzu- 
nehmen. 

Die  Breslauer  waren  nun  unvorsichtig  genug,  diesen  Be- 
fehl  zu  eri'uUen,  und  als  im  Dezember  1410  der  alteste  der 
Brllder,  Bischof  Johann  von  Wladyslaw,'  ganz  dreist  in 
Breslau  erschien,  sich  in  dem  Hause  der  Oppelner  Herzoge 
(auf  der  Schuhbrilcke  der  Matthiaskirche  gegeniiber)  ein- 
quartierte  und  dort  Verbindungen  mit  mancherlei  dem  Rate 
verdachtigen  Personen  pflog,  lielsen  ihn  die  Breslauer  hier 
am  6.  Dezember  1410  verhaften.  Aber  nun  batten  sie  erst 
recht  in  ein  Wespennest  gestochen.  Die  gesamte  schlesische 
Fiirstlichkeit  geriet  in  gewaltigen  Unwillen  darllber,  dafs 
;,  solche  geringe  Leute'^  einen  Herzog  gefangen  zu  nehmen 
Avagten,  und  auch  die  Geistlichkeit  zeigte  sich,  wenngleich 
Bischof  Johann  nicht  gerade  fiir  ein  wilrdiges  Glied  der 
Kirche  gelten  konnte,  doch  sehr  aufgeregt  darliber,  dafs 
man  an  einen  Kirchenfilrsten  Hand  zu  legen  sich  unter- 
fangen  habe.  Bischof  Wenzel  beeilte  sich,  liber  die  ganze 
schlesische  Diocese  das  Interdikt  zu  verhlingen  und  die 
Breslauer  noch  besonders  zu  exkommunizieren.  Als  infolge 
dessen  in  der  Adventszeit  die  Glaubigen  iiberall  verschlossene 


Die  Oppelner  Fehde.  217 

Kirchenthilren  fanclen,  ziirnte  man  an  vielen  Orten  auf  die 
Breslauer,  die  an  dem  alien  allein  schuld  seien. 

Diesen  aber  half  es  wenig,  dafs  Wenzel  ihnen  seine 
voile  Anerkennung-  aussprach  iind  sie  geradezu  aufforderte, 
„  dreinznschlagen "  und  gegen  ihren  Breslauer  Bischof  Ge- 
waltmafsregeln  zu  ergreit'en;  sie  hatten  es  doch  verlernt,  von 
ihrem  Konig  Sclmtz  zu  erwarten,  aber  auch  die  Vermitte- 
lung  Sigismunds  von  Ungarn,  der  in  dem  letzten  Decennium 
Wenzels  hier  so  ziemlich  die  Rolle  des  nach  Popularitat 
strebenden  Thronfolgers  spielte^  gelang  doch  nicht  so  weit, 
dafs  er  die  Entscheidung  in  seiner  Hand  gehabt  hatte. 
Vielmehr  sah  sich  der  Rat,  nachdem  er  den  Bischof  ent- 
lassen,  genotigt,  den  Schiedsspruch  dem  schlesischen  Fursten- 
bunde  zu  iiberlassen,  der  dann  unter  dem  2.  Februar  1412 
erfolgte  durch  den  Mund  des  Bischofs  Wenzel  und  des 
Herzogs  Konrad  von  01s.  Die  beleidigte  hei'zogliche  und 
kirchenfilrstliche  Wilrde  hatte  in  diesem  Schiedsspruche  fast 
ausschliefslich  ihren  Ausdruck  gefunden;  weder  dem  Um- 
stande,  dafs  die  Breslauer  mit  jener  Gefangennelnnung  nur 
einen  Befehl  ihres  koniglichen  Herrn  ausgefuhrt  hatten,  noch 
der  Erinnerung  an  die  jahrzehntelangen  Unbilden  der  Op- 
pelner Herzoge  war  irgendwie  Rechnung  getragen,  sondern 
einfach  eine  Form  der  Genugthuung  fur  den  Bischof  von 
Wladyslaw  war  festgesetzt  worden.  Der  Rat  sollte  zur 
Sllhne  ein  ewiges  Licht  von  4  Pfund  Wachs  vor  dem  Hoch- 
altar  der  Breslauer  Domldrche  stiften,  das  Oppelner  Herzogs- 
haus  zu  Breslau  filr  steuerfrei  und  jedem  stadtischen  Be- 
amten  unzuganglich  erkliiren  und  selbst  in  corpore  bar- 
hauptig  auf  den  Dom  pilgern,  um  dort  in  GegenAvart  des 
Bischois  Wenzel  dem  Bischof  Johann  Abbitte  zu  leisten,  auch 
geloben,  Gleiches  nicht  wieder  zu  thun. 

Die  ersten  beiden  Punkte  Avurden  erfullt,  die  Abbitte 
verzugerte  sich,  angeblich  weil  Bischof  Johann  es  vermied, 
in  Breslau  zu  erscheinen,  und  noch  einmal  haben  die  Op- 
pelner Herzoge  (den  Bischof  Johann  eingeschlossen)  zu  den 
Waffen  gegriffen  und  in  schlimmen  Raubzilgen  eine  Reihe 
von  Dorfern  des  Breslauer  Gebietes  gepllindert  und  gebrand- 
schatzt.  Ohne  dafs  die  verlangte  Abbitte  der  Breslauer  er- 
folgt  ware,  ist  der  widerwiirtige  Streit  in  der  Not  der 
Hussitenzeit  erloschen,  wo  dann  schhefslich  1420  der  durch 
das  Kostnitzer  Konzil  eingesetzte  Papst  ]\Iartin  V.  zugunsten 
der  Breslauer  entschieden  und  den  Bischof  Johann  zur 
Tragung  siimtlicher  Kosten  verurteilt  hat,  Avovon  natiirlich 
die  Breslauer  keinen  Avesentlichen  Nutzen  versplirt  haben. 

Es    ist    in    der   vorstehenden    Darstellung    mehrfach    des 


21S  Diittes  Bucb.     Dritter  Abscbuitt. 

schlesisclien  Fiirsteubundes  gedacht  worden,  und  wir  habeii 
wolil  audi  erkannt,  Avie  wenig  derselbe  seinem  eigentlichen 
Zwecke,  zur  Wahrung  des  Landfriedeus  zu  dieuen,  ent- 
sprochen  liat.  "\Venn  wir  'nun  doch  diesem  Fiirstenbunde 
nocli  einige  Blatter  Avidmen,  so  geschieht  das  einerseits  wegen 
des  Zusammenhangs  mit  dem  im  Deutschen  Reiche  vorge- 
nommcnen  Versuche  zur  Herstellung  eines  allgemeineii  Land- 
friedeus, dann  auch  weil  diese  ersten  Versuche  zur  Zu- 
sammenschlicfsung  der  schlesischen  Fursten  doch  iramer 
Keime  darstellen,  aus  denen  die  nachmalige  standische  Ver- 
fassung  Schlesiens  hervorgegangeu  ist. 

Es  ist  bekannt,  dafs  in  den  ersten  Jahren  der  Regie- 
rungszeit  Ktinig  Wenzels  im  Deutschen  Reiche  die  Stadte 
sich  im  Interesse  ihrer  Sicherheit  iiberall  zu  groi'sen  Biind- 
iiissen  zusaramenschlossen.  In  Schlesien  bestanden  ja,  wie 
wir  wissen,  Vereinigungen  von  StJidten  zu  gemeinsamen  Mafs- 
regehi  gegen  Rauber  und  Friedensbrecher  bereits  seit  den 
Zeiten  Konig  Johanns,  und  wir  horeu  nun  auch  von  neuen 
derartigen  Vertragen.  1383  verbiinden  sich  die  Hauptstadte 
des  Bistums:  Neifse,  Grottkau,  Patschkau,  keinem  Feinde  der 
Krone  Bohmen,  der  schlesischen  Fursten  oder  der  Stadt 
Breslau  in  ihren  Maueni  Zuflucht  zu  geAvahren,  und  im 
Jahre  daraiif  vereinen  sich  unter  der  Agide  Herzogs  Wlady- 
slaAV  von  Oppeln  alle  dessen  Stadte  diesseits  und  jenseits 
der  schlesischen  Grenzen  (22  an  der  Zahl)  zur  Erhaltung 
des  Friedens  und  gemeinsamer  AbAvehr  von  Ruhestorern. 
Aus  Niederschlesien  erfahren  Avir  von  einem  Bunde  der 
Stadte  aus  den  Flirstentumern  Breslau  und  SchAveidnitz- 
Jauer.  Derselbe  mochte  geschlossen  Avorden  sein,  nachdem 
1392  mit  dem  Tode  der  Herzogin  Agnes,  Witwe  Bolkos  II. 
von  Schweidnitz  -  Jauer,  diese  beiden  Fiirstentiimer  Avirklich 
an  die  Krone  Bohmen  heimgefallen  Avaren,  und  aus  den 
Jahren  1397/98  Avird  uns  nun  auch  ein  Anschlag  der  von 
den  einzelnen  Stadten  zu  stellenden  BcAvafFneten  iiberliefert. 
AUerdings  lassen,  obschon  hier  an  400  Bewaffnete  zusamnien- 
kommen ,  die  Erfahrungen  der  eben  erzahlten  Oppelner 
Fehde  uns  von  der  militarischen  Tiichtigkeit  dieses  Bundes 
uicht  allzu  hoch  denken. 

Mit  derartigen  Einigungen  und  den  Mafsregeln  zur  Er- 
haltung der  oflfentlichen  Sicherheit  steht  nun  in  einem  ge- 
wisscn  Zusammenhange  die  Einflihrung  A^on  sogen.  Fem- 
gerichten.  Wir  werden  dabei  nicht  an  eine  Nachwirkung 
der  westfalischen  Femgerichte  zu  denken  haben,  die,  bereits 
unter  Karl  IV.  eingerichtet,  seit  Wenzels  Zeit  und  spezieU 
seit  dem  Jahre   1382   im   Avestlichen  Deutschland   zu   immer 


Landfriedensbiiuduisse.  219 

steigender  Bedeutung  gelangen.  Wir  mogeu  uns  erinnern, 
dafs  in  Schlesien  bereits  im  ersten  Jahrzelint  des  14.  Jahr- 
hunderts  uns  Femgeri elite  entgegenti'eten,  und  wir  diirfen 
sie  uns  in  erster  Linie  als  Ausnahmegerichte  denken^  bei 
denen  ein  niit  aufserordeutliehen  vermutlieh  aber  vom  ober- 
sten  Landesherrn  ausgeriisteter  Riehter  unter  Zuziehung  von 
Schi)ffen  gegen  Eauber  und  Friedensrichter  eine  summarisehe 
Justiz  iibte^  mit  der  Befuguis  ilber  sonstige  Standes-  und 
Jimsdiktionsprivilegien  dabei  liinwegzuseheu,  aber  ohne  dafs 
wir  hier  von  jener  Heiralichkeit ,  die  wir  sonst  als  eine  be- 
sondere  Eigentiimlichkeit  der  westdeutschen  Fenigerichte  an- 
zuseben  gewohnt  sind,  etwas  vorauszusetzen  Grund  batten. 

Im  Jahre  1381  bestatigt  Konig  Wenzel  zur  Friedung 
der  Landstralse  den  Sechsstlidten  der  Oberlausitz  die  Feni- 
gerichte ^  wie  sie  weilaud  sein  Vater  derselben  zugelassen. 
Eine  ahuliclie  Befugnis  ist  vermutlieh  aucli  fiir  Schlesien 
erteilt  worden.  Eine  besondere  Urkunde  besitzen  wir  dar- 
iiber  nicht,  wohl  aber  iiehmen  Avir  wahr,  dafs  die  aus  jener 
Zeit  uns  erhaltenen  Rechnuugsbiicher  von  1386  und  1387 
einen  Ausgabetitel  fiir  das  Femgericht  enthalten,  und  wir 
erfahren  auch  aus  dem  Jahre  1387  von  dem  Falle  eiuer 
vor  dem  zu  Breslau  residierenden  Femrichter  und  seineii 
SchofFen  angebrachteu  Klage  wegen  Bruches  des  Land- 
fi'iedens.  Weiteres  lioren  wir  von  dieser  Sache  und  dem 
ganzen  Institute  iiicht. 

Bei  dem  Landfriedeii  nun,  uni  dessen  Scliutz  es  sicli  in 
der  letzterwahnten  Urkunde  wie  in  so  manchen  anderen 
dieser  Art  handelt,-  werden  wir  natiirlich  an  den  allgemeinen 
Landfrieden  denken,  welchen  Konig  Wenzel,  wie  bekannt, 
unter  dem  11.  Marz  1383  zu  Niirnberg  feierhch  in  grofser 
Reichsversammlung  proklamierte,  und  dessen  erste  „Partei" 
ja  ausdrilcklich  „das  Konigreich  zu  Beheim  und  alles,  was 
zu  der  Krone  desselben  Konigreich s  rait  alien  Fiirsten, 
Grafen,  Herren,  Land  und  Leuten  gehort"  in  sich  begreifen 
sollte,  und  in  der  That  werden  wir  ja  auch  ganz  bestimmte 
Bezugnahmen  auf  ilin  noch  zu  verzeichnen  haben.  Doch 
diirfen  Avir  anderseits  nicht  verschweigen,  dafs  es  mit  diesem 
Landfrieden  insoweit  eine  besondere  Bewandnis  hatte,  als 
derselbe  eigentlich  auf  eiiier  Fiirstenvereinigung  beruhte,  die 
als  solche  den  im  Reich  so  nuichtig  emporgekommenen 
Stadteblindnissen  doch  in  gewisser  Weise  die  Sorge  fiir  die 
offentliche  Sicherheit  aus  den  Handen  zu  winden  beal^sich- 
tigte.  So  war  denn  auch  in  Schlesien  die  nachste  Folge 
des  Niirnberger  Landfriedens  ein  schlesischer  Fiirstenbund, 
dessen  eigentliche  Stiftungsurkunde  uns  nicht  mehr  erhalten 


220  Drittes  Buch.     Dritter  Abschuitt. 

ist,  wohl  uber  eiu  Lebenszeichen  von  ihm  aus  dem  Jahre 
1387,  wo  vor  ihm  ein  beriichtigter  Felider,  Bartusch  von 
AMesenburg,  die  Stadt  Breslau  verklagt.  Aus  dcm  Jahre 
1389  besitzen  wir  dann  eine  groise  Urkunde  dieses  Bimdes^ 
durch  welche  imter  dem  Vorsitze  des  Bischofs  Wenzel  von 
Breslau  14  schlesische  Fiii'sten  sich  mit  allerlei  lublichen 
Bestimmungen  zum  Einschreiteu  gegen  Storer  des  von  Konig 
Wenzel  zum  Schutze  fur  jederniann  aufgerichteteu  Friedens 
verbuuden ,  zugleich  in  engem  Bllndnisse  mit  Markgraf 
Jodok  von  Miihren  iind  dem  Bischofe  Nikolaus  von  Ulmiitz. 
Aus  dem  Jahre  1396  erfahren  wir  gelegentlich  von  der 
Wahl  eines  Bundesiiltesten ,  und  auch  weiter  haben  wir  ja 
oben  bei  Grelegenheit  der  Oppelner  Fehde  mehrfach  dieses 
Bundes  zu  gedenken  gehabt,  und  Avir  horen  auch  aus  dem 
Jahre  1402  von  einer  neuen  Konstituierung  des  Bundes, 
diesmal  im  Verein  mit  den  Stiidten  des  Filrstentums  Breslau, 
wo  dann  die  Mehrzahl  der  schlesischen  Herzoge  sich  zur 
Abwehr  von  Raubereien  und  Fehden  zusammenthut,  jedem 
der  Teiluehmer  eine  bestimmte  Anzahl  von  Lanzen  (ein  ge- 
waffneter  j\Ianu  mit  zwei  bewafFneten  Knecliten)  und  Bugen- 
schiltzen  zu  stellen  aufgiebt ,  Avelche  Zahl  auch ,  wenn 
es  den  Bundesaltesten ,  als  welche  zunachst  die  Herzoge 
Ruprecht  von  Liegnitz  und  Bernhard  von  Falkenberg  be- 
stellt  werden,  notwendig  erscheint,  noch  erhoht  werden  kann. 
Die  Macht  des  Bundes  soil  dann  dazu  verweudet  werden, 
um  Rauber  und  Friedensbrecher,  sowie  solche,  die  denselben 
Vorschub  leisten  wiirden,  zur  Strafe  zu  ziehen.  Der  Bund 
wird  unter  Vorbehalt  der  Bestatigung  durch  Kiinig  Wenzel 
zimachst  nur  aut  ein  Jahr  geschlossen ,  und  die  vereinigten 
Fursten  und  Stadte  geben  zugleich  bei  dieser  Gelegenheit 
eine  politische  Erklarung  dahin  ab,  an  Konig  Wenzel,  den 
eben  damals  sein  Bruder  Sigismund  gefangen  gesetzt  hatte, 
unverbrilchlich  fest  halten  zu  woUen. 

Wir  werden  die  Bedeutung  dieser  Kundgebung  nicht 
ilberschatzen  diirfen ;  was  die  Treuversiclierungen  fiir  Konig 
AVenzel  anbetrifft,  so  horen  wii'  nichts  davon,  dafs  den 
AVorten  Thaten  gefolgt  sind,  im  Gegenteile  zeigt  sich,  dafs 
die  schlesischen  Herzoge,  mit  Ausnahme  von  Ruprecht  von 
Liegnitz  und  den  herzoglichen  Briidern  von  Miinsterberg, 
welche  in  Wenzels  Hofdienst  stehend,  treu  an  ihm  hielten 
und  eine  Zeit  lang  sogar  seine  Haft  in  Wien  teilten,  unbe- 
kiimmert  um  ihren  Oberlehensherrn ,  dessen  Ohumacht  ja 
von  Tage  zu  Tage  mehr  offenkundig  ward,  sich  nach  an- 
deren  Seiten  hin  wandten,  um  dort  die  Anlehnung  zu  finden, 
welche    ihre    Interessen    ebenso    wie   ihre    perscinlichen   Nei- 


Auswartige  Beziehungen  der  schlesischeu  Fiirsten.  221 

gungen  verlangten.  Schon  die  Oppelner  Fehde  zeigt  uns 
die  steigende  Bedeutung  des  Polenkouigs  Wladyslaw  Jagiello 
fiir  Scblesien,  den  selbst  die  Breslauer  sicb  als  Schiedsrichter 
erwahlen.  Fiir  die  obersclilesischen  Herzoge  mufste  allmah- 
lich  der  Krakauer  Hof  das  ersetzen,  Avas  der  Prager  nicbt 
mebr  zu  bieten  vermochte^  eiue  Gelegenheit  fiir  die  Fiirsten, 
aiis  der  driickendeu  Enge  ihrer  kleinen  Besitztiimer  in  dera 
Glanze  eines  voruebmen  Hofbaltes  Abwecbselung,  Spannung, 
Abenteuer,  ja  nacb  Umstanden  sogar  aucb  Geldgewinn  zu 
finden.  Als  der  grofse  Krieg  zwischen  Polen  und  dem 
deutscben  Orden  ausbracb,  sind  unzweifelbaft  die  Sjmpa- 
tbieen  mancber  oberscblesiscber  Fiirsten  anf  der  Seite  des 
befreundeten  Polenkouigs  gewesen,  und  wenn  es  gleicb  nicbt 
erweislicb  ist,  dafs  1410  in  der  Scblacbt  bei  Tannenberg 
einer  derselben  auf  polniscber  Seite  mitgefocbten  bat,  so 
haben  sie  docb  wenigstens  zugegeben,  dafs  polniscbe  Wer- 
bungen  eine  ganze  Anzalil  scblesiscber  Bitter  in  den  Kampf 
gefiihrt  baben,  wabrend  auf  der  andern  Seite  Herzog  Konrad 
der  Weifse  von  (3ls,  der  einst  in  Krakau  als  Page  der  Ko- 
uigin  gedient  batte,  dann  aber  vom  Vater  nacli  Preufsen 
gesendet  worden  war,  um  das  Kriegshandwerk  zu  lernen, 
auf  der  Seite  des  Ordens  kampfend  gefangen  ward  und 
Herzog  Ludwig  II.  von  Brieg  Avenigstens  dem  Hochmeister 
Beistand  versprocben  batte.  Der  letztere  batte  sonst  seine 
Anlehnung  nacb  einer  andern  Seite  gesucbt;  ibm  batte  die 
Vermahlung  mit  Elisabetb,  der  Tocbter  Friedricbs  des  ersten 
hobenzoUernscben  IMarkgrafen  von  Brandenburg  einen  macb- 
tigen  Riickbalt  an  diesem  angesebenen  Fiirsten  gesicbert. 
Die  Glogau  -  Saganer  Fiirsten  endlicb  waren  mit  ihren  In- 
teressen  so  an  die  der  Secbsstadte  und  die  sachsiscben  Fiirsten 
gekniipft  wie  die  von  Troppau  an  die  Angelegenbeiten  Mab- 
rens.  Unzweifelbaft  ti'ug  solcbe  weitgebende  ZerspHtterung 
der  Interessen  mancbe  Gefabren  mit  sicb  namentlicb  fiir  ein 
so  vorgescbobenes  und  exponiertes  Grenzland,  wie  Scblesien 
war.  Es  war  in  der  Tbat  ein  Gliick,  dafs  der  Polenkonig 
nacb  der  scblesiscben  Seite  keine  BegebrHchkeit  zeigte,  nicbt 
einmal  damals,  als  Wenzel  1404  bei  Gelegenbeit  der  Bres- 
lauer Zusammenkunft  sicb  zu  Abtretungen  resp.  Verpfan- 
dungen  scblesiscber  Gebiete  bereit  zeigte. 

Nocb  weniger  aber  als  nacb  der  poUtiscben  Seite  bin 
i  hat  der  Bund  von  1402  fiir  die  offentlicbe  Sicberheit  zu 
(  bedeuten  gebabt.  Der  Verlauf  der  Oppelner  Febde,  den 
j  wir  ja  oben  erziiblten,  vermag  dafiir  Belege  zu  liefern  und 
i  was  Avir  von  Einzelbeiten  erfabren,  zeigt  uns  wenig  eiii-eu- 
I  licbe   Zustande   in   Scblesien    am   Ausgange    des    14.    Jahr- 


222  Drittes  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

himdcrts.  (^ffenbar  hat  sich  damals  eiiie  gewisse  lieaktion 
der  schlesischen  Furstliclikeit  gegen  die  Bevorzugung  der 
Stadte  und  speziell  Breslaus,  wie  sie  unter  Karl  IV.  im 
Schwange  war,  hier  vollzogen,  und  es  war  natilrlich,  dais 
nun  auch  der  Adel  von  dieser  veriindcrten  Sachlage  Yor- 
teile   zog. 

Dieselbe  Gesinnung,  welche  in  dieser  Zeit  den  Bres- 
lauer  Landadel  mil  einer  umtanglichen  Beschwerdeschrift 
gegen  die  Ubergriffe  und  Anmalsungen  der  Breslauer  lier- 
vortreten  liels,  iiihrte  dann  auch  wohl  dazu,  dais  die  Edel- 
leute  zur  Selbsthille  griften  und  eine  vermeintliche  Schii- 
digung  ihrer  Interessen  an  Kaufleuten  der  betr.  Stiidte 
rachten.  Sie  bemerkten  ja  sebr  wohl,  dais  trotz  aller  Land- 
frieden  und  Landfriedensbiindnisse  ihnen  jetzt  niclit  mehr 
eine  so  prompte  Justiz  auf  deni  Nacken  safs,  wie  weiland 
unter  Kijnig  Karl.  So  konnte  ganz  wohl  ein  notorischer 
gefurehteter  Raubritter  Bartusch  von  Wiesenburg,  „der 
Sehalke  Prinzipal",  wie  ihn  ein  alter  Chronist  nennt,  1387 
mit  t'recher  Stirn  die  Breslauer,  die  er  wiederliolt  aufs 
freventlichste  geschiidigt  hatte,  vor  dem  schlesischen  Flirsten- 
bunde  belaugen,  und  es  mulste  doch  schon  weit  gekommen 
sein,  Avenn  es  moglich  ward,  dafs  derselbe  Bartusch  mit 
einem  auderen  Bitter  gleichen  Schlages  Heinrich  von  Haug- 
witz  1390  die  Hauptstadt  eines  der  sclilesischen  Herzoge, 
Ols^  ilberfallen  und  brandschatzen  konnte. 

Wie  hiitte  solchen  Zustiinden  gegenliber  der  Bund  von 
1402  Abhilfe  schaffen  sollen?  War  es  doch  bezeichnend 
genug,  dafs  eben  danials  zu  einem  der  beiden  Altesten  des 
Bundes  jener  Herzog  Bernhard  von  Oppeln-Falkenberg  ge- 
wiihlt  ward,  der  in  der  riicksichtslosen  und  gewaltthiitigen 
Schiidigung  der  Breslauer  immer  mit  seiuem  Bruder  Bolko 
Hand  in  Hand  gegangen  war.  Wenn  aber  auch  wirklich 
der  Bund  hier  Avenigstens  iiir  eine  Zeit  lang  etwas  mehr 
Ordnuug  hergestellt  hat,  so  war  er  doch  entschieden  dazu 
nicht  miichtig  genug,  die  fortAvahrenden  Raubziige,  AAelche 
von  polnischen  Edelleuten  ilber  die  ganze  lange  uugeschiitzte 
Grenze  hierbei  untemommen  A\'urden,  zu  A-erhindern.  ^^'obl 
wurden  AA'iederholt  VertrJige  zum  Zwecke  geo;enseitifirer 
Sicherheit  gegen  Grenzverletzungen  A'on  Konig  Wladyslaw 
mit  einzelnen  schlesischen  Fiirsteu  AA'ie  mit  dem  Fiirsten- 
bunde  geschlossen,  aber  die  Eaubziige  dauerten  fort,  und 
noch  im  Jahre  1410  schildert  der  Brief  eines  Unbekannten 
diese  Zustiinde  anschaulich  genug:  „die  polnischen  Haupt- 
leute  auf  den  Grenzen  wie  die  von  Scharwinski,  von  Zaremba, 
von  Drzyrski  haben  viel  iibrig  Gesinde,  die  miissen  rauben; 


Bedeutuug  des  Fiirstenbundes  von  1402.  22S 

die  polnischen  Hauptleute  sehen  durcli  die  Fioger,  da  Avehren 
sich  die  Schlesier,  so  gut  sie  konnen". 

Doch  trotz  alledem  enthalt  der  Bund  von  1402  eine  fur 
die  schlesische  Geschichte  bedeutsame  Thatsache.  Es  ver- 
dient  wohl  hervorgelioben  zu  werden,  dafs  hier  zum  ersten- 
male,  soweit  wir  es  nachzuweisen  vermcigen,  der  grofste 
Teil  unserer  Fiirsten  einschliefslich  der  oberscblesischen ,  so 
gut  wie  der  Herzog  von  Troppau  und  zvvar  ausdriieklich 
samtlich  als  Herzoge  in  Schlesien  bezeicbnet,  im  Verein 
mit  den  Stadten  sich  zu  einer  gemeinsamen  politischen  Er- 
klarung  zusammenthun.  Der  Begriff  Schlesien,  unter  den 
sich  subsumieren  zu  lassen  die  oberscblesischen  Herzoge 
jahrhundertelang  vermieden  batten,  ist  nun  innerhalb  der 
Grenzen,  die  dann  mit  geringer  Ausnahme  fest  geblieben 
sind,  festgestellt,  selbst  der  alte  mahrische  Landesteil  TropjDau 
erscheint  fur  Schlesien  gewonnen,  und  filr  eine  Gemeinsam- 
keit  aller  dieser  auf  der  langen  Linie  vom  Qiieis  bis  an  die 
Weichselquellen  zerstreuten  und  zersplitterten  Landesteile 
erscheint  eine  bestimmte  Form  gefunden  und  das  erste  Mai 
zur  Anwendung  gebracht,  ein  Keim,  den  dann  doch  schon 
die  Not  der  Hussitenzeit  in  gewisser  Weise  zur  Entwicke- 
lung  gebracht  hat. 

Bevor  wir  jedoch  von  diesen  Zeiten  bericbten,  werden 
wir  noch  von  dem  grofsen  Aufstande  zu  Breslau  aus  dera 
Jahre  1418  zu  erziihlen  baben,  in  welchem  eine  Periode 
der  Verfassmigskampfe  dieser  Stadt  gipfelt,  nachdem  Konig 
Wenzel  hierein  wiederbolt  und  nicht  eben  mit  gliickHcber 
Hand  eingegriffen  hatte. 

Die  zweite  Halfte  des  14.  Jabrhunderts  ist  die  Zeit,  wo 
allerorten  in  den  Stadten  des  Deutschen  Reiches  die  Zunfte 
eine  grofsere  Selbstandigkeit,  eine  gewisse  Teilnabme  an  dem 
Stadtregimente  verlangen  imd  grofstenteils  auch  durchsetzen, 
und  natiirlich  bandelte  es  sich  dabei  in  den  seltensten  Fallen 
um  ein  blofses  abstraktes  Herrschaftsgeliist  der  Handwerker, 
sondem  vielmehr  darum ,  dafs  dieselben  im  Besitze  der 
Macht,  oder  wenigstens  eines  Einflusses  auf  dieselbe  darauf 
rechnen  duriten,  ihre  Erwerbsinteressen  wirksam  zu  fordern, 
unerwiinscbte  Konkurrenzen  abzuwehren,  lastige  Beschran- 
kungen  zu  beseitigen.  Wir  vermogen  das  im  Hinblick  auf 
Breslau  speziell  bei  den  einzelnen  Ziinften  nicht  darzuthun, 
aber  es  liegt  doch  auf  der  Hand,  wie  sehr  das  aus  alter 
Zeit  von  den  grofsen  Kaufherren  behauptete  Eecht  des  all- 
einigen  Tuchausschnittes  d.  h.  des  Detailverkaufs  den  drei 
grofsen  Ziinften  der  Tuchmacher,  die  hier  bestanden  (in  der 
Altstadt,   in  der  Neustadt  und   auf  dem  Ketzerberge) ,   zu- 


224  Drittes  liucli.     Dritter  Absclmitt 

wider  sein  raufste,  unci  ebenso  leuchtet  es  ein,  dafs  der  seit 
1387  bier  eingefuhrte  einmal  in  der  AVoche  abgehaltene 
freie  Fleischmarkt  den  Fleischern  ein  Dorn  im  Auge  war, 
so  dafs  es  uns  nicht  wundern  darf,  gerade  in  diesen  beiden 
Innungen  besonders  eifrige  Mitglieder  der  (Opposition  gegen 
den  Rat  zu  linden. 

Gewifs  ist,  dafs  von  dem  Augenblicke  an,  wo  man  inne 
wurde,  dafs  Kiinig  Wenzel  nicbt  raehr  wie  sein  Vater  die 
Autoritat  des  Rates  zu  scbiitzen  sich  fest  entschlossen  zeigte, 
sondern  viehnebr  uach  seiner  leicbt  beweglicben  und  gern 
nacli  Popularitat  hascbenden  Art  VorsteUungen  und  Be- 
scbwerden  der  Ziinfte  freundbcb  aufnahm,  diese  sicb  zu 
kiibnerem  Verge  hen  zusaniraenfanden.  Bereits  1388  baben 
sie  Gesandte  bei  dem  Konig,  und  die  freundbcbe  Auf- 
nabme,  welcbe  dieselben  linden,  I'librt  dann  dazu,  dafs 
1389,  den  27.  September,  30  Breslauer  Ziinfte  sicb  ver- 
binden,  nicbt  nur  durcb  Handwerksgescliworenen  ihre  Inter- 
essen  vor  dem  Rate  vertreten  zu  lassen,  sondern  aucb  einen 
Ausscbufs  derselben  zu  bevolbnaclitigen  und  zugleicb  auf 
gemeinsarae  Kosten  mit  den  Geldmittebi  zu  verseben,  um 
etwaige  Klagen  iiber  den  Rat  personlicb  vor  den  Konig  zu 
bringen.  Es  wird  also  aus  den  Vertretern  der  Ziinfte  bier 
eine  Art  von  Tiubunat  gebildet,  das  dann  berufen  ist,  Be- 
scbwerden  dei'selben  an  das  Obr  des  Konigs  zu  bringen. 
Durcb  die  Gunst  des  letzteren  erlangen  sie  nun  aucb  1390 
neue  Innungsstatuten,  welcbe  ibnen  voile  Unabbiingigkeit  ver- 
biirgeu;  jede  Zunft  darf  sicb  jetzt  audi  Waifen  lialten,  ja 
ibre  Macbt  ist  bereits  soweit  gestiegen,  dafs  sie  vor  der 
RatsAvabl  von  1390  den  Ausscblufs  von  secbs  Patriziern, 
die  sie  als  ibnen  besonders  feindlicb  gesinnt  kennen  mochten, 
durcbsetzen.  Aufserdem  erlangen  sie  es,  dafs  der  Rat,  von 
acbt  auf  elf  Personen  vermebrt,  vier  Ziinftler  entbiilt,  ebenso 
wie  das  Scboffenkollegimn ,  und  dafs  der  Kiirscbner  Peter 
RafFsaf,  der  Fiibrer  der  ziinftiscben  Deputation  an  Konig 
Wenzel,  seine  Stelle  oben  unter  den  Patriziern  findet.  Bald 
setzten  1391  und  1395  die  "NVollenweber  jetzt  aucb  ihre 
alte  Forderung ,  ibr  selbstgefertigtes  Tuch  verkaufen  zu 
diirfen,  durcb.  Vor  der  Wabl  von  1395  verbietet  sogar 
Wenzel  den  Konsuln  solche  „  benannte  Leute ",  d.  h.  welche 
von  den  Ziinften  als  ibnen  mifsliebig  bezeicbnet  waren, 
zu  wiiblen,  wofern  sie  nicbt  Avollen,  dafs  er  selbst  durch 
seinen  Hauptmann  den  Rat  ernennen  liefse.  Docb  des 
Konigs  Gunst  war  wandelbar,  und  als  die  Patrizier  seiner 
Geldverlegenbeit  mit  ansebnlicben  Summen  zubilfe  kommen, 
neigt  er    sicb  (1399)   wiederum    ibnen   zu,    der  Rat    erlangt 


Bre.slauer  VerfassuugskJimpfe.  225 

'wieder  seiii  altes  patrizisches  Geprage,  den  Zunften  werden 
ihre  Waffen  abgenommen,  z.  T.  audi  ihre  Siegel,  soweit  sie 
Tiicht  ein  altes  Recht  darauf  nacliweisen  kornien,  Versamm- 
lungen  melirerer  Zliiifte  oder  Verbindungen  derselben  wer- 
den verboten.  Eine  Weile  ging  es  in  diesem  Gleise  fort, 
um  so  leicbter  als  Konig  Wenzel  in  den  niichsten  Jahren, 
wo  sein  Ansehen  immer  tiefer  sank,  die  Kurfiirsten  ibn 
seiner  romischen  Konigswiirde  entsetzten,  in  Bohmen  der 
Adel  gegen  ibn  aufstand  und  sein  Brnder  Sigismund  ibn 
jahrelang  in  Banden  bielt,  niebt  mebr  einzuscbreiten  ver- 
mocbte.  Als  aber  Wenzel  seiner  Haft  endHcb  entledigt 
1404  wieder  in  Breslau  erscbien,  urn  in  enger  Verbindung 
mit  dem  Polenkonige  sein  Heil  zu  sucben,  gewannen  die 
Zlinfte  von  neuem  sein  Obr,  der  Konig  setzt  mitten  im 
Amtsjabre  den  ganzen  Rat  ab  nnd  einen  den  Zunften  ge- 
nebmeren  neuen  ein,  der  dann  aucb  1405  weiter  amtiert 
Tind  1406  sicb  in  gleicbem  Sinne  erneuert,  aber  dann  nocb 
in  demselben  Jabre  dureb  eine  Bewegung  gesturzt  wird,  bei 
der  nun  nicbt  eben  blofs  die  grofsen  Standesunterscbiede, 
sondern  die  Gegensatze  von  Familienkoterien  tbiltig  gewesen 
zu  sein  scbeinen.  Und  wabrend  so  der  grofse  Kanipf  mebr 
und  mebr  seinen  urspriinglicben  Cbarakter  des  Gegensatzes 
-zwiscben  zwei  mit  gleicber  Engberzigkeit  an  ibren  Standes- 
interessen  festbaltenden  Korperscbaften  verliert,  da  ja  eigentlicb 
die  Teilnabme  der  Ziinftler  am  Rate  kaum  mebr  bestritten 
wird,  erbalt  dieser  Streit  zugleicb  ein  eigentumlicbes  soziales 
Element,  insofern  die  Stadt  mebr  luid  mebr  in  Scbulden 
gerat  und  die  steigende  Steuerlast  allgemeine  Unzufrieden- 
heit  bervorruft,  fiir  die  natiirlicb  der  Rat  verantwortlicb  ge- 
inacbt  wird. 

Wir  mogen  uns  der  friiber  gescbilderten  langdauernden 
Oppelner  Febde  erinnern,  die  dem  Breslauer  Handel  scbwere 
Wunden  gescblagen  batte ;  dann  kam  der  grofse  Krieg 
zwiscben  Polen  und  dem  Deutscben  Orden,  welcber  nun 
den  auswartigen  Handel  der  Stadt  in  seiner  wesentlicbsten 
Ricbtung  labmte,  und  endlicb  zerriittet  dann  1413  eine  grofse 
Pest  mit  alien  den  Ubeln,  die  eine  solche  im  Gefolge 
zu  baben  pflegt,  die  Zustande  nocb  mebr.  Wenn  nun  an 
der  scblimmen  Lage  der  Stadt  die  Mifsregierung  Konig 
Wenzels  unzweifelbaft  grofse  Scbuld  trug,  so  bat  derselbe 
aufserdem  nocb  aucb  ganz  direkt  zu  der  Scbuldenlast,  welcbe 
die  Biirgerscbaft  immer  driickender  empfand,  das  Allermeiste 
beigetragen,  insofern  er  deren  Steuerkraft  auf  das  riicksichts- 
loseste  ausbeutete.  Wir  wissen  ja,  dafs  es  eine  Biirgscbaft 
fiir  eine  Scbuld  Wenzels  war,  welcbe  die  von  ibrem  Koni^ 

GriinhageD,  Gescli.  Scblesiens.     I.  1& 


226  Drittes  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

im  Stich  gelassenen  Breslauer  den  Oppelner  Herzogen 
gegenilber  zu  blifsen  batten;  wir  sehen  dann  Wenzel  fur 
die  kleine  Revolution  von  1406  die  unerborte  Sti-afsumme 
von  8000  Mark  Groscben,  d.  b.  das  Doppelte  einer  da- 
mabgen  stiidtiscben  Jabreseinnabme,  der  Stadt  aiiflegen  und 
scbleunigst  eintreiben  und  erfabren  dann  aucb  weiterbin 
Aviederbolt  von  Extrasteuern  in  der  Hobe  von  1000  Mark 
u.  dgl.  Dabei  fabrt  er  fort,  in  die  Stadtregierung  selbst 
einzugreifen ,  Eate  ab-  und  einzusetzen,  Gesandte  zu  sich 
nacb  Prag  zu  entbieten,  Verordnungen  zu  erlassen,  die 
dann  docb  unausgefiibrt  bbeben.  Kurz ,  er  tbat  alles ,  um 
die  Mascbinerie  der  Breslauer  Stadtregierung,  die  jabrbun- 
dertelang  ganz  gut  ibre  Dienste  geleistet  batte,  in  Verwir- 
rung  zu  bringeu.  Natilrlicb  mufste  das  fortwabrende  Ex- 
perinientieren,  das  die  Stadt  zu  einem  Gefiihle  der  Sicberbeit 
und  Rube  gar  niebt  konnnen  liefs,  aucb  wiederum  die  ma- 
terielle  Wohlfabrt  empfindlicb  sebadigen,  die  Einnabmequellen 
der  Stadt  minderten  sieb,  die  Scbuldenlast  wucbs,  die  im- 
mer  niebr  erbobten  Steuern  gingen  scblecbt  ein,  und  ver- 
scbarfte  Mafsregeln  zur  Eintreibung  derselben  niitzten  wenig, 
steigerten  aber  die  Erbitterung  der  Menge.  Was  konnte  es 
unter  solcben  Umstanden  belfen,  wenn  dann  der  Konig  im 
Jahre  1417  einen  Ausscbufs  von  acbt  Personen,  zur  Halfte 
aus  den  Kaufleuten,  zur  anderen  aus  den  Ziinften  gewablt,. 
zur  Kontrolle  der  Finanzverwaltung  dera  Rate  beigab? 

Wenn  dieser  dann  wiederum  Ordnung  in  die  Finanzen  za 
bringen,  der  Scbuldenlast  abzubelfen  versucbte,  so  konnte 
das  eben  docb  nicbt  gelingen  obne  ein  stiirkeres  Anzieben  der 
Steuerscbraube,  dies  aber  eben  bat  dann,  wie  es  scbeint,  1418 
einen  Ausbrucb  berbeigefubrt,  so  furcbtbar,  wie  ibn  die 
Stadt  nie  friiber  und  nie  nacbber  erlebt  bat.  Geboren  hat. 
den  Aufstand  unzweifelbaft  die  allgemeine  Not  und  Unzu- 
friedenbeit,  aber  weitere  Gestalt  gegeben  baben  demselben 
die  Elemente,  welcbe  scbon  immer  in  Opposition  gegen  die 
Stadtregierung  standen.  Handwerker  der  verscbiedensten 
Ziinfte,  ja  eine  ganze  Anzabl  von  Geschworenen,  selbst  ziinjp- 
tiscbe  Mitglieder  des  Rates  aus  den  letzten  Jabren,  ja  ein 
Mitglied  der  Acbterkommission  von  1417  erscbeinen  bei 
dem  Aufstande  beteiligt.  Die  Fleiscber,  welcbe  den  Frei- 
markt  nie  verscbmerzt  batten,  boten  zur  Gewalttbatigkeit. 
bereitwillig  die  Hand,  und  in  den  Tucbmacbern  der  Neu- 
stadt,  der  macbtigsten  der  drei  biesigen  Weberinnungen,  wirkte 
die  alte  iiberlieferte  Eifersucbt  der  Neustadter  auf  die  Alt- 
stadt  mit,  der  sie  vorzeiten  selbstandig  gegeniibergestandea 
batten  und  nun  untergeordnet  waren. 


Der  Aufstand  von  1418.  227 


Der  Aufstand  zu  Breslau  im  Jahre  1418. 

Wie  uns  eine  allerdings  vielleicht  nicht  in  alien  Einzel- 
heiten  unanfechtbare  tjberlieferung  erzahlt,  batten  sicb  am 
Montag,  dem  18.  Juli  1418,  in  der  kleinen  Kirche  zu 
St.  Klemens  in  der  Neustadt  auf  der  heutigen  Basteigasse 
die  Hiiupter  der  Verschworung  versammelt,  und  von  bier 
aus  babe  dann  in  der  Morgenfriibe  das  verabredete 
Signal,  das  Horn  des  Hirten  bei  St.  Moritz,  die  Scbar  in 
Bewegung  gesetzt.  Ibr  Andrang  fand  den  Rat  versammelt, 
aber  so  wenig  auf  einen  Angriff  gefafst,  dafs  es  nicbt  ein- 
mal  gelang,  die  Thlir  des  Ratbauses  zu.  scbliefsen  und  zu 
verrammeln.  Die  Uberrascbten  flucbteten  aus  dem  Sitzungs- 
zimmer  die  gebeime  Treppe  binauf  nacb  der  Ratskapelle 
(dem  Fiirstensaale) ,  docb  ibnen  nacb  drangte  die  Menge, 
nicbt  lange  aufgebalten  durcb  die  Tblir  unten,  die  noch 
heute  die  Spuren  der  sie  sprengenden  Beilbiebe  tragt. 

Die  geangsteten  Haupter  der  Stadt  dachten  nur  an 
Flucbt  oder  Versteck,  und  in  der  Tbat  bat  die,  welcbe  in 
die  Gewalt  der  Aufrubrer  lielen,  ein  trauriges  Scbicksal  ge- 
troffen.  Sie  wurden  ergriifen,  vor  das  Ratbaus  gescbleppt 
und  dort  ibnen  zu  besonderem  Schimpfe  unter  der  Staup- 
saule  entbauptet  und  zwar  mit  einem  Scbwerte,  welcbes 
einst  Karl  IV.  der  Stadt  gescbenkt,  und  das  die  Emporer 
jetzt  mit  anderen  Waflfen  geraubt  batten. 

So  endeten  der  zeitige  Burgermeister  Nikolaus  Freyberg, 
drei  Patrizier   aus   dem  ScbofifenkoUegium  und  zwei  friibere 
Ratsberren,  beide  den  Zunften  angeborig.    Jobannes  Megerlin, 
ein  Konsular,  batte  sicb  auf"  den  Ratsturm  gefliicbtet,    ward 
aber   axicb  dabin   verfolgt    und   scbliefslicb   iiber   den  Kranz 
desselben  berabgestiirzt.     Der  Ratsberr  Tilo  Zacbe  ward  bei 
seiner    Gefangennebmung    scbwer    verletzt.      Die   Tbiir    des 
Ratsturmes    batte    man   eingescblagen    und    Sturm    gelautet, 
aucb  in  dem  Ratbause  die  Truben  erbrocben,    einige  Privi- 
legien   vernicbtet,   andere   bescbitdigt,  Gelder  der  Stadt   ge- 
raubt, ebenso  Waifen,  aucb  die  Getangnisse  erbrocben    und 
I  die  Gefangenen  befreit.     Von  einer  Gefabrdung  des  Privat- 
'  eigentums  boren  wir  nicbts,  nur  gegen  Juden    scbeinen  Ge- 
i  walttbatigkeiten  vorgekommen  zu  sein. 

I  Der  Sitz  der  Stadtregierung  war  somit  in  die  Hilnde 
ider  Aufstandiscben  gekommen,  sei  es  aber,  dais  diese  docb 
I  dann  inne  wiu'den,  wie  die  groise  Menge  der  Bevolkerung 
jihr  Tbun  nicbt  bUlige,  sei  es  dafs  die  Erniicbterung  nacb 
iden  Bluttbaten  wieder  gemiifsigte  Elemente  an  die  Spitze 
'■  15* 


228  Drittes  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

der  Bewegung  fuhi-te,  soviel  ist  gewifs,  dafs  man  vergebens 
nacli  den  Kesultaten  forscht,  die  der  wilde  Ausbruch  der 
Volksleidenschaft  schliefslich  erzielt  habe.  Es  scheint  in  der 
That  nicht  einmal  zu  einer  Absetzung  des  Rates  und  der 
Einrichtung  einer  provisorischen  Regierung  gekoramen  zu 
seiu,  sondern  man  liefs,  was  voni  Rate  am  18.  Juli  zufallig 
nicht  gekopft  wordeu  war,  ruhig  weiter  amtieren,  setzte 
diesem  niir  eine  Art  von  Volkstribunat,  einen  Ausschufs  der 
Gremeine,  zur  Seite  und  iiberliefs  weiteres  der  Entscheidung 
des  Konigs,  dem  man  das  Vorgefallene  aber  auch  die  Be- 
schwerden  der  Biirgerschaft  vortrug. 

Und  in  der  That  hat  sich  nun  Konig  Wenzel  vielleieht 
infolge  der  feindhchen  Stellung,  die  sein  berufener  Ver- 
treter  im  Fiirstentum  Breslau,  der  Unterhauptmann  Hans 
von  Wiltberg,  gegeu  den  patrizischen  Rat  eingenommen  zu 
haben  scheint,  vollstandig  fiir  die  Interessen  der  Bewegung 
gewinuen  lassen,  und  ohne  eine  besondere  Suhne  fur  die  er- 
folgten  Gewaltthaten  zu  verlangen,  lafst  er  nun  unter  dem 
10.  August  1418  eben  durch  Hans  von  Wiltberg  einen 
neueu  Rat  einsetzen,  der  dann  unter  dem  Prasidium  eines 
alten  gemafsigten  Patriziers  nm-  Ziinftler,  oder  Avenigstens 
neue  dem  Ki'eise  der  alten  Geschlechter  tremde  Manner  ent- 
hielt,  und  in  gleichem  Sinne  auch  die  Inmmgsgeschworenen 
wie  die  Finanzkommission  neu  konstituieren. 

Nun    erst   schien   der  Sieg   der  Aufstandischen   besiegelt 
Die  besonders  Mifsliebigen  von  der  unterlegenen  Ai'istokratie 
mieden    die    Stadt;    dagegen    unterdrlickte    man    hier    Ver- 
suche    neuer   Unruhen    mit   Strenge.      FreiHch    mufste    doch 
auch  die  neue  Regierung  an  die  schwierigste  Aufgabe  heranr 
gehen,  die  Ordnung  der  zerriitteten  Finanzen,   und  sie  griff  !| 
dazu,  der  Bevolkerung  eine  Vermogenssteuer  von  etwa  zwei  ; 
Prozent    aufzulegen ,     Avas     dann     sicher    ihre    Popularitat  i 
wesentlich  gemindert  hat.     Inzwischen  hatte  aber  nun   doch  ! 
Wenzel  sich  veranlaist   gefuhlt,    auch    den   anderen  Teil   zu  " 
horen  und  Vertreter  der  unterlegenen  Aristoki-atie  sich  nach 
Prag   beschieden,    zugleich    unter    ernster   Mahnung   darau, 
dafs  die  Stadt  durch  das  Vorgefallene  eigentUch  selbst    ihre  j 
Privilegien  zerstort  und  gebrochen  habe,  sich  eine  Bestatigung  ' 
oder    Verwerfung    der    Ratswahl    vorbehalten ,     und     dann, 
allerdings  unter   der  Voraussetzung ,    dafs   man   fiir    die  Zu-  . 
kunft  alien  Unfrieden  abstelle  und  auch   die  Fliichtiggewor- 
denen  in  Ruhe  und  Sicherheit  zuriickkehren  lasse,  Amnestie  i 
erteilt. 

In  Breslau  hat  man   darauf ,   da  das  Schreiben  Wenzels  1 
«rst  nach  dem  regelmafsigen  Wahltermine,  dem  Aschermitt- 


Ergebnisse  des  Aufstandes.     Envachen  des  Czechentums.      229 

woch,  eintraf;  dies  zum  Vorwande  genommen,  von  der  Wahl 
diesmal  ganz  abzusehen  und  den  Eat  von  1418  weiter  am- 
tieren  zu  lassen,  und  so  lagen  dann  die  Verbal tnisse  noch, 
als  am  16.  August  1419  der  plotzliche  Tod  des  Konigs  die 
Lage  der  Dinge  aufs  wesentlichste  anderte. 


Vierter  Abschnitt. 

Kaiser  Sigisnmnd  und  die  Hussiteiikampfe. 


In  Bohmen  war  die  seit  Wenzels  Tlu'onbesteigung  be- 
ginnende  und  dann  immer  fortgeschrittene  Minderung  des 
kciniglichen  Ansehens  naturgemafs  zunachst  dem  Adel  zu- 
gute  gekommen.  Indem  sieb  dieser  nun  aber  wieder  zu 
fiiblen  begann,  bracbte  er  bier  zugleich  ein  nationales  Mo- 
ment zur  Geltung,  insofern  gerade  der  Landadel  doeb  am 
meisten  zugleicb  an  der  czechiscben  Nationabtat  festbielt. 
Nachdem  der  bohmische  Herrenbund,  der  1393  bis  zur 
Gefangennehmung  Konig  Wenzels  verging,  die  Riickkebr 
zu  dem,  was  unter  den  Vorfabren  Recht  gewesen  sei,  auf 
seine  Fabnen  gescbrieben,  ricbtete  sicb  die  Spitze  dieser  Be- 
strebungen  gegen  die  Einricbtungen,  welcbe  das  in  Bcibmen 
macbtig  vorgedrungene  Deutscbtum  und  dessen  Beglinstigung 
namentlicb  unter  Karl  IV.  hervorgerufen  batte,  und  der 
Gegensatz  des  Adels  gegen  die  Stadte,  in  denen  ja  natur- 
gemafs das  Deutscbtum  seine  Hauptstarke  batte,  erbielt  bier 
eine  besondere  Scbarfe,  eben  durcb  das  Hinzutreten  des 
nationalen  Elementes.  Es  ist,  obwobl  der  Gegensatz  immer 
nocb  vorsicbtig  verbuUt  erscbeint,  doeb  scbon  das  eine  be- 
zeiebnend  genug,  dafs  die  Urkunde  vom  25.  August  1394, 
in  welcber  Wenzel  mit  den  Forderungen  des  Herrenbundes 
sicb  abzufinden  sucht,  die  erste  bobmiscbe  Konigsurkunde 
in  czecbiscber  Spracbe  ist.  Dafs  diese  Bewegung  in  dem- 
selben  Mafse  wucbs,  wie  die  Macbt  Wenzels  dabinscbwand, 
war  selbstverstiindlicb. 

Aber  von  ganz  besonderer  Bedeutung  ward  es  nun,  als 
zu  derselben  Zeit  eine  gewaltig  religios  populare  Bewegung 
sicb  erbob,  die  dann  je  langer  je  mebr  auf  denselben  Punkt 
binsteuerte.      Urspriinglicb    war    es    eine    rein    religiose    Be- 


230  Diittes  Biich.     Vierter  Abschnitt. 

wegung  gewesen  abzielend  auf  eine  Reform  der  Kirche  und 
der  Sitten  der  Geistlichkeit,  wie  solche  in  dem  Zeitaltcr  der 
grofscn  Schismen  sebr  erkliirlich  Avar,  zugleich  aber  auch 
dogniatische  Fragcn  in  Anlebnung  an  Lehren  des  englischen 
Theologen  Wiklef  beriibrend  und  aus  den  Kreisen  der 
scbnell  zu  bober  Bliite  emporgekommenen  UniversitJit  Pi-ag 
bervorgegangen.  Wie  fern  die  Bewegung  in  ibrem  Beginne 
den  nationalen  Gregensatzen  war,  mogen  wir  daraus  erken- 
nen,  dafs  einer  der  bedeutendsten  Vorganger  Hus',  Mibcz 
von  Kremsier,  Avie  tins  glaubwiirdig  bericbtet  wird,  in  der 
ausgesprocbenen  Absicbt ,  seinen  Predigten  ein  grofseres 
Pubbkiim  zu  gewinneu,  nocb  in  seinem  Alter  das  Deutscbe 
erlernt  bat.  Aber  die  Bewegung  ward  national,  namentlicb 
seitdem  Jobann  Hus,  Prediger  der  Betblebeniskapelle  zu 
Prag  und  Professor  der  Universitat,  an  ibi-e  Spitze  trat. 
Aucb  ibn  freilich  trieben,  ganz  abgeseben  von  den  aus 
seiner  Gemlitsart  entspringenden  Motiven  scbon  die  Umstiinde 
zu  immer  stiirkerer  Betonung  des  nationalen  Standpuuktes. 
Von  den  vier  Nationen,  in  welcbe  die  Universitat  Prag  sieb 
spaltete,  die  bobmiscbe,  die  bayerisebe,  siicbsiscbe  und  pol- 
niscbe  (aucb  diese  letztere  namentbcb  seit  der  IStiftung  der 
Universitat  Krakau  fast  ausscbliefslicb  aus  Deutscben  und 
vornebmlicb  Scblesiern,  Pommern,  Preufsen  bestebend)  lung 
die  erstere  ibm  an,  wabrend  die  drei  iibrigen  also  die 
Gesamtbeit  der  Deutscben  sicb  mit  Entscbiedenbeit  gegen 
die  Aviklefitiscben  Ketzereien,  die  man  seinen  Lebreu  sebuld 
gab,  erklarten.  Wabrend  sicb  nun  die  Gegensatze  raebr 
und  mebr  verscbarften ,  Avard  auf  der  einen  Seite  mancber 
aus  dem  bobmiscben  Adel  fur  die  Bewegung  gewonnen, 
Avobl  eben  aucb  um  des  nationalen  Elementes,  das  derselben 
anbaftete,  und  endlicb  trat  aucb  Konig  Wenzel  auf  diese 
Seite,  als  die  drei  deutscben  „Nationen"  der  Prager  Uni- 
versitat 1409  sicb  von  der  Obedienz  des  ibm  Avegen  seiner 
Begiinstigung  des  Gegenkouigs  verbafsten  Papstes  Gregors  XII. 
nicbt  lossagen  mocbten  und  nur  eben  die  Czecben  ibm  zu 
Willen  Avaren.  Den  letzteren  lobnte  er  nun  dadurcb,  dafs 
er  ibnen  fortan  drei  Stimmen  statt  der  bisberigen  einen 
einraumte.  Das  Dekret  A'om  18.  Januar  1409,  das  dies 
festsetzte,  und  das  dann  den  Passus  entbielt,  es  sei  unziem- 
licb,  „dafs  Auslander  und  Fremdlinge  A^on  dem  Yermogen 
der  Eingeborenen ,  welcben  die  recbtmafsige  Ei'bfolge  zu- 
komme,  scbwelgten,  jene  aber  Nacbteil,  Zuriicksetzung  und 
Unterdrlickung  litten",  bedeutete  nun  allerdings  eine  Kriegs- 
erklai-ung  gegen  die  Deutscben  in  Br»bmen  und  gab  der 
Auffassung  A^on  Hus  \'olles  Recbt,  welcber  es  ausgesprochen 


Anfange  der  hussitischen  Beweguug.  231 

hatte,  Gott  habe  einmal  Bohmen  den  Czechen  gegeben,  wie 
einst  dera  Volke  Israel  das  gelobte  Land,  und  es  sei  nicht 
fein,  dais  man  den  Kindern  ihr  Brot  nehme  und  werfe  es 
vor  die  Hunde.  Die  deutschen  Lehrer  und  Studenten  ant- 
worteten  auf  das  Dekret  dadui'ch,  dafs  sie  allesamt,  mehrere 
Tausend  an  der  Zabl,  Prag  verliefsen.  Der  Vorschlag  einiger 
angesehener  Sclilesier,  sich  nach  ihrer  Heimat  zu  wenden, 
fand  nicht  allgemeiuen  Beifall,  da  Breslau  zu  weit  vom 
Herzen  Deutschlands  abliege,  und  so  pilgerten  die  Vertrie- 
benen  nach  Leipzig,  wo  auf  der  hier  schnell  gegriindeten 
Universitat  auch  die  Schlesier  ein  eigenes  der  heihgen  Jung- 
frau  gewidmetes,  bald  mit  reichen  Stiftungen  dotiertes  und 
noch  lieute  bestehendes  Kollegium  erhielten.  Der  Schlesier 
Johann  von  Miinsterberg  war  der  erste  Rektor  der  neuen 
Leipziger  Universitat. 

Es  ist  nun  nicht  wohl  denkbar,  dafs  diese  Vorfalle  in 
Schlesien  ohne  tiefen  Eindruck  geblieben  sein  sollten.  Wenn 
derartige  deutschfeindliche  Grundsatze  in  dem  Nachbarlande 
zur  Geltung  kamen,  konnten  die  Schlesier,  die  ja  auch 
ein  altslavisches  Land  im  Wege  der  Kolonisation  sich  ge- 
wonuen  batten,  am  Ende  auch  auf  eine  slavische  Beaktion 
gefafst  sein,  und  wenn  jetzt  die  bohmische  Krone,  von  der 
die  Schlesier  zu  Lehen  gingen,  abhangig  gemacht  ward  von 
den  Einfliissen  eines  spezifisch  czechisch  gesinnten  Adels, 
mufste  das  filr  Schlesien  doch  von  der  allerernstesten  Be- 
deutung  werden.  Indessen  felilt  es  uns  an  zeitgencissischen 
Aufzeichnungen  aus  Schlesien,  welche  den  Eindruck  der 
Vertreibung  der  Deutschen  aus  Prag  wiederspiegelten. 

Inzwischen  aber  ging  nun  die  BcAvegung  weiter,  und  zu- 
nachst  trat  die  kirchliche  Seite  in  den  Vordergrund,  um  so 
mehr,  da  der  iramer  wachsende  Konflikt  des  langst  ge- 
bannten  Prag-er  Professors  mit  den  kirchlichen  Gewalten 
allmahlich  weit  iiber  die  Grenzen  Bohmens  hinaus  Aufsehen 
erregte.  Das  1414  zu  Kostnitz  versammelte  allgemeine 
Konzil  sollte  auch  diese  Angelegenheit  schlichten,  und  Jo- 
hann Hus  selbst  war  dahin  aufgebrochen ,  nachdem  ihm 
Wenzels  Bruder,  Sigismund,  1410  zum  romischen  Konig 
gewahlt,  freies  Geleit  zugesichert  liatte.  Dies  Geleit  ward 
gebrochen,  vind  am  6.  Juli  1415  ging  Hus  mit  ewig  be- 
wundernswurdiger  Standhaftigkeit  fiir  seine  Uberzeugung 
in  den  Tod  auf  dem  Scheiterhaufen ,  und  nun  loderte  der 
Aufstand  in  Bohmen  zu  heller  Flamme  auf  Wahrend  der 
Adel  dem  Kostnitzer  Konzile,  das  Hus  verurteilt  hatte,  einen 
Absagebrief  sandte,  an  dem  nicht  weniger  als  452  Siegel 
hingen,  erhob  sich  auch  das   niedere  Volk   in   grofsen  Ver- 


232  Drittes  Bucb.     Vierter  Abschnitt. 

sammlungen,  von  eit'rigen  Priestern  autgereizt.  In  Prag- 
wurden  die  Geistlichen,  welche  der  hussitischen  Bewegung 
sicli  feindselig  gezeigt  hatten,  vertrieben,  zum  Teil  gemifs- 
liandelt,  ualiegelegene  Kloster  zerstcirt  und  gepliiudert,  und 
als  Konig  "Wenzel,  der  zuerst  schon  aus  Hafs  gegen  Sigis- 
niuud  den  Hussiten  mit  Nachsicht  und  einer  gewissen  Sym- 
pathie  begegnet  war,  sich  endlich  zu  strengeren  Mafsregeln 
entsehlofs  und  in  Prag  einen  neuen  dor  Bewegung  feindiichen 
Rat  einsetzte,  ward  dieser  am  30.  Juli  1419  von  einem 
wilden  Volkshauten  grausam  ermordet,  die  Ratsherren  und 
einige  ilu-er  Anhanger  zum  Fenster  herausgestiirzt  in  die 
Spielse  der  erbitterten  Menge,  die  ihnen  dann  voUends  den 
Garaus  maclite.  Siebzehn  Tage  nachher  endete  ein  Schlag- 
fluls  das  Leben  Kdnig  Wenzels  (1419,   16.  August). 

Bohmen  mit  seinen  Nebenliindern  stand  nun  vor  einer 
grofsen  Entsclieidung.  Der  nachste  Erbe  der  Krone  Avar 
Wenzels  Bruder,  der  ungarische  Konig  Sigismund,  in  dem 
die  Bohmen  den  wortbrllchigen  Henker  von  Hus  verab- 
sclieuten.  Sigismund  zeigte  sicli  entschlossen,  dieses  Erb- 
reclit  zu  behaupten  und  ohne  der  hussitischen  Bewegung 
Konzessionen  zu  machen,  Bohmen  sich  zu  unterwerfen.  In 
der  That  ist  es  auch  durchaus  wahrscheinUch,  dais,  weun 
er  den  Mut  gehabt  hatte,  mit  den  Truppen,  die  er  gerade 
gegen  die  Tiirken  gesammelt  hatte,  gegen  Bohmen  zu  mar- 
schieren,  er  hier,  wo  man  zu  bewaffnetem  Widerstande  doch 
in  keiner  Weise  geriistet  war,  wohl  einen  durchschlagenden 
Erfolg  hatte  erzielen  mogen. 

Er  that  das  nicht,  sondern  Bohmen  vorliiufig  der  macht- 
losen  Regentschaft  von  Wenzels  Witwe  iiberlassend,  ergriff 
er  zunachst  von  Schlesien  Besitz.  Hier  Avard  er  mit  ofFenen 
Armen  aufgenommen.  Es  mufs  ausgesprochen  werden,  dafs, 
obAvohl  die  Schlesier  und  ganz  besonders  die  Breslauer  an 
Streitigkeiten  mit  der  Geistlichkeit  so  gewohut  waren,  dafs 
sie  niemand  hatte  fiir  besonders  klerikal  gesinnt  ausgeben 
dilrfen,  sie  doch  von  dem  reformatorischen  Element,  das 
offenbar  in  der  hussitischen  Bewegung  lag,  nicht  im  Ent- 
ferntesten  sich  angezogen  fiihlten;  dazu  war  dieselbe  von 
vornherein  zu  sehr  mit  deutschfeindlichen  Tendenzen  ver- 
quickt  gOAvesen;  und  als  jetzt  nach  Wenzels  Tode  die  Ex- 
cesse  des  fanatisierten  niederen  Volkes  immer  iirger  Avurden, 
vielfach  Kirchen  und  Kloster  zerstort  und  geschiindet,  Geist- 
hche,  vornehmlich  deutsche  Klosterbrlider  vertrieben,  gemifs- 
handelt,  Avohl  gar  getotet  Avurden,  da  erschienen  den  Schle- 
siern  diese  wilden  Haufen  einfach  als  Feinde  der  Christen- 
heit  und    aller   christlichen  Urdnung,   und    in    diesem  Sinne 


Konig  Sigismund  unci  die  Schlesier.  23B 

ist  der  unversohnliche  Hals  der  Schlesier  gegen  die  „bosen 
verdammten  Ketzer";  wie  hier  die  Hussiten  vorzugsweise 
genannt  werden,  aufzufassen.  Zu  deren  Bezwingung  ja 
Vertilguug  Beistand  zu  gewahren,  war  man  hier  allerorten 
bereit.  Ebenso  wenig  wiirde  hier  jemand  an  dem  Rechte 
Sigismunds  auf  die  bohmische  Krone  gezweifelt  haben.  Die 
Schlesier  miifsten  ihrem  eigensten  Interesse  nach  an  der 
Erbhchkeit  der  bohmischen  Krone  festhalten,  damit  nicht 
die  Wahl  ihres  Oberhauptes  in  die  Hand  einer  deutsch- 
feindlichen  bohmischen  Adelsversammlung  kame. 

So  ward  denn  Sigismund,  als  er  am  5.  Januar  in  Breslau 
einzog,  allgemein  mit  Freuden  empfangen,  und  eine  kleine 
MifsheUigkeit,  welche  er  mit  dem  schlesischen  Klerus  ilber 
die  Hohe  des  von  Papst  Martin  V.  dem  Konig  iiberlassenen 
Zehnten  hatte,  wurde  schnell  ausgeglichen. 

Unzweifelhaft  batten  die  Schlesier  schon  mit  aufrichtiger 
Freude  die  Nachricht  begrlifst,  Konig  Sigismund  habe  fiir 
den  Anfang  des  Jahres  1420  einen  Reichstag  nach  Breslau 
berufen.  Wie  wir  wissen,  waren  die  am  Ende  des  13.  und 
am  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  angeknlipften  Verbin- 
dungen  zwischen  dem  deutschen  Reiche  und  Schlesien  wie- 
der  ganz  in  Vergessenheit  gekommen,  die  Luxemburger 
Fiirsten  batten  es  nicht  in  ihrem  Interesse  liegend  gefunden, 
daran  zu  erinnern,  und  erst  jetzt  schien  es  Sigismund  zweck- 
mafsig,  als  er  in  einem  der  Kronlander  Bohmens  festen  Fufs 
fafst,  dann  sich  auch  hier  zugleich  mit  dem  vollen  Glanze 
der  kaiserlichen  Majestat  zu  umgeben.  Auf  die  Schlesier 
hat  das  Mittel  seinen  Zweck  nicht  verfehlt.  Zu  einer  Zeit, 
wo  in  dem  Lande',  mit  dessen  Krone  sie  in  Leheusverbin- 
dung  standen,  eine  slavische  Reaktion  das  Haupt  erhob, 
konnte  ihnen  die  Erneuerung  der  Verbindung  mit  dem  Deut- 
schen Reiche  nur  hochst  erwiinscht  sein,  und  nachdem  sie 
bis  jetzt  einen  Herrscher  gehabt,  der  sie  in  alien  Noten  im 
Stich  gelassen,  den  Verwandte  und  Vasallen  vielfach  ge- 
fangen  von  einem  Schlosse  aufs  andere  geschleppt  batten, 
mufsten  sie  wohl  mit  einem  gewissen  freudigen  Stolze  auf 
Sigismund  blicken,  der  sich  hier  mit  einem  Glanze  einfixhrte, 
wie  solchen  die  alten  Mauern  von  Breslau  nie  geschaut 
hatten,  wo  in  der  koniglichen  Burg  (an  der  Stelle  der  heu- 
tigen  Universitat)  drei  deutsche  Kurfiirsten  knieend  ihre 
Lehen  von  ihm  empfingen  und  hohe  Wiirdentrager  des 
deutschen  Ordens  neben  polnischen  Magnaten  den  Schieds- 
spruch,  der  ihre  Streitigkeiten  schlichten  sollte,  aus  seinem 
Hunde  erwarteten.  Am  5.  Januar  1420  war  Sigismund 
mit  seiner  Gemahlin  Barbara  und  einem  glanzenden  Gefolge 


234  Diittes  Buch.     Vicrter  Abscliuitt. 

in  Brcslau  eingetroften;  sclion  tags  darauf  cmpfing  er  die 
Huldigung  der  schlesischen  Fiirsten  uud  Stande. 

Unter  den  Grofsen,  die  damals  den  romischen  Konig 
liier  in  Breslau  unigaben;  gewahrte  man  nun  audi  cine  An- 
zahl  bohmischer  Herren.  Selbst  ihnen  war  es  melir  und 
raehr  unbeimlieh  geworden  in  der  engen  Vei'bindung  mit 
den  kirchenrauberiscben  fanatiscben  Taboriten,  die  im  Zaume 
zu  balten  ibnen  doch  scbwer  erscbeinen  mocbte.  Wie  wenig 
ibnen  nun  aucb  Sigismund  als  Herrscber  erwunscbt  war,  so 
ersebnten  sie  docb  die  Wiederberstelbmg  einer  gewissen 
staatHcben  Ordnung  und  Avaren  geneigt,  unter  bestimmten 
Bedingungen,  die  sie  dem  Konige  vorscblagen  wollten,  diesen 
anzuerkennen  und  ibm  zur  Erlangung  der  Herrscbaft  iiber 
Bobmen  Beistand  zu  leisten. 

Ibre  AA'iinscbe  fanden  bei  Sigismund  wenig  Gebor.  Es 
war  im  Grunde  wenig  zu  verwundern,  wenn  ibm  bier  in 
Breslau  die  Meinung  sicb  bildete,  das  ganze  Deutscbe  Eeicb, 
ja  die  ganze  Cbristenbeit  nabme  ein  gemeinsames  Interesse 
daran,  ibm  gegeniiber  dieser  alle  gesellscbaltbebe  Ordnung 
bedrobenden  bcibraiscben  Emporvmg  zu  seinem  Recbte  zu 
verbelfen.  Wie  batte  er  iiber  solcbe  Krafte  verfugend  sicb 
zu  drlickenden  Zugestandnissen  geneigt  tinden  lassen  sollen? 
Fur  die  nationalen  Fordeinmgen  der  Ozecben  batte  er  kaum 
ein  A^erstandnis  und  sicber  nicbt  die  geringste  Neigung,  in 
deren  Kreisen  erzablte  man  sicb  damals  von  einer  allerdings 
sebr  radikalen  Aufserung  des  Kunigs:  „Er  gabe  gauz  Ungarn 
darum,  wenn  es  in  Bobmen  keine  Czecben  gabe'',  und  Avas 
die  bussitiscbe  Bewegung  anbetraf,  so  sprecben  die  Scbrift- 
stiicke  Sigismunds  aus  Breslau  immer  nur  von  einer  „Ver- 
tilgung  und  Aiisjatung  der  AYiklefiten".  Mocbte  nun  auch 
Sigismund  den  bobmiscben  Herren  sicb  perscinlicb  freundlich 
zeigen,  so  liefs  diesen  doch,  was  bier  unter  ibren  Augen  in 
Breslau  geschab,  keinen  Zweifel  dariiber,  wie  sicb  Sigismund 
eine  Wiederberstellung  der  staatlicben  Ordnung  in  Bobmen 
dacbte. 

Zunacbst  kam  bier  in  Betracbt  das  Strafgericbt  des 
neuen  Herrscbers  iiber  die  Teilnebmer  des  Aufstandes  von 
1418.  Wie  wir  wissen,  batte  ja  s.  Z.  Wenzel  eine  Amnestic 
fiir  das  damals  Vorgefallene  gegeben,  aber  es  war  sebr  er- 
klarlicb,  wenn  die  Breslauer  Patrizier  damit  wenig  einver- 
standen  waren  und  bei  Sigismund,  zu  dem  in  dem  Glanze, 
Avelcber  ibn  bier  umgab,  natiirlicb  vorzugsAveise  nur  sie  und 
nicbt  mebr  die  Ziinftler  Zutritt  fanden,  BescbAverde  erboben 
dariiber,  dafs  das  Blut  der  Opfer  jener  Emporung  noch 
keine  Siibne  gefunden  babe.     Der  Kiinig  war  um    so   mebr 


Das  Strafgericht  von  1420.  235 

bereit,  ein  Exempel  zu  statuieren,  als  er  es  den  Bolimen 
gern  zeigen  Avollte,  dafs  er  der  Mann  dazu  sei,  die  staat- 
liche  Ordnung  wiederlierzustellen  und  Excessen,  wie  sie  jetzt 
in  Prag  ungestraft  vorgefallen  waren,  energisch  entgegen- 
zutreten. 

Er  begann  also  damit,  die,  welche  der  Teilnahme  an 
dem  Aufstande  verdachtig  erschienen,  gefanglich  einzuziehen 
und  andere,  die  iuzwischen  fliichtig  geworden  waren,  auf 
den  _17.  Februar  vorziiladen. 

Uber  sein  Recht  dazu,  diese  Angelegenheit  nocli  einmal 
zu  untersuchen  und  zugleich  iiber  die  Strafwiirdigkeit  der 
damals  1418  begangenen  Verbrechen  heisclite  er  einen  be- 
sonderen  Wahrspruch,  ein  Weistum  von  einer  hierzu  be- 
sonders  von  ihm  berufenen  Versammlung,  gebildet  aus  dera 
yollen  Rate  von  Breslau',  also  den  Ratsherren^  Schoffen, 
Altesten,  Kaufleuten,  Zunftgeschworenen ,  wozu  dann  noch 
hinzutreten  die  Ratsmannen  der  neun  grofseren  Stadte  aus 
den  dem  Konige  unmittelbar  unterworfenen  Landen  (also 
den  Fiirstentumern  Breslau,  Schweidnitz  und  Jauer).  Vor 
diese  Versanimlung  brachten  dann  eine  Anzabl  bohmischer 
und  schlesischer  Beamten  des  Konigs  ihre  Klage  iiber 
die  Auf  Stan  dischen  von  1418.  Diese  Klage  betont  nun  in 
der  entschiedensten  Weise  die  Solidaritat  der  stadtischen 
Obrigkeit  mit  der  koniglichen  Gewalt.  Sie  klagt  iiber  Ver- 
rater,  die  des  Konigs  Rat  vergewaltigt ,  in  sein  Rathaus 
mit  gewaffneter  Hand  gelaufen.  sein  en  Ratsturm  aufge- 
hauen,  seine  fiirstliclieu  Briefe  vernichtet,  seine  Rats- 
mannen und  Schoffen  ermordet  resp.  ohne  Recht  und  Schuld 
gericbtet  haben  urid  sich  von  eigener  Gewalt  die  Regierung 
angemafst,  sein  Geld  und  seine  WafFen  geraubt,  seine 
Gefangnisse  erbrochen  haben  u.  s.  w. 

Unter  jenen  offentlichen  Anklagern  befand  sich  auch  der 
Unterhauptmann  Hans  von  Wiltberg,  der,  wie  wir  wissen, 
der  ganzen  Bewegung  von  1418  sich  in  gewisser  Weise 
giinstig  gezeigt  hat.  Durch  ihn  als  Beauftragten  Konig 
^\''enzels  war  ja  auch  im  August  1418  eine  Erneuerung  des 
gesamten  Rates  mit  allem  Zubehcir  vorgenommen  worden, 
augenscheiulich  im  Sinne  der  revolutionaren  Bewegung,  und 
alle  diese  stadtischen  Obrigkeiten  batten  nun,  wie  wir  sahen, 
im  Jahre  1419.  ohne  Wechsel  weiter  amtiert  und  waren 
noch  in  ihren  Amtern,  als  jetzt  der  Konig  von  ihnen  einen 
Wahrspruch  iiber  den  Aufstand  heischte,  dem  sie  ja  that- 
sachlich  ihre  Wiirden  verdankten.  Aber  so  miichtig  war 
doch  der  Zwaug  der  so  sehr  veranderten  Lage  der  Dinge 
noch    unterstiitzt    durch    die    Gegenwart   der   Kollegen    von 


236  Drittes  Bucb.     Vierter  Abschuitt. 

auswiirts,  dafs  sie  ohne  Bedenken  ein  Gutachten  abgeben, 
das  in  seinen  Konsequenzen  den  Empdrern  von  1418  ans 
Leben  ging. 

Die  Versammlung  erklarte :  obwohl  der  Kunig  aucli  ohne 
sie  „von  seiner  Herrliclikeit"  soldi  Eecht  zu  vollfiihren 
jMacht  gehabt  lititte,  so  erkiinnten  sie  doch  nun  auf  dessen 
Verlangen  tur  Recht,  dafs  die,  welche  jene  unter  Anklage 
gestellten  Frevel  wirklich  gethan  hatten,  dem  Konige  niit 
Leib  und  Gut  verfallen  wjiren,  die  minder  Gravierten  mfige 
derselbe  nach  Gefallen  strafen;  die  sich  der  Untersuelning 
durch  die  Flucht  entzogen  batten,  moge  der  Konig  gleich- 
falls  an  Leib  iind  Gut  richten,  wo  er  ihrer  niacLtig  Avurde. 

Schon  vorher  hatte  ISigisniund  verscbiedene  aus  der  Ge- 
raeine  gefiingHcb  einzieben  lassen,  einige  derselben  gegen 
Burgschaft  wdeder  entlassen,  bei  anderen  die  Annahme  der 
Burgscliaft  verweigert,  denen  aber,  welcbe  bereits  gefloben 
waren,  den  17.  Februar  als  Termin  der  Vorladung  bestimmt, 
worauf  sie  dann  verfestef  und  gerichtet  wurden. 

Obwobl  nun  die  ersten  Verhaltimgen  ganz  in  der  Stille 
vorgenonimen  Avurden  und  man  anfanglich  gar  niebt  Avufste^ 
AA'as  des  Konigs  eigentbebe  Absicbt  Aviire,  so  batten  doch 
Aaele  es  fur  ratsam  gebalten,  sich  alien  Fabrlichkeiten  durch 
die  Flucht  zu  entzieben,  und  Sigismund  liefs  nun,  nachdem 
er  das  Weistum  A'om  19.  Februar  erbalten,  die  Untersuchung 
beginnen,  aa^o  dann  zunacbst  von  den  Avirklich  Einge- 
kerkerten  23  zum  Tode  verurteilt  und  am  4.  Marz  auf 
dem  Rings  an  der  Ecke  des  Elisabethkircbhofs  enthauptet 
Avurden.  Von  den  Geflllcbteten  Averden  dann  noch  drei 
Wochen  spater  30  in  contumaciam  zum  Tode  A'erurteilt 
und  27  auf  CAvig  des  Landes  A'erAA'iesen ,  audi  A'on  dieseni 
Urteile  alien  koniglicben  Beamten  in  den  Kronlanden  \'on 
Bohmen  imd  Ungarn  Kenntnis  gegeben.  Hire  Giiter  AA'ur- 
den  eiugezogen,  die  der  Hingerichteten  blieben  den  Ange- 
horigen. 

Die  Urteile  trafen  Leute  aus  alien  Innungen  und  doch 
auch  mancbe  A^on  deren  Hiiuptern,  GescliAvorene,  ja  selbst 
Teilnehmer  an  dem  Rate  der  letzten  Jahre  resp.  der  von 
diesem  ernannten  Kommissionen.  Ja  es  Avard  die  ganze 
Stellung  der  Zilnfte  zum  Rate  eine  andere,  ibre  Selbstandig- 
keit  gebrochen,  ibre  Vorrechte  ihnen  genommen.  Eine 
koniglicbe  Verordnung  vom  13.  Miirz  verbietet  die  Brlider- 
schaften,  die  Morgensprachen  der  Zilnfte,  entziebt  ihnen  die 
VerAvaltung  ihrer  Stiftungen,  die  gcAvisse  bisher  geiibte  Po- 
lizeigeAvalt,  verbietet  ihnen  das  "NA'affentragen,  iiberlafst  dem 
Rate  die  Ernennung  der   beiden    aus  jedem  HandAverke   zu 


Das  Strafgericht  von  1420.  237 

wahlenden  Vertreter,  der  Geschworenen  und  uuterwirft  die 
Innimgeu  durchaus  der  Aufsiclit  des  Rates.  Die  Fleischer 
als  die  Hauptanstifter  der  Unruhen  werden  gauzlich  aus 
der  inneren  Stadt  verwiesen. 

Der  Rat,  den  Sigismund  am  23.  Februar  1420  ernennt, 
schlielst  die  Handwerker  ganz  aus,  und  nicht  lange  darauf 
wird  sogar  ahnlich  wie  zuzeiten  Konig  Johanns  eine  Rats- 
wahl  von  24  Personen  filr  sechs  Jahre  festgesetzt,  welclie 
dann  zu  je  8  fur  das  Jahr  sich  ablosen  sollten.  Die  aristo- 
kratische  Reaktion  liatte  eben  vollstandig  und  fur  die  Dauer 
gesiegt. 

Ganz  unzweifelliaft  hat  zu  der  Strenge,  mit  der  hier 
Sigismund  einschritt,  der  Wunsch,  den  Pragern  ein  drohen- 
des  Quos  ego!  zuziu'ufen  viel  beigeti'agen.  Hier  hatte  es 
nun  der  Konig  allerdings  nicht  blofs  mit  politischen  Em- 
porern  zu  thun,  die  Triebfedern  waren  vielmehr  religiose  Uber- 
zeugungen,  und  es  war  nicht  zu  verkennen,  dafs  die  Stand- 
haftigkeit,  mit  der  Johann  Hus  fur  diese  Uberzeugungen  in 
den  Tod  gegangen  war,  die  Bewegung  machtig  entfacht 
hatte,  und  dafs  die  Schuld,  welche  Sigismund  an  dem  Tode 
von  Hus  trug,  ihn  den  Bohmen  besonders  verhafst  machte. 

In  des  Konigs  Umgebung  waren  die  Meinungen  dariiber, 
wie  man  sich  der  hussitischen  Bewegung  gegeniiber  ver- 
halten  solle,  nicht  ungeteilt,  und  selbst  sein  treuer  Ratgeber 
Friedrich  von  HohenzoUern,  Kurfiirst  von  Brandenburg,  soil 
fur  Konzessionen  in  den  kirchlichen  Dingen  namentlich  in 
der  allmahlich  bei  den  Hussiten  in  den  Yordergrund  ge- 
tretenen  Frage  des  Abendmahls  unter  beiderlei  Gestalt  ge- 
stimmt  haben,  beziiglich  deren  man  Avenigstens  die  Ent- 
scheidung  einem  kiinftigen  Konzile  iiberlassen  konne,  und 
die  bohmischen  Herren,  die  hier  in  Breslau  anwesend  waren, 
thaten  natiirhch  alles,  um  irgendwelche  Verstandigung  herbei- 
zufuhren. 

Aber  Sigismimd  war  doch  in  der  Atmosphare  von  An- 
erkennung  und  Zustimmung,  die  ihn  hier  in  Breslau  umgab, 
zu  sehr  von  Hoffmmgen  auf  sicheren  Erfolg  berauscht,  um 
sich  lastige  Zugestandnisse  abgewinnen  zu  lassen.  Mit  den 
Kraften  von  Ungarn,  Mahren  und  Schlesien,  mit  der  Unter- 
stiitzung  des  Deutschen  Reiches,  wo  allerorten  die  fanatischen, 
selbst  (£e  heiligen  Statten  bedrohenden  Ausschreitungen  der 
Taboriten  und  ihre  Verfolgung  der  Deutschen  Unwillen  er- 
regt  batten,  glaubte  er  um  so  sicherer  den  bohmischen  Auf- 
stand  niederschlagen  zu  konnen,  wenn  er  nun  auch  die 
Kirche  sich  fest  verband  und  diese  bewog,  ihre  machtige 
Stimme    zu    seinen   Gunsten    zu    erheben.      Aber    als   Preis 


238  Drittes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

dieses  Bcistandes  verlaugte  die  Kirche  vollste  Entschieden- 
heit  in  dem  Streben,  die  verderLliche  Ketzerei  auszurotten. 
Den  Kouig  Sigismiind  hatte  zunachst  schon  der  Papst 
]\rartin  V.  durch  das  Zugestiindnis  des  zehnten  Teiles  des 
Jahreseinkoniniens  aller  geistlichen  Plriinden  in  den  boh- 
niischen  Kronlanden  sich  verpflichtet  und  jetzt  einen  Anfruf 
zu  einem  Kreuzzuge  an  alle  Gliiubigen  zugesagt.  Uni  so 
mehr  tiihlte  jener  sich  verpflichtet,  fur  seinen  rechtglaubigen 
Eifer  ein  sprechendes  Zeugnis  abzulegen.  Eine  Gelegenheit 
fand  sich  hier  in  Breslau. 

Ein  Prager  Gastwirt,  Johann  Krasa,  der  sich  gerade  in 
Breslau  in  Geschal'ten  aufhielt,  hatte  das  Kostnitzer  Konzil 
wegen  der  VerurteiUing  von  Hus  geschmaht  und  sich  fur 
das  Abendmahl  unter  beiderlei  Gestalt  ausgesprochen.  Er 
ward  dennnziert,  gefangen  und  in  Anklagezustand  versetzt^ 
und  da  er  Widerruf  wcigerte ,  als  hartniickiger  Ketzer 
zum  Tode  verurteilt  und  liier  am  15.  Milrz  1420  auf  dem 
Scheiterhaufen  verbrannt.  Zwei  Tage  spiiter  am  Liitare- 
sonntag  Avard  dann  hier  ganz  direkt  das  Kreuz  gegen  die 
Hussiten  gepredigt  auf  Grund  einer  besonderen  BuUe  Papst 
Martins  V. 

Diese  Ereignisse  enthielten  thatsachhch  eine  vollstandige 
Absage  an  die  brihmischen  Herren,  welche  nun  auch  erzlirnt 
die  kitadt  verliefsen  und  damit  das  Signal  zum  Beginne 
jener  unheilvollen  Kiimpfe  gaben,  die  dann  lilnger  als- 
ein  Jahrzehnt  von  1420 — 1434  schwere  VerwUstungen  iiber 
Schlesien  gebracht  haben,  wenngleich  es  sich  in  der  ersten 
Periode  dieser  Kiimpfe  von  1420 — 1425  zunachst  nur  um 
Angriffskriege  gegen  Bdhmen  handelt. 

Die  Bohmen  beeilten  sich  natiirlich,  die  Vorgiinge  in 
Breslau  gegen  Sigismund  zu  verwerten.  Ihr  Manifest  klagte 
liber  die  Enthauptung  unschuldiger  Burger,  welchen  Konig 
Wenzel  bereits  Amnestic  gewiihrt  habe,  die  grausame  Hin- 
richtung  Krasas  und  vor  allem  „das  blutige  Kreuz,  das  die 
Kirche,  nicht  mehr  ihre  IMutter,  sondern  nur  noch  ihre 
Stiefmutter,  jiingst  in  Breslau  mit  grausamen  Hilnden  gegen 
sie  erhoben  habe".  Es  half  Sigismund  sehr  wenig,  dafs  an 
der  Stelle  der  Taboriten  die  bohmische  Aristokratie  zunachst 
an  die  Spitze  der  Bewegung  kam  5  wenn  diese  den  religiosen 
Gegensatz  etwas  weniger  stark  betonte,  so  legte  sie  dafiir 
um  so  grolseres  Gewicht  auf  die  czechische  Nationalitat, 
und  Bohmen  flir  ein  Wahlreich  erkliireud,  boten  sie  dem 
Kcinige  von  Polen  die  Krone  des  heiligeu  Wenzel  an. 

Die  Schlesier  waren  in  dem  guten  Willen,   ihrem  HeiT- 
scher  Beistand  zu  leisten,  voUkommen  eiuig;  sie  hatten  auch 


Kreuzzug  gegen  die  Hussiten.  239 

in  cler  That  vollen  Grund;  cler  von  den  Bohmen  geplanten 
neuen  Ordnung  der  Dinge  zu  widerstreben^  welche  ihnen 
fur  alle  Zukunft  die  Aussicht  eroffnete,  aus  der  Hand  einer 
ausgesprochen  deutschfeindlichen  Adelsversamniluug  den  Herrn 
zu  empfangen,  der  sie  regieren  sollte.  In  der  Bekjimpfung 
der  Hussiten  stritten  sie  fur  das  Erbrecht  der  Luxemburger 
und  damit  zugleich  fur  das  Prinzip,  das  sie  einst  zur  Unter- 
werfung  unter  die  Krone  Bohmens  gefuhrt  hatte,  wo  es  sicli 
doch  an  erster  Stelle  um  den  Schutz  ilirer  deutschen  Na- 
tionalitat  gegen  die  Slaven  gehandelt  hatte,  wiihrend  jetzt 
das  Slaventum  iiber  diese  Krone  zu  gebieten  unternalini. 

Obwohl  nun  aber  die  Schlesier  ihren  Konig  vom  ersten 
Augenblicke  an  eifrig  unterstiitzten^  so  war  doch  der  Erfolg 
kein  glanzender.  Der  Feklzug  des  Jahres  1420  gegen 
Prag,  den  Sigismund  mit  um  so  grofseren  Aussichten  unter- 
nommen  hatte,  da  die  beiden  Festen  der  Stadt,  der  Hradschin 
und  der  Wyschehrad,  sich  noch  in  den  Handen  seiner  An- 
hanger  befanden,  war  eigenthch  schon  als  miiskingen  anzu- 
sehen,  nachdem  am  14.  Juli  ein  Angritf  auf  den  Witkower 
Berg  (seitdem  Zizka-Berg)  im  Nordosten  der  Stadt  an 
dem  Genie  des  grofsen  Heerfiihrers  Ziska,  der  die  artiile- 
ristischen  Feuerwatfen  auf  die  wirksamste  Weise  zum 
Schrecken  seiner  Feinde  anzuwenden  verstand,  gescheitert 
war.  Es  half  nun  Sigismund  wenig^  dafs  er  sich  am  28.  Juli 
auf  dem  Hradschin  kronen  liefs,  er  konnte  der  emporten 
Stadt  nicht  Meister  werden,  der  Sieg  hatte  seinen  Gegnern 
neuen  Mut  gegeben,  wiihrend  seine  deutschen  Hilfsvolker 
ungeduldig  abzogen;  und  als  er  dann  seine  Hofiiiung  auf 
eine  giitliche  Verstandiguug  setzte,  auf  die  ihn  ein  Teil  der 
bohmischen  Adeligen,  die  mit  der  Partei  Zizkas  nicht  iiber- 
einstimmten ,  vertrostet  batten ,  zeigte  es  sich  doch ,  Avie 
driickend  die  Verpflichtungen  waren,  welche  er  ohne  rechten 
thatsachlichen  Vorteil  der  Kurie  gegeniiber  eingegangen  war; 
die  Verstandigungen  scheiterten,  und  ein  letzter  Versuch,  mit 
Waffengewalt,  den  Wyschehrad  zu  entsetzen,  endigte  am 
].  November  1420  mit  einer  neuen  Niederlage.  Der  Feld- 
zug  Avar  verloren ,  die  Macht  der  Aufstandischen  unbe- 
zwungen. 

Das  folgende  Jahr  1421  brachte  dann  Avohl  eine  festere 
Organisation  der  Schlesier  zu  krieg-erischem  Zwecke,  in  deren 
Interesse  dann  audi  der  Kcinig  1422  zum  erstenmale  einen 
Landeshauptmann  flir  ganz  Schlesien  in  der  Person  des 
klugen  und  thiltigen  Breslauer  Bischofs  Konrad,  Herzogs  von 
01s,  ernannte,  fiihrte  aber  thatsachlich  zu  nichts  weiter  als 
verwustenden,  durch  unnlitze  Grausamkeiten  befleckten  Ein- 


240  Drittes  Bucb.     Viertcr  Abscliuitt. 

fallen  in  Bohmeu  1421  ohue  weitere  Konsequenzen  und  1422 
zu  einem  nicht  besser  endenden  Feldzuge  unter  Kurfurst 
Friedrich  von  Brandenbiu'g  und  Markgraf  Wilhelm  von 
Meifsen,  bei  deren  Heerhaufen  auch  die  Schlesier  standen. 

Am  Eifer  der  Schlesier  lag  es  im  Grunde  nicht;  die 
Breslauer,  Schweidnitzer  und  Keifser  verstanden  sich  ihren 
Privilegien  entgegen  zum  Kriegsdienste  aufserhalb  der 
Landesgrenzen,  duldeten  im  Widerspruche  mit  ihren  Tra- 
ditionen  den  Oberbefelil  in  geistlicher  Hand,  ja  einer  der 
schlesischen  Flirsten,  Johann  von  Ratibor,  ging  in  seiner 
Aufopferung  sogar  so  weit,  auf  den  Wunsch  Sigismmids 
bohmische  Edelleute,  welche  auf  dem  Wege  nacli  Polen, 
wo  sie  die  Krone  wiederum  d«m  Kcinige  Wladyslaw  resp. 
dessen  Vetter,  dem  Groisiursten  von  Litauen,  anbieten  soil- 
ten,  durch  Ratibor  kamen,  dort  gefangen  nehmen  zu  lassen 
und  trotz  aller  polnischen  Drohungen  an  Sigismund  aus- 
zuliefern.  Es  war  eine  verwegene  Handlung;  es  hatte 
scliAverlich  jemand  den  Hei'zog  wirksam  geschiitzt,  vvenn 
die  Polen  Ernst  gemacht  hiitten,  doch  Konig  Wladyslaw 
mochte  sich  schon  im  Hinblick  auf  seinen  strengglaubigen 
Klerus  nicht  fiir  die  hussitischen  Ketzer  ernsthaft  ins  Feuer 
begeben ,  und  der  Arm  seines  mehr  bohnienfreundlichen 
Vetters  von  Litauen  war  weit.  Wladyslaw  hat  es  wohl 
aufi-ichtig  gemifsbilligt,  als  sein  Neffe  Sieginuud  Korybut 
1422  nacli  Bohmen  zog  als  Vertreter  des  zum  Konig  postu- 
lierten  Grofsfiirsten  Witold. 

Aber  obwohl  der  Prinz  noch  vor  Ablauf  des  Jahres 
1422  nicht  ohne  mannigfache  Enttauschungen  nach  Krakau 
zuriickkehrte ;  so  traf  die  Polen  doch  seitdem  grofses  jMifs- 
trauen,  und  infolge  davon  liefs  sich  der  im  Planemachen 
immer  grofse  Konig  Sigismund  von  dem  Hochmeister  des 
Deutschen  Ordens  1423  zu  einem  gi'ofsen  Bunde  gegen 
Polen  bewegen,  zu  dem  dann  auch  die  Ungarn  bereitwilhg 
die  Hand  boten,  und  bei  dem  auch  auf  die  schlesischen 
Fiirsten  Avieder  bestimmt  gerechnet  wurde.  Es  war  dabei 
ernstlich  auf  eine  Losreifsung  verschiedener  Landesteile  von 
Polen  abgesehen,  auch  erschrak  Konig  Wladyslaw  wirklich 
auf  die  Kuude  davon  und  suchte  durch  eine  personhche 
Zusammenkunft  mit  Sigismund  den  Stui*m  zu  beschworen, 
was  ihm  auch  gelang.  Dafur  sagte  er  thathchen  Beistand 
gegen  die  Bohmen  zu.  Allerdings  ward  nicht  viel  daraus; 
des  Konigs  SchAviegersolm  und  Heifer  Albrecht  von  Oster- 
reich  mochte  von  der  polnischen  Bundesgenossenschaft  nichts 
wissen,  nachdem  ein  zweiter  Zug  des  Prinzen  Korybut  nach 
Bohmen  (1424)  wieder  neues  Mifstrauen   erregt   hatte,    und 


Beginn  der  Raubziige  nach  Schlesieu.  241 

Sigismund,  den  jetzt  sein  Konflikt  mit  den  Kui'fursten  aller 
Hilfe  vom  Reiclie  her  beraubte,  war  sehnell  bei  der  Hand 
mit  dem  Worte:  „Wollte  unser  Bruder,  der  Konig  von 
Polen,  so  mochte  die  Ketzerei  zu  Bohmen  nieht  so  grofs 
sein/' 

Es  war  nun  erklarlich  genug,  dafs  die  Hussiten,  die 
jetzt  fiinf  Jahre  lang  ihr  Land  Bohmen  vollkommen  sieg- 
reich  gegen  alle  Augriffe  verteidigt  batten,  allmahlich  durch 
das  steigende  Bewufstsein  ihrer  Macht  auch  auf  den  Ge- 
danken  gebracht  wurden,  die  versuchten  Einfalle  ihrer  Gegner 
in  ihr  Land  zii  erwidern,  schon  um  jetzt  auch  fremde 
Lande  zur  Erniihrung  der  immer  mehr  anschwellenden 
Kriegshaufen  heranzuziehen,  und  so  beginnt  denn  nun  eine 
zweite  Epoche  dieser  Kriege,  namlich  die  der  Raubziige 
nach  Schlesien  1425  — 143  0.  Im  Jahre  1425  be- 
kampften  die  Hussitenheere  in  Bohmen  selbst  mit  grofsem 
Erfolge  die  Schlosser  verschiedener  Edelleute,  die  zugleich 
in  einem  gewissen  Einverstandnisse  mit  Prinz  Siegmund 
Korybut  die  Moglichkeit  einer  glltlichen  Verstandigung  mit 
Konig  Sigismund  nicht  aufgeben  wollten.  An  diesen  Kampfen 
hatte  auch  der  Hauptmann  des  Glatzer  Landes  Puota  von 
Czastolowitz,  wohl  der  ttichtigste  Kriegsmann  jener  Zeit  auf 
der  schlesischen  Seite,  thatigen  Anteil,  und  vielleicht  war  es 
eben  die  Entfernung  der  Glatzer  Kriegsmannschaften,  welche 
dann  die  Bohmen  zu  einem  Einfalle  in  diese  Grafschaft 
lockte.  Im  Dezember  1425  ward  derselbe  von  dem  Konig- 
gratzer  Aufgebote  unter  der  Fiihrung  des  fanatischen  Prie- 
sters  Ambrosius  ausgefiihrt,  wir  lesen,  dafs  das  kleine  Stadt- 
chen  Wtinschelburg  erobert,  Wartha,  bereits  damals  ein  be- 
liebter  Wallfahrtsort  und  Propstei  des  Klosters  Kamenz, 
ausgepliindert  und  auch  das  Kloster  selbst  gebrandschatzt 
worden  ist. 

Genaueres  erfahren  wii'  hierbei  nur  liber  das  erstgenannte 
Stiidtchen  Wiinschelburg ,  dessen  Schicksal  bei  dieser  Ge- 
legenheit  uns  von  einem  Zeitgenossen  mit  einer  Ausfiihr- 
lichkeit  und  Anschaulichkeit  geschildert  wird,  wie  wir  sie 
sonst  sehr  vermissen.  Die  kleine  Stadt  versuchte  Wider- 
stand  j^  als  die  Hussiten  am  1.  Dezember  1425  vor  ihren 
Thoren  erschienen,  aber  am  Tage  darauf  brachen  dieselben 
eine  Bresche  in  die  Mauern,  und  die  geangstigten  Einwohner 
fluchteten  sicli  allesamt  in  das  geraumige  steinerne  Haus  des 
Vogtes,  die  Stadt  selbst  den  Flammen  preisgebend.  Bald 
auch  da  von  den  Feinden  eingesclilossen ,  dachte  man  an 
Kapitulation,  und  der  Vogt  Nikolaus  Oblcr  ward  in  einem 
Tuche  an  Stricken  herabgelasseu,  um  zu  unterhandeln.     Die 

Grunhagen,  Gescli.  Sclilesicns.     I.  lo 


242  Drittes  Buch.     Vierter  Absclniitt. 

Bedingimgen,  -vvelclie  er  erlangen  konnte,  waren  Frciheit 
fur  Weiber  und  Kinder,  Gei'angenschaft  durch  Geld  losbar 
fvir  die  Manner  mit  Aussehlufs  der  ,,Pfaffen",  denen  die 
Hussiten  keinen  Pardon  geben  wollten.  Nun  befand  sich 
unter  den  Geflilchteten  auch  der  greise  Pfarrer  Herr  Ni- 
kolaus  Megerlin;  ihn  hatte,  als  es  noeli  Zeit  zu  fluchten  ge- 
wesen  wiire,  seine  Gemeine  beschworen,  sie  als  guter  liirte 
nicht  zu  verlassen  und  treues  Ausharren  bei  ihni  gelobt;  er 
wufste,  dais  er  kein  Erbarmen  zu  hoffen  habe.  Der  Fllhrer 
der  Gegner  war  sein  personlicher  Feind,  den  er,  der  friiher 
in  Kuniggriitz  amtiert  hatte,  als  Ketzer  verfolgt  hatte.  Jetzt 
liefsen  die  Wiinsclielburger  in  der  Todesangst  ihn  im  Stiche, 
vergebens  von  ihm  zu  todesmutigem  Kanipte  gemahnt.  Aber 
den  Vorschlag  der  Frauen,  ihn  in  Weibertracht  vermummt 
in  ihrer  Schar  mit  fortzubringen,  wies  er  als  seiner  un- 
wiirdig  zuriick,  wahrend  seine  beiden  Kaplane  diesen  Ret- 
tungsversuch  Avagten,  bei  dem  dann  der  eine  erkannt  und 
niedergemacht  wurde,  wahrend  der  andere  entkam. 

Dem  Pfarrer  wollte  der  Hussitenfuhrer  das  Leben  schen- 
ken,  wenn  er  seinen  Glauben  abschworen  wolle,  doch  Hen 
Megerlin  spracli :  ,,  Das  wolle  Gott  nicht,  dafs  icli  widerrufen 
wollte  die  Wahrheit  unseres  heutigen  Christenglaubens  uni 
dieser  kurzen  Pein  willen.  Ich  habe  gelehrt  und  gepredigt 
die  Wahrheit  zu  Prag,  zu  Gorlitz,  zu  Koniggratz,  fiir  die- 
selbe  Wahrheit  will  ich  lieber  sterben."  Darauf  unigiirteten 
die  Ilussiten  ihn  rings  mit  Stroh  und  steckten  dasselbe  in 
Brand,  dafs  er  als  lebendige  Fackel  umhertaumelte ,  bis  er 
tot  zusamnienbrach.  Dann  warf  man  die  Leiche  in  ein© 
Braupfanne  voll  siedenden  Wassers  und  liefs  darin  auch 
einen  alten  Dorlpfarrer,  den  man  hier  mit  gefangen  hattej. 
ein  qualvolles  Ende  linden. 

Wenn  wir  ein  Gefuhl  des  Abscheus  iiber  solche  barba- 
rische  Art  von  Kriegfuhrung  kaum  zuriickdriingen  konnen, 
so  zwingt  uns  doch  die  historische  Gerechtigkeit  nicht  zu 
verschweigen,  dafs  gerade  die  Gegner  der  Hussiten,  insonder- 
heit  die  Schlesier,  hier  mit  dem  iibelsten  Beispiele  voran- 
gegangen  sind,  dafs  dieselben  gleich  bei  ihrem  ersten  Ein- 
falle  in  Bohmen  1421  die  ersten  Gefangenen,  welche  sie 
gemacht,  verbrannt  haben,  und  dafs  Sigismund  noch  im 
Jahre  1424  ein  Edikt  erlassen  hat,  die  Schlesier  sollten 
jeden,  den  sie  trafen,  und  der  in  Wahrheit  ein  Ketzer  sei^ 
„an  Leib  und  Gut  aufhalten,  tilgen  und  grliudlich  ver- 
derben,  wie  dies  Ketzern  gebiihre",  auch  das  Gut  eine& 
solchen  ohne  weiteres  an  sich  nehmen. 

Das    Jahr    1426    ist   nur   durch    einen   kurzen    Streifzug 


Hussitischer  Einfall  von  1427.  243 

der  Czechen  liber  die  schlesische  Grenze  bezeichnet,  der 
aber  doch  hinreichte,  um  die  Stadt  Landshut  in  Asche  zu 
legen.  1427  machen  dann  die  Schlesier  im  Zusammenhange 
mit  den  neuen  im  Reiche  begonnenen  Riistungen  ganz  be- 
sondere  Anstrengungen.  Zu  Strehlen  vereinen  im  Februar 
sich  fast  alle  schlesischen  Stande  zu  eineni  umfassenden 
Aufgebote,  von  dem  niemand  ausgeschlossen  sein  soil,  >;der 
irgend  vor  Jugend  oder  Alter  kann";  und  wo  immer  der 
funfte  Mann  mitziehen  soil,  den  dann  die  Zm-iickbleibenden 
auszurtisten  haben.  Die  koniglich  gesinnten  bohmischen 
Herren  in  Bohmen  scliliefsen  sich  dann  in  einem  besonderen 
Vertrage  dieser  Einigung  an. 

Doch  ist  dieser  Anschlag  in  voUer  Ausdehnung  niemals 
znr  Ausfiihrung  gekommen,  und  was  davon  an  Riistungen 
thatsachlich  zustande  kam,  hat  sich  schlecht  bewahrt,  als 
die  Hussiten,  allerdings  angeblich  in  der  ansehnlichen  Starke 
von  18  000  Mann,  unter  der  Flihrung  von  Welek  Kaudelnik 
von  Brzeznik  im  April  1427  gegen  Zittau,  eine  der  den 
Schlesiern  in  jener  Zeit  eng  verblindeten  Oberlausitzer 
Sechsstadte,  heranriiekten.  Zittau  widerstand,  aber  Lauban 
ward  am  IG.  Mai  mit  stiirmender  Hand  genommen,  wobei 
dann  eine  grofse  Anzahl  Menschen  erschlagen  wurden.  Da- 
gegen  hielt  sich  Lowenberg,  obwohl  die  Hussiten  300  der 
Stadt  zuhilfe  gesandte  Soldner  beim  Uberschreiten  des  Bobers 
abgeschnitten  und  dann  grofstenteils  aufgerieben  hatten. 

Vor  Goldberg  hatte  das  aus  den  Fiirstentlimern  Liegnitz 
und  Schweidnitz-Jauer  zusammengebrachte  Heer  die  Feinde 
erwarten  wollen,  aber  ehe  man  noch  handgemein  wurde, 
wandten  die  schlesischen  Soldner  sich  zur  Flucht.  Viele 
Gefangene  und  der  gesamte  Trofs  geriet  in  die  Hande  der 
Hussiten,  welche  die  ganze  Gegend  auspllinderten  und  ihre 
Beute  dann  auf  bohmischen  Boden  in  Sicherheit  zu  bringen 
suchten,  indem  sie  an  Jauer  und  Bolkenhain  vorbei  den 
Landeshuter  Pafs  aufsuchten,  ohne  dafs  der  grofse  Zug  mit 
der  fortgeschleppten  massenhaften  Beute  von  der  gewafFneten 
Macht  der  Schlesier  in  den  Engpiissen  des  Gebirges  aufge- 
halten  worden  ware.  In  der  That  macht  sich  der  blinde 
Schrecken,  der  ja  z.  B.  am  4.  August  1427  bei  Tachau 
das  Reichsheer  beim  ersten  Nahen  der  gefiirchteten  Feinde 
die  wildeste  Flucht  ergreifen  lafst,  auch  hier  allerorten 
geltend. 

Solcher  Kleinmut  aufseite  der  Landesverteidiger  mufste 
die  Feinde  locken,  und  schon  im  nachsten  Jahre  1428  ward 
ein  grofser  Raubzug  unternommen,  der  jetzt  Schlesien  in  seiner 
gauzen  Ausdehnung  traf.     Hussitenschwarme,  die  im  Winter 

16* 


244  Drittes  Buch.     Vierter  Abschuitt. 

1427/28  in  Ungarn  eingcfallen  waren  imd  sich  dann  in 
Mahren  mit  den  dort  karapfcnden  Bohmen  vereinigt  hattcn, 
drangen  aiif  der  gi'ofsen  Strafse,  die  von  ]\Iahrcn  nach 
Sclilesien  flllirt,  an  Troppau  vorbei  in  Schlesien  ein.  Nir- 
gends  wagte  man  es,  ihnen  in  offenem  Felde  entgegen- 
zutreten. 

Wohl  vermochte  sich  die  Ilauptstadt  dieser  Gegend, 
Troppau,  hinter  ihren  ]\[auern  zn  halten,  doch  sonst  lag  das 
ganze  linkc  Odeinifer  in  Oberscblesien  Avehrlos  den  AngrifFen 
der  Feinde  offen,  nur  dafs  hier  und  da  die  Landest'iirsten 
durch  Geldzaldungen  sich  Schonung  erkauften,  Avie  dies 
z,  B.  die  Troppauer  Herzcige  fiir  Leobschiitz  und  Griitz  er- 
zielten.  Katscher ,  Neukirch  und  die  Leubuser  Propstei 
Kasimir  wui'den  verbrannt,  und  als  Ober-Glogau,  die  Residenz 
des  jiingeren  Oppehier  Herzogs  Bolko,  Widerstand  wagte, 
ward  es  am  13.  Miirz  rait  stiirraender  Hand  eingenommen 
und  an  1000  ]\ranner  gefangen  fortgeschleppt ,  woraut'  dann 
Bolko  sich  beeilte,  seinen  Frieden  mit  den  Hussiten  zu 
macben.  Wahrend  darauf  Streifcorps  zur  Hnken  Hotzenplotz 
und  Neustadt  pliinderten  und  zur  rechten  Klein  -  Strehhtz 
und  Krappitz,  walzte  sich  das  Hauptcorps  von  Ober-Glogau 
liber  Ziilz  und  Steinau,  wo  dann  auch  die  bischofliche  Burg 
Greisau  erobert  ward,  dem  Bischofslande  und  dessen  Haupt- 
stadt  Neifse  zu. 

Vor    Neifse    vereinigten    die    Hussiten   alle   ihre   Kriegs-     j 
haufen,    deren  manche    auf  requirierten  Wagen  eilig  herbei-     ' 
kamen.      Die    Schlesier,    welche   in    Neifse    die    Streitmacht 
des  Bischofs,    400  gewappnete  Pferde  der  Breslauer,    einige 
Fahnlein    der   Liegnitzer   unter    dem   Johanuiter   Rupprecht 
und   Ludwig   von    Ohlau    und   Glatzer   Mannschaften    unter 
dem    Hauptraann    Puota    von    CzastoloAvitz    vereint    batten, 
wagten  am  18.  Marz   den  Kampf,    schon  um  ibren  Wagen-    f 
park  vor  der  Stadt   zu   verteidigen ;    doch    des  Biscbofs   be- 
watFnete  Bauern  ergriffen  die  Fluclit,  der  Wagenpark   ward 
weggenommen,  die  Vorstiidte  gingen  in  Flarameu  auf,  viele 
Gefangene   blieben    in    der  Feinde  Handen;    kaum    dafs    die 
urasichtige  Tapferkeit  Puotas  von  Czastolowitz  die  Neustadt 
zu  retten  vermochte. 

Wahrend  nun  Bischof  Konrad  den  Uj  ester  Halt  ver- 
pfanden  mufste,  um  das  Losegeld  fiir  seine  Gefangenen  zu 
beschaffen,  ward  sein  Land  auf  das  furchtbarste  heim- 
gesucht,  die  Kirchcn  und  Herrenhcife  alleroiien  verbrannt, 
Ziegenhals,  Weidenau,  Ottmachau  (wo  sich  das  auf  dem 
Berge  gelegene  Schlofs  hielt),  Patschkau  eingeaschert  und 
von  dem  Mlinstez'berger  Lande  und  Strehlen  nur  durch  Geld- 


Der  grofse  Raubzug  vou  1428.  245 

zahlimgen  gleiches  Verderben  abgeAvendet.  Die  Hussiten 
entsandten  ein  Streifcorps  nach  Falkenberg,  das  gleichfalls 
in  Triimmer  gelegt  ward,  wahrend  das  Gros  des  Heeres  ilber 
Grottkau,  das  auch  der  Zersturung  anbeimfiel,  vor  Brieg 
riickte  (2G.  Miirz). 

Der  Herzog  von  Liegnitz-Brieg,  Ludwig  II.,  hatte  nacb 
der  ungiilcklicben  Affaire  bei  Neifse  den  Mut  verloren,  die 
Stadt  zu  balten.  Die  Einwohner  fllicbteteu  sicb  und  ihre 
beste  Habe  liber  die  Oder,  deren  Briicke  sie  abbrachen,  und 
iiberliefsen  die  verlassene  Stadt  den  Feinden,  die  dann, 
uacbdem  der  kleine  Teilfurst  von  Oblau  (gleichfalls  ein 
Ludwig)  dnrch  Geld  die  Pliinderung  seines  Gebietes  abge- 
wendet  durcli  das  Sti'ehlen-Miinsterberger  Gebiet  gen  Eeichen- 
bach  zogen,  wo  sie  den  grolsten  Teil  der  zusammeuge- 
schleppten  Beute  nacli  Bohmen  entsandten,  aber  zugleich 
aucli  selbst  um  Ostern  (Anfang  April)  einen  ansehnliclien 
Zuzug  aus  Bohmen  erhielten.  Dieser  Heerhaufen  kam  dnrch 
die  Grafschaft  heran,  wo  er  mehrere  Burgen  gewann,  die 
Schlosser  Landfried  (Hummelschlofs)  und  Hradisch  bei  Levin 
(an  das  jetzt  nur  nocli  der  Name  Eatschenberg  erinnert), 
angeblich  auch  den  Karpenstein  bei  Landeck,  das  alte  Be- 
sitztum  der  Familie  Glaubitz,  deren  Wappen,  ein  Fisch,  mit 
der  Burg  in  Verbinduug  gebracht  wird.  Glatz  hatte  sich 
einer  ernstlichen  Belagerung  tapfer  erwehrt,  die  Einwohner 
batten  das  Minoritenkloster  vor  der  Stadt,  das  den  Feinden 
leicht  hatte  einen  Stutzpunkt  gewiihren  konnen,  noch  recht- 
zeitig  geschleift,  und  Puota  von  CzastoloAvitz  leitete  umsieh- 
tig  die  Verteidiguug,  wahrend  der  Augustinerprior  Heinrich 
Vogtsdorf  durch  mutigen  Zuspruch  die  Bewohner,  die  schon 
kleinmlitig  zu  werden  begannen,  wieder  aufrichtete  und  an- 
feuerte.  Ein  besonders  schweres  Schicksal  bereiteten  die 
Hussiten  am  30.  Marz  dem  Kloster  Kamenz,  das  sie  jetzt 
grundhch  auszupliindern  und  eiuzuascheru  sich  die  Zeit 
nahmen.  Die  Monche,  welche  zuriickgeblieben  Avaren,  fan- 
den  fast  siimtlich  den  Tod ;  am  2.  April  ward  daim  auch 
Frankenstein  in  Asche  gelegt.  Dem  Subprior  der  dortigen 
Dominikaner,  Nik.  Carpentarii,  der  den  Feinden  ins  Ge- 
wissen  zu  reden  gewagt  hatte,  liefs  man  auf  einem  aus  den 
Triimmern  von  Altiiren  errichteten  Scheiterhaufen  den 
Flammentod  sterben. 
I  Das    dann    in    dem    von    seinen   Einwohnern    gleichfalls 

!  verlassenen  Reichenbach  vereinigte  Hussitenheer  gewann  dar- 
auf  das  Schlols  auf  dem  Zobten ,  das  seine  Verteidiger  frei- 
willig  preisgegeben  batten.  Die  Hussiten  dagegen  meinten 
es  als  Stutzpunkt    fernerer  Operationen   zu    behaupten,   ver- 


246  Drittes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

starktcn  seine  Mauern  uud  lielsen  hier  eine  starke  Besatzung 
zuriick,  die  sie  wohl  verproviantierten,  insoferu  sie  die  Dorfer 
der  Umgegend,  die  Augiistinerpropstei  Gorkau,  sowie  die 
Stadtchen  Zobten  und  Cantli  auspliinderten.  Dana  aber  warfen 
sie  sich  mit  ihrer  ganzen  Maclit  kiihn  in  die  JMitte  Schlesiens 
zwischen  Neumarkt  und  Parchwitz,  um  so  eine  Vereiuigung 
der  Streitkriifte,  -welche  die  Schlesier  einer-  und  die  Ober- 
lausitzer  anderseits  endlich  gesamraelt  batten,  zu  verhindem. 
Sie  erreicbten  ibren  Zweck  voUkommen,  selbst  als  die  Hus- 
siten  weiter  gegen  das  Gebirge  in  die  Gegeud  von  Jauer 
zui'Lickgingen,  wagteu  sicb  die  Scblesier  nicbt  Aveiter  vor, 
als  niitig  war,  um  Licgnitz  zu  decken,  und  die  Oberlausitzer 
scheucbte  eine  kleine  Bewegung  der  Bobraen  gegen  Lowen- 
berg  weit  liber  den  Bober  ziu'iiek.  Angstvoll  sebrieben  sie 
damals:  „Die  Waude  zwiscben  uns  und  Scblesien  brennen, 
die  Axt  ist  an  den  Stamm  unseres  Gedeibens  gelegt."  Am 
24.  April  erlag  dann  Haynau,  von  seinem  Ilerzog,  dem  Jo- 
banniterritter  Kuppreclit,  mutlos  im  Sticbe  gelassen.  Den  Ver- 
sucb  der  Burger,  sicb  zu  webren,  racbten  die  Hussiten  durch 
ein  furcbtbares  Blutbad.  Der  macbtige  massive  Pfarrtm'm, 
auf  dem  sicb  15  Biirger  tapfer  gegen  alle  Angritfe  ver- 
teidigt  haben  sollen,  stebt  nocb  beute.  Bunzlau  ward  auf 
die  Nacbricbt  dann  von  seinen  Bewobnern  verlassen  und 
selbst  in  Brand  gesteckt. 

Dagegen  fanden  die  Hussiten  einen  unerwarteten  Wider- 
stand  vor  dem  kleinen  Liiben,  das  ebenso  wie  Steinau  an 
der  Oder  sicb  zu  balten  vermocbte.  Die  Oder  aufwarts 
erscbienen  jetzt  die  Feinde  zum  erstenmale  vor  der  Laudes- 
hauptstadt  Breslau.  Die  Stadt,  in  der  zablreicbe  Fllicbt- 
linge  aus  ganz  Scblesien  Zuflucbt  gefunden  batten,  durfte 
auf  die  Festigkeit  ibrer  Mauern  vertrauen,  aber  die  dicbt 
bevolkerte  Umgebung  ringsum  war  webrlos  den  fui'cbtbar- 
sten  Verwiistungen  preisgegeben,  und  ohne  Riicksicbt  auf 
friibere  Vertrage  ward  jetzt  aucb  der  Weg  slldlicb  nach 
Bobmen  bin,  den  die  Hussiten  zogen,  auf  das  scbi'eckbcbste 
beimgesucbt.  Wie  es  scbeint,  baben  sie  dann  ]\liene  ge- 
macbt,  von  Frankenstein  aus  wieder  durcb  das  Keifsescbe 
und  Oberscblesien  ziu'iickzukebren  imd,  um  das  abzuwenden, 
bequemte  sicb  die  Mebrzabl  der  oberscblesiscben  Herzoge 
zu  Vertragen,  welcbe  dann  deren  NeutraUtat,  also  ibr  Feru- 
bleiben  von  den  weiteren  Rllstungen  des  Landes,  festsetzten. 
Vertrage,  die  allerdings  von  anderen  Hussitenfilbrern  nicht 
respektiert  und  so  bald  wieder  binfaUig  geworden  sind. 

Um  Pfingsten  erreicbten  die  bobmiscben  Scbaren  wieder 
die     beimiscben    Grenzen    niit     sehr     grofser    Beute.      Die 


Der  grofse  Raubzug  vou  1428.  247 

Kinder,    die    sie  mit   forttrieben,    zahlten   nach    vielen    Tau- 
senden. 

Nacli  ihx'em  Abzuge  brachen  die  Schlesier  auf,  um  das 
Zobtenschlofs ,  in  dem  die  Hussiten  eine  Besatzung  zurilck- 
gelassen,  wieder  einzimehmeu ,  doch  naclidem  man  an  vler- 
zehn  Tage  vor  der  Burg  gelegen  und  von  einem  heran- 
kommenden  bolimischen  Entsatzheer  borte,  war  man  froh, 
das  Schlofs  durch  eine  Kapitulation  zu  gewinnen,  welche 
den  Verteidigern  sicheres  Geleit  bis  an  die  Grenze  zusicherte. 
Die  Befestigungen  wnrden  geschleift. 

Einen  besseren  Erfolg  vermochten  nach  den  wenig  ruhm- 
voUen  Ergebnissen  dieses  Jahres  die  Oberlausitzer  nocli  zu 
erringen.  Durch  schlesischen  Zuzug  verstarkt  (Herzog  Hans 
von  Sagan  und  Eitter  Schaffgotsch  vom  Greifenstein  werden 
uns  genannt)  iiberiielen  sie  einen  Kriegshaufen  der  Hussiten 
unweit  Kratzau  am  11.  November  1428  und  rieben  den- 
selben  nahezu  auf,  so  dafs  wenigstens  der  Nimbus  der  Un- 
besiegbarkeit,  hinter  dem  sich  die  Mutlosigkeit  so  gerne 
versteckte,  zerstort  ward. 

Aber  das  Jahr  1428,  das  schlimmste  in  dem  Kriege, 
sollte  nicht  zu  Ende  gehen,  ohne  den  Schlesiern  noch  einen 
schweren  Schlag  zu  bringen.  Im  Dezember  hatte  sich  im 
Schutze  des  Hummelschlosses  ein  bohmischer  Kriegshaufe 
zusammengefunden,  welcher  sich  dann  auf  der  Strafse  nach 
Glatz  bis  gegen  Schwedeldorf  vorscliob  und  dort  etwa  vier- 
zehn  Tage  unthafig  liegen  blieb,  sich  auf  die  Aussaugung 
des  Landes  beschrankend.  Sie  warteten,  dafs  Verbindungen, 
welche  sie  unter  der  Dienerschaft  der  nach  Glatz  gelltich- 
teten  koniglich  gesinnten  bohmischen  Edelleute  hatten,  ihnen 
die  Stadt  in  die  Hande  spielten.  Aber  dieselben  wurden 
entdekt  und  mit  blutiger  Strenge  gestraft.  Inzwischen 
mahnte  der  Hauptmann  von  Schweidnitz ,  Albrecht  von 
Kolditz,  der  Schwiegervater  des  tapferen  Puota  von  Czasto- 
lowitz,  dringend  dazu,  die  Hussitenschar,  deren  Starke  er 
nicht  hoch  anschlug,  mutig  anzugreifen,  und  der  Erfolg  von 
Kratzau,  an  dem  Albrecht  selbst  nicht  geringen  Anteil  hatte, 
mochte  zu  kiihnerem  Auftreten  ermutigen.  Wirklich  sam- 
melte  sich  unter  Herzog  Johann  von  MiVnsterberg  ein  kleines 
Heer,  der  letztere  hatte  seine  Lehensleute  aufgeboten,  der 
Bischof  Konrad  desgleichen,  die  Breslauer  und  Schweidnitzer 
hatten  Scildner  geschickt.  Ein  unverrauteter  Uberfall  sollte 
den  Bnhmen  am  27.  Dezember  bereitet  werden.  Doch  diese 
waren  gerlistet,  und  als  die  Schlesier  bei  schon  anbrechen- 
der  Dunkelheit  unweit  Alt-Wilmsdorf  an  die  Feinde  heran- 
kamen,    empfing  sie  aus  der   wohlkonstruierten  Wagenburg, 


24S  Drittes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

auf  cler  die  Hussiten  alle  ihre  Schiefswaffen  vereinigt  hatten, 
ein  so  tiu'chtbares  Feuer,  dafs  der  AngrifF  sich  schnell  ziu* 
Avilden  Flucht  kelirte,  worauf  dann  die  Bohmeii  eilig  zur 
Verlblgung  iibergingen.  Beim  Flammenscheine  der  von 
ilmen  angeziindeten  nachsten  Dorfei-  lasen  sie,  wie  ein  Chro- 
nist  erzalilt,  von  den  beschneiten  Feldern  die  Fliehenden  auf 
wie  die  Hiihnlein.  Als  Herzog  Hans  auf  der  Flucht  ilber 
einen  Graben  setzen  Avollte,  hinderte  die  Schwere  der  Rll- 
stung  sein  Rofs,  den  jenseitigen  Rand  zu  erklimmen,  die 
nachsetzenden  Feinde  ereilten  und  erschlugen  ihn.     Mit  ihni 


fc)"^ 


sank  der  letzte  Sprofs  des  Geschlechtes,  das  einst  der  tapfere 
Bolko  I.  von  Schweidnitz-Jauer  begrllndet  hatte,  ins  Grab. 
Hunderte  von  Streitern  teilten  sein  Schicksal.  Der  erstc 
Versuch  der  Schlesier,  in  offener  Feldschlacht  den  Feinden 
zu  begegnen,  hatte  ein  fiu'chtbares  Ende  genommen. 

Die  Scbaren  der  Sieger  ergossen  sich  bakl  durch  deu 
Warthapafs  in  die  schlesischen  Gefilde.  Abermals  ward 
Brieg  heimgesucht,  vind  wenn  es  den  Breslauern  gelang,  der 
hussitischen  Vorhut  in  Ohlau  eine  Schlappe  beizubringen. 
so  diente  das  nui-  dazu,  den  Zorn  der  Feinde  zu  reizen. 
Ohlau  Avard,  als  das  Gros  des  Heeres  uachrilckte,  den 
Flammen  ubergeben,  und  das  ganze  kleine  Land  des  jilngeren 
Ludwig,  der  hier  als  Herzog  gebot,  gi'lindHch  „verderbt", 
auch  Strehlen,  Milnsterberg,  so  wie  das  von  den  Monchen 
verlassene  Kloster  Heinrichau  in  Asche  gelegt,  die  Stifts- 
giiter  fiu'chtbar  ausgeplilndert,  selbst  das  zur  Verteidigung 
giinstig  gelegene  Niinptscher  Sclilofs  kapitulierte  nacli  kurzer 
Belagerung,  wohl  aber  vermochte  Schweidnitz  zu  wider- 
stehen.  Erst  in  der  zweiten  Halfte  des  Februars  1429  ver- 
liefsen  die  schlimmen  Giiste  wieder  den  schlesischen  Boden, 
und  nur  ein  Zipfel  von  Niederschlesien  Avard  in  diesem 
Jahre  dann  von  ihnen  heimgesucht,  wobei  die  Stadt  Bunzlau, 
Avelche  jetzt  GegenAvehr  versucht  hatte  (den  18.  Juni),  dafiir 
dadurch  gestraft  ward,  dafs  man  die  Biirger,  die  dem 
Tode  im  Kampfe  entgangen,  als  Gefangene  nach  Bohmen 
schleppte,  von  wo  dann  die,  Avelche  den  Entbehrungen  der 
Haft  nicht  erlagen,  erst  1430  zuriickkehrten,  nachdeni  es 
inzwischen  doch  gelungen  Avar,  noch  300  Mark  als  Losegeld 
filr  sie  zusammenzubringen. 

Mit  dem  lolgenden  Jahre  1430  beginnt  eine  neue  Epoche 
dieser  Kampfe ,  eine  Aveitere  hohere  Stufe  der  Drang- 
sale,  Avelche  die  Schlesier  damals  trafen,  bezeichnet  durch 
dauernde  Festsetzungen  der  Hussiten  an  A^erschiedenen  Stellen 
des  ungliicklichen  Landes ,  Avelche  so  die  Not  und  den. 
Schrecken  permanent  machten  imd  zum  Teil,   Avie  dies  von 


Festsetzungen  tier  Hussiteu  iu  Schlesieii.  249 

den  Eroberungen  polnischer  Parteiganger  in  Oberschlesien 
gesagt  Averclen  mnls,  zngleich  die  Gefahr  Avirklicher  Landes- 
verluste  in  sicli  schlossen. 

Im  Jahre  1430  war  von  Uugarn  herkommend  ein 
grofseres  hussitisches  Heer  in  Oberschlesien  eingefallen.  Sein 
Anfuhrer  war  ein  Pole,  Dobko  Puchala,  Avelcher  schon 
friiher  in  die  Dienste  der  Bobmen  getreten  bier  zu  bobe- 
rem  Eange  sicb  autgescbAvungen  batte.  Unter  seine  Fab- 
nen  liibrte  die  Lust  am  Kriegsbandwerke  und  die  Aus- 
sicbt  auf  Beute  zablreicben  Zuzug  aus  Polen,  vind  auf  dem 
recbten  Oderiifer  stiefs  audi  nocb  ein  besonderes  Corps  zu 
ibm,  das  der  polniscbe  Prinz  Siegmund  Korybut,  nacbdem 
seine  ebrgeizigen  Plane  in  Bobmen  gescbeitert  waren,  in 
Polen  gOAvorben  batte  und  nun  beraniiibrte.  Als  dritter  im 
Bunde  gesellte  sicb  dann  bald  zu  ibnen  der  jiingere  Herzog 
Bolko  (V.)  von  Oppeln,  der  einzige  der  scblesiscben  Fursten, 
der  mit  den  Hussiten  gemeinsame  Sacbe  gemacbt  bat.  Ibre 
vereinigte  Kriegsmacbt  durcbzog  dann  verwllstend  Ober- 
scblesien,  obne  Widerstand  zu  linden.  Aber  bald  treten 
bestimmte  Absicbten  bier  naber  bervor.  Pucbala  bewog 
den  Oppelner  Herzog,  ibm  den  iiufsersten  Zipfel  des  Brieger 
Landes,  das  Kreuzbuiger  Gebiet,  das  dieser  erobert,  zu 
iiberlassen  und  ricbtete  sicb  bier  zu  dauernder  Herrscbaft 
ein,  eroberte  Konstadt,  Pitscben  und  den  Landstricb  umber 
und  sucbte  audi  nacb  der  scblesiscben  Seite  bin  seine  Er- 
oberungen auszudebnen,  land  aber  vor  Namslaus  Mauern 
tapferen  Widerstand.  Seine  Kriegsscbaren  erganzte  er  obne 
Mllbe  aus  Polen  ber,  wo  an  kriegs-  und  beutelustigen  Han- 
den  kein  Mangel  war. 

Ibm  zur  Seite  scliien  aucb  Prinz  Korybut,  wabrend  er 
dem  Oppelner  Herzog  ilberliels,  sicb  seineii  Anteil  in  dem 
Neifser  Biscbofslande  zu  erobern,  auf  der  oberscblesiscben 
Besitzung  der  Herzoge  von  01s,  Kosel,  sicb  eine  Herrscbaft 
griinden  zu  wollen.  Er  verfolgte  offenbar  Aveitergebeude 
Plane,  die  wir  mit  einem  modernen  Worte  vielleicbt  als 
panslavistiscb  bezeiclmen  dlirfen.  Wenn  seine  inimer  fest- 
gebaltenen  Ideen  einer  engen  Verbrixderung  zAviscben  den 
stammveiAvandteii  Vulkern  der  Czecben  und  Polen  zur 
Wabrbeit  AA^urden,  mocbte  ibm  Avobl  die  Griindung  eines 
oberscblesiscben  Lebensflirstentums  nicbt  allza  scbAver  wer- 
den.  Der  Polenkonig  AYladyslaw  Avar  alt  und  scbwacb,  und 
bei  Konig  Sigismund  ist  der  Verdacbt,  dais  die  Polen  es 
docli  insgebeim  mit  den  Czecben  bielten ,  nie  erloscben. 
Recbt  cliarakteristiscb  ist  dafilr  eine  Aulserung  von  ibm  aus 
dem  Jabre  1429.     Als    danials    bei   einem  Besucbe,    den    er 


250  Drittes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

dem  Grofsfilrsten  von  Litauen  machte,  von  einer  Hilfeleistung 
der  Polen  gegen  die  Tiirken  die  Rede  war,  sagten  die  pol- 
nischen  Gesandten:  ^Gnadiger  lieber  Herr,  sieh  an  das 
grofse  Elend,  die  INIorde  und  das  Blutvergielsen  deines  Lan- 
des  Schlesien,  da  woUen  wir  dir  lielt'en,  denn  sic  (die  Hus- 
siten)  sind  ilrger  als  Tiirken  oder  Heiden."  Aber  Sigismund 
hatte  das  mit  fast  beleidigender  Scharfe  zurilckgewiesen : 
„Was  soil  ein  Slave  gegen  den  anderen  lielt'en?  —  Sclilesien 
ist  unser,  und  so  wollten  wir  der  Ketzer  wolil  miichtig  sein, 
wenn  uns  das  gut  diinken  wird." 

Der  sehlimmste  Verdacht  schien  jetzt  zur  Wahrheit  wer- 
den  zu  sollen,  wo  ein  Vetter  des  Polenkonigs  in  einer  er- 
oberten  oberschlesischen  Stadt  Hot"  liielt,  als  ware  er  bereits 
hier  Herrscher,  wo  polnisehe  Kriegsleute  nach  Hei'zenslust 
raubten  und  pliinderten,  t'lir  ihre  Beute  auf  polnischem  Bo- 
den  sich  bequemen  Absatz  suchten,  auch  wohl  gelegentlich 
einnial  ein  in  Polen  gelegenes  Kloster  brandschatzten. 

Fur  die  Schlesier  lag  in  dem  alien  eine  sebr  grolse  Cxe- 
fahr.  Es  war  nocli  bei  weitem  nicht  das  Sehlimmste,  wenn 
1480  nun  auch  der  Teil  Ubersehlesiens,  der  1428  noch  ver- 
schont  gebheben  war,  schwerer  Verwiistung  anheimiiel,  und 
viele  Stadte,  Avie  Ujest,  Tost,  Peisla-etscham  und  das  Cister- 
cienserldoster  Himmelwitz  mit  seiuen  Stiltsglltern  in  Asche 
gelegt  wurden,  es  schien  jetzt  eine  vollstandige  Losreilsung 
des  wenig  germanisierten  Oberschlesiens  zu  drohen.  Wenn 
Polen  und  Czechen  wirklich  gemeinsame  Sache  machten, 
war  das  kaum  mehr  abzuwenden.  Von  dem  Landesherrn, 
Konig  Sigismund,  durfte  man  wohl  immer  neue  Projekte 
aber  keine  Thaten  erwarten.  Noch  1429  im  April  hatte  er 
von  einem  Heere  gesprochen,  dais  er  diesen  Sommer  ver- 
sammeln  wolle,  so  grofs  wie  man  noch  keines  gesehen,  wo 
Ungarn  und  das  gesamte  Deutsche  Reich  alle  Ki-atte  auf- 
bieten  und  niemand  als  Kinder  und  Greise  zurlickbleiben 
sollten.  Wie  die  Breslauer  Gesandten  berichteten,  hatte  er 
sich  verschworen,  er  Avolle  nicht  ablassen,  bis  er  das  bose 
Volk  niedergelegt  habe  oder  sein  Blut  vergiefsen  bis  zum 
Tode.  Aber  thatsachlich  war  auch  dieser  grofse  Plan  eine 
taube  Frucht  geblieben,  kein  Mann  des  Riesenheeres  ist 
ausmarschiert,  und  die  Hussiten  sind  nicht  einen  Augenblick 
in  ihren  Plunderungen  gestort  worden. 

Das  einzige  Hindernis,  das  dem  geplanten  Zusammen- 
gehen  von  Polen  und  Czechen  noch  entgegenstand,  war  die 
polnisehe  Geistlichkeit ,  welche  von  einem  Bunde  mit  den 
hussitischen  Ketzern  uichts  wissen  wollte.  Dieses  Hindernis 
hinwegzuraumen  war  Prinz  Siegmund  Korybut  aufs  eifrigste 


Rettung  Oberschlesieus  1431.  251 

bemiilit,  und  sein  Einflufs  am  polnischen  Hofe  war  Avirklich 
maclitig  genug,  um  in  der  zweiten  Halfte  des  Miirz  1431 
ein  Religiousgesprilch  herbeizufiiliren ,  das  einen  Ausgleicli 
zwischen  der  bohmischen  und  pohiisclien  Geistlichkeit  ins 
Werk  setzen  wollte.  Hervorragende  Haupter  der  Hussiten, 
wie  der  Priester  Prokop  und  Magister  Peter  Payne  suchten 
den  Prinzen  in  seiner  Residenz  Gleiwitz  auf,  um  sich  danu 
von  ihm  nach  Krakau  geleiten  zu  lassen. 

Aber  gerade  diese  Zeit  benutzten  nmi  die  drei  Olser  Her- 
zoge,  die  Briider  des  Bischofs,  Konrad  der  Weiise,  dessen 
Land  ja  eben  der  Prinz  occupiert  hatte,  Konrad  der  Canthner 
und  Konrad  der  Junge,  Deutsciiordensritter,  zu  einem  Ki-iegs- 
zuge  gegen  Gleiwitz,  das  am  4.  April  durcli  nachtliche 
Uberrumpelung  eingenommen  ward.  Der  Umstand,  dafs 
dieser  Erfolg  mit  dem  vollstandigen  Scheitern  des  Krakauer 
Religion  sgespraches  zusammenfiel,  machte  denselben  zu  dem 
entscheidendsten  Kriegsereignisse ,  das  diese  Kampfe  aufzu- 
weisen  haben.  Der  Prinz  vermochte  die  doppelte  Nieder- 
lage  nicht  zu  verwinden,  seine  politische  Rolle  ist  damit 
ausgespielt,  und  mit  ihm  tritt  der  gefahrlichste  Feind  der 
Unabhiingigkeit  des  schlesischen  Landes  vom  Schauplatze 
ab.  Wenn  es  nun  gleich  nicht  gelang,  auch  Puchala  aus 
Ki"euzburg  zu  vertreiben,  so  erscheint  doch  Oberschlesien  ge- 
rettet. 

Die  Leiden  des  ilbrigen  Sehlesiens  freiKch  gingen  erst 
jetzt  recht  an,  da  eben  1430  die  Hussiten  auch  Nimptsch 
nebst  einigen  anderen  Burgen  besetzt,  sorgsam  verprovian- 
tiert  und  rait  hinreichenden  Besatzungen  versehen  hatten, 
ja  sogar  am  19.  November  1430  das  auf  steiler  Anhohe 
iiber  der  Neifse  gelegene  als  besonders  lest  beriihmte  Schlofs 
Ottmachau,  die  Hauptbui^g  des  Kirchenlandes ,  die  Zuflucht 
aller  Kirchenkleinoden  der  Umgegend,  gewannen.  Niklas 
Zedlitz  -son  Alzenau,  der  hier  kapituliert  hatte,  ward  nach- 
mals  als  Verrater  verurteilt  und  zu  Breslau  liingerichtet. 

Seitdem  ist  nun  das  Bestreben  der  Schlesier  an  erster 
Stelle  darauf  gerichtet,  diese  Burgen  wiederzuerobern ,  und 
namentlich  um  Ximptsch,  das  so  ini  Herzen  des  Landes 
imd  in  bedrohlicher  Kahe  der  Hauptstiidte  des  Landes, 
Breslau,  Schweidnitz,  Neifse  lag,  hat  man  wiederholt  An- 
strengungen  gemacht,  doch  immer  mit  schlechtem  Erfolge. 
1432  ward  sogar  eine  Belagerungstruppe ,  der  sich  diesmal 
auch  verschiedene  Breslauer  Patrizier  angeschlossen  hatten, 
durch  ein  mit  iiberraschender  Schnelle  herbeigeeiltes  hus- 
sitisches  Entsatzheer  nach  zweitagigem  Kampfe  in  Strelilen 
zur  Kapitulation    genotigt,   und   die  Losegelder,   welche    die 


252  Drittcs  Buch.     Vierter  Abschuitt. 

hier  geiuachten  Gelaugeneu  zu  zablen  batten,  Avaren  nielit 
niedrig  bemessen.  Das  Entsatzbeer  aber  benutzte  die  Ge- 
legeubeit  zu  eiiiem  neuen  Raubzuge  in  Scblesien,  der  nun 
die  Sebreeken  der  Vei'wiistuug  auch  auf  das  bisber  nocb 
verscbont  gebliebene  recbte  Oderufer  in  Nieder-  und  ^littel- 
scblesien  trug,  avo  dann  die  Kloster  Leubus  und  Trebnitz 
soAvie  die  Stadte  Winzig,  Prausnitz,  Mibtscb,  Bernstadt  in 
Ascbe  gelegt  AA^urden.  ( )ls  Avar  von  seinen  P^inAvobnern 
Aerlassen  und  dann  in  Brand  gesteckt  Avorden,  aus  Furcbt, 
die  Hussiten  konnten  sicb  aucb  bier  Avie  in  Kreuzburg  t'est- 
setzen  Avollen.  Aucb  bei  dieser  Gelegenbeit  Avieder  zeigten 
sich  die  scblesiscben  Streitkriifte  unvermcigend,  den  Einlallen 
der  Bobmen  zu  AA^ehren. 

Der  Zustand  des  Landes  Avard  nun  A'on  Tage  zu  Tage 
trostloser ,  und  es  Avar  niebt  zu  verwundern ,  Avenn  an 
A^ielen  Orten  die  VerzAveifluug  Leute,  die  das  Ibrige  ver- 
loren  batten,  unter  die  Fabnen  der  Bobmen  trieb,  oder  Avenn 
bei  der  Anarcbie,  die  ja  docb  jetzt  einrils,  die  iramer  nur 
miibsam  zuruckgebaltene  Beute-  und  Febdekist  viele  Adelige 
boAvog,  in  ganzem  oder  halbem  EinA^erstUndnisse  mit  den 
Hussiten  und  jedenfalls  auf  deren  Konto  sicb  auch  an  frem- 
dem  Gute  zu  bereicbern.  In  keinem  Falle  fragten  die  Hus- 
siten viel  danacb,  ob  und  iuAAdeAveit  die  neuen  Buudes- 
genossen  ibre  rebgiosen  Ansicbten  teilten._  Die  streugen 
Edikte  Konig  Sigismunds  gegen  solcbe  Ubertritte  AA'aren 
natiii'licb  ganz  macbtlos,  und  obAvobl  die  Breslauer  und 
ScbAveidnitzer  Soklnerscbaren  eifrig  bemiibt  Avaren,  Avenn 
gerade  eiumal  hussitiscbe  Heere  sich  in  der  Niihe  nicbt  sehen 
liefsen,  diesen  Eaubrittern  unter  czecliiscber  Fkigge  zuleibe 
zu  gehen,  so  konnten  sie  doch  vollkomraene  Abbilfe  nicbt 
schafFen. 

Rettung  schien  bier  niu"  ein  Friedensscbluls  bringen  zu 
konnen,  und  die  Scblesier  zeigten  sicb  schon  im  Sommer 
1432  bereit,  einen  solchen  selbst  diu'ch  Opfer  zu  ei'kaufen 
und  scblossen  Avirkbcb  Mitte  Juli  mit  einigen  Hussiten- 
biluptbngen  einen  Vertrag,  der  ihnen  dann  allerdings  zAvar 
den  Abzug  von  deren  Scbaren,  docb  nicbt  das,  Avorauf  es 
ihnen  am  meisten  ankam,  einbrachte,  nambch  die  Riickgabe 
der  besetzten  Burgen,  avozu  jene  nicbt  kompetent  zu  sein 
behaupteten.  Weitere  Verhandlungen  darilber  blieben  resul- 
tatlos,  A^ermutbch  deshalb,  Aveil  die  Bobmen,  die  eben  einen 
Zug  gegen  das  Deutscbordensland  im  Bunde  mit  Poleu 
planten,  sich  mit  Rilcksicbt  dai-auf  ibrer  Stiitzpunkte  in 
iScblesien  nicbt  entaufsem  mocbten. 

In  der  That  kani  es  in  jenem  Jahre  1432  zu  dem  Blind- 


Die  Hussitenkiimpfe  1432  imd  1433.  253 

nisse  cler  Hussiten  mit  Polen.  Hatten  friiher  die  Schlesier 
dies  als  liiichste  Gefahr  gefllrchtet,  so  scheiut  es  damals 
aiclit  mehr  einen  so  erschreckenden  Eiudruck  gemacht  zu 
haben,  man  -wufste  recht  wohl,  dafs  hier  alles  darauf  hinans- 
lief,  die  Kriegsscharen  der  Hiissiten,  die  zu  erhalten  mit 
jedem  Jahre  schwerer  wiirde,  gegen  den  Erbfeind  der  Polen, 
den  Deutschen  Orden  zu  verwenden,  olme  dafs  damit  eine 
innerliche  Anniiherung  der  Polen  an  die  Hussiten  und  deren 
Ziele  irgendwie  verbunden  gewesen  ware. 

Avich  die  Schlesier  sahen  es  eher  als  etwas  Giinstiges 
an,  dafs  jetzt  ein  grofseres  Heer  ihrer  Bedranger  sich  fern 
an  den  baltischen  Kilsten  umhertreiben  solle,  wiihrend  gleich- 
zeitig  ein  anderes  den  Sclirecken  ihrer  WafFen  ilber  die 
Karpathen  in  die  ungarische  Zips  trug. 

Sie  eilten,  die  Gunst  der  Situation  zu  benutzen,  und  wirk- 
lich  weist  nun  das  Jahr  1433  eine  solche  Reihe  von  Waffen- 
erfolgen  der  Schlesier  auf,  wie  kein  frliheres.  In  Ober- 
schlesien  schlug  der  junge  Herzog  Xikolaus  von  Ratibor  im 
Mai  den  Hussiteufiihrer  Kutlibozy  aufs  Haupt,  belagerte 
dann  Rybnik,  besiegte  den  zum  Entsatze  herbeieilenden, 
den  Bohmen,  wie  wir  wissen,  verbiindeten  Oppelner  Herzog, 
worauf  Rybuik  und  Beuthen  in  seine  Hand  iielen.  Ebenso 
schlug  um  dieselbe  Zeit  ein  Kriegsoberster  der  schlesischen 
Herzoge,  Heinrich  von  Landsberg,  den  polnischen  Partei- 
ganger  Puchala  und  obwohl  die  dann  begonnene  und  durch 
sieben  Wochen  fortgesetzte  Belagerung  des  Schlosses  Kreuz- 
burg,  in  dem  sich  Puchala  festgesetzt  hatte,  entschlossener 
Abwehr  begegnete,  so  liefs  sich  doch  Puchala  bereit  finden, 
Kreuzburg  und  Pitschen  gegen  Zahlung  einer  Geldsumme 
von  1750  Scliock  Groschen  zu  iibergeben  und  nur  das 
kleine  Konstadt  sich.  noch  vorzubehalten.  So  Avar  wenig- 
stens  Oberschlesien  im  wesentlichen  den  Feinden  wieder  ent- 
wunden. 

Und  audi  in  Niederschlesien  gelang  den  Schlesiern  im 
Friihling  1433  ein  Handstreich.  Die  Breslauer  besandten  in 
diesem  Jahre  die  Schweidnitzer,  um  mit  diesen  vereint  den 
Befehlshaber  in  Nimptsch  auf  der  Riickkehr  von  einem 
grofseren  Streifzuge  zu  ilberfallen.  Der  Sti-eich  gelang  ganz 
nach  "Wunsch.  Bei  Gohlau  unweit  des  Zobtens  wurden  die 
Hussiten  ilberfallen  und  ihr  grofster  Teil  samt  dem  Anfuhrer 
gefangen  genommen.  Man  zahlte  in  der  Beute  120  gesattelte 
Pferde,  200  Feuergewehi-e ,  geraubtes  Vieh  im  Werte  von 
300  Schock  und  noch  eine  betrachtUche  Summe  baren  Gel- 
des,  womit  die  Bewohner  der  heimgesuchten  Orte  sich  von 
der  Pliinderung  losgekauft  hatten.     Wenn  wir  erwagen,  dafs 


254  Drittes  Bucli.     Vierter  Abschuitt. 

die  starken  Besatzungen  von  Niiiiptscli  und  Ottmacbau  von 
derartigen  Raubzugen  jahrelang  gelebt  baben,  mogen  wir 
ermessen,  welchen  Scbaden  diese  Pfiihle  im  Fleische  dei- 
Scblesier  dem  Lande  verursacht  haben  und  nur  staunen, 
dais  nach  den  grofsen  allgemeinen  Raubzugen,  welche  nach 
xmd  nach  ziemlich  alle  Gegenden  Schlesiens  getrofFen  batten, 
sicb_  innner  nocb  etwas  zu  pliindcrn  vorfand. 

Ubrigens  vermocbten  die  Scblesier  auch  jetzt,  trotzdem 
sie  den  Befeblsbaber  von  Kimptsch  und  einen  guten  Teil 
der  Besatzung  gefangen  genommeu  batten,  des  Scblosses 
sicb  nicht  zu  bemeistern,  ebenso  wenig  Avie  im  Jahre  daraut^ 
wo  sie  wiederum  den  Konniiandanten  von  Xiniptscb,  den 
bekannten  Hussitenfilbrer  Priester  Bedrzicb,  mit  vieleu  der 
Seiuigen  in  ibre  Hand  bekamen,  nacbdem  dieselben  ein 
scblesiscber  Edelmann  Hayn  von  Tscbirn,  der  friiberen 
Verrat  durcb  neueu  Eifer  wieder  gut  zu  niachen  strebte, 
auf  eine  Burg  Falkenstein  bei  Scbonau  gelockt  batte. 

Wirkbcbe  Befreiung  scbien  bier  erst  von  einem  allge- 
meinen Frieden  zu  boffen.  Und  zu  einem  solcben  eroffiieten 
sicb  Aussicbten,  seitdem  1433  das  Konzil  zu  Basel  auch 
von  den  Hussiten  bescbickt  liber  eine  Verstandigung  unter- 
bandelte  und  in  Bobmen  selbst,  wo  man  der  ewigen  Kriege 
berzlicb  milde  war,  eine  gemafsigtere  Adelspartei  ans  Ru- 
der gekommen  war,  die  im  Dezember  1433  in  der  Person 
des  Alexius  von  Riesenburg  einen  zugleicb  zu  Unterband- 
lungen  mit  Sigismund  bevollmacbtigten  Verweser  des  KCinig- 
reiches  bestellt  batte  und  die  der  neuen  Ordnung  wider- 
sti'ebenden  radikaleren  Hussitenparteien  am  30.  Mai  1434  in 
der  Scblacbt  bei  Bobmiscb  -  Brod  (oder  Lipan)  unterlegen 
waren. 

Der  neue  Gubernator  scbien  nun  die  nocb  in  Scblesien 
bebaupteten  Scblosser  Nimj^tscb,  Ottmacbau  und  Wiirben 
wesentlicb  nur  als  Unterplander  fiir  Forderungen  einiger 
Hussitenbauptlinge  anzuseben  und  Hefs  sicb  jetzt  als  Scbieds- 
ricbter  zwiscben  den  letzteren  imd  einer  Anzabl  scblesiscber 
Filrsten  und  Stadte  wliblen,  entscbied  aucb  scbbelslicb  im 
Dezember  1434  definitiv  ilber  die  Hobe  der  Summen,  welcbe 
die  Scblesier  fur  die  Losung  der  Scblosser  zu  zablen  haben 
sollten.  Sowie  die  erste  Rate  dieser  Summe  gezahlt  war, 
nocb  vor  Ablauf  des  Jabres  1434  rilckten  die  Breslauer 
eibgst  vor  Nimptsch,  um  die  Mauern  und  Tiirme  des  Scblosses, 
das  ihnen  so  vielen  Scbaden  gebracbt  batte,  aufs  grixndlicbste 
niederzulegen.  Das  Gleicbe  auch  bei  Ottmacbau  zu  thun, 
binderte  sie,  obwohl  sie  datilr  eine  Zusage  des  Biscbofs 
Konrad    hatten,    der    entscbiedene    Widersprucb    des   Dom- 


Ausgang  der  Hussitenkriege.     Deren  Wirkungen.  255 

kapitels,  das  dann  aucli  Konig  Sigismund  auf  seine  Seite  zu 
Ziehen  wiilste. 

Mit  dem  Ende  des  Jahres  1434  horten  die  Kiimpfe  auf, 
die  filnfzehn  Jahre  lang  Schlesien  von  einem  Eude  zum 
audern  heimgesucht  und  das  vorher  bllihende  Laud  zur 
Einode  gemacht  hatten. 

Den  Umfang  der  Verwllstungen  kounen  wir  uns  kaum 
grofs  genug  vorstellen.  Das  Stilt  Leubus  hat  uns  eine  Auf- 
zeichnung  hinterlassen  iiber  den  Schaden,  den  nur  der  eine 
Raubzug  von  1428  angerichtet  hat.  Von  30  Stiftsgiitern 
auf  dem  linken  Oderufer  haben  nur  5  ihre  Scheuern  und 
Wirtschaftsgebaude  erhalten,  10  dieser  Dcirfer  werden  als 
vollstandig,  8  als  teilweise  verbrannt  bezeichnet,  bei  7  hat 
man  sich  begniigt,  die  Vorrate  und  das  Vieh  fortzuschleppen, 
bei  6  sind  auch  die  Kii'chen  mit  verbrannt.  Den  Schaden 
veranschlagte  man  auf  5390  Mark^  nach  heutigem  Gelde 
mindestens  das  zwolffache,  ohne  dabei  die  Differenz  des 
Geldwertes  zwischen  damals  und  heute  anzuschlagen.  Wenn 
das  die  Wirkung  eines  Kriegsjahres,  eines  Raubzuges  war, 
wie  mochte  es  da  dort  aussehen,  wo  die  Schwarme  der 
Feinde  wiederholt  drei-  bis  viermal  durchgezogen  waren, 
wie  in  Aveitem  Umkreise  um  die  Burgen  Nimptsch  und  Ott- 
machau,  wo  starke  Besatzungen  vier  Jahre  lang  ausschliefs- 
lich  vom  j\[ark  der  Einwohner  gezehrt  hatten?  Im  Herzen 
des  Landes,  im  Bezirke  von  Neumarkt,  liegt  noch  1443, 
also  neuu  Jahre  nach  dem  Frieden,  der  funfte  Teil  alles 
landlichen  Grundbesitzes  wllst  und  unbestellt;  die  Besitzer 
hatten  sich  verloren ,  waren  in  dem  Kriege  gestorben. 
Das  „goldene"  Bistum  Breslau  ist  jetzt  mehr  zum  Wiist- 
tume  gewordeu.  Die  Gliter  verwustet  und  verodet,  die  Ein- 
kiinfte  verpfandet,  und  wo  sie  dies  nicht  waren,  grofstenteils 
auslallend  wegen  der  Unverraogenheit  der  Einwohnerschaft. 
Als  es  sich  um  einen  Nachfolger  flir  Bischof  Konrad  han- 
delt,  suchen  die  Herren  vom  Domkapitel  hier  und  da  nach 
einem  vermoglichen  Manne,  der  aus  eigenen  Mitteln  dem 
heruntergekommenen  Stifte  wieder  aufhelf'en  konue. 

Der  Landadel  war  uberall  verarmt,  und  an  vielen  Orten 
mochte  die  Not  viel  dazu  beitragen,  wenn  jetzt  das  Un- 
wesen  der  Buschklepperei  wieder  machtig  ins  Ivi-aut  schols. 
Als  Mittel  dagegen  schliefsen,  wie  es  heifst,  auf  Konig  Sigis- 
munds  Anregung  unter  dem  21.  September  1435  fast  siimt- 
liche  schlesische  Flirsten  einen  Bund  zur  Erhaltung  und 
Schiitzung  des  Landfriedens  und  erwiihlen  in  der  Person 
des  Bischofs  Konrad  einen  Bundeshauptmann,  dem  sie  aus- 
gedehnte  Machtbefugnisse  zuteilen. 


256  Drittes  Buch.     Vicrter  Abschnitt. 

Allerdings  wareu  ja  audi  die  Fiirsten  in  jenen  Zeiten 
der  Not  arg  heruntergekommen,  ilire  nie  glanzend  gewesenen 
Geldverhiiltnisse  hatteu  sich  durch  den  Scliaden,  den  sie  er- 
littcn,  den  Ausfall  ihrer  Einnahmen,  die  Unkosten  des  er- 
haltenen  Kriegsvolkes  noch  sehr  verschlechtert ,  ihre  Scliul- 
denlast  war  furchtbar  gestiegen. 

Und  nun  die  Stiidte.  Von  den  kleineren  waren  nicbt 
viele  totaler  Auspliinderung  entgangen,  von  etwa  vierzig 
haben  wir  bestimmte  Nachrichten,  dafs  sie  in  Asche  gelegt 
warden.  Handel  und  Gewerbe  lagen  naturlich  voUstandig 
darnieder.  Die  Zahl  derer,  welche  binter  ihren  ]\Iauern  wirk- 
samen  und  dauernden  Schutz  zu  finden  vermocht  batten,  war 
nicbt  allzu  grofs,  aiicb  diese  mufsten  ja  fiircbtbarcn  Scbaden 
erbtten  haben,  dennocb  waren  sie  es,  die  grofseren  Stiidte, 
welcbe  aus  diesen  Zeiten  der  Not  noch  mit  erbohterem  An- 
seben  bervorgingen.  Stadte  wie  Breslau  und  Schweidnitz 
batten  doch  in  diesen  Kiimpfen  von  dem,  was  iiberhaupt 
mit  den  Waffen  gescbeben  war,  das  meiste  gethan ;  sie  batten 
sich  im  Laufe  der  Zeit  darauf  eingericbtet ,  Soldner  zu 
halten  und  mit  diesen  etwas  auszuricbten ;  sie  waren  un- 
gleicb  webrbat'ter  geworden,  als  sie  es  in  den  guten  Zeiten 
des  14.  Jabrbunderts  gewesen  waren,  sie  hiltten  nun  nicbt 
mehr  sich  so  mifshaudehi  lassen,  wie  es  ibnen  in  Kihiig 
Wenzels  Tagen  widerl'abren  war;  sie  haben  im  Laufe  des 
15.  Jabrbunderts  ihre  Waffen  manchem  Raubritter  fiihlbar 
gemacht,  und  wir  werden  noch  vieltacb  davon  zu  erzilblen 
haben,  wie  stolz  Breslau  in  jenen  Zeiten  sein  Haupt  erbob. 

Inbezug  auf  das  geistige  Leben  des  Volkes  macbte  sich 
zunacbst  nur  eine  gewisse  Reaktion  zugunsten  der  Kirche 
geltend.  Davon,  dafs  der  bussitiscben  Lehre  in  dem,  was 
sie  ja  wirklich  Reformatorisches  in  sich  ti*ug,  ein  Einflufs 
moglicb  gewesen  wiire,  konnte  keine  Rede  sein.  Aus  den 
Hiinden  der  feindlichen  Dranger  hiitte  niemand  in  Scblesien 
rebgicise  Wahrbeiten  empfangen  mogen.  Die  Art  der  Geber 
batte  bier  auch  die  beste  Gabe  diskreditiert.  Aber  schon 
die  Exzesse  der  Taboriten  gegen  Kirchen  und  sonstige  bei- 
lige  Statten  waren  binreicbend,  um  ibr  Treiben  und  Tracbten 
den  Scblesiern  vei-bafst  zu  macben,  der  Abscheu  vor  „den 
verdaramten  Ketzern  "  war  aufrichtig  imd  allgemein.  Ubrigens 
haben  auch  die  Hussiten  sich  nirgends  in  Scblesien  die 
Miibe  genommen,  fur  ihre  Lehre  Propaganda  zu  macben, 
dieses  Bekenntnis  schien  immer  eng  mit  czecbischer  Natio- 
nalitat  verschwistert ,  es  unter  den  Deutscbeu  zu  verbreiten, 
versuchte  man  nicbt. 

Wenn  wir  nur   aufserdem   erwiigen,    dafs    in  Tagen   der 


Folgen  der  Hussitenkriege.  257 

l!Tot  und  Drangsal  ohnehin  die  Menschen  religioser  Tro- 
stungen  bediirftiger  scheineu,  dafs  in  solchen  Zeiten  die 
Mabnungen  der  Priester,  die  Heimsucbungen  als  Strafe  der 
Siinden  und  des  Unglaubens  anzuseben,  leicbter  Eingang 
finden,  so  wird  es  uns  nicbt  befremden  konnen,  was  wir 
von  Schlesien  wenigstens  mit  Bestimratheit  bebaupten  konnen, 
dafs  die  bussitiscbe  Bewegung,  weit  entfernt  Regungen  eines 
freieren  Geistes  zu  bringen  nur  die  kirchliche  Reaktion  ge- 
bracbt  hat.  Und  wie  im  ganzen  die  Scbrecken  der  Hus- 
sitenkriege dazu  geflihrt  haben,  der  durch  eigene  Siinden, 
durch  Schisma  und  Entscbeide  der  KonzQien  arg  gescbwacbten 
Hierarcbie  erbobte  Bedeutung  in  den  Augen  der  Menge  zu 
verleiben,  so  bat  dieselbe  Ursacbe  in  Scblesien  die  Gemiiter 
bis  zu  wirklicbem  Fanatismus  zuriickgescbeucbt  in  die  Arme 
der  Kircbe. 

Allerdings  warden  ja  die  Schlesier  sicb  nicbt  mit  solcher 
Entscbiedenbeit  von  dem  ganzen  Treiben  der  Hussiten  ab- 
gewendet  baben,  ware  nicbt  zu  dem  reHgiosen  Gegensatze 
aucb  der  nationale  gekommen.  Auf  diesem  letzteren,  dem 
nationalen  Gebiete,  liegt  denn  nun  die  scbwerwiegendste  be- 
deutungsvoUste  Folge  der  scblesiscben  Hussitenkampfe. 

In  Bobmen  batte,  wie  wir  wissen,  der  tjberdrufs  des 
Volkes  an  dem  wilden  Kriegstreiben ,  die  Sebnsucbt  nacb 
Frieden  und  geordneten  Zustanden  1434  eine  gemafsigtere 
Adelspartei  ans  Ruder  kommen  lassen,  die  jetzt  nun  aucb 
mit  Sigismund  in  Unterbandlungen  trat  und  sicb  wu-klicb 
1436  zu  dessen^  Anerkennung  als  Konig  bereit  finden  Hefs, 
nacbdem  eine  tjbereinkunft  mit  dem  Baseler  Konzile  1435 
die  kircbbcbe  Seite  der  Frage  gelost  hatte. 

Die  Zugestandnisse,  welcbe  bier  durcb  die  sogen.  Baseler 
Korapaktaten  auf  kiixbbcbem  Gebiete  den  Bobmen  gemacbt 
worden,  entbielten  im  Grunde  nur  die  nocb  dazu  vielfacb 
verklausuberte  Bewilligung  des  Laienkelcbes,  ein  Resultat 
in  scblecbtem  Verbaltnis  stebend  zu  den  Stromen  von  Blut, 
die  fur  diese  Sacbe  geflossen  waren;  docb  die  eigentbcben 
Verfecbter  der  bussitischen  Lebre  waren  auf  dem  Blacbfelde 
von  Bobmiscb-Brod  unterlegen,  und  weder  die  siegreicbe 
Adelspartei,  der  die  demola-atiscbe  Priesterberrscbaft  der 
Taboriten  langst  verbafst  geworden  war,  nocb  die  grofse 
Menge  des  Volkes,  das  die  gewobnten  Formen  der  alten 
Kircbe  im  Grunde  eifrig  zuriicksebnte ,  griimte  sicb  besou- 
ders  urn  die  Geringfiigigkeit  jener  Konzessionen.  Desto 
mebr  nabmen  beide  an  der  Sacbe  der  czecbiscben  Natio- 
naUtat  Anteil,  das  niedere  Volk,  das  sicb  fi-eute,  seine  Spracbe, 
die  Spracbe  des  gemeinen  Mannes  so  zu  Ebren  kommen  zu 

Grunhagen,  Gesch.  Sclilesiens,    I.  •'■• 


258  Drittes  Buch.     Vierter  Abscluiitt. 

sehen,  unci  cler  czecliische  Landadel,  dem  nuu  eiu  Anteil  an 
der  Herrschalt  winkte,  uhne  dais  ein  deutsclier  Hofadel  und 
ein  selbstbewulstes,  wohlhabendes  und  angesehenes  deutsches 
Biirgertum  ihm  hier  dariu  entgegentrat.  Erben  der  im- 
posanten  j\[achtstellung,  welche  die  fanatische  Tapferkeit  der 
Hussiten  errungen,  verfugteu  diese  czechischen  Edelleute 
jetzt  ilber  die  ELrone  Karls  IV.  und  waren  in  der  Lage, 
den  Preis  zu  bestimmen,  den  sie  Konig  Sigismund  dafur 
zalilen  liefsen. 

Die  Verhandlungen ,  welche  der  bohmische  Landtag  im 
Soramer  1436  mit  Konig  Sigismund  pflog,  tilhrten  dazu, 
dafs  Konig  Sigismund  unter  dera  20.  Juli  sein  Siegel  an 
einen  ihm  vorgelegten  Majestiitsbrief  hiingte,  der  thatsaoh- 
lich  aus  Bohmen  einen  czechischen  Staat  machte,  in  welchem 
fortan  kein  Deutscher  ein  Amt  bekleiden  durfte,  in  welchem 
alle  Kirchen  ausschlielslich  den  Czechen  gehoren  sollten, 
wo  die  Wiedereinliihrung  der  vertriebenen  Geistlichen  und 
Klosterleute  nur  nach  eingeholter  Erlaubnis  des  (hussitischen) 
Erzbischofs  und  der  in  Frage  kommenden  Dominialherren 
oder  munizipalen  Obrigkeiten  zuliissig  sein  sollte,  und  wo 
der  Konig  sich  verpflichtete ,  seine  Regiei'ung  in  tlberein- 
stimmung  mit  den  Ansichten  einer  aus  dem  czechischen 
Adel  gewiihlten  Landesversammlung  zu  fiihren. 

Flir  die  Schlesier  war  das  ein  Ereignis  von  der  aller- 
ernstesten  Bedeutung.  Allerdings  war  es  in  dem  Majcstiits- 
brief  ausgesprochen,  dafs  die  Verpflichtung,  nur  Czechen  an- 
zustellen,  fur  die  Nebenlander  Bohmens  nicht  gelten  soUte, 
sondern  es  hier  so  gehalten  werden  solle  wie  unter  Kaiser 
Karl  und  den  frilheren  bohmischen  Konigen;  doch  im  ilbri- 
gen  eroffaete  die  Aussicht,  fortan  an  einen  slavischen  Staat 
gekniipft  zu  sein,  den  Schlesiern  sehr  wenig  lockende  Per- 
spektiven.  Sie  mufsten  doch  sich  daran  erinnern,  dafs  ihre 
Vorfahren  einst  bei  der  Krone  Bohmen  Schutz  fur  ihre 
deutsche  Nationalitat  gesucht  hatten,  gegeniiber  dem  damals 
neu  erstarkten  Polenreiche,  und  so  gewifs  es  war,  dafs  die 
schlesischen  Fiirsten  nimmermehr  dem  Bohmenkonig  gelmldigt 
haben  Aviirden,  wenn  dieser  damals  schon  seine  Krone  aus  den 
Handen  einer  slavischen  Adelsversammlung  und  unter  der 
Verpflichtung,  an  erster  Stelle  flir  die  Starkung  der  czechi- 
schen Nationalitat  thiitig  zu  sein,  empfangen  hatte  und  unter 
dem  Gesange  des  Swaty  Waclawe  sich  hiitte  kronen  lassen, 
ebenso  gewifs  war  es,  dafs  die  Schlesier  nur  mit  Sorgen 
an  die  mogHchen  Folgen  der  Veriinderungen  denken  konn- 
ten,  welche  mit  dem  ilmen  so  eng  verbundenen  Nachbar- 
lande  vorgegangen  waren. 


Nationaler  Gegensatz  zwischeu  Schlesien  unci  Bohmen.        259 

Dafs  Sigismund  selbst  im  tiefsten  Herzen  dem  ganzen 
czechischen  Wesen  abgeneigt  war,  gab  ihnen  nur  einen 
mafsigen  Trost,  kannten  sie  doch  die  grofse  Schwache  dieses 
Fiirsten;  etwas  mehr  mochte  es  wohl  bedeuten,  dais  die 
Iglauer  Vereinbarungen  den  Schwiegersohn  Sigismunds 
schliefslich  doch  ira  Besitze  Mahrens  liefsen,  als  eines  Unter- 
pi'andes  der  Nacbfolge,  falls  der  Konig  stiirbe,  der  selbst 
ja  mannlicher  Erben  entbehrte. 

In  jedem  Falle  aber  war  von  jetzt  an  fur  die  Schlesier, 
die  sich  von  dem  czechisierten  und  standiscli  organisierten 
Bohmeu  als  innerlich  geschieden  anseben  mufsten,  die  sorg- 
samste  Wahrung  ihrer  Selbstandigkeit  geboten,  wenn  sie 
nicht  einfach  die  Messenier  dieser  neuerstandenen  czechi- 
schen Spartaner  werden  wollten;  eine  mifstranische  Wach- 
samkeit  ward  die  Losung  der  Schlesier  Bohmen  gegen- 
iiber,  und  dieser  dem  Verhaltnis  der  beiden  verbundenen 
Nachbarlander  nunmehr  aufgepragte  Charakter  hat  dann 
jahrhundertelang  seine  Wirkung  gelibt,  in  den  Zeiten 
Georg  Podiebrads,  in  denen  des  schmalkaldischen  Kampfes, 
wie  in  den  Tagen  des  bohmischen  Aufstandes,  mit  dem 
der  30jahrige  Krieg  sich  eroffnete,  und  schhefslich  hat  dieser 
Gegensatz  der  Nachbarlander  das  Seine  mitgewirkt  zu  dem 
Resultate,  dafs  Schlesien  zu  wenig  mit  dem  habsburgischen 
Staate  verwachsen  war,  als  dafs  eine  Abtrennung,  wie  solche 
1740  erfolgte,  inn^rhche  Schwierigkeiten  gehabt  hatte. 

Wollten  nun  aber  die  Schlesier  ihre  provinzielle  Selb- 
standigkeit wahi'en,  so  mufsten  sie  sich  auch  zu  einer  pro- 
vinziellen  Gemeinsamkeit  zusammenschliefsen ;  nur  ein  in 
sich  einiges  Schlesien  konnte  um  die  Unabhangigkeit  von 
dem  miichtigeren  Nachbarlande  ringen;  es  war  dies  erne 
Voraussetzung,  die  in  dem  zerstiickten  Lande,  wo  unmittel- 
barer  Ea-onbesitz  und  ein  Dutzend  Lehensfiii'sten ,  Stadte, 
Adel,  Bischof,  Geistlichkeit  ihre  auseinandergehenden  In- 
teressen  hatten,  aufserst  schwer  zu  erfiillen  war.  Doch 
die  Forderung  war  zu  einleuchtend ,  die  Umstande  waren 
zu  zwingend,  als  dafs  sich  nicht  die  Notwendigkeit  eines 
gewissen  Zusammenschhefsens  bei  den  Schlesier  alien  wider- 
strebenden  Interessen  zum  Trotz  immer  wieder  hatte  geltend 
machen  soUen.  Wohl  haben  sie  nicht  immer  auf  der  Bahn 
einer  eintrachtigen  Politik  sich  festhalten  lassen  und  haben 
oft  genug  die  Folgen  der  Uneinigkeit  zu  blifsen  gehabt,  aber 
sie  sind  doch  immer  wieder  durch  den  Zwang  der  Verhiilt- 
nisse  auf  den  richtigen  Weg  zuriickgefuhrt  worden.  Und  so 
haben  wir  denn  auch  auf  dieser  Seite  eine  bedeutungsvolle 
und  dauernde  Nachwirkung  der  eben   geschilderten  Kampfe 

17* 


260  Drittes  Buch.     Vierter  Abschuitt. 

zu  verzeiclinen.  Die  Hussitenkriege  uud  cler  aus  ihnen  her- 
vorgehende  Gegensatz  zwischen  den  czechischea  Bohmea 
uud  deu  deutscben  Schlesiern  haben  den  Begriff  eines  die  ober- 
schlesiscbeu  so  gut  wie  die  niederscblesischen  Fiirsten  und 
Stiidte  in  sich  begreifenden  Scblesierlandes  thatsiicblicb  erst 
geschaffen,  und  so  wie  gleich  beim  Beginn  dieser  Kriege 
1422  in  Biscbof  Konrad  uns  zum  erstenraale  eia  fur  ganz 
Schlcsien  gewiihlter  Landeshauptmann  entgegentritt,  so  zeigte 
dann  der  bereits  erwahnte,  alle  schlesischen  Fiirsten  ura- 
fassende  grofse  Landfriedensbund  von  1435,  dafs  auch  nach 
dem  wiederhergestellten  Frieden  ein  gewisses  Gefiihl  der 
Notwendigkeit  des  Zusammenscbliefsens  sich  erbalten  hatte. 

Daraus,  dafs  auch  bei  diesem  Bunde  wiederum  Bischof 
Konrad  als  Hauptmann  erwilhlt  wii'd,  erkennen  wii',  dafs  der- 
selbe  trotz  der  schlechten  Erfolge,  welche  cr  als  Landeshaupt- 
mann im  Elriege  mit  den  Hussiten  erzielt,  das  Vertrauen  der 
schlesischen  Fiirsten  nicht  eingebiifst  hat.  Gerade  von  ihin 
aber  wird  man  sagen  konnen,  dafs  er  sich  der  nationalen 
Bedeutung  des  Widerstandes  gegen  die  Bohmen,  als  dessen 
eigenthche  Seele  wir  ihn  ansehen  dllrfen,  voUkommen  bewufst 
gewesen  ist.  Am  deutHchsten  zeigt  sich  dies  darin,  dafs  er 
mitten  im  Kriege  mit  „deu  buhmischen  Ketzern"  und  trotz 
der  ungiinstigen  Weudung,  die  derselbe  genommen,  doch  die 
Bundesgenossenschaft  des  rechtgliiubigen  polnischen  Klerus 
von  der  Hand  weist  und  sogar  auch  nach  dieser  Seite  liin 
ganz  entschieden  Front  macht,  in  diesem  Punkte  augen- 
scheinHch  gleicher  Ansicht  mit  Kaiser  Sigismunds  Ausspruch: 
„Was  soil  ein  Slave  gegen  den  andern  helfen?" 

Aus  diesem  Grunde  ti'ug  er,  obwohl  rechthch  die  Unter- 
ordnung  des  Breslauer  Bischofsstuliles  unter  das  Erzstift 
Gnesen  noch  fortbestand,  doch  kein  Bedenken,  eine  Visi- 
tation, welche  Erzbischof  Albert  von  Gnesen  1427  bei  ihm 
vornehmen  wollte,  hoflich  und  unter  anderweitigen  Vor- 
wanden  aber  bestimmt  abzulehnen;  und  aufserdem  erhefs  er 
unmittelbar  nach  dem  Frieden  1435  mit  Zustimmung  seines 
Domkapitels  ein  nachmals  auch  von  der  Baseler  Synode  be- 
statigtes  Statut,  dem  zufolge  fortan  schon  im  Hinbhck  darauf, 
dafs  ohnehiu  die  Gilter  und  Einkiinfte  der  Breslauer  Kirche 
arg  herunter  gekommen  seien,  niemand,  der  nicht  in  Schle- 
sien  geboren  sei,  wofern  er  nicht  als  akademisch  graduiert 
sich  besonderer  Auszeichnung  wiirdig  gemacht  habe,  eine 
Pfriinde  in  der  Breslauer  Diocese  erlangen  soUe.  Die  Polen 
sahen  dies  Statut  als  vorzugsweise  auf  sich  gemiinzt  an  und 
erklarten  dasselbe  fiir  um  so  ungerechter,  da  sie  die  Do- 
tierung   der  Breslauer  Kii'che   vorzugsweise  polnischen  Her- 


Die  nationale  Gesinnung  des  Bischofs  Konrad.  261 

zogen  und  Kirchenfursten  zuschrieben.  Ihre  Chronisten 
haben  sich  dafilr  an  Bischof  Konrad  dadurch  geracht,  dafs 
sie  dessen  Bild  in  den  schwarzesten  Farben  der  Nachwelt 
iiberliefert  haben. 

Im  Sinne  des  Kaisers  Sigismund  war  das  Statut  sicber- 
lich.  Derselbe  bat  die  mifstrauiscbe  Feindseligkeit  gegen 
Polen  kaum  jemals  verleugnet.  Ihni  aber  war  es  nicbt  be- 
sebieden,  sicb  des  wiederhergestellten  Friedens,  der  ihn  erst 
in  den  Besitz  seiner  Lande  batte  kommen  lassen,  lange  zu 
erfreuen.  Am  9.  Dezember  1437  ereilt  ihn  der  Tod,  und 
trotz  all  des  Unheils,  das  seine  inkonsequente  und  kraftlose 
Politik  iiber  Scblesien  gebraebt,  wird  man  ibn  bier  betrauert 
haben.  Die  Leutseligkeit  und  Liebenswlirdigkeit  seines 
Wesens  hatte  ibm  bier  docb  viele  Freunde  erworben. 


I 


Viertes  Buch. 

Schlesien  unter  Fursten  aus  verschie- 

deiien  Hausern  vornehmlicli  nichtdeut- 

seller  Abkunft  1437—1526. 


r 


Erster  Abschnitt. 

Albrecht  II.   1438  —  1439.     Die   koniglose  Zeit    1440 

bis  1452.    Der  Liegnitzer  Lehensstreit.     Johann  Ca- 

pistran    in    Sclilesien.     Konig    Ladyslaw  Posthumus 

1453—1457. 


Unmittelbar  nach  dem  Tode  Kaiser  Sigismimds  hatten 
die  Ungarn  kein  Bedenken  getragen,  das  Erbrecht  seiner 
Tochter  und  damit  zvigleich  auch  das  seines  Schwiegersohnes, 
des  Herzogs  Albrecht  von  Osterreich,  anzuerkennen  und 
ihm  sowie  seiner  Gemahlin  zu  huldigen.  Am  18.  Marz 
1438  war  Albrecht  dann  auch  in  Deutschland  zam  romischen 
Konig  erwahlt  Avorden  und  hatte^  um  diese  Wahl  annehmen 
zu  konnen,  einem  gegebenen  Versprechen  gemafs,  die  Zu- 
stimmung  der  ungarischen  Stande  einholen  milssen.  Schwie- 
riger  stand  die  JSache  in  Bohmen,  wo  man  doch  schwer 
dariiber  hinwegzukommen  vermochte,  dafs  Konig  Albrecht 
die  czechische  Sprache  weder  verstand  noch  zu  lernen  Nei- 
gung  zeigte  und  aus  seiner  Abneigung  gegen  die  hussitische 
Lehi'e  kaum  ein  Hehl  machte.  Allerdings  hielten  sich  die 
eigentliche  Aristokratie  und  die  gemafsigten  Kahxtiner^  wohl 
filhlend,  dafs  jede  andere  Kombination  sofort  Avieder  die 
radikalen  und  demokratischen  Taboriten  ans  Ruder  bringen 
und  aufserdem  die  Losreifsung  Mahreus  von  der  bohmischen 
Krone  zur  Folge  haben  werde,  zu  Albrecht,  und  so  fanden 
denn  auf  dem  am  Ende  des  Jahres  1437  zu  Prag  ver- 
sammelten  Landtage  die  Vorstellungen  von  Sigismunds 
Kanzler,  Kaspar  Sclilick,  welcher  die  letzten  mit  allem  Eifer 
auf  die  Nachfolge  Albrechts  gerichteten  ^^'unsche  des  ver- 
storbenen  Herrschers  iiberbrachte,  nicht  ungiinstige  Auf- 
nahme,  und  selbst  die  anwesenden  Gegner  lielsen  sich,  um 
nicht   Aviederum  Uneinigkeit    und  Zerrutti\ng   hervorzurufen^ 


2<>6  Viertes  Bucb.     Erster  Abschuitt. 

dazu  bereit  finden,  Albrecht  als  Herrscher  anzunehmen,  wo- 
fern  derselbc  die  jMajestiitsbrieie  Sigismunds  von  1436  gleich- 
falls  bestjitigte  und  Mahren  wieder  der  Krone  Bohmen  zu- 
briichte.  Auch  Osterreich  wunschte  man  der  bohniischen 
Krone  einverleibt  zu  selien,  wogegen  man  dann  Albrecht 
und  seine  Descendenz  als  Herren  und  Erben  dieser  Krone 
anerkennen  wollte. 

Albrecht  ging  auf  diese  Propositionen  (mit  Ausnahme 
des  Punktes  wegen  Osterreich)  ein  und  ward  infolge  dessen 
von  Iglau  nach  Prag  geleitet  und  dort  am  29.  Juni  1438 
feierlich  gekront;  er  selbst  vollkommen  daraut"  gefafst,  sich 
die  Krone  erst  durch  einen  Kampf  mit  Polen  gewinnen  zu 
mlissen,  da  eine  machtige  Partei  in  Bohmen  bereits  am 
29.  Mai  in  einer  Versammlung  zu  ]\Ielnik  beschlossen  hatte, 
den  13jahrigen  Prinzen  Kasimir,  den  Bruder  des  Polen- 
konigs  als  Konig  von  Bohmen  anzunehmen,  nachdem  man 
sich  vorher  iiberzeugt  hatte,  dafs  Kasimir  die  Wahl  an- 
nehmen  und,  was  noch  wichtiger  war,  die  Krone  Polen  die- 
selbe  mit  WafFengewalt  aufrecht  erhalten  woUe. 

Scharfer  noch  als  in  der  Hussitenzeit  schien  das  Slaven- 
tum  den  Germanen  sich  entgegenzustellen,  und  wenn  Albrecht 
bei  dem  deutschen  Reichstage  die  Gefahren  schilderte,  welche 
eine  Vereinigung  der  Streitkriifte  von  Polen  und  Bohmen 
filr  die  gauze  Nation  haben  miifste,  nachdem  man  vor  nicht 
langer  Zeit  erst  erfahren  habe,  wie  viel  Bohmen  allein  der- 
selben  zu  schaffen  gemacht,  so  berief  sich  aut  der  anderen 
Seite  Kiinig  Wladyslaw  den  Gesandten  Albrechts  gegeniiber 
auf  die  Stamraes-  und  Sprachgemeinschaft  der  Czechen  und 
Polen,  die  mit  den  Deutschen  nichts  gemeinsam  hatten,  und 
in  Bohmen  faiid  eine  Denkschrift  vielen  Beifall,  welche 
nachzuAveisen  suchte ,  wie  seit  der  Thronbesteigung  der 
Luxemburger  die  Deutschen  iiberall  auf  Kosten  der  Czechen 
begunstigt  worden  seien,  und  wie  sich  die  letzteren  vor 
vollstJindigem  Untergange  nur  dadurch  schlltzen  konnten, 
dafs  sie,  wenn  sic  keinen  Herrn  aus  ihrer  Katiou  haben 
konnten,  dann  sich  wenigstens  einen  Slaven  erwlihlten. 

Wenn  in  der  Hussitenzeit  der  religiose  Gegensatz  zwischen 
Czechen  imd  Polen  die  nationale  Gemeinsamkeit  zuriick- 
gedrilngt  hatte,  so  war  dieser  jetzt  mehr  in  den  Hintergrund 
getreten,  wjihrend  man  in  der  Versammlung  der  polnischen 
Grofsen,  welche  fi-iiher  die  Annahme  der  Wahl  Kasimirs 
entschieden,  neben  jenem  Motive  der  vStanuuesgemeinsamkeit 
auch  das  noch  betont  hatte,  wie  unbequem  fiir  Polen  ein 
Nachbar  sein  wiirde,  der  als  roraischer  Konig  liber  die  Macht 
des  Deutschen  Reiches  und  aufserdem  liber  die  Hilfsquellen 


Albrecht  II.  und  sein  Gegenkonig.  267 

Uugarns,  Usterreichs  und  Bohmens  mit  seinen  Nebenlandem 
verfuge. 

Die  schnell  kriegeri  seller  Aktion  entgegenreifende  Ver- 
■wickekmg  bedi'ohte  nun  kaum  ein  anderes  Land  mit  so 
nahen  und  schweren  Gefabren  als  das  zwiscben  Polen  und 
Bobmen  eingekeilte  Scblesien.  Scbon  war  von  Wladyslaw 
an  den  Bund  der  scblesiscben  Fiirsten  eine  Aufforderung, 
Kasimir  als  Konig  anzuerkennen,  gericbtet,  aber  von  dem 
Bundeshaupte,  Biscbof  Konrad,  abgelehnt  worden.  Fiir  die 
Scblesier  konnte  kaum  irgendwelcber  Zweifel  obwalten,  dafs 
sie  auf  jede  Gefabr  bin  zu  Albrecbt  als  einem  deutscben 
Fiirsten  steben  miifsten^  sie  konnten  ja  aucb  von  ibrem 
Standpunkte  aus  ein  Wablrecbt  der  bobmiscben  Stiinde  nicbt 
anerkennen;  fiir  sie  war,  wie  sie  dies  in  ibrer  Eidesformel 
klar  ausspracben,  Albrecbt  als  der  Gemabl  „  ibrer  gnadigen 
angeborenen  Erbfrau"  ibr  recbtmafsiger  Oberberr,  wenn  sie 
gleicb  dafiir  gesorgt  batten,  dafs  in  die  Versprechungen,  welcbe 
der  neue  Konig  den  Bobmen  gegeben,  aucb  eine  Versicberung, 
die  Recbte  der  Scblesier  zu  scbiitzen,  mit  eingeilossen  war. 

Scblesien  unmittelbar  bedi'obte  nocb  im  Laufe  des  Jabres 

1438  der  Einfall  eines  der  beiden  Heere,  welcbe  die  Polen 

mit  grofser  Scbnelligkeit  ausgeriistet   batten.     Albrecbt,    der 

selbst  zunacbst  in  Bobmen  kampfte,  verbiefs  den  Scblesiern 

bereitwilligst  Beistand,  seine  Getreuen  aus  Usterreicb  sollten 

sicb  bierber  wenden,  und  aucb  Sacbseu  sollte  Hilfe  bringen ; 

docb   als   die   Polen   Ende    September    wirklicb    einriickten, 

bbeben  die  Scblesier  auf  sicb  selbst  angewiesen,   und   wenn 

die  Herzogin  Elisabetb,  die  Witwe  Ludwigs  II.   von  Brieg, 

audi     den     wicbtigen     Oderiibergangspunkt     bei    Bi'ieg     zu 

scbiitzen    vermocbte,    so    blieb    docb   das   zersplitterte  Ober- 

scblesien    den   Feiiiden    preisgegeben ,    und    das    ansebnlicbe 

polniscbe  Heer,  bei  welcbem  Konig  Wladyslaw  selbst   samt 

seinem  Bruder  Kasimir  anwesend  war,  fand  keinen  Wider- 

I  stand,  als  es  unter  scbrecklicber  Verwiistung  quer  dm-cb  das 

j  Land    iiacb    der    miibriscb  -  bobmiscben    Grenze    zog,  ja   die 

,  oberscblesiscben    Fiirsten   liefsen    sicb   sogar   (mit    alleiniger 

I  Ausnabme    des  Troppauer  Herzogs)    zur  Unterwerfung   und 

!  zur  Anerkennung  Kasimirs  bewegen,  allerdings  erst  fiir  den 

jZeitpimkt,  wo  derselbe  rite  gekront   sein  wiirde.     Dies  war 

I  aber  aucb  der  einzige  Erfolg,  den  der  Zug  fiir  Polen  batte ; 

I  da  in  Bobmen  Albrecbt    siegreicb   gewesen   war,    so    kebrte 

idas    polniscbe   Heer  (Ende  Oktober)    an   der  Grenze   dieses 

jLandes  um  und  erlitt  nun  auf  dem  Riickmarscbe    von   den 

j  Scblesiern,   welcbe   die   gi-ausame    Verwiistung    des   Landes 

lerbittert   batte.   nocb    mancbe   Verluste.     Inz-\\-iscben    batten 


2t)8  Viertes  Buch.     Erster  Abscbuitt. 

profspolnisclie  Heerhaul'en  weithin  an  verscliiedenen  Stellen 
das  rechte  Oderufer  bis  nahe  an  die  Thore  Breslaus  ver- 
heert  und  ein  Haufe  sogar  die  Oder  iibcrscliritten ,  um 
Grottkau,  Wansen  und  Sta-ehlen  zu  brandschatzen,  wo  dann 
allerdings  der  Kliekzug  nicht  ohne  Verlust  gelang.  Erst  An- 
fang  November  scheuchte  eine  Schar.  von  800  Reitern, 
welche  der  heranziehende  Konig  Albrecht  vorausgesandt 
hatte,  die  zuchtlosen  Krieger,  die,  wie  ein  Zeitgenosse  klagt, 
in  Obersclilesien  zwei  Meilen  breit  und  lang  nicht  einen 
Stecken  mehr  hatten  stehen  lassen,  voUends  liber  die  Grenze 
ziu'lick. 

Durch  die  Lausitz,  wo  er  freudige  und  bereitwillige  Hul- 
digung  gefuuden,  zog  nun  Konig  Albrecht  gen  Breslau. 
An  der  Pelzbriicke  iiber  die  Lohe,  westhch  von  der  Stadt, 
ti'af  er  am  18.  November  das  Ehrengeleit,  welches  ihn  in 
die  Thore  fiihrte,  wo  ihn  Bischof  Konrad  mit  seiner  Geist- 
lichkeit  und  den  Spitzen  der  stiidtischen  Behorden  feierlich 
empiing.  Im  goldenen  Becher  am  Binge  nahm  er  Quartier 
und  empfing  am  25.  November  in  einem  an  der  Ecke  des 
Binges  und  Salzmarktes  besonders  zu  diesem  Zwecke  er- 
richteten  holzernen  Palas  die  Huldigungen  zunachst  des 
Rates  und  der  Stadt,  dann  am  3.  Dezember  die  der  schle- 
sischen  Fursten,  unter  denen  bis  aul"  zwei  auch  die  ober- 
schlesischen  Herztige  trotz  der  ihnen  abzwungenen  Anei'ken- 
nung  des  polnischen  Pi-atendenten  figurierten. 

Wiederum  wie  weiland  1420  sahen  die  Mauern  Breslaus 
eine  aufserst  glanzende  Versammlung  um  den  machtigen 
Herrscher  sich  scharen.  Deutsche  Reichsf'iirsten,  unter  ihnen 
die  Hohenzollern  Friedrich  und  Albrecht  Achilles  sowie  des 
letzteren  Sohn  Johann,  papsthche  Legaten,  ^Vlirdentrager  des 
Deutschen  Ordens,  bohmische  Maguaten  gesellten  sich  hier 
zu  den  schlesischen  Herzogen,  welche  den  neuen  Oberlehens- 
herrn  hier  umgaben.  Aber  wie  einst  1420  zwangen  diesen 
inmitten  der  allgemeinen  politischen  Handel  auch  speziell 
die  Breslauer  Angelegenheiten  zu  entschiedenem  Eingreifen, 
und  Albrecht  sah  sich  gezwungen,  die  Ordnung  der  Dinge, 
welche  einst  eben  1420  sein  Vorganger  Sigisraund  hier  auf- 
gerichtet  hatte,  wesentlich  umzugestalten. 

Jene  eng  geschlossene  Aristokratie  der  24  lebenslang- 
lichen  Ratsherren,  in  deren  Hande  einst  Sigismund  ver- 
trauensvoll  das  Regiment  der  Stadt  legte,  hatte  sich  doch 
wenig  bewahrt.  Wahrend  die  Schuldenlast  der  Stadt  seit- 
dem  in  den  allerdings  stiirmischen  und  verlustvollen  Zeiten 
sich  eher  gemelu-t  als  vermindert  hatte,  beschuldigte  die  oflfent- 
liche  Meinung  die  24  einer  geradezu  unredlichen,  den  eigenen  i 


Albreclit  II.  in  Breslau.  269 

Vorteil  und  den  der  Vetterschaft  mehr  als  das  allgemeine 
Beste  im  Auge  haltenden  Verwaltung,  und  auf  diese  Klagen 
bin  entschlofs  sich  denn  der  Ktiiiig  nach  angestellter  Unter- 
suchung  „niit  Rate  der  Fllrsten,  Edeln  und  Getreuen"  die 
stadtischen  Grewalthaber  ilu-es  Amtes  zu  entsetzen  und  ihnen 
die  ansehnliche  Geldstrafe  von  10  000  Goldgulden  aufzu- 
legen,  dann  aber  nacb  Anborung  der  Wiinscbe  der  Burger, 
Kaufleute  und  der  ganzen  Gemeinde  einen  neuen  Rat  zu 
ernennen  und  alle  die  einzebien  Amter  der  Stadt  selbst  zu 
besetzen,  wobei  aucb  nun  die  Ziinfte  wieder  zu  einer  stan- 
digen  Vertretung  im  Rate  gelangen. 

Hier  in  Breslau  suchte  nun  aucb  eine  polniscbe  Gesandt- 
sebaft,  der  sicb  dann  aucb  einige  den  Polen  anbangende 
bobmiscbe  Grofsen  angesclilossen  batten,  den  Konig  auf, 
docb  mufste  ibr  Antrag,  beide  Pratendenten  sollten  zuriick- 
treten  und  die  Entscbeidung  einer  neuen  Wablbandlung 
iiberlassen,  fur  Konig  Albrecbt,  der  sicb  auf  ein  Erbrecbt 
berufen  konnte,  unannehrabar  scbeinen,  und  zur  Freude  der 
Breslauer  verHefsen  die  Gesandten  unverricbteter  Sacbe  die 
Stadt,  und  wenn  die  ibnen  nacbgereisten  papstHcben  Ge- 
sandten dann  in  Namslau  nocb  einen  Waffenstillstand  bis 
Jobanni  und  den  Plan  einer  Zusaramenkunffc  der  beideu  Ko- 
nige  an  den  Grenzen  von  Polen  und  Ungarn  verabredeten, 
so  erwartete  niemand  allzu  viel  davon. 

Albrecbt  wurde  langer  als  er  wollte  in  Breslau  festge- 
balten,  er  batte  sicb  in  seinem  Quartiere,  dem  goldeuen 
Becber  am  Ringe,  als  er  da  ritterlicbe  Kurzweil  trieb,  durcb 
einen  Fall  die  Kniescbeibe  so  verletzt,  dafs  er  fortan  hinkte. 
Als  er  dann  Anfang  Marz  die  Stadt  verbefs,  wollten  die 
Breslauer  viele,  namentlicb  ungariscbe  Herren  seines  Ge- 
folges  nicbt  zieben  lassen,  ebe  dieselben  ibre  Scbulden  be- 
zablt,  und  der  Konig  batte  Milbe  genug,  seinen  Hofstaat 
bier  loszumacben. 

Fiir  den  Wiederausbrucb  des  Krieges  mit  Polen  batte 
Albrecbt  mancbe  Veranstaltungen  getroffen.  Zum  Ober- 
bauptmann  Scblesiens  und  gleicbzeitig  speziell  aucb  des 
Fiirstentums  Breslau,  batte  der  Konig  den  Markgrafen  Al- 
brecbt Acbilles  auserseben,  aucb  die  scblesiscben  Fiirsten  er- 
mabnt  und  angebalten,  sicb  ibm  als  ibrem  Hauptraanne  zu 
Treue  und  Geborsam  zu  verpflicbten,  und  wir  diirfen  sicber 
seiu,  dafs  Albrecbt  dieses  bescbwerlicbe  Amt  nicbt  ange- 
nommen  baben  wilrde,  batte  er  nicbt  weitergebende  Plane 
damit  verbunden.  Ein  Festsetzen  in  Scblesien  unter  der 
Agide  der  koniglicben  Gewalt,  wie  es  seinem  Vater  in  der 
Mark  Brandenburg  gelungen  war,  konnte  ibm  um  so  leicbter 


270  Viertes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

vorschweben,  als  zwei  seiner  Tochter  an  schlesische  Herzoge 
verheiratet  Avaren.  Duch  Markgraf  Albrecht,  sehr  fruchtbar 
ira  Projektemachen,  wechselte  auch  scbnell  seine  Plane, 
iind  so  selien  wir  ihn  denn,  nachdem  die  Verlangerung  des 
Waffenstillstandes  bis  zum  Herbst  ilim  die  Gelegenheit,  sich 
im  Kampfe  gegen  die  Polen  kriegerische  Lorbeeren  zu  er- 
ringen,  abgesclmitten ,  bereits  unter  dem  5.  Jiili  auch  von 
der  Landeshauptmannschaft  von  Breslau  zuriicktreten. 

Im  iibrigen  schien  fiir  den  Herbst  der  Ausbrueh  des 
Krieges  kaum  zu  verineiden,  da  die  Polen  ihre  hochge- 
spannten  Ansprliche  t'esthielten ;  aber  Konig  Albrecht  brachte 
von  einem  ruhmlosen  Feldzuge  gegen  die  Turken  im  Sep- 
tember 1439  deu  Keim  einer  Dysenterie  zurilck,  die  sich 
verschlimmernd  am  27.  Oktober  in  einem  kleinen  Orte  bei 
Gran  seinem  Leben  ein  Ziel  setzte.  Der  jiihe  Tod  des  von 
Freund  und  Feind  geachteten  Herrschers  war  ein  schwerer 
Schlag  fiir  das  Deutsche  Reich  wie  fiir  die  deutsche  Sache 
hier  im  Osten  und  speziell  in  Schlesien. 

Die  koniglose  Zeit  1440 — 1452. 

Konig  Albrecht  hinterliefs  keinen  mannlichen  Erben, 
doch  hatte  sein  Testament  den  Fall  wolil  ins  Auge  gefafst, 
dafs  seine  Gemahlin  Elisabeth,  die  er  gesegneten  Leibes 
zuriickliefs,  nach  seinem  Tode  einen  Sohn  zur  Welt  brachte, 
der  dann  in  alien  Reichen  seines  Vaters  nachfolgen  konnte, 
und  mit  Eiicksicht  hierauf  bis  zur  Entscheidung  der  Sache 
seine  Witwe  zur  Regentin  eingesetzt.  Allerdings  war  ja 
auch  fiir  den  Fall,  dafs  jene  HofFnung  sich  erfiillte,  die 
Aussicht  auf  eine  so  langjiihrige  vormuudschaftliche  Regie - 
rung  wenig  erfreulich,  und  es  war  daher  kein  Wunder,  dafs 
in  deu  verschiedenen  Landen,  iiber  welche  Albrecht  II.  ge- 
boten  hatte,  man  in  sehr  verschiedener  Weise  zu  dem  Testa- 
mente  Albrechts  II.  Stellung  nahm.  Wahrend  die  deutschen 
Kurfiirsten  ihre  Stimmen  bei  der  Konigswahl  auf  einen  an- 
deren  Habsburger,  den  Vetter  Albrechts,  Friedrich  von 
Steiermark,  vereinigten  und  diesen  auch  die  osterreichischen 
Staude  als  Regenten  erwahlten,  wenngleich  unter  einem  ge- 
wissen  Vorbehalte  der  Rechte  eines  etwaigeu  mannlichen 
Erben  Konig  Albrechts,  suchte  in  Ungarn,  wo  allerdings 
die  drohenden  Tiirkeneinlalle  ein  kraftiges  Haupt  doppelt 
wiinschenswert  erscheinen  liefsen,  eine  machtige  Partei  einen 
Anschlufs  an  Polen,  und  in  Bohmen  zeigte  sich  das  merk- 
wiirdige  Schauspiel,  dafs,  wahrend  zu  erwarten  stand,  dafs  jetzt 
nach  dem  Tode  des  Nebenbuhlers  alles  sich  dem  Erwahlten 


Schlesiens  Haltimg  nach  dem  Tode  Albrechts  11.  271 

von  1438,  dem  Prinzen  Kasimir,  zuwendeu  wiirden,  von  diesem 
thatsiichlich  gar  nicht  mehr  die  Rede  war,  and  als  die  ta- 
boritiscli  nationale  Partei  an  seiner  Stelle  den  Polenkonig 
selbst  vorschlug,  dieser  zwar  mit  in  die  engere  Wahl  kani, 
aber  doch  nui-  neben  drei  anderen  (Markgraf  Friedrich  von 
Brandenburg,  Herzog  Albreeht  von  Bayern  und  Pfalzgraf 
Ludwig)  iind  im  weiteren  Fortgange  der  Wahl  so  unterlag, 
dais  schliefslich  der  Bayernherzog,  dem  Kenntnis  der  Sprache 
und  Sitte  Bohmens  naehgeriihmt  ward,  fast  einstimmig  ge- 
wahlt  wurde.  Fiir  den  nachgeborenen  Sprofs  Albrechts  II. 
hatten  sieh  kaum  Stimmen  erhoben. 

So  war  es  wirklich  nur  eben  Schlesien,  welches  vom 
ersten  Augenblicke  an  die  Partei  der  Konigin  Witwe  mit 
vollem  Herzen  ergriifen  hatte.  Fiir  die  Schlesier  bildete  ja 
in  der  That  die  Erblichkeit  der  bohmischen  Krone  das 
Prinzip,  welches  sie  hochhalten  mufsten,  wollten  sie  anders 
die  PoHtik,  die  einst  ihre  Vorfahren  zum  Anschlufs  an  Boh- 
men  geflihrt  hatte,  nicht  aufgeben,  eine  gewisse  Selbstiin- 
digkeit  sich  wahren,  sich  nicht  blofs  ins  Schlepptau  nehmen 
lassen  von  der  deutschfeindlichen  bohmischen  Adelsherrschaft. 
Am  entschiedensten  ward  dieser  Standpunkt  verti'eten  von 
der  schlesischen  Landeshauptstadt ,  deren  Vertreter  doch, 
wie  man  wird  zugestehen  miissen,  die  deutsch-nationale  Ge- 
sinnung  der  Bewohner  dieses  Grenzlandes  zu  alien  Zeiten 
am  treuesten  zum  Ausdruck  gebracht  haben. 

Es  sah  mit  der  Einigkeit  des  zerkliifteten  Landes  da- 
mals  libel  aus;  eine  gesetzlich  bestehende  Form,  die  alle 
Stande  zusammenget'afst  hatte,  gab  es  nicht,  und  wenn  die 
Breslauer  gleich  nach  dem  Tode  Konig  Albrechts  eine  Ver- 
sammlung  aller  Stildte  Schlesiens  und  der  Lausitz  nach  Neu- 
markt  einberufen  hatten,  so  zeigte  schon  diese  Form  hin- 
reichend,  dais  sie  selbst  daran  verzweifelten,  die  Filrsten  zu 
einer  gemeinsamen  Politik  heranzuziehen.  Doch  ehe  noch 
I  diese  Versammlung  gehalten  war,  ehe  noch  die  Entbindung 
ider  Konigin  Elisabeth  die  grolse  Frage  gelost  hatte,  ob  dem 
jhabsburgischen  Hause  ein  Erbe  beschieden  sein  sollte,  mufsten 
tiie  Breslauer  das  entscheidende  Wort  sprechen. 

Am  9.  Januar  1440  trug  Herr  Mosticz  zur  Horla  als 
jesandter  Wladyslaws  dem  Rate  das  Begehren  seines  Konigs 
'yor,  die  Schlesier  mcichten  sich,  da  sie  nun  keinen  Erbherrn 
■  latten,  der  Krone  Polen  anschliel'sen.  Tapfer  und  miinnlich 
Ivar  die  Antwort  der  Breslauer,  sie  hatten  nicht  blofs  Konig 
JAlbrecht  sondern  auch  dessen  Gemahlin  Elisabeth  und  ihren 
ii^rben  geschworen,  und  ihre  Privilegien  verpflichteten  sie, 
•mmer  bei  der  Ki'one  Bohmen  zu  bleiben.     Diese  Gelobnisse 


272  Viertes  Buch.     Erster  Abschuitt. 

zu  brechen,  konnten  die  Polen  ihnen  selbst  nicht  raten,  sie 
wiirden  ja  mit  Recht  von  aller  Welt  als  ti'culose  Meuschen 
gemifsachtet  Averden.  Uud  elie  die  Breslauer  zu  solchem 
Thun  sich  verstanden,  wollten  sie  lieber  alle  darum  sterben. 

Und  sie  fanden  bald  Gelegenheit ,  diesen  Standpunkt 
auch  in  weiteren  Kreisen  zu  vertreten.  Die  Bohmen  batten 
bei  ihrer  Wahl  die  Nebeulande  nicht  zugezogen,  abei'  nacli- 
dera  Albrecht  von  Bayern  die  Wahl  abgelehnt  hatte  und 
inzAvischen  Kiinigin  EUsabeth,  die  in  Ungarn  sich  rait  Gliick 
behauptete  und  von  dem  neuen  romischen  Konige  Friedrich 
imterstiitzt  "woirde,  auch  in  Buhmen  mehr  und  mehr  An- 
hanger  gewann,  drang  dieselbe  in  ihrem  wohlverstandenen 
Interesse  auf"  Zuziehung  schlesischer  Abgeordneter ,  ebenso 
wie  solcher  aus  Mahren  und  den  oberlausitzischen  Sechs- 
stadten. 

Wer  von  den  Schlesiern  aufser  den  Breslauern  sich  noch 
an  der  Wahl  und  Ausriistung  dieser  Gesandten  beteiligt 
hat,  da  von  schweigen  die  Quellen,  und  nur  als  Vermutung 
konnen  wir  aussprechen,  dafs  Bischof  Konrad,  Elisabeth,  die 
Herzogin-Witwe  von  Liegnitz-Brieg,  und  die  mit  den  Bres- 
lauern naher  verbilndeten  Fiirstentumer  Schweidnitz  -  Jauer 
teilgenommen  haben.  Wohl  aber  wissen  wir  von  den  schle- 
sischen  Gesandten,  dafs  sie  eben  bei  der  Wahlversamm- 
lung  zu  Prag  im  Marz  1441  ihren  Standpunkt  auf  das  ent- 
schiedenste  verti-aten.  Sie  erklarten  dort,  obwohl  sie  ilir 
Recht  an  der  Wahlhandlung  teilzunehmen  gewahrt  wissen 
wollten,  vermochten  sie  diesmal  nicht  zu  wahlen,  denn  sie 
hatten  ja  einen  Erbherren,  dem  sie  nach  der  goldenen  BuUe 
Karls  IV.  Treue  zu  leisten  schuldig  seien,  eine  Erklarung, 
durch  welch  e  sie  allerdings  ebenso  den  Zorn  der  Bohmen 
reizten,  wie  sie  den  Beifall  der  Konigin  Elisabeth  fanden. 

Freilich  war  damit  nicht  allzu  viel  gethan;  aller  Herois- 
mus  der  Mutterliebe,  den  Elisabeth  zeigte,   vermochte   doch 
nicht,  die  grofsen  Schwierigkeiten  ihrer  Lage  zu  iiberwinden. 
In    den    Krieg ,    den    sie    vornehmlich    durch    angeworbene 
Soldnerscharen  mit  den  Polen  fiihrte,    suchte   sie    nun   auch 
die  Sclilesier  hereinzuziehen  und  sandte  diesen  1442    in  der 
Person  des  Leonhard  Azenheimer  einen  Feldhauptmann,  den  i 
dann  in  der  That  die  Schlesier,  natiirlich  wiedcr   vornehm- 
lich die  Breslauer,  mit  Geld  versahen,  um  Mannschaften  zui 
werben.     Nicht  ungliicklich  begiunt  hier  der  kriegserfahrene  i 
Kondottiere  seine  Laufbahn,  dringt  in  Polen  ein,  aber  baldi 
zeigt   sich,    dafs   die    Schlesier   nicht   zusammenhalten ,    dafs 
einer  ihrer  Herzoge,  Konrad  der  Weifse,  und  schwei'lich  en 
allein   zu   den   Polen    stand,    so    dafs  in   den  Kampfen,   diei 


Mangel  eines  Hauptes  fiir  Schlesien.  273 

bald  docli  auch  den  schlesischen  Boden  mit  Verwiistung  be- 
drohten,  Bruder  gegen  Bruder,  dem  genannten  Herzog  der 
Bischof  Konrad  gegenuber  zu  streiten  hatte. 

Die  Verhaltnisse  verwickelten  sich  nur  noch  mehr,  als 
am  Weihnachtsabend  1443  die  Konigin  Elisabeth  starb, 
gerade  in  dem  Augenblicke,  avo  es  ihr  gelungen  war,  mit 
ihrem  Hauptgegner,  dem  jungen  Konige  von  Polen,  Wlady- 
slaw,  einen  Frieden  zustande  zu  bringen.  Es  war  kein 
giinstiges  Auskunftsmittel ,  als  jetzt  der  konigliche  Knabe 
Ladyslaw,  gewohnlicli  der  Nachgeborene  (Postluimus)  ge- 
nannt,  unter  die  Vormimdschaft  des  selbstsiichtigen  und 
schwaclien  romischen  Konigs  Friedrichs  HI.  kam ,  der  fiir 
die  Erblander  seines  Miindels  in  keiner  Weise  ein  Herz 
hatte. 

Es  begannen  mit  jenem  Tage  Zeiten  traui'iger  Gesetz- 
losigkeit  fiir  alle  die  Erblande.  In  Ungarn  flammte  der 
Biirgerkrieg,  Avelchem  der  Frieden  eben  hatte  ein  Ziel  setzen 
soUen,  von  neuem  auf,  in  Bohmen  und  Schlesien  erhob  das 
wiiste  Fehdewesen,  das  die  vielen  Kriege  grofsgezogen  batten, 
und  das  kaum  wieder  etwas  hatte  eingediimmt  werden  kon- 
nen,  dreister  als  je  sein  Haupt;  und  gerade  Schlesien  bietet 
doch  von  alien  das  unerquicklichste  Schauspiel.  Denn  wahrend 
in  Ungarn  sich  am  Ende  das  Volk  um  einen  nationalen 
Helden,  den  tapferen  Vorkampfer  gegen  den  tiirkischen  Erb- 
feind,  Johann  Hunyad,  scharte  und  auch  in  Bohmen  in  der 
Person  Georgs  von  Podiebrad  zugleich  die  volkstiimlichen 
Gruridsatze  des  Czechentums  wie  die  kalixtinischen  Grund- 
satze  eines  gemiifsigten  Hussitismus  zu  immer  steigender 
Macht  gelangten,  hat  Schlesien  fort  und  fort  eines  Vertreters 
national-deutscher  Politik  entbehren  miissen,  dem  die  Be- 
deutung  seiner  Personlichkeit  wie  die  Fiille  seines  Ansehens 
es  hiitten  ermogHchen  konnen,  das  zersplitterte  Land  zu  einer 
einheitlichen  Politik  fortzureifsen.  Denn  wie  sehr  auch  da- 
mals  die  mjichtige  Landeshauptstadt  Breslau  im  Mittelpunkte 
der  Ereignisse  stand,  ihr  Vertreter,  der  jahi'lich  wechselnde 
Rat,  hiitte  doch  nimmermehr  fiir  ganz  Schlesien  die  Rolle 
zu  spielen  vermocht,  wie  dies  etwa  vormals  die  Herzoge  von 
Breslau,  die  machtigen  Heinriche,  in  friiheren  Tagen  ge- 
konnt  hatten. 

Der  schlesische  Fiirst  aber,  der  schon  in  den  Hussiten- 
zeiten  den  nationalen  Gedankcn  vielleicht  am  konsequente- 
sten  und  ausdauerndsten  vertreten,  der  dem  polnischen  Erz- 
bischofe  die  Anerkennung  verweigert  und  den  Polen  den 
Zutritt   zu   den   Breslauer   Dompfriinden   verschriinkt   hatte, 

Grunhagen,  Geach.  Schlesiens.    I,  18 


274  Vieites  Buch.     Eister  Abscliuitt. 

und  der  ja  auch  lange  Zeit  an  der  Spitze  aller  sclilesischen 
Eiuuugen  gestanden  hatte,  der  Biscliot"  Konrad  von  Breslau, 
ging  in  den  Geldnoten,  in  welche  ihn  und  sein  Bistum  die 
Bedriingnis  der  Zeit  und  vielleicht  auch  eigne  Sorglosigkeit 
gestiii'zt  hatte,  schlierslich  unter,  um  so  mehr,  als  ihn  auch 
eben  seme  SteUung  als  Kirchenfurst  notwendig  in  die  Zwistig- 
keiten  verwickehi  mulste,  welche  daiuals  zwischen  dera  Konzil 
zu  Basel  und  dem  Papste  Eugen  IV.  ausgebrochen  waren,., 
und  die,  um  das  Chaos  dieser  verworrenen  Zeit  noch  zu 
steigern,  auch  in  kirchlicher  Beziehuug  die  Christenheit  in 
zwei  feindliche  Heerlager  spalteten.  Bischof  Konrad  hatte 
sich  entschieden  auf  die  Seite  des  Papstes  gestellt,  aber  in 
widerwjirtigen  Hiiudeln  mit  dem  Dompropste  Nikolaus  Gra- 
mis  um  die  von  diesem  I'lir  das  Baseler  Konzil  gesammelten 
Indulgenzgelder  und  in  kaum  minder  argerlichen  Fehden  mit 
seinem  Bruder  Herzog  Konrad  dem  Weilsen  verzehrte  sich 
eine  Kraft,  die  unter  geordneteren  Verhiiltnissen  eine  ein- 
heitliche  deutsche  Politik  Schlesiens  vielleicht  hiltte  herbei- 
fiihreu  konnen.  1444  war  es  so  weit  gekommen,  dafs 
Bischof  Konrad  selbst  seine  Wiirde  niederlegte  und  es  seinem 
Domkapitel  iiberliefs,  sich  einen  Hirten  zu  erwiihlen,  der 
Neigung  zeigte,  dem  hei'untergekommenen  Stiff  aus  eigenen 
Mitteln  die  Schuldenlast  zu  minderu. 

In  dieser  Zeit  hat  Schlesien  von  den  unabliissigen  Fehden 
auf  das  schwerste  gelitten;  in  Mittelschlesien  waren  1444 
die  Fiirstentiimer  Breslau  und  Schweidnitz- Jauer  mit  der 
Herzogin  Elisabeth  von  Liegnitz  in  einen  Landfriedensbund 
getreten,  der  wenigstens  diesen  Gebieten  ein  gewisses  Mais 
von  Ruhe  und  Ordnung  sicherte,  wohl  auch  einmal  mit 
seinen  Streitkriiften  einen  ilbermlitigen  Raubritter  niederwarf 
und  bis  1452  in  "SVirksamkeit  geblieben  ist.  1444  strafte 
sein  Aufgebot  die  Plilnderung  von  Bolkenhain  an  dem  Un- 
ruhstifter  Jan  Kolda  auf  Nachod,  sowie  dessen  Verbiindeten 
Jan  von  Ebersbach  und  Hain  von  Tschirn.  1445  legen  die 
Breslauer  dem  alteu  Kondottiere  Leonhard  Azenheimer,  den 
ihnen  einst  Konigin  Elisabeth  als  Feldhauptmanu  gesandt  hatte, 
der  aber  nachmals,  obwohl  ihm  die  Breslauer  das  Burglehn 
Neumarkt  eingeraumt  batten,  von  Fehden  und  Riiubereien 
nicht  lassen  mochte,  ebenso  wie  seinem  Geuossen  Hans  Hain 
die  Kopfe  vor  die  Fiifse;  1447  gewinnt  der  schlesische  Bund 
im  Verein  mit  den  Oberlausitzer  Sechsstadten  teils  durch 
Geld,  teils  durch  WaffengeAvalt  eine  gauze  Anzahl  bcihmischer 
Bm-gen,  in  deneu  sich  Raubritter  eingenistet  batten ;  so 
Wiesenburg,  Ebersbach,  Schatzlar,  Belver  und  Skal,  um 
diese   dann   ganz   zu    zerstciren,    ohne    auf  die   zugehorigen 


Gesetzlose  Zustande.  275 

Outer  irgendwelchen  Anspruch  zu  erheben.  1451  erobem 
und  zerstoren  die  Breslauer  mit  den  Schweidnitzern  die 
Kcaubburg  Rochlitz  im  Katzbachthale,  luid  erst  1452  scheint 
dann,  als  sich  die  Verhaltnisse  namentlich  in  Bohmen  wie- 
der  einigermafsen  befestigt  batten,  der  Bnnd  seine  Wirk- 
samkeit  eingestellt  zu  baben. 

Doch  _  in  den  librigen  Teilen  des  zerstiickten  Landes 
dauert  die  An  archie  fort,  die  Herzoge  von  Oppeln  und 
Teschen-Glogau  erschopften  ihre  Krafte  in  Febden,  und  der 
alte  Konrad  der  Weifse  von  Ols  konnte  erst  dadurcb,  dafs 
ilm  seine  Neffen  diu'cb  lange  Haft  notigten,  ibnen  alle  seine 
Lande  abzutreten,  zur  Rube  gebracbt  werdeu.  Aber  die 
librigen  Teile  des  zersplitterten  Landes  schlossen  sieb  doch 
nicbt  zusammen,  und  es  erscbeint  fast  wunderbar,  dafs  in 
dieser  gesetzlosen  Zeit  nicbt  nocb  mancbe  scblesiscbeu  Fllr- 
sten  dem  Beispiele  der  Herzoge  von  Auscbwitz  und  Zator 
gefolgt  sind,  welcbe  in  den  Jabren  1441  — 1457  ibi'e  aller- 
dings  fast  vor  den  Tboren  Krakaus  gelegenen  Lande 
von  der  Krone  Polen  zu  Leben  nabmen  und  so  fiir  ini- 
mer  von  Scblesien  losrissen.  Eine  Art  von  Patronat  iibte 
der  Polenkonig  nocb  iiber  mancbe  scblesiscben  Fiirsten 
aus. 

Solcbe  Zeiten  waren  nun  recbt  geeignet,  die  Geduld  der 
Untertbanen    der   scblesiscben   Fiirsten   auf  scbwere  Proben 
zu  stellen.    Sie,  die  durcb  die  ewigen  Geldnote  ibrer  kleinen 
Herren  obnebin  arg  bescbwert,  dabei  nocb  baufig  deren  Ge- 
waltsamkeiten    in    den    daraus    entspringenden   Fehden    mit 
Gefabr  ibres  Leibes  und  Gutes  zu  biifsen  batten  und  so  ge- 
ringen  Scbutz  von  deren  Macbt  genossen,  mocbten  wobl  mit 
einem  gewissen  Neid  auf  die  der  Krone  Bobmen  unmittelbar 
unterworfenen  Lande  blicken,  wie  Breslau  und  Scbweidnitz- 
Jauer,    die    eine   ungleicb   grofsere  Selbstandigkeit   besafsen, 
geringer    besteuert     und     dabei     docb    mebr    in    der    Lage 
waren,  ibre  Scbicksale  selbst  zu  bestimmen.     Es   bat  etwas 
Rlibrendes,  wenn  wir  wabi-nebmen,    dafs   trotzdem    die  An- 
bangHcbkeit  an  das  gesamte  Flii'stenbaus  docb  immer  solcben 
Gedanken    ein   wirksames  Gegengewicbt   zu   balten   vermag, 
so  dafs  Bestrebungen,  bei  gunstiger  Gelegenbeit  einen  direkten 
Heimfall   an    die  Krone  herbeizufiibren   im   ganzen  Verlaufe 
der  scblesiscben  Gescbicbte  uns  sehr   selten    begegnen.     Ein 
derartiger   Versucb   ausgebend   von    einer    der    am    meisten 
entwickelten   und   selbstbewufsten    scblesiscben  Fiirstentums- 
bauptstadte,   namHcb  Liegnitz,    verleibt   dem   sogen.    Lieg- 
nitzer    Lebenstreit    (1449  — 1469)    ein    besonderes  In- 
teresse. 

18* 


276  Viertes  Buch.     Erster  Abschnitt. 


Der  Liegnitzer  Lehensstreit. 

In  den  Fiirstentiimern  Liegnitz  -  Brieg ,  welche  einst 
unter  die  beiden  Sohne  Boleslaws  III.  (f  1352),  des  Griin- 
ders  der  Dynastie,  Wenzel  und  Ludwig,  geteilt  worden 
waren,  war  der  Liegnitzer  Stamm  bereits  1419  mit  Bisehof 
Wenzel  ausgestorben ,  und  der  Eukel  Ludwigs  I.,  des  jiin- 
geren  jener  beiden  Brilder,  Ludwig  II.,  hatte  Liegnitz  und 
Brieg  wieder  vereinigt,  wiihrend  seinem  Brudcr  Heinrich  IX. 
Haynau,  Liiben  und  Ohlau  zugefaUen  waren.  Doch  auch 
er  hinterliefs  bei  seinem  Tode  1436  von  seiner  Geniahlin, 
der  hohenzollernschen  Prinzessin  Elisabeth,  Tochter  Kurfiirst 
Friedriclis  I.  von  Brandenburg,  nur  cine  Tochter  Hcdwig, 
so  dais  der  nachste  Manneserbe  sein  Bruderssohn  von  der 
Haynau - Llibener  Linie  Ludwig  III.  gewesen  ware,  resp. 
dessen  Suhne,  deren  iiltester  dann  seine  Anspriiche  durcli 
seine  Vermahlung  mit  jener  Hedwig,  der  Tochter  Lud- 
wigs II.,  vermehrte. 

Nach  strengem  Lehenrechte  soUte  nun  immer  nur  die 
dii'ekte  miinuliche  Nachfolge  cinen  Successionsanspruch  haben, 
und  es  hatte  einer  besonderen  oberlehensherrlichen  Geneh- 
migung  bedurft,  um  die  Ubertragung  des  Liegnitzer  Herzog- 
tums  auf  die  Brieger  Linie  herbeizufiihren.  Ob  nun  jetzt 
die  vorhandenen  Gnadenbriefe  dazu  ausreichten,  um  die 
Succession  in  Liegnitz  von  der  Brieger  auf  die  Haynau- 
Liibener  Linie  zu  rechtfertigen ,  das  konnte  damals  streitig 
erscheinen.  Bei  dem  Tode  Ludwigs  II.  schien  die  Frage 
noch  nicht  brennend,  da  Liegnitz  als  Leibgedinge  rechtlich 
der  Herzogin  Ehsabeth  verschrieben  war.  Erst  bei  deren 
Tode  konnte  es  fraglich  werden,  ob  Liegnitz  als  Lehen  an 
die  Krone  heimfallen  oder  an  Elisabeths  Schwiegersohn  Jo- 
hann  von  Lllben  kommen  solle. 

Der  Stand  der  Rechtsfrage  lafst  sicli  in  kurzen  Worten 
etwa  so  zusammenfassen ,  dafs  die  Nachfolge  der  Haynau- 
Liibener  Linie  noch  bei  Lebzeiten  Herzog  Ludwigs  II.  zwar 
durch  Hausvertraffe  festgesteUt  war  und  auf  Grund  der- 
selben  auch  bereits  Eventualhuldigungen  vorgenommen  wor- 
den waren,  dafs  dieselben  jedoch  der  Zustimmung  des  Ober- 
lehensherrn  entbehrten  und  das  letzte  konigHche  Privileg 
in  dieser  Sache,  das  Konig  Wenzels  vom  Jahre  1411,  sich 
seinem  Wortlaute  nach  kaum  fiir  die  Anspriiche  jener  Her- 
zoge  anfuhren  liefs.  Bei  solcher  Lage  der  Dinge  war  es 
nicht  zu  verwundern,  wenn  am  bohmischen  Hofe  der  Ge- 
danke,  das  Fiirstentum  Liegnitz  in  seiner  damaligen  Gestalt, 


Bestrebungen  fiir  den  Heimfall  von  Lieguitz  an  die  Krou       277 

d.  h.  mit  den  beiden  Gebieten  von  Liegnitz  imd  Goldberg, 
als  erledigtes  Lelien  einzuziehen,  sicker  ernsthaft  in  Aussicht 
genommen  ward,  als  im  Jalire  1449  Herzogin  Elisabeth  die 
Augen  schlofs. 

Ganz  besonders  versclilechterten  sich  nun  aber  die  Aus- 
sichten  der  Liibener  Herzuge  dadiu'ch,  dafs  filr  den  Heim- 
fall des  Landes  docli  eben  auch  Vertreter  der  in  Frage 
kommenden  Landschaften  eintraten. 

In  Liegnitz  waren  es  die  Haupter  des  Patriziats,  welche 
fiir  ibre  Stadt  unmittelbar  unter  der  bohmisclien  Krone  eine 
grofsere  Selbstandigkeit ,  freiere  Bewegung ,  zunehmenden 
Wohlstand  und  fiir  sich  selbst  in  der  Befreiung  von  der 
bedriickenden  Gegenwart  eines  in  der  Stadt  regierenden 
Landesherrn  erhuhtes  Ansehen  erwarteten.  Die  Seele  der 
Bewegung  war  der  Stadtschreiber  Ambrosius  Bitschen,  der 
1420  seinem  Vater  Johannes  in  diesem  Amte  gefolgt  war. 
Es  ist  durchaus  wahrscheinHch ,  dafs  der  letztere  erst  in 
Liegnitz  eingewandert  ist  und  seinen  Namen  seiner  Vater- 
stadt,  dem  sclilesischen  Orte  Pitschen,  verdankt.  Mehr  als 
ein  Vierteljahrhundert  hindurch  hatte  Ambrosius  in  seiner 
wichtigen  Stellang  der  Stadt  die  grofsten  Dienste  zu  leisten 
vermocht.  Thatsiichlich  war  ja  der  auf  Lebenszeit  gewahlte 
Stadtschreiber  gegenilber  den  jahrlicli  wechselnden  Ratsherren 
der  eigentliche  Leiter  der  Geschafte,  anderseits  pflegte  die 
patrizische  Aristokratie ,  die  ganz  wie  in  Breslau  alljahrhch 
den  Rat  dadurch  erganzte,  dafs  die  abtretenden  Ratsherren 
ihre  Nachfolger  wiihlten,  und  die  deshalb  es  vermochte,  in 
sehr  engem  Kreise  die  Ratswurde  wechseln  zu  lassen,  in 
dem  Stadtschreiber  immer  doch  einen  von  ihr  abhangigen 
und  bezahlten  Beamten  zu  erbHcken,  und  es  haben  auch 
thatsachlich  weder  hier  noch  z.  B.  in  Breslau  die  Stadt- 
schi'eiber  den  Weg  in  das  Ratskollegium  gefunden. 

Gerade  hiernach  mufste  nun  aber  der  Ehrgeiz  Bitschens 
streben ,     seitdem    er    sich    zur    Durchfiihrung    des    grofsen 
Planes,  seine  Stadt  unmittelbar  unter  die  Krone  Bohmen  zu 
bringen,  berufen   glaubte,   und  wirklich  ward   er,   was   vor 
ihm  kaum    noch   einem   audereu  gelungen   war,   zum  Jahre 
1447  nicht  nur  in  den  Rat,  sondern  gleich  zu  dessen  Prases, 
zum  Blirgermeister,  gewahlt.     Er  eilte,  sich  WatFen  fiir  den 
,   bevorstehenden    Kampf    zu     Schmieden.      Aus    den    Jahren 
!    1446,    1447    und    1451    datieren    die    drei    noch    heute   er- 
1  haltenen    Werke    seines    bewandernswilrdigen    Fleifses,    ein 
I  Zinsbuch,  ein  Pri^^legienbuch ,    ein  Geschofsbuch   von  Lieg- 
nitz, und  es  ist  sicherHch  kein  Zufall,  Avenn  unter  den  Pri- 
!  vilegien  alle  die  fehlen,   Avelche  irgendwie   fiir   die  Liibener 


278  Viertes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

Herzoge  sprechen  konnten.  Es  ist  auch  we  nig  zu  zweifeln, 
dafs  er  Gelegenlieit  genommen  hat,  am  Wiener  Hole  fiir 
den  Fall  des  Todes  dei'  Herzogin  Elisabeth  vorlaulige  Ver- 
abredimgen  eiuzuleiteu. 

Umsonst  hatte  die  letztere  sich  beraiiht,  durch  Grunst- 
bezeugungen  den  einflufsreichen  Mann  fiir  ihre  Sache  zu 
gewinnen.  Als  sie  dann  auf  dem  Krankeubette  lag,  blieb 
ihrer  Tochter  Hedwig,  der  Gattin  des  einen  Ltlbener  lier- 
zogs  Johaun,  die  Ungunst  nicht  verborgen,  mit  der  sie  von 
den  Liegnitzern  angesehen  wurde.  Ihr  klcines  Sohnlein 
Friedrich  beeilte  sie  sich  auswarts  in  Sicherheit  zu  bringen, 
und  sie  selbst  ward,  sowie  sie  ihrer  Mutter  am  31.  Uktober 
1449  die  Augen  zugedrlickt  hatte,  von  den  Biirgern  zur 
Abreise  gedrangt.  Nachtlicherweile  ging  sie  fort,  um  in 
Haynau  eine  Zuflucht  zu  suchen.  Ihr  Gemalil  machte 
keinen  Versuch,  durch  personliches  Erscheinen  seiner  Sache 
den  Sieg  zu  verschaffen.  Wohl  aber  beeilte  er  sich  wie 
sein  Bruder  Heinrich,  von  Goldberg  und  Liegnitz  Huldigung 
zu  verlangen  auf  Grund  der  friiheren  Hausvertrage  und 
Gelobnisse,  wahrend  mit  kaum  minderer  Eile  drei  Wochen 
nach  dem  Tode  der  alten  Herzogin  Kaiser  Friedrich  111. 
die  Lande  als  heimgefallene  Lehen  fiir  sein  Miindel,  den 
jungen  Konig  Ladvslaw,  in  Anspruch  nahm.  Die  Lieguitzer, 
unvermogend  die  Goldberger  zu  kiihneren  Entschliissen  mit 
fortzureifsen,  bequemten  sich  dazu,  zuniichst  von  den  Hul- 
digung heischenden  Herzogen  noch  eine  Frist  bis  zum 
6.  Januar  1480  zu  erbitteu,  als  aber  diese  ablief,  trennten 
sich  Goldberg  Laud  und  Stadt  und  auch  die  Ritterschaft 
des  Fiirstentums  Liegnitz  von  der  Stadt,  die  ihrerseits  ihren 
fast  gefafsten  Entschlufs  am  besten  dadui'ch  bekundete,  dafs 
sie  Ambrosius  Bitschen  im  Februar  1480  aufs  neue  zum 
Biirgermeister  erkor. 

Was  die  Liegnitzer  erstrebten,  hatte  zu  anderer  Zeit 
vielleicht  noch  mehr  locken  konnen.  Die  Krone,  der  sie 
heimzufallen  wiinschten,  war  eben  damals  aufs  neue  ein 
Zankapfel  und  Spielball  der  Parteien  geworden.  In  Boh- 
men  empfand  man  es  doch  sehr  iibel,  dafs  der  junge  Konig, 
der  kiinttige  Herrscher  des  Landes,  in  Wien  erzogen  ward, 
in'einer  Umgebung,  von  der  niemand  voraussetzen  konnte, 
dafs  sie  dem  Knaben  Neigung  und  Verstilndnis  fiir  czechische 
Art  und  Sprache  noch  fiir  hussitische  Traditionen  einflofsen 
werde,  und  die  Partei  der  Utraquisten,  an  deren  Spitze  der 
junge  aber  tapfere  und  kluge  Georg  von  Podiebrad  zu  im- 
mer  steigendem  Ansehen  gelan gte,  setzte  es  bei  den  boh- 
mischen  Standen  durch,  dafs  man  von  Kaiser  Friedrich  die  ' 


Der  Liegnitzer  Lehensstreit.  279 

Auslieferung  seines  Mlindels  Ladyslaw  begehrte,  um  ilm  in 
Prag  zu  erzielien. 

Und  als  Friedrich  sicli  dessen  weigerte,  verklagen  ihn 
die  Bohmen  bei  dem  Papste  iind  alien  christlichen  Fiirsten 
tind  machen  Miene,  von  Ladyslaw  abzufallen,  klopfen  auch 
wegen  einer  neuen  Konigswahl  hier  und  da  an ,  ohne  rechte 
Geneigtheit  zu  iinden,  weder  bei  Kurfiirst  Friedrich  von 
Brandenburg,  den  seine  Kenntnis  der  czechischen  Sprache 
besonders  empfahl,  noch  bei  dessen  Bruder  Albreelit  Achilles, 
noch  bei  Wilhelm  von  Sachsen,  dem  Gemahle  von  Lady- 
slaws  Schwester.  Podiebrad  aber  bemachtigt  sich  am  3.  Sep- 
tember 1448  durch  einen  nachtlichen  Uberfall  Prags  und 
spielt  nun  thatsachlich  die  Rolle  eines  Gubernators  von  Boh- 
men,  in  der  er  bald  mehr  und  mehr  in  ganz  Bohmen  an- 
erkannt  wird,  wahrend  man  in  Schlesien  mit  kaum  ver- 
hehltem  Mifstrauen  auf  den  czechischen  Edelmaun  blickt, 
den  seine  hussitischen  Neigungen  noch  besonders  verdachtig 
erscheinen  lassen. 

Es  konnte  einen  Augenblick  Avohl  scheinen,  als  solle  die 
Liegnitzer  Sache  im  Zusammenhange  mit  den  grofsen  Streit- 
fragen  hier  im  ostlichen  Deutschland  entschieden  Averden. 
Der  Kaiser  benlitzte  sie  zunachst  vornehmlich  dazu,  um 
den  Herzog  von  Sachsen,  Friedrich,  zu  verpflichten  und  an 
seine  Politik  zu  fesseln,  als  Bundesgenossen  gegeniiber  der 
feindseligen  Partei,  die  eben  jetzt  in  Bohmen  emporgekommen 
war.  Im  Jahre  1450  verschreibt  er  dem  Sachsenherzog 
Liegnitz,  nachdem  er  demselben  bereits  frliher  die  Nieder- 
lausitz,  um  welche  dieser  mit  Brandenburg  stritt,  zugesprochen 
hatte.  Auf  der  anderen  Seite  unterliefsen  es  die  Bohmen 
nicht,  solche  Preisgebung  der  Landesinteressen  zum  Gegen- 
stande  neuer  Anklagen  gegen  den  Kaiser  zu  machen,  und 
die  brandenburgischen  Markgrafen,  die  ja  ohnehin  in  Lieg- 
nitz  das  Interesse  ihrer  Schwester  zu  vertreten  hatten,  nah- 
men  natiirlich  auch  gegen  die  Plane  der  Liegnitzer  Partei. 

AUerdings  gab  nun  Friedrich  von  Sachsen  seine  An- 
spriiche  auf  die  Lausitz  auf,  verfolgte  aber  um  so  eifriger 
seine  Liegnitzer  Anwartschaft.  Ganz  im  Einverstiindnisse 
mit  ihm  verfuhr  der  seit  1451  in  Liegnitz  schaltende  kaiser- 
liche  Koramissar  Reinprecht  von  Ebersdorf,  das  Schieds- 
gericht,  das  in  Breslau  die  Sache  zum  Austrage  bringen 
soUte,  erschien  den  Lubener  Herziigen  ganz  parteiisch  zu- 
sammengesetzt,  am  28.  April  1451  huldigte  die  Stadt  Lieg- 
nitz dem  Sachsenherzoge ,  der  Ritter  hierher  gesendet  und 
Rllstungen  eifrig  betrieben  hatte,  unterstiitzt  von  dem  ritter- 
lichen    Patrizier   Matthias   Griltzenschreiber,    dem   eifrigsten 


280  Viertes  Bucb.     Erster  ALsclmitt. 

Gesinnimgsgenossen  Ambrosius  Bitschens  uud  Biirgermeister 
von  1451.  Als  dann  die  Liibener  Herzcige  endlich  uiige- 
dvddig  zu  den  Waffen  griffen,  erlitt  Joliann  (sein  Bruder 
Heinrich  starb  kurz  vorlier)  am  27.  August  1452  bei  Wal- 
dau  unweit  Liegnitz  cine  schwere  Niederlage,  worauf  er 
seine  Sache  auigebend  im  September  dieses  Jahres  einen 
Vertrag  mit  Ebersdorf  scldofs,  vermdge  dessen  er  gegen 
sine  Summe  von  28  000  Gulden  alle  Anspriiche  auf  die 
Lande  und  Stadte  Liegnitz  und  Goldberg  aiifgab. 

Aber  zu  eben  dieser  Zeit  Latte  sich  die  ganze  Lage  der 
Dinge  wiederum  veriindert,  ein  Aufstand  der  Osterreiclier 
entrifs  deni  Kaiser  gerade  am  Tage  des  Treffens  bei  Waldau 
die  Vormundschaft  ilber  den  jungen  Konig  Ladyslaw,  und 
das  Ilaupt  der  Verschworenen,  der  Graf  von  Cilly,  ver- 
standigte  sich  mit  Georg  Podiebrad,  den  Ladyslaw  jetzt  1453 
als  Landesverweser  bestatigte.  Nun  war  von  einer  Abtretung 
von  Liegnitz  an  Sachsen  nicht  mehr  die  Rede,  Podiebrad 
hatte  eine  derartige  Schmalerung  eines  Ei'blandes  nimmer- 
mehr  zugegeben;  wenn  gleicli  die  Sache  Herzog  Johanns, 
der,  da  die  versprochene  Geidzahlung  ausblieb,  seine  An- 
spriiche erneute,  dadurch  nicht  gewann,  vielmehr  Liegnitz 
1453  aufs  neue  dem  Konig  LadyslaAv  zu  Hiiuden  Herrn 
Protzkes  von  Kunstadt;  eines  Verwandten  des  Landesverwesers, 
huldigte. 

Herzog  Johann  starb  in  demselben  Jahre,  doch  ercifFneten 
sich  seinem  Sohne  Friedrich  bald  bessere  Aussichten,  in- 
sofern  ■  sein  Grofsoheim ,  der  kluge  Diplomat  Albrecht 
Achilles,  1454  eine  Heirat  zwischen  ihm  und  Georg  Podie- 
brads  Tochter  Sidonia  vorschlug  und  damit  dem  Ehrgeize 
des  machtigen  Bohmen,  der  eben  damals  ja,  wie  wir 
noch  sehen  werden,  ganze  Flii'stentiimer  in  Schlesien  erwarb^ 
schmeichelte. 

Thatsachlich  hat  man  audi  in  viel  spaterer  Zeit  auf 
diesen  Plan  zurilckgegriffen;  zunachst  aber  erfolgte  in  Lieg- 
nitz eine  sehr  unerwartete  Wendung  der  Dinge,  augenschein- 
lich  im  Zusammenhange  mit  dem,  was  in  Breslau  vor  sich 
gegangen  war,  seitdem  Georg  Podiebrad  1453  die  Zilgel 
der  Regierung  in  seine  Hand  bekommen  hatte. 


Joliann  Capistran  in  Schlesien. 

Der  alte  Hafs  der  Scidesier  gegen  die  hussitischen  Ketzer, 
hinter  d  em  sich  ja  zugleich  die  Abneigung  gegen  das  deutsch- 
feindliche  Czechentum  versteckte,   hatte  aufs  neue  Nahrung 


Johann  Capistran  in  Schlesien.  281 

erhalten ,  dadurcli  dais  mit  Georg  Podiebrad  die  ge- 
mafsigte  Hussitenpartei  wieder  ans  Kuder  gekommen  war. 
Doch  auch  aufserhalb  ScLlesiens,  vornehmlich  unter  der 
Geistlichkeit,  empfand  man  es  libel,  dais  jetzt  wirklich  ein 
anerkannter  Hiissit  Rokycan  als  Erzbischof  vou  Prag  an 
der  Spitze  der  bohmischen  Kirche  stand,  und  die  Zurilck- 
flihrung  der  Abgefalleuen  ziim  recliten  Glauben  erschien 
fortan  als  eine  der  wichtigsten  Aulgaben  der  Kirche. 
Als  ein  Werkzeug  dieser  Mission  Avar  nun  damals  der 
italienisehe  Minorit  Johannes,  nach  seinem  Geburtsorte  ge- 
wohnHch  Capistran  genannt,  aufgetreten,  der  einerseits  in 
dem  Schofse  seines  Ordens  eine  strengerer  Disziplin  zuge- 
wendete  Richtung  begrtindet  hatte  und  bald  als  „aposto- 
hscher  Kommissar  und  Generalinquisitor  ketzerischer  Ver- 
derbtheit"  die  cistlichen  Lande  zu  bereisen  begann,  liberall 
Bufse  und  Rllckkehr  zuni  rechten  Glauben  predigend.  Dafs 
er  dies  in  lateinischer  Sprache  that,  welche  nur  sehr  wenige 
seiner  Zuhorer  verstanden,  that  der  Wirksamkeit  seiner  Be- 
redsamkeit  keinen  Eintrag,  der  Menge  genilgte  es,  den  kleinen 
Mann  zu  sehen,  dem  der  Puf  grofser  Wunderthiitigkeit  vor- 
ausging,  und  dessen  magerer  Korper  die  Spuren  arger  Ka- 
steiungen  trug,  der  mit  sudlieher  Lebhattigkeit  zu  gestiku- 
Heren  verstand  und  auch  wohl  den  Schiidel  seines  Meisters, 
des  heihggesprochenen  Paters  Bernhardin,  vorwies,  um  alles 
mit  sich  fortzureifsen. 

Gerade  in  den  Landern,  in  denen  das  Hussitentum  Ein- 
gang  gefunden  hatte,  wie  in  Miihren,  z.  B.  in  Brilnu  und 
Olmiitz  predigte  Capistran  im  Sommer  1481  unter  unge- 
heuerem  Zulaufe  und  bewirkte  zahlreiche  Bekehrungen.  In 
Prag  wiinschte  er  eine  Disputation  mit  Pokycan  abzuhalten, 
doch  weigerte  ihm  der,  Landesverweser  das  Ireie  Geleit,  so 
dais  er  in  Bohmen  nur  auf  den  Posenbergischen  Besitzungen 
und  in  dem  deutsch-  und  katholisch-gesinnten  Eger  sicheren 
Aufenthalt  land.  Die  Breslauer  konnten  es  kaum  erwarten, 
dais  er  auch  ihre  Stadt  besuche.  Der  Bischof  Peter  lud 
ihn  ein,  augesehene  Burger  suchteu  schriftlich  um  Aulbahme 
in  die  von  ihm  gestiftete  Brilderschaft  nach,  und  als  er 
einen  Besuch  in  Breslau  von  der  Griinduiig  eines  Klosters 
seines  Ordens  abhaugig  machte,  willfahrte  man  ihm  und 
verschaffte,  nachdem  die  Versuche,  ihm  das  Franziskaner- 
kloster  zu  St.  Jakob  einzuriiumen,  an  der  Feindschaft  von 
dessen  BeAvohnern  gescheitert  Avaren,  ihm  einen  ansehnlichen 
Bauplatz  in  der  Breslauer  Neustadt,  von  dem  daun  Capistran, 
der  am  13.  Februar  1453  hier  seinen  ieierlichen  Einzug 
gehalten,    am    18.  Marz   Besitz    nahm,    und    avo    sich    denn 


282  Viertes  Bucli.     Er.stei"  Abschuitt. 

iiun  audi  bald  der  Bau  der  Kirche  zu  St.  Bernhardin  und 
des  dazu  gehorigen  Klosters  erhob. 

Aiif  dem  Salzringe  (dem  heutigen  Bliiclierplatze)  und 
auf  dem  Elbing  vor  dem  Vincenzstifte  prcdigte  Capistran 
wiederholt  vor  Versammlungeu,  welche  aus  ganz  Schlesien  und 
bis  von  den  baltisehen  Grestaden  her  zusammengcstromt 
nacli  vielen  Tausenden  ziililten,  die  in  atemloser  Stille  der 
lateinischen  Predigt  zahorten,  aber  sich  zu  zerstreuen  pflegten, 
wenn  des  Redners  Begleiter  die  Predigt  deutsch  zu  verdoll- 
metschen  begann.  Man  wufste  ja  auch  ohnedies,  was  cr 
woUte,  und  zum  Zeichen  der  Balse  schleppte  man  auf  den 
Salzring  einen  grofsen  Haufen  allerhand  Gregenstiinde  des 
Putzes,  des  Luxus  und  der  Kurzweil,  um  sie  auf  eineiii 
Scheiterliaufen  zu  verbrennen.  Aber  der  erregte  Fanatis- 
mus  suclite  bald  noch  weiteren  Ausdrack.  Hier  in  Breslau 
taucliten  Bescliuldigungen  gegen  die  Juden  auf,  als  hiitten 
dieselben  gestolilcne  Hostien  beschimpft  und  einen  Christen- 
knaben  getotet,  um  sein  Blut  zu  rituellen  Zwecken  ihres 
Gottesdienstes  zu  brauchen.  Auf  Grund  derselben  beeilte 
man  sich,  alle  Juden  gefangen  zu  setzen  und  ihre  Besitz- 
tiimer  mit  Beschlag  zu  belegen.  Die  Folter,  in  deren  Ge- 
brauch  Capistran  selbst  die  Henker  zu  unterweisen  ver- 
mochte,  erprefsten  Gestandnisse,  41  Juden  wurden  verbrannt, 
die  iibrigen  aus  der  Stadt  verjagt,  in  Schweidnitz,  Jauer, 
Striegau,  Lowenberg,  Reichenbach  und  auch  in  Liegnitz  be- 
gannen  gleichfalls  Judenverfolgungen  unter  leicht  gefundenen 
Vorwanden.  In  gleicher  Weise  gegen  die  Hussiten  vor- 
zugehen,  dazu  fehlte  den  Breslauern  nicht  der  Wille,  son- 
dern  nur  die  Gelegenheit,  und  dafs  Capistran  ihnen  in  die- 
sem  Punkte  keinen  Zweifel  dariiber  liel's,  wie  gern  er  sie 
statt  gegen  die  Juden  gegen  die  bohmischen  Ketzer  gefiihrt 
haben  wiirde,  machte  das  leidenschaftliche  Mannlein  ihnen 
doppelt  wert. 

Capistran  blieb  langere  Zeit  in  Breslau  5  gehalten  eben- 
sowohl  durch  das  eigene  Behagen  an  der  fast  abgottischen 
Vei'ehrung,  die  er  hier  genofs,  wie  durch  die  Berechnung 
hiesiger  hussitenfeindhcher  Geistlichen ,  die  in  ihm  das  trefF- 
lichste  "NVerkzeug  erkannten,  um  auf  die  Stimmung  der 
grofsen  Menge  zu  wirken.  Der  Fiihrer  dieser  Partei  war 
der  gelehrte  Domkantor  und  Prediger  bei  St.  Elisabeth, 
Dr.  Nikolaus  Tempelfeld,  und  seinem  Einflusse  fugte  sich 
zeitweise  selbst  der  sonst  minder  eifrige  Bischof  Peter  von 
Breslau.  Es  war  merkwllrdig  genug:  die  czechen-  und 
hussitenfeindliche  Stimmung  der  Breslauer  hatte  Capistran 
hierher  gezogen  und  ihm  eine  so  begeisterte  Aufnahme  ver- 


Erreguug  des  Volkes  durch  Capistran.  283 

schafft,  nun  aber  diente  wiederum  seine  Gegenwart  dazu, 
diese  Gesinnung  zu  steigeru  und  zu  verscharfen ,  die  Oppo- 
sition gegen  den  hussitisch  gesiunten  Landesverweser  von 
Bohmen  gleichsam  zur  Gewissenssache  zu  machen.  So 
dachte  die  Menge;  aber  auch  in  den  hochsten  Kreisen  des 
Breslauer  Patriziats  begegnen  wir  Anzeichen  einer  hoch- 
gradigen  Verebrung  fiir  Capistran,  der  ja  naturgemafs  eine 
gleicb  tiefgewurzelte  Feindscbaft  gegen  Podiebrad  entsprach. 

Unverdient  genug  traf  den  bobmischen  Landesverweser 
der  Hafs  der  Scblesier.  In  ibm  war  kaum  ein  Zug  von 
jenem  finsteren  Fanatismus  der  alten  Hussitenfuhrer.  Was 
er  begebrte ,  war  nur  Duldung  filr  die  sehr  gemafsigte 
Form  utraquistiscber  Lebre,  die  er  bekannte,  obne  diese 
Anderen  autdrangen  zu  wollen,  und  wenn  er  jetzt  den  neuen 
14jabrigen  Konig  Ladyslaw,  dem  er  dureb  seine  Klugbeit 
allein  die  Anerkennung  und  Kronung  verscbafft  batte,  an 
sicb  zu  fessebi  sucbte  und  ibn  mit  czecbiscb  und  utra- 
quistiscb  Gesinnten  umgab,  so  war  dabei  weder  Zauberei 
"noch  Argbst  im  Spiele.  Aber  die  Eiferer  in  Breslau  bangten 
um  das  Seelenbeil  des  jungen  Konigs,  der  mebr  und  mebr 
von  den  Ketzern  umstrickt  werde,  und  als  es  nun  gar  be- 
kannt  ward,  dafs  Podiebrad  zum  Lobn  fur  seine  Dienste 
von  dem  Konig  das  Recbt  erlangt  babe,  die  verpfandeten 
Lande  Glatz,  Miinsterberg  und  Frankenstein  fiir  sicb  ein- 
zulosen,  und  somit  ansebnbcbe  scblesiscbe  Laudscbaften  in 
den  Besitz  eines  bobmiscben  Ketzers  fallen  sollten  (1453), 
da  geriet  man  vollends  in  Harniscb,  und  scbon  in  der  Hul- 
digungsfrage  zeigten  sicb  die  feindlicben  Gegensatze. 


Konig  Ladyslaw  1453—1457. 

Nacbdem  am  28.  Oktober  1453  Ladyslaw  zu  Prag  feier- 
lich  gekront  worden  war,  beiscbte  er  audi  von  den  Neben- 
landern  Huldigung.  In  Mahren  war  dies  scbon  friiber  ge- 
scbeben,  die  Lausitzer  geborcbten  der  ersten  Aufforderung, 
und  aucb  in  Scblesien  wagten  die  macbtlosen  kleinen  Teil- 
fursten  keinen  Widerstand;  anders  die  Vertreter  der  un- 
mittelbarfin  Kronlande ,  der  Fiirstentiimer  Breslau  u»d 
Scbweidnitz  -  Jauer ,  derselben,  in  denen  Capistran  und  die 
Geistlicbkeit  iiberwiegenden  Einflufs  erlangt  batten;  bier  er- 
folgte  eine  feste  Weigerung  und  die  Forderung,  dem  Her- 
kommen  gemafs  in  Scblesien  buldigen  zu  dllrfen,  dem  Ko- 
nige  in  Person  oder  Beauitragten  desselben.  Die  Forderung 
hatte  wobl  ibre  Berecbtigung,  insofern  die  Scblesier  ja  gegen- 


iJ84  Yicrtes  JLJuch.     lilrster  Abscliiiitt. 

liber  dem  Streben  der  buhmischen  Stiinde,  Bijlimen  zu  einera 
Wahli'eiche  zu  machen,  an  der  Erblichkeit  der  Krone  fest- 
liielten  iind  deshalb  uicht  gern  durcli  Ableistung  der  Hul- 
digung  in  Prag  den  Anscliein  erzeugen  wollten,  als  ge- 
dilchten  sie,  das  Treugeltibnis  an  iliren  Erblierren  irgendwie 
von  der  AA^ahl  resp.  Annahme  desselben  durch  den  boh- 
mischen  Landtag  abliangig  zu  niachen. 

Am  Prager  Hofe  konnte  man  im  Grunde  einer  Auf- 
fassung  nicht  ziirnen,  der  das  Prinzip  der  Erblichkeit  im 
Gegensatze  zu  den  Wahlpratensionen  der  Czechen  zugrunde 
lag;  und  der  Forderung  der  Breslauer  entsprechend  sandte 
man  eine  Kommission  bolimischer  Grolsen  nacli  Breslau  ab, 
mufste  aber  nun  erleben,  dafs  die  inzwischen  durch  die 
Geisthchkeit  noch  welter  aufgereizten  Breslauer  am  7.  Mai 
1454  den  Gesandten  die  Huldigung  audi  jetzt  noch  wei- 
gerten,  das  personliche  Erscheinen  des  Konigs  verlangend, 
sowie  vorliergehende  Beruhigung  dariiber,  dafs  angeblich 
dem  Kunige  Kasimir  von  Polen,  bei  dessen  Vermiihlung 
mit  Ladyslaws  Schwesterj  fur  deren  Mitgift  die  bohraischcn 
Kronlande  zum  Pfande  gesetzt  seien,  wiihi'end  doch  nach 
den  Privilegien  der  Schlesier  ohne  deren  Zustimmung  nichts 
von  dem  Lande  verpfandet  werden  diirfe. 

Als  die  Breslauer  zu  dieser  erneuten  Weigerung  schritten. 
standen  sie  schon  sehr  allein,  die  Fiirstentlimer  Schweidnitz- 
Jauer  hatten  sich  zur  Hiddigung  an  die  bohmische  Gesandt- 
schaft  in  Schweidnitz  bereit  linden  lassen,  und  als  Podiebrad 
dem  Breslauer  Bischofe  drohte,  er  werde  eine  Fortsetzung 
derartiger  feindsehger  Gesinnung  zmiiichst  an  den  Landen 
der  Kirche  rachen,  gab  auch  dieser  nach,  zog  in  aller 
Stille  am  11.  Juli  1454  zur  Huldigung  nach  Prag  und 
brachte  von  da  eine  neue  Aufforderung  an  die  Breslauer 
mit,  sich  doch  auch  zu  fugen. 

Diese  aber  bheben  dabei,  Ladyslaw  soUe  ebenso  gut, 
wie  es  sein  Vater  gethan,  personhch  in  Breslau  die  Hul- 
digung entgegennehmen ,  und  wie  sehr  auch  die  Weigerung 
die  Bohmen  und  wohl  auch  den  Landesverweser  verstimmte, 
der  junge  Konig,  dem  die  Breslauer  ihre  personHche  Er- 
gebenheit  zu  versichern  nicht  mllde  wurden,  dem  auch 
Capistran  selbst  in  einem  die  letzten  Motive  der  Bres- 
lauer andeutenden  Sinne  geschrieben  hatte,  und  der  schliefs- 
lich  doch  in  seinem  Herzen  dem  Hussitentum  nicht  wohl- 
wollte,  mochte  von  scharfen  Mafsregeln  gegen  die  Bres- 
lauer nichts  wissen,  und  auf  seinen  Wunsch  ward  unter 
dem  Vorwande  einer  Zusammenkuuft  mit  seinem  kiinftigen 
Schwager,  dem  Polenkonig,  eine  Reise  nach  Breslau  in  Aus- 


Verhandlungen  wegen  der  Huldigung.  285 

sicht  genommen,  bei  der  nun  auch  die  Huldigung  der  Bres- 
lauer  erfolgen  konnte. 

Die  Saiten  nicht  zu  hoch  anzuspannen,  mochte  auch  die 
kleine  Revolution  mahnen,  welclie  inzwischen  in  Liegnitz 
den  dort  so  lange  fortspielenden  Erbfolgestreit  in  ein  ganz 
neues  Stadium  hatte  treten  lassen. 

Es  hatte  nicht  ausbleiben  konnen,  dafs  in  diesem  Streite 
allmahlich  grundsatzliche  Gegensatze  sich  geltend  machten. 
Die  gesamten  schlesischen  Fiirsten  zeigen  sich  erschreckt 
darilber,  dafs  man  jetzt  bezilglich  der  Vererbung  ihrer  Lande 
eine  strengere  lehenrechtliche  Praxis  einfuhren  wolle^  sie  er- 
kennen  darin  „eine  grofse  Beschwerung  und  Schwachung 
ihrer  fiirstlichen  Herrlichkeit",  eine  Herabsetzung  ihrer  selbst 
unter  andere  Fiirsten  der  Christenheit  und  erachten  es  als 
ein  sehr  iibles  Beispiel,  wollte  man  den  Liegnitzern  es  nach- 
sehen,  was  doch  nie  erhort  sei  in  diesen  Landen,  „dafs 
solche  Leute  mit  ihrera  Eigenwillen  und  Ubermut  von  ihren 
Erbherren  treten  sollten'^  Fast  drohend  schreiben  diese 
Fiirsten  dem  jungen  Konig,  diese  Sachen  grifFen  in  ihre 
Herrlichkeit ,  Gewohnheit  und  altes  Herkommen,  und  falls 
die  Liegnitzer  in  ihrem  Hochmute  und  Mutwillen  beharrten, 
mlifsten  sie  als  Fiirsten  sich  ins  Mittel  legen,  und  es  konnte, 
meinen  sie,  dem  Konige  nicht  entgehen,  dafs  ihm  ihre  (der 
Fiirsten)  Dienste  doch  wertvoller  seien  als  die  der  Lieg- 
nitzer. 

Trat  so  auf  der  einen  Seite  das  fiirstliche  Interesse  dem 
stadtischen  scharf  gegeniiber,  so  liefs  sich  anderseits  doch 
auch  den  Liegnitzer  Patriziern,  den  Urhebern  der  ganzen 
Bewegung,  gegenilber  das  Interesse  ihrer  Gegner,  der  ple- 
bejischen  Ziinfte  ausspielen,  und  die  Herzoglichen  hatten 
das  vou  Anfang  an  gethan,  den  Ziinften  gegenilber  hatte 
Herzog  Johann  von  Lilben  mit  Versprechungen  nicht  ge- 
'  kargt. 

;  Auf  der   anderen  Seite  war    ihm   auch   nicht   entgangen, 

I  dafs  der  seit  1453  neu  entflammte  Ketzerhafs  auch  zu 
I  Liegnitz  in  der  grofsen  Menge  eine  seinen  Interessen  giln- 
j  stige  Stimmung  hervorrufen  konnte;  so  sehen  wir  ihn  denn 
1  zu  Breslau  an  der  feierlichen  Prozession  teilnehmen,  mit 
I  welcher  Capistran  am  18.  Marz  1453  von  dem  fllr  das 
I  neue  Kloster  bestimmten  Platze  Besitz  ergrifF.  Dafs  die 
i  Saat,  welche  Capistran  auszusti-euen  so  beflissen  war,  auch 
\  in  Liegnitz  aufgegangen  war,  zeigt  uns  die  auch  hier  in 
Scene  gesetzte  Judenverfolgung. 

Die    Rllckwirkung   dieser   Stimmung   auf  den   Streit    in 
I  Liegnitz   erlebte  Herzog  Johann   freiUch  nicht  mehr,   wohl 


280  Viertes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

abcr  seine  Witwe  Hedwig,  die  an  Rachdui'st  wider  ihre  Be- 
dranger,  die  rebellischen  Patrizier  in  Liegnitz,  niemandem 
nachstand.  Es  war  nicht  allzu  schwer,  die  letztereu  bei  der 
grolsen  ]\[enge  um  ihren  Kredit  zu  bringen.  Was  batte 
ihr  Streben  bisher  der  Stadt  lilr  Nutzen  gebracht?  Kost- 
spielige  Ililstungen  und  erhohte  Steuern.  War  es  recht, 
war  es  verniinftig,  so  durften  die  Herzoglichen  fragen,  die 
Abkcimmlinge  der  angcstammten  Fursten  zu  verjagen,  um 
sich  dafiir  einen  Czeehen  als  Herrn  einzutauscben ,  einen 
Vetter  des  verhafsten  Ketzeroberbauptes ,  namlicb  jenen 
Protzke  von  Kunstadt,  der  seit  dem  Dezember  1453  als 
bobmiscber  Hauptinann  im  Lieguitzer  Scblosse  residierte? 
Am  24.  Juni  1454  bracb  die  Menge  los,  verjagte  den  Haupt- 
mann,  nachdem  Hermann  von  Zettritz,  der  an  der  Spitze 
eines  kleinen  Hiiufleins  Widerstand  versucbt  batte,  gefallen 
war,  deniolierte  und  plunderte  die  Wobnungen  der  patri- 
zisclien  Ftlbrer,  vor  allem  des  Matthias  Griitzenscbreibers, 
und  scbleppte  Ambrosius  Bitscben  ins  Gefangnis.  Nachdem 
dann  unter  Flibrung  der  GeistHchkeit  am  4.  Juh  die  Her- 
zogin-Witwe  feierhcb  in  die  Stadt  zm'uckgefiibrt  worden 
imd  ihrem  Sobne  Friedrich  gebuldigt  worden  war,  wurde 
der  gestllrzte  Stadtsebi-eiber  vor  einen  Ausnahmegericbtsbof 
gestellt,  gebiklet  aus  Adel  und  Stadten  der  Lande  Haynau 
und  Goldberg,  den  alten  Feinden  der  Liegnitzer  Patrizier- 
partei,  denen  es  nun  nicht  schwer  fiel,  ein  Todesm'teil  zu 
sprecben.  Am  24.  Jub  1454  fiel  von  Henkershand  das 
Haupt  des  Ambrosius  Bitscben,  und  seine  Plane  gingen  mit 
ihm  zu  Grabe. 

Die  Folgen  dieser  Gewalttbat  wurden  nun  durch  die 
eigentiimbche  Verschobenheit  der  allgem einen  Verbal tnisse 
sehr  modifiziert.  Unter  normalen  Verhaltnissen  batten  die 
Plane  Bitschens  auf  die  vollste  Sympatbie  seitens  der  Bres- 
lauer  recbnen  dilrfen;  denn  es  lag  doch  auf  der  Hand,  dafs 
fur  eine  Pohtik,  wie  sie  die  schlesische  Hauptstadt  sonst  zu 
treibeu  gewobnt  war,  ein  freistiidtisches  Regiment  in  der 
Immediatstadt  Liegnitz  bequemer  sein  muiste  als  die  Herr- 
schaft  eines  Herzogs;  bei  der  jetzt  in  Breslau  dominierenden 
Stromung  aber  begrvifste  man  die  monarchische  Reaktion 
in  Liegnitz  mit  Freuden,  schon  well  dieselbe  einen  Vetter 
Podiebrads  verjagt  batte,  und  es  bildete  sich  ein  stillscbwei- 
gendes  Bilndnis  zwiscben  der  Liegnitzer  Herzogin  und  der 
Stadt  Breslau.  Beide  waren  der  Autoritat  des  Oberlehens- 
berren,  des  Konigs  von  Bohmen,  zu  nabe  getreten,  und  eine 
Siihne  dafiir  zu  beiscben,  batte  unter  anderen  Umstanden 
die    erste   Pflicht   Konig   Ladjslaws   sein   milssen.     Aber   in 


Konig  Ladyslaw  in  Breslau.  287 

dessen  Augen  warden  beider  Vergehen  dadurch  gemildert^ 
dais  er  selbst  iiberzeugt  war,  diese  Opposition  gelte  nicht 
sowohl  ihm  selbst  als  der  Person  seines  Gubernators  resp. 
der  religios-politischen  Richtimg,  die  derselbe  vertrat,  und 
die  geringe  Geueigtheit,  die  er  personlich  dieser  Richtung 
entgegenbraclite,  maclite  ihn  nun  aiich  gegen  jene  Opposition 
nachsichtiger;  mochte  er  doch  selbst  wohl  auch  an  die  Mog- 
lichkeit  denken,  unter  Umstanden  gegen  die  Einfliisse,  die 
ihn  jetzt  ganz  umsponnen  hielten,  feindlich  auftreten  zu 
miissen,  wo  er  dann  solclie  Andersglaubige  wohl  brauchen 
kounte. 

Und  nun  endlich  Podiebrad  selbst.  Immer  gewohnt,  sich 
nicht  von  Oefuhlsregungen,  sondern  von  sorgsamen  politi- 
schen  Erwagungen  leiten  zu  lassen,  gab  er  der  Ki-ankung 
liber  die  ihm  entgegengetragene  Feindschaft  keinen  Raum, 
sondern  iiberlegte  nur,  dafs  er,  der  im  eigenen  Lande  Boh- 
men  manche  ihm  feindHchen  Einfliisse  aufkeimen  sah,  nicht 
durch  schroffes  Auftreten  die  Schlesier  in  die  Arme  aus- 
wartiger  Fiirsten  treiben  diirfe,  etwa  Wilhelms  von  Sachsen, 
der  ja  einen  gewissen  Anspruch  auf  Liegnitz  aufweisen 
konnte  oder  der  braudenburgischen  Markgrafen,  der  Oheime 
der  Herzogin  Hedwig. 

So  wurden  denn  die  Widerspenstigen  in  Schlesien  nicht 
eben  hart  angefafst.  Im  Dezember  1454  filhrte  Georg 
Podiebrad  seinen  konighchen  Schiitzling  nach  Breslau,  wo 
sich  eine  glanzende  Versammlung  um  ihn  scharte,  namlich 
aufser  den  fast  vollzahlig  erschienenen  schlesischen  Fiirsten 
noch  die  Bayernherzoge  Ludwig  und  Otto,  die  brauden- 
burgischen Markgrafen  Friedrich  und  Albrecht,  ersterer  von 
einer  liebhchen  Tochter  begleitet,  die  man  dem  jungen  Ko- 
nige  zudachte;  am  Weihnachtstage  celebrierte  im  Breslauer 
Dome  der  Erzbischof  von  Gnesen  das  Hochamt  und  am 
12.  Januar  weihte  hier  der  Breslauer  Bischof  Peter  den  neuen 
Bischof  Bohusch  von  Olmiitz,  assistiert  von  dem  Bischofe 
von  Grofswardein  und  dem  Breslauer  Weihbischofe.  Konig 
Ladyslaw  zeigte  geflissentlich  bei  jeder  Gelegenheit  kirch- 
Uchen  Eifer  und  grofste  Hochachtuug  vor  den  Stiltten  und 
Zeremonieen  des  Gottesdienstes,  und  empfing  von  den  Schle- 
siern  allerorten  Beweise  aufrichtiger  Ergebenheit.  Fiir  die 
jHuldigungsfeier  war  wiedei'um  wie  1439  an  der  Ecke  des 
|Ringes  und  Salzringes  ein  holzernes,  reich  geschmiicktes 
iHaus  aufgerichtet  worden,  und  als  hier  am  11.  Dezember 
iier  Rat  der  Stadt  Breslau  den  Eid  der  Treue  leistete,  pra- 
pisierte  die  Huldiguugsformel  den  Sonderstandpunkt  der  Schle- 
sier noch  scharfer,  als  es  hier  bei  weiland  Konig  Albrecht  11. 


288  Viertes  Buch.     Erster  Abschnitt. 

geschehen  war.  Von  der  erfolgten  Konigswahl  war  cliesraal 
keine  Rede,  die  Iluldigung  ging  an  „Herrn  Ladyslaw,  ge- 
kronten  Konig  zu  Bohmen,  unseren  gnadigen  angebornen 
Erbherrn  und  seine  Leibeserben  Konige  zu  Bohmen". 

Wenn  dann  der  Konig  auf  seines  Grubernators  Driingen 
von  der  Stadt  gleichsam  als  Strafe  des  bewiesenen  Unge- 
horsanis  eine  aufserordentliche  Konti'ibution  verlangte,  die 
schlielslich  auf  15  000  Gulden  festgesetzt  ward,  so  versichert 
uns  der  Breslaiier  Stadtschreiber  Esclienlocr ,  die  Burger 
batten  die  Summe  mit  Freuden  daflir  gegeben,  dafs  sie  da- 
durch  der  Huldigung  in  Prag  iiberhoben  worden  seien,  und 
nur  der  Gedanke  habe  sie  gewurmt,  dafs  schliefslich  von 
diesem  Gelde  Georg  Podiebrad  die  schlesischen  Landschaften, 
in  denen  er  sich  festsetzte,  kaufte  oder  einloste. 

Gegen  diesen  blieb  in  der  That  die  Gesinnung  der  Bres- 
lauer  von  iramer  gleicher  Unversohnlichkeit ,  wie  gemafsigt 
und  vorsichtig  er  sich  auch  zeigte.  Die  Glut  des  Czechen- 
hasses  lag  hier  unter  leichter  Decke,  und  bei  einem  Haare 
ware  sie  hier  in  hellen  Flammen  aufgelodert.  Als  namlich 
bei  einem  Turniere  bolunische  Herren  unwillig  darllber,  unter- 
legen  zu  sein,  aus  deni  Scherze  Ernst  machend,  wilder  auf  ihrc 
Gegner  eindrangen,  ergrimmten  die  Zuschauer,  durchbrachcn 
die  Schranken  und  machten  Miene,  die  gewaltthatigen  Gaste 
niederzuschlagen,  so  dafs  nur  die  vereinten  Anstrengungen 
der  anwesenden  Fiirsten,  vor  allem  der  Bayernherzoge  und 
des  j\Iarkgrafen  Albrecht  Achilles,  eine  blutige  Katastrophe 
abzuwenden  verinochten. 

Der  bis  zuni  31.  Januar  1455  fortgesetzte  Aufenthalt 
Ladyslaws  in  Breslau  hat  zur  Ausgleichung  der  Gegensatze 
so  wenig  vermocht  "\vie  die  Kachbarschaft,  in  welche  die  Bres- 
lauer  zu  Podiebrad  als  Landesherren  von  Miinsterberg  und 
Glatz  treten:  die  Reibungen  dauerten  hier  fort,  die  Breslauer 
weigerten  sich,  die  Milnzen  anzunehraen,  die  Georg  in  seinera 
Lande  schlagen  liefs,  sie  entzogen  sich  dem  hoflichen  Ver- 
kehr  mit  Besuch  und  Glilckwunsch,  den  andere  schlesische 
Fiirsten  dem  machtigen  Manne  gegeniiber  angebahnt  batten, 
sie  hielten  ihre  Unterstutzung  zurllck,  selbst  wo  es  ein  ge- 
meinsames  Interesse  wie  etwa  die  Bezwingiing  eines  Raub- 
ntters  gait. 

Allerdings  iinderten  diese  Reibungen  nichts  an  der  den 
Breslauern  so  unerwunschten  Thatsache,  dafs  der  verhafste 
Ivetzer  sich  in  Landen  festgesetzt  hatte,  wo  ehedem  schle- 
sische Fiirsten  gethront  batten.  Bald  griff  bohmischer  Ein- 
flufs  noch  weiter.  Die  Breslauer  Hauptmannschaft  hatte  seit 
Konig  Albrechts  II.  Zeit  der  Rat  der  Stadt  verwaltet,  doch 


Feindseligkeit  der  Breslauer  gegeu  Podiebrad.  289 

es  war  vorauszusehen,  dafs  Podiebrad  dies  nicht  langer  zu- 
lassen  Averde;  die  Hauptmannschaft  iiber  Schweidnitz  -  Jauer 
und  schliefslich  die  Oberhauptmaunschaft  iiber  ganz  Schle- 
sien  war  damit  zu  verbinden,  und  schon  um  der  dabei  in 
Frage  kommenden  Einkilnfte  willen  warben  schlesische 
Fiirsten  eifrig  darum. 

Aber  Georg  hatte  andere  Absicliten ;  es  war  seiner  Klug- 
heit  und  Mafsigung  gelungen,  sich  mit  dem  hoch  angesehenen 
Geschlechte  der  Rosenberg  auszusohnen,  welche  zwar  eifrige 
Czechen  doch  dabei  nicht  minder  eifrige  Katholiken  waren; 
also  ganz  besonders  verwendbar  fur  die  bohmischen  Neben- 
lande,  wo  ja  in  ueuester  Zeit  der  Einflufs  der  argwoh- 
nischen  Geistlichkeit  mafsgebend  war.  So  erhielt  Heinrich 
von  Eosenberg  nacb  und  nach  die  Vogtei  der  Sechsstadte 
(Oberlausitz) ,  die  Hauptmannschaften  iiber  den  mittelbaren 
Besitz  der  Krone  in  Schlesien  (Breslau,  Schweidnitz  -  Jauer) 
und  endhch  auch  die  Oberhauptmannschaft  iiber  Schlesien. 

Obwohl  nun  Heinrich  von  Rosenberg  des  Deutschen 
wenig  machtig  war,  so  geniigte  das  Zeugnis  seiner  Recht- 
glaubigkeit;  um  ihn  den  Breslauern  annehmbar  erscheinen 
zu  lassen,  ja  sein  Emflufs  wuchs  so  schnell,  dafs,  als  im 
Februar  1456  Bischof  Peter  von  Breslau  starb  und  Heinrich 
jetzt  seinen  Bruder  Jost  zum  Nachfolger  empfahl,  der  Rat 
und  die  Schoffen  einstimmig  beim  Domkapitel  diese  Wahl 
befiirworteten  und  schhefslich  auch  durchsetzten,  obwohl  es 
mit  Josts  Deutschtum  nicht  besser  bestellt  war  wie  mit  dem 
seines  Bruders. 

Soweit  war  es  also  in  der  That  gekommen.  Eine  Be- 
wegung ,  welche  einstmals  einen  vorzugsweise  nationalen 
Charakter  getragen  und  dem  treuesten  Festhalten  an  dem 
Deutschtum,  worin  Breslau  immer  ganz  Schlesien  vorange- 
leuchtet,  den  Ausdruck  gegeben  hatte,  war  in  den  Handen 
der  grofsen  durch  Manner  wie  Capistran  fanatisierten  Menge 
ganz  auf  das  religiose  Gebiet  hintibergedrangt  worden,  so 
dafs  jetzt  das  Czechentum  unter  dem  Losungsworte  der 
Rechtglaubigkeit  hier  einen  siegreichen  Einzag  halten  konnte. 
Wohl  habeu  die  Rosenberge  die  Breslauer  und  die  Schlesier 
nicht  zu  Czechen  gemacht,  es  auch  nicht  versucht,  immer- 
hin  aber  ist  der  Umstand,  dafs  jetzt  das  geistliche  Haupt 
Schlesiens  ebenso  wie  der  weltliche  Vertreter  des  Ober- 
landesherrn  Czechen  waren,  von  einer  nicht  zu  unterschiitzen- 
den  Bedeutung  geworden  fiir  die  Stellung,  in  welche  Breslau 
1457  gedriingt  ward. 

Natiirlich  mufste  bei  der  Anwesenheit  Lady  slaws  in 
Breslau  nun    auch    die  Liegnitzer  Angelegenheit   zur  Ent- 

Grunliagen,  Gesch.  Schlesiens.    I.  1" 


290  \'icites  Bucb.     Erster  Abschuitt. 

scheidung  komineu.  Unter  deiu  Vorsitze  Heinrichs  von 
Rosenberg,  des  neueii  Hauptmanns,  ward  ein  Gericht  aus 
b(ihmischen  Hei'ren  bestehend  eingesetzt,  vor  dem  nun  naniens 
der  Krone  Georg  von  Podiebrad  vind  der  bohmische  Kanzler 
Prokop  von  Rabstein  durch  den  Mund  des  beredten  Gregors 
von  Heimburg  ani  Wiederherstellung  des  Zustandes  vor  der 
Revolution  (also  auf  Zurilckberulung  des  bohmischen  Haupt- 
mannes  und  Zahlung  einer  Geldbufse  von  120000  Gulden) 
klagten.  Die  Liegnitzer  leisteten  der  Ladung  keine  Folge, 
wohl  aber  erhoben  Gesandte  der  Herzogin  Einspruch  gegen 
jenen  Antrag,  insofern  er  dock  auch  einer  Entscheidung  der 
Erbtblge  prajudiziere ,  liber  welche  die  Herzogin  und  ihr 
Sohn  dem  Herkommen  nach  vor  den  schlesischen  Fiirsten 
zu  Recht  zu  stehen  hiitten,  und  in  der  That  vermogen  diese 
Vorstellungen  soviel  durchzusetzen,  dafs  das  von  jenem  Ge- 
richtsliofe  gefallte  Urteil  vom  30.  Januar  1455  die  Liegnitzer 
kurzweg  des  Bruchs  ihrer  Huldigung,  Eide  und  Gelubde 
von  wegen  der  Austreibung  der  koniglichen  Bearaten  schuldig 
erklilrt,  die  Art  der  Bestrat'ung  aber  dena  Konigc  anheim- 
stellt.  Damit  war  fur  die  Ansprilche  der  Lilbener  Her- 
zogsfarailie  sehr  viel  gewonnen;  die  Frage  der  Liegnitzer 
Revolution  war  ganz  nach  deren  Wunsche  von  der  Ent- 
scheidung iiber  die  Erbtblge  losgelcist  und  die  letztere  einem 
anderen  Forum  vorbehalten.  Ein  Hinziehen  der  Sache  aber 
war,  seit  Herzogin  Hedwig  wiederum  in  Liegnitz  festsafs, 
ihr  das  "Willkommenste. 

Augenscheinlich  tiel  bei  der  ganzen  Sache  die  Stimmung 
der  schlesischen  Fiirsten  schwer  ins  Gewicht.  Wir  sahen 
bereits,  wie  erregt  diese  geworden  Avar,  je  mehr  man  in 
diesen  Kreisen  inne  wurde,  dafs  es  sich  hierbei  um  eine  liir 
die  Frage,  inwieweit  die  schlesischen  Herzoge  liber  ihre 
Lande  zu  disponieren  berechtigt  seien,  hochst  bedeutungs- 
vollen  Vorgang  handle.  Dieselben  hatten  bereits  in  ihrer 
ersten  Vorstellung  stark  hervorgehoben,  der  unmllndige  Konig 
habe  an  der  ganzen  Sache  keine  Schuld,  also  mit  anderen 
Worten  dem  Landesverweser  erklart,  dieser  trage  in  ihren 
Augen  die  ganze  Verantwortlichkeit  fllr  die  mit  dem  Lieg- 
nitzer Handel  beabsichtigte  Unterdrilckung  und  Benach- 
teiligung  der  schlesischen  Fiirsten  und  fiir  alle  verderblichen 
Folgen,  die  daraus  entspringen  konnten. 

Bald  vermogen  sie  nun  auch  sich  darauf  zu  berufen, 
dafs  Kcinig  Lady  slaw  dem  verstorbenen  Herzog  Johann 
zweimal,  einmal  durch  den  Grafen  Cilly,  ein  ander  Mai  durch 
Herrn  Ulrich  Eytzinger  habe  versichern  lassen,  das  feind- 
selige   Auftreten    des    bohmischen   Hauptmanns   Reynprechts 


Fortsetzuug  des  Lieguitzer  Lehenstreites.  291 

von  Ebersclorf  in  Liegnitz  gegen  die  Llibener  Herzogs- 
familie  sei  nicht  mit  seinem  Willen  erfolgt.  Es  entsprach 
ganz  diesen  Anscliauungen ,  wenn  nun  auch  Herzogin  Hed- 
wig  tlber  den  Kopf  des  Gubernators  liinweg  sich  an  den 
Konig  mit  der  Bitte  wendete,  die  Entscheidung  iiber  die 
Liegnitzer  Erbfolge  bis  zur  Miindigkeit  des  jimgen  Herzogs 
Friedrich  oder  wenigstens  auf  ein  bis  zwei  Jahre  auszu- 
setzen,  inzwischen  aber  Georg  Podiebrad  alle  Feindseligkeiten 
zu  iintersagen. 

Den  Landesverweser  konnten  diese  Dinge  wohl  stutzig 
machen.  Die  schlesische  Landeshauptstadt  stand  ihm  in  un- 
versolinlicher  Feindseligkeit  gegeniiber,  sollte  er  jetzt  auch 
die  sclilesisclien  Herzoge  dadurch,  dafs  er  sie  an  enipfind- 
lichster  Stelle  ti-af,  gegen  sich  ganz  und  gar  in  Harnisch 
bringen?  Selbst  des  jungen  Konigs  war  er  nicht  mehr 
sicher.  Von  Wien  aus  befahl  derselbe  ganz  im  Sinne  jenes 
Antrages  der  Herzogin  Hedwig,  bis  zui-  Rilckkehr  Heinrichs 
von  Kosenberg  nach  Schlesien  nichts  mehr  gegen  die  Lieg- 
nitzer zu  unternehmen,  wahrend  dagegen  Podiebrad  von 
Prag  aus  unter  dem  11.  August  1456  den  Liegnitzern  Fehde 
ankiindigte.  AUerdings  bleibt  es  bei  der  Armut  unserer 
Quellen  zweifelhaft,  inwieweit  es  jenem  mit  solcher  Fehde 
Ernst  war,  und  ob  er  nicht  blofs  dem  Prager  Landtage 
gegeniiber,  welcher  liber  den  durch  die  Liegnitzer  der  boh- 
mischen  Krone  angethanen  Schimpf  sehr  unwillig  war,  einen 
gewissen  guten  Willen  zeigen  wollte,  und  ebenso  ist  es 
wohl  moglich,  dafs  Kcinig  Ladyslaw,  wenn  er  1456  Podie- 
brad von  FeindseHgkeiten  gegen  die  Liegnitzer  abhielt,  in 
der  That  nur  daran  dachte,  zuforderst  alle  Ki*afte  gegen 
die  drohende  Tilrkengefahr  zu  vereinen,  wie  wir  denn  wahr- 
nehmen,  dafs  auch  von  ihm  im  folgenden  Jahre  1457,  als 
er  siegreich  von  dem  Tiirkenfeldzuge  heimkehrte,  scharfere 
Edikte  gegen  die  Liegnitzer  erlassen  werden. 

Auf  der  anderen  Seite  aber  spricht  doch  vieles  dafiir, 
dafs  der  junge  Konig  in  Bem'teilung  der  schlesischen  An- 
gelegenheiten  liberhaupt  keiueswegs  auf  dem  Standpunkte 
Georgs  von  Podiebrad  stand.  Es  gelang  diesem  letzteren 
nun  einmal  nicht,  Ladyslaw  so  an  sich  zu  fesseln,  dafs 
nicht  auch  anders  gesinnte  Eatgeber  demselben  hatten  nahen 
konnen.  In  Wien  und  Ungarn  herrschten .  doch  sehi*  andere 
Einflilsse.  Filr  die  anspruchsvolle  Adelsversammlung ,  die 
im  Prager  Landtage  gebot,  hatte  der  konighche  Jiing- 
ling  geringe  Sympathieen,  dem  ganzen  hussitischen  Wesen 
stand  er  mit  kaum  verhehlter  Abneigung  gegeniiber,  und 
dieses  Gefuhl  mochte  in  dem  Tiirkenfeldzuge  von  1456  nur 

19* 


292  Viertes  Buch.     Erster  Abschuitt. 

noch  verstarkt  worden  sein.  War  damals  audi  der  Sieg 
an  ci'stcr  Stelle  der  Tapferkeit  Johann  Hunyads  zu  ver- 
dankeu,  so  hatte  docb  audi  Capistran,  der  grolste  Feind  der 
Hussiten,  dabei  seine  Haiide  im  Spiel  geliabt,  die  Geiiiiiter 
zum  Kampfe  gegen  den  Erbfeind  cntflammt  und  allein  aus 
Sclilesien  einen  Zuzug  von  800  wohlgeriisteten  Kreuzfabrem 
dem  Heere  des  Konigs  zugefiibrt,  von  denen  mr  erfahren, 
dafs  sie  am  7.  September  1456  in  feierlicher  Prozession  von 
der  Gcistlicbkeit  und  den  Scbiilern  geleitet  aus  den  Thoren 
Breslaus  ausgezogeu  sind. 

Aufserdem  mocbte  Ladyslaw  je  alter  er  wurde,  um  so 
mehr  die  Abbiingigkeit  empfinden,  in  die  ilm  Georg  Podie- 
brad  gebannt  batte,  ein  Gefuhl,  dem  die  dankbare  Erinne- 
rung  an  geleistete  Dienste  auf  die  Lange  niclit  die  Wage 
zu  halten  vermocbte.  Wessen  der  junge  Fiirst  fabig  sei, 
das  erfubr  eben  im  Friibbnge  des  Jabres  1457  die  Welt 
mit  Staunen  und  Grauen,  als  derselbe  die  Erben  des  ge- 
feiertsten  Namens  in  Ungarn,  des  Tiirkensiegers  Johann 
Hunyad,  nacbdem  er  sie  mit  vollendeter  Verstellung  in 
Siclierbeit  eingewiegt,  gefangennebmen  und  dem  Altesten 
Ladyslaw  Hunyad  das  Haupt  vor  die  Filfse  legen  liefs,  zur 
Strafe  dafiir,  dafs  er  des  Konigs  Ratgeber  Graf  Ulrich  von 
Cilly  erscblagen  und  Ladyslaw  gezwungen  batte^  sicli  seinem 
Einflusse  zu  beugen. 

Dem,  der  solcbes  auf  ungariscbem  Boden  gewagt  batte, 
koiinte  aucb  in  Bobmen  kein  Haupt  zu  boob  diinken,  um 
es  nicbt  zu  fallen,  wenn  sicli  Zeit  und  Stunde  dazu  bot. 
Georg  Podiebrad  empfand  das  wolil,  und  nui'  mit  den  grofsten 
Vorsicbtsmafsregeln  nabte  er  darauf  seinem  koniglicben 
Pflegling,  der  sieb  jedocb  endbcb  bereit  finden  liefs,  Georg 
nacb  Prag  zu  geleiten,  wo  er  bald  wieder  durdi  die  Un- 
gunst,  die  er  dem  greisen  geistlicben  Haupte  der  Hussiten, 
dem  Erzbiscbofe  von  Prag,  Rokycan,  zeigte,  grofsen  An- 
stofs  erregte. 

Nur  wcnige  Monde  verweilte  er  zu  Prag  mit  Anstalten 
zu  seiner  Vermablung  mit  des  Konigs  von  Fraukreich 
Tocbter  bescbaftigt;  da  erkrankte  er  plotzlicb;  binncn  zwei 
Tagen,  am  23.  November  1457,  war  er  eine  Leicbe. 

Mit  der  Kunde  aber  von  dem  jaben  Tode  des  ISjabiigen 
Jungbngs,  eines  Bildes  der  Kraft  und  Gesundheit,  erstand 
aucb  das  Gerucbt,  die  Hussiten  und  ihr  Haupt,  Georg 
Podiebrad,  batten  mit  Gift  den  Konig  aus  dem  Leben  ge- 
scbafft,  ein  Gerucbt,  das  fest  geglaubt  wurde  allerorten,  wo 
man  dem  macbtigen  Bobmen  nicbt  woblwollte,  und  es  fehlte 
ibm  nicbt  an  Feinden. 


Der  Tod  cles  Kouigs  Ladyslaw.  293 

Der  Historiker  aber,  der  sorgfaltig  abwag-end  sein  Ver- 
dikt  abgiebt,  wird  bekennen  milssen,  es  konne  der  Umstand, 
dafs  dieser  Tod  Georg  Podiebrad  sehr  gelegen  kam  vmd  ihn 
aus  einer  Lage  befreite,  die  von  Stunde  zu  Stunde  gefahr- 
licher  und  bedenklicher  flir  ihn  wurde,  ja  ihm  liber  Nacht 
einmal  Stellung,  Ansehn,  vielleicht  selbst  das  Leben  kosten 
konnte,  doch  nicht  als  hinreichend  angesehen  werden,  um 
bei  dem  Mangel  sonstiger  Beweise  das  Andenken  Georgs 
von  Podiebrad  niit  der  furchtbaren  Beschuldigung  eines  sol- 
chen  Meiichehiiordes  zu  belasten. 


Zweiter  Abschnitt. 

Konig  Greorg  Podiebrad  1458 — 1469.    Widerstaiid  der 

Breslauer  mid    dereii  Isolieruiig.     Die  Kegentsehaft 

des  Legateii.    Kitinpfe  in  Schlesien  1466  und  1467. 


Es  sind  wenig  erii'eidicbe  Blatter  der  scblesischen  Ge- 
schichte,  die  jetzt  folgen,  wo  die  Zersplitterimg  des  Landes 
nach  alien  Seiten  bin  unheilvolle  Friichte  triigt,  wo  das  alte 
Bollwerk  des  Deutschtums  hier  im  Osten  von  aller  Welt 
im  Stich  gelassen  in  die  Hande  der  Fremden  fallt  und 
selbst  die  Standbaftigkeit  der  Breslauer  uns  vielfach  be- 
dauern  lafst,  dais  sie  nicht  in  einem  anderen  Kampfe,  unter 
anderen  Fahnen  und  fur  andere  Preise  zur  Geltung  ge- 
bracht  worden  ist,  da  sie  thatsachlich  _  doch  nur  darum 
kampft,  statt  des  drohenden  grufseren  tJbels  ein  kleineres 
auf  die  Schultern  zu  nehmen.  Und  gerade  fiir  diese  un- 
erquickliche  Zeit  fliefsen  unsere  Quellen  so  reich  wie  kaum 
jenials,  und  ein  Geschichtschreiber,  auf  den  unser  Schlesien 
mit  Recht  stolz  sein  kann,  der  Breslauer  Stadtschreiber 
Peter  Eschenloer  (geboren  zu  Niirnberg  nach  dem  Jahre 
1420)  schildert  uns  die  Kampfe  der  Podiebradischen  Zeit 
mit  aktenmafsiger  Genauigkeit,  um  dann  am  Abend  seines 
Lebens  das  ursprlinglich  lateinisch  geschriebene  Werk  in 
deutscher  Sprache  neu  zu  bearbeiten  zu  einem  Geschichts- 
werke  voll  Geist  und  Leben,  dem  niemand  einen  hervor- 
ragenden  Platz  in  der  nationalcn  Ilistoriograpbie  streitig 
macht,  wenn  gleich  der  Forscher  lieber  auf  die  altere  diirrere 


294  Vicrtes  Bucb.     Z-weiter  Abschnitt. 

und  aktenmafsige  aber  audi   minder   teudeuziose   lateinische 
Bearbeitimg  zuriickgreitt. 

Flir  die  tSchlesier  schien  eins  durch  den  Tod  Lady  slaws 
mit  voller  Bestiramtheit  gegeben.  Waren  sie  bislier  inimer 
fur  den  erblicheu  Charakter  der  bohmischen  Krone  einge- 
treten,  die  ja  aucli  bereits  mehrfach  in  weiblicher  Linie 
fortgepflanzt  worden  Avar,  wie  z.  B.  nach  dem  Tode  Sigis- 
munds,  so  durften  sie  dies  Prinzip  auch  jetzt  nicht  ver- 
leugnen,  sondern  hochstens  das  unentschieden  lassen,  ob  fur 
den  niichsten  Erbberechtigten  nun  der  Gemahl  der  iiltesten 
Schwester  Ladyslaws  oder  aber  der  iilteste  Vetter  aus  habs- 
burgiscbem  Mannesstamme  gelten  diirfe. 

Aber  ehe  darllber  auch  nur  Bescliliisse  gefafst  werden 
konnten,  iinderte  das  Vorgehen  der  ungarischen  und  boh- 
mischen Stande  die  ganze  Lage  der  Dinge.  Kaum  war 
Ladyslaw  tot,  so  verlangten  die  Ungarn  den  Sohn  ihres 
Nationalhelden  Johann  Hunyad,  ]\Iatthias,  der  seit  dem  Miirz 
1457  von  Ladyslaw  gefangen  gehalten  wurde,  als  kilnltiges 
Oberhaupt.  Sein  jetziger  Kerkermeister  Georg  Podiebrad 
zeigte  sich  einem  Wunsche,  der  doch  auch  fur  die  eigenen 
Plane  einen  erwunschten  Vorgang  lieferte,  sehr  geneigt.  Der 
kiinftige  Konig  Ungarns  ward  schnell  aus  einem  Gefangenen 
zu  einem  geehrten  Gaste  des  Landesverwesers,  der  ihm  sogar 
die  Hand  seiner  Tochter  Katharina  zusagte,  und  dem  un- 
garischen Beispiele  folgend  wahlte  im  Miirz  1458  der  boh- 
mische  Landtag  Georg  Podiebrad  zum  Konig.  Thatsaclilich 
loste  sich  das  grofse  luxemburgisch  -  habsburgische  Keich  in 
seine  Bestandteile  auf,  und  zwar  auf  der  Grundlage  der 
Nationahtat.  Die  Magyaren  walilten  einen  der  Ihrigen,  die 
Czechen  in  Bohmen  desgleichen;  es  hatte  nun  blofs  noch 
gefehlt,  dafs  auch  die  ganz  deutschen  Stammlande,  die  Lausitz 
und  Schlesieu,  einen  Fiirsten  ihrer  Nationalitat  auf  den 
Schild  gehoben  hatten. 

Das  Recht  zu  solchem  Vorgehen  den  Schlesiern  zuzu- 
gestehen,  war  man  allerdings  auf  bohmischer  Seite  weit 
entfernt.  Die  Nebenlande  Bohmens  sah  man  hier  an  als 
festgeschmiedet  fiir  alio  Zeiten  an  die  Krone  Wenzels,  so 
dafs  sie  einfach  dem  zu  huldigen  hatten,  den  jener  Reif 
schmiickte.  Rechthch  durfte  die  Sache  wolil  als  aufserst 
fraghch  erscheinen,  denn  wenn  auch  die  grofsen  Privilegien 
Karls  rV".  von  1348  und  1355  Schlesien  und  die  Lausitz 
fur  alle  Zeiten  der  KJrone  Bohmen  einverleibt  hatten,  so 
hiefs  es  doch  in  den  Ausfiihrungsbestinunungen  dieser  Ur- 
kunden,  dafs  die  Huldigungen  der  schlesischen  Fiirsten  an 
die  Erben  und  Nachfolger  Karls  IV.  zu  erfolgen  hatten,  so 


Georg  Podiebrads  Konigswahl.  295 

dafs  kaum  ein  Zweifel  darilber  obwalten  konnte,  der  Aus- 
steller  habe  bei  dera  ganzen  Privileg  die  Erblichkeit  der 
bohmisclien  Krone  vorausgesetzt. 

Flir  einen  Erben  Karls  IV.  konnte  nun  aber  Pocliebrad 
in  keinem  Falle  gelten.  Noch  schwerwiegender  war  jedoch 
ein  anderes  Bedenken.  Weiland  Kaiser  Karl  IV.  hatte  bei 
seinem  Bestreben,  liberall  feste  gesetzmafsige  Normen  zu 
schaffen,  in  seiner  Eigenschaft  als  romischer  Konig  von 
Reichs  wegen  1348  ein  Statut  fur  das  Konigreich  Bohmen 
erlassen,  dahin  gehend,  dafs  nur  in  dem  Falle,  wenn  einst- 
mals  von  dem  bohmisclien  Konigsstamrae  kein  mannlicher 
o  d  e  r  w  e  i  b  1  i  c  h  e  r  legitimer  Erbe  mehr  vorhanden  sei,  den 
Pralaten,  Herzogen,  Filrsten,  Baronen,  Edlen  und  der  Ge- 
samtlieit  des  Ktinigreichs  und  seiner  Pertinentien, 
nachdem  dieselben  den  Rat  einiger  Reichsfilrsten,  der  Wahler 
des  kimftigen  Kaisers  und  sonstiger  Filrsten  aus  der  Um- 
gebung  des  Kaisers,  eingeholt,  das  Recht  zur  Wahl  eines 
Konigs  zustehe.  Die  ganze  Bestimmung  wird  dann  in  der 
grofsen  goldenen  Bulle  von  1356  ausdriicklich  angezogen 
und  bestatigt. 

Jenes  Grundgesetz  der  bohmisclien  Krone  war  unzweifel- 
liaft  durcli  die  Wahl  Georg  Podiebrads  verletzt  wordeii. 
Einmal  war  der  darin  vorgesehene  Fall  jetzt  niclit  vor- 
handen, iiisofern  noch  weibliche  Erben  des  Kcinigsstammes 
vorhanden  waren,  und  ferner  war  die  Wahl  niclit  in  der 
vorgeschriebenen  Weise  erfolgt,  insofern  weder  die  Vertreter 
der  Pertinentien  zugezogen  waren  noch  der  Rat  der  Reichs- 
fursten  eingeholt  word  en  war. 

Sicherlich  batten  hiernach  die  Schlesier  das  vollste  Recht, 
der  geschehenen  Wahl  ihre  Aiierkennung  zu  versagen  und 
sich  jeder  aus  dieser  Wahl  abgeleiteten  Huldigungspflicht  zu 
weigern.  In  weiterem  Verfolg  einer  solchen  Politik  konnten 
sich  zwei  Wege  darbieten.  Entweder  man  liielt  an  dem 
Erbrechte  fest  und  entschied  sich  flir  einen  legitimen  Erben 
der  bohmischen  Krone,  oder  aber  man  erklarte:  die  Krone 
Karls  IV.,  der  wir  inkorporiert  worden,  imd  deren  Trager 
wir  zu  huldigen  gehalten  waren,  existiert  nicht  mehr,  der 
Prager  Landtag  hat  die  Grundgesetze  des  Reiches  grobhch 
verletzt;  das  luxemburgisch - habsburgische  Reich  hat  sich 
aufgelost,  wir  sind  unsere  eigenen  Herren,  und  rait  dem- 
selben  Rechte,  mit  dem  die  Magyaren  einen  der  ihrigen,  die 
Czechen  einen  ihrer  Adeligen  zu  ihreni  Haupte  gewiihlt 
haben,  werden  wir  Deutschen  uhs  auch  einen  der  unseren 
zum  Herrscher  erkiesen. 

In  solcher  Weise  mutig  das  deutsche  Banner  zu  erheben. 


296  Viertes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

die  dentsche  Nationalitjit  als  Trumpf  auszuspielen  gegen  die 
czechische,  die  magyarische  Nationalitiit  ware  vielleicht 
wenn  gleich  die  kiihnste  so  doch  auch  die  klligste  Politik 
filr  die  Schlesier  gewesen,  vorzuziehen  dem  blofsen  Beharren 
auf  dem  Erblichkeitsprinzipe,  insofern  sie  dann  der  Gefahr 
entgangen  waren,  bei  eiaiem  Vergleich  der  Erbberechtigten 
als  blolses  Korapensationsobjekt  niit  verhandelt  zu  Averden. 

Eine  derartige  Politik  ist  nun  aber  von  der  Gesamtheit 
der  Schlesier  nie  und  selbst  von  den  Breslauern  nur  vor- 
iibergeliend  ins  Auge  gefafst  worden;  war  doch  Schlesien 
nicht  wie  Ungani  oder  Bohmen  ein  einheitlich  konstituiertes 
Reich,  sondern  in  klaglichster  Weise  zersplittert  und  zwar 
thatsiichlich  in  noch  schlimmerem  Mafse  als  friiher.  Neben 
einer  Anzahl  ohnmiichtiger  Teilfiirsten,  von  denen  keiner 
dazu  geartet  war,  eine  fiihrende  RoUe  zu  spielen,  die  mittel- 
baren  Kronlande  Breslau  und  Schweidnitz-Jauer,  in  welchen 
den  Stadten  die  leitende  Stimme  zuliel,  ohne  dais  jedoch 
hier  die  Hauptstadt  eine  solche  dominierende  Stellung  hatte 
einnehmen  konnen,  wie  sie  es  einst  unter  Karl  IV.  ver- 
mocht  hatte.  Wir  sahen  ja  bereits,  wie  sehr  Breslau  in 
den  letzten  Zeiten  Konig  Ladyslaws  isoliert  dagestanden 
hat.  Und  wer  hatte  auch  behaupten  mogen,  dafs  die  stad- 
tischen  Gewalten  von  damals  die  Zixgel  so  test  und  sicher 
gefilhrt  hatten  wie  zu  Karls  IV.  Zeit?  Die  Stadtregierung 
war  unvermerkt  demokratischer  geworden,  die  jetzt  erregtere 
grofse  Menge  wirkte  und  drilckte  mit  ihren  wechselnden 
Stimmungen  auf  die  Entschliefsungen  der  Herren  am  Rats- 
tische.  Und  wenn  schon  im  Rate  der  deutschen  Burger- 
schaften  Breslau  an  Einflufs  eingebiilst  hatte  gegen  friiher, 
so  war  das  natlirhch  noch  ungleich  schlimmer  den  Fiirsten 
gegeniiber.  Deren  Selbstgefiihl,  ihr  Standesbewufstsein  war  in 
demselben  Mafse  gewachsen,  als  der  Druck  eines  machtigen 
Oberlehensherrn  geschwunden  war.  Deutlich  spricht  aus 
den  fiirstlichen  Verwendungsschriften  in  der  Liegnitzer  Sache 
ihr  Unwille  gegeniiber  den  angeblichen  Uberhebungen  des 
stadtischen  Patiiziats. 

So  sah  es  libel  aus  mit  den  Bedingungen  einer  einheit- 
Hchen  Pohtik  der  Sclilesier.  Und  dazu  nun  die  Thatsache, 
dafs  die  beiden  Organe  der  schlesischen  Einheit,  das  geist- 
Hche  Haupt  der  Bischof  von  Breslau  und  der  Landeshaupt- 
mann  Johann  von  Rosenberg,  der  seinem  1457  gestorbenen 
Bruder  Heinrich  in  dieser  Wurde  gefolgt  war,  beides  Czechen 
waren.  Es  ware  lacherlich  gewesen,  daran  zu  denken,  den 
Karapf  filr  das  Deutschtum  unter  der  Agide  zweier  Bruder  zu 
imtemehmen,  die  kaum  der  deutschen  Sprache  mJichtig  waren. 


Haltung  der  Schlesier  in  cler  Fragc  d.  bohmischeii  Thronfolge.     297 

Bei  aUeclem  hatte  ein  solcher  Kampf,  wie  man  meinen 
konnte,  anderer  Hilfe  gewiis  sein  dilrfen.  Waren  Magyaren 
und  Czechen  allein  auf  sich  angewiesen,  so  stand  doch 
hinter  den  Deutsclien  in  Schlesien  das  grofse  Deutsche  Reich, 
dessen  Haupt  und  Gliederu  es  ja  nicht  gleichgiiltig  sein 
durfte,  ob  dieses  so  schcin  aufgebluhte  Vorland  des  Reiches 
in  die  Hiinde  der  Slaven  fiel.  Aber  diese  Erwartung  ist 
griindlich  getauscht  worden.  Soil  man  das  Haupt  anklagen, 
jenen  Friedrich  III.  den  klaghchsten  Kaiser,  der  je  die 
Kj-one  Karls  des  Grofsen  getragen,  oder  die  Glieder,  z.  B. 
jenen  Wilhelm  von  Sachsen,  den  Schwager  Ladyslaws,  den 
nachsten  Erbberechtigten,  dem  aber  zum  Kampfe  mit  einem 
Manne,  wie  Georg  Podiebrad  war,  ziemHch  alles  fehlte,  die 
Macht,  der  Geist,  der  starke  Wille?  Eher  mag  sich  da 
unser  Blick  auf  die  beiden  Gestalten  der  Hohenzollern  heften, 
jenes  Briiderpaar,  Friedrich  und  Albrecht,  beide  tapfer,  klug, 
hoch  angesehen,  die  seit  langen  Zeiten  ihre  Hande  in  den 
schlesischen  Angelegenheiten  batten,  bei  wichtigen  Anlassen 
wiederholt  auf  schlesischem  Boden  erschienen  waren,  und 
durch  Blutsbande  mit  den  hiesigen  Fiirstenhausern  ver- 
kniipft  wohl  wufsten,  was  hier  auf  dem  Spiele  stand.  Auch 
sie  aber  haben  die  Schlesier  im  Stich  gelassen,  auch  der 
Schiltzer  der  Ostmarken  des  Deutschen  Reiches  hat  die 
Hand  nicht  erhoben  fiir  die  Deutschen  an  der  Oder. 

Wohl  fallt  es  schwer,  hier  den  Stein  zu  erheben,  anzu- 
klagen  wegen  versiiumter  Pflichterfilllung ;  der  Historiker  hat 
alien  Grmid,  sich  immer  bewufst  zu  bleiben,  wie  wenig  von 
den  treibenden  Motiven  ferner  Zeiten  sich  ihm  enthilllt.  ( Jb 
es  moglich  gewesen  ware  fiir  Markgraf  Friedrich  II.,  Schle- 
sien sich  zu  gewinnen  und  zu  behavipten,  wer  will  es  sagen? 
Immerhin  aber  erscheint  es  bedenklich,  noch  besonders  die 
damalige  „deutsche  Politik"  der  Hohenzollern  zu  riihmen, 
welche  in  Wahrheit  doch  die  Gesichtspunkte  der  Mai'kgrafen 
von  Brandenburg  denen  der  Nilrnberger  Burggrafen  auf- 
geopfert  hat.  Vermag  wirklich  alle  ihre  ghibellinische  Da- 
naidenarbeit  im  Dienste  des  unverbesserlichen  Kaisers  Fried- 
richs  III.  die  eine  Thatsache  aufzuwiegeu,  dafs  wahrend  der 
Regierung  Kurfiirst  Friedrichs  II.  von  Brandenburg  die  bei- 
den Bollwerke  des  Reichs  gegen  Osten  bin,  das  Ordensland 
Preufsen  und  das  deutsche  Schlesien,  in  die  Hande  der  Slaven 
gefallen  sind? 

Widerstand  der  Breslauer.     Isolierung  derselben. 

Wie  das  in  Schlesien  kam,  miige  jetzt  in  Kiirze  erziihlt 
werden.      Auf    dem    bohmischen   Landtage,    der    die   Wahl 


298  Viertcs  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

Georgs  ziini  Konige  voUzog,  liatten  Gesandte  des  Herzogs 
A\'illiclm  vuu  Sachsen,  des  Geraalils  der  altesten  Schwester 
A-on  Ladyslaw,  die  durch  die  Gesetzgebung  Karls  IV.  ver- 
brietteu  Erbrechte  der  weiblichen  Linie  hervorgehoben  und 
soviel  erzielt,  dais  die  betr.  Urkunden  aus  dem  Archive  aiif 
dem  Karlsteine  lierbeigeholt  wurden,  docli  hatten  die  Boh- 
men  aus  ihnen  ein  unbescliranktes  WaWrecht  herauszulesen 
veriiiocht  und  die  Wahl  iiur  um  so  schneller  vollzogen,  am 
2.  Marz  1458.  Als  die  Nachricht  hiervon  nach  JSchlesien 
kam,  waren  es  zunachst  die  schlesischen  Filrsteu  (docli  mit 
Ausschluls  der  oberschlcsischcn),  die  auf  einer  Versamnilung 
zu  Liegnitz  I'lir  sich  allein^  d.  h.  ohne  die  Stiidte  oder  die 
Vertreter  der  unmittelbaren  Lande  vlber  die  Wahl  und  deren 
an  sie  gekommeue  Xotifikation  berieten  und  dieselbe  auzu- 
erkennen  Bedenken  trugen,  Aveil  sie  selbst  nicht  zugezogen 
worden  seien. 

Der  bohmischen  Gesandtschaft  gegeniiber  ward  die 
Entscheiduug  einer  aus  ganz  Scblesien  zu  berufenden  Ver- 
samnilung vorbehalten.  Auf  dieser,  zu  der  also  nun  auch 
die  ubersehlesischen  Fili'steu  wie  die  Verti'eter  der  Erb- 
furstentiimer  eingeladen  wurden,  und  die  Mitte  April  in 
Breslau  zusammentrat,  sorgten  sebon  die  Gesandten  Herzogs 
^\'ilhelm  von  Saehsen  dafui*,  dais  man  bier  die  Frage  etwas 
ernster  ins  Auge  fafste.  Man  legte  den  bohmiscben  Ge- 
sandten jenes  Grundgesetz  Karls  IV.  von  134  8  vor  und 
fragte,  ob  man  im  Einklang  mit  diesem  vorgegangen  sei, 
indem  man  gewablt  babe,  wiibrend  doeb  nocli  Sprossen  des 
Kunigsstammes  vorbanden  seien,  und  aufserdem  die  Walil 
gleichialls  im  ^^'iderspruche  mit  jenem  Grundgesetze  unter 
AusscblieJsung  der  JSchlesier  vollzogen  babe.  Die  bohmischen 
Gesandten  liefsen  es  im  Grunde  dahingesteUt,  ob  nicht  viel- 
leicht  Unregelmiifsigkeiten  bei  der  Wahl  vorgefallen  seien; 
solche  soUten  fur  die  Zukunft  verhiltet  Averden;  um  so 
eitriger  mahnten  sie  dazu,  die  Wahl  anznerkennen,  verhiefsen 
grol'se  Vorteile  dafiir  und  liefsen  im  Weigerungsfalle  schweren 
Schaden  befiirchten. 

Die  Antwort  der  Breslauer  Versammlung,  die  iibrigens 
aus  (Jberschlesien  nur  von  Herzog  Bolko  von  Oppeln  be- 
schickt  Avar,  ging  dahin,  dafs  die  Schlesier,  obAvohl  sie  an 
der  Krone  Brdnnen  unverbriichlich  festzuhalten  gemeint  Avaren, 
doch  mit  Riicksicht  auf  die  von  verschiedenen  Seiten  nam- 
lich  von  dem  Herzoge  von  Saehsen,  den  osterreich ischen 
Filrsten  und  nun  auch  von  den  bohmischen  Herren  geltend 
gemachten  Anspriiche  auf  jene  Krone  ihre  Anerkennung  so 
lange  hiuausschieben  mufsten ,  bis  „an  gebilhrhchen  Statten 


A'erweigerte  Anerkenuung  des  ueueii  Konigs.  299 

erkannt  sei,  wen  sie  billig  als  eineu  christlichen  Herrn   und 
Konig  aufnehmen  sollten". 

Wer  wollte  die  Antwort  als  besonders  tapt'er  bezeiclineu"? 
Eine  prinzipielle  Geltendmachung  des  Nationalitatsprinzips, 
wie  es  die  Slagyaren  und  Czechen  zur  Anwendimg  gebracht 
hatten,  scblofs  sie  eigentlich  bereits  aus,  ohue  dabei  doch 
fiii-  das  Recht  der  Erblichkeit,  der  weiblichen  Succesion  ein- 
zutreten.  Von  den  schwerwiegenden  verfassungsniafsigeu 
Bedenken,  welche  die  Schlesier  der  Prager  Wahl  gegenilber 
zu  aufsern  ein  voiles  Recht  batten,  ist  nicbt  Aveiter  die 
Rede,  und  wenn  die  Berufung  auf  eine  kiinftige  Entschei- 
dung  „an  gebubrlichen  Statten"  unbestimmt  und  vieldeutig 
genug  scheint,  ura  nocb  alle  Losungen  offen  zu  balten,  so 
zeigt  dagegen  die  Formel  des  Bilndnisses,  zu  welchem  eben 
auf  jenem  Breslauer  Tage  Bischof  Jost  die  Schlesier  zu  ver- 
einen  vermocht  hatte,  aucb  diesen  Punkt  in  sehr  kaptivieren- 
der  Bestimmtheit.  Diese  Einung  verbindet  die  Vertreter  von 
]\Iittel-  und  Mederschlesien  zu  gemeinsamer  Yerteidigung 
gegen  alle,  welche  sie  etwa  anfechteu  wollten  wegen  ihres 
Entschlusses ,  sich  der  Anerkennung  der  Prager  Wahl  so 
lange  zu  versagen,  „bis  sie  einen  christlichen  Herrn  und 
Konig  haben  wilrden ",  und  anderseits  fest  an  der  romischen 
Kirche  zu  halten. 

Der  besondere  Standpuukt  des  Breslauer  Bischofs  fand 
in  diesem  Biindnisse  seinen  vollkommenen  Ausdruck.  Jost 
von  Rosenberg  war  ein  bohmischer  Patriot,  kaum  minder 
czechisch  gesinnt  als  sein  Bruder  Johann,  der  Hauptmaun 
Schlesiens,  einer  der  Wahler  Georg  Podiebrads;  nimmer 
hatte  er  einer  Lostrennung  Schlesieus  von  der  bohmischen 
Ki'one  zugestimmt,  doch  er  war  kathoUscher  Priester.  Als 
solcher  hatte  er  Bedenken  wegen  der  hussitischen  Gesinnung 
des  neuen  Konigs,  und  eine  Pression,  welche  den  letzteren 
von  der  Linie  der  Baseler  Kompaktaten  abdriingen  konnte, 
war  ihm  sicher  willkommen.  Es  war  daher  ganz  charakte- 
ristisch,  dafs  er  nicht  lange  nach  dem  Breslauer  Tage  sich 
nach  Rom  begab ,  um  aus  sicherster  Quelle  zu  erkunden, 
wie  man  hier  iiber  die  Glaubigkeit  des  neuen  Herrschers 
dachte. 

Von  seinem  Standpunkte  mochte  das  alles  durchaus 
korrekt  scheinen,  schwieriger  ist  es  zu  fassen,  dafs  er  die 
iibrigen  Schlesier  hat  mit  sich  fortreifsen  konnen,  da  man 
sich  doch  darilber  kaum  tauschte,  dais  I'iir  die  schwierige 
Frage,  ob  die  Schlesier  einen  mit  Verletzung  der  bohmischen 
Grundgesetze  von  dem  Prager  Landtage  tumultuarisch  ge- 
wiihlten  czechischen  Adeligen  als  ilu-en  Oberlehensherrn  an- 


300  Vieitt's  Buck      Zweitcr  Abscbuitt 

ziierkennen  verniocliten,  ohne  f'ilr  ihre  iiationale  Besonder- 
heit  furcliten  zu  milssen,  niclit  allzu  vnel  damit  bewiesen 
ware,  wenn  der  Papst  dem  Gewahlten  ein  Zeugnis  der 
Rechtglaubigkeit  ausstelltc. 

Es  war  sehr  erkliirlicli,  dais  der  alte  Ilerzog  Bolko  von 
Oppeln,  der  selber  als  der  einzige  unter  den  sehlcsischen 
Fiirsten  von  friih  an  hussitische  Sympathieen  gezeigt,  hus- 
sitischen  Predigern  Schutz  und  Zullucht  gewiihrt,  ja  in  Be- 
thatigung  derartiger  Ansicliten  sogar  die  Giiter  des  Ober- 
Glogauer  Kollegiatstiftes  sich  angeeignet  hatte,  Breslau  wieder 
verliefs,  ohne  dem  Bunde  beizutreten,  sowie  er  wahniahni, 
dais  die  Frage  auf  das  kirchliche  Gebiet  hinllbergespielt 
werde,  und  sein  Beispiel  hat  dann  wohl  auch  Wlodko  von 
Teschen  bewogen,  die  Anhiingung  seines  Siegels  an  den 
Bundesbrief  zu  verweigern.  Aber  auch  die  anderen  sclde- 
sisehen  Stande  haben  zuni  grofsen  Teile,  wie  es  den  An- 
schein  hat,  an  dem  Vorschlage  des  Bischofs  vor  allem  das 
geschatzt,  dais  derselbe  nicht  allzu  grolses  Risiko  in  sich 
schlofs,  im  stillen  dabei  entschlosscn ,  in  keinem  Falle  Miir- 
tyrer  ihres  kirchlichen  Eifers  zu  werden. 

Wenn  aber  die  entschiedener  Gesinnten,  vor  allem  die 
Breslauer,  schon  deshalb  zugestimmt  haben,  weil  Avenigstens 
die  verhafste  Huldigung  hinausgeschoben ,  Zeit  gewonnen 
und  die  Mehrheit  der  Sclilesier  dabei  doch  in  gewisser  Weise 
gebunden  schien,  so  zeigte  es  sich  doch  bald,  wie  wenig  der 
Bund  bindende  Kraft  hatte.  Versprechungen  und  Drohungen 
brachten  die  einzelnen  Bundesglieder ,  eines  nach  dem  an- 
deren, sehr  schnell  der  Uberzeugung  niiher,  dafs  Georg  doch 
wohl  ein  christlicher  Konig  sei ;  Gesandschaften ,  halbe  Zu- 
sagen  u.  dgl.  erfolgten,  und  es  war  kaum  ein  Jahr  ver- 
gangen,  da  fanden  sich  die  Breslauer  mit  dem  einzigen 
Herzoge  Baltasar  von  Sagan,  der  aus  den  Kriegen  de» 
Deutschen  Ordens,  in  denen  er  tapfer  mitgekampt't ,  einen 
dauerhaften  Slavenhafs  heimgebracht  hatte,  nocli  in  dem  hart- 
nackigen  Zweifel  an  der  Rechtglaubigkeit  des  staatsklugea 
Bohmen  zusammen. 

Und  auch  rait  der  auswiirtigen  Kombination,  auf  welche 
die  Breslauer  ihre  Hoffnungen  gebaut,  sah  es  libel  aus. 
Thatsachlich  kam  hier  eben  nur  Herzog  Wilhelm  von  i 
Sachsen  in  Betracht.  Er  hatte  ja  gewisse  Anstalten  ge- 
macht,  um  das  Erbrecht  seiner  Gemahlin  zui'  Geltung  zu  ( 
bringen,  und  ware  natiirlich  gern  bereit  gewesen,  seine  An- 
sprilche  auf  den  bohmischen  Konigsthron  gegen  Abtretung 
von  Schlesien  aufzugeben.  Hier  hatte  man  ihn  nun  wohl 
(wenigstens   in   Mittel-    und    Niederschlesien)    als   Herrscher 


Zuriicktrt'teu  der  audereu  Thronbewerber.  301 

Oeorg  Podiebrad  vorgezogen,  daran  aber,  dafs  hier  mm  die 
Schlesier  Avie  ein  Mann  batten  flir  ibn  aufstehen  imd  Gut 
nnd  Blut  fllr  ibn  einsetzen  sollen,  konnte  nicbt  gedacbt 
■vverden;  und  es  Avar  schon  recbt  seblimm,  dafs  seine  niicb- 
sten  Nacbbarn^  die  Oberlausitzer ,  auf  die  docb  aucb  sebr 
^•erecbnet  Avurde,  so  geringe  Sympatbieen  fur  ibn  begten, 
dafs  gerade  sie  unter  den  ersten  mit  den  Bohmen  sieb  A'er- 
trugen. 

Und  aucb  der  seblesiscbe  Bund  ist  selbst  in  seiner  kurzen 
BUltezeit  nicbt  gar  Aveit  mit  Herzog  Wilbebn  gekommen. 
Der  letztere  verlangte,  die  Scblesier  sollten  sicb  bestimmt 
flir  ibn  erklaren,  dann  Avilrde  er  ibnen  Hilfe  leisten,  diese 
aber  verlangten  zu  allererst  Scbutz  und  Beistand  flir  die 
abAvartende  Haltung,  Avelcbe  die  Breslauer  Bescbliisse  ibnen 
zur  Pflicbt  macbten,  d.  b.  sie  Avunscbten,  bcA^or  sie  sicb 
-durcb  eine  Erklaruug  fllr  den  Herzog  banden,  erst  dafllr 
Sicberbeit  zu  liaben,  dafs  derselbe  aucb  ernstbcb  fllr  sie 
eintreten  Averde.  Wenn  so  ein  Teil  dem  anderen  die  Haupt- 
summe  von  Entscblossenbeit  und  Risiko  zuscbieben  Avollte, 
so  mufste  es  docb  Wilbelm  einleucbten,  dafs  er  Scblesien 
nimmermebr  baben  Avurde,  A\'enn  er  nicbt  mutig  A^orginge. 
Docb  fllblte  er  sicb  allein  dem  Kampfe  mit  der  jMacbt 
Bobmens  um  so  Aveniger  geAvacbsen,  je  Aveniger  er  der 
Scblesier  fllr  alle  EA^entuabtateu  sicb  sicber  fllblte ;  er  sucbte 
.also  Bundesgenossen  und  klopfte  natllrlicb  zunacbst  bei  den 
beiden  Brildern  aus  dem  Hause  Hobenzollern  an,  bei  Fried- 
ricb  von  Brandenburg  und  Albrecbt  Acbilles;  und  es  konnte 
eine  Weile  scbeinen,  als  ob  die  beiden  Brllderpaare  A^on 
Hobenzollern  und  Wettin  mit  seltener  Einmlltigkeit  fllr  die 
Sacbe  der  Deutscben  in  Scblesien  gegen  Greorg  Podiebrad 
eintreten  AA^ilrden. 

Docb  sie  batten  es  mit  einem  klugen  und  gefabrlicben 
Gegner  zu  tbun,  der  aucb  die  verAvickelten  Faden  der 
reicbsstandiscben  Diplomatic  sebr  AA'obl  llbersab.  Es  kostete 
ibm  Avenig  ]\Illbe,  gegen  die  Hobenzollern  deren  alte  Gegner, 
die  Wittelsbacber,  unter  die  Waffen  zu  bringen,  und  als 
Markgraf  Albrecbt  dies  inne  Avurde,  maskierte  er  seinen 
Rilckzug  durcb  eine  eifrige  Vermittelung.  Konig  Georg 
kam  ibm  balbAvegs  entgegen ,  Albrecbts  Bruder  und  die 
Sacbsen  folgten  mebr  oder  AA^eniger  Avilbg,  und  bald  endigte 
die  ganze  Sacbe  damit,  dafs  auf  dem  Tage  zu  Eger  (April 
1459)  Herzog  Wilbelms  bobmiscbe  Ansprllcbe  durcb  Ab- 
4;retung  einer  Anzabl  bobmiscber  Scblosser  abgelost  AA'urden 
und  im  llbrigen  eine  zAviscben  dem  Hause  Wettin  und  dem 
Podiebrads    verabredete    Doppelbeirat    und    ein    daran    ge- 


302  ^'iertes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

kniipl'ter  Erbvertrag-  die  Intei'essen  beicler  auf  das  engste 
verband.  Diese  Vertriige  liaben  ilire  Bedeutung  auch  tiir 
die  sciilesisehe  Geschichte;  mit  ihncn  findet  der  Plan  der 
Schlesier,  auf  Grund  des  Erbrechtes  der  weiblichen  Linie 
einen  deutsclien  Fursten  zum  Oberherrn  zu  erlangen,  sein 
Ende;  wenn  schon  im  September  1458  der  schlesischc  Bund, 
allerdings  im  Widerspruche  mit  den  Breslauern,  den  Bolnnen 
gegeniiber  die  Bedingung  gestellt  hatte,  zunachst  von  den 
anderweitigen  Ansprechern  der  bohmischen  Krone  gefreit  zu 
werden,  so  war  diese  Bedingung  jetzt  zu  Egcr  erlullt  wor- 
den;  nachdem  der  Konig  von  Polen  ebenso  wie  der  Kaiser 
und  sein  Bruder  thatsiichlich  bereits  ihre  Anspriiche  batten 
fallen  lassen,  war  nun  der  einzige  Flirst,  der  sich  wenig- 
stens  bei  den  Sclilesiern  ernstlicher  um  das  Erbe  Lady- 
slaws  bemiiht  hatte,  durch  seine  Verstandigung  rait  Georg 
Podiebrad  thatsachlich  von  seiner  Bewerbung  zuriickge- 
treten. 

Vom  nationalen  Standpunkte  aus  konnten  wir  ja  viel- 
leicht  das  Scheitern  der  an  den  Namen  Herzog  \\'ilhelms 
gekniipften  Kombination  beklagen,  doch  dlirfen  wir  dabei 
nicht  vergessen,  dafs^  falls  diese  letztere  besseren  Erfolg  ge- 
habt  hatte,  die  Gefahr  einer  Zerreifsung  Scblesiens,  eines 
Abfalls  Oberschlesiens  an  Polen  sehr  ernstlich  heraufbe- 
schworen  worden  ware.  Dieser  Teil  Scblesiens  war  doch 
ungleich  weniger  germanisiert,  die  Fursten  waren  hier  in 
der  langen  Zeit,  wo  die  konigiiche  Gewalt  sich  ihnen  wenig 
mehr  flihlbar  gemacht  hatte,  mehr  und  mehr  in  die  Macht- 
sphiire  Polens  gezogen  worden;  dazu  hatte  der  polnische 
Kcinig,  wie  wii"  wissen,  als  Gemahl  einer  Schwester  Lady- 
slaws  gewisse  Erbrechte.  Das  also  werden  wii-  wohl  sagen 
miissen;  indem  Georg  Podiebrad  Sclilesien  behauptete,  hielt 
er  es  wenigstens  zusammen. 

Was  jetzt  noch  als  zwaschen  dem  neuen  Kcinige  von 
Bohmen  und  den  Schlesiern  stehend  geltend  gemacht  wurde, 
hatte  eigentlich  nichts  mehr  mit  den  staatsrechtUchen  Prin- 
zipien,  die  bei  seiner  Wahl  in  Frage  gekommen  wai'en,  zu 
thun;  es  handelte  sich  vielmehr  nur  noch  darum,  ob  nicht 
in  der  Person  des  auf  den  bohmischen  Konigsthron  Be- 
rufenen  sich  ein  Mangel  fande,  ein  Defekt  an  Rechtglaubig- 
keit,  liber  den  die  Schlesier  nicht  hinwegsehen  zu  konnen 
glaubten,  ohne  sich  selbst  von  der  katholischen  Kirche  zu 
trennen.  Diesem  ^Langel  konnte  der  Papst  jeden  Augen- 
bhck  diu-ch  eine  Erklarung  abhelfen,  und  Georg,  der  so 
bewundernswiirdig  klug  seine  Stellung  nach  alien  Seiten 
hin    zu   befestigen  vermocht  und  bei  Kaiser   und  Pteich   wie 


Kr.uig  uml  Papst.  303 

bei  den  Naclibarstaaten  schnell  Anerkennung  gefunden  hatte, 
mviiste  nun  noch  danach  streben,  von  dem  Papste  eine  An- 
erkennung seiner  Rechtglaubigkeit  zu  erlangen,  ohne  dabei 
doch  die  utraquistische  Partei  in  Bolimen,  die  ihn  auf  den 
SchikI  gehoben  hatte  und  ihn  besonders  stiitzte,  zu  ver- 
leugnen. 

Zwischen  ihm  und  dem  nicht  minder  schlauen  Aneas 
Sylvius  Piccolomini,  der  1458  als  Pius  II.  den  papstHchen 
Thron  bestiegen  hatte,  entspann  sich  bakl  ein  feines  diplo- 
matisches  Spiel,  bei  dem  es  lange  zweifelhaft  blieb,  welcher 
von  beiden  den  anderen  zu  uberlisten  vermogen  wiirde. 
Wenn  Pius  dafilr  schwarmte,  auf  einem  Flirstenkongresse 
zu  Mantua  einen  grofsen  Kreuzzug  gegen  die  Tiirken  be- 
schliefsen  und  in  Scene  setzen  zu  lassen,  so  zeigte  Konig 
Georg  fur  diesen  Gedanken  grofse  Sympathieen  und  brachte 
dadurch  den  Papst  zu  Aufserungen  freundlichster  Anerken- 
nung, aber  wenn  anderseits  Pius  des  Konigs  etwas  unbestinunte 
Versprechungen,  die  Ketzerei  zu  bekampfen,  nun  ausgefuhrt 
sehen  wollte,  wich  dieser  aus  und  meinte  im  Hinblick  auf 
die  noch  immer  an  seiner  Rechtgliiubigkeit  zweifelnden  Bres- 
lauer,  derartige  Schritte  konne  er  erst  unternehmen,  wenn 
er  aller  seiner  Unterthanen  Herr  sei,  wahrend  doch  Pius 
wiederum  Bedenken  trug,  seine  getreuen  Streiter  ganz  ab- 
zuwiegeln  oder  zu  entwafFnen. 

Was  die  Mehrheit  des  schlesischen  Bundes  anbetrifft,  so 
bedurfte  es  keiner  grofsen  Anstrengungen,  um  hier  die  Ge- 
miiter  zur  Ruhe  zu  bringen.  Als  im  Marz  1459  das  papst- 
liche  Einladungssctjreiben  zu  dem  Kongresse  von  Mantua 
bekannt  wurde,  in  welchem  Pius  II.  den  Konig  von  Bohinen 
als  seinon  teuersten  Sohn  anredete,  den  er  allezeit  fiir  einen 
vorziiglichen  Verehrer  des  Glaubens  und  der  Rehgion  ge- 
halten  habe ,  zweifelte  man  in  diesen  Kreisen  keinen 
Augenblick  mehr,  dafs  Georg  mit  der  Kurie  sich  verstan- 
digt  habe,  und  nachdem  dann  nicht  lange  darauf  die  Nach- 
richten  von  den  sachsisch  -  bohmischeu  Vertragen  aus  Eger 
eintrafen,  blieben  eben  nur  noch  die  Breslauer  ilbrig,  die 
im  Verein  mit  *  Herzog  Baltasar  von  Sagan  sich  der  Hul- 
digung  weigerten. 

Hier  in  der  schlesischen  Hauptstadt  hatte  sich  aus  na- 
tionaler  Antipathic,  die  jetzt  schon  lange  gewuhnt  war,  in 
dem  Gewande  rechtglaubigen  Religion seifers  einherzuschreiten, 
und  auch  in  Wahi'heit  mit  solchem  verquickt  war,  aus  dem 
Unraute  iiber  das  Scheitern  der  auf  den  schlesischen  Bund 
gebauten  Plane  und  aus  dem  auf  die  festen  Mauern  der  Stadt 
pochenden  Biirgertrotze  eine  so  feindselige  Stimmung  gegen 


304  Viertes  Bucb.     Zweiter  Absclmitt. 

Georg  Podiebrad  herausgebildet,  dafs  da  jeder  Versuch  einer 
Vcrsuhnung  scheitern  raufste. 

Bereits^im  Juni  1458  hatten  in  Breslau  Ratmiinner, 
Sclioffen ,  Alteste ,  Kaufnianuscliaft ,  alle  Geschworene  und 
die  gauze  Gemeinde  „diu"ch  eine  eiumiitige  und  unverbrilcli- 
liche  Abstimmung  beschlossen  und  sich  vereinigt,  mit  Gottes 
Hilfe  den  Herrn  Georg  von  Podiebrad  als  Konig  und  Erb- 
herrn  nimmermehr  zu  halten,  noch  in  irgendweleher  Weise 
aufzunehmen "  —  in  der  Verteidigung  dieses  Beschlusses 
woUten  sie  alle  fiir  eineu  stehen,  und  wer  sich  in  dieser 
Zeit  der  Mitverantwortung  dadurch  zu  entziehen  meinte, 
dafs  er  die  Stadt  verliefse,  der  solle  sein  Bllrgerreclit  fiir 
immer  einbiifsen.  Noch  heute  ist  dieses  Verbiindnis  mit 
aufsergewohnhch  grofsen  Buchstaben  geschrieben  im  Bres- 
lauer  Stadtbuche  zu  lesen. 

Wollten  sie  nun  in  dieser  Feindschaft  gegen  den  Bohmen- 
konig  weiter  beharren,  so  blieb  ihnen,  nachdem  die  ubrigeu 
Schlesier  abgefallen  waren  und  nachdem  auch  der  Filrst, 
desseu  Ansprliche  man  hatte  verteidigen  wollen,  seinen  Frie- 
den  mit  dem  verhafsteu  Gegner  gemacht,  nur  noch  die 
Kurie  als  mogliche  Bundesgenossin  ilbrig,  und  wir  sehen 
die  Breslauer  nun  nach  dieser  Seite  die  allergrofsten  An- 
strengungen  machen.  Briefe  liber  Briefe  gehen  von  hier 
aus  an  den  Papst,  welche  die  Gefahr  fiir  den  katholischen 
Glauben  und  die  Tyrannei  des  Hussitentums  mit  den  schwarze- 
sten  Farben  schildern.  Georg  Podiebrad  wird  hier  als  ein 
Aviltender  Nero,  als  ein  zweiter  Decius  bezeichnet,  als  der 
riiuberische  ^A'olf,  der  in  den  Schafstall  der  Barche  einge- 
brochen ,  als  der  allerschi'ecklichste  Lowe ,  als  der  grosse 
Drache.  Ihnen  alien  drohe  das  Schicksal,  aus  dem  Lande  : 
gejagt  zu  w^erden,  wenn  sie  nicht  bohmische  Art  sich  an- 
eignen  wollten  u.  s.  ^\. 

Sie  thaten  augenscheinhch  damit  Georg  Podiebrad  schweres 
Unrecht.  Dieser  war  durchaus  kein  Fauatiker,  weder  in 
religioser  noch  in  nationaler  Hinsicht,  es  fehlte  ihm  weder 
an  Einsicht  und  Mafsigung  noch  an  Energie,  und  die 
Breslauer  hatten  vielleicht  bei  einigem  guten  Willen  mit 
ihm  in  ein  fiir  das  Land  gedeihliches  Verhaltnis  kaum  min- 
der gut  kommen  konnen,  Avie  Aveiland  mit  Karl  IV.  That- 
sachlich  war  aber  bei  der  Aufregung,  die  hier  herrschte, 
von  so  etwas  gar  keine  Rede;  als  im  Herbste  1459  Bischof  i 
Jost  wieder  in  Breslau  jerschien  mit  papstlichen  Briefen, 
welche  die  Breslauer  ermahnten,  mit  Georg  Frieden  zu  halten, 
mufste  auch  er  feindselige  Worte  horen ,  als  sei  der  Papst ' 
selbst  durch  falsche  Berichte   getauscht  worden,   und   sogar 


Die  Stadt  Breslau  wider  Konig  Georg.  305 

sein  Domkapitel  beharrte,  ebenso  wie  das  des  Stiftes  zum 
heiligen  Kreuz  bei  der  Memiing  der  Breslauer. 

Aber  auch  der  Bischof  verhehlte  den  Breslauern  nicht, 
dafs  er  an  die  Aufrichtigkeit  ihres  Religionseifers  nicht 
glaube,  sie  wiirden,  raeinte  er,  wenig  sich  um  die  Recht- 
glaubigkeit  ihres  Oberherrn  kiimmern,  wenn  derselbe  nicht 
gerade  ein  Czeche  ware,  den  sie  um  seiner  Nationalitat 
willen  nicht  leiden  mochten,  und  dies  sei  eben  Unrecht,  sie 
wiirden  die  Czechen  nicht  verjagen ,  diese  seien  die  Herren 
der  Schlesier  und  wilrden  es  bleiben.  Inzwischen  sahen 
sich  die  Breslauer  bereits  von  Feindseligkeiten  ihrer  nachsten 
Nachbarn  bedroht,  welche  der  Konig  gegen  sie  unter  die 
Waffen  rief,  und  auch  die  bohmischen  und  raahrischen 
Herren  kiindigten  der  Stadt  Freundschaft  und  Frieden.  In 
zwei  Koffern  sind  am  28.  August  1459,  wie  Eschenloer  er- 
zahlt,  265  Fehdebriefe  der  Stadt  zugesandt  worden,  bald 
erschien  dieselbe  von  alien  Seiten  blockiert,  so  dafs  die  Zu- 
fuhr  knapp  wurde.  Georg  selbst  traf  am  27.  August  zu 
Schweidnitz  ein,  um  dort  die  Huldigungen  der  schlesischen 
Flirsten  zu  empfangen.  Doch  Avard  die  Standhaftigkeit  der 
Breslauer  durch  das  alles  wenig  erschiittert ,  hinter  ihren 
Mauern  fuhlten  sie  sich  voUkommen  sicher,  ihren  geworbenen 
Soldnern  gelang  auch  nach  aufsen  liin  zuweilen  einmal  ein 
klihner  Streich,  wie  am  Hedwigstage  (15.  Oktober)  1459 
die  Eroberung  von  Burg  Bohrau. 

Von  ernsterer  Bedeutung  ward  es,  als  im  November 
1459  papstliche  Gesandte,  der  Erzbischof  von  Ki'eta  und 
der  grofse  Kanonist -Franz  von  Toledo,  in  Breslau  erschienen 
und  nun  auch  namens  des  Papstes  zur  Huldigung  an  Podie- 
brad  mahnten.  Damit  allerdings  bilfsten  sie,  welche  hier 
mit  ganz  unerhorten  Ehren-  und  Freudenbezeugungen  em- 
pfangen worden  waren,  sofort  wieder  den  besten  Teil  ihrer 
Popularitat  ein,  und  obwohl  man  ihren  Ausfilhrungen  nicht 
du'ekt  widersprach,  so  wurden  sie  doch  bald  inne,  dafs  sie 
tauben  Ohren  predigten,  da  ja  alle  ihre  Beredsamkeit  nicht 
den  wesentlichsten  Punkt  traf,  der  den  bohmischen  Konig 
den  Breslauern  so  verhafst  machte,  seine  czechische  Natio- 
nalitat. Nichtsdestoweniger  gelang  es  ihnen  und  dem  Bres- 
lauer Stadtschreiber,  dem  Chronisten  Eschenloer,  einen 
Verti'ag  zustande  zu  bringen,  der,  so  ungewohnlich  er  auch 
war,  doch  eigentlich  beide  Parteien  befriedigte.  Der 
Konig  von  Bohmen  verstand  sich  dazu,  die  feierliche  Hul- 
digung der  Breslauer  (d.  h.  des  Rates  und  der  beiden  Ka- 
pitel)  noch  drei  Jahre  hinausschieben  zu  lassen,  nach  deren 
Ablaufe  ihm    die  letzteren   als   wahrera   und  unbezweifeltem 

Grunhagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  ^^ 


306  Viertes  Biich.     Zweiter  Abschuitt. 

Katholiken,  als  christlichem  Kcinige  zu  huldigen  versprechen. 
Inzwisclien  aber  wollen  die  Breslauer  ihm  gehorsam  sein 
und  ihm  das  audi  durch  eine  besondere  Gesandtschaft  an- 
geloben.  AUe  kriegerischen  Mafsregeln  sollen  sogleich  aiif- 
horen  und  alle  Privilegieii  der  Stadt  bestiitigt  werden,  ja 
sogar  die  Hauptmannschaft  liber  das  Fiii'steutum  Breslau 
wii-d  dem  Eate  wiedergegeben.  Wenn  der  letzte  Verbundete, 
der  Herzog  Baltasar  von  Sagan,  in  den  Frieden  uiclit  eiu- 
geschlossen  ward,  so  uiiterblieb  dies,  weil  der  Herzog  docb 
an  dem  in  Prag  zu  leistenden  Gelobnis  Anstofs  nahm  und 
es  da  vorzog,  die  Vermittelung  des  Meifsener  Herzogs  zu 
suchen.  Der  Konig  trug  kein  Bedenken,  als  ihm  die  papst- 
lichen  Legaten  jeue  Vorschlage  personHch  vortrugen,  sie 
ohne  weiteres  zu  acceptieren  und  bestatigte,  nachdem  die 
Breslauer  Gesandten  ihm  in  Prag  mit  ehrfurchtsvoller  Knie- 
beugung  und  nicht  ohne  flir  die  bisherigen  verungUmpfen- 
den  Exzesse  Verzeihung  zu  erbitten,  treue  Beobachtung  ihrer 
Zusagen  angelobt  hatten,  die  gesamten  Vertrage  unter  dem 
13.  Januar  1460. 

Dem  Konige  mochte  es  wohl  geuugen,  dafs  die  Bres- 
lauer ihn  um  Verzeihung  gebeten  und  Gehorsam  gelobt 
batten,  und  die  Hinausschiebung  der  formellen  Huldigung 
wenig  bedenkhch  scheinen.  Die  Hauptsache  war  ihm,  dafs 
mit  der  thatsachlichen  Uuterwerfung  Breslaus  seine  Plerr- 
schaft  nun  uberaU  zur  Anerkennuug  gebracht  war. 

Doch  auch  der  Breslauer  Rat  vermochte  der  aufgeregten 
Blirgerschaft  gegeniiber  geltend  zu  machen,  man  sei  jener 
feierHchen  Verabredung  vom  25.  Juni  1458  nicht  untreu 
geworden,  man  habe  Georg  Podiebrad  nicht  gehuldigt,  und 
ganz  im  Sinne  der  ersten  Bescliliisse  des  schlesischen  Fili'sten- 
bundes  sei  die  Huldigung  liiuausgeschoben ,  bis  man  Georg 
als  unzweifelhaften  christhchen  Konig  werde  begrilfsen  kon- 
nen,  wofiir  man  die  kostbare  Frist  von  di'ei  Jahi'en  ge- 
wonnen  habe. 

Konig  Georg  zeigte  in  Schlesien  iiberhaupt  die  aufserste 
Versohnlichkeit,  als  wiinsche  er  bier  hauptsachhch  alles  recht 
zm-  Ruhe  kommen  zu  lassen.  So  begniigte  er  sich  auch  in 
dem  so  lange  hingeschleppten  Liegnitzer  Erbfolgestreite  mit 
einem  neuen  Provisorium,  das  die  Herzogin  Hedwig  in  vor- 
laufigem  Besitze  lassend,  die  letzte  Entscheidung  auf  unbe- 
stimmte  Zeit  vertagte,  so  dafs  am  Ende,  wie  es  Hedwig 
immer  gewiinscht  hatte,  der  Termin  der  Miindigkeit  ihres 
Sohnes  Friedrich  hei'ankommen  mochte. 

Nur  gegen  Herzog  Baltasar  von  Sagan,  der,  wie  wir 
sahen,  es  verschmaht  hatte,   sich  in  die  Verti-age   der  Bres- 


Abkommen  iiber  die  kunftige  Huldigung.  307 

iauer  mit  einschliefsen  zu  lassen,  schritt  der  Konig  ein,  ver- 
trieb  den  Herzog  aus  seiner  Stadt  Sagan  und  schenkte  die- 
selbe  dessen  Bruder  Johann,  ein  Vorgang,  den  die  Bres- 
lauer  dem  Papste  gegeniiber  zu  verwerten  nicht  unterliefsen, 
als  ein  Beispiel  dessen,  worauf  von  dem  ketzerischen  Konige 
diejenigen  gefafst  sein  mlifsten,  die  ihm  nicht  in  allem  zu- 
willen  Avaren.  In  der  That  mochte  in  der  Landeshauptstadt 
die  feindselige  Gesinnung  gegen  die  Bohmen  nicht  weichen, 
sondern  hochstens  der  Trotz,  mit  dem  man  sie  offen  gezeigt 
hatte.  Die  Biirgerschaft  trug  im  Griinde  das  Haiipt  hoher 
als  je,  man  benutzte  eihg  den  wiederhergestellten  Frieden, 
i;m  wieder  etwas  Ordnung  im  Lande  zu  schafFen ,  die 
Soldner  der  Stadt  vermochten  es,  einigen  rauberischen  Edel- 
leuten  derb  auf  die  Finger  zu  klopfen,  und  als  es^  ihnen 
im  Bunde  mit  Herzog  Konrad  dem  Weifsen  von  01s  ge- 
lang,  1461  Konstadt,  die  Hauptbui'g  des  gefurchtesten  aller 
Raubritter,  des  Johann  von  Borschnitz-Jeltsch,  zu  bezwingen, 
begriifste  man  diese  That  dankbar  selbst  in  Polen,  bis  wohin 
die  Raubziige  oft  sich  ausgedehnt  batten,  und  in  Schlesien 
hielten  es  die  meisten  Bitter  fiir  geraten,  mit  der  Stadt  Frie- 
den  zu  halten.  Unter  Vermittelung  des  Rates  versohnte 
sich  1461  Herzog  Nikolaus,  der  Nachfolger  des  hussitisch 
gesinnten  Bolko  VI.  von  Oppeln,  wegen  Occupierung  der 
Oberglogauer  Stiftsgiiter  mit  der  Kirche. 

Niemals,  schreibt  Eschenloer,  war  Breslau  so  gefurchtet, 
und  mit  nicht  geringem  Selbstbewufstsein  bezeichnen  sich 
die  Breslauer  dem  Papste  gegeniiber  als  „einen  Turm  und 
eine  gefiirchtete  Kriegsschar  und  hier  im  Osten  einen  Schild 
des  Christenglaubens'^  Und  wahrend  man  daheim  eifrig 
liber  den  Befestigungen  der  Stadt  arbeitete,  als  erwartete 
man  neue  Kiimpfe,  wiihlten  in  Rom  die  Breslauer  Prokura- 
toren  unermiidlich  gegen  Podiebrad  und  betrieben,  als  sie 
die  wachsende  Entfremdung  zwischen  diesem  und  dem  hei- 
hgen  Stuhle  bemerkten,  eine  weitere  Hinausschiebung  des 
Huldigungstermins  fur  Breslau. 

In  der  That  fiihrte  diese  Entfremdung  bald  zu  vollstan- 
digem  Bruche.  Bekanntlich  bildeten  die  Grundlage  der 
kirchhchen  Sonderstellung  des  Hussitismus  die  sogenannten 
Kompaktaten,  Zugestandnisse  im  wesentlichen  auf  das  Abend- 
mahl  unter  beiderlei  Gestalt  hinauslaufend,  welche  die  Boh- 
men aus  langen  Kampfen  als  Sieger  hervorgegangen  1433 
von  dem  Baseler  Konzile  erlangt  hatten.  Von  der  romischen 
Kurie  waren  nun  diese  Vertrage  nie  bestatigt  worden,  aber  . 
bei  aller  Feindsehgkeit,  die  man  von  hier  aus  den  Kom- 
paktaten  zeigte,  war  man  doch  einer   direkten  Verurteilung 

20* 


308  Viertes  Bach.     Zweiter  Abschnitt. 

derselben  immer  noch  aus  dem  Wege  gegangen,  uud  so 
lange  eine  solche  nicht  erfolgt  war,  wai'  es  den  Utraquisten 
in  Bohmen  nicht  zu  verdeuken ,  weun  sie  ihre  durcli  ein 
Konzil  gebilligte  Lehrmeinung  nicht  schlechthin  als  Ketzerei 
gelten  lassen  woUten,  uud  Konig  Georg  hat  nachmals  mit 
gewissem  Schein  von  Recht  geltend  machen  konnen,  wenn 
er  nach  seiner  Thronbesteigung  dem  Papste  die  Verfolgung 
und  Ausrottung  der  Ketzereien  in  Bohmen  zugesagt  habe, 
sei  ihm  doch  nicht  eiugefallen,  man  konne  ihm  zumuten, 
in  jenen  Begriff  der  Ketzereien  auch  die  Lelu'e  der 
Kompaktaten  einzuschhefsen.  Allerdings  hatte  er  sich  ja 
auf  die  Lange  dariiber  nicht  tauschen  konnen,  dafs  die 
Kiu'ie  doch  emstlich  dem  Utraquismus  an  den  Leib  wolle, 
und  er  hat  dann  diesen  Bestrebungen  gegenllber  Jahre  hin- 
durch  eine  liinhaltende  Pohtik  mit  allerlei  halben  Zusagen 
zur  Anwendung  gebracht,  um  zuniichst  erst  selbst  sich  in 
seiner  Stellung  zu  befestigen.  Diese  zweideutige  Hakung, 
sowie  die  grofse  der  Stadt  Breslau  gegeniiber  bewiesene 
Langmut  waren  nun  nicht  dazu  angethan ,  der  Kurie  zu 
imponieren,  sondern  liefsen  hier  vielmehr  die  Meinung  ent- 
stehen,  eine  etwas  starkere  Pression  werde  am  Ende  doch 
den  Konig  bewegen,  sich  selbst  von  den  Kompaktaten  los- 
zusagen.  Pius  II.  beschlofs,  den  Versuch  zu  wagen.  Auf 
die  erneute  Bitte  einer  bohmischen  Gesandtschaft  um  Be- 
statigung  der  Kompaktaten  antwortete  der  Papst  dadurch, 
dafs  er  am  31.  Marz  1462  in  einem  feierHchen  Konsistorium 
in  Gegenwart  von  4000  Personen  die  Baseler  Kompaktaten 
fur  null  und  nichtig  und  die  Obedienz  des  Konigs  filr  nm' 
dann  aunehmbar  erklarte,  "wenn  sie  mit  einer  Lossagung 
von  jener  ketzerischen  Neuerung  verkniipft  Avare.  Durch 
den  Mund  der  Gesandten  Hefs  er  zugleich  den  Konig  noch 
besonders  auffordern,  das  Abendmahl  unter  einerlei  Gestalt 
zu  nehmen,  wo  er  dann  das  Volk  bald  nach  sich  ziehen 
wiirde. 

Es  ware  ja  nun  wohl  denkbar,  dafs  Georg  Podiebrad, 
der  doch  an  erster  Stelle  ein  kalt  berechnender  Staats- 
mann  war,  im  Herzen  gewiinscht  hat,  dem  Papst  zu  Willen 
sein  zu  konnen.  Die  Anerkennung  des  papsthchen  Stuhles 
gait  ihm  viel,  und  es  wiederholt  sich  in  der  Geschichte  im- 
mer wieder  die  Erscheinung,  dafs  jemand,  der  auf  nicht 
ganz  legitimem  AYege  zm'  filrsthchen  Gewalt  hinaufgelangt 
ist,  bald  nur  darauf  aus  ist,  diesen  seinen  usurpatorischen 
Ursprung  vergessen  zu  machen  und  deshalb  sich  mit  mog- 
lichst  guter  Manier  von  denen  loszumachen  sucht,  auf  deren 
Schulteru  er  emporgekommen.     Gewifs  ist   soviel,   dafs   der 


Zerwiirfnis  Georgs  mit  dem  Papste.  309 

Konig  die  Antwort  aiif  jene  Herausforclerung  des  Papstes 
monatelang  hinaiisgeschoben  und  sich  inzwischen  sorgtaltig 
erkundigt  hat,  in  welcher  Form  wohl  Pius  II.  sich  die 
Konsequenzen  seines  Verdiktes,  die  Zuriickfuhrung  der  boh- 
mischen  Utraquisten  zum  katholischen  Glauben,  vorstellte; 
und  wir  diirfen  auch  sicher  sein,  dafs  Georg  in  dieser  Zeit 
den  bohmischen  hohen  Adel,  den  Herrenstand,  der  zum 
grofsten  Teile  dem  Hussitentum  fremd  geblieben  war,  eifrig 
sondiert  hat,  wie  weit  er  seiner  ftlr  aUe  Falle  sicher  sei. 
Aber  das  letzte  Resultat  aller  Erwagungen  war  doch,  dafs 
er  der  Utraquisten,  in  denen  er  bisher  seine  Hauptstlitze 
gehabt,  nicht  entbehren  zu  konnen  meinte  und  deshalb  dann 
am  12.  August  in  einem  feierlichen  Hoftage  zu  Prag  den 
papstHchen  Gesandten  eine  entschieden  ablehnende  Antwort 
erteilte,  die  in  dem  Gelobnisse  gipfelte,  er  gedenke  in  der 
Lehnneinung,  in  der  er  geboren  und  erzogen  und  mit 
Gottes  Hilfe  auf  den  Thron  gekommen  sei,  zu  leben  und 
zu  sterben.  Den  papstlichen  Gesandten  Fantin,  seinen  ehe- 
maligen  Prokurator,  Kefs  er  als  ungetreuen  Diener  gefangen 
setzen.  So  war  zwischen  ihm  und  dem  Papste  der  Krieg 
offen  erklart. 

Konig  Georg  meinte  den  besten  Gegenzug  wider  das 
ihm  von  der  Kurie  gebotene  Schach  dadurch  zu  thun,  dafs 
er  seinen  merkwiirdigen  Plan  eines  Bundes  aUer  christlichen 
Fursten  zur  Sicherung  ewigen  Friedens  mit  verdoppeltem 
Eifer  verfolgte.  Kam  derselbe  hinter  den  Riicken  des 
Papstes  oder  iiber  dessen  Kopf  hinweg  zustande,  so  nahm 
er  offenbar  dem  Papsttume  den  Hauptteil  seiner  Bedeutung 
flir  das  europaische  Staatensystem.  Diesem  Interesse  sollte 
nun  auch  cUe  Glogauer  Zusammenkunft  Georgs  mit  dem 
Polenkonig  dienen  (im  Mai  1462).  Wohl  war  der  Plan, 
an  dem  eigentlich  nur  noch  der  Konig  von  Frankreich, 
Ludwig  XL,  ein  naheres  Interesse  nahm,  zu  weitaussehend 
und  phantastisch ,  um  wirkKch  realisiert  zu  werden,  aber 
immerhin  sehen  wir  gerade  in  dieser  Zeit  den  Bohmen- 
fllrsten  in  einer  imposanten  Machtstellung.  Mit  dem  Kur- 
fiirsten  von  Brandenburg  ward  eben  damals  der  alte  Sti'eit 
wegen  der  Lausitz  giithch  beigelegt  und  auch  mit  dessen 
Bruder  Albrecht  Waffenstillstand  geschlossen.  Dem  Kaiser 
aber  brachten  im  November  1462,  als  er  in  Wien  von  auf- 
standischem  Adel  im  Bunde  mit  seinem  Bruder  Albrecht 
belagert  ward,  die  bohmischen  Waffen  Rettung  und  erhohten 
I  dadurch  seine  Abhangigkeit  von  dem  machtigen  Fursten. 
[  Und  einem  so  gewaltigen  allgemein  respektierten  Herr- 
I  scher  wagt  nun  eine   einzelne  Stadt   auf  eigene  Hand   hart- 


310  Viertes  Buc'n.     Zweiter  Abschnitt. 

niickigen  fortgesetzten  Widerstand  zu  leisten.  Freilich  stand 
die  Macht  des  Papsttums  Iiinter  ihr,  und  wenn  sie  je  liinger 
je  mehr  an  dieses  sich  anschloft,  um  einos  rechtlichcn  Vor- 
wandes  flir  weiteren  Widerstand  nicht  zu  entbehren,  so 
legte  doch  audi  Pius  II.  seinerseits  den  grufsten  Wert  darauf, 
neben  den  geistlichen  WafFen,  welche  die  Rilstkammer  der 
Kirche  ihm  darbot,  dcm  Gegner  auch  auf  weltlichem  Ge- 
biete  im  eigenen  Lande  vermittelst  der  standhaften  Feind- 
schaft  der  Breslauer  Schwierigkeiten  und  Verlegenheiten  bc- 
reiten  zu  kijnnen  und  zeigte  sich  deshalb  eifrig  beflissen, 
die  letzteren  bei  Stimmung  zu  erhalten,  wie  er  denn  unter 
den  Griinden  fiir  die  Verwerfung  der  Kompaktaten  auch 
den  anfllhrt,  dafs  der  Konig,  wenn  er  sich  nicht  von  jenen 
ketzerischen  Neuerungen  freimache,  niemals  das  Vertrauen 
und  die  AnhangHchkeit  aller  seiner  Unterthanen  gewinnen 
werde ;  zugleich  vertagt  er  den  Wilnschen  der  Breslauer  ent- 
sprechend  deren  Verpflichtung ,  dem  Konig  nunmehr  nach 
Ablauf  der  drei  Jahre  zu  huldigen  auf  unbestimmte  Zeit  bis 
auf  weitere  Entscheidung  (24.  September  1462)  und  schickt 
ihnen  den  eifrig  kirchlich  gesinnten  Erzbischof  Ilieronymus 
von  Kreta  als  Legaten  zu. 

Mit  Jubel  nehmen  diesen  die  Breslauer  auf  und  senden  eine 
ganze  Kriegsschar  (2000  Fufsgiinger  und  300  Reiter)  nach 
Parchwitz  ab,  um  ihn  sicher  in  die  Stadt  zu  holen  (No- 
vember 1462).  Hier  spielt  derselbe  dann  in  den  nachsten 
Jahren  eine  hochst  merkwiirdige  Rolle.  Die  Breslauer  selbst 
hatte  er  nicht  notig  filr  die  papstliche  Politik  zu  entflammen, 
im  Gegenteil  mufste  er  sich  bemlihen,  ihren  allzu  grofsen 
Eifer  zu  zugeln.  Zm-  Charakteristik  ihrer  Gesinnung  mag 
die  Anfilhrung  genligen,  dafs,  als  sie  in  der  nachsten  Zeit 
von  Geriichten  einer  Verstandigung  des  Konigs  mit  dem 
Papste  geangstigt  worden,  sie  diesera  bestimmt  erklaren,  sie 
wiirden  bis  aufs  aufserste  Widerstand  leisten,  ja  ehe  sie  sich 
unterwiirfen,  lieber  ihre  Stadt  den  Flammen  iibergeben  und 
mit  Weib  und  Kind  ins  Elend  gehen.  Bei  solcher  Gesin- 
nimg  mochten  sie  natiirlich  von  ihrem  friiheren  Gelobnisse, 
dem  Bohmenkonige  wahrend  des  Interimistikums  Gehorsam 
zu  leisten,  nichts  mehr  wissen,  sondern  brachen  vielmehr 
alien  Verkehr  mit  demselben  ab,  schon  um  ihm  nicht  den 
koniglichen  Titel  geben  zu  mlissen. 

Die  Regentschaft  des  Legaten. 

Die  Obrigkeit  der  Breslauer  wird  jetzt  thatsachlich  der 
papstliche  Legat,   dem    sie  gewissenhait   Folge   leisten,   und 


Breslau  unter  papstlicher  Regentschaft.  311 

derselbe  bemiiht  sich  aucb,  die  Rolle  eines  papstlichen  Statt- 
halters  auf  ganz  Schlesien  auszudehnen.  Er  berufit  Ver- 
samralimgen  der  schlesischen  Flirsten,  ladet  einen  derselben, 
namlich  Johann  von  Sagan,  der  die  Laude  seines  von 
Konig  Georg  abgesetzten  Bruders  Baltasar  in  Besitz  ge- 
nommen,  vor  seinen  Richterstuhl ,  erhebt  Einspruch  gegen 
Gebietsveraufserungen  resp.  Vertauschungen,  die  der  Bohmen- 
konig  betrieb,  und  ist  im  grofsen  und  ganzen  eifrig  tliatig, 
um  das  ganze  Land  ziim  Abfalle  von  Podiebrad  zu  be- 
wegen. 

Gerade  damit  hatte  er  nun  so  gut  wie  gar  keinen  Er- 
folg;  die  Breslauer  blieben  in  ihrer  Isolierung,  dagegen  ver- 
mieden  es  die  schlesischen  FiirsteU;  dem  Erzbischofe  von 
Kreta  schrofF  und  entschieden  entgegenzutreten ,  ja  sie  ver- 
steckten  sich  sogar,  wo  es  ihr  Vorteil  erforderte,  wie  in  der 
Landtauschsache  dem  Konige  gegeniiber  hinter  die  papst- 
lichen Weisungen.  In  direkten  Konflikt  kam  der  Legat 
nur  mit  dem  Bischofe  von  Breslau,  Jost  von  Rosenberg. 
Wenn  derselbe  ein  zu  guter  Katholik  war,  um  sich  ent- 
schieden auf  die  Seite  des  Konigs  zu  stellen,  so  war  er 
doch  auch  auf  der  anderen  Seite  ein  zu  guter  Czeche,  um 
nicht  vor  dem  Gedanken  zu  erschrecken,  ein  fortgesetzter 
Widerstand  Breslaus  konne  schliefslich  doch  zu  einer  Los- 
reifsung  von  der  Krone  Bohmen  filhren,  und  da  nun  aufser- 
dem  der  Legat  in  seiner  Eigenmachtigkeit  vielfach  in  die 
Befugnisse  des  Bischofs  iibergriff,  so  ward  das  gegenseitige 
Verhaltnis  der  beiden  Kirchenfursten  bald  ein  aufserst  ge- 
spanntes,  und  es  konnte  vorkommen,  dafs  am  6.  Juni  1463 
in  der  Herberge  des  Legaten,  dem  goldenen  Becher  am 
Ringe,  bei  einer  Besprechung,  der  audi  die  beiden  Herzoge 
von  01s  und  Wohlau  beiwohnten,  der  Erzbischof  von  Kreta 
dem  Breslauer  Bischofe  die  ergrimmten  Worte  ins  Gesicht 
schleuderte:  „Du  bist  ein  Gift  des  Vaterlandes  und  ein 
Stein  der  Schande",  worauf  dann  dieser  mit  dem  paulini- 
schen  Citate  antwortete:  „Die  Kreter  sind  allezeit  Liigner, 
bose  Tiere  und  trage  Bauche."  Wiitend  sprang  da  der 
Legat  auf  und  schlug  mit  der  Faust  nach  dem  Gegner, 
und  nur  das  Dazwischentreten  der  Fiirsten  konnte  eine 
Schlagerei  verhiiten,  wahrend  die  Ratsherren  eilig  die  Thilr 
isperrten,  damit  nicht  eine  Kunde  von  dem  hiifslichen  Auf- 
Itritte  nach  aufsen  drange,..wo  dann  bei  der  Stimmung  des 
IVolkes  dem  Bischofe  das  Aufserste  gedroht  haben  wiirde. 
I  Im  Grunde  wird  man  von  dem  Letzteren  wohl  sagen 
jkonnen,  dafs  gerade  er  ehrlich  bestrebt  gewesen  ist,  zwischen 
I  Rom  und  Prag  zu  vermitteln,  und  da  auch  der  dem  Bohmen- 


312  Viertes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

konige  so  sehr  verpllichtete  Kaiser  in  gleichem  Sinne  wirkte, 
so  erzielte  er  auch  in  der  That  Erfolge,  iind  wenn  Pius 
bereits  im  Frilhling  1463  den  Breslauern  nimmehr  direkt 
verboten  hatte,  Konig  Georg  zu  hvJdigen  und  jeden  mit 
dem  Banne  bedrohte,  der  an  Zwangsmalsregeln  gegen  Breslau 
teilnehmen  wiirde,  auch  die  etwa  entgegenstehenden  Unter- 
thaneneide  t'iir  autgehoben  erklart  hatte,  so  vermoehten  die 
Beraiihungen  Bischof  Josts  und  die  Verwendung  des  Kaisers 
doch  die  Ausfiihrung  dieser  Erlasse,  bei  denen  es  allerdings 
auf  direkte  Insurgierung  von  ganz  Schlesien  hinausgelaufen 
ware,  wenigstens  vorlaulig  zu  suspendieren.  Auf  der  an- 
deren  Seite  war  der  Bischof  bemiiht,  auch  Konig  Georg  von 
Gewaltmafsregeln  gegen  Breslau  zurilckzuhalten.  Es  gelang 
ihm  dies  um  so  leichter,  da  der  letztere  ohnehin  nicht  so- 
wohl  einen  dii'ekten  Angriff  auf  die  wohlbefestigte  Stadt  als 
eine  alhnahliche  Ausdehnung  seiner  Hausmacht  in  solcher 
Weise  im  Sinne  gehabt  zu  haben  scheint,  dafs  die  wider- 
strebende  Stadt  auf  alien  Seiten  emgeengt  und  ihrer  Ver- 
bindungen  beraubt  keine  andere  "W'ahl  als  Unterwerfung 
gehabt  hatte. 

Bereits  war  der  Konig  in  dem  unmittelbaren  Besitze 
eines  grofsen  Teiles  von  Troppau,  der  Grafschaft  Glatz,  des 
Fiirstentums  Milnsterberg  mit  dem  Bezii'ke  von  Franken- 
stein;  aus  den  wichtigeren  Burgen  des  Landes,  wie  Liihn- 
haus,  dem  Bolkosclilosse  bei  Bolkenhain  und  dem  Fiii'sten- 
stein ,  veririeb  Georg  die  bisherigen  Besitzer  und  setzte 
darauf  ihm  unbedingt  ergebene  Anlianger,  und  wenn  er 
einem  bohmischen  Herrn,  Albrecht  Berka  von  der  Duba, 
der  ihm  Huldigung  weigerte,  den  Tollenstein  (unfern  der 
sachsisch  bohmischen  Grenze)  wegnahm,  so  zweifelten  die 
Breslauer  keinen  Augenblick,  er  thue  dies,  um  ihneu  ihren 
Haupthandelsweg  nach  Westen  zu  sperren.  Aber  noch  wei- 
tere  Plane  wurden  ihm  zugeschrieben.  Dem  Herzoge  Hein- 
rich  von  Freistadt,  hiefs  es,  wolle  er  Liiben  abkaufen  resp. 
abdrangen,  um  damit  den  jungen  Herzog  Friedrich  zu  ent- 
schadigen,  und  den  so  lange  hingeschleppten  Liegnitzer 
Lehenssti'eit  nun  definitiv  durch  die  Erwerbung  dieser  Stadt 
zu  beendigen,  und  ebenso  sollte  eine  Schar  hussitischer 
Soldner,  sogenannte  Zebraken,  die  er  in  Oberschlesien  in 
seinen  Dienst  nahm,  ihm  dazu  helfen,  von  Herzog  Kikolaus 
von  Oppeln  sich  Brieg  abtreten  zu  lassen._  Wenn  er  dann  noch, 
wie  dies  angeblich  seine  Absicht  war,  Ols  erwarb  und  dazu 
das  wenige  Meilen  von  Breslau  oderab warts  gelegene  Auras 
von  dem  Wohlauer  Herzog  Konrad,  an  den  es  verpfandet 
war,  wieder  einloste,  so  war  in  der  That  Breslau  von  alien 


Feindseligkeiten  des  Koiiigs  gegen  Breslau.  313 

Seiten  so  blockiert  und  eingeschlossen,  dafs  alle  Festigkeit 
seiner  Mauern  es  nicht  mehr  zu  schiitzen  vermochte. 

Doch  wissen  wir  in  der  That  nicht,  ob  von  diesen  Planen 
nicht  vieles  nur  in  der  geangsteten  Phantasie  der  Breslauer 
existierte.  Jedenfalls  sind  derartige  Bestrebungen  weniger 
wohl  durch  das  Verbot  des  Legaten  an  alle  schlesischen 
Flirsten ,  derartige  Veraufserungen  oder  Vertauschungen, 
durch  welche  Rechtglaubigen  Schaden  zugefugt  werden 
konnte,  vorzimehmen  (1464,  11.  Januar),  als  durch  den 
passiven  Widerstand  der  betr.  Flirsten  selbst  hintertrieben 
worden. 

Die  Breslauer  fiirchteten  allerdings  auch  einen  direkten 
Angriff  des  Konigs,  und  wufsten  von  besonders  kiinstlichen 
Belagerungswerkzeugen  zu  erzahlen,  welche  derselbe  in  Prag 
anfertigen  hefse,  sowie  von  zahlreichen  aut"  der  Oder  in 
Oberschlesien  angefertigten  Flolsen,  vermittelst  deren  er  die 
Stadt  von  Osten  her  an  ihren  schwachsten  Stellen,  der  Neu- 
stadt  und  dem  Dome,  angreifen  wolle.  Man  beeilte  sich  hier 
durch  neue  Befestigungen  nachzuhelfen,  ja  die  Breslauer  er- 
bauten  sogar  eine  neue  Briicke  von  der  Neustadt  heriiber 
nach  dem  Dome,  ein  Werk  um  so  mlihevoller  und  kost- 
spiehger,  als  es  im  Winter  (von  1462  zu  1463)  in  grofser 
Eile  zustande  gebracht  wurde.  Der  Bischof  Jost,  der  zuerst 
liber  die  Eigenmachtigkeit,  mit  der  man  auf  seinem  Terri- 
torium,  dem  Dome,  fortifikatorisch  vorgegangen  war,  geziimt 
hatte,  ward  schhefslicli  doch  von  seinem  Kapitel  zu  einem 
Vertrage  mit  der  Stadt  und  einem  ansehnlichen  Beitrage  zu 
den  Kosteu  der  neuen  Befestigungen  veranlalst  (1463, 
6.  Januar). 

Wenn  Konig  Georg  soweit  gegangen  ist,  den  Breslauer 
Rat  resp.  einzelne  Patrizier  eines  Anschlags  gegen  sein 
Leben  zu  bezichtigen  und  auf  Grund  solcher  Beschuldigungen 
einen  schlesischen  Edelmann  namens  Johann  von  \^^iesen- 
burg  hat  foltern  und  schhefshch  grausam  hinrichten  lassen 
(im  Friihhng  1464),  so  hat  er  damit  schwerhch  recht  ge- 
habt,  und  die  Breslauer  haben  auch  nicht  unterlassen,  ihrer 
Entrlistung  liber  solche  Verdiichtigung  sehr  entschiedenen 
Ausdruck  zu  geben. 

Dagegen  steht  es  fest,  dafs  eben  sie  immer  von  neuem 
bei  dem  Papste  darauf  hindrangen,  dafs  dieser  den  Konig 
als  unwlirdig  des  Thrones  erkliiren  und  ihm  einen  recht- 
glaubigen  Flirsten  als  Pratendenten  entgegenstellen  solle;  es 
darf  da  auch  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  sie  sich  sogar 
den  Polenkonig  schlimmstenfaUs  als  solchen  batten  gefallen 
lassen.     Doch  der  war  damals  eben  zu  tief  in  seine  Handel 


314  Viertcs  Biich.     Zweiter  Abscbnitt. 

mit  dem  Deutschen  Orden  verwickelt.  Einem  Versuch  des 
piipstlichen  Legaten ,  den  Kiirfilrsten  von  Brandenbiu'g, 
Friedrich  II.,  fllr  diese  Pratendentenrolle  zu  gewinnen,  hat, 
wie  es  sclieint^  der  Einflufs  von  Friedrichs  Bruder  Albrecht 
Achilles  scheitern  lassen.  Von  Herzog  Liidwig  von  Bayern 
ist  in  den  Kreisen  der  Knrie  auch  die  Rede  gewesen:  an 
den  Kaiser  haben  die  Breslauer  wohl  gedaeht,  aber  sclnver- 
lich  ihra  zu  solchem  kiihnen  Auftreten  enistlich  den  IMut 
zugetraut. 

Papst  Pius  begniigte  sich  damit,  die  Breslauer  dem 
Schutze  des  Markgrafen  von  Brandenburg  und  des  Konigs 
von  Polen  zu  empfehlen,  er  machte  geltend,  er  dllrfe  Georg 
nicht  eher  das  Reich  absprechen,  bis  er  eines  Fiirsten  sicher 
sei,  der  die  Macht  und  den  Willen  habe,  die  Sache  auch 
dui'chzufiihren ,  sonst  wilrden  er  und  die  Breslauer  nur 
Schande  von  dem  Schritte  haben.  Und  als  er  endlich  1464 
im  Juni  sich  dazu  entschliefst ,  ein  Verl'ahren  gegen  den 
Krinig  einzuleiten  und  diesen  unter  der  Anklage  der  Ketzerei 
nach  Rom  zu  citieren,  wird  daun  doch  die  Ausfertigung  der 
Bolle  so  lange  verzogert,  dafs  inzwischen  der  Tod  des 
Papstes  (1464  am  15.  August)  wieder  alles  in  Frage  zu 
stellen  droht.  Doch  sein  Nachfolger  Paul  II.  zeigte  sich 
noch  minder  geduklig  als  Pius,  und  nach  kurzem  Aufschub 
wird  1465  (im  August)  die  Citation  Georgs  nach  Rom  in 
schroffer  Form  erneuert  und  dann,  ohne  den  hier  gestellten 
Termin  von  180  Tagen  abzuwarten,  im  Dezember  desselben 
Jahres  in  einer  neuen  Bulle  Georg,  der  Sohn  des  Verderbens, 
wie  er  hier  genanut  wird,  als  rilcklalliger  Ketzer  dem  Ver- 
dammungsurteil  bereits  verfallen  bezeichnet  und  fiir  aUe 
seine  Unterthanen  jedes  demselben  geleistete  Gelobnis  als 
aufgehoben  und  gelost  erklart,  bis  filr  das  Reich  ein  wirk- 
lich  katholischer  Fiirst  geschafft  sein  wiii'de.  Der  neu  er- 
nannte  papstliche  Legat  Bischof  Rudolf  von  Lavant  sorgte 
fiir  geeignete  Verbreitung  dieses  harten  Spruches. 

Allerdings  kam  nun  alles  darauf  an ,  ob  sich  auch 
aufser  den  Breslauern  noch  andere  Arme  auf  das  Wort  des 
Papstes  hin  erheben  wiirden.  Es  war  wohl  von  grofser 
Bedeutung,  dafs  gerade  unter  dem  hohen  Adel  Bohmens, 
dem  sogenannten  Herrenstande ,  die  Opposition  gegen  den 
Konig  in  stetem  "Wachsen  geblieben  war.  Diese  Herren 
batten  sich  ganz  im  Gegensatze  zu  dem  niederen  Adel 
grofstenteils  von  dem  Utraquismus  fern  gehalten,  doch  was 
sie  jetzt  bewog,  eine  feindselige  Stellung  gegen  den  Konig 
einzunehmen,  war  im  Gninde  viel  weniger  kirchhcher  Eifer 
als  vielmehr  Unzufriedenheit  mit  dem  personlichen  Regimente 


Auftreten  des  hohmisclicu  Herreubuudcs.  315 

eines  Mannes,  cler  aus  ihren  Kreisen  liervorgegangen ,  nun 
sie  gewissermafsen  beiseite  schob,  ihrer  Mitwirkung  ent- 
behren  zu  konnen  glaubte.  Bereits  hatte  Georg  zuerst  (l459), 
seinen  altesten  Sohn  Viktorin,  dann  (1462)  die  beiden  jun- 
geren,  Heinrich  und  Hynko  (auch  Heinrich),  durch  den  Kaiser 
zu  Reichsfiirsten  ernennen  lassen;  im  Dezember  1465  belehnte 
er  sie  mit  seinem  Anteil  an  Troppau,  mit  dem  Herzogtum 
Miinsterberg  und  der  Grafschaft  Glatz.  Dem  Altesten, 
Viktorin,  verlieh  er  nicht  nur  die  Landeshauptmannschaft 
von  Mahren,  sondern  er  iibertrug  ihm  auch  die  Hut  der 
Krone  und  der  Reicbskleinodien,  so  dafs  die  Meinung  nahe 
lag,  der  Konig  arbeite  darauf  bin,  eine  Dynastie  zu  griin- 
den,  den  Thron  in  seiner  Familie  erblich  zu  machen,  etwas, 
was  die  eigentlicben  Aristokraten  des  Landes  mit  mifsgiin- 
stiger  Unzufriedenheit  um  so  mehr  erfiillte,  je  karger  er  sich 
ihnen  gegeniiber  mit  weiteren  Verpfandungen  und  Ver- 
gebungen  von  Krongiitern  und  beimgefallenen  Leben  zeigte. 
Im  November  1465  traten  sie  auf  dem  Schlofs  Griinberg 
zu  einem  Bunde  zu.sammen;  und  wenngleich  dieser  Bund 
zuniicbst  nur  die  eigenen  Standesinteressen  ins  Auge  fafste, 
so  erbielt  dock  ibre  Opposition  auch  fiir  den  eben  jetzt  mit 
grofster  Erbitterung  aufflammenden  Kampf  zwischen  dem 
Konige  und  der  romiscben  Kurie  eine  besondere  Bedeutung, 
und  erfreut  streckten  ebensowohl  der  Papst  wie  die  Bres- 
lauer,  in  deren  Fubrung  jetzt  der  Bischof  Rudolf  von  Lavant 
als  papstlicher  Legat  den  Kretenser  Erzbischof  abgelost 
hatte,  die  Hande  den  neuen  Bundesgenossen  entgegen.  Aller- 
dings  war  nun  ein  Zusammengehen  mit  den  Breslauern  sehr 
wenig  nach  dem  (>eschmacke  des  Bischofs  Jost,  dem  als 
■einem  Gliede  des  bohmischen  Herrengescblechtes  der  von 
Rosenberg  in  der  Leitung  des  Bundes  ein  wesentlicber  An- 
teil zufiel,  und  im  Verein  mit  dem  Bischofe  von  Olmlitz, 
Protas,  war  er  eifrig  bemiiht,  zu  vermitteln  und  iuzwiscben 
den  Papst  von  extremen  Schritten  abzuhalten,  doch  hat 
vielleicht  gerade  er  mit  seinen  rechtglaubigen  Gewissens- 
skrupeln  viel  dazu  beigetragen,  dafs  die  Sache  der  bohmischen 
Herren,  die  wohl  durch  einige  Konzessionen  sich  batten  be- 
befriedigen  lassen,  mehr  und  mehr  verwickelt  ward  in  den 
grofsen  Streit  um  die  Kompaktaten  und  der  Herrenbund 
vom  Ende  des  Jahres  1466  an  als  kathohscher  Bund  ein- 
tritt  in  den  Kampf  der  Kurie  gegen  den  Konig. 

Der  letztere  erwartete  sein  Heil  von  einer  allgemeinen 
Intervention  der  europaischen  Fiirsten,  welche  ja,  wie  er 
voraussetzte ,  durch  das  Vorgehen  des  Papstes  sich  sanit- 
lich    in    ihrer   ^^'urde    bedroht    seben    milfsten,    doch    ohne 


yi6  Viertes  Bucb.     Zweiter  Abschiiitt. 

rechten  durchbchlagendeii  Erfolg,  wenn  gleich  im  Ilerbst 
1466  der  Nlirnberger  Reichstag  auf  Markgraf  iUbrecht 
Achilles'  Antrag  eine  Verwendung  t'lir  den  Konig  bei  dem 
Papste  beschlol's.  Audi  die  miihrischen  Stadte  iind  eine 
Anzahl  schlesischer  Herzoge  hatten  im  November  dieses 
Jahres  auf  Georgs  Drangeu  sich  iii  dieser  Absicht  an  den 
Papst  gewendet;  doch  hatten  die  letzteren  dem  vom  Konig 
ihnen  zugesandten  Entwurfe  eine  sehr  abgeschwachte  Fas- 
sung  gegeben,  die  eigentlich  nur  noch  die  Bitte  entliielt. 
es  moge  dem  Konig  noch  einmal  Gehor  gegeben  werden. 

NaturKch  hielt  das  alles  den  Papst  nicht  ab,  unter  dem 
23.  Dezember  1466  in  feierHchem  Konsistorium  das  delinitive 
Verdammungsurteil  auszusprechen ,  welches  nun  dem  Sohn 
des  Verderbens  Girsik  von  Kunstadt  und  Podiebrad  als 
meineidigen  und  sakrilegischen  Ketzer  die  konigliche  Wiirde 
absprach  und  alle  seine  Unterthanen  von  jeder  Verpflich- 
tung  gegen  denselben  loste. 

Kampfe  in  Schlesien  1466'67. 

Inzwischen  war  nun  schon  im  Jahre  1466  in  Schlesien 
der  Ki'ieg  entbrannt.  Ein  Haufen  sogenannter  Zebraken^ 
bohmischer  Landsknechte  im  Dienste  des  Konigs,  hatte  im 
Einverstandnisse  mit  Herzog  Konrad  dem  Schwarzen  von 
Ols  und  einigen  I'ehde-  und  beutelustigen  Rittern  des  rechten 
Oderufers  un  August  1466  einen  Anschlag  auf  die  Stadt 
Namslau  versucht,  aber  vor  einer  aus  Breslau  gegen  sie 
entsandten  Soldnerschar  schleunigst  den  Rilckzug  angetreten. 
Waren  die  Breslauer  schon  auf  diesen  Erfolg  sehr  stolz,  so 
wuchs  ihre  Zuversicht  dann  noch  ins  ungemessene,  als  einer- 
seits  das  papstliche  Verdammungsm'teil  publiziert  ward  und 
anderseits  auch  der  bohmische  Herrenbund  gegen  den  Konig 
unter  die  Waffen  trat,  wo  dann  auch  der  Bischof  Jost  eifrig 
Kriegsvolk  riistete  und  aufser  Herzog  Baltasar  von  Sagam 
nun  doch  wenigstens  einer  der  schlesischen  Fiirsten,  Nikolau*' 
von  Oppeln,  sich  ihnen  anschlofs,  Avahrend  die  iibrigen  Her- 
zoge, ohne  fiir  den  Konig  einzutreten,  doch  zunachst  ab- 
warten  zu  wollen  schienen,  fill-  wen  sich  das  Kriegsgliick 
entscheiden  wiu*de. 

Im  Mai  1467  ergriffen  nun  die  Breslauer  mit  ihren  Ver- 
biindeten  auf  das  Drangen  der  bohmischen  Herren  d\& 
Offensive,  obwohl  sie  es  eigentlich  Ijeber  gesehen  haben 
wiii'den,  erst  noch  die  Ernte  ihrer  Hauptmesse,  des  Jo- 
hannismarktes,  bei  welchem  auch  die  Geisthchkeit  auf  die 
Einnahme    eines   vom    Papste   zugestandenen  Ablasses   rech- 


Krieg  der  Breskuer  mit  den  Sohuen  Georgs  1467.  317 

nete,  einheimsen  zu  konnen.  Ihr  Zug  ging  unter  Fiihrung 
des  Ritter  Christoph  Schkopp  gegen  das  Land  Viktorms, 
des  Sohnes  ihres  verhafsten  Gegners.  Die  Hauptstadt 
Miinstei'berg  ward  schnell  erobert,  audi  die  Besatzung  des 
Schlosses  kapitulierte,  bald  fiel  audi  Frankenstein,  und  selbst 
die  feste  Burg  daselbst  ergab  sich,  als  die  grofse  Bilchse, 
welche  die  Breslauer  nicht  ohne  grofse  MUhen  dorthin  ge- 
schafft  batten,  ilu-  Zerstorungswerk  an  den  Mauern  begann. 

Diese  Erfolge  maditen  gewaltigen  Eindruck ,  in  der 
Oberlausitz  wie  in  Mahren  erhoben  sicb  die  Gegner  des 
Konigs,  die  grofseren  Stadte  Mahrens,  in  denen  die  Deut- 
schen  die  Oberband  batten,  fielen  jetzt  von  Georg  ab.  In 
Breslau  herrschte  der  grofste  Siegesjubel;  doch  die  Freude 
wabrte  nicht  lange,  denn  aus  Glatz  rlickte  bobmiscbes  Kriegs- 
volk  heran,  um  die  Eroberer  von  Frankenstein  in  der  kauni 
genommenen  Stadt  einzuscbliefsen. 

In  den  Kampfen,  welche  sich  da  entspanneu,  ist  es  ge- 

scbeben,  dafs  die  Bobmen  Gefangene,  die  sie  geniacbt,    und 

die    auf   ibren   Kleidern   rote   Kreuze    trugen    zum    Zeichen 

des  Kreuzzuges,   auf  welchem  sie  sich  der  Predigt  des  Le- 

gaten  entsprechend  begriffen  glaubten,  zwangen,  diese  Kreuze 

zu  verschlingen ,    audi  wobl  anderen  Kreuze   aus  der  Stirn- 

haut  schnitten,  wogegen  Christoph  Schkopp  dann  gefangene  n 

Bobmen  eiiieii  Kelch  in  die  Haut  schneiden  .liefs,  Grausam- 

keiten,  die  jedoch  bald  durch  gegenseitiges  Ubereinkommen 

abgestellt  wm-den.     Wobl  erwelu'te  sich  die  Besatzung  Fraii- 

kensteins  ibrer  Driinger,  doch  mufste  ibre  Lage   hoclist   ge- 

fahrvoll    werden,   als    aus  Mahren  Stibor   von  Cimburg   zur 

Hilfe    herbeieilte    und   auch  Prinz  Viktorin    die   Bdagerung 

von  Sternberg  aufgab,  um  sein  Land  wiederzuerobern.    Zum 

Entsatze  riisteten   nun   auch    die  Breslauer   und   der  Bischof 

in  Eile.     Ihr  unter  Herzog  Baltasar  von  Sagan  gesammeltes 

Heer  zogerte  jedoch   angebhch  infolge   einer  Verraterei   der 

den  Breslaueru   immer   mifsgiinstigen  Burger   von    Schweid- 

i    nitz,    deren   vorgespiegelter   Zuzug   erst   abgewartet   werden 

!    sollte,   allzu  lange,    und  als  es   endlich   gegen  Frankenstein 

[    anriickte,  fand  es  Viktorui  mit  so  ilberlegenen  Streitkraften 

vor  sich,  dafs  es  erst  neuer  Eilstimgen   bedui'fte.     Die  Boh- 

I    men  gewannen  Mlinsterberg,  das  die  Scblesier   voreilig  auf- 

i    gegeben   batten   und   dann    nicht    wiedergewinnen    konnten; 

I   auch  Patschkau  fiel  nach  eineni  blutigen  Kampfe  am  1 1 .  Juni, 

i   und   in  Frankenstein,    welches  Viktorin  eng   blockiert   liielt, 

I   brach  schnell  Hungersnot  aus.     Infolge   davon   versucbte   in 

der  Nacht  vom  15.  zum  16.  Juni  1467  der  grofste  Teil  der 

1  Besatzung     sich     durchzuschlagen.      Die    Bischoflichen ,    die 


318  Viertc's  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

voranzogen,  kamen  gliicklich  davon,  doch  von  den  Bres- 
lauern  wurden  an  tausend  gefangen,  und  die  in  der  Stadt 
Zuruekgebliebenen  fielen  natlirlieh  audi  in  die  Hiinde  der 
Feinde  mit  sehi'  anselinlichem  Ki'iegsmateriale,  worunter  auch 
die  grofse  Bilchse  sich  befand,  welche  allein  den  Breslauern 
tausend  Dukaten  gekostet  hatte. 

Diese  Schlappe  verfehlte  nicht  eines  gewissen  Eindrucks. 
Die  Gorlitzer  und  auch  Herzog  Heinrich  von  Freistadt,  die 
schon  den  Breslauern  batten  Zuzug  senden  woUen,  besannen 
sich  schnell  eines  anderen,  und  in  der  Hauptstadt  selbst  trat 
arger  Kleinmut  an  die  Stelle  des  frilheren  Ubennutes.  Der 
grofse  Haufe  tobte  gegen  die  HeerfUkrer  und  klagte  die- 
selben  des  Verrates  an,  erzwang  auch  die  Ausstofsung 
zweier  besonders  niifsliebiger  Ratsglieder,  sowie  die  Kontrolle 
des  Rates  durch  einen  Ausschufs  der  Blirgerschaft ;  und  es 
war  sehr  gut,  dafs  Prinz  Viktorin  nicht  seinen  Sieg  weiter 
vertblgcnd  gegen  Breslau  zog.  Er  hatte  die  Blirgerschaft 
fassungslos  und  kaum  recht  tiichtig  zu  ki-Jiftigem  Wider- 
stande  gefunden.  Doch  ihn  rief  der  Aufstand  in  Mahren 
schnell  wieder  dorthin  zuriick. 

Bischof  Jost  hatte  in  der  Zeit  der  Blockade  Franken- 
steins,  wenigstens  fur  sein  Kriegsvolk,  eine  Kapitulation  zu 
erwu'ken  sich  bemilht  und  Geld  geboten,  doch  die  Buhmen 
hatten  als  Preis  einer  solchen  verlangt,  er  solle  beim  Papste 
die  Anerkennuug  Georgs  als  Konig  durchsetzen.  Davon 
konnte  nun  nicht  wohl  die  Eede  sein,  wie  denn  iiberhaupt 
die  Entscheidung  des  grofsen  Konfliktes  nicht  in  diesen 
schlesischen  Kiimpfen  gesucht  werden  konnte.  Es  kam  doch 
schliefslich  alles  darauf  an,  ob  sich  der  Arm  eines  machtigen 
Fiirsten  filr  die  Vollsti-eckung  der  papstlichen  Verdammungs- 
urteile  fand. 

Wenn  schon  Papst  Pius  II.  liierbei  besonders  an  den 
Polenkonig  gedacht  hatte,  so  hatte  sein  Nachfolger  diesen 
Gedanken  noch  weiter  verfolgt,  und  als  sein  Legat  Rudolf, 
Bischof  von  Lavant,  sich  1466  nach  Preufsen  begab,  um 
den  Frieden  Polens  mit  dem  Orden  zu  vermitteln,  Hefs  er 
Konig  Kasimir  keinen  Zweifel  dariiber,  dafs  er  als  Preis 
der  Vermittelung  und  der  bei  dieser  der  einen  Partei  er- 
wiesenen  Gunst  erwarte,  der  Konig  oder  einer  seiner  Stihne 
werde  als  Priitendent  der  buhmischen  Krone  auftreten,  fur 
welchen  FaD  er  ihm  den  sofortigen  AnfaU  von  Schlesien 
und  der  Lausitz  in  bestimmteste  Aussicht  stellte.  Doch 
dieser,  wenig  einverstanden  mit  dem  gewaltsamen  Vor- 
gehen  des  Papstes  und  diu'ch  den  langen  Krieg  selbst  in 
alien  seinen  Hilfsquellen  erschopft,   versagte   sich   dem  Ver- 


Der  Papst  sucht  ThronprJitendeiiten  gegeu  Georg.  3i9 

langen,  imbekiimmert  clarum,  clafs  der  Legat  clem  Papste 
die  Bestatigung  des  Thorner  Friedens  vorbelialten,  uud  die- 
ser  wieder  sie  von  dem  Eintreten  des  Ktinigs  in  den  Kampf 
gegen  Podiebrad  abliiingig  gemacht  hatte.  Nur  zu  Ver- 
mittelungen  erklart  er  sich  bereit,  olme  aber  damit  beson- 
dere  Erfolge  zu  erzielen.  Um  so  bedeutsamer  ward  es 
dann,  dafs  1468  der  Kouig  von  Ungarn  Matthias  Korvinus 
die  Waffen  gegen  Georg  Podiebrad  ergriff,  und  nachdem 
dies  einmal  geschehen,  sich  bald  avich  in  die  Rolle  eines 
Gegenkonigs,  eines  Pratendenten  der  bohmischen  Krone,  hin- 
eiudriingen  liefs.  Das  Band  der  Verwandtschaft,  das  ihn 
mit  Georg  verkniipft,  hatte  1464  der  Tod  seiner  Ge- 
mahhn ,  der  Tochter  des  Bohmenfilrsten ,  gelost ;  bereits 
1465  hatte  er  sich  in  gewisser  Weise  dem  Papste  zm' 
Verfugmig  gestellt,  und  seitdem  waren  die  Beziehungen 
beider  Fiirsten  immer  gespannter  geworden,  bis  endHch 
1468  ein  Einfall  Viktorins  in  Osterreich  Matthias  bewog, 
zuniichst  zur  Untersttitzung  des  Kaisers  den  Kampf  zu  be- 
ginnen. 

Inzwischen  hatte  im  Dezember  1467  der  papsthche 
Legat,  der  seit  dem  Tode  des  Bischofs  Jost  von  Breslau 
am  13.  Dezember  d.  J.  noch  unbeschriinkter  herrschte  als 
bisher,  einen  Kongrefs  der  Gegner  Georgs  zusammenberufen, 
den  Vertreter  der  beiden  Lausitzen,  die  Hiiupter  des  boh- 
mischen Herrenbundes,  Bischof  Protas  von  Ohniitz  und  von 
schlesischen  Fiirsten  noch  Nikolaus  von  Oppeln  und  Bal- 
tasar  von  Sagan  besuchten,  welcher  letztere  erst  kurz  vorher 
eine  neue  von  den  Breslauern  ausgeriistete  Expedition  zur 
Wiedereroberung  seines  Saganer  Herzogtums  mit  einer  Nie- 
derlage  unweit  Freistadt  hatte  endigen  sehen  milssen.  Auch 
polnische  Gesandte  waren  in  Breslau,  freihch  ohne  Vollmacht, 
den  hier  laut  werdenden  Wiinschen  entsprechend  zu  ver- 
heifsen ,  der  Polenkonig  werde  seinen  Sohn  Wladyslaw 
wenigstens  mit  1000  Reitern  nach  Breslau  schicken,  um 
sich  hier  von  dem  Legaten  zum  Konig  von  Bohmen  kronen 
zu  lassen. 

Das   Hauptresultat   der   bei    geschlossenen   Thiiren    vam 

17.  bis  31.    Dezember   gepflogenen  Verhandlungen   war   die 

bestimmte   Verpihchtung    aller   Bundesgheder,    unter   keinen 

Umstanden  mit  Georg  Frieden  zu  machen.    Am  20.  Januar 

1468     ward    dann    der    papsthche    Legat    Rudolf   auf   das 

i  Drangen    besonders    der   Breslauer    bin    zum   Bischofe    von 

j  Breslau  postuliert,    welche  Wiirde   derselbe  jedoch   erst   an- 

j  nahm,   nachdem   die  Bilrgerschaft   ihm    treuen  Beistand   auf 

1  alle  Falle  feierlich  versprochen  hatte,   eine  Zusage,    welche 


320  Viertes  Buch.     Zweiter  Abschnitt. 

nachmals,  wie  Eschenloer  klagt,  die  Stadt  vim  viele  tausend 
Gulden  gebracht  hat. 

Tliatsachlich  betrachtete  sich  auch  Rudolf  in  seiner 
Eigenschaft  als  Legat  als  Regenten  Schlesiens  und  be- 
muhte  sich  eitrig,  hier  alle  Fiirsten  und  Stande  unter 
Androhung  der  Kirchenstrat'en  zu  dera  Bunde  gegen  Podie- 
brad  heranzuziehen.  Wirklich  gelang  es  ihm  auch,  den 
Furstentiimern  Schweidnitz  -  Jauer ,  die  bisher  immer  noch 
diesem  Bunde  sich  versagt  hatten,  in  dem  bohmischen  Edel- 
manne  Ulrich  von  Hasenburg  einen  ligistisch  gesinnten 
Hauptmann  zu  geben  und  diesem  Anerkennung  zu  sichern, 
und  auch  dem  Herzoge  Baltasar  von  Sagan  verschaffte  seine 
machtige  Vermittelung  sein  Land  wieder;  aber  die  anderen 
schlesischen  Fiirsten  hielten  immer  noch,  wenn  auch  ohne 
direkten  Widerspruch  zu  erheben,  unter  allerlei  Vorwiinden 
vorsichtig  zuriick. 

Matthias  Corvinus  tritt  gegen  Georg  Podiebrad  auf. 

Grofsen  Jubel  erregte  dagegen  in  Breslau  die  gerade 
um  das  Osterfest  eintrefFende  Nachricht  von  der  Kriegs- 
erklarung  des  Ungarnkonigs  gegen  Kr»nig  Georg,  nachdem 
kurz  vorher  auch  der  Kaiser  den  Schlesiern  und  Lausitzern 
geboten  hatte,  Georg  von  Podiebrad  Fehde  anzusagen.  Die 
Breslauer  beeilten  sich  mit  Konig  Matthias  in  Verbindung 
zu  treten,  vmd  Bischof  Protas  von  Olmiitz  gelobte  demselben 
im  Namen  des  Breslauer  Bundes  treuen  Beistand  unter 
Ausschlufs  jedes  einseitigen  Abkommens  mit  dem  Gegner, 
Avie  ja  auch  der  Konig  seinerseits  den  gegen  die  Ketzerei 
Verbiindeten  seinen  Schutz  zusagte,  aber  allerdings  nun  auch 
Unterstiitzung  mit  Kriegsvolk  begehrte.  Zu  einem  solchen 
ist  es  nun  aber  trotz  der  Aviederholten  dringenden  Mahnungen 
nicht  gekommen,  da  ja  in  Schlesien  selbst  die  Anhiinger 
des  Konigs,  unterstiitzt  von  mehreren  schlesischen  Adeligen 
den  Breslauern  zu  thun  machten. 

Da  gait  es,  die  wohlgeschiitzte  Bolkoburg  bei  Bolkenhain, 
von  der  aus  Hans  von  Tschirn  das  Land  beunruhigte,  einzu- 
nehmen ,  dann  Miinsterberg  und  Frankenstein  zuriickzu- 
erobern,  um  den  Einfiillen,  mit  denen  die  Bohmen  von 
dem  festen  Glatz  aus  Schlesien  bedrohten,  einen  Riegel  vor- 
zuschiebeu.  Die  Breslauer  zeigten  sich  sogar  bereit,  Zuzug 
zu  Konig  Matthias  abzusenden,  doch  konnten  sie  es  bei  der 
Lauheit  ihrer  Bundesgenossen  nicht  durchsetzen,  in  ihren 
Postierungen  vor  Frankenstein  von  anderen  Streitkraften 
abgelost   zu    werden.     Dagegen    unternahmen   die   Breslauer 


Matthias  von  Uugarii  Gegeukouig.  321 

Soldner  mehrfache  Eiufalle  in  das  Glatzer  Gebiet,  und  ihr 
Fiihrer  Gregor  Unwiirde  kampfte  (Anfang  Marz  1469)  tapfer 
und  siegreich  bei  Habelschwerd  mit  den  Bolimen,  obwohl 
ihn  die  ilim  beigegebenen  bischoflichen  Kriegsleute  klein- 
miitig  im  Stich  liefsen.- 

Die  Haltung  der  Melirzahl  der  Schlesier  blieb  inzwisclien 
fort  und  fort  schwankend.  So  lange  im  Jahre  1468  nur 
immer  Nachriciiten  von  einem  siegreichen  Vordringen  des 
Konigs  von  Ungarn  einliefen,  erhielt  der  Legat  von  alien 
.Seiten  gute  Worte  und  Versicherungen  der  Ergebenheit,  als 
aber  im  Jahre  1469  von  einer  Wendung  der  Dinge  ver- 
lautete,  die  Matthias  bewogen  habe,  unter  polnischer  Ver- 
mittelung  sich  zu  Waffenstillstand  und  Frieden  zu  bequemen, 
regten  sich  hier  wieder  vielfach  Wiinsche  einer  giitlichen 
.Verstandigung  mit  dem  Konige.  Doch  die  Zusammenkunft 
-von  Olmiltz  zwischen  den  beiden  Konigen  (April  1469) 
endigte  nur  mit  grofserer  Entfremdung,  und  die  dort  au- 
wesenden  bohmischen  Grofsen,  unter  denen  nun  auch  der 
Legat  Rudolf  als  Bischof  von  Breslau  eine  einflufsreiche 
Stimme  hatte,  fiihrten  die  Wahl  Matthias'  zura  Konige  von 
Bohmen  am  3.  Mai  1469  herbei,  die  dieser  auch  annahm 
iind  dadurch  hinreichend  seinen  Entschlufs  kundgab,  die 
Entscheidung  zwischen  ihm  und  Georg  auf  die  Spitze  des 
Schwertes  zu  stellen. 

Als  die  Breslauer  die  erste  Nachricht  von  der  Geneigt- 
heit  Matthias',  die  bohmische  Konigswiirde  anzunehmen,  er- 
hielten ,  war  alles  voll  Jubel.  In  den  Kirchen  sang  man 
Psalmen,  auf  dem  Ringe  bewirtete  der  Rat  das  Volk  mit 
-Bier,  und  eine  Illumination,  im  Stile  jener  Zeit  durch  zahl- 
-reiche  brennende  Pechpfannen  dargestellt,  verherrlichte  den 
•Tag. 

Wenn  die  Breslauer  schon  vorher  den  neuen  Konig 
-hatten  bitten  lassen,  er  moge  doch  geruhen,  Breslau  zu  be- 
suchen,  das  wiirde  am  besten  die  in  Schlesien  noch  un- 
-schliissig  Zogernden  zur  Entscheidung  bewegen,  so  erledigte 
^sich  das  jetzt  von  selbst.  Matthias  beeilte  sich,  die  Schlesier 
zur  Huldigung  nach  Breslau  zu  entbieten. 

Der  immer  festgehaltene  Wunsch  der  Breslauer,  an  Stelle 

des  gehafsten  Bohmen  einen  anderen  Herrscher  zu  erhalten, 

;  ging  in  Erfiillung,    und  wenn  auch    der  Kampf  noch   nicht 

j   zu  Ende  war,  so  gab  es  doch  jetzt  selbst  Kiinig  Georg  auf, 

I   die  Nachfolge  einem  seiner  Sohne  zu  sichern ;  die  Griinduug 

einer   czechischen    Dynastie    durfte    als    abgethan   angesehen 

werden.     An  diesem  Resultate,  dessen  welthistorischen  Cha- 

I  rakter  man  ja  kaum  wird  in  Abrede  stellen  konnen,  haben 

i  Grunhagen,  Gesch.  ScUlesiens.    I.  ^1 


g22  Vicrtes  Buch.     Zweiter  Abschuitt. 

nun  die  Brcslauor  unzweii'elhaft  ihren  bedeutsamen  Anteil. 
Es  ist  sehr  fraglich,  ob  der  Papst  ohne  den  sicheren  Rilck- 
halt  der  Breslauer  Unvers(>hnlichkeit  den  Kampf  gegen  Georg 
so  ernsthaft  unternommen  hiitte. 

Aiif  der  anderen  Seite  aber  liegt-  es  doch  sehr  naho  zu 
fragen,  ob  das  Kesultat,  das  die  Breslauer  nun  also  mit 
herbeigetuhrt  haben,  als  ein  von  einem  hciheren  Standpunkte 
Erspriefsliches  anerkannt  zu  werden  vermag,  ja  ob  dasselbe 
auch  nur  dem  eigenen  Interesse  der  Breslauer  entsprochen 
hat,  ob  diese  langjilhrigen  Kampfe  mit  ihrem  Blutvergielsen, 
ihren  Verwustungeu ,  ihi'en  Verkehrsstorungen  wirklicli  auf- 
gewogen  werden  konnten  durch  das  Resultat,  dafs  niclit  ein 
Czeche  sondern  ein  Magyar  resp.  spater  ein  Pole  liber 
Schlesien  das  Scepter  fuhrte.  Man  kann  die  Berechtigung 
dieser  Frage  sehr  wohl  zugeben,  man  kann  sogar  einraumen, 
dafs  Georg  Podiebrad  sicherlich  keinen  schlechteren  Herr- 
scher  abgegeben  haben  wiirde  als  die,  welche  an  seine  Stella 
traten;  und  dennoch  wird  man  daran  festhalten  diirfen,  dais 
die  Breslauer,  bei  denen  wir  das  nationale  Bewufstsein  der 
deutschen  Ansiedler  im  Osten  allezeit  am  starksten  ausge- 
pragt  tinden,  auch  ganz  abgesehen  von  dem  religiosen  oder 
kirchlichen  Momente  doch  bei  ihrer  hartnackigen  Feindschaft 
gegen  Podiebrad  von  einem  im  Grunde  richtigen,  wenn 
auch  vielleicht  nur  instinktmafsig  empfundenen  Bewufstsein 
geleitet  wurden.  Das  Czechentum,  als  dessen  Reprasentanten 
wir  eben  Podiebrad  ansehen  miissen,  war  seinem  ganzen 
Wesen  nach  in  der  That  darauf  angewiesen,  die  Resultate 
der  deutschen  Kolonisation  in  den  Landern  des  bohmischen 
Reiches  anzugreifen  und  nach  bestem  Vermogen  zu  ver- 
nichten ;  eine  imversohnliche  Feindschaft  gegen  das  Deutsch- 
tum  lag  in  seinem  eigensten  Wesen.  Eine  derartige  Gefahr 
drohte  von  Matthias  ganz  und  gar  nicht  und  selbst  kauni 
von  Polen,  welches  im  sicheren  Besitze  eines  national  ge- 
schlossenen  Staates  die  Nationalitjiten  von  Nebenlandern,  die 
luiter  soin  Scepter  kamen,  zu  bedrohen  keinen  zwingen- 
den  Grund  hatte  und  thatsachlich,  in  jener  Zeit  wenigstens, 
nach  der  Seite  hin  wenig  Anlafs  zu  Beschwerden  gegeben 
hat.  So  bewegt  uns,  obwohl  in  diesen  Kampfen  ein  allge- 
mein  menschUches  Interesse  uns  vielfach  mehr  auf  die  Seite 
des  Kiinigs  Georg  ziehen  mochte,  doch  die  Erwagung  der 
nationalen  Interessen,  das  schliefsUche  Resultat  im  grofsen 
und  ganzen  willkommen  zu  heifsen. 


323 


Dritter  Abschnitt. 

Konig  Matthias  von  Liigaiii  1409—1490.  Kiiuipfe  in 
Schlesien  mit  den  Anliiingeru  des  Gegenkonigs  IVlady- 
slaw  Yon  Polen.  Behauptung  Sehlesiens  diircli  Mat- 
thias gegen  die  polnisch  -  hohuiischen  Heere  1474. 
Matthias  als  Re|ent  Ton  Schlesien.  Vertrag  Ton  01- 
miitz  1479.  Niederwerfung  Johanns  ron  Sagan. 
Oeorg  Ton  Stein. 


Als  im  April  1469  Konig  Matthias  zu  Olmiitz  mit  dem 
Haupte  des  bohmischen  Herrenbundes  wegen  tJbernahme 
der  Konigswiirde  verhandelte  und  der  letztere  die  diu'ch 
Matthias  geforderte  Beisteiier  von  250000  Gulden  uner- 
schwinghch  hoch  land,  wies  dieser  darauf  hin,  dais,  wenn 
statt  seinei'  oder  neben  ihm  deutsche  Fiirsten  Hillsvolker 
herfuhren  miifsten,  diese  nicht  verfehlen  wilrden,  ihi-e  etwaigen 
Eroberimgen  fiir  sich  zu  behalten,  wo  dann  eine  Zerstucke- 
lung  des  bohmischen  Reiches  die  notwendige  Folge  sein 
werde. 

Ahnhches  liefse  sich  vielleicht  ilberhaupt  von  der  Re- 
gierung  dieses  Konigs  und  gerade  eben  in  der  Anwendung 
auf  Schlesien  aussprechen,  dafs  namlich  das  Eintreten  von 
Matthias  dieses  Laud  vor  der  drohenden  Gefahi*  einer  Zer- 
stlickeluug  bewahrt  hat.  Gerade  die  schlesischen  Fiirsten, 
"welche  den  losesten  Zusammenhang  zeigten  und  am  Icichte- 
sten  abzughedern  gewesen  wiiren,  die  oberschlesischen,  mulsten 
bei  einer  Kombination,  welche  Schlesien  mit  Ungarn  ver- 
band,  notwendig  festgehalten  werden,  weil  ihre  Lande  die 
unentbehrliche  Briicke  zu  dem  iibrigen  Schlesien  bildeten. 

Am  21.  Mai  1469  zu  Pfingsten   war  Konig  Matthias   in 

Neifse,  geleitet  von  2000  Reitern  in  prachtiger  Riistung  auf 

stolzen  Rossen.     In  seinem  Gefolge  waren  neben  Gesandten 

des   Kaisers   ungarische   Pralaten   und   Magnaten   und    boh- 

mische   Grofse.      Am    26.   Mai    holten    die    Breslauer    ihren 

neuen  Herrscher  in  ihre  Stadt   ein.     Fast   eine  Meile   zogen 

i  sie  ihm  entgegen  in  feierlichem  Zuge  mehr  als  400  Beritteue, 

I  die   Schliissel   der   Stadt    reichte    man    ihm    dar,    und    ihre 

1  Banner   neigten   sich   vor   ihm.     In   Breslau   bcgriifsten   ilin 

I  auch   auswartige   Fiirsten,    so    der    Kurfiirst   Friedrich   von 

I  Brandenburg   und  dessen  Neffe  Markgraf  Johann,  der  Sohn 

i  21* 


324  Viertes  Buck.     Dritter  Abschnitt. 

von  Albrecht  Achilles.  Am  ersten  Juni  begingen  die 
Fiirsten  das  Frolinleichnamsfest  durch  Teilnahme  .an  der 
feierlichen  Prozession:  die  beiden  Herzoge  von  (Jls  und 
Kosel,  Konrad  der  Sclnvarze  iind  Konrad  der  "Weifse,  Fried- 
rich  von  Liegnitz,  Heinrich  von  Glogaii,  Baltasar  von  Sagan 
und  der  junge  Markgraf  von  Brandenburg  trugen  den 
Baldachin  iiber  dem  AUerheihgsten.  Auch  durch  cine  Wall- 
faln-t  nach  Trebnitz  zum  Grabe  der  heihgen  Hedwig  zeigte 
Matthias  seine  Frommigkeit.  Am  31.  ]\lai  huldigte  der 
Rat;  nach  der  Ableistung  des  Treuschwures  llbergaben  die 
papstHchen  Legaten  die  Stadt  Breslau,  die  bisher  unter  pjipst- 
lichem  Schutze  gestanden  habe,  dem  Kunige,  und  die  kaiser- 
lichen  Gesandten  thaten  dasselbe  namens  ihres  Herrn.  Im 
Laufe  des  Juni  huldigten  dann  die  schlesischen  Fiirsten 
einer  nach  dem  andem  dem  neuen  Herrscher,  der  einzige, 
der  prinzipielle  Bedeuken  aufserte  wegen  des  an  Georg 
Podiebrad  gethanen  Gelobnisses,  Herzog  Konrad  der  Schwarze, 
liefs  sich  schhefshch  auch  bereit  finden  (18.  Juni),  und  der 
jmige  Herzog  von  Liegnitz,  Friedrich,  erhielt  bci  dieser  Ge- 
legenlieit  sein  ihm  so  viel  bestrittenes  Land  detinitiv  zuge- 
sprochen,  womit  dann  der  lange  Liegnitzer  Lehensstreit  sein 
Ende  fand,  und  ebenso  empfing  damals  Heinnch  XI.  von 
Glogau  die  bisher  im  immittelbaren  Besitz  der  bohmischen 
Krone  belindHche  Halfte  elieses  Herzogtums.  Auch  die 
Sechsstadte  und  die  Niederlausitz  huldigten  in  Breslau. 

Die  Schweidnitzer  erhoben  auf  Grund  eines  uoch  aus 
Karls  IV.  Zeit  herstammenden  GcAvohnheitsrechtes  den  An- 
spruch,  dafs  fur  die  Fvlrstentiimer  Schweidnitz  -  Jauer  in 
ihi-en  Mauern  die  Huldigung  erfolge,  und  Matthias  liefs  dem 
nachgebend,  sich  selbst  aber  mit  Krankheit  entschuldigend, 
dui'ch  Bischof  Rudolf  und  Zdenko  von  Sternberg  dort  die 
Hiddigung  vornehmen  (den  13.  Juni).  Erst  am  5.  Juli 
verliefs  der  Konig  wiederum  die  schlesische  Stadt,  deren 
Sackel  dm-ch  die  bei  dieser  Gelegenheit  geiibte  Gastfreund- 
schaft  um  \'ieles  leichter  geworden  war. 

Inzwischen  hatte  Konig  Georg  in  seiner  Bedrangnis  dazui 
gegriffen,  "Wladyslaw,  den  Sohn  Konig  Kasimii's  von  Polen, 
zum  Konig  von  Bohmeu  walilen  zu  lassen,  unter  der  Be- 
dingung,  dafs  derselbe  seiner  Tochter  LudmUa  sich  venuahle; 
und  ihm  bis  an  seinen  Tod  die  Herrschaft  iiber  Bohmcaii 
lasse:  ein  Antrag,  den  Kasimu'  nicht  abwies,  wenn  gleich 
die  Ehe  mit  der  ketzerischen  Prinzessin  bei  dem  recht- 
glaubigen  polnischen  Klerus  grofses  Bedenkeu  erregte.  Umi 
dieses  Umstandes  willeu  zogen  sich  auch  die  Unterhand- 
lungen  noch  eine  Weile  hin,  und  es  kam  wenigstens  nichtt 


Parteiungen  iu  Schlesieu  1469/70.  325 

zu  einem  direkten  Eingreifen  der  polnischen  Streitkrafte  zu- 
gunsten  Georgs,  wie  dieser  es  begehrte. 

Ein  solches  hatte  die  Schlesier  in  eine  verzweifelte  Lage 
gebracht.  Denn  sie  wurden  ohnehin  schon  von  Bohmen 
aus,  wo  auf  die  Nachricht  von  der  Huldigung  Schlesiens 
an  Matthias  ein  schnell  entflamniter  opferwilliger  Kriegseifer 
dem  Konig  Georg  ansehnliche  Streitkrafte  zur  Verfligung 
gestellt  hatte,  auf  das  schwerste  bedriingt.  Mit  den  Rii- 
stungen  der  Schlesier  sah  es  libel  aus;  die  Fiirsten  be- 
sehickten  zwar  die  vielen  von  dem  Breslauer  Bischof  oder 
den  Landeshauptleuten  zusammenberufenen  Versammlungen, 
gaben  auch  wohl  die  besten  Versicherungen,  hielten  dieselben 
aber  nicht,  sondern  verzogerten  unter  irgendwelchen  Vor- 
wanden  immer  aufs  neue  die  Truppensendungen ,  so  dafs 
es  schien,  als  solle  wiederuni  die  ganze  Last  des  Krieges 
auf  die  Schultern  der  Breslauer  gewalzt  werden.  Bei  diesen 
aber  hinderte  schon  die  immer  drlickender  werdende  Geld- 
not  ausreichende  Werbungen.  Umsonst  sandte  Matthias 
seinen  besten  Feldherrn,  Franz  von  Hagen,  mit  einigen  hun- 
dert  Reitern  nach  Schlesien.  Dessen  Ki'iegserfahrung  und 
Tapferkeit  vermochte  wohl  hin  und  wieder  einen  Erfolg  zu 
gewinnen,  doch  nicht  auf  die  Dauer  das  Mifsverhaltnis  der 
Streitkrafte  auszugleichen.  *  ThatsachHch  ward,  wie  einst  in 
den  Hussitenkriegen ,  eine  breite  Zone  langst  des  Gebirges 
vom  Neifseschen  an  bis  in  die  Oberlausitz  hinein  von  boh- 
mischen  Kriegsscharen  ungestraft  auf  das  schlimmste  ge- 
pliindert  und  verwiistet,  wie  damals  blieb  den  armen  Be- 
wohnern  kaum  etwas  anderes  llbrig  als  durch  freiwillige 
Unterwerfung  und"  die  Zahlung  grofser  Geldsummen  sich 
eine  gewisse  Schonung  zu  erkaufen. 

In  Breslau   machte   sich   schnell  die  grcifste  Entmutigung 

geltend,    die  von  Konig   Matthias   angeordnete  Pragung  ge- 

riugwertigen  Geldes   brachte   mannigfache  Verluste   und    er- 

regte  grofse  Verwirrung  und  Unzufi'iedenheit ;   man   begann 

nun  auf  die  Prediger  zu  schelten,   welche  dm'ch  ilu'  Eifern 

gegen    den   ketzerischen   Konig    die   Gemiiter    verfilhrt   und 

I   die   Stadt    in    die    iible   Lage    gebracht    batten.     Auch    auf 

'   einer   Versammlung   in    Trebnitz    (im    Januar   1470)   klagte 

I  man  einst  darliber  in  Gegenwart  der  beiden  Olser  Herzoge, 

I  und  einer  von  deren  Raten  meinte,  es  miisse  das  alles  wohl 

!  Gottes   Ratschlufs   sein    und,    um    mit    den   Astronomen   zu 

j  sprechen,  die  Planeten  es  so  wollen.    Da  rief  Herzog  Konrad 

der  Schwarze   aus:    „Was    sprichst    du    von    den  Planeten, 

welche  Gott  wohl   lenkt,    und   die  uns   zu    nichts    zwingen. 

Waren  nur  die  [beiden   verfluchten  Breslauer  Planeten,   der 


326  Viertes  Biich.    Dritter  Abschnitt. 

Propst  Joh.  Duster  imd  dcr  Kantor  Nik.  Tempclf'eld  (die 
beiden  Haupteiferer  gegeu  Podiebrad),  iiicLt  iu  der  Welt 
gewesen,  wir  mochten  wohl  guten  Frieden  haben.  Das  siud 
die  Planeten  des  Teufels,  welche  das  Vaterland  angesteckt 
haben." 

Noch  ilblcr  sah  cs  in  Oberschlesien  aus,  avo  die  Hei'zOge 
doch  einmal  mehr  zu  Polen  neigten.  Umsonst  sandte  ]\Iat- 
thias  1000  Goldgulden  an  die  Herzoge  Primko  von  Teschen 
und  AVenzel  von  Rybnik  zur  Werbung  von  Kriegsvolk,  mit 
dem  dann  die  bedrobte  Herrschaft  des  Ungarnfilrsten  all- 
gemein  zur  Anerkennung  gebracht  werden  sollte.  Sie  rich- 
teten  wenig  aus.  In  Troppau  behauptete  sich  tapfer  der 
bohmische  Oberst  Berka  von  Nassidel  und  bewog  schliefs- 
lich  den  Herzog  von  Troppau  und  Ratibor  Johann  IV.,  iui 
Januar  1470  sich  geradezu  von  Matthias  loszusagen  und 
fiir  Georg  zu  entscheiden,  Avofilr  allerdings  der  Ungarnfiii'st 
Rache  nahm  und  durch  seinen  Ea'iegsobersten  Franz  von 
Hagen  Johanns  Ilauptstadt  Ratibor  belagcrn  liefs,  die  sich 
durch  eine  ansehnliche  Geldsumme  loskaufen  mufste. 

In  Schlesien  war  die  Sache  des  Konigs  JMatthias  nicht 
wesentKch  verbessert  worden  durch  dessen  Erfolg  vom 
27.  JuH  1469;  die  Gefangennehmung  des  Prinzen  Viktorin, 
und  selbst  der  Tod  Georg  Podiebrads  1471,  22.  Marz,  ward 
zwar  in  Bi'eslau  durch  Freadenfeuer  begriifst,  brachte  jedoch 
die  Dinge  dem  Frieden  nicht  niiher.  Die  Bohmen  wilhlten 
zu  Kuttenberg  im  Mai  1471  den  polnischen  Prinzen  Wlady- 
slaw  zum  Konige,  obwohl  hier  auch  ungarische  Gesandte, 
unter  ilmen  der  Bischof  von  Erlau  (ein  geborener  Breslauer, 
Johann  Beckensloer)  fiir  Mattliias  gesprochen  batten  und 
selbst  Prinz  Viktorin,  der  iilteste  Sohn  des  verstorbenen 
Konigs,  den  Matthias  in  seiner  Haft  wolilwollend  behandelt 
und  jetzt  frei  gelassen  hatte,  fiir  diesen  eingetreten  war. 
Mattliias  hatte  inzmschen  zu  Iglau  durch  den  papstUchen 
Legaten  Rovarella  unter  Zustimmung  der  ihm  anhangenden 
bohmischen  Edeln  seine  Wahl  aufs  neue  bestatigen  lassen. 
Am  25.  Juli  brach  Prinz  Wladyslaw  mit  grofsem  Gefolge 
von  Krakau  durch  Oberschlesien  nach  Bohmen  auf,  wo 
einige  oberschlesische  Herzoge  sich  ihm  anschlossen,  niimHch 
von  der  Teschener  Linie  Primko  mit  seinem  Bruderssohne 
Kasimu',  von  dem  Auschwitzer  Fiirstenhause  Johann  von 
Zator  und  sein  Bruderssohn  Johann  von  Gleiwitz  und  aus 
dem  premyslidischen  Stamme  die  beiden  Briider  Johann  der 
Altere  von  Jagerndorf  vmd  Wenzel  von  Rybnik.  Am 
3.  August  war  Wladyslaw  in  Troppau,  doch  den  Zug  durch 
Miihren  verwehrte  feindliches  Kriegsvolk,    so  dafs  man  sich 


Stelluiig-  der  schlesiscben  Fiirsten.  327 

genotig-t  sail,  den  Weg  dnrch  Schlesien  liber  Neifse  und 
Olatz  zu  nehmeu.  Auf  einer  Hohe  jeuseits  Wartha,  wo  ein 
steinerues  Kracifix  die  Grenze  zwischen  Schlesien  und  Boh- 
men  bezeiehnete,  empfing-  mit  zahleicheu  Edlen  und  Rittern 
Herzog  Heini'ich  der  Altere  von  Miinsterberg,  der  Sohn 
Konig  Georgs,  den  neuen  Herrscher. 

Audi  in  Niederschlesien  war  trotz  der  geleisteten  Hul- 
digung  die  Stimmung  seb'  geteilt,  und  selbst  Biscliof  Rudolf 
mit  seinem  Kapitel  ware  am  liebsten  zu  Wladyslaw  abo-e- 
fallen.  Die  Stadt  Breslau  blieb  standhaft,  wenn  sie  glefcli 
den  mangebiden  guten  Willen  der  ilbrigen  Sclilesier  schwer 
erapfand  und  der  Erwartung  ihi-es  neuen  Konigs,  sie  werde 
^us  eigenen  Mitteln  ein  Heer  von  20  000  Mann  stellen,  zu 
entspreclien  sicli  aufser  Stande  fiihlte. 

Yon  den  schlesisclien  Herzogen  wareu  nur  zwei  in  ein 
naheres  Verhaltnis  zu  Matthias  getreten.  Friedrich  I.  von 
Liegnitz  und  Johann  II.  von  Priebus.  Den  ersteren  er- 
nannte  der  Konig  1471  an  der  Stelle  des  Jaroslaw  von 
Sternberg  zum  Hauptmann  der  Oberlausitz,  indem  er  zu 
gleicher  Zeit  seinen  getreuen  Feldobersten  Franz  von  Hagen 
iiber  die  Filrstentiimer  Schweidnitz  -  Jauer  setzte  und  die 
Breslauer  Hauptmannschaft  dem  Breslauer  Rate  ziu-iickgab. 
Herzog  Friedrich  hat  auch  treu  bei  dem  Ungarnkonig  ge- 
stauden  und  hat  fllr  die  Sichemng  Schlesiens  speziell  da- 
diu'ch  gesorgt,  dafs  er  das  Liegnitzer  Schlofs  ausljaute  imd 
befestigte  und  auf  den  Triimmem  der  alten  Groditzbiu'g 
ein  neues  Schlofs  erbauen  hefs,  das  seine  Lage  auf  isohertem 
Bergkegel  fest  genug  machte. 

Herzog  Johann  II.  fuhrten  sehr  eigenniltzige  Beweggriinde 
aut  Matthias'  Seite.  Sein  begelu'hcher  Sinn  mochte  sich  mit 
dem  kleinen  Priebuser  Lande  nicht  begniigen.  Schon  ein- 
mal  hatte  er,  wie  wir  sahen,  mit  Georg  Podiebrads  Hilfe 
seinem  Bruder  Baltasar  dessen  Herzogtum  genommen,  es 
aber  1467  Avieder  zuriickgeben  mlissen.  Hatte  er  sich  da- 
mals  mit  dem  klinftigen  HeimfaUe  des  Landes  nach  dem 
Tode  des  kinderlosen  und  verwitweten  Bruders  getrostet,  so 
hatte  dessen  Wiederverheiratung  1469  diese  Hoffhung  wan- 
kend  gemacht  und  den  Herzog  bewogen,  diu'ch  eine  Reise 
zu  Konig  Matthias  dessen  Gunst  und  damit  neue  Aussichten 
zu  gewinnen.  In  der  That  fand  er  hier  freundhche  Auf- 
nahme  und  erhielt  Geld  zur  Anwerbung  von  Kriegsvolk. 
Ja  der  Konig  -n-ies  die  Breslauer  an,  Johann  die  zum  Bres- 
lauer Filrstentume  gehorige  Stadt  Kamslau  einziu-aumen, 
damit  derselbe  von  diesem  festen  Punkte  aus  den  Kiieg 
Igegen  Polen  fiihren  konne.     Doch  die  Breslauer  fui'chteten, 


328  Vieites  Buch.    Dritter  Abschnitt. 

den  gewaltthiitigen  Herzog  dann  nicht  wieder  los  werden 
zii  konnen,  und  wul'sten  ihre  Weigerung  selbst  bei  dem 
Konige  zu  rechtl'ertigen. 

Johann  aber  trug  keiii  Bedenken,  die  3000  Mann,  die 
er  gesammelt,  uhne  Aveiteres  zur  Bekriegung  seines  Bruders 
zu  verwenden,  er  riickte  vor  Sagan  (1472),  notigte  durch 
eine  Beschiefsung,  die  einen  Teil  der  Stadt  in  Feuer  auf- 
gehen  liefs,  Herzog  Baltasar,  sich  auf  das  teste  Schlofs  zu- 
rlickzuziehen,  und  zAvang  dann  auch  dieses  einige  Tage  spiiter 
zu  kapitulieren.  Johann  fuhrte  den  Bruder  getangen  nach 
Priebvis  und  verwahrte  ihn  dort  in  dem  festen  Wartturm 
des  Schlosses  in  grausamer  Hat't.  Dort  starb  derselbe  einige 
Monate  spater  am  15.  Juli,  und  bald  verbreitete  sich  das 
schwerlich  gegrilndete  Geriicht,  man  habe  den  UngltickHchen 
verhungern  lassen,  der  Herzog  oder  Avenigstens  sein  ver- 
trauter  Diener  namens  Busch  trage  die  Schuld  daran. 

Auf  Herzog  Johann  blieb  die  feindliche  Erregung,  die 
sich  infolge  dieser  Geriichte  allerorten  gegen  ihn  zeigte,  nicht 
ohne  Wirkung,  und  als  dann  Konig  Matthias  ihn  zur  Ver- 
antwortung  zog  wegen  der  eigenmachtigen  Verwendung 
seiner  Kriegsvolker ,  verzichtete  er  darauf,  sein  neu  erwor- 
benes  Saganer  Land  zu  behalten,  und  wahrend  er  dem  Ko- 
nige gegeniiber  sich  mit  Ki^ankheit  entschuldigte ,  eilte  er 
heimlich  zu  den  sachsischen  Herzogen  Ernst  und  Albrecht^ 
die  damals  ihre  Lande  noch  ungesondert  regierten ,  um 
diesen  das  Herzogtum  Sagan  zum  Verkaufe  anzubieten. 
Schon  im  Dezember  1472  kam  der  Verkaut"  zustande,  und 
Johann  erhielt  von  der  festgesetzten  Kaufsumme  von  55  000 
Gulden  10000  sogleich  ausgezahlt.  Matthias,  dem  in  seiner 
damaligen  Lage  viel  daran  lag,  sich  moglichst  die  deutschen 
Reichsfiirsten  geneigt  zu  erhalten,  weigerte  seine  Bestatigung 
nicht,  und  es  kam  so  Sagan  an  das  Wettiner  Haus.  Dat; 
zu  derselben  Zeit  der  letzte  Sprofs  des  Glogauer  Filrsten- , 
hauses,  Heinrich  XI.,  Herr  der  Lande  Krossen,  Glogau^. 
Freistadt,  Herrnstadt  und  Liiben,  der  selbst  die  Vierzigr 
bereits  iiberschritten  hatte,  sich  mit  der  damals  achtjahrigem 
Barbara,  der  Tochter  von  Albrecht  Achilles,  verlobte  und 
dabei  fur  den  Fall  seines  kinderlosen  Todes  alle  seine  Land© 
ihr  verschrieb,  so  war  auch  hier  ein  Anfall  dieser  Herzog- 
tiimer  an  ein  fremdes  Haus  angebahnt,  und  es  schienen 
hier  jetzt  im  Westen  die  Abgliederungeu  schlesischer  Landes- 
teile  erfolgen  zu  sollen,  die,  Avenn  von  deutscher  Seite  her 
fur  Schlesien  ein  Herrscher  gekommeu  ware,  vielleicht  auf 
der  anderen  Seite  im  Osten  sich  voUzogen  haben  wurden. 

Inzwischen  sah  es  im  Herzen  von  Schlesien  noch  immep:i 


Sagan  an  Sachseii.     Die  Sohne  Koiiig  Georgs.  321) 

sehr  ilbel  aus.  Die  Sohne  Konig  Georgs  hatten  im  Marz 
1472  auf  ihrem  Stammschlosse  Podiebrad  ihre  Erblande  so 
geteilt,  dafs  von  den  schlesischen  Besitzungen  dem  altesten, 
Viktorin,  Troppau,  dem  zweiten,  Heinrich  dem  Alteren, 
Miinsterberg  iind  Glatz  zufallen  sollten.  Wahrend  nun 
Viktorin,  dei'  ja  mir  bedingungsweise  aus  der  ungarisclien 
Gefangenschaft  entlassen  worden  war,  sich  hiitete,  gegen 
Matthias  Partei  zu  nehmen,  verfocht  Heinrich  entschiedener 
die  bohmische  Sache,  wenngleich  auch  er  darauf  bedacht 
war,  durch  Vermittekmg  des  Augustinerpropstes  von  Glatz, 
den  er  durch  Freundlichkeit  sich  gewonnen  hatte,  die  Lo- 
sung  vom  Banne  zu  erreichen.  Sein  testes  Schlofs  Glatz 
bildete  den  Ausgangspunkt  immer  erneuter  Streifziige  nach 
Schlesien  hinein,  welche  um  so  schwerer  das  Land  scha- 
digten,  als  auf  verschiedenen  Burgen  im  Gebirge,  wie  Lahn- 
haus,  Nimmersatt,  Neuhaus  bei  Waldenburg  und  Fllrsten- 
stein,  die  dort  hausenden  Ritter  begierig  die  Gelegenheit  er- 
griffen,  ihre  rauberischen  Gelliste  mit  dem  Vorwande  der 
Parteinahme  fur  die  Bohmen  zu  decken. 

Wohl  war  die  Menge  der  Streiter,  welche  das  Land 
straflos  verwllsteten  und  brandschatzten ,  nicht  eben  grofs, 
und  nicht  mit  Unrecht  liefs  Konig  JVIatthias  durch  Johann 
von  Rabstein  vorstellen,  wie  es  doch  eine  Schande  sei,  dais 
soviel  Fiirsten,  Lande  und  Stadte  sich  von  solch  kleinem 
Hauflein  Feinde  mifshandeln  und  brandschatzen  liefsen. 
Man  sah  das  wohl  ein,  aber  als  nun  von  den  Schlesiern 
verlangt  ward,  dem  Herzog  Friedrich  von  Liegnitz,  den  der 
Konig  ihnen  als  obersten  Landeshauptmann  setzen  woUte, 
bestimmte  regelmalsige  Beitrage  zur  Werbung  von  Kriegs- 
volk  zur  Verfligung  zu  stellen,  fanden  sich  nur  die  Bres- 
lauer  und  der  Bischof  dazu  bereit,  die  ubrigen  wollten  von 
solcher  Neuerung  nichts  horen,  sondern  erkliirten,  lieber 
selbst  ihre  Mannschaften  stellen  zu  wollen.  Natlirlich  waren 
selbige  dann  nicht  zur  Stelle,  und  so  blieb  alles  beim  alten. 
Einzelne  Fili'sten  suchten  lieber  die  Freundschait  des  Her- 
zogs  Heinrich;  Konrad  der  Schwarze  von  Ols-Kosel  ver- 
lobte  sein  Tochterlein  Barbara  dessen  altestem  Sohn  Al- 
brecht  (1472),  und  selbst  Herzog  Friedrich  von  Liegnitz 
trat  in  Unterhandlungen  mit  jenem,  die  bald  zu  seiner  Ver- 
mahlung  mit  Heinrichs  Schwester  Ludmila  fiihrten  (1474). 
Am  schHmmsten  waren  die  Breslauer  daran.  Ihre  Messen 
verodeten,  die  besten  Kunden  aus  Polen  hielten  strenge  Be- 
fehle  Konigs  Kasimir  daheim  fest,  und  aufserdem  lauerten 
iiberall  vor  den  Thoren  Wegelagerer  ihren  Warenziigen  auf. 
Das  platte  Land  weithin   nach    dem  Gebirge   zu   zahlte   an- 


o30  ^'iel•tos  Bucb.     Drittur  Abscliaitt. 

sehnliche  vSummen  nach  Glatz ,  um  sich  von  der  sonst 
drolienden  Plilndei'img  loszukaufen.  Bis  fast  vor  die  Thore 
Breslaus  ward  dieser  Tribut  eingefordert ,  und  wehmiitig 
klagten  die  Landbewohner  aus  dem  Neumarkscheni  darilber 
bei  dem  Rate,  so  dafs  dieser  endlich  eiue  Gesandtschaft  an 
Heinrich  nach  Glatz  abzusenden  beschlofs,  welcher  auch  der 
Chronist  Eschenloer,  der  damalige  Stadtschreiber,  angehcirte 
(Dezember  1472).  Sie  faud  gnadige  Authahme,  es  schmei- 
chelte  dem  Herzog,  dais  die  stolzen  Breslauer,  die  seinem 
Vater  so  kilhnlich  getrotzt,  nun  ihm  bittend  nahten.  Das 
Geschenk  einer  rotsamtnen  Schanbe  mit  Zobel  gefiittert  fur 
den  Herzog  und  einer  dito  von  blauem  Damast  fiir  seine 
Gemahlin  land  Beitall,  und  der  Tribut  ward  den  Neu- 
markter  Landbewohnern  erlassen. 

Verschiedene  verfangliche  Fragen  des  Herzogs,  warum 
die  Breslauer  sich  so  batten  „von  den  PfafFen  verfilhren 
lassen'',  warum  sie  seinen  Vater,  der  doch  dem  ganzen 
Konigreiche  wohl  hatte  dauernden  Frieden  geben  konnen, 
nicht  hiitte  annehmen  mugen  u.  s.  w.,  liefsen  die  Gesandten 
unbeantwortet,  dagegen  richteten  sie  einen  Auftrag  an 
den  Abt  vom  Sandstitte  treulich  aus,  und  dieser,  der  in 
einer  Kapelle  seiner  Kirche  hatte  aufmalen  lassen,  wie  zwei 
Teufel  den  Konig  Georg  auf  einer  Bahre  in  die  Hiille 
trugen,  beeilte  sich,  das  auziigliche  Bild  zu  tilgen.  Er  ver-j 
zichtete  darauf,  den  Ketzer  den  hollischen  Flammen  iiber- 
antworten  zu  sehen,  um  seine  Stiftsdorfer  vor  den  irdischeni 
Flammen  zu  behiiten,  mit  denen  Herzog  Heinrich  sie  heim- 
zusuchen  gedroht  hatte. 

Im  Friihliug  1473  erfahren  Avir  von  einem  Feldzuge  ober- 
schlesischer  Herzoge,  unter  denen  uns  Viktorin  von  Tro])pau 
und  sein  Bruder  Heinrich  von  Miiusterberg  (der  nach  dem 
Tode  Konrads  des  Schwarzen  1471  das  Koseler  Land  kauf- 
weise  an  sich  gebracht  hatte),  Johann  von  Ratibor,  Primkoi 
von  Teschen  und  Nikolaus  von  Oppeln  genannt  werden,  I 
und  zu  welchem  auch  Breslau  und  der  Bischof  Zuzug  sen- 
deten,  gegen  Herzog  Wenzel  von  Rybnik,  der,  anscheinend 
halb  wahnsinnig,  durch  vielfache  Gewaltthatigkeiten  alias 
gegen  sich  aufgebracht  hatte. 

Die  Verbiindeten  eroberten  des  Herzogs  Residenz  Rybnik, 
doch  als  sie  auch  Sohrau  belagerten,  rief  Wenzel  die  Ver- 
mittelung  des  Kiinigs  von  Polen  an,  dessen  Kanzler  Jakob 
von  Dubna  er  gleichzeitig  Sohrau  und  bald  auch  Myslowitz 
mit  mehreren  Dorfern  verpfjindete.  Jakob  von  Dubna  ver- 
teidigte  Sohrau  tapfer  und  vermittelte  endlich  im  Juni  1473 
einen  Waffenstillstand. 


Der  Feldzus  von  1474.  331 


Der  Feldzug  von  1474. 

Sonst  Aviirde  das  Jahr  1473  fast  ganz  ausgefiillt  durch 
Friedensuntei'handlungen ,  welche  der  iieue  papstliche  Legat 
Kardinal  Marcus,  Patriarch  von  Aquileja,  auf  einer  grofsen 
Versanimlung  zu  Neifse  im  Friihling  dieses  Jahres  angebahut 
liatte,  die  aber  schliefslicli  auf  einer  neuen  Zusammenkuuft 
in  Troj^pau  (im  Herbste  1473)  voUstandig  zum  Scheitern 
gekommen. 

Es  schien  hier  eben  nur  das  Los  der  Waffen  entschei- 
den  zu  konnen,  und  da  Kasimir  von  Polen  sich  entschlossen 
zeigte,  die  Wahl  seines  Sohnes  zum  Konige  von  Bohmen 
mit  gewaffneter  Hand  zu  verfechten,  so  stand  dem  Ungani- 
fursten  ein  schwerer  Kampf  mit  den  polnisch  -  bohmisclien 
Streitkraften  bevor,  dessen  Preis  an  erster  Stelle  das  von 
beiden  Parteien  beanspruchte  Schlesierland  war. 

Gerade  dies  konnte  Matthias,  nachdem  er  in  Breslau 
mit  so  offenen  Armen  aufgenommen  war,  nicht  wohl  preis- 
geben,  und  so  bheb  denn  den  Schlesiern  das  Schicksal  nicht 
erspart,  im  Jahre  1474  zum  Schauplatze  eines  erbitterten 
Kampfes  zwischen  den  beiden  Gegnern  zu  werden. 

Konig  Matthias  hatte  ein  kleines  Heer  von  Soldnern  ge- 
sammelt,  wilde  Gesellen,  die  bald  Avegen  ihrer  dunkelfarbigen 
Rilstungen  und  ihrer  gebritunten  Gesichter  die  schwarze 
Schar  genannt  wurden,  den  Bewohnern  der  Landstriche,  die 
sie  durchzogen,  um  ihres  riicksichtslosen  Zugreifens  willen 
kaum  minder  furchtbar  als  den  Feinden.  Im  Jahre  1474 
erschien  an  der  Spitze  dieses  Heeres  der  Konig  Matthias 
von  Mahren  her  in  Oberschlesien ,  um,  wie  er  sagte,  die 
Ungehorsamen  zu  ziichtigen.  Er  nahm  es  damit  selir  ernst, 
und  an  den  schlesisch-mahrischen  Grenzen  hefs  er  verschie- 
dene  Raubritter,  deren  Burgen  er  eingenommen,  vor  deren 
1  Pforten  ohne  weiteres  aufkniipfen ,  was  einen  heilsamen 
Schrecken  verbreitete. 

Jetzt  ereilte  auch  Herzog  Wenzel  ein  schwerHch   unver- 

dientes  Schicksal,    seine  Stadt  Plefs   Avurde   erobert   und    er 

selbst  dem  Herzog  Heinrich  von  Miinsterberg,  der,  wie  wir 

noch  naher  sehen  werden,    sich   mit  Konig  Matthias   ausge- 

;  sohnt  hatte,    als  Gefangener  llbergeben,    in    dessen   Haft   er 

!  auch  1479    zu  Glatz    gestorben   ist.     Auch   sein  Bruder  Jo- 

j  hann  von  Jagerndorf ,    der   sich    zu   Polen    liielt ,    war    von 

I  Herzog  Viktorin  gefangen  genonnnen  worden  und  hatte  seine 

j  Freiheit   durch  Abtretung    der   Stadte  Jagerndorf,  Freuden- 

thal  und  Bauerwitz,  sowie  des  Schlosses  Lobenstein  erkaufen 


332  Viertes  Buch.    Dritter  Abschnitt. 

milssen.  In  dera  ihm  ilbrig  gelassencn  Loslau  ist  er  dann 
148o  gestorben,  ohne  Erben  zu  hinterlassen. 

Matthias  zog,  nachdem  er  den  grolsten  Teil  seines  Heeres 
nacli  Mahi'en  entsendet  hatte,  nach  Neifse  (31.  August), 
gesonnen,  nun  auch  die  Schlusser  langst  des  Gebii'ges  zu 
breelien.  Da  erhielt  er  die  Xachricht,  dais  ein  grolses 
polnisches  Heer,  dessen  Starke  man  vielleicbt  ilbertreibend 
aut"  60 000  Mann,  darunter  20000  lieiter,  anschlug,  unter 
des  Konigs  eigener  Fuhrung  von  Czenstochau  her  gegen 
Schlesien  vordringe,  wo  dann  noch  ein  ansehnhches  Hills- 
corps  aus  Bohmen  von  Wladyslaw  herangefilhrt  werden 
sollte.  Es  war  erldiirhch,  wenn  die  Polen  im  Hinblick  aut" 
solche  Streitkrafte  kaum  zweifelten,  den  Gegner  erdriicken 
zu  konnen,  und  die  voUste  Siegesgewilsheit  sprach  auch  aus 
der  Antwort,  welche  des  Ungarnfiirsten  Friedensbote  Zdenko 
von  Sternberg  aus  Kasimu's  Lager  zuriickbrachte.  Dieselbe 
lief  daraut"  hinaus,  der  Polenkonig  gedenke  den  Frieden  in 
Breslau  zu  diktieren,  und  keinen  besseren  Bescheid  erhielt 
der  sachsische  Herzog  Ernst,  welcher  nach  Breslau  ge- 
komraen,  um  fiir  das  Filrstentum  Sagan  zu  huldigen, 
nun  an  Matthias'  Sache  verzweifelnd  nach  dem  polnischen 
Lager  gegangen  war,  um  unter  dem  Vorwande  von  Friedens- 
unterhandlungen  die  eigenen  Angelegenheiten  zu  betreiben 
und  sich  mit  dem  voraussichtlichen  Sieger  moghchst  gut  zu 
stellen. 

Seine  kleinmiitigen  Ratschlage  fanden  bei  dem  Ungarn- 
konig  kein  Gehor,  ebenso  wenig  wie  die  Angst  der  schnell 
eingeschiichterten  Breslauer.  Mitte  September  war  er  in 
Breslau  erschienen.  Sein  langsamer  nachrilckendes  Heer 
stellte  er  zunachst  westHch  von  der  Stadt  aul".  Den  eiligst 
zusammenberufenen  Fiirsten  und  Standen  erklart  er  kurz- 
weg,  er  konne  die  Stellung  ihrer  Kontingente  nicht  ab- 
warten,  sondern  verlange  von  ihnen  und  zu  ihrem  Schutze 
eben  nur  Geld  und  legte  deshalb  eine  aUgemeine  Grund- 
steuer  auf  seine  schlesischen  Lande  (einen  halben  Gulden 
von  jeder  Hul'e,  jeder  Schenke,  jedem  Milhlrade),  zu  welcher 
die  Breslauer  allein  fiir  sich  12  000  Goldgulden  zu  entrichten 
hatten.  Schlimmer  aber  als  diese  schwer  empfundene  Steuer 
war  der  Schaden,  den  die  Requisitionen  der  schwarzen  Rotte 
machten  und  die  Kosten,  die  der  lilngere  Aufenthalt  des 
Konigs  den  Breslauern  verursachte. 

Es  entging  dem  Konige  nicht,  dafs  der  Plan  des  Geg- 
ners,  den  ja  jene  iibermiitige  Botschaft  Kasimirs  eigentlich 
bereits  offenbart  hatte,  darauf  hinauslaufe,  nach  der  Ver- 
einigung   mit    den    bohmischen  Hilfsvolkern ,    ohne   sich   mit 


Krieg  iu  Schlesien  1474.  333 

der   Eroberuug    der   kleineren   Platze    aufzuhalteu   die    Ent- 

scheidung  vor  der  Landeshauptstadt  zu   suchen.     Diese  nun 

beschlofs   Matthias   vom    rechten    Oderufer    aus    zu    decken. 

Indem  er  diese  Flufsseite  beliauptete,  gewann  er  daiin  auch 

den   Vorteil,    durcli    Fouragierungen    und   Pliinderungen   in 

dem  nahen  Grofspolen  den  Schaden,  welchen  die  Feinde  in 

Schlesien  anrichteten,  vergelten  vind  rachen  zu  konneu.    Alle 

die   festen   Platze   auf  dem   linken    Odenifer   versah    er   mit 

liinreichenden  Besatzungen,    hierher  mufsten  die  Bauern  bei 

schwerer    Strafe   alle   ihre   Vorriite   schaffen.      So    sollte   das 

^rofse    feindbcbe    Heer    der    Subsistenzmittel    beraubt    und 

dabei  durch  einen  von  den   festen  Platzen   aus   fortwahrend 

^efuhrten  kleinen  Krieg  geschadigt  und  nacli  und  nach  auf- 

.gerieben  werden.     Er  selbst  hatte  inzwischen  rait  dem  Reste 

seines  durch  die  zahlreichen  Detachierungen  sehr  geschAvachten 

Heeres  auf  dem  rechten  Oderufer  oberhalb  Breslaus  ein  ge- 

raumiges    Lager   bezogen    (nicht   viel   kleiner   als    die    Stadt 

selbst,  sagt  Eschenloer).    Eechts  lehnte  es  sich  an  den  Flufs, 

links  an  die  Mauern  des  Vincenzstiftes  und  deckte  so,  rings 

durch  Basteien  und  Pallisaden  verschanzt,   die  Stadt,    wah- 

rend  eine  schnell  geschlagene  Briicke  nach  dem  Ziegelplatze 

am  linken  Ufer  die  Verbindung  nach    dieser  Seite   liin   auf- 

Techt    erhielt.      Das    poluische    Heer    war    inzwischen    von 

Czenstochau  her  in  der  Bichtung  gegen  Krappitz  gezogen,  wo 

dann  die  Oder  bei  der  in  diesem  Jahre    herrschenden   ganz 

imgewohnlichen   Diirre   leicht  iiberschritten   werden   konnte. 

Entsetzliche   Verwilstungen    bezeichneten    seinen   Weg,    alle 

Dorfer,  die  man  beriihrte,  wurden  niedergebrannt,  die  Back- 

<)fen,  die  Miihlen  zerstort,  eine  Grausamkeit,  die  sich  schnell 

an  ihren  Urhebern  rachte,    denen  es  bald  an  Lebensmitteln 

gebrach.      Dabei    thaten    ihnen    von    den    Stadten    Oppeba, 

iBrieg,  Ohlau,   Grottkau   aus   die   erprobten  Hauptleute    des 

Konigs    Matthias    wie   Franz    von    Hagen ,    Georg    Tunkel, 

Abraham   von    Dohna   und   Melchior   von   Lobel    mit    ihren 

Streifscharen   vielfachen   Abbruch;    wohl    ward    eine    Schar 

derselben,   die   zu   unvorsichtig  vorgegangen   war,    vor   der 

polnischen  Wagenburg  bei  Schwanowitz  mit  Verlust  zuriick- 

geschlagen,  doch  der  Triumph  der  Polen  war  kurz,  es  war 

fiir  sie  ein  furchtbarer  Schlag,   als   die  Ungarn  ihnen  einen 

gi'ofsen  Transport  von  600  Wagen,   der  ihnen  Lebensmittel 

aus  Polen  zufiihi-en  sollte,  schon  auf  dem    hnken  Oderrufer 

vollstandig  wegnahmen.     Herzog  Nikolaus   von  Oppehi    war 

nach   Breslau   geflohen,   aber   seine   Hauptstadt   verteidigten 

die   von  Matthias  gesendeten  Krieger  aufs  tapferste,   obwohl 

es  den   Polen   selbst   an  Artillerie   nicht  fehlte.     Auch  vor 


334  Viertes  Bueh.     Dritter  Abschuitt. 

Brieg  richteteii  dieselben  nichts  aus,  ebenso  wenig  vor  Ohlau, 
nur  das  teste  Schlols  von  Klein-Ols  hatte  die  Besatzung  mut- 
los  iibergeben,  und  ebenso  konnten  die  Polen  Streblen,  das 
Matthias  preisgab,  besetzen,  uachdera  die  EinAvohner  ge- 
tlilclitet  waren.  Die  Menge  der  pohiischen  Gefangenen  war 
ganz  ungeheuer,  so  dais  Matthias  endlich  anordncte,  man 
soUe  die  Vornehmen  unibringen,  die  Niederen  laufen  lassen, 
nachdem  man  ihnen  quer  i'lber  das  Gesicht  einen  Schnitt  ge- 
macht.  Eines  Tages  iiberlieferte  der  Konig  dem  Breslauer 
Rate  200  vornehme  Polen,  mit  dem  Bemerken,  man  moge 
sie  nur  ersaufen.  Dies  thaten  die  Breslauer  zwar  nieht, 
aber  das  Los  der  Gefangenen  war  fort  und  fort  ein  sehr 
hartes.  In  den  kleineren  Stadten  Brieg,  Oppeln,  Grottkau, 
Ohlau  lagen  sie  in  elenden  Raumen  eng  zusammengepfercht, 
bei  der  allgemeinen  Not  schlecht  verpHegt,  so  dais  sie  vor 
Entbehruugen  und  zugleich  iufolge  der  unter  solchen  Um- 
stiinden  sich  schnell  entwiekelnden  Epidemieen  massenhaft 
dahinstarben.  Auch  in  Breslau  sah  es  ilbel  aus.  Bei  dem 
Heranrtlcken  der  Polen  war  das  Landvolk  haufenweise  in 
die  Stadt  gefllichtet  mit  allem  Vieh  und  sonstigen  Vorriiten. 
Diese  Leute  lagen  nun  meist  alien  Unbilden  der  hei'bstlichen 
Witterung  preisgegeben  auf  den  Sti-afsen  und  an  den  Mauern, 
so  dais  bald  auch  hier  schwere  Ki-ankheiten  die  Einwohner 
decimierten. 

Soviel  aber  zeigte  sich,    dafs  Matthias  sich   siegreich   zu 
behaupten    vermochte.      Derselbe    mufs   iibrigens    auch    mitj 
Herzog   Heinrich   von   Mlinsterberg,    der   frilher   von   Glatzj 
aus  den  Breslaueni  so   vielen  Schaden   zugefugt   hatte,   sichj 
irgendwie  giitHch  verstiindigt  haben.     Im  (Jktober  1474  be- 
wirkt  er,  dafs  die  von  Bischof  Rudolf  eroberte  Stadt  Mlinster- 
berg Herzog  Heinrich  zuriickgegeben  wird,  imd  im  DezemberJ 
verleiht  ihm  dann  der  Konig  noch  um  seiner  ti'euen  Dienstej 
willen  das  dem  Herzog  Wenzel  abgenommene  Plefs. 

Filr  die  Verwilstung  Schlesiens  liefs  j\Iatthias  Grofspolenj 
bilfsen.  Schon  im  FriiliUnge  dieses  Jahres  batten  Herzog] 
Johann  von  Sagan,  der  also  wieder  zu  Gnaden  angenommeni 
erscheint,  in  Gemeinschaft  mit  Melchior  Lobel  auf  des-j 
Konigs  Kosten  Soldner  geworben  und  in  Grofspolen  das: 
fraustadtische  Gebiet  schwer  heimgesucht.  Herzog  Hans- J 
stilrzte  bei  dieser  Gelegenheit  in  dem  Stadtchen  Kiefel,  das; 
seine  Leute  angezllndet,  mit  dem  Pferde  und  Avare  beinahe 
im  Feuer  umgekommen.  Der  Volkswitz  macht  auf  diesen 
Vorfall  einen  Spottvers  filr  den  allgemein  mifsHebigen  Herzog : 

„  Herzog  Hans  ohne  Land, 

Hat  das  Maul  vor  der  Kiefel  verbrannt." 


Matthias  verteidigt  Breslau  gogeii  die  Poleii.  335 

Jetzt  im  Herbst  sandte  cler  Konig  die  Herziige  Friedrich 
von  Liegnitz  und  Heinrich  von  Griogau  mit  2000  Mann, 
die  sie  aufgebracht  batten,  und  denen  er  dann  noch  1000 
Reiter  unter  dem  tapferen  Grafen  Stephan  von  Zapolya  zu- 
fiigte,  zu  einem  Einfalle  nacb  Grolspolen.  Sie  besetzten 
Meseritz,  wo  sie  reicbe  Vorrate  fanden,  und  liier  in  dem 
ii'uchtbarsten  Teile  des  Landes  erstrecken  sich  ihre  Ver- 
wiistungen  bis  vor  die  There  der  Hauptstadt  Posen. 

Inzwischen  war  Konig  Kasimir,  dem  sein  Solin  Wlady- 
slaw  aus  Bohmen  noch  an  15000  Mann  zugefiihrt  hatte, 
von  Ohlau  aus  gegen  Breslau  vorgerilckt  bis  nach  Kattern, 
eine  Meile  osthch  von  der  Stadt,  wo  dann  ein  grofses  Lager, 
das  sich  an  den  Ohlauflufs  lehnte,  aufgeschlagen  wurde. 
Die  Biirgerschaft  Breslaus  genet  wiederum  in  die  grufste 
Bestiu-zung  und  Angst ;  um  so  unerschrockener  aber  zeigte 
sich  der  Konig,  obwohl  er  nach  seinen  vielfachen  Detachie- 
rungen  nur  wenig  Kriegsvolk  in  Breslau  hatte.  Aber  er 
hatte  es,  wie  uns  erzahlt  wird,  selbst  gewagt,  in  Bauern- 
tracht  auf  einem  geringen  aber  schnellen  Raizenpferde  das 
feindliche  Lager  zu  durchreiten  und  mochte  da  manches 
gesehen  haben,  was  ihn  die  Menge  der  Feinde  verachten 
liefs.  Als  die  Breslauer  um  der  bequemeren  Verteidigung 
willen  die  Ohlauer  Vorstadt  abbrennen  wollten,  verbot  er 
es:  „wenn  die  Polen  etwas  anzlinden",  sagte  er,  „so  sollen  sie 
es  mit  ihrem  Blute  bezahlen".  Eifrig  Hefs  er  die  Befestigungen 
der  Stadt  avif  alien  Seiten  verstarken,  nur  wenig  unterstiltzt 
von  den  unlustigen  und  weuig  kriegsmutigen  Einwohnern, 
denen  ihr  Chronist  nachsagt,  sie  waren  alle  zu  Weibern  ge- 
worden,  so  dafs,  wenn  sie  nicht  einen  so  tapferen  Feld- 
herrn  wie  Matthias  gehabt  batten,  die  Feinde  mit  ihnen 
hiitten  nach  Belieben  umspringen  mcigen. 

An  den  bedrohtesten  Platz  gen  Osten  hinter  den  Aus- 
satzigen  von  St.  Lazarus,  deren  Kirchlein  noch  heute  gegen- 
ilber  dem  Kloster  der  barmherzigen  Brilder  steht,  legte  er 
600  Fufsknechte  in  verschanzter  Stellung,  und  als  ihm 
Kunde  kam  von  einem  beabsichtigten  Sturm  der  Polen  am 
27.  Oktober,  brachte  er  noch  1400  Mann'  aus  der  Stadt 
auf  und  postierte  sie  am  Ende  jener  Vorstadt,  bewehrt  mit 
40  Tarrasbiichsen  und  der  Artillerie  der  Stadt,  so  dafs  als 
die  Feinde  an  5000  Mann  stark  heranriickten,  sie  keinen 
Angriff  wagten  und  durch  die  Artillerie  des  Konigs  schliefs- 
lich  zu  eihgem  Rllckzug  bcAvogen  Avurden. 

Ihre  Lage  Avurde  mit  jedem  Tage  iibler.  Die  leichten 
Truppen  der  Ungarn  thaten  ihnen  grofsen  Schaden,  und  sie 
litten  in    dem   verwiisteten   Lande   grofsen  Mangel,   um   so 


336  Viertes  Bucb.     Dritter  Abschnitt. 

mehr,  als  audi  den  zweiten  grofsen  Zufulirti-ansport ,  der 
aus  Biilimen  ilinen  nachgeschickt  wui'de,  Frauz  von  Hagen 
bei  Nimptsch  abgefangeu  hatte.  Endlich  zogen  sie  in  gi'ofsem 
Bogen  urn  Breslau  herum,  in  der  Hoffiiung,  auf  der  noch 
nicht  heinigesuchten  Westseite  der  Stadt  eher  Lebensniittel 
zu  fiuden,  und  lagerten  sicli  hinter  der  Weistritz  zwischen 
Schalkau  und  Hermannsdorf.  Aber  die  steigende  Not 
zwang  sie  bald,  einen  Waffenstillstand  zu  suchen,  zu  dessen 
Yermittelung  sich  das  alte  Haupt  des  bohmischen  Herren- 
bundes,  Zclenko  von  Sternberg,  iiufserst  bellissen  zeigte. 
Nachdem  Gesandte  beider  Parteien  eine  Woche  lang  ver- 
bandelt  batten,  -ward  fur  den  15.  November  1474  eine  Zu- 
sammenkunft  der  Monarcben  verabredet,  die  dann  aueh  an 
diesem  Tage  auf  einem  Hiigel  bei  Grofs  -  Moehbern  unweit 
Breslau  stattfand,  vermutlich  an  der  Stelle,  welcbe  noch 
beute  zwei  macbtige  Steinkreuze  kennzeicbnen. 

Am  15.  November  kamen  bier  nur  Matthias  und  Ka- 
simir  zusammen.  WladyslaAv  hatte  nicht  vor  das  Angesicht 
des  Mannes  kommen  mogen ,  der  ihm  den  Konigstitel  wei- 
gerte.  Auf  dessen  bestimmtes  Verlangen  aber  erschien  auch 
er  am  folgeuden  Tage  und  reichte  dem  Gegner  mit  weg- 
gewendetem  Antlitz  die  Hand.  In  Pracht  ihrer  Kleidung, 
in  dem  Schmucke  ihrer  Zelte  wetteiferten  die  Fiirsten  mit 
mit  einander;  -vver  aber  der  Herr  der  Situation  war,  dariiber 
konnte  nicht  der  kleinste  Zweifel  obwalten,  als  sich  Kunig 
Kasimir  und  sein  Sohn  zu  der  instandigen  Bitte  an  ihren 
Gegner  genutigt  sahen,  ihrem  Heere  drei  Tage  Fouragierungen 
zu  gestatten,  ohne  Sturung  durch  die  jimgarischen  Streif- 
scharen.  Matthias  erftlUte  zum  grofsten  Arger  der  Schlesier 
die  Bitte,  da  man  auch  sonst  in  den  wesentlichsten  Punkten 
sich  geeinigt  hatte,  und  aiach  Ablauf  der  drei  Tage  zogen 
Polen  und  Bohmen  heim,  wie  unser  Chronist  sagt,  „mit 
schonen  Ehren,  als  die  Maid  aus  dem  Siindenhause ",  die 
ersteren  iiber  Lliben  und  Guhrau  nach  Grofspolen,  die  letz- 
teren  durch  den  Landshuter  Pafs,  beide  natilrlich  nicht,  ohne 
neuen  schweren  Schaden  dem  Lande  zuzufiigen.  Als  die 
Polen  bei  Steihau  liber  die  Oder  wollten,  batten  sie  sich 
eine  Fui-t  durch  in  den  Sti'om  gesteckte  Baumaste  bezeichnet, 
aber  die  Fischer  hatten  aus  Hafs  gegen  die  rauberischeu 
Fremden  die  Zeichen  weggenommen,  und  eine  Menge  Polen 
fanden  in  den  "Wellen  ihr  Grab. 

In  Breslau  ward  inzwischen  weiter  unterhandelt  und  am 
8.  Dezember  ein  Waffenstillstand  geschlossen,  aus  dessen 
unendhch  weitschweifigen  Bestimmungen  wir  nur  soviel  ent- 
nehmen  wollen,    dafs  zunachst  bis  nachst  Pfingsteu  Waffen- 


Abzug  des  poluiscli-bohniischen  Heeres.  337 

ruhe  heiTschen  imd  die  Fiirsten  und  Herren,  welche  beide 
Telle  iiamhaft  machen  wiirden,  in  den  WafFenstillstand  mit 
eingeschlossen  sein  sollten.  wobei  natlirlich  alle  die  schle- 
sischen  Raubritter  im  Gebirge  nur  allzu  gut  wegkamen. 
Der  Sobn  Podiebrads,  Herzog  Heinrich  von  Miiusterberg, 
ward  von  beiden  Teilen  genannt,  er  Avar  eben,  wie  Eschen- 
loer  sagt,  „ein  froramer  Fiirst  waschend  aiif  beiden  Banken". 

Die  Hauptsache  war  und  blieb,  dafs  Matthias  Schlesien 
gegen  zwei  ilbermachtige  Heere  ruhmvoll  und  siegreich  be- 
hauptet  hatte.  Seine  Herrschaft  ilber  dies  Land  war  fortan 
besiegelt  und  test  gegrimdet,  und  im  Prinzipe  war  siclier 
sclion  damals  eine  Trennung  Schlesiens  von  Bohmen,  we- 
nigstens  so  lange  Matthias  lebte,  zugestanden,  wie  dies  denn 
auch  auf  dem  von  beiden  Parteien  beschickten  Landtage 
zu  Prag  im  Februar  1475  beschlossen  ward,  wenn  man 
gleich  hier  noch  versuchte,  die  Flirstentlimer  Schweidnitz-Jauer 
fur  Bohmen  zuriickzubehalten. 


Matthias  als  Regent  von  Schlesien. 

Fiir  die  Schlesier  horten  die  Leiden  mit  dem  Abzuge 
der  Polen  nicht  auf.  Die  Soldner  ihi'es  Konigs,  von  diesem 
eine  Zeit  lang  ohne  Sold  gelassen,  hausten  im  Lande  schlim- 
mer  als  die  Feinde,  pliinderten  Trebnitz  ganz  aus  und 
hemmten  lange  alle  Zuftihr,  der  die  Hauptstadt  so  sehr  be- 
durfte.  Fiir  den  Schaden,  den  das  Land  erlitt,  wurden 
von  den  Edelleuten  draufsen  noch  die  Breslauer  verantwort- 
lieh  gemacht;  und  ihnen  ward  gedroht,  man  werde  sich  an 
den  Waren  ihrer  Biirger  schadlos  halten.  Dabei  lag  des 
gewaltigen  Herrschers  Hand  schwer  auf  dem  Lande;  er  er- 
hob  fort  und  fort  schwere  Steuern  und  liefs  neue  gering- 
wertige  Miinzen  pragen,  denen  er  in  ganz  Nieder-  und 
Mittelschlesien  (Oppeln  mit  eingeschlossen)  Zwangskurs  ver- 
lieh;  den  Breslauern,  denen  sein  dauernder  Aufenthalt  bei 
ihnen  natiirlich  auch  schwere  Kosteu  veranlafste,  entschlofs 
er  sieh,  um  dem  stadtischen  Regimente  mehr  Stetigkeit  und 
Festigkeit  zu  sichern,  im  Februar  1475  eine  neueWahlordnung 
zu  geben,  nach  der  zu  den  abgehenden  Ratsherren,  welche 
bisher  die  Wahler  der  neuen  gewesen  waren,  nun  ein  stehen- 
des  WahlkoUegium  hinzutreten  sollte,  gebildet  aus  48  Mtinnern, 
zur  Halfte  von  den  Kaufleuten,  zur  anderen  Halfte  von  den 
Innungen  erkoren.  Ihren  Vorsitzenden ,  den  Ratsaltesten, 
behielt  sich  der  Konig  vor,  selbst  ein-  oder  auch  nach  Ge- 
fallen  abzusetzen,  nur  wollte  er  ihn  immer  aus  der  Biirger- 

Grunliagen,  Gescli.  Sclilesiens.    I.  ^^ 


338  Viertes  Buch.     Dritter  Abschuitt. 

schaft  nehmen,  eine  bedeutsame  Anordnung,  welche  that- 
siichlich  der  Stadt  von  Freiheit  und  Selbstbewegung  nur 
soviel  iibrig  liefs,  als  dem  Konige  gut  schien.  Schwer  klagt 
der  treue  Esclienloer  darllber,  die  JStadt,  welche  am  meisten 
fur  Matthias  gethan  und  geduldet,  am  treuesten  allewege  zu 
ihm  gehalten,  sie  gerade  werde  am  allerschlechtesten  be- 
handelt,  alle  ihre  Sti'eitigkeiten  zu  ihren  Ungunsten  entschie- 
den,  ja  der  Rat  noeh  fortwiilirend  auf  das  ungerechteste 
verdachtigt,  als  hingen  viele  heimlich  den  Polen  an.  Ant- 
wortete  doch  einer  der  Giinstlinge  des  Konigs,  Georg  von 
Stein,  ein  ehemaliger  Geistlicher,  der  aus  OsteiTeieh  hatte 
fluchten  miissen,  den  Breslauer  Konsuln,  als  diese  einmal  vor 
ihm  ihr  Schicksal  beklagten:  „Ihr  habt  den  Tanz  gehegt, 
ihr  miifst  den  Pfeifern  und  Lautenschlagem  lohnen,  man 
mufs  euch  dahin  bringen,  dafs  ihr  euch  nicht  mehr  unterfangt, 
mit  Konigen  zu  kriegen,  Konigen  den  Gehorsam  zu  ver- 
weigera,  Konige  Ketzer  zu  heifsen.  Dem  Papste  gebiihrt 
es,  Ketzer  zu  erkennen,  nicht  euch  Bauern  von  Breslau. 
Man  mufs  mit  euch  es  so  machen,  dafs  andere  Stadte  daraus 
lemen,  gehorsam  zu  sein,  ihrer  Nahrung  zu  warten,  Frieden 
zu  begehren  und  sich  nicht  in  Kriege  einzulassen." 

Mit  der  Handhabung  von  Ruhe  und  Ordnung  nahm  es 
der  Konig  ernst  genug.  Im  Januar  1475  zog  er  nach 
Schweidnitz,  um  von  da  aus  den  Raubschlosseni  im  Gebirge 
zuleibe  zu  gehen,  und  wahrend  er  Neuhaus  und  Bolkenhain, 
welche  die  Inhaber  nur  pfandweise  besafsen,  wieder  einloste, 
beschofs  er  die  festeste  dieser  Burgen,  den  Fiirstenstein, 
die  samt  dem  Hornschlosse  gleichfalls  verpfandet  war,  da 
man  hier  Widerstand  versuchte,  mit  den  grofsen  Biichsen, 
die  er  aus  Breslau  hatte  nachkommen  lassen,  so  eindringlich, 
dafs  Hans  Schellendorf  sehr  froh  sein  mufste,  im  Wege 
einer  Kapitulation  durch  die  ausgicbigsten  Zusicherungen 
und  Versprechungen  sich  den  weiteren  Besitz  des  Schlosses 
zu  sichern. 

Auch  hatte  der  Konig  noch  im  Dezember  1474  auf 
einem  grofsen  nach  Breslau  berufenen  Landtage  sehr  ein- 
gehende  Festsetzungen  gemacht  beziiglich  der  Aufrechterhal- 
tung  des  Landfriedens ,  wouach  der  vom  Konig  gesetzte 
Oberlandeshauptmann  Stephan  von  Zapolya,  Graf  von  der 
Zips,  jeden  schlesischen  Fiirsten,  jeden  Hauptmann  oder  Ma- 
gistrat  fiir  einen  in  seinem  Gebiete  veriibten  Raub  zur  Ver- 
antwortung  zu  ziehen  und  zum  Schadenersatz  anzuhalten 
das  Recht  haben  sollte,  desgleichen  fiir  jede  Art  von  Schutz 
oder  Hilfe,  die  Landesschildigern  zuteil  geworden,  und  worin 
auch  der  Schutz  der  Handelsstrafsen  namentlich  durch  Ober- 


Bedrangnisse  tier  Schlesier.  339 

schlesien  bestimmtenFlirsten  ausclrllcklich  verantwortlich  iiber- 
tragen  wurde. 

Freilich  half  das  alles  nicht  viel;  sowie  1475  Matthias 
Schlesien  wieder  den  Rllcken  gewendet  hatte,  wucherte  das 
alte  Rauberunwesen  aufs  neue  miichtig  empor ;  in  den  Fiirsten- 
tiimern  Schweidnitz-Jauer  liielten  die  Schlofsherren  eng  zu- 
sammen  und  verbanden  sich  zu  gemeinsamem  Widerstande, 
und  die  Autoritat  des  Ungarnkonigs,  die  sonst  in  ganz  Schle- 
sien anerkannt  wurde,  vermochte  in  diesen  Gegenden  nicht 
zu  voller  Geltung  zu  kommen,  so  dafs  es  uns  erldarlich 
wird,  wenn  wir  horen,  dafs,  wie  schon  erwahnt  wurde,  bei 
den  iramerfort  gepflogenen  Friedensunterhandlungen  der  Ver- 
such  gemacht  Avard,  die  beiden  Filrstentiimer  Schweidnitz- 
Jauer  von  dem  ilbrigen  Schlesien  zu  trennen  und  zu  Bohmen 
zu  schlagen. 

In  der  That  sind  hier  nach  dem  Weggange  des  Konigs 
aus  Schlesien  noch  merkwiirdige  Dinge  vorgekommen.  Ein 
bohmisches  Corps  kam  im  April  1477  liber  die  Berge,  und 
niemand  war  da,  der  es  zu  bekampfen  gewagt  hatte.  Die 
ungarischen  Soldner,  welche  Matthias  zm-iickgelassen  hatte^ 
weigerten  sich,  Kriegsdienste  zu  thun,  bis  sie  ihren  riickstan- 
digen  Sold  erhalten  batten.  Sie  hausten  ilbel  im  Lande  und 
drohten  schliefslich,  zu  den  Bohmen  iiberzugehen.  Mit  Not 
brachte  der  Landeshauptmann,  Graf  Stephan,  im  Verein  mit 
dem  Bischofe  noch  40  000  Gulden  zusammen  zur  Befrie- 
digung  der  Unzufriedeneu.  Aber  als  diese  das  Geld  em- 
pfangen  hatten,  erklarten  sie  ihre  Dienstzeit  fur  abgelaufen 
und  zogen  aus  dem  Lande,  zm'  Freude  der  Einwohner  des 
Gebirges,  die  schwer  von  ihnen  gelitten  hatten,  wahrend 
umgekehrt  das  bohmische  Kriegsvolk  gute  Mannszucht  hielt. 
Um  so  mehr  fand  es  Anklang,  wenn  die  Bohmen  erklarten, 
sie  kamen  nur,  um  das  Land  von  der  Tyrannei  der  Ungam 
zu  befreien  und  an  der  alten  Verbindung  mit  der  Krone 
Bohmen  festzuhalten.  Der  Adel  der  Fiirstentiimer  ti-at  dem 
gern  bei,  und  hatten  nicht  die  Stiidte  sich  vorsichtiger  zu- 
riickgehalten ,  die  Lande  waren  zu  der  Partei  Wladyslaws 
hiniibergegangen;  aber  auch  die  Stadte  boten  dazu  die  Hand, 
dafs  die  Vertreter  der  beiden  Fiirstentiimer,  Adel  und  Stadte, 
am  2.  Mai  1477  auf  eigene  Hand  ilu'en  Frieden  machten 
mit  Konig  Wladyslaw,  so  dafs  zwischen  ihnen  und  Bohmen 
die  Strafsen  frei' und  offen  sein  sollten.  Es  war  auch  in 
dieser  Form  nicht  besser  als  ein  halber  Abfall. 

Graf  Stephan  vermochte  trotz  des  besten  Willens  gegen 
die  Widerspenstigen  wenig  zu  thun,  Fiirsten  und  Stiinde  liielten 
ihre  Versprechungen  schlecht,   wenn   einmal  Emst  gemacht 

22* 


340  Viei-tes  Buch.     Dritter  Abschuitt. 

werden  sollte,  und  seiue  Wii'ksamkeit  wui'de  thatsaclilich 
scbon  dadurch  lahm  gelegt,  dafs  er  der  deutschen  Sprache 
giiuzlich  unkundig  war. 

Das  Erbe  der  Herzoge  von  Glogau  und  Ols. 

Bald  entzilndete  audi  neuen  Ki'ieg  der  Tod  des  letzten 
Herzogs  von  Glogau,  Heinrichs  XI.  (1476,  22.  Februar),  der, 
wie  wir  wissen,  1472  seiner  noch  nicht  dem  Kindesalter 
entwachsenen  Gemahlin  Barbara,  der  Tochter  des  branden- 
biu'giscben  Kurfiii'sten ,  Albrecbt  Acbilles,  alle  seine  Lande 
vermacbt  hatte.  Wobl  hatte  Mattbias  so  gut  Avie  Sagan  den 
Sachscn  auch  Glogau  dem  braudenburgiscben  ]\Iarkgrafcn 
gegonut,  dem  er  ja  wiederbolt  bereits  die  Lausitz  angeboten 
hatte;  es  ware  dazu  kaum  etwas  anderes  erforderlicb  ge- 
wesen,  als  dafs  Albrecbt  sich  in  dem  bohmiscben  Thronstreite 
entscbieden  auf  die  Seite  des  Ungarnkonigs  gestellt  hatte. 
Aber  der  Markgrat"  mochte  es  auch  mit  seinem  machtigen 
Nachbar,  dem  Polenkonig,  nicht  ganz  verderben;  es  schien 
zunachst,  als  woile  er  sich  seine  Glogauer  Erbschalt  eben- 
sowohl  von  Matthias  wie  von  Wladyslaw  bestatigen  lassen; 
als  er  dann  doch  Farbe  bekennen  mufste  und  sich  ihm 
anderseits  die  Aussicht  eroffnete,  die  junge  Witwe  an  Wla- 
dyslaw zu  vermablen,  entschied  er  sich  fur  diesen.  Matthias 
aber  begiinstigte  nun  die  Anspriiche  des  Herzogs  Joliann 
von  Sagan,  der  als  nachster  mannhcher  Anverwandter  des 
Glogauer  Fiirsten  das  Testament  anfocht;  er  gebot,  diesem 
Huldigung  zu  leisten,  sandte  ihm  Geld  und  Hilfstruppen, 
und  in  langem  landverwiistenden  Kriege  kampft  nun  der 
Saganer  Herzog  gegen  Markgraf  Johann,  den  altesten  Sohn 
des  brandeubm'gischen  Kurfiirsten.  Barbara  ward  wirkUch 
noch  im  Jahre  1476  durch  Prokuration  dem  Konig  Wlady- 
slaw, der  sich  bei  der  Zeremonie  dm'ch  Herzog  Heinrich 
vertreten  liefs,  angetraut,  ist  aber  nachmals  von  ibrem 
Gemahl,  der  anderen  Sinnes  gewordeu,  nicht  heimgefiihrt 
worden,  so  dafs  sie  thatsacliHch  den  ilir  angetrauten  Gatten 
nie  zu  sehen  bekoramen  hat. 

Den  Brandenburgern  vermochte  AMadyslaw  in  dem  Glo- 
gauer Erbstreite  wenig  zu  belfen;  die  Kriegsscharen  des 
wilden  Hans  von  Sagan  verwusteten  die  Mark  Brandenburg 
weithin,  und  wenn  es  gleich  dem  juugen  Markgrafen  gelang, 
ihnen  vor  Krossen  1478  eine  Niederlage  beizubringen,  so  sah 
sich  dor  Kurfurst  doch  genotigt,  da  im  Jahre  1478  auch  Wla- 
dyslaw seinen  Frieden  mit  i\Iatthias  machte,  diesem  letzteren 
die    Entscheidung    des  gauzen   Streites   zu    ilberlassen,    wo 


Das  Glogauer  unci  Olser  Erbe.  341 

dann  Barbara  mit  einer  Summe  von  50  000  Goldgulden  ab- 
getunden  ward.  Da  jedocli  Kiirfiirst  Albrecht  Land  imd 
Leiite  der  Geldsumme  vorzight,  erhalt  er  1482  anstatt  der- 
selben  Ki'ossen  mit  Bobersberg,  Ziillicbau  und  Soramerfeld 
abgeti'eten,  welclie  Landschaften  seitdem  von  Schlesien  ab- 
gegliedert  erscheinen  iind  wenn  gleich  als  bohmische  Kron- 
lehen  den  brandenburgischen  Landen  angeschlossen  betrachtet 
werden.  Die  glogausche  Erbschalt  blieb  zunachst  in  den 
Handen  des  wilden  Herzogs  Hans  von  Sagan. 

Wabrend  so  in  Niederschlesien  die  alten  piastischen 
Furstengeschlechter  in  merkwlirdiger  Weise  zusammenschmol- 
zen  und  baldnur  noch  auf  zwei  Aiigen  gestellt  erscheinen, 
vollzog  sich  Abnliches  aiich  im  Herzen  Scblesiens  bezliglicli 
des  Olser  Fiirstenbauses,  das  zu  einem  sebr  ansehnliehen 
Besitze  auf  dem  rechten  Oderuler,  von  Woblau  an  bis  iiber 
Polniscb- Wartenberg  hinans,  noch  Besitznngen  in  Ober- 
schlesien,  das  erheiratete  Herzogtum  Kosel  -  Beuthen ,  hinzu- 
fugte.  Hier  hatte  noch  Herzog  Konrad  III.  (j  1412)  funf 
Sohne  hinterlassen,  doch  von  diesen  waren  drei :  der  bekannte 
Bischof  Konrad,  der  Breslauer  Dechant  Konrad  und  der 
Deutschordensritter  Konrad  der  Junge  vermoge  ihres  Standes 
nicht  in  der  Lage,  legitime  Erben  zu  hinterlassen,  und  auch 
Konrad,  den  man  (wahrscheinlich  der  Farbe  seines  Bartes 
halber)  den  Weifsen  nannte,  blieb  jede  Nachkommenschaft 
versagt,  so  dafs  nur  der  zweitalteste  Bruder  Konrad  der 
Canthner  (von  der  Stadt  Canth  so  genannt) ,  der  die  ober- 
schlesischen  Besitzungen  innehatte,  mit  seinen  beiden  Sohnen, 
Konrad  dem  Schwarzen  und  Konrad  dem  jungen  Weifsen, 
den  Stamm  forfpflanzte.  Konrad  der  Canthner  hatte  nun 
zwar  von  Kaiser  Sigismund  die  Nachfolge  in  den  Landen 
seines  Bruders  fiir  sich  und  seine  Leibeserben  zugesi chert 
erhalten,  und  auch  Konigin  Elisabeth,  die  Witwe  Ktinig 
Albrechts  II. ,  hatte  dies  bestatigt ,  doch  nachmals  hatte 
Kaiser  Friedrich  III.  seiner  Sch wester  Margarete,  der  Ge- 
mahhn  Kurfiirst  Friedrichs  des  Sanftmlitigen  von  Sachsen, 
eine  Anwartschaft  auf  die  Lande  des  alten  weifsen  Herzogs 
(t  1452)  erteilt,  und  wir  sehen  namentlich  in  den  Jahren 
1474  und  1475  die  beiden  sachsischen  Herzoge,  Ernst  und 
Albrecht,  die  ja  bereits  Sagan  von  Konig  Matthias  erlangt 
batten,  sich  um  diese  Erbschalt  bemilhen  und  sich  auch 
bereit  zeigen,  dem  Konige  eine  Surame  Geldes  dafvir  zu 
zahlen.  Der  letztere  soil  auch  den  Planen  geneigt  gewesen 
sein,  aber  schliefslich  doch  Bedingungen  gestellt  haben,  welche 
darauf  hinausliefen ,  dafs  sich  die  Herzoge  gleichsam  als 
seine  Beamten  in  Schlesien  verwenden  liefsen,   worauf  diese 


342  Viertcs  Bucli.     Dritter  Abscliuitt. 

daiin  wicderum  nicht  cingelien  mocliten.  Ilerzog  Albrecht 
muchtc  niclit  einmal  die  oberste  Landeshaiiptmannstelle  iu 
Schlesien  annehmen. 

Jedenfalls  war  der  Ausgang  der  Sache  der,  dafs  Herzog 
Konrad  der  junge  AVeifse,  der  nach  dem  1471  erfolgten  Tode 
seines  Bruders  Konrad  des  Schwarzen  aus  dem  Olser 
Piastenhause  noch  allein  iibrig  war,  nachdem  er,  wie  es 
sclieint,  durch  Abtretung  der  oberschlesiscben  Besitzungen 
Kosel-Beutben ,  so  wie  einiger  fur  die  Grenzverteidigung  gc- 
gen  Polen  wicbtiger  Schlosser  (MiHtscb,  Tracbenberg,  Sublaii,  J 
Herrnstadt)  die  Zustimmung  des  Kouigs  j\Iattbias  erlangt  ■ 
hatte,  allein  in  den  Besitz  der  sonstigen  Erbscbaft  trat. 
Da  aucb  diesem  letzten  Olser  Piasten  keine  Nacbkommenscbal't 
erbliibt  war,  so  sollte  bei  seinem  Tode  sein  Land  an  j\Iat- 
thias  fallen;  den  saebsiscben  Herzogen  mag  fiir  diesen  Fall 
dann  aucb  nocb  eine  Aussicbt  auf  irgendwelcben  Teil  der 
Erbscbaft  von  dem  Konige  eroffnet  worden  sein. 

Offenbar  batte  der  letztere  sein  Augenmerk  ganz  beson- 
ders  auf  Oberscblesien  gericbtet ;  er  bat  in  geradezu  staunens- 
werter  Weise  unter  den  Fiirsten  aufgeraumt  und  bier  ein 
sebr  ansebnlicbes  der  Krone  unmittelbar  unterworfenes  Land- 
gebiet  erworben,  das  die  Lande  Kosel-Beutben,  Jagerndorf, 
Freudentbal  und  Ratibor  umfafste  und  bald  nocb  weiter 
ausgedebnt  werden  sollte. 

Die    Ordnung   dieser  Verbaltnisse    bescbaftigte   ibn   ganz 
besonders,  als  er  1475  aus  Schlesien  zurilckkebrend    in  Ea- 
tibor   verweiltc.      Zum   Hauptmann    fiir   ganz    Scblesien    er- 
nannte  er  den  Johann  Bielik   von  Kornitz    rait  Macbtbefug- 
nissen,  welcbe  fiir  diesen,  namentlicb  wo  es  sicb  um  Aufrecbt- 
erbaltung  des  Friedens  handelte,  aucb  den  nocb  gebliebenenj 
Fiirsten  gegeniiber  gewisse  Recbte  einscblossen.     Damals  er-| 
scbien  als  des  Konigs  treuer  Anbiinger  Primko  11.  von  Tescben, 
der    ibn    nach    Olmiitz    und    Briinn    begleitete   und   mancbe 
Gunstbezeugungen  empfing.     Docb  aucb  von  ibm   beifst   es,  I 
er  babe  kaum  der  Gefangennebmung  dm'cb  den  Konig  ent- 
geben  konnen.     Derselbe  babe  von  ibm  grofse  Summon   fiir] 
in    seinem  Interesse    gemacbte  Geldaufwendungen  oder   aber 
Abtretung  seines  Landes  begebrt,  Zumutungen,  denen  danni 
allerdings    des   Herzogs    ^cblaubeit    zu    entgeben    wobl   ver- 
mocbt  bat. 

Jedenfalls    ware    Mattbias    mebr    als    irgendwer    anders 
der  Mann  gewesen,   der  Zersplitterung  Scblesiens  ein  Ende. 
zu    macben,    batte    ibm   das  Scbicksal    langores   Leben    ge-j 
scbenkt. 


Der  Vertrag  von  Olmiitz.  343 


Vertrag  von  Olmiitz. 

Hoch  bedeutungsvoll  wiu'den'  nuu  auch  die  Verhand- 
kingen,  welche  zwisclien  ihm  und  seinem  Nebenbuhler  Wla- 
djslaw  seit  Jahi'en  gepflogeu  nun  endlich  im  Juli  1479  in 
einer  glanzenden  auch  von  schlesischeu  Herzogeu  besucliten 
Versammlung  in  Olmiitz  zu  einem  vollstiindigen  Friedens- 
schlusse  flihi'ten,  dahin  gehend,  dafs  Wladyslaw  einzig  Boh- 
men  beliielt,  aber  alle  Nebenlander  der  bohmisclien  Ki'one, 
also  Mahren,  Schlesien,  die  Ober-  und  die  Niederlausitz  an 
Matthias  abtrat,  wenn  gleich  unter  der  Bedingung,  dafs 
nach  dem  Tode  des  letzteren  diese  Nebenlande  gegen  eine 
Zahlung  von  400  000  Goldgidden  und  Erstattung  der  Pfand- 
summen  fiir  etwa  inzwischen  eingeloste  Pfandschaften  zuriick- 
gewonnen  werden  diirften. 

Nicht  mit  Uni'echt  bezeichnen  bohmische  Historiker  die 
Lage  der  Dinge,  Avelche  der  Olmiitzer  Vertrag  hervorrief, 
als  die  Zeit  der  grofsten  Eruiedrigung  Bohmens.  Der  Sieg 
des  Ungarnkonigs  war  vollkommen,  der  Glanz  der  Wenzels- 
krone  war  dahin,  und  es  war  nui'  ein  sehr  schwacher  Trost,. 
wenn  die  Aussicht  auf  eine  Wiedergewinnung  vorbehalten 
geblieben  war.  Eine  solche  Moglichkeit  war  ja  auch  einst- 
mals  oflengehalten  worden,  als  die  Mark  Brandenburg  1415 
an  die  Hohenzollern  kam,  wer  hatte  von  ihr  Gebrauch  ge- 
macht?  Die  Summe  von  400000  Goldgulden  war  gewaltig, 
und  noch  ansehnlicher  Steigerung  durch  die  Pfandsummen 
fahig,  auch  die  dabei  zu  beachtenden  Formen  (z.  B.  Ansage 
ein  Jahr  vorher)  nicht  bequem,  und  wenn  nicht  besondere 
Scliicksalsfiigungeu  dazwischentreten,  durfte  die  Abghede- 
rung  der  Nebenlander  als  definitiv,  die  Losreifsung  Schle- 
siens  von  der  bohmischen  Krone,  der  dasselbe  nunmehr 
mehr  als  150  Jahi-e  verkniipft  gewesen  war,  als  Thatsache 
gelten. 

Die  schlesischeu  Fiirsten  und  Stande  traten  bereits  zu 
Olmiitz  dem  geschlossenen  Vertrage  bei,  indem  sie  nur  noch 
die  an  die  podiebradschen  Zeiten  erinnernde  Ellausel  bei- 
fiigten,  dafs,  falls  spater  einmal  ein  bohmischer  Konig  die 
Nebenlande  wieder  einloste,  dem  sie  ihi'e  Huldigung  leisten 
soUten,  dies  ein  christhcher  (d.  h.  ein  rechtglaubiger)  Konig 
sein  miisse,  und  anderseits  sich  ausbedangen,  dafs  bei  einer 
Erledigung  des  ungarischen  Thi'ones  die  dortigen  Stande 
sich  nicht  als  Herren  den  Schlesiern  gegeniiber  sollten  an- 
sehen  diirfen  (wie  dies  den  Bohmen  so  zum  Vorwurf  ge- 
macht    ward) ,     sondern     als    Briider    und    Freunde.      Mat- 


344  Viertes  Bucb.     Diitter  Abschnitt. 

thias  vei'hiels  ihnen  aufserclem  treue  Bewahrung  ihi-er  Privi- 
legien. 

Der  Ungai'iikonig,  der  jetzt  aul"  clem  Hcihepunkte  seiner 
Macht  stand  7  empfand  es  schwer,  dais  er  keinen  Erben 
seines  Reiehes  hatte.  Seine  erste  Ehe  in  it  der  Tochter 
Konig  Georgs  war  kinderlos  geblieben,  und  auch  die  neapo- 
litanische  Prinzessin,  welche  er  1474  heimgetuhrt ,  schien 
ilun  keinen  Nachlblger  schenken  zu  wollen.  So  dachte  er 
denn  wolil  daran,  einen.  natilrlielieu  Sohn  Johannes  ziim 
Erben  seines  gewaltigen  Landgebietes  zu  machen.  In  Un- 
garn  hoifte  er,  da  das  Vorschlagsrecht  eines  neuen  Herrschers 
in  der  Hand  des  Palatins  lag,  durch  die  Erhebung  Emme- 
richs  von  Zapolya,  eines  ibm  treu  ergebenen  Mannes  (1485), 
sehi'  gewaltig  vorgearbeitet  zu  haben.  Es  war  dies  der 
Bruder  jenes  Stephans  von  Zapolya,  den  Avir  als  Oberlandes- 
hauptmann  von  Schlesien  bereits  kennen  gelernt  haben,  und 
dem  Matthias  im  Jahre  1485  die  Hand  der  Tochter  des 
Herzogs  Primko  von  Teschen,  Hedwig,  verschafft  hatte. 

Niederwerfung  Johanns  II.  von  Sagan. 

Vielleicht  nun  im  Hinblick  darauf,  dais  Johanns  Mutter 
eine  Schlesierin  (aus  Breslau)  gewesen  war,  suchte  er  diesen 
zunachst  in  Schlesien  festen  Ful's  fassen  zu  lassen  und  be- 
trieb  hier  noch  rilcksichtsloser  als  bisher  die  Kontiszierung 
fursthcher  Landesteile.  Dies  rief  nun  zunachst  neue 
Kampfe  hervor  mit  jenem  unruhigen  Herzog  Johann  von 
Sagan,  der,  wie  wir  sahen,  im  Kampfe  gegen  die  Branden- 
burger  den  grofsten  Teil  der  Glogauer  Lande  sich  erworben 
hatte. 

Es  war  hier  noch  ein  weiterer  Ansprecher  vorhanden. 
Seit  mehr  als  100  Jahren  gehiirte  namlich  ein  Teil  der 
Glogauer  Lande  und  speziell  die  Hiilfte  der  Stadt  Glogau 
den  Herzogen  von  Teschen,  und  damals  residierte  die  Witwe 
des  Herzogs  Wladyslaw  (Wlodke  genannt),  Margareta,  in 
Glogau  als  ihrem  Leibgedinge.  Ihr  einziger  Sohn  gehorte 
dem  geisthchen  Stande  an,  ihr  Neffe  und  Erbe  aber,  Herzog 
Kasimir,  trat  aut"  des  Konigs  Drangen  alle  seine  Glogauer 
Anspriiche  diesem  letzteren  ab  im  Austausche  gegen  das 
Land  Kosel.  Es  geschah  dies  im  Oktober  1479,  also  kaum 
einen  Monat  nach  dem  Abschlusse  des  Vertrages,  welcher 
die  Glogauer  Erbschaft  sonst  Johann  von  Sagan  ilberlassen 
hatte. 

Da  erschrak  Herzog  Johann  vor  der  Aussicht  mit  so 
ubermachtigem  Nachbar  zu  teilen  und  gedachte  in  Eile  sich 


Bekampfung  des  Saganer  Herzogs.  345 

in  den  Besitz  des  Ganzen  zu  setzen.  Im  Marz  1480  er- 
schien  er  in  Glogau  in  der  Absicht,  die  ganze  Stadt  in  Be- 
sitz zu  nehmen,  doch  die  Burger  der  Teschener  Halfte 
hielten  treu  an  ihrer  Herzogin,  bargen  ihre  beste  Habe  im 
Schlosse,  dessen  Befestigungen  sie  eilig  verstarkten,  und 
scharten  sich  dort  zur  Verteidigung  um  Margareta,  auf 
Entsatz  von  Schlesien  lier  hoffend.  Vom  20.  Marz  an  be- 
gann  dann  die  Belagerung  des  Schlosses,  das  der  Herzog 
aus  grofsen  Biichsen  beschiefsen  und  in  das  er  Aas  und  ekel- 
erregende  Stoffe  durch  Kriegsmascliinen  hineinschleudern  liels. 
Bald  Kefs  er  auch  durch  polnische  Soldner  den  nordlich  vom 
Schlosse  auf  einer  Oderinsel  liegenden  Dom  besetzen,  wobei 
die  Domgeistlichkeit  schwer  geschatzt  wurde;  Vermittelungs- 
versuche  der  schlesischen  Fiirsten  waren  erfolglos,  und  da 
sich  keine  HofFnung  auf  Entsatz  zeigte,  kapitulierte  am 
1.  Mai  endHch  die  Herzogin  auf  freien  Abzug,  um  dann 
noch  eine  Weile  im  Guhrauischen  den  Ki'ieg  fortzusetzen. 
Herzog  Hans  aber  zog  in  das  Schlofs  unter  Jubel  mid 
Hornerschall  ein  und  riihmte  den  Glogauern,  dafs  lang- 
jahriger  Zweiteilung  ein  Ende  gemacht  sei  und  die  Stadt 
wieder  ein  en  Herren  habe. 

Wohl  erzurnte  Konig  Matthias,  als  er  von  diesen  Gewalt- 
thaten  horte  und  verlangte  von  den  schlesischen  Fiirsten  die 
Niederwerfung  des  Herzogs  Johann;  doch  begniigten  diese 
sich,  einen  Waflfenstillstand  zu  vermitteln,  und  der  Konig, 
der  immer  noch  eine  Einmischung  der  Brandenburger  be- 
sorgte  und  anderseits  in  Erwagung  zog,  dais  der  Herzog 
mannlicher  Erben  entbehre,  verstand  sich  endhch  1481  zu 
einem  Vertrage,  der  nun  einerseits  von  den  Glogavier  Lan- 
den  Krossen,  ZiilHchau,  Sommerfeld  und  Bobersberg  ab- 
zweigte,  Avelche  Lande  Albrecht  von  Brandenburg  gegen 
Verzicht  auf  die  seiner  Tochter  Barbara  angewiesenen  8u  000 
Gulden  haben  sollte,  anderseits  aber  die  sonstigen  Glogauer 
Lande  dem  Herzog  Johann  liefs,  nur  mufsten  Landschaft 
und  Stadte  dem  Konige  bei^eits  Huldigung  leisten  fiir  den 
Fall,  dafs  der  Herzog  ohne  Leibeslehenserben  (also  miinn- 
lichen  Geschlechts)  stiirbe. 

War  so  hier  dem  noch  im  Knabenalter  stehenden  Johann 
Corvin  eine  Anwartschaft  fiir  kiinftige  Zeiten  erofftiet,  so 
gewann  deraselben  bald  auch  unmittelbaren  Besitz  die  Nei- 
gung  des  Vaters.  Jener  altere  Sohn  weiland  Georg  Podie- 
brads,  Viktorin,  seit  1465  Herzog  von  Troppau,  ward,  wir 
wissen  nicht  unter  welchen  Umstanden,  1485  genotigt,  sein 
Herzogtmn  dem  Konige  abzutreten  im  Tausche  gegen  Giiter 
in  Slawonien,  eine  Gewaltsamkeit,    die  dann  auch  Viktorins 


346  Viertes  Bnch.     Dritter  Absclinitt. 

Bruder,    den    sonst   so    vorsiclitig   lavierenden  Heinricli   von 
IMiinstcrberg,  zur  Feindschaft  gegen  Matthias  brachte. 

Wie  ansehnlicli  der  Landbesitz  Avar,  welchen  der  Kcinig 
hier  in  Schlesicn  als  xmmittelbares  Krongut  zusamraenge- 
bracht  hatte  imd  zugleich  auch,  dafs  dies  alles  fur  Johann 
Corvin  bcstimmt  war,  ersehen  A^-ir  daraus,  dafs,  als  dieser 
im  Jahre  1487  mit  Blanca  Maria,  der  Tochter  des  Herzogs 
von  Mailand,  Galeazzo  Maria  Sforza,  verlobt  ward,  als  Pfand 
fiir  eine  eventnelle  Wiedergabe  der  Mitgift  seitens  des  Kr»- 
nigs  bestimmt  werden  neben  verschiedenen  Besitzungen  in 
OsteiTeich  und  Ungarn  in  Schlesien  noch  die  Ilerzogtlimer 
Troppau,  Leobschiitz,  Loslau,  Tost,  Beiithen,  ein  Stuck  von 
Ratibor  mit  Kosel  und  aufserdem  die  Anwartschaft  auf  die 
Nachfolge  in  den  Landen  Konrads  des  Weifsen  von  01s 
und  Jolianns  von  Sagan-Glogau. 

Allerdings  batten  diese  Koniiszierungen  auch  \-iel  Unzu- 
friedene  gescliaffen,  und  es  konnte  nicht  scliwer  fallen,  hier 
einen  Bund  mifsvergniigter  Fursten,  die  sich  in  ihren  Rechten 
gekriinkt  fublten,  zusammenzubringen.  Zu  den  beiden  Sohnen 
Podiebrads  traten  dann  noch  die  beiden  Bruder,  Johann  und 
Kikolaus  von  Oppeln.  Wie  erziihlt  wurde,  habe  sie  des 
Konigs  Hauptmann  in  Oberschlesien ,  Johann  Bielik,  plotz- 
lich  gefangen  gesetzt  und  zu  Kosel  in  Haft  gehalten,  bis  sie 
30000  Goldgulden  (?)  bezahlt  batten. 

Im  Sommer  1487  dtirfte  der  Bund  der  unzufriedenen 
Fursten  geschlossen  gewesen  sein.  Der  aber  den  Mut  fand, 
gegen  den  gefurchteten  KiJnig  die  Waffen  zu  erheben,  das 
war  Aviederum  der  unruhigste  und  verwegenste  der  schle- 
sischen  Fursten,  Johann  11.  von  Glogau-Sagan.  Unzufrieden 
mit  der  Aussicht,  dafs  nach  seinem  Tode  seine  Lande  an 
die  Krone  heimfallen  sollten,  verraahlte  er  in  den  Jahren 
1487  und  Anfang  1488  seine  drei  Tochter  rait  den  drei 
Sohnen  Herzog  Heinrichs  von  Miinsterberg,  Albrecht,  Georg 
und  Karl,  verlangte  von  den  Standen  seiner  Lande  Even- 
tualhuldigung  ixnd  liefs,  da  man  ihm  dies  unter  Hinweis  auf 
den  entgegenstehenden  Eid  an  Matthias  weigerte,  die  Rats- 
herren  von  Glogau  gefangen  setzen  und  hielt  sie  in  eineni 
Turme  des  Schlosses  in  barter  Haft. 

Konig  jMatthias  nahm  die  Sache  jetzt  ernst,  und  obwohl 
von  den  schlesischen  Fursten  eigentlich  nur  Herzog  Fried- 
rich  I.  von  Liegnitz,  damals  Oberlandeshauptmann  (derselbe 
stirbt  gleich  im  Anfang ,  dieser  Kampfe  im  Mai  1488), 
Konrad  der  Weifse  von  01s  und  Bischof  Johannes  Roth  von 
Breslau  (seit  1482)  nebst  den  Kronlandern  Breslau  und 
Sell weidnitz  -  Jailer  ihm  Hilfe  leisten   mochten,   wahrend    die 


Schlesischer  Furstenbund  gegeu  Matthias.  347 

andercn  Fiirsten  entweder  iibelwollend  ziu'  Seite  standen 
oder  wie  Heinricli  von  Milnsterberg  nebst  seinen  Sohnen 
mit  dera  Glogauer  Herzog  Biindnisse  schlossen,  so  giug  er 
selir  energisch  vor  und  entsandte  im  Friihling  1488  eine 
Schar  von  3500  ungarischen  Soldnern  unter  der  Fiihrung 
von  Wilhelm  von  Tettau,  deuen  sich  dann  auch  schlesische 
Kriegsvcilker  anschlossen^gegenGlogau ;  Vermittelungsversuclie, 
die  der  Bischof  versuchte,  waren  ebenso  fi'uchtlos  wie  eine 
personliche  Zusammenkunft  des  Herzogs  mit  des  Konigs 
Anwalt  in  Schlesien,  Georg  von  Stein,  und  seinem  Kriegs- 
obersten  von  Tettau.  Die  letzteren  batten  keine  bestimmte 
Volhnacht  zu  Vertragen,  und  Jobaun  trug  erklarliche  Be- 
denken,  nacb  dem  Rate  Tettaus  selbst  zu  Konig  Mattliias 
nacb  Ungarn  zu  pilgern,  um  von  diesem  eine  guadige  Ent- 
scbeidung  zu  erlangen.  Das,  was  der  Herzog  beansprucbte, 
die  Nachfolge  seiner  Schwiegersobne,  hatte  der  Konig  nimmer- 
mebr  zugestanden. 

Aucb  Herzog  Hans  batte  eifrig  gerlistet.  Ibm  sandteu 
Hilfstruppen,  bobmiscbe  Soldner,  seine  Scbwiegersobne,  deren 
einen,  Herzog  Georg,  wii'  sogar  an  der  Verteidigung  von  Glogau 
teilnebmen  seben.  Jobann  batte  aucb  aus  der  Lausitz  an 
400  Soldner  nacb  der  Stadt  gebracbt.  Hier  batte  er  die 
Vorstadte  riicksicbtslos  niederbrennen  und  alles  vor  den 
Wallen  rasieren  lassen.  Aber  scbeu  in  der  zweiten  Halfte 
des  Mais  (14S8)  lag  das  koniglicbe  Heer  dicbt  vor  Glogau, 
und  am  11.  Juni  gewann  dasselbe  durcb  niicbtlicben  Uber- 
fall  die  Dominsel.  Wobl  gelang  es  dem  Herzoge,  nun  aucb 
den  Dom  mit  seinen  Kii'cben  in  Ascbe  zu  legen,  und  bei 
einem  Ausfalle  vermocbten  seine  Leute  sogai-,  zwei  Gescbiitze 
der  Belagerer  zu  erbeuten,  docb  wurden  sie,  als  die  Be- 
lagerer  sicb  von  der  ersten  Uberrascbung  erbolt,  mit  Ver- 
lusten  zurllckgetrieben. 

Bald  darauf  verbefs  Herzog  Hans  die  Stadt,  ebe  sie 
ganz  eingescblossen  ward,  den  Seinen  baldigen  Entsatz  ver- 
heifsend.  Und  in  der  Tbat  riickten  von  Frankenstein  ber 
3500  Bobmen,  von  Herzog  Heinricb  von  Munsterberg  und 
dessen  Bruder  Hinko  gesendet,  beran.  Wilbebn  von  Tettau 
batte  gegen  sie  1000  Mann  in  die  Gegend  nacb  Scbweidnitz 
entsandt,  docb  wicben  sie  vor  der  tjbermacbt  gegen  Lieg- 
nitz  zurlick,  wurden  aber  hier  von  Hans  von  Haugwitz 
aufgenommen,  der  einen  Nacbscbub  von  einigen  tausend 
Ungarn  beranfiibrte;  er  griff  am  28-  Jub  die  Bobmen  bei 
Tbomaswaldau  an,  obne  dafs  der  blutige  Tag  eine  Entscbei- 
dung  gebracbt  biitte.  Docb  zogen  die  Bobmen  sicb  nacb 
Sprottau,  den  Ungarn  so  den  ^\eg  nacb  Glogau  freilassend. 


348  Viertes  Buch.     Dritter  Abschnitt. 

Bald  standen  deren  Scharen  vor  Glogaii  neben  denen  Tettaus, 
und  nun  sperrte  ein  in  niiclitlicher  Weile  errichteter  Grabeii 
Aon  dor  Oder  oLerlialb  begiuneiid  und  bis  wieder  zur  Oder 
unterlialb  sich  hinzieliend  die  Stadt  von  der  Aufsenwelt  ab, 
so  dais  in  ihr  nun  bald  Not  und  Mangel  sich  luhlbar  maclite, 
und  die  Burger  den  trilgerischen  Verheifsungen  von  Johanns 
Katgeber,  dem  Licentiaten  Apitius  Colo,  wenig  Glauben 
sclienkend  in  ihrer  Angst  die  Stadt  den  Belagerern  zu  liber- 
geben  sich  entschlossen.  Ehe  aber  dieser  Entschlufs  ausge- 
i'iihrt  werden  konnte,  gelang  es  dem  Herzog  am  8.  Sep- 
tember, bei  Naclit  400  Soldner  an  der  Oder  bei  den  Miihlen 
in  die  Stadt  zu  schmuggeln,  und  diese  fiihrten  nun  ti'otz  der 
steigenden  Not  des  Jammers  der  Biirger  niclit  achtend  die 
Verteidigung  weiter.  Ein  schi'eckliches  Opier  der  schweren 
Zeiteu  wurden  die  sieben  Ratsherren,  die  seit  dem  Marz 
1488  in  dem  runden  Turme  des  Scldosses  in  schrecklicliem 
Verliel'se  schmachteten.  Hatten  sie  schon  lange  nur  hochst 
unregelmafsig  Nahrung  erhalten,  so  horte  das  im  Laufe  des 
Septembers  allmahlich  ganz  aul".  Einer  der  Unglucklichen, 
Hans  Keppel,  hat  die  Kraft  gehabt,  mit  einer  aus  Lichtputze 
hergestellteu  Art  von  Dinte  Aufzeichnungen  zu  machen,  die 
uns  noch  ei'halten  sind.  Man  liest  niclit  ohne  Riihrung, 
wie  er  am  19.  September  sebreibt:  „Da  hatten  sie  uns 
jetzund  beyn  14  Tagen  weder  Speise  noch  Trank  gegeben. 
AUmachtiger  Gott  vergieb  es  ihnen."  Den  Tag  darauf 
endete  der  Tod  die  Qualen  auch  des  letzten  von  ihnen. 

Am  31.  Oktober  schlichen  sich  auch  Herzog  Georg  und 
der  verhafste  Ratgeber  des  Herzogs  Hans,  Apitius  Colo,  aus 
der  Stadt,  aber  die  Soldner  wehrten  sich  weiter,  bis  endlich 
der  von  ihnen  begehrte  freie  Abzug  auf  besonders  einge- 
holte  Ermachtigung  des  Konigs  ihnen  zugestanden  ward  und 
am  18.  November  Willielm  von  Tettau  in  die  bezAvungene 
Stadt  einziehen  konnte,  deren  Einwohner  froh  waren,  die 
unertriigliche  Tyranuei  der  bohmischen  Soldner  los  zu  sein. 
Bald  ward  dann  auch  das  iibrige  Land  bis  nach  Schwiebus 
hinauf  unterworfen.  Herzog  Johann  war  schon  Mitte  Ok- 
tober, nachdem  er  Freistadt,  wo  er  vergeblichen  Widerstand 
versucht  hatte,  niedergebrannt,  nach  Polen  gegangen,  ohne 
doch  dort  Hille  finden  zu  konnen.  Als  er  sich  dann  za 
seinen  Bundesgenossen  nach  Oppeln  wandte,  liefsen  ihn  die 
Herzcige  die  Strafe  des  Konigs  filrchtend  nicht  vor  sich, 
und  unter  mancherlei  Gefahren  gelangte  er  endlich  nach 
Glatz,  wo  er  eine  Weile  Zuflucht  fand.  Am  28.  Dezember 
willigte  er  in  einen  Vertrag  mit  dem  Kcinige,  eine  Verzicht- 
leistung   auf  alle   seine   Lande;   seine   ganze  Abfindung   be- 


Dei-  Ausgang  Johamis  II.  vou  Sagau.  349 

stand  in  20  000  Gulden.  Seine  Eolle  war  ausgespielt.  Auf 
dem  Schlosse  zu  Wohlau,  das  seine  Gemahlin  geerbt  resp. 
eingetauscht  hatte,  ist  er  1504  gestorben.  An  Thatkraft 
und  Entschlossenheit  den  anderen  schlesischen  Fursten  seiner 
Zeit  iiberlegen,  hat  er  allein  es  gewagt,  mit  dem  gewaltigen 
Konig  anzubinden  und  niclit  unriibmlich  mit  dem  ilbermiich- 
tigen  Gegner  gerungen;  docb  nicht  einen  Augenblick  hat 
er  es  dahin  gebracht,  sich  mit  dem  Nimbus  eines  ^^erfechters 
der  schlesischen  Fiirstenrechte  gegen  die  T;yTannei  Matthias' 
zu  umgeben.  Die  riicksichtslose  Gewaltthatigkeit  seines  Na- 
turells  und  die  Unfahigkeit,  sich  fiir  etwas  anderes  als  den 
eigenen  Vorteil  zu  erwarmen,  haben  es  gehindert;  der  Geist 
seines  Bruders  Baltasar  und  die  Schatten  der  elend  vor 
Hunger  umgekommenen  Glogauer  Ratsherren  Idagten  ihn 
an,  man  fand  flir  ihn  keinen  anderen  Beinamen  als  den  des 
Grausamen. 

Auch  seine  Verbiindeten  traf  des  Konigs  Rache.  Mochten 
die  weniger  kompromittierten  Oppelner  Herzoge  sich  mit 
einer  Geldsumme  loskaufen,  Heiurich  von  Miinsterberg  hatte 
der  Konig  noch  in  Winter  1488  beki'iegt,  und  ungarische 
Soldner  vereint  mit  Kriegsleuten  des  Bischofs  batten  unter 
des  Hauptmanns  Johann  Trnkas  Fuhrung  bereits  Anfang 
Dezember  JMunsterberg  erobert  und  schritten  jetzt,  verstarkt 
durch  die  von  Glogau  zuriickkommenden  Aufgebote  der 
Fiirstentiimer  Schweidnitz- Jauer,  zur  Belagerung  Franken- 
steins.  Da  suchte  Herzog  Heinrich  den  Frieden  und  ver- 
zichtete  auf  das  Mlinsterberger  Land  nebst  Frankenstein 
gegen  eine  Abfindung  von  20  000  Gulden,  so  dafs  ihm  nur 
noch  das  Glatzer  "Land  blieb.  Selbst  sein  Bruder  Hinko 
mufste,  weil  auch  er  den  Glogauer  Herzog  unterstiitzt  hatte, 
seine  bohmischen  Besitzvmgen  abtreten.  AUerdings  hat  der 
schlaue  Herzog  Heinrich  nachmals  im  Wege  von  Unterhand- 
lungen  sein  Mlinsterberger  Herzogtum  zurilckerlangt. 

Des  Konigs  Feldhauptmann  Trnka  mufste  auch  Suhlau, 
welches  ein  urspriinghch  auf  Herzog  Johanns  Rechnung 
fechtender  Freibeuter,  ein  Pole  namens  Koschmieder,  (im 
August)  eingenommen  hatte,  zuriickerobern.  Auch  der  alte 
Herzog  Konrad  der  Weifse  mufste  die  Ungnade  des  Konigs 
empfinden.  Derselbe  hatte  sie  dadui'ch  erregt,  dafs  er  bei 
dem  Tode  der  verwitweten  Herzogin  von  Troppau,  Salome, 
(im  Februar  1489)  die  derselben  zum  Leibgedinge  ver- 
schriebene  Pfandschaft  Steinau-Raudten  auf  Grund  alter  An- 
spriiche  in  Besitz  nahm.  Der  Konig  empfand  das  als  eine 
unbereehtigte  Eigenmachtigkeit ,  und  sein  Feldhauptmann 
Hans    von    Haugwitz,    der    noch    vom    Glogauer    Feldzuge 


350  Viortes  liuch.     iJritter  Abschuitt. 

Truppen  beisammen  hatte,  erhielt  den  Axil'trag,  den  alten 
Ilcrzog  mit  Krieg  zu  ilberziehen,  so  dafs  derselbe  schliefslich 
schon  bei  Lebzeiten  sein  ganzes  Fiirstentum  dem  Konige 
abtreten  und  sich  mit  dem  kleinen  Stiidtchen  Auras  nebst 
Gebiet  und  einem  Jahrgehalte  von  1600  Goldgulden  be- 
gniigen  mufste.  Steinau-Raudten  aber  erhielt  der  gefugige 
Diener  des  Konigs  Georg  von  Stein,  der  als  Generalanwalt 
des  Kiinigs  eine  oft  sehr  drilckend  empfundene  Statthalter- 
scliaft  liber  ganz  Scblesien  iibte. 

Georg  von  Stein. 

Es  ist  iiufserst  schwer^  iiber  die  Schuld  Georgs  von  Stein 
ein  sicheres  Urteil  sich  zu  bilden.  Allerdings  werden  wir 
sagen  miissen,  dafs  provocierende  Aufserungen  wie  jene  (S.  338) 
erwahnte,  von  Eschenloer  uns  llberlieferte  ftir  seinen  pohtischen 
Takt  um  so  weniger  sprechen,  als  er  sich  doch  nicht  ver- 
hehlen  konnte,  dafs  ohnehin  schon  die  Ausfulu'ung  der  Be- 
fehle  seines  Herrn  geeignet  war,  ihn  unpopular  zu  machen. 
Konig  Matthias  hat  mit  stauneuswerter  Energie  das  Ziel  der 
Griindung  seiner  Herrschaft  verfolgt,  zunilchst  schaffie  er 
sich  Geld,  damit  warb  er  Soldner,  und  mit  diesen  schlug 
er  jeden  Widerstand  nieder.  Dieses  GeldherbeischafFen  war 
nun  das  eigenthche  Hauptgeschaft  seiner  Diener  und  Ver- 
treter  in  den  Provinzen,  und  es  war  erklarlich,  dafs  solche 
Mission  sie  wenig  beliebt  machte.  Schon  die  alten  sehlesi- 
schen  Herzoge  heischten  von  ihren  Vasallen  und  den  Stiidten 
fiir  gewisse  Ausnahmefalle  wie  z.  B.  Befreiung  des  Landes 
von  Feindesgewalt,  zur  Loskaufung  eines  gefangenen  Filr- 
sten,  aber  auch  bei  Verheiratung  einer  Prinzessin,  bei  dem 
Ritterschlage  eines  Prinzen  eine  aufserordentHche  Beisteuer 
(collecta  generaUs)  von  dem  Lande,  und  die  luxemburgischen 
Herrscher  batten  dann  den  Begriff  der  sogenannten  Berna, 
d.  h.  der  Landessteuer  fiir  aufserordentliche  Falle  auch  in 
Schlesien  eingebiirgert.  Aber  erst  Konig  Matthias  flihi-te 
ein  ganz  neues  Prinzip  in  die  Erhebung  dieser  Steuer  ein, 
insofern  er  anstatt,  wie  das  bisher  ausnahmslos  Sitte  gewesen 
war,  in  Kriegsfallen  sich  nur  des  Aufgebots  der  Vasallen 
zu  bedienen,  daneben  noch  eine  Steuer  erhob,  rnn  dafiir 
Soldner  erwerben  zu  konnen.  Es  geschah  dies  zum  ersten- 
male  1474,  und  unser  Breslauer  Chronist  Eschenloer  schreibt 
diesen  Ratschlag  Georg  von  Stein  zu.  Es  fallt  schwer,  ihn 
dafiu'  zu  tadeln.  Die  erbarmhche  Kriegsflihrung  der  Schle- 
sier  in  den  podiebradschen  Zeiten  mufste  sehr  davon  ab- 
mahnen,  es  mit  dem,  was  der  gute  Wille    der   schlesischen 


Georg  von  Steiu  Stattbalter.  351 

Fursten  an  Kriegsvolk  aufbrachte,  allein  zu  versuchen.  Die 
siegreiche  Behauptung  Schlesiens  gegen  die  Heere  Polens 
und  Bohmens,  welehe  Matthias  damals  gelang,  wilrde  ohne 
diese  durchschlagende  Reform  der  ganzen  Art  von  Kriegs- 
filhrung  unter  keinen  Umstanden  gegliickt  sein. 

Die  damals  dem  Laude  aufgelegte  Steuer  ward  nun,  wie 
schou  oben  angefiihrt  ward,  in  der  Weise  erhoben,  dais  von 
den  Stadten  eine  bestimmt  vereinbarte  Summe,  auf  dem 
platten  Lande  aber  von  jeder  Hiife,  jedem  Kretscliam,  jedem 
Milhlrad  je  ein  halber  Goldgulden  gelbrdert  ward.  Die 
schlesischen  Fursten  und  Stande.,  der  Bischof  imd  auch  die 
Stadt  Breslau  haben  sich  wohl  verbriefen  lassen,  dafs  solche 
Steuer  ohne  rechtliche  Verpflichtung  und  nur  aus  gutem 
Wnien  erfolge;  in  dem  Reverse  von  1479  verspricht  der 
Kcinig  sogar,  klmftig  keine  derartigen  Steuern  mehr  zu  er- 
heben.  Er  hat  das  trotzdem  fort  und  fort  gethan,  und  als 
dies  im  September  1489  wiederum  allgemein  erfolgte,  rech- 
nete  man  in  Breslau  nach,  dafs  dies  das  achte  Mai  sei, 
und  zwar  brachte  Breslau  seinen  hochbemessenen  Anteil  im 
Wege  einer  Getranksteuer  auf  Wie  sclion  erwahnt,  enthob 
die  Zahlung  der  allgemeinen  Steuer  die  Schlesier  keineswegs 
von  der  Stellung  von  Mannschaften ,  und  aufserdem  batten 
die  grofsereu  Stadte  wie  Breslau,  Schweidnitz,  Liegnitz  in 
Kriegszeiten  noch  die  besondere  Pflicht,  ilu^e  teuer  erkauften 
grofsen  Biichsen  zu  leihen  und  diese  naturlich  auch  mit 
Munition  zu  versehen. 

Aber  Georg  von  Stein  wufste  auch  aufserdem  seinem 
immer  geldbediirftigen  Konige  noch  andere  iiskalische  Ein- 
nahmen  zu  eroffiaen.  Wenn  allmahlich  im  Laule  der  Zeiten 
der  Unterschied  zwischen  Lehen-  und  AUodialglitern  sich 
mehr  und  melir  verwischt  hatte,  so  dafs  auch  die  ersteren 
einfach  in  derselben  Form  und  Ausdehnung  wie  die  letzteren 
vererbt  worden  waren,  so  verlangte  jetzt  der  Konig  in  den 
Fallen,  wo  trotz  des  Fehlens  wii'klicher  Lehenserben  ein 
Gut  vererbt  werden  sollte,  den  Nachweis,  dafs  das  Gut 
nicht  Lehengut  sondern  Erbgut  sei,  widrigenfalls  das  Gut 
an  die  Ea'one  heimfallen  miisse.  Natiirhch  lief  die  Sache 
darauf  liinaus,  dafs  in  solchem  Falle  der  urspriinglich  be- 
absichtigte  Erbgang  dui'ch  Geldopfer  erkauft  werden  mufste. 

Noch  iiberraschender  wirkte  eine  andere Verordnung,  welehe 
gleichfalls  Georg  von  Stein  zugeschrieben  ward.  Das  immer 
noch  aufrecht  gehaltene  kirclihche  Verbot,  Geld  auf  Zinsen 
auszuleihen,  ward  seit  Jahrhunderten  schon  allgemein  umgan- 
gen  durch  den  Verkauf  sogenannter  wiederkaufHcher  Zinsen. 
War  dabei  urspriinglich  wohl  an  den  Verkauf  einer  wii'klichen 


y52  Vieite&  Bucli.     Diitter  xVbschuitt. 

Einnalimequelle,  wie  etwa  z.  B.  von  einer  Fleischbauk,  einem 
ZoUe  etc.,  gedacht  worden,  so  hatte  man  sich  liingst  ent- 
wohnt,  danach  zu  fragen;  und  es  war  darchaus  iiblich,  dafs 
eine  Korperschaft  oder  auch  wohl  einzelne,  sofern  solclie  sonst 
Kredit  genug  batten,  \\m  sicb  bares  Geld  zu  vcrscbaften, 
einen  sogenannten  wiederkiiuflicben  Zius  fiir  eine  bestimmte 
Siimme  verkauften,  was  danu  allerdings  tbatsacblicb  nichts 
anderes  bedeutete,  als  dafs  sie  ihre  Kapitalien  um  ge- 
wisse  Prozente,  welche  der  sogenannte  Zins  darstellte,  aus- 
liehen.  Ganz  besonders  hatte  die  Geistlichkeit  mit  ihren 
zahh'eichen  Stiftungen  hiervon  Gebrauch  gemacbt.  Nun  er- 
klarte  mit  einemmale  der  Statthaltei',  derartige  Ziusverkaufe 
seien  eben  nichts  anderes  als  ein  Geldausleihen  auf  Zinsen 
und  deshalb  wucherisch,  dem  Kirch enrechte  zuwiderlaufend 
und  gerade  von  Geistlichen  am  wenigsten  zu  dulden.  Na 
tiirlich  ward  den  Klerikern  dabei  nicht  verhehlt,  dafs,  wenn 
sie  sich  entschliefsen  Avollten,  die  Halfte  dieser  Zinsen  an 
den  Sackel  des  Konigs  abzugeben,  dieser  wohl  geneigt  sei 
wiirde,  auch  fernerhin  durch  die  Finger  zu  sehen.  Di 
Forderung  war  doch  so  ansehnlich,  dafs  die  ganze  Geistlichkeit 
in  grofste  Aulregung  kam,  man  bescblofs  an  den  heiligen 
Stuhl  zu  appelieren,  aber  Georg  von  Stein  nahm  das  iibel, 
drohte  mit  Gewaltniafsregeln  und  brachte  es  schliefslich 
dahin,  dafs  doch  gar  manche,  um  Schlimmeres  abzuwenden, 
Zahlung  leisteten.  Die,  welche  sich  sperrten,  batten  diesmal 
das  bessere  Teil  erwahlt,  denn  mit  dem  plotzKchen  Tode 
des  Konigs  horte  auch  dieser  Zwang  auf. 

Selbst  der  Bischof  war  zu  dieser  Zeit  in  seinem  Lande 
nicht  mehr  sicher.  Die  konigHchen  Heerfiihrer  legten  es 
darauf  an,  Neifse  zu  besetzen,  was  niu-  durch  grofse  Vorsicht 
und  Wachsamkeit  abgewendet  werden  konnte.  Schaden 
genug  machten  ohnehin  die  S(>ldner  von  Matthias,  Avelche 
sich  in  dem  Kirchenlande  einquai-tierten  und  es  aussogen. 
Auch  hier  soUte  eine  personliche  Feindschaft  Georgs  von 
Stein  gegen  Bischof  Johannes  Roth  das  ti-eibende  Motiv  ge- 
wesen  sein. 

Dessen  Allgewalt  und  Ubermut  ward  aber  nirgends 
schwerer  empfunden  als  gerade  in  der  Landeshauptstadt. 
Wir  erinnem  uns,  wie  geringschatzig  Georg  von  Stein  von 
„den  Bauern  von  Breslau"  gesprochen,  die  sich  erdreistet 
batten,  einem  Konige  Widerpart  zu  halten,  Worte,  die  von 
den  stolzen  Patriziern  der  machtigen  Stadt  nicht  vergessen 
waren.  Um  so  mehr  machte  es  Eindruck,  als  der  neue  Haupt- 
mann  der  Stadt  imd  des  Fllrstentums  Breslau,  Heinz  Dompnig, 
den  Konig  Matthias  im  Jahre  1487    aus    eigener  MachtvoU- 


'-1 

y 


Georg  vou  Steins  Mifsliebigkeit.  353 

kommenheit  eingesetzt  hatte,  sich  auf  das  engste  an  Georg 
von  Stein  anschlofs  und  diesem  gegenilber  die  allergi'ofseste 
Gefiigigkeit  an  den  Tag  legte.  Infolge  davon  ilberti'ug  sich 
der  Hafs  der  Breslauer  gegen  Georg  von  Stein  auch  auf 
ihr  neues  Haupt. 

Soviel  stand  fest;  niemals  vorher  hatte  ein  Landesherr 
von  Sehlesien  eine  solche  MachtvoUkommenheit  in  Handen 
gehabt,  in  so  unbeschrankter  Weise  ilber  die  Kj-afte  des 
Landes  zu  verfiigen  vermocht  wie  jetzt  Konig  Matthias. 
Niemals  auch  vorher  hatte  das  dem  Landesherrn  unmittel- 
bar  untergebene  Krongut  eine  solche  Ausdehnung  erlangt. 
Die  Zahl  der  dem  Konige  nur  als  Lehensleute  unterthanigen 
Herzoge,  die  noch  am  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  an  20 
betragen  hatte,  war  auf  etwa  5  zusammengeschmolzen ,  und 
niemand  hatte  in  der  Art  und  Weise,  wae  der  Konig  gegen 
die  Fiirsten  verging,  ein  System  verkennen  mogen,  daraaf 
gerichtet,  sich  allmahhch  zum  direkten  Herrn  des  ganzen 
Landes  zu  machen.  Noch  zehn  Jahre  in  diesem  Gleise 
weiter,  und  es  gab  in  Sehlesien  so  gut  wie  in  Bohmen  oder 
Miihren  dem  Landesherrn  gegenilber  nur  noch  Edelleute, 
nicht  aber  mehi'  einheimische  Fiirsten  mit  althergebrachten 
Privilegien  und  besonderen  Hoheitsrechten.  Wu'  dllrfen  nur 
an  die  Epoche  denken,  welche  das  16.  Jahrhundert  ein- 
leitete,  und  an  die  grofse  folgenschwere  Bedeutung,  die  da- 
mals  das  Vorhandensein  angesehener  Landesfui'sten  gehabt 
hat,  um  zu  ermessen,  von  wie  gewaltiger  weittragender  Wir- 
kung  der  Schicksalsspruch  war,  der  diesen  Selbstherrscher 
ohnegleichen  am  6.  April  1490  in  ein  sehr  fi'iihes  Grab 
rief,  ohne  dafs  es'ihm  vergonnt  gewesen  ware,  einen  legi- 
timen  Erben  seiner  Macht,  seiner  Entwllrfe,  seiner  Gesin- 
nungen  zurlickzulassen. 


Grunhagen,  Gescli.  Schlesiens.    I.  23 


354  Viertes  Bucli.     Vicrtcr  Abschuitt. 


Vierter  Abschnitt. 

Die  Zeit  der  Konige  Wladyslaw  uud  Ludwig  1400 
bis  1526.  Anerkeimuiig  Wlady slaws,  desseii  Laiides- 
privilegium  you  1498.  Der  Kolowratsche  Vertrag  von 
1504.  Die  Hinrichtuiig  des  Herzogs  Nlkolaus  voii 
Oppeln  zii  Neifse.  Anarcliisclie  Zustande.  Wladyslaws 
Tod  1516.  Konig  Ludwig  bis  1526.  Markgraf  Georg 
von  Jjigeriidorf  in  Schlesien  und  seine  Bemiihungen 
um  die  Anwartschaft  aiif  die  Herzogtiimer  Oypeln- 

Ratibor. 


Ein  imverdachtiger  Zeuge,  der  Namslauer  Stadtsclireiber 
Froben,  riihmt  Konig  Matthias  nach,  er  habe  in  alien  seinen 
Landen  und  Herrschaften  einen  solchen  Frieden  hergestellt, 
dafs  man  iiberall  sicher  die  Strafsen  habe  ziehen  konnen 
und  eine  goldene  Zeit  unter  seiner  Regierung  gewesen  sei. 
Dabei  hatte  er  den  Schlesiern  imd  insbesondere  den  Bres- 
lauern  vielfach  gezeigt,  dafs  ihra  ihre  Wohlt'ahrt  am  iierzeu 
liege,  hatte  ihren  Handel  geschtitzt,  Beschwerden  derselben 
wegen  ZoUplackereien  auch  auswartigen  Miichten  z.  B.  Polen 
gegenllber  ernstlich  verti'eten,  hatte  Schlesien,  das  sieh  ihm 
zugewendet,  siegreich  gegen  iibermachtige  Feinde  geschirmt. 
Aber  das  alles  schien  nicht  schwer  ins  Gewicht  fallen  zu 
sollen  gegeniiber  dem  Umstande,  dafs  er  von  den  Schlesiern 
mehr  Steuern  geheischt  hatte  als  friiher  ein  Herrscher,  und 
so  kam  es,  dafs,  als  zu  Ostern  1490  die  Nachricht  von  dem 
Tode  des  Konigs  in  Breslau  eintraf,  sie  wie  eine  Festfreude 
aufgenommen  ward,  wie  eine  Botschaft,  die  Erlosung  von 
schwerera  Ubel  verklindete. 

Es  war  nicht  zu  erwarten,  dafs  die  Schlesier  bei  solcherj 
Gesinnimg  dem  Sohne  des  verhafsten  Herrschers  hiitten  zu- 
fallen  sollen,  dem  ohnehin  der  Makel  seiner  unehelichen' 
Geburt  entgegenstand.  Allerdings  hatte  der  fursorgliche 
Vater  ihm  vieler  Orten  bereits  hiddigen  lassen,  so  in  Glogau- 
Sagan,  in  den  (Jls-Wohlauer  Landen,  im  Herzogtum  Troppau, 
und  auch  in  Breslau  sollte  man  bei  des  Konigs  niichster 
Anwesenheit  noch  besonders  an  Johann  Corvin  Huldigung 
leisten,  wie  dies  der  Hauptmann  von  Breslau  und  Ratsprases 
Heinrich  Dompnig  bereits  im  geheimen  gethan  hatte. 

Natiirlich   kam    fiir  Johann  Corvin    alles   darauf  an,    ob 


Die  Lage  Schlesiens  nach  clem  Tode  des  Konigs  Matthias.     355 

er  die  Nachfolge  im  Konigreich  Ungarn  erlangen  konnte. 
Gelang  dies,  so  mochte  er  immerhin  sich,  um  die  ehemals 
bohmischen  Nebenlander  bei  der  ungarischen  Krone  t'estzu- 
halten,  einige  Wirkuug  von  jeuer  Bedingung  versprechen, 
welche  sein  klug  vorausberechnender  Vater  in  den  Olmiltzer 
Vertrag  von  1479  hineingebracht  hatte,  dais  namlich  fur 
den  Fall  einer  einstnialigen  Trennung  der  Nebenlande  von 
der  ungarischen  Krone  diese  eine  Entschadigung  von  400  000 
Goldgulden  zu  beansprucheu  habe. 

Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  mahnte  nun  auch  Georg 
von  Stein,  der  sich  zu  der  Zeit,  wo  sein  Beschiitzer  ver- 
schied,  in  Bautzen  aufhielt,  die  Oberlausitzer  an  den  01- 
miitzer  Vertrag  und  ihre  daraus  herstammenden  Verpflich- 
tungen.  Eine  Wirkung  erzielte  er  allerdings  damit  nieht. 
Die  Lausitzer  fragten  nach  jenem  Vertrage  um  so  we- 
niger,  als  sie  demselben  niemals  ausdriicklich  beigetreten 
waren,  und  hatten  mit  dem  harten  Regimente  des  Konigs 
Matthias  die  ungarische  Herrschaft  iiberhaupt  satt  bekomnien ; 
Georg  von  Stein,  der  hier  nicht  minder  verhafst  war,  als  in 
Schlesien,  dankte  es  nur  der  Intervention  der  Gorlitzer,  dais 
man  ihn  nicht  sogleich  getangen  nahm,  um  ihm  den  Prozefs 
zu  machen.  Er  mufste  froh  sein,  auf  brandenburgisches 
Gebiet  zu  entkommen,  seine  Rolle  war  ausgespielt,  und  die 
Oberlausitzer  haben  am  allertrlihsten  Wladjslaw  anerkannt. 

In  Sclilesien  teilte  man  gegenliber  der  ungarischen  Herr- 
schaft ganz  die  Gesinnungen  der  Lausitzer,  und  Bischof  Jo- 
hannes Koth,    der   hier    „als    der    iilteste    schlesische  Fiirst" 
jedenfalls    im  Einverstandnisse    mit   dem  Breslauer  Rate    die 
Sache   in    die  Hand    nahm,    verier   keinen    Augenblick,   die 
geeigneten    Schritte   zu   thun.      Gerade    zu    Ostern    war   der 
Tod   des   Konigs   hier   bekannt    geworden,    und   bereits   am 
Ostermontage    (den    12.    April)   lud   er   die  Oberlausitzer   zu 
gemeinsamer  Beratung  auf  den  25.  April  nach  Breslau    ein. 
Hier  erschienen  nun  auch  zwar  nicht  die  Oberlausitzer,  die, 
wie    wir   bereits    sahen,    weil    sie    sich   in  gilnstigerer  Lage 
glaubten  als  die  Schlesier,  selbstandig  vorgingen,  wohl  aber 
I  die    schlesischen    Fiirsten    entweder    selbst    oder   durch    Ge- 
j  sandte  vertreten  fast  vollzahlig,  unter  ihnen  auch  die  neuen 
i  Standesherren  von  Konig  Matthias'  Gnaden,  Hans  Haugwitz 
[auf  Polnisch-Wartenberg,    des    Konigs   Feldhauptmann    aus 
idem  Glogauer   Kriege,    und   sein  Bruder  Hinko   auf  Herrn- 
tstadt  und  beschlossen   einmiitig   auf  diesem  Fiirsteutage,    in 
Ider    Frage,    ob    sie   der   Krone   Bohmen    oder  Ungarn   Hul- 
idigung   leisten   soUten,    nur    nach    gemeinsamem   Beschlusse 
jvorzugehen    und    jedes    Drangen,    von    welcher    Seite    es 
!  '  23^ 


356  Viertes  Bucli.     Vierter  Abschuitt. 

konimcn    muge,    notigenfalls    rait   gemeinsamer   Kraft   abzu- 
wehren. 

Abcr  audi  KiJnig  Wladyslaw  hatte  keinen  Augenbliek 
versiiumt.  Bereits  am  Karfreitage,  den  9.  April,  erlafst  er  an 
die  Nebeulander  als  alte  Zubehurungen  dor  Krone  Bohmen 
Aufforderuugen,  ihm  zu  huldigen  mid  sendet  auch  Gesandte 
liierber.  OfFenbar  war  in  Schlesien  grolsere  Neigung  flir 
Wladyslaw  vorbanden,  und  zwar  nicbt,  obgleicb  derselbe  als 
ein  gutmiitiger  aber  schwacber  Mann  bekannt  war,  sondem 
gerade  weil  er  daiur  gait,  deun  einen  solclien  erselmte  man 
bier  nacb  dem  barten  Regimente  Mattbias'.  Indessen  war 
man  docli  vorsicbtig  genug,  zunaebst  eine  Zusage  seitens 
des  Bobmenkcinigs  zu  verlangen,  dafs  derselbe  die  Scblesier 
aus  der  Pfandscbaft  gegen  Ungarn  (so  bezeicbnet  man  jene 
eventuelle  Zablungsverpflicbtiing  von  400000  Goldgulden 
an  Ungani)  losen  wolle.  Gleicbzeitig  war  man  aucb  niit 
dem  Nacbbarlande  Mabren,  das  sicb  ja  in  gleicber  Lage 
mit  Scblesien  befand,  auf  eine  unmittelbar  nacb  dem  Tode 
des  Konigs  von  dem  dortigen  Landesbauptmann  Stibor  von 
Cimburg  gegebene  Anreguiig  bin  in  engste  Verbindung  ge- 
treten,  und  liatte  sicb  in  der  Fortsetzung  dieser  Beratungen 
nicbt  storen  lassen  dadurcb,  dafs  Wladyslaw  solcbes  Sonder- 
blindnis  mifsbilligte. 

Wladyslaw,  der  niemals  mit  Vcrsprecbungen  gekargt 
hat,  trug  kein  Bedenken,  den  Scblesiern  wenn  aucb  in 
etwas  unbestimmt  g'efafsten  Ausdi'iicken  zuzusagen,  dafs  er 
sicb  mit  der  Krone  Ungarn  in  dieser  Angelegenbeit  aus- 
einandersetzen  wolle,  und  die  Scblesier,  Avelcbe  iiber  diese 
Frage  sicb  langere  Zeit  mit  mabriscben  Abgesandten  be- 
raten  batten,  setzen  iiun  auf  einem  Fiirstentage  zu  Breslau 
am  24.  Mai  gleicbsam  die  Bedingungen  einer  Annabme 
Wladyslaws  als  Herrscber  fest.  Zunaebst  erklaren  sie  dessen 
Anerbieten,  sie  aus  der  ungariscben  Pfandscbaft  zu  losen, 
um  so  mebr  annebmen  zu  woUen,  als  sie  seiner  Zeit  ganz 
imscbuldig  in  diese  Verscbi*eibung  bineingekommen  seien,  ja 
sie  droben,  falls  solcbe  Losung  nicbt  erfolge,  einfacb  sich 
weiter  an  den  neuen  Konig  von  Ungarn  balten  zu  woUeu, 
wofern  dieser  ibre  Privilegien  bestatige  und  weder  unge- 
recbte  Steuern  von  ibnen  kiinftig  zu  fordem  nocb  fremdes 
Kji'iegsvolk  auf  ilii-e  Giiter  zu  legen  gelobe,  widi'igenfalls 
sie  ibrer  Verpflicbtungen  ledig  sein  wollten.  Andernfalls 
wenn  Wladyslaw  die  Einlosung  ausfubrte,  solle  aucb  er  die 
Freilieiten  der  beiden  Lander  bestatigen  und  verspreclien, 
dieselben  nie  mebr  von  der  Krone  Bohmen  zu  trennen, 
Und  auch  fui-  den  Fall,  dafs  etwa  ^\ladyslaw  zugleicb  zum 


Bund  mit  den  Mahrem.  357 

Konig  von  Ungarn  gewahlt  wiirde,  wircl  die  Pfandlosung 
von  Ungarn  als  Bedingung  einer  Huldigung  von  Schlesien 
iind  ]\Iahren  hingestellt ,  da  ohne  das  diese  Lande  weder 
Bohmen  huldigen  konnten,  ohne  jener  Pfandverpflichtung 
gegen  Ungarn  zu  nahe  zu  treten,  noch  Ungarn,  ohne  der 
Herrlichkeit  der  bohmischen  Krone  Abbruch  zu  thun. 
Aufserdem  mlisse  aber  jeder  kilnftige  Hei-rscher  des  Landes 
geloben,  keine  anderen  Aintleute  oder  Burggrafen  ins  Land 
zu  setzen  als  solche,  die  dort  geboren  und  begiitert  die 
Lande  bei  ihrer  Gerechtigkeit  lassen  wlirden. 

In  dem  mahrischen  Stadtchen  Schonberg  unweit  Olmiltz 
wurden  dann  diese  Beratungen  gegen  Ende  des  Mai  1490 
eifrig  fortgesetzt,  und  es  fanden  sich  daselbst  personhch  ein 
Bischof  Johann  von  Breslau,  Heinrich  von  Miinsterberg, 
Ludmila,  Herzogin-Witwe  von  Liegnitz,  Johann  der  Jiingere 
von  Ratibor,  Johann  von  Auschwitz  und  Ujest  und  die  Ver- 
ti'eter  der  Furstentiimer  Breslau  und  Schweidnitz  -  Jauer, 
welche  dann  mit  den  mahrischen  Standen  jenen  Breslauer 
Beschkifs  unter  dem  4.  Juni  in  eine  neue  etwas  mehr  diplo- 
raatische  Fassung  brachten,  kurz  dahin  lautend,  dafs  die 
beiden  Lander  bei  der  Anerkennung  ihres  kiinftigen  Herr- 
schers  eintrachtig  vorgehen  und  dazu  entweder  den  Konig 
von  Bohmen  als  ihren  Erbherren  oder  den  neuen  Konig 
von  Ungarn  als  ihren  Pfandherren  unter  Voraussetzung  voll- 
kommener  Bestatigung  ihrer  Privilegien  annehmen  wollten. 

Offenbar  kam  hier  alles  darauf  an,  dem  Konig  Wlady- 
slaw  dariiber  keinen  Zweifel  zu  lassen,  dafs  jene  beiden 
Lande  ihn  zwar  als  Konig  anzunehmen  bereit  seien,  aber 
nur  unter  der  Bedingung,  dafs  er  die  einst  zu  Olmiltz  fest- 
gesetzte  Entschadigung  von  400  000  Goldgulden  flir  den 
Fall,  dafs  die  ehemaligen  Nebenlander  Bohmens  von  Ungarn 
wieder  losgetrennt  wurden,  auf  sich  nahme,  dieselbe  also 
nicht  den  Landen  selbst  zur  Last  legte.  Falls  diese  Ab- 
losung  nicht  erfolge,  erklaren  die  beiden  Lander  lieber  Aveiter 
bei  der  Ki'one  Ungarn  bleiben  zu  Avollen. 

In  Wahrheit  hat  sich  gerade  diese  Frage  nicht  so  schnell 
zum  Austiage  bringen  lassen,  als  die  Verbilndeten  wohl  ge- 
meint  batten.  Am  11.  Juh  1490  ward  zu  Ofen  Wladyslaw 
als  gesetzHch  gewahlter  Konig  ausgerufen,  nicht  ohne  dafs 
auch  den  ungarischen  Magnaten  gegenilber  seine  gutmiitige 
Schwache  als  die  beste  Empfehlung  gewirkt  hatte  nach  der 
strengen  Selbstherrschaft  Matthias'. 

Hierauf  liefsen  sich  dann,  nachdem  die  Oberlausitzer 
bereits  vorangegangen  waren,  auch  Schlesien  und  Mahren 
zur  Anerkennung  AVlady slaws  bewegen.     Am  29.  Juli  ward 


858  Viertes  Biich.     Vierter  Abschnitt. 

seine  Tlironbesteigung  in  Breslau  festlicli  bcgangen,  die 
eigentliclic  Iluldigung  blieb  der  Zeit  vorbehalten,  in  der 
Wladjslaw  persunlich  nacli  iSclilesieu  Aviirde  komnien  konneu, 
und  damit  war  audi  die  Entscheidung  der  schweren  Frage, 
ob  die  Schlesier  Wladyslaw  als  einem  Konig  von  Ungarn 
oder  als  einem  von  Bohmen  huldigen  sollten,  noch  hinaus- 
gescboben. 

Wie  ungewil's  man  hier  nun  beim  Tode  I\Iattbias'  iiber 
die  Person  des  kiinftigen  Oberlebensberrn  hatte  sein  konnen, 
darauf,  dafs  das  Regierungssystem  des  verstorbencn  Selbst- 
herrscbers  mit  ibm  zu  Grabe  geben  wiirde,  hatte  man  mit 
vollster  Bcstimmtbeit  gerecbnet,  scbon  weil  niemand  mebr 
da  war,  dem  man  die  gewaltige  Kraft,  die  zu  solcbem  Ke- 
gimente  geborte ,  hatte  zutrauen  mogen.  Und  weil  man 
davon  ilberzeugt  war,  trug  man  keinen  Augenblick  Be- 
denken,  sogleicb  die  Einrichtungen,  welche  jenes  System 
hatte  befestigen  soUen,  abzuschaffen.  Noch  im  Laufe  des 
Aprils  beschlofs  der  Rat  von  Breslau,  unter  Zustimmung  der 
Gemeiude,  die  Wahlordnung  von  1475  abzuschaffen  und  zu 
der  Karls  IV.  zuriickzukehren.  Das  Patriziat  raochte  wohl 
ganz  gem  auf  die  Exklusivitat  der  in  regelmafsigem  Turnus 
wechseluden  aber  lebenslanglicheu  Ratsherren  zu  verzichten 
bereit  sein ,  wenn  es  damit  nicht  nur  die  Teilung  der 
Wahlerschaft  mit  den  Zilnften,  sondern  auch  zugleich  jenen 
koniglichen  Vorbehalt  los  wurde,  la-aft  dessen  Konig  Mat- 
thias ihnen  in  der  Person  ihres  Ratsprases,  wenn  auch  aus 
ihi'er  IMitte  einen  von  ihm  abhangigen  Herrn  und  Regeuten 
gegeben  hatte. 

Der,  welcher  dieses  Amt  seit  1487  bekleidete,  lleinrich 
Dompnig,  selbst  aus  einer  alten  Breslauer  Familie  stammend, 
die  von  dem  Jahre  1322  an,  wo  der  Kilrschner  Dominicus 
uns  zuerst  im  Rate  begegnet,  allmahlich  in  die  Reihen  des 
Patriciats  eingeriickt  war,  ward  nun  das  Opfer  der  Unzu- 
friedenheit ,  die  das  strenge  Regiment  des  verstorbencn  Kii- 
nigs  hier  hervorgerufen.  Er  hatte  nach  dem  19.  April,  wo 
er  bei  der  Neugestaltung  des  Rates  unter  dem  Danke  des- 
selben  fur  seine  IMuhewaltung  sein  Amt  niederlegte,  wohl 
Zeit  gehabt  zu  fliehen,  doch  er  blieb,  er  bedachte  nicht,  wie 
unerbittlich  hart  eine  aristokratische  Korperschaft  es  zu 
rachen  pflegt,  wenn  einer  aus  ihrer  Reihe  den  traditionellen 
Corpsgeist  verleugnet. 

Am  19.  Juni  setzte  man  ihn  gefangen,  und  da  die  be- 
lastenden  Zeugnisse  nicht  schwer  genug  schienen,  half  man 
dadurch  nach,  dafs  man  ihn  folterte:  auf  die  so  erlangten 
Aussagen  bin  ward  er  zmn  Tode  verurteilt,  und  am  4.  Juli 


Heinz  Dompuigs  Hinrichtuug.  359 

v'or  clem  Breslauei'  Rathause  xmweit  der  Staupsaule  eut- 
hauptet.  j\Iannhaf't  und  unersclu'ocken  ist  er  in  den  Tod 
gegangen,  iiberzeugt  von  seiner  Unschuld.  Seine  Verwandteu 
durften  auf  dem  Magdalenenkirchhofe  ihm  eine  Denksaule 
mit  einem  Marienbikle  darauf  errichten.  Nock  heute  er- 
innert  dieselbe  in  die  Ecke  des  Pfarrhauses  eingemauert 
an  das  Opfer  der  Reaktion^  welche  der  Tod  Matthias'  herauf- 
fiihrte. 

Es  sind  uns  die  Klagepunkte  gegen  ihn  noch  erhalten, 
dock  lohnt  es  kauni,  naher  auf  sie  einzugeken  —  liegt  es 
dock  klar  auf  der  Hand,  dafs  die  Sckuld,  welcke  ikn  auf 
das  Schafott  gefiihrt  hat,  die  war,  dafs  er  an  erster  Stelle 
des  Konigs  Hauptmann  und  erst  an  zweiter  Biii'germeister 
von  Breslau  hatte  sein  wollen.  Wie  hatte  man  es  in  jener 
Zeit  dulden  mogen,  dafs  das  Haupt  des  Breslauer  Rates  das 
Interesse  des  Staates,  dem  die  Stadt  angehorte,  hoker  stellte 
als  das  kommunale? 

Tim  diesen  Gegensatz  zu  kennzeicknen,  brauckt  man  nur 
einen  Punkt  kerauszugreifen.  Nack  dem  Tode  Mattkias' 
suckt  Dompnig  das  fiskakscke  Eigentum,  was  sick  im  Scklosse 
zu  Breslau  oder  sonst  vorfand,  in  Sickerheit  zu  bringen,  der 
Rat  aber  verlangt,  darauf  selbst  die  Hand  zu  legen,  um  es 
als  Faustpfand  zu  verwerten  ftir  die  Schulden  des  verstor- 
benen  Herrschers.  Zu  Dompnigs  Verurteilung  hiitte  iibrigens 
sckon  die  allgemein  verbreitete  Meinung  hingereicht,  dafs  er 
mit  dem  verhafsten  Georg  von  Stein  unter  einer  Decke  ge- 
steckt,  diesem  die  Heimlickkeiten  des  Rates  verraten  kabe. 
Da  man  diesem  nickt  an  den  Hals  konnte,  mufste  wenigstens 
sein  Mitschuldiger  -bluteu  —  ein  Opfer  keischte  die  Erregung 
des  Voikes. 

Auch  sonst  wurden  die  letzten  zum  Teil  ja  selu'  gewalt- 
samen  Verfilgungen  Matthias'  nicht  weiter  respektiert.  Es 
verstand  sick  von  selbst,  dafs  Heinrick  von  Munsterberg 
wieder  in  den  Vollbesitz  seiner  Lande  eintrat,  ja  auck  sein 
Bruder  Viktorin  erlangte  von  Konig  Wladyslaw  eine  Be- 
statigung  seines  Recktes,  liber  Troppau  weiter  zu  verfiigen, 
obwokl  der  Konig  gerade  dieses  Land  bereits  urkundkck, 
wie  wir  noch  sehen  werden,  dem  Johann  Corvin  zugesagt 
hatte.  Der  ake  Herzog  Konrad  der  Weifse  trat  wiederum 
in  den  Besitz  seiner  Lande  und  vertrieb  die  Gebrilder  Haug- 
witz,  denen  Matthias  "Wartenberg  und  Herrnstadt  verliehen 
hatte,  mit  Waifengewalt  aus  ihren  Burgen,  erhielt  auch  bald 
eine  Bestiitigung  seines  Besitzes  durch  Wladyslaw.  In 
Oberschlesien  setzte  sich  Barbara,  eine  Schwester  der  beiden 
vertriebenen  Fiirsten  von  Jageradorf  und  Rybnik,  mit  Hilfe 


360  Viertes  Buch.    Vierter  Abschnitt. 

ihres  Gemahls  Johann  von  Auschwitz  in  den  Besitz  von 
Jagerndorf  und  behauptete  ihre  Hoheit ,  auch  nachdem 
Wladyslaw  1493  Johann  von  Schellenberg  mit  dem  FUrsten- 
tuine  Jiigerndorf"  belehnt  hatte.  Selbst  der  alte  Hans  von 
Sagan  dachte  daran ,  sein  Glogauer  Herzogtum  wieder- 
zuerlangen,  aber  er  war  doch  allzu  iibel  beleumundet,  und 
anderseits  bedurfte  Wladyslaw  der  Lande  zu  anderweitigen 
Zwecken. 

Doch  erhielt  seine  Gemahlin  Katharina  das  Erbe  ihrer 
Mutter  Salome,  Steinau  und  Raudten,  von  Wladyslaw;  als 
aber  dann  nach  dem  Tode  Konrads  des  Weifsen  Heinrich 
von  Miinsterberg  in  dessen  Landen  folgte  (1495),  mul'ste  sich 
Johann  mit  Wolilau  und  Winzig  begniigen,  und  der  alte 
Ubelthater  sal's  unzuf'rieden  aut"  dem  kleinen  Besitze,  der 
ihm  von  so  grofser  Herrschaft  allein  librig  geblieben  war, 
wenn  er  gleich  nicht  aufhorte,  den  Titel  eines  Herzogs  von 
Glogau  und  Sagan  zu  fiihren.  Als  einst  ein  Bote  ihm 
aut"  seine  Frage,  ob  er  bereits  gespeist  habe,  vorsichtig  ant- 
wortete ,  er  habe  winzig  gegessen  (ein  wenig) ,  sagte  der 
Herzog  mit  bitterem  Humor  zu  ihm:  „Hast  du  Winzig  ge- 
gessen, so  beils  Wohlau  zu,  und  du  hast  mein  ganzes 
Fiirstentum  verschlungen."  Zidetzt  hat  Herzog  Hans  gleich- 
lalls  ohne  grofsen  Erfolg  sich  aufs  Goldmachen  gelegt  und 
ist  in  Wohlau  1504  gestorben. 

Von  seinen  Dienern,  die  einst  in  den  Glogauer  Hiindeln 
sich  mifsHebig  gemacht  batten  und  denen  vermutlicli  der 
Unterwerfungsvertrag  von  1489  Amnestic  zugesichert  hatte, 
ereilte  jetzt  zwei  noch  eine  spate  Vergeltung.  Der  Licentiat 
Apitius  Colo  ward  des  Landes  verwiesen,  und  mit  jenem 
Edelmanne,  namens  Busch,  dem  die  offentUche  Meinung 
ebensowohl  die  Einkerkerimg  des  Herzogs  Baltasar  wie  den 
Hungertod  der  Glogauer  Ratsherren  zuschrieb,  machten  die 
Freistadter  nun  kurzen  Prozefs  und  lielsen  ihu,  nachdem 
sie  ihm  dm'ch  die  Folter  Gestiindnisse  erprelst,  vor  ihrem 
Rathause  enthaupten. 

Die  Glogau  -  Saganer  Lande,  welche  einst  Herzog  Hans 
besessen  hatte,  bilden  dann  einen  Hauptbestandteil  der  um- 
fangreichen  Landverschreibung,  durch  welche  Konig  Wla- 
dyslaw seinen  Bruder  Johann  Albert  unter  dem  20.  Februar 
1491  abfindet  und  zur  Verzichtleistung  auf  seine  Thron- 
kandidatur  fiir  Ungarn  bewegt.  Es  sollten  dazu  aufserdem 
noch  gehoren  die  (3ls-Wohlauer  Lande  nach  dem  Tode  Herzog 
Konrads  des  Weifsen,  ferner  das  Herzogtum  Troppau,  sowie 
dieses  von  seinem  jetzigen  Inhaber  Johann  Corvin  tausch-  oder 
kaufweise  werde  erworben  werden  konnen  (bis    dahin  jiihr- 


Besitzverauderiiugen  unter  deu  schlesischeu  Fiirsten.  361 

lich  oOOO  Goldgulden) ;  dazu  Jagerndorf  nebst  Lobenstein, 
Tost,  Beiithen,  Neudeck,  das  Herzogtum  Kosel  mit  Leob- 
schiitz  und  Loslau,  alles  jedoch  unter  der  Bedingung,  dais, 
falls  Johann  Albert  auf  den  polnischen  Thron  gelange ,  alle 
die  Lande  ohne  weiteres  an  Wladyslaw  oder  seine  Nach- 
folger  au±"  dem  Throne  von  Ungarn  zuriickfielen  iind  vor- 
behaltlich  der  Oberboheit  der  Krone  Bohmen. 

Von  Glogau-Sagan  durfte  Johann  Albert  also  jetzt  schon 
Besitz  ergreil'en,  und  so  regierte  denn  von  dieser  Zeit  an 
ein  polnischer  Hauptniann  Johann  Polak  in  Glogau  zur  ge- 
ringen  Freude  fiir  die  Unterthanen,  die  seine  Gewaltsamkeit 
zu  offener  Emporung  trieb,  welche  dann  wieder  blutig  be- 
stralt  ward.  Erst  als  die  Lande,  nachdem  Johann  Albert 
bereits  1492  auf  den  polnischen  Thron  gekommen,  an  seinen 
Bruder  Sigismund  fielen  (1499),  erschienen  wieder  etwas 
bessere  Tage  fur  die  vielgepriiften  Lande. 

Johann  Corvin  hatte  jenem  Abkomraen  des  Konigs  mit 
seinem  Bruder  keine  weiteren  Hindernisse  bereitet.  Er  hatte 
sich  bereitwiUig  in  Schlesien  mit  Troppau  abfinden  lassen 
und  bereits  1490  seine  Unterthanen  in  den  Glogau-Saganer 
Landen  ihres  Huldigungseides  entlassen.  Die  Einweisung 
des  polnischen  Prinzen  in  seinen  neuen  Besitz  besorgte  dann 
der  neue  Oberlandeshauptmann  fiir  Schlesien,  Herzog  Ka- 
simir  von  Teschen,  den  Konig  Wladyslaw  noch  im  November 
1490  ernannt  hatte.  Dieser  kluge  Fiirst,  der  ja  einst  be- 
reits 1470  den  neuen  Konig  auf  seinem  Kronungszuge  be- 
gleitet,  hatte  sich  eigentlich  all  ein  von  den  schlesischen  Her- 
zogen  von  jenen  Verhandlungen  mit  den  Mahrern  fernge- 
halten,  die  dem  Konige  als  prajudizierlich  unlieb  gOAvesen 
waren,  und  sich  dadurch  aufs  neue  empfohlen;  ihm  verspricht 
nun  der  Konig  kurzweg  die  koniglichen  Lehen,  die,  so  lange 
er  die  Hauptmannschalt  verwaltete,  in  Schlesien  der  Krone 
heimfallen  wiirden. 

AUerdings  war  ja  bei  einem  Herrscher  wie  Wladyslaw, 
der,  um  nur  nicht  das  unangenehme  Gefiihl  des  Versagens 
sich  zu  bereiten ,  lieber  die  unbedachtsamsten  Zusagen 
machte ,  vom  Versprechen  zum  Halten  immer  noch  ein 
grofser  Schritt,  und  als  mit  dem  Tode  des  kinderlosen  greisen 
Konrad  des  W^eifsen  1492  sich  die  ansehnliche  Erbschaft 
des  Herzogtums  (Jls-Wohlau  eroffnete,  ist  dieselbe  Herzog 
Kasimir  nicht  zugefallen,  vielmehr  hat,  nachdem  die  friihere 
Zusage  dieser  Lande  an  Johann  Albert  von  Polen  durch 
dessen  Berufung  anf  den  polnischen  Thron  aufgehoben  ward, 
Wladyslaw  diese  Herzogtiimer  einschliefslicii  von  Stcinau 
und  Kaudten    1495    an  Heinrich   von  ]\liinsterberg   im  Aus- 


362  Viertes  Buch.     Mertcr  Abschuitt. 

tausche  gegen  die  bolimischen  Stammsitze  der  Podiebrads 
gegeben,  dessen  Linie  dann  neben  Miinsterberg  das  Herzog- 
tum  Ols  bis  zum  Aussterben  des  Mannsstammes  1647  be- 
sessen  hat,  wogegen  bereits  die  Sohne  Heinrichs  die  Grat- 
schaft  Glatz  1501  an  den  Grafen  Ulrich  von  llardegg  ver- 
kaut'ten  nnd  Wohlau  nebst  Steinau  -  Eaudten  1517  an  Hans 
Turzo,  von  dera  es  dann  1523  zu  dauerndem  Besitze  an 
Herzog  Friedrich  II.  von  Liegnitz  gckoinmen  ist.  Dessen 
Haus  hat  seitdcm  die  drei  Herzogtiiraer  Liegnitz,  Brieg  und 
Wohlau  in  einer  Hand  vereinigt. 

Aufserdem  hatte  Wladyslaw,  ehe  er  noch  die  Erbschaft 
Konrads  dem  Milnsterberger  Herzog  uberwies,  zwei  ansehn- 
liche  lieiTSchaften^  die  Gebiete  von  Mihtsch  und  Trachen- 
berg,  ganz  abgezweigt  und  sie  seinem  Kilinmerer  Siegniund 
Kurzbach  als  Belohnung  I'iir  dessen  treue  Dienste  verhehen. 
Diese  Verleihungen  sind  von  einer  gewissen  Bedeutung,  in- 
sofern  sie  die  Anfange  jener  sogenannten  Standesherrschalten 
bezeichnen,  deren  Inhaber  dann  eine  besondere  iSteUung  in 
der  schlesisclien  Verfassung  einnehmen^  eximiert  von  der 
herzoghchen  Gewalt  und  also  nicht  unter,  sondern  neben 
den  Herzogtlimern  stehend.  Zu  den  beiden  Herrschatten 
Militsch  und  Trachenberg  trat  dann  1517  noch  Plels,  wel- 
ches damals  durch  einen  Sprossen,  der  in  Ungarn  durcli 
Bergwerksbeti'ieb  reich  gewordenen  Familie  der  Tiu'zo, 
welche  ja  auch  1506  Breslau  einen  hervorragenden  Bischof 
gab,  kaufhch  erworben  ward. 

Das  Herzogtum  Troppau  war,  wie  wir  wissen,  der  ein- 
zige  schlesische  Besitz,  den  Matthias'  Sohn,  Johann  Corvin, 
behalten  hatte;  doch  erwirbt  1501  der  Konig  dasselbe  im 
Wege  eines  Tausches,  urn  es  dann  1515  seinem  Giiustlinge, 
Herzog  Kasimir  von  Teschen,  zu  iibergeben. 

Wir  niogen  hier   an    der  Schwelle    des  16.  Jahrhunderts 
noch  einmal  iiberblicken,  wie  sich  Schlesien   in   seiner  Aus- 
dehnung  und  Zusammensetzung  gestaltet  hatte.    Seine  aufseren 
Grenzen  batten  sich  in  gewisser  Weise  erweitert,  das  Herzog- 
tum  Trojopau,    einst   ein   Bestandteil   von   Mahren,    war   ini 
15.    Jahrhvmdcrt    ganz    mit    Schlesien   verwachsen.     Schwie- 
riger  stand  die  Frage  mit  der  Grafschaft  Glatz.     Urspriing- 
lich   unzwcifelhait   zu   Bohmen   gehorend,    war   sie,    seitdeni  j 
sie   im  14.  Jahrhundert   zeit weise   und   im    15.    Jahrhundert 
definitiv    mit    schlesischen    Herzogtlimern    vereinigt    worden  j 
war,    im    15.  Jahrhundert    \'ielfach    zu   Schlesien    gerechnet  j 
worden,  bis  jetzt  der  oben  erwahnte  Verkauf  derselben   an  | 
die   bohmischen    Grafen    von  Hardegg  1501    diesen  Landes- 
teil  wieder  Schlesien  zu  entfremden  schien,  wenngleich  auch 


Schlesiens  Umfang  uiid  Ausdelmuug.  363 

hier  verwandtschaftliche  Rlicksiehten  mitgewirkt  hatten,  in- 
sofern  Herzog  Heiuriclis  jilngste  Tocliter  an  Graf  Ulrich  voiv 
Hardegg  vermahlt  war. 

Auf  der  anderen  Seite  waren  im  Nordwesten  wie  im 
Siidosten  bleibende  Gebietsverminderungen  des  ur.spriing- 
lichen  schlesisclien  Landes  erfolgt.  Die  Grebiete  von  Krossen, 
Zllllicliaii,  Sommerfeld  waren  1483  an  die  Brandenburger 
Hohenzollern  gekommen  nnd  das  Herzogtum  Sagan  1474 
an  die  sachsischen  Fiirsten.  Wenn  hier  nocli  die  Lehens- 
herrlichkeit  der  Krone  Bolimen  vorbehalten  geblieben  war, 
so  war  das  bei  den  Entaufserungen  im  Sildosten  nicht  ge- 
schehen.  Hier  hatte  bereits  1442  einer  der  Teilfiirsten  der 
Tesehener  Linie,  Wenzel,  das  kleine  Filrstentum  Severien 
(das  Gebiet  von  Siewierz  in  Polen  ostlich  von  Beuthen  in  Ober- 
schlesien)  an  den  Bischof  von  Krakau  verkauft,  und  von 
den  Herzogen  von  Auschwitz  -  Zator,  einem  Zweige  der 
Tesehener  Linie,  welche  ihre  Lande  allerdings  in  gefahr- 
licher  Nahe  der  polnischen  Hau])tstadt  Ki-akau  batten,  rifs 
sich  der  eine,  Wenzel  von  Zator,  bereits  1441  in  der  ver- 
worrenen  Zeit  nach  dem  Tode  Albrechts  II.  von  der  Krone 
Bohmen  los,  um  sich  dem  Polenherrscher  zu  unterwerf'en, 
und  sein  Bruder  Johann,  der  den  machtigen  Nachbar  un- 
vorsichtig  durch  Fehden  und  Eaubziige  gereizt  hatte,  mul'ste 
es  am  Ende  noch  als  eine  Gunst  ansehen,  als  Konig  Ka- 
simir  ihm  1453  sein  Herzogtum  Auschwitz  direkt  abkaufte, 
so  dafs  ihm  nur  noch  seine  schlesische  Besitzung  Gleiwitz 
bHeb,  wenn  er  auch  den  Titel  eines  Herzogs  von  Auschwitz 
noch  ferner  fiihrte.  Wenzel  regierte  iiber  Zator  weiter, 
wenngleich  als  polnischer  Vasall,  und  erst  1494  hat  er  sein 
Herzogtum  an  Johann  Albert  von  Polen  verkauft,  sich  aber 
den  Niefsbrauch  fur  seine  Lebenszeit  vorbehalten. 

Im  Grunde  mochte  es  immer  noch  als  ein  Gliick  ange- 
sehen  werden,  dafs  bei  der  Ohnniacht  und  Zerstiickelung 
des  Landes  die  Gebietsverluste  Schlesiens  in  den  triiben 
Zeiten  des  15.  Jahrhunderts  nicht  ungleich  grofser  geworden 
sind.  Die  einheimischen  Fiirsten  piastischen  Stammes  Avaren 
allerdings  aufs  aufserste  zusammengeschmolzen.  Es  gab  um 
die  Wende  des  Jahrhunderts  eigentlich  nur  noch  drei  solche 
Fiirsten:  Friedi'ich  von  Liegnitz-Brieg ,  Johann  von  Oppeln 
und  Kasimir  von  Teschen.  In  Ratibor  bchaupteten  sich 
noch  die  seit  dem  14.  Jahrhundert  zum  Bcsitz  gekommenen 
Premysliden,  in  Troppau  herrschte  der  Magyar  Johann 
Corvin,  in  JNIiinsterberg-Ols  die  Nachkommen  Podiebrads  und 
in  Glogau  ein  polnischer  Prinz. 

Der  Oberlehensherr  Schlesiens  war  der  polnische  Fiirsten- 


864  Viertes  Buch.     ^'iel•tel•  Abscliuitt. 

sohn  Wladyslaw,  Konig  von  Ungarn  und  Bohmen,  und  zu 
welcher  dieser  beiden  Kronen  Schlesien  eigentlich  zu  rech- 
nen  sei,  blieb  fort  und  fort  streitig.  Die  Bohmen  sahen 
diese  Frage  zu  iliren  Gunsten  fur  erledigt  an  mit  dem 
Augenblicke,  wo  ihr  Konig  die  ungarische  Krone  erlangt 
habe,  wahrend  die  Ungarn  auf  den  Ulmiitzer  Vertrag  ge- 
stiitzt  vorlier  die  Zahlung  von  400  000  Goldgulden  bean- 
spruchten. 

Der  Konig  Wladyslaw  war  weit  entfernt  davon,  diesen 
Streitpunkt  irgendwie  losen  zu  wollen.  Er  hat  keineriei 
Bedenken  getragen,  den  Ungarn  gleich  bei  seiner  AVahl  und 
dann  wiederliolt  zu  geloben,  Mahren,  Schlesien  und  die 
Lausitzen  nicht  von  der  Krone  Ungarn  trennen  zu  wollen, 
hat  aber  dann  im  direktesten  Gegensatze  hierzu  von  Prag 
aus  in  verschiedenen  urkundlichen  Akten  Schlesien  als  Per- 
tinenz  der  Krone  Bulnnen  bezeichnet,  hat  die  verschiedensten 
Privilegien  fiir  dieses  Land  ausschliel'slich  als  Konig  von 
Bohni^n  erteilt,  hat  z.  B.  1491  den  Heimfall  des  Herzog- 
tums  Glogau  an  die  Ki'one  Ungarn  stipuliert  und  dann  doch 
den  bohmischen  Standen  versprochen,  dies  Fllrstentum  an 
Bohmen  zu  bringen  und  ganz  ebenso  beziiglich  des  Herzog- 
tums  Troppau  die  widersprechendsten  Verfllgungen  erlassen. 
Es  war  eben  so,  wie  dies  der  alte  bohmische  Historiker 
Dubravius  treffend  erzlihlt,  dafs  Konig  Wladyslaw  alles,  was 
man  ihm  vorgetragen,  gut  geheifsen  habe,  nur  dafs  er  in 
Prag  auf  czechisch  dobre,  in  Ofen  aber,  wo  Latein  die  Ge- 
schiiftssprache  war,  bene  zu  sagen  pflegte. 

Auch  die  Schlesier  ihrerseits  iiefsen  die  Sache  ruhig 
gehen.  OfFenbar  neigten  sie  mehr  zu  Bohmen,  aber  in 
keinem  Falle  hatten  sie  jene  grofse  Sumnie  auf  sich  nehmen 
mogen.  Die  eigentliche  Huldigung  blieb  dabei  aufgeschoben, 
um  so  mehr,  da  man  daran  festliielt,  solche  nui'  im  eigenen 
Lande  zu  leisten.  Diese  Erklarung  wiederholten  die  schlesi- 
schen  Flirsten  1498,  nachdem  der  Konig  sie  im  Sommer  1497 
nach  Briinn  zu  diesem  ZAvecke  vergeblich  entboten  hatte, 
noch  einmal  in  bestimmter  Form.  Natiii'lich  erneuern  die 
Ungarn  bei  dieser  Gelegenheit  wieder  ihre  Proteste  und 
verlangen  vom  Konig  eine  ausdriickliche  Bescheinigung,  dafs 
er  nur  als  Kcinig  von  Ungarn  Huldigungen  empfangen 
hatte,  und  wirklich  richteten  die  Mahrer  ihre  Huldigungs- 
erklarung  so  ein,  dafs  die  Frage,  ob  sie  sich  als  zur  boh- 
mischen oder  zur  ungarischen  Krone  gehorig  ansahen,  offen 
bleiben  zu  sollen  schien. 

Zu  einer  Reise  nach  Breslau  hat  sich  Wladyslaw  erst 
gegen  Ende  des  Jahres   1510  entschlossen.     Am  26.  Januar 


Zugehorigkeit  zu  Ungaru  oder  Bohineu  fraglich.  365 

1511  hielt  er  in  Begleitung  seines  erst  filn^alirigeu  Sohnes 
Ludwig,  seiner  siebenjahrigen  Tochter  Anna  sowie  eines 
stattlichen  Gefolges  von  Pralaten  imd  hohen  Wiirdentragern 
durch  das  Schweidnitzer  Thor  seinen  feierlichen  Einzug, 
wobei  der  Wagen  fur  die  koniglichen  Kinder,  wie  ein  Stiib- 
lein  eingerichtet  und  auch  mit  einem  Ofen  versehen,  be- 
sonderes  Aufsehen  erregte.  Der  Konig  ist  von  den  Bres- 
lauern  freundlich  aufgenommen  worden;  Balle  und  Turniere 
in  der  mit  Dielen  belegten  Halle  des  Rathauses  haben  -vvah- 
rend  seines  Aufenthaltes ,  der  sich  bis  zum  15.  April  aus- 
dehnte,  stattgefunden ,  aber  zur  Huldigung  ist  es  auch  da- 
mals  nicht  gekommen. 

Schroffer  als  je  haben  sich  die  Anspriiche  der  Ungarn 
und  Bohmen  gegeniibergestanden,  und  die  letzteren  haben 
aus  Furcht,  es  konne  doch  hier  in  Breslau  zu  einer  Hul- 
digung an  Ungarn  kommen^  durch  die  leidenschaftlichsten 
Beschworungen  und  Drohungen  dies  zu  verhindern  gesucht. 
Es  war  dies  im  Grunde  wohl  nicht  so  schwer,  da  die  Schle- 
sier,  wie  schon  erwiihnt,  der  Verbindung  mit  Ungarn  eigent- 
hch  uberdriissig  waren;  so  ward  dann  die  Frage  abermals 
vertagt. 

Im  ubrigen  aber  hat  die  Ungewifsheit  nicht  verhiudert, 
dafs  der  zur  Erteilung  von  Gnadenbriefen  allezeit  bereite 
Konig  ,, Bene",  wie  man  ihn  spottweise  nach  seinem  Lieb- 
lingsausdrucke  nannte,  den  Schlesiern  und  zwar  ausdriick- 
Hch  „  aus  bohmischer  koniglicher  Macht "  die  statthchsten  Pri- 
vilegien  verliehen  hat,  deren  eines,  vom  28.  November  1498 
eine  besondere  Beachtung  fordert,  namlich  als  in  gewasser 
Weise  grundlegend  fiir  die  ganze  Entwickelung  der  schle- 
sischen  StandeveVfassung. 

Das  grofse  Landesprivileg  1498  und   der  Kolowratsche  Ver- 

trag. 

Die  Schlesier  batten  dui'ch  ihren  Oberlandeshauptmann 
Herzog  Kasimir  von  Teschen  und  den  Freiherrn  Siegmund 
Kurzbach  von  Trachenberg  um  Bestatigung  ihrer  Privilegieu 
bitten  lassen,  und  indem  der  Konig  eine  solche  in  dem  ge- 
dachten  grofsen  Fx'eiheitsbriefe  ausspricht,  kniipft  er  dann 
an  das  auch  fur  alle  Nachfolger  gegebene  Gelobnis,  den 
schlesischen  Oberlandeshauptmann  immer  nur  aus  der  Zalil 
der  schlesischen  Fiii'sten  wahlen  zu  AvoUen,  sehr  wichtige 
Festsetzungen  liber  das  sogenamite  Fiirstenrecht,  einen  aus 
den  Fiirsten  des  Landes  und  ihren  Eaten  zu  bildenden  Ge- 
richtshof,   der   allein  kompetent   sein   sollte   flir   alle  Klagen 


(}6G  Viertes  Diicli.     Vicrtcr  Abncliuitt. 

resp.  Beschwerclen  des  Oberlehcnsherrn  gegen  einen  cler 
Fiirsteu  oder  Erbsassen  geistlichen  wie  weltlichen  Standes^ 
sowie  auch  umgekehrt ,  oder  aber  eines  Fiirsten  wider  den 
audern.  Das  Fiirstenrecht  soil  dann  auch  zuglcicli  als  liochste 
Tnstauz  I'ilr  die  gemeine  Ritter-  und  Mannschat't  gelteu,  sowie 
t'iir  die  Stadte,  falls  diese  liber  Kechtsverweigerung  in  deu  zu- 
nilchst  in  Betracht  kommenden  Instanzen  zu  klagen  batten. 
Regelmiilsig  zweimal  im  Jahre,  am  Montag  nach  Jubilate 
und  am  Montag  nach  Michaelis,  soil  das  Fiirstenrecht  zu 
Breslau  abgehalten  werden,  fllr  die  Uberschlesier  jiihrlich 
einmal,  am  Montag  nach  Epiphanias,  in  einer  vom  Haupt- 
mann  zu  bestimmenden  oberschlesischen  iStadt. 

Daran  schliefsen  sich  nun  weitere  Zusicheruugen ,  der 
Konig  will  die  Schlesier  nicht  zu  Kriegsdiensten  iiber  die 
Landesgrenzen  hinaus  driingen,  es  sei  denn,  dafs  er  ihnen 
datur  Sold  und  Selmdenersatz  leiste,  audi  keine  Huldigung 
anderswo  begehren  als  in  Breslau  resp.  t'lir  die  Fiirstentiimer 
Schweidnitz- Jauer  in  Schweidnitz,  keine  aulserordentlichen 
Steuern  verlangen,  dagegen  die  auiserhalb  Schlesiens  wohnen- 
den  Besitzer  schlesischer  Herrschatten  zur  Teilnahme  an 
den  Lasten  des  Landes  anhalten.  Der  Konig  wird  neue 
Zolle  nur  dann  einrichten,  wenn  Fiirsten  und  Stiinde  Schle- 
siens  dies  als  im  Interesse  des  Landes  liegend  erkennen. 

Es  waren  in  diesem  Privileg  in  der  That  gewisse  Fun- 
damente  einer  stiindischen  Verfassung  gegeben.  Es  war  den 
Fiirsten  und  Standeu  ein  Bewilligungsrecht  fur  die  indii'ckten 
Auflagen  und  thatsachlich  durch  das  Fiirstenrecht  liberhaupt 
fllr  die  Steuern  eingerilumt  und  durch  die  Festsetzung  der 
regelmillsigen  Zusammenklintte  fiir  das  Fiirstenrecht  eine 
Periodicitiit  der  Sitzungen  festgestellt. 

Audi  fiir  das  geistliche  Regiment  in  Schlesien  brachte 
diese  Zeit  Festsetzungen  von  grofster  Wichtigkeit.  Als  es 
sich  1501  darum  handelte,  dem  alternden  Bischof  Johann 
Roth  einen  Koadjutor  mit  einem  gewissen  Anrccht  auf 
Nachfolge  zur  Seite  zu  stellen,  hatte  der  Bischof  zunlichst 
an  den  Sohn  des  eintlulsreicheu  Kasimir  von  Teschen,  des 
schlesischen  Oberlandeshauptmanns,  Herzog  Friedrich^  der 
sich  dem  geistlicheii  Stande  gewidmet  hatte,  gedacht,  dem- 
selben  die  Pralatur  eines  Domkantors  erteilt  und  ihn  ge- 
radezu  als  seinen  Koadjutor  designiert.  Doch  das  Dom- 
kapitel,  welches  liber  vielfache  Verletzungen  seiner  Immuni- 
taten  durch  die  schlesischen  Fiirsten  sich  beklagte,  wollte 
keinen  Angehorigen  dieser  Herrscherfamilien  als  kiinftigen 
Bischof  anerkennen,  und  eine  Gesandtschaft  desselben  an 
den   Kcinig    setzte   doch    eine    Beanstandung    der  Koadjutor- 


Das  Laudesprivileg  uud  die  Koadjutorwahl  1502.  367 

wahl  dui'ch,  worauf  denn  audi  der  Bischof  die  Sache  fallen 
liels  und  Herzog  Friednch  durcli  die  oberste  Priilatur  des 
Kreuzstiftes  zu  Breslau,  die  Propstei  abfand,  dagegen  nun 
den  Breslauer  Declianten,  Johannes  Turzo,  den  Sohn  seines 
alten  Freundes,  des  uberaus  reichen  ungarischen  Grofsgrafen 
gleichen  Namens,  als  Koadjutor  bezeichnete  (l502).  Die 
Genehmigung  des  Kapitels  ward  um  so  leichter  erzielt,  als 
vonseiten  des  Grafen  Versprechungen  vorlagen,  dais  er  bei 
der  kilnftigen  Bischofswahl  die  ansehnliche  Summe  der  An- 
naten  selbst  tragen  wolle  und  auch  wolil  sonst  Geschenke 
nicht  gefehlt  haben  werden. 

Aber  kaum  war  die  Ernennung  ruchbar  geworden,  so 
erhob  sich  von  den  verschiedensten  Seiten  het'tiger  Wider- 
spruch.  Die  schlesischen  Herzoge  zeigten  sich  emport  dar- 
iiber,  dais  das  Kapitel  beschlossen  habe,  llberhaupt  keinen 
schlesischen  Fiirsten  mehr  auf  den  bischoflichen  Stuhl  zu 
erheben,  nachdem  die  beiden  friiheren  Bischofe  aus  diesem 
Stande,  Wenzel  und  Konrad,  ganz  besonders  das  Stift  in  so 
schwere  Schulden  gestiirzt  hatten.  Die  Herzoge  erblickten 
in  solchem  Beschlusse  die  schnodeste  Undankbarkeit  gegen- 
iiber  der  Thatsache,  dafs  das  Breslauer  Bistum  seine  reiche 
Dotation  wesentlich  ihren  Vorfahren  zu  danken  habe.  Sie 
drohten  jetzt,  zur  Vergeltung  den  Bischof  und  alle  Pralaten 
von  den  Fiirstentagen  auszuschliefsen.  Aber  auch  in  der 
Stadt  Breslau,  wo  man  ohnehin  fort  und  fort  Reibungen 
mit  der  Domgeistlichkeit  hatte  wegen  der  HandAverker,  die 
auf  geistlichem  Grunde  sitzend  den  Zlinften  der  iStadt 
Konkurrenz  machten,  wegen  des  Bierverkaufs  seitens  der 
Geistlichen,  wegen  des  von  dem  Kapitel  behaupteten  Asyl- 
rechtes  jenseits  der"  Dombriicke  u.  s.  w.,  vielleicht  auch  un- 
zufrieden  war  mit  der  seit  ]\latthias'  Zeit  nun  einmal  mifs- 
Hebig  gewordenen  ungarischen  Herkunft  des  Gewahlten,  be- 
niltzten  die  Veranlassung,  den  geistlichen  Gewalten  ihre 
Feindschaft  zu  zeigen.  Es  kam  zu  allerlei  argerlichen  Auf- 
tritten  und  Tumulten,  und  als  Bischof  und  Kapitel  das 
Interdikt  liber  die  Stadt  verhangten,  zwang  der  Rat  den 
Klerus,  iunerhalb  der  Mauern  dasselbe  unbeachtet  zu  lassen. 
Auch  sonst  hatten  es  ja  die  weltlichen  Obrigkeiten  sehr 
leicht,  die  geistlichen  Herren  auf  das  schwerste  schadigen 
zu  lassen.  In  Schlesien  wie  an  so  vielen  anderen  Orten 
machten  sich  die  Buschklepper  und  Strauchritter  unter  der 
kraftlosen  Regierung  Wladyslaws  wdeder  sehr  geltend.  Wenn 
diese  jetzt  auf  die  Spannung  des  Landeshauptmanns,  der 
Fiirsten  und  des  Breslauer  Rates  gegenliber  dem  Bistum 
spekulierend  sich  gerade  die  geistlichen  Giiter  flir   ihre  An- 


368  Viertes  Buch.     Vierter  Absclmitt. 

griffe  ausersahen,  hatten  die  weltlichen  Gcwalteu  es  voll- 
kommea  in  ihrer  Hand,  ihrem  Eifer  bei  Bestrafung  der 
Schuldigen  gewisse  Schranken  zu  setzen.  Thatsachlich  litten 
die  gcistlichen  Guter  schAver  unter  diesen  Handeln,  und  die 
Kanoniker  hatten  weseutliche  Aiislalle  ihrer  Einnahmen  zu 
beklagen.  AUe  Sehmerzensschreie  und  Beschwerdeu  bei 
Konig  und  Konigin,  bei  Papst  und  Legaten  halfen  um  so 
weniger,  da  einige  dissentierende  Kapitelsinitglieder  von  der 
Majoritat  verbannt  eine  ganz  besondere  Kilhrigkeit  ent- 
wickelten,  dera  Kapitel  den  ubelsten  Leumund  zu  machen. 

Bischof  Johann  IV.,  ein  wohlwollender  und  gelehrter 
Mann  von  milder  Gesinnung,  ersehnte  lebhaft  den  Frieden; 
der  neue  Koadjutor,  der  selbst  sich  seines  Lebens  kaum 
mehr  sicher  fllhlte,  hatte  gleicht'alls  wenig  Anlage  zu  einem 
Martyrer,  und  das  Kapitel  war  binnen  kurzem  mllrbe  genug, 
um  des  Konigs  Beschluls,  die  Handel  dui'ch  ein  Schieds- 
gericht  zum  Austrag  zu  bringen,  sich  getallen  zu  lassen, 
obwohl  die  Wahl  der  schiedsrichterlichen  Triumvirn,  des 
Konigs  Bruder  Sigismund,  Herzogs  von  Glogau,  des  Ober- 
landeshauptmanns  Kasimir  von  Teschen  und  des  bohmischen 
Kanzlers  Albrecht  von  Kolowrat  nicht  gerade  eine  besonders 
weitgehende  Beriicksichtigung  der  geistlichen  Interessen  ver- 
biirgen  mochte. 

Aus  den  Beratungen  dieaer  drei  Wiirdentrager   ist   dann 
das    denkwilrdige   Dokument   vom  3.  Februar  1504  hervor- 
gegangen,  das  in  einer  Reihe  von  Punkten  die  Beziehungen  i 
des    geistlichen  Regiments   in  Schlesien    nach    sehr   verschie- 
denen  Richtungen  hin  regelt. 

Die  erste  dieser  Bestimmungen  setzte  bezuglich  des 
bischoflichen  Stuhles  von  Breslau  wie  ilberhaupt  aller  geist- 
licher  Lehen  imd  Beneficien  in  der  sclilesischen  Diocese  eine 
Art  von  Indigenat  fest,  insofern  sie  die  Wiihlbarkeit  zu 
alien  diesen  auf  Angehorige  der  bohmischen  Kronlaude,  also 
Schlesien,  Bohmen,  Mahren,  Obei'-  und  Xieder  -  Lausitz  be- 
schrankte,  eine  Festsetzung,  Avelche  demnach  das  Statut  des 
Bischofs  Konrad,  vom  Jahre  1435,  das  nur  Scblesier  hier: 
zu  geistlichen  Wlirden  kommen  lassen  woUte,  wofeni  sie 
nicht  akademisch  Graduierte  seien,  unter  Weglassung  dieser 
letzteren  Exception  zugunsten  aller  bohmischen  Ki'onlande 
erweiterte,  wobei  allerdings  fur  den  neuen  Koadjutor  Johann 
Turzo  auch  bezuglich  dessen  Nachfolge  auf  dem  bischoflichen 
Stuhle  eine  Ausnahme  zugelassen  wui'de. 

Ganz  besonders  dieser  erste  Punkt  lafst  es  sehi'  erklar- 
lich  erscheinen,  wenn  die  ganze  Urkunde  nach  dem  Namen 
des   einen    der    drei   Kommissare  gewohnhch   als    der  Ko- 


Der  Kolowratsche  Vertrag.  369 

lowratsche  Vertrag  bezeichnet  wird;  denu  nur  der 
iiberwiegende  Einflufs  des  bohmischen  Kanzlers  konnte  in 
einer  Zeit,  wo  Schlesien  rechtlich  noch  iramer  zur  Krone 
Ungarn  gehorte,  aiif  geistlichem  Gebiete  solche  exklusive 
Zusammenfassung  dieser  Provinz  mit  den  bohmischen  Kron- 
landen  durchsetzen,  ohne  dafs  der  polnische  Prinz  zugunsten 
des  rechtlich  gleichfalls  noch  nicht  gelosten  Metropolitans- 
verband  mit  dem  polnischen  Erzbistura  oder  der  sonst  so 
vorsichtige  Kasimir  von  Teschen  aus  Diplomatie  Bedenken 
dagegen  erhob. 

Weitere  Pmakte  sicherten  dann  dera  Bischof  das  eigent- 
liche  geisthche  Regiment  gegen  alien  Einspruch  Welthcher 
und  alien  Geistlichen  die  Erhebung  des  Zehntens  auf  der 
Ormidlage  des  status  quo,  verboten  dann  jede  Neuerung 
beziiglich  der  Einrichtung  weiterer  Schenken  oder  Ansetzung 
von  Handwerkern  unter  Vorbehalt  eines  Entscheidimgsrechtes 
bei  Streitigkeiten  dariiber  fllr  die  Fiirsten  und  Stande. 

Der  sechste  und  vielleicht  wichtigste  Punkt  zog  ,,  die 
Herren  des  Kapitels"  zu  den  regelraafsigen  Landessteuern 
heran.  Ein  weiterer  Paragraph  beschrankte  alsdann  die  An- 
wendung  des  Bannes  gegen  saumige  Schuldner.  Ausge- 
schlossen  sollte  der  Bann  ganz  sein,  wenn  dieses  Rechts- 
mittel  in  dem  Zinsbriefe  nicht  ausdriicklich  vorbehalten  war. 
Doch  auch  wenn  dies  der  Fall  war,  sollte  der  Bann  erst 
zulassig  sein,  wenn  acht  Wochen  nach  Anzeige  des  Falles 
bei  den  zustandigen  weltlichen  Gerichten  keine  Zahlung  er- 
folgt  war  und  auch  dann  nur  die  eigentlichen  Schuldner 
trefFen,  so  dafs  sonst  niemand  in  dem  Gottesdienste  gestort 
werde.  Ein  weiterer  Punkt  verpflichtete  die  GeistHchen 
furderhin  so  gut  wie  weltliche  Herren,  bei  aufsergewohn- 
lichen  Ungliicksfallen  ihren  Unterthanen  oder  Schuldnern 
einen  gewissen  Nachlafs  zu  gewahren;  es  folgen  schliefslich  • 
Bestimmungen  ilber  wiiste  Giiter,  iiber  eine  Verjahrungsfrist 
von  3  Jahren  18  Wochen  in  Schuldsachen  und  endlich  war- 
den die  Hinterlassenschaften  von  Pfarrern,  die  ohne  ein  Testa- 
ment zu  hinterlassen  sterben,  einzig  imd  allein  der  betreffen- 
den  Kirchkasse  zugesprochen. 

Diese  Bestimmungen  wurden  darauf  von  der  Mehrzahl 
der  schlesischen  Fiirsten,  desgleichen  von  dem  neuen  Koad- 
jutor  nebst  dem  Domkapitel  untersiegelt  und  wenige  Wochen 
darauf  von  Konig  Wladyslaw  bestatigt.  Einen  besonderen 
Vertrag  zwischen  der  Stadt  Breslau  und  dem  Domkapitel 
inbeti-efF  der  alten  Streitpunkte  der  unter  dem  Krummstabe 
angesessenen  Handwerker  und  des  Bierschankes  hatte  dann 
noch  der  bohmische  Kanzler  gleichfalls   vermittelt.     Es  war 

Griinliagen,  Gesch.  Schlesiens.     I.  " 


370  Viertes  Buch.     Vicrtcr  Abschuitt. 

nun  kauin  zu  bestreiten ,  dafs  cler  Geist,  in  deni  jener  so- 
genanntc  Kolowratsclie  Vertrag  abgefafst  war,  die  prinzipielle 
Anerkcnnung  dcr  geistlichen  Steucrpflicht ,  die  Abwehr  der 
geistliclien  Strat'raittel ,  die  Verweisung  aller  Streitigkeiten 
an  ausschliefslich  weltliche  Gerichte  sich  den  bergebrachten 
Anschauungen  i'lber  die  Privilegien  der  Geistlichkeit  sehr 
entscbieden  entgegenstellte ,  und  dafs  wir  wohl  bebaupten 
diirfen,  es  sei  nie  vorber  eine  don  Ansprlicbcn  des  Klerus 
so  ungiinstige  Festsetzung  erlassen  worden.  Es  war  gleicb- 
sam  die  erste  Ankilndigiing  der  Stlirme,  die  ja  subald  das 
ganze  Gebaude  der  mittelalterUcben  kircbbchen  Ordnung 
bis  in  ibre  Grundfesten  erscbiittern  soUten.  Es  war  daber 
wenig  zu  verwundern,  wenn  die  piipstbebe  Kurie  im  Jabre 
1;j16  dem  ganzen  Vertrago  die  Anerkennung  verweigerte, 
obne  da(s  sie  jedocb  damit  durebzudringen  vermucbt  biltte. 
Selbst  das  Kapitel  wagte  gegeniiber  der  immer  ungiinstiger 
sicb  gestaltenden  offentbchen  Meinung  mit  dieser  piipstbcben 
Verwerl'ung  nicbt  ofFen  hervorzutreten,  und  tbatsacbbcb  ist 
der  Kolowratsclie  Vertrag,  namentlicb  in  seineni  wesentlicb- 
sten  Punkte,  dor  Steuerpflicbt  der  Geistlicbkeit ,  Gesetz  ge- 
worden  und  tort  und  tort  in  Geltung  gewesen. 

Eine  spiitere  Zeit  bat  den  Kolowratscben  Vertrag  vor- 
nebmlicb  dem  Einflusse  des  der  Geistlicbkeit  immer  abge- 
neigten  Breslauer  Rates  zugescbrieben.  Ricbtiger  wohl  wiirde 
man  sagen,  dais  die  stiindiscbe  Aristokratie  Scblesiens,  die 
sicb  unter  dem  scblafFen  Regimente  Konig  Wladyslaws  ganz 
besonders  fublen  gelernt,  und  die  ja  bereits  in  dem  grolsen 
Landesprivileg  von  1498  sicb  tester  konstituiert  hatte,  imn 
die  Gunst  der  Zeit  benutzend,  aucb  den  geistlicben  Gewalten 
gegeniiber  einen  Sieg  zu  erringen  vermocbt  bat. 

Wir  habon  bei  der  Darstellung  dieser  standiscben  Ent- 
wickelung  dann  audi  nocb  von  einer  Episode  zu  beripbten, 
welcbe  in  merkwurdiger  Weise  zeigt,  wie  furcbtbar  hart  und 
gewalttbatig  diese  Ai'istokratie  selbst  gegen  eines  ihrer  Mit- 
glieder  auftreten  konnte.  Es  war  namlicb  im  Jabre  1497 
bei  einem  Fiirstentage  zu  Neilse,  wo  iiber  die  Huldigungs- 
t'rage  beraten  Avard,  der  Herzog  Nikolaus  von  Oppeln  ofFen- 
bar  in  einem  Anialle  von  Geistesstorung,  von  Verfolgungs- 
wabnsinn,  gegen  den  (Jberlandesbauptmann  Herzog  Kasimir 
von  Tescben  und  dann  aucb  gegen  den  Biscbot'  Joliann  mit 
blanker  Webr  losgegangen  und  batte  beide  verwundet;  ja 
er  batte  unzweifelbait  den  Herzog  Kasimir  ermordet,  batten 
nicbt  anwesende  Edelleute  sicb  auf  ibn  geworfen  un(t  ihn 
mit  jNIiibe  entwaffiiet.  Seine  Leute,  die  erscbreckt  berbei- 
sturzten ,  scbleppten  ibn  dann    tort   und    bewogen   ibn ,   sich 


Herzog  Nikolaus  von  Hj^pt'lii  enthauptet.  371 

auf  die  Stufen  des  Hochaltars  dei-  Neifser  Piarrkirche  zu 
riiichten  imd  das  Asyl  der  heiligen  Statte  in  Ansprucli  zu 
nehmen. 

Aber  schuell  verbreitete  sich  die  Kunde  des  Gescliehenen, 
und  die  Nachricht  von  dem  Attentate  des  wenig  beliebten, 
des  Deutschen  ganz  unkundigen  Herzogs  gegen  den  Bres- 
lauer  Kirchenfiirsten,  in  dessen  eigener  Landeshauptstadt  be- 
gangen,  emporte  die  Biirger  so,  dafs  ein  tormlicher  Aufstand 
sich  erhob,  Sturm  gelautet  ward  und  das  Volk  die  Kirche 
uralagerte,  endlich  auch  in  diese  eindrang  und  den  Herzog 
auf  den  Stufen  des  Altars  ermordet  haben  Aviirde,  biitte 
nicht  einer  seiner  Edelleute,  Johann  von  Stosch,  ihn  mit  dem 
eigenen  Leibe  gedeckt  und  seine  Treue  mit  einer  schweren 
Wunde  bezahlt.  Als  man  sich  endhch  des  Herzogs  bemach- 
tigt,  reifst  der  wlitende  Haufe  ihm  die  Kleider  voni  Leibe 
und  schleppt  ihn  so  wieder  auf  das  Rathaus  vor  die  Fiirsten, 
wo  er  eine  Art  von  Verhor  besteht  und  dabei  dem  Herzog- 
Heinrich  von  Miinsterberg  versichert,  auch  er  habe  den 
Tod  verdient,  da  er  gleichfalls  seiner  Freiheit  nachgestellt 
habe,  die  Briefe,  die  Herzog  Heimlich  empfangen,  bezeugten 
das.  Naturhch  hatte  die  Vorzeigung  der  Briefe  nicht  den 
Erfolg,  Nikolaus  von  dem  Ungrunde  seines  Argwohus  zu 
iiberzeugen. 

Die  schlesischen  Flirsten  waren  inhuman  genug,  statt 
nach  dem  Arzte  filr  den  geisteskranken  Flirsten  nach  dem 
Henker  zu  rufen.  Sie  liefsen  Nikolaus  in  den  Brildertunn 
setzen,  wo  man  ihn  ohne  Speise  und  Trank  schmachteu  Hefs, 
selbst  der  Kleider  entbehrend,  bis  ihm  ein  mitleidiger  Edel- 
mann,  Schellendorf,  eine  Schaube,  mit  Fuchsfell  gefuttert, 
schenkte.  Im  Rate  der  Flirsten  ward  am  folgenden  Morgen 
beschlossen,  den  Herzog  Nikolaus  wegen  seiner  Attentate, 
deren  morderische  Absicht  er  ja  selbst  eingestanden  habe, 
ohne  Vei'zug  enthaupten  zu  lassen.  Diese  tumultuarische 
Justiz  ward  dadurch  nicht  besser,  dafs  man  ihn  gleich 
nachher  danu  vor  die  Neii'ser  Schriffen  lidiren  liefs,  uni  aus 
deren  Munde  das  Todesurteil  zu  vernehmen.  Das  Scliicksal, 
das  ihm  bevorstand,  kannte  er,  man  hatte  ihn  beichten  und 
sein  Testament  machen  lassen ;  von  den  Griinden  des  Urteils, 
die  man  ihm  vorlas,  verstand  er  nichts,  da  es  in  deutscher 
Sprache  erfolgte,  doch  hatte  er  Verstand  genug,  gegen  seine 
Verurteilung  durch  die  Neifser  StadtschofFen  Einspruch  zu 
erheben,  naturhch  fruchtlos.  Vormittags  10  Uhr  am  27.  Juni 
1497  ward  Herzog  Nikolaus  vor  dem  Rathause  zu  Neifse 
enthauptet. 

Wie  die  alten  Chronisten  melden,  hatte  Herzog  Nikolaus 

•24^ 


372  Viertes  Buch.     Vicrtor  Abschuitt. 

dui'cli  vieliache  Grausarakeiten   uud  Gewalttliatigkeiteu    sich 
iibcl  beruchtigt  gemacht,  und  dies  trug  auch  wohl  viel  dazu 
bei,    dafs   seiu    gewaltsames    Ende,    wenngleich    dabei    sehr 
tumultuarisch  verfahren    worden   war,   doch    keine    weiteren 
Folgeii    hatte    und   selbst    von    seinem  Bruder,   dem   letzten 
Herzoge   von   Oppeln,  Johaun,   nicht   geracht  wui'de.     Dafs 
der   Ktinig   Wladyslaw    seine   Milsbilligung    dariiber    zu    er- 
kennen    gab,    fiel   nicht   allzu    schwer    ins    Gewicht.     Seine 
Autoritat   gait   in  Schlesien   so   gut   wie   niclits.      Selbsthilte, 
Fehdewesen  und  Buschklepperei  waren  hiei'   wie   fast   iiber- 
all   in    Deutschland    zu   jener    Zeit    an    der   Tagesordnung ; 
selbst  einer  der  besseren  Fiirsten,  Friedrich  II.  von  Liegnitz, 
griff,  als  er  1508,  zui-iickgekelirt  von  einer  Pilgerschaft  nach 
dem    gelobten   Lande,   sich  von    den  Breslauern    in    seinen 
Rechten    gekrankt   glaubte,    olme    weiteres   zu   den  Waffen, 
und  seine  Fehde  mit  den  Breslauern    flillte  1509    viele  jNIo- 
nate  lang   die   fruchtbaren  Gegenden   zwischen  Breslau    uud 
Liegnitz    mit    Raub    und    Verwustung.      Ebenso     schadigte 
Herzog  Bartholomiius  von  Miinsterberg,  der  Sohn  Viktorins, 
ein  Enkel  Podiebrads,  in  langer  immer  aufs  neue  entflammter 
Fehde   die    Breslauer,    die   ihm   allerdings   am    14.    Oktober 
1512    vor    Cauth    eine    empfindliche    Schlappe    beibrachten, 
auf  das   allerschwerste ,    und   teils   im   Zusammenhange    mit 
ihm,  teils  auf  eigene  Faust  erwarben  sich  mehrere  schlesische 
Edelleute   einen   ublen  Ruf  als   gefaluiiche   Landesschadiger 
und  Fehder,    so    vor    allem    Christoph    von   Reisewitz,    der 
schwarze  Christoph  genanut  (1513  von   den  Liegnitzern  ge- 
hangt),   und   ein  AbkummHng   des    beriichtigten   siichsischen 
Prinzenraubers ,    Siegmund-  von    Kaufungen    vom    Hummel- 
schlosse,   desgleichen  Lorenz  Seidhtz,    Franz   Dompnig   und 
Heinrich  Steinitz. 

Gegen  dieses  Unwesen  hat  der  neue  Landfrieden  Konig 
Wladyslaws  vom  Jahre  1505  trotz  seiner  sorgfaltigen  Straf- 
bestimmungen  gegen  „die  Beschadiger  oder  Drauer"  uud 
deren  etwaige  BegUnstiger  ebenso  wenig  etwas  ausgerichtet 
wie  die  100  Husaren,  welche  der  Konig  als  Gendarmerie 
1508  den  Breslauern  zusandte,  und  weder  die  vielfach  er- 
neuerten  Biindnisse  der  koniglichen  Stadte  in  Schlesien  noch 
der  grofse  Friedensbund  samtlicher  buhmischer  Ki'onlande 
„  wider  die  Fehder,  Rauber  und  ihi-e  Behiiuser"  vom  Jahre 
1512  vermochten  Abliilfe  zu  schaffen.  Der  Konig  Wlady- 
slaw  selbst  hatte  an  der  schUmmsten  jener  Fehden,  der  mit 
Herzog  Bartholomaus  von  Miinsterberg,  einen  gewissen  An- 
teil,  und  der  Zusammenhang  dieser  Sache  ist  kulturhistorisch 
zu  merkwiii'dig,  um  nicht  orwahnt  zu  werden. 


Fehclewesen.     Die  Schicksale  des  Hans  Rindfleisch.  373 

Noch  zur  Zeit  des  Konigs  Matthias  (vor  1478)  war  ein 
Breslauer  patrizischer  Kaufmann  Johannes  Rindfleisch  auf 
einer  Geschaftsreise  zu  Plock  in  Polen  von  seinem  'Wirte 
um  590  Dukaten  bestohlen  worden^  und  es  war  ihna  ge- 
lungen,  den  Dieb  seines  Verbrechens  zu  iiberfuhren.  Als 
derselbe  aber  zum  Galgen  verurteilt  war,  fehlte  es  an  einem 
Scharfrichter,  und  Rindfleisch  erhielt  nun  die  liberraschende 
]\litteilung,  in  solchem  Falle  habe  der  Klager  die  Pflicht, 
die  Strafe  zu  vollziehen.  Wohl  hiitte  der  Breslauer  jetzt 
gern  auf  die  Bestrafung  des  Schuldigen  verzichtet,  ja  als  er 
erfuhr,  dafs  er  nur  die  Wahl  habe  zu  henken  oder  sich  von 
deni  Verbrecher  henken  zu  lassen,  erklarte  er  sich  sogar 
bereit,  wenn  man  ihn  ruhig  ziehen  lasse,  auf  die  ganze  Geld- 
sunime  zu  verzichten,  und  erst  als  man  ihn  streng  bei  der 
schrecklichen  Alternative  festhielt,  vollzog  er  widerwillig  das 
ungewohnte  Geschaft.  Als  er  aber  dann  heimkehrte,  half 
es  ihm  wenig,  dafs  er  sich  von  dem  Konige  von  Polen  die 
Zwangslage,  in  der  er  sich  befunden,  bescheinigen  und  auch 
von  Konig  Wladyslaw  unter  Strafandrohung  verbieten  liefs, 
ihm  aus  jenem  Vorfall  einen  Makel  anzuhangen,  er  gait 
fortan  fur  unehrlich  und  von  Ehren  und  Wiii'den  ausge- 
schlossen.  Ja  selbst  sein  Sohn  Christoph  hatte  noch  unter 
jenem  Makel  zu  leiden,  und  1501  weigerten  sich  alien  Man- 
daten  des  Konigs  zum  Trotz  die  ]\Iannrechtsbeisitzer  von 
Breslau,  rait  ihm  zusammen  zu  sitzen  und  liefsen  lieber  die 
Gerichtssitzungen  das  ganze  Jahr  hindurch  ausfallen,  und 
die  stadtischcn  SchofFen  und  Geschworenen  zeigten  bei  einem 
neuen  Versuche  des  Rates  1507,  Christoph  Rindfleisch  unter 
die  Schoffen  zu  bringen,  den  gleichen  Widerstand. 

Daraufhin  verurteilte  Konig  Wladyslaw,  wie  er  dies  in 
seinem  zugunsten  von  Rindfleisch  1502  erlassenen  Briefe 
angedroht,  die  Stadt  zu  einer  Geldstrafe  von  100  Mark 
Silber  und  war  dann  unvorsichtig  genug,  diese  Summe  dem 
Herzog  Bartholomaus  von  Miinsterberg,  dessen  er  sich  zu 
diplomatischen  Sendungen  vielfach  bediente,  zu  schenken. 
Natilrlich  gab  diesem  dann  die  Verschreibung  der  Summe 
neuen  Vorwand  zu  Plackereien  der  Breslauer,  deren  Rat 
im  Bewufstsein,  selbst  an  der  Sache  keine  Schuld  zu  tragen, 
die  Zahlung  weigerte. 

In  keinem  Falle  haben  die  Breslauer,  wie  Konig  Wla- 
dyslaw es  that,  diesem  Enkel  Podiebrads  Thranen  nachge- 
weint,  als  im  April  1515  auf  einer  neuen  diplomatischen 
Sendung  nach  Wien  sein  Schift'lein  an  einem  Felsen  in  der 
Donau  scheiterte  und  er  selbst  ertrank. 

Diese  letzte  Botschaft  des  Herzogs  hatte  einer  Zusammen- 


874  Viertes  Bucli.     Vii'itcr  Abschuitt. 

kunt't  des  Kaisers  Maximilian  mit  W  lady  slaw  gegolten,  welclie 
als  der  Abschlufs  lang  geptiogener  Untcrhandlungen  dann 
im  Jali  1515  zu  \\'ien  vvirklich  stattt'aiul  luid  hier  nun  eine 
Verbindung  der  beidcn  Furstenhauser  zu  Wege  brachte,  die 
nachmals  von  so  weitreichenden  Folgen  geworden  ist,  die 
wechselseitige  Vermahlung  resp.  Verlobung  der  beiden  Kin- 
der Wladyslaws,  der  12jahrigen  Anna  und  des  9jaln'igen 
Ludwig  mit  dem  Enkel  resp.  der  Enkelin  des  Kaisers,  ver- 
bundcn  mit  einem  weehselseitigen  Erbvertrage  beziiglich 
Ungarns,  Bohmens  und  <  )sterreiclis.  Nachdem  KiJuig  \Vla- 
dyslaw  so  fur  die  Zukunt't  seiner  Lande  gesorgt,  ging  er 
am  13.  Mjirz  151G  nach  kurzem  Kj-ankenlager  zur  ewigen 
Ruhe  ein,  die  Herrschaft  iiber  zwei  grolse  Keiche  einem 
zehnjahrigen  Knaben  hinterlassend. 

Schlesien  unter  Konig  Ludwig  1516^1526. 

Wenn  schon  vmter  Wladyslaw  das  Ansehen  des  Konigs 
sehr  gesunken  war,  so  erscheint  unter  der  vormundschatt- 
schaftlichen  Regierung,  die  jetzt  eintrat,  das  Land  vollends 
allein  aut'  sich  angewiesen.  An  der  8pitze  der  durch  den  letzten 
Willen  des  heimgegangenen  Konigs  fur  Bohmeu  bestellten 
Regentschaft  stand  Herzog  Karl  von  Mllnsterberg,  der  iSohn 
Heinriclis  des  Alteren,  also  ein  Enkel  Greorg  Podiebrads, 
unter  den  ungarischen  Vormiindern  des  Konigs  Ludwig 
aber  fand  sich  Markgraf  Georg  von  Bi'andenburg,  ein  Enkel 
yon  Albreclit  Achilles,  Sohn  des  ]\Iarkgrafen  Friedrich  des 
Alteren.  welcher  letztere  eine  8chwester  Wladyslaws  Sophia 
zur  Gemahlin  hatte.  Dies  war  nun  auch  der  Grund,  wes- 
halb  der  mehr  mit  Kindern  als  mit  Gliicksgutern  gesegnete 
Friedrich  seinen  Sohn  1505  an  den  Hof  seines  Schwiigers 
nach  Ofen  sandte,  um  dort  sein  Glilck  zu  versuchen. 

Georg  fand  bei  dem  Oheim  die  allerfreundlichste  Auf- 
nahme.  Es  war  nicht  zu  verwundern ,  wenn  der  gute, 
schwache  Konig  in  ihm,  seinem  nachsten  Verwandten,  einem 
offenen,  lebensmutigen  Jiinglinge,  eine  gewisse  Stiltze  zu  er- 
langen  suchte  gegen  die  ungarischen  Magnaten,  welche,  die 
iibermachtigen  Zapolyas  an  der  Spitze,  ilm  zugleich  tyi'an- 
nisierten  und  aussogen.  Die  ganze  deutsche  Partei,  flir 
welche  es  sich  darum  handelte,  den  Erbvertrag  mit  dem 
Kaiser  Max  gegenliber  den  ehrgeizigen  Absichten  der  Za- 
polyas, die  selbst  nach  der  Krone  strebten,  durchzusetzen, 
wandte  ihre  Blicke  auf  ihn,  und  es  Avard  von  grofser  Bc- 
deutung,  dafs  die  Gunst  des  Konigs  ihm  1509  die  Hand 
der  Witwe    von  Johann  Corvin,    Beatrice   Frangipani,    ver- 


Markgraf  Georg  vou  Braudeuburg  in  Schlesieu.  375 

schaffte^  welche  clann  bei  ihrem  bereits  1510  erfolgten  Tocle, 
nachdem  ihre  beiclen  Kinder  von  Corvin  in  das  Grab  vor- 
angegangeu  waren ,  Georg  als  Erben  ihrer  ansehnlichen 
Reichtumer  hinterliefs. 

Dafs  dieser  junge  aafstrebende  Fiirst  nun  sein  Augen- 
merk  aut'  Schlesien  richtete,  ward  f'iir  die  Geschicke  dieses 
Landes  von  der  allergrofsten  Bedeutiing.  Sein  Eintritt  in 
Schlesien  ist  vielleicht  das  wichtigste  Ereignis,  welches  aus 
der  zehnjahrigen  Regierung  Konig  Ludwigs  zu  verzeichnen 
ist.  Was  einst  Albrecht  Achilles  nur  in  sehr  beschranktem 
Mafse  gelang,  in  Schlesien  festen  Fuls  zu  fassen,  unternahm 
jetzt  einer  seiner  Enkel  mit  ungleich  giinstigerem  Ertolge, 
nur  dafs  die  Hohenzollern ,  nicht  wie  zu  erwarten  gewesen 
ware,  von  Westen  resp.  Norden,  sondern  von  Sildosten  her 
ihren  Einzug  in  das  Land  hielten,  das  ihnen  einst  ganz  zu- 
fallen  sollte. 

Zu  dem  Entschlusse  des  Markgrafen,  sich  in  Schlesieu 
ansassig  zu  machen,  haben  anscheinend  mehrere  Motive  zu- 
sammengewirkt.  Schon  vor  ihm  hatte  ungarisches  Kapital 
den  Weg  hierher  gefunden,  wie  solches  namentlich  durch 
den  um  jene  Zeit  machtig  eraporkommenden  Bergbau  er- 
zeugt  ward.  Aus  Uugarn  scheuchten  es  die  unablassigeu 
Unruhen  und  Biii'gerkriege  sowie  die  Tilrkenget'ahr  fort, 
und  wenn  seine  Besitzer  nicht  selbst  der  slavischen  Natio- 
nalitat  angehorten,  konnte  Schlesien  wohl  noch  mehr  an- 
locken  als  das  sonst  naherliegende  Mahren.  Wir  erwithnten 
ja  bereits,  wie  die  durch  den  Bergbau  reich  gewordene  Fa- 
milie  der  Turzos  hier  die  Herrschaft  Plefs  erworben  und 
eins  ihrer  Glieder  zum  Koadjutor  des  Bistums  Breslau  hatte 
aufsteigen  sehen.  .  Dieser  Johann  Turzo  war  jetzt  1506 
auf  den  schlesischen  Bischofsstuhl  gelangt,  und  hat  diesen 
bis  an  seinen  Tod  1520  besessen,  ein  frommer  aber  auf- 
geklarter  Kirchenfurst,  ein  Beschtitzer  und  Forderer  huma- 
nistischer  Wissenschaft ,  mild  und  wohlwollend  gegen  jeder- 
mann.  Sein  Privatverraogen  gestattete  ihm,  iiber  dem  Stadt- 
chen  Jauernick  auf  steiler  Anhohe  das  schone  Schlofs,  das 
dann  nach  seinem  Namen  Johannesberg  getauft  ward,  zu 
erbauen,  noch  heute  eine  beneidenswerte  Sommerresidenz 
der  Breslauer  Bischofe.  Die  Turzos  haben  dann  auch  die 
ihnen  verschwagerte  Familie  der  Augsburger  Fugger,  deren 
Unternehmungsgeist  sie  auch  zur  Teilnahme  an  der  Aus- 
beutuug  der  ungarischen  Bergwerke  gefiihrt  hatte,  nach 
Schlesien  gebracht.  Antonius  Fugger  besitzt  1514  Giiter 
im  Bischofslande,  zu  denen  das  Stadtchen  FreiAvaldau  (unter- 
halb  des  bekannten  Wasserbades  Grafenberg  gelegen)  gehorte. 


376  Viertes  Buch.     Vierter  Abschiiitt. 

Auch  ^larkgrat' Georg  hatteVeranlassung,  daran  zu  clenken^ 
sich  so  viel  als  muglich  aus  den  uiigarischen  AVirren  heraus- 
zuwickeln  und  die  an  ihn  get'allenen  in  ganz  Ungarn  zer- 
streuten  zahlreichen  Giiter  nach  und  nach  unter  der  Hand 
zu  veraulsern,  uni  sich  lieber  anderswo  einen  Besitz  zu 
gi'unden,  den  nicht  wie  in  Ungarn  die  unversohnliche  Feind- 
schatt  der  Zapolyas  stundlich  bedrohte. 

Dazu  kam  dann  noch  ein  anderer  Antrieb.  Konig  "VVla- 
dyslaw  hatte  in  seiner  grofsen  Zuneigung  fiir  Georg  gleich 
vom  ersten  Augenblicke  an,  wo  derselbe  an  seinen  Hof  ge- 
kommen  war,  eine  reiche  Dotation  in  Schlesien  ftir  denselben 
in  Aussicht  genommen  und  ihm  1507  entweder  das  1506 
dui'cli  die  Thronbesteigung  des  polnischen  Prinzen  Siegmund 
erledigte  Herzogtum  Glogau  oder  aber  nach  dem  Tode  Jo- 
hanns  von  Oppehi  dessen  Herzogtum  zugesagt.  Allerdings 
war  nun  bei  der  Art  des  guten  Konigs,  der  niemandem 
etwas  abschlagen  konnte,  von  solcher  Zusage  bis  zur  wirk- 
lichen  Besitzergreifung  immer  noch  ein  grofser  und  schwerer 
Schritt.  Der  AA'iderspruch  anderer  luteressenten  und  An- 
Aviirter  pflegte  dann  leicht  unerwartete  Hindernisse  zu  be- 
reiten.  So  setzten  diesmal  die  Glogauer,  welche  unter  der 
Herrschaft  des  polnischen  Prinzen  keine  guten  Tage  gesehen 
batten,  bei  dem  Konige  1508  eine  Zusicherung  durch,  sie 
„  hinfurder  in  frerade  Hande  nicht  mehr  vergeben,  versetzen, 
verkauten  noch  verptanden  zu  wollen". 

^^'ohl  aber  hielt  der  Markgraf  an  der  Anwartschaft  auf 
Oppeln  test,  die  dann  dadurch  noch  bedeutungsvoller  ward, 
dais  Herzog  Johann  von  Oppehi  vertragsmalsig  auch  der 
Erbe  des  kinderlosen  und  krankhchen  Herzogs  Valentin  von 
Ratibor  war.  Allerdings  gab  es  der  Bewerber  um  die 
Oppelner  Herrschaft  viele,  und  jeder  von  ihnen  vermochte 
sich  auf  irgeudwelche  Zusicherungen  zu  stiltzen,  die  samt- 
lich  der  gedankenlosen  Freigebigkeit  des  Kiinigs  Wladyslaw 
entstammten.  Da  hatte  zunachst  ebeu  jener  Herzog  Valentin 
von  Katibor  als  Sohn  einer  Schwester  Johanns  von  Oppeln 
einen  vollen  und  ungeteilten  Erbanspruch ,  welchen  der 
Konig  als  solchen  1511  unumwunden  bestiitigt.  Ferner 
hatte  Wladyslaw  seinem  Bruder  Sigisraund  eine  Anwart- 
schaft auf  die  Oppelner  Lande  verliehen,  welche  dieser  dann 
bei  seiner  Thronbesteigung  dem  Herzoge  Kasimir  von  Teschen 
resp.  dessen  Neffen  Bartholomaus  von  Milnsterberg  abge- 
treten  hatte,  anscheinend  unter  Gutheifsung  des  Konigs. 
Ein  weiterer  Bewerber  war  der  Oberburggraf  von  Prag, 
Zdenko  Lew  von  Rozmital,  der  seine  Stellung  als  einer  der 
eintlulsreichsten  Grofsen    Bohmens    dazu    benutzt   hatte,    bei 


Das  Erbe  der  Herzoge  vou  Oppeln.  377 

einer  Anwesenheit  des  Konigs  in  Prag  cliesem  eine  Zusiche- 
rung  fiir  sicli  inbetreff  der  Oppelnsclien  Erbschaft  abzuge- 
winnen.  Endlich  hatte  auch  Herzog  Friedrich  II.  von 
Liegnitz,  vielleicht  auf  Grund  seiner  Abstammung  miitter- 
licherseits  (allerdings  im  vierten  Gliede)  von  einer  Oppelner 
Prinzessin^  eine  Anwartschaft  auf  Johanns  Erbe  von  Wlady- 
slaw  zugesicliert  erlialten.  Ura  die  Verwirrung  noch  zu  er- 
hohen,  hatte  dann  der  Konig  bei  seiner  Anwesenheit  in 
Schlesien  1511  dem  Oppehier  Herzog  auf  dessen  personHch 
angebrachte  Beschwerde  darliber;  dafs  so  ganz  ohne  ihn  zu 
belragen  liber  sein  Erbe  verfligt  werden  soUe,  ein  ausgiebiges 
Privileg  eiteilt,  welches  Johann  das  Recht  vindizierte,  liber 
seine  Lande  vollkommen  frei  zu  verfligen  und  dieselben  zu 
vergeben,  an  wem  es  ihm  gefallen  werde. 

Der  Versuch,  unter  solchen  Umstanden  alien  Mitbewerbern 
den  Rang  abzulaufen^  war  fur  Markgraf  Georg  urn  so  klihner, 
als  gerade  ihm  noch  besondere  Hindernisse  mehr  als  den 
anderen  Anwartern  bereitet  war  en.  So  hatte  Wladyslaw 
unter  dem  10.  Januar  1510  den  bohmischen  Standen  ver- 
brieft,  dafs  fortan  kein  schlesisches  Herzogtum,  das  jetzt 
oder  klinftig  in  des  Konigs  Hand  sei,  wiederum  verliehen 
werden  dlirfe,  sondern  fortan  bei  der  Krone  bleiben  solle. 
Auch  solle  niemand  einem,  der  nicht  das  schlesische  Inkolat 
besitze,  gleichviel  ob  flirstlichen  Standes  oder  nicht,  Land- 
besitz  verschenken  oder  vergeben,  und  auch  in  dem  er- 
wiihnten  Privileg  flir  Herzog  Johann  von  1511  war  dessen 
Dispositionsrecht  doch  insoweit  beschriinkt  worden,  dafs  der 
zu  wahlende  Erbe  aus  Bohmen  oder  dessen  Nebenlandern 
stammen  sollte,  so  dafs  dadurch  ein  ungarischer  Magnat, 
als  welcher  doch  auch  Georg  augesehen  werden  mufste,  aus- 
geschlossen  erschien. 

Alledem  zum  Trotz  hat  nun  Markgraf  Georg  von  dem 
Augenblicke  an,  wo  er  1511  an  der  Seite  seines  Oheinis  in 
Schlesien  erschien,  das  grofse  Werk  mutig  begonnen  und 
bereits  1512  einen  grofsen  Vorsprung  erlangt  dadurch,  dafs 
die  Macht  seiner  gewinuenden  Personlichkeit  die  Herzoge 
Johann  von  Oppeln  und  Valentin  von  Ratibor  dazu  bringt, 
ihn  als  Dritten  in  ihren  wechselseitigen  Vertrag  mit  aufzu- 
nehmeu,  so  dafs  an  ihn,  falls  jene  beiden  kinderlos  stei-ben 
BoUten,  deren  gesamtes  Erbe  iiele,  was  dann  Konig  Wlady- 
slaw bestatigt.  Damit  hatte  Georg  nun  schon  einen  sicheren 
Rechtsboden  erlangt  und  sich  zugleich  mit  auf  das  Dis- 
positionsprivileg  Herzog  Johanns  gestellt,  wenn  ihm  gleich 
die  Vorbedingung  des  schlesischen  Inkolats  noch  abging. 

Aber  der  Markgraf  that  gleich  noch  einen  zweiten  Schritt 


378  A'icrti'^  Buch.     Vicrter  Aloclinitt. 

weiter,  and  vuii  (l(!i'  Erwartung  ausgeliend,  dais  der  (Jheim 
docli  wohl  vur  deni  Neffen  das  Zeitliche  segnen  werde, 
niachte  er  la  12  mit  Herzog  Valentin  von  Katibor,  dessen 
bestandiger  Geldnot  er  wohl  bei  dieser  Gelegenheit  etwas 
zuhilfe  kommen  mochte,  einen  ^^ertrag,  worin  der  letz- 
tere  sich  herbeiliels,  die  Erbschal't  Johanns  mit  ihm  zii 
teilen. 

Dem  gegeniiber  schlossen  sich  nun  die  anderen  drei 
Anwiirter,  Herzog  Kasimir  von  Teschen,  Friedrich  II.  von 
Liegnitz  und  der  Prager  Oberburggrat  Zdenko  Lew  von 
Rozmital,  zusammen  und  machten  unter  sich  gegen  Ende 
des  Jahres  1512  einen  Teilungsvei'trag  iiber  das  (Jppelner 
Erbe,  liefsen  sich  audi  gleich  nach  dem  Tode  Wlady slaws 
von  Kaiser  ]Max  als  Vormund  des  neuen  Herrschers  ihre 
Anspriiche  insgesamt  bestiitigen.  Zugleich  aber  land  eiuer 
von  ihnen,  Herzog  Kasimir,  in  seiner  Eigenschatt  als  oberster 
Hauptmann  von  Oberschlesien  eine  Gelegenheit,  aut'  Herzog 
Valentin  eine  gewisse  Pression  zu  uben,  indem  er  denselben, 
aul'Grund  von  Aussagen  gefangener  Ubelthater,  bei  dem  Konige 
denunzierte,  als  habe  er  deren  falschmiinzerische  Uperationcn 
in  gewinnsiichtiger  Absicht  unterstutzt.  Diese  Sache  konnte 
um  so  mehr  Konsequenzen  haben,  als  W'ladyslaw  noch  kurz 
vor  seinem  Tode  1515  dem  Herzoge  Kasimir  alle  Strafen 
von  Landesschadigern  zugesichert  hatte.  Markgraf  Georg 
aber  parierte  den  8treich  dadurch,  dafs  er  sich  1517  von 
dem  jungen  Konig  Ludwig  zusichern  liefs,  es  sollten,  lalls 
etwa  jene  Anschuldigungen  sicli  bestatigten  und  intblge 
davon  der  Herzog  Valentin  durch  Verlust  seiner  Lande  gi- 
stratt  wilrde,  diese  letzteren  an  niemand  anders  als  deu 
Markgrafen  fallen.  Es  konnte  diesem  nicht  schwer  fallen, 
seine  Handlungsweise  Herzog  Valentin  gegeniiber  als  in 
dessen  Interesse  liegend  darzustellen,  und  insofern  daniit 
Herzog  Kasimir  jedes  eigene  Interesse  an  der  ganzen  iSache 
einbiifste,  wird  es  uns  erkliirlich ,  wenn  wir  nichts  weiter 
von  dieser  Angelegenheit  erfahren :  bedeutsam  aber  erscheint 
es  noch,  dafs  in  dieser  Urkunde  Konig  Ludwig  von  einer 
Einziehung  der  eventuell  durch  Herzog  Valentin  verAvirkten 
Lande  seitens  der  Krone  Ungarn  spricht.  Da  die  grofse 
Frage,  ob  Schlesien  ziu"  bohmischen  oder  zur  ungarischen 
Krone  gehore,  noch  immer  nicht  ausgetragen  war,  so  er- 
regte  hier,  wo  man  ira  grofsen  und  ganzen  doch  in  Erinne- 
rung  an  die  harten  Zeiten  des  Kiinigs  Matthias  der  unga- 
rischen Herrschaft  abgeneigt  war,  alles,  was  in  dieser  An- 
gelegenheit zu  prajudizieren  geeignet  war,  grofses  Aufsehen. 
Bereits  hatte  es    sich  Kasimir   von  Teschen    gefallen    lassen, 


Markgraf  Georgs  schlesische  Ainvartschaften.  379 

151.')  die  Belehnuug  mit  Troppau  von  Ungaru  unter  der 
Form  einer  Hauptmannschaft  in  dem  Lande  zu  empiangen. 
Jetzt  verlautete,  Markgraf  Georg  erhebe  von  neuem  An- 
sprilche  auch  auf  Glogau  und  habe  versprochen,  wenn  er 
dies  erlange,  der  Krone  Ungarn  dafur  den  Lehenseid  zu 
leisten.  Voller  Angst  sandten  die  Glogauer  Gesandten  nach 
Prag  und  tauschten  lol7  rait  den  bohmischen  Standen  ge- 
gen  Zusicherungen  thatkriiftigen  Beistandes  Gelobnisse  treuen 
Festhaltens  an  der  Krone  Bolimen  aus.  An  der  Glogauer 
Sache  waren  auch  die  beiden  schlesischen  Anwarter  auf 
die  (Jppelner  Erbschatt,  Kasiniir  von  Teschen  und  Friedrich 
von  Liegnitz,  nahe  beteiligt,  und  zwar  hatte  der  erstere, 
dessen  Verfahren  ja  lange  in  Glogau  geherrscht  batten,  und 
dem  das  Land  von  Wladyslaw  zugesichert  worden  war,  sich 
bereit  finden  lassen,  seine  Anspriiche  auf  Glogau  dem  Lieg- 
nitzer  Herzog  (wir  wissen  nicht  um  welchen  Preis)  zu  iiber- 
lassen,  Grund  genug  filr  beide  mit  dem  gefahrlichen  ein- 
flul'sreichen  Gegner  ein  giitliches  Ubereinkommen  zu  suclien. 
Georg  kam  ihnen  auf  halbem  Wege  entgegen.  Er  suchte 
eili'igst  verwandtschaftiiche  Bedingungen  mit  den  schlesischeu 
Fiirsten,  in  deren  Reihe  er  ja  einzutreten  beabsichtigte.  1518 
verlobt  er  seine  beiden  Sch western  Anna  und  Sophia,  die 
erstere  mit  Wenzel,  dem  Sohne  Kasimirs  von  Teschen,  die 
letztere  mit  dem  seit  1517  verwitweten  Friedrich  11.  von 
Liegnitz;  die  Verlobung  einer  dritten  Sch  wester  Georgs, 
Margareta,  mit  Herzog  Valentin  scheiterte  an  dem  schnell 
€rweckten  Widerwillen  der  Prinzessin  gegen  die  schwerlich 
mit  Unreclit  sehr  iibel  beleumundete  Personlichkeit  des 
wilsten  und  entnei;vten  Herzogs. 

Von  dieser  Zeit  an  fallen  die  Anspriiche  der  iibrigen 
schlesischen  Bewerber  um  die  Oppelner  Erbschaft  neben 
Markgraf  Georg  nicht  mehr  ernstlich  ins  Gewicht;  es  han- 
delt  sich  fortan  nur  noch  um  die  Hohe  der  Summe,  tiir 
Avelche  sie  abzulosen  sind.  Herr  Zdenko  Lew  von  Rozmital, 
den  seine  schlesischen  Verbiindeten  im  Stich  gelassen  batten, 
hatte  freilich  wohl  Grund  erziirnt  zu  sein,  und  er  riiohte 
sich  auch,  indem  er,  als  1520  der  Tod  des  treffhchen 
Bischofs  Johann  Turzo  den  Breslauer  Stuhl  erledigte,  die 
gesamte  bohmische  Partei  gegen  den  Plan  des  Markgrafen, 
seinem  damals  in  Eom  studierenden  erst  2ljahrigen  Bruder 
Johann  Albrecht  das  schlesische  Bistum  zu  verschaiFen,  in 
Harnisch  brachte,  und  zwar  mit  um  so  grofserem  Erfolge, 
als,  wie  gerade  damals  die  Verhaltnisse  lagen,  die  Abstiim- 
mung  und  Verwandtschaft  des  hohenzollernschen  Kandidaten 
diesera    anscheinend   mehr   gescbadet   als   genutzt   hat.      Das 


380  Viertcs  Bach.     Vicrter  Absclmitt. 

Domkapitel  turchtete  den  Polenkonig  zu  beleidigen,  wenn 
es  den  Bruder  des  deutschen  Hochmeister^f  Albrecht,  des 
Todleindes  der  Polen,  ziim  Bischof  wahlto,  und  audi  der 
andere  Bruder,  Markgraf  Georg,  war  damals  wegen  seiner 
Hinneigung  zu  Ungarn  namentlich  gerade  in  Breslau  einiger- 
mal'sen  in  ^lilskredit  gekonimen.  So  lenkten  sicli  nun 
schliefslieh  die  Stimmen  auf  einen  andern  Kandidaten,  den 
Breslauer  Domkustos  Jakob  von  Salza,  nicht  olme  dais  man 
ernstlich  gefurchtet  hatte,  das  damals  dem  Ilochmeister  Al- 
brecht  von  Preulsen  zuziehende  deutsche  Kriegsvolk  konne  etwas 
gegen  das  schlesische  Bischolsland  unternehmen,  wie  man 
denn  auch  urn  die  Verteidigungsfiihigkeit  der  bischoflicben 
Schlosser  und  Stadte  sich  besorgt  zeigt.  Diese  Besorgnisse 
haben  sich  bald  als  ungegrilndet  herausgestellt,  und  auch 
Papst  Leo  IX.,  der  selbst  ofFenbar  den  hohenzollernsclien 
Kandidaten  vorgezogen  haben  wiirde,  hat  den  Gewiihlten 
nach  einigem  Zogern  bestatigt.  Jakob  von  Salza,  ein  ge- 
schaftserfahrener,  king  und  mild  gesinnter  j\Iann  hat  dann 
bis  1539  den  bischoflicben  Stuhl  innegehabt,  und  eine  Wilr- 
digung  seiner  Regierung  mufs  einem  folgenden  Abschnitte, 
der  sich  mit  der  Geschichte  der  religiosen  Bewegung  be- 
schaftigen  wird,  vorbehalten  bleiben. 

Erlitt  nun  bei  dieser  Bischofswahl  die  Politik  des  Mark- 
gral'en  eine  gewisse  Niederlage,  so  schritt  sie  dagegen  nach 
anderen  Seiten  hin  siegreicher  vorwarts.  Mit  dem  miichtig- 
sten  schlesischen  Filrsten  Friedrich  II.  von  Liegnitz  -  Brieg^ 
seinem  Schwager,  tritt  Georg  in  ein  im  Laiil'e  der  Zeit 
immer  intimer  sich  gestaltendes  Freundschaftsverhaltnis. 
Friedrich  erhalt  jetzt  1518  das  Fiirstentum  Glogau  auf 
Lebenszeit,  und  1521  sehen  -wir  ihn  neben  Markgraf  Georg 
im  Auftrage  des  Konigs  von  Ungarn  in  Preufsen ,  um 
zwischen  dem  Polenkonig  und  ihrem  Schwager  resp.  Bruder^ 
dem  Hochmeister  Albrecht,  einen  Frieden  zu  ennitteln.  Von 
da  ruft  den  Markgrafen  nach  Schlesien  zuriick  die  Nach- 
richt  von  dem  Tode  des  Herzogs  Valentin  von  Ratibor,  dem 
sein  wiistes  Leben  einen  friihzeitigen  Tod  bereitet  hatte 
(1521,  13.  November).  Doch  ehe  er  noch  die  Erbschafts- 
angelegenheit  in  diesem  ihrem  neuen  Stadium  zu  ordnen  ver- 
mocht  hat,  sieht  er  sich  genotigt,  nach  Prag  zu  gehen,  wo 
die  Eidesleistung  des  Konigs  auf  die  bohmische  Verfassung 
und  zugleich  die  Kriinung  der  Konigin  Maria  mit  grofsera 
Pompe  gefeiert  wird,  und  hier  erscheinen  nun  die  neuen 
Verbiindeten  um  den  jungen  Konig  geschart,  die  schlesischen 
Herzoge  Kasimir,  Friedrich,  Markgraf  Georg,  der  deutsche 
Hochmeister  Albrecht,  der  dritte  Bruder,  der  gleichfalls   bei 


Vertrage  wegen  dor  Oppelner  Herrscliaft.  381 

Ludwig  hoch  angesehene  Markgraf  Kasirair,  sie  alle  zugleich 
die  Hauptstiltzen  der  deutschen,  fllr  die  habsburgische  Erb- 
folge  eintretenden  Partei. 

Auch  Karl  von  Miinsterberg  halt  sicli  zu  iluien.  Mit 
den  iibrigen  Anwartern  auf  Oppeln  gelangt  der  Markgraf 
hier  in  Prag  zu  entgiiltigen  Abfindungsvertragen.  Selbst 
Lew  von  Rozmital,  der  von  seinen  schlesischen  Bundes- 
genossen  im  Stich  gelassen,  allein  seine  Ansprilche  auf 
Oppeln-Ratibor,  welches  Fiirstentum  ihm  Konig  AYladyslaw 
nach  dem  Ableben  Herzog  Johanns  „geschenkt"  habe,  ver- 
folgt  und  dafur  noeh  Ende  1521  die  Unterstiitzung  der 
Breslauer  in  Anspruch  nimnit,  besinnt  sich  jetzt  eines  Bes- 
seren  und  erklart  sich  im  April  1522  gegeniiber  den  Her- 
zogen  Kasimir  von  Tescheu  und  Friedrich  von  Liegnitz 
bereit,  fur  seine  Person  mit  dem  dritten  Teile  der  fiir  sie 
drei  von  Georg  zu  fordernden  40000  Goldgulden,  also  mit 
13  333  Goldgidden  zufrieden  zu  sein,  und  wahrend  Konig 
Ludwig  dem  Markgrafeu  nunmehr  „als  geschworener  Konig 
von  Bohmen"  seine  Zusicherungen  der  Uppelner  Erbschaft 
zugleich  mit  der  Versicherung ,  dafs  ihm  dabei  der  ]\Iangel 
der  Ansassigkeit  in  einem  der  bohmischen  Erblande  nicht 
schadlich  sein  solle,  erneuert,  erfolgen  dann  zu  Prag  am  2 .  Juni 
drei  wichtige  Abmachungen.  Zunachst  vertragen  sich  die  Her- 
zoge  Kasimir  von  Teschen  und  Friednch  von  Liegnitz  zu- 
gleich in  Vollmacht  Lews  von  Rozmital  mit  Markgraf  Georg 
dahin,  dafs  ihnen  insgesamt  der  letztere  40  000  Goldgulden 
als  Abfindmig  ihrer  Anspriiche  auf  Oppeln  -  Ratibor  ver- 
spricht,  zalilbar  binuen  drei  Jahren  nach  dem  Ableben 
Herzog  Johanns  von  Oppeln  und  unter  der  Voraussetzung, 
dafs  der  Markgraf  -wirklich  in  den  Besitz  der  Herzogtilmer 
komme. 

Die  anderen  beiden  Vertrage  von  demselben  Tage  ent- 
halten  dann  besondere  Vergiinstigvingen  des  Markgrafen  filr 
seinen  Sch wager  Friedrich  von  Liegnitz.  Er  verpiliclitet 
sich  zunachst  und  zwar  zugleich  mit  seinem  Bruder  Ka- 
simir*, falls  ihm  die  Oppelner  Erbschaft  zufiele,  die  Gebiete 
von  Kj-euzburg  -  Pitschen ,  welche  einst  im  "Wege  einer  Ver- 
pfandung  von  Brieg  an  Oppeln  gekommen,  ohne  Anspruch 
auf  Erstattung  der  Pfandsumme  zurilckzugeben.  Aufserdem 
aber  versprechen  dieselben  Fiirsten  zugleich  in  Vollmacht 
ihi-es  Bruders  Johann  fiir  den  Fall,  dafs  der  Stamm  der 
drei  Markgrafen  ohne  mannliche  Erben  ausginge,  dem  Her- 
zog Friedrich  und  seinen  Erben  die  Nachfolge  in  Oppeln- 
Ratibor,  allerdiugs  gegen  die  Zusage,  dafs  dann  auch  ander- 
" salts   bei   einem   etwaio-en   Erloschen   des   Mannsstamms   der 


382  Viertos  Bach.     Viertcr  Abscliuitt. 

Piasten  vou  Liegnitz-Brieg  deren  Lande  an  die  iMarkgraten 
uiid  deren  Nachkoinmen  fallen  sollten. 

Kunig  Ludwig  war  mit  deni  alien  vollkommen  einver- 
standen,  er  erscheint  gerade  damals  ganz  unter  deni  Ein- 
fiusse  des  Markgraf'en  und  seiner  Partei,  in  der  er  ein  er- 
Aviinschtes  Gegengewicht  erblickt_  gegen  die  bohmischen 
]\Iagnaten ,  deren  oligarchischer  Ubermut  doch  audi  in 
Bohmen  selbst  vielfacb  mifsliebig  geworden  war.  Als  jene 
biihmischen  Herren  unter  einander  haderten,  wer  von  ibnen 
bei  der  Kronungszeremunie  die  Kroninsignien  tragen  sollte, 
als  ob  sie  allein  dariiber  zu  entscheiden  hiitten,  rafftc  sicli 
der  junge  Konig  zu  dem  kiihnen  Entschlusse  auf,  sie  alle- 
samt  auszuscbliersen.  Die  Krone  auf  dem  Haupte,  das 
Scepter  in  der  einen,  den  Reichsapfel  in  der  anderen  Hand, 
schritt  er  nach  deni  Dome;  nur  Markgraf  Georg  durfte  da* 
Reichsschwert  vortragen. 

Man  kann  sich  vorstellen,  wie  solche  Vorkonnnnisse  dem 
Hasse  der  bohmischen  Grofsen  gegen  „die  Deutschen",  d.  h. 
die  Partei  des  Markgrafen,  neue  Nahrung  gaben,  und  es 
war  ihnen  sicher  erwiinscht,  dais  der  Konig  kurze  Zeit 
nach  der  Kronung  denselben  nach  Schlesien  sandte,  um  die 
dort  ernstlich  gestorte  Ordnung  wiederherzustellen. 

Die  Polerei  in  Schweidnitz. 

In  Schlesien  uamlich  batten  bereits  seit  1511  Fiirstcn 
und  Stiinde  darauf  hingewirkt,  der  schadlichen  MiinzverAvir- 
rung  durch  eine  einheitliche  Regulierung  zu  steuern  und  es 
nun  audi  bei  dem  Konige  durchgesetzt,  dafs  in  den  Jahren 
1519  und  1520  konigliche  Edikte  einen  gemeinsamen  Milnz- 
ful's  fur  das  ganze  Land  festsetzten.  Gegen  diese  setzten 
sich  nun  aber  ganz  besonders  die  SchAveidnitzer,  Avelche  seit 
alten  Zeiten  eine  eigene  Miinzgerechtigkeit  besalsen,  und  so- 
wi.'it  man  diese  verAvickelten  Verhiiltnisse  iibersehen  kann, 
scheint  alles  darauf  hinauszulaufen,  dais  die  Schweidnitzer 
ein  lebhaftes  Interesse  daran  batten,  ilire  alten  sclnvereren 
Groschen  beizubehalten,  deshalb,  weil  sie  durch  diese  ihre 
schwerei-  Avertige  Munze  diejenigen,  die  ihnen  Waren  zu- 
fiihrten,  notigten,  das  empiangene  Geld  gleich  wieder  in 
^^'aren  umzusetzen,  insofern  das  Geld  den  hoheren  Kurs 
nur  innerhalb  der  Mauern  von  SchAveidnitz  hatte.  Da  nun 
der  Hauptausfuhrartikel  hier  das  beriihmte  Schweidnitzer 
Bier  Avar  und  an  diesem  infolge  der  hier  besonders  ausge- 
bildeten  Sitte  des  Reihebrauens  eigenthch  die  ganze  Biirger- 
schaft  beteiligt  Avar,  so  Avar  der  Widerspruch  gegen  die  neuen 


Schweidiiitzer  iMihizhaiidel.  383 

Milnzedikte  ein  allgemeiner,  wenigstens  gerade  bei  den  Klein- 
biirgern  und  den  ZUnften,  wilhrend  die  grolseren  Kauf- 
herren  sich  den  sonstigen  Vorteilen  einheitlicher  Munzverhalt- 
nisse  weniger  verschlossen.  Der  alte  Gegensatz  zwischen 
Zunften  und  Patriziern,  der  Neid  der  Armeren  gegen  die 
Reichen,  die  nie  erloschenden  Bescliuldigungen  der  Biirger- 
schat't  gegen  die  regierenden  Herren  wegen  angeblicher 
parteiischer  und  eigennutziger  Handhabung  des  Regimentes 
traten  dazu.  Tuniultuarische  Aut'tritte,  sturmische  Beschul- 
digungen  vor  den  Schranken  des  Rates  fanden  die  regieren- 
den Herren  schwach,  und  es  mochte  diesen  ini  Grunde 
erwunscht  sein,  als  der  oberste  Hauptmann  in  Nieder- 
sehlesien  Herzog  Friedrich  von  Liegnitz  eine  Anzahl  von 
Ratslierren  und  Patriziern  mit  dem  Stadtschreiber  nach 
Liegnitz  citierte  und  diese^  zunilchst  ohne  Angabe  bestimmter 
Grunde,  an  der  Ruckkehr  nach  Schweidnitz  verhinderte. 

In  der  Stadt  aber  hiefs  es,  die  35  seien  aus  Schweidnitz  bos- 
wiUig  entwichen  und  batten  ofFentliche  Gelder  mitgenommen, 
der  Pobel  vergriff  sich  jetzt  an  ihren  Hausern,  plunderte  und 
demolierte  allda,  ohne  'selbst  des  konighchen  Schlosses  zu 
schonen,  in  dem  der  Verhafsteste  von  alien,  der  konigliche 
Miinzmeister  Paul  Monau,  selbst  ein  Schweidnitzer  Patrizier, 
seine  Mlinzstatte  hatte. 

Nach  seineni  Vornamen  hatte  man  die  von  ihni  ge- 
priigten  minderwertigen  Groschen  „  Polichen "  getaul't ,  und 
der  ganze  Auf stand  hat  den  Namen  der  Polerei  be- 
halten. 

Das  Schlimmste  an  der  Sache  war  vielleicht,  dais  auch 
hier  politisch  -  nationale  Motive  hineinspielten.  Die  Bcihmen 
argwohnten  fortwahrend,  es  sei  eine  endgultige  Verkniipt'ung 
Schlesiens  mit  Ungarn  zum  Schaden  der  bohmischen  Krone 
im  Werke,  und  dais  dann  1520  der  Bischof  von  Raab  als 
koniglicher  Kommissar  zur  Beilegung  der  Munzwirren  nach 
Schlesien  geschickt  ward,  reichte  bin,  um  sie  in  der  ganzen 
Sache  eine  ungarische  Intrigue  sehen  zu  lassen.  Olmehin 
hielten  sic  die  tonangebenden  schlesischen  Fursten,  Herzog 
Kasimir,  der  ja  Troppau  als  ungarisches  Lelien  besal's,  den 
Markgrafen  Georg  und  dessen  ihm  eng  verbundenen  Schwa- 
ger  Herzog  Friedrich  fur  entschieden  ungarisch  gesinnt. 
1521  erkliirte  der  bohmische  Landtag  den  Schweidnitzer 
jVIiinzmeister  als  unter  seinem  Schutze  stehend  und  ersuchte 
den  Konig,  denselben  nicht  fiirder  von  Ungarn  aus  kon- 
ti-ollieren  zu  lassen.  Auch  der  Adel  der  beiden  Filrsten- 
tiimer  Schweidnitz  und  Jauor,  welcher  seit  alten  Zcitcn  sich 
immer  besonders  eng  an  Bohmen  angeschlossen ,    schien  den 


384  Viertes  Buch.     ^'iel•ter  Abschnitt. 

Miinzedikten  feindlich  zu  seiii.  Natiirlich  machte  die  Kennt- 
nis  dieser  Gregensatze  die  Aufstandischen  von  Schweidnitz 
nur  noch  mutiger  und  um  so  weniger  geneigt,  den  zur  Bei- 
legiing  des  Streites  durch  den  Hauptraann  von  Nieder- 
schlesien,  Herzog  Friedrich  von  Liegnitz,  erlasseuen  Man- 
daten  zu  gehorsamen.  Warf  man  doch  dem  letzteren  vor,  er 
habe  sich  durch  Geschenke  des  Rats,  vor  allem  ein  wert- 
volles  Gescliiitz,  bestechen  lasseu.  Eine  Gesandtschaft  der 
Biirgerschaft,  mehr  als  70  Personeu  stark,  trug  schliefslich 
die  mannigtaltigen  Beschwerden  derselben  iiber  ihren  Rat 
gen  Prag,  ohne  jedoch  trotz  der  mitgenommenen  Gesclienke 
von  dem  Konige  giinstigen  EntScheid  zu  eriangen. 

^Markgraf  Georg  aber,  der  zur  Schlichtung  dieser  Handel 
vom  Konig  beauftragt,  ini  Juli  1522  in  Schlesien  eintrat', 
land  den  Aufruhr  in  hellen  Flammen  und  die  Schweidnitzer 
revolutionare  Biirgerschaft  in  oifenem  Kriege  mit  dem  Landes- 
hauptmann,  dem  Liegnitzer  Herzog,  dessen  Bericht  nun 
auch  natiirlich  den  koniglichen  Bevollmjichtigten  nicht  eben 
zugunsten  der  Aufstandischen  stimmen  mochte.  Auf  dessen 
Ladung  erschienen  65  Schweidnitaer  zur  Fiihrung  ihrer 
Sache  zu  Breslau,  die  dann  vor  den  Abgesandten  der  Her- 
zoge  von  Liegnitz  und  Milnsterberg,  des  Bischofs  und  Yer- 
tretern  der  Stadt  Breslau,  die  unter  dem  Vorsitze  des  ]Mark- 
grafen  tagten,  ihm  Anklagen  gegen  ihren  Rat  vorbringen  und 
beweisen  sollten.  Doch  gelang  ihnen  das  nicht,  vielmehr 
wurden  sie  angemafster  Gewalt  und  \'ielt"acher  Ungesetzlich- 
keiten  schuldig  gefunden  und  samtlich  ins  Getangnis  ge- 
worfeu. 

Von  diesen  wurden  17  aul'  den  Tod  angeklagt,  und  cs 
drohte  ihnen  bereits  die  Hinrichtung,  als  die  Breslauer  eine 
Vermittelung  versuchten.  Zwar  wies  der  Markgraf  das 
Begehren  der  Schweidnitzer,  dafs  das  ganze  Verfahren  sistiert 
werden  raoge,  bis  sie  vier  Abgesandte,  denen  er  freies  Geleit 
„  vor  Gewalt  und  fiecht "  zusichern  solle ,  zur  A'erteidigung 
ihrer  Landsleute  gesandt  hatten,  ab,  doch  gab  er  der  Ver- 
Avendung  des  Breslauer  Rates  soviel  nach,  dais  er  noch  zwei 
Tage,  den  9.  und  10.  Juli  (1522),  Frist  geben  wolle,  und 
wenn  die  Schweidnitzer  sich  indessen  unterwiirfen,  Gnade 
walten  zu  lassen  sich  bereit  erklitrte,  sonst  mlisse  dem  Rechte 
sein  Lauf  bleiben. 

Eiligst  schrieben  die  Gefangenen  selbst  und  baten  die 
Schweidnitzer  nachzugeben,  und  auch  die  Breslauer  thaten 
dies  in  dringendster  Form,  und  Rate  des  Markgrafen  reisten 
eiUg  nach  Schweidnitz,  um  noch  personlich  einzuwirken. 
Doch  die  Schweidnitzer,  immer  noch  auf  die  Zusicherungen 


Exekutiou  gegcu  die  Schweidnitzer.  385 

auswartiger  Hilt'e  pochendj  wollten  von  keiner  Unterwerfung 
horen  und  konnten  nur  mit  Mulie  durch  die  noch  zuriick- 
gebliebenen  Ratsherren  abgehalten  werden,  die  Gesandteii 
des  Markgrafen  als  Geifseln  I'lir  ilire  in  Breslau  gefangen 
gesetzten  Landsleute  gleichfalls  festzabalten.  Als  Georg  aber 
von  der  halsstarrigen  Gesinnung  der  Schweidnitzer  horte, 
bescblofs  auch  er,  ernster  vorzugehen.  Nachdem  er  die 
eigentlichen  Radelsfilhrer,  sechs  an  der  Zahl,  ermittelt  hatte, 
brachte  er  gegen  diese  die  Folter  zur  Anwendung,  um  von 
ihnen  Gestandnisse  namentlich  liber  ihre  Verbindungen  nach 
aufsen  bin  mit  dem  Adel  der  Furstentiimer  Scbweidnitz- 
Jauer  resp.  den  Bohmen  zu  erpressen. 

Es  war  erklarlicb,  dais  die  noch  in  Breslau  verweilen- 
den  Schweidnitzer  bei  dem  Gedanken,  welchen  Stunn  die 
Nachricht  von  diesem  scharfen  Vorgehen  in  ihrer  Vaterstadt 
erregen  werde,  in  Schrecken  gerieten,  und  dais  sie  alles 
aufboten,  um  den  Markgrafen  zu  grofserer  Milde  zu  stim- 
men.  Eine  Deputation  edler  Frauen  legte  Fiirbitte  ein, 
und  selbst  der  Bischof  verwendete  sich  fiir  die  Delinquenten. 
Wii'klich  ist  der  Markgraf,  wie  es  den  Anschein  hat,  schliefs- 
lich  doch  geneigt  gewesen,  alien  Pardon  zu  gewahren,  doch 
fiigte  er  sich  der  Meinung  seines  Schwagers,  des  Liegnitzer 
Herzogs,  dafs  an  einigen  ein  Exempel  statuiert  werden 
miisse,  und  so  wurden  von  den  sechs  die  drei  Schuldigsten, 
zwei  Kxetschmer  und  ein  Tuchmacher,  von  denen  einer, 
Kunz  Giinther,  sein  Kretschamhaus  zum  bestandigen  Sammel- 
platze  der  Aufstandischen  hergegeben  hatte,  am  18.  Juh 
1522  zu  Breslau  au.f  dem  Ringe;  auf  dem  Platze,  wo  nach- 
mals  die  Wage  gestanden  hat,  enthauptet,  die  anderen  drei 
aber  begnadigt. 

Aber  als  dann  der  Markgraf  bis  in  die  Nahe  von 
Schweidnitz  heranrilckte,  um  die  Aufstandischen  mit  Waffen- 
gewalt  zu  unterwerfen,  riisteten  diese  sich  zur  Gegenwehr, 
und  da  die  bohmischen  Stande  alles  Ernstes  zum  Entsatze 
der  Stadt  Truppen  sammelten,  ja  sogar  einzelne  Herren  mit 
ihren  Gewaffiieten  bereits  heranzogen,  auch  die  Edelleute 
der  Fiu'stentilmer  Schweidnitz  -  Jauer  die  Stadt  ermutigten, 
so  schien  es  hier  zu  ernsten  Auftritten  kommen  zu  sollen; 
doch  plotzUch  rief  ein  Befehl  des  Konigs  den  Markgrafen 
ab,  nicht  ohne  ihn  wegen  der  angewandten  Strenge  zu 
tadeln.  Mit  Jubel  sahen  die  Schweidnitzer  ihre  Dranger  von 
der  Anhohe  von  Weizenrode  abziehen.  Die  Streitsache  aber 
ward  noch  lange  hingeschleppt ;  die  Schweidnitzer,  geuotigt, 
die  emigrierten  Patrizier  aufzunehmen,  rachten  sich  dafiir 
durch  Beschimpfungen  und  Ehi'enkrankungen  aller  Art,  wo- 

Grunhagen,  Gescb.  Schlesiens.    I.  *& 


386  Viertes  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

iiiit  sie  dieselben  emplingeu.  Schliefslich  ward  der  Stadt  das 
Recht  der  Ratswahl  genommen  und  auf  den  Landeshaiipt- 
mann  des  Furstentums  iibertragen,  aber  Prasentationen  sei- 
tens  der  Burgerschaft  unter  Teihiahme  der  Ziintte  zuge- 
lassen.  In  der  Munzfi'age  scheint  man  eine  sti'ikte  Aust'uh- 
rung  der  allgenieinen  Edikte  stillschweigend  uachgelassen 
zu  haben. 

Jene  Abberufung  des  ]\Iarkgrat'en  bedeutete  nnzweifelliaft 
einen  Sieg,  den  die  bohmischen  Herren,  die  Abwesenheit 
ihres  gefiirchteten  Gegners  zu  einera  Drucke  auf  den  schwa- 
chen  Konig  schlau  benutzend,  davon  getragen  batten.  Es 
war  ilmen  dabei  manclierlei  zuhilfe  gekonimen.  Konig 
Sigismund  von  Polen  batte  bei  seinem  NefFen  Ludwig  ernst- 
licli  liber  die  Gunst  geklagt,  die  der  letztere  dem  Todfeinde 
der  Polen,  dem  deutschen  Hochmeister  und  dessen  Ver- 
wandten  erweise,  und  ihn  ermahnt,  sich  lieber  dem  Rate 
seiner  eigenen  Unterthanen  zu  fligen  und  solche  sich  zu 
Ratgebern  zu  wahlen ;  er  hatte  auch  aus  finanziellen  Griinden 
dringend  empl'ohlen,  die  Herzogtiimer  Oppeln  -  Ratibor  der 
Krone  zu  erhalten  und  endhch  auch  gegen  die  Miinzedikte 
protestiert,  die  zur  Folge  batten,  dafs  sein  Land  von  den 
neuen  schlesischen  Mlxnzen  ilberschwemnit  werde.  Das  alles 
war  nicht  ohne  Eindruck  auf  den  jungen  Konig  geblieben, 
und  es  war  dann  Herrn  Lew  von  Rozmital  und  seinen  Ge- 
nossen  nicht  schwer  geworden,  das  energische  Auitreten 
Georgs  gegenliber  den  Schweidnitzern  in  gehlissigem  Lichte 
darzustellen  und  so  den  Konig  zu  jener  Zuriickberufung  des 
Markgrafen  zu  bewegen. 

Natiirlich  beeilte  man  sich,  den  Sieg  mm  auch  weiter 
auszunutzen,  und  wie  es  scheint,  nahm  man  daraus,  dafs 
die  Schlesier  auf  Grund  ihres  grofsen  Landesprivilegiums 
von  1498  sich  weigerten,  einer  Ladung  in  der  Munzange- 
legenheit  nach  Prag  bin  zu  folgen,  Veranlassung,  dera  Ko- 
nige  das  Prajudizierhche  dieses  Privilegs  eindriiiglich  vor- 
zustellen;  ja  es  liegt  uns  sogar  eine  in  bolnnischer  Sprache 
geschriebene  Urkunde  eben  aus  der  in  Rede  stehenden  Zeit 
(datiert  1522,  18.  September)  vor,  durch  welche  Konig  Ludwig 
jenes  grofse  Privileg  fur  hinterlistig  erschhchen  erklart  und 
als  den  Freiheiten  der  Krone  Bohmen  schadhch  annuUiert. 
Doch  ist  das  AnnulHerungs  -  Dokument  einerseits  ganz  wir- 
kungslos  gebheben,  anderseits  erregt  die  Form,  in  der  es 
allein  erhahen  ist,  solche  Bedenken,  dafs  wir  guten  Grand 
haben,  an  der  Echtheit  dieser  Urkunde  zu  zweitisln.  Wenig- 
stens  ist  dieselbe  niemals  rechtskraftig  geworden. 

Auch    bezUglich    der    Anwartschaft    auf   Oppeln    suchte 


Markgraf  Georg  in  den  Piager  Parteikiimpfeu.  387 

man  jetzt  den  Planen  cles  Markgrafen  einen  Kiegcl  vor- 
zuschieben,  insofern  die  bohmisclie  Magnatenpartei  damals 
unter  dem  29.  Oktober  von  dem  Konige  eine  Bestatigung 
jenes  die  Privilegien  der  bohmiscben  Krone  in  so  exklusiver 
Form  bekraftigenden  Reverses  WladysJaws  vom  11.  Januar 
1510  erlangte  mit  dem  Zusatze,  dais  auch  die  Fiirstentiimer 
Oppeln-Eatibor  bei  dem  Tode  des  jetzigen  Inhabers  nicht 
an  jemand  anders  vergeben  werden,  sondern  an  die  Krone 
Bobmen  fallen  und  alle  eufgegenstebenden  Urkunden  nicbtig 
sein  sollten. 

Docli  der  Triumpb  der  bohmiscben  Magnatenpartei  sollte 
niebt  lange  dauern.  Sie  batte  im  Lande  selbst,  in  den 
Stadten,  ja  sogar  unter  dem  Adel  zablreiche  Gegner,  und 
aucb  die  junge  Konigin  ertrug*  nur  scbwer  die  Abbangig- 
keit,  in  der  diese  Grofsen  ibren  Gemabl  von  sicb  bielten. 
Als  der  Konig  im  Anfange  des  Jabres  1523  sicb  soweit 
aufraffte,  urn  die  Einberufungsscbreiben  der  Herren  vom 
Landtage  selbst  abzulassen,  zeigte  es  sicb,  wie  wenig  Lew 
von  Rozmital  und  die  Seinigen  das  Land  binter  sicb  batten. 
Der  neue  Landtag  lafst  sicb  geneigt  linden,  den  finanziellen 
Bedrangnissen  abzubelfen  und  verlangt  anderseits  von  dem 
Oberstburggrafen  Recbnungslegung  tiber  seine  Verwaltung. 
Die  czecbiscbe  Magnatenpartei  wird  gestiirzt  und  1523  in 
der  Person  des  Herzogs  Karl  von  Mlinsterberg,  der  ja  als 
Enkel  Georg  Podiebrads  aucb  bei  den  Bobmen  in  bobem 
Anseben  stebt,  ein  neuer  Oberbauptmann  des  Konigreicbs 
und  Stellvertreter  des  Konigs  eingesetzt. 

Markgraf  Georg,  der  in  der  Zeit,  wo  seine  Feinde  in 
Prag  die  Oberband  batten ,  von  Kaiser  Karl  V.  sicb  eine 
Bestatigung  seiner  Ansprilcbe  aul  Oppeln-Eatibor  ausgewirkt 
batte,  vermocbte  nun  aus  der  Wendung  der  Dinge  sogleicb 
grolsen  Vorteil  zu  zieben.  Der  neue  Landtag  von  1523, 
die  Bescblusse  von  1522  vollkommen  mit  Stillscbweigen 
iibergebend,  erkliirte  sicb  ausdriicklicb  in  alien  drei  Standen 
damit  einverstanden,  dafs,  den  Zusagen  des  Konigs  ent- 
sprecbend,  der  Markgraf  in  den  Fiirstentumern  Oppeln- 
Eatibor  als  Lebensmann  der  bobmischen  Krone  succediere, 
und  das  Fiillborn  der  konigbcben  Gnade  ergofs  sicb  wieder 
reicber  als  zuvor  liber  den  begiinstigten  Verwandten  und 
Freund  des  jungen  Herrscbers.  Ludwig  bestiitigt  jetzt  die 
Abiindungen  der  anderen  Anwarter,  sicbert  dem  Markgrafen, 
urn  seiner  treuen  Dienste  willen,  bis  derselbe  in  den  Besitz 
jener  Fiirstentumer  komme,  jabrlicb  2000  ungariscbe  Gul- 
den aus  dem  konigbcben  Scbatze  zu,  und  beurkundet 
ibm    die    erfolgte    Anerkennung    seiner    Ansprlicbe    durcb 

25* 


38!S  Viei*t,es  Buch.     Vierter  Abschnitt. 

die  bohmischen  Stande,  desgleichen  die  IJberlassung  von 
Schlofs  und  Stadt  Oderberg  an  den  ^Markgrafen  durch  Jo- 
hann  von  Oppeln,  verbunden  mit  der  Befugnis,  sicli  nun 
Herzog  in  Schlesieu  und  zu  Ratibor  zu  nennen.  Und  als 
daun  Georg  in  demselben  Jahre  von  Georg  von  Schellen- 
berg  das  Herzogtum  Jagerndorf  rait  den  Stadten  Jagern- 
dorf",  Leobschiitz,  Bennisch,  Bauerwitz,  dem  Schlosse  Loben- 
stein  etc.  zu  einem  rechteu  erkaufliclien  Erbeigenturae  er- 
wirbt,  bestatigt  das  der  Konig  nicht  nur,  sondern  tritt  ihm 
noch  zur  Erganzung  die  koniglichen  Anrechte  aut'  die 
Herrschait  Freudenthal  nebst  Zubehor  ab ;  erlaubt  auch  ihra 
und  seinen  Briideru  sowie  deren  Nachkommen  Giiter  in 
Schlesien  zu  kauten  und  damit  nach  Gefallen  zu  thun  und 
zu  lassen.  Endlich  gestattet  dann  der  Konig  dem  Mark- 
grafen  noch  1526,  nach  dem  Tode  Johauns  von  Oppeln  das 
von  diesem  an  Johann  von  Zierotin  verpfandete  Schlofs 
Neudeck  mit  der  Stadt  Beuthen  in  Oberschlesien  wieder 
einzulosen. 

Und  immer  weiter  spann  der  Unermildliche  seine  Faden. 
1525  schritt  er  nach  16jahrigem  Witwenstande  zur  zweiten 
Ehe  mit  dem  jungen  Tochterlein  des  Herzogs  Karl  von 
Miinsterberg,  begehrend,  wie  es  in  der  Vertragsurkunde 
dar liber  heilst,  nicht  Geld  und  Gut,  sondern  Liebe  und 
Freundschalt,  so  dafs  auch  Karl  jetzt  ihm  noch  naher  trat. 
Aus  dem  Kreise  der  eug  verbundenen  schlesischen  Flirsten 
ging  auch  der  tblgenreiche  Gedanke  hervor,  die  Ver- 
wickelungen,  welche  zAvischeu  des  Markgrafen  Bruder  Al- 
brecht  und  Polen  noch  immer  schwebten,  dadurch  zu  losen, 
dafs  man  aus  dem  Ordenslande  eiu  weltliches  Herzogtum 
machte,  das  Albrecht  dann  von  Konig  Sigismund  als  Lehu 
empfangen  konnte;  eine  Losung,  ganz  erwachsen  auf  dem 
Boden  der  neuen  Ideenrichtung,  der  Georg  wie  sein  Schwa- 
ger  Friedrich  von  Liegnitz  mit  grofsem  Eifer  sich  zuge- 
wendet  hatteu.  Die  beiden  letzteren  unterhandelten  zu 
Krakau  ilber  diesen  Plan  mit  dem  Polenkonig,  wahrend 
Albrecht  zuerst  in  seines  Schwagers  Stadten  Brieg  resp. 
Ki-euzburg,  zuletzt,  um  Ki-akau  noch  naher  zu  sein,  in  dem 
damals  noch  zu  Oppeln  gehorigen  Beuthen  verweilte,  des 
Resultates  harrend,  das  dann,  giinstig  ausfallend,  so  gewal- 
tige  Folgen  nach  sich  ziehen  sollte. 

Wahi'Hch  in  einem  Mafse  wie  seiten  ein  HohenzoUer  vor 
ihm  hat  dieser  Enkel  von  Albrecht  Achilles  fiir  die  kiinf- 
tige  Grofse  seines  Hauses  gearbeitet,  Samenkoruer  gestreut, 
die  einst  ungeahnte  Friichte  tragen  sollten,-i,und  zwar  fiir  das 
Kmhaus  Brandenburg,    dessen  Eegent,   Joachim  I.,   damals 


Xeue  Gunst  des  Markgrafen.     Ludwigs  Tod.  389 

sich  feincllich  von  jener  jiingeren  Linie  abwand-te^  um  der 
neuen  Ideen  willen,  die  bei  dieser  herrschend  geworden 
waren. 

Im  Jahre  1526  begleitete  Georg  seinen  Konig  zum 
Feldzuge  gegen  die  Turken,  auf  welchem  bekanntlich  die 
iSchlacht  bei  Mohacz  am  29.  August  dem  jungen  Leben 
Ludwigs  ein  Eiide  machte.  Der  schlesische  Ritter  Uli-ich 
Zettritz  von  Lorzendorf  und  der  Ungar  Stephan  Acil  waren 
die  beiden  einzigen  Begleiter  des  Konigs  auf  dem  Ritte 
nach  dem  Verluste  der  Schlacbt  vom  Schlachtfeld,  und  Uh-ich 
allein  vermochte  sich  aus  dem  sumpfigen  und  angeschwol- 
lenen  Bache  zu  retten,  in  welchen  den  Konig  die  Schwei-e 
seiner  Rilstung  hinabzog.  Auch  flir  Schlesien  fuhrte  der 
frilhe  Tod  Ludwigs,  der  den  Habsburgern  den  Weg  zu  den 
Thronen  Ungarns  und  Bohmens  ebnete,  eine  neue  Epoche 
herauf. 


Fiinfter  Abschnitt. 

Kultui'historisclier  Ruckbliek.  Nationalitat.  Handel 
und  Industrie.  Bergbau.  Kalamitilten,  Epidemieeu, 
Briinde.  Sitten,  religiose  Oesinnung.  Wissenschaftliche 
Bildunff.    Plan  einer  Bresiauer  Universitat.     Kiinste. 


Die  Geschichte  Schlesiens  ist  im  wesentliehen  die  seiner 
Germanisation.  Diese  Geschiclite  beginnt  mit  dem  Zeit- 
pmikte ,  wo  die  machtige  Vermittelung  Kaiser  Friedrich 
Barbarosssas  1163  zwei  pohiische  Herzogtiimer  an  der  oberen 
Oder  uuter  dem  Scepter  zweier  in  Deutschland  erzogenen 
und  gebildeten  piastischen  Fiirstensohne  in  gewisser  Selb- 
standigkeit  hinstellt  Nach  diesen  ergiefst  sich  dann  bald 
ein  machtiger  Strom  deutscher  Einwanderung,  wjihrend  zu- 
gleich  auch  an  den  schlesischen  Flirstenhofen  durch  deutsche 
Prinzessinnen^  um  die  sich  bald  ein  Getblge  von  Westen 
her  eingewanderter  Adelsfamilien  schart,  deutsche  Sprache 
und  deutsche  Sitte  zur  ausschliefslichen  Herrschaft  kommt, 
die  auch  der  eingeborene  Adel  sich  anzueignen  eifrig  be- 
strebt  ii-t.  Jene  deutsche  Kolonisation  erfiillt  bakl  das  Land 
in  seiner  ganzen  Ausdehnung.     Uberall  grilndet  sich  in  den 


81)1)  Viertos  Buch.     Fiiutter  Abschuitt. 

Stiicltcn  das  Biirgertum  auf  deutscher  Grundlage,  und  auch 
deutschc  Dorfanlagen  entstchen  jiufserst  zahlreich  selbst  in 
den  entlcgenen  Teilen  Oberschlesiens.  Milchtig  dringt  das 
deutsche  Element  auch  ilber  die  Grcnze  Schlesiens  vor.  In 
Ki'akau  ist  bereits  am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  die  Kaut- 
mannschaft  und  dei'  grofste  Toil  der  Ziinfte  deutsch,  in 
Sendomir  selbst  herrschen  deutsche  Gesetze.  Doch  die  Ver- 
suche,  auf  die  Dauer  Ki'akau  unter  das  Scepter  der  schle- 
sischen  Fiirsten  zu  bringen,  scheitern  einer  nach  dem  audcrn. 
Der  Adel  Kleinpolens ,  unterstlltzt  von  der  entschieden 
deutschfeindlichen  Geistlichkeit ,  triigt  liber  das  deutsch- 
gesinnte  Biirgertum  den  Sieg  davon,  und  nach  der  Nieder- 
werfung  des  letzten  nationalen  Aufstandes  in  Krakau  wird 
131 2  die  deutsche  Sprache  aus  den  Aufzeichnungen  des 
dortigen  Rats  verbannt,  die  Germanisation  fand  ihre  Schranke 
an  den  Grenzen  Schlesiens.  Innerhalb  derselben  war  ihr 
noch  fast  ein  Jahrhundert  ungestorten  Fortschreitens  ge- 
gonnt.  Das  in  immer  mehr  Teilturstentiimer  zerstlickte 
Land  sucht  und  findet  gegenliber  dem  neu  erstarkten  Polen 
Schutz  und  Schirm  in  dem  Anschlusse  an  Bohmen,  dessen 
neue  Herrscher,  die  Luxemburger,  von  jedem  Verdachte 
slavischer  Sympathieen  frei  sind.  Unter  Konig  Johann  und 
ganz  besonders  unter  der  segensreichen  Regierung  seines 
Sohnes  Karls  IV.  erscheint  Schlesien  durch  und  durch  als 
deutsches  Land,  und  die  schlesischen  Fiirsten,  die  ober- 
schlesischen  nicht  ausgeschlossen ,  geleiten  den  Kaiser  auf 
seinen  Reisen,  dienen  ihm  als  Diplomaten  und  Hofbeamte 
und  nehmen  regen  Anteil  an  den  Reichsangelegenheiten. 

Aber  bereits  unter  Karls  Sohne  Wenzel  wenden  sich  die 
Dinge.  In  Bohmen  erhebt  sich  eine  nationale  czechische 
Partei  unter  dem  Adel,  die  dann  in  diesem  Lande,  das 
bisher  als  dem  Deutschtum  gewonnen  angesehen  wurde,  die 
czechische  Sprache  zur  offiziellen  Landessprache  zu  erheben 
sich  bemilht.  Zum  Siege  verhilft  diesen  Bestrebuugen  die 
in  die  Massen  des  Volks  tief  eindringende  hussitische  Be- 
wegung,  die  ganz  bewnfst  zugleich  religios^  und  national 
wirkt,  und  die  nach  dem  Martyrertodc  des  Johann  IIus 
nur  noch  machtiger  emporflammt.  Zu  derselben  Zeit,  wo 
das  durch  die  Verbindung  mit  Littauen  gewaltig  gekraftigte 
Polen  in  vernichtendem  Schlage  die  Macht  des  einen  der 
deutschen  Vorlande  im  Osten,  des  Ordensstaates  Preufsen, 
niederwirft,  liegt  auch  das  andere  Bollwerk  des  Deutsch- 
tums,  Sclilesien,  in  seiner  Zersplitterung  fast  widerstandslos 
den  Raubziigen  der  hussitischen  Heerscharen  jahrelang  preis- 
gegeben,  ohne  Beistand  gelassen  von  dem  Deutschen  Reiche, 


Stillstand  der  Germanisatiou  in  Schlesien.  391. 

das  selbst  zur  Bekampfung  der  Hussiten  sicli  ohumachtig 
zeigt.  Die  bohmische  Krone,  bei  der  einst  die  Schlesier 
Schutz  und  Hilfe  gegen  Polen  gesucht,  ward  jetzt  selbst 
abhangig  von  einer  deutschfeindlichen  czechischen  Adels- 
versammlung,  die  neue  Gefahren  drohte. 

Als  nun  1458  aus  der  Wahl  dieser  czechischen  Adels- 
versammlung  ein  Vertreter  der  slavisch  und  hussitisch  ge- 
gesinnten  Partei,  Georg  von  Podiebrad ,  ^is  JT^nig  auf  den 
Schild  gehoben  wird,  ein  Mann,  der  nicht  einmal  der  deut- 
schen  Sprache  kundig  ist,  weigert  ihm  zuerst  fast  ganz 
Schlesien  Anerkennung,  bald  aber  liegt  die  Last  des  Wider- 
standes  allein  auf  den  Schultern  der  machtigen  Hauptstadt  Sclile- 
siens,  des  ausschliefslich  deutschen  Breslaus.  Der  ungleiche 
Kampf  zwischen  dem  machtigen  Konig  und  der  einzelnen 
Stadt  gewinnt  fiir  die  letztere  erst  irgendwelche  Chancen, 
als  nicht  nur  eine  Adelspartei  in  Bohmen,  sondern  auch  der 
eigene  Schwiegersohn  Georgs,  Matthias  Corvinus  von  Ungarn, 
gegen  jenen  die  Waifen  ergreift.  Der  Ungarkonig  siegt,  doch 
die  Breslauer  miissen  inne  werden,  dafs  sie  an  ihm  einen 
Schutz  ihrer  deutschen  Nationalitat  nicht  linden  konnen. 
Denn  vvahrend  er  mit  ganz  unerhorter  Gewaltsamkeit  und 
Riicksichtslosigkeit  die  Krafte  des  Landes  seinen  ehrgeizigen 
Planen  dienstbar  macht,  tragt  er  kein  Bedenken,  den  Schle- 
siern  als  obersten  Hauptmann  in  der  Person  Stephan  Za- 
polyas  einen  Mann  zu  setzen,  der  der  deutschen  Sprache 
vollkommen  unkundig  ist.  Selbst  die  Breslauer  sind  am 
Ende  hoch  erfreut,  als  sie  der  Tod  des  gewaltigen  Selbst- 
herrschers  Matthias  1491  unter  das  Scepter  Wladyslaws 
flihrt,  obwohl  dies  in  Sprofs  des  deutschleindUchen  Jagel- 
lonenstammes  war. 

Wir  vermogen  nun  allerdings  aus  dem  ganzen  15.  Jahr- 
hundert  kaum  eine  Mafsregel  anzufilhren,  welche  sich  als 
direkt  gegen  das  Deutschtum  gerichtet  bezeichnen  lafst, 
trotzdem  aber  ist  ein  Niedergang  des  deutschen  Wesens  in 
Schlesien  in  dieser  Zeit  ganz  unverkennbar.  Vor  allem 
zeigt  sich  dies  bei  der  landlichen  Bevolkerung  und  natiir- 
lich  am  deutlichsten  bei  dem  schon  immer  weniger  germani- 
sierten  Oberschlesien. 

Wenn  wir  im  Breslauer  Staatsarchiv  die  Ortsurkunden 
Oberschlesiens  durchmustern ,  linden  wir ,  wenigstens  im 
Fiirstentum  Oppeln,  ganz  regelmafsig  an  die  Stelle  der  zu- 
erst ausschliefslich  herrschenden  lateinischen  Sprache  im 
14.  Jahrhundert  die  deutsche  treten,  diese  aber  nun  von 
der  zweiten  Halfte  des  15.  Jahrhunderts  an  der  czechischen 
resp.    mahrischen   weichen,    welche   dann    bis    ins    17.  Jahr- 


892  Viertes  Buch.     Fiinfter  Abschuitt. 

himdert  hin  die  ausschliefsliche  Kanzleisprache  bleibt.  Die 
Urkunden  der  oberschlesischen  Kloster  bestiitigen  das  voU- 
kommen,  und  wir  erfahren  aus  ihnen,  dafs  gegen  Ende  des 
15.  Jahrhunderts  in  nachster  Nahe  von  Eatibor  auf  dem 
Lande  die  slaviscbe  Sprache  vorherrschte,  wie  denn  in  einem 
Prozesse  der  Fleischer  von  Ratibor  mit  dem  Stifte  Rauden 
viele  Zeugen  vom  Lande  sich  jener  iSprache  bedienen ,  die 
aus  der  Stadt  aber  der  deutsclien. 

In  den  Stadten  selbst,  auch  in  den  an  der  raahrischen 
Grenze  gelegenen  Jtigerudorf,  Leobschutz,  Freudenthal,  be- 
hauptet  das  Deutsche  seine  Herrschaft  noch  bis  gegen  das 
Ende  des  15.  Jahrhunderts;  in  den  Hauptstadten  Ober- 
schlesiens,  Oppehi  und  Eatibor,  beginnen  erst  in  der  Zeit 
von  1483  — 1490  Urkunden  in  bohmischer  Sprache,  im 
Fiirstentum  Troppau  dagegen  ist  in  den  oflfentHchen  Bii- 
chern  schon  von  1439  an  das  Czechisehe  herrschend.  Von 
dem  K^erus,  namentlich  der  Ordensgeisthchkeit,  zeigeu  die 
Sprache  der  Urkunden  sowie  die  uns  etwa  erhaltenen  Na- 
men  deutlich  genug  die  fortschreitende  Shivisierung  im 
Laufe  des  15.  Jahrhunderts.  Am  schnellsten  ist  dieselbe 
sicherHch  vor  sich  gegangen  bei  den  Ordensleuten ,  die  am 
meisten  mit  dem  niederen  Volke  in  Verbindung  standen, 
den  Minoriten,  von  denen  ja  ohnehin  die  oberschlesischen 
Kloster  zur  polnischen  Provinz  gehorten,  wiihrend  die  deut- 
schen  mittel-  und  niederschlesischen  Konvente  seit  dem 
13.  Jahrhundert  zur  sachsischen  Provinz  abgei'allen  wareu. 
Charakteristisch  ist  hier  nur,  dafs  gegen  Ende  des  15.  auch 
die  verschiedenen  ganz  deutschen  Konvente  der  Kustodieen 
Breslau  und  Goldberg  ornstliche  Anstrengungen  zu  machen 
batten,  um  den  Bestrebungen ,  auch  sie  der  polnischen  Pro- 
vinz anzuschhelsen ,  Widerstand  leisten  zu  ktinnen.  Aller- 
dings  wurden  die  groisen  sicher  fundierten  Stifter  im  llerzen 
Schlesiens  ,von  diesen  Bestrebungen  wenig  beriihrt.  Das 
1380  in  01s  gestiftete  Slavenkloster,  das  Ireilich  wegen 
des  Gebrauches  der  glagoliti!?chen  Schrif't  auch  den  hiesigen 
Slaven  als  exotisch  gel  ten  mochte,  ist  schnell  in  Verfall  ge- 
kommen. 

Sehr  eigentiimlich  wechselnd  scheinen  die  Verhiiltnisse 
nach  dieser  Eichtung  hin  bei  dem  Breslauer  Domkapitel  zu 
sein.  Wir  haben  an  friiherer  Stelle  kennen  gelernt,  wie 
stark  am  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  in  dieser  Korper- 
schaft  die  nationalen  Gegensatze  hervorgetreten  sind,  doch 
sahen  wir  auch,  wie  damals  das  deutsche  Element  den  Sieg 
behielt.  Dagegen  schon  um  die  ^Mitte  des  14.  Jahrhunderts 
ward  es  allerdings  durch  unmittelbares  Eingreilen  der  papst- 


Die  Geistlichkeit  uud  die  NatioualitiitentVage.  393 

lichen  Kurie  wiederum  moglich,  dafs  der  Kanzler  des  Konigs 
Kasimir,  Johann  Starzik,  ein  eitriger  Pole,  der  den  Absichten 
Earls  IV.  beziiglich  einer  Trennung  des  Bistums  Breslau 
von  Gnesen  besonders  energisch  entgegengearbeitet  hatte, 
Dechant  der  Breslauer  Kirclie  wurde  und  bis  an  seinen  Tod 
(1360)  blieb;  der  Breslauer  Rat  hat  dann  1369  das  Dom- 
kapitel  direkt  der  Konspiration  rait  dem  Polenkonige  be- 
schuldigt,  und  wenn  nachmals  in  der  Hussitenzeit,  wo  die 
nationale  Spannung  wieder  besonders  stark  war,  der  deutsch- 
gesinnte  Bischof  Konrad  1435  ein  Edikt  erliefs,  welches  den 
Polen  die  Breslauer  Dorapfriinden  erschlofs,  so  hatte  das 
die  gehoffte  Wirkung  schon  deshalb  nicht,  weil  der  Papst 
sich  nicht  daran  kehrte,  sondern  nach  wie  vor  Breslauer 
Kanonikate  auch  an  Polen  verlieh.  Wlihrend  des  grofsen 
schlesischen  Feldzugs  des  Konigs  Matthias  gegen  die  Polen 
von  1474  sollen,  wie  das  Bischof  Johann  IV.  selbst  anfiihrt, 
polnische  Mitglieder  des  Breslauer  Domkapitels  sich  ver- 
raterischer  Mitteilungen  an  den  Polenkonig  verdachtig  ge- 
macht  haben,  und  im  Hinblicke  gerade  hierauf  erklart  dann 
Bischof  Johann  IV.  Roth  1498,  in  dem  Breslauer  Dom- 
kapitel  solle  nur  e.ine  Sprache  und  eine  Sitte  herrschen,  die 
deutsche  namlich,  und  so  gut  wie  im  ganzen  Konigreiche 
Polen  in  die  dortigen  Kapitel  nirgends  Deutsche  zugelassen 
wiirden,  diirften  auch  in  die  Breslauer  Dompfriinden  Polen 
tortan  keinen  Zugang  mehr  finden.  Derselbe  Kirchenflirst 
gebietet  ja  auch  1495  den  Einwohnern  seines  Dorfes  Woitz 
bei  Ottmachau,  welche  unter  den  umliegenden  Dorfern  allein 
der  „fremden  polnischen  (richtiger  der  czechischen)  Sprache'* 
sich  bedienten,  innerhalb  filnf  Jahren  deutsch  zu  lerneu, 
wofern  sie  nicht  -aus  dem  Lande  getrieben  Averden  wollten. 

Dafs  aber  ira  allgemeinen  in  Oberschlesien ,  namentlich 
auf  dem  platten  Lande,  das  deutsche  Element  mehr  und 
mehr  vor  dem  slavischen  zurlickwich,  ist  sehr  erklarlich. 
Bereits  in  den  langen  Hussitenkampfen  waren  eine  iiberaus 
grofse  Zahl  von  landlichen  Besitzungen  wlist  geworden,  die 
Grebaude  niedergebrannt,  die  Bewohner  verdorben  oder  ge- 
storben;  und  wir  mogen  uns  erinnern,  dafs  im  Fiirstentum 
Breslau  noch  1443  fast  der  fiinffce  Teil  aller  landlichen  Hufen 
Wlist  lag.  Von  diesen  Wiistungen  sind  nun  in  Oberschlesien 
schwerlich  viele  wieder  mit  Deutschen  besetzt  worden,  das 
Zufliefsen  von  deutschen  Kolonisten  hatte  langst  aufgehort. 
Die  Regel  war,  dafs  der  Gutsherr  solche  wiiste  Hufen  ein- 
zog,  und  besetzte  er  sie  dann  wieder,  so  geschah  das  unter 
so  lastigen  Bedingungen,  dafs  ein  Deutscher  nicht  leicht  da- 
durch    sich    hatte    locken    lassen;    allerorten    kommt   ja    die 


by4  Vieites  Buch.     Fiinfter  Abschnitt. 

Bauernfreiheit  in  Verfall.  Der  Adel,  ohne  Kespekt  vor  den 
durch  Landerzersplittcrung  ohnmiichtigen ,  stets  mit  Geldnot 
kUnipfenden  Fiirsten,  herrschte  auf  seinen  Giitern  unuin- 
schriinkt  und  legte  den  Unterthanen  neue  Lasten  auf,  ohne 
dais  deren  Klagen  und  Beschwerden  Gehor  fanden.  Bei  den 
immer  erneuten  Fehden  und  Raubzugen  lagen  die  Bauern- 
hauser  jeder  Gevvaltthat  ofFen;  hochstens  die  Burg  des  Guts- 
herrn  konnte  Schutz  und  Zuflucht  gewilhren,  doch  natiirlich 
nur  urn  den  Preis  vollstiindiger  Unterwerfung  und  Dienst- 
barkeit.  Unter  solchen  Zustanden  mufstcn  die  deutschen 
Dorfanlagen  des  13.  Jahrhunderts  verkummern,  an  ihre 
Stelle  traten  Slaven,  die  die  Knechtschatt  leichter  trugen 
und  audi  mit  einer  wenig  menschenwiirdigen  Existenz  vor- 
lieb  nahmen. 

Das  alles  hing  eng  mit  der  fortschreitenden  Slavisierung 
des  Adels,  Avenigstens  in  einem  grolsen  Teile  von  Sclilesien, 
zusammen.  In  Niederschlesien  allerdings  begilnstigte  gerade 
im  15.  Jahrhundert  die  Landerwerbung  durch  die  branden- 
burger  Hohenzollern  und  die  saclisisclien  Filrsten  die  Eiu- 
wanderung  von  Adelsfamilien  aus  dem  Reiche;  desto  mehr 
aber  Avandten  sich  in  jener  Zeit  die  obersehlesischen  Fiirsten 
gen  Osten.  Seit  am  Hofe  des  immer  mehr  herabkommenden 
Konigs  Wenzel  fiir  sie  Aveder  Ehre  noch  GeAvinn  zu  holen 
Avar,  suchten  sie  ihren  Anschluls  am  polnischen  Konigshote, 
Avo  sie  Aaelfach  als  Gaste  erscheinen;  selbst  ein  sonst  ganz 
deutscher  Flirst  Avie  Konrad  der  Weifse  A'on  Uls  diente  in 
seiner  friihen  Jugend  als  Page  der  Konigin  von  Polen.  In 
dem  ganzen  15.  Jahi'hundert  hat  kein  obersehlesischer  Iler- 
zog  eine  Gemahlin  A^on  einem  deutschen  Furstenhofe  heim- 
gefuhrt,  Avohl  aber  haben  ihrer  A^iele  in  polnische  Herzogs- 
oder  auch  Magnatenfamilien  hineingeheiratet,  Verbindungen, 
Avelche  in  ihren  Folgen  natiirlich  dem  Deutschtume  nicht 
zum  Vorteile  gereichten.  Nur  A^oriibergehend  trilbte  die 
Hussitenzeit  das  gute  Einvernehmen  der  obersehlesischen 
Fiirsten  mit  dem  polnischen  Konigshofe,  dieselben  zeigen 
dann  im  ganzen  Verlauf  des  15.  Jahrhunderts  eine  ent- 
schiedene,  oft  nur  durch  aufsere  GcAvalt  zurilckzuhaltende 
Hinneigung  nach  dieser  Seite  hin.  Und  auf  der  andern 
Seite  kommt  nun  mit  Podiebrads  Auftreten  auch  ein  an- 
deres  slavisches  Element,  das  czechische,  zur  Bedeutung. 
Es  gCAA'innen  in  Schlesien  Personen  mafsgebeude  Bedeutung, 
Avelche  der  deutschen  Sprache  unkundig  sind.  Georg  Podie- 
brad  hat  nie  Deutsch  A^erstanden,  und  des  Breslauer  Bischofs 
Jost  von  Rosenberg  Muttersprache  AA'ar  die  czechische.  Selbst 
in  dem  ganz  deutschen  Breslau  mufste  man    sich   nun    nach 


Kiickgarig  des  Deutschtums  iiameiitlich  in  Oberschlesieu.      395 

Personen  umsehen,  die  der  neuen  bohmischen  Hofsprache 
kundig  waren ,  man  empfing  czechische  Zuschriften  und 
raufste  auch  zuweilen  in  dieser  Sprache  antworten.  Die  in 
Ratibor  herrschenden  Przemysliden  begannen  am  frilhesten, 
schon  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts ,  ihre  Urkunden 
fast  ansnahmslos  in  czecliischer  Sprache  abzufassen,  etwas 
spater  folgten  die  Oppelner  Herzoge;  von  den  Sohnen  Ni- 
kolaus  I.  (f  1476)  erfahren  wir  von  dem  einen,  Nikolaus  II., 
dem  1497,  wie  wir  wissen,  enthaupteten,  dafs  er  nicht  Deutsch 
verstand.  Bald  drang  slavisches  Regiment  aber  auch  in 
Mittelschlesien  ein.  Die  Macht  Georg  Podiebrads  verschaffte 
seinen  Sohnen  Viktorin  und  Heinrich  nebst  Troppau  die 
G-rafschaft  Glatz  und  das  Herzogtum  Milnsterberg ;  und 
ohne  dafs  beide  als  fanatische  Czechen  zu  bezeichnen  wai'en, 
habensie  doch  ihre  Muttersprache  begunstigt,  und  Heinrich 
dem  Alteren,  an  dessen  Briefen  Kenner  das  besonders  reine 
und  schone  Czechisch  zu  loben  wissen,  ist  es  z.  B.  gekmgen, 
die  Grafschaft  Glatz  in  erstaunlicher  Weise  wieder  slavisch 
zu  machen,  das  Landbuch,  das  sich  aus  seiner  Zeit  erhalten, 
erscheint,  abgesehen  von  einigen  Stadt-  resp.  Zunfturkunden, 
ganz  czechisch  abgefafst.  Die  alten  slavischen  Ortsnamen 
Duznik  flir  Reinerz,  Honiole  (Hummel)  fur  Schlofs  Land- 
fried  werden  Avieder  herrschend,  in  dem  ganzen  Westbezirk 
der  Grafschaft  geht  das  Deutschtum  unter. 

Auf  dem  Fiirstentage  von  1497  zu  Neifse  bedienen  sich  ein- 
zelne  Fiirsten  unter  einander  der  czechischen  Sprache,  wenn- 
gleich  die  oftizielle  Sprache  der  Fiirstentage  die  deutsche 
war.  Es  hatte  auch  wenig  Vorteil  gehabt,  dafs  an  Stella 
des  verhafsten  Georg  Podiebrad  Matthias  von  Ungarn  in 
Schlesien  zur  Herrschaft  kam.  Der  magy^rische  Konig  fragte 
nichts  nach  der  deutschen  Nationalitat,  und  die  Genossen 
des  ihm  anhangenden  bohmischen  Herrenbundes  waren 
Czechen  so  gut  wie  die  von  der  Gegenpartei.  Matthias 
vertrieb  einen  Herzog  nach  dem  andern  aus  Oberschlesien ; 
aber  die  Herren,  denen  er  Guter  schenkte,  waren  alles  Aus- 
lander:  Polen,  Bohmen,  Ungarn,  und  der  Hauptmann,  den 
er  fiber  ganz  Schlesien  1475  setzte,  Stephan  von  Zapolya, 
verstand,  wie  bereits  erwahnt,  absolut  kein  Deutsch  und 
liefs  den  Schlesiern  nur  die  Wahl  zwischen  czechisch  und 
magyarisch.  Selbst  in  dem  deutschen  Niederschlesien  und 
speziell  im  Glogauischen  ist  die  lange  Herrschaft  eines  pol- 
nischen  Prinzen  nicht  ganz  ohne  "Wirkuug  geblieben,  und 
wir  durfen  wohl  vermuten,  dafs  die  hier  zu  bemerkende 
auffallend  lange  Fortdauer  des  slavischen  Adelsgerichtes,  der 
sogenannten  Zaude,    auf   slavische  Einfliisse    zurilckzufuhren 


31)6  Vicrtes  Hucb.     Fiiufter  Abscbiiitl. 

ist.  Auch  der  deutsche  Adel  hat  sich  diese  Einrichtungen 
gefallen  lassen,  weil  dieselben,  wie  das  nun  einmal  in  der 
Natur  slavischer  Institutionen  zii  liegen  scheint,  den  Standes- 
interessen  gunstiger  waren. 

Aus  dem  Ende  des  15.  Jalirhunderts  ist  eine  ober- 
schlesische  Urkunde  in  deutscher  Sprache,  die  nicht  gerade 
ausschliefslich  stiidtisclie  Verhiiltnisse  angeht,  eine  unerhorte 
Seltenheit.  Die  Thatsache  aber,  dafs  ein  gutes  Dritteil  von 
Seiilesien  ini  grol'sen  und  ganzen  fiir  die  slavische  Natio- 
nalitat  im  Laule  des  15.  Jahrhunderts  zuriickerobeit  ward, 
ist  nicht  nur  an  sich  selbst  hochst  bemerkenswert ,  sondern 
auch  in  ihren  Eolgen  nach  den  vcrschiedensten  Seiten  hin 
kaum  zu  uberschiltzen. 

Man  braucht  nicht  so  weit  zu  gehen,  etwa  diese  schle- 
sischen  Fiirsten  nnd  Adehgen  slavischer  Zunge  besonderer 
Anschlage  gegcn  die  SondersteUung  Schlesiens  zu  beschul- 
digen,  man  braucht  auch  auf  die  wirklich  vollzogene  Los- 
reilsung  einiger  entlegener  Grenzbezirke  iSchlesiens,  wie  der 
Herzogtiimer  Auschwitz,  Zator  und  Severien,  die  am  aller- 
wenigsten  von  deutscher  Kultur  beriihrt  erschienen,  einen 
besonderen  Wei-t  nicht  zu  legen,  und  man  wird  doch  be- 
greifen  konnen,  dais  diese  zunehmende  Zwiesprachigkeit  des 
ohnehin  schon  so  zerstiickten  Landes  noch  neue  Hindernisse 
bereitete.  War  es  immer  schon  schwer  geworden,  die  Jn- 
teressen  des  Breslauer  Patriziats,  dem  naturgemafs  ein  be- 
deutender  Anteil  an  der  Leitung  der  Geschicke  des  Landes 
zufallen  mulste,  mit  denen  der  Fiirsten  und  des  Adels  aus- 
zugleichen,  so  ward  das  jetzt  noch  schwieriger,  wo  die  na- 
tionale  Verschiedenheit  die  Gegensatze  scharlte  und  die 
Eif'ersucht  der  stets  geldbediii-ftigen  Fiirsten  und  Edelleute 
auf  die  reichen  „  Pfeffersacke "  von  Breslau  noch  riicksichts- 
loser  hervortreten  liefs.  Von  den  iibelbeleumundeten  Ge- 
wohnheiten  des  Adels  in  Grofspolen ,  der  gewaltthatigen 
Fehdelust,  die  oft  genug  in  direkte  Rauberei  ausartete,  ver- 
pHanzte  sich  jetzt  vieles  nach  Schlesien.  Gegen  diese  Aus- 
artungen  hat  die  Energie  Konigs  Matthias  Anerkennens- 
wertes  geleistet.  Nach  seinem  Tode  aber  schofs  die  Busch- 
klepperei  nur  um  so  lustiger  wieder  ins  Kraut ,  geiibt 
allerdings  kaum  minder  von  deutschen  Adehgen  als  von 
slavischen. 

Unter  dem  slavischen  Regimente  in  Oberschlesien  verfiel 
die  Bauernfreiheit  mehr  und  mehr,  der  Wohlstand  sank,  die- 
Kultur  ging  zuriick,  selbst  die  oberschlesischen  Stadte  ver- 
loren  an  ihrer  Bedeutung,  kaum  dafs  Gleiwitz  noch  seinen 
alten  Ruhm  als  v^tapelplatz  fiir  Holz  und  Hopfen  zu  wahren 


Handelsstrarseii.  397 

vermochte.      Voii    ungleich    grofserer   Bedeutimg-   waren    die 
mittel-  imd  niederschlesischen  deutschen  Stadte. 


Handel  und  Industrie. 

Was  die  schlesischen  Stadte  und  ilire  Verkehrs-  und 
Erwerbsverhaltnisse  anbetrifft,  so  waren  dieselben,  abgesehen 
davon,  dafs  namentlich  in  den  kleineren  viele  Einwohner 
als  Ackerblirger  Landbau  trieben^  an  erster  Stelle  darauf 
angewiesen,  einen  mehr  oder  weniger  grofsen  Landkreis  mit 
allerlei  gewerblichen  und  Handels  -  Produkten  zu  versorgen, 
wobei  es  natiirlich  schwer  ins  Gewicht  fiel,  ob  die  Dorfer 
ringsum  von  wohlhabenden  freien  deutschen  Bauern ,  oder 
von  armen  horigen  Slaven  bewohnt  wurden. 

Uber  diesen  gegebenen  Umkreis  hinaus  Kundschaft  zu 
erlangen,  war  nun  das  natiirliche  Streben  aller  Gewerbe- 
treibenden,  und  eine  gewisse  Gunst  ward  hier  scbon  den 
Stadten  zuteil,  welche  an  einer  der  grolsen  Handelsstrafsen 
lagen,  auf  denen  die  Warenziige  liin-  und  liergingen,  wo 
also  zeitweise  Scharen  von  Fremden  einzogen,  Rast  hielten 
und  Geld  verzehrten.  Diese  Strafsen  waren  im  Mittelalter 
test  bestimmt,  jede  Abweichung  bei  Strafe  verboten  und 
auch  bei  der  Beschaffenheit  der  Wege  kaura  recht  ratlich. 
Solche  Strafsenzuge ,  die  samtlich  dem  Mittelpunkte  Breslau 
von  den  verschiedensten  Seiten  zustrebten,  gab  es  nun  in 
grofserer  Auzahl  in  Schlesien.  Aus  Ungarn  ging  eine  liber 
den  Jablunkapafs  nach  Teschen  und  dann  zur  Oder  an 
Ratibor  und  Kosel  vorbei  auf  Oppeln,  wo  dann  auch  die 
alte  grofse  Handelsstrafse  von  Krakau  her  ilber  Auschwitz 
einmiindete.  Bei  Oppeln  ward  die  Oder  iiberschritten ,  und 
iiber  Brieg  und  Ohlau  ging  es  dann  weiter  nach  Breslau. 
Die  zu  imraer  steigernder  Bedeutuug  gelangende  Strafse  aus 
Mahren,  zugleich  der  Weg  von  Wien  und  dem  machtigen 
Seehandelsplatze  Venedig  her,  filhrte  iiber  Troppau,  Jageni- 
dorf  nach  Neisse  und  dann  auch  ilber  Grottkau  nach  Brieg. 
Uber  den  Landeshuter  Gcbirgspafs  fiihrte  der  Weg  nach 
Prag.  Nach  Westen  hin  iiber  Leipzig  zum  Rhein  und  nach 
den  Niederlanden  gingen  zwei  Strafsen,  die  eine  ilber  Lieg- 
nitz,  Haynau,  Bunzlau,  Naumburg  a./Q.  nach  der  Oberlausitz 
und  die  andere  iiber  Schweidnitz,  Striegau,  Jauer,  Lowen- 
berg,  Lauban  und  ebenso  nach  Magdeburg  und  Hamburg. 
Die  Strafse  von  Frankfurt  resp.  Stettin  kam  iiber  Krossen, 
Freistadt,  Neustadtel,  Polkwitz,  Liiben,  Parchwitz,  Neumarkt. 
Nach  Preufsen  und  an  die  baltischen  Hafenplatze  ging  von 
Schlesien  aus  der  Hauptzug  des  Handels   auf  die  Weichsel- 


398  Viertes  Buch.     Fiinftor  Abschuitt. 

staclt  Thorn  zu,  iiiit  welchem  Orte  Breslau  selir  vielfache 
Beziehungen  hatte.  Die  iiltere  Stralse  nach  Thorn  liihrte  an 
der  Grenzburg  Militsch  vorbei  und  dann  nordlich  ilber  Orla 
(bei  Krotoschin),  Strzelno,  Inowraczlaw.  Doch  wire]  bereits 
im  14.  Jahrhuudert  auch  eine  zweite  Stralse  ilber  OIs,  Ka- 
lisch,  Peisern  erwiihnt,  die  nachnials  wohl  hauptsachhch  be- 
nutzt  wurde.  1515  werden  als  die  pohiischen  Zollstiltten, 
welche  schlesische  Wareu  zu  passieren  liaben,  bezeichnet: 
Fraustadt,  Posen,  Punitz,  Kalisch  und  Sieradz.  Der  Wasser- 
weg,  den  die  Oder  darbot,  ward  verhaltnisniiifsig  wenig  be- 
fahren;  von  Brieg  aufwarts  ward  die  Oder  ilberhaupt  hoch- 
stens  zum  Holzflofsen  gebraucht,  aber  auch  abwarts  von 
Brieg  scheinen  die  bereits  im  14.  Jahrhundert  imnier  er- 
neuten  Beschwerden  liber  Beeintrachtigung  der  Schiffahrt 
durch  Wehre  und  unberechtigte  Zolle  ihre  griindliche  Ab- 
hilt'e  noch  nicht  gefunden  zu  haben,  jedent'alls  beginnt  die 
Benutzung  der  Oder  fur  den  Handelsverkehr  von  Breslau 
an  erst  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhuuderts. 

Sich  an  dem  auswiirtigen  Handel  direkt  zu  beteiligen^ 
verraochten  nun  die  sehlesischen  Stiidte,  auch  die  an  den 
grolsen  Strafsen  gelegenen,  nur  in  beschriinktem  ]\Iarse,  schon 
wegen  des  Niederlagsrechtes  von  Breslau,  auf  welches  wir 
noch  zuriickkoninien  werden.  Nur  fur  die  Jahrraiirkte  der 
grofseren  Stadte  ward  jenes  Niederlagsrecht  suspendiert,  wie 
wir  das  noch  14  90  speziell  den  beiden  Stadten  Brieg  und 
Glogau  von  Konig  Matthias  zugesichert  sehen.  Es  geluirte 
auch  zu  der  selbstandigen  Ausriistung  von  Warenziigen  ins 
Ausland  so  viel  Kapital,  wie  es  eben  aufserhalb  der  Haupt- 
stadt  Breslau  nicht  oft  anzutreflfen  war ;  nur  ganz  vereinzelt 
iinden  wir  einzelne  Provinzialstadte  (Liegnitz,  Schweiduitz, 
Brieg,  ()ls)  an  solchen  auswartigen  Geschal'ten  beteiligt. 

Dagegen  wurden  sicherlich  in  den  sehlesischen  Provinzial- 
sttidten  vielfach  gewerbliche  und  Industrieprodukte  erzeugt, 
die  dann  und  zwar  vornehmlich  durch  Vermittelung  Bres- 
lauer  Kaufleute  nach  auswiirts  auf  den  Markt  kameu.  Im 
einzelnen  nachweisen  konnen  wir  das  z.  B.  von  der  hier 
friih  entwickelten  Tuchweberei,  wo  uns  eine  gelegentliche 
Notiz  zeigt,  dafs  im  Jahre  1499  in  Breslau  Tuche  feil  ge- 
halten  wurden  aus  den  sehlesischen  Stiidten  Liegnitz,  Bolken- 
hain,  Liiben,  Schweidnitz,  Neustadt,  Glatz.  Auch  Striegauer 
Tuch  wird  in  Breslau  neben  Gorlitzer  1440  erwahnt.  Un- 
gleich  langsamer  hat  sich  die  Leinenindustrie ,  die  dann  ge- 
rade  fiir  Schlesien  von  solcher  Bedeutung  geworden  ist,  und 
welche  ihren  Sitz  in  den  Gebirgsgegenden  hatte,  entwickelt. 
Speziell   fur  Hirschberg   wird    die  Einfiihrung    der    feineren 


Industrie.     Bergbau.  399 

Weberei  auf  eiiien  gewissen  Joachim  Girnth  zuruckg-et'iihrt, 
der  um  1470  die  in  Holland  erlernte  Kunst  der  Schleier- 
weberei  in  seiner  Heimat  eingebiirgert  habe.  Diese  Industrie 
nahm  einen  grofsen  Aul'schwung,  seit  es  allgemeine  Sitte 
ward,  leineue  Leibwasche  zu  tragen,  was  wir  auch  erst  ans 
Ende  des  15.  Jahrhunderts  setzen  diirfen.  Freilich  stand  ilir 
das  wunderliehe,  aber  lange  festgehaltene  Vorurteil  entgegen, 
welches  die  Leinweber  I'ilr  unehrlich  ansah. 

Weit  berilhmt  war  die  schlesische  Bierbrauerei ,  in  wel- 
cher  Schweidnitz  mit  Breslaii  wetteiferte.  Eine  in  der  mah- 
rischen  Stadt  Iglau  urn  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  ge- 
schriebene  Anweisung  der  Rhetorik  gebraucht  als  rhetorische 
Figur  die  Phrase,  dafs  die  Breslauer  und  Schweidnitzer  mit 
ihrem  Bierbrauen  auf  dem  Ambofse  der  Kehlen  Geld  schlii- 
gen.  Der  Breslauer  Ratskeller  erhielt  nach  dem  Schweid- 
nitzer Bier,  das  dort  allerdiugs  neben  anderen  Sorten  ge- 
schenkt  wurde,  seinen  Namen,  der  ihm  noch  heute  ge- 
blieben  ist.  Auch  z.  B.  die  Stadt  Thorn  hatte  (1453)  ihren 
Schweidnitzer  Keller. 

Zu  besonderer  Bedeutung  fur  Schlesien  gelangte  dann 
auch  der  Bergbau,  der  ilberhaupt  gegen  das  Ende  des 
15.  Jahrhunderts  einen  neuen  Aufschwung  nahm.  Derselbe 
ward  allgemein  anerkannt  als  ein  herzogliches  Recht,  das 
nur  durch  Ubertragung,  durch  Schenkung  oder  Verkauf  in 
die  Hande  von  Privaten  und  Korporationen  komnien  konnte. 
Herzog  Friedrich  II.  erlangte  1505  von  Kcinig  Wladyslaw 
die  Erlaubnis,  sogar  iiber  seine  Landesgrenze  hinaus  vier 
Meilen  in  des  Konigs  unmittelbares  Land  hinein  nach  Me- 
tallen  zu  schurfeii.  Besonders  gelten  die  Naehforschungen 
den  edlen  Metallen  und  vornehmlich  dem  Golde.  Die  einst 
im  13.  und  14.  Jahrhundert  so  ergiebigen  Goldgruben  von 
Nikolstadt  und  Goldberg  scheinenim  15.  Jahrhundert  sich 
erschopft  und  die  Versuche  Friedrichs  II.  von  Liegnitz,  sie 
wieder  zu  erschliefsen ,  nur  wenig  Erfolg  gehabt  zu  haben, 
und  nicht  viel  besser  scheiut  es  damals  mit  den  bergman- 
nischen  Arbeiten  bei  Lowenberg  und  Bunzlau  ausgesehen 
zu  haben.  Mit  mehr  Gliick  schafften  die  Hirschberger  auf 
ihrem  Stadtgute  Grunau  von  1498  an  Silbcr  und  Gold  zu- 
tage.  Dagegen  bliihte  damals  der  Bergbau  auf  Gold  bei 
Reichenstein.  1465  kaufte  das  Kloster  Kamenz  das  Stiidt- 
lein  samt  den  Goldgruben,  und  Breslauer  und  Krakauer 
Burger  brachten  den  Bergbau  in  Gang,  vornehmlich  auf 
dem  sogen.  goldenen  Esel  zu  Maifriedsdorf.  1484  reguUert 
Herzog  Heinrich  von  Milnsterberg  das  Verhaltnis  zu  dem 
Stifte   Kamenz    und    erlafst    zugleich    eine    besondere   Berg- 


400  Viertes  Biich.     Fuiifter  Abschuitt. 

ordnung  und  begnadet  1491  Keichenstein  mit  den  Rechten 
einer  t'reien  Bergstadt,  wie  solche  Kuttenberg  und  Igiau 
batten.  Im  Anfange  des  16.  Jabrbunderts,  wo  fiir  die  Klo- 
ster  allerorten  scblecbtere  Zeiteu  kamen,  baben  dann  die 
Herzoge  von  Miinsterberg  die  Recbte  des  Kamenzer  Klosters 
ganz  abgeli)st  und  den  Reicbensteiner  Bergbau  selbst  und 
nicbt  ertolglos  in  die  Hand  genommen. 

Aucb  bei  dem  Zuckmanteler  Goldbergbau,  der  gleicbt'alls 
ins  14.  Jabrbundert  zuriickreicbt,  war  Breslauer  Kapital  tbatig. 
Biscbof  Rudolf  verleibt  bier  1477  ein  Schurfrecbt  an  vier 
BresLauer  Burger,  und  zablreiche  Urkunden  zeugen  von  dem 
regen  Betriebe. 

Bei  Freiwaldau  im  mabriscben  Gesenke  bat  dann  Anton 
Fugger.  der  durcb  die  ibm  verscbwagerten  Tiu'zos  nacb 
Scblesien  gekommen  war,  sein  Heil  mit  dem  Bergbau  ver- 
sucbt,  anscbeinend  jedocb  obne  solcbe  Erfolge,  wie  sie  in 
Ungarn  den  Fuggers  und  Turzos  geworden  waren. 

Die  Gewinnung  von  Kupfer  bei  Kupferberg  bliibte  aucb 
nocb  in  jener  Zeit;  bei  dem  Verkauf  i.  J.  1512  wird  des 
Bergwerkes  besonders  gedaebt,  1539  erbielt  die  Stadt  eine 
eigene  Bergordnung.  Aucb  die  Eisengewinnuug  und  der 
Hiittenbetrieb  in  Scbmiedeberg  im  Riesengebirge  dauerten 
fort. 

Der  Handel  Scblesiens  batte  seinen  natiirbeben  und  an- 
erkannten  Mittelpunkt  in  Breslau.  Dies  war  seit  alten  Zeiten 
der  grofse  Stapelplatz,  wo  die  Robprodukte  des  Ostens,  Salz, 
Pelzwerk,  Haute  und  Leder  umgetauscbt  wurden  gegen  die 
Produkte  des  Weltbandels,  die  Spezereien  und  Gewurze, 
welcbe  aus  den  niederlandiscben  Hafenplatzen ,  aber  aucb 
aus  Yenedig  bezogen  wurden.  ferner  Tucb  und  allmabbcb 
aucb  Leinwand  imd  andere  gewerblicbe  Produkte,  Metall- 
und  aucb  Avobl  Topfwaren. 

Der  Handel  mit  Venedig  war  im  15.  Jabrbundert  immer 
bedeutender  geworden ,  nacbdem  1388  ein  Bundnis  von 
Breslau  mit  der  Stadt  Prag  die  imgerecbtfertigten  Hinder- 
nisse,  welcbe  die  Wiener  diesem  Handel  in  den  Weg  legten, 
aus  dem  Wege  geraumt  batte.  Im  15.  Jabrbundert  ist 
sicber  der  grolsere  Teil  der  ilberseeiscben  Artikel  auf  diesem 
Wege  nacb  Breslau  gekommen,  es  werden  uns  aus  jener 
Zeit  mebrere  Handelsgesellscbaften  genannt,  die  dortbin 
Handel  trieben.  1512  bat  ein  einziger  Breslauer  Kaufmann, 
Kom-ad  Sauermann,  eine  Scbuldforderung  von  6100  Dukaten 
nacb  Venedig  bin.  Im  Verkebr  nacb  solcben  entfernteren 
Platzen  bediente  man  sicb  librigens  aucb  bereits  seit  der 
zweiten  Halfte  des  14.  Jabrbunderts  der  Wecbsel. 


,    Tcxtiliiidustric.  401 

Es  ist  durchaus  wahrscheinlich ,  dafs  uiclit  nur  Polen, 
sondern  auch  wenigstens  ein  Teil  von  Preufsen  von  Breslau 
aus  mit  Spezereien  und  Gewiirzen  versorgt  wurden. 

Von  den  baltischen  Kiisten,  von  Danzig  iiber  Thorn  und 
von  Stettin  ilber  Frankfurt  kamen  die  gesalzenen  Fische, 
■die  bei  den  zahlreichen  von  der  Kirche  gebotenen  Fasttagen 
in  dem  Haushalte  der  damaligen  Bevolkerung  eine  grofse 
Eolle  spiel  ten. 

Wein  ward  in  jener  Zeit  viel  im  Lande  selbst  gebaut, 
die  grofsen  begiiterten  Kloster  batten  fast  alle  ibre  beson- 
deren  Weinberge,  und  zahlreiche  Stiitten  in  Schlesien  er- 
innern  jetzt  wenigstens  nocli  dureb  ibren  Namen  an  Wein- 
pflanzungen,  von  denen  langst  jede  Spur  sich  verloren  hat; 
vermag  doch  noch  der  berilbrnte  schlesische  Humanist  Lorenz 
Eabe  (Corvinus)  seine  Vaterstadt  Neumarkt  zu  unserer 
Uberraschung  als  die  weinbauende  zu  feiern.  Der  aus  diesen 
Reben  gekelterte  Wein  mag  iibel  genug  gewesen  sein,  doch 
-auch  der  Greschmack  jener  Zeit  war  geniigsaraer,  und  die 
Sitte,  den  Wein  gesilfst  und  gewllrzt  zu  geniefsen,  gestattete 
den  Verbrauch  recht  geringer  Sorten. 

Der  geschatzteste  Wein  kam  aus  Ungarn,  wenngleicli 
schon  im  14.  Jahrhundert  bier  auch  Rhein-  und  Franken- 
weine,  franzosische,  italienische,  auch  osterreichische  Weine 
bekannt  waren.  Der  Preis  ward  wenigstens  in  Breslau 
durch  den  Rat  festgesetzt. 

Feinere  Tuch-  und  Seidenstoffe  wurden  aus  den  Nieder- 
landen  bezogen ;  Tuch  auch  aus  England  und  zwar  haupt- 
sachlich  zur  See  iiber  Danzig.  Die  Vermittelung  der  fland- 
rischen  Tucheinfuhr  besorgten  vornehmlich  Thorner  Kauf- 
leute,  Avelche  aucH  ZoUfreiheit  in  Breslau  genossen,  bis  1385 
der  Rat  von  Breslau,  um  die  einheimische  Industrie  zu 
schlitzen,  diese  Freiheit  aufhob.  Dar iiber  ist  es  dann  zu 
Streitigkeiten  gekomraen,  Avelche  im  Anfange  des  15.  Jahr- 
hunderts  durch  einen  Vergleich  (wahrscheinlich  auf  Grund- 
lage  eines  mafsiges  Zolles)  geschlichtet  wurden.  Billigere 
Sorten  von  Tuch  w^urden  in  Schlesien  vielfach  fabriciert  und 
von  bier  nach  den  verschiedensten  Richtungen  ausgetuhrt, 
und  ebenso  Garn  und  Flachs  und  gegen  Ende  dieses  Zeit- 
raumes  vielleicht  auch  schon  Leinwand. 

Das  wichtigste  Fjirbemittel  fiir  die  Tuchfabrikation,  den 
Waid,  lieferten  die  thiiringischen  sogenannten  fiinf  A^^aid- 
«tadte  Erfurt,  Gotha,  Langensalza,  Tennstiidt  und  Arnstadt. 
Den  Schlesiern  wurde  er  verteuert  durch  das  von  Gorlitz 
seit  dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  festgehaltene  Recht 
des    Waidstapels.      Als    dann    im     15.    Jahrhundert    auch 

Grunhagen,  Gesch.  ScUlesiens.     I.  ^" 


402  Viertes  Buch.    Fiiufter  Abschnitt. 

die  sachsischen  Fursten  eine  Waidniederlage  zu  Grolsenhain 
zu  errichten  versucliten,  riefen  die  iSchlesier  niit  Ertblg  hier- 
wider  die  Vermittelung  des  Konigs  Matthias  an  (1478). 

Das  damals  uuter  den  Metallen  vorzugsweise  verarbeitete 
Kupfer  kam  vorneliralich  aus  den  imgarischen  Bergwerken, 
unci  schlesische  Handler  fiihrten  es  dann  cbensowolil  nach 
Silden  gen  Venedig,  wie  ilber  Thorn  nach  Danzig.  Eisen, 
besonders  steirisches,  ward  in  Breslau  und  Schweidnitz 
verarbeitet,  in  den  Schmiedehiltten  von  Schmiedeberg  auch 
schlesisehes. 

Breslau  gehorte  bereits  seit  der  zweiten  HiUl'te  des 
14.  Jahrhunderts  dem  Hansabnnde  an,  die  Hauserezesse  er- 
wahnen  vielfach  die  Teilnahme  seiner  Gesandten  an  den 
Beratungen,  und  1407  wird  den  Stadten  Breslau  und  Krakau 
die  Stellung  von  10  resp.  15  Gewappneten  zur  Ausrlistung 
einer  Schutzflotte  gegen  die  Seerauber  aufgelegt. 

Trotz  der  llnsicherheit  der  Stralsen  waren  vielfache  weite 
Reisen  und  ul)erhaupt  ein  persimlicher  Verkehr  der  Kauf- 
leute  in  den  grcifseren  auswartigen  Platzen  notwendig.  Aufer- 
dem  aber  hielten  die  grofseren  Breslauer  Kaufmannshituser 
ihre  Bevollmachtigten  und  gleichzeitig  auch  Warennieder- 
lagen  in  anderen  Handelsplatzen ,  so  in  Venedig,  Oten, 
Krakau,  Thorn,  Niirnberg.  Mit  einigen  dieser  Stadte  Avaren 
die  Beziehungen  sogar  sehr  intim,  hier  Avare  vielleicht  an 
erster  Stelle  Krakau  zu  nennen,  wo  unter  der  fast  aus- 
schliefslich  deutschen  Kaufmannschaft  und  auch  unter  den 
Zunften  die  Schlesier  llberaus  stark  vertreten  sind;  doch 
lockern  sich  hier  vom  Ende  des  15.  Jahrhunderts  an  diese 
Bande  sichtlich,  und  im  16.  Jahrhundert  beginnt  unter  dem 
Drucke  des  erwachten  slavischen  Nationalgelahls  ein  starker 
Niedergang  des  Deutschtums  in  Krakau.  Mit  Thorn  hat 
bereits  im  14.  Jahrhundert  eine  sehr  enge  Verbindung  be- 
standen ;  es  war  hier  viel  Thorner  Kapital  angelegt,  und  in  i 
den  Stadtbiichern  beider  Stadte  stofsen  wir  sehr  hiiutig  auf 
Namen,  welche  diese  Verbindung  bekunden. 

Nach  Westen  zu  AA-ar   fiir  Breslau  Niirnberg   die  Haupt- 
station.     Vielfach    sind  Kaufmannsfamihen   von   daher    nach 
Breslau  iibergesiedelt,  und  einige  derselben  wie   die  Heugel, 
Distler,  Pfinzing,  Scheurl   haben  Eingang   in    die  Breslauer  ! 
RatsUnie  gefunden.     ZAA'ei  Manner,  die  fiir  das  geistige  Le- 
ben  Schlesiens  eine  hervorragende  Bedeutung   haben,   stam-  i 
men  aus  Niirnberg:  Peter  Eschenloer,    der  Breslauer  Stadt-  ' 
schreiber,  Schlesiens  grofster  Historiker  im  Mittelalter,   und  j 
Johann  Hefs,  der  erste  protestantische  Geistliche  Breslaus.      I 

Es  hatte  sich  in  alten  Zeiten  ganz  von  selbst  so  gemacht^j 


Verbiiidung  mit  der  Hansa.    Breslaus  Stapclrecht.  403 

dais  alle  von  Osten  kommenden  Warenziige  niir  bis  Breslau 
gingen,  wo  Verkauf  der  Waren  und  Einnalime  von  Riick- 
fracht  ertblgte.  Auch  die  von  Westen  kommenden  Kaufleute 
hatten  wenig  Neigimg,  liber  Breslau  hinaus  nach  dem  un- 
wirtlichen  Osten  vorzudringen,  wo  das  Eisiko  so  sehr  wuchs, 
die  Wege  schlechter  wurden  und  Unkenntnis  der  Sprache 
das  Fortkommen  ersebwerte.  Dieser  Zustand  war  bereits 
1274  durcb  ein  grofses  Privileg  Herzog  Heinriehs  IV.,  wel- 
ches der  Stadt  Breslau  das  alleinige  Recbt  der  Niederlage 
verlieh,  gesetzlicb  festgestellt  worden,  und  es  liegt  auf  der 
Hand,  wie  ungemein  grofs  der  Gewinn  von  diesem  Monopol 
fiir  die  Stadt  sein  mulste,  wenngleich  manche  wicbtige  Ar- 
tikel,  die  als  Landesware  bezeicbnet  werden,  namlicb  Wolle, 
Eisen,  Gletreide,  Wein,  Bier,  Steine  von  dem  Niederlags- 
zwange  ausgenommen  erscheinen.  Man  wird  in  der  That 
nicbt  feblgeben,  wenn  man  in  dem  Stapelreebtsmonopole  die 
Hauptgrundlage  fiir  den  trotz  aller  Not  der  Zeit  immer  stei- 
genden  Woblstand  der  Stadt  Breslau  erblickt. 

Aber  dieser  Hauptpfeiler  des  Breslauer  Handels  war  im 
15.  Jahrhundert  ins  Wanken  gekommen.  Die  bestandigen 
Unruben  in  Scblesien  seit  den  Hussitenkriegen  hatten  dazu 
gefiibrt,  dafs  die  Kaufleute,  trotz  der  von  den  polnischen 
Konigen  den  Breslauern  erteilten  Zusicherungen  von  1417  und 
1441,  es  vorzogen,  von  Westen  her  durcb  die  Mark  oder 
die  Lausitz  in  der  Richtung  auf  Posen  zu  ziehen,  ferner 
wuchs  mit  dem  Fortschritt  der  Zeit  doch  auch  bei  den 
Polen  die  eigene  Unternehmungslust ,  man  mifsgonnte  den 
Breslauern  ibren  grofsen  Gewinn  und  mocbte  den  L  mweg 
liber  Breslau  sicb  nicbt  gefallen  lassen,  namentlicb  seit  das 
damals  macbtig  aufbliibeDde  Leipzig,  dessen  Mcssen  von 
der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  an  in  Flor  kamen,  grofsere 
Vorteile  und  auch  namentbch  von  Grofspolen  aus  ungleich 
naheren  Weg  gewabrte.  Bereitwillig  bot  Glogau  die  Hand, 
dazu,  und  auch  nacb  Sliden  zu,  in  der  Richtung  auf  Mabren, 
suchten  polnische  Warenziige  einen  Weg  liber  Brieg  mit 
Umgebung  Breslaus.  Wobl  riefen  die  Breslauer  die  Hilfe 
des  Landesherrn  an,  und  Kcinig  Matthias,  der  ja  fiir  wirt- 
schaftliche  Interessen  seiner  Unterthanen  keineswegs  des 
Verstandnisses  entbehrte,  hat  noch  kurz  vor  seinem  Tode 
1490  im  Verstandnisse  mit  dem  Kurfursten  Jobann  Cicero 
von  Brandenburg  ein  Privileg  erlassen,  welches  fiir  den  ge- 
saniten  polnischen  Handel  zwei  Grenzpunkte  an  der  Oder, 
Breslau  und  Frankfurt  (neben  Stettin)  festsetzte,  liber  die 
hinaus  die  polnischen  Warenziige  nicbt  vordringen  durften. 
Doch  die  Polen  erkannten  dies  in  keiner  Weise  an,  sondern 

26* 


404  Vicrtes  Buch.     Fiiufter  Abschnitt. 

antworteten  damit,  dafs  sie,  nachdem  bereits  uia  1400 
fiir  Krakau  ein  derartiges  Stapelrecht  in  Ansprucli  genom- 
men  wordcn  war,  nun  ihrerseits  Niedorlagen  zu  Posen  und 
Kalisch  errichteten,  so  dafs  bereits  1491  die  Thorner  sich 
genotigt  sehen,  die  Hilfe  des  Hansabundes  in  Anspruch  zu 
nehmen,  weil  man  ihre  nach  Breslau  bestiramten  AVaren 
nicht  iibor  Kalisch  hiuausgehen  lassen  will.  Auch  die  Strafse 
ilber  Glogau  ward  nach  wie  vor  bet'ahren ,  ubwolil  das 
Privileg  von  1490  bei  Brieg  und  Glogau  ein  Antahren  von 
Waren  nach  diesen  Stadten  nur  fur  deren  Jahrmarkte  gelten 
lassen  wollte,  und  weder  die  Bestiitigung  der  Breslauer  und 
Frankfurter  Niederlagsprivilegien  durch  Kaiser  Maximilian  I. 
V.  J.  1510,  noch  auch  das  erneute  Privileg,  das  Konig 
Wladyslaw  bei  seiner  Anwesenheit  zu  Breslau  1511  der 
Stadt  erteilte,  und  das  dann  wiederum  zugleieh  auch  von 
den  Brandenburger  Behorden  fiir  Frankfurt  proklamiert 
ward,  verschafften  dauernde  Abhilfe,  sondern  nur  endlose 
Streitigkeiten  mit  den  Glogauern.  Diese  Handel  iiber  die 
Niederlage  haben  dann  weit  iiber  die  Grenze  des  hier  be- 
handelten  Zeitraumes  fortgedaucrt  und  sind  noch  vor  Kaiser 
und  Reich  gekommen,  aber  das  Endresultat  war  doch,  dafs 
die  Breslauer  auf  eine  strikte  Durchfiihrung  ihres  alten 
Monopols  thatsachlich  verzichteten ,  nicht  ohne  aus  der  bei 
dieser  Gelegenheit  geschlossenen  Verbindung  mit  der  Stadt 
Frankfurt  Erleichterungen  ihres  Verkehrs  nach  den  Oder- 
miindungen  und  Stettin  davonzutragen. 

Was  den  Wohlstand  der  Einwohner  ini  grofsen  und 
ganzen  anlangt,  so  werden  Avir  allerdings  auf  dem  piatten 
Lande  wohl  ein  gewisses  Zuriickgehen  anerkennen  miissen, 
vielleicht  auch  bei  den  durch  die  Landerteilungen  und  die 
fortdauernden  Kriegsnote  arg  heruntergekommenen  Fiirsten 
und  bei  einem  Teile  des  Adels,  nicht  so  aber  in  den  Stadten, 
wenigstens  so  weit  sie  nicht  in  den  Hussitenkriegen  von 
Grund  aus  zerstort  waren  und  sich  miihsam  erst  wieder 
aufrichteten.  Sonst  war  eben  Handel  und  Gewerbe  trotz 
aller  Ungunst  der  Zeit  doch  lohnend  genug,  um  nicht  nur 
notdiirftigen  Lebensunterhalt,  sondern  auch  noch  etwas  dar- 
iiber  zu  gewahren.  Die  grofse  Bauthiitigkeit  in  jener  Zeit, 
der  wir  noch  gedenken  werden,  scheint  immerhin  eine  ge- 
wisse  Wohlhabenheit  zu  bezeugen.  Einen  recht  schlagenden 
Beleg  liefert  uns  ein  BHck  auf  das  schlesische  Miinzwesen. 
Hatte  hier  das  14.  Jahrhundert  eine  grofse  Umwalzung 
heraufgefiihrt,  welche  an  die  Stelle  der  hier  fast  ausschliefs- 
lich  libhchen  diinnen  nur  einseitig  gepragten  Silberbleche 
(Brakteaten) ,    dickere,     daher    Groschen    (grossi)    genannte 


Miinzverliultiiisse.     Seucheii.  405 

Munzen  mit  doppelseitiger  Pragung  treten  liefs;  so  zeigt  das 
15.  Jahrhundert  eine  neue  Entwickelungsphase,  insofern  von 
da  an  die  bis  dahin  haufig  vorkommenden  herzoglichen 
Miinzen  zum  grofsen  Teile  verdrangt  werden  durch  stad- 
tische,  wie  wir  sie  von  zahlreichen  schlesischen  Stadten  aus- 
gegangen  nachweisen  konnen,  ein  siclieres  Zeichen,  dais  die 
Fursten  in  ihren  Geldverlegenheiten  auch  dies  wiehtige  Ho- 
lieitsrecht  ihren  Stadten  verkauft  oder  verpfiindet  batten. 

Offenbar  war  eben  in  den  Stadten  noch  die  grofsere 
Wohlhabenheit  zu  sucben,  bei  Breslau  werden  wir  sogar 
vielleicbt  von  Reicbtum  sprecben  dlirfen.  In  einer  Zeit,  wo 
um  etwa  ftinfzigtausend  Goklgulden  ganze  Flirstenttimer  feil 
waren,  dilrfen  Kaufleute,  welcbe  liber  viele  Tausende  sol- 
cber  Goldguklen  zu  verfugen  gewobnt  scbeinen^  und  welcbe 
bautig  in  einem  Jabre  Kaufmannsgiiter  im  Werte  von  etwa 
25  000  Goldgulden  bezogen,  wobl  fiir  reicb  gelten. 


Landeskalamitaten. 

Als  scbbmme  Feinde  des  Nationalwoblstandes  lernen  wir 
in  diesem  Zeitraume  gewisse  Kalamitaten  kennen,  welcbe 
verheerend  auftreten,  und  gegen  welcbe  die  damalige  Zeit 
wenig  Scbutzmittel  kennt.  So  vor  allem  die  Seucben  und 
Pestilenzen.  Eine  solcbe  wlltete  in  Scblesien  im  Jabre  1460 
und  kebrte  dann  1464  wieder,  um  lange,  fast  ein  Jabr  an- 
dauernd;  die  Bevolkerung  ganz  zu  decimieren,  so  dafs  in 
Breslau  allein  an  20  000  Menscben,  vornehmlicb  jiingere 
Leute  und  Frauenspersonen,  daran  gestorben  sein  sollen. 

1483  trat  eine  neue  Epidemic  auf,  die  in  ganz  Nord- 
deutscbland  und  so  audi  in  Scblesien  allerorten  zablreicbe 
Opfer  I'ordert.  Im  Trebnitzer  Kloster  starben  15  der  Nonnen. 
Das  Breslauer  Domkapitel  suspendierte  durcli  einen  beson- 
deren  Kapitelsbescblul's  vom  18.  Juli  die  Eesidenzpflicbt  der 
Domberren,  die  denn  aucb  nacb  den  verscbiedensten  Seiten 
bin  aus  der  verpesteten  Stadt  entfloben.  Docli  wabrte  in 
Breslau  die  Pest  nur  von  Ende  Juni  bis  Mitte  Oktober. 
Die  grofse  Epidemic  von  1497  wird  gewobnlicb  als  eine 
Folge  der  scbrecklicben,  im  Hocbsommer  d.  J.  eingetretcnen 
Uberscbwemmung  angeseben,  docb  mag  die  letztere  mit 
ibren  Miasmen  nur  die  Disposition  zu  der  Krankbeit  ver- 
mebrt  baben;  denn  wir  erfahren  dui'cb  einen  alteren  Cbro- 
nisten,  dafs  an  mancben  Orten,  wie  z.  B.  in  Jauer,  die  Pest 
bereits  1496  gewlitet  babe.  Jedenfalls  mufs  ibr  Wirken 
verbeerend  gewesen  sein.     In  Scbweidnitz  und  der  nacbsten 


40G  Viertes  Buch.     Fiinfter  Abschuitt. 

Umgegeud  soUen  an  5000  Menschen  gestorben  sein,  in  Breslau 
zvvischen  dera  2.  August  und  24.  Dezcmber  2931. 

Schon  1507  im  Herbst  horen  Avir  in  Brcslau  vvieder  von 
der  Pest,  so  dafs  alle  Gerichts-  und  Ratssitzungen  suspen- 
dicrt  werden,  da  jeder,  der  es  irgend  vermag,  aus  der  Stadt 
Huchtet.  Aus  dem  Jahre  1516  wii'd  uns  berichtet,  dafs 
binnen  der  Frist  eines  Monats  2000  Menschen  gestorben 
seien.  An  manchen  Orten,  wie  z.  B.  in  Glogau  und  Frei- 
stadt  lafst  man  die  Jahrmarkte  ausfallen.  In  den  zwanziger 
Jahren  dieses  Jahi'hunderts  scheinen  dann  die  anstockenden 
Kraukheiten  noch  sclilimmer  Schlesien  heimgesucht  zu  haben. 
1521  huren  wir  von  einer  Pest  in  Sagan,  die  dort  im  Herbst 
in  kurzer  Zeit  an  500  Menschen  wegraflft,  1523  treffen  wir 
sie  an  andern  Orten,  so  in  Strehlen,  in  Schweidnitz,  in 
Breslau,  wo  in  wenigen  AA'ochen  2143  Personen  starben, 
und  1525  giebt  schon  wieder  eine  neue  Seuche  dem  Bres- 
lauer  Rat  Veranlassung  zu  sanitatlichen  Verordnungeu,  welche 
die  Ansteckung  abzuwehren  und  durch  grofsere  ReinUchkeit 
die  Keime  kiinftiger  Krankheiten  zu  verhiiten  beabsichtigen, 
vielleicht  die  ersten  Yerordnuugen  dieser  Ai't  in  Schlesien. 

Gedenken  mlissen  wir  unter  den  Kalamitiiten  auch  der 
Feuersbriinste,  welche  bei  der  schlechten  Bauart  der  Hauscr, 
der  obrigkeitliche  Verordnungen ,  wie  wir  solche  in  Breslau 
wenigstens  bereits  im  13.  Jahrhundert  antreffen,  nicht  ab- 
helfen  konnten,  der  Enge  der  Strafsen  und  den  hochst 
mangelhafteu  Anstalten  zur  Abwehr  des  Feuers  sehr  hautig 
in  ganz  furchtbarer  Gestalt  auftreten.  Eine  Zusammenstel- 
lung  der  uns  ilberlieferten  Brande  in  den  schlesischen  Stiidten 
fiir  die  Zeit  von  144U — 1526  ergiebt,  dafs  im  Diu'chschnitte 
jedes  zweite  Jahr  eine  Feuersbrunst,  die  eine  schlesische 
Stadt  ganz  oder  doch  zum  grofsten  Teil  eingeaschert  hat, 
stattgefunden  hat.  Fiir  Breslau  ward  im  Jahre  1500  die 
strenge  Bestimmung  erlassen,  dafs  ein  niedergebranntes  Haus 
binnen  Jahresfrist  wieder  aufgebaut  werden  soUe,  bei  Strafe 
der  Konfiskatiou  des  Grund  mid  Bodens  durch  die  Stadt. 


Sitten,  religiose  Gesinnung. 

Was  die  Sitten  der  damaligen  Bevolkerung  anbetrifft,  so 
lebte  unter  der  sefshaften  Einwohuerschaft  der  Stadte  ein 
Sinn  fiir  Recht  und  Ordnung.  Hier  herrschten  wii'klich 
die  Gesetze,  eine  sorgtaltig  eingerichtete  Rechtspflege  schiitzte 
den  Biirger,  und  auch  die  Polizei  wartete  eifrig  ihres  Anites. 
Die  Strafen  erscheinen  wie  iiberall  in  diamaliger  Zeit  nach 
unseren  BegrifFen  hart    und   grausam,    wenn   es   gleich    her- 


Brande.    Sittea.  407 

vorgehoben  zu  werden  verdient,  dafs  die  weiter  iiii  Westen 
so  vielfach  llblicben  Verstiimmeluiigsstrafen  bier  erst  im 
16.  Jabrbundert  durcb  die  peiubcbe  Halsgericbtsordnung 
Karls  V.  eingeblirgert  werden.  Wenn  dann  docb  auch  in 
den  scblesischen  Stadten  nacb  dem  Zeugnisse  der  uns  er- 
baltenen  Malefizbiicber  Verbrecben  und  Vergeben  gegen  das 
Eigentum  uns  nicbt  eben  selten  begegnen,  so  triigt  die 
Hauptscbuld  die  damals  allgemein  geilbte  Gewobnbeit,  auch 
verbaltnismafsig  leicbtere  Vergeben  durcb  Verweisung  aus 
der  Stadt  zu  strafen.  Die  Masse  der  so  beimatlos  Geworde- 
nen,  das  Gescblecbt  der  fabrenden  Leute,  trieb  scbon  die 
Ifot  imraer  wieder  von  neuem  zu  Verbrecben,  vor  denen 
-dann  aucb  die  strengsten  Strafen  nicbt  scblitzen  konnten. 
Als  unseren  Anscbauungen  ganz  besonders  widersprecbend. 
miissen  wir  bezeicbnen  die  Art,  wie  gerade  die  nicbt  selten 
vorkommenden  Totscblage,  d.  b.  also  Totungen,  die  nicbt 
mit  Vorbedacht,  sondern  im  Jabzorne  infolge  eines  Streites  etc. 
verlibt  worden  waren,  bis  uber  das  Ende  des  bier  beban- 
delten  Zeitraumes  binaus  dem  eigentlicben  Strafrecbt  ent- 
zogen  und  eiuer  Siibneverbandlung  zwiscben  dem  Tbater 
und  den  Angeborigen  des  Getoteten  iiberlassen  bleiben. 
8olcbe  Slibne  pflegte  dann  dem  Tbater  verscbiedene  Ver- 
pflicbtungen  aufzulegen,  Zablung  von  Geldentscbadigungen 
an  die  Verwandten,  Stiftungen  frommer  Werke,  als  Seelen- 
messen  filr  den  Erscblagenen,  aucb  wobl  Seelbader,  d.  b. 
Stiftungen  von  unentgeltlicben  Badern  fur  Arme  etc.,  ganz 
besonders  baufig  aber  die  Erricbtung  sogenanuter  „Martern", 
Stein-  oder  Holzkreuze  zur  Erinnerung  an  den  Verblicbenen, 
daneben  oft  "\A'allfabrten  nach  entfernten  Gnadenstatten,  vor- 
nebmlicb  nacb  Aa^cben  und  nacb  Rom. 

Ungleicb  bautiger  nocb  als  in  den  Stadten  kamen  der- 
artige  Totscbliige  unter  den  Landedelleuten  vor,  deren  Sitten 
iiberbaupt  gerade  in  jener  Epocbe  sicb  mebr  und  mebr  ver- 
wildert  batten.  In  einer  Zeit,  wo,  wie  wir  bereits  oben  aus- 
fiibrten,  die  sogenannte  „Reiterei",  d.  b.  die  Gewobnbeit, 
Kaufleute  auf  ofFener  Heerstrafse  unter  irgendwelcbem  ge- 
sucbten  Vorwande  einer  Febde  oder  aucb  ganz  obne  einen 
solcben  zu  llberfallen  und  zu  berauben,  als  eine  Art  von 
Sport,  als  eine  Prarogative  des  Adels,  oder  wobl  gar  als 
ein  Akt  ausgleicbender  Gerecbtigkeit  gegeniiber  den  unge- 
recbt  erworbenen  Reicbtiimern  der  Kaufleute  betracbtet 
ward,  in  einer  Zeit,  wo  aufserdem  die  Sitte  wiister  Vollerei 
und  tjnmafsigkeit  im  Trinken,  die  das  16.  Jabrbundert  nocb 
weiter  ausbilden  sollte ,  ganz  besonders  unter  dem  Adel 
herrscbte,  darf  es  uns  nicbt  wundern,  wenn  man  dann  baufig 


408  Viertes  Bucb.     Fiiut'ter  ALscliuitt. 

in  der  Erregung  zum  Raufen  kam  und  audi  kleine  Ilaiidel 
mit  Zweikampfen  ausfocht,  die  hiiufig  genug  einen  blutigcn 
Ausgang  nalimen. 

Dabei  fehltc  es  jenem  Geschlechte  iiiclit  an  einer  ge- 
wissen  naturwllclisigen  Frommigkeit,  die  allerdings  reclit 
viel  Aufserliclies  an  sick  hatte.  AVie  diesclbe,  wenn  ander- 
weitige  giinstige  Dispositionen  dazu  traten,  bis  zu  eineni 
starken  Fanatisnms  entiiammt  werden  konnte,  zeigen  die 
oben  gescliilderten  Erfblge  Capistrans,  fur  gCAvoimlich  jedoch 
■vvar  das  leitende  Motiv  das,  der  Simdenvergcbung  sicliercr 
dadurch  teilhaftig  zu  werden,  dais  man  einesteils  sich  die 
Filrbitten  Irommer  Christen  sicherte,  anderseits  sick  durch 
Werke  der  Woklthatigkeit  der  kinimlischen  Barmherzigkeit 
wiirdiger  mackte.  Zu  solchem  Zwecke  waren  alle  zu  Upl'ern 
bereit.  Unzahlbar  sind  die  frommen  Stiftungen,  die  Seel- 
messen,  die  „  Seelgeriite ",  Einrichtuugen  von  Gedenktagen 
(Anniversarien) J  an  denen  vornelmilick  in  Klustern  liir  das 
Seelenheil  der  Stifter  und  ihrer  Voriabren  gebetet  -werden 
sollte.  Demselben  Zwecke  diente  eine  erkaufte  Grabstelle  in  der 
geweihten  Umfriedung  eines  Klosters  oder  der  Eintritt  eines 
Laien  in  die  Briiderscbaft  eines  Ordens.  Ja  es  bildeten 
sich  an  vielen  Orten,  auch  in  den  schlesischen  Stadten,  schon 
vom  14.  Jahrhundert  an  unter  den  Laien  selbst  fronmie 
Briiderschaften  verschiedencr  Art,  Liebfrauengilden  u.  dgl., 
welche  um  so  mehr  anzogen,  da  in  ihnen  bei  den  iibbcheu 
Versammlungen  neben  den  Ubungen  der  Frommigkeit  auch 
geselhge  Yergniigungen  nicht  ganz  ausgesclilossen  waren,  so 
dafs  sie  zugleich  eine  Art  von  Ressourceu  wurden.  Von 
den  iibnlicb  gearteten,  durch  ganz  Norddeutschland  ver- 
breiteten  Kalanden,  so  genannt,  weil  ihre  Mitgheder  an  alien 
Kalenden,  d.  h.  am  1.  jedes  ]\[onats  zusammenzukommen 
pflegten,  hat  sich  unter  diesem  Namen  wenigstens  in  Schle- 
sien  bisher  eine  Spur  nicht  nachweisen  lasseu. 

Im  allgemeinen  entsprach  es  iiberhaupt  den  Anschauungen 
der  Zeit,  den  korporativen  Vereinigungen  durch  das  Herein- 
ziehen  des  rehgicisen  Elementes  eine  gewisse  huhere  A^  eihe 
zu  geben.  Sowie  z.  B.  in  Breslau  bereits  seit  der  Mitte 
des  14.  Jahrhunderts  der  Eat  eine  eigene  Kapelle  mit  einem 
besonders  angestellten  Altaristen  liatte  (in  dem  kleinen  Erker 
am  Furstensaale),  so  besafsen  auch  hier,  wie  in  den  andern, 
wenigstens  den  grofsereu  schlesischen  Stadten,  viele  der  In- 
nungen  besondere  Zunftheihgtiimer  und,  wo  nicht  eigene 
Kirchen  oder  Kirchlein,  so  doch  an  die  Kirchen  angebaute 
Kapellen. 

Ein  Schritt  weiter  tuhrte  daun  zur  Einrichtung  von  be- 


Kirchlicher  Sinn,  fronime  Stiftuugen.  409 

sonderen  Familienheiligtumern;  eignen  an  die  Kirclien  ange- 
bauten  Kapellen,  die  dann  zugleich  als  Begrabnisstatten  der 
Familieuglieder  dienten;  wobei  meistens  ein  Kapital  zur 
Besoldung  eines  Altaristen  von  dem  Griinder  ansgcAvorfen 
iind  audi  die  Zustimmung  des  Bischois  eingeholt  Averden 
mufste;  daiiir  blieb  dann  die  Prjisentation  resp.  Bestellung 
eines  Priesters  fur  den  Altaristenposten  dem  Stii'ter  oder 
seinen  Erben  vorbehalten.  Die  Breslauer  Hauptkirchen 
weisen  eine  grolse  Menge  derartiger  Kapellen  auf.  Wer 
nicht  die  Geldniittel  zu  solch  umlanglicher  Stil'tung  besafs., 
mochte  wenigstens  sicb  dadurch  eine  besondere  Filrbitte 
sicbern,  dafs  er  ein  Altarleben  griindete;  namlicb  die  Besol- 
dung lur  einen  Altaristen  fundierte,  der  nun  wochentlich 
einige  ]\Iale  an  einem  bestimmten  vorliandenen  oder  auch 
wolil  lieu  erricbteten  Altare  Messe  las,  "wobei  dann  jedesmal 
des  Stifters  und  seiner  Familie  gedacbt  wurde.  Ungemein 
grois  Avar  die  Zalil  dioser  Altarstiltungen,  am  Ende  des 
15.  Jabrliunderts  zablte  die  Elisabetlikirche  zu  Breslau  122 
Altaristen  an  47  Altaren,  die  Magdalenenkircbe  ibrer  114 
an  58  Altaren. 

Die  Kircbe  bat  die  Grilndung  solclier  Stiftungen,  AA'elclie 
die  Zabl  der  Priester  vermebrte,  allezeit  begiinstigt,  obAA'obi 
docb  eigentlicb  in  solcber  Lokalisierung  des  Kultusbediirf- 
nisses  eber  etAA-as  dem  universellen  Cliarakter  der  katlio- 
liscben  Kircbe  Prajudizierlicbes  geiunden  AA~erden  konnte, 
und  obAA'obl  anderseits  die  Menge  von  grofstenteils  docb 
scblecbt  besoldeten  Klerikern  scbliefslicb  eine  Art  A'on 
geistlicbem  Proletariat  erzeugen  mufste,  das  dann  durcb  sein 
Verbalten  AA'obl  A'iel  zu  der  Diskreditierung  des  Priester- 
standes  beigeti^agen  bat,  die  Avir  im  16.  Jabrbundert  an  so 
A'ielen  Orten  wabriiebmen. 

Bei  vielen  dieser  geistlichen  Stiftungen  AA'aren  gleicb  von 
vornberein  aucb  Werke  dor  Wobltbatigkeit,  Verteilungen 
A'on  Almosen  u.  dgl.  in  Aussicbt  genommen,  und  jedenfalls 
geben  bier  namentlicb  in  den  titadten  allerorten  in  JScblesien 
Yergabungen  und  Veimiicbtnisse  fiir  Anne  und  Kranke  den 
eigentlicben  geistlicben  Stiftungen  zur  feeite.  Es  mag  nur 
der  eine  reclit  cbaraktcristiscbe  Zug  bervorgeboben  Averden, 
dafs  in  dem  bandscbriftlicb  erbaltenen  Famibenbucbe  der 
Kurnberger  Scbeurls  der  in  Breslau  ansassige  Stammvater 
Albrecbt  Scbeuerbn  uni  die  Mitte  des  15.  Jabrbunderts  bei 
jeder  grofsen  Abrecbnung  rait  seinen  Ilandelsgesellscbaftern 
als  ganz  selbstverstandbcb  eine  ansebnlicbe  iSumme,  einige 
bundert  Goldgalden,  von  dem  gemeinsamen  ReingeAviun  fur 
Almosen  u.  dgl.  vorAvegnimmt,   eine  Art    von  Selbstbesteue- 


410  A'iertes  Biich.     Fiinfter  Abschuitt. 

rung,  welche  uuch  fiir  die  Zukunft  eine  Fortdauer  giinstiger 
Erfolge  dadurch  sicli  erhalten  zu  konnen  hoffte,  dafs  man 
die  liebe  Armut  nach  Christenpflicht  an  dem  Gewinne  mit 
teilnehmen  lids.  So  hat  es  thatsachlich  nirgends  in  den 
sclilesisclien  Stadten  an  Almosenverteilungen,  an  Auf'nalune- 
stiitten  flir  Kranke  und  Hili'lose  get'ehlt.  Die  Ausiibung  der 
Armen-  und  Kraukenpflege  fiel  dann  allerdings  vorzugsweise 
den  Klostern  zu  und  insouderheit  auch  den  geit^tlichen  Kitter- 
orden,  denen,  wie  den  Johannitern,  den  Kreuzherren  mit  dem 
roten  Stern,  den  Briidern  des  heiligen  Geistes,  den  Hiitern 
des  heiligen  Grabe?^,  speziell  die  Krankenpflege  und  ahu- 
liehe  Liebeswerke  durch  ihre  Ordensregel  zur  Pflicht  ge- 
macht  waren. 

Gegenstande  besonderer  Stiftungen  waren  auch  vielfach 
die  AussJitzigenhospitaler,  meistens  den  Heiligen  Lazarus  und 
Georg  geweiht,  welche  die  Notwendigkeit,  bei  der  argen 
Ansteckungsfahigkeit  die  Kranken  in  besonderen,  vor  der 
Stadt  gelegenen  cigenen  Hiiusern  zu  isoheren,  in  den  meisteu 
schlesischen  Stadten  vielfach  schon  ini  13.  Jahrhundert  ent- 
stehen  liels.  Bekanntlich  verliert  sich  am  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts  die  entsetzliche  Krankheit,  oder  vielmehr  sie  wird 
abgelost  durch  eine  kaum  minder  schreckliche  Geifsel  des 
]\Ienschengeschlechtes,  die  Franzosenkrankheit^  die  Lustseuche, 
welche  dann  im  16.  Jahrhundert  die  Franzosenhospitaler  an 
die  Stelle  der  alten  Leproserien  treten  lafst. 

Man  kcinnte  bei  der  Besprechung  der  frommen  Stiftungen 
auch  die  hervorragendsten  und  bedeutendsten  derselben, 
namlich  die  eigner  Kluster,  wie  solclie  ja  in  Schlesien  fiirst- 
Uche  Freigebigkeit  in  so  grol'ser  Anzahl  ins  Leben  gerufen 
hat,  erwahnt  wissen  wollen,  doch  verdieut  hier  hervorge- 
hoben  zu  Averden,  dafs  von  den  etwa  64  Klostern  und  Stif- 
tern,  die  abgesehen  von  den  zahh'eichen  Niederlassimgen  der 
Johanniter^  sowie  den  Hiiusern  der  Beghinen  etc.  im  Mittel- 
alter  in  Schlesien  bestanden,  nur  der  allerkleinste  Teil  in  der 
Zeit  vom  Ausgange  des  14.  Jahrhunderts  bis  1526  entstan- 
den  ist,  so  dafs  hier  eigentlich  nui'  die  in  der  Zeit  Capistrans 
gegriindeten  Franziskanerkloster  der  strengeren  Richtung  zu 
nennen  sind,  und  wenn  die  mit  den  Liinderteilungen  und 
den  fortwahrenden  Kriegsnoten  zunehmende  Verarmung  der 
Fiirsten  dies  in  der  Hauptsache  erklart,  so  werden  wir 
doch  auch  bei  diesen  zugleicli  ein  Abnehmen  der  Neigung, 
fiir  solche  Griindungen  Opfer  zu  bringen,  konstatieren ,  ja 
iiberhaupt  aussprechen  diirfen,  dafs  die  Kloster  im  15.  Jahr- 
hundert nicht  entfernt  mehr  die  Bedeutung  fiir  die  Ein- 
wohnerschaft  im  grofsen  und  ganzen   hatten  wie  in  friiherer 


Geistliche  Stifter.     Geschichtschreibung.  411 

Zeit,  wo  die  „  Feldkloster "  des  hier  in  Scblesien  vorzugs- 
weise  vertretenen  Ordens  der  Oistercieuser ,  wie  Leubus, 
Trebnitz,  Heiurichau,  Kameuz,  Griissau  urn  die  Landes- 
kultur  und  die  deutsche  Kolonisation,  ganz  entsprecliend  der 
Praxis  ihres  Ordens,  sich  grofse  Verdienste  erworben  haben, 
wahrend  dagegen  die  Kloster  in  den  Stadten  vermoge  ilirer 
Sonderprivilegien  und  Exemtionen  mit  der  Entwickelung 
der  biirgerlichen  Selbstiindigkeit  und  der  Durchfubrung  der 
Gesetze  haufig  genug  in  Widerspruch  geraten  und  deshalb 
je  langer  je  melir  von  den  Biirgern  nicht  eben  mit  glinstigen 
Augen  angesehen  worden  sind. 


Wissenschaftliche  Bildung. 

Auf  der  andern  Seite  aber  vermogen  wir  auch  den 
schlesischen  Klostern  nicht  in  dem  Mafse,  wie  dies  an  an- 
deren  Orten  der  Fall  ist,  eine  Pflege  des  geistigen  Lebens, 
der  Wissenschaften  u.  s.  av.  nachzuriihmen,  und  gerade  eben 
die  bier  vorwiegenden  Cistercienserstifte  haben  vermoge  der 
mebr  praktischen  Richtung  ibrer  Wirksamkeit  nacb  der 
wissenscbaftlicben  Seite  es  an  sicb  feblen  lassen,  und  eben 
sie  erscheinen  hier  auf  litterariscbem  Gebiete  nur  durch  ge- 
ringfugigere  Arbeiten  vertreten,  wahrend  die  Augustiner  zu 
Breslau  eine  von  dem  Abte  Jodokus  von  Ziegenhals  (f  1447) 
begonnene  und  dann  noch  mehrfacb  fortgesetzte  Stiftscbronik 
und  eine  gleiche  auch  die  zu  Sagan  aut'weisen  konnen,  an 
deren  Spitze  dann  ein  Name  von  hervorragender  Bedeutung 
steht,  jener  Abt  Ludolf,  der  (von  Geburt  ein  Sachse)  in 
«eiuem  Traktat  iiber  das  lange  Schisma  uns  die  einzige 
gleicbzeitige  Quelle  fiir  die  Anfange  der  fiir  Sclilesien  so 
folgenreich  gewordenen  hussitischen  Bewegung  gehefert  hat. 
Den  Augustinern  zu  Glatz  hat  der  kluge  Abt  Michael 
von  Neifse  eine  riihmenswerte  Chronik  geschenkt,  und  auch 
die  Pramonstratenser  zu  St.  Vinceuz  vor  Breslau  haben  am 
Ende  des  ]\littelalters  in  Nik.  Liebenthal  einen  Chi'onisten 
gefunden,  der  mit  bewundernswurdigem  Geiste  nicht  nur 
die  Geschichte  des  Stiftes  verfafste,  sondern  auch  nebcn 
sonstigem  historischem  Material  zugleich  die  Urkuuden  des 
Stiftes  zusammeutrug  und  damit  zwei  stattliche  Fohanten 
fullte. 

In  diesem  Stifte  erinnerte  man  sich  jetzt  auch  des  sagen- 
haften  Griinders  Peter  Wlast  und  stellte  eine  Biographic 
desselben  zusammen,  die  fiir  uns  nicht  ohne  Wicbtigkeit  ist, 
insofern  ihr  eine  verlorene  alte  Quelle  des  12.  oder  13.  Jabr- 
bunderts    zugrunde    liegt.      Sonst    bat    uns     die    schlesische 


412  Viertes  Bucli.     PTiuftcr  Abschnitt. 

Geistlichkeit  mit  Chroniken,  die  aus  dem  engen  Rahmen 
eines  Klosters  heraustreten ,  schlecht  versehen;  die  Annalen 
des  Breslauer  •Domgeistliclien  Sigismund  Kositz  erlialten  that- 
siichlich  ilire  Bedeutung  nicht  durch  ihreii  inneren  Wert, 
sondern  durch  den  beklagenswerten  Mangel  an  sonstigen  Nach- 
richten  aus  jener  Zeit,  und  schon  die  Chronik  des  Bres- 
lauer Augustinerabtes  Benedikt  Johnsdort  iiberragt  sie  an 
Wichtigkeit,  ■vvenngleich  dessen  selbstiindige  Naohricliten  nur 
die  Zeit  von  1470 — 1400  umfassen.  Eiu  nicht  geringes 
Verdienst  aber  hat  sich  um  Schlesien  der  Brieger  Burger- 
meisterssohn  Barth.  IStein  (Sthenus),  ein  Mitglied  des  Johan- 
niterordens,  erworben,  der  um  das  Ende  des  15.  Jahrhunderts 
eine  uns  sehr  wert voile  Beschreibung  Schlesiens  und  dann 
noch  besonders  eine  Beschreibung  Breslaus  verfafste.  Es- 
mutet  uns  freundlich  an,  wenn  wir  vernehmen,  dais  er  diese 
Schriften  verfafst  habe,  um  der  ihm  betriiblich  dilnkenden 
Unkenntnis,  welche  auiserhalb  der  schlesischen  Grenzen  liber 
dieses  schone  Land  herrsche,  abzuhelfen. 

Jedent'alls  kann  alles,  Avas  die  schlesische  Geistlichkeit 
jener  Epoche  fur  die  Darstellung  der  vergangenen  Zeit  ge- 
leistet  hat,  in  keiner  Weise  auch  nur  in  Vergleich  gestellt 
werden  mit  dem  gewaltigen,  trotz  aller  seiner  Schwiichen, 
der  nationalen  Eitelkeit  und  der  selbst  von  willkilrlicher 
Eitindung  nicht  freien,  hiiutig  unkritischen  Art  der  Ge- 
schichtschreibung,  doch  bewundernswiirdigen  Werke  der  Ge- 
schichte  Polens  des  Krakauer  Kanonikus  Johann  Dlugosz 
(t  1480),  die  auch  fiir  Schlesien  eine  Geschichtsquelle  ersten 
Ranges  bildet;  aber  auch  unter  den  einheimischen  Schrift- 
stellern  stehen,  was  den  asthetischen  ^A'ert  anbetrifft,  die 
geistlichen  ISchriltsteller  jener  Zeit  den  weltlichen  nach,  jenem 
schlichten  Blirgcr  Martin  von  Bolkenhain,  der  uns  leider 
nur  in  Fragmenten  so  lebensvolle  ergreifende  Bilder  aus 
den  Hussitenzeiten  hinterlassen,  und  dem  beriihmten  Bres- 
lauer Stadtschreiber  Peter  Eschenloer ,  der  die  Zeit  der 
Kiimpfe  seiner  Stadt  gegen  Konig  Georg  Podiebrad  ein- 
gehend,  lebendig  und  mit  vvirklichem  politischen  Verstiindnis  [ 
schildert.  Er  ist  es  eigentlich  fast  allein,  der  in  einer  Dar-  ! 
stellung  der  mittelalterlichen  Geschichtschreibung  Schlesien 
wiirdig  zu  vertreten  vermag. 

Unter  den  schlesischen  Fiirsten  sind  es  thatsachlich   nur 
die  Liegnitz- Brieger  Herzilge,    denen  wir    eine   gewisse  Be-  I 
gilnstigung  von  Kunst   und  "Wissenschalt   nachriihmen    kon-  j 
nen.     In  ihnen  Avar  ja  die  Eriunerung  an  grofse  Vorfahren,  I 
vor  allem  an  die  heihge  Hedwig,  noch  am  meisten  lebendig, 
und  soAvie  unsero  Hauptquellen    fiir   das    13.    und  14.  Jahr- 


Schlesische  Chroniken.  413 

hundert,  das  Cliroiiicon  Polono-Silesiacum  und  die  Chronica 
principum  Poloniae  auf  Brieg  und  das  dortige  Kollegiatstift 
zur  heiligen  Hedwig,  eine  Grilndung  Herziog  Ludwigs  I. 
(1352 — 1398)  himveisen,  so  ist  aiich  jene  uns  sehr  wert- 
volle  alteste  bildliche  Darstellung  des  Lebens  der  heiligen 
Hedwig  mit  deutschem  Text,  von  einem  gewissen  Xikolaus 
aus  Preufsen  in  der  ^'orstadt  von  Lllben  1353  verfafst, 
wahrsoheinlich  auf  Anregung  dieses  Herzogs  unternommen, 
jedenfalls  aber  von  Ludwig  erworben  und  dem  erwahnten 
Hedwigsstifte  geschenkt  worden.  Ein  anderer  Herzog  der- 
selben  Linie,  der  Johanniterritter  Ruprecht,  hat  dann  1380 
diese  Bilder  noeh  einmal  fur  sich  kopieren  lassen  und  ein 
Breslauer  Patrizier,  Anton  Hornig,  endlich  1451  das  latei- 
nische  Original  der  Hedwigslegende  vollstandig  verdeutschen 
lassen  unter  Reproduktion  der  Bilder.  Die  Liegnitzer  Her- 
zoge,  Georg  I.  (1488  —  1521)  und  Friedrich  II.  (1488  —  1547), 
haben  dann  im  Jahre  1506  filr  sich  auch  eine  deutsche 
Ubersetzung  und  Fortfilhrung  der  alten  Chronica  princi})um 
Poloniae  veranlafst. 

Es  fehlt  nun  sonst  nicht  an  Kamen  von  schlesischen 
Gelehrten  aus  der  gedachten  Zeit,  Theologeu,  Philosopheu, 
Medizinern,  Alchymisten,  fur  deren  Aufzahlung  doch  in 
dieser  kurzen  Ubersicht  nicht  der  Ort  ware,  und  nur  der 
Kuriositat  wollen  wir  hier  eines  merkwiirdigen  Reisenden 
gedenken,  eines  schlesischen  Edelmannes  im  Dienste  Kaiser 
Friedrichs  III.,  Nikolaus  von  Popplau,  der  als  eine  Art  von 
fahrendeni  Ritter  in  den  Jahren  1483 — 1486  Westeuropa 
durchzog  und  an  den  Hofen  von  Burgund,  England,  Spanien, 
Portugal,  Frankreich  grofses  Aufsehen  erregte,  gleichzeitig 
durch  die  Kcirperslarke,  mit  welcher  er  einen  gewaltigen 
Spiefs,  den  andere  nicht  einmal  aufzuheben  vermochten,  zu 
handhaben  wufste,  wie  durch  die  Gewandtheit  im  Gebrauch 
der  lateinischen  Sprache,  worin  er  es  mit  alien  Doktoren 
aufnahm.  Er  ist  1489  auf  einer  Reise  nach  dem  Orient  zu 
Alexandrieu  gestorben.  Das  uns  erhaltene  Tagebuch  seiner 
ersten  Reise  zeigt  ihn  als  einen  aufmerksamen  Beobachter 
der  Eigentiiralichkeiten  von  Land  und  Leuten  auf  seinen 
Wanderzilgen. 

Im  grofsen  und  ganzen  Avird  man  sagen  konuen,  dais 
die  Pflege  der  Wissenschaften  in  Schlesien  im  15.  Jahrhun- 
dert  durch  die  Ungunst  der  Zeit  etwas  darnieder  gehalten 
worden  ist. 

Es  wurde  das  alles  anders  aussehen,  wenn  so  giinstige 
Zeiten,  wie  sie  einst  Karls  IV.  Herrschaft  fiir  Schlesien 
heraufgefiihrt ,   fortgedauert   batten,    aber    unter   den    wilden 


414  Viertes  Buch.     Fiinfter  Abschnitt, 

Stiirmen  der  Hussltenkilmpi'e  ging  das  Beste  zugrunde;  da 
tuhrten  die  Streiter  das  Wort,  und  in  weiten  Kreisen  inter- 
essierte  man  vor  allem  sich  liir  Manner,  welche  die  ver- 
hafsten  Czeelien  vom  religiosen  Standpunkte  als  Feinde  der 
Christenheit  bekampften,  wie  dies  z.  B.  jener  Breslauer 
Domkantor  Nikolaus  Tempelteld  aus  Brieg-  gethan,  der  in 
der  Zeit  der  Podiebradschen  Kampfe  in  Breslau  einen  gi-olen 
Einfluls  ausiibte.  Seine  verschiedenen  Traktate  gegen  Georg 
Podiebrad,  in  denen  ein  gewisses  Mafs  von  Gelehrsanikeit 
mit  einer  leidenschaftlichen  Beredsamkeit  verbunden  erscheint, 
tind  welche  neben  der  religiosen  Seite  ebensowolil  den  na- 
tionalen  Gesichtspunkt  berucksiehtigen,  fanden  auch  in  Laien- 
kreisen  gi'ofsen  Anklang. 

In  keinem  Falle  aber  wiirde  man  den  Schlesiern  eine 
Unterschatzung  des  Wertes  gelehrter  Bildung  nachsagen 
konnen.  In  wie  vielen  Stllcken  auch  der  Osten  Deutsch- 
lands  dem  Westen  nachsteht,  hier  scheint  er  den  Vergleich 
nicht  scheuen  zu  diirlen.  Das  Schulwesen  war  von  An- 
fang  an  hier  ein  Gegenstand  grofser  Aufmerksamkeit  seitens 
der  deutschen  Kolonisten  gewesen.  Neben  den  Schulen, 
welche  die  grofseren  Kloster,  vor  allem  die  zahlreichen  Kol- 
legiatstifter  hielten,  schufen  doch  auch  die  Stiidte  i'ur  .sich 
besondere  Schulen,  und  wir  vermogen  noch  aus  dem  13.  Jahr- 
hundert  resp.  aus  dem  Ant'ange  des  14.  solche  Stadtschulen 
in  Breslau  (zwei  bei  den  beiden  stiidtischen  Pt'arrkirchen 
St.  Ehsabeth  1267  und  Maria  Magdalen  a  1293),  Leobschiitz 
1270,  Schweidnitz  1289,  Brieg  1292,  Sagan,  Grottkau, 
Reichenbach,  Liiben,  Glogau,  Liegnitz  nachzuweisen ,  und 
die  letztere  scheint  sogar,  in  ihren  Zielen  iiber  das  Elemen- 
tare  hinausgehend,  gleich  der  Breslauer  Domschule  gram- 
matische,  logische  und  naturwissenschaftliche  Studien  ge- 
trieben  zu  haben.  Wir  vermogen  auch  nachzuweisen,  dafs 
die  Schulen  in  Breslau  wie  in  andereu  schlesischen  Stadten 
im  15.  Jahrhimdert  erweitert  und  gefordert  worden  sind; 
auch  die  Wohlthatigkeit  der  Burger  hat  sich  vielfach  dui'ch 
Stiftungen  mancherlei  Art  den  Schulen  zugewendet,  und 
wenn  es  wahr  ist,  dafs  zu  Jauer  in  der  Zeit  vor  1526  ein 
Statut  erlassen  Avorden  ist,  dem  zutblge  dort  alien,  die  nicht 
lesen  und  sclireiben  gelernt  batten,  das  Biirgerrecht  versagt 
bleiben  sollte,  so  ware  das  immerhin  ein  bemerken-swertes 
Zeichen  fortgeschrittener  Bildung. 

Allerdings  scheint  gerade  in  der  schlesischen  Hauptstadt 
am  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  das  Schulwesen  etwas  in 
Verfall  gekommen  zu  sein.  Die  Schilderungen ,  welche  uns 
der    Schweizer    Thomas   Platter    in    seiner    Selbstbiographie 


Schulwesen  in  Schlesien.  415^ 

liefert,  kliugen  wenig  erbaulich,  sie  zeigen  uns  in  schlechteu, 
unreinlichen  Lokalen  schleclit  clisziplinierte  Haufen  von 
Schiilern,  bis  zu  ueun  Klassen  in  einem  und  demselben  Lo- 
kale  gleichzeitig  unterrichtet  und  auf  das  Diktieren  ange- 
wiesen,  da  gedruckte  Bllcher  noch  mangeln,  und  das  all- 
gemeine  Urteil  Platters  lautet,  viel  studiert  wiire  hier  nicht 
worden.  Selbst  die  Neilser  Schulen  iibertreffen  die  Breslaus^ 
und  erst  nach  der  Reformation  Breslaus  hebt  sich  intblge 
dei'  Bemiihungen  von  Miinnern  wie  Job.  Hefs  und  Ambrosias 
Moiban  das  Breslauer  Schulwesen;  die  rechten  durchgreifen- 
den  Reformen  aber  datieren  erst  aus  der  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts. 

Dagegen  mufs  hervorgehoben  werden,  dal's  schon  vom 
13.  Jahrhundert  an  der  Besucb  von  Hochschulen  diirch 
Scblesier  keineswegs  zu  den  Seltenheiten  gehorte,  und  dafs 
auf  den  italieniscben  Hochschulen  nicht  wenige  schlesische 
Greistliche  akademische  Grade  erlangt  haben.  Auf  den  Uni- 
versitaten  zu  Prag  (gestiftet  1348),  zu  Krakau  (gestiftet 
1364)  und  Wien  (gestiftet  1378)  waren  die  Schlesier  liber- 
aus  zahlreich  vertreten. 

Es  mufs  auch  den  Breslauer  Bischofen  nachgeriihmt  wer- 
den, dafs  sie  immer  aufs  neue  die  Erlangung  einer  aka- 
demischen  Bildung  ihren  Kanonikern  eingescharft  haben. 
So  hat  Bischof  Wenzel  1411  eine  Reihe  aufserordentlicher 
Einnahmen  fur  seine  Kanoniker  davon  abhiingig  gemacht, 
dafs  dieselben  entweder  auf  einer  privilegierten  Universitat 
drei  Jahre  studiert,  oder  aber  einen  akademischen  Grad  erlangt 
batten,  und  sein  Nachfolger,  Bischof  Konrad,  gestattete  den 
Auslandern,  die  sein  viel  angefeindetes  Edikt  von  1435  von 
den  Breslauer  Domptriinden  ausschlofs,  ausnahmsweise  den 
Zuti'itt  auf  Grund  einer  akademischen  Wiirde.  Und  als 
dann  zu  Bischof  Rudolfs  Zeit  der  in  weiten  Kreisen  gehegte 
Wunsch,  durch  eine  akademische  Wiirde  sich  ausgezeichnet 
zu  sehen,  zur  Erkaufung  von  Diplomen  trieb,  trat  der 
Bischof  1476  diesem  Mifsbrauche  dadurch  entgegen,  dafs  er 
die  Anerkennung  der  Wiirde  nur  auf  Grund  des  nachge- 
wiesenen  akademischen  Trienniums  und  der  abgelegten  Prii- 
fung  gewahrte. 

Als  im  Jahre  1409  infolge  der  hussitischen  Unruhen 
drei  der  vier  hier  vereinigten  sogenannten  „Nationen"  die 
Prager  Hochschule  verliefsen,  weil  man  ihnen  zumutete,  dafs 
foi-tan  die  eine  czechische  Nation  ebenso  viel  zu  sagen  haben 
sollte  als  die  drei  andern  zusammen,  bestand  eine  der  drei, 
die  sogenannte  polnische  Nation,  zum  grcifsten  Teil  aus 
Schlesiern  nebst  einigen  Preufsen,  da  die  Polen  seit  Stiftung 


416  Vicrtes  Biich.     Fiinfter  Abschnitt. 

ihrcr  Jagollonisclien  Universitat  diese  bcvorzugten ;  imd  da 
aurserdem  die  Fiihrer  der  ganzen  Bewegung,  der  derzoitige 
Rektor  der  Universitat,  Joluinn  von  j\[unsterberg  und  der 
Dekan  Johann  Hoffmann  von  Schweidnitz,  Schlesier  waren, 
so  ward  von  ihnen  zuniichst  Breslau  als  Zuflucht  fiir  die 
Auswandernden  vorgeschlagen ,  und  nur  die  zu  weit  nach 
Osten  geschobene  Lage  dieser  Stadt  hinderte  die  Wahl 
dieses  Ortes,  an  dessen  Stelle  nun  Leipzig  trat.  In  dieser 
neuen  Universitat  sehen  Avir  dann  die  ISchlesier  eine  sehr 
bedeutende  Rolle  spielen,  weniger  durch  die  Zahl  der  sclile- 
sischen  Studenten,  da  die  schweren  Kriegszeiten  im  15.  Jahr- 
bundei't  hindernd  dazwischen  traten,  wohl  aber  durch  die 
reich  dotierte  schlesische  Stil'tung  des  Liebfrauenkollegs  und 
nicht  minder  durch  die  Zahl  der  hier  wirkenden  aus  Schle- 
sien  stammendeu  Lehrer,  wie  denn  in  dem  Zeitraum  von 
1409 — 1500  nicht  weniger  als  25  Schlesier  das  Rektorat 
der  Universitat  Leipzig  verwaltet  haben. 

Aber  audi  auf  vielen  andern  deutschen  Uuiversitiiten,  in 
Rostock,  Erfurt  und  sogar  in  dem  fernen  Herford  begegncn 
wir  vielfach  schlesischen  Docenten  und  Studenten,  ja  solbst 
Stiftungen  fur  Schlesier,  in  Wittenberg  war  der  Rektor, 
welcher  1508  Luther  als  Professor  inskribierte ,  Nikolaus 
Faber,  ein  Schlesier,  und  in  Wien  gab  1528  ein  Schlesier, 
Christoph  Rudolf  aus  Jauer,  das  erste  Buch  liber  Algebra 
heraus. 

Alle  diese  Anfiihrungen  geben  in  ihrer  Gesamtheit  doch 
ein  anderes  Bild,  als  wir  es  von  jener  Zeit  aus  dem  deut- 
schen Sudwesten  erhalten,  wo  uns  z.  B.  von  Ulm  Felix 
Faber  um  1490  berichtet,  in  seiner  Jugend,  also  um  die 
Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  sei  unter  1000  Geistlichen  nicht 
einer  gewesen,  der  nur  eine  Universitatsstadt  gesehen  habe, 
und  ein  Magister  oder  Baccalaureus  der  Universitat  sei  wie 
ein  Wunder  angestaunt  worden. 

Gegen  das  Ende  des  15.  Jahrhunderts  erreicht  nun  die 
merkwurdige  geistige  Bewegung  des  Humanismus,  in  wel- 
cher das  Wiederaufleben  der  klassischen  Studien  seinen 
Ausdruck  findet,  auch  unser  Schlesien.  Vorausgeeilt  war 
ihr  naturgemafs  jene  Erfindung,  welche  ja  mehr  als  irgend- 
eine  andere  das  geistige  Leben  der  Menschheit  vorwarts 
gebracht  hat;  im  Jahre  1475  druckte  der  Unterkantor  der 
Kreuzkirche,  Kaspar  Elyan,  nachmals  Domherr  hierselbst, 
das  erste  Buch  in  Schlesien,  die  Synodalstatuten  des  Bres- 
lauer  Bischofs  Konrad;  allerdings  blieben  die  Produkte 
seiner  Presse  auf  engere  Kreise  beschriinkt,  bis  dann  Kon- 
rad  Baumgarten   um    1503     humanistische   Dichtungen    von 


Gelehrsamkeit,  Humanismus.  417 

Lorenz  Rabe  (Corvinus)  unci  Sigmund  Buchwald  (Fagi- 
lucus)  iind  dann  1504  jene  jetzt  sehr  selten  gewordene,  da- 
mals  aber  viel  verbreitete  illustrierte  Hedwigslegende  ver- 
oifentlichte.  Die  Buclidruckerkunst  lieferte  dem  Humanis- 
mus seine  Waffen. 

Wie  es  das  Eigentiimliche  dieser  Bewegung  war,  dafs 
sie  ilber  alien  nationalen  Stromungen  stehend,  die  hoher  ge- 
bildeten  Geister  aller  Nationen  zu  einer  grofsen  Gelehrten- 
republik  verknupt'te,  die  im  Latein  ihre  iiberall  verstandene 
Universalsprache  hatte,  so  zeigte  sie  ihre  Wirkung  auch 
darin,  dafs  sie  nach  Schlesien,  wie  es  scheint,  ihre  ersten 
Strahlen  gesandt  hat  von  der  polnischen  Hochschule  Ka-akau 
aus,  wo  neben  den  hergebrachten  scholastischen  Wissen- 
schaften,  die  auch  hier  vornehmlich  von  Schlesiern,  Michael 
von  Breslau  und  Johann  von  Glogau  gelehrt  wurden,  doch 
auch  die  humanistischen  Studien  eine  so  eifrige  Pflege  fan- 
den,  wie  dies  in  Deutschland  sonst  nur  in  Erfurt  geschah. 
Hier  ging  aus  dem  Kreise,  den  der  grofse  Wanderapostel 
des  deutschen  Humanismus ,  Konrad  Celtes,  urn  sich  sam- 
melte,  neben  dem  Breslauer  Sigismund  Gossinger  (Fusilius), 
auch  der  grofste  schlesische  Humanist  hervor,  Lorenz  Rabe 
(Corvinus),  der  Sohn  eines  Kurschners  aus  Neumarkt,  der 
mit  seiner  Cosmographia,  seinem  in  25  Auflagen  gedruckten 
gramraatischen  Werke  Hortulus  elegantiarum  und  seinem 
lateinischen  Ubungsbuche  Latinum  ydeoraa  einen  grofsen 
Einflufs  auf  die  Zeitgenossen  iibte  und  zugleich  als  Lehrer 
in  Schweidnitz  und  Breslau  wirkte,  um  dann  1503  in  das 
wichtige  und  einflufsreiche  Amt  eines  Breslauer  Stadt- 
schreibers  berufen  zu  werden. 


Plan  einer  Breslauer  Universitat. 

In  der  schlesischen  Hauptstadt  war  schon  friih  das  lu- 
teresse  flir  humanistische  Studien  rege  geworden,  so  dafs 
Celtes  seinen  Freund  Corvinus  aufforderte,  „die  herrliche 
Stadt  Breslau ''  in  seiner  neuen  Stellung  berllhmt  zu  machen. 
Wesenthch  das  humanistische  Interesse  war  es  ja  nun  auch 
gewesen,  welches  1505  zu  dem  Versuche  der  Griindung  einer 
eigenen  Universitat  in  Breslau  gefiihrt  hatte. 

In  dem  Interesse  fur  humanistische  Studien  begegneten 
sich  um  den  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  die  einflufsreich- 
sten  Manner  Breslaus:  der  Bischof  von  Breslau,  Johann  IV. 
Roth,  den  Zeitgenossen  als  hervorragenden  Gelehrten  riili- 
men ,  der  Hauptmann  des  Filrstentums  Breslau ,  Hans 
Haunold    und    vor    allem    der    gelehrte    Stadtschreiber    von 

Grunliagen,  Gescli.  Schlesieus.     1.  ''-^ 


418  Viertcs  Bucli.     Fiinfter  Abschnitt. 

Breslau,  Gregor  ^lorenberg,  und  schnell  ward  in  diesem 
Kreise  der  Plan  gefafst,  in  Breslau  eine  eigene  Universitat 
zu  griinden,  wozu  auch  der  papstliche  Legat,  Kardinal 
Peter,  aufmunterte,  der  von  dem  vielfach  bewiesenen  recht- 
glaubigen  Eifer  der  Breslauer  durch  die  neu  zu  griindende 
Hochschule  ein  erwunschtes  Gegengewicht  hergestellt  zu 
sehen  hofFte  gegen  die  allerlei  hussitischen  und  wiklefitischen 
Ketzereien  anhangende  Prager  Universitat.  Fiir  den  Plan 
die  Zustimniung  des  allezeit  willigen  Konigs  Wladyslaw  zu 
erlangen ,  hielt  nicht  scliAver ,  derselbe  stellte  unter  deni 
20.  Juli  1505  einen  formlichen  Stiftungsbrief  aus  und  pro- 
klamierte  darin  die  Griindung  eines  „  allgemeinen  Gym- 
nasiums der  Wissenschaften ''  in  der  Hauptstadt  des  ganzen 
Schlesiens,  „welche  durch  ihre  Gelehrsamkeit  (humanitate) 
alle  Stadte  Deutschlands  libertreffe".  Aber  auch  das  Schwie- 
rigere,  die  Mittel  zu  solcher  Griindung  zu  beschafFen,  schien 
gelingen  zu  sollen,  zunachst  stand  die  reiche  Dotation  des 
schlesischen  Liebfrauenkollegs  zu.  Leipzig  nach  einer  Klausel 
der  Grundungsurkunde  fur  solchen  Zweck  zur  Verfugung, 
dann  sollten  die  Pfriinden  des  Breslauer  Kreuzstiftes ,  fiir 
Avelche  der  Landesherr  das  Vorschlagsrecht  hatte,  zur  Do- 
tierung  von  Professorenstellen  verwendet  werden;  weitere 
Zuwendungen  erAvartete  man  von  dem  Bischof  und  dem 
Papste. 

Schon  hatte  die  Stadt  auf  dem  Elisabethkirchhofe  pro- 
visorisch  ein  holzernes  Gebiiude  fiir  die  neue  Hochschule 
errichtet.  Doch  als  die  Sache  nach  Rom  kam  zur  Be- 
statigung,  bHeb  diese  aus;  von  Krakau  aus,  wo  man  bei 
der  neuerdings  wieder  enger  gekniipften  gelehrten  Verbin- 
dung  mit  Schlesien  eine  Schmalerung  der  Jagellonischen 
Hochschule  furchtetC;  ward  eifrig  jenem  Plane  entgegen- 
gearbeitet,  auch  fanden  die  Breslauer  nicht  den  rechten 
Weg,  um  Papst  Julius  H.  dem  Plane  giinstig  zu  stimmen ; 
dazu  starben  gerade  1506  zwei  der  Hauptgonner  des  Unter- 
nehmens,  der  Landeshauptmann  Haunold  und  Bischof  Jo- 
hann  von  Breslau,  es  zeigte  feruer  das  Kapitel  des  haupt- 
sachlich  in  Frage  kommenden  Hochstiftes  zum  heiligen 
Kreuz  nicht  allzu  viel  Neigung,  einen  Teil  seiner  Pfriinden 
fiir  akademische  Interessen  verwendet  zu  sehen.  Die  Stadt 
Breslau  selbst,  damals  in  Streitigkeiten  wegen  der  Nieder- 
lage  verwickelt  und  von  Fehden  bedroht,  war  zwar  zu 
Opfern  bereit,  Gregor  Morenberg  vermochte  aber  doch  die 
sinkende  Sache  nicht  allein  zu  halten,  und  so  blieb  denn. 
der  Plan  von  1505  thatsiichlich  unausgefiihrt. 


Kiinste.  419 


Kiinste. 


In  der  Stiftungsurkuncle  der  in  Aussicht  genomraenen 
Universitat  wird  ausgesprochen,  dafs  deren  Sitz  Breslau,  die 
Hauptstadt  des  ganzen  Schlesiens ,  durch  die  wunderbar 
gliickliche  Lage  und  die  Trefflichkeit  der  Hauser  und  mo- 
numentalen  Bauten  und  dazu  durch  die  Bildung  ihrer  Bur- 
ger sich  vor  alien  deutschen  Stadten  auszeichne.  Es  mag 
in  diesem  hohen  Lobspruche  manches  auf  Rechnung  der 
Gewohnheit  jener  Zeit  zu  setzen  sein,  Urkunden  dieser  Art 
mit  schonen  Redensarten  zu  verbramen,  aber  wir  werden 
es  docli  begreifen,  dafs  unser  Breslau  mit  seinem  Reichtume 
an  stattlichen  gotischen  Kirchen,  mit  seinem  uniibertroffenen 
Rathaus,  dessen  Hauptfacade,  die  slidliche,  vom  Jahre  1471 
an  ausgebaut  worden  war,  und  mit  den  zahlreichen  stolzen 
Giebelhausern,  namentlich  am  Ringe,  bei  denen  haufig  die 
alte  kunstvoUe  Anlage  noch  dui'ch  spatere  Verballhornung 
hindurchschimmertj  wohl  als  hervorragend  unter  den  deut- 
schen Stadten  angesehen  werden  mochte.  Einen  ganz  be- 
sonderen  Schmuck  erhielt  1482 — 1486  die  Hauptkirche  der 
Stadt  zu  St.  Elisabeth  durch  die  aufgesetzte  Pyramide  des 
Turmes,  welche  bis  zur  Hohe  des  Wiener  Stephansturmes 
emporstieg,  aber  1529  durch  ein  Unwetter  auf  den  Ring 
herabgeschmettert  ward,  gllicklicherweise  ohne  Schaden  an- 
zurichten. 

Auch  sonst  verdient  es  anerkannt  zu  werden,  dafs  ti'otz  der 
Abgelegenheit  Schlesiens  von  den  Mittelpunkten  altdeutscher 
Kunstthatigkeit  hier  in  Schlesien  und  vornehmlich  in  Breslau 
die  bildende  Kunst  eifrig  gepflegt  und  so  Breslau  wiederum 
fiir  die  noch  mehr  zurtickgebliebenen  Lander  des  Ostens 
ein  Vorbild  deutschen  Kulturlebens  geworden  ist. 

Fiir  den  Reichtum  an  Kleinodien  und  Kunstwerken  im 
Besitze  der  Kirchen,  den  schon  Barth.  Stein  riihmend  her- 
vorhebt,  zeugen  mehr  noch  als  die  uns  erhaltenen  Reste  alte 
Schatzverzeichnisse ,  doch  auch  das  Museum  schlesischer 
Altertiimer  besitzt  manches  Schau-  und  Schmuckstiick  treff- 
Hcher  Arbeit,  und  neben  der  beriihmten  erzenen  Grabplatte 
des  Bischofs  Johann  Roth,  einem  Werke  Peter  Vischers  von 
1496  im  Breslauer  Dom,  konnen  sich  das  Grabmal  des 
Landeshauptmannes  Sebastian  Monau  in  der  EUsabethku-che, 
von  unbekanntem  Kiinstler,  und  von  Bildhauerarbeiten  das 
Sakramenthauschen  des  Schlesiers  Nikolaus  Tauchan  in  der 
EHsabethkirche,  sowie  die  jetzt  in  die  Front  der  Elftausend- 
jungfrauenkirche  eingemauerten  Skulptm-en  des  alten  Nikolai- 


420  Viertes  Buch.     Fimfter  Abschnitt. 

thores  unci  die  des  alten  Oderthores  zu  Glogaii  wohl  selien 
lassen.  Bemerkenswert  ersclieint  daun  auch  das  Grabmal 
des  Breslauer  Patriziers  Peter  Jenckwitz  vom  Jahre  1488 
in  der  dortigen  Elisabethkirclie  als  ein  aulfallend  frilhes 
Beispiel  eines  Renaissaneewerkes,  welche  Kunstrichtung  hier- 
her  anscheiuend  nicht  aus  Deutschland,  sondern  aus  Polen 
resp.  Ungarn  gekommen  ist. 

Vor  allem  ward  in  Sclilesien  im  15.  Jahrhundert  Grofses 
geleistet  auf  dem  Gebiete  der  Holzschneidekunst.  Nachdem 
die  Verwiistungen  der  Hussitenkriege  an  vielen  Orten  die 
Altiire  ihres  Schmuckes  beraubt  batten,  entstand  bier,  wo 
schon  seit  1390  eine  besonders  konstituierte  und  privilegierte 
Ziiuft  der  Maler  und  Bildbauer  sich  gebildet  batte,  eine  be- 
sondere  Scbide  dieser  von  Malern  gepflegten  Kunst,  die  dann 
dui'cb  das  ganze  Land  zerstreut,  in  zabb-eicben  Scbnitzaltiiren 
Werke  hervorgebracht  haben,  Avelcbe  Kenner  zu  dem  Besten 
recbneu,  was  altdeutsche  Kunst  geschaffen  hat. 

Recht  wenig  dagegen  haben  wir  zu  berichten,  wenn  wir 
uns  nun  zu  der  Kunst  wenden,  die  in  spaterer  Zeit  so  eit'rig 
gerade  in  Schlesien  kultiviert  worden  ist,  der  Dichtkunst. 
Urasonst  suchen  ^yir  im  14.  und  15.  Jahrhundert  hier  nach 
Manuern,  welche  die  Tone  echter  Poesie,  wie  sie  einst  am 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  Herzog  Heinrich  von  Breslau 
so  rlihrend  anzusclilagen  verstanden  hatte,  weiter  vererbt 
batten;  weder  von  den  Hohen  der  Gesellschaft ,  noch  aus 
der  Tiefe  des  Volkslebens  klingt  uns  ein  Lied  entgegen,  und 
ein  uns  erhalteues  Osterspiel  des  15.  Jahrhunderts,  das  wohl 
in  dem  schlesischen  Grenzgebirge  seinen  Ursprung  hat,  kanu 
uns  mit  seinem  derbeu  Humor,  der  in  die  heilige  Handlung 
sich  einmischt,  nur  miifsig  anmuten.  Wohl  scheint  es  an 
Interesse  fiir  Poesie  hier  nicht  ganz  zu  felilen,  wie  denn 
z.  B.  der  Dialog  von  Hans  Sachs  iiber  den  Geiz  (1524)  an 
Hans  Odrer  zu  Breslau  gerichtet  erscheint,  aber  eigene 
Geistesprodukte  von  Schlesiern  vennogen  wir  nicht  aufzu- 
weisen,  und  erst  im  Gefolge  des  Humanismus  sehen  wir 
auch  die  Poesie ,  die  dann  allerdings  ausscliliefsHch  der 
Sprache  Vu'gils  sich  bediente,  hier  wieder  ihren  Einzug 
halten,  und  die  Gedichte  des  aus  Neumarkt  gebiirtigen  Bres- 
lauer Stadtschreibers  Lam-entius  Corvinus  (f  1527)  und  des 
Breslauers  Sigismund  Fagilucus  (Buchwald)  preist  Ulrich 
von  Hutten  in  zierlichen  Distichen.  Wie  Laurentius  Cor- 
vinus seine  Leier  zum  Ruhrae  des  schonen  Sclilesierlandes 
stimmt,  so  widmet  dann  der  Hirschberger  Kleriker  Pankraz 
Geier  (Vulturinus)  in  einem  Lobgedichte,  das  er  1506  zu 
Padua,  dem  Orte  seiner  Studien,  verfafste,  jeder  der  schle- 


Biklende  Kiinste.     Poesie.  421 

sischen  Stadte  noch  besonders  einige  freilicli  nicht  immer 
tadellose  lateinische  Hexameter,  speziell  fur  Breslau  hat  er 
das  stolze  Lob,  es  sei  vergeblich,  etwas,  was  Breslau  nicht 
bote,  anderswo  suchen  zvi  wollen. 

Aber  auch  aus  nicht  schlesischem  Munde  tcint  uns  sol- 
ches  Lob  entgegen,  der  vielgereiste  Franzose  Hubert  Languet 
lindet  in  Schlesien  und  speziell  in  dem  Breslau  des  1 6.  Jahr- 
hunderts  die  wahre  Heimat  der  Humanitat  und  in  seinen 
Bewohnern  ein  grolseres  Mafs  von  Lauterkeit  der  Gesinnung 
als  irgend  sonst  in  Deutschland,  wahrend  Melanchthon  ihnen 
ein  Verstandnis  und  ein  Interesse  I'lir  gelehrte  Bildung  in 
einem  aufsergeAvohnlichen  Malse  naclu'uhmt. 

Das  Herz  eines  Schlesiers  hebt  sich  freudiger  bei  solchen 
Lobspriichen,  das  Wesentlichste  aber  daran  ist  doch  die 
Thatsache,  dafs  es  deutsche  Kultur  ist,  die  hier  gepriesen 
ward,  dais  an  der  Schwelle  der  neuen  Zeit  Schlesien  steht 
als  erfiillt  von  deutschem  Geiste,  teilhaftig  der  Segnungen 
deutscher  Gesittung.  Unahnlich  den  anderen  Kolonisten- 
landern  der  bohmischen  Ki'one,  Bohmen  und  Mahren,  wo 
auch  in  den  natiirHchen  Mittelpunkten  der  Lande  die  ein- 
gefuhrte  deutsche  Kultur  einfach  von  slavischen  Einfliissen 
und  Stromungen  dui'chsetzt,  ja  unterdriickt  erscheint,  ist 
Schlesien  gerade  in  den  Scluchten  und  an  den  Stellen, 
welche  den  bestinimendsten  Einflufs  auf  das  Schicksal  des 
Landes  hatten,  aller  slavischen  Herrschaft  zum  Trotze  deutsch 
geblieben.  Dank  vor  allem  dem  beherrschenden  Einflusse 
der  Landeshauptstadt,  dem  doch  auch  die  schlesischen  Fiir- 
sten  slavischer  Nationahtat  sich  nicht  zu  entziehen  ver- 
mochten;  das  sla.vische  Element  erscheint  hier  nui'  gleich- 
sam  in  der  Peripherie  oder  vermischt  mit  dem  Ballaste  der 
unteren  Volksschicht^  hatte  dasselbe  auch  die  Ungunst  der 
Zeit  numerisch  anwachsen  lassen,  so  war  es  doch  nicht  in 
der  Lage,  einen  Anspruch  auf  Teilnahme  an  der  Herrschaft 
zu  erheben,  und  als  Schlesien  im  Jahre  1527  seit  langer 
Zeit  wiederum  zum  erstenmale  unter  das  Scepter  eines  Herr- 
schers  aus  deutschem  Stamme  kam,  empfing  dieser  es  im 
entschiedenen  Gegensatze  zu  Bohmen  und  Mahren  als  eine 
deutsche  Provinz. 


Register  *). 


A. 

Abel,  daniscber  Prinz  G6. 

Acil  Stephan  389. 

Adam,  papstlicher  Kaplan  109. 

Adalbert  der  Heilige  6. 

Adelbeid  von  Sulzbach,  Herzogin 
35. 

Agnes ,  Prinzessin ,  Abtissin  von 
Trebnitz  66.  107. 

— ,  Gemablin  Bolkos  II.  von  Schweid- 
nitz  182.  218. 

Albert  m.  d.  Barte,  Graf  22.  78. 

— ,  Vogt  in  Krakau  131.  132. 

— ,  Erzb.  von  Gnesen  260. 

Albrecht,  Markgraf  u.  Hocbmeister 
380  if.  388. 

Albrecht,  Markgraf  von  Branden- 
burg 99.  126. 

—  von  Anhalt  126. 

—  Achilles  268.  270.  279  ff.  288. 
297.  301.  309.  314.  316.  328. 
340  ff. 

— ,  Herzog  von  Sachsen  328.  341. 
— ,  Herzog    von  Mlinsterberg  329. 

346. 
Ambrosius  241. 
Anna,   Geinahlin  Heinrichs  II.  65. 

70.  74. 
— ,  Gemablin  Heinrichs  VI.  137. 
— ,  Gemablin  Karls  IV.  180. 182  ff. 


Anna,  Gemablin  Konig  Ferdinands 
365. 

— ,    Schwester    Markgraf    Georgs 

379. 
Augustiner  in  Breslau  20.  57. 
—  am  Zobten  20.  57. 
Auras  134.  180.  312. 
Auschwitz  34.  396.  397. 
— ,  Herzoge  von  275.  363. 
Aussatzspitaler  410. 
Auvergne,  Peter  von,  Legat  164. 
Azenheimer,  Leonh.  272.  274. 

B. 

Baltasar,  Herzog  von  Sagan  300. 

303.  306.  317.  319  ff.  324.  327. 

328.  360. 
Banz,  Nikolaus  v.  140.  163  ff.  166. 
Barbara,    Herz.   von   Glogau    328. 

340.  345. 
— ,  Herz.  von  01s  329. 
— ,  Herz.  von  Jagerndorf  359. 
Barbj,  Herm.  von  129. 
Baritscb  99. 
Bartholomaus ,  Herz.  von  Miinster- 

berg  372  ff. 
Bauerwitz  381.  388. 
Baumgarten,  Konr.  416. 
Bautzen  178.  179.  181.  355. 
Beatrix,  Gemablin  Bolkos  I.  122. 


*)  Materien  und  Namen,  welche  in  dem  Inhaltsvcrzeicbnisse  bereits 
angegeben  worden,  baben  in  diesem  Register  keine  Stelle  mehr  gefunden. 


Register. 


423 


Beckeusloer,  Joh.  326. 

Bede  157. 

Bedrzich,  Hussitenbiiuptling  254. 

Beginen  162. 

Behatn,  Alb.  von  66. 

Belver  274. 

Benediktiner  20. 

Bennisch  388. 

Bentschen  72. 

Bergbau  399  ff. 

—  auf  Gold  64. 
Berna  157. 
Bernhard,  d.  beil.  22. 

—  von  Fiirstenberg,   Herzog   136. 
147. 

—  von  Falkenberg  212  ff.  220  ff. 
Bernstadt  88.  125.  252. 
Berthold,  Graf  von  Henneberg  131. 
Beutben  a.  0.  32. 

—  in  Oberschlesien  34. 88. 195.  253. 
342.  346.  388. 

Beyer,  Peter  198. 

Bielik,  Jan  v.  Cornitz  342.  346. 

Bischofe,  Breslauer  16.  17. 

— ,  deren  Verb,  mit   Gnesen  190. 

191. 
Bitschen,  Arabros.  277  ff.  286. 
Blanca,  Maria  Sforza  346. 
Bnin,  Schlofs  54. 
Bobersberg  341.  345. 
Boborane  3. 
Bochnia  111. 
BogusIaM',  Domprobst  84. 
Bohrau  180.  305 ; 
— ,  Michael  von  147. 
Bohusch,  Bischof  von  Olmiitz  287. 
Boleslaw,  Bruder  Peta-  Wlasts  20. 
— ,  Herz.  von  Grofspolen  96. 
— ,  Herz.  von  Krakau  51  ff.  111. 
— ,  mahriscber  Prinz  70. 

—  I.  von   Oppeln    108.    112.    120. 
131.  139.  142. 

—  von  Masowien  112.  113. 

—  von  Beutben  188. 

—  III.  von  Oppeln  188  ff 
Boleslawice  126.  211.  212. 
Bolka  von  Beutben  188. 
Bolkenbain  123.  200.  274.  398. 
— ,  Scblofs  das.  312.  320. 

— ,  Martin  von  412. 
Bolko  s.  Boleslaw,  von  Falkenberg 
139.  142.  185.  195. 

—  von  Mlinsterberg  147.  164.  174. 
184.  207.  210. 

—  11.  von  Sch^veidnitz-Jauer  145. 

—  IV.  von  Oppeln  212. 

—  V,  von  Oppeln  249  ff.  298.  307. 


Borziwoi  10.  54. 

Borzycbow,  Syncde  zu  47. 

Brakteaten  404. 

Brene,  Heinrich  v.  97.  105. 

Breslau  33.  90.  155.  197.  213  ff. 

Adalbertskirche  20.  58. 

Becher,  goldener  268.  269.  311. 

Belagerung  79. 

Bernhardinerkirche  281. 

Bier  399. 

Bischofshof  165. 

Brotmarkt  159. 

Briicke,  neue  313.  333. 

Domburg  68.  104. 

Egidieakirche  140. 

Elisabethhospital  81.  419. 

— kirche  76.  91.  417.  419. 

— schule  414. 

Heiligegeiststift  57. 

Jakobskloster  65.  75.  107.  281. 

Kaufbaus.  deutsches  59.  75. 

Klarenstift  75.  126. 

Klemenskircbe  227. 

Konsulwahl  202. 

Kreuzkircbe  110.  418. 

Kreuzstift  117. 

St.  Lazarus  335. 

Magdalenenkircbe  58.  409. 

— schule  414. 

Matthiasstift  75.  91. 

Micbaeliskircbe  17. 

Minoriten  392. 

Moritzbriicke  21. 

—  kirche  21.  59. 

Neumarkt  193. 

Neustadt  21.  93.  160  ff  313. 

Niederlagsrecht  403.  418. 

Nikolaikirche  77. 

— thor  419. 

Oppelner  Haus  216. 

Pelzbriicke  268. 

Rathaus  176. 

Eatskapelle  408. 

Salzring  282. 

Sandinsel  90. 

Sandstift  30.  330. 

Tschepine  42.  77. 

Tuchraacher  159  ff. 

Vincenzstift  22.  24.  30.  408. 

Wallonenstrafse  21.  59. 
— ,  Michael  von  417. 
Bretislaw  von  Bohmen  9. 
Brieg  88.  90.  126.  127.  183.    198. 

213.  245.  248.  267.  333  ff  388. 

397.  398.  403. 

Hedwigstift  187.  413. 

Konsulwahl  202. 


424 


Register. 


Brieg,  Minoriten  107. 

Nikolaikirche  187. 

— schule  414. 
Briigge  199. 
Briinn  199. 

Bucbwald,  Sigmuud  417.  420. 
Biichse,  grofse  318. 
Bunzlau  64.   123.   127.  246.   248. 

397.  399. 
Burg  199. 
Burghard,  Burggr.  von  Magdeburg 

131. 
Buruegeld  197. 
Busch  360. 

c. 

Canth  147.  148.  200.  246.  372. 

Carceribus,  Galhard  de  165  ff. 

Carpentarii;  Nic.  245. 

Celtes,  Konr.  417. 

Ceslaw  58. 

Christian,    der    erste   Biscbof    von 

Preufsen  49. 
Christine,  Herzogin  von  Polen  31. 
Christoph,  der  schwarze  372. 
Chronica  princ.  Polon.  413. 

C;hronicon  Polono-Silesiacura^  413. 

Cimburg,  Stibor  von  317.  356. 

Cistercienser  in   Schlesien  22.  39. 
411. 

Colo,  Apitius  348.  360. 

Cornnus,    Johann    344  ff.     354  ff. 
360  ff. 

—  Laurentius  401.  417.  420. 

CzarnoTvanz,  Kloster  58. 

— ,  Propst  von  108. 

Czastolowicz ,     Puota    von    241ft'. 
244 ff.  247. 

D. 

Dammratsch  212. 

Daniel,  Fiirst  von  Halitsch  51. 

Danzig  198.  401. 

Deodesi  3.  7. 

Deutschordensritter  69. 

Dietrich,  Domdechant  206.  207. 

Dirsko,  Palat.  von  Breslau  49. 

Distler,  Familie  402. 

Dlugosz,  Job.  412. 

Dobeslaw,  Marschall  25. 

Dobrin  411. 

Dohna.  Abraham  von  333. 

Dompnig,  Heinz  352.  353.  354.  358. 

359. 
— ,  Franz  372. 


Dreigriiben  6. 
Drzyrski,  Familie  222. 
Duba,  v.  d.  207  s.  Nassidul. 
— ,  Albrecht  Berka  312. 
Dubna,  .lakob  von  330. 
Dubravius  364. 
Duster,  Joh.  326. 
Duznik  (Reinerz)  395. 


E. 

Ebersbach  274. 

Ebersdorf,  Reinprecht  von  279.  280. 

290.  291. 
Eckard,  Domherr  84.  85. 
Edelstein,  Schlols  104.  106. 
Eger  301. 

Egidius,  Kardinal  16. 
Eidgeschofs  160. 
Elisabeth ,    Tochter   Heinrichs    II. 

73. 
— ,  Tochter  Heinrichs  V.  134. 
—  ,    Gemahlin    Ludwigs    11.    voii 

Licgnitz- Brieg   267.    272.    274. 

276  ff. 
Elyan,  Kaspar  416. 
Ernst,   Herzog    von  Sachsen    328. 

332    341 
Eschenloer,' Peter  293.  402.  412. 
Eulau  6. 

Euphemia  von  Kosel  145. 
Eytzinger.  Ulrich  290. 


Faber,  Nik.  416. 

— ,  Felix  416. 

Falkenberg  244. 

Falkenhain,  Kunad   von    168.  169. 

171.  186. 
Falkenstein  254. 
Fantin  309. 
Femgerichte  218  ff. 
Feuerordnungen  406. 
Flandern  199. 
Frangipani,  Beatrice  374. 
Frankenstein   147.    148.   179.    197, 

213.  245.  283.  317  ff  320.  349. 
Frankfurt  a.  0.  199.  397.  403. 
Franziskanerkloster  410. 
Franzosenkrankheit  410. 
Fraustadt  334.  398. 
Freiburg  1.53. 

Freistadt  348^360.  397.  40(j. 
Freiwaldau  375. 
Freudenthal  331.  342.  388.  392. 


Register. 


425 


Freyberg,  Nik.  227. 

Friedricli    (oline   Laud),    Laudgraf 

110. 
'—  II. ,  Kurflirst   von  Brandenburg 

268.  323. 

—  von  Teschen  36(3. 

—  I. ,  Herzog  von  Liegnitz  278. 
286.  290  ff  297.  301.  306.  312. 
324.  327.  329.  334.  346.  413. 

—  II. ,  Herzog  von  Liegnitz  363. 
372.  377  fi.  388.  399. 

Froben,  Stadtscbreiber  von  Nams- 

lau  354. 
Fugger,  die  375. 
— ,  Anton  375.  400. 
(Fulko),  Bischof  von  Krakau  45. 
Fiir&tenberg  199. 
Fiirstenbund,  schlesischer  215  ff. 
Fiirstenrecht,  schles.  365. 
Flirstenstein  123.  312. 
Fiirstentage  173. 


G. 

Geier,  Pankraz  420. 

Geifselbriider  203. 

Gentilis.  Kardinal  162. 

Georg,   Markgraf  von  Brandenburg 

374  ff. 
Georg ,    Herzog    von    Miinsterberg 

346. 
— ,  Herzog  von  Kosel  139. 

—  I.,  Herzog  von  Brieg  413. 
— ,  Hauptraann  zu  Glogau  28. 
Gertrud,  Abtissin  von  Trebnitz  55. 

—  von  Landsberg  122. 
Geschofs  60. 
Gewedde  91. 

Girnth.  Joach.  399. 

Glatz  13.   14.   71.   97 ff.  111.  147. 

148.   197.   213.   244.   245.    283. 

315.  320ff.  329.  348 ff.  362.  398. 

Augustiner  245.  329. 
<Tlaubitz,  Familie  245. 
Gleiwitz  173.  251.  363.  396. 
Glogau  8.  10.  12.  32.   33.  47.  63. 

m.    79.   81.   88.   90.   125.    145. 

1.55.    179.   183.   197.    210.  309. 

344  ff.  398.  403.  404.  4U5.  406. 

Laud  34.  324.  360  ff.  364.  376. 

Miuoriten  107. 

Schule  414. 
— .  Job.  von  417. 
— .  Ober-  244. 

Miuoriten  107. 

Stift  das.  307. 


Gnesen,  Erzbischof  85.  107  ff. 

Gohlau  253. 

— ,  Zoll  93. 

Goldberg  41.  58.  86.  143.  154.  1S6. 

197.  243.  278  ft".  392.  399. 

jVlinoriteu  107. 
Goldbergbau  64    399. 
Gonsawa  51. 
Gorkau  a.  Z.  2  >.  246. 
GOrlitz  136.  147.  I78ff.  199.    242. 

318.  355.  398. 
— ,  Waidstapel  401. 
Gossinger,  Sigism.  417. 
Gottesurteil  10. 
Gramis,  Nic.  274. 
Gran,  Erzbischof  von  66. 
Gratz  bei  Troppau  196.  244. 
Greisau  244. 
Grenzhag  s.  preseca. 
Greuzzeicheu  327. 
Grimma  199. 
Groditzberg  6.  327. 
Groschen  404. 
Grofsenhain  402. 
Grottkau  127.  183.  186.  190.  191. 

218.  244.  268.  333  ff.  397. 

Schule  414. 
Gruuau  bei  Hirschberg  399. 
Griinberg  (in  Bi3hnienj  315. 
Grundruhr  196. 
Griissau ,     Klo.ster     65.     75.     123. 

127. 
Griitzenschreiber ,     Matthias     279. 

286. 
Grymislawa,  Herzogin  52. 
Guhrau  58.    123.    125.    143.    179. 

197.  204.  210. 
Giinther,  Bischof  von  Plock  50. 


H. 

Habelschwerdt  197.  321. 

Hagen,   Franz    von    325  ff.    333  ft'. 

336. 
Hain,  Hans  274. 
Hausa  4U2 

Hardegg,  U'rich,  Graf  362.  363. 
Hasenburg,  Ulrich  von  320. 
Haugwitz,  Familie  136. 
— ,  Hans  von   347.  349.  355.  359. 
— .  Hinko  von  355.  359. 
Hauuold.  Hans  417.  418. 
Hayuau  123.  126.    143.    186.   246. 

278.  397. 
Hedwig,  d.  heilige  55  ft'.  94.  95. 
— ,  ihre  Legende  417. 


426 


Keffister 


Hedwig,   Tochter  Konrads   I.  von 

01s  145. 
— ,    Herzogin    von    Liiben    278  ff. 

285  ff.  306. 
— ,  Tocht  Primkos  von  Teschen  344. 

—  von  Miinsterberg,  Geiualilin  des 
Markgr.  Georg  388. 

Heiniich  von  Brieg,  Herz.  185. 

—  von  Jauer,  Herz.  13G.  14G. 

—  von  Sagan,  Herz.  144. 

— ,  Erzbischof  von  Gnesen  45.  47. 

—  von  Wiirben,  Bischof  von  Bres- 
lau  129.  162  ff. 

— ,  Herzog  von  Miinsterberg  315. 
329  ff.  321.  334.  337.  346ff.  357. 
359.  361  ff.  371.  395.  399. 

—  III.,  Herzog  von  Glogau  96.  97. 
115  ff. 

—  IX.,  Herzog  von  Glogau  312. 
318.  324. 

—  XI.,  Herz.  von  Glogau  328.  335. 
— ,  der  Erlauchte,  von  MeiTsen  79. 

—  von  Liegnitz,  Bresl.  Domdechant 
207. 

—  (Hinko),  Sohn  Podiebrads  s.  Hinko. 
— ,  Propst  von  Miechow  131. 
Heinricliau.  Kloster  56.  57.  71.  78. 

81.  123.  147.  248. 
— ,  Abt  von  107.  108. 
Hellenbrecht,  Nik.  128.  129. 
Herrenbund,  bohmischer  315  ff. 
Herrnstadt  342.  355.  359. 
Hels,  Job.  402.  415. 
Heugel,  Familie  402. 
Hieronjraus,  Erzb.  von  Kreta  305 ff. 

310  ft'. 
Hiramelwitz,  Kloster  250. 
Hinko,  Sohn  Podiebr.  315.  347.  349. 
Hirscbberg  200.  398.  399. 
Hoffmann,  Johann  von  Schweidnitz 

416. 
Horla,  Mosticz  zur  271. 
Hornig,  Anton  413. 
Hornschlofs,  das  135. 
Hotzenplotz  244. 
Ilradisch  bei  Levin  245. 
Hufeu  61. 

— ,  friinkische,  vlamische  61. 
Hunimelscblofs  245.  247.  395. 
Hundsfeld  88. 
— .  Zoll  daselbst  93. 

I. 

Iglau  326.  399.  400. 
Inkolat,  schlesisehes  377. 
Inowraczlaw  397. 


J. 


Jagerndorf  211.  331.  342.  360.  361. 
388.  392.  397. 

Jakob,  Erzbischof  von  Gnesen  28. 

.Jankau  bei  Ohlau  21.  135. 

Jaroslaw,  schles.  Prinz  35. 

— ,  Bischof  35. 

.Jauer  42.  282.  397.  405. 

Jaxo.  Graf  17.  27.  30. 

Jeltsch  96.  140. 

Jenckwitz,  Peter  420. 

Jodocus,  Abt  des  Sandstiftes  411. 

Johannes  Cicero,  Kurf.  von  Branden- 
burg 323.  324.  340. 

Johannes  der  erste  Bischof  von 
Breslau  6. 

—  II.,  Bischof  von  Breslau  30.         I 

—  III.  (Romkaj,  Bisch.  von  Breslau  "l 
129. 

— ,  Erzbischof  von  Gnesen  85.  86. 

—  (Muskata),  Bischof  von  Krakau 
131. 

— ,  Herzog  von  Auschwitz  139. 

—  I. ,  Herzog  von  Katibor  und 
Jagerndorf  211. 

—  II. ,  Herzog  von  Ratibor  und 
Troppau  213. 

—  IV.,  Herz.  von  Ratibor  329.  330. 
— ,  Herzog  von  Steinau  143.  144. 

—  I.  von  Sagan  247. 

—  von  Miinsterberg  247.  248. 

— ,  Herzog  von  Liiben  278.  280. 
285.  311. 

—  II. .  Herzog  von  Sagan  307. 
326 ff  334 ff  340  ff.  360. 

— ,  Herz.  von  Auschwitz  32().  357. 

360. 
— ,  Herz.  von  Gleiwitz  326. 

—  der  Altere  von  Jagerndorf  331. 

—  von  Oppeln  346.  348.  363. 
376ff. 

—  der  Jiingere  von  Ratibor  357. 
Johann    Albert ,    polnischer    Prinz, 

dann  KiJnig  360.  361.  363. 

—  — ,  Markgraf  von  Brandenbui-g 
379. 

Johanniter    in     Schlesien    23.    69. 

187. 
Johnsdorf,  Benedikt  Abt  412. 
Jiidenverfolgung  203  ft\  227.  282. 


K. 


Kaland  408. 

Kalisch  47.   48.   53.   54.    73. 
172.  398.  404. 


171. 


Register. 


427 


Kanienz,  Burg  9.  10. 

-,  Kloster  57.  147.  245.  399. 

—  (Lausitz),  Bernhard  von  105. 
Karl  v.,  deutscher  Kaiser  387. 
Karl ,     Herzog    von    Mlinsterberg 

374. 
Karpenstein  245. 
Kasimir  von  Eatibor  53.  54. 

—  von  Beuthen  106.  112.  120. 

—  I.  von  Teschen  139. 

—  II.  von  Teschen  344.  361  ff.  365. 
366.  368.  371. 

— ,     Markgraf    von    Brandenburg 
380. 

—  in  Oberschlesien  244. 
Katharina,  Tocht.  Georg  Podiebrads 

294.  319. 
Kattern  335. 
Katscher  244. 
Kaudelnik,  Welek  243. 
Kaufungen,  Siegmund  von  372. 
Keppel,  Hans  348. 
Ketzerverbrennung  in  Schlesien  162. 
Kiefel  334. 
Klitschdorf  127. 
Kolda,  Jan  274. 
Kolditz,  Albr.  von  247. 
— ,  Timo  von  195. 
Kolowrat,  Albrecbt  von  368. 
Koniggratz  183.  242. 
Konrad,  Herz.  von  Masowien  49  if. 

73  ff. 
— ,  Herz.  von  Sagan  126. 
— ,   Herzog   von    01s,  Bischof  von 

Breslau    239.    255.    260.    273  ff. 

311.  367. 
— ,   sein   Nationalltalenedikt   393. 

415. 

Synodalstatuten  416. 
— ,  Sohn  Heinrichs  I.  62. 

—  I..  Herzog  von  01s  142.  144. 

—  II.  145.  188. 

—  III.  217.  341. 

—  der  Canthner  251.  341. 

—  der  altere  Weifse  221.  251.  272. 
273.  274.  275.  307.  341.  394. 

—  der  Junge  251.  341. 

—  der  junge  Weifse  312.  324.  325. 
341.  342.  349  ff.  359. 

—  der  Schwarze    316.    324.   325. 
329.  341.  342. 

— ,  Dechant  von  Breslau  341. 
Konstadt  88.  126.   179.   186.   249. 

253.  307. 
Konstantia  von  Fiirstenberg  145. 
Konsuhvahlen  202. 
Korkontier  4. 


Koschmieder  349. 

Kosel  11.  173.  346. 

— ,  Land  344.  346.  361. 

Kosel-Beuthen  342. 

Kostenblut  57. 

Kotzenau  127. 

Krakau  52.  55 ff  llOff   390.  402. 

417.  418. 

Minoriten  113. 
Krappitz  244. 
Krasa  239. 
Kratzau  247. 
Kreidel  21. 
Kreidelwitz  145. 

Kreuzburg  35.  126.  134.  251.  388. 
Kreuzburg  -  Pitschen  95.  134.  144. 

179.  182.   183.    186.  187.    249. 

253.  381. 
Krossen  7.  42.  70.  79.  81.  95.  96. 

99.  340  ff  345. 
Kujawien  211. 
Kulm  49.  50.  53. 
Kunigunde,   Konigin   von  Bohmen 

107. 
Kunstadt,  Protzke  von  280.  286. 
Kupferberg  400. 
Kurzbacb,  Siegmund  362.  365. 
Kutlibozy  253. 
Kuttenberg  400. 

L. 

Labn  64.  84. 

Lahnhaus  96.  329. 

Landbuch  Karls  IV.  193. 

Landesbut  88.  172.  180.  200.  243. 
397. 

Landsberg  126. 

— ,  Heinrich  von  253. 

Lauban  243.  397. 

Laurencic  bei  Kalisch  22. 

Lausitz,  Nieder-  181  ff.  184.  318. 
324. 

— ,  Ober-  s.  Sechsstadte. 

Lebus  12.  46.  47.  48.  49.  63.  65. 
66.  72.  74. 

Leipzig,  Univers.  231.  416. 

— ,  MarienkoUeg  231.  416. 

Lenczyc,  Synode  85.  107. 

Leobschiitz  244.  346.  361.  388. 
392. 

— ,  Schule  414. 

Leschnitz  58. 

Lesko ,  Herzog  von  Sendomir  46  ff. 

— ,  der  Schwarze,  Herzog  von  Kra- 
kau 111.  112. 

— ,  Herzog  von  Ratibor  139.  173.^ 


428 


Register. 


Leslaw,  Archidiakon  von  107. 

Leubus,  Kloster  40.  56.  252.  255. 

— ,  Stadtel  88. 

Liebenthal,  Nik.  411. 

Liebfraueiigilde  408. 

Liegnitz   y;J.   4l).   41.   (J9.   79.   84. 

88.  90.  154.  181.  198.  282.  397. 

398. 

Kollegiatstift  z.  h.  Grabe  187. 

Land  186.  324. 

Minoriten  107. 

Schlofs  127.  327. 

Schule  414. 
— ,  Tilo  von  175. 
Lissa,  Deutsch  81. 
— ,  ZoU  93. 

Lobenstein  331.  361.  388. 
Lobel,  Melcli.  von  333.  334. 
Lowenberg  78.  122.  200.  243.  282. 

3!I7.  399. 
— ,  Minoriten  107. 
Lobe  3. 

Lond,  Kloster  57. 
Lorenz,   Bischof   von  Bveslau    49. 

55.  58. 
Loslau  332.  346.  361. 
Lossen,  Kouimende  187. 
Ludko  124.  125. 
Ludraila,  Tocbter  Podiebrads,  Her- 

zog  von  Liegnitz  324.  329.  357. 
Ludolf,  Abt  von  Sagan  411. 
Ludwig,   Landgraf  von  Tbiiringen 

48. 

—  I.,  Herzog  von  Brieg  186  ff.  413. 
— ,  Herzog  von  Oblau  244. 

— ,  Konig  von  Ungarn  365. 

—  der  Eeiche,  Herzog  von  Bayern 
314. 

— .  Scbreiber  Heinricbs  V.  124. 
Liibeu    143.    187.   246.    312.    397. 

398.  413. 

Schule  414. 
Luthold,  Domberr  zu  Breslau  163. 
Lygier  4. 

M. 

Mjihren  356.  357. 

Magdeburg,  Erzbischof  von  7.  14. 

49.  65.  79.  85.  95. 
- ,  Recht  von  58.  91.  153. 
Magnus,  Graf  9. 
Mannengericht  156. 
Mantua,  Kongrefs  von  303. 
Marciukowo  51. 
Marcvis,     Patriarch    von    Aquileja 

331. 


Margarethe,  Gemablin  Boleslaws  IIL 

130. 
— ,   Gciuablin  Kurfiirst  Friedricbs 

des  Sanltmiitigen  341. 
— ,  Herzogin  von  Teschen  344. 
— ,  Schwester  Markgraf  GeorgB  379. 
Marienwerder  54. 
Martern  407. 

Martin.  Cistercienser  168. 
Mechthild,  Gemablin  Heinrichs  IV. 

99.  100. 
— ,   Gemablin  Heinriclis  III.    von 

Glogau  133. 
Meckebach,  Dietmar  von  193. 
Megerlin,  Job.  227. 
—    Nik.  242. 
Merzdorf  bei  Ohlau  139. 
Meseritz  73.  335. 
— ,  Sulko  von  112. 
Mesko,  Herzog  von  Katibor  45.  46. 

73.  74. 
— ,  Sohn  Heinricbs  II.  72. 
— ,  Herzog  von  Teschen   106.  109. 

120. 
Miendzybrzeze  52. 
Mikora,  Hauptuiann  27.  30. 
Militsch  16.  123.  imii.   252.  342. 

362.  398. 
Minoriten  392. 
Mochbern,  ZoU  93. 
Mocbbern,  Grois  336. 
Moiban,  Arabros.  414. 
Mollensdorf,  Job.  von  140. 
Monau,  Paul  383. 
— ,  Sebastian  419. 
Mordsiibnen  407. 
Morenberg,  Gregor  418. 
Mrozko  82. 
Miinsterberg    98.    123.    248.    283. 

315.  317.  320.  329.  334.  349. 
— ,  Job.  von  231.  416. 
Miinzgeld  66. 

N. 

Nakel  51. 

Namslau  125.  134.  179.  181.  186. 

197.   204.  213.   249.    269.    316. 

327. 
— ,  Minoriten  107. 
Nanker,  Bischof  163  IF. 
Nassidel,  Job.  Berka  von  326. 
Naumburg  a.  Bober  57. 
— ,  a.  Queis  58.  397. 
Neifse  35.  5b.  88.  90.  102  ff.   106. 

153.  165.  213  ff.  218.   244.   323. 

332.  371.  395. 


I 


Kegister. 


429 


Neifse,  Beginen  1(32. 

— ,  Judeu  204. 

— ,  Miuoriten  107. 

— ,    Michael    von ,    Abt    zu    Glatz 

411 
Neubruchzehnten  (53. 
Neudeck  388. 

Neubaus  bei  Waldenburg  329. 
Neukirch  244. 
Neiimarkt  79.   97.    179.   197.   200. 

204.  213.  255.  397. 
— ,  Aussiitzisrenspital  57. 
— ,  Recht  von  89. 
— ,  Weinbau  401. 
— ,  Job.  von,  Bischof  von  Olmiitz 

207. 
Neustadt,  Oberscblesien  244. 
Neustadtel  397. 

Nikolaus,  Biscbof  von  Olmiitz  220. 
— ,  berzogl.  Kanzler  56. 

—  der  Bobme  159. 

—  von  Preuisen  413. 

— ,  Herzog  von  Miinsterberg  210. 

—  I.,  Herzog  von  Troppau  104. 

—  II.,  Herzog   von  Troppau   133. 
173.  179. 

— ,  Herzog   von  Oppeln   312.   316. 

319.  330.  333.  346.  348.  395. 
Nikolstadt  399. 
Nimmersatt  329. 
Niraptscb  5.  9.  14.  116.  127.  248. 

251.  253.  254.  336. 
Norbert,  Erzbischof  von  Magdeburg 

14. 
Niirnberg  402. 


0. 

Obler,  Nik.  ^41. 

Oda,  Herzogin  8.'. 

Oderberg  388. 

Oderschiffabrt  174.  199.  398. 

Odrer,  Hans  420. 

01s  88.  116.  125.   1.34.   312.   334. 
I     398. 

I—,  Slavenkloster  392. 
;Ofen  402. 

'Ohlauflufs,  umBreslau  geleitet  121. 
;Ohlau  58.  155.  183.  248.  383.  334. 
,     397. 
I  Olmiitz  120. 
•Opatowitz  52. 
iOpizo,  Leg  at  82. 
lOpoczno.  Stephan  von  213. 
lOppeln  13.  36.  45.  58.  212ff.  333 ff. 
i    392.  397. 


Oppeln,  Land  376  ff. 

Minoriten  107. 
Orla  (bei  Krotoschin)  180.  398. 
Osterna.  Poppo  von  69. 
Ottmachau  35. 104. 106.  244.  251  if. 

254. 
Otto,  Herzog  von  Olmiitz  13. 
— ,  Markgraf  von  Brandenburg  96. 

98.  126. 
— ,  Bischof  von  Bamberg  13.  14. 
Ottokar,    Konig   von   Bohraen    82. 

95  ff. 
Owinsk,  Kloster  81. 


Pakoslaw  124. 

Parchen  60. 

Parchwitz  310.  397. 

Patriziat  159. 

Patschkau  93.  218.  244    317. 

Paul,  Bischof  von  Krakau  112. 

Peisern  398. 

Peiskratscham  250. 

Peter,    Bischof  von    Breslau    281. 

287. 
— ,  papstlicher  Legat  418. 
— ,  Stadtschreiber  von  Breslau  128. 

129. 
Peterspfennig  7.  15.  83.  120.  164. 
Peterswaldau,  Familie  136. 
Pfinzing,  Familie  402. 
Philipp,  Bischof  von  Fermo,  Legat 

104. 
Pitschen  s.  a.  Kreuzl)urg  126.  249. 
Platter,  Thomas  414. 
Plef,  34.  172.  331.  334.  362.  375. 
Plock  52.  373. 
Podiebrad,  Schlofs  329. 
Pogarell,  Vincenz  von  57. 
— ,  Preczlaw  von,  Breslauer  Bischof 

169  ff.  203. 
Polack,  Joh.  361. 
Politz  183. 
Polkwitz  397. 
Pomerio,  Walther  de  128. 
Poperinghen  199. 
Popplau,  Nik.  von  413. 
Posen  81.  146.  335.  398. 
— ,  Nikol.  von  187. 
Prag  242. 

— ,  Univers.  230.  415. 
Priimonstratenser  14.  39. 
Prausnitz  134.  144.  252. 
Premyslaw,  Herzog  von  Grol'spolen 

73.'  80.  81.  99.  116.  120. 


430 


Register. 


Preseca  45.  103  ff. 
Priebus  328. 
Priment,  Kloster  48. 
Primko  von  Ratibor  106. 

—  von  Steinau  112.  113.  144.  145. 

—  von  Jeschen  ISS.  188.  195.  210. 
32G.  330.  342.  344. 

Protas,   Bischof  von   Olmiitz  315. 

319  ff. 
Protsch,  Zoll  93. 
Protzan,  Schlacht  bei  96. 
Przilep,  Jesche  125. 
Puchala,  Dobko  249.  253. 
Punitz  10.  398. 


Q. 

Quaz,  Wilh.  105. 


R. 

Tfabe,  Lorcnz  s.  Corvinus. 

Ptachenau,  Arnold  von  147. 

Rambold,  herzogl.  Kanzler. 

Katibor  11.  33.  34.  90.  109.  113. 
172  ff.  203.  326.  342.  346.  886. 
392. 

— ,  KoUegiatstift  110. 

— ,  Nikolaikirche  109. 

Rauden,  Stift  392. 

Recht,  Magdeburger  siehe  Magde- 
burg. 

— ,  vlamisches  153. 

Reichenbach  123.  245.  282. 

— ,  Schule  414. 

Reichenstein  183.  400. 

Reideburg,  Familie  180. 

Reiner z  395. 

Reisewitz,  Christoph  von  372. 

Richenza,  Herzogin  8. 

Riesenburg,  Alexius  von  258. 

Rindfleisch,  Christoph  373. 

— ,  Johann  373. 

Ritschen  8.  10. 

Rochlitz  126.  275. 

Roger,  poln.  Hauptmann  26. 

Romuald,  der  heil.  20. 

Rosenberg  134. 

— ,  Heinrich  von  296. 

— .  Johann  von  296. 

— ,  Jost  von,  Bischof  von  Breslau 
296.  299  ff.  304.  311.  313.  318. 
321.  394. 

Rosicz,  Sigism.  412. 

Roth,  Job.,   Bischof    von    Breslau 


346.   355.   357.    366.   367.   370. 

371.  393.  417—419. 
— ,  sein  Nationalitatenedikt  393. 
Rothkirch,  Dorf  63. 
Rovorella  326. 
Rozmital,   Zdenko  Lew  von  376  ff. 

386. 
Ruda  54.  73.  74. 
Rudolf   von    Habsburg,    deutscher 

Konig  96  ff. 
— ,  Christoph  416. 
Riidesheim,    Rudolf  von,    Bischof 

von   Lavant    nachraals    Breslau 

314ff.  318  ff.  324.  327.  334.  400. 

415. 
Ruprecht.  Herzog  von  Liegnitz  207. 

220.  244.  413. 
Rybnik  172.  253.  330. 


s. 

Sagan  64.  133.  198.  307.  319.  328. 

341.  361.  406. 
— ,  Augustinerstift  205. 
— ,  Minoriten  107. 
Salome,  polnische  Herzogin  13. 
— ,  Herzogin  von  Troppau  349. 
Salza,  Jak.  von ,  Breslauer  Bischof 

380  ff. 
Samland,  Bischof  von  109. 
Samo  5. 

Sandewalde  10.  125. 
Sauermann,  Konr.  400. 
Schaffgotsch  247. 
Schaffow,  Friedrich  von  130. 
Scharwinsky,  Familie  222. 
Schatzlar  274. 
Schawoine  88. 

Schellenberg,  Georg  von  388. 
Scheuerl,  Familie  409. 
— ,  Albrecht  4Ufl. 
Schiedlo  79. 
Schirmer,  Joh.  186. 
Schkopp,  Christoph  317. 
Schmiedeberg  400. 
Schmograu  bei  Namslau  8.  187. 
Sch(3mberg  122. 
Schimberg  bei  Olmiitz  357. 
Schrimm  54. 
Sclnvanowitz  333. 
Schwarze  Peter  198. 
Schwarze  Schar,  die  331. 
Schweidnitz  11.  92.  101.  123.  126. 

127.   154.   162.    172.    197.   198. 

200.  202.   205.   248.    256.   275. 

282.  305.  318.  366.  405. 


Register. 


431 


Schweidnitz,  Backer  159. 
— ,  Bier  207.  208.  399. 
— ,  Minoriteu  107. 
— ,  Neustadt  160. 
— ,  Tuch  398. 
Schweinern  Zoll  93. 
Sclnvenkenfeld,  Joh.  von  169. 
Sechserkoniraission  193, 
Sechsstadte,    die    274.    289.    324. 

355. 
Seelgerate  408. 
Seidiitz,  Lorenz  von  372. 
Sendomir  52. 

Seniores  i.  d.  Stadten  159. 
Senioriat,  d.  polnische  46. 
Severien  396. 
Sidonia,  Tochter  von  Georg  Podie- 

brad  280. 
Sieradz  398. 
— ,  Sj'node  zu  86. 
Siewierz  34.  54.  363. 
Sigismund,  poln.   Prinz   361.  363. 

376. 
— .  Kimig  von  Polen  386. 
Silberberg  183. 
Silinger  4. 
Simnisdorf  174. 
Simon,  Provinzial  der  Doniinikaner 

86. 
— ,  Gallicus  95. 
Skal  274. 
Skala  52. 
Sleensane  3.  7. 

Sobieslaw,  Kast.  von  Breslau  49. 
Sohrau  172.  330. 
Somiuerfeld  341.  345. 
Sophie  von  Landsberg- 122. 
— ,  Schwester  Markgr.  Georgs  379. 
Sorge,  Schlaclit  a.  ci.  54. 
Sprottau  347. 

Stadtegriindungen,  deutsche  58.  59. 
Starzik,  Joh.  393. 
Stein,    Georg  von    338.   347.   350. 

353.  355.  359. 

—  Barth.  412. 

Steinau  a.  0.  123.  143.  179.   197. 
210.  336. 

—  in  Oberschlesien  88.  244. 
Stein au-Eaud ten  349  ff. 
Steinitz,  Heinr.  372. 

Stephan,   Kast.    von  Bunzlau    49. 

50. 
— ,  Abt  vom  Sandstifte  86. 
Sternberg,  Albrecht  von  147. 
— .  Jaroslaw  von  147. 
-.  Zdento  von  324.  332.  336. 
— ,  Jaro.slaw  327. 


Stosch,  Johann  von  371. 

Strehlen   42.   123.  147.   155.   243. 

244.  248.  268.  406. 
Strehlitz,  Grofs-  212. 
— .  Klein-  244. 
Striegau    88.   97,   123.  200.    282. 

398. 
— ,  Komuiende  75. 
Strzelno  398. 
— ,  Nonnenkloster  22. 
Suhlau  342. 
Sumanus  81. 

Swantopluk,  bohmischer  Prinz  10. 
Swantopolk  von  Pominern  51  ff. 

T. 

Tannhiiuser,  der  Minnesanger  100. 

Tarnau  63 

Tanchan,  Nik.  419. 

Terapelfeld,  Nik.  282.  414. 

Templer  (59. 

Tepliwoda,  Familie  136. 

Teschen  33. 

Tettau,  Wilh.  von  347.  348. 

Thomas  I.,  Bischof  von  Breslau  64. 

83  ff. 
—  II.,  Bischof  von  Breslau  102  ff. 
— ,  Vogt  von  L(J  wen  berg  70. 
Thomaswaldau  347. 
Thorn    198.    398.    399.    401.    402. 

404. 
Tiefensee  126. 
Tiniee,  Kloster  22. 
Tinz,  Grofs  23. 
Tod,  der  sclnvarze  202  ff. 
Toledo,  Franz  von  305. 
Tollenstein  312. 
Tost  250   346. 

Trachenberg  88.  134.  342.  362. 
Trebnitz  42.   49.   55.   56.    73.   81. 

88.  94.  95.  123.  134.  252.  324  ff. 

337.  405. 
Trentschin,  Vertrag  von  149. 
Trnka  349. 
Troppau  244.  315.  326.  329.   331. 

346.  361  ff. 
— ,  Land  360.  392. 
— ,  Gegend  von  72. 
Tschetschau,  Familie  136. 
Tschirn,  Familie  136. 
— ,  Ha3n  von  254.  274. 
Tuchmacher  21. 
Tunkel,  Georg  333. 
Turzo,  Familie  362.  375. 
— ,  Joh.,  Grofsgraf  367.  375. 
— .  Johannes  366.  368.  375. 


432 


Register. 


u. 

Ujest  250. 

— ,  bischofl.  Halt  -244. 

Unwiirde.  Grepror  o-Jl. 


V. 

Valentin .      Herzog     von     Ratibor 

37(3  ff. 
Veit,  Doniherr  1G2. 
Yenedig  198. 

— ,  Handel  dahin  400.  402. 
Veroli,  Andr.  de  l(j4. 
Viktorin,  Sohn  Podiebrads  313.  317. 

319.  32G.  329  ff.  331.  345.   359. 

395. 
Vincenz  d.  h.,  dess.  Eeliquien  24. 
Viola,  Herzogin  von  Oppeln  54. 
— ,   Prinzessin    von    Tesciien    122. 

131. 
Vogtdinge  91. 
Vogtei  Gl.  154. 
Vostsdorf.  Heinr.  245. 


w. 

AVahlstatt  69  ff. 

Wabren  205. 

Waid  401. 

Waldaii  280. 

Waldensische  Lebren  168. 

Wallonen   in   Schlesien  20.  21.  57. 

90. 
Walther,  Bischof  von  Breslau  22. 

23.  30. 
Wanseu  148.  268. 
Wartenberg,    Polniscb-    123.    355. 

359. 
Wartha  9    10.  14.  241.  327. 
— ,  Kircbe  23. 

"Wasylko,  Fiirst  von  Halitscb  51. 
Weide.  ZoUe  daran  93. 
Weidenau  92.  244. 
Weistritz  336. 
— ,  Zolle  daran  93. 
Wenzel,  Hevz.  von  Masowien  149. 
— ,  Herz.  von  Liegnitz  195. 
— ,  Herz.  von  Liegnitz,  Biscb.  von 

Breslau  207  ff. 
— ,  Herz.    von    R3'bnik    326.    330. 

331. 
— ,  Herz.  von  Teschen  379. 
— ,  Herz.  von  Zator  363. 
Wieliczka  113. 


Wielun  99.  211. 

Wien  400.- 

Wiesenburg  274. 

— ,  Bartosch  von  220. 

— ,  Boguscb  von  125. 

— ,  Johann  vun  313. 

— ,  Peregrin  von  220. 

Williehn,  Herz.  von  Troppau  267. 

— .  Hevz.  von  Sacbsen  279  ff.  298. 

300  ff. 
Wilhelm  von  Modena  54. 
Wilmsdorf,  Alt-  247. 
Wiltberg,  Hans  von  228. 
Winer,  .Job.,  Doniherr  164. 
Winzig  252.  360. 
"Wittenberg,  Univers.  416. 
Wladyslaw,  Laskonogi  46  ff. 
— ,  Cidouicz  47  ff'. 
— ,  Lokietek  112  ff.  126  ff. 

—  von  Kosel  139. 

—  von  Liegnitz  143.  144. 

—  von     Oppeln     73      74.     188  ff 
211  ff. 

—  von  Teschen  344. 

Wlast,    Peter  20.    22.    23  ff.    411. 

412. 
Wohlau  349.  360.  361.  362. 
Woitz  393. 
Wollenweberei  57. 
Wrschowece,  Familie  der  11. 
Wsebor  28. 
Wiinschelburg  241. 
Wiirben  bei  Xeifse  254. 

—  bei  Ohlau  21.  135. 

— ,  Heinr.  von,  Archidiakon  167. 


z. 

Zacbe,  Tilo  227. 

Zapolj'a ,  Stephan  von   335.   338  ff. 
391.  395. 

— ,  Emraerich  von  344. 

Zaremba,  Familie  222. 
i   Zator  34.  396. 
j   Zaude  155. 
;   —  in  Glogau  156 

Zbignew  9.  10.  13. 

Zbroslaw  105. 

Zbyslawa  10.  25. 

Zebraken  312.  316. 

Zedlitz,  Familie  136. 

— ,  Nik.  von  251. 

Zerbst  199. 
'   Zettritz.  Hermann  von  286. 

— .  Ulrich  von  389. 
,   Ziegenhals  244. 


Register. 


421 


Ziemowit  von  Kosel  139. 
Zierotin,  Job.  von  388. 
Zirkwitz  81. 
Zittau  243. 
Zobten,  Stadt  246. 
Zobtenberg  3.  24. 
— ,  Giiter  am  34. 


Zobtenberg ,    Schlofs 

183.  247. 
Zuckmantel  104. 
— ,  Bergbau  400. 
Ziillicbaa  341.  345. 
Ziilz  244. 
Zvini  11. 


darauf    126. 


Grunhagen,  Gescli.  Schlesiens,    I. 


28 


Berichtigungen. 


Seite  48,  Zeile  1  lies  Priment. 

56,     „    i    „    Klemens  IV. 

56,      ,,   14  von  unten  lies  es  statt  er. 

75,      „   21  lies  1257. 
113,     „    12  Ton  nnten  lies  24.  August. 
143,      „     8  von  ohen  lies  Littauer  statt  Bistumer. 
164,      „     1  lies  Johann  XXII. 
219,     „     7    „    Friedensbrecher. 
256  letzte  Zeile  lies  nun. 
278,  Absatz  2,  lies  zweimal  1450  statt  1480. 
307,  Zeile  23  lies  Boiko  V. 


Drubk  von  Friedr.  Andr.  Perthes  in  Gotlia. 


Quellennachweisungen 


C.  Grunhagen; 


Geschichte  Schlesiens 


I. 


Grotha. 

Fried  rioli  Andreas  Per  the  a. 
1884. 


Erstes  Buch. 


Erster  Abschnitt. 

1)  S.  3,  A1)S.  1.  Dafs  der  Gau  Silensi  uach  dem  Berge  Zlenz 
genannt  worden  sei,  giebt  der  Chronist  Thietmar,  Bischof  von  Mer- 
seburg  (abgedr.  Mou.  Germ.  Ss.  Ill),  ausdriicklich  an  lib.  Ill,  c.  44. 
Vgl.  aucb  Bandtes  Aufsatz  u.  d.  T. :  Schlesiens  Name  historisch 
nicbt  etymologisch  erkliirt.  Litterar.  Beilage  z.  d.  schles.  Provzbl., 
1801,  September,  S.  257.  Der  Name  Zobten  ist  viel  spater  eutstan- 
den  und  von  dem  gleichnamigeu  Marktflecken  hergeuommen.  Vgl. 
den  interessanten  Aufsatz  Peipers,  schles.  Zeitschi-.  XIV,  567. 

2)  S.  3,  Abs.  1.  Das  alte  Verzeiebnis  aus  dem  Kloster  St.  Em- 
meran  zu  Regensburg  stammeud  und  in  den  Jahreu  866  —  890  zu- 
sammengestellt,  ist  vollstandig  abgedruckt  bei  Zeufs,  Die  Deutschen 
und  die  Nacbbarstamme ,  Miinchen  1837,  S.  600 ff.  imd  bei  Scha- 
farzik,  Slaviscbe  Altertiimer,  herausg.  v.  H.  Wuttke,  Leipzig  1843. 
n,  673  ff. 

3)  S.  3,  Abs.  2.  Der  Zobten,  eine  Statte  heidniscber  Gotter- 
verebrung,  Tbietmar  IV,  47. 

4)  S.  4,  Abs.  1.  Wenn  Gustav  Freytag  in  seinen  anziebenden 
Scbilderungen  u.  d.  T. :  Deutsche  Ansiedler  im  scblesischen  Grenz- 
■walde,  Feuilleton  der  scbles.  Zeitg.  im  Sept.  1874,  bistoriscb  wahr- 
nebmbare  Spuren  der  germanischen  Urbevolkerung  nacbweisen  zu 
konnen  geglaubt  hat ,  so  babe  ich  diese  Ansicht  in  einem  Aufsatze 
der  schles.  Zeitschr.  (XII,  Iff.)  u.  d.  T. :  Der  schles.  Grenzwald,  zu 
bekampfen  nicbt  umbin  gekonnt. 


Anmerkung.  Fiir  die  iiltere  Zeit  mag  bier  ein-  fiir  allemal  auf 
die  Regesten  zur  schlesischen  Geschichtc,  herausgegeben  von  Griiuhagen, 
verwiesen  werden,  welche  von  alien  urkundlichen  und  cbronikalischen 
Daten ,  die  sich  auf  die  schlesische  Geschichte  beziehen ,  in  streng 
chronologischer  Ordnung  den  thatsachlichen  Inhalt  ausfiihrlich  wieder- 
geben  und  zvigleich  kritisch  belouchten.  Dieselben  bilden  den  Band  VII 
des  cod.  diplom.  Silesiae.  Teil  1  dkvon,  bis  1250  reichend,  ist  1884 
in  z  we  iter  vermebrter  Auflage  zu  Eude  gefiibrt  worden,  zugleich  mit 
vollstandigem  Register,  erscbien  1875.  Teil  2  (bis  1280)  erschieii  1875. 
Von  Teil  3  ist  bisher  nur  eine  erste  Lieferung  (bis  1290)  1879  erschienen. 

Mit  Riicksicht  auf  dieses  Werk,  das  ja  das  gesamte  Quelleu- 
material  leicht  auffindbar  ixnd  in  erschopfender  Vollstandigkeit  bei- 
bringt,  sind  fiir  die  iiltesten  Partieen  der  sclilesischen  Geschichte  die 
Citate  auf  das  Notweudigste  beschrankt  worden. 

Griinhagen,  Gescli.  Schlesiens,    I.  1 


2  Anmerkungen.     S.  6  —  8. 

5)  S.  4,  Abs.  1.  Krokonosch  (richtiger  Krkonoscb),  bekaniitlich 
ein  Berg  im  Rieseugebirge  ,  ist  noch  beute  zugleich  der  allgemeiue 
czecliische  Name  fur  dieses  Gebirge.  Hierauf  macht  Stenzel  in 
seiner  schles.  Geschichte,  S.  12,  aufmerksam.  Die  Silingcr  allerdings 
identifiziert,  wie  bier  bericbtigend  gesagt  zu  werden  vcrdient,  die 
spaniscbe  Cbronik  dcs  Idacius  mit  den  Vandalen,  deren  gernianische 
Abstammung  docb  kaum  bestritten  werden  wird.  („Vandali  cog- 
nomine  Silingi"). 

6)  S.  5,  Al>s.  5.  Uber  den  deutschen  Ursprung  von  Nimptseb, 
Tbietmar  VII,  44. 

7)  S.  5,  Al)s.  5.  Eine  Burg  Nimptseb  bei  Guben  wird  in  dem 
merkwurdigen  sogeu.  Nienburger  Fragment  erwahnt.  Griinhagen, 
Schles.  Reg.,  Nr.  5  b.    Bei  Sagan  heifst  ein  Dorf  noch  beute  Nimpscb. 

8)  S.  6,  Abs.  1.  Dafs  die  Zusammenkunft  an  der  Grenze  des 
Landes  stattfand,  bezeugt  Tbietmar  IV,  28. 

9)  S.  6,  Abs.  ].  Die  Litteratur  iiber  die  Dreigraben  bilden 
drei  Aufsatze  in  den  schles.  Provinzialbl.  v.  Worbs  1802,  Jan., 
V.  Keller  1825,  Juli,  u.  v.  Schulte,  1872,  Nov. 

10)  S.  6,  Abs.  1.  Ganz  damit  iibereinstimmend  kommt  aus 
einer  Betrachtung  der  Dorfanlagen  M  e  i  t  z  e  n  zu  dem  Schlusse,  dafs  die 
Westgreuze  des  nach  der  Lausitz  zu  gelegenen  alten  Gaues  Diodesi 
hinter  dem  Flufsthale  der  schnellen  Deichsel  gelegen  baben  miisse. 
(ijber  die  Kulturzustiinde  der  Slaven  in  Schlesien,  Abbandlungen  der 
schles.  Gesch.  f.  vaterl.  Kultur,  18(34,  S.  94,  Anm.  12). 

11)  S.  7,  Abs.  1.     Wrotizlaensis  episcopus,  Tbietmar  IV,  28. 

12)  S.  7,  Abs.  2.  iJber  den  Peterspfeunig  in  Schlesien  vgl.  die 
Einleitung  zu  Griinhagens  Aufsatze  „Konig  Johann  von  Bohmen 
und  Bischof  Nanker  von  Breslau".  Sitzungsber.  der  Wiener  Aka- 
demie,  1864  und  den  Aufsatz  von  Dr.  Maydorn  in  der  schles.  Zeit- 
schrift  XVII,  44. 

13)  S.  7,  Abs.  3.     Griinhagen,  Schles.  Regesten,  Nr.  6. 

14)  S.  8,  Abs.  3.  Bunzlau  begegnet  uns  urkundlich  erst  im 
Anfange  des  13.  Jahrhunderts. 

15)  S.  8,  Abs.  4.  Der  Dom  zu  Breslau  war  damals  eine  wirk- 
liche  Insel,  der  ostliche  Oderarm  etwa  an  der  Stelle  der  heutigen 
Graupnergasse  ward  erst  im  vorigen  Jabrhundert  zugeschiittet. 

16)  S.  8,  Abs,  4.  Dafs  die  von  dem  polnischeu  Chronisten 
Dlugosz  (am  Ende  des  15.  Jahrhunderts)  augefiihrteu  Namen  keine 
Glaubwiirdigkeit  mehr  baben,  darf  jetzt  als  feststehend  angesehen 
werden.     Vgl.  die  schles.  Regesten  z.  J.  966. 


Anmerkungen.     S.  11—25. 


Zweiter  Abschnitt. 

1)  S.  11,  Al)s.  2.  Den  AngrifF  der  Mati-er  auf  Kosel  betreflfend, 
lafst  sich  vielleicht  die  etwas  dunkle  Stella  der  Chr.  Pol.  11,  45 
wie  im   Texte  deuten,  ohne  dafs  man  dabei  an  der  in    den   schles. 

Regesten   (S.  21)   gegebenen  Notiz,  es   sei  dies  geschehen,    wahrend 
Boleslaw  in  Pommern  kampft,  festzuhalten  brauchte. 

2)  S.  12,  Abs.  2.  Der  Angriff  auf  Lebus  ist  Boguphal  (Bie- 
lowski  mon.  Polon.  II,  504)  entnommen,  wiihrend  sonst  die  Chron. 
Pol.  (ebd.  Ill,  3ff.)  nnserer  Darstellung  zugrunde  liegt. 

3)  S.  14,  Abs.  1.  Das  Citat  aus  Giesebrechts  Geschichte 
der  deutschen  Kaiserzeit  III,  794. 

4)  S.  14,  Abs.  2.  Auf  Bemiihungen  Boleslaws  bei  dem  deut- 
scbeu  Kaiser  in  den  Jabren  1122/23  kann  man  daraus  schliefsen,  dafs 
beim  Jabre  1135  immer  von  einem  seit  zwolf  Jabren  riickstandigen 
Tribute  die  Rede  ist. 

5)  S.  17,  Abs.  3.  Von  den  Skulpturen  ist  nicbts  mebr  erhalten, 
sondern  nur  scbwerlicb  ganz  getreue  Abbildungen,  welcbe  Alwin 
Scbultz  in  Schlesiens  Vorzeit  II,  231  ff.  reproduziert  uud  be- 
sprocben  hat. 

6)  S.  20,  Abs.  3.  Die  bier  citierte  Gescbichtsquelle  ist  die 
Cbrou.  abb.  b.  Mar.  in  Arena  bei  Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  11,  163. 

7)' S.  20,  Abs.  4.  Griinbagen,  Les  colonies  wallonnes  en 
Silesie  et  particulierement  a  Breslau,  Academic  royale  de  Belgique 
extr.  du  tome  XXXIII  des  mem.  couronnes  et  m^m.  des  savants 
etrangers.  (Bruxelles  1867). 

8)  S.  22 ,  Abs,  3.  Uber  den  Brief  des  heiligen  Bernhard  vgl. 
Zeifsberg,  Die  polniscbe  Gescbicbtschreibung  des  Mittelalters,  S.  47. 

9)  S.  23,  Abs.  2.  Aufser  Jasko  bat  aucb  ein  gewisser  Wois- 
laus,  der  unter  den  ersten  Wohltbateru  von  Miecbow  angefiihrt  wird, 
den  Rubm  eines  tapfern  Streiters  gegen  die  Ungliiubigen  (Schles. 
Regesten,  Nr.  45  u.  56)  und  einer  der  Sohne  Herzog  Boleslaws  III. 
Heiurich,  Herzog  von  Sendomir,  ist  gleichfalls  nach  dem  heiligen 
Grabe  gepilgert  (Schles.  Regesten  z.  J.  1154). 


Dritter  Abschnitt. 

1)  S.    24,   Abs.    2.     Zum  Jabre   1140.      Ortlieb    von    Zwi- 
f  alt  en,  Mon.  Germ.  Ss.  X,  104. 

2)  S.  25,  Abs.  1.     In  dem  Folgenden  ist  speziell  fiii-  die  Dar- 
stellung der  Katastrophe   Peters    die    von  Mosbach  als  Beilage  zu 

1* 


4  Anmerkimgen.     S.  25. 

seiner  Schrlft  Piotr  syn  Wlodizmirza  (Ostrow  1865)  mitgeteilte  Cronica 
Petri  eines  Pramonstratensers  zu  St.  Viucenz  vor  Breslau  benutzt, 
weil  dieselbe,  weungleicb  selbst  erst  im  Anfange  des  16.  Jabrbunderts 
gescbrieben,  docb  auf  einer  alten,  seitdem  verloren  gegangenen  Chro- 
nik,  welcbe  die  Scbicksale  des  Grafen  Peter  bericbtete,  fufst.  Vgl. 
meinen  Aufsatz:  die  Vertreibung  TMadyslaws  11.  von  Polen  und  die 
Bleudung  Peter  "VMasts,  scbles.  Zeitscbr.  XII,  77  ff. 

3)  S.  25,  Abs.  4.  Von  solcbeu  Reibungen  bericbtet  Ortlieb 
a.  a.  0.,  S.  91. 

4)  S.  25,  Abs.  4.  Die  Angabe  der  Ann.  Magdebg.  (Mon. 
Germ.  Ss.  X^^,  187),  dafs  der  eigentlicbe  Beginn  der  Kiimpfe  erst  nacb 
dem  Hoftage  in  Kaina  zu  setzen  sei,  ist  nicbt  aufrecht  zu  balten. 
Die  Zeit  vom  Anfang  April  bis  zum  August  wiirde  scblecbt  zureicben 
fiir  alles,  was  sicb  darin  abgespielt  baben  miifstc.  Auch  Bogu- 
pbals  Bericbt  (mon.  Pol.  ed.  Bielowski  II,  520)  wurde  damit  nicbt 
stimmen.  Derselbe  sagt  von  dem  Herzoge :  „  Qui  ob  boc  Piotrkoni 
comiti,  quamvis  nimium  molestus  fuit,  metuens,  ne  cum  fratribus  suis 
opponens  sibi  bellum  infligere  praesumat,  tamen  caute  dissimulans 
vindictam  inferre  obmittit."  Die  Vorstellungen  Peters,  welcbe  den 
Herzog  erziirnten,  erfolgten  docb  erst,  nacbdem  der  Letztere  gewalt- 
tbatig  gegen  die  Briider  vorgegangen  war.  Wladyslaw  wiirde  auch 
den  Grafen  Peter  scbwerlicb  nocb  Weibnacbten  1144  mit  einer  Sen- 
dung  an  den  Kaiser  betraut  baben ,  wenn  dieser  scbon  1 144  in  Un- 
gnade  gefallen  ware.  Man  wird  daber  wobl  annehmen  miissen,  dafs 
Wladyslaw  zu  Kaina  nicbt  die  Billigiing  des  Kaisers  fiir  etwas  noch 
zu  Tbuendes,  sondern  die  Anerkeunung  eines  bereits  gescbaflfenen 
Zustandes  der  Dinge  ausgewirkt  babe. 

5)  S.  25,  Abs.  4  (am  Eude).  Bogupbal  (S.  521)  liifst  nur 
jene  beiden  genannten  Herzoge  vertrieben  werden,  docb  tritt  bei  ihm 
nicbt  bervor,  dafs  zwiscben  dem  imd  dem  Angriffe  auf  Mesko  eine 
Zeit  voUstancliger  Rube  lag,  und  dafs  erst  der  dann  ausgebrocbene 
Aufstand  den  Kampf  um  Posen  herbeifiibrte.  Vermutlich  eben  der 
Umstaud,  dafs  das  Posener  Scblofs,  wo  die  Briider  "Wladyslaws  nacb 
ibrer  Mediatisining  wobnen,  zugleicb  dasselbe  ist,  vor  welcbem  dann 
die  Entscbeidimgsschlacbt  gescblagen  wird,  bat  die  Ereignisse  so 
zusammenfliefsen  lassen,  dafs  man  geglaubt  bat,  Wladyslaw  babe  bei 
dem  Widerstandc,  den  er  von  den  Briidern  erfubr,  die  Posener  Burg 
nicbt  erobem  kounen  und  bei  dem  Versucbe,  dies  zu  tbun,  babe  er 
dann  seine  Kiederlage  erlitten.  Die  Cbron.  Petri  lafst  allerdings 
dieser  Vermutung  keinen  Raum;  nacb  ihi-  begiebt  sicb  Peter  mit 
seinem  Sobne  Egidius  nacb  seiner  Blendung  zu  den  berzoglichen 
Briidern  nacb  Posen,  und  als  der  Aufstand  ausbricht,  scbi-eiben  dessen 
Anstifter  den  Herzogen  dortbin  und  laden  sie  zu  einer  Beratung  ein, 
und  es  kanu  dariiber  gar  kein  Zweifel  sein,  dafs  in  beiden  Fallen  die 


Anmerkungen.     S.  25.  26.  5 

Herzoge  ruliig,  niclit  angefocliteii  und  niclit  belagert  inPosen  lebten. 
Ja  Roger  macht  sogar  clamals  geltend,  dafs  Wladyslaw  kein  Heer 
beisammen  habe.  In  der  That  ist  es  kaum  anders  zu  denken,  als 
dafs  die  Briider  die  Zuflucht  iu  Posen  mit  Wissen  und  Willen  ihres 
alteren  Bruders  und  so  durch  eine  Art  von  Vertrag  erhalten  haben. 
Es  ware  dies  der  Vertrag,  den,  wie  erwahnt,  die  arm.  Magdeburg, 
(a.  a.  0.,  S.  187)  allerdings  unter  ganz  anderen  Umstanden  (erst  uach 
der  Schlacht  bei  Posen)  anfiihi-en,  und  dessen  Bruch  dann  augeblich 
die  Vertreibuug  des  Herzogs  herbeigefiihrt  habe.  Es  heifst  davon 
weiter,  Gott  selbst  habe  gezeigt,  wie  es  Wladyslaw  mit  dem  Eid- 
schwure ,  durch  den  er  jenes  Abkommen  bekraftigt ,  gemeiut  habe, 
insofem  an  der  Stelle,  wo  derselbe  den  Schwm-  geleistet,  die  Erde 
geborsten  sei  und  ein  Abgrund  sich  geofl&iet  habe,  in  dem  ein  Flufs 
voU  Blut  geflossen  sei.  Es  mufs  dies  eine  lokale  Tradition  sein,  die 
ihren  Weg  nach  Magdeburg  gefunden  hat,  und  daraus  schliefse  ich, 
dafs  die  Thatsache  eines  solchen  Abkommens  wirklich  vorgelegen 
hat,  also  diese  nicht  auf  ein  ungenau.es  Zurechtlegen  des  allgemein 
iiberlieferten  Herganges  seitens  des  Magdeburger  Chronisten  geschoben 
werden  kann. 

6)  S.  25?  Abs,  6,  Wenn  man  nicht  die  ganze  sonst  so  giaub- 
wiirdig  scheinende  Darstellung  der  Chron.  Petri  fallen  lassen  will, 
mufs  man  die  VerurteUung  Peters  erst  nach  der  Riickkunft  "Wlady- 
slaws  von  Kaina  setzen,  im  Widerspruche  mit  der  russischen  Hypatios- 
chronik  (die  Stelle  angef.  bei  Mosbach,  S.  101),  welche  dieBlendung 
Peters  in  den  Winter  1145  setzt.  Wie  die  Darstellung  im  Texte 
zeigen  wird,  lafst  die  Chron.  Petri  nach  der  Blenduug  Peters  fiir  eine 
Reise  des  Herzogs  nach  Deutschland  keine  Zeit  mehr  finden. 

7)  S.  26,  Abs.  2.  Uber  die  Veranlassung  zur  Verhaftvmg 
Peters.  Die  so  oft  erztihlte  Geschichte  von  der  Jagdpartie,  wo  Peter 
mit  dem  Herzog  im  Schnee  kalt  gebettet  gelegen  und  dessen  Scherz- 
rede,  des  Grafen  Gemahlin  wiirde  inzwischen  bei  dem  Priester  weicher 
und  warmer  liegen,  durch  eine  gleiche  Voraussetzung  fiir  die  Ge- 
mahlin des  Herzogs  beautwortet  habe,  was  dann  der  Herzogiu  Agnes 
wiedererzahlt  deren  todtlichen  Hafs  erzeugt  habe,  wird  vonBoguphal 
der  sie  zuerst  erzahlt,  als  Erdichtimg  des  Herzogs  zur  Bemiintelung 
seiner  Grausamkeit  bezeichnet.  Ob  dann  die  Entlassung  der  Gefan- 
genen  durch  Peter  bei  dem  Feste  der  Eiuholxmg  der  Reliquien  des 
heHigen  Vincenz  am  6.  Juni  1145  (Ann.  Magdeburgenses)  als  Eigen- 
machtigkeit  oder  verraterische  Schonung  der  Feiude  des  Herzogs  des 
Grafen  Cento  hat  mit  belasten  helfen,  ist  kaum  zu  entscheiden. 

8)  S.  26,  Abs.  2  (am  Ende).  Die  Chron.  Petri,  p.  31,  scheint 
solchen  Verdacht  anzudeuten. 

9)  S.  26,  Abs.  3  (Anl'aug).  Chron.  Petri,  p.  32.  Dobek  sue 
prodicionis  semper  memor  licenciam   iu   hospicium   a   Petro  po- 


^  Anmerkungen.     S.  26 — 28. 

Btulavit,  jam  se  nimis  gravem  contestans  et  A'ino  temulentum  nee  posse 
quicquam  profeiTC,  que  dux  seriose  mandaret  etc.  Icb  bekenne  an 
dem  Ausdrucke  hospicium  eincu  gewissen  Anstofs  zu  nebmen;  an  ein 
Gasthaus  ist  docb  fiir  das  Jabr  114(3  nicbt  zu  denken,  das  Normale 
ware  docb  gewesen ,  dafs  der  berzoglicbe  Abgesandte  in  Peters 
Scblosse  aucb  eiu  Nacbtquartier  gefunden  batte,  was  freilicb  nicht  in 
Dobeks  Plane  liegen  konnte.  Es  scbeint  fast ,  als  babe  der  Cbronist 
des  16.  Jabrbuuderts  bier  den  Text  der  alten  Cbrouik  uacb  den  seiner 
Zeit  gelaufigen  Begriffen  umscbrieben. 

10)  S.  26,  Abs.  3.  Der  Sobu  Peters  (es  ist  immer  nur  von 
einem  die  Rede'  beifst  in  der  Inscbrift  eiues  uocb  erbaltenen,  aus 
sebr  friiber  Zeit  stammendeu  Rebefs  der  Sandkircbe  Swentoslaus 
(Abbildung  bei  Klose  „von  Breslau"  I,  211).  Es  ist  wobl  mogUcb, 
dafs  er  beide  Namen  gefiibrt  bat. 

11)  S.  27,  A1)S.  2.  Die  Vollziebung  der  Strafe  bericbtet  aucb 
die  i-ussiscbe  Hyj^atioscbronik  (vgl.  die  Stelle  bei  Mosbacb,  S.  101) 
und  siebt  darin  eine  gerecbte  Vergeltung  fur  die  verraterische  Heim- 
tUcke,  welcbe  Peter  einst  an  dem  russiscben  Fursteu  Wlodar  geiibt. 
Die  gi-ausame  Strafe  der  Blendung  ist  am  byzantiniscben  Hofe  Jabr- 
bunderte  lang  iiblicb  gewesen ,  in  der  polniscben  Gescbicbte  aber 
ungewobnbcb.  Indessen  vermogen  wir  eiueu  Fall  aus  dem  Jabi-e  1244 
anzufiibren,  wo  Herzog  Boleslaw  11.  von  Scblesien  diese  Strafe  androht. 
Stenzel,  Griindungsbucb  von  Heinricbau,  S.  53. 

12)  S.  27,  Abs.  3.  Mikora  ist  eine  aucb  sonst  bekannte  Per- 
sonlicbkeit.  Er  erscbeint  mit  dem  scbon  genannten  Jaxa,  als  dessen 
consanguineus  er  bezeicbnet  wird,  zweimal  in  Urkunden  von  1149 
und  1153  und  dann  aucb  uuter  den  ersteu  AVobltbatern  von  Kl.  Leu- 
bus,  dem  er  Besitzungen  auf  dem  Elbing  und  an  der  Weide  scbenkt 
(vgl.  meine  scbles.  Regesten  nacb  dem  Index). 

13)  S.  28,  Abs.  1  (am  Ende).  Mit  dem  Ausbrucbe  des  Auf- 
standes  verstummt  die  bis  dabin  so  reicblicb  geflossene  Quelle  der 
Cbronica  Petri;  mit  wenigen  Zeilen  wird  der  eigentlicbe  Kampf  ab- 
gefertigt  und  falscbbcb  angegeben,  Wladyslaw  sei  nacb  Masowien  ge- 
floben  und  dort  bald  gestorben.  Augenscbeinbcb  bracb  die  altere 
Quelle,  welcbe  der  Historiker  des  16.  Jabrbuuderts  beniitzt,  bier 
plotzlich  ab,  und  er  mufste  nun  mit  diirftigen  Notizen  nacbbelfen. 
Wir  folgen  in  dem  Weiteren  dem  Vincenz  Kadlubek  bei  Bie- 
lowski,  Mon.  Pol.  II,  566. 

14)  S.  28,  Abs.  2.     Ann.  Magdeburg,  a.  a.  0. 

15)  S.  28,  Abs.  3  (Alifaug).  Die  cxterorum  imd  barbarorum 
turme  werden  bei  Vincenz  wie  beiBogupbal  ausdriicklicb  erwabnt, 
imd  aucb  in   dem   Briefe  P.  Eugens  IV.  vom  31.  Dezember  1146  bei 


Aumerkungen.     S.  28—31.  7 

Boczek   cod.   dipl.   Morav.   I,  245    beifst  es,   dcr  Hcrzog  habe  mit 
einer  Masse  von  Sai-azeneu  das  christliche  Land  angegrifFen. 

16)  S.  28,  Al)s.  3.  Weim  die  Chron.  Petri  (p.  42)  den  Roger 
als  campidiictor  bezeichnet,  so  ist  darauf  uicht  allzuviel  zu  gebeu,  es 
wird  dies  gesagt  an  eiiier  Stelle,  vro  fiir  den  Cbronisteu  des  16.  Jahr- 
hunderts  augenscbeiulich  seine  alte  Quelle  abbricht,  so  dafs  es  sehr 
moglich  erscbeint,  er  babe  die  Feldherrnscbaft  Rogers  aus  dem  Frii- 
beren  als  wabrscheinlicli  gefolgert.  Merkwiirdig  ist  dagegen,  was 
die  aun.  Palidens.  (Mou.  Germ.  Ss.  XVI,  82)  berichten,  dafs  die  Auf- 
standiscben  unter  Fiibrung  des  kriegsgeiibten  Hugo  (juueto  sibi  Hii- 
gone  quodam  fideutissimo  et  preliis  exei'citatissimo  uni  duo  preva- 
luerunt  etc.)  ihren  Sieg  erfochten  batten. 

17)  S.  29,  Abs.  1.  Diesen  Zug  bat  Bogupbal  (Bielowski  M. 
P.  II,  521),  der  sonst  in  dieser  Erzahlung  ganz  dem  Vincenz  folgt, 
allein;  Dlugosz  (Lib.  VII,  col.  467)  lafst,  well  ibm  der  currus  par- 
vulus  bei  Bogupbal  nicbt  pompbaft  genug  erschien,  den  Erzbiscbof 
mit  eiuer  quadriga  in  das  Zelt  des  Herzogs  bineinfabren,  wo  es  dann 
allerdings  kein  Wunder  war,  dafs  dieses  zusammenstiirzte. 

18)  S.  29,  Abs.  2.  Uber  die  Niederlage  Wlady,slaws  siebe 
Vincenz,  S.  367:  Bogupbal,  S.  521. 


Vierter  Abschnitt. 

1)  S.  30,  Abs.  2.  Ein  altes  Relief  auf  Maria  und  ibren  Sobu 
Swentoslaw  beziiglicb  ist  nocb  beute  in  der  Sandkircbe  zu  Breslau 
iiber  der  Tbiir  der  Sakristei  erbalteu.  Abbildung  in  Klose  „vou 
Breslau",  Teil  I.  211. 

2)  S.  30,  Abs.  3.  ijber  Konrads  Bemiibungen:  Vincenz 
Kadlubek  a.  a.  0.,  S.  371;  Radevicus,  Lib.  I,  c.  2. 

3)  S.  31,  Abs.  2.     Ann.  Magdeburg.,  p.  187. 

4)  S.  81,  Abs.  2.  Boleslaw  weicbt  jeder  Feldschlacbt  aus. •Die 
allerdings  sehr  scbwiilstige  Stelle  bei  Vincenz  Kadlubek  (p.  371): 
„Bicorne  illi  dilemma  proponitur,  aut  regno  cedat  aut  campestrem 
belli  conflictum  non  declinet.  Sed  utrumque  vir  industrius  de  die  in 
diem  procrastinans  sine  bello  confligit,  sine  proelio  triumpbat", 
mocbte  icb  nicbt,  wie  Jaffe  dies  thut  (Konig  Konrad,  S.  81),  so 
versteben,  als  babe  Konrad  wirklicb  das  Verlaugen  an  Boleslaw  ge- 
ricbtet,  er  solle  eutweder  der  angemafsten  Herrscbaft  entsagen  oder 
in  offener  Feldscblacbt  den  Watifen  die  Entscheidung  anbeimgeben, 
worauf  dann  Boleslaw  von  Tag   zu  Tage  mit  der  Antwort  gezogert, 


8  Anmerkungen.     S.  31—33. 

dabei  aber  Zeit  gewonnen  habe,  den  Deutschen  die  Zufuhr  abzuschneiden. 
Solche  Aufforderung  konnte  man  sich  eigeutlich  doch  nur  als  Ultimatum 
vor  dem  Kriege  denkeu,  wo  der  Augreifer  eine  Forderung  stellt  und  im 
Ablehnimgsfalle  mit  dem  Kriege  droht;  im  vorliegenden  Falle  er- 
scheint  es  nun  als  durchaus  wahrscheinlich ,  dafs  Konrad  vou  Bo- 
leslaw  dasselbe,  was  er  vorher  auf  dem  Wege  der  Unterhandluug 
begehrt  batte,  dann  unter  Androhung  des  Krieges  gefordert  bat,  das 
war  aber,  wie  derselbe  Cbronist  anfubrt,  „ut  fratrem  nou  regno  sed 
patrimonii  consortio  restituat",  also  nicbt,  wie  es  jetzt  beifst  „ut 
regno  cedat".  Eine  wesentlicbe  Steigernng  der  urspriinglicbeu  For- 
derung wahi-end  des  Krieges  pflegt  sonst  einen  grolsen  Erfolg  voraus- 
zusetzen,  sie  ware  lacberlicb  gewesen,  wenn  wirklicb  Konrad,  wie 
Jaflfe  glaubt  (vgl.  die  nachste  Anm.),  gleicb  an  den  Greuzen  des 
Landes  biitte  stillsteben  miisseu.  Aber  icb  meine  iiberbaupt,  dafs 
Vincenz  mit  jener  Stelle  uicbts  anderes  hat  ausdriicken  wollen,  als 
ein  Lob  Boleslaws,  der  anscbeinend  vor  das  Dilemma  gestellt,  entweder 
dem  iibermiicbtigen  Heere  gegeniiber  aus  dem  Lande  zu  weichen  oder 
das  Gliick  der  Waffen  zu  versucben,  obne  eins  von  beiden  zu  tliuu 
ein  drittes  vermocbt  babe,  obne  Krieg  zu  siegen,  obne  Ti'effen  zu 
triumpbieren,  so  dafs  die  Stelle  als  eine  rbetoriscbe  Pbrase,  nicbt  als 
eine  thatsacblicbe  Nacbricht  aufzufassen  ware. 

5)  S.  31,  Abs.  2.  Dafs  Boleslaw  damals  seinen  jiingsten  Bruder 
Kasimir  als  Geisel  gestellt  babe,  wagte  icb  den  Ann.  Magdeburg. 
(S.  187)  nicbt  nacbzuerzablen.  Es  Uegt  allzunabe,  bier  eine  Ver- 
wechselung  mit  dem,  was  dann  1157  gescbab,  anzunebmen. 

6)  S.  31,  Abs.  3  (am  Ende).    Vgl.  meine  Regesten,  Nr.  27—31. 

7)  S.  31,  Abs.  1.     Zu  1148,  Jan.  6.     Regesten  I,  32. 

S)  S.  31,  Abs.  4  (am  Ende).    Regesten  I,  37.  —  S.  32,  Z.  6. 

Regesten  I,  40. 

9)  S.  33,  Abs.  1.  Zur  Genealogie  der  Bresl.  Piasten.  Neuer- 
dings  bat  sicb  Grotefend,  Abhandlungeu  der  vaterl.  Gescb.  1872/73, 
S.  57  fiir  das  von  den  anu.  cap.  Cracov.  (Mon.  Germ.  Ss.  XIX,  591) 
angegebene  Todesjabr  1159  entscbieden;  docb  Avage  icb  die  bestimmte 
Angabe  der  Urk.  v.  18.  Aug.  11G2  bei  Mart  en  e  et  Durand  coll. 
ampl.  I,  860,  welche  Wladyslaw  nocb  als  Zeugen  bei  K.  Friedricb  I. 
aufubi*t,  nicbt  obne  weiteres  beiseite  zu  scbieben. 

10)  S.  33,  Abs.  3.  Die  Beweise  dafiir,  dais  die  scblesischeu 
Herzoge  Boleslaw  IV.  als  Grofsfursten  ansaben,  in  meinem  Aufsatze 
Boleslaw  der  Lange,  scbles.  Zeitscbr.  XI,  400  ff. 

11)  S.  33,  Abs.  3.  Es  ist  sebr  wabrscbeinlicb ,  dafs  unter 
diesen  besetzt  gebaltenen  Stadten  Nimptscb  und  die  Groditzburg, 
welcbe  beide  nachweislicb  damals  scbon  existierten,  sich  befunden 
baben,  und  dafs   dies   Anlafs  zu   der  konfusen  Nacbricht  des  Chron. 


Anmerkungen.     S.  33 — 35.  9 

Polono-Siles.,  p.  590  u.  der  Chr.  princ.  Pol.,  p.  94  liber  die  Erbauung 
jener  Burgen  gegeben  hat. 

12)  S.  33,  Abs.  3,  Z.  2  V.  u.  Die  Quelleu  siehe  in  den  Re- 
gesten  I,  S.  45. 

13)  S.  34,  Abs.  2.  Vine.  Kadi.  1.  c,  p.  397:  Cui  (Casiiniro) 
dum  omnium  urbes  proviuciarum  ac  municipia  sine  bello  gratvilanter 
patefiunt,  Silensiana  visa  est  rebellare  provincia,  cujus  priucipatum 
Mesco  Wladislaides  fratre  duce  Boleslao  abacto  rapuerat. 

14)  S.  34,  Abs.  3   (am  Eude).     Boguphal  a.  a.  0.,  S.  529. 

530  erganzt  hier  die  sehr  kurzen  Angabeu  Vincenz  Kadi.  a.  a.  0. 
Wenn  er  auch  an  dieser  Stelle  Mesko  wiederum  das  Herzogtum 
Oppeln  erhalten  lafst,  so  scheint  dies,'  wie  scbon  oben  (S.  38)  aus- 
gefiihrt  wurde,  mit  Riicksicht  auf  das  weiter  im  Texte  zu  Erziihlende 
irrig.  Das  Chron.  Polono-Siles.,  p.  563,  vermengt  oflfenbar  spatere 
Ereignisse  mit  dem  damals  1177/78  Geschehenen. 

15)  S.  34,  Abs.  4.  Meskos  Zuflucht  in  Ratibor  betr.  Vine. 
Kadi.  (p.  397)  sagt  von  ihm:  „Qui  peue  ab  omnibus  desertus  patria 
simul  excidit  et  regno  finitimo  cum  tribus  filiis  contentus  oppidulo." 
Hierzu  fUgt  einer  der  codices,  der  allerdings  aus  dem  15.  Jahrhundert 
stammt ,  die  Worte  scilicet  Ratiboria.  Boguphal  (p.  529)  sagt 
direkt:  „  Ratiboriensi  contentus  oppidulo."  Dafs  ihm  die  Stadt  etwa 
auf  Lebenszeit  abgetreten  worden  sei,  was  man  aus  den  Worten  der 
Quelle  herauslesen  konnte,  wage  ich  doch  nicht  ohne  weiteres  anzu- 
nehmen  •,  soUte  der  Wladyslaide  Mesko ,  der  ohnehin  alle  seine  Er- 
oberungen  herausgebeu  mufste,  wahrend  ihn  doch  Kasimir  offenbar 
respektiert,  nun  auch  seine  Residenz  herzugeben  gezwungen  wor- 
den sein? 

16)  S.  34,  Albs.  4  (am  Ende).  Vgl.  die  Anftihrungen  Ro- 
pells,  Geschichte  Polens,  S.  378. 

17)  S.  35,  Abs.  2.  Uber  das  Neifse  -  Ottmachauer  Gebiet  ver- 
fiigt  Jaroslaw  dann  letztwillig  (im  Texte  S.  35  unten). 

18)  S.  35,  Abs.  2.  Das  Kreuzbiirg-Pitschener  Gebiet,  welches 
wir  dann  spiiter  immer  zu  Mittelschlesien  gerechnet  finden,  wiirde 
durch  eine  Linie,  welche  die  Oppelner  Grenze  in  grader  Richtuug 
nach  Nordost  bis  zur  polnischeu  Grenze  fortsetzte,  noch  Oberschlesien 
zugeteilt,  und  dafs  es  damals  auch  wirklich  hierzu  gehort  hat,  ist 
kaum  zu  bezweifeln.  Der  merkwiirdige  Grenzhag  (preseca),  den  aller 
Wahi-scheiulichkeit  nach  Heinrich  I.  gegen  seinen  ihm  so  feindlicheu 
Oheim  von  Oppeln- Ratibor  errichtete,  schlofs  noch  das  Kreutzburg- 
Pitschensche  Gebiet  aus  (vgl.  imten  S.  16). 

19)  S.  35,  Abs.  2.  Der  fiir  die  Zeit  von  1180  —  1198  schou 
durch  altere  Chronisten   in  die  Breslauer  Bischofsreihe  eingeschmug- 


10  Anmerkungeu.     S.  35—42. 

gclte  Bischof  Franko,  ist  durch  die  vou  mir  in  Prag  aufgefundene 
Originalurkunde  Bischof  Siroslaws  II.  vom  Jahre  1189  (schlesische 
Kegesten,  Nr.  55)  als  eliminiert  anzusehen. 

20)  8.  35,  Al)S.  4,  Z.  11  v.  u.  Griiiihageu,  Boleslaw  der 
Lange  a.  a.  0.,  S.  404  ff. 

21)  S.  36,  Abs.  2.  Nicht  nur  die  iu  meinem  mehrfach  erwahn- 
ten  Aufsatze  iiber  Boleslaw  den  Langen  S.  407  citierte  (allerdiiigs 
iuterpolierte)  Urkunde  vom  11.  November  1201,  sondern  auch  das 
Chron.  Polono-Siles.,  p.  563,  bezeugen,  dafs  Oppeln  erst  bei  Boles- 
laws  Tode  an  Mesko  gekommen  sei. 

22)  S.  41,  Abs.  2  (am  En(le%  Iu  diesem  Interes.se  ist  eben 
die  oft  erwahnte  Urkunde  Boleslaws  vom  18.  November  1201  von  den 
Leubusern  verfafst  oder  weuigstens  interpoliert  worden,  da  nach  dem 
Tode  ihres  Beschiitzers,  Bole.slaws,  Mesko  von  Eatibor  das  Oppelner 
Land  an  sich  brachte  und  jeues  Besitztum,  wie  es  scheint,  nicht 
herausgeben  mochte.  Erst  Meskos  Nachfolger  Kasimir  hat  dann 
1226  sich  zu  einer  gewissen  Kestitutiou  verstanden,  aber  ohiie  die 
Schenkung  Jaroslaws  anzuerkennen ;  vielmehr  hat  er  ein  neues  Be- 
sitztum konstituiert ,  es  aufs  neue  umschreiten  lassen  (Regesten, 
Nr.  297),  also  vermutlich  in  etwas  engeren  Greuzen,  es  nach  seinem 
Namen  Kasimiria  genannt  f'schon  vor  1217  existieii:  dieser  neue  Name, 
und  die  Zehuteu  dieses  Gebietes  verleiht  Bischof  Lorenz  den  Leu- 
busern, vgl.  Regesten,  N;*.  154)  und  das  Ganze  1226  dem  Kloster 
geschenkt  (Reg.,  Nr.  297). 

23)  S.  42,  Abs.  1.  Uber  die  deutscheu  Ausiedelungeu  auf  dem 
rechten  Oderufer  vgl.  Regesten,  Nr.  166. 

24)  S.  42,  Abs.  1.  Das  Material  iiber  die  iiltesten  nachweis- 
lichen  deutschen  Ausiedelungeu  hat  Stenzel  in  der  Einleitung  zu 
seiner  Urkundensammluug  S.  177  ff.  zusammeugcstellt ,  ohne  jedoch 
die  Frage  der  Echtheit  der  Urkunden,  auf  die  er  verweist,  in  Betracht 
zu  Ziehen;  zu  diesem  Zwecke  miissen  dann  meine  Regesten  zurate 
gezogen  werdeu. 


Anmerkungeu.     S.  45.  46.  H 


Zweites   Buch. 


Erster  Abschnitt. 

1)  S.  45,  Abs.  6.  Der  Yerzicht  auf  weitere  Successions- 
anspriiche  in  dem  Abkommen  zwischen  beiden  Parteien  (Regesten, 
Nr,  83)  lafst  darauf  schKefsen,  dafs  damals  solcbe  vorgelegen  habeu. 

2)  S.  45,  Abs.  1  (am  Ende).    Reg.,  Nr.  83.  84. 

3)  Vgl.  meinen  Aufsatz  iiber  den  scblesischen  Grenzhag  (preseca) 
schles.  Zeitschi-.  XII,  Iff, 

4)  S.  46,  Abs.  2.  Niederlausitz.  1218  verspricht  Herzog  Wla- 
dyslaw  Laskouogi  Heim-icb  I.  Schonung  des  Landes  Lebus  und  der 
Marchia  Lusicensis,  quamdiu  ab  eodem  duce  H.  tenetur,  Regesten, 
Nr.  204. 

5)  S.  46,  Abs.  4.  Die  Bulle,  deren  Inhalt  Ropell,  der  sie  nur 
aus  dem  Auszuge  bei  Rainald  kannte,  S.  404,  mifsverstandlich  wieder- 
giebt,  ist  jetzt  voUstandig  abgedruckt  im  Cod.  dipl.  minor.  Polon.  ed. 
Piekosynski,  S.  12.  Meiner  im  Texte  gegebenen  Auffassung  und 
speziell  der  Beziehung  auf  Mesko  von  Oberschlesien  steht,  wie  icb 
nicht  leugnen  mochte,  ein  schweres  Bedenken  entgegen,  dafs  niimlicb 
der  Papst  bier  erklart,  ein  dux  Zlesie  habe  die  ganze  Sache  angeregt, 
und  bei  dieser  Bezeichnung  ist  es  offenbar  scbwei",  an  jemand  anders 
zu  denken  als  an  Heinrich  den  Bartigen,  und  icb  vermag  keinen 
Fall  anzufiihren,  wo  in  jener  Zeit  einer  der  oberscblesischen  Herzoge 
als  dux  Zlesie  bezeicbnet  worden  ware.  Indessen  will  icb  docb  lieber 
bier  einen  Irrtum  der  papstlichen  Kanzelei,  die  sich  so  biiufig  in  den 
Verhaltnissen  des  slawiscben  Ostens  schlecht  unterrichtet  zeigt, 
voraussetzen  als  annebmen,  Heinrich  I.  habe  bier  sich  in  einer 
Sache  bemiiht,  die  doch  nur  seinem  Obeime  Mesko  zugute  kommen 
konnte.  Mit  diesem  Fiirsten  war  er  seit  den  Ereignissen  bei  seiner 
Thronbesteigung,  die  wir  obeu  schilderteu,  schwer  verfeindet,  und  wir 
wissen  von  keiner  Anniiherung  zwischen  den  beiden  Fiirsten  bis  an 
Meskos  Tod.  Und  ebeusowenig  erscheint  es  wahrscheiulich ,  dafs  er 
sich  in  dieser  Sache  soUte  mit  Lesko  von  Krakau  haben  verfeinden 
wollen,  um^so  weniger,  da  wir  Heinrich  einen  Monat  nach  dem  Er- 
lasse  jener  Bulle  ganz  li-iedlich  neben  Lesko  an  einer  Zusammenkunft 
polnischer  Fiirsten  in  Borzykowa  teilnehmeu  sahen  (Cod.  dipl.  maj. 
Polon.  I,  64).  Und  wenn  man  einwerfen  woUte,  vielleicht  habe  Hein- 
rich das  Testament  Boleslaws  III.  im  eigenen  Interesse  in  Anspruch 
nehmen  wollen  uuter  Berufung  darauf,  dafs   er  ja  der  iilteste  Sohn 


12  Anmerkungen.     S.  45 — 47. 

des  altesten  Sohnes  von  Boleslaws  Erstgeborenen  -ware,  so  ist  darauf 
zu  erwidern,  dafs  der  Wortlaut  der  papstlichen  Bulle  eine  solche  Be- 
giinstigung  des  Stammes  des  Erstgeborenen  nicht  enthalt,  viehnehr 
durch  die  Worte:  ita  quod  si  major  decederet  vel  cederet  juri  suo, 
qui  post  eum  de  toto  genere  major  esset,  ipsius  civitatis 
(Cracovie)  possessionem  intraret,  offenbar  dem  oberscblesischen  Herzoge 
das  nachste  Anrecbt  giebt.  Und  schliefslich  hat  doch  auch  eben 
Mesko  vmd  uur  er  alleiu,  wie  im  Teste  berichtet  wird,  von  der  Sache 
einen  VorteU  gehabt. 

6)  S.  46,  Abs.  5.  Die  Angabe  der  Ann.  Siles.  superioris  (Mon. 
Germ.  XIX,  552),  deren  kurze  Xotizen  einen  sehr  glaub\viirdigen 
Eindruck  macben,  Mesko  sei  tenendo  Cracoviam  gestorben,  verdient 
uiizweifelbaft  beriicksichtigt  zu  werden,  und  wenn  davor  die  falsche 
Jahreszabl  1206  statt  1211  stebt,  so  will  das  wenig  besagen,  VI  statt 
XI  konnte  leicht  verschrieben  resp.  verlesen  werden. 

7)  S.  47 ,  Abs.  2.  1206  erscbeint  ein  Brief  Herzog  Heiurichs 
ausgesteUt  anno  illo  iu  quo  d.  H.  arch,  excommunicatus  ab  ipso  d. 
^^^odizlao  manslt  in  Wratizlavia,  Reg.,  Nr.  101.  1207,  Jan.  5,  findet 
ein  Brief  Papst  Innocenz  HI.  den  Erzbischof  noch  in  seiner  Be- 
drangnis,  Eeg. ,  Nr.  111.  —  Die  erste  urkundliche  En\'ahnuiig  Wla- 
dyslaws  Odonicz  als  Herzog  von  Kalisch  datiert  vom  25.  Dezember 
1208,  wo  derselbe  daun  als  Herzog  von  Kalisch  bezel chnet  wird. 
Natiirlich  ist  es,  da  wir  friiherer  urkundlicher  Erwahnungen  Wla- 
dyslaws  entbehren,  sehr  wohl  moglich,  dafs  Wladyslaw  bereits  friiher 
in  den  Besitz  von  Kalisch  gekommen  ist. 

8)  S.  47,  Abs.  2  (ain  Eude).  Anfiihrung  einer  piipsthchen  Ur- 
kunde  von  1217,  Febr.  22.  Reg.,  Nr.  183.  Boguphals  abweicheude 
Augaben  (a.  a.  0.,  S.  553,  4)  konnen  gegeniiber  den  urkundlichen 
Zeugnissen  kaiun  in  Betracht  kommen. 

9)  S.  47,  Abs.  3.  Am  25.  Dezember  1208  tritt  er  als  Zeuge 
zwei  Schenkungen  bei,  welche  sein  Xeflfe  als  Herzog  von  Kalisch 
voUzieht.    Reg.,  Nr.  129.  130. 

10)  S.  47,  Abs.  3  (am  Ende).  Es  ist  sehr  wahi-scheinlich,  dafs 
Wladyslaw  Odonicz  damals  das  vaterliche  Erbteil  erhalten  hat,  auf 
welchem  er  dann  das  Cisterzienserkloster  Priment  im  Kreise  Bombst 
fuudiert,  das  er  im  Juli  1210  bereits  zu  erbauen  begonnen  hat  (cod. 
dipl.  maj.  Pol.  I,  64).  Die  Orte,  welche  er  am  25.  Dezember  1208 
an  die  schlesischen  Kloster  Leubus  imd  Trebnitz  schenkt  (Regesten, 
Nr.  129.  130)  sind  nicht  mit  voUer  Sicherheit  ermittelt.  Das  an 
Leubus  geschenkte  Gut  Lubogosch  konnte  wohl  Laubegast  (Kreis 
Glogau)  sein.  Die  Erwahnung  der  naben  Seeen  macht  das  um  so 
wahrscbeinlicher.     Dieser  Grenzstrich  kann   damals  sehr  wohl  noch 


Anmerkungen.     S.  47 — 50.  13 

mit  zu  Grofspolen  gehort  haben.     Die  Grenze  zwischen  Schlesieu  und 
Grofspolen  hat  ia  jenen  Zeiten  vielfach  sich  geJiudert. 

11)  S.  47,  Abs.  4.  Das  Nachstliegende  ware  ofFeubar  anzu- 
nehmen,  dafs  Heinrich  dem  Herzoge  Wladyslaw  das  Schlofs  Lebus  in 
irgendwelcher  Form  iiberlassen  hat,  wie  ja  dies  aus  spiiterer  Zeit 
(1217)  urkundlich  feststeht.  In  der  gleich  anzufiihrenden  Stelle  des 
Chron.  Mont.  Sereni  wird  das  Schlofs  als  Wladyslaw  gehorig  be- 
zeichnet. 

12)  S.  47,  Abs.  4.  Chron.  Montis  Sereni  bei  Men  eke,  Ss. 
rer.  Germ.  II,  227. 

13)  S.  48,  Z.  2.     Cod.  dipl.  maj.  Pol.  I,  64. 

14)  S.  48,  Abs.  2.  1213,  Febr.  27  stellt  Wladyslaw  Odonicz  als 
dux  Polonie  eine  Urkunde  in  Gnesen  aus  (Cod.  dipl.  maj.  Polon. 
I,  76).  Am  20.  Oktober  desselbeu  Jahres  urkundet  derselbe  wiederum 
als  Herzog  von  Kalisch  (ebd.,  S.  78),  irnd  1214,  August  10,  urkundet 
Wladysl.  Laskouogi  wiederum  in  Gnesen  (ebd.,  S.  79). 

15)  S.  48,  Abs.  3,  Z.  2.  Honorius  III.  bestatigt  denselben  unter 
dem  9.  Febr.  1217  (cod.  dipl.  maj.  Pol.  I,  83). 

16)  S.  48,  Abs.  3.  Papstliche  Mahnungen  und  Schenkungen  in 
dieser  Sache,  Regesten,  Nr.  183.  184.  204.  205. 

17)  S.  48,  Abs.  8  (am  Eiide).     Theiner  mon.  Polon.  I,  7. 

18)  S.  48,  Abs.  4,  Z.  7.  Regesten,  Nr.  204.  Cod.  dipl.  maj. 
Pol.  I,  89. 

19)  S.  48,  Abs.  4,  Z.  7.    Smolka,  schles.  Zeitschr.  XII,  104  fif. 

20)  S.  48,  Z.  5  T,  u.     Cod.  dipl.  maj.  Pol.  I,  87. 

21)  S.  49,  Z.  1.     Reg.  I,  150. 

22)  S.  49,  Abs.  1.  Kaiser  Friedrichs  11.  Schenkung.  Regesten, 
Nr.  310.  Die  Anspriiche  des  Erzbischofs  stiitzten  sich  nach  Bogu- 
phal  (a.  a.  0.,  S.  559)  auf  eine  Verleihung  Kaiser  Heinrichs  V. 

23)  S.  49,  Z.  5.  Ygl.  die  urkimdlichen  Anfiihrungen  in  Reg., 
Nr.  343.  345.  362. 

24)  S.  49,  Z.  7.  Unmittelbar  nach  seinem  Tode  versucht  Erz- 
bischof  Wilbrand  einen  Feldzug  zur  Eroberung  von  Schlofs  Lebus. 

25)  S.  49.     Bisch.  Christian  in  Trebnitz,  Reg.,  Nr.  216. 

26)  S.  49,  Abs.  3  (am  Eude).    Reg.,  Nr.  258. 

27)  S.  50.  Z.  2.  Reg.,  Nr.  258.  Nur  den  im  Texte  angegebenen 
Sinn  scheint  mir  die  vielfach  gedeutete  Stelle  haben  zu  konnen.  Ihr 
Wortlaut  ist:  quicunque  terram  Culmensem  habuerit,  omnes  proven- 
tus  ipsius  terre  cum  episcopo  Pruscie  dimidiabit.  Insuper  decimam 
temporalium  de  parte  sua  episcopo  Pruscie  dabit  excepto  duce  Slesie 
H.,  qui  faciet  cum  episcopo  secimdum  quod   eis   duobus  visum  fuerit 


14  Anmerkungen.     S.  50.  51. 

expedire.  Der  Herzog  Heinrich  sollte  ja  doch  in  Kulm  eine  Burg 
bauen  uud  wiihrend  dieser  Zeit  auch  das  Land  vor  feindlichen  Ein- 
fiillen  und  Storungen  des  unternommenen  Baues  schiitzen.  Dafs  er 
also  der  erste  Inbaber  des  Landes  seiu  mufste,  war  selbstverstandlich 
uud  nicbt  mchr  als  billig,  dafs  man  ibn  in  dieser  bedrangteu  Zeit 
von  lastigen  Verpflichtungeu  frei  bielt.  Dafs  er  aber  nicbt  fiir  immer 
das  Land  zu  bebaupten  gedacbte,  mochte  er  wobl  selbst  erklart 
haben,  da  das  nimmermebr  als  ein  Gewinn,  als  ein  Vorteil  angeseheu 
werdeu  konnte.  Die  Erbauuug  der  Kulmer  Burg  war  wie  der  ganze 
Kreuzzug  ein  frommes  Werk,  zum  eigenen  Seeleubeil  untei'nommeu. 
Hatte  er  es  erfiillt,  so  mocbte  ein  anderer  uacb  ihm  kommen  und 
weiter  an  dem  gottgefalligen  Werke  arbeiten,  und  dieser  konnte  dann 
scbon  eber  den  Zebnten  an  Bisch.  Cbristian  zahlen. 

28)  S.  50,  Ahs.  2  (am  Eiide).  1223,  Juli  2,  Reg.  Es  ware 
w^obl  moglicb,  dafs  dies  der  mit  Heinrich  nacb  Prenfseu  gezogene 
Kastellan  von  Bunzlau  gewesen  ist,  weuugleich  derselbe  dann  noch 
einmal  gleicbfalls  in  Preufsen  unter  dem  6.  Augxist  als  Kastellan  von 
Bunzlau  aufgefiihrt  wird.     Reg.,  Nr.  273  b. 

29)  S.  50,  Abs.  3.  Den  Biscbof  von  Flock  nennt  als  Ratgeber 
Bogupbal,  S.  859. 

30)  S.  50,  Abs.  3.  Beziiglich  der  definitiven  Uberlassung  des 
Kulmer  Landes  a.  d.  Deutscbordensritter  scbreibt  Bogupbal,  S.  559: 
„Henricus  —  —  Conradum  patruum  suum  petiit,  ut  cruce  signatis 
predictam  ten-am  Culmensem  perpetuo  adscribere  dignaretur."    Ebd. 

31)  S.  50,  Abs.  3  (am  Eude).    Reg.,  Nr.  247. 

32)  S.  51,  Abs.  3  (am  Ende).  Bogupbal,  S.  554.  555. 
Leider  tindet  sich  bier  eine  Liicke,  die  Worte  lauten:  (Lesko)  volens 
etiam  castrum  Naklense  sub  duce  Wladislao  ....  Hierzu  ergiinzt 
der  Herausgeber  die  Worte  Odouis  recuperare.  Dafs  diese  Konjektur 
nicbt  sebr  zu  befriedigen  vermag,  bemerkt  Smolka  (a.  a.  0.,  S.  112, 
Anm.  1)  mit  um  so  grofserem  Recbte,  da  dieselbe  die  Meinung  bervor- 
rufen  kann,  als  biitte  es  sich  dabei  darum  gehandelt,  ein  Besitztum, 
dessen  sich  Odonicz  widerrechtlich  angemafst,  demselben  wieder  ab- 
zunehmen,  was  dann  doch  erst  bewiesen  werden  miifste.  Ohne  wei- 
teren  Anbalt  ist  es  nicht  geraten,  sich  auf  eine  J^rganzung  der  feh- 
lenden  Worte  einzulassen.  Dafs  aber  Odonicz  mit  seinem  Schwager 
gemeinsame  Sache  gemacht,  deutet  auch  Bogupbal,  S.  354  an,  und 
die  Wolhynisch - Halitzische  Chronik  (vgl.  Smolka  a.  a.  0.)  nennt 
Swantopolk  und  Odonicz  zusammen  als  Morder  Leskos,  und  auch  der 
allerdings  etwas  verworrene  Bericbt  des  Cbron.  Polono  -  Siles.  (M. 
Germ.  Ss.  XIX,  567)  stebt  dieser  Annabme  nicht  entgegen. 

33)  S.  51,  Abs.  3,  Z.  1.  Bogupbal,  S.  554.  Diese  unsere 
Hauptquelle  stellt  die  Sache  keineswegs  so  dar,   als  sei  Heinrich  ge- 


Anmerkuugen.     S.  51—53.  15 

wissermafsen  als   Vasall   des  Grofsfursten   unci  Herzogs    von  Krakau 
bier  erschienen. 

34)  S.  51,  Abs.  4-.  tjber  die  Mitschuld  Swantopolks  vgl.  die 
vorige  Anmerkung. 

35)  S.  51,  Abs.  4.  Das  Chron.  Polono-Siles.  (M.  Germ.  Ss. 
XIX,  567)  lafst  Heinrich  im  Bette  iiberrascht  werden. 

36)  S.  51,  Abs.  4.  Uber  den  Opfertod  Peregrins  s.  Chron. 
Pol.-Siles.,  S.  567. 

37)  S.  51 ,  Abs.  5.  In  einer  Urkunde  von  1228  ohne  Datum 
adoptiert  unter  Berufung  auf  seine  mit  Lesko  getroifenen  Ver- 
abredungen  Wladyslaw  dessen  Sohn  und  nimmt  dessen  Lande  in  seinen 
Scbutz.  Piekosiiiski  c.  d.  cathedr.  eccl.  Craeov.  I,  20.  Dafs 
Wladj^slaw  sicb  nun  aucb  als  Grofsfursten  angesehen  bat,  wiire  -wobl 
moglich.  Bogupbal  (p.  557)  bezeichnet  ibn  zu  diesem  Jabre  1228 
als  Wladislaus  magnus.  Dagegen  erscbeint  eine  derartige  Titulatur, 
die  ja  in  einem  friiberen  Jabre  (1227)  uns  einmal  in  einer  Urkunde 
Wladislaws  begegnet,  in  den  beiden  Urkunden  desselben  von  diesem 
Jabre  nicht  augewendet. 

38)  S.  52,  Abs.  2.  Nacb  den  Anfiihrungeu  Smolkas  (scbles. 
Zeitscbr.  XII,  124)  aus  russiscben  Chroniken. 

39)  S.  52,  Abs.  2.  Cession  Krakaus  Cbron.  Pol.-Siles. ,  S.  567. 
Die  erste  Urkunde,  in  welcber  sicb  Heinricb  Herzog  von  Scblesien, 
Krakau  und  Polen  nennt,  datiert  vom  30.  August  1228,  Regesten, 
Nr.  338. 

40)  S.  52,  Abs.  3.  Uber  die  beiden  Scblacbten  das  Cbronicon 
Pol.-Siles.,  S.  567,  Uber  die  Krakauer  Versammluug  Ann.  Siles.  com- 

■pilati  M.  Germ.  Ss.  XIX,  539.     Dlugosz  I,  col.  6G0. 

41)  S.  53,  Abs.  i.  In  der  Cbronologie  dieser  Begebenbeiten 
folge  icb  bier  und  weiterbin  der  iiberzeugenden  Darstelluug  Smol- 
kas a.  a.  0.,  S.  117ff. 

42)  S.  53,  Abs.  4.  Cbron.  Polono-Siles.  a.  a.  0.,  S.  564.  Bo- 
gupbal (S.  556)  klagt  darilber,  dafs  Heinricb  mebrfacb  Kloster  in 
Festungen  verwandelt  und  dann  als  solche  bebandelt  babe,  unter 
andern  aucb  das  von  Opatow.  Vielleicbt  bat  er  das  bei  0.  iu 
Erinnerung  an  diesen  Vorfall  getban. 

43)  S.  53,  Z.  2.  Mit  S  mo  Ik  a,  S.  118  balte  icb  diese  Angabe 
des  Dlugosz  I,  col.  640  u.  643  fiir  sebr  glaubhaft. 

44)  S.  53,  Z.  3.  Die  erste  Urkunde,  die  Heinricb  wieder  als  Herzog 
von  Krakau  und  Polen  ausstellt,  datiert  vom  31.  Dez.  1230  (Reg., 
Nr.  364).  Vgl.  Smolka,  S.  118,  Anm.  1.  Ob  der  bier  als  Zouge 
angefiibrte  consobrinus  Heinricbs  Boleslaw,  wie  Smolka  vermutet,  der 
Sobn  Leskos  war,  ist  fraglicb;  man  wird  docb  wobl  eber  mitGro 


16  Aumerkungeu.     S.  53.  54. 

fend   (scbles.   Stanimtafeln ,   Taf.  I,   Nr.  5,    an   den  mahrischen   Bo- 
leslaw,  Heinrichs  Schwestersohn,  zu  denken  haben. 

45)  S.  53,  Z.  7.     Boguphal,  S.  555. 

46)  S.  53,  Abs.  2.    Wladyslaws  Tod,  Eeg.,  Nr.  185. 

47)  S.  53,  Abs.  2  (am  Ende).  Die  Nacbricbt  berubt  nur  auf 
der  Anfiibrung  eines  nocb  ungedruckten  von  R op  ell  (Gescb.  Polens, 
S.  453)  citicrten  papstlicben  Scbreibens  vom  14.  Oktober  1287.  Vgl. 
c.  d.  maj.  Pol.  I,  583.  Beziiglicb  der  Cbronologie  des  Feldzuges  scbliefse 
icb  micb  der  Ausfiibrung  Smolkas  (a.  a.  0.,  S.  122,  Anm.  2)  an. 

48)  S.  53,  Abs.  3.     H.  BaUc  in  Breslau,  Reg.,  Nr.  410. 

49)  S.  53,  Abs.  3,  Z.  4  v.  u.  Reg.,  Nr.  424.  Die  Zweifel, 
welcbe  Smolka  (a.  a.  0.,  S.  123,  Anm.  2)  gegen  diese  Deutung  des 
Ausstellungsortes  Hlem  aufsert,  erscbeinen  docb  nicbt  binreicbend 
substantiiert ,  um  an  das  von  ibm  vorgescblagene  Dorf  Cbelm  bei 
Petrikau  zu  denken. 

50)  S.  54,  Abs.  1.     Ss.  rer.  Pruss.  I,  57. 

51)  S.  54,  Abs.  2  (am  Ende).  Reg.,  Nr.  429b  nnd  dazu  Bo- 
gupbal,  S.  558.  Borziwoi  -war  ein  Sobu  des  aus  seiner  Heimat 
vertriebenen  Markgrafen  Diepold  ,  der  Heiuricbs  Scbwester  zur  Ge- 
mablin  batte. 

52)  S.  54,  Abs.  3.  Uber  die  Thatigkeit  Wilbelms  von  Mo- 
dena  Bogupbal,  S.  559;  Smolka  a.  a.  0.,  S.  ISOflf. 

53)  S.  54,  Abs.  4.  Uber  die  Zugeborigkeit  der  Gebiete  von 
Kreuzburg,  Pitscben  und  Rosenberg  mag  nocb  eine  besondere  Notiz 
bier  einen  Platz  finden.  Beim  Regierungsantritte  Heinricbs  I.  baben 
diese  Gebiete  zu  Oberscblesien  gebort,  der  alte  Grenzbag  (preseca) 
scbied  das  Namslauer  Gebiet,  das  zu  dem  damaligen  Herzogtum 
Scblesien  geborte,  von  dem  Pitscben-Kreuzburger  Laude.  (Vgl.  oben 
S.  9).  Im  Widersprucbe  damit  finden  wir  jedocb  urkundlicbe  Erwab- 
nungen ,  welcbe  Herzog  Heinricb  I.  scbon  sebr  friib  berzoglicbe 
Recbte  in  der  Rosenberger  Gegend  ausiiben  lassen.  Im  Jabre  1204 
erlafst  Heinricb  dem  Sandstifte  eine  ibm  zustebende  Abgabe  auf  ver- 
scbiedenen  Stiftsgiitern  und  unter  andei'n  aucb  in  Zarzisk  bei  Rosen- 
berg in  Oberscblesien  (Reg.,  Nr.  95).  Aber  die  nur  in  Kopialblicbern 
des  Sandstiftes  erbalteue  Urkuude  wird  uns  scbon  durcb  die  ganz 
unerborte  Titulatur  des  Herzogs :  Henricus  dei  et  b.  Marie  beatique 
Jobannis  gracia,  verdacbtig,  und  aucb  die  Sandstiftscbronik  (Sten- 
zel,  Ss.  rer.  Siles.  II,  66)  sagt  von  diesen  Bewilligungen ,  dieselben 
seien  per  uegligentiam  et  nimis  antiquatam  tacitumitatem  abolita  et 
cxtincta.  Allerdings  bezeicbnet  daun  Heinricb  aucb  in  einem  grofseu 
Privileg  von  1209  fiir  das  Sandstift  eine  Reibe  von  Stiftsgiitern  jenes 
Klosters  als  in  seinem  dominium  gelegen  und  von  ibm,  resp.  in  seinem 
Auftrage  umgrenzt,  darunter  aucb  Zarzisk.     (Reg.,  Nr.  133.)     Diesen 


Anmerkuugeu.     S.  54 — GO.  17 

letzteren  Ort  erlaubt  claim  Herzog  Heiorich  I.  1228  dem  Sandstifte 
zu  deutschem  Rechte  auszusetzen  luiter  gleiclizeitiger  Erwahnung  der 
herzoglichen  Schenkeu  zu  Pitschen  (Reg.,  Nr.  329).  Dieseu  drei 
samtlicli  nur  in  den  Kopialbiichern  des  Sandstiftes  vorhandenen  Ur- 
kunden  stellt  sich  nun  aber  eine  im  Originale  uns  erhalteue  uud 
iinverdachtige  Urkunde  des  Bischofs  Lorenz  vom  Jahre  1226  eutgegen, 
■welche  ganz  vinzweifelhaft  das  Gebiet  von  Rosenberg  als  im  Besitze 
des  Herzogs  Kasimir  von  Oppeln  zeigt  (Reg.,  Nr.  293),  und  mit 
Riicksicht  darauf  habe  icli  Anstand  genommen,  aus  jenen  Sandstifts- 
urkunden ,  liber  deren  mutmafslicbe  Entstehung  Vermutungen  zu 
aufsern  hier  zu  weit  fiihren  wiirde,  ScUiisse  zu  machen  beziiglich 
des  Besitzstaudes  von  Herzog  Heinrich  in  dieser  Gegend,  und  selbst 
was  Kreuzburg  uud  Pitschen  anbetrifft,  so  lialte  ich  bei  dem  Schwei- 
gen  aller  sonstigen  Quellen  es  fiir  bedenklich ,  eine  Herrschaft  Heiu- 
richs  in  dieser  Gegend  anzunelimen.  Unzweifelhaft  ist  dann  aucb, 
dafs  die  Rosenberger  Nachrichten  in  (Zimmermanns)  Beitragen  zur 
Beschreibung  von  Scblesien  II,  169  nur  auf  Kombinationen  beruhen, 
welche  aus  der  angefiibrten  Sandstiftsurkunde  von  1228  in  der  wUlkiir- 
licheu  Art ,  wie  seiche  spateren  Chronisten  eigen  war ,  hergeleitet 
worden  wareu. 

r)4)  S.  54,  Abs.  4.  IJber  Heinrichs  Vormundschaft  in  Ober- 
schlesien.  Bereits  1232,  Okt.  2,  stellt  Heinrich  eine  Urkuude  zu 
Oppeln  aus  (Reg.,  Nr.  395)  und  erwahut  in  einer  Urkunde  von  1234, 
ev  habe  „tutelam  et  gubernacionem  filiorum  fratris]Casimiri"  (Reg.  419b). 

55)  S.  54,  Abs.  4  (am  Ende).  1238  bei  einer  Zusammenkunft, 
welche  Herzogia  A'iola  mit  H.  zu  Bobrownik  hatte,  nennt  sie  sich 
Herzogin  von  Kalisch  und  Ruda. 

56)  S.  55,  Abs.  1.  Uber  Hedwigs  Alter  bei  ihrer  Yermahlung 
vita  Hedwigis  bei  Steuzel,  Ss.  rer.  Siles.  II,  4. 

57)  S.  56,  Abs.  1.  Die  Vita  Hedw. ,  p.  5,  kennt  nur  sechs 
Kinder,  doch  kann  der,  wie  bereits  angefiihrt,  am  25.  Dezember  1208 
getaufte  Sohn  Heinrichs  keiner  der  drei  dort  geuannten  Sohne  sein, 
da  von  diesen  der  jiingste  bereits  1208  mit  dem  Vater  Urkuudeu 
ausstellt. 

58)  S.  56,  Abs.  2.  Vgl.  dariiber  Luchs  in  den  schlesischen 
Fiirstenbildern,  Bogen  8. 

59)  S.  56,  Abs.  4.  Uber  Kloster  Trebnitz  vgl.  Stenzel, 
Griindungsbuch  von  Heinrichau,  S.  8.  9. 

60)  S.  56,  Abs.  4,  Z.  2  v.  u.    Ebd.,  S.  7. 

61)  S.  57,  Abs.  2.  Uber  die  Bresl.  Augustiner  vgl.  ihre  Stifts- 
chronik  in  Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  II  imd  Uber  die  wallonischen 
Elemente  meine  obea  Buch  I,  Abschn.  2,  Anm.  7  angefuhrte  Schrift. 

Grunhagen,  Gescb.  Schlesiens.    I.  2 


18  Anmerkungeu.     57.  58. 

62)  S.  57,  Abs.  2  (am  Ende).  Vita  Hedw.  Steuzel.  Ss.  m-. 
Sil.  II,  32. 

63)  S.  57,  Abs.  3.  Die  Urkunde  von  1209  ist  mitgeteilt  vou 
Stenzel  im  Jahresbericht  der  vaterliindischeu  Gesellschaft  vou  1840, 
S.  122.  Vgl.  auch  iiber  diese  Gliter  H.  Adler,  Alteste  Geschichte 
der  am  Fufse  des  Zobtenberges  liegenden  Dorfer  des  Sandstiftes, 
Progi-amm  der  Bresl.  Realschule  am  Zwinger  1871  u.  1872. 

64)  S.  58,  Abs.  1  (am  Ende).  Die  grofse  Zahl  der  Aus- 
setzungen  zu  deutschem  Rechte  zeigt  die  verdienstliche  Zusammen- 
stellung  derselbeu  aus  den  Regesten  (die  Zeit  bis  1250  umfassend) 
von  H.  Neuling  in  der  schles.  Zeitschr.  XII,  156.  Und  dabei  miisseu 
wir  immer  noch  daran  denken,  wie  viele  Aussetznngsurkunden  zu 
deutschem  Rechte  uns  uicht  mehr  erhalteu  siud. 

65)  S.  58,  Abs.  3,  Z.  1.  Wenn  hier  Neumarkt  an  erster 
Stelie  genaunt  wurde,  so  geschah  dies  deshalb,  weil  gerade  das  Neu- 
markter  Recht  danu  vielfach  weitcr  fortgepflanzt  und  auf  andere 
Stiidte  iibertragen  wird.  Soust  ist  gerade  bei  diesem  Orte  um  so 
schwerer  zu  sagen,  wenn  hier  zuerst  deutsche  stadtische  Einrich- 
tungen  eingefiihrt  worden  sind,  als  auch  fiir  landliche  Neugi-iindungen 
Neumarkt  vielfach  als  Muster  angefiihrt  ward.  Vgl.  Tzschoppe 
imd  Stenzel,  Urkundensammlung,  Einl.,  S.  95.  96. 

66)  S.  58,  Abs.  3  (am  Aufang-).  R.  Peiper  hat  in  der  schles. 
Zeitschr.  XIV,  567  ffi  die  Vermutung  aufgestellt,  der  Name  Szroda 
(die  polnische  Bezeichuuug  fur  Mittwoch)  stelie  den  neugegriindeten 
Markt  am  Mittwoch  gleichsam  gegeuiiber  dem  bisherigen  einzigen 
Markte  dieser  Gegend  in  dem  Stadtchen  Zobten  unter  dem  Berge 
gleichen  Namens,  welcher  Markt  am  Sonnabend  abgehalten  worden, 
der  Ort  babe  daher  Sobota  =  Sonnabend  geheifsen,  woraus  dann 
Zobten  entstanden  sei.  Dafs  der  Zobteuberg  erst  von  dem  Markt- 
flecken  an  seinem  Fufse  diesen  seiuen  Namen  erhalten  hat,  wird  kaum 
zu  bestreiten  sein;  noch  in  der  oben  angefiihrten  Urkunde  von  1209 
triigt  der  Berg  den  alten  Namen  Silency  (Schlesierberg),  wahrend  der 
Marktflecken  am  Fufse  desselben  Sobota  genannt  wird.  Der  letztere 
ist  uralt;  bereits  in  der  papstlichen  Bestiitigung  von  1148  ist  von  dem 
forum  sub  monte  die  Rede  (Adler  a.  a.  0.,  S.  23).  Dafs  der  Name 
des  Fleckens  von  dem  Wochentage,  an  welchem  dort  der  Markt  ab- 
gehalten wurde,  hergenommeu  worden  sei,  ist  eine  Konjektur,  die 
manches  fiir  sich  haben  kann.  Was  Szroda  anbetrifft,  so  miifste 
man,  wenn  man  an  der  Peiperschen  Konjektur  festhalten  will,  an- 
nehmen ,  es  sei  dieser  Mittwochmarkt  in  sehr  friiher  Zeit  gegriindet 
worden,  wahrscheinlich  noch  unter  Boleslaw  dem  Laugen,  also  noch 
ira  12.  Jahrhundert.  Als  dann  Heiurich  I.  mit  der  Griindung  von 
deutschen  Stadten  vorging,  fiel  sein  Blick   zuniichst  auf  Szroda,   das 


Anmerkungen.     58 — 63.  19 

eben  wegeu  seines  Marktes  einen  Haudelsverkelir  aufzuweisen  batte, 
und  er  nannte  dann  den  Ort  bei  der  Neugriindung  zu  deutscbem 
Rechte  Neumarkt.  Dies  miifste  dann  wobl  bald  nacb  Heinrichs 
Tbronbesteiguug  erfolgt  sein,  denu  in  wenig  spiiterer  Zeit  im  Jabre 
1214  finden  wir  bereits  eine  ganze  Anzabl  von  Markten  im  Gebiete 
der  Breslauer  Burg  erwabnt,  namlicb  01s,  Domslau,  Bernstadt.  (Urk. 
Heinrichs  I.  bei  Tzschoppe  und  Stenzel,  Urkuudensammlung  der 
scbles.  Stadte  etc.,  S.  275.) 

67)  S.  58,  Abs.  3.  Die  Magdeburger  scbreibeu:  Quod  pro 
vestra  petitioue  nostrorum  privilegiorum  rescripta  et  nostre  civita- 
tis  jura  totiens  vobis  transmisimus  et  cum  devotione.  Undatiertes 
Scbreiben  zwiscben  1211  u.  1238.     Keg.,  Nr.  141. 

68)  S.  58,  Albs.  3.  Dafs  der  Ausdruck  Scbultbeifs  damals 
ziemlicb  gleicbbedeutend  mit  Vogt  gebraucbt  wurde,  dafiir  bringt 
Markgraf  in  der  scbles.  Zeitscbr.  XV,  539  ff.  mebrere  Belege.  Die 
Urkunde  von  1229,  Eeg.,  Nr.  343. 

69)  S.  58,  Abs.  3.  liber  das  deutscbe  Kaufhavis  vgl.  Griin- 
bagen,  Breslau  unter  den  Piasten,  S.  6  und  Markgrafs  Aufsatz: 
Breslau  als  deutscbe  Stadt  vor  dem  Mongolenbrande  von  1241  a.  a.  0. 
Dafs  das  Haus  ein  steinernes  war,  wird  man  daraus  scbliefsen  dlirfen, 
dafs  es  allein  den  Mongolenbrand  iiberdauerte. 

TO)  Ubergabe  der  Adalbertskircbe  1226.     Reg.,  Nr.  305. 

71)  S.  59,  Z.  2.  Griinbageu,  Die  Anfange  der  Pfarrkirchen 
zu  Maria-Magdalena  und  Elisabetb.  Abbandlungen  der  scblesischen 
Gesellscbaft  fiir  vaterland.  Kultui-,  pbilos.-bist.  Abtb.  1867,  S.  28  ff. 

72)  S.  59,  Abs.  2.  Fiir  die  Existenz  einer  deutscben  Gemeinde 
scbon  vor  1241  biirgt  der  Name  des  Scbultbeifsen  Alexander  in  der 
angefiibrten  Urkimde  von  1229,  Reg.  349. 

73)  S.  61,  Abs.  2.  -  Vgl.  im  Texte  S.  36  ff. 

74)  S.  61,  Abs.  2.  Die  betr.  Bemerkung  der  Magdebm-ger  bei 
Tzscboppe  und  Stenzel,  Urkundensamml.,  S.  271,  §  2. 

75)  S.  62,  Z.  1.  Von  dem  Holzpfluge  der  Slaven  und  dem 
kliiglicben  Zustande  der  Einwobner  vor  der  deutscben  Einwanderung 
berichtet  ein  altes  Leubuser  Gedicbt,  Wattenbacb,  Monum.  Lu- 
bensia  15. 

76)  S.  63,  Z.  2.  Regesten,  Nr.  128.  Dieser  1208  getaufte  Sohn 
Herzog  Heinricbs  wird  nirgends  weiter  erwabnt. 

77)  S.  63,  Abs.  2  (am  Eiide).  Cbron.  Polono-Siles.  Mon.  Germ. 
SS.  XIX,  566.  567.  Dafs  die  Begebenbeit  in  die  letzten  Jabre  Hein- 
ricbs I.  zu  setzen  sei,  zeigen  scbon  die  Worte  unserer  Quelle:  viven- 
tibus   adbuc  Henrico  etc.     Vgl.   dazu  meine   Ausfiibrungen   in   der 

2* 


20  Aumerkungen.     S.  G4— 68. 

schlcs.  Zeitsclir.  VII,  202.  Von  dem  ZusammentrefFen  sagt  die  cr- 
wJihiite  cinzige  Quelle:  pater  et  mater  cum  hoc  malum  (den  durch 
natiouale  Autipathieen  geschiirfteu  Zwist  der  Bruder)  sedare  nequirent, 
pater  Glogoviam ,  mater  in  Nempcz  cedentes  filios  congrcdi  per- 
miserunt.  Ich  habe  diesen  Worten  im  Texte  cine  vielleicht  etwas 
gewaltsame  Dcutung  gegeben,  aber  es  schien  mir  dpnu  docli  kaum 
denkbar,  dafs  ein  so  gewaltiger  Krieg.sflirst  wie  Heinricb  I.  in  eiuer 
Augelegenheit,  wo  ein  Priuzip,  welches  er  sein  Leben  laug  verfolgte, 
auf  dem  Spiele  stand,  soUte  gleichsam  nur  eiuen  gleichgiltigen  Zu- 
schauer  abgegeben  haben. 

78)  S.  (»4,  Z.  9.  Naturlich  abgeseheu  von  dem  seitdem  ziem- 
lich  um  das  Fiinffache  gesunkencn  Geldwerte,  wie  ihn  eine  Ver- 
gleichung  der  Getreidepreise  herausstellt.  Vgl.  Tagmanu,  Uber 
das  Miluzwesen  Schlesiens  bis  zum  Anfange  des  14.  Jahrhunderts. 
Scbles.  Zeitschr.  I.  86. 


Zweiter  Abschnitt. 

1)  S.  66,  Abs.  1  (am  Elide).  Stenzel,  Grlinduugsbuch  von 
Heinrichau,  S.  131.  Wenn  Knoblich  (Herzogiu  Anna,  S.  43)  aus 
der  Zeugeuschaft  des  Bischofs  bei  einer  Urkunde  Herzog  Heiurichs  11. 
fiir  Heinrichau  am  26.  Juni  1239  auf  die  damals  erfolgte  Versohnung 
schliefst,  so  nehme  ich  doch  Austand,  diesen  Beweis  gelteu  zu  lassen, 
cinmal  weil  es  mit  dieser  Urkunde  eine  besondere  Bewandnis  hat 
(vgl.  meine  schles.  Regesten) ,  ihre  Datiening  nicht  ganz  sicher  ist 
und  selbst  wenn  da  kein  weiterer  Zweifel  obwaltete,  nach  der  Praxis 
bei  solchen  Urkunden  die  INIitsiegelung  des  Bischofs,  welche  das 
Kloster  zu  wiinschen  alien  Grund  hatte,  noch  nicht  notwendig  seine 
Anwesenheit  bedingen  wiirde. 

2)  S.  66,  Abs.  4.    Hofler,  Albert  von  Beham,  S.  14  u.  27. 

3)  S.  68,  Abs.  1.     Reg.,  Nr.  572. 

4)  S.  68,  Abs.  2.  Beziiglich  einer  Feststellung  der  Fiirsten,  die 
bei  Oppeln  kampften,  vgl.  meine  schlesischen  Regesten,  2.  Auflage, 
S.  246. 

5)  S.  68 ,  Abs.  2.  Was  in  den  von  mir  bearbeiteten  schles. 
Regesten  nur  als  Moglichkeit  hingestellt  wurde,  dafs  die  bei  Oppeln 
iiber  die  Oder  gekommenen  Mongolen  die  Zerstorung  Breslaus  herbei- 
gefiihrt  haben  ,  mochte  ich  nun  doch  mit  grofserer  Bestimmtheit  an- 
nehmen.  Die  Entscheidung  dariiber  hjingt  von  einer  andern  Frage 
ab,  niimlich,  ob  man  annimmt,  dafs   beide  Mongolenheere ,  das   durch 


Anmerkungen.     S.  68.  21 

Grofspolen  herangeriickte  imd  das  liber  Krakau  und  Oppelii  ge- 
kommene,  vereint  bei  AVahlstatt  gegen  Heinrich  II.  gekiimpft  habeu. 
Ich  nehme  das  mit  Dlugosz  (a.  a.  0.,  S.  676)  schon  deshalb  an, 
um  die  Uberzahl  der  Tartareu ,  welche  dann  die  Miederlage  der 
Schlesier  herbeifiihrt,  leichter  erkltireu  zu  konnen.  Was  dieser  An- 
nahme  entgegensteht ,  ist  die  Aufiihrung  des  Briefes  Kaiser  Fried- 
richs  II.  an  den  Konig  von  England  vom  3.  Juli  (oft  gedruckt  z.  B. 
bei  Er ben,  Eeg.  Bohem.,  Nr.  1052),  demzufolge  nur  das  per  Pructenos 
entsendete  Mongolenheer  (also  oifenbar  das  durch  Grofspolen  ge- 
zogene)  die  Niederlage  bei  Wahlstatt  veranlafst  babe,  wahrend  der 
zweite  Kriegshaufe  in  Bohmen  (richtiger  in  Miihren)  eingefallen  sei. 
Aber  bei  naherer  Betrachtung  zeigt  sich  doch  die  Kunde  von  den 
Vorgangen  in  Schlesien,  wie  sie  zu  dem  Kaiser  nach  Italien  ge- 
driingen  und  dann  in  jenem  Briefe  sich  abspiegelt,  zu  wenig  genau 
ini  einzeluen,  um  allzu  grofse  Beriicksichtigung  beanspruchen  zu 
konnen.  Uber  den  Verbleib  des  Heeres,  das  bei  Wahlstatt  gesiegt, 
enthielt  jener  Brief  gar  nichts.  Und  wie  barbarisch  auch  die  Mon- 
golen  waren,  so  wird  man  doch  den  Fiihrern  von  Heeren,  welche  so 
ausgedehnte  Eroberirngsziige  auszufiihren  vermocht  haben,  immerhin 
eine  gewisse  Kriegskunst  zuschreiben  miissen.  Wir  diirfen  doch  kaum 
voraussetzen,  es  konne  den  Fiihrern  der  Mongolen,  welche  bei  Oppeln 
die  Oder  iiberschritten,  ganz  verborgen  geblieben  sein,  dafs  iu  Schle- 
sien ihnen  noch  ein  Kampf  bevorstehe,  dafs  Herzog  Heinrich  gegen 
sie  riiste  und  auch  der  Bohmenkcinig.  Um  so  weniger  darf  voraus- 
gesetzt  werden,  dafs  der  bei  Oppeln  iiber  die  Oder  gekommene  Heer- 
baufe  unbekiimmert  um  jene  Feinde  und  das  Schicksal  ihrer  aus 
Kujawien  heranruckenden  Landsleute  sich  sollte  nach  Bohmen  resp. 
Mahren  gewendet  haben.  Ob  die  also  nun  anzunehmenden  Ver- 
einigungen  der  beiden  mongohschen  Heerhaufen  dann  gerade  am 
2.  Osterfeiertage  (dem  1.  April)  und  zwar  im  Breslauer  Fiirstentume 
vor  sich  gegangen  sei,  wie  Dlugosz  (a.  a.  0.,  S.  676)  berichtet,  kaun 
das  diesem  Chronisten  gegeniiber  gerechtfertigte  Mifstrauen  uns  noch 
dahinstellen  lassen.  Gewifs  ist  aber  soviel,  dafs,  so  wie  wir  eine  Ver- 
einigung  beider  mongolischer  Heere  vor  der  Schlacht  bei  Wahlstatt 
annehmen,  auch  der  Angriif  auf  Breslau  dem  von  Oppeln  auf  dem 
linken  Oderufer  in  der  liichtung  auf  Liegnitz  vordringendeu  Haufen 
zuzuschreiben  sein  wird ,  da  Breslau  diesem  auf  dem  Wege  lag. 
Wenn  jemand  aber  mit  Riicksicht  auf  die  allerdings  arge  Diii-ftigkeit 
unserer  Quellen  zweifeln  wollte,  ob  deun  iiberhaupt  die  Mongolen  bei 
Oppeln  iiber  die  Oder  gegangen  sind,  und  ob  sie  uicht  lieber  die 
Vereiuigung  mit  dem  aus  Grofspolen  herbeikommeuden  Haufen  auf 
dem  rechten  Flufsufer  gesucht  haben  soUten,  so  mag  bemerkt  werden, 
dafs  diese  Moglichkeit  schon  deshalb  von  der  Hand  gewiesen  werden 
kann,  weil  das  reiche  Kloster  Trebnitz  sonst  sicher  nicht  der  Zer- 
storung    und    Pliindenmg    entgangen    ware.      Was    die    Verbrennung 


22  Anmerkuugeu.     S.  68 — 70. 

Breslaus  betrifft,  so  hat  allerdings  Ropell  (^Gesch.  Poleus,  S.  4G9, 
AniKi.  14)  dieselbe  erst  iiach  der  Wahlstattcr  Schlacht  angenommen 
(und  ich  war  seiner  Ansicht  in  meiuen  Regesten  gefolgt)  auf  Grund 
der  Augabeu  des  Roger  (de  destructione  Huugarie  per  Tartaros 
facta  bei  Schwaudtuer,  Ss.  rer.  Hung.  I,  380).  Die  Stelle  lautet: 
„Peta  rex  per  Poloniam  dirigcns  gressos  suos  uno  ab  ipso  de  ducibus 
Polonie  interfeeto  et  destructa  Vratislavia  civitate  nobilissima  et  strage 
facta  mirabili  —  —  ad  portas  Hungarie  festinavit."  Ich  bekenne 
nun,  dafs  ich  doch  Bedenkeu  trage,  diese  Worte  als  fUr  die  Chrono- 
logic der  Begebeuheiten  eutscheideud  anzusehen;  cs  ist  ebeusowohl 
moglich,  dafs  der  Yerfasser  eiufach  das  ihm  als  das  wichtigste  scheiuende 
Ereignis,  den  Fall  des  Herzogs,  vorausuimmt,  ohue  dabei  an  die  Chrono- 
logic zu  denken.  Wenigstens  meine  ich  nicht,  dafs  gegeniiber  den 
im  Vorsteheuden  angefiihrten  Erwiigungen  diese  Stelle  ein  entschei- 
dendes  Gegengewicht  abzugeben  vermag;  auch  wird  in  den  Ann. 
Siles.  compilati  CMon.  Germ.  XIX,  540),  deren  Angabeu  trotz  der 
imsichereu  Herkunft  dieser  Quelle  einen  glaubwiirdigen  Eindruck 
macheu,  die  Verbrennung  Breslaus  ganz  ausdriicklich  als  vor  der 
Wahlstatter  Schlacht  erfolgt  erzahlt. 

6)  S.  08,  Abs.  2.     Ann.  Siles.  compil.  a.  a.  0.  540. 

7)  S.  61),  Z.  2.     Regest.  575. 

8)  S.  69,  Abs.  2.    Regesten  598. 

9)  S.  69,  Abs.  3.  Angaben  iiber  die  Starke  des  Mongolen- 
heeres  vgl.  in  meinen  Regesten  I,  S.  248,  auch  Boguphal  (a.  a.  0. 
561)  spricht  von  Tauseuden,  die  mit  Herzog  Heinrich  gefallen  seien. 

10)  S.  69,  Abs.  4.  Die  Templer  batten  in  Schlesien  Besitzungen, 
uad  erst  kiu-zlich  hatte  ihnen  Herzog  Heinrich  II.  100  Hufen  bei 
Schiedlo  im  Lebuser  Lande  geschenkt  (Reg.,  Nr.  564).  Im  cod.  dipl. 
Morav.  (HI,  11)  findet  sich  die  Schenkungsurkunde  eines  mtihrischen 
Gehoftes  aus  dem  Juni  1242,  zum  Dauke  dafilr,  dafs  ein  Templer 
dem  Geschenkgeber  in  conflictu  quodam  cum  atrocibus  Tartaris  das 
Leben  gerettet  habe.  Die  Johanniter  besafsen  schon  seit  dem  12.  Jahr- 
hundert  grofse  Komtureien  in  Schlesien,  so  z.  B.  Striegau  und  Lowen- 
berg,  beide  nicht  fem  von  dem  Schlachtfelde.  Das  Grabmal  Poppos 
mit  einer  Inschrift,  die  auf  seine  Teilnahme  an  der  Wahlstatter 
Schlacht  hindeutet,  befand  sich  uoch  im  16.  Jahi-hundert  in  der  Bres- 
lauer  Jakobskii-che.  Ygl.  dazu  Schirrmacher,  Kaiser  Friedrich 
II:  III,  361. 

11)  S.  70  oben.  Obwohl  ich,  wie  noch  weiter  unteu  sich  zeigen 
■wird,  die  Angaben  des  D  lug o s z  iiber  den  Kam])f  bei  Wahlstatt  keines- 
wegs  so  in  Bausch  und  Bogen  verwerfen  mochte,  wie  es  z.  B.  Sten- 
zel  in  seiner  schlesischen  Geschichte  thut  imd  ihm  folgend  bis  zu  einem 


Anmerkungeu.     S.  70.  71.  23 

gewissen  Grade  auch  ich  selbst  in  den  Regesteu  gethau  habe,  so  wage 
ich  doch  gerade  von  dem,  was  Dlugosz  iiber  die  Zusammeusetzung 
des  christlichen  Heeres  berichtet,  nichts  aufrecbt  zu  erhalten,  sondern 
glaube,  dafs  hier  alles  auf  blofsen  Kombinationen  uuseres  Chronisten 
bevuht.  So  z.  B.  ist  es  ihm  bei  seiner  sonst  bekannten  Eigentiim- 
licbkeit  ohne  Zweifel  zuzutrauen,  dafs  er  aus  der  ihm  nach  seiner 
eigenen  Anfiihrung  bekannten  Thatsache  der  erfolgten  Kreuzpredigten 
gegen  die  Tartaren  ohne  weiteres  die  Anwesenheit  einer  Schar  von 
Kreuzfahrern  in  Heiilrichs  Heere  abzuleiten  iinternahm,  wahrend  es 
doch  erlaubt  seiu  wird  zu  zM-eifeln,  ob  diese  Ivreuzpredigten  im  in- 
neren  Deutschlaud  so  friih  vorgenommeu  worden  seien,  dafs  Scharen, 
die  sich  infolge  davon  gesammelt,  bereits  vor  dem  9.  April  hatten  in 
Liegnitz  eingetroflfen  sein  konnen.  Ebenso  wenig  wird  er  Bedenken 
getragen  haben,  aus  der  Kunde,  dafs  in  Goldberg  einst  Gold  gegraben 
worden,  ein  Corps  von  Bergknappen  zu  extrahieren,  wahrend  doch  schwer- 
lich  in  solchen  Massen  das  Gold  hier  vorhanden  gewesen  ist,  dafs  wie 
etwa  heutzutage  in  Kohlendistrikteu  nun  gleich  Tausende  von  Ar- 
beitern  hier  dem  Bergbau  batten  obliegen  konnen.  Den  Herzog  von 
Oppeln  hatte  Dlugosz  zui-  Hand,  da  er  iiber  dessen  Kampf  bei  Oppeln 
berichtete,  und  die  grofspolnischen  und  Krakauer  Scharen  fiihrt  unser 
Chronist  schon  aus  dem  bei  ihm  so  sehr  mafsgebenden  Motive  ad 
majorem  Polouorum  gloriam  ins  Feld.  Es  soil  mit  dieser  Kritik  nicht 
im  eutferntesten  in  Zweifel  gezogeu  werden,  dafs  auch  Krakauer  und 
Grofspolen  im  Heere  Heinrichs  sich  befimden  hatten,  nur  die  ganze 
Einteilung  des  Heeres  in  verschiedene  Heerhaufen,  wie  sie  der  pol- 
nische  Geschichtschreiber  anfiihrt,  kann  nach  meiner  Uberzeugung 
nicht  als  glaubwiirdig  angesehen  werden. 

12)  S.  70,  Abs.  4.  Aus  der  Schilderung  der  Schlacht  bei  Dlu- 
gosz (677  fF.),  die  ja  schwerlich  jemand  als  voUkommen  glaubwiirdig 
zu  verteidigen  geneigt  sein  wird,  sind  im  Texte  einige  Ziige,  welche 
schon  an  sich  weniger  als  reinwcg  erfunden  oder  auf  willkiirlichen 
Kombinationen  beruhend  erscheinen  und  aufserdem  dann  noch  (me 
dies  in  meinen  Regesteu  im  einzelnen  angefiihrt  ist)  anderweitig 
irgendwie  gestiitzt  werden,  aufgenommen  worden.  AUerdings  mufs  ja 
auch  hier  die  Moglichkeit  eines  Irrtums  inbetrefif  der  Glaubwiirdigkeit 
zugestanden  werden,  aber  auf  der  andern  Seite  wird  man  aber  nicht, 
wie  es  ihrer  Zeit  Rope  11  und  Stenzel  gethan  haben,  alle  Angaben 
des  Dlugosz  verwerfen  konnen.  Es  ist  doch  nicht  zu  zweifeln,  dafs 
derselbe  Quellen  vor  sich  gehabt  hat,  die  uns  nicht  mehr  crlialten 
sind,  wenn  er  gleich  sich  nicht  enthalten  hat,  dieselben  in  jiufserst 
willkiirlicher  Weise  zu  verarbeiten. 

13)  S.  71,  Al).s.  1.  Der  undatierte  Brief  Wenzels  mehrfach  ab- 
gedruckt  u.  a.  bei  Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  H,  4G2.  Wenn  Wolf  in 
seiner  ,.  Gesch.  d.  Mongolen ",  S.  71 ,  die  Feigheit  des  Btilimenkonigs 


24  Anmerkungcn.     S.  71.  72. 

besonders  aiich  axis  dor  Thatsache  herleitet,  dafs  derselbe  eiugestiind- 
lich  zuv  Zeit  der  WablstJitter  Scblacht  bis  nacb  Guben  zurilckgc- 
wichen  sei,  so  mufs  dagegeu  bemerkt  werden,  dafs  die  Beinerkuug  in 
einem  Briefe  Weuzels  i^Erben,  Nr.  3027):  „ducem  etiam  jamdictum 
in  castro  Ligentze  obsederunt,  quod  distat  vix  duodecim  milliaria  a 
Oobin",  doch  noch  keiu  Recbt  giebt  zu  dem  Schlusse,  dafs 
Wenzel  wirklich  bis  Guben  zuriickgegangen  sei,  was  nicht  die  niin- 
deste  innere  Wabrscbeinlichkeit  fiir  sich  hat.  Diese  Notiz  mochte 
ihre  Bedeutung  eben  uur  fiir  den  uns  unbckannten  Adressaten  des 
Briefes  haben.  Guben  gehorte  1241  entschiedeu  nicht  zum  Gebiete 
des  Kcinigs  von  Bohmen,  und  es  ware  gar  zu  skandaliis  gewesen, 
wenn,  nachdem  die  flutter  und  Gemahlin  Herzog  Heinrichs  sich  in 
Krossen  fiir  sicher  geborgen  hielten,  nun  der  Konig  mit  seinem  Heere 
noch  hinter  Krossen  hatte  zuriickgehen  woUen. 

14)  S.  71,  Z.  2  V.  u.  Die  Nachricht,  dafs  die  Mongolen  in  der 
Ottmachauer  Gegend  an  14  Tage  verweilt  batten,  haben  aufser  D 1  u  - 
gosz  und  Matthias  von  Miechow  auch  die  Ann.  Siles.  compilati 
(M.  G.  XIX,  540),  und  es  pafst  das  vollkommeu  zu  der  Anfiihrung 
eines  gleichzeitigen  Briefes  (Erben,  Nr.  1034),  dafs  die  Mongolen  vor 
dem  Himmelfahrtsfeste  (9.  Mai)  nach  Miihren  gekommen  seien.  Merk- 
wiirdig  ist  es ,  dafs ,  so  viel  wir  wissen ,  das  Kamenzer  Kloster  von 
ihnen  nicht  heimgesucht  worden  ist.  Vielleicht  haben  sie  sich  doch 
eben  auf  dem  rechten  Neifseufer  gehalten. 

15)  S.  72,  Z.  4.  Zwei  Urkuuden  des  Markgi-afen  von  Miihren 
3.  Mai  1247  das  Troppauer  Land  und  die  Stadt  Freudenthal  betr., 
welche  durch  die  Tartaren  grofstenteils  zerstort  worden  seien ,  Re- 
gresten  Nr.  655  und  656. 


Dritter  Abschnitt. 

1)  S.  72,  Abs.  2.  Der  Genealog-  der  schles.  Fiirsten  Grote- 
fend  erklJirt  (Abhandluugen  der  schles.  Gesellsch.  1872/73,  S.  70), 
die  Reiheufolge  der  Sohue  nicht  mit  Sicherheit  feststellen  zu  konnen, 
und  auch  ich  verzichte  darauf.  Doch  liifst  sich  daraus,  dafs  Boleslaw 
und  Mesko  bereits  1230  in  einer  Urkunde  ihres  Grofsvaters  mit  er- 
wahnt  werden  (Reg.  364),  schliefsen,  dafs  diese  beiden  die  iiltesten 
waren. 

2)  S.  72,  Abs.  2.  Dafs  die  Herzogin  Anna  eiu  Jahr  laug  die 
Vormundschaft  gefiihrt  hat,  sagt  die  vita  Anne  (Stenzel  Ss.  rei*. 
Siles.  II,  128)  ausdriicklich.  Wemi  Stenzel  'Anm.  1  zu  p.  29  der 
Ss.  rer.  Siles.  I)  besonderen  "Wert  darauf  legt,  dafs  Boleslaw  bereits 
Tinter  dem  10.  Miirz  1242  eine  Urk.  ausstellt    Reg.  585  ,  so  mufs  da- 


Aiimerkimgeu.     S.  72.  73.  25 

gegeu  darauf  hiugewieseu  werden,  dafs  diese  Urk.  schwerlich  ecbt 
ist.  Die  bereits  von  mir  an  der  erwahnteu  Stelle  der  Regesteu  gel- 
tend  gemachteu  Bedenkeu  hat  dann  Grotefend  in  der  schlesischeu 
Zeitschrift  XI,  176.  177  noch  verstarkt  und  weiter  ausgefiihrt  und 
die  Urk.  positiv  als  Falschung  des  14.  Jahrh.  bezeichnet.  Zu  chrono- 
logischen  Feststellungen  wird  sich  daher  die  Urk.  kaum  verwenden 
lassen. 

3)  S.  72,  Abs.  2  (am  Ende).  Bogupbal  (Mon.  Polon.  II,  o(J6) 
nennt  Lebus  das  Scblols  Meskos,  und  giebt  auch  an,  dais  derselbe 
dort  begi-aben  worden  sei.  Wenn  eben  Mesko,  wie  man  doch  an- 
nehmen  mufs,  noch  wiihi-end  der  Regentschaft  Annas  also  als  iinmiin- 
diger  Knabe  gestorben  ist,  fallt  es  doch  schwer  zu  glauben,  dais  in 
dieser  Zeit  bereits  eine  vollstJindige  Teilung  erfolgt  sei,  infolge  dereu 
dann  Mesko  von  Schlofs  Lebus  Besitz  ergriffen  habe.  Da  ist  vielleicht 
noch  eher  denkbar,  dafs  Herzog  Heinrich  II.  aus  irgendwelcher  Ur- 
sache,  vielleicht  um  hauslicher  Zwistigkeiten  willeu,  diesem  seinem 
Sohne  jene  Burg  zum  Aufeuthalte  angewieseu  habe. 

4)  S.  73,  A1)S.  4,  Bogupbal  5GG.  —  Weuu  Ropell  (Gesch. 
Polens,  S.  472)  diese  Heirat  in  das  Jahr  1244  setzt,  so  glaube  ich 
zweifeln  zu  diirfen,  dafs  er  dafiir  ein  positives  Zeugnis  der  Quellen 
hat,  sondern  es  ist  die  Annahme  wahrscheinlich  nur  aus  den  Angaben 
von  Boguphal  (S.  562)  kombiniert,  doch  sagt  Boguphal  (der  iibri- 
gens  beilaufig  gesagt  die  Priuzessin  fiilschlich  Hedwig  neunt)  that- 
siichlich  nicht  mehr,  als  dafs  jene  Heirat  post  modici  temporis  inter- 
vallum  anni  predicti  (1244)  erfolgt  sei,  und  wie  iibel  es  iiberhaupt 
um  seine  chronologischeu  Angaben  steht,  zeigt  er  gleich  in  demselben 
Absatze  dadurch,  dafs  er  berichtet,  die  polnischen  Adeligen  batten 
das  Schlofs  Kalisch"  post  nuptiarum  solemnitatem  dem  Herzog  Premy- 
slaw  uberliefert,  wahrend  es  doch,  wie  wir  noch  weiter  im  Texte 
sehen  werden,  urkuudlich  feststeht,  dafs  Boleslaw  noch  1249  im  Be- 
sitze  von  Schlofs  Kalisch  sich  befunden  hat.  Meine  Angabe  im  Texte, 
dafs  jene  Hochzeit  im  Jahre  1248  erfolgt  sei,  stiitzt  sich  wesentlich 
auf  die  Thatsache,  dafs  wir  aus  diesem  Jahr  1248  zwei  Bewilligiuigeu 
Premyslaws  fiir  Kloster  Trebnitz  haben  (Reg.  672  imd  676,  die  eine 
undatiert,  die  andere  vom  30.  April),  welche  als  erteilt  unmittelbar 
nach  der  VermJihlung  mit  der  aus  Kloster  Trebnitz  entfiihrten  Elisa- 
beth also  gleichsam  zur  Entschiidigung  des  Stiftes  am  eiufachsten  ihi-e 
Erkltirung  finden. 

5)  S.  73,  lbs.  4  (am  Ende).  Boguphal,  S.  564.  Dieser 
Chronist  setzt  allerdings  die  Abtretung  dieser  Schlosser  ins  Jahr 
1246,  aber  man  kann  auf  seine  Zeitbestimmungen  nicht  allzu  viel 
Gewicht  legen,  vgl.  die  niichsten  Anmerkuugeu  vor-  und  nachher. 


26  Anmerkuugen.     S.  73 — Tti. 

6)  S.  73,  Z.  8  V.  u.  Die  letzte  uns  erhalteue  Urkuude,  iu  wel- 
cher  Viola  als  Herzogiu  vou  Kalisch  mit  Zustimmung  ihres  Sohnes 
Wladyslaw  eine  Vei-fiigung  macht ,  datiert  vorn  23.  Marz  1243. 
Keg.  599. 

7)  S.  73,  Z.  2  V.  u.     Steuzel,  Bistums  Uric,  S.  17,  §  4. 

8)  S.  74,  A1)S.  1.  Cod.  dipl.  maj.  Pol.  I,  242  imd  dazu  Boguphal, 
S.  5G3.  Nacli  den  hier  gegebeneu  sicheren  urkundlicheu  Abgabeu 
sind  die  Aufiihruugen  Bo  gup  ha  Is  (S.  3G4)  iiber  das,  was  augeblich 
1247  gescheben  sei,  zu  bericbtigeu,  ein  neuer  Beleg  fiir  die  Uuzii- 
verltissigkeit  seiner  Zeitangaben. 

0)  S.  74,  Abs.  2.  Vgl.  Eegesten,  Nr.  (519i>.  G20.  696:  Bogu- 
phal, S.  567. 

10)  S.  74,  Abs.  3  (am  Ende).    Regesten  I,  S.  247. 

11)  S,  74,  Abs.  4   (am   Ende).    Griindungsbuch   von  Heiurichau 

<ed.  Steuzel,  S.  20. 

12)  S.  75,  Z.  4.     Urk.  vom  8.  Mai  1243  Eegesten,  Xr.  586. 

13)  S.  75,  Z.  fi.     1242.     Reg.,  Nr.  587. 

14)  S.  75,  Abs.  1  (am  Eude).  Pfoteuhauer,  Die  Kreuz- 
lierren  niit  dem  roten  Sterne  iu  Schlesieu,  schles.  Zeitschr.  XIV,  63. 
Hier  wird  dann  auch  die  traditiouelle  Ansiedlung  der  Kreuzherrou 
Tom  J.  1230  bekampft. 

15)  S.  75,  Abs.  3.  Die  gauze  Kombiuation  auf  eiue  kurze  Au- 
fiihrung  der  Vita  Anne  bei  Steuzel,  Ss.  rer.  Siles.  II,  128  gegriindet 
ward  zuerst  iu  meinem  Buehe:  „Breslau  unter  deu  Piasteu"  S.  16 
vorgebracht  uud  hat  seitdem  allseitige  Zustimmung  gefunden. 

16)  S.  76,  Abs.  2.  Das  alteste  mir  bekannte  Vorkommeu  des 
Namens  Salzring  gehort  dem  Jahre  1353  au,  cod.  dijjl.  Siles.  Ill,  81. 
tjber  die  urspriingliche  Bestimmung  kann  kein  Zweifel  obwalteu. 

17)  S.  76,  Abs.  2.  Die  Salzpforte:  Schultz,  TopograiDhie 
Breslaus  schles.  Zeitschr.  X,  250.  Wenu  diese  Pforte  erst  im  15.  Jahrh. 
uvkuudlich  nachweislich  auftritt,  so  beweist  das  uatiirlich  nichts  gegeu 
ihve  friihere  Existenz,  die  sehr  wahrscheinlich  ist. 

18)  S.  76,  Abs.  3.  Griiuhageu,  Die  Antange  der  Pfarr- 
kircheu  zu  Maria  Magdalena  uud  Elisabeth,  Abhaudlungeu  der  schles. 
Gesellsch. ,  1867 ,  philos.  hist.  Klasse.  Daraus ,  dafs  gleich  bei  der 
Griiudung  der  Stadt  uud  zwar  au  der  Stelle,  wo  der  Sitte  uach  iiber- 
all  in  deu  schlesischeu  Stiidten  die  Stadtku-che  zu  stelien  pflegte, 
liier  ein  Platz  freigelasseu  wurde,  glaube  ich  mit  voUster  Sicherheit 
sehliefseu  zu  diirfen,  dafs  bei  der  Neugriiudung  eine  eigene  Stadt- 
kirche  iu  Aussicht  genommen  wurde,  dafs  also  die   deutsche  Biirger- 


Anmerkimgeu.     S.  7G.  27 

schaft  auf  die  bereits  vorhaudeue  Maria  -  Magdaleneukirche  uicht 
reflektierte.  Dafs  die  letztere  Kirclie  scliou  1242  vorhanden  war, 
glaube  ich  in  dem  erwahnten  Aufsatze  S.  34  nachgewiesen  zu  haben, 
freilich  lag  sie  moglicherweise  noch  vom  Mongolenbrande  her  in 
Triimmern.  Abgesehen  von  dieser  Moglichkeit,  konnte  fiii-  die  Deut- 
schen  ein  Grund,  von  der  Maria  -  Magdalenenkirche  ganz  abzusehen, 
in  zwei  Umstanden  liegen :  dieselbe  stand  augenscheinlich  von  Anfang 
an  ganz  unter  bischoflichem  Patronate,  und  wir  werden  noch  im  Text 
seben,  wie  eifersiichtig  die  Breslauer  wareu,  geistliche  Einfliisse  ab- 
zuwehreu,  und  ferner  umfafste  der  bereits  vorhandene  Kirchsprengel 
dieser  Kirche  ja  auch  verschiedene  Ansiedelungeu ,  die  keineswegs  in 
die  neue  Stadt  hineiugeborten,  z.  B.  die  an  der  Ohlau  von  deren  Miin- 
dung  bis  an  die  Adalbertskirche.  Natiirlich  wiirden  die  Breslauer 
sich  aus  alien  Kriiften  gewebrt  haben,  wenn  man  ihnen  als  eigentliche 
Stadtkirche  hiitte  ein  zu  eiuem  geistlicben  Stift  gehoriges  Gotteshaus 
geben  woUen.  Wenn  sie  nacbmals  sich  diese  ihre  Kirche  haben  weg- 
nehmen  lassen  miissen,  so  ist  das  unter  besonderen  Umstanden  ge- 
schehen,  von  denen  im  Texte  imten  weiter  die  Eede  sein  wird.  Wir 
haben  im  iibrigen  noch  einen  sehr  schlagenden  Grund,  der  gegen  die 
sonst  vielleicht  naheliegende  Annahme  spricht,  die  Ebsabethkii-che 
sei  von  vornherein  als  Kirche  flir  das  Elisabethhospital  gegriindet 
Tvorden.'  Wir  finden  namlich  in  der  Urkunde  vom  26.  Februar  1253 
(Reg.,  Nr.  815),  in  welcher  dann  dem  Elisabethhospitale  die  Elisabeth- 
kirche  inkorporiert  wird,  oder  richtiger  gesagt  die  Inkorporation  be- 
statigt  wird,  eine  gewisse  Dotation  der  Kirche  mit  Zehnten  etc.  an- 
gefiihrt,  wahrend,  wenn  die  Elisabethkirche  gleich  von  vornherein  als 
Stiftskirche  fiir  das  Ordenshaus  der  Kreuzherren  mit  dem  roten  Sterne 
erbaut  worden  ware,  eine  besondere  Dotation  der  Kirche  imabhangig 
von  dem  Stifte  auffallend  erscheinen  miifste.  Schou  die  raumliche 
Entfernung  spricht  •  iibrigen  s  deutlich  genug  gegen  jeue  Voraus- 
setzung. 

19)  S.  76,  Z.  9  T.  ii.  Dafs  dies  im  Siiden  der  Fall  gewesen, 
lehrt  ein  Blick  aixf  den  Stadtplau,  wo  ja  die  HinterhUuser  der  Jimkeru- 
strafse  bereits  an  die  Ohlau  stiefsen.  Dafs  es  im  Osten  ebenso  ge- 
wesen, wird  man  annehmen  miissen,  wenn  man  an  der  obcn  auge- 
fiihrten  Voraussetzung,  es  sei  die  Maria  -  Magdalenenkirche  urspriiug- 
lich  nicht  mit  in  die  neue  Stadt  gezogeu  worden,  festhalten  will.  Im 
Norden  wird  es  gleichfalls  wahrscheinlich ,  wenn  wir  uns  erinnern, 
dafs  hier  der  Erwerb  der  knapp  innerhalb  jener  Grenze  liegeuden 
grofsen  Fleischbanke  (vgl.  die  niichste  Anm.)  Schwierigkeiten  macheii 
konnte.  Im  iibrigen  spricht  auch  der  Umstand,  dafs  es  noch  2U  Jahre 
spiiter  dem  Herzog  moglich  wird,  einen  so  grofsen  Platz  wie  den 
Neumarkt  neu  anzulegeu,  fiir  die  enge  Begrenzung  der  ersten  Stadt- 
anlage. 


28  Anraerkungeu.     S.  76—78. 

20)  S.  7(>,  Z.  3  V.  u.  Regesten,  Nr.  585.  Die  Urkunde  ist 
offenbar  gefalscbt  uud  das  Datum  10.  Miirz  1242  wahrscheinlich 
unrichtig,  da  damals  wobl  noch  Anna  die  Regentschaft  fiibrte;  aber  die 
dariii  bericbtete  Thatsacbe  diirfte  wobl  ricbtig  sein.  Gerade  bei  den 
zablreicben  Trebuitzer  Falscbungeu  nebmeu  wir  sehr  oft  wabr,  dafs 
das  Klostei'  dazu  gegriflPeu  bat,  fiir  gewisse  Vorteile  oder  Eiunabmen, 
in  deren  Besitze  es  war,  erst  nachtrilglicb  sicb  liecbtstitel  durcb  ge- 
fjilscbte  Urkuudeu  zu  scbaffen.  Die  Ordensbrlider  von  Leubus  pflegten 
in  solcben  Fallen  auszubelfen.  Es  bat  sicb  wobl  in  der  Mebrzabl  der 
FiiUe  eben  nnr  um  den  Xaebweis  der  liecbtmiifsigkeit  eines  gauz 
ebrlicb  erworbeneu  Besitzes  gebaudelt,  nicbt  um  betriigerischen  Er- 
werb  neuer  Kecbte. 

21)  8.  70,  Abs.  3.  Der  westlicbe  Teil  der  beutigeu  Ursuliner- 
strafse  biefs  Judengasse.  Schultz,  Topograpbie  a.  a.  0.,  S.  257. 
In  Regeste,  Nr.  97  findet  sicb  erwabnt  villa  falconariorum  quam 
Joszof  et  Kazcbel  judei  babuerunt;  vgl.  aucb  Regesten,  Nr.  1)2 
und  127. 

22)  S.  77,  Z.  (>.  Derselbe  wird  bereits  in  der  citierten  Urkunde 
Boleslaws  von  1242  erwabnt. 

23)  S.  77,  Z.  9.  Vgl.  die  Urk.  von  1248,  in  welcber  Heinricb  III. 
auf  einen  Vertrag  seines  Bruders  Boleslaw  mit  dem  Erbvogte  Bezug 
nimmt.  Scbles.  Zeitscbr.  VIII,  433  uud  Korn,  Bresl.  Urkundeubuch, 
S.  11. 

24)  S.  77,  Abs.  3.  Daber  Ritter-  oder  Herrengasse  ^heutige 
Ursulinergasse  bis  zur  Scbmiedebriicke),  Scbultz,  Topogr.  a.  a.  0., 
S.  2G3. 

25)  S.  77,  Abs.  4.  Griiubagen,  Das  Dorf  der  Falkner  zu 
Breslau.  Abbandluugen  der  scbles.  Gesellscb.  1866,  philos.-bistor. 
Klasse,  S.  81.  1175  in  der  Gi'iiudungsurkuude  von  Leubus  ist  nur 
von  einer  cape  11a  S.  Nicolai  die  Rede,  dagegen  wird  die  Grilnduugs- 
urkunde  von  Trebnitz  1203  ante  ecclesiam  b.  Nicolai  ausgestellt 
(Reg.,  Nr.  46  und  90).  Uber  die  Tscbepine  Griinhagen,  Die  An- 
fange  der  Nikolaivorstadt  (Tscbepine),  Abbandluugen  der  scbles.  Gesell- 
scbaft  1866,  pbil.-bist.  Klasse,  S.  67  ff. 

26)  S.  78,  Z.  10.  Wenn  diese  Weidepliitze  als  ex  utraque  parte 
Odere  liegend  bezeicbnet  werden,  1261  Korn,  Bresl.  Urkd.-Bucb, 
S.  29 ,  so  kann  dabei  vielleicbt  das  in  Betracbt  kommen ,  dafs ,  wie 
mir  Herr  Stadtarcbivar  Dr.  Markgraf  freundlicbst  mitteilte,  noch 
im  16.  Jabrb.  die  Oder  (moglicberweise  allerdings  aucb  nur  ein  Arm 
derselben)  siidlicb  von  dem  jetzigen  Bette  bis  in  die  Niihe  der  Habnen- 
kriihsaule  gegangen  ist. 


Anmerkungen.     S.  78.  70.  29 

27)  S.  78,  Al)S.  3.  Stenzel,  Griindungsbucli  von  Heinrichau, 
S.  20.  32-35. 

28)  S.  78,  Al>s.  4.  Die  erste  gemeinsame  Urk.  datiert  vom 
11.  Okt.  1247.  Reg.,  Nr.  662.  Herzogiu  Anna  giebt  hier  noch  ihve 
Zustimmung. 

29)  S.  78,  Z.  3  T.  u.  Das  Jalir  darf  Insoweit  als  feststehend 
angesehen  werdeii,  als  von  1248  an  die  Briider,  welche,  wie  wir 
sahen,  1247  mehrere  Urk.  gemeinsam  ausgestellt  hatteu,  nun  wiederum 
getrennt  urkunden,  vgl.  die  Regesten  zii  1248  wegeu  der  abweiclien- 
den  Annahme  Stenzel s. 

30)  S.  79,  Z.  14.     Chron.  Polono-Siles.,  p.  569. 

31)  S.  79,  Z.  19.  Ich  glaube  als  sicber  annebmen  zu  diirfen, 
dafs  die  Urk.  Boleslaws  vom  8.  Juli  1248  (Reg.,  Nr.  677)  nacb  der 
Teilung  ausgestellt  ist.  —  Z.  22.  Dafs  Jauer  dazu  gehorte  und 
nicht  erst  nacb  der  Scblacbt  bei  Stolz  1277  an  die  Liegnitzer  Linie 
gekommen  ist,  wie  Grotefend  aunimmt  (Zur  Genealogie  der  Bres- 
lauer  Piasten,  Abhandlungen  der  scbles.  Gesellscb.  1872/73,  S.  83), 
daran  Avird  festgebalten  werden  miissen,  scbon  im  Hinblicke  auf  Re- 
geste  1159.  Die  Urkunden  vom  10.  Mai  1274  (Reg.,  Nr.  1469)  und 
1275  0.  T.  (Reg.,  Nr.  1483)  werden  eben  Heinricb,  dem  altesten 
Sobue  Boleslaws  II.,  dem  nacbmaligen  Heinricb  V.,  zuzuscbreiben 
sein,  wofiir  die  Urkunde  Bolkos  I.  vom  4.  Juli  1288  (Reg.,  Nr.  2074) 
als  Beleg  dienen  kann.  —  Z.  23.  Es  mufs  dies  nocb  im  Sommer 
1248  gescbeben  sein.  Am  4.  September  stellt  er  scbon  als  Hen-  des 
neu  erworbenen  Anteils  eine  Urk.  aus.  Reg.,  Nr.  679.  —  Z.  24.  In 
der  Urk.  bei  Stenzel,  Bist.-Urk.,  S.  16  vom  28.  Jan.  1249,  wird 
bereits  von  Verwiistungen  im  Neumarktiscben  gesprocben.  — •  Z.  15 
V.  u.  Cbron.  Polono-Siles.,  ji.  568.  Dafs  mit  den  Ausfiibrungen  der 
eben  erw.  Urk.  vom  28.  Januar  1249  diese  Ereigniss=e  gemeint  sein 
konuten,  scbeint  mir  docb  undenkbar.  Wenn  bier  wirklicb  durcb  die 
Scbuld  des  Herzogs  eine  Kircbe  niedergebrannt  worden  ware,  wobei 
dann  nocb  viele  Menscben  umgekommen  wiiren,  wiirde  der  Biscbof 
sicber  nicbt  unterlassen  baben,  gerade  dafiir  besondere  Genugtbuung 
zu  verlangen.  Mit  dieser  Erwagung  fiillt  dann  aucb  die  nocb  in 
meiuen  Regesten  aus  der  Urkunde  gezogene  Scblufsfolgerimg  fiir 
die  Cbronologie.  Zur  Sacbe  selbst  mocbtc  icb  bemerken,  dafs  icb  die 
Erzablung  der  erw.  Quelle  fiir  sebr  iibertrieben  haltc.  —  Z.  11  v.  u. 
Wir  vermogen  nur  soviel  zu  konstatieren ,  dafs  1250  Heinricb  und 
Boleslaw  wieder  versobnt  erscbeinen,  vgl.  Reg.,  Nr.  707  und  710.  — 
Z.  7  V.  u.  Den  20.  April  1249.  Reg.  696.  Die  Zweifel  an  der 
Ecbtbeit  bin  icb  geneigt  fallen  zu  lassen.  —  Z.  3  T.  u.  Regesten, 
Nr.  697,  gleicbfalls  vom  20.  April  1249.  Die  Form  der  Urk.,  wo 
Heinricb  III.  mit  dem  ganz  unerhorteu  Titel  dux  Polonie  scblecbtbin 


30  Anmerkungen.     S.  80.  81. 

und  dazu  uoch  voii  Meilsen  aus  urkuudet,  lafst  sich  doch  vielleicht 
so  erkliireu,  dafs  die  Urk.  in  der  Kauzlei  Ileiurichs  des  Erlauchtcn 
zu  !Meifsen  im  Namen  des  schlesiscben  Herzogs  abgefafst  wordeu  ist, 
und  dafs  dieser,  als  sie  dann  ihm  zugeschickt  wurde,  trotz  der  merk- 
wiirdigen  Form  kein  Bedenken  getragen  hat,  seiu  Siegel  daran  zu 
liiingen.  Weuigstens  scheint  das  Original  im  Dresdeuer  Staatsarchiv 
nach  Schi'ift  und  Siegel  nicht  unecht. 

32)  S.  80,  Abs.  2.  ijber  Konrads  Teilnahme  an  der  Regierung 
vgl.  die  Kegesten  dieses  Jahres.  Uber  seine  Befiirchtungen  Bogu- 
phal,  S.  568. 

33)  S.  80,  A1)S.  3  (am  Eude).  In  Erwiigung,  dafs  Konrad  in 
den  Urkunden  aus  d.  J.  1250,  welche  das  wiederbergestellte  Einver- 
nehmen  zwiscbeu  Heiuricb  und  Boleslaw  bekimden,  nicht  mit  erwUhut 
wird,  sondern  fUr  1250  und  bis  zum  November  1251  ganz  aus  uuseru 
Urkunden  verscbwiudet ,  -mrd  die  Aunahme  gerechtfertigt  erscheinen, 
dafs  er  eben  bereits  1250  zu  Premyslaw  gegaugeu  ist. 

34)  S.  80,  Abs.  3.    Uber  die  Aussohnung  mit  Bischof  Thomas 

vgl.  die  Regesten,  Nr.  707.  710.  711. 

35)  S.  80,  Abs.  4.  Die  Thatsache  seiner  Reise  nach  Prag 
weiset  die  Urk.  vom  25.  Miirz  1252  nach.     Reg.,  Nr.  791. 

36)  S.  81,  Z.  2.  Chron.  Polon.  bei  Stenzel,  Ss.  I,  28  und 
Chron.  princ.  Pol.  ebds.  107.  Dafs  in  der  neuen  Ausgabe  der  ersteren 
Chronik  in  den  M.  G.  XIX.  als  Chron.  Polouo  -  Siles.  auf  p.  568 
mit  arger  Entstellung  des  Textes  von  einem  flagellator  Surianus  ge- 
sprochen  wird,  hat  bereits  Wattenbach  in  dem  Anzeiger  des  germ. 
Museums  filr  1868  Sp.  288  geriigt.  Wohl  aber  konnte  es  zweifelhaft 
werden,  ob  nicht  am  Ende  Surianus  eiue  Art  Gattungswort  sei ,  etwa 
im  Sinn  von  Possenreifser ,  wenigstens  beginnt  eine  vielfach  und  zu- 
letzt  in  dem  gedachten  Blatte  Sp.  199  abgedruckte  scherzhafte  Urk. 
von  1209  mit  den  Worten:  Surianus  diutina  fatuorum  favente  de- 
mentia —  —  presul  et  archiprimas  vagorum  scolarium. 

37)  S.  81,  A1)S.  2.  Bei  den  zwei  Urk.,  welche  wir  von  Kourad 
noch  aus  d.  J.  1251  besitzen,  die  eine  uudatiert,  die  andere  vom 
4.  November,  Reg.  751  u.  777,  finden  sich  als  Zeugen  die  Kastellane 
von  Glogau,  Beutheu,  Sagan,  Sandewalde,  Steinau. 

38)  S.  81,  Abs.  2  (am  Ende).  Boguphal,  S.  569  und  dazu 
Reg.,  Nr.  779,  bei  welcher  Urkunde  vielleicht  doch  die  urspriingliche 
Datierung  1251  vorzuziehen  sein  diirfte.  Ein  Kastellan  von  Krossen 
findet  sich  in  Konrads  Uragebung  allerdings  erst  bei  Gelegenheit 
ciuer  Urk.  vom  11.  Dez.  1253.     Reg.  854. 

39)  S.  81,  Abs.  3.  Die  betr.  Angabe  bei  Boguphal,  S.  750 
scheint  richtig  im  Gegensatze  zu  den  sonstigen  hochst  verwirrten  An- 


Anmerkiingen.     S.  81—83.  31 

gabeu  dieses  Schriftstellers.  Die  Heirat  Konrads  mit  Salome  kann 
wohl  diesem  Ereiguis  vorangegangeu  sein,  doeh  ist  das  traditionelle 
Jahr  1249  nicht  zu  erweisen. 

40)  S.  81,  A1)S.  4.  tjber  die  Trebuitzer  Nonnen  llegesteii  II, 
S.  17,  iiber  die  Schenkungen  an  Trebnitz  uiid  Heinrichau  Reg.  803 
und  804,  iiber  die  Dotierung  des  Elisabethhospitals  Reg.  815  und  die 
Xeumarktei-  Zusammeukunft  Reg.  815. 

41)  S.  81,  Abs.  5.  Uber  die  Brandschatzung  Lissas  vgl.  die 
grofspolnischen  Annalen  bei  Sommersberg,  Ss.  r.  Sil.  II,  85. 

42)  S.  81,  Z.  3  V.  u.  Boguphal,  S.  5(38,  der  die  Gefangen- 
nehmung  allerdiugs  an  das  Jahr  1250  anschliefst.  Fiir  meine  Anord- 
nung  war  die  Regeste,  Nr.  853  mafsgebeud. 

43)  S.  82,  Z.  4.  Die  Urk.  vom  11.  Dez.  1253,  welche  Heiurich 
iind  Thomas  zu  Glogau  mit  besiegehi  (Reg.  853),  nimmt  augenscheiu- 
lich  auf  eine  Grenzregulieruug  Bezug.     Boguphal  572.     Reg.  873. 

44)  S.  82,  Abs.  2.  Uber  das  Interdikt,  Boguphal  572,  die  Zu- 
sammeukunft von  1254  Reg.  873,  den  Aufenthalt  des  Bohmenkouigs 
zu  Breslau  Regesteu  II,  S.  44,  weitere  Zusammeukiinfte  von  1255 
Reg.  806. 

45)  S.  82,  Abs.  2  (am  Eiule).  Unter  dem  10.  August  1255  be- 
lohut  er  eiuen  Getreuen,  der  ihm  in  den  Zeiten  seiner  Bedriingnis 
durch  seine  undankbaren  Vasallen,  und  als  ihn  seine  Brilder  Konrad 
und  Heinrich  „indebite"  gefangeu  gehalten  batten,  treu  zur  Seite 
gestanden  (Reg.  900).  Ob  die  in  ihren  Einzelheiten  wenig  glaubhafte 
Geschichte,  welche  Bogui^hal  (S.  578,  wenugleich  nicht  in  alien  Hand- 
schriften)  jedocli  zum  J.  1257  (eine  der  Haudschriften  scheint  aller- 
diugs dieselbe  friiher  setzen  zu  wollen,  S.  579  Aum.  1)  davon  erzixhlt, 
dais  Boleslaw  Konrad  arglistig  nach  Liegnitz  geladen  und  dieser 
rechtzeitig  gewarnt,  dann  zwar  gekommen  aber  umgekehrt  nun  Bo- 
leslaw in  dessen  eigener  Burg  gefangen  genommen  und  nach  Liegnitz 
gefiihrt  habe,  hiermit  zusammenfiillt ,  bleibt  zweifelhaft.  Die  Sachen 
sind  sehr  verwirrt.  Im  Chron.  Polono  -  Siles.  5G8  wird  berichtet ,  Bo- 
leslaw habe  zuerst  Heinrich  und  Konrad  gefangen  genommen,  dann 
aber  sei  er  in  die  Gefangenschaft  jener  geraten,  und  man  habe  ihn 
dann  mit  Absicht  aus  Breslau  in  Gesellschaft  seines  geliebten  Fiedlers 
entfliehen  lassen. 

46)  S.  83,  Abs.  2.  Hube,  Antiquissimae  constit.  synod,  prov. 
Gnezn.  Petersbg.  1850,  p.  14sqq.  Stenzel  nennt  in  seiner  schlesi- 
schen  Geschichte  S.  56  den  piipstl.  Legaten  iri-tiimlich  Guido. 

47)  S.  83,  Abs.  2  (3Iitte).  Caput  15.  —  ea  tolerari  de  cetero 
prohibemus,  nisi  forte  urgens  necessitas  vel  evidens  utilitas  hoc  requirat. 
Caput  17. 


32  Aumerkungen.     S.  83 — S(>. 

48)  S.  83,  AI)S.  3.  Vgl.  oben  S.  7  und  die  Anm.  12  dazu.  Wir 
konncn  eigentlieh  nur  einen  einzigeu  Vortrag  iiber  den  Peterspfeunig, 
njimlich  den  vom  9.  Febr.  1217,  in  welcbem  sicb  der  ja  der  Geist- 
lichkeit  ganz  besonders  ergebene  "Wladyslaw  Odonicz  noch  dazu  in 
fiir  ihn  sehr  bcdriingter  Zeit  zur  Zahlung  von  10  Mark  Goldes  alle 
3  Jahre  verpflichtet.     Theiner,  Mon.  vet.  Pol.  I,  7. 

49)  S.  83,  Al)s.  3.  IJber  die  an  den  Erzb.  von  Gncseu  gestellte 
Zumutung.     BuUe  vom  10.  Miirz  1248,  cod.  dipl.  maj.  Pol.  1,  295. 

50)  S.  83,  Al>s.  3  (am  Ende).    Cap.  20. 

51)  S.  84,  Abs.  2,  Z.  «.  Vgl.  die  Reg.  7G0.  791.  796.  -  Z.  13. 
Vgl.  die  Eeg.  090  u.  707. 

52)  S.  84,  Abs.  2.  Vom  26.  Januar  1256  datiert  cine  erneute 
strenge  papstl.  Weisung  an  die  polni.scben  Bischofe ,  mit  Kircben- 
strafeu  gegen  Kitter  und  Laien,  welcbe  die  Intere.ssen  der  Geistlich- 
keit  beeintriicVitigten,  vorzugeben.     lieg.  592. 

53)  S.  84,  Z,  13  V.  11.  Boguslaw  und  nicbt  Bogupbal,  wie 
der  gi-ofspolniscbe  Chronist  bat,  mufs  der  Name  lauten.  Vgl.  Reg. 
II,  S.  58. 

54)  S.  84,  Abs.  2,  Z.  11  v.  u.  Godyslaw,  Fortsetzer  Bogu- 
pbals,  S.  577.  Weun  der  polnisclie  Cbronist,  dessen  Hafs  gegeu  die 
Deutscben  bei  jeder  Gelegenbeit  zutage  tritt,  anfubi-t,  Boleslaw  babe 
die  Gewalttbat  veriibt  vesania  diabolica  et  suasu  Tbeutonicorum,  quo- 
rum regebatur  consilio,  so  folgt  daraus  noch  nicbt  die  Notwendigkeit, 
■wie  dies  Stenzel  (Schles.  Gescb.,  S.  56)  tbut,  den  deutscben  Add 
in  Schlesien  als  Austifter  einer  Tbat  binzustellen,  die  docb  Boleslaws 
Gemiitsart  binlanglicb  erklart.  Am  Hofe  Heinricbs  III.  war  der 
deutscbe  Adel  nicbt  minder  vertreten  als  in  der  Umgebung  Boleslaws, 
und  docb  bielt  man  bier  Frieden  mit  den  Biscbofen. 

55)  S.  85,  Abs.  1.  Godyslaw  Pasko,  S.  578  und  dazu  Stenzel, 
Ss.  rer.  Siles.  I,  161. 

.56)  S.  85,  Abs.  2.  Bauuspruch  13.  Dez.  1256.  Reg.  944.  — 
Kreuzpredigt  30.  Marz  1257.     Reg.  969. 

57)  S.  85,  Abs.  2  Biscbof  Thomas  getadelt.  Vgl.  die  iilteren 
Bischofskataloge  bei  Stenzel,  Ss.  I,  161  und  Mon.  Lubens.  ed. 
Wattenbacb  13  (fiilschlich  bei  Thomas  II.}  Dlugosz  vitae  ep. 
Wrat.  ed.  Lipf,  p.  16.  —  Synode  zu  Lenczyc,  Godyslaw  581. 

58)  S,  85,  Z,  8.  T.  u.  Konrad  verlangt  das  spater  (1271)  zu- 
riickerstattet  zu  erhalten.     Stenzel,  Bistumsui-k.  49. 

59)  S.  86,  Z.  6.  Die  von  Heinrich  III.  in  Boleslaws  Nanien  zu- 
gesicherten  Konzessionen  enthalt  die  noch  auzufuhrende  Urkunde  vom 
S.  Mjirz  1260  (Reg.  1039).     Was  die  Gegenleistung  des  Bischofs  be- 


Anmerkungen.     S.  86—88.  33 

trifft,  so  ist  fill*  diese  kein  ui-kundliches  Zeuguis  vorhandeu,  uud  es 
ist  gar  niclit  unwabrscheinlicli ,  dafs  es  sicli  dabei  nm-  urn  ein  still- 
schweigendes  Geschehenlassen  haudelte.  Dafs  die  Konzessiou  tbat- 
sachlicli  gemacbt  worden  ist,  wird  uicht  bezweifelt  werdeu  kouuen. 
Die  Klagen  der  Biscbofskataloge  (z.  B.  in  deu  Mon.  Lubens.  13  uud 
bei  Dlugosz)  ilber  das  ecclesie  dampnum  eternum,  lassen  deutlicb  er- 
kennen,  dafs  die  Ablosung  des  Zebnten  iu  der  angegebeueu  Form 
uuu  die  Kegel  blieb;  in  der  erwabnteu  Urkunde  vom  8.  Miirz  1260 
■wird  die  Zebntenfrage  nicbt  erwabnt,  uud  in  einer  damit  zusammen- 
hangenden  vom  5.  Mai  1260  (Reg.  1043)  ist  nur  von  Malterzebuten 
die  Rede. 

60)  S.  86,  Al>s,  2  Boleslaws  Gefangennabme.  Godyslaw  578. 
Die  Einzelbeiten  wage  icb  nicbt  nacbzuerzablen ,  sie  erscbeineu  un- 
glaubwllrdig.  Dafs  Kourad  durcb  diese  Gefangennebmuug  seinem 
Bruder  das  von  Biscbof  Tbomas  gezablte  Geld  wieder  babe  abpressen 
woUen,  wie  Stenzel,  Scbles.  Gescb.,  S.  58,  anfiibrt,  berubt  einzig 
und  allein  auf  einer  Kombiuatiou  von  Dlugosz,  Hist.  Pol.  lib.  VII. 
col.  747,  der  an  dieser  Stelle  oflFeubar  keiue  andere  Quelle  als  Gody- 
slaw  vor  sicb  gebabt,  sonst  aber  sicli  die  Sacbe  nur  nacb  seiner  Art 
in  der  angegebenen  Weise  zurecbt  gelegt  bat. 

61)  S.  86,  Ahs,  2.  Dafs  die  Bufsbandlung  in  dieser  Form 
-wirklicb  zur  Ausfllbrung  gekommen  sei,  wird  nirgeuds  bericbtet,  wab- 
rend  wir  docb  sicber  sein  konnten,  dafs  flir  solcbe  Kauossasceue  sicb 
unter  den  Geistlicben  mebr  als  ein  Aufzeichner  gefunden  hatte ,  aber 
aucb  die  Urkunde  vom  2.  Dez.  1258,  in  welcber  sicb  Boleslaw  dazu 
verpflicbtet ,  und  welcbe  uns  nur  in  dem  grofseu  Kopialbucbe  des 
Bresl.  Domkapitels  aus  dem  15.  Jabrbundert  erbalten  ist,  Stenzel, 
Bistumsurkunden  20,  erscbeint  als  eine  Erfiudung  spaterer  Zeit,  vgl. 
Reg.  1008. 

62)  S.  86,  Z.  15  V.  II.     Stenzel,  Bist.-Urk.  21. 

63)  S.  86,  Z.  12  V.  u.  Ebd.  22  (5.  Juni  1260).  Z.  11  (3.  Mai 
1260)  ebd.  25.  Z.  9  (13.  Oktober  1261)  ebd.  24.  S.  87  (20.  Dezbr. 
1262)  ebd.  24. 

64)  S.  87,  Al)s.  2  Konrads  Privileg  1261  im  Mai,  Regesten  1083. 
Das  Wladyslaws  vom  30.  Nov.  1260,  Reg.  1066. 

€5)  S.  87,  Abs.  3.  Dlugosz,  Cbrou.  ep.  Vratisl.  ed.  Lipf.  p.  19.  — 
Synodalstatuten  ed.  Hube  a.  a.  0.  52,  bes.  Kap.  5. 

66)  S.  88,  Z.  1.     Scbles.  Zeitscbr.  XI,  408  fF. 

67)  S.  88,  Abs.  2.  Vgl.  die  bereits  erwiibnte  Zusammeustellung 
Neu lings  im  XII.  Bde.  der  Scbles.  Zeitscbr.  Uber  Striegau  Reg. 
587.   Hier  wird  nvir  auf  eine  wabrscbeinlicb  kurz  vorher  erfolgte  Grlln- 

Grunhagen,  Gescli.  ScUlesicns.    I.  "^ 


34  Anmerkungen.     S.  89—93. 

dung  zu  deutschem  Rechte  Bezug  genommen.     Zu  Liegnitz  Reg.  782. 
Hier  gilt  das  Gleiche. 

68)  S.  89,  Z.  6.  Hiiufig  fiihrt  diese  alte  Ansiedelung  den  Na- 
men  der  Stadt,  nur  durch  die  Vorsetzung  des  Wortes  Alt  gekeun- 
zeichnet:  Alt-Jauer,  Alt-Wansen,  Alt-Brieg  (jetzt  Briegiscbdorf), 
hiiufig  wird  sie  auch  direkt  als  Altstadt  bezeicbuet:  Altstadt  Neifse, 
Altstadt  Liiben ,  oder  als  Altendorf  wie  bei  Ratibor  und  Plefs  oder 
als  das  poluiscbe  Dorf  bei  Trebuitz. 

69)  S,  89,  Z.  8.  Polonus  vol  cujuscuuque  ydiomatis  homo  liber 
donuun  ibi  habeus  jus  Theutonicum  paciatur  nullo  obstante  casu  vel 
superbia  rebellaute  heifst  es  1250  in  der  Aussetzungsurk.  vou  Brieg. 
Cod.  dipl.  Siles.  IX,  219. 

70)  S.  90,  Abs.  1.  1267  wird  Ratibor  zu  deutschem  Recht  aus- 
gesetzt  Reg.  12-14);  iiber  Glogau  Tzschoppe  und  Steuzel,  Ur- 
kundensamnilung  330;  iiber  Brieg  Cod.  d.  Siles.  IX,  p.  219;  iiber 
Neifse  vom  30.  April  1261  Tschoppe  und  Stenzel  346. 

71)  S.  90,  Abs,  2  (am  Eude).  Stenzel,  Griindungsbuch  von 
Heiurichau  33.  Jaurowitz  ist  nicht  mehr  vorhanden ,  mufs  aber  bei 
Kunzendorf,  Kreis  Miinsterberg,  gelegen  haben.     Anm.  73. 

72)  S.  91,  Z.  6.     Urk.  vom   16.  Dez.    1261.     Korn,   Bresl.    Ur- ^ 
kundenbuch,  S.  28. 

73)  S.  91,  Abs.  3.     Abgedruckt  bei  Korn,  S.  18. 

74)  S.  91,  Abs.  4  (Aiifaug-).  Urk.  vom  16.  Dez.  1261,  Korn  28 
predictorum  judiciorum  quod  nobiscum  vogethding  appellatur. 

75)  S.  92,  Abs.  1  (am  Elide).  Unter  dem  Titel:  Bresl.  Stadt- 
bucb  herausgegeben  von  Markgraf  und  Frenzel  als  Bd.  XI  des 
cod.  dipl.  Siles.  XT,  1882. 

76)  S.  92,  Abs.  2.  Die  Ratswahl  betr.  in  Weideuau  Tzschoppe 
und  Steuzel,  Urkundensammlung  412;  in  Patschkau  ebd.  382;  in 
Liegnitz  Schirrmacher,  Liegnitzer  Urkundenbuch  13;  in  Ratibor 
Tzschoppe  und  Stenzel  420. 

77)  S.  93,  Abs.  1.  iiber  die  Neustadt  Urkuude  bei  Korn  30. 
Auf  die  hochst  fragwiirdige  Beschaffeuheit  der  Grenzbestimmungen 
einzugehen,  mufs  ich  mir  an  dieser  Stelle  versagen.  —  Den  Xeumarkt 
betr.  —  dafs  es  moglich  war,  hier  einen  grofseu  Marktplatz  auzulegen, 
lafst  sehr  bestimmt  auf  die  verhaltnismafsig  enge  Grenze  der  1241 
neu  ausgesteckten  Stadt  Breslau  schliefsen.  —  Uber  die  neuen  Fleisch- 
banke  vgl.  Urk.  vom  18.  Mai  1266.  Korn  32.  —  Uber  die  Zolle 
Urk.  vom  2.  Juui  1266.  Korn  33.  —  Uber  die  Kramliiden  Urk.  vom 
10.  Juni  1266.     Korn  33. 


Anmerkuugeu.     S.  94  u.  95.  85 


Vierter  Abschnitt. 

1)  S.  94,  Abs.  2,  Z.  1.  Au  clie  Nachricht  des  Chi-ou.  Polono- 
Siles.  569  von  einer  Vergiftung  Heinrichs  III.  durch  unzufriedene  V.asallen 
vermag  ich  nicht  zu  glaiiben.  Allzu  hiiufig  sind  bei  dem  Tode  von 
gekronten  Hauptern,  uamentlich  wenn  eiu  soldier  plotzlich  erfolgte, 
derartige  Geriichte  eatstauden  uud  geglaubt  worden,  ohne  dafs  ihi-e 
Wahrheit  sich  bestatigt  hiitte. 

2)  S.  94,  Abs.  2  Landesteilung.  Chron.  Poloiio  -  Siles.  569  und 
dazu  Loschke  in  der  scbles.  Zeitschr.  XII,  68  ft". 

3)  S.  94,  Abs.  3  Postulation  AVladyslaws.  Anfuhruug  Bischof 
Thomas'  II.  vom  7.  Sept.  1271,  Reg.  1373. 

4)  S.  94,  Abs.  3  (am  Ende).  Chron.  princ.  Polon.  bei  iSten- 
zel,  Ss.  rer.  Siles.  I,  162. 

5)  S.  95,  Z.  4.  Vita  Hedvigis  bei  Stenzel,  Ss.  II,  95.  —  Z.  5 
Reg.  1258.  —  Z.  7  den  28.  April  1267,  Reg.  II,  S.  166.  Dafs  dies 
bereits  1267  erfolgt  sei,  macht  ein  kleiner  Aufsatz  W.  v.  Milko- 
wit sells  in  der  scbles.  Zeitschr.  Bd.  XVIII  wahrscheinlich, 

6)  S.  95,  Abs.  1  (am  Ende).  Die  damals  errichtete  Statue  ist 
uach  Lucbs  glanbwiirdiger  Annahme  (Scbles.  FUrstenbilder,  Bogen  8) 
noch  heute  in  der  nordlichen  Vorhalle  erhalten.  Dazu  dann  auch 
Luchs ,  romanische  Stilproben  aus  Breslau  und  Trebnitz ,  Breslau 
1859. 

7)  S.  95,  Abs,  2.  ijber  den  Aufenthalt  Heinrichs  bei  Ottokar 
vgl.  eiuen  Aufsatz  W.  v.  Milk owitsch  in  der  schlesischen  Zeitschrift 
Bd.  XVIII.  —  Wenn  das  Chron.  Polono  -  Siles.  569  und  Grodyslaw 
(resp.  Boguphal)  596  Wladyslaw  gleichfalls  an  Gift  sterben  lasseu 
wie  seiueu  Bruder,  so  wird  man  dies  ebenso  wie  bei  Heinrich  fiir  ein 
Geriicht  ansehen  diii-fen.  Heinrichs  Gelobnis  fiir  Ottokar  vom  24.  Nov. 
1270,  Reg.  1349.  —  Uber  Simons  Vormundschaft  vgl.  Loschke, 
Zm-  Frage  iiber  den  Regierungsanti'itt  Heinrichs  IV.,  schles.  Zeitschr. 
XII,  S.  74  ff.  Tutor  noster  nennt  ihn  Heinrich  in  einer  Urk.  vom 
11.  Miirz  1272,  Reg.  1396.  Es  darf  bier  noch  bemerkt  werden,  dafs 
Simon  Gallicus,  dessen  Siegel  in  den  schles.  Siegeln  ed.  Pfotenhauer 
taf.  IV,  29  abgebildet  ist,  von  Stenzel,  Jahresber.  der  vaterliiud. 
Ges.  1841,  S.  143  fiir  den  Stammvater  der  Frankenbergischen  Familie 
gehalten  wird. 

8)  S.  95,  Abs.  3.     Loschke  a.  a.  0.  76  und  Regesteu  1435. 

9)  S.  95,  Abs.  4.     Uber  Kreuzburg,  Urk.   vom  3.   Marz  1274, 

Reg.  1454,  Uber  Krossen,  Schles.  Regesteu  II,  S.  217. 

3* 


36  Anmerkungen.    S.  96—98. 

10)  S.  06,  Z.  4.  Dei-  gleicli  im  Texte  zu  erwiihueude  kurz  nach 
deni  \'ortalle  geschriebeue  Brief  Konig  Ottokars  fiihrt  ausdriicklich 
an,  dafs  Heinricli  durch  einige  malignos  homines  gefangen  iind  daun 
dem  Herzoge  Boleslaw  ausgelicfert  worden  sei,  und  damit  ist  die 
Darstellung  unserer  Hauptquelle,  des  Chrou.  Polono-Siles.  569,  wenn 
man  darans  das  fabelhafte  aus  der  Vergiftungsgeschichte  entuommene 
Motiv  ausscheidet,  sehr  wobl  zu  vereiubaren.  Dafs  der  Wunsch,  ein 
Stiick  von  deui  Erbe  Wladyslaws  zu  erpressen,  Boleslaw  vornebm- 
lich  geleitet  babe,  bericbten  die  Ann.  Polonor.  (Men.  Germ.  XIX, 
p.  640).  Obwobl  an  dieser  Stelle  das  Objekt  partem  hereditatis  oder 
ein  abnlicbes  Wort  ausgelassen  ist,  so  kanu  doch  iiber  den  Sinn  kein 
Zweifel  obwalten. 

11)  S.  J)6,  Abs.  3.  Ottokars  Bemuhuugeu  fiir  Ileinricb  IV. 
betr.  vgl.  Regesten  1522,  1524,  1526.  Um  die  cbi-onologiscbe  Fixie- 
rung  der  auf  diese  Verbaltnisse  beziiglicben  Urkunden  in  dem  Formel- 
bucbe  des  Henricus  Italicus  ed.  Voigt  bat  sieb  erfolgreich  bemiibt 
Ulauowski,  Uber  die  Datierung  der  auf  Heinricli  lY.  bezugl.  Ur- 
kimden  etc.,  scbles.  Zeitscbr.  XYI,  S.  220  ff. 

12)  S.  96,  Abs.  3  (am  Ende).  Nach  anderen  fand  die  Scblacht 
bei  Stolz  statt.  Vgl.  die  Zusammenstellung  in  den  scbles.  Regesten 
II,  S.  227.  Die  Notiz  der  Ann.  Polouorum  (M.  Germ.  XIX,  640)  zu 
diesem  J.:  „Eodem  anno  milites  Theutouici  vocati  sunt  in  Zleziensem 
dyocesim"  —  fiir  dieses  Ereignis  mit  zu  verwerten,  babe  icb  mir  ver- 
sagt  infolge  der  Erwagung,  dafs  zwiscben  dem  18.  Februar  und 
24.  April  die  Zeit  eigentlich  zu  kurz  sei,  um  innerhalb  deren  einen 
Zuzug  von  auswarts  zu  gewinnen  und  heranzufiihren. 

13)  S.  97,  Z.  5.  Der  Vertrag  mit  moglicbst  emendiertem  Texte 
abgednickt  bei  Griinbagen  und  Markgraf,  Lebeus-  imd  Besitz- 
urkunden  Schlesieus,  Leipzig  1881,  S.  482.  Vgl.  dazu  Ulauowski 
a.  a.  0.  235  ff. 

14)  S.  97,  Abs.  3.  Heinrich  von  Brene  betr.  vgl.  aus  d.  J. 
1276/77  die  Regesten  1510,  1539,  1540. 

15)  S.  97  (letzte  Zeile).  Dafs  der  angeblicbe  Brief  Ottokars 
an  die  polniscben  (d.  b.  scblesiscben)  Fiirsten,  in  welcbem  dieselben 
zur  Verteidigung  der  slaviscben  Nationalitat  gegen  die  Unersiittlich- 
keit  der  Deutschen  zum  Kampfe  aufgerufen  werden  (Steuzel,  Ss. 
rer.  Siles.  II,  479) ,  nur  als  die  Stiliibung  eines  czechisch  gesinntea 
Notars  aus  dem  14.  Jabrh.  angesehen  werden  kami,  daran  glaube  ich 
mit  voUer  Bestimmtbeit  festbalten  zu  miissen.     Reg.  1566. 

16)  S.  98,  Z.  12.  Vgl.  Emler,  Decern  registra  censuum  Bo- 
hemica,  Prag  1881,  S.  8. 


Anmerkuageu.     S.  98— lOU.  37 

17)  S.  98,  Abs.  3.  Dafiir,  dafs  eine  derartige  Lehensauftragung 
Schlesiens,  d.  h.  Mittelschlesiens,  durch  Heinrich  IV.  wirklich  erfolgt 
ist,  haben  wir  als  Zeuguis  eine  ausdriickliche  Anfiihruug  in  einer  Ur- 
kunde  Konig  Rudolfs  vom  25.  Sept.  1290  (Griinhagen  und  Mark- 
graf,  Schles.  Lehensurk.  I,  S.  63),  welche  dann  in  einer  Urkunde 
Konig  Ludwigs  des  Bayern  vom  20.  April  1.324  ebenso  bestimmt 
wiederholt  wird  (a.  a.  0.  65).  Wenn  die  Urkunde  selbst  uns  nicht 
mehr  erhalten  ist,  so  erklart  sich  das  leicht.  Wir  diirfen  kavun 
zweifeln,  dafs  Karl  IV. ,  der  ein  luteresse  daran  hatte ,  Schlesien  als 
ein  dem  Nexus  des  Eeichs  nicht  unterworfenes  Stiick  seiner  Erblande 
ansehen  zu  lassen,  fiir  das  Verscbwinden  der  betreifenden  Urkunden 
zu  sorgen  gewufst  hat. 

18)  S.  99,  Z.  2.  Chi-on.  Polono  -  Siles.  (Mon.  Germ.  XIX,  570 
und  dazu  die  chronologische  Kombination  Ulanowskis  in  der  schles. 
Zeitschr.  XVI,  101. 

19)  S.  99,  Abs.  2.  Ann.  Grissor.  u.  Ann.  Cisterciens.  in  llein- 
richow,  Mon.  Germ.  XIX,  541  u.  445. 

20)  S.  99,  Abs.  2.  Ann.  Polonov.  i.  d.  Mon.  Germ.  XIX,  646) 
und  dazu  Dlugosz,  lib.  VII,  col.  822.  Es  fallt  dabei  auf,  dafs 
Baritsch  damals  keinesfalls  in  Heinrichs  Lande  gelegen  hat,  dafs  also 
der  Vorfall  doch  wahrend  des  Krieges  erfolgt  ist  und  daher  vielleicht 
nicht  ganz  den  verraterischen  Charakter  hat,  den  ihm  die  Heim'ich 
sehr  abgeneigten  polnischen  Chronisten  zu  geben  geneigt  sind.  Gegen 
diesen  spricht  doch  auch  die  nachmals  zutage  getretene  Freundschaft 
Heinrichs  von  Liegnitz,  eines  der  Opfer  jenes  Anschlags,  gegeniiber 
Heinrich  IV. 

21)  S.  99,  Abs.  3  (am  Eude).  Beziiglich  der  chronologischen 
Festsetzung  der  Vermahlung  Heinrichs  IV.  kaun  ich  mich  den  Aus- 
flihrungen  Ulanowskis,  schles.  Zeitschr.  XVI,  105 ff.  anscliliefsen. 

22)  S.  100,  Abs.  1  (am  Eiide).  Aus  Hagens  Atlas  z.  Bilder- 
saal  altdeutscher  Dichter,  Tafel  III  Nachbildung  bei  Luchs  Fiirsten- 
bilder,  B.  10.  28. 

23)  S.  100,  Abs.  2.  Wir  werden  im  Texte  von  Turnieren  noch 
vreiter  unten  bei  Gelegenheit  des  Kirchenstreites  zu  berichten  haben. 

24)  S.  100,  Abs.  2.  Die  Vermiihhmg  Heinrichs.  Ottokars 
Reimchronik  bei  Fez,  Ss.  rer.  Austr.  Ill,  S.  192. 

25)  S.  100,  Abs.  2.  Das  Lied  des  Tannb.-iusers  bei  Hagen, 
Minnesiinger  II,  90.  Dafs  dasselbe  nur  auf  Heinrich  IV.  bezogen 
werden  konne,  habe  ich  in  den  schles.  Regesten  II,  149  nachzuweisen 
gesucht. 


38  Anmerkungen.     S.  100—109. 

2G)  S.  100,  Abs.  2.  H.  Ruckert,  Der  Minnesanger  Heiurich 
von  Breslau.  Beilage  zu  Luc  lis  Fiirstenbilderu  B.  10,  S.  32.  —  Eben- 
daselbst  die  beidon  Lieder  mit  einer  Ubertraguug  ius  Neuhoch- 
deutsche. 

27)  S.  101,  Abs.  1  (am  Eiide).  Reg.  1554  imd  dazu  S.  234  das 
dieser  Urkuude  Yorangebende. 

28)  S.  101,  Abs.  2.  Der  Tamihauser  bei  Hageu,  Miuue- 
saugor  II,  90. 

2J>)  S.  101,  Abs.  2.  Reg.,  Nr.  IGGo;  Korn,  Bresl.  Urkdb., 
S.  44  dann  S.  40,  31.  Januar  1272. 

30)  S.  102,  Abs.  1.     Reimchrouik  Ottokars,  S.  191. 

31)  S.  102,  Z.  4  V.  u.  Stenzel,  Urk.  des  Bistums  Breslau, 
S.  69.     Die  NeiTser  leisten  Abbitte  biei-fiir  1280  den  8.  Mai. 

32)  S.  103,  Abs.  3.     Uber  den  Grenzhag  s.  o.  S.  45. 

33)  S.  103 ,  Z.  fi  V.  n.  Reg.  1820.  Die  Dorfer  werdeu  naraeut- 
licL  aufgefiilirt  in  Regeste  1815. 

34)  S.  104,  Abs.  1.  Uber  Edelstein  Reg.  1G74,  der  Schieds- 
spruch  Reg.  1720,  Abs.  2.  Die  Aufseruug  Uber  den  Schied  Stenzel, 
Urk.  des  Bist.  Breslau  102. 

35)  S.  105,  Abs.  1  (am  Eude).  Die  Dokumente  des  grofsen 
Streites  sind  in  Steuzels  Bistumsurkunden  ganz  mitgeteilt  und  aus- 
ziiglicb  in  den  schles.  Regesten.  Aufserdem  entbiilt  die  Einleitung 
zu  den  Bistumsurkunden  eine  zusammeuhangende  mit  genauen  Citateu 
versebene  Darstellung  der  Vorgange,  so  dafs  icb  bier  uur  in  ver- 
einzelten  Fallen  Citate  fiir  notwendig  bielt. 

36)  S.  105,  Abs.  2.  Stenzel,  Bistumsurkunden  92.  Was  das 
Datimi  anbetrifft,  so  konnte  man  vielleicbt  bei  den  AVorten:  cum  agi 
deberent  jirocessionis  misteria  an  die  Fronleicbnamsi)rozession  deuken, 
das  ware  der  8.  Juni  (1284). 

37)  S.  106,  Z.  2  T.  u.     Stenzel,  Bistumsurk.  92. 

38)  S.  107,  Abs.  3.  Kunigundens  Brief  bei  Palacky  Uber 
Formelbiicher  288,  wenn  das  Ganze  nicbt  etvra  nur  eine  Stiliibimg 
ist  wie  der  oben  (Anm.  15)  erwahnte  Brief  Ottokars. 

39)  S,  107,  Z.  6  V.  u.     Stenzel,  Bistumsurk.  152. 

40)  S.  108,  Z.  4.     Ebendaselbst  179. 

41)  S.  108,  Abs.  3.     Ebendaselbst  202.  212.  227. 

42)  S.  109,  Abs.  2  (am  Ende).     Ebendaselbst  242,  §  9. 

43)  S.  109,  Abs.  3.     Brief  an  Mesko,  Stenzel  227. 


Anmerkuugen.     S.  110.  39 

44)  S.  110,  Z.  2.  AVeim  ich  in  meiueu  Regesten  III,  S.  107 
den  G.  Januar  1288  als  Datum  der  Yersohnung  wenigsteus  als  mog- 
lich  statuiert  babe,  so  bekeuiie  icb  docb  jetzt,  dafs  mir  da  der  Zeit- 
raum  bis  zur  Ausstellung  der  Griindungsurkunde  des  Bresl.  Kreuz- 
stiftes  (11.  Januar  1288),  welcbe  Griindung  docb  erst  naeh  der  Yer- 
sobuuug  in  Aussicbt  genommen  worden  ist,  allzu  kurz  erscbeiut.  — 
Die  Sammlung  von  Akteustucken  fiir  die  Gescbicbte  des  Kirchen- 
streites  mitgeteilt  in  Steuzels  Bistumsurk.  bricbt  mit  dem  20.  Aug. 
1287  ab,  uud  was  den  Ausgang  des  Kampfes  anbetrifft,  so  siud  wir 
einzig  und  allein  auf  die  Cbronica  principum  Poloniae  bei  Steuzel, 
Ss.  I,  114  augewiesen,  denn  die  ausfiibrUcbere  DarsteUung  bei  D lu- 
ges z  bist.  Pol.  lib.  YII,  col.  845.  846  zeigt  sicb  bei  uaberem  Zu- 
sehen  als  eine  blofse  Ausspiuuung  jenes  alteren  Bericbtes,  wo  sogar 
desseu  eigene  Worte  immer  wiederbolt  werden.  Die  Cbrou.  princ. 
Pol.,  gescbi-ieben  etwa  100  Jabre  uacb  den  Ereigoissen,  spricbt  von 
eiuer  relacio  fide  dignorum  antiquorum,  in  der  nun  aber  der  geistlicbe 
Bericbterstatter  ad  majorem  ecclesiae  gloriam  den  Yorgaug  etwas  ge- 
farbt  hat.  Dafs  der  siegreicbe  Herzog  sicb  vor  dem  Biscbof  zu 
Bodeu  geworfen  und  ausgerufeu  babe:  ,,Yater  icb  babe  gesiindigt  im 
Himmel  und  vor  dir  und  bin  nicbt  wert,  dein  Sobn  zu  beifsen",  ist 
eben  mebr  eine  Redensart,  die  in  dieser  Quelle  vorwaltende  ganze 
Auffassung  der  Sacbe  aber  wird  erklarlicb  genug  durcb  die  Wendung, 
die  so  iiberraschend  im  Jabre  1290  eintrat,  und  die  allerdings  ja 
dann  die  allergrofsten  Konzessionen  seitens  des  Herzogs  bracbte.  You 
dieser  Wendung  uud  dem  grofseu  Freibeitsbriefe  fiir  die  Kircbe  wer- 
den wir  nocb  zu  sprecben  babeu.  Dafs  eiu  Cbronist  spaterer  Zeit 
die  in  dem  Privilege  von  1290  zutage  tretende  Gesinnuug  auf  das 
Jabr  1287  iibertrug,  hat  wenig  Auffallendes.  AVir  fasseu  bier  nacb 
Stenzels  Yorgange  das  ins  Auge,  was  die  Urkunden  wirklicb  uud 
tbatsacblicb  ergebeu. 

45)  S.  110,  Z.  6.  Die  Wirkungen  der  Amnestic  zeigt  bereits 
die  Zeugeureibe  der  Urk.  vom  11.  Januar  1288  (Regeste  2054;  uud 
dazu  Stenzel,  Bist.-Urk.,  Eiul.  S.  lxxxi. 

46)  S.  110,  Abs.  2.  Dafs  der  Herzog  bereits  eben  bei  der  Aus- 
sobnung  von  1287  die  umfassendeu  Konzessionen,  welcbe  dann  das 
grofse  Kircbenprivileg  von  1290  eutbalt,  gemacbt  babe,  kounte  man 
vielleicbt  aus  dem  Bericbt  des  Cbron.  princ.  Pol.  114  zu  scbliefseu 
sich  versucbt  fiibleu,  es  ist  aber  in  der  That  wenig  wabrscbeinlicb. 
Bekanntlicb  datieren  vom  24.  Juni  1290,  dem  Todestage  des  Herzogs 
zwei  grofse  Urkunden  hocbst  iibeiTascheuden  Inhalts,  deren  eine 
eben  jenes  grofse  Kircbenprivileg  ist,  die  andere  das  Testament  Hein- 
richs  lY.  Yon  dem  letzteren  konnen  wir  nun  mit  vollster  Bestimmt- 
heit  bebaupten,  dafs  der  Herzog  die  bierin  zutage  tretenden  Gesiu- 
nungen  im  Jabre  1287  nicbt  gebegt  bat,  da  er  sonst   unmoglich  den 


40  Anmerkungeu.     S.  110.  111. 

grofsen  Kampf  um  Krakau  erst  unternommen  haben  wiirde.  Und 
hiernach  dlirfte  ja  wohl  der  Schlufs  gerechtfertigt  erscheiuen,  dafs 
audi  die  zweite  Urkuude  von  deinselbeu  Datum,  gleichfalls  auf  dein 
Toteubette  des  Herzogs  ausgestellt,  ebenso  wie  die  andere  eiue  ganz- 
liche  Sinuesanderuug  des  Ausstellers  voraussetzt.  Wenu  dann  femer 
der  anouyme  Verfasser  der  Chron.  princ.  Pol.  a.  a.  0.  114  berichtet, 
wie  er  von  mehreren  erfabren  (sicut  a  plerisque  refcrentibus  didici), 
babe  der  Herzog  damals  aucb  die  Stadt  Breslau  dem  Bischofe  scheu- 
ken  wollen,  doch  babe  dies  der  letztere  abgelebnt  in  der  Besorguis, 
seine  Macbt  werde  nicbt  hinreichen,  um  die  Stadt  mit  ihrem  Distrikte 
zu  scbiitzen,  so  erscbeiut  das  nicbt  glaubwiirdig.  Heinricb  IV.,  der 
sicb  selbst  in  seinen  Urkunden  immer  als  Herzog  von  Scblesien, 
Herr  von  Breslau  bezeicbnet,  wiirde  scbwerlicli  darau  gedacbt 
haben,  sicb  dieser  seiner  eigentlicbeu  Hauptstadt  zu  entaufsern.  An- 
derseits  kann  fiir  jemauden,  der  die  Breslauer  Gescbichte  kennt,  dar- 
aber  kein  Zweifel  obwalten,  dafs  die  Ubei'lieferung  der  Breslauer 
Biirgerscbaft  an  die  geistlicbe  Gewalt  jener  als  etwas  bocbst  Uner- 
wiinscbtes  erschienen  sein  ^viirde,  und  solcb  scblecbter  Dienst  kanu 
einem  Fiirsteu  nimmermehr  zugetraut  werden,  fiir  welcheu,  wie  wir 
uocb  zu  erziibleu  baben  werden,  die  Breslauer  jAie  aufopferndste  An- 
htinglichkeit  an  den  Tag  legen.  —  Was  dann  das  Fallenlassen  der 
Geldanspriiche  betrifft,  so  besitzen  wir  allerdiugs  dariiber  kein  be- 
sonderes  Dokument,  doch  diirfen  wir  konstatieren ,  dafs  von  Geld- 
anspriicben  des  Biscbofs  an  Heinricb  IV.  resp.  dessen  Nachfolger  von 
jener  Zeit  an  nichts  mebr  verlautet,  wJibrend  es  doch  gauz  undeuk- 
bar  ist,  dafs  Heinricb,  der  unmittelbar  nacb  jener  Versohnung  wiederum 
in  schwere  Kriegshiindel  verwickelt  erscheint ,  Summen  von  solcher 
Hohe,  wie  sie  der  oben  erwiibnte  Scbiedsspruch  des  Legaten  ibm 
auferlegte,  irgendwie  biitte  bescbaflfen  konnen. 

47)  S.  110,  Abs.  3.  tJber  die  Griindung  in  Ratibor  vgl.  Dlu- 
gosz,  lib.  VII,  col.  846  und  dazu  Weltzel,  Gesch.  von  Ratibor, 
S.  44.  —  Uber  das  Kreuzstift  Regeste  2054. 

48)  S.  Ill,  Abs.  2.  Stenzel  bemerkt  in  Aum.  2  zu  der  eben 
angefiibrten  Griindungsurkunde  des  Kreuzstiftes ,  dafs  er  eine  Ver- 
wandschaft  Heinrichs  mit  Boleslaw  von  Krakau  (in  der  Urkuude  als 
avunculus  bezeicbnet)  nicht  nachweisen  konne.  Icb  vermag  das 
auch  nicht. 

49)  S.  Ill,  Abs.  ;i.  Als  die  polnische  Partei  in  Krakau  gegen 
Lesko  1285  sicb  emport  und  ibn  vertreibt,  ura  den  masoviscben  Her- 
zog auf  den  Thi-on  zu  rufen,  bleibeu  die  Deutscben  in  Krakau  ibm 
treu  und  belfen  ibm  zur  Wiedererlangung  des  Thrones.  Ropell, 
Poln.  Gesch.  540. 

50)  S.  Ill,  Abs.  4.  Die  Schoffen  Krakaus  aus  jener  Zeit  (cod. 
dipl.  civ.  Cracov.  ed.  Piekosinski  XLVI),  die  Konsuln  aus  der  Zeit 


ADmerkungen.     S.  112—114.  41 

Heinrichs  i^Krakauer  Stadtbiicher  ed.  Piekosiiiski  Nr.  25}  zeigeu  fast 
nur  deutsche  Namen. 

51)  S.  112,  Abs.  4.  tjber  den  Vertrag  mit  Ungaru  vgl.  Konig- 
saaler  Gesch.-Qu.  ed.  Loserth,  S.  81,  iiber  den  Erbvertrag  mit 
Bohmen  die  Erwahnungen  in  den  Urkunden  vom  25.  u.  26.  September 
1290.     Schles.  Lehensiirk.  ed.  Griinhageu  uud  Markgraf  I,  63. 

52)  S.  112,  Abs.  5.  S.  von  Meseritz  Ann.  Polouor.  Mon.  Germ. 
XIX,  650. 

53)  S.  112,  Z.  6  V.  u.  Heinrich  stellt  unter  dem  neuen  Titel 
am  27.  ivnd  29.  Januar  1289  zwei  Urkunden  in  Breslau  aus. 

54)  S.  113.  Primkos  Tod.  —  stantem  coram  ipsis  juvenculum 
ut  agnum  gladiis  et  hastis  crudeliter  peremerunt.  So  die  Epitaphia 
ducnm  Siles.  bei  Watteubach,  Monum.  Lubens.  18.  Die  Nach- 
riclit  von  der  Gefangennehmung  Boleslaws  von  Oppeln  hat  nur  Dlu- 
gosz  (lib.  VII,  col.  854). 

55)  S.  113,  Abs.  2.     Ann.  Polouor.  I,  Mon.  Germ.  XIX,  650. 

56)  S.  113,  Abs.  3.  Eaubziige.  Vgl.  die  Anfiihrungen  in  meiuen 
schles.  Regesten  III,  S.  128. 

57)  S.  113,  Abs.  3.  Riistungen  der  Breslauer.  Ottokars  von 
Steier  Reirachronik  bei  Pez,  Ss.  rer.  Austr.  Ill,  194. 

58)  S.  113.  Wladyslaws  Fkicht.  Ann.  Polon.  a.  a.  0.  650.  651 
ixud  dazu  Dlugosz  a.  a.  0.  854. 

5;))  S.  113.  Wieliczka.  Ohne  Jahr  und  Tag  im  Cod.  dipl.  Vie- 
liciens.  (Lemberg  1872),  p.  1. 

60)  S.  113,  Z.  2  V.  u.  Chron.  princ.  Polon.  bei  Stenzel,  Ss. 
rer.  Siles.  I,  114.   ' 

61)  S.  114,  Z.  3.  Eine  Abbildung  und  Beschreibung  desselben 
in  Luchs  Fiirstenbilderu. 

62)  S.  114,  Abs.  4.  —  ut  episcopi,  qui  pro  tempore  fuerint, 
inibidem  plenum  dominium  perfectumque  in  omnibus  habeant  jus  du- 
cale.  —  Stenzel,  Bistumsui-k.  251. 

63)  S.  114,  Z.  12  V.  u.  Es  kann  irrige  Vorstellungeu  erwecken, 
wenn  Stenzel  (Bist.-Urk.  251)  zu  der  betreflfenden  Stelle  unserer 
Urkunde  als  Anm,  1  hinzuschreibt :  das  Pitschensche.  Die  Giiter,  um 
die  es  sich  handelt,  sind  offenbar  dieselben,  welche  in  der  biscbof- 
licheu  Urkunde  vom  15.  Juli  1271  (Stenzel,  Bist.-Urk.  41.  42)  er- 
wahnt  werden,  wobei  allercUngs  die  von  Stenzel  gegebeue  ErklUruug 
der  Ortsnamen  in  mancheu  Stiicken  einer  Berichtigung  bedarf,  wie 
ich  solche  in  meinen  Regesten  II,  185  zum  7.  Juui  1271  gegebeu 
habe.     Vor  allem  ist  Bandlovici,  nach  welchem  Orte  in  der  vorliegen- 


42  Aumerkuugeu.     S.  114.  115. 

den  Urkunde  der  gauze  Giiterkomplex  bezeichuet  wird,  uicht  Pauls- 
dorf,  wie  Stenzel  aunimmt,  souderu  ein  heute  untergegaugeues  Dorf 
Baudelau ,  von  deui  heute  noch  die  Bendelauer  oder  Baudelauer 
Wassermiihle  bei  Sgorsellitz  zwei  Meileu  uordostlich  von  Namslau 
Zeugnis  ablegt.  Die  Guter  lageu  auch  damals  uicht  im  Pitscheuscheu 
Gebiet,  sondern  an  der  Grenze  desselben,  wenn  mau  nauilich  dem 
Sprachgebrauche  jener  Zeit  eutsprecheud  das  Kreuzburger  Gebiet  mit 
uuter  dem  Namen  des  Pitscheuscheu  bezeichuet.  Dafs  die  Grenze  dabei 
gegeuiiber  der  heutigen  etwas  uach  Westen  vorgeschoben  erscheiut,  hat 
wenig  Befremdiiches.  Dagegen  kommt  noch  ein  anderes  wichtiges 
Moment  in  Betracht.  Gerade  in  der  Richtuug  der  hier  in  Frage 
kommeuden  Dorfer  diirfte  der  alte  Grenzhag,  die  preseca,  der  uach 
dem  Zeugnisse  der  Urkuude  vom  9.  Jauuar  1268  (Kegesteu  1289) 
hier  auf  der  Grenze  des  Namslauischen  und  Pitscheuscheu  Gebietes  vor- 
handen  war  und  dessen  ob.  S.  9  Aum.  18  gedacht  wurde,  gegangen  seiu. 
Im  Hinblicke  nun  auf  die  Thatsache,  dafs  der  grofse  Streit  zwischen 
Herzog  und  Bischof  sich  ganz  besonders  um  die  im  Neifseschen  auf 
dem  Terrain  der  alien  preseca  gegriindeten  Dorfer  gedreht  hat,  ware 
es  hochst  iuteressant,  wenn  mau  nun  annehmeu  miifste,  dafs  auch  die 
im  Namslauischen  gelegeneu  strittigen  Dorfer  solche  waren,  die  auf 
dem  Gruude  jener  ehemaligen  Fortifikatiou  augelegt  wareu.  Die 
Wahrscheiulichkeit  diirfte  auch  diesmal  dafiir  sprecheu,  doch  begreift 
man  hier  nicht  so  recht,  was  im  Neifseschen  sich  ja  von  selbst  er- 
giebt,  auf  welchen  Rechtstitel  gestiizt  der  Bischof  in  dieser  Gegend 
die  Greuzhagdorfer  sich  angeeignet  haben  mochte. 

64)  S.  114,  Z.  9  T.  u.  „Necuon  omnes  possessioues  et  predia, 
que  per  patrem  vel  i^atruum  sen  per  nos  vite  nostre  temporibus  iu- 
debite  fuerant  occupate."  Die  gauze  Urkunde  bei  Stenzel,  Bis- 
tumsurk.  250. 

65)  S.  115,  Abs.  '*.  Urkunde  vom  30.  Juli  Eegeste  2150.  Qui 
antequam  diem  clauderet  extremum,  sub  obtestacione  divini  judicii 
precepit  omnia  reddi,  que  rehgiosis  domibus  et  ecclesiis  suggestione 
maligna  receperat  pro  placito  terreni  et  temporalis  atfectus  etc. 

66)  S.  115,  Abs.  3,  Die  Echtheit  des  Kirchenprivilegs 
bei  Stenzel,  Bistumsiu-kuuden,  S.  250.  Die  Stelle  der  eigeuhaudigeu 
Unterschriften,  welche  uach  unsereu  Rechtsbegriften  die  Authenticitat 
eiues  rechtlichen  Aktes  verbiirgen,  vertreten  im  Mittelalter  bekauut- 
lich  einzig  uud  alleiu  die  angehangten  Siegel.  Die  in  Rede  stehende 
Urkunde,  deren  Original  sich  im  Archive  des  Breslauer  Domkapitels 
sub  sign.  C.  9  befindet,  hat  nun,  wie  wir  aus  den  Einschuitten  im 
Pergamente  sehen  konnen,  immer  nur  eins  gehabt,  das  grofse  des 
Herzogs,  und  zwar  ist  dasjenige,  was  iins  heute  als  zu  der  Ui'kunde 
gehorig  gezeigt  wird,  ein  echtes  Siegel  Heinrichs  IV.,  sogar  \'on  der 
Form,  wie  sie  dieser  Herzog  in   der  letzten  Zeit  seiuer  Regieruug  zu 


Anmerkungen.     S.  115.  43 

gebraucheu  pflegte.  Dagegeu  bleibt  die  eigentlicLe  Hauptsache,  iiiim- 
lich  die  Frage,  ob  dieses  Siegel  zur  Beglaubiguug  der  vorliegeudeu 
Urkuude  gedient  hat,  und  ob  es  mit  dieser  wirklich  zu  diesem  Zwecke 
in  der  iiblicheu  Weise  verbunden  resp.  an  dieselbe  augehangt  ge- 
wesen  ist,  zweifelhaft.  Das  Siegel  ist  gegenwartig  niir  gauz  aufser- 
lich  durch  eine  Sehinir  mit  der  Urkunde  verbuuden,  also  in  eiuer 
Form,  welche  in  keiuer  "Weise  deu  Auspruch  macbt  fllr  die  origiuale 
Befestiguug  zu  gelteu,  imd  dafs  dies  auch  bereits  friiher  der  Fall 
war,  erfabren  wir  aus  einem  ProtokoU  des  Breslauer  Rats,  welcher 
unter  dem  16.  Juli  1476,  als  er  die  betrefFende  Urkunde  beglaubigen 
soUte,  erklUrt,  dafs  damals,  als  einer  der  Ratsmitglieder  das  Dokument 
naher  auseheu  wollte,  das  Siegel  diesem  in  deu  Schofs  gefallen  sei. 
Die  Moglichkeit,  dafs  durch  irgendeineu  Zufall,  etwa  durch  das  Alter, 
das  Siegel  vou  selbst  abgefalleu  sei,  erscheint  bei  der  iiblicheu  Art 
von  Befestigimg  an  losen  Seideufaden  ausgeschlossen ,  iusofern  das 
Siegel  selbst  nicht  etwa  abgebrockelt,  sondern  durchaus  wohlerhalten 
sich  zeigt.  Denn  erfahrungsmiifsig  ist  eine  solche  Meuge  von  Seideu- 
faden hochst  haltbar  und  widerstandsfiihig ,  vmd  es  gehort  uotwendig 
ein  schneidendes  Instrument  oder  eia  Durchbrennen  der  Fiideu  dazu, 
um  bei  solcher  Befestiguug,  ohne  die  Urkuude  oder  das  Siegel  zu  be- 
schadigeu,  das  letztere  von  der  ersteren  zu  trennen.  Es  konnte  daher 
gauz  Avohl  das  Siegel,  welches  1476  als  zu  der  Urkimde  gehorig  ge- 
zeigt  wurde  und  uoch  heute  gezeigt  wird,  von  einer  anderu  Urkuude 
abgeschuitten  worden  sein,  um  fiir  das  Kirchenprivileg  als  Siegel  zu 
dieueu.  Ein  derartiger  Yerdacht  konnte  uoch  bestUrkt  werden  durch 
die  Wahrnehmuug,  dafs  die  aus  dem  Siegel  hervorrageuden  Eudeu 
der  Siegelfiideu  etwas  verkohlt  erscheiuen,  abgebrauut  unter  sehr 
vorsichtiger  Handhabung  einer  kleinen  Flamme,  die  von  dem  Siegel- 
wachse  so  gut  wie  nichts  hat  schmelzen  lasseu,  wie  um  damit  blofs 
die  Spuren  einer  D'oi-chschneiduug  der  Siegelfaden  zu  verwischeu. 
Wer  also  blofs  das  Origiual  des  grofsen  Kirchenprivilegs  betrachtet, 
wird  nicht  umhin  kouueu  zu  erkliiren,  dafs  diese  Urkunde  jeder 
eigentlichen  Beglaubiguug  eutbehrt,  insofern  nicht  uachweisbar  ist, 
dafs  das  Siegel  des  Ausstellers  jemals  an  der  Urkunde  gehaugeu  hat, 
imd  fiir  etwaige  Siegel  von  Zeugen  nicht  eiumal  Locher  zum  Duroh- 
ziehen  der  Siegelfaden  in  der  Urkunde  sich  fiuden.  Schwerlich  ist 
mit  der  Urkimde  alles  gauz  iu  der  Orduuug  gewesen.  Auf  der  anderu 
Seite  darf  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  schon  vier  Tage  uach 
Ausstelluug  der  Urkunde  unter  dem  27.  Juui  1290  die  Abte  Dietrich 
von  Leubus,  Friedrich  vou  Heinrichau,  Reyubold  vou  Kamenz,  Wil- 
helm  vou  St.  Yincenz,  Nikolaus  vom  Sandstitte,  Walther  IMeister  des 
Matthiasstiftes,  Gozlaus  Propst  vom  Heiligeugeiststifte ,  Jakob  Sub- 
prior  der  Domiuikauer,  Arnold  Gustos  und  Hermaun  Guardian  der  Mi- 
noriten  an  Papst  ISikolaus  TV.  die  Bitte  richteu,  den  Freiheitsbrief, 
welchen   weiland  Herzog  Heiurich   der  Breslauer  Kirche   erteilt,   uud 


L 


44  Anmerkungeu.     S.  116. 

welcher  auch  bei  Gelegenheit  der  an  der  Stiitte  seines  Begrabnisses, 
del'  Kreuzkirche  zu  Breslau,  fiir  ihn  gebaltenen  Seelmessen  nach  dem 
Offertorium  in  Gegenwart  zweier  der  in  seinem  Testamente  zu  Erbeu 
eingesetzteu  Fiirsteu  und  fast  allei*  Baroue  und  Biirger  des  Landes, 
sowie  der  Aussteller  und  vieler  aus  dem  Volke  otientlicb  verlesen  und 
ins  Deutscbe  iibersetzt  worden  sei,  ohne  dafs  irgend  ein  VViderspruch 
laut  geworden,  nun  zu  bekraftigen  unter  Androbung  des  Anatbems  fiir 
jeden  da  wider  Handelndeu.  Die  Urkunde,  in  der  dies  ausgesprocben 
wird,  erscbeint  uuzweifelliaft  ecbt  und  ist  verseben  mit  neun  Siegeln 
der  vorgenannten  Priilaten  (Regeste  2144).  Wenn  es  nun  aucb  unler 
deu  Verbaltuisseu,  die  unmittelbar  nacb  dem  Tode  Heinricbs  IV.  ein- 
treten,  und  welcbe  am  Anfange  des  niicbsten  Abscbnittes  niiber  dar- 
gelegt  werden  sollen,  erklarlicb  wird,  dafs  damals  jede  Opposition 
verstummte,  so  mocbte  ich  docb  gegeniiber  dieser  Urkunde  und  an- 
gesicbts  der  Tbatsaclie,  dafs  von  keiuerlei  Zweifebi  an  der  Ecbtbeit 
des  Kircbeuprivilcgs  oder  des  (gleicb  im  Texte  anzufiibreuden)  an 
demselben  Tage  emauierten  berzogl.  Testamentes  trotz  der  boclist  auf- 
fallenden  Umstiinde,  unter  denen  die  beideu  Urkunden  abgefafst  worden 
sind,  und  trotz  der  unverkennbaren  Mangel  und  UnregelmJifsigkeiten, 
welcbe  ibneu  anbaften,  etwas  verlautet,  Anstand  uebmen,  beide  Urkunden 
einfacb  tur  Fjilscbungen  zu  erkliiren.  Da  die  Moglicbkeit,  dafs  bei 
Herzog  Heinricb  auf  seinem  Sterbebette  eine  voUstandige  Sinnes- 
iinderimg  eingetreten  sei,  nicbt  als  ganz  ausgescblossen  angeseben 
werden  kann,  wird  ein  streng  objektiv  urteilender  Historiker  immer- 
bin  Bedenken  tragen  miissen,  aus  den  den  beiden  Urkunden  vom 
23.  Juni  1290  anbaftenden  formellen  UnregelmJifsigkeiten ,  welcbe 
sonst  in  der  ganz  ungewobnlicben  Situation  ja  wobl  eine  gewisse  Er- 
klarung  findeu  konuten,  das  bestimmte  Urteil  abzuleiten,  dafs  bier 
einem  von  Todesgrauen  umnacbteten,  seiner  Sinne  nicbt  mebi-  miich- 
tigen  Fiirsten  Dinge  in  den  Mund  gelegt  worden  seien,  von  denen  er 
nicbts  mebr  gewufst  babe.  Die  einzige  reflektierende  Bezugnabme 
eiuer  iilteren  Gescbicbtsquelle  auf  eine  der  beiden  Urkunden  finde 
icb  in  der  Cbron.  princ.  Pol.  (Stenzel,  Ss.  rer.  Sil.  I,  115),  deren 
Verfasser  bekauntbcb  fiir  das  Liegnitz-Brieger  Fiirstenbaus  sebi-  ein- 
geuommen  erscbeint ,  also  das  den  Liegnitzer  Herzog  enterbende 
Testament  sicber  nicbt  parteiiscb  mit  allzu  giinstigen  Augeu  ange- 
seben bat.  Derselbe  sagt  von  dieser  letztwilbgen  Verfiigung  Henricus 
aliqualiter  sed  uou  plene  disposuerat  ante  mortem  —  d.  b.  der  Cbro- 
nist  bemiingelt  die  Verfiigung  als  nicbt  formell  recbtsgiiltig ,  obne 
dabei  docb  sie  etwa  als  gefiilscbt  oder  erscblicben  bezeichnen  zu 
woUen. 

67)  S.   116,    Abs.   1   (am  Ende).     Die  Urkunde   bei  Stenzel, 
IJistumsurk.  252. 

68)  S.  116,   Z.   4  V.  u.     Die   Tbatsacbe,   dafs  die  Urkunde  in 
einer  Abscbrift  des  sogen.    liber  niger   des   grofsen  Kopialbucbes   des 


Antnerkungen.     S.  118.  119.  45 

Breslauer  Domkapitels  erhalteu  ist,  bezeugt  allein   schon  hiureicheud 
die  Provenienz. 


Fiinfter  Abschnitt. 

1)  S.  118,  A1)S.  1.    Reg.  2143.  2144. 

2)  S.  118,  Abs.  2.    Reg.  2144. 

3)  S.  118,  A1)S.  3.  Chron.  princ.  Pol.  Steuzel,  Ss  rer.  Siles. 
I,  115  —  aliqualiter  sed  non  pleue  disposuerat  ante  mortem. 

4)  S.  118,  Abs.  4.  Das  merkwiirdige  Fragment,  anscheinend 
einer  Anspraclie  des  Rats  an  die  BUrger,  mitgeteilt  von  mir  in  Cod. 
dipl.  Siles.  Ill,  150,  verweist  die  Handschrift  imgefahr  in  diese  Zeit, 
und  die  Anfangsworte  Heu  moi'tuo  duce  et  capita  perdito  nos  ipsi 
diligentem  custodiam  —  teneamus  gestatten  kaum,  an  ein  anderes  Jahr 
zu  denken. 

5)  S.  119,  Z.  1.  Wofern  das  in  der  vorigen  Aumerkung  citierte 
Fragment  richtig  in  die  Zeit  von  1290  gesetzt  werden  mnfs,  kann 
die  Angabe  der  Chr.  princ.  Pol.  115,  dafs  der  Glogauer  Herzog  bis 
zur  Ankunft  Heiurichs  von  Lieguitz  in  Breslau  geblieben  sei,  nicht 
wohl  aufrecht  erhalten  werden.  Bei  einer  Stimmung,  wie  sie  dort 
sich  ausspricht,  hatte  sich  Heinrich  uumoglich  siclier  fiihlen  konnen. 

6)  S.  119,  Abs.  1  (am  Eude).  Eiue  Urkimde  dieses  Yergleiclies 
besitzen  wir  nicbt ,  aber  wenu  wir  erwiigen ,  dafs  der  Bischof 
Thomas  als  ernannter  Exekutor  des  Testamentes  und  infolge  der  in 
dem  Dokumente  enthaltenen  geistlicben  Stiftung  auf  der  Dominsel 
noch  naher  an  der  Sache  beteiligt,  es  offenbar  in  seiner  Hand  geliabt 
hatte,  ebenso  gut  wie  das  Kircheuijrivileg  audi  das  Testament  offiziell 
publizieren  und  beglaubigen  zu  lassen,  so  diirfen  wir  wohl  angesichts 
der  Thatsache,  dafs  von  dem  Testamente  offiziell  nicht  mehr  die 
Rede  ist  und  dasselbe  nur  in  einer  Abschrift  in  dem  Kopialbuche 
des  Domkapitels  uberhaupt  erhalteu  ist,  von  einem  Fallenlassen  dieses 
Dokumentes  sprechen.  Auf  der  andern  Seite  wird  uus  wenigstens 
thatsachlich  die  Anerkennuug  des  Kirchenprivilegs  durch  Heinrich 
von  Lieguitz  durch  eine  Urkunde  desselben  verbiirgt,  datiert  vom 
30.  Juli  1290,  also  wenig  mehr  als  eiuen  Monat  nach  dem  Tode  des 
Herzogs.     Reg.  Nr.  2150. 

7)  S.  119,  Abs.  2  (am  Ende).  Vom  22.  Juli  1290,  Korn.  Bresl. 
Urkdbuch,  S.  54. 

8)  S.  119,  Abs.  3  (am  Ende).  Urkunden  vom  25.  und  26.  Sept. 
1290    bei   Griinhagen  und  Markgraf,  Lehensurk.    Schlesiens  I, 


46  Anmerkimgcn.     S.  120—123. 

S.  62.  63.  Fiir  die  Anwesenheit  Bcrnhards  bei  Konig  Wenzel  im 
September  1290  versichert  Palacky,  Gesch.  Bohmens  II,  1.  S.  361, 
Amn.  428  urkundl.  Zeiignisse  gesehen  za  haben. 

«)  S.  120,  Z.  2.  Die  unter  Regeste  2148  augefiihrte  allerdings 
undatierte  Urkunde  eines  Formelbuches  lafst  sich  kaum  auf  eine  an- 
dere  Zeit  beziehen. 

10)  S.  120,  Abs.  2.  Urkuude  vom  17.  Januar  in  Griiiihagett 
und  Markgraf,  schles.  Lehensurk.  II,  S.  300. 

11)  S.  120,  [Abs.  3.  Konigssaaler  Gesch.  -  Quellen  ed.  Lo- 
serth  117. 

12)  S.  120,  Z.  :J  V.  u.  Die  papstliche  Erklarung  von  1302 
in  Raynaldi,  Ann.  z.  d.  J.  §  22  und  in  Palackys  italien.  Reise, 
p.  51")  spi'icht  das  oiFen  genug  aus. 

13)  S.  121,  Abs.  3.  Uber  Heinvich  von  Liegnitz  Chron.  princ. 
Pol.  115. 

14)  S.  121,  Abs.  4.  Urk.  vom  23.  Jaunar  1291,  Korn,  Bresl. 
Urkdbuch,  S.  57. 

15)  S.  122,  Z.  2.     Luchs  schles.  Fiirstcnbilder,  B.  28. 

16)  S,  122,  Abs.  2.  Aus  der  Chronik  des  Klarenklosters  zu 
Weifsenfels  ed.  Opel  bei  Luchs  a.  a.  0.,  S.  7,  Anm.  35  und  friiher 
von  Lindner  mitgeteilt,  schles.  Zeitschr.  IX,  155. 

17)  S.  122,  Abs.  3  (am  Eiule).  Urk.  vom  23.  August  1289. 
Schles.  Lehensurkunden  ed.  Griinhagen  und  Markgraf  I,  S.  487. 

18)  8.  123.  Die  Liiuderabtretungen  Heiurichs  V.  Ich 
bin  in  der  Darstellung  dieser  Abtretungen  mehr  der  noch  wiederholt 
anzufiihrenden  grofsen  Urkunde  vom  6.  Mai  1294  (schles.  Lehensurk. 
edd.  Griinhagen  u.  Markgraf  II,  3-  4)  und  iiberhaupt  den  sonst 
noch  etwa  vorhandeuen  urkundlichen  Zeuguissen  gefolgt  als  der  ein- 
zigen  Chronik,  welche  die  Ereignisse  dieser  Zeit  uns  erzahlt,  der  Chro- 
nica principum  Poloniae  (Steuzel,  Ss.  rer.  Siles.  I,  115ff.).  Im 
"Widerspruche  mit  dieser  Chronik  (p.  119)  scheidet  jene  Urkunde  von 
1294  die  friiheren  Abtretungen  von  denen,  zu  welchen  Heinrich  erst 
diu-ch  seine  Haft  eben  im  Jahre  1294  sich  gedrangt  sieht,  und  wenu 
liber  den  Umfang  dieser  friiheren  Abtretungen  der  Wortlaut  der  Ur- 
kunde von  1294  vielleicht  noch  Zweifel  lassen  konnte,  insofern  diese 
letztere  iiber  die  Chronologic  der  friiheren  Abtretungen  uichts  enthalt» 
so  vermogen  wir  dagegen  aus  anderweitigen  urkundlichen  Zeugnissen 
festzustellen ,  dafs  Heinrich  von  Glogau  iiber  Steinau  bereits  unter 
dem  29.  Sep.  1291,  iiber  einen  Ort  im  Bunzlauer  Gebiete  unter  dem 
20.  April  1292,  iiber  Festenberg  im  Gebiete  von  Polnisch-Wartenberg 
unter    dem    1.  August   1293   urkundet    (vgl.    schlesische  Regesten  zu 


Anmerkungen.     S.  123.  47 

diesen  Dateu),  wahrend  daneben  Saudewalde  (also  das  Guhrauische 
Gebiet)  ja  bei  der  Geschichte  der  Gefangenuehraung  Heinrichs  V. 
selbst  genannt  wird.  Auch  riuden  wir  schon  unter  dem  12.  Nov. 
1292  eineu  Kastellan  von  Haynau  als  Zeugen  bei  Heinrich  von 
Glogau  erwjihnt.  Und  wahrend  wir  aiis  der  Zeit  von  1291  bis  Ende 
des  Jahres  1293  nicht  eine  einzige  Urkuude  anfzuweisen  vermogen, 
die  eine  Regierungshaudlung  Heinrichs  V.  in  einem  der  Gebiete  be- 
knndete,  welche  wir  im  Texte  als  etwa  urn  1291  an  seinen  Vetter 
abgetreteu  bezeichneten,  sind  uns  Urkunden  Heinrichs  V.  die  Gebiete 
von  Kreuzburg  und  01s  betreiFend  aus  dieser  Zeit  noch  erhalten  (so 
29.  Sept.  1292,  22.  Dec.  1292  und  3.  Marz  1293,  an  welchem  letz- 
teren  Orte  ein  claviger  von  01s  bei  diesem  Herzog  als  Zeuge  er- 
scheint).  Unverdiichtige  Urkunden  geben  also  gegeniiber  der  Dar- 
stelluug  der  Chron.  princ.  Pol.  I,  119,  welche  Haynau  und  Bunzlau 
mit  Kreuzburg  und  Namslau  in  einen  Topf  Avirft,  uuserer  Auffassung, 
welche  die  ira  Text  genannten  Gebiete  als  vor  Heinrichs  Gefangen- 
nehmung  abgetreten  bezeichuet,  entschieden  Recht. 

AUerdings  scheint  hiermit  die  im  Texte  gegebene  Chronologie 
noch  nicht  ganz  erwieseu,  und  es  bleibt  die  Moglichkeit,  dafs  auch 
die  vor  Heinrichs  I.  Gefaugeuschaft  (Ende  1293)  gemachten  Ab- 
tretungen  nicht  auf  einmal  gemacht  worden  sind,  sondern  successive 
gleichsam  in  verschiedeneu  Absiltzen,  etwa  1291  ein  Stiick,  1292  ein 
zweites,  1293  ein  drittes.  Indessen,  streug  gonommen,  wird  das  in 
keiner  unserer  Quellen  angegeben,  weder  in  der  Chron.  princ.  Pol., 
welche,  Avie  schon  erwahnt,  ja  iiberhaupt  nur  von  Abtretungeu  nacb 
dor  Glogauer  Haft  Heinrichs  V.  etwas  wcifs,  noch  in  der  Urkunde 
von  1294,  welche  doch  eben  nur  zwisehen  einer  fi-iiheren  Abtretung 
und  der  spateren  iufolge  der  Haft  untcrscheidet.  Ja  eine  Stelle  dieser 
letzteren  Urkuude  macht  einen  solchon  Zustand  der  Hilflosigkeit,  in 
welcher  sich  Heinrich  V.  ein  Stiick  Land  nach  dem  andern  successiv 
habe  abdriingen  lassen,  sehr  unwahrscheinlich.  In  dieser  ihm  durch 
seine  Haft  abgezwungenen  Vertragsurkunde  verpflichtet  sich  namlich 
Heinrich  V.  auch  zu  Folgendeni:  Alle  di  hantvesten,  die  uns  un.se 
vetter  hcrczoge  Heinrich  von  Glogow  gegeben  hat,  vanne  sie  uns  sin 
wurden  von  betwungen  dingen,  die  sulle  Avir  im  alle  Avidergeben  — 
di  sidlen  alle  tot  sin  unde  keine  kraft  haben  etc.  Hierunter  diirfton 
eben  Urkunden  zu  verstehen  sein,  durch  welche  sich  Heinrich  von 
Glogau  mit  jenen  ihm  gemachten  Abtretungeu  fiir  alle  Zeit  abge- 
funden  zu  sein  bekennt.  In  der  That  hiitte  ja  auch  Heinrich  von 
Glogau  kaum  notig  gehabt,  zu  so  schmahlicher  Hinterlist  zu  greifen, 
ware  sein  Breslauer  Vetter  bereits  so  reduziert  gewescn,  dafs  man 
ihm  jedes  Jahr  ein  neues  Stiick  Land  hiitte  abdrtingen  konnen. 

Lassen  wir  nun  aber  demnach  jene  Moglichkeit  einer  successivon 
Abtretimg  als  unwahrscheinlich  fallen,  so  ergiebt  sich  fiir  die  grofse 
Abtretung,    wie  im  Texte   angegeben ,' das   Jahr    1291    als    spatester 


48  Aumerkungcn.     !S.  123. 

Termin,  insofern,  wie  aus  den  angefuhrten  Urkunden  hervoi-giug, 
weuigsteus  Stcinau  iind  Buuzlau  damals  bereits  abgetreteu  waren. 

Uuter  dieser  Voraussetzung  wird  jedoch  nun  audi  das,  was  die 
Chron.  princip.  Polon.  115.  IIG  iibor  das  Verhaltea  Bolkos  anfiihrt, 
sebr  zweifelhaft.  Ohiiehin  zeigt  sich  unser  Chronist  sehr  mangclhaft 
unterrichtet.  So  wie  derselbe  beharrlicb  den  Glogauer  Herzog  Konrad 
nennt  anstatt  Heinricb,  so  bezeicbnet  er  nun  aucb  Bolko  von  vorn- 
herein  als  Herzog  von  Schweidnitz,  wjibrend  derselbe  doch  Schweid- 
nitz  orst  durch  die  Abtrctung  Heinricbs  V.  erbiilt  und  liifst  den  letz- 
tercn  dem  Bruder  zuniichst  abti*eten  Striegau  und  Jauer,  wahiend 
Bolko  nachweislich  Jauer  schou  lange  vor  Heinricb  IV.  Tode  besafs. 

Nicbt  besser  sieht  es  nun  niit  dem  Folgenden  aus.  Bolko,  er- 
zahlt  unser  Cbronist ,  babe  aus  Neid  iiber  die  Erwerbung  Bi-eslaus 
durch  seinen  Bruder,  mit  dem  Glogauer  Herzog  im  geheimen  sich 
verscbworen,  Heinricb  gefangeu  zu  nehmcn,  vielleiclit  sogar  ilm  zu 
toten  und  ein  gut  Stiick  seines  Landes  zu  gewiuneu.  Davon  nicbts 
abnend,  babe  Heinricb  V.  durcb  Abtretuug  von  Striegau  und  Jauer 
das  Gelobnis  des  Bruders  zum  Beistande  gegen  den  Glogauer  Vetter 
erlangt,  und  als  Bolko  nicbt  Woi't  gebalteu,  babe  Heinricb  V,  dann 
durcb  Heim-icb  von  Glogau  gedi-angt,  ibm  eiue  weitere  Abtretung 
von  Reicbenbacb,  Frankenstein  imd  Strehlen  gemacht  gegen  eine  er- 
neute  Znsage  seines  Beistandes ,  die  dann  ebeuso  wenig  wie  die  erste 
erfuUt  worden  sei. 

Wenig  stimmt  damit  das  iiberein,  was  sicb  aus  den  Urkunden 
ergiebt.  Wenn  gleicb  die  Urkunde,  welcbe  nacb  Stenzels  Meinung 
(Griindungsbucb  von  Heinricbau,  S.  99,  Anm.  191)  einen  Besitz  von 
Frankenstein  und  Reicbenbacb  seiteus  Bolkos  sebon  aus  dem  Jahre 
1290  (25.  Okt.)  nacbweisen  sollte,  ricbtiger  ins  Jabr  1298  z*i  setzen 
sein  diirfte,  insofern  das  VIII.  vor  Kalendas  Novembres  nicbt  zu  dieseiu 
letztei-en  Worte,  soudern  zur  Jabreszabl  zu  bezieben  ist,  wie  das 
aucb  Stenzel  ^^Tzscboppe  und  Stenzel  437)  selbst  angenommen 
hat,  so  zeigt  doch  anderseits  das  grofse  Privileg  Bolkos  fiir  Schweid- 
nitz vom  31.  Januar  1291,  ebenso  wie  die  Urkunde  vom  16.  Oktober 
1290  (Reg.  2164),  wie  friib  bereits  diese  wichtige  Erwerbung  Bolkos 
gemacht  worden  ist,  und  das,  was  oben  beziigUcb  der  Abtretungen 
an  Heinricb  von  Glogau  ausgefiihrt  wurde,  macht  es  durcbaus  wabr- 
scbeinbch,  dafs  kurze  Zeit  nacb  dem  Regieruugsantritte  Heinricbs  V. 
in  Breslau  dieser  die  im  Texte  erwabnten  umfassenden  Abtretungen 
an  Bolko  wie  an  den  Glogauer  Herzog  gemacht  babe,  und  soviel 
stebt  doch  fest,  dafs  vor  einer  Verraterei,  wie  die  war,  der  dann 
Heinricb  V.  zum  Opfer  fiel,  aucb  die  briiderlichste  Gesiunung  Bolkos 
jenen  nicbt  zu  schiitzen  vermocht  hatte.  lusoweit  wird  es  also  ge- 
rechtfertigt  erscheinen,  wenn  wir  Bedenken  tragen,  die  Darstellung 
jener  Geschichtsquelle  iiber  die  Handlungsweise  Bolkos  in  voUem 
Umfange  gelten  zu   lassen.     Allerdings    konnte  ja   noch  der  Vorwurf 


Aunerkuugea.     S.  123.  124.  49 

Isestehen  bleiben,  Bolko  habe  uach  der  Gefangenuehmung  des  Bruders 
sicb  so  verhalten,  dafs  er  eher  mit  dessen  Bedriinger  einverstanden  zu 
sein  habe  scbeineu  miissen,  doch  auch  einer  solchen  Voraussetzung 
widerspricht  die  oft  erwahnte  Urkunde  vom  6.  Mai  1294.  lu  dieser 
verpflicbtet  sicb  Heinricb  V.  gegen  gewisse  namentlich  aufgefubrte 
scblesiscbe  Flirsten,  die  der  Glogauer  Herzog  als  seine  Verbiindeteu 
ansiebt  wie  z.  B.  die  oberscblesiscben  Herzoge,  bianeu  fiinf  Jahren 
nicbts  Feindseliges  zu  uuternebmeu.  Unter  diesen  findet  sicb  Bolko 
nicbt,  ganz  im  Gegenteile  stebt  derselbe  unter  den  Freunden  Hein- 
Ticbs  v.,  d.  b.  unter  den  Flirsten,  gegen  welcbe  dieser  seinem  Tetter 
von  Glogau  Hilfe  zu  leisten  nicbt  verbunden  sein  soil,  binter  dem 
K.onige  von  Bobmeu  und  neben  den  Markgrafen  von  Brandenburg, 
den  Scbwagern  Bolkos.  Man  wird  einriiumen,  dafs  das  nicbt  danacb 
aussiebt,  als  babe  Heinricb  V.  irgendwie  angenommen,  sein  Bruder 
stecke  mit  seinem  Bedranger,  dem  Glogauer  Herzoge ,  unter  einer 
Decke. 

Auf  der  andern  Seite  ist  ja  aucb  im  Texte  nicbt  verscbwiegen 
worden,  in  wie  riicksicbtsloser  Weise  Bolko,  kurz  nacbdem  Heinricb  V. 
z\xr  Herrscbaft  in  Breslau  gelangt  war,  im  Bunde  mit  dem  Glogauer 
Herzog  seinen  Bruder  zu  grofsen  Landesabtretungen  gedrangt  bat. 
Dafs  dieses  Verbalten  im  Vereine  mit  den  nocb  zu  erwabnenden  Er- 
eignissen  kurz  vor  Heini'icbs  V.  Tode  bei  den  Liegnitzer  Fiix-sten 
eine  gewisse  Bitterkeit  gegen  Bolko  bervorgerufen  bat,  ist  sebr  er- 
klarlicb,  und  die  Tradition  dieser  Gesinnung  konnte  dann  unseren 
Cbronisten,  der  ja  offenbar  dem  Lieguitz  -  Brieger  Piasteubause  nabe 
.gestanden  bat,  leicbt  dazu  bewegen,  die  Ereiguisse  aus  Herzog  Bolkos 
IZeit  mit  einer  gewissen  iibertreibenden  Uuguust  darzustellen. 

19)  S.  123,  Abs.  3.     Zemplin,  Fiirstenstein,  S.  8ff. 

20)  S.  124,  Z.-  2.     Ann.  Grissow.  M.  Germ.  XIX,  541. 

21)  S.  124,  Abs.  3.  Der  Verzicbt  des  Glogauer  Herzogs  wird 
-erwabnt  in  der  Urk.  von  1294,  vgl.  Anm.  18. 

22)  S.  124,  Abs.  3.  Die  Cbron.  princ.  Pol.  116.  117  irrt,  weuu 
sie  Pakoslaw  als  einen  Hofbeamten  aus  der  Zeit,  wo  Heinricb  V. 
nocb  nicbt  das  Herzogtum  Breslau  erlangt  batte,  also  als  zum  Lieg- 
nitzer Hofadel  geborig  bezeicbnet.  Die  scbon  von  Stenzel  in  Anm.  3 
zu  obiger  Stelle  angef.  urkundl.  Zeugnisse  lassen  sicb  jetzt  aus  deu 
:scbles.  Regesten  leicbt  nocb  vermebren. 

23)  S.  124,  Abs.  3.  1292  21.  April  finden  wir  Pakoslaw  das 
letzte  Mai  als  Zeuge  genannt,  1293  11.  Juli  wird  er  als'  verstorben 
erwabnt. 

24)  S.  124,  Abs.  4.  Ludko,  Grabissius,  Pakoslaw,  Jol.ann  und 
Bernbard.  Anf.  bei  Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  I,  116,  Note  3.  Von 
•diesen   verkaufen   Ludko    und    Pakoslaw   ibr   AUod  Baumgaiten  bei 

Grunhagen ,  Gescb.  Schlesiens.    I.  4 


50  Anmerkimgen.     S.  125. 

Strehlen  iiuter  dem  11,  Juli  1293  an  Heiurich  vou  Miihlheim  (vgL 
Reg.,  Nr.  2259).  Steuzel  a.  a.  0.  iiimmt  an,  dafs  die  Familie- 
Packisch  von  ihneu  abstamme. 

25)  S.  125,  Z.  4.     Chr.  prine.  Pol.  117.  118. 

26)  S.  125,  Z.  15.  In  der  Urk.  Psrilep,  was  docli  kaum  denk- 
bar  ist.  Przilep  ist  wahr.scbeinlich  von  dem  gleichnamigen  Dorfe  in 
Mabren  (Kreis  Hradisch)  entlebnt.  —  Die  Namen  der  Verschworenen. 
nennt  die  vielerwjibnte  Urk.  v.  6.  Mai  1294.    Scbles.  Lebensurk.  II,  3. 

27)  S.  125,  A\)S.  3,  Das  Datum  haben  die  Ann.  AVratislav. 
majores  und  die  Ann.  Grissow.  maj.  bei  Pertz,  Mon.  Germ.  XIX,. 
532  u.  541 ,  die  ersteren  allerdings  mit  dem  unricbtigen  Jahre  1292, 
dieselben  sagen  aucb  ausdriicklicb :  in  balnea  stuba.  Yon  einem  Bade  in 
der  Oder  selbst,  an  welcbes  scbon  im  Hinblick  auf  die  Jabi-eszeit 
kaum  zu  deuken  ware,  spriebt  eigentlicb  keine  Quelle.  Es  verdient 
dies  gegeniiber  der  traditiouellen  Angabe,  welcbe  aucb  bei  Stenzel,. 
Scbles.  Gescb.,  S.  Ill,  auftritt,  erwiibnt  zu  werden. 

28)  S.  125,  Abs.  4.  "Walther  de  Pomerio.  Icb  mufs  niich 
bier  recbtfertigen,  dafs  icb  eine  Quellennotiz,  die  zu  der  Gescbicbte 
der  Gefangenscbaft  Heinricbs  V.  geboii: ,  ganz  iibergangen  babe.  In 
einem  Quaternus  des  Breslauer  Stadtarcbivs  (Scbeinicb  11),  der 
wie  eine  Art  von  Kladde  sebr  verscbiedeuartige  Stiicke  aus  dem  An- 
fange  des  14.  Jabrbunderts  zusammenfafst ,  findet  sich  ein  Siinden- 
register  eines  Breslauer  Patriziers,  naniens  Waltber  de  Pomerio  (Hec 
sunt  excessus  Walteri  de  Pomerio  contra  civitatem) ,  in  welchem  nun 
aucb  angegeben  Avird,  dieser  Waltber  sei  seiner  Zeit  in  Glogau  der 
Wacbter  und  Qualer  des  Herzogs  Heinricbs  V.  gewesen.  Diese 
Worte  im  buchstiiblicben  Sinne  aufzunebmen  und  als  Faktum  wieder- 
zugeben,  babe  icb  micb  nicbt  eutscbliefsen  konnen.  Fiir  Ludko  und 
einige  sonst  genannte  Persoulicbkeiten,  deneu  Herzog  Heinrich,  wie 
es  beifst,  wegen  seiner  Haft  vielleicbt  zUruen  konnte,  wird  in  der 
Urkunde  vom  6.  Mai  1294,  wie  wir  nocb  seben  werden,  Amnestie 
ausgewirkt  und  aucb  da  nocb  mit  einem  Zusatze,  dafs  es  denselben 
gestattet  sein  solle ,  ibre  G  liter  zu  verkaufen  und  auszuwandern,. 
so  dafs  man  siebt,  dafs  das  letztere  eigentlicb  vorausgesetzt  wird. 
Fur  jenen  AYaltber  ist  Derartiges ,  soviel  wir  wissen ,  nicbt  aus- 
bedungen,  und  dafs  ein  Mann ,  der  wirklicb  erwiesenermafsen  der 
Kerkermeister  und  Peiniger  des  Breslauer  Herzogs  gewesen,  dann 
batte  ganz  ungestort  in  Breslau  leben,  ja  dort  eine  RoUe  spielen 
konnen,  nocb  dazu  unter  der  Eegierung  des  Sobnes  Heinricbs  V., 
Boleslaws,  der,  wie  wir  nocb  seben  werden,  sebr  ernstlicb  die  dem 
Vater  widerfabrene  Unbill  im  Gedjicbtnis  bebalten  batte ;  das  scheint 
mir  unwahrscbeinlicb  im  bciebsten  Mafse.  Yermutlicb  hat  selbst 
der  Schreiber  jener  Anscbuldiguugen,  den  wir  offenbar  im  Kreise  der 
Breslauer  Ratskanzlei  zu   sucbcn  babeu,  wie   denn  im  Yerlaufe  des. 


Anmei'kungen.     S.  120.  127.  51 

Sundenregisters  vou  einem  heftigen  Auftreten  AYalthers  gegen  den 
Breslauer  Stadtschreiber  Peter  ausdriicklich  gesproehen  wird,  diesen 
Passus  auch  gar  nicht  in  jener  buchstablichen  Form  verstanden  wissen 
woUen.  Auf  der  andern  Seite  erscheint  es  bei  dem  soustigen  SchAvei- 
gen  aller  Quellen  liber  die  Sache  bedenklich,  hier  mit  Konjekturen 
vorzugehen.  ^Yalther  de  Pomerio  war,  soviel  wir  aus  andereu  noch 
anzufiihrenden  Notizen  wissen,  zngleich  ein  Geldmann,  ein  reicher 
Kanfmann,  und  es  wiire  ja  moglich,  dafs  er  wiihrend  der  Gefangen- 
schaft  Heinrichs  V.  nach  Glogau  berufen  in  Sachen  des  Losegeldes 
dann  sich  dort  nach  der  Meinung  vieler  unpatriotiscb  gezeigt  und 
durch  diesen  seinen  Mangel  an  Patriotismus  die  Qualen  des  gefange- 
nen  Herzogs  verlangert  babe.  —  Das  ist  mSglich,  aber  eine  Geschicbts- 
darstellung,  die  nach  bestem  Wissen  das  glaubwurdig  Uberlieferte 
zusammenzustellen  unternimmt,  hat  meines  Erachtens  kein  Recht,  solche 
Konjektiu'en  in  ihren  Text  aufzunehmen. 

29)  S.  126,  Z.  2.  Boleslawice,  welches  Heinrich  V.  fur  die 
Mitgift  seiner  Gemahlin,  einer  Tochter  Boleslaws  von  Kalisch,  in  Pfand- 
besitz  hatte. 

30)  S.  126,  Alt)s.  2  (am  Eude).  Urk.  vom  6.  Mai  1294.  Mit 
ungleich  besserem  Texte  als  friiher  bei  Sommersberg  abgedruckt 
bei  Grilnhagen  und  Markgraf,  Schles.  Lehens-  und  Besitzurk. 
II,  S.  3ff.  In  der  Urkunde  steht  nichts  von  einer  Geldzahlung  von 
30000  M.,  welche  die  Chr.  princ.  Pol.  anfiihrt  (S.  119).  Moglicher- 
weise  hatte  diese  Summe  schon  vorher  gezahlt  werden  miissen. 

31)  S.  126,  Abs.  3.  Chron.  princ.  Pol.  121.  Aus  der  Griin- 
dungsi;rkunde  von  Griissau,  7.  Sept.  1292,  ersieht  man,  dafs  Bolko 
in  den  Dorfern  und  um  den  Zobten  bereits  gebot;  da  erscheint  dann 
die  Forderung  des  Zobtenschlosses  sehr  naheUegend. 

32)  S.  126,  Z.  4  V.  n.  Die  Ann.  Polonor.  Mon.  Germ.  XIX, 
653  berichten  von  einem  verwiistenden  Eiufalle  Wladyslaws  im  Jahre 
1297.  Dafs  Bolko  diese  Gelegenheit  zur  Erueuerung  des  Kampfes 
mit  dem  Glogauer  Herzoge  benutzt  babe,  ist  nur  eine  Vermutung, 
die  aber  wohl  viel  AVahrscheinlichkeit  fiir  sich  hat. 

33)  S.  127,  Abs.  2.     Chron.  princ.  Pol.  121. 

34)  S.  127.  UberBolkoI.  vgl.  die  Zusammenstellung  in  Luchs 
schles.  Fiirstenbildern ,  Bogen  28,  5.  —  Uber  sein  Verhalteu  den 
Stadten  gegeniiber  vgl.  die  Urk.  vom  16.  Okt.  1290  u.  7.  Febr.  1293 
bei  Schmidt,  Gesch.  von  Schweidnitz  und  Tzschoppe  und  Sten- 
zel  420. 

35)  S.  127.  Den  Einzug  durch  die  niedergerissene  Stadtmauer 
berichtet  die  Chron.  princ.  PoL  121. 

4* 


52  Aumerkongeu.     S.  127 — 29. 

36)  S.  127  uuten.     Jahrbiicher  vou   Griissau  Mou.   Germ.  XIX, 
p.  542. 


Sechster  Abschnitt. 

1)  S.  128,  Abs.  2  (am  Ende,.  Im  Jahre  1307  findeu  wir  zum 
letztenmale  Hermann  vou  Brandenburg  als  Vormund  erwahnt,  Riedel 
c.  d.  Brandenburg.  II.  1,  269. 

2)  S.  128,  Z.  9  T.  u.  In  dem  scbon  erwabnten  Quaterniis  des 
Breslauer  Stadtarcbivs  (Scbeinich  11)  wii-d  dies  uuter  den  excessus 
Walteri  de  Pomerio  augeftihrt.  Es  mufs  diese  Debatte  zwischen  dem 
9.  November  1301,  dem  Todestage  Wenzels,  und  dem  Ascbermittwoch 
1302,  wo  Nikolaus  Hellenbrecbt  seiu  Eatsberrnamt  niederlegte,  statt- 
gefundeu  baben. 

3)  S.  129,  Z.  3.     Cod.  dipl.  SUes.  UI,  p.  1  u.  45. 

4)  S.  129,  Abs.  3.  Dafs  Bischof  Heinricb  wirklicb  von  der 
alten  Familie  AVurben  abstammte,  was  Stenzel  bezweifelte  (Jabres- 
beriebt  der  vaterl.  Gesellscb.  1841,  S.  137),  darf  wobl  jetzt  fiir  er- 
wieseu  gelten  (vgl.  Grotefend  in  der  schles.  Zeitscbr.  XII,  283). 
Dafs  die  Familie  als  germanisiert  anzuseben  war,  scbliefse  icb  aus 
den  in  ibr  vorkommenden  Vornameu  Heinricb,  Gebbard  etc.,  ferner 
daraus,  dafs  ibi'e  Besitzimgen,  das  Stammgut  Wiirben  wie  Weizenrode, 
in  einer  scbon  sebr  friib  germanisierteu  Gegend,  der  von  Scbweidnitz, 
lagen  und  in  gewisser  Weise  eudlicb  aucb  daraus,  dafs  bereits  1243 
einer  dieses  Stammes  sein  Besitztum  zu  deutscbem  Recbte  aussetzt. 
Dafs  Biscbof  Heinricb  ein  Deutscber  war,  zeigt  iibrigens  sein  ganzes 
Verbalten,  wie  das  im  Texte  darzustellen  sein  wird,  deutlicb  genug. 

Nebenbei  sei  nocb  bemerkt,  dafs,  wie  Stenzel  a.  a.  0.  hervor- 
bebt,  die  Familie  vou  "Wiirben,  soweit  wir  dies  urkundlicb  erweisen 
konneu,  die  erste  war,  welcbe  sicb  mit  dem  spater  beibebaltenen  Fa- 
miliennamen  resp.  dem  Namen  eines  Besitztums  (von  Wiirben)  zu 
nenueu  pflegte. 

5)  S.  129,  Abs.  3.  Als  Termiu  der  Wabl  bezeicbnen  die  Vitae 
ep.  Wrat.  von  Dlugosz  (ed.  Lip.,  p.  21)  den  2.  Febr.  1302  und  eiu 
in  dem  grofsen  Diplomatar  des  Prager  Grofspriorats  (Handscbrift  des 
Wiener  Deutscbordeusarcbivs)  entbaltfener  Biscbofskatalog  den  24.  Ja- 
nuar  1302.  Obwobl  die  letztere  Quelle  von  einfer  Hand  des  17.  Jahr- 
buuderts  gescbrieben  erscbeint,  so  kanu  sie  docb  nebeu  Dlugosz, 
dessen  Angaben  gerade  iiber  die  Wabl-  und  Sterbetage  der  Biscbofe 
mit  sebr  verdientem  Mifstrauen  augesebeu  werden,  genannt  werden. 


Anmerkungeu.     S.  130.  131.  53 

6)  S.  130,  Z.  1.  Schou  Wattenbach  ist  in  der  Einleitung 
(p.  vi)  zu  dem  von  ihm  edieiten  Formelbuche  Arnolds  von  Protzan 
(c.  d.  Siles.  V)  dieser  auf  Chron.  princ.  Pol.  115  gestutzten  Tradition 
entgegengetreten.     Die   angef.  Chronik   sagt  beziiglich  dieser  angeb- 

lichen  Verschwendung :   Thesaurum succesive  cepit  expendere. 

Aber  er  hat  sich  mit  seiner  Vergeudung  doch  unmoglich  sehr  Zeit 
nehmen  konnen,  wenn  er  nm-  ein  Jahr  die  Vormundschaft  gefiihrt 
hat,  wie  das  im  Texte  noch  naher  darzustellen  sein  wird.  Auch  fallt 
gegen  jene  Tradition  doch  allzu  stark  ins  Gewicht  die  Thatsache, 
dafs  die  Breslauer  sich  nachmals  fiir  ihn  verwenden,  und  dafs  er  auch, 
wie  wir  sehen  werden,  spater,  nachdem  Boleslaw  bereits  die  Regie- 
rung  angetreten,  zum  Vormunde  der  beiden  anderen  Briider  ernannt 
wird.  —  tjber  die  in  Z.  11  erw.  100  Mk.  vgl.  C.  d.  Sil.  Ill,  11. 

7)  S.  130,  Abs.  2.  Dafs  der  Ubergang  der  Vormundschaft 
von  Bischof  Heinrich  auf  Konig  Wenzel  im  besten  Einvernehmen  mit 
dem  ersteren  vor  sich  gegangen,  verbiirgt  schon  die  Thatsache,  dafs 
dann  Bischof  Heinrich  am  26.  Mai  1203  die  Konigin  EUsabeth  von 
Bohmen  zu  Prag  kront  ^Pulkawa  bei  Dobner,  Mon.  Bohem.  Ill, 
258).  Auch  verdient  hervorgehoben  zu  werden ,  dafs  die  Breslauer 
Kechnungsbiicher  in  den  Jahren  1302  und  1303  von  Gesandschaften 
nach  Prag,  wie  sie  spater  mehrfach  angefiihrt  werden,  nichts  wissen, 
so  dafs  eine  Initiative  zu  dem  Wechsel  der  Vormundschaft  seitens 
der  Breslauer  Vasallen  (dafs  die  Breslauer  Patrizier  damals  bereits 
viele  Landguter  im  breslauischen  Fiirstentume  besafsen,  ist  urkundhch 
nachzuweisen) ,  wie  sie  die  Chron.  princ.  Pol.  1.  c. ,  p.  125  darstellt, 
schon  aus  diesem  Grunde  rech^  zweifelhaft  wird.  —  In  der  gleich 
naher  anzufiihrenden  Cessionsui'k.  vom  8.  Januar  1303  nennt  Boles- 
law  Konig  AVenzel  bereits  seinen  Schwiegervater.  —  Uber  F.  von 
Schaffow  vgl.  die  Zusammenstellung  bei  Caro,  Gesch.  Polens  I,  6, 
Anm.  3,  und  die  Bresl.  Rechuungsbiicher  ed.  Griinhagen  a.  a.  0., 
p.  13  und  15.  —  Betr.  das  Femgericht,  ebds.  152.  153,  lafst  die  zwei- 
malige  Erwahnung  Fritskos  kaum  einen  Zweifel  dariiber,  dafs  das 
Statutenfragment  in  die  Zeit  der  Vormundschaft  Wenzels  gehort,  imd 
dafs  eben  Wenzel  und  nicht  Konig  Johann  dor  rex  ist,  von  dem 
S.  157  gesprochen  wird. 

8)  S.  130,  Z.  2  Y.  u.  Griinhagen  und  Markgraf,  Schles. 
Lehensurk.  II,  S.  9. 

9)  S.  131,  Z.  8.     Ebds.  I,  G4. 

10)  S.  131,  Abs.  3.  Liber  actorum  etc.  civ.  Cracov.  ed.  Pie- 
ko  sin  ski,  Krakau  1877.  —  Ein  Gedicht  auf  den  Vogt  Albert  aus 
einer  Breslauer  Handschrift  neu  herausgegeben  von  Peiper  in  den 
deutschen  Forsehungen,  Bd.  XVII,  372  lafst  diesen  von   sich  sagen: 

Me  petebat  rex,  dux,  baro, 
!Xunquam  sine  me  vel  raro 


6^  Aninerkungeu.     S.  132. 

Quicquam  agi  poterat. 

Inter  magnos  ego  primus 

Baroues  fui  sublimus. 

Me  dux  omuis  noverat. 

Zupparius  fui  salis, 

lu  bouis  uullus  equalis 

Castris,  villis,  oppidis.  — 
Vgl.  auch  R  op  ells  Aumerkuugeu  zu  deu  Auu.  cap.  Crac,  Moii.  Germ 
XIX,  607.     Zu  S.  131,   Z.   6  v.   u.     Gives  rabie   furoris  Germauici 
perusti  sagen  die  Auu.  cap.  Crac.  a.  a.  0. 

11)  S.  132,  Z.  4.     In  dem  erw.  Gedichte  auf  Albert  heifst  es: 

Volens  miles  esse  Swevi 

Terram  sibi  ofFereus. 
Mit  dem  Swevus  kann  kaum  jemand  auders  gemeiut  sein  als  der  Luxem- 
burger  Johann.  Das  Zerwiirfnis  zwiscben  Boleslaw  von  Oppelu  uud 
Albert,  das  der  Annalist  bei  Sommersberg  11,95  uud  der  diesem  fol- 
gende  Dlugosz  I,  col.  051  uuberiibrt  lasseu,  findet  sich  aucb  uocb 
in  den  Ann.  cap.  Crac.  GOT  uud  in  den  Ann.  Polon.  M.  G.  XIX,  G55 
insoweit  hervorgehoben ,  als  diesc  Quellen  ebenso  wie  das  erw.  Lied 
deu  Herzog  den  Vogt  gefangen  uehmen  uud  gefangen  mit  fortfiibreu 
lassen.  Dafs  Albert  mit  dem  Bobmenkonig  in  Verbindung  gestaudeu, 
dafiir  spricbt  auch,  dafs  er  nacb  seiner  Freilassvmg  nach  Bobmeu 
geht,  was  aufser  dem  Gedichte  auch  Dlugosz  a.  a.  0.  berichtet. 
Auch  die  Auu.  des  hcil.  Kreuzes  Mon.  Pol.  Ill,  77  erwahuen  diese 
Vorfalle  doch  falschlich  im  Anschlusse  au  Begebeuheiten  des  Jahres 
1305. 

12)  S.  132,  Z.  6.  Diese  Zeitaugabe  der  Ann.  Polon.  Ill,  1.  c. 
G55  wird  bestatigt  durch  die  Acta  Cracov.  ed.  Piekosinski  25. 

13)  S.  132,  Z.  11.  Wladisl.  vero  predictus  infedilitatem  eorum 
perpendens  plures  ex  eis  equis  tractos  mandavit  in  furcis  suspeudi. 
Ann.  des  heil.  Kreuzes  Mon.  Pol.  Ill,  77.  Noch  charakteristischer 
vom  natioualen  Standpuukte  aus  ist  die  Anfiihrung  der  Krasiiuski- 
schen  Annalen  ib.  133.  —  qui  nesciebant  dicere  soczovycza,  kolo, 
myelye,  mlyn  decoUati  sunt  omnes. 

14)  S.  132,  Z.  14.  Acta  Cracov.  28:  Hie  incipiuut  acta  civ. 
Cracovie  et  resiguacioues  compilate  iu  latiuo. 

15)  S.  132,  Abs.  2.  FUr  so  ganz  vollgviltig  scheinen  diese  Pri- 
vilegien  nicht  augesehen  worden  zu  sein ;  iiber  das  noch  spater  naher 
anzufiihreude  Privileg  Boleslaws  wegen  des  Gewerbebetriebs  in  der 
Neustadt  geht  Heim-ich  VI.  1311  ohne  weiteres  hinweg,  iusofem  es 
tempore  adolescencie  fi-atris  nostri  erlassen  worden  sei  ^Koru,  Bresl. 
Urkdb.  86),  uud  die  Aufstiiudischen  von  1333  urteileu  von  diesem 
Privileg,  die  Breslauer  hjitteu  dasselbe  vou  einem  Hauptmaune  des 
Konjgs  von  Bohmen  gekauft  (Griiuhagen,  Breslau  unter  den 
Piasten  117). 


Amnerkungeu.     S.  132—135.  55 

16)  S.  132,  Abs.  2.  Uber  des  Bischofs  zweitc  Vormundschaft 
vgl.  c.  d.  Siles.  Ill,  21. 

17)  S.  132,  Z.  7  V.  u.  Vgl.  Biermanu,  Gesch.  der  Herzogt. 
Troppau  und  Jagerudorf,  S.  44—47  und  140  —  143.  Die  Urk.  vou 
1318  in  den  schles.  Leliensurk.  edd.  Griinhagen  u.  Markgraf  II, 
Tou  S.  459  an. 

18)  S.  133,  Z.  6.     Cod.  dipl.  Siles.  Ill,  18. 

19)  S.  133.  Die  Teiluugsurk.  von  1312,  schles.  Lehensurkundeu 
I,  120. 

20)  S.  133,  Al)s.  3.  Riedel,  Cod.  dipl.  Brandbg.  II.  1,  428, 
in  den  schles.  Leheusurk.  I,  125. 

21)  S.  133,  Z.  8  V.  u.     Chron.  princ.  Pol.  126. 

22)  S.  134,  Z.  1.     Lehensurk.  I,  120. 

23)  S.  134,  Z.  (J.     2.  Febr.  1317,  Lehensurk.  II,  9. 

24)  S.  134,  Al)s.  1.  Wir  diirfeu  hervorheben,  dafs  in  den  gleich 
•anzufiihrenden  Urkunden  nirgends  Konrads  Bruder  Boleslaw  erwabnt 
-wird.  —  Heinrichs  VI.  Teilnahme  au  dem  Buude  gegen  Kourad 
wird  durch  die  Urkunde  des  Formelbuches  Arnolds  von  Protzau 
(C.  d.  Siles.  V,  p.  209)  bezeugt  und  ebenda  auch  das  Eiugreifeu  der 
Polen.  —  Uber  das  Eosenberger  Gebiet  vgl.  die  Urk.  vom  2.  Nov.  1321 
Lehensiu-k.  II,  S.  302.  —  Uber  Konrads  Heirat  vgl.  die  Urkunden 
bei  Theiner,  Mon.  Pol.  I,  409  und  die  bereits  erwiihnte  im  Forrael- 
buche  209,  in  weiterer  Folge  auch  die  Urkunde  vom  10.  Januar  1322, 
Lehensurk.  II,  10.  —  Uber  die  Verwiistungen  in  Trebnitz  siehe  die 
Urkunden  in  dem  erw.  Formelbuche  S.  226 — 228  u.  240,  au  welchem 
letzteren  Orte  Wattenbach  auch  in  Anm.  1  die  Entschuldiguugsurk. 
Herzog  Boleslaws  fUr  das  Kloster  Trebnitz  vom  14.  Okt.  1322  mit- 
teilt.  —  Der  Vertrag  von  1323  in  den  schles.  Lehensurk.  II,  12. 

25)  S.  134,  Z.  5  V.  II.  Gegen  die  Hohe  der  in  der  Chron.  princ. 
Pol.  126  angegebenen  Sumnien,  fiir  welche  wir  beziiglich  Breslaus  in 
den  stiidtischen  Rechnungsbiichern  keine  Belegc  fiuden,  babe  ich 
bereits  friiher  Bedenkeu  erhoben.    Anm.  3  zu  Cod.  dipl.  Siles.  Ill,  34. 

26)  ijber  Wladyslaw  vgl.  die  eingehenden  Ermittelungen  G  r  o  t  e - 
fends,  Zur  Geuealogie  der  Bresl.  Piasten.  Abhandlg.  der  schles. 
Gesellsch.  fiir  vaterl.  Kultur  1872/73,  S.  100—104.  Das  Chron.  princ. 
Pol.  127  berichtet:  Propter  quod  jusjuraudum  fecit  Boleslaus  fratri 
tribus  vicibus,  ejus  iuculpacionis  necessitate  coactus. 

27)  S.  135  (3Iitte).  Uber  die  Wallonendorfer  vgl.  Griinhagen, 
Les  colonies  Wallounes  en  Silesie  et  particulierement  a  Breslau. 
Alemoires  de  I'academie  royale  Beige  1867. 


56  Anmerkungen.     S.  136—141. 

28)  S.  136,  Abs.  4.  Vgl.  die  Urk.  vom  22.  Sept.  1319  und; 
8.  Mai  1325  bei  Kohler,  Cod.  dipl.  Lusat.  I,  194  u.  dazu  Konig* 
saaler  Gesch.-Qu.  a.  a.  0.  467. 

29)  S.  136,  Abs.  5.  Konigsaaler  Gesch.-Qu.  ed.  Losertb  418 
uud  dazu  Watteubachs  Aufsatz:  Scbles.  Eitter  iu  der  Schlacbt  bei 
Muhldorf  mit  der  daselbst  abgedruckten  Urkuude ,  scbles.  Zeitschrift 
III,  199. 

30)  S.  137,  Z.  1.  Konigsaaler  Gesch.-Qu.  414.  —  Z.  4  obea 
S.  134. 

31)  S.  137,  Abs.  2.  Kriegszug  uach  dem  Rbeiue  1314,  Cod. 
dipl.  Siles.  Ill,  38.  Belebnung  von  Konig  Ludwig  1324,  Scbles.  Lebens- 
urkunden  I,  65. 

32)  S.  137,  Abs.  3.     Tbeiner,  Mon.  vet.  Pol.  I,  218. 

33)  S.  137,  Z.  2  T.  u.  Als  Heinrich  von  Jauer  1320,  27.  Juli, 
ein  Biindnis  mit  dem  Herzog  von  Pommern  scbliefst ,  nimmt  er  zwar 
seine  Briider  i;ud  die  Breslau  -  Brieger  Yetteru  aus  als  solcbe,  gegen 
die  er  nicbt  Hilfe  zu  leisten  braucbe,  aber  z.  B.  nicbt  die  der  Glo- 
gauer  Linie.    Riedel,  Cod.  dipl.  Braudbg.  II.  1,  457. 

34)  S.  138,  Z.  7.     Theiner  a.  a.  0.  I,  228. 

35)  S.  139,  Z.  17.  Es  ist  docb  wohl  kaum  daran  zu  zweifelu,. 
dafs  Konig  Jobann,  bevor  er  seinen  Zug  antrat,  sicb  durcb  Gesandte 
der  Geneigtbeit  der  Herzoge,  ibm  Huldigung  zu  leisten,  versicbert 
baben  wird. 

36)  S.  139,  Abs.  2  (am  Ende),  Die  samtlichen  Urkunden  finden 
sicb  aufs  neue  und  zwar  zum  erstenmale  uacb  den  Originalen  abge- 
druckt  in  den  scbles.  Lebeusurkundeu  Band  II  bei  den  verscb.  Fiirsten- 
tiimern.  Wenn  Stenzel  (scbles.  Geschicbte,  S.  119)  bier  die  Be- 
merkung  anschliefst,  obne  Zweifel  batten  damals  aucb  „die  meisten, 
iibrigen  Herzoge  in  Oberscblesien "  ibre  Lande  von  Bobmen  zu  Lebea 
genommen,  so  ist  dem  gcgeniiber  zu  konstatieren ,  dafs  es  abgesebn 
von  Herzog  Boleslaw  von  Oppelu,  dessen  Huldigung  am  5.  April 
aber  ja  Stenzel  selbst  S.  121  richtig  aufiibrt,  absolut  keine  ober- 
scblesiscben  regierenden  Herzoge  gab  aufser  den  genannten. 

37)  S.  140,  Z.  1.     Chron.  princ.  Pol.  129. 

38)  S.  140,  Abs.  2  (am  Ende).    Ebds.  129.  130. 

39)  S.  140,  Z.  5  T.  II.     C.  d.  Siles.  HI,  51. 

40)  S.  141,  Z.  9.     Sommersberg,  Ss.  rer.  Siles.  Ill,  77. 

41)  S.  141,  Abs.  3.  Bresl.  Recbnungsbucher,  S.  52.  53.  Die  in 
meinem  Buche  „  Breslau  unter  den  Piasten",  S.  59  gegebene  Dar- 
stellung    bericbtigend ,    mocbte  icb   bemerken,    dafs  bei  naberer  Er- 


Anmerkungeu.     S.  142.  143.  57" 

wagung  ich  bei  den  Worten  des  Rechnungsbuches  pro  legatione  ad 
regem  doch  lieber  an  eine  der  Eeise  des  Herzogs  nach  Prag  voraus- 
gegangene  Gesandtschaft  der  Breslauer  deuken  mochte  als  an  eine 
blofse  Begleitung  des  Herzogs  dahiu.  Fiir  das  letzte  wurde  man  ver- 
mutlich  einen  andern  Ausdruck  gewjihlt  baben.  —  Uber  des  Herzogs 
Eeise  nach  Prag  vgl.  aucb  die  Konigsaaler  Geschichts- Qu.  448.  — 
Die  Eeise  Heinrichs  nach  Prag  mochte  Konig  Johann  gefordert 
haben,  urn  den  Bohmen  die  Unterwerfung  des  schlesischen  Herzogs 
ad  oculos  demonstrieren  zu  kcinnen,  die  dann  sich  zu  einer  Geldforde- 
rung  wohl  benutzen  liefs.  Seitens  der  Schlesier  ist  das  Recht,  nur  im 
eigenen  Lande  zu  huldigea  ein  ja  auch  spater  immer  behauptetes 
Vorrecht.  —  Die  Urkunde  vom  6.  April  1327  in  den  schles.  Lehens- 
nrkunden  I,  66. 

42)  S.  142,  A\)S.  3.  Konigsaaler  Geschichts- Qu.  448  u.  Chron. 
princ.  Pol.  130. 

43)  S.  142,  Abs.  4.  Aus  dem  Orig.  abgedr.  in  den  schles. 
Lehensurk.  II,  304. 

44)  S.  142,  Z.  6  Y.'"u.  Auch  unsere  Quellen  die  Chron.  princ. 
Pol.  130  und  Konigsaaler  Geschichts-Qu.  449  stellen  das  Zerwiirfnis 
Heinrichs  mit  seicem  Bruder  Boleslaw  als  das  Hauptmotiv  fiir  des. 
ersteren  Anschlufs  an  Bohmen  hin. 

45)  S.  143,  Z,  5,  Alles,  was  T\-ir  iiber  diese  Ereignisse  kon- 
statieren  kounen,  beschriinkt  sich  darauf,  dafs  in  der  Unterwerfungs- 
urkunde  Johanns  von  Steinau  d.  d.  29.  April  1329,  schles.  Lehensurk. 

I.  129,  dieser  bekennt,  er  habe,  nachdem  der  Konig  das  Herzogtum 
Breslau  entgegengenommen ,  diesem  Lande  und  dessen  Einwohnern 
Schaden  gethan,  und  dafs  auch  in  der  Belehuungsurkunde  Herzog 
Boleslaws  vom  9.  Mai  1329  (Lehensui-k.  I,  302}  von  „brache  und 
krig",  die  hier  vorausgegaugeu,  gesprochen  wird.  Dafs  diese  Kiimijfe 
von  nicht  allzu  grofser  Erheblichkeit  gewesen ,  mogen  wir  daraus 
schliefsen,  dafs  in  den  Breslauer  Rechnungsbiichern  jener  Jahre  von 
den  Kosten  gi-ofserer  Riistungen  nichts  zu  finden  ist. 

46)  S.  143,  Z.  8.     Ich  wage  es  doch  nicht,  Caro  (poln.  Gesch. 

II,  132)  in  der  Annahme  zu  folgen,  es  sei  mit  dem  Herrn  von  Falken- 
burg,  dessen  bei  dieser  Gelegenheit  bewiesene  Tapferkeit  Konig  Jo- 
hann selbst  zu  Liedern  begeistert  habe,  sein  neuer  Lehensmann,  unser 
schlesischer  Herzog  (Bolko)  von  Falkenbei'g  gemeint.  Willelmi 
Egm.  Chron.  ap.  Matth.  II,  695. 

47)  S.  143,  Abs.  2. 

48)  S.  143,  Abs.  3. 

49)  S.  143,  Z.  11  V.  II.  Theiuer,  Mou.  vet.  Pol.  I,  218.  — 
Z.  2  T.  u.     Chron.  princ  ,  Pol.  130. 


■58  Amnerkungeu.     S.  144.  145. 

50)  S.  14-4:,  Z.  5.  Es  ist  bezeichueud  dafiir,  dafs  in  der  gleich 
anzufiihreudeu  IJelehuungsurkimde  vom  9.  Mai  1329  Wladyslaw  ueben 
Heiurich  Herzog  vou  Scblesieu  und  Herr  von  Breslau  geuaunt  wird. 

51)  S.  144,  Abs.  2.  Die  Urk.  in  den  scbles.  Lebeusurk.  I,  302 
und  305. 

52)  S.  144,  Abs.  3.     Lebensurk.  I,  129  u.  II,  17.  19.     Abs.  4. 

Urk.  vom  25.  Miirz  lo38,  Lebensurk.  I,  153,  vom  7.  u.  29.  Mai  1329 
Lebeusurk.  II,  16  u.  19.  Ubrigens  ist  Prausnitz  docb  scbliefsHcb 
vou  Kourad  selbst  zuriickgekauft  worden  1344,  Lebensurk.  II,  30. 

53)  S.  144,  Z.  5  V.  u.  Cbrou.  princ.  Pol.  149.  Der  bestimmten 
Angabe  dieser  Cbrouik  wird  man  docb  mebr  Glauben  scbenken 
miisseu,  als  dem  in  den  Konigsaaler  Gescbicbtsquellen,  S.  484,  ab- 
gedruckten  Briefc  des  koniglicbeu  Notars  Heiuricbs  vom  27.  Okt. 
1331,  Avelcber  ganz  im  Gegeuteile  bericbtet,  der  in  diesem  Jabre  ge- 
storbene  Herzog  Bricko  von  Glogau  (dafs  damit  Primko  gemeiut  ist, 
stebt  wobl  aufser  Zweifel)  babe  sicb  dem  Konig  unterworfeu  und  die 
Stadt  sowie  sein  Land  vou  ibm  zu  Leben  genommen.  Die  Angabe 
der  scblesiscben  Cbrouik  wird  docb  wabrscbeinlicber  eiumal  durch 
das  Feblen  vou  Primkos  Namen  in  den  Lebeusvu'kunden  der  Brlider 
und  dann  aucb  dadurcb,  dafs  in  dem  vou  Bolko  von  Fiirsteubcrg,  dem 
Scbwager  des  verstorbenen  Herzogs  Primko,  fiir  Glogau  ausgestellten 
Eeverse  von  1331,  Lebensurk.  I,  133,  wiederum  von  Konig  Jobann 
gar  keine  Rede  ist.  ScbliefsUcb  diirfen  wir  docb  aucb  konstatieren, 
dafs  eine  Lebensurkunde  Herzog  Primkos  uirgends  erbalten  ist,  wiib- 
rend  solcbe  sonst  von  keiuem  der  Fursten,  die  sicb  damals  der  Krone 
Bobmen  unterworfeu  baben,  feblen. 

54)  S.  144  letzte  Zeile.     Grotefend,  Stammtafelu  der  scbles. 

Fursten,  S.  34,  Nr.  12. 

55)  S.  145,  Z.  5.  Urk.  vom  25.  Marz  1338,  Lebeusurk.  II,  24. 
Die  zweite  Ehe  Kom*ads  war  damals  ohne  Zweifel  beseits  mebrere 
Jabre  gescblossen,  docb  ein  Erbe  nocb  uicbt  gcboren. 

56)  S.  145,  Abs.  2.  Die  in  deu  Konigsaaler  Gescbicbts- 
quellen (S.  484,  in  dem  bereits  enviibuten  Briefe  des  Notars  Heiurich) 
augefiibrte  Summe  lafst  sicb  aus  deu  Breslauer  Recbnungsbiicbern 
(C.  d.  Sil.  IH,  p.  58)  nacbweiseu. 

57)  S.  145,  Abs.  2,  Der  Konig  batte  das  den  Breslaueru  1327 
versprocben  (Lebensurk.  I,  67).  Die  Erneuerung  der  Zusage  als 
Motiv  der  Freigebigkeit  der  Breslauer  vorauszusetzen  scbien  die  Urk. 
A'om  2.  Oktober  1331  (Lebensurk.  I,  135^  geniigenden  Grund  zu 
geben. 


Aumerkungen.     S.  145.  14(j.  59 

58)  S.  145,  Abs.  3.  Vgl.  Bolkos  Revers  fiir  die  Glogauer 
vom  10.  Miirz  1331,  Lehensurkundeu  1,  133.  —  Chron.  princ  Pol 
149.  150. 

59)  S.  145,  Z.  7  V.  u.  2.  Okt.  1331.  Mi  us  berg,  Geseh.  vou 
Glogau  I,  337. 

60)  S.  14G,  Z.  3.     1.  Okt.  1331.     Lehensurk.  I,  134. 

61)  S.  146,  Z.  7.  So  verscbreibt  er  133G  das  Laud  Glogau 
au  Herzog  Jobann  von  Steinau  als  seiuen  Guberuator  uud  Stadt- 
balter  auf  Lebenszeit  (Lebensurk.  I,  139),  iibergiebt  aber  danu  1337, 
wie  uocb  im  Texte  auzufubren  sein  wird,  das  Laud  Glogau  au  Heiu- 
ricb  von  Jauer  auf  Lebenszeit  (Lebensui-k.  I,  141).  Es  hatte  zu  weit 
gefiihrt,  wenn  wir  die  mannigfacbeu  Verkaufsgescbafte,  die  Kouig 
Jobann  mit  dem  kiuderloseu  uud  ewig  geldbediirftigen  Jobauu  vou 
Steinau  abgescblosseu  bat,  im  eiuzelueu  biitteu  verfolgeu  wolleu.  Das 
lu-kuudlicbe  Material  fiudet  sicb  iu  den  Lebensurkunden  uuter  Fiirsten- 
tum  Glogau  gesammelt.  Nur  kurz  sei  erwabnt,  dafs  iufolge  davou 
Liiben  Stadt  und  Laud  1338/39  erst  iu  den  Besitz  Kouig  Jobanus 
uud  daun  an  die  Lieguitzer  Herzogsliuie  gekommen  ist,  der  es  dauu 
aucb  verblieb. 

62)  S.  146,  Abs.  3  (am  Ende).  Wenn  die  berkouimlicbe  Uber- 
lieferung  die  Besitzergreifuug  durcb  des  Kouigs  Sobu,  Karl,  voll- 
ziebeu  lafst,  so  stiitzt  sie  sicb  auf  eiue  Aufiibrung  des  Kouigsaaler 
Abtes  Kouigsaaler  Gescbicbts  -  Qu.  522) ,  wo  es  uacb  dem  Tode 
Heiuricbs  beifst :  mox  Jobanues  rex  Bobemiae  Karolum  filium  suum 
niisit  qui  se  patris  nomine  de  civitate  Wratislavieusi  —  siue  coutra- 
dictione  qualibet  intromisit  — .  Docb  diese  Angabe  erregt  Bedenkeu. 
Karl  war  uacb  den  Regesten  von  Bobmer  und  Huber  am  26.  No- 
vember iu  "Wiscbegrad  iu  Ungaru,  am  30.  in  Brilnu  und  scbou  im 
Dezember  uacb  der  einen  Quelle  Cout.  Par.  de  Cereta  ap.  Muratori 
VIII,  64S)  soil  er  wiederum  iu  Karutbeu  gewcseu  sein,  wiibrend  ibu 
die  Kouigsaaler  Quellen  am  dritteu  Tage  uacb  Neujabr  uacb  Karutbeu 
kommen  lasseu.  Die  Zeit  wiirde  bier  immer  scblecbt  zureicben,  weuu 
wir  annehmen  wollteu,  dafs  Karl  iuzwiscben  nach  Breslau  gereist 
ware,  docb  mebr  nocb  scbeint  etwas  anderes  ins  Gewicbt  fallen  zu 
miissen.  Wir  wolleu  nicbt  allzu  viel  Gewicbt  darauf  legen.  dafs  keiu 
Dokument  des  wobl  erbaltenen  Breslauer  Stadtarcbivs  vou  der  Au- 
weseubeit  Karls  und  seiner  Besitzergi-eifuug  Zeuguis  ablegt,  obwobl 
docb  Karl  ebenso  gut,  wie  er  am  30.  November  namens  seines  Va- 
ters  die  Privilegieu  der  mabriscbeu  Stadt  Jamnitz  bestatigt,  etwas 
Abnlicbes  aucb  iu  Breslau  batte  tbuu  kouueu,  wicbtiger  aber  scbeint 
es,  dafs  in  dem  Breslauer  Recbuungsbucbe .  das  vom  10.  Miirz  1335 
bis  zum  2.  Miirz  133G  reicbt  p.  01^,  der  Name  Markgi-af  Karls  gauz 
eutgegen  den  soustigeu  Gewobubeiten  dieser  Ratiouarien  nicbt  geuanut 


60  Anmerkungen.     S.  147. 

wird,  wahrencl  es  doch  bei  solcher  Gelegenheit  ohne  Ebrengeschenk^ 
wie  solche  soust  immer  und  gleich  beim  folgenden  Jabre  wieder  ver- 
zeicbnet  sind,  nicbt  abgegaugen  wiire.  Dagegen  erfabreu  wir  von 
verscbiedeneu  Gesandtscbaften  an  den  Konig,  und  nacbdem  die  Ge- 
sandtscbaft  uacb  Briinn  und  Ungam,  iiber  deren  Zeit  (Ende  No- 
vember 1335)  und  Zweck,  den  Tod  Herzog  Heinricbs  zu  melden,  nacb 
den  liegesteu  Konig  Jobanns  kaum  ein  Zweifel  obwalten  kann,  er- 
wiibnt  ist,  konimt  dann  nocb  eiue  ultima  via  versus  Pragam,  die  ja 
nun  auch  Ende  1335  oder  Anfang  1336  den  Konig  in  Prag  getroffen 
bat.  Diese  ■ware  docb  -wobl  iiberfiiissig  geweseu,  wenn  bereits  Mark- 
graf  Karl  die  Huldiguug  abgenommen  batte.  Aucb  verdient  es  nocb 
hervorgehoben  zu  werden,  dafs  Karl  selbst  in  seiner  Autobiograpbie 
von  jener  immerhin  docb  -wicbtigen  Sendung  kein  Wort  erwabnt. 
Was  den  Konigsaaler  Abt  anbetrifft,  so  feblt  es  nicbt  an  Analogieen, 
die  einen  Irrtum  bei  ibm  wobl  als  denkbar  erscbeinen  lassen,  er  bat 
vielleicbt  einfacb  die  Entsendung  Karls  nacb  Scblesien  einige  Monate 
friiber,  der  wir  im  Texte  gleicb  zu  gedenken  baben  werden,  bier  mit 
diesen  Ereignissen  zusammengeworfen.  Wenn  wir  aber  aucb  wirklicb 
Konig  Johann  es  nocb  aufscbieben  seben,  sicb  in  Breslau  bukligen 
zu  lassen,  so  bat  das  kaum  etwas  Befremdlicbes ,  da  er  bier  seiner 
Leute  so  ganz  sicber  war  und  sein  konnte. 

63)  S.  117,  Z.  9.  Konigsaaler  Gescb.-Qu.  520.  Von  den 
Bedriickvuigen  der  Geistlicbkeit  durcb  Bolko  von  Mliusterberg  be- 
ricbten  zablreicbe  Urkunden  in  dem  Formelbucbe  Arnolds  von  Protzan 
ed.  AVattenbacb  und  dem  Kamenzer  Urkundenbucbe  ed.  Pfoten- 
hauer,  Cod.  dipl.  Siles.  V.  u.  X. 

64)  S.  147,  Abs.  2.  tjber  die  Verteidigung  Frankensteins  vgl. 
die  Urk.  vom  IG.  Okt.  1387  —  corpora,  res,  se  et  sua  tauquam  intre- 
pid! examinati  et  subditi  fidelissimi  inventi  nobis  ex  debito  in  com- 
placenciam  ipsisque  Franckensteinensibus  ad  eternam  laudem  et  con- 
tinuam  fidelitatis  gloriam  exponentes,  quos  tenemur  et  volumus  tan- 
quam  bene  meritos  premiare  etc.  Tzscboppe  u.  Stenzel  547.  — 
Die  Namen  der  beiden  Edelleute  nenut  Benescb  vonWeitmil  bei 
Pelzel  und  Do  brow  sky,  Ss.  rer.  Bobem.  II,  268.  A.  v.  R.  kommt 
als  Freund  Herzog  Bolkos  wiederbolt  im  Kamenzer  Urkundenbucbe 
vor  (Cod.  dipl.  Siles  X,  vgl.  das  Register).  —  Vgl.  dann  die  Vita 
Caroli  bei  Bobmer  foutes  I,  249  und  Konigsaaler  Gescbicbts-Qu. 
520.  Benescb  a.  a.  0.  —  Die  Losung  der  Gefangenen  betr.  scbeint 
die  bierauf  beziiglicbe  Angabe  der  Cbron.  princ.  Pol.  124  mit  der  der 
Konigsaaler  Quelle  521 ,  dafs  die  Gefangenen  800  Scbock  Groscben 
batten  zablen  mitssen,  doch  nicbt  unvereinbar.  Die  erstere  Cbronik 
bemerkt  nur,  dafs  der  Hei'zog  eine  sebr  bobe  Summe  batte  fordern 
konnen,  und  in  der  That  sind  800  Scbock  Groscben  flir  150  Edle 
nicbt  eben  viel. 


Anmerkuugen.     S.  147 — 149.  0t 

65)  S.  147,  Abs.  2  (am  Ende).  Der,  wie  schou  die  Nennuug 
der  Namen  der  beiden  Edelleute  zeigt,  in  dieser  Sache  gut  unter- 
richtete  Benesch  sagt  (268)  voa  Karl:  civitatem  Kauth  obtiuuit. 
Und  dafs  dieses  dann  Kouig  Johann  an  Herzog  Heinrich  von  Jauer  Uber- 
lassen  hat,  steht  ja  auch  fest.  Also  ist  es  wohl  wahrscheinlich ,  dafs 
Canth  nicht  erst  mehr  zuriickgegeben  worden  ist.  Uber  Canth  vgl. 
scbles.  Zeitschr.  VII,  103  if. 

66)  S.  147,  Abs  3.  Es  mag  da  noch  maucherlei  vorgegangeu 
sein  in  dem  verhaltnismafsig  langen  Zeitraum  zwischen  dem  September 
1335  und  dem  August  1336,  wovon  uns  die  Quellea  nichts  meldeu. 
Bolko  hatte  sehr  wohl  im  Winter  Johann  in  Prag  aufsuchen  konueu, 
und  wenn  er  dann  im  Sommer  mit  grofsem  Gefolge  den  weiten  Weg 
nach  Bayern  antrat,  so  milssen  sehr  zwingende  Grlinde  ihn  getrieben 
haben.  —  Uber  die  Belehnung  vgl.  die  Leheusurk.  vom  29.  August, 
Lehensui-k.  II,  S.  128. 

67)  S.  147,  Z.  2  V.  u.  Chron.  princ.  Pol.  124.  Es  verdieut 
hervorgehoben  zu  werden,  dafs  Bolko  Glatz  schon  im  Jahre  1336,  also 
vor  den  grofsen  Konzessiouen ,  die  er  im  Januar  1337  dem  Konige 
macht,  erhalten  hat.  Im  November  und  Dezember  1336  stellt  er 
Terschiedene  Urkunden  in  Glatz  aus;  vgl.  Kamenzer  Urkundenb.  127 
und  Tzschoppe  und  Stenzel  542.  Den  Titel  eines  Herrn  von 
Glatz  hat  er  dagegen,  wie  es  scheint,  erst  von  1341  an  angenoramen. 
Ein  urkuudliches  Zeugnis  Uber  die  Erwerbung  von  Glatz  durch  Bolko 
scheint  nicht  erhalten. 

•       68)  S.  148,  Z.  3.     Bereits  unter  dem  28.  Miirz   1337  urkundet 
Heinr.  von  Jauer  als  Besitzer  von  Kanth.     Lehensurk.  I,  88. 

69)  S.  148,  Z.  6.  Urk.  vom  7.  u.  9.  Jan.  1337,  Lehensurk.  I, 
308  u.  II,  131.  Z.  ,9.  10.  Jan.  1337,  Lehensurk.  II,  132.  Z.  11. 
8.  Jan.  1337,  Lehensurk.  II,  132. 

70)  S.  148,  Abs.  2.  Die  verschiedenen  Urkunden  samtlich  vom 
Jahi-e  1337  finden  sich  in  den  Lehensurk.  I,  141.  142.  144;  II,  88. 
488  und  schles.  Zeitschr.  VII,  104. 

71)  S.  149,  Z.  3.    Lehensurk.  I,  3. 


62  Anmerkungen.     S.  153— 15G. 


Drittes   Buch. 


Erster  Abschnitt. 

1)  S.  153.  Die  Urk.  iiber  Neifse  unci  Freiburg  bei  Tzschoppe 
uud  St  en  z  el,  S.  416  resp.  545. 

2)  S.  154,  Z.  3.    Tzschoppe  tind  Stenzel,  S.  415. 

3)  S.  154,  Z.  6.  Ebd.  442.  Die  in  Zeile  23  genannten 
oberschlesischen  Stadte  sind  Grofs-Strehlitz  1362,  Ober-Glogau  1372, 
Teschen  1374.     Tzschoppe  und  Stenzel  581.  593.  594. 

4)  S.  154,  Z.  2  V.  n.  Der Zusammenstellung  bei  Tzschoppe 
und  Stenzel  244  habe  ich  noch  Reicheubach  hinzuzufiigen  1384. 

5)  S.  155,  Z,  6.  So  in  Breslau,  Brieg,  Liegnitz,  Schweidnitz. 
Fiir  Liegnitz  ist  der  Abschnitt  iiber  die  Gerichte  inSchuchards  sehr 
verdienstlicher  Schrift,  die  Stadt  Liegnitz  ein  deutsches  Gemeinwesen, 
Berlin  18G8,  sehr  lehrreich.  —  Das  mit  dem  Jahre  1339  beginnende 
Liegnitzer  Buch  der  Verfestungen  hat  Schuchard  im  Anhange  seiner 
erwahnten  Schrift  S.  153  mitgeteilt.  —  Aus  Furcht  vor  solcher  Ver- 
festung  bitten  die  Vasallen  des  Bezirkes  von  Lobau  1348  Karl  IV. 
selbst  darum,  wegen  Geldschuld  vor  dem  Lobauer  Vogte  zu  Recht 
stehen  zu  diirfen.     Tzschoppe  und  Stenzel  559. 

6)  S.  155,  Al)s.  1.  10.  August  1339.  Korn,  Bresl.  Urkdbuch. 
Die  letztgenannten  beiden  Stadte  waren  Pfandbesitz  des  Konigs. 
iiber  Strehlen  haben  wir  die  Urk.  von  1337.  Lehensurk.  I,  308.  — 
Uber  die  Verpfandung  von  Ohlau  scheint  keine  besondere  Urkunde 
erhalten,  doch  spricht  davon  die  Urkunde  vom  20.  Miirz  1337,  Korn, 
Bresl.  Urkdb.  139,  Nr.  9.  —  Es  ist  auch  sicher  kein  blofser  Zufall, 
wenn  das  erwahnte  Liegnitzer  Buch  der  Verfestungen  gerade  mit 
dem  Jahre  1339  beginnt. 

7)  S.  155,  Z.  7  V.  u.  Worbs  neues  Archiv  I,  132.  —  Z.  3 
V.  u.  Das  Wort  Zaude  bedeutet  auch  wieder  nur  soviel  als  Gericht.  — 
Letzte  Zeile.  1337.  Korn,  Bresl.  Urkdb.  136.  —  S.  156,  Z.  2. 
Schuchard  a.  a.  0.  117flF.  —  Z.  5.  SchonwiLlder,  Die  Piasten 
zum  Brieg  I,  142. 

8)  S.  156,  Abs.  3.  9.  Jan.  1289.  Lehensurk.  II,  413.  (Im 
Text  steht  irrtiimlich  AVladyslaw  statt  Kasimir.)  —  Bischof  Heinrichs 
Regentschaft  Chron.  princ.  Pol.  125.  —  Uber  Bolko  von  Miinsterberg 


Anmerkungeu.     S.  157 — 162  63 

Lehensurk.  II ,  127.  Danii  zum  Jalire  129U :  Nobiles  atque  cives 
Wrat.  —  ducem  Heur.  imauimiter  elegerunt,  Chr.  princ.  Pol.  115.  — 
Uber  den  Anschlufs  an  Bohmen  ibid.  130:  tunc  terrigene  quam  cives 
cum  duce  suo  Heur.  inierunt  consilium  etc.  —  Uber  das  Erbieteu 
Heinrichs  III.  Urk.  vom  16.  Dezember  1261.  Korn,  Bresl.  Urkdb. 
28.  —  Uber  den  dreimaligen  Eid  Boleslaws  III.  Chron.  princ.  Pol. 
127.  —  Letzte  Zeile.     Schirrmacher,  Liegn.  Urkdb.  90. 

9)  S.  157,  Z.  4.  Ein  besonderes  Privileg  dariiber  erhaltHerzog 
Boleslaw  von  Konig  Joliann  1329  Lehensurk.  1 ,  305.  Die  von  dem- 
selben  Jahre  datierende  Lehensauftragung  Konrads  von  01s  enthalt 
eine  solche  Bestimmung  gleich  mit.     Lehensurk.  II,  20. 

10)  S.  157,  Abs.  2.  Diese  Falle  werden  in  dem  oben  erwahnten 
Schiedsspruche  des  papstl.  Legaten  Philipp  von  Fei-mo  von  1282 
auch  fiir  die  geistlichen  Unterthanen  gelten  gelassen.  Stenzel' 
Bisti^msurk.  77. 

11)  S.  157  letzte  Zeile.     Korn,  Bresl.  Urkdb.  165. 

12)  S.  158,  Abs.  2.  Die  Seuiores.  Privileg  fiir  Haiuau 
von  1353  Tzschoppe  u.  Stenzel  570:  tres  esse  debent  de  numero 
seniorum  seu  mercatorum,  alie  vero  tres  persoue  debent  eligi  de 
operariis  etc. 

13)  S.  15S,  Abs.  3.  Das  Ratswahlprivileg  bei  Korn,  Bresl. 
Urkdb.  110. 

14)  S.  159,  Abs.  1.  Gr  tin  ha  gen,  Breslau  unter  den  Piasten, 
S.  40  ff. 

15)  S.  159,  Abs.  2.  Cod.  dipl.  Siles.  VIII,  p.  8.  14.  110,  rubr.  4, 
Nr.  4. 

16)  S.  160.  Die  Urk.  bei  Korn,  Bresl.  Urkdb.,  S.  72.  75.  85. 
91.  122;  Tzschoppe  u.  Stenzel  541;  Oberlaus.  Urkdnverz.  I,  36; 
Schmidt,  Gesch.  von  Schweidnitz  I,  36. 

17)  S.  161,  Abs.  1  (am  Eude).  Der  gleichzeitige  Bericht  iiber 
den  Aufstand  abgedr.  bei  Grlinhageu,  Breslau  unter  den  Piasten 
117,  vgl.  dazu  ebd.  S.  68  fF. 

18)  S.  161,  Abs.  2.  2.  Febr.  1336.  Korn,  Bresl.  Urkdb.  135. 
Dafs  die  Urk.,  welcher  die  Jahresbezeichnung  fehlt,  in  dieses  Jahr 
gehort,  ersieht  man  aus  dem  Ausstellungsorte  Prag,  welcher  im  Ja- 
nuar  auf  kein  anderes  Jahr  pafst. 

19)  S.  162,  Abs.  2.  Ann.  Lubens.  Mon.  Germ.  XIX,  549;  Anu. 
Cisterc.  in  Heinrichow  ib.  546.  Auch  dcr  Liibecker  Chrouist  Detmar 
berichtet  von  den  Ketzerverbrennungen  in  Schweidnitz  uud  anderen 
Stadten  Polens,  doch   zum  Jahre  1312.     Dagegen  erziihlt  der  Kcinig- 


64  Anmerkuugen.     S.  162 — 170. 

saaler  Abt  (Konigsaaler  Gesch.-Qii.  ed.  Losertli,  p.  366  zum  Jahre 
1315,  dafs  damals  in  diversis  pavtibus  populi  haeretici  sich  gefuudea 
hiitten,  qui  obmissis  et  coutemptis  clavibus  ecclesie  coufessiouem  suam 
aliis  laicis  facere  sunt  comperti.  Infolge  davou  seieu  zu  Prag  in 
jenem  Jahre  in  einem  Monate  vierzehn  verbrannt  wordeu,  plures  ac- 
cepta  cruce  penitentiam  promiserunt.  Dafs  diese  Waldensischeu  Lehren 
durch  die  Verfolgungeu  nicht  ausgerottet  wurden,  zeigeu  die  bald 
nachher  vom  Papste  fiir  notweudig  erachteteu  Verorduungen  gegen 
diese  Ketzereien,  zusammeugestellt  in  Watte nbachs  Anm.  1  zu 
S.  54  des  Formelbuchs  und  gauz  besonders  das  Auftreten  des  Bru- 
ders  Martin  in  Breslau  zu  Bischof  Nankers  Zeit  (wir  werden  seiner 
noch  zu  gedeuken  habeu)  vgl.  Heyne,  Gesch.  des  Bistums  Breslau 
I,  735. 

20)  S.  162,  lbs.  3,  Die  Urkunden  dariiber  in  dem  Formel- 
buche  Arnolds  von  Protzan  ed.  Wattenbach,  Cod.  dipl.  Siles  V, 
59—63  u.  253.  —  Uber  die  Synode  von  1316  veroffentliclit  Watten- 
bach eine  Mitteilung  in  der  schles.  Zeitschrift  IV,  273. 

21)  S.  163,  Z.  6.  Dlugosz,  Vitae  ep.  Yratislav.  ed.  Lipf, 
p.  21. 

22)  S.  163,  Abs.  1  (am  Elide).  Von  hier  an  und  fiir  die  fol- 
gende  Darstelluug,  die  von  der  hergebrachten  in  manchen  Stiicken 
abweicht,  finden  sich  die  Belegstellen  bei  Griinhagen,  Kouig  Johann 
von  Bohmen  und  Bischof  Nanker  von  Breslau,  Sitzungsberichte  der 
Wiener  Akademie,  Bd.  47  (1864). 

23)  S.  164,  Abs.  1.  Cod.  dipl.  Siles.  V,  77  und  Anni.  dazu 
und  die  Urkunde  bei  Theiner,  Mon.  vet.  Pol.  I,  124  u.  290. 

24)  S.  165,  Abs.  2  (am  Eude).  Cod.  d.  Sil.  Y,  265.  Abs.  3. 
ibid.  263. 

25)  S.  166,  Abs.  2  (am  Eude).  Zwei  Berichte  Galhards  bei 
Theiner  I,  391—397  u.  416. 

26)  S.  167,  Abs.  3.     Tzschoppe  u.  Stenzel  315. 

27)  S.  169,  Abs.  1.  Bei  Heyne,  Bist.  Breslau  I,  734,  Anm.  2 
ist  eine  Stelle  aus  Bzovius,  Ann.  eccl.,  abgedruckt,  welcher  eine 
ausflihrliche  Aufzeichnung  dieser  Ketzereien  im  Dominikanerkloster 
zu  Krakau  gefunden  zu  haben  versichert. 

28)  S.  170,  Z.  4.  Ich  zweifle  keinen  Augenblick,  dafs  in  den 
Breslauer  Rechuuugsbiichern   von   1342    (a.    a.  0.,  p.   69")   die  ratsel- 

■  hafte  Bezeichnuug  super  sadbotes  929  M.  so  zu  erklaren  ist,  dafs  der 
Abschreiber  des  im  Orig.  nicht  mehr  erhaltenen  Rechnuugsbuches 
hier  sacerdotes  (mit  einem  R-Haken  liber  dem  c)  so  falschlich  erkliirt 
hat.     Ich  kam  darauf,  als  ich  in  der  gleichzeitigen  Handschrift  des 


Anmerkungen.     S.  170.  171.  65 

sogen.  Breslauer  Kladdeubuches  das  Wort  sacerdotes  in  der  That  so 
geschrieben  fand ,  dafs  ein  fluchtiger  Leser  wohl  sadbotes  leseu 
konnte. 

29)  S.  170,  Z.  5.  Iq  dem  vielfach  erwahnten  Aufsatze,  Konig 
Johann  und  Bischof  Nauker  S.  92,  hatte  ich  bereits  die  von  spaterea 
geistlichen  Chronisten  und  neuerdings  wieder  von  Heyne,  Bistum 
Breslau  I,  814  sehr  aufgebauschte  Geschichte  von  einer  demiitigeudeu 
Bufshandlung  der  Breslauer  Ratsberren  in  der  Breslauer  Adalberts- 
kircbe  auf  das  bescbeidenere  Mafs  zuriickgefiibrt,  wie  sie  die  einzige 
iiltere  Quelle,  die  Chron.  princ.  Pol.,  p.  137  scbildert.  Aber  nachdem 
mir  inzwischen  uoch  weiteres  urkundl.  Material  iiber  diese  Ange- 
legenheit  zugauglich  geworden,  glaube  ich  auf  Grund  dessen  leugnen 
zu  miissen,  dafs  iiberbaupt  eine  Bufshandlung  der  Konsuln  wii-klich 
vorgefallen  ist.  Wie  schon  a.  a.  0.  S.  92  bemerkt  wurde,  hat  das 
Domkapitel  unter  dem  23.  Juli  1342  in  sein  grofses  Kopialbuch,  den 
sogen.  liber  niger ,  f.  453b  eintrageu  lassen ,  die  Pralaten  und  Dom- 
lierren  seien  mit  den  Ratsherren  in  dem  Rathause  zusammengekom- 
men,  um  iiber  eine  freundliche  Beileguug  der  zu  Nankers  Zeit  ent- 
standenen  Streitigkeiten  zu  verhandeln,  und  die  Konsuln  batten  eud- 
lich  fi-eimiitig  und  aufrichtig  gelobt,  den  Bischof,  das  Kapitel  und 
-den  gesamteu  Klerus  in  ihren  und  der  Stadt  Schutz  zu  nehmen,  mit 
ihnen  in  Freundschaft  zu  leben  und  ihnen  beizustehen,  auch  dieses 
Gelobnis  alljahrlich  am  Aschermittwoch  bei  der  Ratsemeuei-ung  zu 
"wiederholen.  Und  nun  femer  wird  in  der  Urk.  vom  4.  Sept.  1343 
(Orig.  Domarchiv  W.  40) ,  durch  welche  der  Ponitentiar  des  Papstes 
in  des  letzteren  Auftrage  dem  Bischof  von  Breslau  die  Aufhebung 
-des  Bannes  der  Ratsherren  etc.  gestattet,  dies  durch  folgende  Worte 
motiviert:  Cum  itaque  postmodum  capitaneus  consules  et  universitas 
predict!  ac  eorum  in  hac  parte  complices  vobiscum  et  capitulo  supra- 
dicto  necnon  clero  civitatis  et  diocesis  predictarum  amicabiliter  con- 
■cordaverunt  et  alias  parati  existunt  in  omnibus  s.  Romane  ecclesie 
obedire  mandatis  etc.  Also  auch  hier  ist  von  einer  penitentia,  wel- 
ches Wort  sonst  so  natiirlich  in  den  tenor  derartiger  Urkunden 
einfliefst,  in  keiner  Weise  die  Rede.  —  Dafs  nachmals  in  geist- 
lichen Kreisen  das  Geriicht  von  einer  abgelegten  Bufse  der  Rats- 
herren entstanden  ist,  hat  nichts  Befremdliches.  Der  Priester,  der 
die  Chron.  princ.  Pol.  verfafste,  hat  dies  Geriicht  zuerst  aufgeschrieben, 
seine  Nachfolger  haben  dann  die  Sache  immer  klaglicher  ausgemalt. 

30)  S.  170,  Abs.  3  (am  Ende).     Lehensurk.  I,  6. 

31)  S.  170,    Z.  3  II.  2  V.  u.     Stenzel,  Bistumsurkunden  289 
u.  291. 

32)  S.  171,  Z.  9.  T.  u.     Uber  die  Chronologie  dieser  Begeben- 
lieiten  vgl.  meinen  kleinea  Aufsatz  in  der  schles.  Zeitschr.  X\T;,  266. 

GrunhageD,  Gesch.  Schlesiens.     I.  «^ 


C6  Anraerkiingen.     S.  171 — 17G. 

33)  S.  171,  Z.  1  V.  u.  Vita  Caroli  bei  Bohmer,  Pontes  reiv 
Germ.  I,  2G5.  Karl  bemerkt  hierzu,  dafs  die  Stadt  Stenavia  damals 
zxim  Herzogtum  Breslau  gehort  habe.  Wir  wisseu  nur  soviel,  dafs 
am  12.  August  1345  Herzog  Kom-ad  von  01s  an  Konig  Johaun  Stadt 
und  Land  Guhrau  zur  Hiilfte  und  ebenso  die  HJilfte  der  Stadte 
Steinau  uud  Koben  sowie  Fraustadt  verkauft  (Lehensurk.  I,  165),  dafs 
dagegen  unter  dem  9.  Miirz  1348  wiederum  Herzog  Johaun  von 
Steinau  die  Privilegien  dieser  Stadt  bestiitigt,  wobei  er  dann  auch 
der    Verwiistung     derselben     durcb     die    infideles    Rutheni    gedenkt 

Tzschoppe  u.  Stenzel  560). 

34)  S.  172,  Z.  9.  Am  21.  April  1345  ist  Johann  noch  in 
Breslau,  am  27.  urkundet  er  mit  seinem  Sohne  im  Lager  vor  Scbweid- 
nitz,  vgl.  Regesten  Karls  IV.  von  Huber. 

35)  S.  172,  Abs.  2.  Wladyslaw  von  Beuthen  scbliefst  nocb 
am  15.  Februar  1346  mit  Konig  Kasimir  ein  Biinduis,  Tvelches  ihn 
verpflicbtete ,  dem  Bobmenkcinig  und  Xikolaus  von  Troppau  keinen 
Beistand  zu  leisten,  noch  aucb  demselben  seine  Festungen  zu  offben. 
Scbles.  Lehensurk.  II,  419.  —  Vgl.  sonst  Vita  Caroli  265.  Ratiborer 
Chronik,  scbles.  Zeitscbi".  IV,  15.     Dogiel,  Cod.  dij^l.  Pol.  1,  5. 

36)  S.  173,  Z.  13.  C.  d.  Siles.  VI,  180.  Z.  15  oben  S.  170. 
Z.  17. 

37)  S.  173  letzte  Zeile.     Korn,  Bresl.  Urkdb.  138. 

38)  S.  174,  Abs.  2.  Die  eben  erwahnte  Landesordnung  von 
1337  erlafst  der  Konig  presentibus  consiliariis  nosti-is  (folgen  5  Namea 
Breslauer  Vasallen  und  der  eines  Hofnotars)  et  consulibus  civitatis 
nostre  Wratislaviensis. 

39)  S.  175,  Z.  6.     27.  Okt.  1243.     Korn,  Bresl.  Urkdb.  159. 

40)  S.  175,  Abs.  2.  Korn  155.  Der  Gesandte  ist  oflfeubar 
derselbe,  der  sonst  in  den  Ratslisten  als  Tilo  scrijitor  bezeichnet  wird. 
Stadtschreiber  war  derselbe  schwerlich;  solche  pflegtc  man  nicht  in 
den  Rat  zu  wsiblen,  wie  das  diesem  Tilo  vielfach  (wenn  auch  nicht 
gerade  1343)  zuteil  geworden  ist  (cf.  Cod.  d.  Siles.  XI,  120).  Es 
bleibt  zu  bedauem,  dafs  wir  so  gar  nichts  erfahreu  iiber  die  Griinde, 
welche  dem  Rate  mit  einem  Male  die  Betreibung  dieser  Sache  so 
dringend  baben  erscheinen  lassen,  dafs  man  nicht  die  Riickkehr  des 
Konigs  abwartet,  sondern  eine  so  weitgehende  Gesandtschaft  ab- 
schickt,  die  docb  natiirlich  auch  sehr  viel  kostet.  Die  Recbnungs- 
biicber  sprechen  a.  a.  0.  69  von  375^  Mk.  quas  Tilo  pro  se  et  Jo- 
bannis  de  Lubek  debitis  secum  duxit. 

41)  S.  176,  Z.  9.  Die  Breslavier  Rechnungsbiicher  in  C.  d. 
Siles.  III. 


Anmerkungen.     S.  176—179.  67 

42)  S.  176,  Abs.  2.  Urk.  vom  27.  September  1345  —  de  cimi- 
terio  Judeonim  conjuncto  predicte  civitati.  Dafs  der  Judenkirchhof 
wirklich  in  der  der  Stadt  ueu  hinzugefligten  Zone  (und  zwar  vor  der 
heutigen  Ohlauer  Thorbriicke)  gelegen,  zeigt  die  in  der  schles.  Zeit- 
schrift  VIII,  212  von  mir  mitgeteilte  Urkunde  von  1316,  wo  der 
Kirchhof  als  an  den  damaligen  Wall  greuzend  bezeichnet  wird.  Es 
erkliirt  dies  doch  einigermafseu  die  ganze  Mafsregel.  Steine  mit 
hebraischen  Inscliriften,  die  offenbar  aus  jener  Zeit  stammten,  hat 
man  1848  mehrfach  in  den  Kellern  des  Eathauses  gefimden,  speziell 
audi  in  den  Souterrainraumen  des  Eatsturmes. 

4:3)  S.  176,  Z.  8  V,  u.    Konigsaaler  Geschichtsquellen,  S.  529. 


Zweiter  Abschnitt. 

1)  S.  178,  Z.  4  u.  2  T.  n.    Lehensurk.  I,  8  u.  12. 

2)  S.  179,  Abs.  1.  Cod.  dipl.  Morav.  VII,  564.  Der  AussteUer 
der  Urkunde  stiitzt  sich  dabei  auf  eine  augeblicbe  Schenkung  Konig 
Ottokars  an  den  Vater  Nikolaus'  III.,  welche  jedoch  Biermann 
fNikolaus  II.,  Programm  des  Teschener  Gymnasiums  1871,  S.  22)  fiir 
apoki'yph  halt. 

3)  S.  179,  Abs.  2.  Bereits  1337  hatte  Konig  Johann  Franken- 
stein von  Bolko  von  Miinsterberg  pfandweise  erworben.  Nachmals 
mills  dasselbe  wieder  eingelost  wordeu  seiu,  und  Bolkos  Sohu  Niko- 
laus  hatte  es  1346  an  Heinrich  von  Haugwitz  vei-pfandet,  der  das- 
selbe nun  eben  1348  Konig  Johann  iiberlafst;  Kamenzer  Urkunden- 
buch  (Cod.  dipl.  Sil.  X,  152  u.  166),  worauf  dann  Herzog  Nikolaus 
unter  dem  9.  Nov.  1351  Frankenstein  definitiv  an  Konig  Karl  ver- 
kauft.    Ebd.  181. 

4)  S.  179,  Abs.  2,  Namslau  betr.  Soviel  wie  im  Texte  ge- 
geben  ist,  stelleu  die  Urkuuden  vom  1.  Mai  1353  und  2.  Febr.  1359 
(Lehensurk.  I,  71)  aufser  Zweifel.  Die  sonstigen  verwickelten  Han- 
del um  diese  Stadt  (vgl.  Lehensurk.  I,  317  imd  schles.  Zeitschi-.  VII, 
106—108)  aufzukliiren,  ist  hier  nicht  der  Ort.  Vielleicht  hatte  sie 
Karl  IV.  bereits  1348  aus  polnischem  Pfandbesitze  geliist.  —  Lehens- 
urkunden  I,  71.  Die  Unterordnung  Namslaus  unter  den  Breslauer 
Hauptmann  wii-d  ausdriicklich  ausgesprochen  erst  in  der  Bestiitlgung 
jener  Inkorporationsurk.  von  1359  diirch  Konig  Wenzel  1.  Okt.  1397. 
Lehensurk.  I,  79. 

5)  S.  179,  Z.  8  u.  9  V.  ii.  Breslauer  Landbiicher  im  Breslauer 
Staatsarchive  B.  maj.  f.  133.  Cod.  dipl.  Siles.  HI,  112.  Z.  5  v.  u. 
Vgl.  Lehensurk.  I,  315  u.  317. 

5* 


68  Aumerkungeu.     S.  180.  181. 

6)  S.  180,  Abs.  2,  Landesliut  betr.  Chron.  princ.  Pol.  123. 
Die  Zeitbestimmuug  liefern  die  Fragmente  einer  Korrespondenz  der 
Stadt  Breslau  mit  Karl  IV.,  ed.  Griiuhagen,  Archiv  fiir  Kuude 
osterr.  Geschichtsquellen  18G5.  —  Vordringen  der  Polen  bis  Rosen- 
thal, etwa  3  Kilom.  uordl.  von  Bre-slau.  Korrespondenz  etc.  S.  10.  — 
ijber  die  Reideburgs  vgl.  Korresp.  a.  a.  0.  S.  10  u.  13. 

7)  S.  180,  Z.  2  V.  u.     Ebd.  12.  13. 

8)  S.  181,  Z.  2.     Corresp.  S.  U. 

9)  S.  181,  Z.  8.     Pelzel,  Karl  IV.  I,  Urkdbuch  170. 

10)  S.  181,  Abs.  2.  Die  Verzichturkunden  Ludwigs  uud  Ka- 
simirs  vom  27.  Mai  1353  in  den  schles.  Lehensurk.  I,  331  u.  332. 

11)  S.  181,  Abs.  2.  Die  verwickelten  Schicksale  von  Kreuz- 
burg  uud  Pitscheu,  gerade  im  14.  Jahrh.,  wo  sie  an  die  Herzoge 
von  Oppelu  verpfandet  uud  daun  wieder  an  den  Schweiduitzer  Herzog 
zeitweise  gekommeu  sind,  wahrend  doch  auch  der  Poleukouig  trotz 
jenes  Verzichtes  von  1353  uoch  weitere  Anspriiche  auf  sie  macht, 
warten  noch  eiuer  besondereu  Untersuchung.  Die  schles.  Lehens- 
urkuudeu  bringen  einige  merkwiirdige  Urkuuden  iiber  sie. 

12)  S.  181,  Z.  12  v.  u.  Dafs  Karl  in  jeueu  Tagen  auf  der 
Reise  von  Breslau  nach  Bautzen  zwischen  dem  24.  November,  wo  er 
in  Breslau  noch  verschiedeue  Urkunden  ausstellt,  und  dem  28.,  wo  er 
in  Bautzen  urkundet  (vgl.  Hubers  Regesteu  Karls  IV.,  S.  65), 
Liegnitz  beriihrt  und  sich  hier  auch  aufgehalten  hat,  zeigt  die  Ur- 
kunde  fiir  Breslau,  durch  welche  Karl  die  jahrliche  Ratswahl  wieder 
einfiihrt,  bei  Korn,  Bresl.  Urkdb.  176.  Kom  giebt  das  Datum 
nicht  richtig  wieder.  Das  Kopialbuch,  dem  er  sie  bei  dem  Mangel 
des  Originals  zu  entnehmen  genotigt  war,  hat  iiber  der  VIII.  das 
Wort  none  klein  geschrieben,  anscheinend  von  spaterer  Hand  stehen. 
Sehen  wir  davon  ab,  so  lautet  das  Datum:  Leguicz  a°.  dom.  M.  CCCXL 
Vni.  Decembris  regnorum  nostrorum  anno  tercio.  Das  nono  vor  die 
Einerzahl  hineinzuschieben  uud  dann  die  Urk.  auf  den  8.  Dezember 
1349  zu  setzen,  wie  Korn  es  thut,  verbietet  ein  Blick  auf  das  Itinerar 
Karls  IV.,  der  1349  im  Dezember  in  ganz  anderer  Gegend  war,  und 
schon  der  annus  regnorum  hatte  Korn  von  jener  Datierung  abhalteu 
soUen.  Eben  der  annus  regnorum  und  der  feststehende  Monatsname 
Dezember  kombiniert  mit  der  Thatsache,  dafs  Karl  von  Bautzen  aus 
zuerst  nach  "Wittenberg  mid  dann  nach  Dresden  geht,  wo  er  dann 
den  ganzeu  Monat  hindurch  vielfach  lu-kundet,  zwingt  uns,  wenn  wir 
etwa  zwei  Tage  fiir  die  Reise  von  Liegnitz  nach  Bautzen  ansetzen, 
den  25.  oder  26.  November  als  Ausstellungstag  jener  Urkunde  anzu- 
nehmen.  Wenn  Karl  noch  am  24.,  wo  er,  wie  erwahnt,  mehrere  Ur- 
kunden zu  Breslau  ausgestellt  hat,  abgereist  ist,   konute   er  am  25. 


Anmerkungen.     S.  182—184.  69 

recht  wohl  Liegnitz  erreichen  unci  dort  mit  Bolko  von  Schweidnitz 
zusammentreffeu.  —  Wenn  Stenzel,  schles.  Gesch.  131,  aus  dem 
Jahre  1349  noch  einen  Grenzvertrag  Bolkos  mit  Karl  IV.  anfiihrt,  so 
liegt  liier  ein  Irrtum  vor,  wie  bereits  F.  Kohler  in  der  schles.  Zeit- 
schrift  VIII,  202  nachgewiesen  hat.  Dort  ist  denn  auch  S.  215  die 
betr.  Urk.  vom  Jahre  135  9,  nicht  1349,  Januar  5,  aus  dem  Originals 
im  Olser  Archive  abgedruckt.  —  Z.  8  T.  u.  Riedel,  Cod.  dipl. 
Brandbg.  II.  2,  273. 

13)  S.  182,  Abs.  1  (am  Eude).  Lehensurk.  I,  494  u.  496.  — 
Es  steht  nichts  im  Wege,  die  beiden  gleich  auzufdhrenden  Urkunden 
Konig  Ludwigs  d.  d.  Ofen,  27.  Mai  1353,  als  zu  den  Ehepakteu  ge- 
horig,  und  eben  den  27.  Mai  als  Tag  der  Vermahlung  anzusehen. 

14)  S.  183,  Abs.  1.  Lehensurk.  I,  196  u.  331.  Vgl.  dazu  die 
Urk.  Kasimirs   von   1356 ,    S.  507   u.   332.     Desgl.  fiir  diesen  Absatz 

I,  497  u.  560.  —  Zu  Z.  9  scheint  es,  dafs  die  Stiidte  mit  diesen  sehr 
ansebnl.  Privilegien  noch  nicht  immer  zufrieden  waren.  —  Eventual- 
huldigungen.  Lehensurkunde  I,  502  —  504.  —  Das  Zobtenschlofs 
ebd.  501.  —  Kreuzburg  -  Pitschen  hatte  Bolko  bis  an  seinen  Tod. 
Chron.  princ.  Pol.  145.  Halb  Brieg  und  Ohlau,  Lehensurk.  I,  34, 
Goldberg  angef.  bei  Schuchard,  Herzog  "Wenzel,  S.  16;  Grottkau 
Stenzel,  Bistmnsurk.  320 ff.  und  Schuchards  (a.  a.  0.)  Vermutung 
inbetreff  der  Urk.  von  1359  Lehensurk.  I,  337;  halb  Glogau  Lehens- 
ixrkunden  I,  179;  die  Erlaubnis  des  Markgrafen  zur  Einlosung  der 
Lau.sitz  bei  Riedel,  C.  d.  Brdbg.  II.  2,  461. 

15)  S.  184,  Z.  2.  Aufzeichnungen  des  tiltesten  Striegauer  Stadt- 
buches  abgedruckt  bei  Luchs,  schles.  Fiirstenbildei",  Bog.  29%  S.  3, 
Anm.  19. 

16)  S.  184,  Abs.  2.  B  en  esch  v.  We  it  mil  402  und  die  Ver- 
zichtsiu-k.  Bolkos  vom  28.  Januar  1370.  Lehensurk.  I,  519.  —  Uber 
die  Schuld  von  Kasimir  vgl.  Benescb  a.  a.  0.;  in  der  Eventual- 
huldigungsurk.  der  Stadt  Schweidnitz  vom  4.  Juli  1353  ist  von  einer 
Schuld  von  3500  Mk.  an  den  Polenkonig  die  Eede ,  fiir  welche  die 
Stadt  Schweidnitz  diesera  habe  „huldung"  leisten  miissen. 

17)  S.  184  letzte  Zeile.  Urspriinglich  bei  dem  eigentlichen  Ver- 
lobungsvertrage  1363,  18.  Miirz,  hatte  diese  Zusage  die  Xiederlausitz 
nebst  auderen  Landen  in  gleichem  Werte  wie  Schweidnitz  -  Jauer  be- 
troffen.  Vgl.  die  Urk.  bei  Pelzel,  Karl  IV.  I,  Urkdb.  230.  Als 
dann  aber  1364,  14.  April,  die  Markgrafen  von  Brandenburg  iiber  die 
Niederlausitz  und  deren  Einlosung  aus  der  Pfandschaft  der  Mark- 
grafen von  Meifsen  durch  Karl  resp.  zunachst  Bolko  von  Schweidnitz 
einen  besonderen  Vertrag  gemacht  batten  'Riedel,  Cod.  dipl.  Brdbg. 

II.  2,  461),  mufste  Otto   einige  Tage  darauf  am   18.   April  in  einem 


70  Anmerkuiigen.     S.  185— 11»0. 

neuen   Vertrage  jeue   ueumarkischen   resp.   Lebuser  Besitzuugeu  der 
Niederlausitz  substituiereu.     Schles.  Leheusurk.  I,  508. 

18)  S.  185,  Abs.  1.  12.  Oktober  1369.  Lebensurk.  I,  514. 
Vorher  wird  erst  Elisabetb  durch  eineu  besoudereu  Akt  des  Kaisers 
vom  11.  Oktober  miiudig  gemacht  (Scbweidnitzer  Stadtarcbiv).  Des- 
gleichen  Weuzel,  Lebensurk.  I,  511.  —  Z.  13.     Lebensui-k.  I,  515. 

19)  S.  185,  Z.  14  T.  u.  Wie  z.  B.  die  von  Scbweidnitz,  Lieg- 
iiitz,  Tescbeu,  Tropjjau,  in  der  Angelegeubeit  des  falscheu  Waldemar, 
Sommersberg  I,  1»S1.  —  Z.  12  v.  u.  Eine  mir  vorliegende  aus 
Urkundenwerken  gescbopfte  Zusammeustellung  uennt  etwa  20  Karaen 
schlesiscber  Herzoge,  die  wahreud  der  Kegierungszeit  Karls  IV.  in 
dessen  Gefolge  wiedcrbolt  gcnannt  werden.  —  Z.  10  v.  lu  Vielfacbe 
Aufiibruugen  bei  Franklin,  das  kaiserl.  Hofgericbt. 

20)  S.  186.  Scbirrmacher,  Liegnitzer  Urkundenbuch,  S.  10.  — 
Vgl.  die  Urkundeu  bei  Scbirrmacber  S.  97  u.  98  und  dazu 
Scbucbard,  Herzog  Wenzel  von  Liegnitz,  S.  9  u.  Aum.  G  das., 
feruer  S.  12  und  Cbi-on.  priuc.  Pol.  142. 

21)  S.  187,  Z.  11.     Cbron.  princ.  Pol.  145. 

22)  S.  187,  Abs.  2.  Uns  ist  von  dem  Liegnitzer  Stifte  uur  die 
biscbofl.  Bestiitigungsurk.  von  1363  erbalten,  Scbirrmacber,  Lieg- 
nitzer Urkundenb.  159.  —  Die  Bilder  der  Hedwigslegende,  nacb  einer 
Hdscbi-.  von  1353,  ed.  G.  v.  Wolfskrou.  Wicn  1846.  Vgl.  dazu 
aucb  Luchs,  Uber  die  Bilder  der  Hedwigslegende.  Breslau  1861. — 
Icb  bin  geneigt,  meine  friiber  (Zeitschr.  V,  198)  ausgesprocbene  Ver- 
mutung,  welcbe  den  Ur-sjirung  der  Cbronik  nacb  Leubus  verlegeu 
wollte,  fallen  zu  lassen.  —  Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  I,  38 — 156. 

23)  S.  188,   Abs.  3.     Lebensurk.  II,  422ff. 

24)  S.  188  letzte  Zeile.    Fej^r,  C.  d.  Uug.  IX.  59. 

25)  S.  189,  Z.  2.  Pray  ann.  regni  Hung.  IH,  119.  Tburocz 
bei  Schwandtner,  Ss.  rer.  Hung.  I,  191  hat  das  Jahr  1362.  — 
Z.  10.     Lebensurk.  II,  308.  —  Z.  15.     ib.  308. 

20)  8.  189,  Abs.  2  {am  Eude).     Dobner,  Mou.  Bob.  II,  392. 

27)  S.  190,  Z.  1.     Caro,  Gescbicbte  Polens  I,  380. 

28)  S.  190,  Abs.  3.  Uber  des  Papstes  Geneigtbeit  vgl.  die  An- 
filbrung  einer  Protestation  Karls  vom  12.  Mai  1355,  Palacky, 
italienisebe  Reise,  S.  86,  Nr.  180. 

29)  S.  190,  Z.  11  v.  u.  Cod.  dipl.  Morav,  VII,  55.3.  —  Z.  5 
V.  Ti.     Stenzel,  Bistumsui-k.,  Einl.  XCII.  —  Z.  2  t.  u.    Den  5.  Fe- 

biTiar.     Th einer,  Mon.  Pol.  I,  528- 


Aumerkuugeu.     S.  191—195.  71 

30)  S.  191,  Z.  6.  Anfiihrung  eiuer  Prozefsschrift  vou  1379. 
Bresl.  Stadtarchiv.  —  Z.  15.  15.  November  1351.  Steuzel,  Bis- 
tumsurk.  308. 

31)  S.  191,  Z.  8  V.  u.     26.  Jiili  1360.    Glafey,  Anecdota  288. 

32)  S.  192,  AI).s.  1  :am  Eude).  Spruch  vom  30.  Januar  1370. 
Liiuig,  Reichsarchiv  XIV.  2,  246.  Die  wichtige  Urkunde  fehlt  in 
Korns  Breslauer  Urkiindenbuch.  Der  ganze  Streit  ist  ausfuhrlich 
dargestellt  bei  Grlinhagen,  Karl  IV.  in  seiuem  Verhaltnis  zur 
Breslauer  Domgeistlichkeit.  "Wieu  1868.  Archiv  fiir  Kunde  osterr. 
Geschichtsquellen,  Bd.  39. 

33)  S.  192,  A1)S.  2.  Stenzel,  Bistumsurk.  337.  —  Vgl.  die 
Aufserungen  des  Archidiakon  Nikolaus,  Griinhageu  a.  a.  0.  21  und 
die  Biographie  Preczlaws  bei  L  u  e  h  s ,  Fiirstenbilder,  Bog.  1,  wo  auch 
eine  Abbilduug  uud  Beschreibung  seines  schouen  Denkmals  in  der 
Breslauer  Domkirche. 

34)  S.  193,  Z.  2.  Beispiele  bei  Rauke,  Gescbicbten  der  ro- 
maniscben  und  germanischen  Volker  von  1494 — 1514.  Zweite  Auflage. 
Einl.  S.  XXVIII. 

35)  S.  193,  Z.  15  v.  u.  Das  Landbueb  berausgeg.  von  Sten- 
zel in  dem  Jabresber.  der  vaterl.  Gesellscbaft  1842.  Vgl.  dazu  die 
Urk.  vom  10.  Febr.  1352.     Korn,  Breslauer  Urkuudenbuch  182. 

36)  S.  193,  Z.  10  T.  u.  Korn,  Bresl.  Urkiindenbuch  165.  — 
Gaupp,  Das  scbles.  Landrecbt,  Leipzig  1848.  —  Z.  8  T.  u.  Eine 
Begiinstiguug  weiblicber  Erbfolge  durcb  das  polniscbe  Eeebt  zeigen 
die  Urkunden  iiber  den  Ratiborer  Erbfolgestreit  von  1337.  Scbles. 
Lehensurk.  II,  380  u.  383. 

37)  S.  194,  Z.  2.  Gesammelt  bei  Tzscboppe  und  Stenzel, 
Urkundensammlung ,  S.  86,  Anni.  1.  —  Z.  5.  Gaupp  in  seinem 
Bucbe  iiber  das  scbles.  Landrecbt  S.  88  lafst  es  dabingestellt,  welches 
der  beiden  zuletzt  erwiibuten  Motive  bestimmend  gewesen  sei.  — 
Z.  8.  Homeyer,  Klenkok  wider  den  Sachsenspiegel.  Abhandluugen 
der  Berl.  Akademie  1855/56.     432. 

38)  S.  194,  Abs.  2.  Das  Magdeburg  -  Breslauer  systematisehe 
Schoflfenrecht  aus  der  Mitte  des  14.  Jahrh. ,  ed.  Laband,  Berlin 
1863.  Eine  wichtige  Vorarbeit  fiir  dieses  hat  Bobertag  in  der 
scbles.  Zeitschr.  XIV,  S.  185ff.  beschrieben.  —  Korn,  Breslauer  Ur- 
kuudenbuch, Vorw.  S.  V. 

39)  S.  194,  Abs.  4,  Aufzeichnungen  des  Minoriten  Detmar, 
ed.  Grautoff,  S.  56. 

40)  S.  195,  Abs.  2.  G.  Bobertags  direkt  aus  den  Breslauer 
Amtsbiichern  jener   Zeit   gesehupfte  Zusammcnstelluug  der  Breslauer 

JIauptleute  i^scbl.  Zeitschr.  VII,  157)  zeigt,  wie  schon   1359,  wo   der 


72  Anmerkungen.     S.  195—107. 

alte  Kuuad  von  Falkenhain  wieder  als  Hauptmaun  genaunt  wird,  danebeni 
doch  der  Bresl.  Rat  vice  et  nomine  d.  C.  de  Falkenhain  urkundlich 
als  Hauptmaun  auftritt,  uud  Pol  (Bresl.  Jabrb.  I,  113)  hat  sicher 
recht,  -wenn  er  sagt,  Timo  von  Kolditz  babe  die  Hauptmaunschaft 
durch  den  Katsiiltesteu  verwalteu  lassen.  —  Liber  imperatoris  d.  a. 
1377,  ed.  Griiuhagen.     Cod.  dipl.  Siles.  Ill,  101. 

41)  S.  15)5.  1359,  Schirrmacher,  Liegn.  Urkdb.  144;  1359, 
Lehensurk.  II,  434;  1362,  Leheusurk.  II,  437;  13G7,  Cod.  dipl.  Siles. 
VI,  189;  1370,  Klose  „von  Breslau"  11,  248  aus  eiuem  leider  ver- 
loren  gegangenen  Kopialbuche. 

42)  S.  196,  Abs.  3.  Graf  uud  Dietherr,  Deutsche  Rechts- 
spriichworter,  S.  96.  Kloden,  Stellung  des  Kaufmanns  wiihrend 
des  Mittelalters ,  Stiick  II,  S.  7.  —  Korn,  Breslauer  Urkunden- 
buch  232. 

43)  S.  196,  Abs.  4  (Aiifaug-  .  —  uuiversis  et  singulis  illustri- 
bus  ducibus  in  partibus  Polonie  constitutis  uostre  dicioui  subjectis  — 
lautet  der  Ausdruck  bier,  Korn,  Bresl.  Urkdb.  167. 

44)  8.  196,  Z.  9  V.  u.  Urkuudeu  vom  25.  April  u.  13.  Juli  1348. 
Erstere  in  einem  Glatzer  Privilegienbuche  des  Bresl.  Staatsarcbivs  D,, 
365d  f.  65  (^deutsch)  und  f.  168  (bohmisch).  Die  andere  angf.  bei 
Kogler,  Glatzer  ^liscellen  I,  134.  —  Z.  5  v.  u.  Schirrmacher, 
Liegnitzer  Urkuudeubucb  109.  —  Letzte  Zeile.  Minsberg,  Ge-^ 
schichte  von  Glogau  I,  339. 

45)  S.  197,  Z.  1.  Im  iiltesten  Lowenberger  Stadtbuche.  —  Z.  4.. 
9.  Nov.  1347.  Grig,  im  Schweidnitzer  Stadtarchive,  vgl.  dazu  Su- 
torius,  Gesch.  von  Lowenberg  I,  62. 

4)6  S.  197,    Z.    8.     Eine    solche   Verbindung    Avird    z.    B.    1344:j 
zwischeu  Streblen  und  Miinsterberg  geschlossen.  Or.  unter  den  Streh- 
lener  Stadtui-k.    im    Bresl.    Staatsarchive ,    und    eine    zweite    zwischea] 
Goldberg  und  Hainan  eiuer-,  und  den  Stiidten   von  Schweiduitz-Jauerj 
anderseits,  erwjihnt  1346  in  dem  iiltesten  Lowenberger  Stadtbuche.  — 
Z.    11.     Man    wird    dies    daraus    schliefseu    diirfen,    dafs    neben    deaj 
Stiidten  doch  auch  die   verschiedenen  kaiserl.  Hauptleute   die  Einung;j 
machen.    —   Z.   12.     Korn,    Bresl.    Urkundeubuch    316.    —    Z.   16^ j 
Gorlitz  fehlt  \inter  den  Oberlausitzer  Stadten   als    sechste  oder   erste* 
Aber  da  die  Urkuude  in  Gorlitz  ausgestellt  ist,  wird  man  wohl  nichtJ 
zweifeln  diirfen,  dafs  Gorlitz  mit  dabei  war. 

47)  S.  197,  Abs.  3.  Benesch  V.  Weitmil  367:  Et  facta  est! 
talis  pax  in  regno  Boemie  et  in  omnibus  terris  adjacentibus ,  qualemj 
nulla  etas  meminit  nee  in  cronicis  fuisse  reperitur  etc. 

48)  S.  197,  Z.  10   T.   u.     Urkunden  bei  Korn,    S.  79.  80  u.  83] 

und  dazu  die  in  dem  iiltesteu  Privilegienbuche  enthalteae  Xotiz    'vgl. 


Anmerkungeu.     198—200.  73 

schles.  Zeitschr.  XIV,  170),  dafs  der  Herzog  von  Oppelu  dariiber 
noch  eine  besondere  Urkimde  gegeben  habe,  wonach  er  sich  fiir  den 
Fall  des  Zuwiderhandelns  dem  Gerichte  des  Bresl.  Bischofs,  dem 
Bann  und  Interdikte  unterwiirfe.  Et  istas  libertates  quidam  noster 
concivis  exul  et  humilis  ad  honorem  dei  et  b.  virginis  sua  propria 
pecunia  comparavit.  —  Danu  Korn,  Breslauer  Urkundenbuch  117. 
189.  247.  248. 

49)  S.  198,  Abs.  2  (am  Eude).  Korn  184.  Dafs  das  aller- 
dings  nicht  ganz  geholfen  babe,  zeigt  die  Klage  der  Breslauer  1354. 
(Korr.  der  St.  Breslau  a.  a.  0.,  S.  20.)  Erst  uuter  der  Regierung 
Ludwigs  und  vielleicht  dnych  den  Einflufs  Wladyslaws  von  Oppeln 
scbeint  eine  gewisse  Besserung  eiugetreten  zu  sein,  -weuigstens  ver- 
stunimen  jetzt  die  Klagen. 

50)  S.  198,  Abs.  3.     Korn  209.  189. 

51)  S.  198,  Z.  7  V.  u.  Danziger  Stadtarchiv  XXIV,  6.  Die 
Urkunde  ist  undatiert ,  docb  lassen  iiber  die  Zeit  die  beiden  Namen 
keinen  Zweifel.  Peter  Schwarze  ersclieint  im  Breslauer  Rat  in  den 
Jahren  1342 — 1380,  Peter  Beyer  1344—1380,  wie  die  Zusammen- 
steUung  im  Cod.  dipl.  Siles.  XI  edd.  Markgraf  und  Frenzel 
zeigt.  —  Z.  4  T.  u.  Nach  freundlicben  Mitteilungen  des  kiirzlich 
verstorbenen  Professor  Dr.  Hirsch  in  Greifswald,  des  langjahrigen 
Vorstehers  des  Danziger  Archivs. 

52)  S.  199.  Privileg  von  1349.  Korn  175.  Das  Jahr  vorher 
batten  die  Breslauer  den  Konig  um  die  Erwirkung  solches  Privilegs 
gebeten.     Korresp.  13. 

53)  S.  199.  Oderschiffahrt.  Niiheres  hieriiber  bei  Kloden, 
Beitrage  zur  Geschichte  des  Oderbandels.  Erstes  Stilck  S.  40  ff. 
Ferner  Korn  138;  Nr.  2.  175  u.  186;  Kloden  76 if.  Stadtarcbiv. 
Antiquarius  f.  52.  Matrica  S.  Vincentii  auf  dem  Breslauer  Staats- 
arcbive  f.  59,  Klose  II,  214  hat  fiilschlicb  porta  statt  portu  ge- 
lesen. 

54)  S.  199.  Handel  nacb  Westeu,  Die  Ortsnamen  sind 
teils  der  ZoUroUe  Heinrichs  VI.  von  1327  entuommen  (Korn  111), 
teils  der  undatierteu  Urkunde  im  Cod.  dipl.  Siles.  Ill,  95 ,  wo  jedoch 
hinter  Grimma  die  Worte  Zerbst  und  Burg  ausgelasseu  sind.  — 
Theiner,  Mon.  vet.  Pol.  I,  329.  595—597.  612.  Korresp.  a.  a.  0. 
S.  9;  Korn  229  u.  231. 

55)  S.  200j  Abs.  2.  Korn  166.  206-208.  210.  —  Schirr- 
macber,  Liegnitzer  Urkundenbuch  56. 

56)  S.  200,  Z.  6  V.  u.  Karls  Quittung  bei  Korn  211.  —  Z.  5 
V.  u.  Agf.  bei  Klose  II,  261  aus  einem  seitdem  verlorenen  Stadt- 
buche. 


74  Anmerkungen.     S.  201—205. 

57)  S.  201,  Al>s.  1.  Koru  250;  Pols  Jahrbiicher  I,  125.  Dei- 
Brief  scheiut  nicht  mehr     erhalten. 

58)  S.  201,  Abs.  2.     Benesch  v.  Weitmil,  p.  410. pa- 

rentatis  seu  non  parentatis  —  Koru  166.    Breslauer  Stadtbuch  C.  d. 
Siles   XI,  S.  154. 

59)  S.  202,  Abs.  1.  Schmidt,  Gcscbichte  von  Schweiduitz  I, 
55.  —  Schirrmacher,  Licguitzer  Urkuudeubuch  134.  —  Cod.  dipl. 
Sil.  IX,  Nr.  212'^.  —  Uber  die  Erbvogtei  vgl.  die  Aufiihruiigen  bei 
Tzscboppeu.  Stenzel  244.  In  den  Jahren  1371  — 1377  kaufeii 
von  den  Schweiduitz  -  Jaucrschen  StJidten  die  Erbvogtei  Schweiduitz, 
Jauer,  Lahn,  Hirschberg,  Lowenberg. 

60)  Feuersbriiuste.  lu  Breslau  am  Tage  vor  Stanislai  (7.  Mai) 
1342Rosicz,  Chrou.  (ed.  Wachter  iu  XII.  der  Ss.  rer.  Siles.,  p.  39) 
und  dazu  Koru  153.  154;  dann  28.  Mai  1348  Korrespon.  16  and 
dazu  Korn  177  u.  184.  1360  Pols  Jahrb.  I,  128  und  dazu  Koru 
207.  Oppelu  1351  Cod.  dipl.  Sil.  I,  14.  Schweiduitz  1362  Pols 
Jahrb.  I,  208. 

61)  S.  203.  ZurErgiiuzung  der  sehr  verdieustlichen  Monographic 
R.  Honigers:  Der  schwarze  Tod  in  Deutschlaud,  Berlin  1882,  welche 
in  sehr  dankenswerter  Weise  die  herkommlicheu  Augaben  iiber  das 
Auftreten  der  Pest  hier  im  ostlicheu  Deutschlaud  berichtigt ,  vermag 
fiir  Schlesien  speziell  Griinhageus  Exkurs  iiber  deu  schwarzen  Tod, 
schles.  Zeitschr.  XYII,  39  zu  dieuen.  —  Z.  8.  Wic  eiue  Notiz  iu  der 
Ratiborer  Chrouik,  scliles.  Zeitschr.  IV,  116,  vermuteu  Ijifst. 

62)  8.  203,  Abs.  2.  Uber  Preczlaws  Eiuschreiteu  vgl.  Aunalista 
Silesiacus,  Zeitschrift  I,  221  (als  Ann.  Wratislav.  iu  d.  Mou.  Germ. 
XIX,    532).    —    Z.  3  V.  u.     Korrespondenz    S.    14.    —    Z.  2  v.  u. 

Koru  178. 

63)  S,  204 ,  Abs.  2.  You  Guhrau  siehe  uuteu.  —  Haudschriftl. 
Chrouik  des  17.  Jahrhuuderts  auf  dem  Staatsarchive.  (Museums- 
Handschr.  B.  f.  69.)  Nachtriiglich  moge  hierzu  bemerkt  werden, 
dafs  solche  Selbstverbrennung  vou  Juden  ebeu  am  2.  April  1349  aus 
den  verschiedensteu  Stadteu  Deutschlauds  berichtet  wird.  —  Abs.  3. 
Rechnuugsbiicher  79.  Korrespondenz  22.  Olsuer,  Schles.  Urkunden 
zur  Gesch.  der  Juden  im  Mittelalter.  Wien  1864.  (Archiv  f.  Kunde 
osterr.  Gesch.-Qu.  31).     S.  54  ff. 

64)  S.  204,  Z.  4  T.  u.  Ann.  Mechovieus.  (Mou.  Germ.  XIX, 
670.)  Ann  Sendiwogii  (Bielowski,  Mou.  Pol.  II,  880).  —  Uber 
die  Chronologie  des  Auftreteus  der  Pest  iu  Schlesien  vgl.  meiueu  ob. 
(Aum.  61)  augef.  Exkurs. 

6.5)  S.  205,  Z.  11.  Klose  11,184.  Die  eine  Synagoge  vermieten 
sie  jahrlich  urn  2  Mk.    Rechuuugsb.  100.  —  Z.  13.    Rechnuugsb.  78. 


Aumerkungen.     S.  205—207.  75 

CG)  S.  205.  Uber  Sagau  Steuzel,  Ss.  rer.  Siies.  I,  lOO.  —  Die 
Judeuverfolgungen  Olsner  a.  a.  0.  53  uud  dazu  Cod.  dipl.  Sile.s.  IX, 
Nr.  235.  —  Fur  Breslau  haben  wir  fiir  die  iiltere  Zeit  alleiu  die  Auf- 
zeichuung  bei  Rosicz  (ed.  Wachter,  Ss.  rer.  Siles.  XII,  S.  40),  der 
aber  zum  Jahre  1360  nur  ganz  kurz  bericbtet,  am  Tage  Jakobi  seieu 
zu  Breslau  die  Juden  erschlagen  worden.  Dlugosz  (Hist.  Pol.  lib. 
IX,  col.  1130)  bericbtet  zum  Jabre  13(j1  ,  aber  zu  gieicbem  Tage, 
von  einer  grofsen  Feuersbrunst  zu  Breslau  mit  dem  Hinzufiigen,  die 
Breslauer  batten  infolge  des  Brandes  einen  gewaltigen  Zoru  gegen 
die  Juden  gefafst,  diese  verfolgt  und  vertrieben.  Von  spiitereu  Chi-o- 
uisten  giebt  z.  B.  Pol  in  seinen  Breslauer  Jabrbiicbern  wiederum 
zum  Jabre  13G0  (I,  128)  an,  es  seieu  am  25.  Juli  die  Juden  zu 
Breslau  alle  erscblagen  worden  und  bald  nacbber  die  Stadt  „fast  gar" 
ausgebranut.  AVeun  es  nun  scbon  an  und  fiir  sicb  sebr  locken  raufs, 
die  Judenverfolgung  in  das  Pestjabr  1362  zu  setzen,  in  welcbem 
Jabre  wir  aucb  noch  an  zwei  anderen  Orten  von  Judeuverfolgungen 
erfahren,  so  drangt,  wofern  wir  uns  die  Judenverfolgung  als  im  Zu- 
sammenbange  steheud  mit  dem  Brande  denken  woUeu,  noch  ein  an- 
deres  Zeugnis  dazu,  an  dem  Jahre  1362  festzuhalten  uud  bei  Rosicz 
einen  chronologischen  Irrtum  vorauszusetzen.  Der  Rat  von  Breslau 
setzt  namlich  unter  dem  26.  August  1363  fest,  dafs  alle  durch  den 
Brand  zerstorten  holzernen  Hauser  am  Ringe  nur  von  Steineu  oder 
Ziegeln  aufgebaut  warden  diirften  (Korn,  Breslauer  Urkundenbucb 
207).  Der  Brand  ist  also  sicher  nicht  friiber  als  1362  gewesen.  Am 
Ringe  batte  man  unmoglich  so  lange  mit  dem  Wiederaufbau  der 
Hauser  gezogert.  —  Uber  die  Amnestic  Cod.  dipl.  Sil.  IX,  Nr.  233. 

67)  S.  205,  Z.  14  T.  u.     1372  und  1375,  Korn  231  u.  244  und 
Z.  8  V.  u.     Faber,  Origines  Wratislav.,  handschriftlich. 


Dritter  Abschnitt. 

1)  S.  207,  Abs.  1  (am  Eiule).  Uber  ihn  und  den  ganzen  Her- 
gang  des  Pfaffenkrieges  vgl.  Griinbagen,  Kouig  Wenzel  uud  der 
Pfaffenkrieg  zu  Breslau.  Arcbiv  fiir  Kunde  osterr.  Gesch.-Qu.  37. 
Im  Anhange  dazu  finden  sicb  Regesten  der  in  Frage  kommcndeu 
Urkunde  und  Kritisches  uber  die  Hauptquellen  speziell  auch  iiber 
Janko  von  Czarukowo,  der  inzwischen  bei  Bielowsky,  Men. 
Pol.  II  aufs  neue  und  besser  als  bei  Sommersberg  abgedruckt  ist. 

2)  S.  210,  Z.  9.  Biermann,  Seit  waun  saben  sich  die  ober- 
scblesischen  Piasten   als  sclilesische  Herzoge  an?    Schles.  Zeitscbrift 

vm,  31. 


76  Anmerkungeu.     S.  210—216. 

3)  S.  210,  Z.  15  V.  u.  Th.  Linduer,  Konig  Wenzel  1,  210.  — 
Z.  12  V.  u.  Schles.  Lehensui-k.  I,  196.  —  Z.  8  v.  u.  Biermann, 
Gesch.  von  Teschen  147. 

4)  S,  211,  Al)s.  2.  Vgl.  die  interessante  Charakteristik  Wlady- 
slaws  bei  Caro,  Poln.  Gesch.  Ill,  113.  —  Uber  die  miibr.  Handel 
vgl.  Arcbiv  f.  Kunde  osteiT.  Gesch. -Qu.  VIII,  183.  Uber  den  Ver- 
kanf  von  Jagemdorf  Biermanu,  Geschichte  von  Troppau - Jiigern- 
dorf  217. 

5)  S.  211,  Z.  8  V.  u.  Dlugosz,  Hist.  Pol.  lib.  X,  col.  129. 
Henelii  ann.  Siles.  bei  Sommersberg  II,  302.  Die  Schuldverhiilt- 
nisse,  welche  den  Anlafs  zu  der  Oppelner  Fehde  bildeten  (vgl.  unten), 
zur  Erklarung  dieser  Kiimpfe  heranzuzieheu ,  wie  dies  Lindner 
(Konig  Wenzel  II,  186,  Anm.  1)  thut,  mochte  ich  doch  bei  dem 
Mangel  aller  Bindeglieder  nicht  wagen. 

6)  S.  212,  Z.  1.  Dlugosz,  lib.  X,  col.  144.  —  Z.  8.  Vgl. 
Mosbach,  Schles.  Zeitschr.  VII,  70 ff.  und  dann  die  Urkunden  von 
1367  u.  1396  in  den  schles.  Lehensurk.  II,  308  und  318.  —  Ferner 
Dlugosz,  lib.  X,  col.  145  und  Idzikowski,  Gesch.  von  Oppeln, 
S.  78.  79. 

7)  S.  213,  Z.  8.  Das  Dunkel  ganz  zu  lichten  haben  doch  auch 
Lindners  Forschuugen  nicht  vermocht  (Geschichte  Konig  Wenzels 
II,  369  ff.).  —  Z.  11.  Die  Urk.  vom  14.  Juli  1397  fiir  Herzog  Johann 
Lehensurk.  II,  S.  179  zeigt,  dafs  derselbe  bereits  Hauptmaun  von 
Glatz  und  Frankenstein  war,  dies  also  nicht,  wie  Palacky,  Gesch. 
von  Bohmen  III.  1,  103  anzunehmen  scheint,  zum  Lohne  fiir  die  That 
geworden  ist. 

8)  S.  213,  Abs.  3.  Elisabeth,  die  Gemahlin  Bolkos  II.  von 
Oppeln,  hatte  diese  Anspriiche  auf  ihre  beiden  Sohne,  den  oft  ge- 
nannten  Wladyslaw  und  Bolko  III. ,  vererbt.  Von  Wladyslaw  ist 
aber  in  dem  ganzen  Handel  nie  die  Rede,  sondern  iramer  nur  von 
den  drei  Sohuen  Bolkos  III.  (f  1378},  ohne  dafs  wir  von  einer  Cession 
an  diese  etwas  erfahren. 

9)  S.  213,  Z.  7  V.  u.  Die  Schuldurk.  vom  10.  Juni  1398  bei 
Liinig,  C.  d.  Germ.  II,  382. 

10)  S.  214,  Z.  8.  Handschrift  des  Bresl.  Staatsarchivs  E.  75. 
Querele  civitatis  Wratisl.  contra  duces  Opolienses. 

11)  S.  216,  Z.  9  V.  n.  Den  Ausdruck  gebrauchen  die  Oppelner 
Herzoge  in  einem  Schreiben  an  Markgraf  Jost  ;enthalten  in  Berichten 
aus  Ofen  Breslauer  Stadtarchiv  Roppan  393  k  und  n). 


Anmerkungeu.     S.  218—224.  77 

12)  S.  218,  Abs.  2.  Urk.  vom  2.  Mai  1383,  Walter,  Sil.  dipl. 
il,  422.  29.  April  1384  im  Stadtarchiv  vou  Oppeln  und  die  Anfiih- 
rungen  in  der  schles.  Zeitschr.  IV,  187;  IX,  106  u.  170. 

13)  S.  219,  Abs.  2.  Femgerichte.  Urk.  vom  12.  Marz 
1381.  Milichsche  Bibl.  zu  Gorlitz,  Mskr.  217,  Nr.  56.  —  C.  d. 
Siles.  Ill,  117  und  Anm.  2  dazu.  Anfiihrungen  bei  Klose  „von 
Breslau"  II.  2,  404. 

14)  S.  219,  Abs.  3.  La  ndf  riedeusbiinduisse.  Keichstags- 
akten  ed.  Weizsacker  I,  373,  §  24.  —  Klose  II.  2,  402.  —  8.  Jan. 
1389.  Orig.  Urk.  im  erzbiscbofl.  Arcbive  zu  Kremsier.  —  30.  Marz 
1396.  Herzog  Wladyslaw  von  Oppeln  ent.sclauldigt  sein  Ausbleibeu 
bei  der  Wabl  des  Altesten.  Bresl.  Staatsarcbiv ,  Senitziscbe  Samm- 
lung.  —  Erkliii-ung  fur  Weuzel.  11.  Juli  1402,  Sommersberg  I, 
1006  und  Liinig,  C.  Germ.  dipl.  II,  26;  die  scbles.  Lehensurk.  1,19 
geben  nur  den  politischen  Teil  der  Urk.  mit  Weglassung  der  Be- 
stimmungen  iiber  den  Bund. 

15)  S.  221.  Scbles.  Fiirsten  am  Krakauer  Hofe.  Frag- 
niente  von  Krakauer  Rechnungsbiicbern  vom  Jabre  1419 ,  welcbe 
Zeifsberg  veroffentlicht  hat,  Analekten  zur  Gescb.  des  15.  Jabrb., 
Zeitschr.  f.  d.  osterr.  Gymnas.  1870,  Heft  5  u.  6,  S.  367. 

16)  S.  221.  Poln.  Werbuugen,  Dlugosz,  lib.  XI,  col.  141.  — 
Konrad  gefangen,  Ss.  rer.  Prussicar.  Ill,  426.  —  Ludwigs  Ver.sprechen 
Ygl.  Voigt,  Gescb.  Preufs.  VII,  71,  Anm.  2.  —  Wenzels  Geueigt- 
heit  zu  Abtretungen  in  Schlesien  bezeugt  die  Urkunde  bei  Pelzel, 
Konig  Wenzel  II,  Anbang  103  u.  104,  wenngleich  Dlugosz  (lib.  X, 
••col.  181),  der  von  einer  angebotenen  Abtretung  von  ganz  Schlesien 
spricbt,  arg  iibertreibt. 

17)  S.  222,  Z.  7.  Mitteilungen  aus  der  Beschwerdescbrift  bei 
Klose  II.  2,  395 £P.  —  Uber  Bartuscb  Pols  Jabrb.  I,  143,  wo  offen- 
bar  altere  Quellen  vorlagen,  danu  Klose  II.  2,  402  ff.  Vgl.  bierzu 
auch  C.  d.  Siles.  Ill,  121  ff.  —  Brandschatzung  von  01s,  Pol  I,  143. 

18)  S.  222,  Z.  5  v.  u.  So  von  1391  zwischeu  Wladyslaw  und 
Konrad  von  01s,  Dogiel,  C.  d.  Pol.  Suppl.  ad  I,  p.  II  1391  und 
von  1397  zwischen  Wladyslaw  und  dem  scbles.  Bunde,  Invent.  Cracov., 
p.  54. 

19)  S.  223,  Z.  2.     Raczynski,  Cod.  dipl.  Litbuan.,  p.  110. 

20)  S.  223.  iiber  die  Bresl.  Verfassungskiimpfe  vgl.  Mark- 
grafs  Einl.  zu  dem  Bresl.  Stadtbucbe  (C.  d.  Siles.  XI,  p.  XXII  ff.) 

21)  S.  224.  Der  ziinftiscbe  Ausschufs.  Bresl.  Stadtbuch, 
S.  157.  In  dem  liber  magnus,  aus  dem  der  Abdruck  erfolgt  ist,  hat 
eine  Hand   des   16.   Jahrhunderts    zu    dieser  Urkunde  die  Worte   ge- 


78  Aumerkungeu.     S.  224—227. 

schriebeu :  seditiose  plebis  scriptuin.  Es  ist  iuteressant  die  am  Eiu- 
gange  der  Urkunde  gegebene  Aufziihlung  der  Ziinfte  init  der  Zu- 
sammeubtelluug  der  Gescbworeneu  aus  den  Stadtbiicheru  jeiier  Zeit, 
welche  in  der  scbles.  Zeitschr.  IV,  18G  gegeben  ist,  zu  vergleichen. 

22)  S.  224.  Bresl.  Stadtbucb  (C.  d.  S.  XI)  Einl.  XXII -XXIV, 
dann  p.  158  und  dazii  Zeitschr.  IV,  187. 

23)  S.  22«,  Al)s.  1  (am  Ende).     Bresl.  Stadtb.  175. 

24)  S.  226,  Z.  8  v.  u.     Bresl.  Stadtb.  XXXIV.   —    Z.  6   v.   u. 

Die  Fleischer  werden  nachmals  als  Anstifter  besonders  bestraft. 

25)  S.  227,  Z.  1.  Wir  sind,  was  die  Einzelheiten  des  Auf- 
standes  anbetriflft,  der  Hauptsache  nach  auf  spjitere  Quellen,  niimlich 
einmal  die  handschriftlichen  Origines  Wratislavienses  des  1568  ver- 
storbenen  Stadtschreibers  Franz  Faber  und  dann  die  Bresl.  Jahr- 
biicher  des  Nik.  Pol  (Anfang  des  17.  Jahrh.)  ed.  Biisching, 
Breslau  1813,  I,  158 ff.  angewiesen.  Was  nun  Faber  anbetrifft,  so 
ist  bier  doch  wohl  kaum  mehr  zu  entscheiden,  ob  er  blofs  nach 
miindlicher  Tradition  bericbtet,  um  so  weniger  da  z.  B.  die  Liste  der 
Euthaupteten,  die  er  bringt  (vgl.  Bresl.  Stadtbucb,  S.  183  Anm.),  mit 
ihreu  Zusiitzen,  wie  bei  Gotschalk:  wold  sackman  niachn  oder  bei 
Hengsweip:  lautte  die  rotglocke  doch  wohl  als  gleichzeitig  ange- 
sehen  werden  miifsen.  Diese  Quelle  kanu  dann  recht  wohl  noch 
weitere  Zusatze  gehabt  haben. 

Dagegeu  scheint  in  der  That  das,  was  der  nun  noch  fast  70  Jahi'e 
nach  Faber  schreibende  Nik.  Pol  an  weiteren  Zusiitzen  hat,  auf  einer 
nur  huchst  unsicheren  Tradition  zu  beruhen.  Hierher  gehiirt  das 
Hereinziehen  der  Neusttidter  Klemenskirche,  in  welcher  angeblich  die 
Verschworenen  am  Sonntag  den  17.  Juli  zusammengekoramen  und 
sich  unter  Ablegung  der  Beichte  und  Genufs  des  Abendmahls  zu 
ihrem  blutigen  Werke  verbunden  batten.  Das  letztere  habe  ich  in 
dem  Text  nicht  mit  aufzunehmeu  gewagt,  es  erscheint  mir  wie  ein 
aus  dem  Geiste  einer  spiitereu  Zeit  erfundener  Zug. 

Was  dann  ferner  die  Klemenskirche  anlangt,  so  finden  wir  ihre 
erste  Erwiihnung  zum  Jahre  140G,  wo  sie  als  die  neue  Ivirche  in  der 
Neustadt  erscheint  (schles.  Zeitschr.  X,  280).  Im  Jahre  1489  ist 
von  dem  Prediger  „der  do  polnisch  predigt  in  S.  Clement  kirche" 
die  Rede  (Schles.  Zeitschr.  X,  281).  Sthenus  in  seiner  gegen  das 
Ende  des  15.  Jahrh.  geschriebenen  Breslographia  (ed.  Kunisch, 
p.  13)  bericbtet  von  der  Klemenskirche  nur  ganz  kurz:  Praeterea 
S.  Clementis  aedes  in  crucis  est  figuram  structa  non  magna  quidem 
Polonorum  et  piscatorum  ecclesia.  Anf lihrungen ,  denen  wir  wenig- 
stens  soviel  entnehmen  konnen,  dafs  damals  die  Kirche  noch  nicht 
wUst  lag,  und  dafs  selbst  ein  so  iinterrichteter  Mann  wie  Sthenus  von 


Anmerkungeu.     S.  227.  7^ 

jener    traurigeu    Beriihrntheit    der    Kirche    nichts    gewulst   zu    haben 
scheint. 

26)  S.  227,  Z.  2.  Den  Tag  des  heiligen  Arnulph,  den  Faber 
angiebt,  verblirgt  auch  des  Abtes  Ludolf  von  Sagan  tractatus  de 
longevo  schismate  ed.  Loserth,  Wien  1880,  125  und  wenn  Grote- 
fend  in  seiner  hist.  Chronologie,  S.  104,  angiebt,  das  Fest  dieses 
Heih'gen  sei  in  mancben  Diocesen  und  so  auch  in  der  Breslauer  erst 
am  16.  August  gefeiei-t  worden ,  so  ist  dagegen  zu  bemerken ,  dafs 
spatere  schlesische  Quellen  wie  Pol  I,  159  noch  eine  zweite  chrouo- 
logische  Bestimmung  haben:  Montag  nach  der  Apostel  Teikiug,  welche 
dann  auf  den  18.  Juli  fiihrt,  auf  welcheu  Tag  auch  gewohnlich  das 
Fest  des  heil.  Aniulph  gesetzt  zu  werdeu  pflegt.  Vom  16.  August 
konnte  ohnehin  hier  uicht  die  Eede  sein,  am  10.  August  wird  ja  be- 
reits  der  neue  Rat  eingesetzt. 

27)  S.  227,  Z.  10.  AUerdings  heifst  es  in  der  Strafsenteuz  von 
1420  (Stadtbuch  182)  die  Aufi-Uher  batten  das  rathus  ufgestossen, 
doch  in  dem  liber  proscriptorum  (daselbst  184),  sie  wiiren  frevelich  in 
das  rathus  ingelofen  und  wahrend  unter  den  Zusiitzen  zu  den  Xamens- 
verzeichuissen  das  Aufhauen  des  Ratsturmes  besonders  hervorgehoben 
wird,  ist  von  einem  gewaltsamen  OfFnen  der  Rathausthiir  nie  die 
Rede. 

28)  S.  227,  Abs.  2.  Wenn  wir  auuehmeu,  dafs  die  von  dem  Pobel 
Ermordeten  nicht  die  vorzugsweise  Vei-hafsten,  sondern  einfach  die 
gewesen  seien,  deren  man  gerade  habhaft  werden  konnte,  so  ist  das 
nur  eine  durch  die  dem  16.  Jahrhuudert  angehorenden  lateinischen 
Hexameter  (gedruckt  bei  N.  Pol  I,  160  \md  mit  besserem  Texte  in 
desselben  Chronisten  Breslauer  Feuerspiegel ,  S.  42)  gestiitzte  Ver- 
mutvmg.  Doch  gewinnt  dieselbe  eine  gew.  Wahrscheinlichkeit,  wenn 
wir  erfahren,  dafs  unter  den  Opfern  von  den  Ratsherren  jenes  Jahres, 
gegen  die  sich  doch  vorzugsweise  der  Grimm  der  Aufstiindischen  ge- 
richtet  haben  miifste,  nur  eben  der  Biirgermeister  sich  befunden  hat, 
dagegen  drei  aus  dem  SchofFenkollegium ,  das  doch  seiner  ganzen 
Stellung  nach  uugleich  weniger  politisch  hervortrat,  und  zwei  Kon- 
sulare  friihercr  Zeit,  noch  dazu  beide  Ziinftler,  wahrend  aus  den 
vornehmsten  Geschlechtern,  also  den  exklusivsten  Patriziern,  niemand 
beteiligt  war.  Auch  das  klJigliche  Schicksal  ^Nlegerlins  (vgl.  im 
Texte),  von  dem  wir  ja  bestimmt  hoi*en,  dafs  er  auf  der  Flucht  er- 
griffen  und  dann  ermordet  ward,  drJlngt  zu  der  obigen  Vermutung. 

29)  S.  227,  Abs.  2.  Angefuhrt  in  dem  Weistume  von  1420, 
Bresl.  Stadtbuch  178.  Die  Tradition,  wie  sic  bei  Faber  und  Pol 
uus  entgegentritt ,  und  welche  abgesehen  von  dem  vom  Ratsturme 
herabgestlirzten  Megerliu  die  iibrigen  Opfer  siimtlich  enthaviptet  werden 
lafst,  findet  doch  in  alien  alteren  Quellen  ihre  Bestatigung,  so  in  dem 


78  Aumerkuugeu.     S.  224 — 227. 

schriebeu :  seditiose  plebis  scviptum.  Es  ist  iuteressant  die  am  Ein- 
gange  der  Urkunde  gegebeoe  Aufzahlung  der  Ziinfte  mit  der  Zu- 
sammenstellung  der  Geschworeneu  aus  den  Stadtbiicbeni  jeuer  Zeit, 
welcbe  in  der  scbles.  Zeitschr.  IV,  186  gegeben  ist,  zu  vergleichen. 

22)  S.  224.  Bresl.  Stadtbuch  (C.  d.  S.  XI)  Einl.  XXII  -  XXIV, 
dann  p.  158  imd  dazii  Zeitschr.  IV,  187. 

23)  S.  226,  Abs.  1  (am  Ende).     Bresl.  Stadtb.  175. 

24)  S.  226,  Z.  8  v.  u.     Bresl.  Stadtb.  XXXIV.   —    Z.  6   v.   u. 

Die  Fleischer  werden  nachmals  als  Anstifter  besonders  bestraft. 

25)  S.  227,  Z.  1.  Wir  sind,  was  die  Einzelheiten  des  Auf- 
standes  anbetriflft,  der  Hauptsache  nach  auf  spatere  Quellen,  niimlich 
einmal  die  handschriftlichen  Origines  Wratislavienses  des  1568  ver- 
storbenen  Stadtschreibers  Franz  Faber  und  dann  die  Bresl.  Jahr- 
biicher  des  Xik.  Pol  (Anfaug  des  17.  Jahrh.)  ed.  Biisching, 
Breslau  1813,  I,  158 ff.  angewiesen.  Was  nun  Faber  anbetrifft,  so 
ist  bier  doch  wohl  kaum  mehr  zu  eutscheiden,  ob  er  blofs  nach 
miiudlicher  Tradition  berichtet,  um  so  weniger  da  z.  B.  die  Liste  der 
Enthaupteten,  die  er  bringt  (vgl.  Bresl.  Stadtbuch,  S.  183  Anm.),  mit 
ihren  Zusiitzen,  wie  bei  Gotschalk:  wold  sackman  machn  oder  bei 
Hengsweip:  lautte  die  rotglocke  docli  wohl  als  gleichzeitig  auge- 
sehen  werden  miifsen.  Diese  Quelle  kauu  dann  recht  wohl  noch 
weitere  Zusatze  gehabt  haben. 

Dagegen  scheiut  in  der  That  das,  was  der  nun  noch  fast  70  Jahi-e 
nach  Faber  schreibende  Nik.  Pol  an  weiteren  Zusiitzen  hat,  auf  einer 
nur  hochst  unsicheren  Tradition  zu  beruhen.  Hierher  gehort  das 
Hereinziehen  der  XeustJidter  Klemeuskirche,  in  welcher  angeblich  die 
Verschworenen  am  Sonntag  den  17.  Juli  zusammengekommen  und 
sich  unter  Ablegung  der  Beichte  und  Genufs  des  Abeudmahls  zu 
ihrem  blutigen  Werke  verbunden  batten.  Das  letztere  habe  ich  in 
dem  Text  nicht  mit  aufzuuehmen  gewagt,  es  erscheint  mir  wie  ein 
aus  dem  Geiste  einer  spiiteren  Zeit  erfundener  Zug. 

Was  dann  ferner  die  Klemenskirche  anlangt,  so  finden  wir  ihre 
erste  Erwtihnung  zum  Jahre  1406,  wo  sie  als  die  neue  Ivirche  in  der 
Neustadt  erscheint  (schles.  Zeitschr.  X.  280).  Im  Jahre  1489  ist 
von  dem  Prediger  „der  do  polnisch  predigt  in  S.  Clement  kirche" 
die  Rede  (Schles.  Zeitschr.  X,  281).  Sthenus  in  seiner  gegen  das 
Ende  des  15.  Jahrh.  geschriebenen  Breslographia  (ed.  Kunisch, 
p.  13)  berichtet  von  der  Klemenskirche  nur  ganz  kurz:  Praeterea 
S.  Clementis  aedes  in  crucis  est  figuram  structa  non  magna  quidem 
Polonorum  et  piscatorum  ecclesia.  Anfiihrungen,  denen  wir  wenig- 
stens  soviel  entnehmen  konnen,  dafs  damals  die  Kirche  noch  nicht 
wiist  lag,  und  dafs  selbst  ein  so  unterrichteter  Mann  wie  Sthenus  von 


Anmerkungeu.     S.  227.  7^ 

jener    traurigeu    Beriihmtheit    der    Kirche    nichts    gewulst    zu    habeii 
scheint. 

26)  S.  227,  Z.  2.  Den  Tag  des  heiligen  Aruulph,  den  Faber 
augiebt,  verbiirgt  anch  des  Abtes  Ludolfvon  Sagan  tractatus  de 
longevo  schismate  ed.  Losertli,  Wien  1880,  125  imd  wenn  Grote- 
fend  in  seiner  hist.  Chronologie ,  S.  104,  angiebt,  das  Fest  dieses 
Heib'gen  sei  in  mancben  Diocesen  und  so  auch  in  der  Breslauer  erst 
am  16.  August  gefeiert  worden ,  so  ist  dagegen  zu  bemerken ,  dafs 
spjitere  schlesische  Quellen  wie  Pol  I,  159  noch  eine  zweite  chrono- 
logisehe  Bestimmung  haben :  Montag  nach  der  Apostel  Teiluug,  welche 
dann  auf  den  18.  Juli  fiihrt,  auf  welcheu  Tag  auch  gewohnlich  das 
Fest  des  heil.  Arnulph  gesetzt  zu  werden  pflegt.  Vom  16.  August 
konnte  ohnehin  bier  nicht  die  Rede  sein,  am  10.  August  wird  ja  be- 
reits  der  neue  Rat  eingesetzt. 

27)  S.  227,  Z.  10.  AUerdings  heifst  es  in  der  Strafsentenz  von 
1420  (Stadtbuch  182)  die  Aufi-iiher  batten  das  rathus  ufgestossen, 
doch  in  dem  liber  proscriptorum  (daselbst  184),  sie  waren  frevelich  in 
das  rathus  ingelofen  und  wahreud  unter  den  Zusiitzen  zu  den  Namens- 
verzeicbnissen  das  Aufhauen  des  Ratsturmes  besonders  hervorgehoben 
wii'd,  ist  von  einem  gewaltsamen  (3ffnen  der  Rathausthiir  nie  die 
Rede. 

28)  S.  227,  Abs.  2.  "Wenn  wir  annehmen,  dafs  die  von  dem  Pubel 
Ermordeten  nicht  die  vorzugsweise  Verhafsten,  sondern  einfach  die 
gewesen  seien,  deren  man  gerade  habhaft  werden  konnte,  so  ist  das 
nur  eine  dui-ch  die  dem  IG.  Jahrhuudert  angehoreuden  lateinischen 
Hexameter  (gedruckt  bei  N.  Pol  I,  160  und  mit  besserem  Texte  in 
desselben  Chronisten  Breslauer  Feuerspiegel ,  S.  42)  gestiitzte  Ver- 
mutung.  Doch  gewinnt  dieselbe  eine  gew.  Wahrscheinlichkeit ,  wenn 
wir  erfahren,  dafs  unter  den  Opfern  von  den  Ratsherren  jenes  Jahres^ 
gegen  die  sich  doch  vorzugsweise  der  Grimm  der  Aufstiindischen  ge- 
richtet  haben  miifste,  nur  eben  der  Biirgermeister  sich  befuuden  hat, 
dagegen  drei  aus  dem  SchofFenkoUegium ,  das  doch  seiner  ganzen 
Stelluug  nach  uugleich  weniger  politisch  hervortrat,  und  zwei  Kon- 
sulare  friiheror  Zeit,  noch  dazu  beide  Ziinftler,  wahrend  aus  deu 
voruehmsten  Geschlechtern,  also  den  exklusivsten  Patriziern,  uiemand 
beteiligt  war.  Auch  das  klagliche  Schicksal  Megerlins  (vgl.  im 
Texte),  von  dem  wir  ja  bestimmt  horen,  dafs  er  auf  der  Flucht  er- 
grifFen  und  dann  ermordet  ward,  draugt  zu  der  obigen  Vermutung. 

29)  S.  227,  Abs.  2.  Angefuhrt  in  dem  Weistume  von  1420, 
Bresl.  Stadtbuch  178.  Die  Tradition,  wie  sie  bei  Faber  imd  Pol 
ims  entgegentritt ,  und  welche  abgesehen  von  dem  vom  Ratsturme 
herabgestiirzten  Megerlin  die  iibrigen  Opfer  sJimtlich  enthauptet  werden 
lafst,  findet  doch  in  alien  Jilteren  Quellen  ihre  Bestiitigung,  so  in  dom 


82  Anmerkungeu.     S.  2ol— 23G 

3)  S.  231,  Z,  4.  Hofler,  Geschichtschr.  der  hussit.  Bewegung- 
II,  160.  —  Z.  13.  Wuttke,  Der  Zusaminerihang  des  collegii  b. 
Mariae  virg.  init  den  Aufiiugen  der  Univ.  Leipzig.  Leipzig  1859. 
S.  8  ft. 

4)  S.  231,  Abs.  2.  Die  einzige  schlesische  Quelle,  welche  da- 
von  erzahlt,  ist  der  von  dem  gelehrteu  Saganer  Abt  Ludolf  verfafste 
tractatus  de  longevo  schismate  ed.  Loserth.  Wien  1880.  Archiv 
fiir  osterr.  Gesch.,  Bd.  60,  1. 

5)  S.  233,  Abs.  2.     Ludolf,  Kap.  66flf. 

6)  S.  234,  Abs.  3.  Es  wird  dies  Sigismund  in  dem  Manifeste 
der  Czechen  vom  5.  Novbr.  1420  vorgeworfen.  Archiv  Czesky  lU^ 
217.  —  Schreiben  Sigismunds  an  die  von  Bautzen  und  Graf  Wilhelm 
von  Meifsen  bei  P alack y,  Urkdl.  Beitrage  zur  Gesch.  des  Hussiten- 
ki-ieges  I,  23  u.  29. 

7)  S.  236,  Abs.  3.  Diese  Umstande  aus  dem  Briefe  Peter 
Kasters  an  den  Eat  zu  Gorlitz  vom  19.  Febr.  1420,  scales.  Zeitschr. 
XI,  194  im  Anhauge  meines  Aufsatzes :  Zur  Gesch.  des  Aufstandes. 
TOn  1418,  auf  den  gleichfalls  verwiesen  werden  soil. 

8)  S.  236,  Abs.  3.  In  dem  erw.  Brief  nach  Gorlitz:  der  konig 
hot  lossen  vohen  vil  lewte  aus  der  gemeyne,  und  was  her  domit  menit, 
das  kan  man  noch  nicht  gewissin.  —  Nach  Fabers  Notiz  waren 
„  die  schuldigsten  Keulentreger  zu  S.  Jacob  unde  gen  Roma  gegangen 
und  batten  sich  nach  der  tadt  bei  tzeiten  ausgedreht"  (Stadtbuch  183 
Anm.).  Diese  Notiz  sieht  nicht  wie  -willkiirlich  erfunden  aus,  und 
doch  hat  sie  etwas  sehr  Merkwiirdiges.  Faber  scheint  wohl  bier 
nicht  von  denen  zu  sprechen,  welche  aus  Furcht  vor  Sigismunds  Ge- 
richt  entflohen  sind,  denn  man  fliichtet  doch  nicht  nach  Rom  oder 
S.  Jago  di  Compostella;  auch  der  Zusatz  nach  der  tadt  lafst  eher 
darauf  schliefsen ,  dafs  einige ,  welche  besondere  Blutschuld  bei  dem 
Aufstande  auf  der  Seele  trugen,  zur  Abbiifsung  derselben  sich  zu 
besonders  beschwerlichen  Wallfahrten  entschlossen  batten,  dafs  also 
ein  Gefiihl  der  Schuld  doch  schon  sich  hier  unter  den  Urhebern  des 
Aufstandes  geltend  gemacht  hatte,  ehe  Sigismund  sein  Gericht  ein- 
setzte.  Es  scheint  denn  die  Notiz  Fabers  am  Ende  darauf  hinaus- 
zulaufen,  was  auch  Abt  Ludolf  a.  a.  0.  126  andeutet,  dafs  namlicb 
gerade  die  Enthaupteten  nicht  die  Hauptschuldigen  gewesen  seien. 

9)  S.  236,  Abs.  4.  Vgl.  meinen  angef.  Aufsatz  in  der  schles. 
Zeitschr.  XI,  191.  192  und  Markgraf  a.  a.  0.  XXXIII  Der  Be- 
richt  des  Strafsburger  Gesandten  Zeitschr.  XI,  196  giebt  allerdings. 
als  den  Ort  der  Esekution  den  Platz  vor  dem  Rathause  an;  doch  ein. 
Fremder  konnte  wohl  iiberhaupt  den  Ring  als  Platz  vor  dem  Rathause 
bezeichnen.  Die  Zahl  der  Enthaupteten  geben  verschiedene  iiltere 
Quellen  niit  der  geringfiigigen  Abweichung  von  23  oder  24  an,   vgL 


Anmerkungen.     S.  236—244.  88 

Markgraf  a.  a.  0.  XXXIII  und  Faber  in  seinen  handschriftlichen 
Orig.  Wrat.  bringt  24  Nameu  dazu.  AufFallend  bleibt  eins:  es  ist 
im  Grunde  unwahrscheinlich,  dafs  alle  die,  welche  Sigismund  hatte  in 
Haft  nehmen  lassen,  nua  aucb  wirklich  zum  Tode  verurteilt  und  ent- 
hauptet  worden  seien;  es  diirfte  doch  bei  einigen  ein  minderer  Grad 
von  Schuld  sich  herausgestellt  baben,  und  dann  ware  zu  vermuten, 
dafs  einige  derselben  die  Strafe  der  Landesverweisung  getroffen  babe; 
die  Namen  solcher  wUrde  man  aber  vergebens  in  der  noch  anzu- 
fiihrenden  Publikation  des  Kouigs  an  alle  Obrigkeiten  seiner  Kron- 
lande  vom  26.  Marz  1420  suchen,  in  welcher  die  Namen  der  in  con- 
tumaciam Verurteilten  und  nur  diese  kundgegeben  werden,  Es  bleibt 
ja  allerdings  die  Moglichkeit,  dafs  eine  ahnliche  Publikation  beziig- 
lich  der  vor  dem  4.  Marz  mit  Landesverweisung  Bestraften  erlassen 
worden,  dafs  diese  aber  eben  uus  nicht  mehr  erbalten  sei,  doch  liifst 
eigentlich  die  Einleitung  der  Publikation  vom  26.  Marz  1426  einer 
solchen  Vermutung  kaum  noch  Raum,  da  sonst  die  in  dieser  ent- 
haltene  Orientierung  iiber  die  Vorfalle  von  1418  uberfliissig  gewesen 
und  eine  Bezugnahme  eben  auf  die  friihere  Verordnung  unbedingt 
angezeigt  gewesen  ware.  —  Uber  weiteres  in  diesem  Zusammenbange 
vgl.  die  Urkunden  im  Breslauer  Stadtbuche  und  Markgrafs  Ein- 
leitung dazu. 

10)  S.  236,  A1)S.  5.  Bresl.  Stadtbuch  179  und  Markgrafs 
Einleitung  XXXIV. 

11)  S.  238.    ijber  Krasa  vgl.  Griinhagen,  Die  Hussitenkampfe 

der  Schlesier  (Breslau  1872),  S.  19.  20,  auf  welches  Buch  ich  uber- 
haupt  hinsichtlich  der  Quellenangaben  fiir  diesen  Abschnitt  verweisen 
mochte. 

12)  S.  241,  Abs.  2.  Wiese,  Das  Glatzer  Land  im  Hussiten- 
kriege,  schles.  Zeitschr.  XV,  3841?. 

13)  S.  241,  Abs.  3.  Der  Bericht  aus  Martin  von  Bolkenhain, 
welcher  Chronist  neu  abgedruckt  ist  in  den  Ss.  rer.  Siles.  XII  ed. 
Wachter.  —  Bei  dem  Namen  des  Pfarrers  Megerlin  denken  wir  an 
den  gleichnamigen  Bresl.  Ratsherrn,  der  auch  ein  so  schreckliches 
Schicksal  hatte  vgl.  hier  o.  S.  227. 

14)  S.  242  Abs.  3.  Griinhagen,  Hussitenkampfe,  S.  39  und 
desselben  Gesch.-Quellen  der  Hussitenkriege,  Ss.  rer.  Siles.  VI,  42. 

15)  S.  244,  Abs.  2  (am  Ende).  Aus  Professor  Schultes  Auf- 
satz:  Die  Hussiten  vor  Neifse  (Neifse  1882  in  der  Festschrift  zur 
50jahrigen  Jubelfeier  des  Neifser  Realgymnasiums) ,  babe  ich  eiilige 
meine  Darstellungen  in  den  schon  augcf.  Hussitenkampfen  der  Schle- 
sier (S.  130  ff.)  berichtigende  Einzelheiten  entnommen.  Auch  Schulte 
halt  daran  fest,  dafs  die  Hussiten  die  Oder  damals  nicht  uberschritten 
haben,  und  dafs  deshalb  das   von  einer  Quelle  mit  genannte  Leenici 

6* 


b-4  Auinerkungen.     S.  253— 2G0. 

nicht  auf  das  Stiidtcben  Lescbuitz  auf  dem  recbteu  Oderufer  bezogen 
werdeu  diirfe.  Wenu  Scbulte  aber  deu  Ortsuamen  Lesuicz  auf  das 
Pauliiier  Kloster  Wiese  (Lesnik)  bezieben  will,  so  babe  icb  docb  Be- 
denkeu  getrageu,  das  zu  acceptiereu.  So  mitten  uuter  deu  Stiidteu 
wiirde  der  Name  eiues  Klosters  befremdlicb  sebeiueu. 

16)  S.  253,  Abs.  3.  Ritter  Heim-icb  Swatopulk  von  Landsberg. 
Weiteres  Uber  ibn  aus  dem  Jabre  1437  bei  Ermiscb,  Scblesieu 
unter  Albrecbt  II.,  scbles.  Zeitscbr.  XII,  244. 

17)  S.  255,  Z.  9.    Ss.  rer.  Slles.  VI,  169.  —  Mitte  der  Seite. 

Zum  Jabre  1443  Ausziige  aus  den  Hufenregisteru  bei  Klose  „vou 
Breslau"  11!  2,  443. 

18)  S.  255,  Z.  4  y.  u.  Wir  vermissen  unter  ibnen  Bolko  (V) 
den  Jiingereu  von  Oppelu,  der,  wie  wir  wissen,  cs  mit  den  Hussiten 
gebalten  batte.  Seiu  Vater  Bolko  wird  bier  genannt  mit  seinem  Sobu 
Jobanues,  dem  jUngeren  Bruder  Bolkos  V.  Wir  erfabren  nicbts  dar- 
iiber,  wie  sicb  gerade  ibm  gegeniiber  das  Verbaltnis  der  andern 
scbles.  Fiirsten  gestaltet  hat. 

19)  S.  258 ,  Abs.  2.  Der  Majestiitsbrief  ist  abgedr.  im  Arcbiv 
Czesky  III,  446  in  czecbiscber  Spracbe ;  die  Ausziige,  welcbe  Palacky, 
Gescb.  von  Bobmen  III.  3,  224  giebt,  zeigen  das  Bestrebeu,  die 
Scbrofflieit  des  Urtextes  zu  mildern.  —  So  giebt  z.  B.  der  Auszug 
bei  Palacky  bei  §  12  des  erw.  Majestatsbriefes  nur  den  ersten  Satz 
wieder ,  der  kurzweg  bestimmt ,  dafs  keiu  Auslander  in  Bobmen  ein 
Amt  erbalten  solle,  aber  es  findet  sicb  in  der  Urkunde  docb  uocb 
ein  Zusatz  uezli  Czecb,  aufser  ein  Czecbe,  und  wenn  man  die  Gegen- 
iiberstellung  von  Deutscbeu  und  Czecben  in  §  10  in  Betracbt  ziebt, 
wird  man  kaum  zweifeln,  dafs  die  vorUegende  Ui'kunde  in  Bobmen 
geborene  Deutscbe  uicbt  unter  die  Czecby  zu  subsumieren  beabsicb- 
tigt.  §  10  lautet  in  wortl.  Ubersetzung:  Item  dariiber,  dafs  den 
Czecben  in  deu  Kircben  und  den  Deutscben  aufserbalb  gepredigt 
werde,  so  werdeu  wir  das,  ob  wir  mit  Gottes  Willeu  nacb  Bobmen 
kommen,  mit  des  Erzbiscbofs  (des  Hussiten  Rokiczan)  uud  dem  all- 
gemeinen  Rat  so  tbuu,  wie  das  zur  Ebre  dieser  (der  czecbiscbeu)  Na- 
tioualitat  (toho  jazyka  wortlicb  dieser  Zunge  —  wenn  Palacky  es 
mit  Nation  iibersetzt,  so  ist  das  nicbt  ganz  genau)  und  zum  Preise 
Gottes  am  besteu  scbeineu  wird.  §  3  des  mebrerwiibnten  Majestats- 
briefes lautet:  Item  den  Rat,  welcben  sie  (die  Czecben)  erwablen 
werden,  den  wollen  wir  annehmen  und  in  Ubereinstimmung  mit  ibm 
gerecbt  bandeln,  und  wenu  wir  in  diesen  Rat  jemand  aufnebmen 
wollen,  werden  wir  das  mit  ibrer  Zustimmung  tbun. 

20)  S.  260.  Das  Statut  des  Biscbofs  Konrad  abgedr.  bei  Heyne, 
Gesch.  des  Bistums  Breslau  III,  527,  Aum.  1. 


Anmerkungen.     S.  265—269.  85 


Viertes   Buch. 


Erster  Abschnitt. 

1)  S.  265,  Z.  4.  Szalay  in  seiner  Gesch.  Ungaras  III,  S.  4 
hebt  ausdriicklich  hervor,  dafs  die  Stande  zuniichst  das  Erbrecht 
der  Tochter  Sigismunds  anerkannt,  dann  allerdings  noch  eine  Wahl 
haben  folgen  lassen. 

2)  S.  266,  Z.  7.     Palacky  III.  3,  299ff. 

3)  S.  266,  Abs.  3.  Anfiihrnngen  bei  Palacky,  III.  3,  315. 
311.  292.  293. 

4)  S.  267,  Z.  2.     Dlugosz,  lib.  XII,  col.  700.  701. 

5)  S,  267,  Z.  9.  Chron.  abb.  b.  Mar.  etc.  bei  Stenzel,  Ss.  rer. 
Siles.  II,  233. 

6)  S.  267,  Abs.  2.  Schles.  Lehensurk.  I,  20.  Von  einer  Be- 
ziebuDg  auf  die  erfolgte  Wahl  Albrechts  ist  in  der  Huldigungsformel 
keine  Spur  zu  finden.  Man  wird  daher  doch  sehr  zweifeln  konnen, 
ob  die  Schlesier  irgendwie  an  der  Wahl  Albrechts  teilgenommen 
haben,  wie  dies  Ermisch  annimmt  (Schles.  Verb,  zu  Polen  und 
Konig  Albrecht  U. ,  schles.  Zeitschr.  XII,  253).  Dafs  Albrecht  in 
seiner  Wahlkapitulation  als  bohm.  Konig  die  Freiheiten  der  Schlesier 
zu  schiitzen  gelobt  hat,  zwingt  noch  nicht  zur  Annahme  einer  Be- 
teiligung  der  Schlesier  an  der  Wahl.  —  Vgl.  'dazu  Lichnowsky, 
Gesch.  d.  Hauses  Habsburg  V,  391. 

7)  S.  267,  Z.  7  T.  u.     Ermisch  a.  a.  0.  257. 

8)  S.  269,  Z.  11.  Die  Urkunde  Albrechts  vom  3.  Miirz  1439 
im  Bresl.  Stadtbuche  ed.  Markgraf  X'od.  dipl.  Siles.  XI,  188),  die 
Verteilung  der  Amter  in  der  schles.  Zeitschr.  VIII ,  441 ,  iiber  das 
Gauze  der  Mafsregel  Markgraf  a.  a.  0.  in  der  Einleitung  S.  XLI 
bis  XLm. 

9)  S.  269,  Abs.  2.  Ermisch  a.  a.  0.  271.  Was  Dlugosz, 
lib.  XII,  col.  739  iiber  einen  Plan,  durch  eine  Heirat  des  jungen 
Kcinigs  Kasimir  mit  einer  Tochter  Albrechts  den  Streit  beizulegen, 
berichtet,  sowie  dafs  Albrecht  den  Vorschlag  bercits  angenommen 
gehabt ,  dann  aber  mit  plotzlicher  Siunesiinderung  fallen  gelassen 
habe,  wird  mit  Kecht  von  Ermisch  (S.  271"  wie  von  Caro  (Gesch. 
Polens  IV,  192)  als  uuglaubwiirdig  angesehen. 


86  Aumerkungen.     S.  270—278. 

10)  S.  270,  Z.  8.  Anfuhrung  aus  eiuem  verloreu  gegangeueu 
Bresl.  Stadtbuche  bei  Klose  „von  Breslau"  II,  441. 

11)  S.  272,  Z.  4.  Lib.  magn.  im  Bresl.  Stadtarchiv  I,  f.  28, 
ausfiibrl.  Auszug  bei  Klose  a.  a.  0.  II.  2,  325. 

12)  S.  272,  Abs.  3.  Die  hier  genannten  Fiirsten  und  Stande 
erscheinen  1442  mit  den  Breslauern  gegeu  die  Poleu  verbiindet,  wie 
aus  einer  Zusammeustellimg  verschiedener  Aufiihrungeu  bei  Sig.  Ko- 
sicz  in  den  Ss.  rer.  Siles.  XII,  p.  57sqq.  hervorgeht. 

13)  S.  272,  Abs.  3  (zu  Ende).  Johann  v.  Guben  in  den  Ss. 
rer.  Lusat.  I,  69. 

14)  S.  273,  Z.  8.  Die  Bedingungeu  des  Friedens  sind  uie  be- 
kaunt  gewordeu,  und  ob  in  ihuen  wirklicb  Schlesien  zur  Mitgift  einer 
an  Kouig  "Wladyslaw  zu  vermahlenden  Tocliter  Elisabeths  bestinimt 
gewesen  ist,  wird  sieb  scliwerlicb  mit  Sicherlieit  feststelleu  lasscn. 
Ermiscb,  scbles.  Zeitscbr.  XIII,  21  halt  es  fiir  uicht  unwahrscheinlich. 
Caro,  Gesch.  Polens  IV,  240,  bezweifelt  die  GlaubAviirdigkeit  der 
Nachricht  bei  Dlugosz,  lib.  XII,  770. 

15)  S.  274,  Abs.  2.  Ermiscb  a.a.O.  291ff.  Das  Bundesbuch 
noch  vorhandeu  im  Bresl.  Stadtarchiv.  —  Martin  von  Bolkenhain, 
Ss.  rer.  Siles.  XII,  10—18.  Ermiscb  299  u.  318 flp.  —  Starssi  leto- 
pisowe  in  den  Ss.  rer.  Bohcm.  Ill,  146.  Ermiscb  338.  —  Uber 
Rochlitz  Eosicz  cd.  Wachter,  Ss.  r.  S.  XII,  62.  —  Ermiscb  342. 

16)  S.  275,  Abs.  2.  Ermiscb  340.  —  Biermanu,  Zur  Ge- 
schichte  der  Herzogtumer  Zator  und  Auschwitz  (Wien  1863),  S.  SOfl". 
Die  Urkunden  iiber  die  Unterwerfung  unter  Polen  siehe  in  den  schles. 
Lehensurkunden  Bd.  II  unter  dem  Herzogtum  Auschwitz-Zator. 

17)  S.  275,  Abs.  2  (am  Eude).  Jan  Kolda  schreibt  1444  an 
Herzog  Konrad  den  Weifsen  von  01s  beziigl.  des  Polenkonigs:  cujus 
vos  familiaris  estis  et  servitor  und  bezeichuet  diesen  selbst  als  domi- 
uus  rex  noster,  Anfiihrung  bei  Ermiscb  a.  a.  0.  299. 

18)8.270.  Markgraf,  Der  Liegnitzer  Lehensstreit.  Abhand- 
luugen  der  schles.  vaterlaud.  Gesellsch.  Philos.  hist.,  Abtl.  1  (1869), 
S.  25 ff.  mit  eincm  Nachtrage  ebd.  Jahrgang  1871,  S.  41  ff.  S chirr- 
mac  her,  Ambros.  Bitscheu  und  der  Liegnitzer  Lehensstreit.  Pro- 
gramm  der  Liegn.  Ritterakademie  1865.  Die  Urk.  jetzt  gesammelt 
in  den  schles.  Lehensurkunden  I,  Fiirstentiimer  Liegnitz-Brieg. 

19)  S.  276,  Abs.  3.  Die  gegenseitigen  Erbverbindungen  zwischen 
Ludwig  II.  und  seiuem  Neffen  von  Haynau-Liiben  aus  dem  J.  1424 
siehe  in  den  schles.  Lehensurk.  I,  369  ft. 

20)  S.  278,  Z.  1.     Markgraf  a.  a.  0.  41.  4-J. 


Anmerkungen.     S.  278—288.  87 

^1)  S.  278,  Z.  15.  Die  einzige  Nachricht  dariiber  enthalt  die 
deutschc  Fortsetzung  der  Chron.  princ.  Pol.  in  den  Ss.  rer.  Sil.  XII, 
•ed.  Wachter,  p.  102.  Schirrmacher  bezweifelt  die  Riclitigkeit 
der  Nachricht,  doch.  wie  mir  scheint,  mit  unzulanglicheu  GriAnden. 

22)  S.  279,  Abs.  3.  Palacky,  Geseh.  von  Bohmen  IV.  1,  269. 
Markgraf  Friedrich  erhebt  sogar  noch  eineu  eigeneu  Anspruch  auf 
Lieguitz,  iiber  den  wir  nicht  niiher  unterrichtet  sind.  Angefiihrt  bei 
Markgraf,  S.  43  und  Anm.  5  dazu. 

23)  S.  282,  Z,  2.  Quellennachweisungen  bei  Markgraf,  schles. 
Zeitschr.  XI,  240  IF. 

24)  S.  282,  Abs.  2.  Zeugnisse  fiir  Reisen  voruehmer  Preufseu 
nach  Breslau  „zu  dem  heiligen  Manne"  enthalten  Briefe  in  den  von 
Toeppen  edierten  Akten  der  Standetage  Preufsens  III,  599.  615.  — 
ijber  die  Judenverfolguugen  vgl.  Olsner,  Schles.  Urk.  zur  Gesch. 
der  Juden  im  Mittelalter,  S.  35  ff.  (^Archiv  f.  Kunde  osterr.  Gesch.-Qii.. 
Bd.  31.) 

25)  S.  283,  Z.  7.     Aufuhrungen  bei  Markgraf,  S.  250. 

26)  S.  284,  Abs.  4.  Markgraf  250.  In  der  spateren  deut- 
scheu  Bearbeituug  sagt  Eschenloer  (ed.  Kunisch  I,  18)  mit 
dilrren  Worten,  dafs  Ladyslaw  der  Ketzerei  der  Bohmen  gram  war. 

27)  S.  285,  Abs.  3.  Intercessionsschreiben  schles.  Fiirsten  1453 
16.  Sept.,  Schles.  Lehensurk.  I,  439.  —  Aus  einem  friiheren  Inter- 
cessionsschreiben ebd.  437.     Vgl.  auch  S.  441. 

28)  S.  285,  Z.  6  y.  u.     Markgraf  243. 

29)  S.  287,  Abs.  3.  Rosicz  a.  a.  0.,  S.  68  und  Nachtrag  dazu 
S.  140. 

30)  S.  288,  Z.  4.     Schles.  Lehensurk.  I,  83. 

31)  S.  288,  Z.  9.  Histr.  Wratislav.  ed.  Markgraf,  Ss.  rer. 
Siles.  VII,  7. 

32)  S.  288,  Abs.  3.  A neas  Sylvius  in  seiner  hist.  Boh.  hat 
eine  dauu  auch  von  Eschenloer  (a.  a.  0.)  mitgeteilte  Anekdote  ims 
erhalten,  der  zufolge  in  Breslau  eiu  Possenreifser  mit  dummdreister 
Miene  Podiebrad  gefragt  habe,  warum  er  nicht  lieber  der  Religion 
der  Schlesier  folge,  als  der  Rokyczanas,  da  doch  wohl  die  Bohmen 
nicht  wiirden  kliiger  sein  woUen  als  die  iibrige  Christenheit.  Da 
habe  Podibrad  geantwortet,  der  Frager  moge  denen,  die  ihn  geschickt, 
sagen,  jeder  folge  seiner  religiosen  Uberzeugung,  die  ihn  zwinge, 
etwas  fiir  wahr  und  richtig  zu  halten  und  anders  nicht.  Wer  diese 
Uberzeugung  verleugne,  moge  die  Menschen  tauschen,  Gott  tiiusche 
er  nicht,  und  ihm  (Podiebrad")  zieme  es  nicht,  so   zu  handeln,  wie  es 


88  Anmerkungen.     S.  289—204. 

wohl  der  Frager  thun  moge.     Aliud  histrioni  aliud  homini  nobili  con- 
venit.  —  Abs.  4.     Eschenloer,  S.  8  u.  9. 

33)  S.  289,  Z.  6.  Von  dieser  Bewerbung  spricht  ein  Brief  des. 
AVittingauer  Archivs  d.  d.  4.  Dez.  1453,  angef.  bei  Palacky  IV.  1> 
353,  Anm.  298. 

34)  S.  289,  A1)S.  2  (am  Eude).  Ich  mochte  nicht  allzu  grofsen 
Wert  darauf  legen,  dafs,  wie  Markgraf  (S.  260)  hervorhebt,  kein 
Dokument  erhalten  ist,  das  Eosenberg  einem  scbles.  Landesflirsten 
gegeuiiber  als  Landesregenten  auftretend  zeigt.  Er  hat  sein  Amt  nur 
wenige  Jahre  verwaltet  und  war  viel  abwesend.  Die  Bedeutuug  des 
ganzen  Aktes  seiner  Ei-neunung  wird  dadurch  nicht  vermindert.  — 
Abs.  3.     Eschenloer  9. 

35)  S.  290,  Abs.  1.  Der  Urteilsspruch,  abgedruckt  bei  Schirr- 
macher,  Urkundenbuch  der  Stadt  Liegnitz,  S.  409,  giebt  zugleich 
die  vorhergehenden  Phasen  des  Rechtsstreites  wieder. 

36)  S.  290,  Z.  6  V.  u.     Schles.  Lehensurk.  I,  439. 

37)  S.  291,  Z.  2.     Lehensurk.  I,  445.  —  Z.  9.     S.  446. 

38)  S.  291,  Abs.  2.  Anfiihrung  aus  dem  Bresl.  Stadtarchiv  bei 
Markgraf  62.  —  Palacky,  Urkundl.  Beitrage,  S.  90.  —  An- 
fiihruug  eines  ungedruckten  Briefes  bei  Palacky,  Bohm.  Gesch. 
IV.  3,  397. 

39)  S.  292,  Abs.  2  >m  Ende).  Rosicz,  Ss.  rer.  Siles.  XII> 
S.  71  nnd  dazu  Eschenloer,  Hist.  Wrat.,  p.  9 — 12. 


Zweiter  Abschnitt. 

1)  S.  294,  Z.  2.  Es  ist  das  grofse  Verdienst  des  Breslauer 
Stadtarchivars  Dr.  Markgraf,  das  Verbaltnis  der  beiden  Bearbeitungen 
Escheuloers  fiir  alle  Zeiten  klar  gestellt  zu  haben,  wie  er  dies  in  der 
Einleitung  der  von  ihm  zuerst  ediertcn  lateinischen  Bearbeituug  (Ss. 
rer.  Siles.  VII)  gethau  hat,  nachdem  er  bereits  friiher  ausfiihrlicher 
iiber  Eschenloer  in  einem  Programme  des  Bresl.  Friedrichs-Gyranasiums 
vom  Jahre  1865  geschrieben.  Die  deutsche  Bearbeitung  Eschenloers 
existiert  nur  in  der  allerdings  wenig  mustergiiltigen  Ausgabe  von 
Kunisch,  2  Bde. ,  Breslau  1827/28.  Von  dieser  deutschen  Be- 
arbeitung sagt  Droyseu  (Preufs.  Pol.  II,  199,  Anm.  2)  bitter  genug: 
„wie  wibde  er  auch  bei  uns  bewundert  werden,  wenn  er  ein  Franzose 
oder  Italiener  ware". 

2)  S.  294,  Z.  7  T.  n.  In  diesem  Sinne  schreibt  bereits  vor 
seiner  AVahl   unter  dem  29.   Dec.  1457   Georg  Podiebrad   an  Herzog 


Anmerkungen.     S.  205—302.  89 

Wilhelm  von  Sachsen,  der  bei  den  Schlesiern  Anerkennung  seiner 
Erbanspriiche  begelirt  hatte.  Aus  dem  Dresdener  Archive  mitgeteilt 
bei  Palaeky,  Urkundl.  Beitriige  zur  Geschichte  Bohmens  1450  bis 
1471  (Wien  1860),  S.  120.  —  Letzte  Zeile.  „Heredibus  et  succcs- 
soribus  nostris  Boemie  diintaxat  regibus"  etc.,  Schles.  Lebensurk. 
I,  11. 

3)  S.  295,  Abs.  2.  Die  Urk.  von  1348  mitgeteilt  bei  Eschen- 
loer  ed.  Markgraf,  S.  21,  und  zwar  ist  der  Text  mit  dem  Originale 
in  Wien  koUationiert.  —  Aurea  bulla  c.  VII  de  success,  princ.  salvis 
semper  privilegiis  juribus  et  consuetudinibus  regni  nostri  Boemie 
super  electione  regis  in  casu  vacatiouis  per  regnicolas. 

4)  S.  296,  Z.  10.  Eschenloer  schreibt  etwa  zum  Oktober 
1458  (S.  32)  Duces  Zaganenses  et  Wratislavienses  —  vidisseut  quoque 
libenter,  ut  Slesite  in  unum  conventi  eciam  unum  regem  elegissent  et 
Bohemiam  diffidasseut.     Vgl.  vorber  S.  30. 

5)  S.  298,  Z.  11.  Wenn  man  nicht  Wlodko  von  Glogau,  der 
zugleich  Herzog  von  Tescben  war,  zu  den  oberschles.  Fiirsteu  rechnen 
will.  —  Z.  13.  An  der  pracisen  Angabe  Eschenloers  (S.  19): 
Huic  diete  nee  provinciales  ueque  communitates  Slesie  interfuerunt 
ist  meines  Erachteus  nicht  zu  zweifeln,  wenngleieh  andere  Berichte 
Spateres  und  Friiheres  vermischend  aus  dem  Liegnitzer  Tage  eine 
allgem.  Versammlung  der  Schlesier  machen.  Eschenloer  konnte  das 
ganz  genau  wissen  und  hat  sich  Derartiges  sicher  nicht  ersonnen. 

6)  S.  298,  Abs.  1  am  Eiide).  Eschenloer  24.  —  Z.  7  v.  u. 
Der  Glogau  -  Teschener  Herzog  hatte  wenigstens  einen  Orator  ge- 
schickt. 

7)  S.  299,  Z.  2.     Eschenloer  24. 

8)  S.  299,  Abs.  2  (am  Eiide).  Die  Bundesurk.  1458,  19.  April, 
bei  Eschenloer  25. 

9)  S.  300,  Z.  8.  Ann.  Glogov.  ed.  Markgraf  in  den  Ss.  rer. 
Siles.  X,  26. 

10)  S.  300,  ibs.  3.  Die  Erzahlung  von  eiuem  Briefe  Papst 
Calixts  III.  aus  dessen  letztem  Lebensjahre,  gerichtet  an  Georg  als 
seinen  lieben  Sohn,  welche  auch  Palaeky  IV.  2,  46  ohne  niihere 
Begriindung  anfiihrt,  wird  von  Markgraf  (Verhaltnis  des  Konigs 
Georg  zu  Papst  Pius  II.  Programm  des  Bresl.  Friedrichs-Gymnas. 
1867,  S.  8)  fiir  unglaubwiirdig  erklUrt. 

11)  S.  301,  Z.  8.  Eschenloer  35.  Semper  ille  civitates  die 
Sechsstadte  der  Oberlausitz)  dominis  Misnensibus  adverse  sunt  und 
Markgraf s  Anm.  2  dazu.  —  Abs.  2.     Eschenloer  36. 

12)  S.  302,  Z.  2.  Palaeky  IV.  2,  01  berichtet  iiber  diese 
Vertriige  aus  archivalischen  Quellen,  welche  die  Abdrucke  der  Ver- 
tragsurkunden  >.  B.  bei  Dumont,  Corps.  Dipl.  III.  1,  252)  noch  er- 


k 


90  Anmerkungen.     S.  303—312. 

ganzen.     Vgl.  dazu  aucb  Palackys  urkmidl.  Beitriige,  Nr.  182ff. — 
Z.  9.     Escheuloer  31. 

13)  S.  303,  Abs.  3.  —  habitus  es  .semijer  carissiine  fili  devo- 
tissimus  princeps  fidei  et  religiouis  cultor  precipuus  —  Sommers- 
berg,  Ss.  rer.  Siles.  I,  1025. 

14)  S.  304,  Abs.  2  (am  Ende).  In  deni  sogen.  liber  maguus 
T.  I,  p.  55.     Latein.  Text  bei  Escheuloer  29. 

15)  S.  304,  Abs.  3.  Schreibeu  voin  30.  April  1459  abgedr.  in 
der  polit.  Korrespoudenz  Breslaus  ed.  Markgraf,  Ss.  rer.  Sil.  VIII, 
S.  22.  23. 

16)  S.  30.5,  Z.  10.  Escheuloer  5i».  60,  noch  ausfiihrlicbor  in 
der  deutscheu  Bearbeitung  ed.  Kunisch  I,  65,  wo  die  Rede  aller- 
diugs  iu  eine  etwas  friihere  Zeit  gesetzt  ist.  lu  zweifelhaften  Fallen 
wird  man  bei  Escheuloer  immer  dem  lateinischen  Texte  mehr 
traueu  konnen,  als  der  spiiter  geschriebenen  deutscheu  Bearbeituug. 

17)  S.  306,  Abs.  1  (am  Elide),  Die  Urkuude  bei  Escheuloer 
90ff.  —  Abs.  4.  Markgraf.  Der  Liegnitzer  Lehensstreit  a.  a.  0., 
S.  67—69. 

18)  S.  307,  Z.  3.  Escheuloer  99.  —  Abs.  1.  Die  Koustadter 
Sache  ebd.  und  dann  Ss.  rer.  Siles.  VIII,  52  und  schles.  Lehensurk. 
II,  60  u.  62.  —  Abs.  1  (zu  Ende).  Ss.  rer.  Siles.  VIII,  58.  — 
Abs.  2.  Ebd.  S.  62:  turris  est  et  acies  terribilis  et  iu  his  partibus 
christiaue  religiouis  scutum.     August  1461. 

19)  S.  308,  Z.  11.  Breslauer  Bericht  vom  28.  August  1462, 
Ss.  rer.  Siles.  VIII,  123.  —  Abs.  1  (am  Eude).  Bericht  bei  Escheu- 
loer 85  und  dazu  Palacky,  Urkuudl.  Beitr.,  S.  268-271. 

20)  S.  309,  Abs.  1.  Bericht  bei  Escheuloer  124.  Palacky, 
Urkuudl.  Beitr.,  S.  272.  —  Abs.  2  (Anfaug).  Ausfuhrlich  bespricht 
dieseu  Plan  Markgraf  in  Sybels  histor.  Zeitschr  ,  XI.  Jahrg.,  257 ff. 

21)  S.  310,  Abs.  1  (Ende).  Oratioues  Pii  II  ed.  Mausi, 
p.  195.  —  Ss.  rer.  Siles.  VIII,  p.  136.  —  Abs.  2  (Aiifaug-).  Rosicz 
in  den  Ss.  rer.  Siles.  XII  ed.  Wachter,  p.  79.  —  (Ende).  Ss.  rer. 
Siles.  VIII,  180. 

22)  S.  311,  Z.  4  V.  u.  Vgl.  Escheuloer  ed.  Kunisch  I, 
212  und  dazu  Markgraf,  Das  Verhaltnis  Georgs  zu  Papst  Pius  II. 
in  den  Forschungen  zur  deutschen  Geschichte,  Jahrg.  18,  S.  237. 

23)  S.  312,  Z.  7  V.  u.  Die  papstl.  Urk.  vom  29.  Miirz  und 
1.  April  1463  iu  den  Ss.  rer.  Siles.  VIII,  183  u.  187. 

24)  S.  312,  Abs.  2  (Anfangr).  Hieriiber  (was  Bolkenhaiu  imd 
Lahnhaus  betr.)  beklagt   sich  Papst  Pius  II.   in   einem  Schreibeu  an 


Anmcrkuiigeu.     S.  313—318.  91 

den  Kaiser  vom  2,  Oktober  1463.  Palaeky,  Urkundl.  Beitr.,  S.  323. 
Vou  Fiirstensteiu  bericlitet  der  Bresl.  Rat  unter  dem  5.  Jau.  1464. 
Ss.  rer.  Siles.  IX,  27.  —  Danu  ebd.  10  u.  17. 

25)  S.  313,  Z.  5.  Der  Pression  de.s  Konigs  aiif  Herzog  Hein- 
ricli  von  Freistadt  gedeukt  der  erwahute  Brief  Pius'  II.    vom  2.  Okt. 

1463.  Von  Brieg  spricht  der   Bericht   der  Breslauer    vom  5.   Januar 

1464,  S.S.  rer.  Siles.  IX,  27  und  von  Liegnitz  und  01s  die  darau  ge- 
kniipfte  Notiz  Eschenloers  ebd. 

26)  S.  313,  AI)S.  3.  Eschenloer,  Deutsche  Bearbeituug  ed. 
Kunisch  I,  177.  —  Eosicz,  Ss.  rer.  Siles.  XII,  80.  —  Ss  rer. 
Siles.  YIII,  153  und  in  der  Anm.  dazu  weitere  Quelleuangaben.  Die 
Briicke  hat  danu  bis  zum  Jahre  1514  gestanden. 

27)  S.  313,  Abs.  4  (Eiule).  Ss.  rer.  Siles.  IX,  45-49  und  dazu 
Eschenloer  ed.  Kunisch  I,  228 flf.  —  Z.  2  v.  u.  Vgl.  den  inter- 
essanten  Bericht  des  Bresl.  Gesandten  Joh.  Weiurich  vom  7.  Sept. 
1463.     Ss.  rer.  Siles.  IX,  6.  7. 

28)  S.  313,  Z.  5.  Markgraf  in  dem  augef.  Aufsatze:  Pius  II. 
und  Konig  Georg  1462 — 1464  (Forschuugeu  IX,  251)  fafst  diese  Ver- 
haudlaugen  wesentlich  anders  anf  als  Droysen,  Preufs.  Politik 
II.  1,  320.  Ich  mochte  ]\Iarkgraf  beitreten.  Der  Bericht  des  Erz- 
bischofs  von  Kreta  vom  29.  Jan.  1464  in  der  Ss.  rer.  Sil.  IX,  33.  — 
Z.  9.     Vgl.  den  erwiihnten  Bericht  Weiurichs. 

29)  S.  314,  Abs.  2.  Uber  das  papstliche  Schreiben  vou  1464, 
2.  Januar,  vgl.  Ss.  rer.  Siles.  IX,  75  und  dann  weiter  ebd.  S.  135 
und  147. 

30)  S.  315,  Z.  6.     Schles.  Lehensurk.  II,  315. 

31)  S.  316,  Abs.  1  i;Ende)  u.  Abs.  2  ^Eude).  Ss.  rer.  Siles. 
IX,  192—195  u.  210. 

32)  S.  316,  Z,  5-V.  u.  Uber  den  Herrenbuud  vgl.  die  zwei 
Aufsatze  Markgrafs  in  Sybels  histor.  Zeitschrift.  Neue  Folge. 
Bd.  II,  48  u.  252  tf. 

33)  S.  316,  Abs.  3.  Die  betr.  Stelle  in  Liebichs  Nam.slauer 
Chrouik,  S.  75,  stamrat  aus  der  handschriftlichen  Chronik  des  Nams- 
lauer  Stadtschreibers  Froben.  Vgl.  Uber  ihn  Ss.  rer.  Sil.  \l,  163.  — 
Abs.  3  (Elide).     Eschenloer  131. 

34)  S.  317,  Abs.  2.  Palaeky,  Bohm.  Gesch.  IV.  2,  472.  — 
Abs.  3  (Aiifang-).  Eschenloer  ed.  Kunisch  II,  38.  39.  —  Z.  10 
V.  u.    Ebd.  39. 

35)  S.  318,  Z.  6.  Palackys  Vormirf,  dafs  Eschenloer  die 
Bedeutung  der  Niederlage  abzuschwachen  versucht  babe,  konute 
hochstens  die  deutsche  Bearb.  treffeu  II,  44,  obwohl  auch  diese  ja 


92  Anmerkungen.     S.  318—321. 

„eine  grofse  Niederlage"  zugesteht.  Der  lateinische  Text  p.  133 
Isifst  der  infaustissima  strages  voile  Gerechtigkeit  widerfaliren.  Ander- 
seits  ist  aber  kaum  daran  zu  zweifeln,  dafs  wirklich  der  grofsere  Teil 
der  Breslauer  entkommen  ist.  In  einem  Briefe  Gregors  von  Heim- 
burg  an  Markgraf  Albrecht  vom  2G.  August  14G9  (angef.  bei  Pa- 
lacky  IV.  2,  607)  macht  der  Briefsteller  es  dem  Prinzen  Viktorin 
zum  Vorwurfe ,  dafs  derselbe  damals  die  Breslauer  bei  Nacht  aus 
Frankenstein  habe  entkommen  lassen.  Er  sagt,  von  Viktorins  schlech- 
ten  Eigenschaften  sprechend,  ein  rechter  Hauptmann  wiirde  die  Flncht 
der  Schlesier  aus  Frankenstein  nicht  verschlafen  haben.  Diese  Stelle 
auf  Viktorins  Bruder  Heinrich  zu  beziehen,  wie  Brockhaus, 
Gregor  vonHeimburg,  S.  371  anscheinend  auf  Pessina  gestiitzt  thut, 
lafst  der  Zusammenbang  docb  wobl  nicht  zu. 

36)  S.  318,  Abs.  2.  Escbenloer  133.  Bresl.  Stadtbuch  Cod. 
dipl.  Siles.  XI,  Einl.  XLIV  u.  190.  —  Anscbauliche  Schilderung  des 
damaligen  Treibeus  in  Breslau,  Escbenloer  ed.  Kunisch  II,  47 
bis  50.  —  Abs.   3.    Ebd.   43.  —  Z.  4  v.  u.     Dlugosz,   Hist.   Pol. 

11,  394. 

37)  S.  319,  Z.  4.  Der  Papst  an  den  Legaten,  14.  Mai  1467, 
Ss.   rer.    Siles.  IX,   229.    —  Abs.   2.    Niederlage   bei    Freistadt   am 

12.  Okt.  1467,  Escbenloer  145.  Rosicz,  Ss.  rer.  Siles.  XII,  83.— 
Z.  10  V.  u.     Dlugosz  II,  414. 

38)  S.  320,  Z.  2.  Escbenloer  ed.  Kunisch  II,  109.  — 
Abs.  2.  Escbenloer,  Hist.  Wrat.  177,  dann  178  Palacky,  Ur- 
kundl.  Beitrage,  Nr.  417.  —  Escbenloer  179  u.  188.  —  Abs.  3. 
Ss.  rer.  Sil.  IX,  261.  262.  263. 

39)  S.  320,  Abs.  4.  Am  23.  Juni  1468  fiel  Bolkenbain, 
Escbenloer  188.  Miinsterberg  batten  die  Bobmen  selbst  geriiumt, 
Frankenstein  ward  am  16.  Sept.  1468  erobert,  Escbenloer  192.  — 
Letzte  Zeile.     Escbenloer  185   ed.  Kunisch  II,  134.  135. 

40)  S.    321,    Z.    5.     Ebd.  149  und  Hist.  Wrat.  197. 

41)  S.  321,  Abs.  3.  Escbenloer,  p.  201.  Es  geschah  dies 
am  30.  April,  also  noch  vor  der  formellen  Wabl,  die  ja,  wie  wir 
wissen,  erst  am  3.  Mai  erfolgte.  Zdenko  von  Sternberg  batte  bereits 
am  17.  April  sich  der  Zustimmung  des  Konigs  versicbert.  Palacky, 
IV.  2,  583.  —  Abs.  4.     Escbenloer  199. 


Anmerkungeu.     S.  323—328  93 

Dritter  Abschnitt. 

1)  S.  323,  Abs.  1  (Eude).  AnfUhrung  bei  Palacky  IV.  2, 
581. 

2)  S.  324,  Abs.  1.  Escheuloer  203.  204.  Uber  die  angeb- 
liche  Unterwerfuugsurkunde  der  oberscblesischen  Herzoge  aus  diesem 
Jahre,  die  daun  mit  der  falscben  Jahreszahl  14G9  statt  1479  auch 
z.  B.  in  Biermanns  Gescb.  von  Teschen,  S.  173  libergegangeu  ist, 
vgl.  scbles.  Lehensurk.  I,  32.  —  Die  Lieguitzer  Urkuude  datiert  vom 
30.  Jimi,  Lebensurk.  I,  452.  —  Die  Glogauer  Urkunde  vom  15.  Juui 
1469,  Lebensurk.  I,  207. 

3)  S.  326,  Z.  5.  Escbenloer,  Hist.  Wrat.,  p.  221.  Aucb 
das  Vorstebende  ist  wesentlicb  aus  Escbenloers  Scbilderuugeu  ent- 
nommen. 

4)  S.  326,  Abs.  2.  Dlugosz,  lib.  Xm,  col.  448.  —  Dafiir,  dafs 
die  Herzoge  wenigstens  Kriegsvolk  geworben  und  flir  M.s  Saebe  ge- 
stritten  babeu,  scbeint  docb  der  Umstand  zu  sprecben,  dafs  Escben- 
loer, Hist.  220  an  die  Nacbricbt  von  dem  Abfalle  Herzog  Jobanns 
Ton  Ratibor  zu  Georg  unmittelbar  die  Nacbricbt  aukuiipft,  derselbe 
babe  seine  Kriegsleute  adversus  ducem  de  Eeibenek  geseudet.  — 
Escbenloer,  Hist.  AVrat.  220. 

5)  S.  326,  Z.  3  v.  u.     Dlugosz,  col.  468. 

6)  S.  327,  Z.  4.  Dlugosz,  col.  469.  —  locum  —  qui  Sle- 
siam  seu  Poloniam  a  Bobemia  juxta  assertionem  Bobemorum  dister- 
minat  (verus  enim  et  legitimus  limes  Polonos  a  Bobemis  non  mons 
ipse  sed  sylva  Hercynia  post  Klocko  [Glatz]  sita  disterminat).  Pa- 
lacky V.  1,  Anm'.  30  bemerkt  bierzu,  er  konne  Hunderte  von  Be- 
Tveisen  dafiir  aufiibi-en,  dafs  die  Grafscbaft  Glatz  damals  zu  Bob- 
men  gerecbuet  worden  sei,  und  es  wird  in  der  Tbat  dies  aucb  kaum 
zu  bestreiten  sein. 

7>  S.  327,  Abs.  2.  Escbenloer,  Hist.  Wrat.,  p.  243.  Auf 
die  polniscbe  Gesinnung  der  Breslauer  Domberreu  in  jener  Zeit  weist 
nocb  das  Statut  Jobanns  IV.  vom  Jabre  1498,  28.  Juui,  bin,  Otto, 
De  Job.  Turzone  ep.  Wrat.,  p.  12,  Anm.  7.  —  Abs.  3.  Escbenloer 
238.  —  (Ende.)     Ann.  Glogov.  Ss.  rer.  Siles.  X,  28. 

8)  S.  328,  Abs.  2.  Ann.  Glogov.  27.  Dafs  die  Belagerung 
nicbt  so  kurze  Zeit  dauerte,  wie  bier  angenommen  wird,  zeigon  die 
bei  Worbs,  Gescb.  von  Sagan,  S.  126,  aus  den  bandscbi-iftl.  Ann. 
Gorlicenses  des  Scultetus  augef.  Briefe.  —  Abs.  2  (Eude).  Wie  friib 
das  Geriicbt  aufgekommen,  zeigt  der  Umstand,  dafs  der  deutscbe 
Escbenloer  (H,  267)   die   Ermordung  B.s   durcb  Jobann   ab  Tbat- 


94  Anmerkungen.     S.  328 — 332. 

sacLe  aiifiihit.  Deunoch  widerspiicbt  dem  die  Thatsache,  dafs  die- 
Anu.  Glogov. ,  die  niemand  der  Parteilichkeit  fiir  Johann  zeihen 
kouute,  an  zwei  Stellen  (p.  27  u.  63),  wo  sie  von  der  Gefangenschaft 
B.s  sprechen,  nichts  von  solcheni  Verbrechen  erwabnen,  obwohl  an 
der  letzteren  Stelle,  wo  der  noch  zu  erziiblende  Hungertod  der  Glo- 
gauer  Ratsberren  besprocben  wird,  die  Gelegenbeit  dazu  sicb  sebr 
wobl  dargeboten  batte.  Aucb  die  Cbron.  Abb.  Saganens.  bei  Sten- 
zel,  Ss.  I,  365,  die  gleichfalls  dem  Herzog  Jobann  sebr  feindlicb  ge- 
sinnt  ist,  erwjibnt  Baltasars  Tod  obne  Andeutung  eines  Verbrecbens. 
Eine  genaue  Bescbreibung  des  sogen.  Hungerturnis  zu  Priebus  bei 
AVorbs  a.  a.  0.,  S.  74 ff. 

9)  S.  328,  Abs.  3.  Urkunden  von  1472,  12.  Dezbr.,  u.  1474, 
6.  Okt.  Scbles.  Lebensurk.  I,  213  u.  216.  —  Zur  Beurteilung  des 
Alters  des  dann  1476  gestorbenen  Herzogs  Heinrieb  XT.  haben  wir 
nur  die  eine  Tbatsacbe,  dafs  sein  alterer  Bruder  Sigismund  1458  im 
27.  Lebeusjabre  stirbt.  —  Die  Verschreibung  fiir  Barbara  1472,  Juli  9. 
Lebensurk.  I,  209. 

10)  S.  329,  Z.  5.  9.  Marz  1472.  Lebensurk.  II,  159.  —  Z.  12. 
Nacb  der  bandscbriftl.  Glatzer  Augustinercbronik  auf  dem  Breslauer 
Staatsarchive.  —  Abs.  1  (En(le%  Escbenloer  ed.  Kunisch  11, 
268.  —  Z.  12   T.  n.     Ebd.  291. 

11)  S.  330,  Abs.  2.  Ebd.  272  —  274.  —  Abs.  3.  —  velut 
demens  et  furiosus  sagt  Dlugosz  II,  489.  —  Ende  des  Abs.  Dlu- 
gosz  II,  489.  Ob  wirklicb  der  Anlafs  des  Krieges  ein  Angriff  des 
Herzogs  Wenzel  auf  die  Stadt  Kosel  war,  wie  Pols  Jahrbucber  IT, 
IIG  bericbten,  mag  dabin  gestellt  bleiben.  Von  dem  Zuzug  der  Bres- 
lauer l)erichtet  Escbenloer  ed.  Kuniscb  II,  278.  —  Letzte  Zeile. 
Dlugosz  a.  a.  0.  und  dazu  die  Urkunden  im  Registrum  Wenceslai 
(Cod.  dipl.  Sil.  VI)  Nr.  292-284. 

12)  S.  331,  Abs.  5.  Konig  Mattbias  sagt  in  der  Urk.  vom 
16.  Dezember  1474,  dafs  er  Plefs  mit  dem  Scbwerte  von  Herzog 
Wenzel  als.seinem  Feiude  genommen  batte.  Scbles.  Lebensm-k.  II, 
395.  —  Dafs  es  Herzog  Viktorin  war,  der  den  Herzog  Jobann,  aller- 
dings  auf  des  Konigs  Befebl,  gefaugen  nabm,  sagt  die  Urkunde  vom 
30.  Aug.  1474  (Lebensurk.  II,  511)  ganz  bestimmt.  Escbenloer 
ed.  Kuniscb  II,  302.  Ratiborer  Chronik  ed.  Weltzel,  Scbles. 
Zeitscbr.  IV,  123.  Jobanns  Scbwester  Barbara  an  Herzog  Jobann 
von  Auscbwitz  und  Gleiwitz  vermablt,  erbielt  eine  Anwartscbaft  auf 
Jagerndorf  nacb  Mattbias'  Tode  und  ist  aucb  wirklicb  in  Besitz  ge- 
treten.  Lebensurk.  11,  527.  528  u.  Biermann,  Gescb.  von  Troppau- 
Jiigerndorf,  S.  229. 

13)  S.  332,  Abs.  2.  Escbenloer  ed.  Kuniscb  II,  305.  — 
Abs.  3.     Cbronik  des  Bened.  Jobnsdorf,  Ss.  rer.  Sil.  XIT,  119. 


Anmerkungen.     S.  333—341.  95 

14)  S.  333.  Schilderung  des  Lagers,  Escheuloer  ed.  Ku- 
nisch  II,  306. 

15)  S.  334,  Abs  1.  Eschenloer  II,  313,  der  fiir  die  Ereig- 
nisse  dieses  Jahres  iiberhaupt  als  Hauptquelle  dient.  —  Abs.  3, 
Schles.  Lehensurk.  II,  160  u.  395.  Heiurich  trat  Plefs  dann  im 
niichsten  Jahre  seinem  Bruder  Victorin  ah.  Ebd.  u.  396.  —  Abs.  3 
(Ende).  Annales  Glogov.,  p.  30  u.  59.  Die  Anm.  Markgrafs  dazu 
vindiziert  dem  Orte  Kiefel  den  vielfach  anderweitig  auf  Drossen, 
Frankfurt  u.  s.  w.  bezogenen  Vers. 

16)  S.  335,  Abs.  1  (Ende}.  Escheuloer  ed.  Kuuisch  U, 
309.  Ann.  Glogov.  32.  —  Abs.  2  (Ende..  Eschenloer  II,  310, 
311. 

17)  S.  336,  Abs.  1  (Ende).  Eine  sehr  lesenswerte  Skizze  iiber 
diese  Steiukreuze  hat  Markgraf  in  der  schles.  Zeitung  vom  6.  Juni 
1880  verofFentlicht.  Ob  die  Steiukreuze  wirklich  zur  Eriunerung  an 
jene  Zusammenkuuft  gesetzt  worden  sind,  kauu  allerdings  noch  als 
zweifelhaft  angesehen  werden.  —  Zwei  Gedichte  iiber  den  Abzug  der 
Poleu  teilt  Zeifsberg  mit,  schles.  Zeitschr.  X,  373.  —  Abs.  2. 
Eschenloer  ed.  Kunisch  II,  319.  320  uud  Ann.  Glogov.,  p.  31. 

18)  S.  336,  Z.  2  V.  u.  Eschenloer  II,  320.  321. 

19)  S.  337,  Z.  7.  Escheuloer  H,  327.  —  Abs.  2  (am  Ende). 

Dlugosz,  col.  530. 

20)  S.  337  (letzte  Zeile).  Urkunde  vom  19.  Februar  1475  im 
Bresl.  Stadtbuche,  Cod.  dipl.  Siles.  XI,  191  und  dazu  Markgrafs 
Einleitung  XLIV. 

21)  S.  338,  Abs.  1  (am  Ende).  Eschenloer  II,  335.  — 
Abs.  3.     Ebd.  S.  328-332. 

22)  S.  339,  Abs.  2.  Ebd.  336.  —  (Am  Ende.)  Im  Texte  ob. 
S.  337. 

23)  S.  340,  Z.  3.   -Eschenloer  U,  336. 

24)  S.  340,  Abs  2.     Das  Urkundliehe  in  den  schles.  Lehensurk. 

I,  209  uud  dann  von  S.  219  an.  —  Annalistisches  in  den  Ann.  Glogov. 
(Ss.  rer.  Siles.  X  von  p.  33  an).  Dazu  noch  Hofler,  Barbara,  Mark- 
grafin  von  Brandenburg,  Prag  1867. 

25)  S.  341,  Z.  5.  Die  Urkunden  vom  20.  Sept.  und  25.  Okt. 
1482  (schles.  Lehensiu-k.  237  u.  242)  berichtigen  die  Datierung  dieser 
Vertriige  in  Ss.  rer.  Siles.  X,  128,  wo  dieselben  falschlich  ins  Jahr 
1479  gesetzt  waren. 

26)  S.  341,  Z.  6  V.  u.     Die  Urkunde  in  den  schles.  Lehensurk. 

II,  70  ff. 


9(5  Aumerkungen.     S.  342—346. 

27)  S.  342,  Z.  3.  Eschenloer  ed.  Kunisch  II,  336.  Weiia 
derselbe  danu  als  Grund  des  Scheiterns  der  betr.  Verhaudlungeu  au- 
fiihrt,  Herzog  Ernst  babe  sicb  nicht  verpflichteu  woUeu,  wiibreud  des 
Krieges  seine  Stiidte  und  Scblosser  Kouig  Mattbias  offeu  zu  balten, 
so  klingt  das  in  dieser  Form  nicbt  recbt  glaublich.  Einer  solcben 
Yerpflicbtung  konute  sicb  der  Lehensmann  seinem  Lebensherrn  gegen- 
iiber  docb  kaum  eutscblagen. 

28)  S.  342,  Abs.  2.  16.  August  1479.  Lebensurk.  II,  t»l,  dort 
aucb  weiteres  urkundl.  Material.  —  Vou  1476  an  scbalten  in  Kosel 
und  Beutben  kouiglicbe  Hauptleute.  —  Cod.  dipL  Siles.  VI,  107.  — 
Langenn,  Herzog  Albrecbt  der  Beberzte,  S.  95,  spricht  von  einer 
solcben  Anwartscbaft  obne  nabere  Quellenangabe  uud  da  wir  in  der 
niicbsteu  Zeit  die  sacbsiscben  Herzoge  wiederbolt  im  besten  Verneb- 
men  mit  dem  Konig  finden,  wie  die  Urkuudeu  zeigen,  in  welcben  die- 
selbeu  als  Yermitteler ,  Scbiedsricbter  u.  dergl.  auftreten,  so  ist  es 
wobl  wabrscbeinlicb ,  dafs  Konig  Mattbias  ibnen  eine  Anwartscbaft 
als  Abfinduug  fiir  ibre  Anspucbe  geboten  babe. 

29)  S.  342,  Z.  5  v.  u.  Dlugosz  II,  554  giebt  nur  diese  in 
ibrer  Unbestimmtbeit  nicbt  recbt  verstandlicbenAndeutungen,  Tilisch 
"bei  Sommersberg  I,  735  erwabnt  nur  ganz  kurz  (uud  zwar  falscb- 
licb  zum  Jabre  1471)  eine  drobende  Gefangennebmuug,  welcbe  pol- 
niscber  Beistand  abgewendet  babe.  Vgl.  aucb  Biermanu,  Gescb. 
vou  Toscben  175. 

30)  S.  343,  Al)s.  1  (am  Eude).  Die  grofse  Urkuude  des  01- 
miitzer  Vertrages  vom  21.  Juli  1479  uud  zwar  die  Ausfertiguug  des 
Kouigs  ist  zum  erstenmale  nacb  dem  Wiener  Origiuale  gedruckt  in 
den  scbles.  Lebensurk.  I,  21.  —  Abs.  2.  Palacky  V.  1,  208.  — 
Abs.  3.     Lebensurk.  I,  30  u.  32. 

31)  S.  344,  Abs.  4.     Lebensurk.  I,  232. 

32)  S.  345,  Abs.  1  (Eude).  Die  Hauptquelle  fiir  diese  Kampfe 
sind  die  bereits  mebrfacb  erwiibnten  Ann.  Glogovieuses  ed.  Mark- 
graf,  Ss.  rer.  Siles.  X,  p.  37 ff.  —  Abs.  2  (Ende).  Die  Haupt- 
urkunde  bieriiber  vom  7.  Juni  1481  in  deu  scbles.  Lebensurk.  I,  232 
und  dazu  236  flf.  —  Letzte  Zeile.     Lebensurk.  II,  521. 

33)  S.  346,  Abs.  2  (Ende).  Scbles.  Lebensurk.  I,  33.  Wenn 
der  ducatus  Kosbonieusis  cum  castro  et  civitate  Rozle  (statt  Kozle, 
Kosel)  wirklicb,  was  allerdings  w^obl  das  wabrscbeinlicbste  ist,  als 
ducatus  Razboriensis  auf  Ratibor  zu  bezieben  ist,  so  kanu  man  nur 
an  ein  Stiick  dieses  Herzogtums  denkeu,  well  sonst  wobl  die  Haupt- 
stadt  des  Landes  als  Pertinenz  genannt  worden  ware,  nicbt  aber  das 
gar  nicbt  zu  diesem  Herzogtum  geborige  Kosel.  Aufserdem  boren 
wir  sonst  nirgeuds  etwas  davon ,  dafs  die  Herrscbaft  Herzog  Jobauns 
des  Jiingeren  liber  Ratibor  eine  Unterbrecbung  erfabren   hatte.     Die 


Anmerkungen.     S.  346—349.  97 

ganze   Urkunde  ist  offenbar   von  eincm  der  Landesverhaltnisse   gaiiz 
Unkundigeu  abgefafst. 

34)  S.  346,  A1)S.  3  (Eude).  Die  Teilualunc  der  beidcu  Herziige 
von  Oppeln  an  dem  Kampfe  gegen  Matthias  wird  durch  die  Amnestie- 
urkunde  des  letzteren  vom  20.  Jauuar  1489  verbiirgt,  schles.  Lehens- 
ixrkunden  II,  339.  Nocb  aus  dem  Jahre  1505  horen  wir,  dafs  Herzog 
Johauu  vou  Oppeln  seine  Verschreibungen  gegeuiiber  Hans  von  Sagan 
und  Heinricb  von  Miiusterberg,  die  inzwischen  an  des  letzteren  Sohne 
gekonamen  waren,  vou  dieseu  zuriickkauft.     Lebensnrk.  II,  341. 

35)  S.  346,  Abs.  3  (Eude).  So  berichtet  die  Katiborer  Chronik 
zum  Jahre  1484  (schles.  Zeitschr.  IV  124)  mit  dem  Ilinzuf iigen ,  ein 
andrer  Grand  sei  nicht  aufzufinden  gewesen ,  als  dais  man  den  beiden 
Herzogen  babe  Geld  abpressen  wollen.  Von  der  plotzlichen  Gefangen- 
nehmung  der  beiden  wird  aiich  in  dem  Berichte  iiber  den  Prozel's  de.s 
Herzogs Nikolaus  von  Oppeln  vom  Jahre  1497  gesprochen  (Klosc  „von 
Breslau"  III.  2,  450)  doch  wird  hier  bemerkt,  dies  sei  vor  10  Jahren  ge- 
schehen  also  1487,  welches  Jahr  nun  auch  sonst  besser  passeu  wiirde. 
Dais  dieHerzoge  die  ungeheuere  Summe  von  30000Goldgulden  wirklich 
bezahlt  haben  sollten,  erscheint  unglaubwiirdig.  Das  Zerwiirfnis  des 
Konigs  mit  den  beiden  Herzogen  hing  iibrigeus  mtiglicherweise  damit 
zusammeu,  dafs  dieselben  sich  durch  die  Losreifsung  eiues  Toils  des 
Herzogtums  Ratibor,  auf  welches  sie  verbriefte  Erbanspriiche  batten 
(Schles.  Lehensurk.  II,  397.  398),  gekrankt  fiihlten.  —  Abs.  4  (An- 
fang-).  Die  Urkunde  vom  22.  August  1487,  in  welcher  sich  Herzog 
Victorin  von  dem  ihm  aufgezwungenen  Vertrag  mit  Matthias  lossagt 
(Schles.  Lehensurk.  II,  524) ,  scheint  bestimmt  dafiir  zu  sprechen.  — 
Z.  3  V.  u.  Konrads  Teilnahme  erwiilmt  ausdriicklich  Marcus 
Kyntsch  von  Zobten  in  seinem  Berichte  iiber  diese  Kampfe.  Ss.  rer. 
Siles.  IV,  6. 

36)  S.  348,  Abs  1  (Eude).  Die  Aufzeichnungcn  Keppels  sind 
abgedruckt  in  dem  schon  ei'wahnteu  Bericht  von  Marcus  Kyntsch 
Ss.  rer.  Siles.  IV,  der  neben  den  Ann.  Glogov. ,  Ss.  rer.  Siles.  X,  die 
Hauptquelle  dieser  Ereiguisse  bildet. 

37)  S.  349,  Z.  1.  Lehensui-k.  I,  244.  —  Abs.  2.  Schles. 
Lehensurk.  II,  339  u.  I,  244.  Ss.  rer.  Lusat.  II,  102;  IV,  16.  Aufiili- 
rung  einer  Urk.  vom  6. Febr.  1489  bei  Palacky ,  Bohm.  Gesch.  V.  1,  317. 
Auch  der  iilteste  Bruder  verlor  jctzt  die  Giiter  in  Slavonien,  welche 
er  fiir  Troppau  hatte  eintauschcn  mlissen  5  und  in  der  schon  erwahuteu 
Herzog  Heinricb  von  Miiusterberg  betreffeuden  Urkunde  vom  28.  De- 
zember  1488  (Schles.  Lehensurk.  I,  244)  wird  Victorin  als  einer,  der 
sich  dem  Konig  feindselig  bewieseu  habe ,  bezeichnet.  Merkwiirdig 
ist  uur,  dafs  dieser  Urkunde  zufolge  es  scheint,  als  habe  Victorins 
Schuld  darin  bestanden,  Feinde  des  Kiiuigs  auf  seinon  Schliissern  iu 
Slavonien  aufgenommen  zu    haben,    wahrend  wir   doch    urkundliche 

Grunhagen,  GescL.  ScUlesiens.    I.  1 


98  Anmerkungen.     S.  349—351. 

Zeugnisse  dafur  haben,  dafs  er  sich  bereits  1487  von  seinen  Vertriigeu 
mit  dem  Konige  losgesagt,  sich  wicderum  als  Herrii  vou  Troppau  be- 
trachtet  und  dieses  Herzogtum  seinem  Bruder  Ileinrich  vermacht  habe, 
Urkunde  vom  22.  August  1487,  Schles.  Lebensurk.  II,  524. 

38)  S.  349,  Abs.  2  (Ende).  Chronik  des  Abtes  Benedikt 
Johnsdorf  ed.  Wachter,  Ss.  rer.  Siles.  XII,  121  uud  dazu  Cbron. 
abb.  Sagan.  bei  Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  I,  397,  so  dafs  die  sehr  uu- 
bestimmt  gefafste  Aiigabe  bei  Palacky,  Bohm.  Gesch.  V.  1,  317 
ihre  Bestiitigung  findet;  allerdings  mit  der  Einschrankiuig ,  dafs  es 
nicbt  zutritft,  wenn  Palacky  meint,  diese  Versohnung  sei  nocb  friih 
genug  gekommen,  um  den  Konig  zu  bewegen,  von  der  Belagerung 
Frankensteins  abzustehen.  Johnsdorf  sagt  das  Gegenteil,  und  die  Auf- 
zeichnungen  des  Marcus  Kyntsch  (Ss.  rer.  Siles.  IV,  IG)  ver- 
zeichnen  ganz  bestimmt  das  Datum  der  Ubergabe  von  Frankenstein 
namlich  den  22.  Januar  1489.  —  Abs.  3  (Anfaug).  Ss.  rer.  Lusat. 
11,  102.  Der  Konig  schreibt  unter  dem  7.  September  1488  den 
Breslauem,  dafs  er  den  Trnka  gegen  Suhlau  gescliickt  habe.  Angef. 
bei  K lose  III.  2,  357.  —  Z.  5  v.  u.  Den  26.  Febr.  1489.  Die  Ann. 
Glogov.  ed.  Markgraf,  Ss.  rer.  Siles.  X,  59  geben,  die  Anfiihrung 
der  Grotefendschen  Stammtafeln  (XI,  16)  berichtigend,  Jahr  imd  Da- 
tum von  Salomes  Tod  zuverlassig  an. 

39)  S.  350 ,  Z.  6.  Das  bestimmte  Motiv  der  kriegerischen 
Mafsregeln  gegen  Herzog  Kourad  geben  nur  Pols  Jahrbiicher  II, 
14G  an.  Und  obwohl  die  Nachricht  aus  einer  Quelle  des  17.  Jahr- 
hunderts  stammt,  erscheint  sie  doch  dui'chaus  glaublich.  Dort  auch 
die  Abfindung  mit  Auras.  Sonst  ist  auch  hier  Benedikt  Johnsdorf 
Quelle,  ed.  Wachter,  Ss.  rer.  Siles.  XII,  122.  —  Z.  9.  Georg, 
Markward  und  Konrad  vou  Stein  erhalten  diese  Lande  unter  dem 
6.  Dezember  1489,  Schles.  Lebensurk.  I,  267. 

4:0)  S.  350,  Z.  14  v.  u.  Griinhagen,  Schlesische  Regesten 
Nr.  1567  u.  1224.  —  Z.  13  v.  u.  iiber  die  Berna  Tzschoppe  und 
Stenzel,  Urkundensammlung,  S.  31  u.  201.  —  Z.  4  v.  u.  Eschen- 
loer  ed.  Kunisch  H,  303. 

41)  S.  351,  Abs.  2.  Klose  „von  Breslau"  HI,  2.  361.  286 
und  295,  Schickfus,  Schles.  Chronik  lU,  169.  —  Die  Ann.  Glo- 
govienses  ei-wahnen  wiederholt  z.  B.  in  dem  Glogauer  Kriege  die 
Mitwirkung  schles.  Aufgebote,  und  von  Breslau  speziell  bezeugt  dies 
ein  Brief  des  Konigs  vom  29.  August  1488,  Klose,  a.  a.  0.  346. 
Ein  Brief  des  Konigs  aus  dem  Jimi  1488  (bei  Klose  a.  a.  0.  342) 
spricht  von  einer  zu  leihendeu  Buchse,  und  in  den  Ann.  Glogov.  werden 
nocb  die  grofsen  Biichsen  der  Schweidnitzer  und  Lieguitzer  er- 
wahnt.  —  Abs.  3.  Kgl.  Deklaration  von  1486  bei  Klose,  a.  a.  0. 
330  flf. 


Anmerkungeu.    S.  352—356.  99 

4:2)  S.  352,  Abs.  1.     Aun.  Glogov.  a.  a.  0.  Gl.     Johusdorf, 
a.  a.  O.  122.  —  Abs.  2.     Johnsdorf  121. 

43)  S.    353,    Z.    1.     Breslauer   Stadtbuch   (C.    d.    Siles.    XI.) 
S.  37. 


Vierter  Abschnitt. 

1)  S.  354,  Abs.  1.  Fro  ben,  Ann.  Namslav.  Haudscba-ift  des 
Breslauer  Staatsarcbivs  f.  63  —  Abs.  1  (Elide).  Jobnsdorf, 
a.  a.  0.,  123.  Cujus  mortis  nuncia  venerunt  Wratislaviani  sabbatho 
sancto  pasche  et  publicata  in  ipsa  festivitate  pascbali  ad  liberacio- 
nem  et  consolacionem  omnium  nostrorum  simul  cum  gaudiosa  resun-ec- 
cione  dominica. 

2)  S.  354,  Abs.  2.  Die  Eidesformel  fiir  Glogau-Sagan  in  den 
Ss.  rer.  Lusat.  II,  103  und  in  den  scblesischeu  Lebeusm-k.  II, 
656.  —  Uber  Ols-Woblau  Jobnsdorf  122.  Wenn  wir  fiii-  Troppau 
eiues  bestimmteu  Zeugnisses  entbebren,  so  spricbt  docb  die  Tbatsacbe, 
dafs  gerade  Troppau  aUein  nacbber  wirklicb  in  Job.  Corvius  Besitz 
gekommen  ist,  sebr  entscbieden  dafiir,  dafs  bier  eine  Eventualbuldigung 
bei  Mattbias'  Lebzeiteu,  wie  wir  sie  an  andern  Orten  bestimmt  nacb- 
weisen  kounen,  wirklicb  erfolgt  ist. 

3)  S.  354,  Z.  2  T.  u,  Nacb  dem  Zeugnisse  der  Anklagescbrift, 
Klose  m,  2.  402,  3. 

4)  S.  355,  Abs.  2.  Gorlitzer  Ratsannalen.  Ss.  rer.  Lusat.  II, 
310  und  die  Erklarung  vom  23.  Mai  1490  auf  S.  318.  —  Jobns- 
dorf 123. 

5)  S.  355,  Abs.  3.  Die  Oberlausitzer  bescbliefsen  den  Brief 
der  Scblesier  ganz  unbeautwortet  zu  lassen,  und  aucb  auf  eiueu  zwoiten, 
vom  1.  Mai,  der  sie  auf  den  23.  Mai  nacb  Breslau  eiulud,  autworten 
sie  boflicb  ablebnend.  Gorlitzer  Ratsannalen.  Ss.  rer.  Lusat.  II,  311, 
316,  317.  Der  Buudesbescblufs  der  Scblesier  1490,  Apr.  25  in  den 
scbles.  Lebensurk.  I,  23. 

6)  S.  356,  Abs.  1.  In  der  Anklagescbrift  gegen  Heinz  Dompnig  wird 
diesem  u.  a.  aucb  zum  Vorwurf  gemacbt,  dafs  er  einen  Brief,  den 
Herr  Stibor  nacb  dem  Tode  des  Konigs  an  den  Rat  zu  Breslau  ge- 
scbrieben,  an  Georg  von  Stein  abscbriftUcb  mitgeteilt  babe  (Klose 
a.  a.  0.  401).  Da  nun  Dompnig  bereits  am  19.  April  1490  seine 
Wurde  niederlegt  (Bresl.  Stadtbucb,  Cod.  dipl.  Silcs.  XI,  p.  38),  so 
mufs  jener  Brief  kurz  nacb  des  Konigs  Tode  gescbrieben  sein.  — 
Abs.  1  (Ende).    Des  Konigs  Scbreiben  vom  31.  Mai  1490,  bei  Klose 


100  Aumerkungeu.     S.  357—360. 

a.    a.    0.    411.    —    A1)S.    2.     Revers    vom    5.   Mai    1490    Lebensur- 
kundeu  I,  3G. 

7)  S.  357,  AI)s.  1  (Elide).     Ss.  rcr.  Siles  XIl,  128  —  Al)s.  2. 

Lebensurk.  I,  30. 

S)  S.  358,  Z.  1.  Pols  Jabrb.  II,  159.  -  Abs.  2.  Breslauer 
Stadtbucb,  S.  38.  —  Abs.  3.     Ebeudas. 

9)  S.  359,  Abs.  2.  also  denne  ber  selbist  uftmals  gesagit  und 
nebist  aucb  vor  den  b.  ratmanuen  bokant  bat,  das  in  nicbt  der  rat 
nicbt  dy  gemeyne  gesaczt ,  suuder  die  koiiiglicbe  m.'ijestet,  der  ber 
aucb  besundern  seinen  erben  uud  der  crou  zu  Uiingern  eyde  darczu 
getban  bette.  —  Breslauer  Stadtbucb  195.  —  Abs.  3.  Uber  Domp- 
uigs  Prozefs  uud  Hiuricbtung  vgl.  die  quellenmafsige  AnfUbrung  bei 
Klose  III,  2  von  S.  394  an,  dann  404—6  u.  ff. 

10)  S.  359,  Abs.  4.  Die  Bestatigung  fiir  Victoriu  datiert  vom 
9.  Oktober  1490,  die  fur  Jobann  Corviu  vom  31.  Juli  1490.  Sebles. 
Lebensurk.  II,  522  und  523.  —  Auf  dem  Fiirstentage  vom  25.  April 
1490  neunt  sicb  Konrad  nocb  kurzweg  Herzog  der  Scblesier,  in  dem 
Biindnisvertrage  mit  den  Miibrern  vom  4.  Juui  1490  aber  bereits 
wieder  Herr  zu  Olsen.  —  Z.  4  v,  u,  Anfiibrungen  der  Urkunde 
Konrads  vom  17.  Juli  1490,  durcb  welcbe  derselbe  den  Gebriidern 
Soppke ,  die  ihn  bei  seinem  Feldzuge  unterstiitzt ,  Hcrrnstadt  ver- 
leibt.  Lebensurk.  I,  269.  —  Bestatigung  vom  12.  Dezember  1492, 
Sebles.  Lebensurk.  II  ,  105.  —  S.  359  uiiteii.  Scblesiscbe  Lebens- 
urkundeu  11,526  und  dazu  Biermann,  Gescbichte  von  Troppau  und 
Jagerndorf  S.  229  ff. 

11)  S.  360,  Abs.  2.  Lebensurk.  I,  273  und  289.  Als  Herzog 
von  Glogau  und  Sagan  erscbeiut  Jobann  in  dem  Reverse  der  sebles. 
FUrsteu  vom  10.  Jauuar  1498  Lebensurk.  I,  48  uud  zum  letztenmale 
unter  den  Zeugen  des  Kolowi-atschen  Vertrages,  3.  Februar  1504. 
Stenzel,  Bist.-Urkunden  361.  Das  Wortspiel  bei  Pol,  Jabrbiicber 
II,  146. 

12)  S.  360,  Abs.  2.  Ss.  rer.  SUes.  IV,  18.  Colo  Zeuge  bei 
dem  Vertrage  mit  den  Miibrern  4.  Juni  1490.  Weiteres  iiber  ibn  bei 
Heyne,  Bist.  Breslau  III,  211  ff. 

13)  S.  360,  Abs.  3.  Uber  Buscb  Ann.  Glogov.,  Ss.  rer. 
Siles.  X,  63.  Hier  wird  er  blofs  der  nenne  genannt.  Curaeus  ami. 
Siles.  359  sagt:  quidam  relatus  inter  uobilitatem  ut  arbitror  Buscus, 
queni  nomiuabant  patrem  principis,  und  Pol  (Jabrb.  II,  160)  nocb 
deutlicber  Buskum  eiueu  vom  Adel,  den  man  des  FUrsteu  Naune  oder 
Vater  nannte.  Nanue  oder  aucb  nenne  fiir  Vater  ist  allerdiugs  schlesiscb. 
Marcus  Kyntscb  (Ss.  rer.  Siles.  IV,  14)  sagt  bei  anderer  Gelegenbeit 
vou  ibm :  der  biefs  der  Neine  (offenbar  verscbrieben  fiir  nenne)  darum 


I 


Auineikmigeu.     S.  3G1— 3G3,  101 

dafs  er  hertzog  Hans  aus  dcui  feiior  trug,  da  er  in  Poleii  die  Kiefel 
ausbrandte  (vgl.  o.  S.  334).  Diese  Stelle  ist  zugleich  das  belasteudste 
Zeugnis  fiir  Biischs  Schiild  an  dem  Huugertodc  der  Glogauer  Rats- 
herren. 

14)  S.  361,  Z.  7.  Schles.  Lehensurk.  I,  39.  Die  Konkurrenz 
der  beiden  Forderungeu  des  Riickfalls  an  die  Krone  Ungarn  und 
des  Vorbehalts  der  Lehenshoheit  fiir  die  Krone  B  ohm  en  zeigt 
recht  das  Schwankende  der  staatsrechtlichen  Anschauungen  nach 
dieser  Seite  bin.  —  Abs.  2,  Ann.  Glogov.  p.  65.  Lehensiu-kunden  I, 
250. 

15)  S.  361,  Al)s.  2.  Die  Entlassungsurk.  fiir  Sprottau  (14.  Sept. 
1400)  Lehensurk.  I,  245.  Eine  Anwartschaft  J.  Corvins  auf  die  Olser 
Erbschaft  (Lehensurk.  II,  106)  ist  dann  wie  so  viele  andere  unter 
Kouig  Wladyslaw  nie  praktisch  geworden.  Die  EinfUhrung  des  neueu 
Oberlandeshauptmanns  geschah  auf  dem  Breslauer  Fiirstentage  am 
11.  November  1490.  Ann.  Glogov.  62.  —  Konig  Wladyslaw  erteilt 
1473  den  Einwohnern  von  Freistadt  im  Teschenschen  zwei  Jahrmiirkte 
zum  Lohne  fiir  die  treuen  Dienste  des  Herzogs  Kasimir.  Bier- 
mann,  Gesch.  von  Teschen  174.  —  Abs.  3  (am  Ende).  Lehens- 
urkunden  II ,  657.  —  Z.  5  v.  u.  Einen  kurzcn  Pfandbesitz  von  01s- 
Wohlau  durch  Kasimir  weist  aUerdings  die  Verschreibimg  de.s  Konigs 
von  1493  nach  (Stark-Tilisch  bei  Sommersberg.  Ss.  rer.  Sil.  I, 
737) ,  und  auch  in  der  Urkiuide  vom  28.  April  1495  wird  auf  eiueu 
Besitz  der  Lande  durch  Kasimir  Bezug  genommen. 

16)  S.  362,  Z.  2.  Vgl.  die  Urkunde  vom  28.  und  30.  April 
1490.  Lehensurk.  II,  108  u.  109  und  dazu  die  Urkimde  iiber  Steinau 
und  Raudten  vom  21.  Juli  1497,  Lehensurk.  I,  287.  —  Z.  6,  Leheus- 
vu-kunden  II.  190.  —  Z.  7.  Lehensurk.  I,  289  u.  291.  —  Z.  8.  Lehens- 
vu'kunden  I,  293.  —  Abs.  2.  Die  Verleihimgen  an  Kurzbach  erfolgen 
1494.  Lehensurk.  11,  106.  107  und  dann  weiter  11,  403.  —  Abs.  3. 
Lehensurk.  II,  528  u.  543. 

17)  S.  362,  Z,  4  V.  u.  In  den  Kriegsanschlagen  gegen  die  Hussiten 
erscheint  Puota  von  Czastolowicz ,  der  Herr  von  Glatz,  immer  ncben 
den  schlesischen  Fiirsten,  und  in  den  Verleihuugsurkundeu  Gcorgs 
an  seine  Sohne  wird  der  comitatus  Glacensis  dui-chaus  auf  glcichcr 
Stufe  mit  dem  ducatus  Munsterbergesis  behandelt,  als  waren  eben 
beide  schlesische  Lehen  der  Krone  Bohmen. 

18)  S.  363  Z.  8.  Lehensurk.  I,  242.  —  Z.  9.  Ebendas.  S.  217. 
Infolge  des  Schmalkaldischen  Kricges  kam  1548  Sagan  an  Ferdi- 
nand zuriick.  —  Der  Verkauf  von  Severieu,  Lehensurk.  II,  626.  — 
tjber  Auschwitz  und  Zator  Lehensurk.  II,  584  luid  dazu  Bicrmanus 
Aufsatz  in  den  Sitzimgsber.  der  Wiener  Akadcmie  von  1863.  — 
Abs.  2  (Ende).    Lehensm-k.  11,  617. 


102  Aninerkuugeu.     S.  364—367. 

19)  S.  3G4,  Abs.  2.  Lehensurk.  I,  38.  39;  II.  49,  657,  und 
daun  uoch  I,  45;  auch  die  Landtagsverliandlungen  von  1497.  Archiv 
Czesky  V,  465  §  4.  —  Biermann,  Gesch.  von  Troppau,  '251  ff. 
Die  bctr.  Urkunden  in  den  Lehensurk.  11,  522  ft.  —  Dubravius, 
Hist,  regni  Boh.  202. 

20)  S.  364,  Z,  13  V.  n.  Eiue  derartige  Erkliirung  hatten  die 
Schlesier  bereits  1490  abgegeben,  huldigen  zu  wollen,  wenn  seine 
Majestiit  „  an  die  orther  luid  stellen  komeu  wiirde ,  do  vor  alters  vor- 
mals  cyde  holduugk  und  pflichte  geschehcn  wereu."  Lehensurk.  I, 
39.  —  Z.  11  V.  u.     Agf.  bei  Klose  III.  2,  449. 

21)  S.  364,  Z.  10  v.  n.  In  der  Urk.  vom  10.  Jan.  1498  (Lehensurk. 
I,  48)  vermissen  wir  unter  den  schles.  Fiirsten  und  Standen  eincr- 
seits  den  pohiischen  Prinzen,  der  in  Glogau  herrschte,  ebeuso  wie 
Johanu  Corvin  aus  Troppau  und  anderseits  die  Vertreter  von  Schwcud- 
nitz-Jauer,  welche  letztere  der  in  der  Urkunde  gestellten  Forderuug, 
der  Konig  solle  nach  Breslau  zur  Huldigung  kommen,  deshalb  uicht 
beistimmten ,  weil  sie  auf  Grund  ihrer  Privilegien  verlangten,  nur  in 
Schweidnitz  zu  huldigen.  Dagegen  begegnet  uus  hier  noch  eininal 
der  alte  Hans  II.  als  Herzog  zu  Sagan  und  Grofsen-Glogau ,  wovon 
ihm  natiirlich  nur  noch  der  Titel  geblieben  und  dann  hiuter  der  Stadt 
Breslau  angereiht  eine  Anzahl  Standesherren :  Siegmund  Kurzbach  zu 
Trachenberg,  Hiuko  Haugwitz  zu  Warteubcrg,  der  also  nach  dem  Tode 
Konrads  des  Weifsen  die  Herrschaft  Polnisch-Wartenberg  wieder  er- 
halteu  haben  mufs  (vgl.  o.  S.  359),  IMelchior  und  Balthasar  Welczek 
auf  Hultschiu  und  Ernst  Mrakotha  von  Luznitz  auf  Olbersdorf  (bei 
Jagerndorf).  —  Z.  6  v.  u.  Lehensurk.  I,  49.  —  Z.  3  v.  u.  Archiv 
Czesky  V,  462  und  dazu  Palacky,  Gesch.  vou  Bohmen  V.  1,  458. 

22)  S.  365,  Abs.  1  (Ende).  Pols  Jahi-b.  II,  194  —  196.  — 
Abs,  2,  Vgl.  die  Schreiben  in  den  Lehensurk.  I,  56.  57.  Man  wird 
sich  hiiten  miissen,  daraus  den  SchluTs  zu  ziehen,  dafs  wiihi-end  Wla- 
dyslaws  Bresl.  Aufenthalt  der  ungarische  Eiuflufs  iiberwogen  habe. 
Schon  die  Fassung  des  in  Breslau  ausgestellten  Privilegs  fiir  Herzog 
Johanu  von  Oppelu  vom  30.  Miirz  1511  (Lehensurk.  II,  343),  welches 
die  Ungarn  ganz  ausschliefst,  wiirde  entschieden  dagegen  sprechen.  — 
Z.  7  V.  II.     Lehensurk.  I,  49. 

23)  S.  366,  Abs.  2  (Ende).  Es  soil  an  dieser  Stelle  auf  die 
Einweudungen  der  bohmischen  Stiinde  gegen  das  ganze  Privileg  nicht 
eingegangen  werden.  Dieselben  mogen  einer  Darstellimg  der  Zeit 
von  1546  vorbehalten  bleiben.  —  Z.  4.  v.  u.  Vgl.  z.  B.  den  Auf- 
satz  Ottos  uber  den  Immunitatsstreit  dos  Kapitels  mit  Herzog 
Friedrich  von  Liegnitz  1499.     Schles.  Zeitschr.,  Bd.  VII. 

24)  S.  367,  AI>s.  2.  Den  ganzen  Streit  behandelt  sehr  eingehend 
mit  genauen  QueUenangaben  Luchs.,  Schles.  Fiirstenbilder,  Bogen  IV, 
S.  21  ff. 


Anmerkungen.     S.  369—375.  103 

35)  S.  369,  Z.  6  v.  u.  Aus  dciii  Orig.  im  Domkapitelsarchiv 
bei  Stenzel,  Bistumsurk.  365;  eine  zweite  Origiualausfertigung  be- 
sitzt  das  Breslauer  Stadtarchiv.  —  Z.  5  v.  ii.  Unter  dem  18.  Febr. 
1504  Stenzel  a.  a.  0.  370.  —  Letzte  Zeile.  Vom  6.  Febr.  1504. 
Im  Auszuge  bei  Heyne,  Bistum  Breslau  III,  395. 

26)  S.   370,  Z.  14.     Stenzel,  Bistumsurk.  373. 

27)  S.  370,  A1)S.  2.     Vgl.  die  Anfuhrungen  bei  Heyne  III,  390. 

38)  S.  371,  Z.  2  T.  u.  Berichte  uber  das  Ereignis  in  den  Ss. 
rer.  SUes.  XII  ed.  Wachter,  S.  135  u.  138.  Vgl.  dazu  noch  Klose 
III.  2,  449 fF.  Nikolaus'  Testament  (in  deutscher  Ubersetzung)  bei  Pol, 
Jahrb.  II,  167.  Uber  die  Frage,  welches  von  den  drei  angeblichen 
Richtschwertern  des  Herzogs  das  echte  sei,  sind  die  Meinungen  noch 
geteilt. 

29)  S.  372,  Z.  2.  F  rob  ens  Bericht  Ss.  rer.  Siles.  XH,  139. 
Pol  in  seinen  Jahrb.  II,  170  berichtet  dann  noch  eine  besonders 
gravierende  Geschichte  von  dem  Herzog.  Uber  die  Fehde  mit  Fried- 
rich  n.  Sammter,  Chronik  von  Liegnitz  II,  98 If.  Ulier  das  TrefFen 
bei  Canth  Pol,  Jahrb.  II,  198.  Uber  den  schwarzen  Christoph  Ss. 
rer.  Siles.  Ill,  34  ff.  Uber  die  von  Kauffuug  vgl.  den  trefFl.  Aufsatz 
von  Perlbach,  Die  Herren  von  Kauffung  auf  dem  Hummelschlosse, 
schles.  Zeitschr.  X,  34.  —  Abs,  1  (Elide),  Von  diesen  hat  der 
schwarze  Christoph  ausgesagt,  sie  alle  seien  nur  des  Herzogs  Bar- 
tholomiius  Riite  gewesen,  Klose  bei  Stenzel,  Ss.  HI,  38. 

30)  S.  372,  Abs.  2.  Landfriede  1505,  18.  Januar.  Original  im 
Breslauer  Stadtarchiv.  Abdr.  bei  Bare  de  Scopelismo,  p.  393.  — 
Die  Husaren,  Pol  II,  191.  Die  Stiidtebiindnisse ,  Ss.  rer.  Siles.  IH, 
51  ff. 

31)  S.  373,  Abs.  1,  Z.  1.  Klose,  ebd.  S.  64.  Daselbst  S.  61 
cin  Brief  der  Stadt  Plock,  der  die  Existenz  dor  unerhorten  Bcstim- 
mung  zugesteht.  —  Klose  berichtigt  hier  die  aus  Dubravius,  Hist. 
Boh.  816,  geschopfte  DarsteUung  Pols  II,  188.  Vgl.  dazu  auch  das 
Bresl.  Stadtbuch  Cod.  dipl.  SUes.  XI,  41.  —  Abs.  2.  Der  Brief  bei 
Klose  a.  a.  0.  60. 

32)  S.  374,  Z.  8.  Ob  dies  Karl  oder  Ferdinand  sein  wiirde, 
liefs  der  Vertrag  noch  dahingesteUt,  doch  verpflichtete  sich  der  Kaiser, 
wenn  keiner  der  beiden  Anna  heimfiihre,  dies  selbst  zu  thun. 

33)  S.  375,  Abs.  2  (Ende).  Die  folgende  DarsteUung  basiert 
vor  aUem  auf  den  nunmehr  im  zweiten  Bande  der  Lehensurkunden  vcr- 
offentlichten  zahlreichcn  Dokumcnten  Uber  die  Festsetzung  Georgs  in 
Schlesien,  die  dann  noch  besonders  citiert  werdcn  soUen.  Eine  auf 
sorgfaltigeu  Quellenstudien  beruhende  Skizzc  von  Georgs  Leben  hat 
Markgraf  in  Bd.  VIH,  S.   611   der  aUgem.   deutschen  Biographio 


104  Amnerkungen.     S.  376.  377. 

gegeben.  Niiher  Iteschaftigen  sich  daiin  auch  init  ihm  zwei  fleifsige 
Breslauer  Promotionsschriften  von  1S83,  Neustadt,  Markgr.  Georg 
von  Brandenburg  als  Erziehcr  am  uugarischeu  Hofe  und  Ncufert, 
Die  scliles.  Erwcrbungen  dcs  Markgrafen  Georg  von  Brandenburg. 
Beidon  Verfassern  war  es  von  den  Heransgebcrn  gestattet,  die  Manu- 
skripte  fiir  Bd.  II  der  schles.  Lehensurk.  zu  benutzen.  Neustadt  hat 
dann  auch  Archivalien  des  Munchener  Reichsarchives,  welche  zufallig 
zu  andereu  Zweckcn  an  das  Breslauer  Staatsarchiv  gesendct  waren, 
einsehen  diiifen.  —  Letzte  Zeile.  Im  Jalu-e  1564  erlaubt  Bischof 
Johanu  „seinem  Schwager"  Autonius  Fugger  das  Stadtchen  Frei- 
waldau  seinem  (d.  h.  Fuggers)  Diener  Hans  Siifs  zu  iiberlassen. 
Neifser  Lagerbuch  L.  334  im  Breslauer  Staatsarchive.  Der  Ausdruck 
Schwager  ist  schwerlicb  im  engstcu  Sinne  des  Wortes  zu  nehmen. 
Vgl.  den  Aufsatz  H.  Wen z els,  Der  Fugger  Bedeutung  fiir  die  Ge- 
schichte  Unganis  in  der  ungarischen  Revue  1883,  S.  204. 

34)  S.  376,  Abs.  2.  Schles.  Lehensurk.  II,  341,  wo  in  der 
Uberschrift  irrtumlich  der  von  Glogau  handelnde  Passus  auf  Ober- 
Glogau  bezogen  ist.  —  Ende  des  Abs.     Lehensurk.  I,  256. 

35)  S.  376,  Z.  9  v.  u.  Lehensui-k.  11,  345,  noch  niiher  aus- 
gefiihrt  in  der  konigl.  Bestiitigung  vom  11.  Oktober  1512  (ebd.). 
Der  friihere  Erbvertrag,  auf  welchen  sich  die  erstere  Urkimde  be- 
zieht,  vom  13.  Jan.  1478  (Lehensurk.  II,  397),  liifst  allerdings  die 
Deutung  zu,  als  konnten  die  Erbauspriiche  von  Valentins  Mutter 
jcderzeit  mit  2000  Goldgulden  abgekauft  werden,  doch  ist  davon  in 
den  spatei'en  Bestatigungen  keine  Rede  mehr. 

36)  S.  376,  Z.  4  t.  u.  Urkunde  Kasimirs  vom  30.  Marz  1510, 
Lehensurk.  II,  343.  Derselbe  hatte  dann,  dem  Wunsche  Sigismunds 
eutsprechend ,  seinem  (Kasimirs)  Neffen  Bartholomiius  von  Miinster- 
berg  Ober- Glogau  und  ELrappitz  verschriebeu ;  Bartholomiius  stirbt 
bekanntlich  kiuderlos  1516.  Eine  Bestiitigung  ist  allerdings  urkimd- 
lich  nicht  crhalten,  doch  beruft  sich  Kaiser  Max  in  einem  Privileg 
von  1517,  Marz  (Lehensurk.  II,  351),  welches  er  als  Vormuud  Kouig 
Ludwigs  ausstellt,  auf  eine  Begnadung  der  beiden  Herzoge  durch 
weiland  Konig  Wladyslaw. 

37)  S.  377,  Z.  3.  Kaiser  Max  bestiitigt  ihm  uuter  dem  12.  Miirz 
1517  seine  Anspriiche  in  der  bereits  erwiihnten  Urk.  (Lehensui-k.  U, 
351).  Es  wird  auch  im  weiteren  Verlauf  dieser  Angelegenheit  in 
zahlreichen  Urkunden  auf  diese  Anspriiche  Bezug  genommcu.  — 
Z.  7.  Auch  dessen  Anspriiche  werden  nebeu  denen  Kasimirs  von 
Teschen  in  der  mehrfach  erwiihnten  Urkunde  des  Kaisers  von  1517 
bestatigt.  —  Ende  des  Abs.  Urk.  vom  30.  Miirz  1511,  Lehensurk. 
II,  343.  —  Abs.  2.  Gesammelte  Nachrichten,  den  gegenwiirtigen  Zu- 
stand  Schlesiens  betr.  1741,  I,  328.  —  Abs.  3.  Urk.  vom  11.  Okt 
1512,  Lehensurk.  11,  345. 


Amnerkungeu.     S.  378  -382.  105 

38)  S.  378,  Z.  6.  31.  Okt.  1.512  bestJitigt  2.  Nov.,  Leheusiirk. 
II,  348  u.  351.  —  Z.  11.  Urk.  vom  1.  Dez.  1512  bestatigt  12.  Marz 
1517,  Lehensurk.  II,  351.  —  Die  Denunziatiouen  des  Herzogs  angef. 
bei  Zach.  Starck,  Sommersberg,  Ss.  I,  739.  Die  Zusicherung  von 
1515  erwabut  iu  der  gleicb  anzuf.  Urk.  vom  21  Febr.  1517,  diese 
dann  iu  den  Lehensurk.  II,  403. 

39)  S.  379,  Z.  1.  Vgl.  Palacky,  Gesch.  Bohmens  V.  2,  288.  - 
Z.  8.  Revers  der  Glogauer  Landschaft  vom  4.  Juni  1517,  Lehensurk. 
I,  2G2.  —  Eude  des  Abs.  Spiels,  Aufldiirungeu  in  der  Gesch.  u. 
Diplomatik,  S.  64. 

40)  S.  379,  Z.  11  V.  u.  Wie  Zach.  Starck  in  seincn  hand- 
schi-iftl.  Teschener  Aufzeichuuugen  (im  Bi-esl.  Staatsarch.)  anfuhrt, 
mufste  der  Konig  1520  eine  Art  von  Siihne  stiften  zwischen  Kasimir 
von  Teschen  und  Lew  von  Rozmital  auf  Grund  von  Injurien  des 
letzteren  gegen  den  ersteren. 

41)  S.  380,  Z.  12.  Otto,  Die  Wahl  Jacobs  von  Salza,  schles. 
Zeitschr.  XI,  302  ff.  —  Abs.  2.  19.  Sept.  1518  vormundUchc  Urk. 
des  Kaisers  Max,  Lehensurk.  I,  264. 

42)  S.  381,  Z.  3.  Karl  urkundet  vom  30.  April  1521  zu  Oppeln 
mit  Johaun  von  Oppeln  zuguusten  des  Markgrafen  Georg  (Reg. 
Wencesl.,  Cod.  dipl.  Siles.  VI,  Nr.  506),  und  wie  wk  noch  im  Texte 
sehen  werden,  bringt  ihm  1523  das  Wiederaufkommen  der  Partci 
Georgs  die  Statthalterwiirde  in  Bohmeu  ein.  —  Z.  11.  Wir  besitzen 
nur  die  vorsichtige  dilatorische  Antwort  des  Breslauer  Rates  d.  d.  27.  De- 
zember  1521  angef.  bei  Klose  III.  2,  941.  —  Z.  16.  23.  April  1522, 
Lehensurk.  II,  359.  —  Z.  21.  9.  Mai  1522,  Lehensurk.  II,  359  die 
erwiihnte  Versicherung  wegeu  des  Defekts  der  Ansessigkcit  euthielt 
schon  das  wieder  eiugeriickte  Privileg  vom  16.  Febr.  1519  ebd.  355.  — 
Elide  des  Abs.  Lehensurk.  II,  360.  —  Z.  7  v.  u.  Lehensurk.  II, 
659, 

43)  S.  382,  Z.  2.  Lehensurk.  II,  361.  —  Abs.  2  (Elide).  An- 
gefiihrt  bei  Palacky  V.  2,  464. 

44)  S.  382,  Abs.  4.  Uber  die  sogen.  „Polerei"  habeu  wir  des 
Schweidn.  Stadtschreibers  Jakob  Gar thener  Bericht  ed.  Watteu- 
bach  in  der  schles.  Zeitschr.  II,  375 ff.;  dann  eine  abschriftl.  auf  dem 
Bresl.  Staatsarchive  (Jauersche  Mskr.  UI,  Iff.)  vorl)andcne  :  „walir- 
hafte  Beschreibung  des  ganzen  Vcrlaufs  in  dem  Aufruhr  zu  Schweid- 
uitz  die  Polerei  oder  die  . . .  Marckerey  gcnannt  1522,  welche  ganz  im 
Sinne  der  Aufstiindischen  verfafste  Quelle  dann  auch  vorzugsweisc  der 
Darstellung  in  Schmidts  Gesch.  von  Schwcidnitz,  S.  250 ff".  zu  Grunde 
liegt;  feruerKloses  vorzugsweisc  auf  die  Urk.  des  Bresl.  Stadtarchivs 
basierte  Erzahlung  (III.  2,  983  ff.).  Klose  macht  S.  997  ff  bereits 
darauf  aufmerksam,  wie  die  Schweiduitzer  Chronisten  den  Sachverhalt 


106  Anmerkimgen.     S.  383.  384. 

entstellt  liiittcn,  cine  Bemerkung,  die  dauii  audi  die  Schinidtsche 
Darstellung  triflft.  In  dem  Berichtc  bei  Palacky  V.  2,  468 flf.  ist 
vonichmlich  die  politisch  nationale  Seite  zum  Ausdrucke  gekomincn. 

45)  S.  383,  Abs.  1  (Elide).  Die  Laduiig  durch  den  Hauptinauu 
giebt  der  Stadtsehreiber  Garthener  (a.  a.  0.  392)  bestimmt  alsGrtind 
des  Verlassens  von  Schweidnitz  an.  —  Z.  3  v.  u.  Angef.  bei  Pa- 
lacky V.  2,  449. 

46)  S.  384,  Z.  1.  Garthener  a.  a.  0.,  S.  398  sagt  —  dorzu 
sie  (die  Schweidnitzer)  einen  ruckc  unde  anhalt  von  ctzlicheu  von 
adel  gebabt,  und  der  Ilerausgeber  Wattenbach  fiihrt  in  der  Anm.  4 
dazu  eiue  Reibe  von  Belegen  dafiir  an. 

47)  S,  384,  Abs.  2,  Dafs  alle  die  Schweidnitzer  Gesaudten  ge- 
fangen  gesetzt  warden,  bezeugcn  iibereinstimmend  die  handschriftl. 
sogen.  „wahrhafte  Beschreibung "  und  Garthener  a.  a.  0.  394. 
Neufert  a.  a.  0.,  S.  25,  hat  sich  durch  die  nicht  ganz  klare  Wieder- 
gabe  der  erstercn  Quelle  bei  Schmidt,  S.  261,  bewegen  lassen,  nm- 
von  17  Gefangenen  zu  sprechen.  Das  waren  die  nachinals  ,,auf  den 
Hals  Angeklagten". 

Dafs  der  Markgraf  durcli  die  ihm  vom  Konige  mitgegebene  In- 
struktion  (vom  18.  April  abgedr.  Klose  III.  2,  993)  autorisiert  war, 
iiber  die  Schweidnitzer  pciuliche  Strafen  zu  vcrhiiugen,  steht  fest, 
auch  dafs  die  Breslaucr  angewiesen  waren,  „bei  VoUziehung  soldier 
peinlichen  StraflF  mit  thatlicher  Hilf  nach  allem  seiner  Lieb  Befehl 
oliue  einigerlei  Ausflucht  sich  unterthiinig  zu  erzeigen". 

Die  handscliriftl.  sogen.  „wahrhaftc  Beschreibung  etc."  bringt 
die  daiin  auch  in  Schmidts  Darstellung  (I,  S.  260)  iibergegangene 
Nachricht,  dafs  Markgraf  Georg  den  Schweidnitzern  zunachst  freies 
Geleit  zugesichert,  daim  aber  betriiglicherweise  durch  seinen  Haus- 
hofineister  von  den  Geleitsbricfen  habe  die  Siegcl  abrcifsen  lassen 
und  darauf  die  Gesaudten  gefangen  gesetzt  habe.  Davon  wissen  nun 
weder  der  Bericht  des  Stadtschreibcrs  Garthener  noch  die  verschie- 
denen  bei  Klose  ausziiglich  abgedruckten  den  Hergang  erzUhleuden 
Briefs  des  Breslauer  Stadtarchivs,  welche  mir  ganz  vorgelegen  haben, 
etwas.  Die  Sache  ist  auch  iunerlich  unwahrscheinlich.  Hatten  die 
Schweidnitzer  Geleitbriefe  erhalten,  so  wiirden  sie  wohl  auch  nach 
Frankenstein  gegangen  sein,  wohin  sie  der  Markgraf  zuerst  vorlud; 
so  aber  kamen  sie  uur  nach  Breslau,  wo  sic  auf  Sympathieen  unter 
der  Biirgerschaft  rechneten  und  sich  deshalb  sicher  fiihlteu,  imd 
kamen  als  Kliiger  nicht  als  Angeklagte,  hofften  auch  durch  ihre 
grofse  Anzahl  zu  imponieren;  65  Leuten  hatte  man  auch  nicht  so 
ohne  weiteres  Geleitsbriefe  erteilt. 

Ubrigens  geuiigt  zur  Widerlegung  jener  Nachricht  schon  fiir 
sich  allein  cine  Stelle  des  noch  im  Texte  anzufiihrenden  Briefes  der 
Breslauer   an  die  Schweidnitzer  vom  9.  Juli  1522   (im  Bresl.  Stadt- 


Anmerkungen.    S.  384— 38G.  107 

archive  Notul.  communes).  Aus  dieser  erfahren  wir,  dafs  die  Schweid- 
nitzer  auf  die  Nachricht  von  der  Gefangennehmung  der  65  den  Mark- 
grafen  durch  die  Breslauer  haben  bitten  lassen,  vier  Gesandten,  die 
sie  zur  Fiihruug  ihrer  Sache  uud  zu  ihrer  Verantwortung  abzufertigen 
bereit  seieu,  freies  Geleit  „vor  Gewalt  und  Reclit"  zu  gewiilu-eu. 
Solche  Bitte  hatte  doch  keinen  Sinn  gehabt,  wenn  der  Markgraf  kurz 
vorher  von  65  Geleitsbriefen  die  Siegel  hjitte  abreifseu  lassen;  zum 
mindesten  hatte  da  doch  auf  jenes  Ereignis  wenigstens  den  Breslauern 
gegenilber  Bezug  genommen  werden  mlissen,  uud  besoudere  Vorsichts- 
mafsregeln  wiirden  sicher  vorgeschlagen  worden  sein. 

48)  S.   384,    Abs.    3.     Der  Brief  der  Breslauer  vom  1).  Juli   im 

Stadtarchiv  (Notul.  comm.)  vgl.  auch  das  eine  Rechtfertigungsschreiben 
der  Breslauer  an  die  Stadt  Prag  vom  23.  Juli  ebd.,  im  Auszuge  bei 
Klose  ni.  2,  994  u.  1006. 

49)  S.  385,  Abs.  2.  Garthener  a.  a.  0.  395.  —  Eine  Zu- 
sammenstellung  chronikalischer  Nachrichten  liber  die  Exekution  bei 
Klose  III.  2,  997.  Die  Ubereinstimmung  dersclben  in  dem  Punkte, 
dafs  Herzog  Friedrich  der  eigentliche  Urheber  der  Hiurichtuugen 
sei,  habe  ich  geglaubt,  nicht  ignorieren  zu  diirfen.  —  Die  Breslauer 
erklaren  iibrigens  in  dem  erwiihuten  Rechtfertigungsschreiben  an  die 
Prager  die  Haudlungsweise  des  Markgrafen  fiir  durchaus  korrekt. 
Isto  more  coactus  est  legatus  (d.  h.  der  Markgraf)  ex  jure  in  eos 
animadvertere.  Quesivit  et  collegit  omnium  ordinum  sententias  et 
calculum,  necesse  fuit  aut  eos  injustos  pronunciare  aut  Regiam  Ma- 
jestatem  et  justitiam  offendere. 

50)  S.  385,  Abs.  3.  Urkundliche  Anfiihrungen  bei  Palacky, 
Bohm.  Gesch.  V.  2,  469  und  bei  Schmidt,  Gesch.  von  Schweiduitz 
I,  263.  —  (Schlufs  (les  Abs.)    Schmidt  I,  275. 

51)  S.  386,  AI)S.  3.  Acta  Tomiciaua  VI,  54  u.  147;  Schmidt 
I,  251;  Palacky  V.  2,  468. 

52)  S.  386,  Abs.  3.  Abgedr.  Lehensurk.  I,  58.  Wir  kiinnen 
nicht  umhiu  zu  konstatieren,  dafs  von  dieser  den  Schlesiern  so  nach- 
teiligen  Urkuude,  welche  dazu  bestimmt  war,  ihr  Hauptprivilcg  null 
und  nichtig  zu  machen,  ihnen  uiemals  ein  giiltiges  Original  vorgelegt 
worden  ist,  ja  dafs  die  Schlesier  iiberhaupt  von  der  Existenz  eincr 
solchen  Urkunde  gar  uiclits  erfahren  haben,  bis  daun  ])ci  dem  grofsen 
von  den  Bohmen  gegeu  die  Schlesier  1545  angcstrengteu  Privilegien- 
streite  jene  diese  Urkunde  vorbrachten,  doch  ohnc  eben  ein  Original 
vorlegcn  zu  konnen.  Palacky  (V.  2,  470,  Anm.  341)  gesteht  selbst 
ein,  nur  einfache  Abschrifteu  im  bohm.  Gubernialarchivc  und  im 
mahr.  Landesarchive  geseheu  zu  habeu,  uiid  der  Abdruck  in  den 
Lehensurk.  I,  58  ist  erfolgt  nach  einem  Traussumte  des  Prager  Dom- 

kapitels  von  1546,   also   gemacht  gerade  in  der  Zeit,   wo    der  Privi- 


lOS  Anmerkungen.     S.  387.  388. 

Ipgienstrcit  in  seiner  Bliite  stand,  unci  von  einer  Bclioide,  die  nicht 
fur  neutral  und  iinbeteiligt  geltcn  konnte,  sondern  die  im  Gegenteile 
als  czechisch  gcsinnt  und  katholisch  damals  den  evangelischeu  und 
deutschen  Schlesiern  iiotorisch  feindlich  gegeniiberstand ,  vou  der 
also  eine  unbefangenc  Priifung  der  vou  derselben  zu  transsiuniereu- 
den  Urkunde  nicbt  vorausgesetzt  werdeu  konnte.  Die  Schlesier 
batten  daher  guten  Grund,  jeue  Annullieruug  ibrcs  Landesprivilegs  zu 
ignorieren  und  als  nicbt  vorbanden  anzuseben.  Es  wird  ja  dor  Partci, 
die  damals  am  Keginiente  war,  geradezu  vorgeworfen,  dafs  Lew  von 
Rozmital  und  Genossen  dem  Konige  viclfacb  Urkunden  zur  Bc- 
stiitigung  und  Unterscbrift  gegebeu  batten,  dereu  wabren  Inbalt  und 
Tendenz  sie  vor  ibm  verbeimbcbt  batten,  dafs  sie  wicbtige  Urkunden, 
Instruktionen  und  Scbreiben  binter  des  Konigs  Riicken  batten  aus- 
geben  lassen  etc.  (Anflibi-ungen  bei  Palacky  V.  2,  477  aus  den 
Acta  Tomiciana  VI,  238 if.).  So  gut  wie  der  Landtag  von  1523  den 
in  der  Zeit  von  Lews  von  Rozmital  Regiment  gefafsten  Landt^gs- 
bescblufs,  auf  den  die  Urk.  vom  29.  Oktober  1522  (Lebensurk.  II, 
3(i3)  basiert  ist,  einfacb  ignoriert,  dm'ften  aueb  die  Scblesier  jeue 
Attentate  auf  ibr  Landesprivileg  uubeacbtet  lassen. 

Was  in  den  bobmiscben  Landtagsverbandlungen  von  1545  iiber 
diese  Augelegenbeit  gesagt  ist  (Bobm.  Landtagsverbandlungen  [Prag 
1877],  I,  628)  bringt  nicbts  Neues  als  die  Bebauj^tuug,  es  babe  be- 
reits  Konig  ^Vladyslaw  das  scbles.  Privileg  von  1498  revociert.  Da- 
von  ist  nicbts  bekannt,  ganz  im  Gegenteil  besitzt  das  Breslauer 
Stadtarcbiv  einen  Originalbrief  dieses  Konigs  vom  18.  April  1504 
(Lebensurk.  I,  53),  in  welcbem  derselbe  erklart,  dafs  das  Geriicbt,  als 
babe  seiner  Zeit  der  bobm.  Kanzler  Jobann  von  Scbellenberg  das 
grofse  Privileg  von  1498  obne  Wissen  des  Konigs  ausgeben  lassen, 
voUkoramen  ungegriindet  sei. 

53)  S.  387,  Z.  1.  Lebensurk.  I,  55  und  II,  363.  —  Abs.  3. 
Die  Urkunde  Karls  V.  in  den  Lebensurk.  II,  362.  —  Z.  9  v.  u. 
Anfiibnmgen  bei  Palacky  V.  2,  491  und  Bestiitigung  durcb  Konig 
Ludwig,  7.  April  1523,  Lebensurk.  II,  367.  —  Z.  5  v.  u.  Lebens- 
urkimdeu  II,  365.  —  Z.  2  v.  u.     Ebd. 

54)  S.  388,  Z.  1.  Lebensurk.  II,  367.  —  Z.  4.  II,  400.  — 
Z.  9.  II,  547.  —  Z.  11.  II,  550.  -  Z.  14.  II,  549.  —  Schlufs 
des  Abs.    II,  454. 


Anmerkuugen.    392—397.  I09 


Fiinfter  Abschnjtt. 

1)  S.  392,  Abs.  1.  Vgl.  namentlicb  die  Klostcr-Urkunden  von 
Rauden  uud  Ratibor  iu  Bd.  II.  des  Cod.  dipl.  Siles.  uud  ebendas. 
S.  31.  Wenn  bier  das  Polonicum  dem  vulgare  (d.  h.  dem  Deutschen) 
entgegengesetzt  wird,  so  ist  mit  Siclierbeit  anzunebmen,  dafs  uicbt 
polnisch,  sondern  czecbiseb  gemeint  sei.  Vou  eigeutlicber  pobiiscbor 
Sprache  finden  wir  nur  iu  der  Kreuzburger  Gegend  einige  Spunin, 
soust  beiTscbt  allgemein  das  Czechische  vor,  wenugleicb  vielfacli  von 
poluiscben  Fonnen  durcbsetzt.  —  Abs.  2.  Vgl.  Biermann,  Ge- 
scbiclite  von  Troppau,  S.  432.  Kopetzky,  das  Troppauer  Landes- 
archiv.  Schles.  Zeitschr.  VIII,  420.  Tractat  Johaunis  de  Ko- 
morowo  ed.  Zeissberg.  Arcb.  fiir  osterr.  Gesch.  Bd.  4i»,  S.  384 
(88).  —  Schlufs  des  Abs.  Wattenbacb,  Das  Slavenkloster  in 
Ols,  scbles.  Zeitscbr.  Ill,  206. 

2)  S.  393,  Z.  6.  Stenzel,  Bistumsurk.  Einl.  XCII  u.  Griin- 
bagen,  Karl  IV.  in  seinem  Verbiiltnisse  zur  Bresl.  Domgeistlicbkeit. 
Arcbiv  fiir  Kunde  osten-.  Gescb.-Qu.  Bd.  XXXIX,  S.  6,  7.  —  Das  Statut. 
vom  28.  Juui  1498,  der  Hauptsacbe  nacb  mitget.  bei  Otto  de  Job.  V 
Turzoue,  Breslau  1865,  S.  12  Anm.  7.  —  (Schlufs  des  Abs.)  Urk. 
vom  15.  Juni  1495  bei  Tzchoppe  u.  Stenzel  022.  —  Z.  7  v.  u. 
Griinhagen,  Hussiteukampfe  der  Scblesier,  S.  276.  277. 

3)  S.  394,  Abs.  2,  Vgl.  Zeifsberg,  Analekten  zur  Gescbicbte 
des  15.  Jahrbunderts.  Zeitscbrift  fiir  die  osterr.  Gyninas.  1870. 
Heft  5  u.  6,  S.  367.  —  Ss.  rer.  Siles.  VI,  p.  40.  —  Die  Grotefend- 
seben  Stammtafeln  fiibreu  zablreicbe  Fiille  solcber  Heiraten  mit  Mag- 
uatentoehteru  aiif. 

4)  S.  395,  Z-.  10.  Ss.  rer.  Siles.  XH.  ed.  Wacbter,  S.  37. 
Die  Worte:  eo  tamen  nulla  verba  querelarum  iutelligente  luid  die 
darauf  folgende  Frage  des  Herzogs  bei  der  Verkiindiguug  des  Urteils, 
was  wobl  diese  Leute  gesprocheu  babeu  mocbten,  lasseu  kaum  einen 
Zweifel,  dafs  er  nicht  Deutscb  verstand.  —  Abs.  1.  Briefe  des 
Herzogs  Heiurich  an  seiue,  einem  Anbaltsebeu  Fiirsten  vermablte 
Tocbter  gerichtet,  aus  den  Jahreu  1494 — 1497,  welche  icb  im  berzog- 
licben  Arcbiv  zu  Zerbst  fand,  und  die  dann  Herr  Profes.sor  Neliring 
in  dem  Czasopis  Mus.  Czesk.  1883,  S.  527  flF.  veroffentlicbte.  —  Abs.  1 
(Scldufs).  Perlbacb,  Schles.  Zeitscbrift  IX,  288.  289.  —  Abs.  2 
(Aiifang).  Ss.  rer.  Siles.  XII,  p.  136.  Als  offizielle  Spracbe  dor 
Fiirstentage  wird  das  Deutscb  bezeicbnet  in  dem  erwiibnten  biscbijfl. 
Statut  von  1498. 

5)  S.  397,  Z.   1.     Ss.   rer.  Siles.  Ill,    152.  —  Abs.  3.     Das  die 

Riebtung  diesor  Strafsen   auf  Brieg  festsetzende  Privileg   vom  Jabre 
1310  (Cod.  dipl.  Siles.  IX,  226^    ward   dann    1474   durcb  Konig  Mat- 


no  Anmerkungcn.     S.  398.  399. 

thias  aufs  ueue    bestiitigt  (ebendaselbst  Nr.   1039).    —   Z.   2   v.   u. 
Kloden,  Beitnige  zur  Geschichte  des  Oderhaudeb  II,  74. 

6)  S.  398,  Z.  2.  Die  iilteren  Stadtbiicher  beider  StUdte  habcn 
dafiir  ungemein  zahlreiche  Belege.  —  Z.  4.  Kestner,  Beitriige 
zur  Gescbichte  der  Stadt  Thorn,  1883  S.  23.  Der  hier  unerkliirlicb 
erscbiencne  Ortsname  Ilurle  stofst  uus  schou  in  der  von  mir  edierten 
Kon-espondenz  der  Stadt  Breslau  mit  Karl  IV  anf  (S.  10  Arcliiv  fUr 
Kunde  osterr.  Gescb.-Qu.  1865),  und  meine  Erkliirung  dui'cb  Orla  bei 
Krotoschin  erscbeiut  uacb  der  Lage  des  Ortes  wold  wahi-sclieiidicb. 
Orla  scheint,  bevor  Krotoscliin  eutstand,  eine  gewi.sse  Bedeutung  ge- 
babt  zu  liaben.  Bei  der  Glogauer  Teilung  von  1312  wird  Hurla 
cum  suo  districtu  besonders  aiifgefiibrt.  Scbles.  Lehensurk.  edd. 
Griiuhagen  u.  Markgraf  I,  121.  —  Z.  7.  Kestner  a.  a.  0.  — 
Z.  9.  Ss.  rer.  Siles.  Ill,  144.  —  Schlufs  von  Abs.  1.  Scbouwiilder 
Ortsnachrichten  von  Brieg  I,  271.     Kloden  a.  a.  0,  IV,  Iff. 

7)  S.  398,  Abs.  2  (Mitte).  Cod.  dipl.  Siles.  IX,  Nr.  1096  — 
(Schhils).  So  Liegnitz  und  01s  im  Anfange  des  15.  Jabrhunderts 
bei  Hirsch,  Handelsgescbicbte  von  Danzig  184.  Brieg  und  Scbweid- 
nitz  erscbeinen  1404  bei  den  Verbaudluugen  eiues  Haudelsvertrages 
der  preufsiscben  Stiidte  mit  Bobmen  und  Scblesicu  durcb  Gcsaudte 
vertreten.  Hanserezesse  I,  S.  141.  —  Z.  11  T.  u.  Wenu  z.  B.  in 
Wien  am  Beginne  des  16.  Jabrbunderts  ueben  Breslauer  Tucben  uocb 
„Schlesinger  Tuche"  als  feilgeboten  bezeicbuet  werdcn,  Arcbiv  fiir 
Kunde  i3steiT.  Gesch.-Qu.  XIV,  288.  291.  299,  so  diirften  miter  den 
letzteren  Tucbe  aus  schlesiscben  Provinzialstildten  zu  versteben 
sein.  —  Z.  6  v.  u.  Ss.  rer.  Siles.  Ill,  151.  —  Z.  5  v.  u.  Zeit- 
scbrift  VIII,  447. 

8)  S.  399,  Z.  3.  Hens  el,  Bescbreibung  von  Hirscbberg,  S.  200, 
zeigt  sicb  luisicber,  ob  er  nicbt  das  Gauze  ein  Jahrbundert  spiiter 
setzen  soUe,  wUhreud  er  docb  zugesteht,  dafs  das  viel  zu  spat  sein 
wUrde. 

9)  S.  399,  Abs.  2.  Candela  retboricae  ed.  Watte ubacb. 
Arcbiv  fill-  Kunde  osteiT.  Gescb.-Qu.,  Bd.  XXX.  —  Ss.  rer.  Siles.  Ill,  281, 
wird  zu  den  Jabren  1524  imd  1526  nocb  Laubaner  und  Frciberger 
Bier  als  im  Scbweidnitzer  Keller  ausgescbenkt  erwiibnt.  Beuseler 
in  seiner  Gescb.  Freibergs  494  erwiibnt  bereits  aus  dem  Ende  des 
15.  Jabrbunderts  Niederlagen  von  Freiberger  Bier  in  Scblesien  und 
Ungarn.  —  Scbweidnitzer  Bier  wird  bereits  1331  in  Breslau  von  der 
Stadt  ausgescbenkt.  Cod.  dipl.  Sil.  Ill ,  57.  Die  iilteste  Ei-wahnung 
des  Namens  Scbweidnitzer  Keller  finde  icb  z.  J.  1439.  Zeitschr.  VIII, 
441.  —  (Schlufs).  Toppen,  Akten  der  Standetage  Preufsens  III, 
579  z.  J.  1453. 


Anmerkungen.    S.  399—401.  Ill 

10)  S.  399,  Abs.  3.  Steinbeck,  Gesch.  des  schles.  Berg- 
baues  I,  118.  —  Z.  12  y.  u.  Vgl.  die  urkundlichen  Anfiihrungon 
bei  Steinbeck  II,  130 ff.  Auch  die  eben  angef.  Urkunde  von 
1505  gehort  in  diesen  Zusammenhang.  —  Z.  9  v.  u.  Steinbeck  I, 
139.  —  Z.  7  V.  XI.  Die  Erlaubnis  zu  schiii-fen  erteilt  ihnen  1498 
der  Landeshauptmann.  1506  erwerben  die  Hirschberger  Grunau  ganz, 
Hensel,  Gesch.  von  Hirscbberg  185.  —  Z.  6  v.  u.  Eine  Urkunde 
dariiber  vom  Jahre  1341  im  Kamenzer  Urkundenbuch  ed.  Pfoten- 
hauer,  Cod.  d.  Siles.  X,  141.  —  Z.  5  v.  u.  Kamenzer  Urkundenb. 
322.  —  Z.  3  v.  u.     Ss.  rer.  Siles.  Ill,  151.  2. 

11)  S.  400,  Abs.  1.  Heintze,  Reichenstein  S.  54,  Kamenzer 
Urkundenb.  331  flP.  und  schles.  Zeitschrift  XVIII,  157  (in  dem  Auf- 
satze  Schimmelpfennigs  liber  Karl  von  Miinsterberg).  Abs,  2. 
Urkundl.  Anfiihrungen  bei  Steinbeck  II,  107 fF.  und  dazu  Ss.  rer. 
Siles.  Ill,  152.  —  Abs.  3.  1514  uberliifst  Anton  Fugger  Freiwaldau 
samt  dem  Bergwerk  seinem  Diener  Hans  Siifs.  Breslauer  Staats- 
archiv,  Neifser  Lgb.  L,  334.  —  Abs.  4.  Lehensurk.  I,  537.  Bei 
dem  Verkauf  von  1398  (Lehensurk.  I,  825)  wird  des  Bergbaues  nicht 
besonders  gedacht.     Vgl.  Steinbeck  II,  32. 

12)  S.  400,  Abs.  5.  In  den  Breslauer  Rechnungsbiichern  aus 
dem  14.  Jahrhundert  (Cod.  dipl.  Siles.  Ill)  wird  ueben  dem  Krakau- 
Wiliczkaer  Steinsalze  auch  das  Hallesche  aus  der  Soole  gewonnene 
Salz  erwahnt,  doch  behielt  das  erste  ofFenbar  den  VoiTang.  — 
Z.  9  T.  u.  Agf.  bei  Klose  U,  1.  291.  —  Z.  5  v.  ii.  1466  N. 
Tinzmann ,  Hans  Gebauer  und  Compagnie ,  1481 ;  N.  Kurn ,  Hieron. 
Scheuerlin  nebst  Compagnie:  Ss.  rer.  Siles.  Ill,  138.  —  Z.  3  T.  u. 
Ebendas.  137.  —  Letzte  Zeile.  Ein  Beispiel  gerade  nach  Venedig 
hin  aus  dem  Jahre  1444,  schles.  Zeitschrift  IX,  169.  Vgl.  dazu  M. 
Neumann,  Gesch.  des  Wechsels  im  Hansagebiet,  Erlaugen  1863 
vomehmlich  S.  38.  39. 

13)  S,  401,  Z.  3.  Bei  der  beklagenswerten  Armut  an  Quellen 
gerade  filr  die  Handelsverhiiltnisse  mufs  man  sich  an  cine  gelogont- 
liche  Anfiihrung  halten",  wie  z.  B.  cine  Safranlieferung  nach  Preufsen 
im  Jahre  1433,  schles.  Zeitschr.  VIII,  156.  —  Abs.  2.  Ss.  rer. 
Siles.  Ill,  51  vom  Jahre  1509.  —  Abs.  3.  Vgl.  den  Aufsatz  G. 
Bauchs  liber  Lorenz  Rabe  in  der  schles.  Zeitschr.  XVII,  239  und 
dazu  die  Anfuhrung  in  Aum.  2  aus  dem  Neumarkter  Stadtbuch  von 
1460.  —  Abs.  4.  Vgl.  das  Register  zu  den  Bresl.  Reclinuugsbiicliern 
(cod.  d.  Sil.  III).  Bestimmungen  liber  Weinpreise  vom  Jahre  1373, 
Ss.  rer.  Siles.  HI,  197.  Bestrafuug  von  Zuwiderhandlungcn  1495, 
ebendas.  83. 

14)  S.  401,  Abs.  5.  Ss.  rer.  Siles.  HI,  138.  Von  dem  „enge- 
lischen  want"  ward  mit  Beziehimg  auf  Breslau  auf  einer  Hausevers. 
zu    Danzig    1404    gehandelt.     Hanserezesse  I,   1.    139.     Kestner, 


112  Anmerkungen.     S.  401-403. 

Beitnige  zur  Gesch.  der  Stadt  Thorn,  1883  S.  23 ff.  Direkt  iiacb- 
zuweisen  vermogen  wir  schles.  Tuchausfubr  nacb  Ungani  hin  (1440), 
schles.  Zoitsch.  VTII,  447,  nacb  Wion  Anfaiig  des  l(j.  Jabrbuiiderts, 
Arcbiv  tur  Kunde  osterr.  Gescb.-Qu.  XIV,  2^3.  291.  299.  Aufsordem 
balte  ich  es  fiir  zweifellos,  dafs  aucb  nacb  Westen  hiu  und  ebenso 
nacb  Preufsen  und  Polen  scble.siscbe  und  vornebralich  Breslauer  Tuclie 
exportiert  wurden.  ^ 

15)  S.  401  uuteii.  Ausfiibrlicbes  Uber  die  Streitigkeiten  wegeu 
des  Waidbandels  bei  Knot  he,  Gesch.  des  Tuchmacber-Handwerks 
in  der  Oberlausitz.     Neues  Lausitz.  Mag.  58.  von  S.  257  an. 

16)  S.  402,  Abs.  2,  Der  Export  von  Kupfer  nacb  Yonedig  wird 
ini'brfacb  i.  d.  Scbeurlscben  handscbriftl.  Aufzeicbnungen  crwiibut. 
Vgl.  aucb  die  Aufubrung  z.  J.  1420  bei  Ilirscb,  Dauziger  Handels- 
gescb.,  S.  184.  —  Abs.  3.  Hanserezesse  I,  5.  293.  —  Abs.  4.  Ss. 
rer.  Siles.  Ill,  137.  Das  alte  Breslauer  Stadtbucb  aus  dem  14.  Jabr- 
bundert,  der  sogen.  Autiquarius,  voniebmlicb  Kaufe  von  wiederkiiufl. 
Zinsen  eutbaltend ,  zeigt  Tborner  Eintragungen  in  Menge ,  und  um- 
gekehrt  ist  Professor  J.  Caro  bei  seiuen  Studien  im  Arcbiv  zu  Tliorn 
die  Fiille  von  Beziebungen  zu  Breslau  aufgefallen.  Nacb  den  Ilus.siten- 
kriegen  (1439)  erbitten  die  Bresl.  unter  Berufung  auf  den  erlittonen 
Kriegsscbadeu  von  Danzig  luid  Thorn  Nachsicht  wegen  der  dortigen 
Biirgern  zustehenden  Zinsen  aus  Breslau.  Danziger  Ai'chiv  Qu.  XXIII, 
15  und  dazu  Hanserezese  II.  1,  223  und  409. 

17)  S,  402,  Abs.  5.  Vgl.  die  alphabetische  ZusammensteUung 
der  Breslauer  im  Rate  vertretenen  Familieu  im  Breslaufr  Stadtbuche 
'c.  d.  Siles  XI,  von  S.  89  an)  und  dazu  v.  Prittwitz,  Breslauer 
Katsfamilien  in  Scblesiens  Vorzeit  III,  S.  391.  Die  Familie  Scheurl 
ist  bier  mitgenaunt  als  eine  bekannte  Niiruberger  Patrizierfamilie,  ob- 
wobl  ibr  Ahuherr  Albr.  Scheurlin  um  die  Mitte  des  15.  Jabrhunderts 
nicht  aus  Nih-nberg,  sondem  aus  Lungingen  (Gundelfingen)  in  Bayern 
nacb  Breslau  iibergesiedelt.  Dor  biesigo  schlesische  Geschicbts- 
verein  besitzt  abscbriftlicb  die  auf  Breslau  bezUglichen  Abschnitte 
des  Scheurlschen  Familienbuches. 

18)  S.  403,  Abs.  1.  Uber  die  Niederlage  vgl.  Korn,  Bres- 
lauer Urkundenbuch  S.  43  und  die  Anfiihrung  eines  Konigl.  Scbreibcns 
vom  Jabre  1572  bei  Liinig,  Reicbsarchiv  XIV,  2,  S.  335.  —  Abs.  2. 
Die  Urkmide  von  1417  und  1441  bei  Luuig  XIV,  2.  315.  31G.  Sebr 
lehrreich  fiir  die  Eutwickelung  des  Stapelrechts  ist  eine  Denkschrift 
der  Breslauer  im  Jabre  1512  zur  Information  (3es  Konigs  abgefafst, 
ausziigUch  mitgeteilt  bei  Klose  III,  2,  257 ff.  —  Z.  2  T.  u.  Von 
den  beiden  Urkuuden  datiert  die  Brandenburger  vom  2,  Febr.  1490, 
abgedruckt  bei  Riedel  cod.  d.  Braudenburgensis  und  bei  LUnig 
ji.   a.  0.   317 ;  die  fiir  Breslau    des  Konigs   Matthias    vom    1.    Marz 


Anmerkuiigeii.     S.  404—407.  t|,S 

1490   befindet   sich    im   Originalo    im   Breslauer   Stadtarcliiv   L.  14  a., 
abgedruckt  bci  Liinig  a.  a.  0.  318. 

10)  S.  404,  Z.  :J.  Kestner  a.  a.  0.,  S.  30.  —  Z.  7.  Hanse- 
rezesse  III,  2.  S.  452.  Man  .sieht  aus  dieser  Bescbwerde,  dafs  in 
Kalisch  eiii  Stapelrecbt  bereit.s  vor  dem  grofsen  Niedcrlagsprivileg 
von  1496  (Raczynski  C.  d.  maj.  Pol.  193)  ausgeiibt  worden  ist. 
Vgl.  dann  die  Urkunde  bei  Liinig,  Reicbsarchiv  XIV,  2.  321  und 
329.  Uber  den  Streit  mit  Glogau  viele  nrkundliclie  Anfiibrnngpii  bei 
Klose  in,  2.  559 ff. 

20)  S.  404,  Z.  8  V.  II.  In  den  scbon  erwahnten  Scbeurlscben 
Anfzeicbnungen  wird  in  den  Jabren  1443  —  1455  der  imter  den  Ge- 
sellscbaftcrn  znr  Verteihuig  kommende  Reingewinn  auf  29  bis  40  % 
beziffert. 

21)  S.  405,  Z.  8.  F.  Friedensbnrg,  Das  Miinzwesen  Schlesions 
im  Mittelalter.  Zwei  Abliandhnigen  in  der  Berliner  Zeitscbrift  fiir 
Miinzkuude  1882. 

22)  S.  40.'),  Abs.  2.  Fiirstentum  Sagan  1472.  Fiirstentnm 
Crossen  mit  Ziillicbau,  Sommcrfeld,  Bobersberg  etc.  1482  beide  nm 
50000  Goldgnlden,  Herzogtum  Jagerndorf  1523  um  58900  Gold- 
gulden.  Lebeasurkunden  I,  213  und  242;  II,  547.  —  Abs.  2  (sun 
Eude),  In  dem  scbon  erwabnten  Scbeurlscben  Familienbucbe  wird 
fiir  Albr.  Scbeurl  diese  ZaU  oder  genauer  24573  Dukaten  augegeben, 
und  es  i.st  wobl  anzunebmen,  dafs  dieser  nicbt  der  eiuzige  war,  der 
Gescbiifte  in  solcbem  Umfange  macbte.  Es  stimmt  docb  ganz  damit 
zusammen,  wenn  wir  boren,  dafs  gegen  Ende  des  15.  Jabrbunderts 
dem  Breslauer  Kaufmanu  Rindfleisch  auf  einer  Geschaftsrei.se  lOOO 
Dukaten  gestoblen  werden  konnten,  ohne  dafs  denselben  dies  in  Ver- 
legenheit  bringt,  und  dafs  im  Jabre  1500  Konr.  Sauennanu  in  Venedig 
6100  Dukaten  einzukassieren  hat.    Ss.  rer.  Siles.  Ill,  137. 

23)  S.  405,  Abs.  3.  Anfiibrungen  in  den  Ss.  rer.  Siles.  Ill, 
110.  —  Abs.  4.  Trebnitz,  Pols  Jabrbiicber  II,  136.  Dann  die 
Sammlung  von  Kapitels-statuten  im  Breslauer  Staatsarcbiv  D.  1  b.  f. 
165.  —  Z.  2  T.    u.     Tbommendorf,  Ss.  r.  Siles  XI,  8. 

24)  S.  406,  Z.  2.  Pol  II,  166.  —  Abs.  2.  Ss.  rer.  Siles.  Ill, 
110..  Ss.  rer.  Siles.  I,  447.  Hoffmanns  Monatsschrift  II,  (525. 
Ss.  rer.  Siles.  XI,  15.     Pol  III,  34.     Ss.  rer.  Siles.  Ill,  113. 

25)  S.  406,  ibs.  2.  Korn,  Breslauer  Urkundenbucb  41.  Aus 
Liegnitz  ist  eine  Peuerordnung  vom  Jabre  1340  abgedruckt  in  der 
schles.  Zeitscbr.  Ill,  223. 

26)  S.  407,  Abs.  1.  Sehi-  zalilreiches  urkundlicbes  Material 
gerade  aus  Scblesien   von  der  zweiten  Halfte  dcs  14.  Jahi'bunderts 

Grunhagen,  Gescli.  Schlesiens.    I.  O 


114  Anmerkungen.     S.  408—413. 

an,  liefert  das  treflPliche  Buch   von  Fraiienst ildt,  Blutraclie    und 
Totscblagssuline,  Leipzig  1881,  im  Anbange. 

27)  S.  408,  Al)s.  2.  Vieles  dankenswcrte  Material  iiber  diesen 
Gcgenstaud  liefeil  das  Bucb  von  H.  Scliaffer,  Uber  die  Liebfrauen- 
gilde  zu  llatibor.  Katibor  1883.  —  Abs.  3.  Markgraf,  Bcitrag 
zur  Gescbicbte  des  evangeliscben  Kircbeuwcsens  in  Breslau.  (Breslaii 
1877),  S.  8  und  18.  Die  Klemeuskircbe  in  der  Ncustadt  darf  als 
Zunftbeiligtum  der  ncustUdtiscben  Weber  gelten.  Vgl.  aucb  Korn, 
]^ic    luuung    als    fromme     Brliderscbaft.      Cod.     dijil.     Siles.     A'^lll, 

s.  xLvn. 

28)  S.  409,  Abs.  1.  Luchs,  Die  Deukmiiler  der  St.  Elisabetb- 
kircbe  zu  Breslau  (Breslau  18G0)  imd  Stbenus  ,  Descriptio  Vratislavitie 
ed.  Kuuiscb  1832  p.  24.  —  Letzte  Zeile.  In  der  scbon  mebrfacb 
erwiibnten  Abscbrift  des  scbles.  Geschicbtsvereins. 

29)  S.  410,  Abs.  2.  Wattenbacb  bat  in  der  scbles.  Zeit- 
scbrift,  Bd.  III.  S.  44fF.  und  Nacbtrag  dazu  S.  216  die  ersteu  Nacb- 
ricbteu  iiber  Leproserien  in  Scblesien  zusammengestellt,  welcbe  dann 
allerdings  bei  weitem  nicbt  von  alien  in  Scblesien  vorbandenen  der- 
artigen  Anstalten  bericbten. 

30)  S.  411,  Abs.  2.  Die  Augustinercbrondk  bei  Stenzel,  Ss. 
rer.  Siles.  II,  die  von  Sagan  ebendaselbst,  Bd.  I.  Tractatus  de  long- 
evo  scbismate  ed.  Loser tb,  Wien  1880  (Arcbiv  fiir  osterr.  Gcscli., 
Bd.  LX.  2).  Die  Glatzer  Cbromk  ist  nocb  nicbt  abgedruckt.  Vgl. 
iiber  sie  Wattenbacb,  Die  Cbronik  der  Augustiner  zu  Glatz,  scbles. 
Zeitscbrift  lU.  —  Letzte  Zeile.  Abgedruckt  bei  Mosbacb,  Piotr 
.syn  Wlodimirza,  Ostrow  1865. 

31)  S.  412,  Abs.  1.  Der  nui-  in  sehr  schlecbten  Abscbrifteu 
erbaltene  Text  des  Eosicz  ist  neuerdiugs  sebr  sorgfiiltig  ediert  vou 
Dr.  Wachter  in  den  Ss.  rer.  Siles.  XII,  ebenso  Jobnsdorf. 
Stbenus  abgedr.  von  Kuniscb  in  zwei  Programmen  des  Konigl. 
Friedricbs-Gymnasiums  zu  Breslau,  1832  und  1836.  —  Abs.  2.  Vou 
Dlugosz  die  Leipziger  Ausgabe  vom  Jabre  1711,  eine  neue  Aus- 
gabe  in  vier  Biindeu,  Krakau  1873 — 1878.  M.  v.  Bolkenbain  neu 
ediert  vonWacbter  in  den  Ss.  rer.  Siles.  Bd.  XII.  Uber  Escben- 
loer  vgl.  die  Ausgaben  seiner  beiden  Bearbeituugeu,  der  lateiniscben 
und  deutscbeu,  sowie  deren  Cbarakteristik  bei  Markgraf,  Ss.  rer. 
Siles.  Vm. 

32)  S.  413,  Z.    1.     Gedruckt  in  den  Mouum.  Germ.  XIX,  resp. 
bei  Stenzel,  Ss.  rer.   Siles.   I.   —  Z.   10.   Die  Bilder  der  Iledwigs- 
legende  sind  berausgegeben  von  Wolfscron,  Wien   1846  und  dazu 
Lucbs,  Die  Bilder  der  Hedwigslegende,  Breslau  1861,  Programm  undi 
darin  nocb  besonders  S.   15.   —  Abs.   1  (am   Elide).     Die  deutscbeJ 


Anmerkungen.     S.  413 — 415.  115 

Fortsetzuug  vou   1490 — 150G  ist  neu  hcrausgegeben  vou  Wachter, 
Ss.  I'er.  Siles.  XII. 

33)  S.  413,  Albs.  2.  Klose  bei  Stenzel,  Ss.  rer.  Silcs.  Ill, 
325ff.  weifs  aus  dem  Zeitraum  1458—1526  an  60  aiicb  als  Scbrift- 
steller  berlibmt  gewordene  Scblesicr  zu  iiennen.  Vgl.  audi  Haiikc, 
de  Siles.  indig.  eruditis,  und  die  bochst  fleifsigen  imd  verdieustvollen 
Arbeiten  Heuscbels,  Schlesieus  wisseuscbaftlicbe  Zustiinde  im 
14.  Jabrhundert ,  Breslau  1850  und  zur  Gescbicbte  dcr  Medizin  in 
Scblesien,  Breslau  1837.  Umlixngreicbe  Ausziige  aus  Popplaus  Tage- 
bucbe  in  01s ner  und  Reicbe,  Scblesien  ebedem  und  jetzt,  IJd.  I. 
und  bei  Klose  (Stenzel,  Ss.  rer.  Siles.  Ill,  von  S.  361  an). 

34)  S.  414,  Z.  6.  iJber  Tempelfeld  vgl.  Loscrtbs  Aufsatz, 
Wieu  1880,  Arcbiv.  fiir  osterr.  Gescbicbte  61,  1,  wo  aucb  der  grofste 
dieser  Traktate  abgedruckt  ist.  —  Z.  14  v.  u.  Tagmann,  Petrus 
Vincentius,  der  erste  Scbulinspektor  in  Breslau,  Breslau  1857,  S.  37.  — 
Z.  6  T.  u.  Angef.  von  Fiscber,  Gescb.  von  Jauer  I,  201,  allerdings 
obne  genaueres  Citat. 

35)  S.  415,  Z.  1.  Tbomas  Platters  seit  dem  Jabre  1718 
vielfacb  gedruckte  Selbstbiograpbie.  Die  au^f  Breslau  beziiglicben 
Stelleu  sind  bei  Reicbe,  Gescb.  des  Gymnasiums  zu  St.  EUsabetb. 
Programm  von  1843,  S.  18 — 20  abgedruckt. 

36)  S.  415,  Abs.  2.  In  Bologna  babe  icb  selbst  im  Archive 
der  Grafeu  Malvezzi  dei  Medici  drei  Handscbriften  geseben:  Aunales 
clarissimae  nationis  Germanorum,  Liber  armorum  Germanicae  nationis 
apud  Bononiam  und  Matricula  uobilissimi  Germanorum  collegii,  letztere 
mit  dem  Jabre  1289  beginneud  und  bis  1688  reicbeud.  Dieselbeu 
zu  beuiitzen  war  mir  uicbt  gestattet,  da,  wie  icb  borte,  cine  voU- 
stilndige  Herausgabe  durcb  den  dortigeu  Staatsarcbivar  Malagola  be- 
absicbtigt  sei.  Einiges  Wenige  iiber  diesen  Gegenstand  fiudet  sicb 
in  Heuscbels  oben  angefiibrten  Scbriften  entlebnt  aus  Sarti  de 
clar.  Arcbigymn.  Bononiens.  professor.  Bonon.  1769  fol.  Reicbe 
in  dem  Programm  des  Elisabetbgymnasiums  vom  Jabre  1843,  S.  8 
fand  aus  dem  Zeitraum  von  1430—1503  fiinfzebn  Zeugnisse  Breslauer 
Domberren,  von  welcben  9  zu  Rom,  4  zu  Bologna  und  2  zu  Perugia 
imd  Padua  akademiscbe  Studien  gemacbt  batten.  —  Dio  Uuiversitut 
Krakau  besitzt  ihre  Matrikelbiicher  von  1400  an.  Die  daraus  von 
Zeifsberg  gegebeneu  Ausziige  (das  alteste  Matrikelbucb  der  Uni- 
versitiit  Krakau,  Insbruck  1872)  wcisen  eiue  Meuge  Scblesier  auf. 
Ebeuso  fiuden  sicb  dieselbeu  zablreicb  vertreten  in  den  Statuta  nee 
non  liber  promotiomun  in  univ.  JagcUouica  1402  — 1849  ed.  Mucz- 
kowski,  Krakau  1849.  So  finden  sicb  z.  B.  zum  Jabi-e  1407  unter 
den  Nomina  Magistrorum  pro  tunc  regencium  Magister  Erasmus  von 
Neifse,  Magister  Franz  Kreysewtz  von  Brieg,  Magister  Nic.  Sculteti 


116  Anmerkungen.     S.  41G— 418. 

von  Konradswaldaii ,  Magister  Joh.  von  Kreuzburg,  Magister  Anton 
Tempelfeld,  Magister  Nik.  von  Glogau,  Magister  Nik.  von  Pitschen.  — 
In  Wien  war  1388  Eektor  Johann  Gallici,  ein  Schlesier,  Leibarzt 
Herzog  Albrechts  III.  von  Ostcrreich,  eiuer  der  grofsten  Arzte  seiner 
Zeit.  Uber  andere  Schlesiei',  die  sich  auf  dieser  UniversitJit  beriihnit 
gemacht  haben,  vgl.  Heyne,  Bistum  Breslau  II,  1G5. 

3?)  S.  41fi,  Abs.  1.  Heinrich  Wuttke  teilt  in  seinem  Auf- 
satze:  Die  Versuche  der  Griindung  einer  UniversitJit  in  Scblesien 
(Schles.  Provinzialbl.  1841,  S.  5,  Anm.  1),  Statistisches  hieriiber  aus 
den  Leipziger  Matrikelbiicbern  mit.  Danacb  scbwankte  die  Zabl  der 
jiilulicb  neu  aufgenommenen  Scblesier  durcbscbnittlicb  zwisclien  10 
und  20,  stieg  aber  nie  Uber  30.  Wuttke,  Collegium  b.  Mar.  Virg. 
in  univers.  Lipsieusi.  Leipzig  1859.  Pfotenhauer,  Scblesier  als 
Rektoren  der  Univers.  Leipzig,  scbles.  Zeitschr.,  Bd.  XVII,  von  S.  177 
an.  —  A1)S.  2.  Uber  die  Bcziebungen  zu  Herford,  welcbes  infolge 
der  ungeuauen  Ausdrucksweise  im  Texte  zu  Unrccht  als  Uuiversitiits- 
stadt  erscbeinen  konnte,  vgl.  Rciche,  Programm  des  Bresl.  Elisa- 
betans  1840,  S.  31  ff.  —  Al)s.  3.  Angefiihrt  bei  Tagmann  a.  a.  0. 
44.  —  Abs.  4.  Dziatzko,  Kaspar  Elyan,  Breslaus  erster  Drucker. 
Scbles.  Zeitschr.  XV. 

38)  S.  417,  Z.  4.  Probe  des  Drucks  und  der  Illustrationen  bei 
(Scbeibel)  Geschichte  der  Stadtbucbdruckerci  zu  Breslaii  1804.  — 
Abs.  2.    Vgl.  G.  Bauch,  Laurentius  Corvinus,  scbles.  Zeitscbr.  XVII. 

39)  S.  417,  Z.  2  V.  u.     AUgem.  Biographic  XIV,  230. 

40)  S.  418,  Abs.  1.  Der  Stiftungsbrief  mitgeteilt  aus  dem  Orig. 
von  Gaupp  in  der  schles.  Zeitschrift  I,  234.  —  Letzte  Zeile.  Uber 
den  ganzen  Plan  vgl.  neben  der  bereits  angefiihrten  Schrift  von 
Wuttke  nocb  die  JubilJiumsschrift  der  Bresl.  Universitat  von  Rein- 
kens  u.  d.  T.  Die  Universitat  zu  Breslau  vor  der  Vereinigung  der 
Frankfurter  Viadrina  mit  der  Leopoldiua,  Breslau  18(jl.  Den  Re- 
sultaten  des  Verf.  vermag  ich  allerdings  nicht  ganz  zuzustimmen. 
Er  scbeint  mir  weder  erwiesen  zu  haben,  dafs  der  Widerspruch  Kra- 
kaus  nicht  mitgewirkt  babe,  noch  dafs  es  bier  an  Miinnern  fiir  die 
neue  Universitat  gefehlt  habe,  was  schon  nach  unseren  Anfiihnmgen, 
die  vins  Schlesier  als  Docenten  auf  so  vielcn  Hochschulen  zeigten, 
kaum  glaublich  erscheint.  Dafs  das  Breslauer  Kapitel  zum  heiligen 
Kreuz  von  der  Aussicht,  seine  Pfriuiden  zu  akademischen  Zwecken 
benutzt  zu  sehen,  nicht  iibermafsig  erbaut  war,  ist  am  Ende  reclit 
begreiflich,  und  derartige  Oppositionen  wiirden  ,sich  an  audern  Orten 
ganz  ebenso  geltend  gemacht  haben. 

41)  S.  419,  Z.  6.  Bei  Wuttke  a.  a.  0.  S.  5.  Anm.  Vratislavia 
qiiae  universac  Silesiae  est  metropolis  miraque  loci  felicitate  aedifi- 
ciorumque  ac  insignium  strixcturarum  praestantia  civiumque  in,super  hu- 


Anmerkungen.     S.  419 — 421.  117 

manitate  cunctas  facile  Germauiae  urbes  exsuperat.  —  Der  Elisabcth- 
turm  vor  1529  abgebildet  bei  Schmeidler,  Gesch.  der  Elisabeth- 
kirche.  —  Abs.  2.  A.  Schultz,  Scblesiens  Kimstlebcu  iin  15.  bis 
18.  Jabi-h. ,  Breslau  1872,  S.  3,  eiue  Abbaudluug,  der  ich  iu  diescm 
Abschnitte  vorzugsweise  gefolgt  bin.  —  Z.  11  v.  u.  Desci'iptio  Vrat. 
p.  20.  —  Z.  10  V.  u.  A.  Schultz  hat  solche  Schatzvcrzcichuiase 
veroffentlicht  in  den  Abhaudluugen  der  schles,  Gesellsch.  fiir  vater- 
landische  Kultiu',  1867,  1.  hist.-phil.  Klasse. 

43)  S.  420,  Abs.  2.  Schultz  8.  9.  _  Das  Museum  schles. 
Altertiimer  zu  Breslau  bietet  in  dem  Marien-,  dcm  Barbara-,  dem 
Stanislaus  -  Altare  Proben  dieser  KunstAverke.  —  Das  Zuckmanteler 
Osterspiel  abgedruckt  in  Hoffmanns  Fundgruben,  Tl.  II.  —  Z,  5 
V.  u.  Angefiihi-t  bei  Bauch,  Laurentius  Corviuus,  schles.  Zeitschr. 
XVII,  259. 

43)  S.  421,  Z.   4.     Abgedruckt  iu  Fiildeners   schles.   Biblio- 

thek   von   S.  363  an.    —   Z.   9.     Angefiihit  bei  Gil  let,   Crato   von 

Crafftheim  I,  S.  4.  —  Z.  12.  Aus  der  Praefat.  cateches,  scholae 
Goltperg. 


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Druck  vou  Friedr.  Audr.  Perthes  in  Golha. 


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