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Full text of "Geschichte Österreichs"

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Geſchichte Oſterreichs. 


Bon 


Alfons Suder. 


Dritter Band. 





Gotha. 
Friedrich Andreas Perthes. 
1888. 


Inhalts-Überfidht. 


Viertes Buch. 


Die Periode der erften Verbindung Böhmens und Ungarıs 
mit Öfterreid. (1437—1457.) 


Eeite 
Erftes Kapitel. Die Erwerbung Ungarns und Böh⸗ 

mend durch Albrecht V. von Ofterrih . . . . 3-14 
Geographifhe Motive für die Verbindung der unga- 
rifhen und böhmifhen Länder mit ben beutfch- öfter- 
reihifhen. S. 3. — Anertennung der Tochter K. Sig- 
munds und ihres Gemahls in Ungarn; Wahl Albrechts V. 
zum römifhen Könige S. 4. — Die Parteien in Böh⸗ 
men; Wahl Albrechts durch die Katholiten und die ge- 
mäßigten Kalirtiner, Kaſimirs von Polen dur bie 
Taboriten und bie rabifalen Kalirtiner; Kämpfe um 
Tabor; Abſchluß eines Waffenſtillſtandes. S. 5. — An- 
griffe der Türken auf Siebenbürgen und Serbien. S.9. — 
Auflauf gegen die Deutfhen in Ofen. S. 10. — Be- 
Ishlüfle des ungarifchen Reichstags. S. 10. — Feldzug 
K. Albrechts gegen bie Türken; fein Tod; fein Eharalter. 

©. 12. 


weites Kapitel. Die Wirren während der Minder: 
jährigkeit des Ladislaus Poftumus bis zur Schlacht 
bei Barna. (1439—1444) . . . . . . 14-43 


Folgen des Todes K. Albrechts II. für die Reic- 
reform und die Kirche; das neue Schisma. S. 14. — 
I 


vi | | Inhalts⸗ Überſicht. 


Seite 

Albrechts Töchter. S. 15. — Wahl Friedrichs von 
Steiermark zum römiſchen Könige; deſſen Charakter. 
S. 15. — Teſtament König Albrechts II. S. 17. — 
Beſchlüſſe der Stände Öſterreictss. ©. 18. — Bläne 
ber Ungarn; Berufung Wladiſlaws von Polen; bie 
Königin - Witwe Eliſabeth; die Geburt Ladislaus des 
Nachgebornen; deſſen Krönung zum Könige von Un- 
garn; Belegung Ofens durch König Wladiflam: 
befien Anertennung und Krönung; Ausbruch bes Krie- 
ge8; K. Friedrich III ; Gistra von Brandeis; Schwanken 
bes Kriegsglücks; Abkommen zwiſchen Wladiflam und 
Elifabeth; deren Tod; Waffenftillftand zwifchen König 
Sriebrih III. und König Wlabiflam. S. 18. — Die 
Parteien in Böhmen; Sorge für den Landfrieden; An- 
ertennung bes Labislaus Poſtumus in den Nebenländern ; 
Wahl H. Albrehtd von Baiern zum böhmifchen Könige; 
deſſen Ablehnung; Anarchie in Böhmen; Taktik König 
Friedrichs III. und Ulrih8 von Roſenberg. ©. 27. — 
Eroberung Serbiens dur die Türken; Belagerung Bel- 
grads; Johann Hunyady; deſſen Siege über die Türken; 
Thätigleit des Kardinal Ceſarini; Vorbringen der Un- 
garn bis zum Balkan, deren Rüdzug; Friedensanträge 
bes Sultans; zebnjähriger Waffenftillftand; deſſen Bruch 
durch die Ungarn; die Schlacht bei Varna; K. Wladiſlaws 
Untergang. ©. 32. 


Drittes Kapitel. König Friedrichs III. Verhältnis zu 
feinem Bruder. — Die Bormundfhaft über Sig: 
mund von Tirol, — Krieg mit den Eidgenofien . 4457 


Abkommen H. Friedrichs von Steiermart mit feinem 
Bruder Albrebt VI ©. 4. — Ihr Streit um bie 
Bormundfchaft über Sigmund von Tirol; Anerkennung 
H. Friedrichs. S. 44. — Neue Verträge zwifchen Frieb- 
ih und Albrecht. S. 46. — Das Emporfommen ber 
Grafen von Eilli; deren Kämpfe mit Friedrich; Albrechts VI. 
Biindnis mit denfelben ; Abſchluß des Friedens. ©. 48. — 
K. Friedrichs Bündnis mit den Zürichern; Krieg mit ben 
Schweizern; die Armagnalen; Beendigung des Kampfes 
mit den Eidgenofien. ©. 49. — K. Friedrich Streitig- 
feiten mit den Tirolern wegen Fortdauer ber Bormund- 
Ichaft über H. Sigmund; feine erzwungene Nachgiebig- 


Inhalts⸗ Überſicht. vu 


keit; Überlafiung ber weftlihen Borlande an ben Herzog 
Albrecht. S. 52. — Die Folgen der Einigungstendenzen 
8. Friedrichs. ©. 56. 


Viertes Kapitel. Friedrichs III. Stellung zu Fire 
und Reich während der eriten Periode feiner Re⸗ 
gierung. 57766 


Streit zwiſchen dem Papſte Eugen IV. und dem Konzil 
von Baſel; die kurfürſtliche Neutralität; die Haltung der 
übrigen Reichsſtände, der Wiener Univerſität und Herzog 
Albrechts VI. von Oſterreich. S. 67. — Abweichende 
Tendenzen K. Friedrichs III.; deſſen Gewinnung durch 
P. Eugen IV.; Obedienzerklärung der deutſchen Fürſten; 
das Wiener Konkordat; Folgen des Scheiterns ber kirch⸗ 
lichen Reformbewegung. S. 59. — K. Friedrichs dy⸗ 
naſtiſche Politik; Beſtätigung der öſterreichiſchen Haus⸗ 
privilegien. ©. 64. 


Fünftes Kapitel. Friedrichs III. Streitigleiten wegen 
der Bormundfhaft über Ladislaus Poftumus . . 65-89 


Verſchiedene Haltung ber Länder des Ladislaus 
Poftumus. ©. 65. — VBedingungsweife Anerfennung 
besjelben in Ungarn nad Wladislaws Falle; vergebliche 
Berhandlungen mit K. Friedrich III; Wahl Hunyabys 
zum Gubernator; befien Einfall in Ofterreih; Abſchluß 
eines Waffenftillftandes. S. 66. — Sturz des walachi⸗ 
[hen Woywoden Drakul durch Hunyady; feine Ein- 
miſchung in die Verbältnifie der Moldau. S. 70. — 
Sein Krieg gegen die Türken; Niederlage auf dem Amſel⸗ 
felde ; Abſchluß eines Waffenftillftiandes. S. 71. — Stellung 
Giskras von Brandeis; feine Kämpfe mit Hunyaby. 
©. 73. — Hunyadys Ablommen mit König Friedrich. 
&. 75. — Steigender Einfluß Georgs von Podiebrad in 
Böhmen; Überfall von Prag; deſſen Wahl zum Reiche- 
verweier. &. 76. — Traurige Lage Ofterreihs während 
der vormundſchaftlichen Regierung; finanzielle Not nnd 
Gewaltthaten der Söldnerführer und räuberifcher Adeliger. 
©. 77. — Unzufrievenheit ber Ofterreiher mit König 
Friedrich; Umtriebe Ulrich Eizingers; fein Bündnis mit 
Öfterreichifchen Adeligen ; Auſchluß der Prälaten und Städte; 
Einfegung einer proviforifhen Regierung ©. 79. — 
K. Friedrichs Römerzug. ©. 84. — Anſchluß der Oberöfter- 

I* 


ym Juhalts⸗ Überſicht. 

Eeite 
reiher und der Grafen von Eilli au deſſen Gegner; 
Bündnis der Öflerreicher, Ungarn, der Grafen von Cilli 
und der Roſenberg. S. 84. — Verbindung bes Kaifers 
mit dem Papſte; Friedrichs Mangel an Thatkraft. S.86. — 

Angriff feiner Feinde auf W.-Neuftadt; Auslieferung bes 
Ladislaus Poftumus durch den Kaiſer. S. 87. 


Sechſtes Kapitel. Ofterreih, Ungarn und Böhmen 
unter Ladislaus Poſtumus. 1(1452—1457.) . . 89-115 


Ladislaus als felbftändiger Negent behandelt. S. 89. — 
Bergeblihe Berbandblungen mit dem Kaiſer. S. 89. — 
Einfluß Ulrichs von Eili. S. 91. — Hunyaby Haupt- 
mann in Ungarn; Podiebrad Gubernator von Böhmen. 
©. 92. — Sturz Ulrichs von Eilli dur Eizinger. S. 94. — 
K. Ladislaus und die Böhmen; Haltung der Neben- 
Yänder; Einfluß Georges von Podiebrad; Verluſt von 
Auſchwitz. S. 95. — Stellung Hunyadys in Ungarn; 
Unzufriebenbeit des Könige. S. 97. — Verhaßtheit Ei- 
zingers in Ofterreih; Rücktehr Ulrichs von Cilli an ben 
Hof. S.99. — Deſſen Verhältnis zu Hunyady. S. 100. — 
Eindrud des Falls von Konflantinopel; Unterwerfung 
Serbiens dur die Zürfen; Belagerung und Rettung 
Belgrads; Tod Iohann Hunyadys. S. 101. — König 
Ladislaus und Ladislaus Hunyady; Ermorbung Ulrichs 
von Cilli; Verhalten des Königs; Stellung des Ladislaus 
Hunyady; defien Hinrihtung; Aufftand feiner Freunde. 
©. 107. — Streit de Kaifers und des Königs Labig- 
laus um das Erbe des Cilliers. S. 113. — Hölzler, 
Podiebrad und Eizinger. S. 114. — Tod des Königs 
Ladislaus. S. 115. 


Inhalts⸗ Überſicht. | x 


Fünftes Buch. 


Böhmen und Ungarn als Wahlreiche. — Hſterreichs 
tieffter Verfall und Wiedererhebung. (1457 — 1493.) 


Seite 
Erſtes Kapitel. Der Streit um Öſterreich. — Die | 
Wahl und Anerkennung nationaler Herrſcher in 
Böhmen und Ungem . . 2. 2 2200... 119-150 


Streit der Habsburger um Äſterreich; Zeitung bes 
Landes. S. 119. — Anſprüche der Habsburger und 
Wilhelms von Sacfen auf Böhmen; andere Bewerber; 
Wahl Georgs von Podiebrad. ©. 121. — Haltung der 
böhmischen Nebenländer. S. 124. — Schivierige Lage 
Georgs; Forderungen der Katholiten; feine Verſprechungen. 
©. 125. — Unterwerfung Mährens. S.127. — Krieg 
Georgs gegen Ofterreich ; Abſchluß des Friedens S. 127. — 
Ausgleich mit Wilhelm von Sadfen. ©. 128. — Hul- 
digung der Schlefier und Laufiger; die Stadt Breslau. 
S. 129. — Anfprüche Wilhelms von Sachſen und Kafl- 
mirs von Polen auf Ungarn; die Anhänger und Gegner 
ber Hunyady; Einigung beider Teile; Vertrag Georgs 
von Podiebrad mit Matthias Hunyary; Wahl des Mat- 
thia8 zum Könige, feines Oheims Szilaͤgyi zum Guber- 
nator. ©. 130. — Haltung Ujlakys und Gistkras. 
©. 134. — Charakter des 8. Matthiad. S. 135. — 
Streit um Serbien. ©. 135. — Bündnis Szilaͤgyis 
mit Sara und Ujlaky; Vorgehen des Königs gegen bie- 
felben. S. 136. — Wahl 8. Friedrichs III. zum Gegen- 
könige; Niederlage ber Ungarn bei Körmdnd. ©. 138. — 
Untbätigkeit des Kaiſers; deſſen Bündnis mit Georg von 
Böhmen. ©. 140. — Georgs Streben nad ber beut- 
[hen Krone; Scheitern feiner Pläne ©. 142. — Stel- 
lung Georgs zu Ungarn. ©. 144. — Befefligung ber 
Herrſchaft des K. Matthias; deſſen Ausſöhnung mit 
ſeinem Oheime; Unterwerfung der Brüderrotten und 
Giskras. ©. 144. — Friede des K. Matthias mit dem 
Kaiſer. S. 147. 


x Imbarts-Überficht. 


Seite 
Zweites Kapitel. Streitigkeiten des Kaiſers Friedrich 
mit den Oſterreichern und feinem Bruder Albrecht VI. 151—175 


Ausplünderung Ofterreich8 durch Soldner⸗ und Räuber⸗ 
Banden. ©. 151. — Hungersnot infolge von Mißwachs 
‚und Berfchlechterung der Münzen. S. 152. — Fehde 
Frouauers gegen den Kaiſer. S. 154. — Klagen bes 
Adels gegen den Kaifer; vergeblihe Verhandlungen. 
©. 154. — Gemwaltthaten Fronauers. ©. 156. — 
Beindfelige Haltung des Böhmenkönigs; Bündniſſe des 
Erzherzogs Albrecht gegen feinen Bruder; Angriff des⸗ 
felben auf Nieberöfterreih; Anfhluß der unzufriedenen 
Adeligen. S. 157. — Bermittelung Georgs von Böh- 
men, Abſchluß eines Waffenſtillftandes. S. 160. — 
Wiederausbruch der Feindjeligleiten; Bebräugung Wiens; 
ſchlechte Stimmung der unteren Volksklaſſen; Sturz bes 
faifertreuen Rated; Wolfgang Holzer. ©. 161. — An- 
marſch des Kaifers; Haltung Holzers und der Wiener; 
Aufnahme des Kaifers in die Stabt. ©. 164. — Em⸗ 
pörung der Wiener; Belagerung ber Burg; Berufung 
bes Erzberzogs Albrecht; Eintreten Georgs von Böhmen 
für den Kaiſer; vergeblicher Angriff auf Wien; Friede 
von Korneuburg; Beweiſe der Dankbarkeit des Kaifers 
gegen den Böhmenkönig. ©. 165. — Wiederausbruch 
ber Feinpfeligkeiten. ©. 171. — Gewinnung Holzers 
durch den Kaiſer; Verſuch der Überrumpelung Wiens; 
Beſtrafung Holzers und feiner Genofin. ©. 172. — 
Abſchluß eines Waffenftillftandes. S. 174. — Tod des 
Erzberzogs Albrecht. S. 174. 


Drittes Kapitel. Der Streit Sigmunds von Tirol 
mit dem Bifchofe von Brixen. — Krieg mit den 
Shwegern . . . . 


Lage Tirols in der erften Zeit H. Sigmunds. &.175. — 
Seine finanzielle Lage; die beiden Grabner. S. 176. — 
Nikolaus von Eufa, Biſchof von Brixen; befien Auftreten 
gegen das Klofter Sonnenburg und ben Herzog; feine 
Forderungen; ber Überfall von Bruned. ©. 178. — 
Berhängung von Bann und Interbili; Appellation des 
Herzogs; Gregor Heimburg in Iunshrud. ©. 181. — 
Bebentung und fleigende Erbitterung des Streites. 
S. 183. — Vermittelung de8 Dogen von Benebig und 


175—187 


Inhalts · Aberficht. 


Seit 
des Kaiſers; Abſchluß bes Friedens. ©. 185. — Ber- j 
Iuft des Thurgaus und anderer Gebiete in der Schweiz. 
©. 186. 
Viertes Kapitel. Georg von Böhmen und Matthias 
von Ungarn . . ° . 187—237 


Spannung zwifhen den Utraquiften und Katholiken 
©. 187. — Lavieren des Königs Georg; Drängen bes 
Papftes zum Gehorfam; Abjendung einer Gejandtfchaft 
nah Rom; Annullierung der Kompaltaten durch B. Pins II. 
©. 189. — Auftreten des Königs gegen den päpftlichen 
Nuntius; Haltung der böhmiſchen Katholiten. S. 192. — 
Georgs Plan eines europäiſchen Fürſtenbundes; Bermit- 
telung bes Kaiſers. ©. 1%. — Weitere Schritte bes 
Papfte gegen den König; Löjung der Untertbanen vom 
Treueide. ©. 195. — Der Papft und die Breslauer; 
ber böhmifche Herrenbund; Hinausfhiebung bes Kampfes 
S. 196. — Endurteil des Papftes gegen Georg. S. 199. — 
Ausbruch des Krieges; Überlegenheit des Königs. S. 199. — 
Haltung Kafimird von Polen, des Kaijerd und anderer 
Fürften. ©. 201. — 8. Matthias von Ungarn; feine 
Berjönlichkeit,; Förderung des Humanismus, der Wiflen- 
{haften und Künfte wie der materiellen Intereſſen; 
Schaffung eines ftehenden Heeres. S. 203. — Kriege 
mit den Türken; Eroberung der Grenzgebiete Bosniens; 
Einftellung der Dffenfive. S. 207. — Beabfictigter 
Aufftand der Siebenbürger. S. 212. — Krieg mit dem 
Woymwoden der Moldau. ©. 213. — Verhältnis des K. 
Matthias zu Georg von Böhmen; feine Verbindung mit 
der tatbolifchen Liga und mit dem Kaiſer. ©. 214. — An⸗ 
fängliche Erfolge des 8. Matthias; feine Einſchließung 
durch K. Georg; der Vertrag von Wilimow. &. 216. — 
Gegenbemühungen ber päpftlihen. Partei; Wahl bes 
Matthias zum Könige von Böhmen. ©. 217. — Wieder- 
ausbruch des Krieges; Georgs Erfolge; fein Tod. 
S. 218. — Wahl des polnischen Prinzen Wladiſlaw zum 
Könige von Böhmen; Anträge des K. Matthias. S.221. — 
Einfälle der Türken in die ungarifchen und öfterreichifchen 
Länder. ©. 222. — Unzufriedenheit der Ungarn mit 
dem Könige; Berufung des polnifchen Prinzen Kaftmir; 
befien erfolglofer Einfall in Ungarn. ©. 224. — Ab» 
ſchluß einer Wafſenruhe. S. 227. — Wiederausbrud 
des Krieges; Stellung der Könige bei Breslau; Abſchluß 


zu Inhalts⸗ Überſicht. 


Seite 

eines Waffenſtillftandes; der Friede von Ofen. S 228. — 
Neue Einfälle der Türken. S. 230. — Steuerbewilli⸗ 
gungen des ungarifchen Neichstages; Nieberlage ber 
Türken in der Moldau; Eroberung von Sabacz durch 
K. Matthias. S. 232. — Erneuerung der NRaubzüge 
ber Türken; Kämpfe in ber Moldau und Walachei; 
Gleichgültigkeit des K. Matthias. S. 234. 


Fünftes Kapitel. Kaiſer Grin III. und Meute 
von Ungem . . . . . 237- 266 


Beſſere Lage Ofierreichs nach dem Tode breite v1. 
©. 237. — Ausbruch neuer Unruben; Einfall bes böh— 
mifchen Prinzen Bictorin. ©. 238. — Aufftände in 
Trieſt. S. 239. — Die Baumlircherfehde in Steiermark; 
Hinrichtung Baumkirchers und Greißenederd. S. 239. — 
Berbältnis des Kaifers zu Matthias von Ungarn; Ans 
näherung des erfteren an ben König von Polen. ©. 242. — 
Verbindung des K. Matthias mit unzufriedenen Ofter- 
reihern. S. 246. — Bertrag zwilchen dem Kaifer und 
dem Könige. S. 247. — Bruch diefeß Bertrags durch 
Matthias ; Bündnis des Kaifers mit Polen und Böhmen; 
Belehnung K. Wladiſlaws. ©. 248. — Kriegserflärung 
des K. Matthias; Kämpfe in Ofterreih; Friede von 
Gmunden. ©. 251. — Die Aufbringung der Kriegs- 
entihädigung. ©. 254. — Bauernaufftand und Türken⸗ 
einfälle in Inneröfterreih. S. 255. — Der Kaifer und 
das Erzbistum Salzburg; Bündnis des Erzbiſchofs mit 
K. Matthias; Feindfeligkeiten der lingarn gegen den 
Kaifer. S. 256. — Einfälle der Türken in die öfter- 
reichiſchen und ungariſchen Länder; Niederlage derfelben 
auf bem „Brotfelte” ; Angriffe der Ungarn auf die tür- 
kiſchen Grenzländer; Abſchluß eines Waffenftillftandes. 
©. 258. — Eroberung bes größten Teiles von Nieder- 
und Inneröfterreih durch K. Matthias; befien Macht» 
ſtellung. ©. 261. - 


Sechſtes Kapitel. Die Erwerbung der burgundiſchen 
Länder. — Die Wahl Merimlliars J. zum dniſqhen 
Königee en . 266—291 


Entftehung ber burgundiſchen Macht. S. 266. — 
Pläne des Herzogs Philipp; ſeine Unterhandlungen mit 


Inhalts⸗ Überſicht. xm 


Eeite 
dem Kaiſer. S. 268. — Erwerbungen Karls bes 
Kühnen; Berpfänbung vorberöfterreiifcher Gebiete an 
benfelben. S. 270. — Defien Unterhandlungen mit dem 
Kaifer; die Zufammentunft in Trier. S. 272. — Karl 
vor Neuß; Bewegung am Oberrhein gegen bie- bur- 
gundifche Herrichaft; Friede und Bündnis H. Sigmunbs 
von Ofterreih mit den Eidgenoſſen; Angriffe anf bie 
burgundiſchen Länder; Karls Einigung mit dem Kaifer; 
fein Tod. ©. 277. — Bebrängung der Herzogin Maria 
durch Frankreich und deſſen Freunde; Vermählung mit 
dem Erzherzoge Maximilian. S. 281. — Deſſen Kriege 
mit Frankreich; Marias Tod und deſſen Folgen; Friede 
von Arras. S. 282. — Aufſtände der Flandrer und 
deren Begünſtigung durch Frankreich; Maximilians Ge- 
fangenſetzung und Befreiung; Kämpfe mit ben Nieder⸗ 
ländern. ©. 284. — Bermählung Marimilians mit 
Anna von Bretagne; deren Nötigung zur Ehe mit 
Kart VIII von Frankreih; neuer Krieg; Friede von 
Senlis. ©. 286. — Wahl Marimilians zum beutfchen 
Könige. S. 290. 


Siebentes Kapitel. Die Wiedergewinnung Oflerreich® 
und die Neubefegung des ungariihen Thrones. . 291—3808 


Verſuch der Wiebereroberung Öſterreichs; vergebliche 
Unterhandlungen; Tod des Königs Matthias von Ungarn. 
S. 291. — Deſſen uneheliher Sohn Johann Corvinus. 
S. 293. — AUnfprüde der Habsburger auf Ungarn; 
fonftige Thronkandidaten für die ungarifhe Krone. 
S. 2%. — Der Wahlreihstag; tumultuarifhe Aus- 
rufung des polnifchen Prinzen Albert; die Königinmwitwe ; 
Niederlage des Johann Corvinus; Wahl und Krönung 
Wladiſlaws von Böhmen. S. 296. — Einfall Alberts 
von Polen in Ungarn. ©. 299. — Wiedereroberung 
Oſterreichs durch K. Marimilian; defien Einmarſch in 
Ungarn; Erſtürmung Stuhlweiſſenburgs; Meuterei der 
Landsknechte und Rückzug. S. 299. — Wladiſlaws 
Friede mit ſeinem Bruder Albert; Wiedereinnahme der 
ungariſchen Beſitzungen Maximilians; der Friede von 
Presburg; deſſen Beſtätigung durch die ungariſchen Stände. 
S. 304. 


IV Znbalts-Überficht. 


Seite. 
Achtes Kapitel. Tirol und die Borlande in der lebten 


Zeit des Erzherzog Signund. — Tod des Raiene 
Friedrich IL. -. . . rn . 808—318 


Sigmunds kunffinnige und ſchöngeiſtige Beftrebungen. 
©. 308. — Ausbeutung feiner Schwäche durch feine 
Günftlinge und die Herzoge von Baiern; Verſchreibungen 

. an biefe. S. 309. — Krieg gegen Venedig. ©. 312. — 
Auftreten des Kaiſers und der Stände Tirol8 gegen 
Sigmunds Näte; Nachgiebigleit des Erzherzogs; neue 
Zerwürfniſſe; Sigmunds Abdankung. ©. 314. — 
K. Friedrichs III. Tod. ©. 317. 


Sechſtes Buch. 
ſterreichs Erhebung zur europäiſchen Großmacht. 


Seite. 
Erſtes Kapitel. Maximilians I. Charakter und Madt- 


verhältnife -. . . . . nee. 821—328 


Charakterifiit Marimiltiang L; Ausdehnung feiner 
Länder. S. 821. — Schilderung der Zeitverhältnifie; 
Umgeftaltung des Kriegswefens ; Vergleichung feiner Hilfg- 
quellen mit denen Frankreichs; nachteilige Wirkungen 
einzelner feiner Eigenſchaften. S. 324. 


Zweites Kapitel. Die Berfuche einer deutſchen Reichs⸗ 
an. een en. 829835 


Unfertigleit der ſtaatlichen Verhältniſſe Deutſchlands. 
©. 329. — Verſchiedenheit der Reformpläne K. Marimi- 
Hand und der Fürften; die Beſchlüſſe des Wormier 
Reichstags von 1495. ©. 330. — Schwierigkeiten in 
der Durchführung ; geringe Erfolge der Reformbewegung. 
©. 833. 


Subalts-Überfiäht. xv 


Drittes Kapitel. Marimilians I. Rivalität mit Frank⸗ 
rei. — Kämpfe mit den Schweigen. — Der 
baieriſche Exbfolgeiieg - . » > 2 22020. 336-868 


Rivalität zwiſchen Fraukreich und 8. Marimilian als 
Erben der burgundifchen Länder. S. 335. — Einfluß 
Frankreichs auf Italien; Politik des Ludovico Moro; 
K. Maximilians Vermählung mit Blanca von Mailand; 
fein Plan eines Angrifis auf die Türken; Ginfälle der- 
felden. ©. 335. — Eroberung Neapels durch Karl VIII. 
son Frankreich; Abſchluß der heiligen Liga; Karls Rüd⸗ 
zug. ©. 340. — Neue Rüftungen desſelben; Marimilians 
erfolglofer Zug nad Italien. &. 343. — 8. Marimilian 
und £ndwig XII. vou Frankreich. S. 346. — Urfachen 
und Berlauf des Schweizertriegeß ; der Friede von Bafel. 
©. 347. — Günftige Lage des franzöjifhen Königs trotz 
der Doppelbeirat zwifchen den Häufern Habsburg und 
Spanien; Eroberung von Mailand. ©. 354. — Hal- 
tung des beutfchen Reichstags und des Reichsregiments; 
Friedensliebe ber niederländifchen Regierung; Einigung 
K. Marimilians mit Frantreih; Unaufrichtigleit beider 
Zeile; Kampf um Neapel; die Berträge von Blois und 
deren Bruch durch Frankreich. S. 355. — Der baieriſche 
Erbfolgetrieg; Erwerbungen K. Marimilians; Beer⸗ 
bung des letzten Grafen von Görz. S. 360. — 
Truppenbewilligung des deutſchen Reichstags; Tod bes 
Erzherzogs Philipp; Marimilians weitgehende Pläne; 
ungenügende Unterſtützung desſelben; mißglückter Römer⸗ 
zug; Annahme des Titels: „erwählter römiſcher Kaiſer“. 
S. 364. 


Viertes Kapitel. Der neunjährige Krieg gegen Venedig 369410 


Beginn der SFeindfeligleiten gegen die Benetianer; 
deren Eroberungen; Abſchluß eines Waffenftilifiandes. 
©. 369. — Die Liga von Cambray; Beurteilung ber 
Bolitit des Kaiferd. S. 372. — Defien ungenügende 
Hilfsmittel; anfängligde Eroberungen. ©. 376. — 
Seindfeligfeiten der Bauern gegen die Kaiferlihen; Ver⸗ 
luft Paduas und deſſen vergebliche Belagerung durch den 
Kaifer; weitere Verluſte. S. 380. — Berbandlungen 
bed Kaifers mit Sranfreih und Spanien; [pärlide Be⸗ 
wiligungen des beutfchen Reiches und der Erblande. 


IVI 


Inhalts⸗ Überſicht. 


©. 382. — Haltung Ungarns. ©. 385. — Marimi- 
tions Abhängigkeit von den Franzoſen. ©. 385. — 
Abfall des P. Julius II. von der Liga; beflen Feind⸗ 
feligleiten gegen Frankreich; Scheitern feiner Abfichten. 
©. 386. — Der Kongreß von Mantua. ©. 389. — 
Refultatlofe Unterbandlungen bes Kaifer8 mit Venedig; 
Eroberung Friauls durch die Kaiſerlichen. S. 391. — 
Diplomatifhe Erfolge des Papſtes. ©. 393. — A. 
Marimilians Plan, Bapft zu werden. S. 394. — Die 
„Heilige Liga“ ; Überlegenheit der Sranzofen. ©. 395. — 
Trennung des Kaifers von Frankreich; Verbrängung 
der Franzofen aus Stalin. S. 396. — Bündnis bes 
Kaifers mit dem Papfte, Venedigs mit Frankreich. 
©. 398. — Niederlagen der Franzofen. S. 399. — 
Kämpfe der Verbündeten gegen die Benetianer. S. 401. — 
Angriffspläne gegen Frankreich; befien Einigung mit 
Ferdinand von Aragonien; verkehrte Politik des Kaifers 
und deren Folgen. S. 402. — Wiedereroberung Mai- 
lands dur die Franzofen. S. 405. — Erfolglojer 
Zug K. Marimilians gegen Mailand; der Vertrag von 


Noyon; Waffenſtillſtand des Kaiferd mit Benedig; Er- 


gebnifje des Krieges. S. 405. 


Fünftes Kapitel. Böhmen und Ungarn unter Wla- 
diſſaw II. und deſſen Beziehungen zu Marimilian I. 
Berhandlungen über die deutſche Königswahl 


Religidfe Zwiftigfeiten in Böhmen unter Wladislaw II; 
Aufftand der Utraquiften in Prag; Ausgleich zwijchen 
Katholiken und Utraquiften. ©. 411. — Berftändigung 
ber Herren mit den Rittern; Streben des Adels nad 
Beſchränkung ber Rechte der Bauern, der Städte und 
bes Königs; Exrklufivität gegen Ausländer; Ergebnifie. 
©. 413. — Die ungarifhe Wahllapitulation von 1490; 
weitere Beſchränkungen ber öniglichen Gewalt. S. 416. — 
Charakter K. Wladiflams II. ©. 418. — Lage ber 
ungarischen Finanzen; Erbitterung bes Adels gegen bie 
Hofpartei; Klagen über Unterſchleife. S. 420. — Ge- 
walttbaten der Magnaten. S. 422. — Grenzfehden 
zwifhen Türken und Ungarn; Niederlage der Kroaten; 
Einfall Kinizfis in Serbien; Abſchluß eines Waffenftill- 
flandes. ©. 423. — Bündnis des ungarifchen Könige 
mit Venedig und dem Papſte; neuer Krieg mit ben 


Geite 


411—450 


Inhalts-Überficht. xvı 
Seite 
Türken; Waffenſtillſtand. S. 427. — Finanznot und 
Verſchwendung des Königs; deſſen Mißachtung bei ben 
Ungarn; Reichstagsbeſchluß gegen die Erhebung eines 
Ausländer$ auf den Thron; Streben Johann Zapolyas 
nad) ber Krone. ©. 430. — Rüſtungen Marimilians I. 
und der Böhmen; vorläufige Vertagung ber Pläne Za- 
polyas; Bertrag Marimilians und Wladiflaws über 
eine Doppelbeirat ihrer Nachkommen; Feindfeligleiten 
Marimiliang gegen Ungarn; Abfchluß des Friedens; 
Geburt de Prinzen Ludwig und neuer Ehevertrag. 
©. 433. — Wiederausbruch des Krieges mit den Tür- 
fen; Kreuzzugsprebigten; Ausbruch des Banernfrieges ; 
befien Greuelthaten und Unterbrüdung; Knechtung bes 
Bauernftandes. S. 437. — Vermehrung des Anfehens 
Zapolyas; befien Gegner; Stellung des Kaifers Mar 
zu Polen und Rußland; der Kongreß zu Wien 1515; 
die Wiener Berträge und beren Bedeutung; Nieberlage 
Zapolyas in Serbien; 8. Wladiſlaws Tod. ©. 443. — 
8. Marimiliansg Bemühungen, feinem Enfel Karl bie 
Nachfolge im Reiche zu verfchaffen; fein Tod. S. 448. 


Sehftes Kapitel. Marimiliang I. organifatorifche 
Thätigkeitt. .4604464 


Einfachheit der Staatsverwaltung im früheren Mittel⸗ 
alter; Anderung der Verhältniſſe in der Neuzeit. 
©. 451. — Mufter und Ziele der Reformen 8. Mari- 
milians; die oberöfterreihifche und die nieberöfterreichifche 
Ländergruppe; Einfegung fländiger „Regimenter“ in deu⸗ 
felben; Trennung der Finanzen von der Berwaltung 
und Juſtiz; Oppofition der Stände in ben nieberäfter- 
reichifchen Ländern; teilweiſe Nachgiebigfeit des Kaijere. 
S. 452. — Erridtung von Neichsbehörben, bes Hof- 
rate® und der Hofkammer; Fallenlaſſen derfelben. 
©. 457. — Der Ausjhußlandtag in Innsbrud (1518) 
und deſſen Beſchlüſſe; Maßregeln für bie Verteidigung 
Tirol. ©. 459. 


Eiebentes Kapitel. 8. Marimilian I als Förderer 
der Wiffenfhaften und Künfe. . » 2 2.0. 464—418 

Die Univerfitäten des Mittelalter; Kampf der Huma= 

niften gegen bie alte Richtung; Die Anfänge des Huma⸗ 

nismus an der Univerfität Wien; deren Blüte und Ver— 


zv | Inhalts-Überfigt. 


Seite 
fall im 15. Jahrhundert. S. 464. — Sorge 8. Mari- 
miliang für die Univerfität; Berufung fremder Profeſſoren; 
Sieg der humaniſtiſchen Richtung; Celtes; Cuſpinian; 
Blüte der Univerfität. ©. 468. — Marimilians Sinn 
für Ältere deutſche Litteratur; das Amrafer Heldenbuch. 
©. 412. — Der „Teuerdank“ und ber „Weißkunig“. 
©. 472. — Begünftigung ber Gefhichtsforfhung; Mari- 
milians perfönlicher Verkehr mit Gelehrten. ©. 473. — 
Förderung der Kunft; Ansgabe illuftrierter Prachtwerte; 
das Gebetbuch des Kaifers; Arbeiten für das Grab- 
bentmal besfelben. ©. 474. 


Achtes Kapitel. Die Kaiferwahl von 1519 und die 
Erbteilung zwifhen Karl V. und Ferdinand I. . 479-494 


Plan ber Übertragung der Erblande am ben Erzherzog 
Ferdinand, Mißtrauen Karls gegen dieſen. ©. 479. — 
Die Wahl Karls V. zum Kaiſer. S. 481. — Die 
Erwerbung Württemberg. S. 484. — Unruben 
in den öfterreichifchen Erblanden. S. 485. — Über- 
fafjung derfelben an den Erzherzog Ferdinand. ©. 489. — 
Sinrihtung der Häupter der Ständbepartei in Nieber- 
öfterreih. ©. 491. — Ferdinands Günſtling Sala- 
manca; Unzufriedenheit in Tirol. ©. 492. | 


Keuntes Kapitel. Die Anfänge des Proteftantismus 
in den fterreichifhen Ländern und die Bauernaufe 
Me en. 44—513 


Bauernanfflände vor der Reformation; bie Erhebung 
ber Bauern in Kärnten im Sabre 1478; der Bauern- 
trieg in Imneröfterreih im Sabre 1515. ©. 494. — 
Lage ber beutfchen Bauern am Ende des Mittelalters 
und am Beginn der Neuzeit. ©. 496. — Kirchliche 
Mißſtände in Deutſchland und Öfterreih; Schilderungen 
auf dem Ausichußlandtag von 1518. S. 497. — Ur= 
fadyen des Erfolgs Luthers; Ausbreitung des Luthertums 
in ben öfterreichifchen Ländern. S. 500. — Ausbrud) 
des Bauernkrieges in Deutfchland; Aufflände in Tirol, 
Salzburg, Oberöfterreih und Steiermarl. ©. 504. — 
Charakter der Erhebung in Tirol, die DMeraner Artilel; 
der Landtag in Innsbrud; Sieg der gemäßigten Partei; 
Unterwerfung ber wälfchtirolifhen Banern. ©. 507. — 
Unterbrüdung des Aufftandes im Salzburgiſchen und 


Zuhalts-Überfigt. xIıx 


in Gtelermarf; letztes Anifladern ber Empörung im 
Galzburgifhen. ©. 510. 
Behntes Kapitel. Böhmen und Ungarn unter 8. Lud⸗ 
wig IL. — Des Könige Ende . . . . . 514—587 


Zuflände in Böhmen unter 8. Ludwig UI. ©. 514. — 
Letztwillige Anordnungen K. Wladiſlaws II. für Ungarn; 
Ignorierung derſelben; Einſetzuug einer Regentichaft; 
Charalter der einflußreihfien Perſönlichkeiten. ©. 515. — 
Die Oppofitionspartei; vorlibergehender Erfolg Zapolyas ; 
befien Mißgriff und vollfländiger Bruch mit der Hof- 
part. ©. 517. — Korruption der geiſtlichen und 
weltlichen Großen. S. 519. — Wieberausbrud des 
Lürtentrieges; Berluft von Sabacz und Belgrad. 
©. 520. — Gleichgültigkeit des Abendlandes; Maß⸗ 
regeln Ferdinands von Oſterreich. S. 523. — Fort⸗ 
ſchreiten des Aufloſungsprozeſſes in Ungarn; Nichtaus- 
führung der Reichstagebeſchlüſſe; Charakter des Königs 
Ludwig und feiner Gemahlin; Angriffe der Oppoſition 
auf die Hofpartei; ftürmifche Adelsverſammlungen in 
Peſt und Hatvan; Abfezung bed Palatins; fteigender 
Haß ber Parteien; Sieg der Hofpartei. ©. 524. — 
Drobender Angriff de8 Sultans; Mangelbaftigleit der 
Berteidigungsmaßregeln; die Niederlage bei Mohäcs; 
des Königs Untergang. ©. 531. 


Eiftes Kapitel, Die Wahl Ferbinands von Oſter⸗ 
veih zum Könige von Böhmen und Ungarn . . 537-568 


Anfprüche Ferdinands von Ofterreich auf Böhmen; Prü- 
fung derſelben. S. 537. — Auffafiung ber Böhmen. 
©. 540. — Die Kandidaten für den böhmiſchen Thron; 
Ferbinands Anhänger; die Werbung feiner Geſandten. 
©. 541. — Beanſpruchung des Rechts der Königewahl 
durch den Fandtag; Erklärung ber Gefandten Ferdinands. 
©. 543 — Werbung der baierifhen Gejandten. 
©. 54. — Wahl bes Erzberzogs Ferdinand, For⸗ 
derungen ber böhmifchen Stände; Erflärungen Ferdinand; 
Umtriebe der baierifhen Parteiz Ferdinands Krönung; 
Einigung mit den Ständen über bie Wahllapitulation. 
©. 544. — Anertennung Ferbinands und feiner Ge- 
mahlin in den böhmischen Nebenländern. ©. 548. — 
Bedeutung der böhmiſchen Königewahl. ©. 548. — 
Ferdinands Aufprühe auf Ungarn; Auffaljung ber. 


Inhalts⸗ Überſicht. 


Ungarn. ©. 549. — Die Hofpartei und die Partei 
Zapolyas; die Berfammlung in Tolaj; Wahl und Krö- 
nung Zapolyas. &. 550. — Thätigfeit der öſterreichiſchen 
Partei; die Königin Maria; der Reichstag in Pres- 
burg; Wahl Ferdinands. S. 553. — Anerkennung 
Ferdinande in Kroatien, Zapolyas in Slavonien. 
©. 556. — Lage der beiden Gegenlönige; Zapolyas 
Unthätigleit, Rüftungen Ferdinands; befien Bordringen 
bi8 Ofen; Nieterlage Zapolyas bei Tokaj; Fall Frange- 
pand. ©. 557. — Ferdinands allgemeine Anerlennung 
und Krönung. S. 561. — Ausblid in die Zukunft. 
©. 563. 


Berihfigungen. 


Seite 91,3. 2 v. u. tilge das Komma vor gewifienlos. 


‚108, „ 7 v. un. lied beranrüdte ftatt herangerückt. 


108, „ 11 lied den ®rafen ftatt dem Grafen. 

164, ,„, 9 v. u. lies an ber Mur ftatt an M. 

166, NR. 1, 3. 4 v. m. lies 294—852 ſtatt 294 362. 

177, 3. 13 Lies ihm ftatt ihn. 

180, „ 19 lie verlangte ftatt verlangt. 

205, ,„ 9 lied Regiomontanus ftatt Regiomantanus. 
226, , 8 v. u. lied gegen ftatt auf. 

2'6, ,, 11.0. u. ließ erobert ftatt erorbert. 

368, ‚. 16 lies erwerben ftatt verichaffen. 

270 (Überſchrift) lies Erwerbungen flatt Eroberungen. 
287, 3 13 v. u. lie Jahre ftatt Jahrr. 

353, ,„ 4 v. u. lied König flatt Krieg. 

355, ‚„ 1 lies hinderte ftatt hinderten. 

362, ,„ 12 v. u. lied in Ausficht ftatt die Ausficht. 


Eeite 


Viertes Bud. 


Die Yeriode der erfien Berbindung Böhmens 
und Ungarns mit Öfterreih. (1437—1457.) 


Huber, Geſchichte Öfterreicht. II. 1 


Erſtes Kapitel. 


Die Erwerbung Ungarns und Böhmens durch 
Albreht V. von Oſterreich. 


So fehr auch die drei Rändergruppen, welche gegenwärtig 
den öſterreichiſch⸗ ungariichen Kaiſerſtaat bilden, bie ungarijche 
Ziefebene, das böhmiſch⸗mähriſche Stufenland und bie Thäler 
und Abhänge des im Often breit auseinander laufenden Alpen- 
itoces, ihrem ganzen Charakter nach von einanber verjchieben 
find, fo erjcheinen fie doch wieder durch die Bodengeftaltung 
auf einander hingewiejen. Ungarn und bie dftlichen Alpenlänver 
werden gemeinfam durch die große Pulsader, die Donau, mit 
ihren wichtigften Nebenflüffen, der Drau und Sau, durchſtrömt, 
und e8 bat dieſelbe um jo mehr die Aufgabe, den Verkehr 
zwiichen dem Weften und Ojften zu vermitteln, da fie ber ein⸗ 
zige europätiche Strom ift, der einen weftöjtlichen Lauf hat. 
Böhmen und Mähren gravitieren naturgemäß gegen Süden, 
da e8 bier an jeder bejtimmten Grenze fehlt und Mährens 
bedeutenbfter Fluß, die March, der Donau zufließt, während 
biefe Länder fonft auf allen Seiten von Gebirgen eingefchlofjen 
find, die den nah Norden laufenden Flüffen, der Elbe und 
Ober, nur gerade einen Ausweg. geftatten. 

Es find denn auch fehon in der Zeit der Römerberrichaft 
Noricum und Pannonien Beftandteile eines Reiches gewejen 


und ift die Eroberung der Gebiete nörbli von der Donau 
1* 


4 Erbanfprüde der Todter 8. Sigmunds. 


wenigftens angeftrebt worden. Dasjelbe war dann auch unter 
Rarl dem Großen und feinen Nachfolgern der Fall, und es hat 
Jahrhunderte gebauert, bis fich zwiichen Ofterreich und Ungarn, 
zwiſchen Diterreih und Böhmen-Mähren fefte Grenzen gebildet 
haben. Als endlich Hier die Staaten ſich fonfoliviert hatten 
und nad dem Ausfterben der Babenberger Öſterreich und 
Steiermark berrenlojes Gut fchienen, wurden von Böhmen wie 
von Ungarn aus, und zwar vorübergehend mit Erfolg, Verjuche 
gemacht, diejelben zu gewinnen. in Jahrhundert fpäter ver» 
folgte der geniale Rudolf IV. mit Harem Bewußtiein ven 
Plan, dur eine Erbverbrüberung mit den Häufern Anjou und 
Zuremburg eine dauernde Bereinigung Ungarns und Boͤhmens 
mit Öfterreich herbeizuführen. 

Nah dem Tode des Kaiferd Sigmund, des legten männ- 
lihen Sprößlings des Haufes Luremburg, follte die Verwirk⸗ 
lichung dieſes Planes erfolgen, da deffen einzige Tochter mit 
dem Herzoge Albrecht V. von Ofterreich vermählt war. Denn 
nach den böhmiſchen Staatsgrundgejegen hatten in Ermanglung 
von männlichen Sprößlingen die weiblichen Glieder des Herricher- 
baujes ein Recht auf die Krone, und auch Ungarn wurde da⸗ 
mald als Erbreich angejehen. Sigmunds Gemahlin Maria 
war nicht durch Wahl, jondern als die Tochter des Königs 
Ludwig auf den Thron gelangt, und auch jetzt erkannten bie 
ungariichen Stände an, daß Sigmunds Tochter Elifabeth ihre 
„natürliche Herrin“ fei, „der in erjter Linie dieſes Reich ver- 
möge des Rechtes der Geburt gebühre“ 1). Doch fcheint Herzog 
Albrecht erfahren oder gefürchtet zu haben, daß feine ehrgeizige 
Schwiegermutter Barbara, eine geborene Gräfin von Eilli, 
feiner Nachfolge Schwierigkeiten in den Weg zu legen beabfichtige. 
Er beraubte fie daher gleich nad dem Tode des -Kailers ?), 
der am 9. Dezember 1437 in Znaim aus dem Leben fchied, 


1) Elisabeth ... dominae nostrae naturalis..., quam 
principaliter hoc regnum iure geniturae concernere dignoscitur. 
Erflärung der Stände vom 30. Mai 1439 ap. Fejer XI, 257. 

2) Nicht ſchon vor Sigmunds Tode. ©. Gefch. Ofterreihs II, 538. 
N. 2. 


Anerkennung Albrechts von Ofterreich in Ungarn. 5 


ihrer Freiheit, und nahm fie mit ſich nach Ungarn, wo Sig⸗ 
munds Leichnam in Großwardein beigeſetzt werden ſollte. Schon 
am 18. Dezember erkannten die ungariſchen Prälaten, Magnaten 
und Adeligen, die in großer Zahl in Presburg ſich ein⸗ 
gefunden hatten, Albrecht und feine Gemahlin Elijabeth ein» 
jtimmig al8 Herrider an. Am 1. Januar 1438 wurden beibe 
in Stuhlweilfenburg gekrönt. Mit Zuftimmung der ungarischen 
Großen ftellte num Albrecht feiner Gemahlin eine Urkunde aus, 
wodurch er ausprüdlich beftimmte, daß, wenn er vor ihr mit 
Tod abginge, fie und ihre Erben von den Ungarn ald Herren 
anerkannt werden follten ), Da indeflen die Ungarn die Er- 
fahrung gemacht batten, daß feit der Wahl Sigmunds zum 
römischen Könige die Intereſſen ihres Neiches ſehr oft durch 
die weltumfajjenden Pläne vesjelben beeinträchtigt worden waren, 
jo mußte Albrecht ihnen das DVerjprechen geben, daß er die 
beutfche Königskrone nicht ohne ihre Zuftimmung annehmen 
würde. Als er aber am 18. März obne alle Bemühungen 
von jeiner Seite durch die deutſchen Kurfürften einftimmig 
gewählt ward ?), weigerten fi) doch auch die Ungarn nicht, 
ihre Einwilligung zu geben. Von diefer Zeit an find bie 
Habsburger bis zum Erldichen ihres Haufes im Beſitze ver 
deutichen Königswürde geblieben, die bet ihrer immer mehr 
zunehmenden Bebeutungslofigfeit und ihrem geringen finanziellen 
Erträgniffe °) bald aufbörte, ein Ziel des Ehrgeizes zu fein. 

Größere Schwierigkeiten fand die Anerlennung Albrechts 
in Böhmen *), obwohl das Erbrecht jeiner Gemahlin bier am 


1) Nach Schreiben Elifabetbs ap. Kollar, Analecta II, Y1ösqg. 

2) W. Altmann, Die Wahl Albrehts II. zum römiſchen Könige 
(Berlin, 1886), — Anfangs hatte fi der Kurfürft Friedrich I. von 
Brandenburg aus dem Haufe Hobenzollern auf die Krone Hoffnung ge- 
macht. 

3) Nah K. Sigmunds Schreiben an die deutſchen Reichsſtände vom 
30. Januar 1412 betrugen fhon damals die Einkünfte des Königs von 
allen deutſchen Landen nicht über 13000 (Gold-) Gulden. Janſſen, 
Frankfurts NReichScorrefpondenz I, 242. 

4) Balady, Geh. Böhmens LIIL,3, 289ff. Caro, Geld. Bolens 
IV, 166 ff. 


6 Die Parteien in Böhmen. 


wenigſten bejtritten werben konnte. Denn das Geſetz vom 
7. April 1348 und übereinftimmend damit die goldene Bulle 
hatten die weiblichen Sprößlinge des Hauſes Luxemburg aus 
brüdlich für erbfähig erflärt, und wenn man fich darüber 
binwegjette, jo mußten bie wiederholt beftätigten Erbverträge 
zwilchen ben Quremburgern und Habsburgern in Kraft treten. 
Aber die Verſchiedenheit der religiös. politischen Anſchauungen, 
welche die Geichide Böhmens in ven letten Jahrzehnten be» 
jtimmt Hatte, Tonnte auch auf die Nachfolgefrage nicht ohne 
Einfluß bleiben. Nur die Katholiken und bie gemäßigten 
Ralirtiner, zu denen die meilten Herren und bie Stäbte Prag, 
Kuttenberg und einige andere gehörten, waren für die Ans 
erfennung Albrecht. Die Taboriten und die radikalen Kalix⸗ 
tiner, alfo vie meiſten Nitter und zahlreiche kleinere Städte, 
wollten feinen König, der feit Jahren der eifrigfte Gegner ber 
bufitiichen Keter gewejen war und auch die Zechiiche Sprache 
nicht verſtand. ‘Denn nicht bloß durch religiöſe Motive wurde 
dieje Partei bejtimmt, jondern auch durch nationale, beſonders 
buch ihren Haß gegen die Deutichen, gegen welche eine damals 
in Umlauf gejegte Dentichrift alle Antipathieen aufzuregen juchte. 
Es jollten daher die Böhmen (heißt e8 darin), wenn fie feinen 
Herrn aus ihrer Nation haben könnten, einen von einer ans 
dern jlavifchen oder von irgendeiner andern Nation auf ben 
Thron fegen; denn mit ihnen und ihren Freiheiten wird es 
unter jedem andern Könige beijer jtehen als unter einem 
bentihen. Um Erbrecht oder Verträge kümmerte fich dieſe 
Partei nicht, die noch auf durchaus vevolutionärem Boden 
itand und für Böhmen das Recht ver freien Königswahl im 
Anſpruch nahm. 

Als am 26. Dezember 1437 der böhmiſche Landtag „zur 
Wahl des Königs“ in Prag zuſammentrat und Kaiſer Sig- 
munds Kanzler, Kaſpar Schlid, ein geborner Egerlänver, mit 
beredten Worten die legten Wünjche feines verjtorbenen Herrn 
vorbracdhte, da erflärten ſich nur die Katholiken und die ge- 
mäßigten Utragquiften unter Ulrih von Nojenberg und dem 
Oberftburggrafen Meinhard von Neuhaus für die bedingungs⸗ 


Doppelte Königswahl. 7 


lofe Anerkennung Albrechts. Die Sechifch-hufitiiche Partei dar 
gegen, deren bervorragendited Haupt Heinrich Ptacek von 
Birkjtein war, ftellte die Forderung, daß die Wahl verſchoben 
und zuerft die Bunkte feitgeitellt werden follten, von deren Ge⸗ 
nehmigung die Wahl Albrechts abhängig gemacht werben ſollte. 
ALS diefes Verlangen vom Landtage abgelehnt wurbe, verließ 
die Minorität in großer Aufregung den Saal. Um einen 
vollftändigen Bruch zu verbüten, gab die öſterreichiſche Partei 
nad. Beide Zeile einigten ſich dahin, Albrecht nur dann als 
König anerkennen zu wollen, wenn er die Prager Kompaltaten 
und die vom Kaiſer Sigmund im Jahre 1436 gemachten Vers 
jprechungen beftätigte, die Rechte des Landes garantierte, alle 
Berpfändungen von föniglichen und kirchlichen Beſitzungen an⸗ 
erkannte, die Königinwitwe Barbara in Freiheit fegte, Mähren 
wieder an Böhmen zurüdgäbe und auch feine öfterreichifchen 
Länder mit dieſem Reiche vereinigte, deſſen Herr ja er wie 
feine Kinder fein würden. Da Albrecht diefe Bedingungen mit 
Ausnahme des legten Punktes annahm, jo wurde er von ber 
öfterreihiichen Partei Anfangs Juni 1438 in Iglau als König 
anerkannt und am 29. Juni in Prag feierlich gekrönt. 

Die Gegenpartei hatte aber troß der am Ende des Jahres 
eingegangenen Verpflichtungen eine Antwort des Herzogs von 
Dfterreich gar nicht abgewartet, fondern ſchon im Januar be- 
ichloffen, die Krone Böhmens dem jungen polniichen Könige 
anzutragen, um eine Vereinigung beider Reiche herbeizuführen. 
Doc entichieden fich die böhmiſchen Gefandten, welche im März 
1438 nad Krakau veiften, fchlieglich für Wladiſlaws elfjährigen 
Druder Rafimir, vielleicht aus dem Grunde, weil eine polniſche 
Konföderation im Jahre 1382 beichloffen Hatte, daß ihr König 
im Lande bleiben müſſe. ine Verjammlung der antiöjters 
reichiichen Partei in Melnik nahm den Prinzen Kafimir am 
29. Mat als König an. 

Der Bürgerkrieg war daher unvermeidlich | 

Da die Abneigung gegen die Deutſchen auch unter ben 
polniſchen Adeligen immer breiteren Boden gewann, und für 
Polen, das mehrere ungariſche Vaſallenländer an fich gebracht 


8 Kämpfe in Böhmen und Schlefien. 


hatte, ein König von Ungarn, der auch Böhmen beberrichte, 
in der That gefährlich jchten, jo Hatte fich der polniſche Reichs⸗ 
tag in Form einer Konföderation für die Kandidatur Kafimirs 
ausgeiprochen, und es rüdten im Juni die Wohwoden von 
Pojen und Kralau mit mehreren Tauſend Sölonern in Böhmen 
ein, wo fie fich mit den Anhängern Ptadels und ven Taboriten⸗ 
führern Bedrich von Straänig und Peter Polak vereinigten. 
Aber auch Albrecht wurde nicht bloß von den Angehörigen 
feiner Länder, jondern auch von mehreren beutichen Reichs⸗ 
fürjten unterftügt. Nicht umſonſt hatte er die Deutichen auf 
merkſam gemacht, wie gefährlich eine Vereinigung Polens und 
Böhmens für das Neich fein würde, das mit Böhmen allein 
genug zu Ichaffen gehabt babe. Mehrere Fürften, der Kurfürft 
von Sadjen, der Herzog Ehriftoph von Baiern und der Sohn 
des Rurfürften von Brandenburg, Albrecht (Achilles), fanden 
fih Anfangs Auguft perfönlich mit Mannſchaft bei ihm ein. 
Vor feinem faft zweifach überlegenen Heere zogen fich feine 
Gegner in eine fejte Stellung vor Tabor und endlich nach 
häufigen Scharmügeln in diefe Stadt felbft zurüd. Da fie 
aber einer Schlacht auswichen, jo vermochte Albrecht doch Feine 
Enticheivung herbeizuführen. Ebenſo wenig Erfolg hatten Unter» 
banblungen, weil Albrecht die Forderung, daß er feine Tochter 
dem Prinzen Kafimir vermähle und diefem dann Böhmen ab» 
trete, umbebingt ablehnte. Vielleicht war es die Überzeugung 
von der Unmöglichkeit der Eroberung Zabors, vielleicht bie 
Nachricht von einer Bedrohung Schleſiens durch die Polen, 
was Albrecht am 15. September zur Aufhebung ver Belage 
rung jener Stabt bewog. In der That fiel Ende September 
ber polnische König ſelbſt in Begleitung feines Bruders Kafimir 
mit einem Heere in Schlefien ein und überſchwemmte unter 
furchtbaren Verwüftungen einen großen Zeil dieſes Landes. 
Erſt der eintretende Winter und das Herannaben des Königs 
Albrecht, der im November über Zittau und Görlig gegen 
Breslau 309, bewog die Polen zum Abzuge ). 


1) H. Ermiſch, Schlefiens Verhältnis zu Polen und zu König 


Einfall der Türken in Siebenbürgen. 9 


Verhandlungen, die unter Vermittlung eines päpftlichen 
Legaten und Bevollmächtigter des Bafler Konzild im Januar 
1439 in Breslau geführt wurden, hatten auch jet fein Er- 
gebnis, da Albrecht unerjchütterlich auf ſeinem Rechte bebarrte. 
Doch wurde am 10. Februar in Namslau bis zum 24. Juni 
ein Waffenftiliftand geichloffen, während deſſen Albrecht mit dem 
polnischen Könige perfönlich zuſammenkommen ſollte. ‘Der 
Papſt fegte dann noch eine Verlängerung besjelben bis zum 
29. September durch. Auch zwilchen den in Böhmen fich 
feindlich gegenüberftehenden Parteien kam eine Waffenruhe zu- 
ftande. 

Obwohl die Herrichaft Albrechts in Böhmen noch nicht 
vollitändig gefichert war, begab fich derfelbe doch Ende April 
1439 nad) Ungarn, wo beſonders die von den Türken drohende 
Gefahr feine Gegenwart notwendig machte. 

Im Sommer 1438 batte Murad II., geführt vom wa- 
lachiichen Woywoden Drakul, einen Einfall in das ſüdliche 
Siebenbürgen gemacht, das Land furchtbar vermwüjtet, zahlreiche 
Bewohner getötet, eine noch größere Zahl, angeblich bei 70.000 !), 
darunter alle Bewohner von Mühlenbah, in die Sklaverei 
weggeführtt. Nur die größern befeftigten Städte wurden von 
den Zürlen nicht eingenommen. Auch im folgenden Jahre 
wendete der Sultan feine Waffen gegen Norden. ALS der 
Deipot von Serbien, Georg Brankovich, der jein Mißtrauen 
erregt hatte, vor ihm zu ericheinen und die Feſtung Semen- 


Albrecht II. 1435—1439, in „Zeitſchr. f. Geſch. Schlefiens” XII, 237 ff. 
Grünhagen, Geſch. Schlefiens I, 265 ff. 

1) Diefe Zahl in Ann. Mellic. ad 1438. Die Frankfurter Geſandten 
geben in Schreiben vom 19. Oktober 1488 gar mehr als 80000 an. 
Janſſen, Reichscorrefpondenz I, 468. Vgl. auch Dukas, ed. Bonn., 
p. 206. Diugosz 1. XII, col. 708. Die fogen. inscriptio Coronensis 
ap. Schwandtner ], 886, erſcheint im einzelnen auch bier nicht als 
verläßlich Hammer und Zinteifen haben fich für dieje ganze Periode 
viel zu ſehr an die fpäteren türkifchen Geſchichtſchreiber, beſonders Sea⸗ 
bebbin, gehalten, der ſowohl in chronologifcher wie in fachlicher Beziehung 
viele Irrtümer enthält. Engel ift auch Bier voll von willkürlichen Be⸗ 
hauptungen. 


10 Erhebung gegen die Deutſchen in Ofen. 


dria auszuliefern ſich weigerte, belagerte er mit einem zahl⸗ 
reichen Heere und ſchweren Geihügen diefe Stadt. Da Ses 
mendria einer der wichtigiten Schlüffel zum fünlichen Ungarn 
war und Georg von Serbien mit feiner Gemahlin und feinem 
Sohne Lazar die Zuflucht zum Könige Albrecht nahm, jo war 
Hilfe dringend notwendig. 

Allein die Ungarn waren wieder einmal in jolcher nationaler 
Erregung, daß fie in ihrer Abneigung gegen die ‘Deutichen bie 
von außen drohende Gefahr ganz überjaben. 

Schon bei Albrechts eriter Anwejenheit in Ofen am 18. März 
1438 hatte der Nationalitätenhbaß wahre Drgien gefeiert. ALS 
ber Dfener Stabtrichter, nach den Beftimmungen des Stadt» 
rechtes ein ‘Deutjcher, einen angejebenen Ungarn wegen eines 
wirklichen oder angeblichen Verbrechens Hatte ertränfen laffen, 
batten jeine Landsleute zu den Waffen gegriffen und, wütend 
durch die Gaſſen der Stadt ſtürmend, mehrere ihnen begegnende 
Deutjche getötet oder verwundet, und die Häufer der meift 
deutfchen Kaufleute geplündert. Vergebens Hatte der als In⸗ 
quifitor in Dfen anwejende Franziskaner Jakobus de Marchta 
die Raſenden zu bejänftigen gefucht; feine unverftandenen Worte 
waren ſpurlos verhallt. Erft dem Ban Lapislaus Gara, 
einem Better der Königin, jcheint dies gelungen zu fein *). 

Auch jet hielten die ungarifchen Stände die Sicherjtellung 
ihrer Vorrechte für wichtiger als den Schug ihres Reiches 
gegen die Türken. Raum war Albrecht in Ofen angelommen, 
jo verjammelten fich dafelbjt auch die Prälaten, Magnaten und 


1) Sch folge bier dem in nationaler Beziehung unbefangenen und 
gleichzeitigen Aeneas Sylvius, De viris illustr., in „Bibl. d. litter. 
Bereing in Stuttgart” 1,3, 67, unb De statu Europae ap. Freher- 
Struve II, 85, gegen Thwrocz IV, 25 ap. Schwandtner I, 237, 
ber biefe Vorfälle dadurch veranlaßt werden läßt, ba die Deutfchen einen 
Ungarn Namens Edtods, der gegen ihren Übermut die Rechte der Ungarn 
bertrat, in ein Haus Jodten, bort zutobe marterten und dann in bie 
Donan warfen. gl. Ebendorffer ap. Pez I, 853. Die Zeit giebt 
ein Schreiben des Presburger Stabtrichterd und anderer Bürger an ben 
Rat ihrer Stabt, bei Birk, Beiträge, in „Onellen und Forfhungen“, 
©. 230, 0.1. 


Beſchlüſſe des ungariſchen Reichstages. 11 


Adeligen und verlangten von ihm die Genehmigung einer Reihe 
von Artikeln, die zwar angeblich nur die Zuſtände unter den 
früheren Königen beſonders Ludwig J. herſtellen ſollten, aber 
doch manche wichtige Neuerungen enthielten und die königliche 
Gewalt no mehr als früher beſchränkten ).. An die Spike 
wird die Beſtimmung gejegt, daß der König ven PBalatin nur 
nach dem Nate der Prälaten, Barone und Abeligen follte er» 
nennen dürfen, weil derjelbe dem Könige vonjeite der Reichs“ 
bewohner und ven Neichöbewohnern vonjeite des Königs 
Necht verichaffen und zwiſchen beiden Zeilen Richter jein kann 
und fol. Der König follte dauernd in Ungarn feinen Wohns 
fig nehmen und nicht bloß bei der Verteidigung des Reiches 
und bei der Anderung des Geldes ſondern auch bei der Ver 
heiratung jeiner Töchter nach den Rate jeiner Unterthanen 
fich richten. Geiſtliche wie Laien waren gleich bemüht, alle 
Laſten von fih abzumwälzen. Die Kirchen und Geiftlichen jollten 
von allen Abgaben und Leiftungen außer dem Kriegspienfte frei 
fein, die Edelleute, die überhaupt nur im Falle der äußerjten 
Not aufgeboten werden follten, nicht verpflichtet jein, außer» 
halb des Reiches Dienfte zu leijten, ſodaß Der König obne 
deren Zuftimmung ben Feind weder jenjeitd der Grenzen ans 
greifen, noch über die Grenze hinaus verfolgen konnte. Ob⸗ 
wohl dem Könige, dem in erxjter Xinie die Verteidigung des 
Reiches oblag, die Pflicht auferlegt wurde, feine Soldaten zu 
befolden, damit fie nicht den Einwohnern zur Laft fielen, jo 
wurde boch bejtimmt, daß mehrere der wichtigften Steuern 
wieder auf den Stand unter Ludwig I. berabgejegt werben 
joliten. Das Hauptitreben der Ungarn ging aber wie einft 
unter Sigmund dahin, alle Ausländer von ihrem Lande fern 
zu halten und einen Einfluß der Bürger, die ja auch meiſt 
Deutſche waren, nicht auflommen zu laſſen. Keinem Ausländer 
oder Bürger follte vom Könige ein politisches oder militäriiches 
Amt, eine kirchlihe Würde oder eine Beſitzung übertragen 


1) Bollſtäudig ap. Katona XII, 882—900. Fejer XI, 243—259, 
aud im Corpus jur. Hungar. 


12 Erfolglofer Zug gegen bie Türken. 


werben und biefelbe Verpflichtung auch für die Königin, den 
Fürsten von Serbien und den Grafen von Eilli, die in Um 
garn ausgedehnte Herrichaften beſaßen, und die Prälaten und 
Magnaten gelten. 

Dei der gefährbeten Lage bed Reiches blieb dem Könige 
nichts übrig, als alle diefe Forverungen zu fanktionieren, wo⸗ 
rauf die fremden Beamten, bejonders Deutiche, entfernt und 
burch neue erjettt wurden ). 

Es hängt mit diefer Abneigung der Ungarn gegen bie 
Deutichen und die Ausländer überhaupt zufammen, daß fie das 
Anerbieten des Königs, die deutjchen Fürſten und andere 
Chriſten gegen die Türken zubilfe zu rufen, ablehnten, da fie 
allein ftarf genug wären und nur Ordnung und ein Haupt 
brauchten. ALS aber Albrecht Ende Juli gegen vie Türken 
aufbrach, feharten fich aus Eigennug, Kurzſichtigkeit oder Gleich" 
gültigfeit gegen das Wohl des Vaterlandes jo wenige Ungarn 
um feine Fahnen, daß er nicht wagen konnte, im Angefichte 
des ſtarken feindlichen Heeres die Donau zu überjegen und die 
Türken anzugreifen. Ohne etwas unternehmen zu können, ver- 
weilte der König mehrere Wochen in der Gegend von Slan⸗ 
famen und Titel und mußte ruhig zujehen, wie Semendria 
nach tapferer Verteidigung durch den älteiten Sohn des jer- 
biihen Fürſten in die Hände des Sultans fiel und dann fait 
ganz Serbien von den Türken eingenommen wurbe. Snfolge 
des Aufenthaltes in ben fumpfigen Niederungen ver Theiß und 
Donau brach unter den Ungarn bie rote Ruhr aus, und dies 
rief eine folche Entmutigung hervor, daß der größere Zeil der⸗ 
jelben, namentlih die Zuzüge aus den Komitaten, noch vor 
der Mitte des September nachhaufe Tief. 

Die beim Könige anwefenden ungarijchen Großen ſahen 
jet jelbit ein, daß gegen die Zürlen die bisherigen Anjtalten 
nicht genügend jeien und daß man mit bloßen Redensarten 
gegen fie nichts auszurichten vermöge. Sie verabredeten mit 


1) Schreiben des Hans Kaldenbah an einen Frankfurter Ratsherrn 
aus Dfen vom 21. Juni 1439, bei Janſſen, NReichScorrefpondenz I, 484. 


Tod 8. Albrechts. 13 


dem Könige und der Königin die Aufſtellung eines zahlreichen 
Söldnerheeres, mit welchem jener im nächiten Frühjahre ing 
Feld rücken folite, und zur Erhaltung desſelben die Einhebung 
einer hohen Steuer im ganzen Lande. Albrecht veriprach, auch 
auswärtige Fürſten, namentlich feine Vettern, um ihre Unter: 
ftügung anzugeben ?). 

Aber bis zum Frühjahr follte jich die Lage Ungarns nur 
zu ſehr ändern. Die Ruhr ergriff endlich auch den König, 
ber unvorſichtigerweiſe feinen Durft durch häufigen Genuß 
von Melonen ftillte. Er wollte fich nad Wien bringen laſſen, 
indem er meinte, wenn er nur dieje Stadt ſehen könnte, würde 
er gefund werden. Aber auf dem Wege borthin in Neszmely 
(zwilchen Gran und Raab) wurde er am 27. Dftober 1439 
in einem Alter von erft zweiundvierzig Jahren vom Tode hin. 
weggerafft. 

Albrecht II. war eine von feinem Schwiegervater ſehr vers 
ſchiedene Berfönlichleit geweien, mehr ein Dann der That als 
der Rede, wie Aeneas Syloius ſich ausprüdt. Schon in feiner 
äußern Ericheinung war dies ausgeprägt. Sein Körper war 
groß und ftark, fein runder Kopf im allgemeinen wohl⸗ 
geformt, aber durch Hochgefchwollene Lippen und vorjtehende 
Zähne entftellt, aus feinem bunfel gefärbten Geſichte leuchteten 
große, furchteinflößende Augen). In Ungarn und Böhmen 
fonnte er ſchon deswegen nicht populär werben, weil er bie 
Sprache der meiften Bewohner nicht verftand. Aber wenn 
auch nicht die Liebe, fo gewann er durch jeine Tüchtigkeit doc) 
die Achtung feiner neuen Unterthanen. „Er war gut”, jagt ein 


1) Url. vom 17. Sept. 1439 bei Gröf Teleki, Hunyadiak kora 
Magyarorszägon X, 70. Über ben Krieg von 1439 im allgemeinen und 
bie Eroberung Semenbriad buch Murab ſiehe Aeneas Silvius, 
De viris illustr., 1. c. p. 68, und Europa, 1. c., p. 85. Ebendorffer 
ap. Pez II, 8548q. Dlugosz, 1. X, col. 718. Dukas, p. 207 qq. 
Chalkokondylas ed. Bonn., p. 245 qq. 


2) Aeneas Sylvius, De viris illustr., p. 68, und Europa, p. 86. 
Dlugoszl. c. 719. 


14 Folgen des Todes K. Albrechts II. 


böhmiſcher Chroniſt jener Zeit, „obſchon ein Deuticher, kühn 
und mitleidig“ ?). 


Zweites Kapitel. 


Die Wirren während der Minderjährigfeit des 
Ladislaus Poftumus bis zur Schlacht bei Varna. 
(1439 — 1444). 


— 


Albrechts II. (V) früher Tod war ein ungeheurer Schlag 
für das Reich, für die Kirche, für fein Haus und für feine 
Länder. 

Im Reiche arbeitete man ſchon lange an ber Einführung 
politiicher Reformen befonders zur Herftellung des Landfriedens, 
und man hatte von der Wirkſamkeit Albrechts, der bie Sache 
gleich in die Hand genommen hatte, die beiten Doffnungen 
gebegt, die jet zu Grabe getragen wurden. 

Der zwilchen dem Papſte Eugen IV. und dem Konzil zu 
Baſel, von dem man eine Reform der Tirchlichen Mißbräuche 
erwartete, jhon lange währende Zwift war eben bamals in 
offene Feinbfeligfeiten ausgebrochen. Infolge der feurigen Vor- 
ftellungen des Kardinal Cejarini und der andauernden DBe- 
mühungen des Kaiferd Sigmund hatte der Papft 1433 die 
Auflöfung des Konzils widerrufen und die Vortfegung des. 
jelben geftattet. Aber ein gebeihliches Zuſammenwirken zwifchen 
beiden war nie mehr möglich geweien, die Spannung zwiſchen 
beiden immer größer geworden. Das Konzil, auf dem nicht 
bloß die Biſchöfe und Prälaten, ſondern aud Doktoren und 
niebere Geiftliche Sig ımd Stimme erhielten, hatte die Annaten, 

Palliengelver und andere Kirchliche Taxen abgejchafft, ohne für 


1) Bartoss. ap. Dobner ], 204. 


Seine Töchter. 15 


einen Erjaß durch andere Einkünfte zu jorgen und hatte durch 
Wiederheritellung des freien Wahlrechts der Kapitel und andere 
Delrete die mit den größten Mißbräuchen verbundene Befugnis 
des Papſtes zur Verleihung der wictigften und einträglichiten 
kirchlichen Pfründen befeitigt. Dadurch gereizt hatte der Papit, 
Derbandlungen mit den Griechen zur Herftellung ver kirchlichen 
Union ald erwünjchten Vorwand benutzend, am 18. September 
1437 das Konzil in Bafel für aufgelöft erklärt und ein anderes 
nad) Ferrara berufen. Die in Bafel verfammelten Väter hatten 
dann Eugen IV. am 24. Januar 1438 ſuſpendiert und endlich 
am 25. Juni 1439 förmlich abgefegt und am 5. November 
den Herzog Amadeus von Savoyen gewählt, der den Namen 
Felix V. annahm. Aufgabe des römischen Königs als des 
oberften Schirmvogtes der Kirche wäre e8 gewejen, das neue 
Schiema zu bejeitigen und zugleich auf die Einführung der 
notwendigen Reformen Binzuarbeiten. 

Die Vereinigung Ungarns und Böhmens, in letzterem Lande 
von Anfang an durch eine ſtarke Partei belämpft, war von 
zu furzer Dauer gewejen, als daß fie als gefichert hätte gelten 
Iönnen. Auch bedurfte Ungarn eines ebenjo angefehenen wie 
fräftigen Königs, um ben immer vafcher und heftiger werdenden 
Angriffen der Türken ftanvhalten zu können. Kaum dem 
tüchtigften Manne wäre e8 gelungen, die ihm obliegenden Auf- 
gaben im vollen Umfange zu erfüllen. Albrecht II. hinterließ 
aber nur zwei Töchter, Anna und Elifabeth, jene fieben, dieſe 
ein Jahr alt, und feine Gemahlin gejegneten Leibes. 

Das Haupt des Haufes Dfterreih war jegt Friedrich von 
der Steiermart, der ältere Sohn des Herzogs, oder wie er ſich 
feit 1414 genannt hatte, Erzherzogs Ernſt. 

Friedrich, der von den deutichen Kurfürjten, wie es jcheint 
auf Betreiben feines Schwagers Friedrih von Sachſen, am 
2. Februar 1440 auch zum Könige gewählt wurde, war eine 
von feinem Vorgänger fehr verſchiedene Perfünlichleit ). Er 


1) Eingehend hanbelt über bie erfte Zeit feiner Regierung I. Chmel, 
Geſch. K. Friedrichs IV., 1. u.2. Bd. (bis 1452), Hamburg 1840. 1843, 


16 Charakter 8. Friedrichs III. 


war nicht ohne Kenntniſſe, gebildeter als die meiſten Fürften 
feiner Zeit, konnte nicht bloß leſen und ſchreiben, ſondern ver- 
ftand auch Iateiniih, wenn ibm auch ein tieferes Verſtändnis 
und ein warmes Intereſſe für Kunſt und Wiſſenſchaft abgingen. 
Seine Frömmigkeit war aufrichtig, feine Sitten muſterhaft; 
jede Unmäßigfeit im Eſſen und Trinken, jede zweibeutige Rede 
war ihm in tiefiter Seele zuwider. Zugleich war er fparfant, 
faft geizig, auch verftändig in Beurteilung nabeliegender Ver⸗ 
bältniffe. Er bätte alfo einen mujterbaften Samilienvater und 
braven Hauswirt abgegeben. Aber zum Regenten eines größeren 
Neiches paßte er nicht. Ihn intereffierten vielmehr das Sammeln 
und Ordnen von Edeliteinen und anderen Kleinodien, worin 
er Kenner war, der Gartenbau und die Kultur von Trauben, 
Äpfeln und Birnen als die ernften Gefchäfte der Regierung. 
Wohl lebte in ihm der unerfchütterliche Glaube an die fünftige 
Größe des Haufes Dfterreich, dem er in den auf jeinen Bauten 
und Kleinobien angebrachten Buchftaben a e i o u „(Austriae 
est imperare orbi universo“ oder „alls erdreich ift Ofterrich 
undbertban”) ?) einen ebenfo prägnanten wie vieljagenden Aus- 
drud gegeben hat. Uber um dieſes hohe Ziel zu erreichen, 
bat er nur wenig gethan. Er war eine phlegmatiiche, fait 
apatbifche Perfönlichkeit, der es an geiftigem Schwung und 
Energie ganz fehlte. Wenn er burch zähes Feſthalten an feinen 
Nechten manche Erfolge erzielte, wenigſtens vor Verluſten fich 


ber überhaupt für diefe Zeit in feinen „Regeſten K. Friedrichs III.“, feinen 
„Materialien“ u. |. w. reichhaltigen Duellenftoff veröffentlicht bat. Eine 
eingehende Eharakteriftit Friedrich unter Anführung der Belege aus ben 
verſchiedenen Schriften des Aeneas Sylvius u. |. w. bei ©. Boigt, 
Enea Silvio I, 249 ff. Günftiger urteilen Bahmann, Deutfche Geſch. 
J, 6ff. und Ranke, Deutfche Geſch. I*, 63ff., der aber mehr bie lekte 
Zeit Friedrichs im Auge hat. — Friedrich beißt „ber Vierte”, wenn man 
Friebrih „ben Schönen“ als König zählt. Aber bie zeitgendffiihen Ge- 
ſchichtſchreiber bezeichnen Friedrich als „III“. 

1) So erklärt dieſe Buchſtaben Friedrich ſelbſt in feinem 1437 be- 
gonnenen, allerhand Notizen und Sentenzen enthaltenden, Memoranden⸗ 
buch bei Chmel I, 577f. 


K. Albrechts II: Teftament. 17 


bewahrte, jo lag der Grund viel mehr in glüdlichen Zufällen 
und an der Schwäche feiner Gegner, als in feiner eigenen 
Thätigfeit. Auch dieſes umerfchütterliche Beharren auf feinem 
Nechte hängt übrigens doch mit einer Schwäche feines Charakters 
zujammen, mit der Schwierigfeit, einen beſtimmten Entſchluß 
zu fafjen, jo daß er die bringenpften Gejchäfte oft monatelang 
unerledigt ließ, manchmal fo lange, daß eine Erlebigung über- 
haupt nicht mehr notwendig war, weil fich unterbeffen bie 
Berbältniffe geändert batten. 

Friedrich war daher amt wenigften ver Mann, bie Stelle 
auszufüllen, die ihm Albrecht II. zugebacht hatte. 

Albrecht hatte in feinem Teſtamente, das er am 23. Dftober 
1439, vier Tage vor feinem Tode, in Neszmely gegeben hatte !), 
beftimmt, baß, wenn ihm ein Sohn geboren würde, deſſen 
Mutter Elifabeth und der ältefte Bürft des Haufes Dfterreich, 
alfo Friedrich von Steiermark, die VBormundichaft führen und 
biefen ein Rat von neun Perjonen zur Seite ſtehen follte, 
brei aus Ungarn, drei aus Böhmen und deſſen Nebenländern, 
eine aus Prag und zwei aus Vfterreich, die von den Ständen 
ber betreffenden Länder gewählt werden follten. Während ba- 
durch eine einheitliche Regierung für alle Länder Albrechts ge 
jchaffen wurde, follten in jedem einzelnen die Stände nad dem 
Rate der Königin Elifabetb und des älteften Fürften von Oſter⸗ 
reich bis zur Volljährigkeit feines Sohnes die Umtleute und 
Verweſer wählen. Seinen Wohnfit follte der junge Prinz in 
Presburg nehmen, da dies allen feinen Ländern nahe und 
wohl gelegen jet. 

So intereffant aber auch dieſes Teſtament tft, indem es 
den erjten Verſuch darjtellt, für die verjchievenen in der Perſon 
Albrechts II. vereinigten Reiche eine Gejamtregierung zu organi 
fieren, anberjeit8 aber den Ständen außerordentlich große. 


1) Mit Weglaffung bes Eingangs bei Fr. Kurz, Ofterreih unter 
8. Friedrich d. Vierten I, 239. Die Gründe, welche Chmel, K. Friedrich 
L 426 ff. gegen die Echtheit besfelben und für eine Fälſchung durch 
Eizinger vorgebracht bat, find ungenügend. 

Huber, Geſchichte Öfterreihe. IL. 2 


18 Beſchlüſſe der öſterreichiſchen Stände. 


Befugniſſe zuerkennt, To ift e8 doch thatfächlich ohne jede Be⸗ 
deutung geblieben. 

Nur die Stände von Oſterreich, bie fich gleich nach Albrechts 
Tode in Perchtoldsdorf verfammelten, haben davon wenigſtens 
Notiz genommen und dasjelbe mit den früheren Familienver⸗ 
trägen der Habsburger in Einklang zu bringen gefuht. Sie 
erlannten den Herzog Friedrich vorläufig bis zur Nieverkunft 
der Königin als Verweſer und, falls das zu erwartende Kind 
ein Knabe wäre, als deſſen Vormund und im Namen bed« 
felben als Regenten in Ojterreih an. Doc follte er bie 
Rechte der Einwohner, bejonders der Stände, nicht verlegen, 
die Einnahmen und Ausgaben nad dem Rate der Stände 
verwalten und bie Amter nur mit Angehörigen des Landes 
befegen. Sein jüngerer Bruder Albrecht VI., der ebenfalls 
auf die Vormundſchaft Anfprüche erbob, wurde von den Ständen 
abgewiefen. Falls von der Königinwitwe eine Tochter geboren 
würde, jo jollten nach ber Anfchauung der dterreichiichen Stände 
alle Glieder des Haufes Habsburg, Friedrich, Albrecht und 
Sigmund von Tirol, Herren von Oſterreich fein *). 

Während die Stände von Ljterreih zwar die Anfprüche 
ber Köntginwitwe auf die Vormundſchaft ignorierten, aber bie 
Rechte eines zu erwartenden Thronerben bereitwillig anerkannten, 
machten fih in Ungarn ganz andere Beitrebungen geltend. 

Zwar war auch bier das Recht in Teiner Weife zweifelhaft. 
Die ungarifhen Stände felbit hatten wiederholt und noch nad) 
Sigmunds Tode und im verfloffenen Mai auf bem Reichstage 
in Dfen Eltfabeth und ihre Nachlommen als Erben des Thrones 
anerkannt, und Elifabeth nahm denn auch nad) dem Tode ihres 
Gemahls die Regierung ohne weiteres in ihre Hände. Aber 
jet meinten viele, daß bei der großen Gefahr, welche von Den 
Türken drohte, dem Lande weber mit einem Weibe, noch mit 
einem Kinde geholfen fei und dag nur ein Mann bie Zügel 
der Regierung zu führen und Ungarn gegen die anftürmenben 


1) Die Urt. und Friedrichs Annahme ber Bedingungen der Stände 
(vom 1. Dezember) bei Kurz a. a. O. I, 248 ff. 


Pläne der Ungarn. 19 


Veinde zu verteidigen vermöge. Verſchiedene Fürften wurden 
von den um Neujahr in Ofen verfammelten Ständen ing 
Auge gefaßt, darunter der König Wlabijlam von Polen und 
Lazar, der jüngſte Sohn des in Ungarn lebenden Serbenfürften 
Georg Brankovich. Wladijlam zählte zwar auch erſt funfzehn 
Sabre, war alfo faum dem Senabenalter entwachlen. Aber 
durch die Vereinigung Polens mit Ungarn hoffte man, ben 
Türken eine große Macht entgegenjtellen zu können, jedenfalls 
wurde eine Verbindung der Türken mit den Polen bintertrieben, 
wie fie gerade damals Sultan Murad anftrebte, ver bereits 
Geſandte nah Krakau abgeſchickt hatte. Die Vertreter ber 
Berufung Wladiſlaws glaubten ihre Abfichten auch mit ben 
Anforderungen des Rechtes vereinigen zu können, indem fie bie 
Vermählung der Königin Elifabeth, der eigentlichen Erbin bes 
Reiches, mit dem polnijchen Könige vorjchlugen, der freilich um 
wenigftens funfzehn Jahre jünger war als fi. Das zu er⸗ 
wartende Kind von Albrecht follte, wenn e8 ein Knabe wäre, . 
Böhmen und Diterreich erhalten, einem von Wladiſlaw zu 
boffenden Sohne nur Ungarn zufallen. 

Zange weigerte fi die Königin Elifabetd, die mit Sicher- 
heit auf die Geburt eines Sohnes rvechnete, dieſen Forderungen 
nachzugeben, obwohl auch ihr Vetter Ladislaus ara ihr dazu 
riet. Erſt nah langem Sträuben gab fie unter gewiſſen 
Dedingungen !) zur Vermählung mit dem polniichen Könige 


1) willigat sich, den von Polan zu nemen. Aber doch hielt sie 
jn drey sach für, die man wol wais. Ob sie das halten wolten, so 
wolt sie den von Polan nemen. Aber sie wessat wol, daz sie der 
dreien artikel kainen hielten, weder der von Polan noch ungrische 
herren, und wolt damit ausgen aus der willigung, die sie getan het, 
den von Polan zu nemen, fagt Eliſabeths Vertraute, die Aja ber kleinen 
Brinzeifin Elifabetb, Helene Kottannerin, in ihren „Dentwärbig- 
feiten“, S. 16. Welches biefe drei Artikel waren, wiflen wir leider nicht, 
da die Inſtruktion für die nach Polen gehenden Geſandten bis jett nicht 
aufgefunden if, und Aeneas Sylvius, Europa ap. Freher II, 86 
nnd Epist. (ed. Basil.) no. 81, Dlugosz 1. XII, col. 719sgg. und 
Thwrocz 1. IV, c. 28sqq. ap. Schwandtner I, 240sqgq., die für 
die Borgänge in Ungarn nad Albrecht II. Tode und bie folgenden 

9* 


20 Berufung Wladiflans von Polen. 


ihre Zuftimmung, vielleicht um nicht zu einer noch verbaßteren 
Heirat gezwungen zu werben, vielleicht auch nur um Zeit zu 
gewinnen. Der Bilhof Johann von Zengg und mehrere ber- 
porragende weltliche Würdenträger begaben ſich nun nach der 
Mitte des Ianuar 1440 al8 Gefandte nach Krakau, wo König 
Wladiſlaw mit zahlreichen Großen verweilte. 

Während in Krakau noch unterbandelt wurde, gebar Elilabeth 
am 22. Februar in Comorn einen Sohn, dem fie den Namen 
Ladislaus gab. Sie meldete dies nun gleich den Geſandten, 
die nach Polen gegangen waren, und wiberrief die benjelben 
gegebene Vollmacht, welche fie nur für den Fall ausgeftellt 
haben wollte, daß fie feinen Sohn erbielte. In Wladiſlaw 
und feinen Räten ftiegen nun in der That Bedenken auf, ob 
er jet, wo Ungarn einen legitimen Thronerben hatte, dem 
an ihn ergangenen Rufe Folge leiten ſollte. Da aber die 
ungariihen Geſandten erklärten, fie ſeien von Elifabeth, die 
übrigens auch fie als ihre gegenwärtige Königin und Herrin 
bezeichneten I), für alle Fälle bevollmächtigt, jo nahm ber 
Polenkönig die Wahl zum Könige von Ungarn an und fertigte 
am 8. März die Urkunden aus, welche die Bedingungen feiner 
Berufung auf den ungariichen Thron feſtſetzten. Wladiſlaw 
verſprach, die Nechte und Freiheiten ver Ungarn zu bejtätigen 
und aufrechtzuerhalten, mit polnischen Zruppen Ungarn gegen 
die Türken und andere Feinde, wie mit ungarischen Polen 
gegen die Tataren zu verteidigen, die Zips ohne Löſegeld wieder 


Thronlämpfe unfere Hauptquellen find (Callimachi Hist. de rege 
Vladislao und Bonfinius, Rer. Hung. decad., die jene nur willkürlich 
ansgeſchmückt haben, follte man nicht mit ihnen auf gleiche Linie ftellen!) 
darüber aud nichts Näheres bieten. Bon neueren Darftellungen vgl. 
&aro IV, 2060ff. Szalay II, 18ff. Fehler-Klein II, 450ff. 
Gröf Teleki, Hunyadiak kora Magyarorszägon I, 157sgg. (ein mit 
außerordentlichem Fleiße gearbeitetes Wert, wo aber gleichzeitige und 
fpätere Quellen wie gleichwertige benugt find). 

1) Ex consensu serenissimae principis d. Elisabeth, reginae 
Hungariae modernae, dominae nostrae ap. Katona XIII, 
33. So auch K. Wladiſlaw in feiner Urkunde ibid. 27: principem d. 
Elisabeth, eiusdem regni reginam modernam. 


Krönung Labislaus des Nachgebornen. 21 


zurüdzugeben, vor feiner Krönung die Königin Eliſabeth zu 
heiraten, aber fie vor Ablauf des Trauerjahres nicht zur 
Vollziehung der Ehe zu nötigen und ihrem Sohne Labislaus 
zum Beſitze von Böhmen und Dfterreich zu verhelfen. Auch 
auf Ungarn follte diefem fein Erbrecht gewahrt bleiben, wenn 
er ſelbſt keine Kinder hinterließe ?). 

Eliſabeth war entrüſtet, als ihr zwei der Geſandten, 
Matthäus von Thalloͤcz, Ban von Croatien, und ber Oberſt⸗ 
truchjeß Emerich Marczali, die Vertragsurfunden überbrachten, 
und ließ dieſe ins Gefängnis werfen. Sie war entichloffen, 
ihrem Sohne feine Rechte auf alle Reiche, die fein Vater be- 
jeffen Hatte, zu wahren. Ihr Vetter Ulrich von Cilli ftand 
ihr als erfahrener Ratgeber zur Seite. Da ſich König Friedrich, 
zufrieden, die Regierung in Ofterreich im feine Hände gebracht 
zu haben, um feinen Mündel gar nicht kümmerte, fo übertrug 
fie am 10. April die Vormundſchaft über ihren Sohn deſſen 
energijcherem Bruder Albrecht VI. Diefer Schritt, zu dem fie 
vielleicht der mit dem Könige Friedrich auf feindlichem Fuße 
ftehende Ulrich von Eilli bewogen hatte, kann inveffen als fein 
glücdlicher bezeichnet werden. Denn Albrecht, ein Fürft obne 
Land, war wohl von einem glühenden Ehrgeize durchbrungen, 
konnte ihr aber feine Hilfsmittel zur Verfügung ftellen und 
wurde auch von niemandem ald Bormund anerlannt. Um 
übrigens dem Königtume ihres Sohnes eine fejte NRechtöbafis 
zu verichaffen, ließ Elifabeth denjelben am 15. Mai in Gegen- 
wart der Biſchöfe von Raab und Veſzprim, des Herzogs Albrecht 
bon Dfterreich, Ulrichs von Cilli und einiger Magnaten burch 
den Erzbifhof von Gran mit ver Krone des heiligen Stephan, 
die ihre vertraute Dienerin Helene Kottannerin ſchon im 
Vebruar aus ihrem Aufbewahrungsort Viffegrad heimlich fort- 
genommen Hatte 2), in Stuhlweifjenburg Trönen, ſodaß alle Be⸗ 


1) Die Urkunden bei Katona XIII, 23 und Chmel, K. Frieb- 
rich II, 729. 

2) Wie dies gefhah, fchilbert eingehend Helene Kottannerim in 
ihren „Dentwärbigfeiten”, die überhaupt für alle Vorgänge am Hofe der 


22 Beſetzung Ofens durch K. Wladiſlaw. 


dingungen erfüllt waren, welche die Ungarn für die Recht⸗ 
mäßigkeit eines Königs verlangen, 

Um bdiefelbe Zeit fiel aber Ungarns Hauptftabt in bie 
Hände ihres Gegners. Wladiſlaw von Polen war durch Un⸗ 
ruhen in Litauen und durch finanzielle Schwierigkeiten länger 
in Polen feftgehalten worden, als e8 feinen Ratgebern Tieb 
war. Erſt am 22. April fam er mit einem polnischen Heere 
von A000 Dann nah Käsmark, wo auch feine ungarischen 
Anhänger fi bei ihm einfanden. Der eifrigfte von allen 
war Simon von Rozgon, Biſchof von Erlau, den bie Königin 
Elifabeth dadurch zu ihrem Todfeinde gemacht hatte, daß fie 
nicht ihm fondern dem Dionys Szoͤchh das Erzbistum Gran 
übertragen hatte. Während noch in Käsmark, wo Wladiſlaw 
zwölf Tage blieb, polnische Patrioten dringend rieten, ber 
König möge das ungarifche Unternehmen aufgeben, ftellte Rozgonyt 
einen leichten Erfolg in Ausfiht und verjchaffte dadurch, be- 
fonders vom Bilchofe Zbygniew von Krafau unterftügt, ben 
entgegengefegten Beftrebungen das Übergewicht. Rozgonyi zog 
dem Könige mit einer Truppenabteilung voraus, um bemfelben 
den Befig von Ofen zu fihern. Der Balatin Lorenz von 
Hedervaͤra ließ fi nach längerem Schwanken bewegen, dem 
polnifchen Könige die Thore der Burg und der Stadt Ofen 
zu öffnen. Am 21. Mai bielt Wladiflam in Ofen feinen 
Einzug. Ein Verſuch Ulrihs von Cilli, fi der Hauptitabt 
zu bemächtigen, kam zu ſpät. Ja Ulrich wurde bald darauf, 
als er fi aus dem belagerten Raab retten wollte, jelbft 
gefangen und erft nach längerer Zeit gegen Stellung von 
Geiſeln proviſoriſch in Freiheit gejekt. 

Da der Erfolg Wladislaws geſichert ſchien, kamen faſt alle 
ungariſchen Biſchöfe und zahlreiche Große zu ihm, um ihm die 
Huldigung zu leiſten. Auch Niklas von Ujlak, Ban von Machow, 
der noch der Krönung des kleinen Ladislaus in Stuhlweiſſenburg 
beigewohnt und den Knaben zum Ritter geſchlagen hatte, fand 


Königin Eliſabeth vom Tode K. Albrechts bis zum Aufang des Juni 1440 
eine wichtige Quelle ſind. 


Thätigkeit der Königinmutter Elifabeth. 23 


fich bei Wladiſſaw ein. Ja fogar der Erzbilchof Dionys von 
Gran und Yadislaus Sara, Eliſabeths Vetter, ließen fich be- 
wegen, unter Zuficherung ficheren Geleites nach Ofen zu fommen. 
Gara wurde zur Übergabe Viſſegraͤss bewogen, aber dann 
trotz des Geleitäbriefes einige Tage gefangen gehalten, weil 
man ihm die Entfernung der Reichskrone aus diefer Feſte zur 
Laſt legte. Der Kardinal⸗Erzbiſchof Szechh war jchwach genug, 
mit den übrigen Mitgliedern des ungarifchen Neichdtages amt 
29. Juni der Wahl Wladiflaws zum Könige beizujtimmten und 
ihm am 17. Juli in Stuhlweiffenburg die Krone aufzufegen, 
bie man in Ermanglung der Reichskrone dem Haupte Stephan 
des Heiligen entnommen batte. 

So ungünftig fih aber auch die Lage der Dinge für bie 
Königin Elifabeth gejtaltete, jo verlor fie doch den Mut nicht. 
Sie rief ihre Anhänger zu den Waffen und warf fich, um eine 
mächtige Stüße zu erhalten, dem Könige Friedrich in die Arme. 
Sie erfannte ihn endlich al8 Vormund ihres Sohnes an und 
vertraute diefen wie Die ungariſche Königskrone feinem Schute 
an. Friedrich lieh ihr nun mehrmals beveutende Geldſummen '), 
freilich al8 vorfichtiger Geſchäftsmann nur gegen fichere Pfänder, 
wie fie ihm benn für 2500 Dulaten ihre eigene Krone ?), für 
8000 Dulaten die Stadt Ödenburg verfegen mußte. Mit 
diefem Gelde warb fie namentlich böhmiſche Söldner, die leicht 
zu haben waren, da die Taboriten und ihre Führer, nur an 
den Krieg gewöhnt, mit Verleugnung ihrer früheren religiöſen 
und politifchen Grundſätze jegt nur noch dem Erwerbe nach 
jagten. Schon in Comorn hatte fih Johann Schmilausty 
von Saar bei Elifabeth eingefunden und hatte fie mit 700 Dann 
zur Krönung ihres Sohnes nah Stuhlweiffenburg begleitet. 
Einem andern Sölbnerführer, Johann Giskra oder Jiskra von 
Drandeis ®), den fie zu ihrem Feldhauptmann ernannte, ver- 


1) Lichnowsky VI, Reg. Nr. 104. 118. 146. 151. 196. 

2) Nicht die ungarifche Reichskrone. S. Birk, Beiträge zur Geld. 
der Königin Eliſabeth von Ungarn und ihre® Sohnes K. Ladislaus 
1440—1457, in „Duellen und Forſch. zur vaterl. Geſch.“ (1849), S. 214 ff. 

3) Bol. über ihn und andere Sölonerführer Aeneas Sylvius, De 


24 Schwanken bes Kriegsglüds. 


traute fie die Verteidigung der nordweſtlichen Gegenden des 
Reiches von der mähriichen Grenze bis Kaſchau an. Geftügt 
auf die teils ſlaviſche teils deutſche Bevölkerung dieſer Gebiete, 
beſonders auf die zahlreichen deutichen Städte, welche dem Sohne 
des Königs Albreht die Treue wahrten, war Gisfra mit 
feinem Unteranführer Zalafus von Oftrow den Anhängern des 
polniichen Königs im ganzen entfchteven überlegen und nahm 
auch mehrere Städte der Zip8 ein, jo daß die Verbindung 
Wladiſlaws mit Polen gefährdet wurde. Eliſabeth felbft, bie 
in Presburg ihren Sit auffchlug, bedrängte das dortige Schloß, 
das in den Händen Stephan Rozgonyis, des Bruders des 
Biſchofs von Erlau, war. Auch Ladislaus Gara und ber 
Erzbiihof Dionys von Gran traten bald nach der Krönung 
Wladillaws wieder zu ihr über. Des Erzbiſchofs Bruder 
Thomas Szechy beunruhigte von Gran aus die Gegend von 
Dfen und verbrannte fogar eine Vorftadt. Cara und andere 
Große wurden zwar, als Wladiſlaw aus Polen zahlreiche Ver⸗ 
ſtärkungen erhielt, von Niklas Ujlaly und Johann Hunyady 
bei Batalze! an der Donau nörblih von Mohacs geichlagen. 
Auch Thomas Szechy und der Karbinal- Erzbilchof wurden zu 
einem Waffenftillftande gezwungen. ‘Dagegen erlitt Wladiſlaws 
Feldherr Stephan Banffy von Lindda am 1. März 1441 
burch den Böhmen Ian Witoweg, den Hauptmann der Cillier, 
bei Szamobor fünweitlich von Agram eine gänzliche Niederlage 
und wurde ſelbſt gefangen. König Wladiſlaw, der nun perjün- 
lich gegen die Eilfier in die ſüdweſtlichen Reichsgebiete 309 !), 
bewog bieje zwar am 19. April zum Frieden. Uber ber von 
ihm im Februar 1442 gemachte Verſuch, die Stadt Presburg 


viris illustr. L c., p. 56—58. PBalady, Gef. Böhmens IV, 1, 508 ff. 
Krones, Die böhmischen Söldner im öſtlichen Oberungarı, Programm 
bes Gym. in Graz. 1862. 

1) Er urtundet (in descensu exereituali oder campestri) am 14. März 
sub castello Marmankev, am 2. April iuxta vallem Zenthgywrgwelge 
(im Südweſten des Szalader Komitats), am 11. bei Körmönd. Cod. d. 
petr. IV, 326. 327; VII, 459. 


Abkommen zwiſchen Wladiſlaw und Elifabeth. 25 


zu erobern, mißlang und in Oberungarn behauptete Giskra 
bauernd das Üübergewicht 1). 

So ſchwankte der Krieg ohne Enticheivung Hin und her, 
und das Land wurde beſonders von ven Söldnerbanden furcht- 
bar verwüjtet. Weder Wladiſlaw noch Elifabetb war ftark 
genug, die Gegner nieberzumerfen und im ganzen Reiche fich 
Anerkennung zu verichaffen. Ta nun Ladislaus Poftumus auch 
in Böhmen nicht als König anerkannt wurde und Friedrich IIL., 
mit feinen eigenen Angelegenheiten beichäftigt, gar nichts für 
feinen Mündel that, aber doch fich weigerte, dieſen feiner 
Mutter auszuliefern, jo ward endlich auch die Königin Elifabeth 
einem Abkommen mit Wlabiflaw geneigt. Der berebte und 
gewandte Kardinal Julian Cejarini, den der Papit Eugen IV. 
als feinen Legaten nach Ungarn fchidte, um den rieben in 
dieſem Reiche herzuftellen und dadurch die Kräfte Ungarns und 
Polens gegen die immer gefährlicher werdenden Türken verfüg- 
bar zu machen, gab fich große Mühe, einen Ausgleich zuftande 
zu bringen. Nach mehrmonatlichen Verhandlungen gelang es 
endlich, im September 1442 den Abichluß eines Waffenitill- 
ftandes zu bewirken und auch eine Bafis für den Frieden zu 
finden, mit der fich Wladiſlaw wie Elifabeth zufrieden erklärten. 
Zener jollte feinen Rechten auf Ungarn und. dem Königstitel 
entjagen, aber mit voller Gewalt die Regierung dieſes Reiches 
führen, bis Labislaus das fünfzehnte Lebensjahr vollendet hätte, 
auch, wenn biejer früher oder ohne Nachlommen mit Tod 
abginge, als fein Erbe ihm auf vem Throne folgen. Wlabiflaw 
und fein Bruder Kafımir follten die beiden Töchter Eliſabeths 


1) Bol. über die Kriege von 1440—1442 außer Dlugosz und 
Thwroczl. e., unferen Hauptquellen, auch bie „Cillier Chronik”, ber- 
ausgegeben von Krones R. v. Marchland, Kap. 21f., ©. 9Y6ff., 
und die Briefe bei Balady, Geh. von Böhmen IV, 1, 58 N. 51; 
70ff., NR. 68. 69. 74; dann die Urk. 8. Wladiſlaws für Hunyaby von 
1441, Oft. 8., im Cod. patr. IV, 329, durch welche die Angaben ber 
beiden erfigenannten bezüglich der Schlacht bei Baͤtaſzek beftätigt werben, 
Ur. von 1441, April 2., 1. c. VII, 459, und ben Friedensſchluß mit 
dem Grafen von Cilli bei Chmel, Materialien I,2, 64, und ap. Ka- 
tona XIII, 150. 


26 Elifabeth8 Tod und deſſen Folgen. 


beiraten und erjterer als Mitgift jeiner Gemahlin für 200 000 
Gulden Schlefien al8 Heiratsgut erhalten. Zur Entſchädigung 
für die Auslagen, die Polen bisher zugunften Wladiſlaws 
gemacht hatte, follte es nicht bloß im Beſitze Rotrußlands 
und der Moldau von Ungarn nicht mehr angefochten, fondern 
auch die Zips ihm bleibend überlafjen werben. 

Der Annahme diefer Bedingungen widerſetzten fich indefjen 
bie ungarifchen Großen, vielleicht weil fie die Wahl und Krönung 
Wladiſlaws nicht für ungültig erklären laſſen, vielleicht weil fie 
auf die von Polen in Befig genommenen Länder nicht dauernd 
verzichten wollten. Es blieb daher nichts übrig, als neue 
Grundlagen für den Frieden zu juchen. Wieder machte Kardinal 
Julian den Vermittler und brachte es endlich dahin, daß 
Wladislaw felbit fi) um den 25. November zu Elifabeth nach 
Raab begab, um mit ihr perfönlich zu unterhandeln. Der 
Verkehr der Königin mit ihrem jungen und liebenswürbdigen 
Gegner wie die Zureden des Karbinald blieben auf fie nicht 
obne Einfluß. Wieder kam eine Einigung zujtande, deren Be 
dingungen wir leider nicht Tennen. Wir haben nur die Ver 
fiherung Eliſabeths, daß fie die Nechte ihres Sohnes nicht 
verfürzen und fchädigen wolle !). Schon war in der Domkirche 
von Raab der Abſchluß des Friedens in ungarilcher, polnischer 
und deutfcher Sprache feierlich bekannt gemacht, als Elifabeth 
infolge einer Dyſenterie und eines Unterleibsleidend, das fie 
ven Arzten verbeimlicht Hatte, nach Furzer Krankheit am 
19. Dezember 1442 aus dem Xeben fchieb. 

Nach Elifabeth8 Tode traten wohl mehrere ihrer bisherigen 
Anhänger auf die Seite des Königs Wladiflaw über. Allein 
die hervorragendften, wie der Erzbilhof von Gran, Ladislaus 


1) Schreiben der Königin Elifabeth an bie Stabt Presburg, bat. Raab, 
17. Dez. 1442, in „Quellen und Forſch.“, S. 222. Dlugosz, 1. XII, 
col. 7698qq., unfere einzige Quelle für die Verhandlungen zwifchen Wla⸗ 
diſlaw und Efifabeth, giebt leiver die Friedensbedingungen nicht an. Nach 
col. 771 war einer ber Punkte auch jet die Vermählung Wlabiflams 
mit Eliſabeths Älterer Tochter, während nad Aeneas Sylvius ap. 
Kollar II, 116 Eliſabeth felbft den König heiraten follte. 


Die Parteien in Böhmen. 27 


Sara und Gisfra von Brandeis, hielten an der Idee des 
Erbrechtes des jungen Ladislaus feit und wendeten fih um 
Hilfe an deſſen Vormund, den König Friedrich. Dieſer brachte 
auch Raab durch Zahlımg von 3000 Dukaten an die Komman- 
banten in feine Hände. Aber wie er fich nie zu einem ener- 
giſchen Handeln aufraffen konnte, jo that er auch in Ungarn 
für Ladislaus nichts. Es gelang daher dem Kardinal Cefarint, 
befien Ziel immer ein großer Türlentrieg war, ihn im Sommer 
1443 zur Anknüpfung von Verhandlungen zu bewegen, bie 
endlich zum Abſchluſſe eines zweijährigen Waffenſtillſtandes 
zwiichen Friedrich und Wlabiflam und deren Anhängern auf 
Grundlage des augenblidlichen Beſitzſtandes führten !.. Der 
größte Zeil von Ungarn war fo für das Haus Habsburg 
verloren. 

Nicht viel beffer Tagen die Dinge in Böhmen ?). 

Die beiden Hauptparteien, bie Kufitiich- nationale unter 
Ptacek und die öfterreichifche unter Roſenberg und Meinhard 
von Neubaus, ſtanden fich auch jet noch gegenüber, aber jene 
hatte fonverbarerweile ihren Kandidaten Kaſimir von Polen 
gerade jetzt fallen laffen, wo ibm burch den Tod feines Gegners 
Albrecht von Dfterreich der Weg zum Throne geebnet fchien. 
Ptacek und feine Sejinnungsgenoffen wollten jett nur über- 
haupt einen König, der fich verpflichtete, die Prager Kompaktaten 
in dem Sinne, den fie ihnen beilegten, dem Papfte und dem 
Konzil gegenüber zur Geltung zu bringen und die Anerkennung 
Rokycanas als Erzbiihof von Prag durchzufegen. Die un⸗ 
bejtreitbaren Rechte der Königin Elifabeth ignorierten fie voll⸗ 
ftändig. In diefer Beziehung nahm aber auch die dfterreichtiche 


1) Beurkundet haben Friedrich III. und fein Bruder Albrecht biefen 
Waffenftilftand erfi am 21. Mai 1444. Chmel, Reg. Frid. III., p. ıxı. 
Doch ift er offenbar ſchon früher verabrebet worden, wie ja auch Giskra 
mit dem Biſchofe Simon von Erlau als Bertreter des Königs Wladiſlaw 
ihon am 1. Sept. 1443 bis 29. Sept. 1444 auf Baſis des gegenwärtigen 
Beſitzſtandes einen Waffenftiliftand ſchloß. Teleki X, 135. Vgl. über 
die Verhandlungen mit K. Friedrich Fepler- Klein II, 476ff. 


2) Balady IV,1, 3ff. 


28 Sorge für den Landfrieben. 


Partei eine jehr zurüdhaltende Stellung ein. Nur die Schlefier 
blieben dem Prinzip der Legitimität treu. Beſonders die Bred- 
lauer wiejen die Lodungen des Könige Wladiflaw, der fie nach 
Albrechts Tode zum Anfchluffe an Polen bewegen wollte, ener- 
giſch zurüd 1). 
In Böhmen einigten ſich auf einem allgemeinen Landtage 
im Januar 1440 beide Parteien im „Friedensbriefe“ (list 
mirny) dahin, daß die Kompaltaten und die Verjchreibungen 
des Kaiſers Sigmund von allen gehalten und die Beftätigung 
Rokycanas angeftrebt werden follte. Zugleich wurden mehrere 
Streitigkeiten zwiſchen einzelnen Adeligen beigelegt und ber 
Grundſatz ausgeſprochen, daß alle Tehden und Feindſeligkeiten 
aufhören follten. Da aber für die Zeit, wo Böhmen feinen 
König hatte, fogar die Gewalt ber oberften Landesbeamten 
außer Wirkſamkeit geſetzt warb, fo blieb bie Herftellung des 
Landfriedens den einzelnen Kreifen überlaſſen. Es wurden denn 
auch im Laufe des März von den verjchievenen Kreisverfanm- 
lungen entjprechende Anordnungen getroffen. Jeder Kreis wählte 
einen Hauptmann und gab biefem einen Rat bei, mit dem er 
alle Streitigkeiten fchlichten und Landfriedensbrecher beitrafen 
jollte. Bier eifrig huſitiſche Kreife im Oſten jchloffen unter 
fih noch einen befonderen Bund und wählten Heinrich Ptacel 
zum Oberhauptmann, deſſen Macht und Einfluß dadurch noch 
mehr ftiegen. Die Vornahme der Königswahl wurde auf ben 
nächften Landtag verfchoben. Denn man batte fich nicht Bloß 
über einen Kandidaten nicht verftänbigen können, ſondern war 
nicht einmal darüber einig, wer den König zu wählen babe, 
ob die Böhmen allein ober auch Vertreter der Nebenländer, 
ob nur der Herrenftand ober auch die Nitter und Stäbte. 
Eine Königswahl war eben in Böhmen etwas ganz Neues, da 
e8 fich bei den bisherigen fogenannten Königswahlen immer 
nur um die Anerkennung des zum Throne Berechtigten durch 
den Landtag, alſo um eine Art Huldigung, gehandelt Batte. 


1) H. Ermifd, Mittel- und Nicderfchlefien während ber königloſen 
Zeit 1440—1452. „Zeitfehr. f. Geſch. Schlefiens”, XII, Afl. 


Wahl H. Albrechts von Baiern. 29 


Unterdeſſen gebar bie Königin Elifabetb einen Sohn und 
bat nun die Böhmen, von einer Königswahl abzuftehen. Die 
Schlefier, Ober⸗ und Nieber-Laufiger und ein Teil ber Mährer 
leifteten auch ihr und ihrem Sohne die Huldigung !). Die 
Böhmen aber ließen fich von ihrem Vorhaben nicht abbringen. 
Nach langen und hitigen Streitigleiten über bie Srage, wem 
das Necht der Königswahl zuftehe, ernannte der Landtag amt 
15. Juni 1440 zur Vornahme derjelben einen Ausihuß von 
18 Herren, 14 Nittern und 14 Vertretern der Städte, denen 
dann noch der gewählte Erzbilchof Rokycana beigejellt wurde. 
Bei den Beratungen des Ausjchuffes betonte zwar Ulrich von 
Roſenberg die Rechte der Königin Eliſabeth und ihres Sohnes 
und wies auch auf die Anjprüche der übrigen Habsburger in- 
folge der früheren Erbverbrüderungen mit Böhmen Hin. Aber 
es drang auch bier die Anficht Ptaceks durch, daß man dem 
Lande einen König geben müſſe, welcher der Negierung gewachfen 
fei, und daß es für Ladislaus genüge, wenn er einft als Mann 
zur Regierung gelange. inter den verjchiedenen Fürjten, die 
als Kandidaten in Vorſchlag gebracht wurden, famen der König 
Wladiſlaw von Polen, für den die Zaboriten eintraten, ber 
bejahrte Kurfürft Sriedrih von Brandenburg und ber Herzog 
Albrecht von Baiern⸗München ernftlich in Betracht. Für ven 
Vettgenannten wurde beſonders geltend gemacht, daß er einft 
am Hofe König Wenzeld fi) die Kenntnis der böhmijchen 
Sprache und Sitten angeeignet hatte. Er wurde denn auch 
sach mehrtägigen Beratungen beinahe einjtimmig zum Könige 
gewählt; ſelbſt Ulrich von Roſenberg batte für ihn geftimmt. 
Dan wollte von ihm faſt dieſelben Bedingungen verlangen, die 
man einſt an Albrecht von Dfterreich geftellt hatte, namentlich 
auch die Einverleibung feines baieriſchen Anteild in das Reich 
Böhmen fordern. 


1) Nah Elifabeth8 Schreiben, dat. 27. Auguft 1440, bei Freyberg, 
Sammlung Hifl. Schriften III, 67, wo eine Anzahl wichtiger Aktenftüde 
„Zur Geſch. der Wahl Herzogs Albreht von Baiern zum König von 
Böhmen” abgebrudt if. Vgl. auch Chmel, Friedrich IV., II, 26ff. 
52 ff. 


32 Neue Angriffe der Türken. 


opponierte nie einem Beſchluſſe des Landtags zugunſten 
Rokycanas und entwarf fogar jelbft das Geſuch, welches die 
Stände im November 1446 an den Papſt richteten, um bie 
Beitätigung desfelben wie der Kompaktaten zu erwirfen. Aber 
im geheimen agitierte er dagegen, und gewiß nicht am wenigften 
ift e8 feinen Ratſchlägen zuzufchreiben, daß der Papſt Nikolaus V. 
alle religiöfen Wünſche der Böhmen ablehnte und der von ihm 
im Frühjahr 1448 nach Prag geichicte Kardinal Carvajal bie 
Utraquiften durch fein fchroffes Auftreten erbitterte. Freilich 
verlor Roſenberg infolge feiner rein negativen Bolitif und 
feiner Doppelzüngigfeit in Böhmen immer mehr an Anfehen, 
und e8 wuchs dagegen der Einfluß Georgs von Podiebrad, 
der nach Ptaceks Tode im Jahre 1444 in einem Alter von 
erit vierundzwanzig Jahren von den eifrigeren Utraquijten als 
Führer anerkannt worden war. Aber das erreichte Roſenberg 
wenigftens, daß bis zum Jahre 1448 feine wefentliche Änderung 
der Verhältniffe eintrat und daß, wenn auch das Haus Habe- 
burg ‚nicht in den Beſitz Böhmens gelangte, wenigitend fein 
anderer zum Könige gewählt warb. 

Unterdeifen war in Ungarn durch den Untergang des Königs 
Wladiſlaw eine vollftändige Anderung der Verbältniffe ein- 
getreten. 

Nah der Einnahme von Semendria im Sommer 1439 
hatten die Türken Serbien erobert und Bosnien in noch größere 
Abhängigkeit gebracht. Im Frühjahr 1440 griff Murad IL 
Delgrad an, die einzige Stadt, die ihm den Weg nach Ungarn 
noch veriperrte. Zu Waſſer und zu Lande wurde die Fejtung 
bebrängt. Große Belagerungsmaſchinen ſchleuderten ungeheuere 
Steine, um die Mauern niederzuwerfen und den Sturm zu 
ermöglichen. Aber der Feſtungskommandant Johann von Tallovac 
oder Thalldcz, Prior von Vrana, ein Bruder des Bands von 
Kroatien, leitete Die Verteidigung mit folder Umficht, daß alle 
Anftrengungen der Türken vergeblih waren. Die von ben 
Ungarn zum erftenmale gebrauchten Kanonen, deren jede mit 
fünf oder zehn Kugeln geladen wurbe, riffen beveutende Lücken 
in die Reiben ber Belagerer. "Ein letter Verſuch des Sultans, 


Herkunft Iohann Hunyabys. 83 


durch Ausfüllung des Grabens mit Holz den Mauern nahe zu 
fommen, wurde baburch vereitelt, daß Thalldczy während der 
Nacht heimlich Pulver auf das Holz werfen und dann während 
bes folgenden Sturmes anzünden ließ, ſodaß die herandringenden 
Teinde elend verbrannten. Nach jechsmonatlicher Belagerung 
mußte der Sultan von Belgrad abziehen, vor deſſen Mauern 
er 17000 Mann verloren haben fol. Doc hatten die Türken 
auf einem gleichzeitigen Streifzuge aus Stebenbürgen wieder 
zahlreiche Bewohner weggeführt ?). 

Im folgenden Jahre übertrug König Wladiflaw die Ver- 
teidigung der üblichen Neichögebiete, welche von den Türken 
häufig verbeerend heimgeſucht wurden, den beiden Banen Johann 
Hunyady und Niklas Ujlaky, die er zur Belohnung für ihren 
Sieg bei Bätafzet auch zu Woywoden von Siebenbürgen er- 
nannt hatte. Erfterer war nicht von vornehmer Herkunft, der 
Sohn eined Walachen Namens Woyf, ber in die ‘Dienfte des 
Königs Sigmund getreten, an deflen Hofe Ritter geworden war 
und von ihm im Jahre 1409 mit feinem Sohne Johann und 
anderen Verwandten bie Burg Hunyad im ſüdweſtlichen Sieben⸗ 
bürgen erhalten hatte. Johann, der von diefer Burg ben 
Namen führte, hatte fih ſchon im Dienfte Sigmunds und 
Albrechts II. in den Kriegen gegen die Böhmen und Türken 
jo hervorgethan, daß ihm noch weitere Güter geichenkt und er 
zum Ban von Severin oder Zewrin an der gefährdeten Süd⸗ 
grenze ernannt worden war ?). 


1) Die Beweiſe hierfür wie für die Kämpfe ber folgenden Jahre in 
meiner Abhandlung: „Die Kriege zwifhen Ungarn und ben Türken 
1440-1443, kitifh unterfuht”, Wien 1886. Sep.-Abbrud aus dem 
„Archiv f. öfterr. Geſch.“ LXVIII, 159 ff. 

2) Url. 8. Eigmunds von 1409 ap. Fejer X, 8, 492, 8. Wla- 
biflaws von 1440 bei Teleki X, 89, und K. Labislaus’ von 1453 
ibid. X, 347 qq. Die waladifhe Herlunft Hunyadys wird von gleich- 
zeitigen Schrififtellern, Aeneas Sylvius ap. Freher-Struve II, 86 
(natione Valachus fuit, haud altis natalibus ortus), der „Eillier Ehronit“, 
herausgegeben von Krones, S.102 („aus dem landt Walachey pürtig 
und eines geringen rittermessigen geschlechts), ſelbſt Thwrocz 1.IV, 

. Huber, Geſchichte Öfterreichs. II. 3 


3 Hunyadys Siege Über die Türken. 


Hunyady, zum Krieger geboren, kämpfte auch jett gegen 
die Türken mit großem Glücke. Schon im Jahre 1441 brachte 
er dem Anführer der türkifchen Streitkräfte in Serbien, Iſak 
Deg, der ihn bei der Heimkehr von einem Streifzuge angriff, 
unweit Belgrad eine Schlappe bei. Im folgenden Sabre brach 
Meſid Beg, der Anführer der türkifchen Truppen in Europa, 
mit denſelben in Siebenbürgen ein, das in gewohnter Weile 
auf das furchtbarfte verwüftet wurde, und drang bis Weißen- 
burg (Karlsburg) vor. Hunyady, der gerade in Siebenbürgen 
war, zog den Feinden mit einer in Eile geſammelten Zruppen- 
char entgegen, fiel aber am 18. März bei Maros⸗ſzent⸗Imre 
nördlich von Weißenburg in einen Hinterhalt und warb durch 
die weit überlegenen Dsmanen von allen Seiten eingeſchloſſen. 
Nur mit empfindlichen Verluften vermochte er fich zu retten. 
Der fiebenbürgifche Biſchof Georg Lepes, der beim Überjegen 
eines Baches vom Pferde ftürzte und in die Hände der Türken 
fiel, warb enthauptet. Neich mit Beute und Gefangenen be- 
laden ſetzte Mefid Beg die Verheerung Stebenbürgens fort. 
Aber Schon nach einigen Tagen wurde er von Hunyady, der 
unterdefien größere Kräfte gefammelt hatte, in der Nähe bes 
früheren Rampfplates angegriffen und gefchlagen und auf der 
Flucht mit feinem Sohne felbft getötet. Beute und Gefangene 
wurden den Türken wieder abgenommen. Diejer Sieg Hunyadys 
bewog den waladhiichen Woywoden Draful, von den Odmanen 
abzufallen und dem ungarifchen Könige die Huldigung zu leiften. 
Auch ein neues türkiſches Heer, das, angeblih 80000 Dann 
jtarf, unter Schehabeddin Pafcha, um die Niederlage des eriten 
zu rächen, noch im Sabre 1442 die Walachei furchtbar ver- 
wüſtete und von da in Siebenbürgen einfallen wollte, war 
nicht glüdlicher. Hunyady zog demfelben, ehe e8 noch die 


cap. 30, p. 242 (nobili et claro Transalpinae gentis de gremio natus 
etc.) übereinftimmend bezeugt, follte alfo von ben Ungarn nit mehr 
beftritten werben. Spätere Schriftfteller nennen ihn Corvinus, wahr- 
fcheinlich nach feinem Wappen. Spätere Sagen und Erbichtungen über 
Hunyadys Herkunft befprehen Teleki I, 26fj. und W. Schmidt, 
Die Stammburg der Hunyade (Hermannftabt, 1865), ©. 64ff. 


Thätigfeit des Karbinals Eefarini. 85 


Rarpaten überjchritt, mit den von ihm gefammelten Truppen 
entgegen, griff e8 an und brachte ihm eine entjcheidende Nieder⸗ 
lage bei. 

Hatte Hunyady nur mit einem Zeile der Kräfte Ungarns jo 
glänzende Erfolge errungen, jo konnte man das Größte, viel- 
leicht jogar die Vertreibung der Osmanen aus Europa, hoffen, 
wenn man diefen die ganze Macht beider Neiche Wladiflams 
entgegenjtellen Tonnte. Daher das Streben des Starbinals 
Sultan Cefarini, in Ungarn den Frieden herzuftellen, eine Aus- 
ſöhnung zwilchen Wladiſlaw und feinen Gegnern oder wenigftens 
eine längere Waffenruhe herbeizuführen. „Zag und Nacht vente 
ih an nicht anderes, als an ben Trieben dieſes Reiches und 
an den Krieg gegen die Türken“, ſchreibt er am 28. Juni 1443 
an den. König Friedrich '). Flammende Worte richtete er an 
den König Wlabiflam und feine Räte wie an bie ungarifchen 
Stände, welche bald nad Neujahr und wieder im Juni in Ofen 
verjammelt waren. Die Hilfe des Papftes und der Ehriften- 
- heit jtellte er den Ungarn in Ausfiht. Ihn unterjtügte auf 
das Fräftigfte der vertriebene Georg Brankovich, der Serbien 
wieder zurüdgewinnen und die Blendung und Entmannung 
zweier feiner Söhne am Sultan rächen wollte Briefe, die 
aus Raguſa und von Hunyady aus Belgrad eintrafen ?), 
mußten die Kampfluft der Ungarn noch mehr entflammen. 
Der Sultan, jchrieb letterer an den Defpoten von Serbien 
auf Grund der Ausfagen eines Spions, jet durch die Söhne 
bes Fürften von Karaman in Kleinafien dreimal befiegt worben 
und auf einer Infel, auf die er fich geflüchtet, geftorben, fein 
Sohn ohne Macht, Alien bis Brufa in den Händen der Fürjten 
bon Karaman, die europäifchen Provinzen nur jchwach bejegt, 
ſodaß, wenn die Ungarn mit 30000 Reitern in Serbien ein- 
rüdten, die Türken alle Gebiete bis zum leere freiwillig 
räumen würden. 

In der That wurde vom ungarifchen Reichstage der Krieg 


1) Chmel, Materialien L,2, 113. 


2) Abgedrudt a. a. ©. 1,2, 114 ff. 
3* 


86 Angriffstrieg der Ungarn. 


gegen bie Türken bejchlofien. Am 22. Juli 1443 brach ber 
König, begleitet vom Kardinal Iulian und dem ‘Defpoten Georg, 
von Dfen nach dem füdlichen Ungarn auf, wo ſich ihm Hunyady 
mit feinen Leuten anfchloß. Das Heer fol nur 25000 Reiter 
und Bogenjchügen gezählt haben, war jedenfalls nicht ſehr ftark. 
Denn die Ungarn hatten, ba es fih um einen Angriffsfrieg 
handelte, nicht ihre ganzen Streitkräfte aufgeboten, fondern nur 
die Anwerbung von Söldnern beichloffen, zu denen noch die 
Banderien einzelner Magnaten, Polen, Hilfsvölker des walachi⸗ 
ſchen Woywoden Wlad oder Drakul und einige Kreuzfahrer 
kamen. Eine tiefere Bewegung hatten die Kreuzprediger nirgends 
hervorgebracht und auch die Bemühungen, die Unterſtützung des 
Königs Friedrich III. zu gewinnen, waren erfolglos geweſen. 
Denn diefer mußte mit Recht Bedenken hegen, zur Vermehrung 
der Macht und des Anſehens eines Türften beizutragen, der 
feinem Vetter und Mündel die ungarifche Krone entrifjen hatte. 

Deffenungeachtet nahm der Feldzug anfangs den günftigften 
Berlauf. Langfam, aber unaufbaltfam drang der König von 
Belgrad wahrfcheinlich über Kragujewag nach Krufchewat vor. 
Da ſich nirgends ein größeres türfifches Heer zeigte und eine 
Kleinere feinpliche Abteilung, auf die man ftieß, leicht befiegt 
wurde, jo ward Hunyady vom Könige mit 12000 Reitern 
vorausgeſchickt, um zu rekognoszieren, ob etwa feindliche Truppen 
in der Nähe wären. Auf dem VBormarjche nahm der Woywode 
Niſſa ein, das geplündert und dann dem Teuer preidgegeben 
ward, und befiegte nach einander brei türkifche Heeresabteilungen, 
die fich wahrfcheinlich in der Nähe diefer Stabt zu vereinigen 
und dann ihn anzugreifen beabjichtigt hatten. Bet ihrer Ver⸗ 
folgung erfuhr er, daß in feiner linken Flanke ein großes 
feindliches Heer, dem fich auch die flüchtigen Truppenteile ans- 
gejchloffen Hatten, gegen das Lager des Königs ziehe. Auf diele 
Nachricht kehrte er um, griff die Türken troß ihrer großen 
Übermaht am 3. November in der Nähe von Niffa an und 
erfoht einen glänzenden Sieg, 2000 Teinde bevedten das 
Schlachtfeld, 4000, darunter ein Paſcha und mehrere Begs, 
wurden gefangen und mit neun erbeuteten Fahnen dem Könige 


Deren Rüdzug. 87 


übergeben. Diejer Sieg war auch von großer moralifcher Bes 
deutung, indem er das Vertrauen der chriftlichen Bewohner der 
Balkanhalbinſel zu den Ungarn erweckte. Zahlreiche Bulgaren, 
Serben, Bosnier und Albanefen fchloffen fich diefen an. Ohne 
daß die Türken noch irgendwo Widerſtand verjuchten, drangen 
die Ungarn nun in füböftlicher Richtung über Pirot nach Sofia 
vor, alle Ortichaften und Burgen zerjtörend, die Einwohner 
hinmordend. Selbſt Sofia ward dem Teuer preisgegeben. 

Nun ftand der König vor den Päflen des Balkan, Hinter 
denen, in PBhilippopel, der Sultan ein großes Heer gefammelt 
hatte. Da die kürzeſte Straße nach Thracien, durch das 
Trajansthor, von den Türken durch Befeſtigungen und Verhaue 
unpaſſierbar gemacht worden war, ſo beabſichtigte Wladiſlaw 
dieſen Paß zu umgehen, indem er von Sofia oſtwärts bis 
Slatitza oder Isladi vordrang, von wo man durch das enge 
Thal der Topolnitza nach Tatar Bazardſchik jenſeits des Trajans⸗ 
thores gelangen konnte. Aber auch dieſer Paß war von den 
Türken befeſtigt und ſtark beſetzt worden. Die Ungarn ſuchten 
ihn mit Gewalt zu nehmen und kämpften den ganzen Weih⸗ 
nacht8abend, um fich den Durchweg zu erzwingen. Aber troß 
ihres Heldenmutes vermochten fie die Türken, welche bier alle 
Vorteile des Terrains für fich Hatten, nicht von den Höhen 
zu vertreiben. ‘Da zugleich der Mangel an Lebensmitteln bei 
den Ungarn mit jevem Tage drüdenvder ward, jo blieb nichts 
übrig, als den Rückzug anzutreten. 

Der Anführer des türkifchen Heeres Kafım, Beglerbeg von 
Europa, verfolgte die Ungarn, wurde aber bei Kunowitza 
zwijchen Ak Palanla und Niffa durch Hunyady angegriffen und 
geichlagen und mit mehreren Unteranführern, darunter Mahmud 
Zichelebi, dem Schwager des Sultans, felbit gefangen. Deſſen⸗ 
ungeachtet wurde bei ver vollftändigen Erichöpfung des Heeres 
der Rückzug nach Ungarn fortgeſetzt. Vergebens waren bie 
Bemühungen des jerbilchen Deipoten, duch das Angebot einer 
boben Geldſumme den König zum Überwintern in Serbien 
und zur Fortführung des Kampfes zu bewegen, um fein Land 
wieder zu erobern. Nachdem die untauglichen Pferde getötet, 


58 Triedensanträge des Sultans. 


bie Zelte und Wagen, die aus Mangel an ZJugtieren nicht mehr 
fortgebracht werden konnten, verbrannt worden waren, 309 der 
König weiter nach Belgrad und dann nach Ofen, wo er etwa 
im Februar 1444 wieder eintraf. 

Der Ausgang des Feldzuges Hatte zwar dem glänzenden 
Verlaufe in den eriten Monaten durchaus nicht entiprochen, 
da faft alle Eroberungen jchließlich wieder aufgegeben worben 
waren. Aber im chriftlichen Abendlande machte ed doch einen 
gewaltigen Eindrud, daß die gefürchteten Türken in zwei 
Schlachten und mehreren Heineren Treffen befiegt, ein großer 
Zeil ihres Reiches ohne Widerſtand durchzogen worden war. 
Bon allen Seiten kamen nad Ofen Gefandte, um dem Könige 
Glück zu wünſchen und ihn zur Tortfegung des Kampfes gegen 
die Ungläubigen aufzumuntern. Der Papft, die Venetianer 
und der reiche Herzog Philipp von Burgund verfpracen die 
Abſendung von Kriegsfchiffen an den Hellefpont, um ven Über- 
gang türkischer Truppen aus Aſien nah Europa zu bindern. 
Obwohl die Polen ihren König dringend baten, endlich auch 
feinem zerrütteten Erbreiche einige Aufmerkſamkeit zu fchenten, 
und Giskra noch immer brobend in Oberungarn ftand, fo 
beichloß boch der Neichötag in Dfen Ende April die Wieder» 
aufnahme des Krieges und die Erhebung einer Steuer zu diefem 
Zwede. 

Da Tamen vom Sultan die günftigjten Friedensanträge. 
Auf Murad Tonnten die Siege, welche die Ungarn in den 
letten drei Jahren erfochten hatten, und die Nachricht von ben 
Rüſtungen der Abenbländer zur See nicht ohne Eindrud bleiben. 
Da in Kleinafien der Fürft von Karaman noch immer wider- 
itand und kurz vorher auch faft ganz Albanten unter Anführung 
bes Fürften von Croja, Georg Eaftriota oder Skanderbeg, ſich 
erhoben und einem türkiſchen Heere eine blutige Niederlage bei- 
gebracht hatte, jo fühlte er die Notwendigkeit, einen Zeil der 
Beinde zur Ruhe zu bringen, um unterbefjen die übrigen nieber- 
zuwerfen. Schon am Beginn dieſes Jahres, ald Wladiflaw 
noch auf ferbiichem Boden ftand, fcheint er dieſem Friedensanträge 
gemacht und die Herausgabe Serbiend wie die Fretlafjung der 


Zebnjähriger Waffenſtillſtand. 39 


geblendeten Söhne des Deſpoten Georg angeboten zu haben. 
Georg jcheint dann die Unterbandlungen weitergeführt und auch 
Hunyady für einen Frieden gewonnen zu haben. ‘Denn bie 
Bedingungen, zu welchen der Sultan fich herbeiließ, fchienen in 
der That günjtig. Er wollte Serbien mit allen Feſtungen von 
Semendria und Golubag im Norden bis Novo Brdo und 
Zelenigrad im Süden und den früher zu Serbien gehörigen 
Teil Albaniend an Georg Brankovich zurücgeben, !) und bie 
Dberhoheit Ungarns über die Walachei anerkennen, obwohl die 
Fürſten beider Länder zugleich auch dem Sultan Tribut ent 
richten jollten. Er wollte weiter für die Freigebung jeines 
Schwagers und der andern Gefangenen 100000 Dukaten zahlen 
und ſich verpflichten, dem Könige Wladiſlaw für jeven Krieg 
25000 Dann zubilfe zu ſchicken 2). Auch den Ungarn jchienen 
dieſe Bedingungen vorteilhaft. Auf einem Reichstage in Sze— 
gedin um die Mitte des Juli ?) nahmen die geijtlichen und 
weltlihen Großen mit dem Könige den Antrag des Sultans 
an und jchloffen einen zehnjährigen Waffenftillftand, der von 
beiden Seiten bejchworen wurde. 

Wenige Tage darauf trafen von den Admiralen der chrift- 
lichen Flotte Schreiben ein, welche meldeten, daß fie am Helle- 
ſpont angelommen ſeien und Sorge tragen würden, die Rüd- 


1) Dadurch mußte auch Bosnien von den Türken völlig frei werben. 
Die Anerkennung der Herrfchaft Ungarns führt in ber That K. Ladislaus 
in Urk. von 1453 ap. Katona XII, 878 als Folge der Siege von 
1443 an. Nah Urt. des Königs Stephan Thomas (Sohns bes früheren 
Königs Oftoja, der im Februar 1444 auf Tiwartfo II. gefolgt war) für 
Hunyady vom 3. Juni 1444 bei Spieß, Aufflärungen, ©. 263, bat 
benjelben K. Wlabiflaw in regem.... regni Bosne sollenniter instituit 
et confirmarvit. 


2) liber die Bedingungen vgl. mit Dlugosz 1. XU, col. 788sq,, 
ber bierfür Hauptquelle if, Caro, Geſch. Polens IV, 339. 

3) Daß dies erft am 1. Auguft gefhehen fei, ift doch nicht möglich, 
wenn, wie Dlugoſz berichtet, der Bruch dieſes Friedens am 4. Auguft 
damit begründet worden ift, daß bie Türfen die Bedingungen noch nicht 
erfüllt hatten, obwohl ſchon zwanzig Tage verfloflen waren. Am 11. Juli 
urtundet aber 8. Wladiſſlaw noch in Ofen. Chmel, Materialien I,2, 140. 


4 Bruch des Waffenftillfiandes durch die Ungern. 


kehr des Sultans, der ſich zur Bekämpfung des Fürften von 
Karaman nach Kleinafien begeben hatte, zu hindern. Es jet 
daber leicht, daS von Truppen entblößte Europa ganz von den 
Türken zu befreien, wenn der König Wladiflaw rafch mit einem 
Landheere nach Numelien ziehe. Auch der griechifche Kaifer 
Johannes fchrieb in ähnlicher Weile, warnte vor einem Frieden 
mit den treulojen Türken und ftellte jeine Unterftügung in 
Ausfiht. Der Kardinal Julian, der durch den Frieden von 
Szegedin das fchönjte Ziel feines Lebens, die Vernichtung der 
Türkenherrſchaft, zerftört ſah, feuerte den ſanguiniſchen und 
Hlaubenseifrigen König, auf den dieſe Briefe nicht ohne Ein- 
drud geblieben waren, noch mehr zur Wiederaufnahme des 
Krieges an. Er erllärte, Wladiflam babe gar nicht das Necht 
gehabt, ohne Zuſtimmung des apoſtoliſchen Stuhles und binter 
dem Rüden feiner Bundesgenofjen mit den Ungläubigen Frieden 
zu ſchließen, und löfte ihn zur Beruhigung feines Gewiſſens 
von dem Eibe, den er den Türken geleiftet hatte. Am 4. Auguft 
ſchworen ver König und feine Großen einen neuen Eid, daß fie 
am 1. September mit einem Heere in der Gegend von Orſova 
fein und dann ungefäumt nach Rumelien vordringen würden, 
um die Türken noch in dieſem Jahre aus Europa zu vertreiben. 

Nicht am erften, fondern um den 24. September überjchritt 
der König unterhalb Belgrad die Donau, um durch Das türfilche 
Neich nach Gallipoli und Konftantinopel vorzudringen. Sein 
Heer war noch Heiner al8 im vorigen Jahre. Die Polen, 
welche die ihrem Lande jo nachteilige Bolitif Des Königs nicht 
billigten, batten ſich fajt ganz fern gehalten. Auch von ben 
ungarifhen Großen waren die meiften zuhaufe geblieben. Ein 
Haufe Kreuzfabrer fiel nicht ins ©ewicht. Nur 16000 Weiter 
hatte Wladiflaw unter feinem Kommando, bie aber nicht weniger 
als 2000 Wagen zus Führung des Proviants und zur Weg- 
bringung der Beute mit fich hatten. Georg von Serbien, zu- 
frieven mit der Wiedergewinnung feines Reiches, wollte deſſen 
Beſitz nicht Durch einen neuen Krieg mit den Türken auf das 
Spiel fegen. Er verjagte nicht bloß dem ungarijchen Könige 
jede Unterftügung, ſondern benachrichtigte auch den Sultan 


Bormarfch bis ans Schwarze Meer. 4 


von dem Friedensbruche desfelben und verweigerte dem Georg 
Caftriota, der ein Hilfsheer von 30000 Mann in Ausficht 
geftellt Hatte, den Durchzug durch fein Land. 

Deffenungeachtet drang Wladiflaw, trauend den trügerifchen 
Beriprechungen und von einem böjen Verhängniſſe getrieben, 
raſch vorwärts. Schon am 6. Tage ftand er bei Widdin, mit 
befien Belagerung er fich nicht aufhielt, am 26. vor Nikopolis, 
deſſen Vorftabt nievergebrannt wurde. Hier ftieß der walachifche 
Woywode Drakul mit 4000 Reitern zu ihm, ſodaß das Heer 
jest 20000 Dann zählte. Bon da zog man über Schumla 
und Pravadi, deren Burgen erjtürmt wurden, oftwärtd nad) 
Barna, wo man am 9. November anlangte. Denn um ben 
Päſſen des Balken auszuweichen, hatte man beichloffen, das 
ganze Gebirge zu umgeben und längs der Küfte des Schwarzen 
Meeres an den Boſporus vorzudringen. 

Schon am Abend des folgenden Tages ſahen die Chriften 
in geringer Entfernung die Lagerfeuer eines feindlichen Heeres. 
Murad hatte auf Die Nachricht vom Friedensbruche des ungarifchen 
Königs fchnell Friede mit dem Fürſten von Karaman geſchloſſen 
und troß der chrijtlichen Flotte, die den Helleſpont bewachte, 
mit feinen Truppen, 40000 Dann, den Übergang nach Europa 
bewerkitelligt, indem er unbemerkt von berjelben auf Kauffahrtei⸗ 
ſchiffen *) zwiichen Konftantinopel und dem Schwarzen Deere 
über den Bosporus feste. Nachdem er in Europa noch weitere 
Verſtärkungen an fich gezogen Batte, zog er über den Balkan 
gegen Nikopolis, und als er bier die Chriften nicht mehr fand, 
Hinter diefen ber bi8 vor Varna. So ſah ſich das chriftliche 
Heer in der übelſten Lage, vor fich eine weit überlegene feind- 
liche Armee, hinter fich das Meer. Es blieb nichts übrig, ale 
den Kampf mit den Türken aufzunehmen, zu fiegen over ebren- 
voll unterzugeben. _ 

Am 10. November 1444 kam es bei Varna zur Schlacht. 
Hunyady Hatte auf dem linken und rechten Flügel die Ungarn, 


1) Es follen genuefifhe Kaufleute gewefen fein, die gegen gutes Gelb 
ihre Schiffe dazu bergegeben haben. 


42 Die Schladht bei Barna. 


auf legterem auch, das Häuflein Kreuzfahrer unter dem Kardinal 
Sultan aufgejtellt, in der Mitte ftanden der König mit einer 
auserlejenen Schar von Rittern aus Ungarn und Polen, und 
bie Walachen. Den rechten Flügel fommandierte der Biſchof 
Johann von Großwarbein, den linken Hunyady ſelbſt. Bei 
den Türken ftanden in der Front die Lebensreiter aus 
Europa und Afien, hinter ihnen als Reſerve die Ianiticharen, 
welche durch große eijenbejchlagene Sekichilde und außerdem 
durch eijerne Pfähle in ihrer Front gededt waren. Die Ge 
famtftärle der Türken wird, wohl übertrieben, auf wenigitens 
100000 Dann angegeben. Der rechte Flügel der Ungarn 
warb von den Türken unvermutet von der Seite ber angegriffen 
und in die Flucht getrieben, wobei die Bilchöfe von Großwarbein 
und von Erlau (Simon Rozgonyi) den Tod fanden. Auch 
die Walachen wenbeten den Feinden den Rüden. Nur eine 
Heine Abteilung unter dem SKarbinal Yultan und dem Ban 
von Croatien, Franko Thallöczy, leijtete, um das Banner des 
heiligen Ladislaus geſchart, tapfern Widerftand. Dagegen 
drangen auf dem linken Flügel Hunyady und der König unauf- 
baltfam vorwärts. Die afiatifchen Weiter wurden geworfen, 
der Beglerbeg Karadſcha getötet, hierauf vom Könige auch bie 
Abteilung, welche das Banner des heiligen Ladislaus verteidigte, 
aus ihrer Bedrängnis befreit. Hunyady bat nun den König, 
eine Reſerveſtellung einzunehmen, während er jelbit den Kampf 
gegen die noch widerſtehenden Weiter Europas fortjette. Nach 
langem hHartnädigen Ringen ſchien fich auch bier das Glück 
den Ungarn zuzuneigen. Da ließ fich der König von feiner 
Umgebung, welche Hunyady die Ehre des Sieges nicht allein 
genießen laffen wollte, bewegen, zum Angriffe auf die bisher 
noch intakten Janitſcharen vorzugehen, hinter denen der Sultan 
jelbit ftand. In dichtem Kampfgewühle ward das Pferd bes 
Königs verwundet, dieſer ftürzte und bauchte unter den Streichen 
und Pfeilen der Janitſcharen jein junges Leben aus. Sein 
abgejchlagenes8 Haupt warb dem Sultan gebracht, der früher 
auch ſchon an bie Flucht gedacht Haben und fajt mit Gewalt 
zurüdgebalten worden fein jol. Der Tall des tapferen Könige 


K. Wladiſlaws Untergang. 43 


wirkte auch lähmend auf die Chriften, die fich bald zur Flucht 
wenbeten. Hunyady machte noch einen Verſuch, den Leichnam 
bes Königs in feine Gewalt zu befommen, trat aber dann 
ebenfalls einen eiligen Rüdzug durch die unmwirtlichen Gebiete 
des öftlichen Bulgarien an die Donau an. 

Teils auf-der Flucht, teils bet der Einnahme des chrift- 
lichen Lagers fanden noch viele den Tod, darunter der Kardinal 
Sultan Cefarini !), der auf diefe Weife den Eidbruch jühnte, 
zu dem er den jungen König verleitet hatte 2). Hunyady kam 
glüdlich in die Walachei, wurde aber bier vom Woywoden 
Drakul, den er früher einmal beim Könige Wlabiflam der Un- 
treue bejchuldigt haben ſoll, gefangen gehalten, bis ihm vie 
Drobungen der Ungarn wieder die Freiheit verichafften. 

Nachdem jo der gewählte König ein tragifches Ende gefunden 
hatte, wendeten fich endlich die Ungarn dem Erblönige zu, ohne 
Daß übrigens deſſen Vormund, durch andere Fragen in Anfpruch 
genommen, für denfelben etwas anderes als diplomatiſche Drittel 
ins Feld geführt hätte. 


1) Bon den Türken läßt ihn Chalkokondylas, p. 337, getötet 
werben. Nach Dlugosz, col. 810, brachte ihn bei der Überfahrt über 
die Donau ein Walache, der fich feines Geldes bemächtigen wollte, ums 
Leben. Nah Aeneas Sylvius in verjhiebenen Briefen und Werfen 
ermorbete ihn ein Ungar al8 ben Verräter des Reiches. 

2) Die Quellen über die Schladht bei Barna bat Zeißberg, Ana- 
Iekten, in „Zeitfchrift für die öfterr. Gymn.“ 1871, ©. 81ff., kritiſiert. 
Vgl. Caro, Geſch. Polens IV, 345, N. 1. Es haben faft nur zwei 
größeren Wert, Chalkokondylas, p. 323—339, ber türfifde Nach- 
- richten wiebergiebt, und Dlugosz 7985qq., ober vielmehr befien von 
ihm vielfach entftellte Vorlage, der Brief, den Andreas de PBalatio, 
ber felbft den Zug nah Varna mitgemacht, an ben Karbinal Lubwig ge⸗ 
fohrieben hat, ap. Prochaska, Litterae de clade Varnensi (Lwow 
1882), zuerft benugt von Köhler, ©.M., die Schlachten bei Nifopoli 
und Varna (Breslau 1882). Köhler hat auch bier den Wert der ver- 
ſchiedenen Duellen zu wenig gewürdigt und aus benfelben mehr heraus- 

gelefen, al8 barin fteht, wenn er auch manches richtig gefehen hat. 


44 Abkommen H. Friedrichs von Steiermark mit feinem Bruder Albrecht. 


Drittes Kapitel. 


König Friedrichs ILL. Verhältnis zu feinem Bruder. — 
Die Vormundſchaft über Sigmund von Tirol. — 
Krieg mit den Eidgenofjen. 


Seit Friedrich im Jahre 1435 felbftändig die Regierung 
von Imneröjterreich übernommen hatte, war er faſt immer in 
Streitigkeiten mit feinem Bruder Albrecht VI. verwidelt, bie 
nie ganz aufbhörten, jo lange dieſer lebte. 

Am 13. Mai 1436 jchloffen beide Brüder unter Vermitt- 
lung ihres älteren Vetters Albrecht V., vorläufig auf jechs 
Sabre, eine Übereinfunft, die fich in den wefentlichften Punkten 
an die Hausorbnung von 1364 anſchloß. Beide follten ihre 
gegenwärtigen Befigungen wie künftige Erwerbungen ungeteilt 
lafien, aber Friedrich als der ältere diejelben mit aller &e- 
walt, jevoh im Namen beiver, regieren und alle Lehen ver» 
leihen. Albrecht follte, wenn er nicht bei feinem Bruder wäre, 
nur fo viel Gewalt haben, als diefer ihm übertragen würde, 
aber mit allem Notwendigen verjehen werden, ſodaß er feiner 
Würde gemäß „fürftlic und jchön* Ieben könne 2). Dieſe unter» 
georpnete Stellung ließ fich Albrecht VI. aber auf die Dauer 
um fo weniger gefallen, ald er von ganz anderem Charafter, 
ehrgeizig und thatenluftig, verjchwenderiih und gelbbebürftig 
war und das Herlommen für eine Zeilung der Verwaltung 
ſprach. | 

Bald bot ſich ein Anlaß zu Streitigkeiten zwijchen beiden 
Brüdern, als am 24. Juni 1439 ihr Oheim Friedrich von 
Zirol mit Hinterlaffung eines noch nicht einmal zwölfjährigen 
Sohnes, Sigmund, aus dem Leben jchied. 


1) Chmel, Materialien 1,2, 29. Bgl. Zeißberg im „Ardiv für 
öfterr. Geſch.“ LVIII, 385. Das Hausgefeg von 1364 f. in biefem 
Werte 11, 285f. 


Friebrih wird Vormund H. Sigmunds von Tirol. 45 


Die Bormundichaft über den jungen Herzog hätte nach ber 
Analogie früherer Fälle wohl dem Könige Albrecht II. als dem 
älteiten Gliede des Haufes Öfterreich gebührt, warb aber aus 
ſchließlich als Sache der leopoldintichen Linie angejeben, welche 
der Theorie nach Inneröfterreich und Tirol noch in ungeteiltem 
Beſitz hatte. Indeſſen machte nicht bloß Friedrich, fondern 
auch fein Bruder Albrecht darauf Anſpruch, und beide begaben 
fih perſönlich nach Tirol, um ihren Forderungen größeres Ge⸗ 
wicht zu verichaffen. Da aber das Recht Friedrichs als des 
älteren nicht zu beftreiten war, ſo erfannten die tirolifchen 
Stände („Adel, Stäbte und Gerichte”) nach längeren Verband» 
fungen am 28. Yult ihn als Vormund Sigismunds und als 
Negenten der von deffen Vater hinterlaſſenen Gebiete an. 

Jedoch geichah dies nicht bedingungslos, wie das nach dem 
Tode des Erzherzogs Ernft bei der Übernahme der Regierung 
Inneröſterreichs durch Friedrich von Tirol der Fall geweien 
war. Die Räte des verftorbenen Herzogs, beſonders fein Kanzler 
Biſchof Georg von Briren, und die tirolijchen Adeligen waren 
zu partifulariftiich gefinnt, als daß fie die Vereinigung ihres 
Landes mit den inneröfterreichiichen Gebieten länger, als unbe- 
dingt notwendig war, zugegeben hätten, und zu fehr auf thren 
Vorteil bedacht, als Daß fie nicht gefucht Hätten, ihren Einfluß 
auch während der Zeit der Vormundichaft im ähnlicher Weife 
zu wahren, wie das die öfterreichiichen Stände im Jahre 1406 
getban hatten. Ihrer Auffafjung Hatten fich auch die Stände 
angeichlojfen, die ebenfall8 in dem jungen Sigmund weniger 
einen Fürften des Haujes Habsburg als den Erben ihres lebten 
Landesherrn erblicdten. Diefen Anſchauungen und Betrebungen 
entiprachen die Bedingungen, welche die Adeligen an Friedrich 
ftellen wollten und auch die Stände zu den ihrigen machten. 
Friedrich ſollte verfprechen, für eine gute Erziehung feines 
Mündels zu forgen, ihn während der Vormunbichaft in ber 
Luft, Die er gewohnt fei, nämlich im Innthale, wohnen zu laſſen 
und ihm nad) Verlauf von vier Jahren feine Länder mit allen 
Kleinodien und dem von feinem Water binterlafienen Schate 
unverzüglich einzuantiworten, widrigenfalls alle Beamten ihrer 


46 Neue Berträge zwifchen 


Eide und Pflichten gegen ihn ledig fein und nur dem Her⸗ 
zoge Sigmund geborchen follten. Bei allen Verfügungen, welche 
bie Berfon Sigmunds beträfen, wie bei Käufen over Veräuße- 
rungen von Befigungen follte Friedrich an den Rat und bie 
Zuftimmung der Anwälte oder Negierungsräte gebunden fein, 
die er aus den Tirolern wählen jollte ?). 

Um zu verhüten, daß etwa fein Bruder Albrecht von den 
ttroliihen Ständen als Vormund und Regent anerkannt würde, 
nahm Friedrich dieje Forderungen derjelben ohne jedes Sträuben 
an, vielleicht freilich mit dem Hintergedanfen, fih um die Ber- 
iprehungen, bie er urkundlich gemacht, wenig oder gar nicht 
zu fümmern. Wenigſtens trug er kein Bedenken, fchon bet 
jeiner Abreiſe aus Zirol den erjten Punkt verfelben zu ver- 
legen, indem er Sigmund nicht im Innthale ließ, fondern nach 
Steiermark nahm, um ihn unter jeinen eigenen Augen erziehen 
zu lajjen. Auch von den reichen Barvorräten, welche fich im 
Nachlaſſe Friedrichs des älteren vorgefunden hatten 2), ſoll er 
fi) manches angeeignet haben. 

Wurde die Forderung Albrechts VL, an der Vormund⸗ 
ihaft über Sigmund und den Vorteilen derjelben teilnehmen 
zu dürfen, zurückgewieſen, fo jegte diefer durch DVermittelung 
der tiroliihen Stände doch durh, daß ihm Friedrich am 
5. Auguft bezüglich ihrer väterlichen Erbichaft viel günftigere 
Bedingungen bewilligte, al8 ihm vor brei Jahren zugejtanden 


1) Chmel, Materialien I,2, 53. Über die voransgehenden Ber- 
bandlungen ſ. Schweygers Chronik der Stadt Hall, berausgegeben 
von Schönherr, ©. 31ff. Weitläufig handeln liber diefe Verhältnifie 
P. Iuftinian Ladurner, Über H. Sigmunds Vormundſchaft 1439 
bis 1446, im „Archiv für Geſch. Tirols” III, 23 ff. und (mit Ignorierung 
der wertoollen Arbeit Laburners) A. Jäger, Der Streit der Tiroler 
Landſchaft mit Kaifer (I) Friebri III. wegen ber Vormundſchaft über 
H. Sigmund von Öfterreih 1439—1446, im „Arch. f. öfter. Gefchichte” 
XLIX, 89ff., und deſſen „Geſch. der landſtänd. Berf. Tirols“ II, 2, 5ff. 

2) Friedrich Hinterließ außer vielen Perlen und Edelſteinen, goldenen 
und filbernen Geräten und Schmuckſachen 46 Zentner 86 Pfund unge» 
münztes Silber und 14500 Dulaten und 54500 rheiniſche Gulden bar. 
Brandis, Tirol unter Friedrich, S. 191. 


Sriedrih und H. Albredt VI. 47 


worden waren. Cr follte bezüglich feines Unterhaltes nicht 
mehr von der Gnade feines Bruders abhängig fein, ſondern 
während der nächſten drei Jahre die Einfünfte der Herrichaften 
DBleiburg, Völkermarkt, Windifchgräg, Fürſtenfeld und halb 
Judenburg erhalten. Außerdem ward bejtimmt, daß er während 
diejer Zeit im Namen ber übrigen Glieder der leopolbinifchen 
Linie auch die Regierung des größten Teiles der Vorlande 
führen und zu den Einkünften aus venjelben noch jährlich 
18000 rheiniihe Gulden von feinem Bruder erhalten Jolite. 

Doch iſt diefer Vertrag nicht zur Ausführung gefommen. 
ALS wenige Donate darauf Albrecht V. ftarb und nun Herzog 
Friedrich auch noch die Regierung von Djterreih und die Vor⸗ 
mundſchaft über defjen nachgeborenen Sohn erhielt, erhob fein 
Bruder neue Forderungen. Er verlangte nicht bloß gleiche Tei⸗ 
fung ihrer väterlichen Erbſchaft einichließlich des Geldes und 
der beweglichen Habe, fondern auch der Vormundſchaft über 
Sigmund von Tirol und der Regierung in Ofterreih. Fried⸗ 
rich wies dieſes mit Hinweilung auf den Vertrag von 1436 
zurüd und wollte bis zum Ablauf desjelben feinem Bruber 
hödhitens eine fire Summe von 8000 Pfund Pfennigen geben. 
Auch die von beiden ernannten Schiedsrichter konnten fich nicht 
einigen, famen aber am 3. März 1440 auf das Auskunfts- 
mittel, die Einkünfte von Inneröfterreich abjchägen zu lajjen, 
von welchen dann dem Herzoge Triebrich drei Fünftel, Albrecht 
zwei Fünftel zugewiefen werben follten. Unterdejjen verbitterte 
fih der Streit noch dadurch, daß die Königinwitwe Eliſabeth 
die Bormundfchaft über ihren Sohn Ladislaus und die Landes⸗ 
veriwefung in Ober- und Niederöfterreih am 10. April dem 
Herzoge Albreht allein übertrug. Erſt die Erhebung Wladi⸗ 
ſlaws von Polen auf den ungarifhen Thron und das Vorgehen 
der Böhmen wie die Weigerung der djterreichiichen Stände, 
Albrecht als NRegenten anzuerkennen, machte beiden Brüdern 
die Notwendigkeit Far, bem verderblichen Zwiſt endlich ein 
Ende zu machen. Am 23. Auguft 1440 kam daher ein Ber- 
trag zuftande, nach welchen, wie das jchon im März die 
Schiedsrichter der Herzöge in Ausficht genommen hatten, Als 


48 Das Emportommen ber Cillier. 


brecht zwei Fünftel der regelmäßigen Einkünfte von Inner⸗ 
öſterreich und zur Sicherſtellung derſelben beſtimmte Städte 
und Schlöſſer erhielt ?). 

Zufriedengeftellt war Albrecht VI. freilich auch jet noch 
nicht, ja von Ehrgeiz und Abneigung gegen feinen Bruder ges 
trieben nahm er feinen Anſtand, fih mit den Grafen von 
Cilli zu verbünden, während e8 für Öfterreich eine Frage von 
größter Wichtigkeit war, das Emporkommen biejes immer mäch- 
tiger werdenden Gefchlechtes zu hindern. Nachdem Karl IV. 
im Sabre 1372 die im Süden der Steiermarf reich begüterten 
Herren von Sanned auf Bitten der Herzoge von Ufterreich 
zu Grafen von Cilli gemacht und ihnen ihre Befitungen als 
Reichslehen verliehen hatte, erhob Kaiſer Sigmund 1436 feinen 
Schwager Friedrich von Eilli und deſſen Sohn Ulrih in den 
Neichsfürftenftand und verlieh ihnen für die Grafichaft Cilli 
und die feit 1420 infolge eines Erbvertrags damit vereinigten 
Grafichaften Ortenburg und Sternberg in Kärnten alle Rechte 
der übrigen NReichsfüriten. 

So ftanden die Eilfier mit ihren Gebieten nicht mehr unter 
ben Herzogen von Ofterreich, fondern benfelben gleichberechtigt 
gegenüber, und es war dies um fo gefährlicher, als fie jeit 
der Vermählung Sigmunds mit Friedrihs Schweiter auch im 
jünweltlichen Ungarn ausgebehnte Gebiete erworben hatten. Ver- 
gebens waren alle Bemühungen des Herzogs Friedrich, biejen 
Alt des Kaiſers rüdgängig zu machen oder troß desſelben bie 
Landeshoheit über die Gebiete der Eillier zu behaupten. Nicht 
bloß Sigmund, ſondern wie es fcheint, auch Albrecht IL. war 
aus verwandtichaftlichen Rückſichten dieſen gewogen. Wahrjcheinlich 
noh im Jahre 1439 kam es zu Yeinbfeligfeiten, wobei bie 
Zruppen der Eillier unter Führung des Böhmen Ian Witg- 


1) Die Verträge zwiſchen H. Friedrich und Albrecht VI. bei Chmel 
II,2, 56. 75—80. 82. Bgl. die Attenftüde ap. Kollar, Analecta II, 
834sqg., bei Birk in „Quellen und Forſchungen“, ©. 237ff. und dazu 
Zeißberg, Der öſterr. Erbfolgeftreit 1457—1458, im „Arch. f. öfterr. 
Gef.” LVIII, 42ff. 


Verhältnis K. Friedrichs zu denfelben und zu feinem Bruber. 49 


we mehrere Burgen eroberten und zerftörten. Erſt nachdem 
Elifabeth von Ungarn mit dem Könige Friedrich fich geeinigt 
batte, vermittelte fie auch einen Waffenftillftand zwiſchen diefem 
und den Grafen von Cilli. Als diefer im Frühjahr 1442 zu 
Ende ging und Friedrich um biefelbe Zeit aus Öfterreich zur 
Königsfrönung an den Rhein zog, fchloß Albrecht VI., der 
ichon früher den Eilliern nahe geitanden, am 13. Mai mit 
ihnen ein fürmliches Bündnis, das ausdrüdlich auch gegen feinen 
Druder gerichtet war. Im Juni machten ihre Truppen einen 
Einfall in Krain, wo fie aber weber Yaibach noch Rudolfswerth 
einzunehmen vermochten. 1). Deſſenungeachtet gewährte Friedrich 
nach feiner Rückkehr aus dem Reiche fowohl feinem Bruder als 
auch den Grafen von Cilli günftige Friedensbedingungen. Dem 
erjteren überließ er am 30. März 1443 für die nächſten zwei 
Jahre die Hälfte aller Einkünfte von ven inneröfterreichtichen 
Gebieten 2). Am 16. Auguft jchloß er auch mit den Grafen 
Friedrich und Ulrih von Cilli Frieden und ein Bündnis und 
erlannte ihre Erhebung in den Neichsfürftenitand ar. Ulrich 
wurde dann vom Könige fogar in feinen Rat aufgenommen. 
Dagegen ließen fich die Eillter zu einem Erbvertrage mit Oſter⸗ 
reich herbei, nach welchem im Talle des Ausfterbens ihres 
Mannesſtammes ihre in Deutjchland gelegenen Befigungen an 
die Habsburger, wie im umgefehrten Falle ein großer Teil 
der öfterreichifchen Gebiete in Krain und Iſtrien an fie ober 
ihre Nachkommen fallen ſollten ?). 

Auf die Nachgiebigfeit Friedrichs gegen feinen Bruder und 
bie Grafen von Cilli mögen die Pläne, welche er bezüglich 
Tirols und der Vorlande verfolgte, nicht ohne Einfluß ge 
weien jein. 

In der Zeit der vormundichaftlichen Regierung über Sig- 


1) Die Eilfier Ehronit, herausgegeben von Kronesv. Marchland, 
Rap. 14—18, ©. 81ff. Bol. Chmel, Geh. K. Friedrichs IV., I, 280ff. 
und Lihnomwsty VI, Reg. Nr. 119. 203. 262. 265f. 

2) Kurz, Ofterreich unter 8. Friedrich IV., I, 254. 

3) Chmel, Reg. Nr. 1509-1516. Vgl. 1581—1534. 

Huber, Geſchichte Öfterreichg. IL. 4 


50 K. Friedrichs Bündnis mit den Zürichern. 


mund von Tirol machte nämlich König Friedrich den Verſuch, 
mit Benutzung einer in der Eidgenoſſenſchaft ausgebrochenen 
Spaltung einen Zeil der Befigungen zurüdzuerobern, welche 
die Schweizer dem Haufe Habsburg entriffen Hatten ?). 

Wegen der vom lebten Grafen von Toggenburg bei feinem 
finderlofen Zode im Sabre 1436 Hinterlajfenen Gebiete war 
zwifchen den Zürichern ımb ven eben jo eroberungsluftigen 
Schwyzern und Glarnern ein Streit entftanden, ber einen 
immer erbitterteren Charalter annahm. Da die übrigen Eid» 
genoſſen fich ebenfall® gegen Zürich erklärten, jo ließ fich dieſes 
von feiner Leidenſchaft foweit hinreißen, daß es Hilfe bei ben 
alten Gegnern der Eidgenofien, den Habsburgern ſuchte. Im 
Sommer 1442 wurde zwiſchen der Stadt Zürich und bem 
Könige Friedrich, dem „älteften und regierenden Türften bes 
Haufes ſierreich“, ein Bündnis abgeſchloſſen, wobei auch be 
ftimmt ward, daß jene die toggenburgiichen Beſitzungen erhalten, 
dafür aber die Grafichaft Kiburg an Ofterreich abtreten folite. 
Bauend auf die Hilfe Zürichs verlangte Friedrich von ben 
Schweizern die Herausgabe des Aargaus, den fie feinem Haufe 
weggenommten hatten. Natürlich jchlugen dieſelben die Forbes 
zung des Könige ab und griffen umgelehrt die Züricher wegen 
ihres Abfall von der Eidgenoffenfchaft an. Friedrich gewann 
zwar ben fchwäbifchen Adel, bejonders den St. Georgenſchild, 
der gerne die übermütigen Bauern gezüchtigt hätte. Aber ger 
rade deswegen verweigerten bie gegen ben Abel mißtrautichen 
Reichsſtädte jede Hilfe, indem fie erflärten, daß der Krieg nicht 
das Reich, fondern nur das Haus Ofterreich angehe. Da auch 
Friedrich jelbft einer energiichen Kraftanfivengung nicht fähig 
war, fo blieben die Züricher faft ohne Unterftügung und wurben 
bart bebrängt. 


1) Bgl. hierüber wamentlich die fogen. Klingenberger Ehronit, heraus⸗ 
gegeben von Henne, ©. 226ff., die „Sammlung ber eibgenöffiidhen 
Abſchiede“ 2. Band, und die Darftellung bei DO. Henne-Am-Rhyn, 
Geſch. des Schweizervoltes I, 393—429, K. Dändliker, Geſchichte der 
Schweiz II, 101ff.,, Stälin, Wirtemb. Gef. III, 462ff., und Chmel, 
K. Friedrich IV., an verſchiedenen Orten bes 2. Bandes. 


Die Armagnalen. 61 


Da wendete ſich Friedrich im Auguft 1443 an den König. 
Karl VOL von Frankreich mit der Bitte, ihm die durch einen 
löngeren Waffenftiliftand mit England verfügbar geworbenen 
Söldner zu überlaffen, die man nach einem ihrer Anführer, 
dem Grafen von Armagnac, Armagnalen nannte. Uber nicht 
5000, wie Friedrich gewünicht hatte, ſetzten fich im Jahre 1444 
in Bewegung, jondern 50000, ein Corps unter Anführung des 
Königs felbft gegen Met und Elfaß, um, wie diefer offen er- 
Härte, Die Rechte Frankreichs auf die Gebiete bis zum Rheine 
zur Geltung zu bringen, ein zweite® von 30000 Mann unter 
dem Daupbin gegen den Sundgau, wo ein Teil des beutichen 
Adels fih ihm anſchloß, um zumächft gegen bie Schweizer zu 
ziehen. Eine eidgenöffiihe Schar von 1200 bi8 1500 Mann, 
welche fi am 26. Auguft 1444 bei St. Yalob ſüdöſtlich von 
Baſel mit dem größeren Teile dieſes Corps in einen tolllühnen 
Kampf einließ, wurde zwar fait bis auf den letzten Mann ver⸗ 
nichtet. Aber der Dauphin Hatte fo große Verluſte erlitten, 
daß er den Krieg mit den Eidgenoffen, ven er immer nur als 
Borwand betrachtet hatte, aufgab, mit biefen Frieden fchloß 
und fich nach dem Elſaß wandte, wo fich die Franzoſen die 
entjetlichiten Grauſamkeiten erlaubten. Statt nun die Reichs» 
feinde mit dem Aufgebot aller Kräfte aus Deutfchland hinaus⸗ 
zuwerfen, unterhandelte man mit ihnen, König Friedrich aus 
Schwäche, die Fürften aus Eigennuß, weil manche es nicht un- 
gern fahen, wenn die Stäbte durch die Franzofen gebemütigt 
wurden. Die Kurfürften von Trier, Köln und Sachſen fchloffen 
fogar ein Bündnis mit dem franzöfifchen Könige. Allein bie 
Bürger der Reichsftäbte im Elfaß und in Lothringen vereitelten 
durch tapferen Widerftand alle Angriffe und Anjchläge der Fran⸗ 
zojen, und endlich fielen auch bie Bauern über ihre Schinder 
ber. Nicht den Fürften und ber Neichöregierung jondern nur 
dem Volke hatte es Deutichland zu verdanken, daß es dies⸗ 
mal vor Verluften bewahrt blieb und bie Franzofen um Oftern 
1445 abzogen:!). 


1) Bgl. au Barthold, Der Armegedenkiieg, in Raumers 
4% 


52 Beendigung des Krieges mit ben Schweizer. 


Auch in den nächſten Sahren richteten die Öfterreicher gegen 
bie Schweizer nicht8 aus, obwohl im Herbit 1444 Herzog Al- 
brecht die Verwaltung der Vorlande und die Führung des 
Krieges übernahm und der Markgraf Albrecht von Branden- 
burg⸗Ansbach, die Grafen von Württemberg, der Markgraf 
von Baden und mehrere Biichöfe ihm gegen die Eidgenoffen, 
„die Verbruder des Adels und der Ehrbarkeit“, wieberbolt 
Dienjte leiſtete. Am 9. Juni 1446 kam unter Vermittlung 
bes Kurfürften Ludwig von der Pfalz eine Waffenruße und 
nach mehrjährigen Verhandlungen endlich im Juli 1450 ein 
Friede zwilchen Zürich und den Schweizern zuftande. Jene Stabt 
mußte dem Bunde mit Öfterreich entfagen und wieder in bie 
Eidgenoſſenſchaft eintreten, und infolge deſſen Hatten auch bie 
Habsburger Feine Hoffnung mehr, den verlorenen Aargau an 
fih zu bringen. Nur die Städte Rapperſchwyl, Winterthur, 
Dieffenhofen und Aheinfelden, die nach der Achtung Friedrichs 
von Tirol reichsunmittelbar geworden waren, hatte Ofterreich 
infolge dieſes Krieges wieder an fich gebracht; Kiburg ver- 
pfändete es fchon am 8. Yebruar 1452 für 17000 rheintiche 
Gulden wieder an Zürich ?). 

Daß Oſterreich den Eidgenoffen gegenüber gar feine Er- 
folge erzielte, batte feinen Grund nicht bloß in der Schwäche 
Friedrichs, ſondern auch in den Streitigfeiten, in bie er durch 
feine eigene Schuld mit ben Tirolern verwidelt worden 
war ?). | 

Nach dem Vertrage, den Friedrich 1439 mit den Tiroler 
Ständen geichlofien Hatte, wäre jeine vormundſchaftliche Regie 
rung am 25. Juli 1443 zu Ende gewelen. Aber wie das 
Streben des Königs immer dahin gegangen war, die Länder⸗ 


biftor. Taſchenbuch 1842. Janſſen, Frankreichs Rheingelüſte, ©. 6ff. 
Bernoulli, Die Schlaht bei St. Jakob (Bafel, 1877). Püdert, 
Die kurfürſtliche Neutralität, S. 223 ff. 

1) Chmel, Materialien I,2, 472f. 

2) Eingebend dargeftellt von P. Juſtinian Ladurner im „Archiv 
für Gef. Tirols“ III, 60fl. A. Jäger im „Archiv f. öfterr. Gefchichte” 
XLIX, 143 ff. und Geſch. ber Tanbfländ. Berfafjung II,2, 26ff. 


Der tirolifche Vormundſchaftsſtreit. 68 


teilungen in Oſterreich ganz zu befeitigen und die Regierung 
aller habsburgiſchen Befigungen In der Perfon des Ülteften zu 
fonzentrieren, jo wollte er auch troß feines urkundlichen Ver⸗ 
ſprechens die Regierung Tirols und ber Vorlande feinem 
Mündel Sigmund vorenthalten. Sein einflußreicher Kammer⸗ 
meiſter Johann Ungnad, ein herrſchſüchtiger Steierer, ſoll ihn 
dazu beſonders angejtachelt haben. Der junge Herzog, der in 
Graz ganz in der Gewalt des Königs und ven Einwirkungen 
ber Räte und Höflinge desfelben ausgeſetzt war, Tieß fich im 
Juli 1443 bejtimmen, wegen feiner Jugend die Regierung der 
von feinem Vater ererbten Länder noch auf weitere jech8 Jahre 
jeinem Better Friedrich zu übertragen und ihm zu erfuchen, auch 
bie Bormundichaft jo lange fortzuführen. 

Aber die Tiroler hielten dieſen Vertrag für ungültig, weil 
er ohne ihre Zuftimmung gefchloffen und dem jungen Zürften 
nur abgezwungen oder abgejchmeichelt worden war, wie man aus 
den Briefen jab, die Sigmund heimlich nach Tirol geichrieben 
und worin er jeine Vertrauten gebeten hatte, ihm zu feiner 
Freiheit und zu jeinen Landen zum verhelfen. Zum Geborfam 
gegen Friedrich fühlten fie fich um jo weniger verpflichtet, als 
nach beffen eigenem Neverje von 1439 nach dem Ablauf von 
vier Jahren alle Beamten ihrer Eide gegen ihn entbunden waren. 
Anfangs November 1443 verjammelte fi) daher der größere 
Zeil der tiroliichen Stände beſonders bie Vertreter der Städte 
und Gerichte eigenmächtig in Meran und beichlojjen, den Herzog 
Sigmund zurüdzufordern, um biefem vor allem die Freibeit 
und die Möglichfeit zu verfchaffen, nach feiner Überzeugung mit 
dem Könige eine Vereinbarung zu treffen. Wenn biefer fich 
weigerte, den Herzog ins Land zu jchiden, jo wollten fie von 
ibm feine Befehle mehr annehmen, allen Beamten, die nicht 
zu Sigmund hielten, den Gehorfam verweigern, die Einkünfte 
für ihren Herzog felbft einheben und zugleich die Landesver- 
teidigung organifieren, um einen etwaigen Angriff des Königs 
mit Gewalt abzumehren. ine proviſoriſche Regierung mit dem 
Kate von Meran als Mittelpunkt nahm die Verteidigung und 
Regierung des Landes in die Hand. Faſt alle Evelleute und 


54 K. Friedrichs Beftrebungen 


Städte, auch der Biſchof Georg von Brixen und der Landes⸗ 
hauptmann Ulrich von Matſch, welche die Hänpter der von 
Friedrich eingejegten Negentichaft geweien waren, fügten fich 
nach und nach dieſen Beſchlüſſen; letterer trat an die Spike 
der neuen tirolifchen Regierung. Nirgends wurde ber Lands 
frieden geftört; nur die Stadt Trient, deren weltliche Verwal⸗ 
tung vom Biſchof Alerander dem Könige Friedrich übertragen 
worden war, mußte durch eine längere Belagerung gezwungen 
werben, am 5. April 1444 dem Herzoge Sigmund die Hul- 
digung zu leiften. 

Am Hofe des Königs war man in großer Verlegenheit. 
Nachgeben wollte biefer um jo weniger, als Konrad von Kreig, 
einst Hofmeifter Friedrichs von Tirol, ihm verficherte, daß Die 
Etfchländer, die er hinreichend kenne, nicht lange aushalten und 
beifammen bleiben würden. Anderſeits Mang die Drohung 
Friedrichs, er werde benen von ber Etſch noch einen Strick um 
den Hals Iegen, daß fie vor ihm auf die Kniee fallen müßten, 
in feinem Munde wie die veine Selbftironie. Die Anwendung 
von Waffengewalt gegen Tirol wäre damals auch einer Fräfti- 
geren Perfönlichfeit als Friedrich nicht anzuraten gemejen, weil 
einerſeits die Gefahr von den Eidgenofjen immer mehr wuchs, 
auderſeits der franzöfifche König, der Sigmund infolge früherer 
Verhandlungen mit deſſen Vater als Bräutigam feiner Tochter 
Radegunde betrachtete, an der Spige eines zahlreichen Heeres 
die Forderungen der Tiroler unterftügte Da Unterhandlungen, 
welche zwilchen Friedrich und einer tiroliſchen Geſandtſchaft im 
Auguſt 1444 in Nürnberg ftattfanden, ohne Erfolg blieben, 
fo wollte der König die Länder Sigmunds zur Abfindung feines 
ehrgeizigen Bruders Albrecht benugen. Am 31. Auguft 1444 
übertrug er dieſem auf vier Sabre die Verwaltung ver öſter⸗ 
reichiſchen Vorlande und gleichzeitig für dieſelbe Dauer auch 
die Regierung Tirols, das er mit Güte ober Gewalt in feine 
Hände bringen follte. Doc behielt fich der König felbft bie 
Hälfte aller Einkünfte von diefem Lande und zur Sicherftellung 
berielben die Verwaltung der Städte Innsbrud und Hall, der 
Salz: und Sifberbergwerte im Innthal und neun nordtiroliſche 


und Verträge mit den H. Sigmund. 65 


Schlöffer und Amter vor. Gegen die Tiroler ſchloß Friedrich 
am 11. September jogar ein Bündnis mit dem Herzoge Lud⸗ 
wig dem Süngern von Baiern-Ingoljtadt, dem er dafür die 
Mißhandlung und Gefangenhaltung feines greifen Waters ver- 
zieh und die Würde eines Töniglichen Rates verlieh. 

Indeſſen war diefer Anlauf zu einer energiichen Politik, 
welche diesmal am wenigiten am Plage war, boch nicht von 
Dauer. Wieder wurden Unterbandlungen angelnüpft, bie frei 
lich eben fo rejultatlo8 blieben wie alle früheren. Endlich mußte 
ſich Friedrich mit dem Gedanken vertraut machen, feinem Mündel 
zwar nicht alle Befitungen feines Vaters, aber doch Tirol zu 
überlafjen. Nur wollte er die Abhängigkeit, in der fi Sig- 
mund befand, noch möglichit für ſich ausnuten und fich für 
immer eine gewilje Oberherrichaft über ihn und feine Gebiete 
fihern. Im Tebruar 1445 mußte Sigmund ihm mehrere 
Herrſchaften in Oſterreich abtreten, die feinem Vater 1439 
vom Könige Albrecht verpfändet worden waren, und außervem 
veriprechen, wenn er einft Tirol erhielte, dem Könige Friedrich, 
ber mit ihm „ungeteilter Erbe” dieſes Landes fei, auf Ver⸗ 
langen immer beizuftehen, in allen Dingen zu geborchen, ohne 
deſſen Zuftimmung feine wichtigere Angelegenheit zu entjcheiden 
und endlich die Überlaffjung der Vorlande an den Herzog Al 
brecht zu genehmigen. 

Es dauerte übrigens noch lange, bis Sigmund wirklich in 
den Beſitz von Tirol kam, und nur dem energiichen Auftreten 
der Stände, unter denen um bieje Zeit zuerit auch bie Prä⸗ 
Inten genannt werden, hatte er es zu verdanken, daß Friedrich 
endlich nachgab. Nach den Verträgen, welche unter Vermitte- 
Yung der Markgrafen Jakob von Baden und Albrecht von 
Brandenburg und des Herzogs Heinrih von Baiern-Lanbshut 
Ende März und Anfangs April 1446 in Wien geichloffen 
wurden, follten während der nächſten ſechs Sabre die Länder 
der leopoldiniſchen Linie ungeteilt bleiben, aber doch eine ge 
ſonderte Verwaltung verjelben ftattfinden und zwar follte Fried⸗ 
rich Inneröfterreih, Sigmund Tirol und die Gebiete vom Arl- 
berg und dem ern bis zum Boden» und Wallenftädter See, Als 


56 Die Folgen der Einigungstendenzen K. Friedrichs 


brecht den Heft der Borlande erhalten. Doc mußte fie 
Sigmund noch zu bedeutenden Zahlungen an feine Bettern ver 
pflichten, an Friedrich (30090 Dulaten und dazu jährlich 2000 
Mark Silber), weil er als der Altefte des Haufes und als 
römiſcher König größerer Mittel bebürfe, an Albrecht (während 
der nächften ſechs Jahre jährlich 20000 rheiniiche Gulden) wegen 
des geringeren Erträgnifjes feines Anteils und bes Krieges mit 
ben Eidgenoffen. 

Anfangs März 1450 trat Albrecht wahrſcheinlich wegen 
ber Zerrüttung feiner Finanzen und der Schwierigkeit, bie ges 
fährbeten Befitungen in der Schweiz zu behaupten, an Sig 
mund gegen eine jährliche Geldſumme auf acht Sabre auch noch 
den Thurgau, Freiburg im Ochtland und die Gebiete im öfte 
lichen Schwaben ab, ſodaß er nur noch das Elſaß, den Breis⸗ 
gan, die Grafſchaft Hohenberg in Schwaben und einige kleinere 
Befitungen behielt 1). Albrecht, ver ebenfo wie feine Gemahlin 
Mechtild von der Pfalz einen regen Sinn für Wiffenichaft 
befaß, gründete dann 1457 die Univerfität Freiburg im Breis⸗ 
gan, durch die er feinem Namen ein umvergängliches Denkmal 
geihaffen hat. 

So waren bie Verſuche König Friedrichs, die Einheit we⸗ 
nigftens unter den Ländern ber leopoldiniſchen Tinte herzuſtellen 
und fich die oberfte Negierungsgewalt in benfelben zu fichern, 
vollftändig gefcheitert, die Zeriplitterung war größer als je. 
Das Ziel, das er erftrebte, war gewiß ein lobenswertes, ba 
infolge ber teten Teilungen unter den Habsburgern ihre Macht 
und ihr Einfluß nach außen ſehr geſunken, der Zuſammenhang 
der Länder gelodert, das Streben der Stände, fich gegen jeden 
Einfluß vonjeiten fremder Räte abzufchließen, immer größer 
geworden war. Über auch die beiten Tendenzen können zum 
Verderben ausichlagen, wenn der Boden, in den fie gepflanzt 


1) Mehrere Verträge zwifchen beiden bei Chmel, Materialien 1,2, 
307 fi. Im Herbſte 1455 fcheint Sigmund dem Herzoge Albrecht einige 
ber 1450 abgetretenen ſchwäbiſchen Gebiete wieder zurüdgegeben zu haben. 
Zeißberg im „Archiv f. öſterr. Gef.“ LVIII, 61f. 


für defien Stellung zu feinem Bruber und Better. 57 


werben follen, nicht genügend für ihre Aufnahme vorbereitet tft. 
Damals war das Bewußtjein von der Notwendigfeit der Kon⸗ 
zentrierung aller ftaatlichen Kräfte leiver faft überall verſchwun⸗ 
den, nicht bloß in Öfterreich, fondern in ganz Deutfchland war 
bie Landesteilung ein anerkannter Grundſatz des öffentlichen 
Nechts, galt es al8 umbeftreitbar, daß jedes Glied eines Fürften- 
Baufes Anipruch auf ein gefonvertes Gebiet Babe. Nicht auf 
einmal, durch Gewalt oder Verlegung eingegangener Verträge, 
fondern nur auf natürlichem Wege, durch das Abfterben ber 
Nebenlinien, ließ fich die Einheit ver fürtlichen Gebiete wieder⸗ 
Beritellen. So Hat denn auch König Friedrich fein Ziel nicht 
erreicht. Die Folge feiner Beitrebungen war nicht die Ver⸗ 
einigung ber öſterreichiſchen Länder, ſondern die Verfeindung 
mit feinem Bruder und feinem Vetter, die ihm noch bittere 
Früchte tragen follte. 


Viertes Kapitel. 


Friedrichs III. Stellung zu Kirche und Reich während 
der erſten Periode feiner Regierung. 


Die ununterbrochenen Streitigleiten, in welche Friedrich teil 
mit feinem Bruder, teil mit den Ländern feiner Vettern, die 
unter feiner Bormundichaft ftanden, verwidelt war, hätten not⸗ 
wendig auch auf feine Thätigfeit als Reichsoberhaupt lähmend 
einwirken müfjen, felbjt wenn er fonjt ver Mann geweſen wäre, 
mit Einficht und Kraft die Zügel der Regierung zu führen. 

Für Deutichland war damals die wichtigfte Frage, welche 
Stellung der neue König in dem Streite zwiſchen Papft Eugen IV. 
und dem Konzil von Bajel einnehmen würde !). 


1) Für das Folgende f. außer Chmel, Geſchichte K. Friedrichs IV. 


58 Die kirchliche Neutralität Deutſchlands. 


Die deutichen Kurfürften hatten vor der Wahl Albrechts IL. 
am 17. März 1488 beichloffen, zwiichen dem Papfte und dem 
Bafeler Konzil neutral zu bleiben und von feinem ber beiben 
Zeile Befehle oder richterliche Enticheidungen anzunehmen. 
Diejen Beſchluß Hatte dann auch der König Albrecht genehmigt. 
Da die Vermittlung Deutfchlands von beiben Parteien umd 
zwar noch entjchievener vom Komzil als vom Papfte abgelehnt 
wurbe, alfo eine Einigung in weiter Ferne ftand, jo wollte 
man fich wenigjtens die Ergebniffe der bisherigen Thätigleit 
des Konzils auf dem Gebiete der kirchlichen Reform fichern. 
Nach dem Vorgange Frankreichs nahm ein beuticher Reichs⸗ 
tag in Anweſenheit der Biſchöfe von Paſſau und Augsburg 
als DBertreter des Königs am 26. März; 1439 bie Dekrete 
des Konzil namentlich über die-vegelmäßige Wiederlehr der 
Konzilien, der Provinzial- und Diöceſanſynoden, über die freien 
kanoniſchen Wahlen zu den kirchlichen Amtern und die Bor 
bildung der Gewählten, über die Abſchaffung der Annaten und 
anberer Sporteln, die Beichränkung der Appellationen an den 
Papft auf gewilfe Fälle u. f. w. mit einigen Modifikationen 
an und verichaffte dadurch der veutichen Kirche eine geficherte 
und felbftändigere Stellung, Abhilfe gegen viele Mißbräuche 
und Schub gegen die bisherige Ausbeutung durch die italienijchen 
Geiftlichen und päpftlichen Günftlinge. Es kam nun aber da, 
zauf an, biefe Errungenichaften feftzuhalten und ihmen auch die 
Anerkennung des Papſtes zu verſchaffen. 

Dazu hätte freilich vor allem ganz Deutichland einig fein 
müſſen. Aber die meijten Fürften und Neichsftäbte hatten von 
Anfang an fich der Neutralitätserllärung der Kurfürften nicht 
angeichloffen und wendeten fi) an den Papſt oder noch öfter 
an das Konzil, um Kirchliche Amter oder Privilegien ober eine 
gerichtliche Entſcheidung zu ihren Gunften zu erhalten. Selbft 


(an verfchiebenen Orten des 2. Banbes), beſonders G. Boigt, Enea 
Silvio de’ Piccolomini als Papſt Pius IL, 1. DB. und W. Püdert, 
Die kurfürfilide Neutralität während des Basler Konzils. 1438—1448. 
Paſtor, Geſchichte der Päpfte I, 251ff., hat biefe wichtige Frage fehr 
kurz abgethan. 


Die Haltung 8. Friedrichh. 50 


die Kurfürſten traten nicht konſequent, wenigſtens nicht ent⸗ 
ſchieden genug, für die Neutralität ein. Auch die Univerſität 
Wien, welche damals ebeno ſehr durch die Zahl der Stubenten 
wie durch bie wilfenichaftliche Bedeutung mancher Profeſſoren 
bervorragte und Maͤnner wie ben Theologen und Gejchicht- 
fchreiber Thomas Ebendorffer non Haſelbach und den berühmten 
Atronomen und Mathematiker Johann von Gmunden unter 
ihren Lehrern hatte, blieb mit dem DBafeler Konzil und dem 
von ibm erhobenen Gegenpapft in Verbindung. Die theo⸗ 
logiſche Fakultät ſprach fih in einem, Ende 1439 auf Ver 
langen des Erzbiichofs von Salzburg abgegebenen, Gutachten 
ausbrüdlich gegen die Neutralität und zugunften des Konzils 
und für bie Gewalt vesjelben, ven Papft abzujegen, aus). 
Der Erzbiſchof hat dann dasſelbe zur Richtſchnur feiner Haltung 
genommen und mit feinem Klerus Felix V. als Papit am 
erkannt. Auch Albrecht VI. von Öfterreich Hat dieſem Bapfte 
gehuldigt. 

Eine ganz andere Stellung nahm fein Bruder König Frie- 
brich ein. Die Anerkennung der beutichen Neutralität, welche 
bie Kurfürften nach jeiner Wahl von ihm verlangten, lehnte 
er ab, doch nicht etwa weil er Neigung hatte, fich zugunften 
des Bajeler Konzils und des von ihm erhobenen Oberhauptes 
der Kirche zu erflären. Davor bat er fich forgfältig gehütet, 
obwohl er Eugen ebenfo wenig als Bapft anerkannt hat. Sein 
Streben ging längere Zeit dahin, beide Parteien zur Berufung 
eines dritten Konzils zu bewegen, und er bat für dieſes Pro» 
jet endlich auch die Kurfürften geivonnen. Aber Papft und 
Konzil wollten gleich wenig Davon wiffen; Eugen IV. wies es 
fogar in fchroffer Weile zurüd. Im Deutichland zeigte fich 
baber wieder große Neigung, fich einfach dem Bajeler Konzil 
und deſſen Papſte anzufchließen. Mit Mühe verhinderte der 
König diefen Schritt und fegte die Fortdauer der Neutralität 


1) Kint I, 163f. Aſchbach, Gefch. der Wiener Univerfität im erften 
Jahrhundert ihres Beſtehens, S. 274f., und über Johann von Gmunden 
©. 455 ff., Über Ebendorffer ©. 493 fi. 


69 Aeneas Sylvins. 


durch. Da aber an die Gründung einer von Rom ungab⸗ 
bängigen Nattonallirche niemand dachte, jo Tonnte bie New 
tralität doch nur Mittel zur Wiederberftellung ver kirchlichen 
Einheit aber nicht Selbitzwed fein, man mußte ſich enblich ent» 
fcheiven. Auch für die Losjagung von Eugen IV. konnte kein 
vernünftiger Politiker fich ausfprechen, ba das Konzil, jeit es 
nicht mehr die Reform der Kirche fondern den Kampf gegen 
den Papft als feine Hauptaufgabe anſah, in den meiften Län 
dern jedes Anfehen verloren hatte. So ſchien jchließlich Doch 
die Anerkemung Eugens IV. der einzige Ausweg aus dem 
firchlichen Labyrinth zu fein und immer mehr neigte fich König 
Friedrich Diefem Schritte zu. Man darf es ihm auch nicht zn 
ſehr übelnehmen, daß er feinen Übertritt zum römiichen Papfte 
möglichit teuer verkaufen wollte. Auch die andern Fürſten 
ließen fich nicht von religiöſen Überzeugungen ſondern von Rück⸗ 
fichten auf ihren Vorteil leiten, wie denn überhaupt ver nad. 
tefte Egoismus in jener Zeit bei Hohen und Niedern, Geifi- 
lichen und Laien die eigentliche Triebfeder ihres Handelns bil- 
dete. Aber bedauerlich ift es, daß Friedrich nicht das Interefje 
Dentichlands, fondern nur das feiner Perſon und jeined Haufes 
im Auge behielt, daß er nur fich die Vorteile fichern wollte, 
die ihm Eugen IV. für feinen Übertritt im reichſten Maße zu 
bewilligen geneigt war. 

Sobald der Papft erfannte, daß der König in feiner bis- 
berigen Haltung ſchwankend geworben fei, ſchickte er im April 
1445 den Auditor der Rota, Carvajal, einen tüchtigen Suriften 
und malellojen Charakter, angeblich zur Herftellung des Frie⸗ 
dens nach Ungarn, in ber That aber an ben Hof des römijchen 
Königs, um diefen auf feine Seite herüberzuziehen. Den päpft- 
lichen Legaten unterſtützten Friedrichs Kanzler Kaſpar Schlid, 
den Eugen dadurch gewonnen hatte, daß er dem Bruder des⸗ 
felben Ende 1443 das erlevigte Bistum Freifing verlieh, und 
Aeneas Sylvius Piccolomint, Sprößling einer vornehmen aber 
perarmten fienefiichen Yamilie, der, nachdem er mit Eifer hu⸗ 
maniſtiſche Studien getrieben, als Schreiber eines dem Papfte 
feindlichen Kardinals nach Baſel ‚gelommen, dort Selretär des 


Gewinnung K. Friebrihs durch P. Eugen IV. 6 


Gegenpapites Felix, endlich Sekretär in ber Neichölanzlei ge 
worben war und babet immer nur nach Verbeſſerung feiner 
materiellen Lage, nach Erhafchung einträglicher kirchlicher Pfründen 
geitrebt Batte, ohne in den Priefterftand einzutreten. Dem 
Rampfe zwiihen dem Papfte und dem Konzil war der ge 
bildete Humaniſt innerlich gleichgültig gegenübergeftanden. „Wir 
Saben alle ven Glauben“, fchreibt er Ende Dezember 1443 
dem Reichskanzler Schlid, „den unjere Fürften haben; wenn 
fie ©ötenbilder anbeteten, würden auch wir fie anbeten und 
nicht nur den Papſt jondern auch Chriſtum verleugnen, wenn 
die weltliche Gewalt dazu drängte" 2). Da er eine religidfe 
Überzeugung bisher nicht gehabt hatte, fo brauchte er auch 
keine aufzugeben, als er e8 in jeinem Intereſſe fand, endlich 
für Eugen IV. einzutreten. Nach langwierigen Unterbandlungen 
einigte fich Carvajal mit dem Könige über die Bedingungen, 
umter welchen dieſer Eugen IV. als Papſt anerlennen wollte. 
So hochgeſpannt die Forderungen auch waren, ver Papft hielt 
es für gut, biejelben Anfangs Februar 1446 zu genehmigen. 
Er geftattete dem Könige, zur. Vergrößerung jeines Anſehens 
und zur Belohnung treuer Diener in feinen Erblanden an 
Kathedral⸗ und Kollegiatlirchen hundert Benefizien zu vergeben, 
verlieh ihm weiter für feine Lebenszeit das Necht, bei Erledigung 
ber Bistümer Trient, Briren, Chur, Gurk, Zrieft und Piben 
ober Pedena in Iitrien dem päpftlichen Stuble geeignete Per⸗ 
fönlichkeiten für diefelben zu bezeichnen, was für feine Stellung 
zu Tirol und dem Oſten ber Schweiz wie Venedig gegenüber 
bon Bedeutung war, und gab enplich ihm und feinen Nache 
folgern die Befugnis, dem Papfte zur Bifitation der Klöfter 
in ihren Erblanden tauglide Männer vorzufchlagen, wodurch 
auch die landesherrliche Gewalt ver dfterreichiichen Fürſten be= 
beutenb verftärkt ward. Weiter verſprach der Papft, dem 
Könige die Kaiſerkrone, und zwar, wenn dieſer nicht nach Rom 
fommen lönnte, in Bologna, Padua oder Treviſo zu verleihen 
und ibm zur Beſtreitung der Koften die Erhebung eines 


1) Aeneas Sylvius, Epist,, ed. Basil,, no. 54. 


62 Obebienzerffärung der deutſchen Fürſten. 


Zehnten von allen Pfründen an ven Mietropolitan- und Kathe- 
dralkirchen und den Klöftern Deutichlands zu geftatten und 
felbft 100000 rheiniſche Goldgulden beizuftenern, bie jebodh 
erft zwei Jahre nach Friedrichs Erklärung zugunften des 
Papſtes und nach der Herftellung des Gehorſams ber deutſchen 
Kirche ausgezahlt werden follten ). Später ſoll diefe Summe 
fogar auf 221 000 Dulaten erhöht worden fein, von denen 
ein Zeil durch Eugens Nachfolger gezahlt werben follte 2). 
Friedrich wagte freilich nicht offen für Eugen aufzutreten, 
ebe e8 gelungen wäre, auch die deutſchen Fürften und Prälaten 
auf deſſen Seite herüberzuziehen. Der Papft glaubte biefes 
Biel durch Strenge erreichen zu können und entſetzte die Erz 
bifchöfe von Köln und Trier, die in letter Zeit am entfchiedenften 
gegen feine Anerfenmmg aufgetreten waren, als Ketzer ımb 
Schismatiker ihrer Würden. So leicht ging die Sache nun 
freilich nicht. Die abgefetten Erzbiichöfe fanden Unterftügung 
bei den übrigen Kurfürjten, indem tim Kurverein zu Frankfurt 
am 21. März 1446 alle Diitgliever dieſes Kollegiums fich zu 
gegenfeitigem Beiftande verpflichteten und zugleich eine Reihe 
von Forderungen, namentlih Genehmigung der wichtigiten 
Dekrete des Bafeler Konzils, als Bedingung der Anerkennung 
Eugens aufftellten. Dean mußte daher Doch wieder den Weg 
ber Unterbanblungen einjchlagen, wobei ſich Aeneas Sylvius 
als Bertreter des Königs und Albrecht von Brandenburg, der 
Bruder des Kurfürften, um die Sache des Papftes befondere 
Verdienſte erwarben. Durch Halbe Zugeftändniffe, deren Wer 
deutung durch Einichaltung irgendeines Worbebaltes wieber 
aufgehoben wurde, gelang ed, den Kurverein zu fprengen unb 
durch Konzeifionen an die einzelnen Fürften einen nach dem 
andern von der Oppofition gegen Eugen abzuziehen. Schon 
am 7. Februar 1447 Yeifteten mit Aeneas Sylvius als Ge» 
fandten des Königs auch die Bevollmächtigten mehrerer deutfcher 


1) Sämtlihe Bullen bei Chmel, Materialien 1,2, 188 ff. 


2) Nah Schreiben Gregor Heimburgs bei G. Voigt I, 446. Bgl. 
aber Püdert, S. 49, N. 2. 


Folgen des Scheiterns ber Ticchlihen Reformbewegung. 68 


Fürften dem Papfte Gehorſam. Als dann Eugen IV. am 
23. Februar ftarb und an deſſen Stelle der genchtete Karbinal 
Parentucelli, ein Freund der Fünfte und Wilfenfchaften, als 
Nikolaus V. auf ven Stuhl Petri erhoben wurde, traten bald 
auch die letzten beutichen Kürften zu ihm über. Aeneas Shl- 
vius erhielt zum Lohne für feine Berbienfte das Bistum Trieft, 
nachdem er fich endlich zum Eintritt in dem geiftlichen Stanb 
entichlofien hatte. Am 17. Februar fchloß dann König Trio 
drich als Vertreter Deutichlands mit dem päpftlichen Legaten 
Kardinal Carvajal das Wiener Konlordat, durch welches bie 
Reformdekrete des Bafeler Konzils, auch jene, welche der beutiche 
Reichstag ſchon im Jahre 1439 angenommen hatte, preis 
gegeben und die Nechte, welche die Päpſte in Beziehung auf 
bie Beiegung der kirchlichen Amter, vie Erhebung ver Ans 
naten u. ſ. w. geübt hatten, größtenteil8 wieder anerkannt wurden. 
Das Konzil mußte im Juli 1448 nach Laufanne überfiedeln, 
ba Friedrich den Bürgern mit der Neichdacht drohte, und Töfte 
fich im April 1449 auf, nachdem es auch feinerjeits Nikolaus V. 
zum Papite gewählt hatte. 

Sp war infolge der Haltung Friedrichs das Kirchliche 
Schisma befeitigt, aber leider damit auch die Reformen, welche 
die letzten Konzilien angeftrebt, teilweile auch fchon beichloffen 
Batten. Da nun auch die Päpfte von fich aus nichts thaten, 
um durch Einführung von Verbeſſerungen und durch freiwillige 
Beſeitigung einiger der verbaßteften Anſprüche Die Unzufrieden⸗ 
beit der Völker zu mildern, im Gegenteile nicht einmal bie 
Schranken achteten, die fie ſelbſt aufrichten geholfen hatten, und 
fi) über die Beitimmungen der Konkordate hinwegſetzten, fo 
ariff befonders in Deutfchland, das von der Kurie am meiften 
ausgebeutet wurde, immer mehr die Anficht um fich, daß auf 
dem Wege gütlicher Bemühungen eine Befeitigung des ‘Drudes 
und der Mißbräuche nicht mehr zu erreichen ſei. Werben aber 
von einer fo peffimiitiichen Stimmung einmal auch tiefere 
Schichten ergriffen, fo iſt immer Gefahr, daß biejelbe fich 
ſchließlich gewaltſam Bahn breche und eine Revolution ber- 
porrufe. 


64 8. Friedrichs dynaſtiſche Politik. 


In politifcher Beziehung hat Friedrich als deuticher ‚König 
fo gut wie gar nichts gethan. Es war fchon bezeichnend, daß 
er nach feiner Wahl mehr als zwei Jahre verjtreichen Tieß, 
bis er fich entichloß, fih zum Könige frönen zu laſſen. Vom 
Sabre 1444 an it er dann fiebenundzwanzig Sabre, bis 1471, 
gar nie mehr aus Ofterreich ins Reich gelommen. Die po= 
Yitifche Neformbewegung, die unter Sigmund begonnen batte 
und befonders befjere Einrichtungen zur Sicherung des Lands 
friedens zum Zwede hatte, fchlief unter ihm ganz ein, obwohl 
es an Projeften und patriotiichen ‚Rebensarten auch in biejer 
Zeit nicht fehlte. Friedrich war eine zu phlegmatiiche Natur 
und zu ſehr Feind aller Neuerungen, als daß er tiefgreifende 
Reformen angeftrebt und diefe gar gegen den etiwaigen Wider⸗ 
ftand jener, deren Intereffen badurch gefährdet worden wären, 
durchzuführen gefucht hätte. Er ſah den Vorgängen in Deutſch⸗ 
land, den zahlreichen hHeftigen Kämpfen zwiſchen den Fürſten 
und den NReichsftäbten wie ziwiichen den verjchievenen Fürjten- 
häuſern nicht gleichgültig, aber unthätig zu und beſchränkte fich 
auf die Abjenbung von Gejandten und Dekreten, um bie jeber 
fih nur ſoweit fümmerte, als es fein Intereſſe erforberte. 

Auch Friedrich verfolgte eine ausjchlieglich dynaſtiſche Politik, 
welche nur die Vergrößerung der Macht und der Befitungen 
des Haufes Habsburg zum Ziele hatte. Aus diefem Grunde 
bat er auch den unter Rudolf IV. gefälichten öfterreichtichen 
Hausprivilegien ftaatsrechtliche Gültigkeit verjchafft, über deren 
Urfprung man damals wohl nicht mehr unterrichtet geweſen 
ift. Nachdem biefelben längere Zeit verichollen gewejen waren, 
famen fie am Anfang des 15. Jahrhunderts wieder zum Vor⸗ 
ſchein. Ohne Zweifel auf Grund berfelben nahm Ernſt von 
der Steiermarf 1414 den Titel Erzherzog wieder an; gleich 
zeitig ließ Albrecht V. eine Abfchrift davon anfertigen. Am 
6. Sanuar 1453 betätigte fie Friedrich III. als Kaifer, nach 
dem er vorher die Zuſtimmung der Kurfürften eingeholt hatte, 
indem er zugleich jenen Gliedern feines Haufes, die Steiermarl, 
Kärnten und Krain innehätten, ven Titel Erzherzog verlieh. 
Wegen des gejpannten Verhältniſſes, in dem er zu jeinen 


Die Haltung der Länder bes Labislaus Poſtumus. 65 


Vettern Sigmund von Tirol und dem Könige Ladislaus ftand, 
Batte er dieſen den Erzherzogstitel vorenthalten. Von dieſer 
Zeit an haben dieſe urjprünglich gefäljchten Privilegien un⸗ 
beftreitbare Gültigkeit, bilden fie einen Teil des beutichen 
Staatsrechtes. Die öfterreichtichen Länder wurden baburch von 
der NReichsgewalt und von den Pflichten gegen Deutfchlanv faft 
ganz befreit und zu einem felbitändigen Staate im Staate ger 
macht. Indeſſen ift Dies thatſächlich nicht von jo großer Bes 
Deutung geweſen, weil bon dieſer Zeit an der Herzog von 
Öfterreich zugleich immer * die deutſche Kaiſerwürde befleibet 
Bat, ſodaß die Hilfsmittel der habsburgiſchen Befigungen doch 
dem Reichsoberhaupte zugute gekommen find. 


Fünftes Kapitel. 


Friedrichs 11T. Streitigkeiten wegen der Vormundſchaft 
über Ladislaus Poftumus. 


Kaum nabten fich die Streitigfeiten Friedrichs III. mit den 
Tirolern wegen der Vormundſchaft über den Herzog Sigmund 
ifrem Ende, da wurde er in ernite Zwiftigfeiten mit ben 
Ständen jener Länder verwidelt, auf welche fein Mündel 
Ladislaus Poſtumus Anfprüche Hatte. Bon Anfang an hatten 
ja nur die Öfterreicher die Nechte des nachgebornen Sohnes 
Albrechts II. und die Vormundichaft Friedrichs ohne Zögern, 
wenn anch nicht ohne Beringungen, anerlannt, während bie 
Mehrzahl der Ungarn ben Polen Wladiſlaw auf ihren Thron 
berief und auch die Böhmen anfangs das Necht ber freien 
Königswahl beanfpruchten und ſpäter Ladislaus nur dann als 
König anerkennen wollten, wenn er in ihr Land gebracht würde. 

Huber, Geſchichte Öfterreichs. IIL. 5 


66 Bebingungsweife Anerlennung des Labißlaus in Ungarı. 


In Ungarn führte endlich die Kataftrophe bei Varna eine 
Wendung der Dinge herbei. Lange wollte man zwar an ben 
Zod des Königs Wladiſlaw nicht glauben. Die bunteften Ge⸗ 
rüchte über feine Rettung waren im Umlauf und wurbens 
namentlich vom Palatin Lorenz Hederväry, der wohl auf bieje 
Weife feine Stellung an ber Spike ber Lanbesregierung ver» 
längern, vielleicht auch geheimen Plänen in Beziehung auf bie 
Neubejeßung des Thrones Zeit zur Entwidelung verjchaffen 
wollte, genährt und durch gefälichte Briefe unterftügt. ALS 
endlich die befonnenen Leute fich über die Wahrheit doch nicht 
mehr täufchen konnten, beriefen die Prälaten und Barone, 
welche die Regierung führten, einen Reichstag nach Belt, ver in 
ven letzten Zagen des April 1445 zuſammentrat. Hedervaͤrh 
verfucchte auch jet noch jeine alten Künfte und behauptete, daß 
Wladiſlaw wohlbehalten in Polen fei. Aber auf die Dauer 
verfingen feine Intriguen doch nicht mehr. Dem Wunfche des 
Adels entiprechend ftellte nach mehrtägigen Beratungen Niklas 
Ujlaky den Antrag auf Wiederbefekung des Thrones und Ans» 
erfennung des Sohnes Albrecht8 II. Der Reichstag ftimmte 
am 7. Mai diefem Antrage bei und beichloß, wenn Wladiſlaw 
nicht bis zum 30. Dat zurüdfüme oder die nach Polen zu 
ſchickenden Gefandten nicht fichere Nachricht von feinem Leben 
brächten, Ladislaus al8 Herrn anzunehmen; jedoch nur unter 
der Bebingung, daß biefer mit der Neichsfrone ihnen vom 
römifchen Könige ausgeliefert würde. Vorläufig wurden einige 
Maßregeln zur Sicherung des Landfriedens beichloffen und zu 
biefem Zwede für bie verichtedenen Yandesteile fieben Haupt⸗ 
leute ernannt, unter denen ſich neben Johann Hunyady und 
Niklas Ujlaty auch Johann Giskra befand 1). 


1) Teleki I, 456fl. Szalay III, 85ff. uub Tehler- Klein 
II, 495 ff., die aber ohne Anhaltspunkt in den Quellen au bier Huny« 
aby als leitende Perfönlichkeit anfehen, und aus einem fpäteren Schreiben 
bes Aeneas Sylvius (Ep. ed. Basil. no. 78) an ben Erzbiſchof von 
Gran, worin in alabemifcher Weife auch bie gegen bie Erhebung eines 
einbeimifchen Magnaten ober die Einführung einer Republik fprechenben 
Gründe erörtert werben, wohl mit Unrecht ſchließen, daß dies wirklich von 


Unterhandlungen mit 8. Friedrich. 67 


Die Abjenbung der Geſandtſchaft an ben König Friedrich 
fonnte endlich nicht mehr Länger binansgefchoben werben, weil 
biefer, gereizt durch räuberiſche Angriffe der Bewohner von 
Ging auf feine benachbarten Befigungen, um die Mitte des 
Juli mit einem Heere diefe Stadt angriff, fie mit mehreren 
benachbarten Burgen einnahm und achtzig von ben Räubern 
hinrichten ließ. Am 17. Auguft ?) 1445 Tamen der Karbinal 
erzbifchof Dionhs von Gran und der Ban Nikolaus Sara und 
andere Große mit einem außerordentlich zahlreichen Gefolge, 
am 30. September auf befondere Einladung auch Niklas 
Ujlaky mit 400 Pferden zu Friedrich nach Wien. Dieſer ftolge 
Magnat jtieg nicht eimmal vom Pferde, als ihm ber vömijche 
König bis zum Stadbtthor entgegenfam. Auch Giskra hatte 
fih eingefunden, wurde aber von ben ungarischen Magnaten 
mit Mißtrauen behandelt und fpäter von ihren Beratungen 
ausgeſchloſſen. 

Friedrich weigerte ſich anfangs unbedingt, auf die Forde⸗ 
zungen der Ungarn einzugeben. Er erklärte die Wahl bes 
Ladislaus für überfläffig, da diefer Ungarn von Vater und 
Mutter geerbt habe, ebenfo auch die Krönung, da dieſe fchon vor⸗ 
genommen worben fei. Nur dann wollte er endlich eine noch- 
malige Krönung ohne Salbung geftatten, wenn bie Ungarn 
eine ausprüdliche Erklärung abgäben, daß dadurch die aus ber 
eriten Krönung entipringenden Rechte nicht beeinträchtigt würden, 


manchen angefirebt worben fel. Hierfür wie flir bie folgenden Verhand⸗ 
lungen mit 8. Friedrich find außer den ſchon von Teleli, Szalay und 
Fehler- Klein benugten Duellen, befonber8 Aen. Sylv., Ep. no. 81, 
auch defien von G. Boigt im „Ardiv für öſterr. Geſch.“ XVI, 362 ff. 
veröffentlichten Briefe (no. 138. 141. 142. 146. 149. 150. 153—155) zur 
vergleihen. ©. au Knauz, Az orszagos tanäcs és orszäggyültsek 
törtenete (Gefchichte des Reichſsrates und ber Neichstage) 1445—1452, 
p. 18sgqg. 

1) Nah Schreiben der ebenfalls anweſenden Presburger Abgefanbten 
vom 20. Auguft bei Knauz 1. c. 32, ber mit Unrecht das Datum än⸗ 
dern wil. Am 18. Auguft bat auch ein Frankfurter die ungarifchen 
Geſandten mit 300 Pferden in Wien getroffen. Janſſen, Reichscorre⸗ 
fpondenz I, 87. 

5* 


68 Abbruch der Unterhanblungen. 


und wenn ibm genügende Garantieen geboten würden, Daß 
Ladislaus mit der Krone wieder in feine Hände geliefert werben 
würde. In der That war es Friedrichs Pflicht, die Rechte 
feines Mündels nicht dadurch zu gefährben, daß er in Ungarn 
die Wahl und nicht das Erbrecht als das Entſcheidende anſah. 
Auch deswegen wird man ibm feinen Vorwurf machen bürfen, 
daß er bie Erziehung besjelben felbft in den Händen behalten 
wollte. Denn nicht bloß war er als nächiter Verwandter und 
als der ältefte Habsburger der geſetzliche Vormund und als 
folcher vom Vater wie von ber Mutter des Prinzen ausdrück⸗ 
Yich anerkannt. Sondern es ſprachen dafür auch fachliche Gründe. 
Wie die Ungarn fo forderten auch die Böhmen, daß Labislaus 
in ihr Land gebracht und in ihrem Sinne erzogen werde. Die 
Erfüllung der Wünfche der einen hätte bie andern beleidigt, 
eine einjeitige Erziehung im Sinne der Ungarn würde ihn feinen 
andern Ländern entfrembet haben. Doch war Triedrich bereit, 
ben Knaben auf ungariichem Gebiete, in Presburg, zu lafien, 
wenn ihm die dortige Burg überliefert würbe. ‘Die Unter 
banblungen zerichlugen fich endlich beſonders deswegen, weil bie 
Ungarn dem römijchen Könige für die Rückgabe Des jungen 
Prinzen feine anderen Sarantieen geben wollten als Eide und 
beftegelte Urkunden, Friedrich aber fich damit nicht begnügte 1). 
Da man da8 gegenfeitige tief gewurzelte Mißtrauen nicht zu 
überwinden vermochte, fo reiften die ungariichen Gejandten im 
Oktober unverrichteter Sachen ab. 

Es drängte fi nun den Ungarn die Frage auf, ob fie an 
dem Beichluffe vom 7. Mai fefthalten und für den unmünbigen 
Ladislaus eine Negentichaft einfegen, oder ob fie einen andern 
König wählen follten. In jevem Falle fonnten die hervor⸗ 
ragendften Magnaten verfuchen, ihren Ehrgeiz zu befriedigen. 
Der Woywode von Siebenbürgen, Niklas Ujlaky, der fchon bet 
der Abreife aus Wien offen auögefprochen, er wiſſe micht, ob 


1) Balady IV,1, 142, nad einem Schreiben bes Kanzlers Schlid 
vom 8. Oftober. Die namens bed Königs Friebri den ungarifchen Ge⸗ 
fanbten gegebenen Antworten in autbentifcher Form bei Teleki X, 173 
Bis 179, 


Wahl Hunyabys zum Reichsverweſer. 69 


er Labislaus zum Könige haben werde, fuchte zunächſt eine neue 
Königgwahl durchzuſetzen. Als er einſah, daß bei der gegen- 
wärtigen Stimmung des Landes an bie Ausichliegung des 
Ladislaus nicht zu denken ſei, verftändigte er fich) mit Hunyadyh 
über eine Zeilung der oberjten Gewalt. Beide machten dann 
heimlich dem Könige Friedrich den Antrag, für bie Nechte 
feines Mündels einzutreten, wenn er fich bei feinen Anhängern 
dafür verwendete, daß fie als Neichsregenten anerkannt und 
bie Verleihung ver Ämter ihnen übertragen werde. Der Pa- 
latin Hedervaͤry dagegen, der in Dfen wie auf feinem Eigen» 
tume fchaltete und nicht einmal den Reichſtag in bie Stabt 
ließ, fchlug zuerjt einen neuen Thronkandidaten in der Perjon 
bes Sohnes des Herzogs Philipp von Burgund vor, und als 
er damit keinen Anklang fand, fuchte er durch plumpe Lügen 
feine gefäßrlichiten Gegner, Hunyady und Ujlafy zu entziveien. 
Aber alle Intriguen fcheiterten Y. Der Reichstag, der ſich um 
Pfingften 1446 auf dem Felde Raͤkos bei Peſt verfammelte, 
bielt an dem Beichluffe, Ladislaus als König anzuerkennen, feit, 
wählte aber am 5. Juni bis zur Auslieferung besjelben 
Johann Hunyady, deſſen Popularität durch die Niederlage bei 
Varna nicht erfchüttert worden war, zum Gubernator ober 
Reichsverweſer. Nur wurden ihm in Beziehung auf bie Ge⸗ 
richtsbarkeit und die Finanzverwaltung wie auf die Beſetzung 
der Bistlimer und die Vergebung der heimfallenden Oüter ber 
deutende Beichränfungen auferlegt ?). 

Die Ungarn machten noch einen Verſuch, vom römiichen 
Könige die Auslieferung ihres Königs und bie Herausgabe ber 


1) Ob der König Alfons V. von Neapel, der ſchon in biefem Jahre 
und fortan bis 1455 in ben Beſitz der ungarifchen Krone zu kommen ſich 
bemühte (Klaiéueojiniéié, Geld. Bosniens, &. 393, N.2. Palady, 
Urkundl. Beiträge, S. 95) in Ungarn birelt Schritte dafür getban bat, 
it unbelannt. 

2) Hierüber wie Über bie folgenden Beziehungen zum K. Friedrich ILL. 
haben Teleki I, 507 ff. und II, 6ff., Syalay III, 97 ff. und Feßler⸗ 
Klein II, 500ff. die Belege vollftändig gefammelt. Vgl. auh Chmel, 
Geſch. K. Friedrichs IV., II, 316ff. 563 ff. 575 ff. 


70 Hunyady und K. Friedrich. 


Städte zu verlangen, die er in Ungarn teils als Pfand teils 
mit Waffengewalt in feine Gewalt gebracht hatte. Da aud 
Diesmal die Unterbandlungen feinen Erfolg. hatten und Friedrich 
auf feinem Nechte bejtand, fo fiel Hunyady Ende November 
1446 in Ofterreich ein und brannte alle offenen Ortfchaften 
bi8 Wiener Neuftadt und Wien nieder. Obwohl Friedrich 
non den Ofterreichern nicht unterftüßt wurde und baher ber 
Verbeerung des Landes untbätig zuſehen mußte, fo bielt er 
doch auch jet zäh an feinen Anfprüchen feſt. In der That 
warb feine Ausdauer mit Erfolg gekrönt. Hunyady zog im 
Dezember aus Diterreich wieder ab, und da ibm wohl über- 
haupt weniger an ber Auslieferung des unmünbigen Könige 
als an der Sicherung feiner Herrichaft lag, jo unternahm er 
fortan gegen Friedrich Feine feindjeligen Schritte mehr. Es 
kam neuerdings zu Unterbandlungen, zuerſt unter Vermittlung 
des päpftlichen Legaten Carvajal in Ofen, dann unter ber 
Friedrichs von Cilli in Radkersburg. Hier ſchloſſen die unga- 
riichen Gejandten am 1. Juni 1447 einen zweijährigen Waffen- 
jtilfftand, der die Hauptfrage, die Auslieferung des Könige 
Ladislaus und der ungariichen Krone, gar nicht berührte und 
Friedrich wie feinen Bruder Albrecht im Befige von Odenburg, 
Güns, Eijenftadt und aller andern Städte und Orte ließ, die 
fie im weftlichen Ungarn in ifren Händen hatten; nur Raab 
mußte Friedrich gegen Erſatz der von ihm dafür gezahlten 
3000 Dukaten herausgeben. 

Hunyadys Streben ging bejonders dahin, durch glüdliche 
.. Kämpfe gegen bie Türken fich Die Gunft der öffentlichen Meinung 
zu fichern, die Scharte bei Varna auszuwegen und an feinen 
Gegnern Race zu nehmen. Schon im Spätjommer 1446, 
gleich nach feiner Ernennung zum ©ubernator, griff er die 
Walachei an, um ben Woywoden Drakul, ber ihn vor zwei 
Jahren gefangen genommen batte und bann fich mit ven Türken 
verbunden haben follte, zu jtürzen und Dan oder Daniel, einen 
Sohn des früheren Woywoden Dan, an deſſen Stelle zu fegen. 
Da während der Schlacht die Walachen zu Dan übergingen, 
ergriff Drakul die Flucht, wurde aber von jenem eingeholt und 


Angriffstrieg gegen bie Türken. 1 


mit feinem Sohne Hingerichtet ?). Auch in die Streitigleiten 
zwifchen den verjchtebenen Gliedern des moldauiſchen Fürften- 
hauſes miſchte ſich Hunyady ein, um auch vieles Land dem 
ungariſchen Einfluſſe wieder zu unterwerfen 2). 

Sein Hauptziel war aber immer der Kampf gegen die 
Türken. Durch wiederholte Geſandtſchaften ſuchte er auch den 
Papft und verſchiedene Fürſten des Auslandes zur Hilfeleiſtung 
zu bewegen, ohne aber etwas anderes als ſchöne Worte oder 
Vertröſtungen auf die Zukunft zu erhalten. Da wagte er allein 
den Angriff auf die osmanifche Macht, die in den letzten Jahren 
durd Kämpfe in Griechenland und mit dem albanefilchen Fürften 
Georg Kaftriota bejchäftigt worden war. Nachdem er in ber 
zweiten Hälfte des September 1448 mit einem nicht ſehr zahl⸗ 
reihen Heere 3), in dem fich auch walachiſche Hilfstruppen und 
beutiche, polnifche und böhmifche Söldner befanden, bei Kubin 
an der Mündung der Morawa die Donau überjegt batte, 
drang er längs dieſes Flufjes mitten durch Serbien raſch nad 
Süden und dann nach Weften vor. Wollte er fich mit Kaſtriota, 
dem Helden Albaniens vereinigen und dann die Türkei an- 
greifen? Da ftieß er auf dem „Amſelfelde“ *%), wo 1389 ber 
Serbenfürft Lazar und der Sultan Murad I. den Tod ge 
funden hatten, unvermutet auf ein türkifches Heer, das angeblich 
150 000 Mann zählte und vom Sultan felbit geführt wurde. 
Troß der großen übermacht der Türken wagte Hunyady am 


1) Chalkokondylas 1. VII, ed. Bonn., p. 338sq. Nah Thw- 
rocz, oc. 44 und Dlugosz XII, 34, ber den neuen Woywoden 
Stancul nennt, hätte Hunyaby ben Drakul enthaupten laſſen. Über bie 
Zet f. Katona XII, 5038qq. Die neueren ungarifchen Geſchicht⸗ 
ſchreiber machen daraus gegen die Duellen zwei Feldzüge, einen im Jahre 
1445, ben andern 1446. 

2) Caro IV, 474fl. 

8) Nah Thwrocz 24000 Mann, nad Chalkokondylas bagegen 
Deloves za Auxo owvaugpörepos & Tterpaxısuvolovs zul äntaxs- 
xıllovs Inneas zur dudkas &pkpovro .. . dmpi Tas dioysilas. &p 
&xdorns dt audtns dvo Yoınv Avdoe new, neltaorns Te äun xal 
teleßoluorns. 

4) Serbiſch Kossowo polje, ungarif Rigomezö. 


72 Die Niederlage auf dem Amfelfelbe. 


18. Oktober die Schlacht. Am erften Zage blieb der Kampf 
umentichteben. Am zweiten aber unterlagen bie Ungarn troß 
ihrer Tapferkeit: der erprüdenden Menge ber Feinde. Als end» 
ih die Walachen zu den Türken übergingen, warf ſich bie 
ungarifche Neiterei in vegellofe Flucht. Die bößmifchen und 
beutichen Söldner, welche, hinter ven Streitwagen und Kanonen 
aufgeftellt, fich nicht retten Tonnten, verteidigten fich noch am 
Morgen des dritten Tages gegen die Angriffe der Ianiticharen 
und verkauften ihr Leben auf das teuerjte. 17000 Chriften 
jollen auf dem Amfelfelde ven Tod gefunden haben, darunter 
Emerich Beljäczy, Woywode von Siebenbürgen, und fein Bruber 
Ladislaus, Franko Thalloͤczy, Ban von Kroatien, Stephan 
Baͤnffy von Lindva, der Oberjtthürhüter Emerich Marczallt, 
Thomas Szechy, Bruder des Erzbiichofs von Gran, und Johann 
Szetely, ein Verwandter Hunyadys 1). Dieſer felbit gelangte 
unter manchen Gefahren und Abenteuern bis in die Nähe der 
Donau, wurde aber dann in bie Hände des Fürſten Georg 
von Serbien geliefert, der fich auch diesmal, überzeugt von ber 
Unüberwindlichkeit der Türken, geweigert hatte, fich an Hunyady 
anzujchließen, und dafür von dieſem mit der Verwüſtung feines 
Landes beftraft worden war. Erjt nach zwei Monaten erhielt 
Hunyady auf die Verwendung des ungariichen Reichsrates feine 
Freiheit wieder, nachdem er die Rückgabe aller dem Deipoten 
weggenommenen Städte und Schlöffer und die Verſchonung 
dieſes Landes bei Tünftigen Teldzügen gegen die Türken ver« 


1) Für die chronologifchen Daten und bie Richtung des Zuges ift bie 
verläßlichfte Duelle Hunyabys Brief vom 30. Dezember 1448 ap. Katona 
XII, 637 89q., mit defien Urkunden vom 8. bis 17. September aus 
Kovin (Kubin) ibid. p. 689—601. In eine Detailfehilderung ver Schlacht 
läßt ex ſich nicht ein; dagegen ift hierfür um fo meitläufiger Chalko- 
kondylas ed. Bonn., p. 35dsqgq., befien Angaben man im einzelnen 
freilich nicht Tontrollieren kann. Vgl. auch Dlugosz XII, 4680q.; 
Thwrocz, cap. 46sqq.; Eillier Chronik, herausgegeben von Krones, 
Kap. 25, ©. 107f. und Schreiben des Aeneas Sylvius an ben 
Bapft vom 25. November 1448 ap. Pray, Ann. Hung. III, 7Osgaq. 
Die neueren Gefchichtfehreiber bringen manche Angaben, bie an ben gleich“ 
zeitigen Quellen keine Stütze finden. 


Giskra von Brandeis. 7B 


ſprochen und als Geifel für die Einhaltung diefer Bedingungen 
feinen Sohn Ladislaus zurücgelafjen hatte ). Hunyady wollte 
gleich wieder den Krieg gegen bie Türken erneuern, wurde aber 
fogar vom Papfte ermaßnt, ſich auf die Verteibigung zu be 
ſchränken. Da er zugleich mit innern Feinden zu kämpfen hatte, 
anderſeits Murads II. Sohn und Nachfolger Muhammed IL 
wegen eines neuen Angriffs des Fürften von Karaman ben 
Frieden mit feinen chriftlichen Nachbarn zu erhalten fuchte, fo 
wurde im Jahre 1451 zwilchen Ungarn und den Türken ein 
dreijähriger Waffenſtillſtand abgeichloffen 2). 

Hunyady Tonnte ſchon deswegen den Krieg mit ben Türken 
nicht fortiegen, weil er in Ungarn felbjt manche Gegner hatte. 
Diele Magnaten waren auf den Emporlömmling eiferflichtig, 
Giskra von Brandeis fein ausgefprochener Feind. ALS „oberfter 
Feldhauptmann des Königs Ladislaus“ ®) war diefer noch Immer 
der eigentliche Herr Oberungarns, das er durch Beſetzung ber 
Städte und Burgen und burch befeftigte Lager (tabor) im 
Zaume hielt. Die Bürger ber dortigen Städte mußten ihm 
unter verjchiedenen Titeln bebeutende Summen zablen, bie 
Bauern wurden von ihm und feinen Unterbefehlshabern, wie 
von andern unabhängigen Banvenführern, dem Polen Komo⸗ 
vowsiy, Herrn des Liptauer Komitats, und Pongracz von 
Szent⸗Mikloͤs, dem Beſitzer des Wanggebietes, mit Steuern 
und Abgaben gedrüdt. Da entichloß fih Hunyady im Sabre 
1449 zum Kriege gegen den gefürchteten Bandenführer und 
„Huſiten“. Allein fein Schweiterfohn Thomas Szefely wurde 
am 5. September bei Somos unweit Kafchau geichlagen, und 


1) Die Bedingungen lernen wir aus ber Bulle des Bapftes Nitolaus V. 
vom 12. April 1450 ap. Raynaldad a. 1450, no, 7 fennen, worin er 
Hunyady von der Erfüllung bderfelben dispenfiert. Die Zwiftigleiten 
wurden 1451 ausgeglihen durch die Verlobung der Enkelin Georgs, 
Tochter bes Grafen Ulrich von Eilli, mit Matthias Hunyady, jlingerem 
Sobne des Gubernators. Katona XIU, 778. Teleki X, 305. 

2) Dukas, cap. 34, ed. Bonn., p. 233. Teleki X, 322. 

8) Domini Ladislai Hungarie etc. regis capitaneus generalis nennt 
ex fih in Urkunden von 1450 und 1451 bei Teleki X, 256. 297. 


74 Kriege Hunyadys mit Giskra. 


biejer felbft, und ziwar wie berichtet wird, von Giskra getötet, 
fehr viele gefangen. Da brach Hunyady perfünlich gegen Giskra 
auf und eroberte die Burg Moldawa oder Sepfi füdweftlich 
von Kaſchau, deren Bejakung, Böhmen und Polen, er ein 
Auge ausitechen und beide Hände wie die Nafenipige abbauen 
ließ. Sieht man aber von der Verwüftung der burchzogenen 
Gegenden beſonders des Gebietes von Kremmig ab, jo errang 
Hunyady Feine wejentlichen Erfolge mehr. Er jchentte daher 
einer Gefandtichaft ber polnischen Königin Sophia, welche ven 
Krieg von der an Polen verpfänbeten Zips fern halten wollte, 
Gehör und gab feine Zuftimmung zu einem Waffenftillftande 
mit Giskra, der am 4. Dezember in Kremnig auf die Dauer 
von acht Monaten abgejchloffen wurde ’). Im folgenden Früh» 
jahr unterbandelten der Biſchof von Erlau und mehrere Magnaten 
mit Gisfra über eine längere Waffenrube, die auch in Rima⸗ 
jzombat verabredet und dann vom ungariichen Reichstage ger 
nehmigt wurde. Nach den Beitimmungen biejes Friedens, der 
bi8 zur Übernahme ver Regierung durch den König Ladislaus 
oder im Talle feines früheren Todes bis zur Wahl eines neuen 
Königs dauern follte, blieb Giskra nicht bloß im Beſitze Ober- 
ungarns, fondern es follte ihm auch von Hunyady eine große 
Summe Geldes gezahlt werben, deren Reſt, 10600 Dufaten, 
dann bie ungariichen Stände übernahmen 2). Hunyady hatte 
weiter Giskra feine verwitwete Schweiter zur Ehe zu geben 
verjprochen. Doc bot gerade dies den Anlaß zum Wieber- 
ausbruch bes Krieges. ALS fich nämlich das Gerlicht verbreitete, 
Hunyady wolle bei der Hochzeit Gisfra und die Seinigen er 
morben lafjen, fchlug diefer los und bejette dad St. Stephans- 


1) Diugosz XI, ölsqg. Brief des Aeneas Sylvius an Ear- 
vojal vom 13. November 1449 im „Archiv für Bfterr. Geh.“ XVI, 
3%. Bgl. Zeißberg, Poln. Geſchichtſchreibung, ©. 209 ff., der aber 
aus Berfehen bie Urkunde über einen von Giskra und anderen Anhängern 
bes K. Ladislaus am 30. November 1444 auf zwei Jahre gejchlofienen 
Waffenſtillſtand im „Archiv für öfterr. Gef.” XXIL, 196 bier anführt. 

2) Die Urkunden bei Katona XIU, 796 40q. Teleki X, 256. 
gt. Teleki II, 1dlsgg. Szalay III, 129. Feßler-Klein 11,520. 


Hunyadys Bertrag mit K. Friedrich. 75 


Hofter unweit Loſoncz im Neograper Komitate. Hunyady griff 
basjelbe mit großer Macht an, erlitt aber am 7. September 
1451 durch Giskra ungeachtet feiner großen lÜberzahl, wie es 
beißt infolge Verrates, eine gänzliche Niederlage. Als er aus 
Niederungarn friegsgeübte Truppen herbeisog, behauptete er 
zwar Giskra gegenüber das Übergewicht und nahm dieſem 
mehrere Burgen weg. Uber bemielben einen enticheivenven 
Schlag beizubringen vermochte er nicht ). Neben dem Guber- 
nator von walachiſcher Abjtammung behauptete ver böhmiſche 
Heerführer auch fortan eine ſelbſtändige Stellung. 

Unter ſolchen Verhältniſſen wollte fih Hunyady wenigſtens 
vonſeite der ausländiſchen Mächte Ruhe ſichern und für ſeine 
Reichsverweſerſtelle eine möglichſt feſte Rechtsbaſis verſchaffen. 
Am 22. Oktober 1450 ſchloß er in Presburg mit dem Könige 
Sriedrich einen Vertrag, welcher zeigt, daß er nicht ver uns 
eigennügige Charakter war, als den ihn die offiziellen Geſchicht⸗ 
Ichreiber des Hauſes der Eorvinen dargeftellt haben. Er ver 
ſprach nämlih, den König Labislaus bis zur Vollenbung bes 
achtzebnten Lebensjahres, aljo bis zum Februar 1458, in 
Friedrichs Händen zu laffen und diefen ebenjo lange im Befitze 
der Städte und Burgen, die er und bie Seinen in Ungarn 
inne hätten, nicht zu beunrubigen oder beunrubigen zu lafien, 
wogegen Friedrich zugab, daß er während dieſer Zeit Guber⸗ 
nator in. Ungarn bleibe, ihm gegen alle, die ihn daran hindern 
wollten, feinen Beiſtand zufagte und gelobte, Ladislaus auch 
nach. Erreichung des achtzehnten Jahres nicht aus jeiner Vor⸗ 
mundſchaft zu entlaffen, ohne ihn früher davon verftändigt zu 
haben, und ihn dann bei Ladislaus mit feinem Rate und feiner 
Hilfe zu unterftügen 2). 

Einen ganz ähnlichen Verlauf Hatten die Creigniffe tm 
Böhmen genommen °). 


1) Dlugosz XII, 8i. Thwrocz, cap. 48. Ebendorffer 
ap. Pez SS. II, 863sq. Über ben Kampf bei Lofonz f. auch das Ge- 
dicht Michel Beheims in „Duellen und Forſchungen“, S. 46 ff. 

2) Kurz, Ofterreih unter 8. Friedrich IV., I, 258. 

3) BPalady, Seid. von Böhmen IV,1, 192ff., und befien „Urkund⸗ 


16 Einnahme Prags durch Georg von Pobiebrab. 


Die Böhmen Hatten ihren König von Friedrich ebenfo 
wenig erhalten wie die Ungarn troß aller Bemühungen und 
der Drohung, einen andern zu wählen, was übrigens nicht fo 
leicht geweien wäre, da fie unter fich nicht einig waren und der 
Herzog von Baiern und König Friedrich einen ſolchen Antrag 
abgelehnt hatten. Während biefer Zeit vergrößerte der talent» 
volle, gewandte und rührige Georg von Podiebrad immer mehr 
jeinen Einfluß, ſodaß er endlich glaubte, durch einen Staat 
ſtreich die Herrichaft an fich reißen zu können. 

Unter falſchen Vorwänden brachte er mit Hilfe feiner Ans 
bänger ein bedeutendes Heer zujammen, bemächtigte fich in ber 
Naht vom 2. auf den 3. September 1448 ver Stadt Prag, 
jtürzte das dortige Regiment, nahm den Oberftburggrafen 
Meinbard von Neubaus gefangen, der dann nach fünfmonat- 
licher Haft im Februar 1449 ftarb, und verhalf in Prag dem 
Hufitismus vollftändig zum Siege. Obwohl die Utraquiften 
fich immer auf die Kompaktaten beriefen und durch dieſe ihnen 
wohl der Kelch bewilligt aber nicht die Alleinherrichaft zugefichert 
worden war, jo wurden boch jett alle aus Prag vertrieben, 
welche den dorthin zurückkehrenden Rokycanag nicht al8 Erz 
biichof anerkannten, namentlich das Fatholiiche Domkapitel und 
bie deutſchen Magiſter und Stubenten, bie fich in legter Zeit 
wieder in größerer Zahl eingefunden hatten. 

Als Georg. einmal die Hauptftadt in feiner Gewalt hatte, 
jtrebte er danach, auch die Negierung des ganzen Landes in 
feine Hände zu bringen. Lange erreichte er fein Ziel nicht, 
ba nicht bloß feine offenen Feinde, Ulrich von Rojenberg und 
ber Sohn Meinhards von Neuhaus wie deren Freunde und 
die ehemaligen Zaboriten, ihm feindlich entgegentraten, Jondern 
auch manche feiner bisherigen Anhänger ihn nicht zu mächtig 
werben lafjen wollten. Wiederholt verjuchte man den König 
Briedrih zur Herausgabe feines Mündels zu bewegen, obne 
freilih gegen die Zähigkeit Friedrichs etwas ausrichten zu 


liche Beiträge zur Gefch. Böhmens und feiner Nachbarländer im Zeitalter 
Georgs von Podiebrad (1450—1471)”, in „F. R. Austr. Dipl.“ XX. 


Deſſen Wahl zum Reichsverweſer. 77 


können. Wie mit Hunyady fo verftändigte fich Friedrich auch 
mit Bobiebrad in einer Weiſe, die beiven zum Vorteile gereichte. 
Um endlih Ruhe zu befommen, übertrug er felbft dieſem im 
Ditober 1451 bis auf Widerruf die ganze Verwaltung Böhmens, 
wogegen Podiebrad auch nicht weiter auf ver Auslieferung bes 
jungen Ladislaus beftand. Am 27. April 1452 wählten dann 
auch die böhmischen Stände Georg zum Verweſer des König- 
reihe und gaben ihm einen Nat von elf Perſonen aus den 
Herren, Rittern und Städten an die Seite, mit benen er bie 
Regierung führen follte. Es gelang ihm nun bald, bie legten, 
die noch widerjtrebten, die Reſte der Roſenberg⸗Neuhausſchen 
Partei und die Taboriten, zur Anerlennung feiner Gewalt zu 
zwingen und nun endlich dem Lande ben lang entbehrten Frieden 
und die Bedingungen für die Wieberheritellung feines materiellen 
Wohlſtandes zu verichaffen. 

- Aber gerade in der Zeit, wo Friebrich fich mit den Macht⸗ 
babern der beiden hervorragendſten Reiche des Ladislaus endlich 
geeinigt hatte, bereitete fich in Ofterreich eine Bewegung vor, 
bie eine Kataſtrophe berbeiführte. 

Die Zeit der vormundichaftlichen Negierung König Fries 
drichs III. ?) gehört zu den traurigften Perioden, welche das 
Herzogtum OÖſterreich erlebt hat. Nicht bloß fühlte man in 
ber empfindlichſten Weife, daß die Fräftige Hand erlahmt fei, 
welche die unbotmäßigen Adeligen und die raubluftigen Grenz 
nachbarn im Zaume gehalten hatte; Sfterreich Fitt auch an 
ben Folgen der Großmachtftellung, welche Albrecht II. vorüber» 
gehend eingenommen hatte. Für eine würdige Ausſtattung bei 
der Königskrönung in Ungarn, für den Krieg um Böhmen, für 
bie Rüftungen gegen die Türken waren ſehr bebeutende Aus- 
lagen notwendig geweſen, ſodaß fein Hubmeifter ober Finanz 
miniſter Ulrich Eizinger für die drei Sabre vom Frühjahr 1437 


1) ©. darüber Chmel, Geſch. K. Friedrichs IV., II, 30 -36. 84—89. 
105—109. 115—137. 215. 252—258. 330—333. 572—598, ber fi) 
beſonders auf urkundliche Materialien ftütt. Vgl. Ebendorffer ap. 
Pez II, 858sgg. 


78 Zufände Ofterreichs währen ber 


bis zum Frühjahr 1440 ein Defizit von 12125 Pfund 
Pfennigen oder fat 14000 Dukaten berechnete !). Dabei 
waren nicht bloß bebentende Anleihen gemacht worden ?), jons 
dern e8 waren auch viele Sölonerführer noch nicht bezahlt. 
Diefe Rüdjtände zu deden, war für Friedrich als Vormund 
des Sohnes Albrechts in der That nicht leicht, da Ungarn 
und Böhmen, die Ladislaus nicht als König anerkannten, nichts 
zahlten, ja, noch die Mittel zur Belämpfung der dortigen 
Gegner aufgebracht werben jollten, die Stände ber übrigen 
habsburgiſchen Länder für Dinge, die fie nicht direkt berührten, 
fein Gelb bewilligten und bie Einkünfte aus Ofterreich doch nicht 
groß genug waren, um aus ben’ Überjchüffen die Schulden des 
Königs Albrecht zu zahlen. Als die Sälonerführer mit ihren 
Forderungen nicht befriedigt wurden, griffen fie zu den Waffen 
und fuchten fih durch Raub und Ausplünderung der Bürger 
und Bauern bezahlt zu machen. Auch Ulrich Eizinger ſchickte 
mit 150 andern Gläubigern im Mai 1441 dem König einen 
Fehdebrief. Auf Das Drängen der öfterreichiichen Stände fchoß 
enblich Friedrich das Geld zur Abfertigung der Söldnerführer 
por. Obwohl fih mande verfelben eine bedeutende Herab- 
minderung ihrer Forderungen gefallen laſſen mußten, fo be, 
liefen fich die Gelder, welche Friedrich auszahlte oder doch 
wenigftens zu zahlen verſprach, auf wenigftend 48000 Dufaten ?). 
Es war diefe Summe um fo jchwerer hereinzubringen, als ber 
Biterreichiiche Landtag gar feine außerorbentlihe Steuern ber 
willigte, weil die einzelnen Stände ſich nie über den Anſatz zu 
einigen vermocten und bie Adeligen verlangten, daß ibre 


1) Chmel, Materialien I,2, 91. Ein Gulden wirb 1440 zu 
6 Schilling 20 Pfennig (= 200 Pf.), 1441 zu 7 Schilling (= 210 Pf.) 
berechnet. Lichnowsty VI, Reg. Nr. 45. 276. 

2) So beim Kanzler Kaſpar Schlid von 20000 Dukaten, und 12000 
Dutaten unter Bürgfchaft des Grafen Johann von Schaunberg. Kollar, 
Analecta II, 878. Ehmel, Materialien 1,2, 178. 

3) Lichnowsty VI, Nr. 45. 158. 247—250. 254—257. 263. 275 
His 278. 288. 345. 350. 351. 379. 417—422. 441, 442. 471. 476 bie. 
478. 575. 608. 


vormundſchaftlichen Regierung K. Friebrichs. 79 


Unterthanen geringer beſteuert werden ſollten als die der Prös 
Iaten und als die Güter der Bürger. 

Leider börten die Gewaltthaten mit der Bezahlung ber 
Sölönerführer nicht auf. Manche verjelben fanden e8 bequem, 
ohne jede Anftrengung auf SKoften ber Bürger und Bauern 
ein angenehmes Leben zu führen. Pongraͤcz von Liptau und 
Szent-Miflos, der fich eines großen Teiles des Gebietes zwiſchen 
ber Wang und March mit den Stäbten Stalig und Holitich 
bemächtigt hatte und dort wie ein jelbftändiger Fürſt fchaltete, 
brachte auch einige Punkte in Ofterreich in feine Gewalt, baute 
an verichiedenen Orten feine Tabor oder befeftigten Lager und 
bebrüdte mit feinen Leuten, bvem Auswurfe ver kriegs⸗ und 
raubluftigen Bevölkerung von Böhmen, Polen, Ungarn und 
Deutichland, das ganze Gebiet von der Thaya bis zur Donau 
und von der March bis Krems und Zwettl auf das furchtbarite. 
Seinem Beifpiele folgten nicht bloß mährifche und böhmiſche, 
jondern felbft öfterreichifche Adelige, jobaß die Bauern unter 
bem Drude der Räuber erlagen, der Hanbelsverfehr geftört 
ward und faft nur gegen hohe Abgaben an die Bandenführer 
bewerkitelligt werben konnte. Wohl wurde manchmal eine 
Raubburg eingenommen, die Verteidiger aufgehängt. Aber es 
waren das nur Palliativmittel, fo lange man fich nicht ent» 
ſchloß, mit dem Aufgebote größerer Streitlräfte den Räuberftaat 
des Pongracz zu vernichten. Erft im Sabre 1450 kam es zu 
einem Feldzuge gegen venfelben. Ulrich von Cilli, den Friedrich 
an die Spite der Truppen geftellt hatte, nahm mehrere Schanzen 
in Ofterreich weg, überfchritt dann die March, nahm Skalitz 
ein und trieb den Pongräcz fo in die Enge, daß er fi dem 
Johann Hunyady in die Arme warf, welcher fi dann bafür 
verbürgte, daß von Ungarn aus Feine Einfälle nach Äſterreich 
mebr gemacht werden follten ’). 

Obwohl an der langen Fortvauer diefer Bedrängniſſe bes 
Landes die Bfterreichiichen Stände nicht viel weniger ſchuld 


1) Ehmel, Gewichte K. Friedrichs IV., II, 591ff. Bgl. auch Eifer 
Ehronil, S. I1f. 


80 Unzufriebenbeit der Ofterreicher mit 8. Friedrich. 


trugen al8 der König Friedrich, jo iſt es doch begreiflich, Daß 
fie in erfter Linie dieſem als dem Negenten des Landes zur 
Laft gelegt wırden. War ja Sriebrich in Ofterreich nie populär 
geweſen, ba feine Perfönlichkeit nicht Dazu angethan war, die 
Liebe der Unterthanen zu gewinnen, und er bie meiſten öſter⸗ 
reichiſchen Adeligen binter feinen fteiriichen Günftlingen, dem 
hochmütigen Kammermeiſter Johann Ungnad, dem Hofmeifter 
Sohann von Neiperg und dem Marſchall Walter Zebinger weit 
zurückſetzte. Auch machte e8 einen unangenehmen Eindrud, daß 
ber König gewöhnlich in Graz oder in Wiener Neuftabt reſidierte, 
Das im jener Zeit nicht als zu Lfterreich gehörig angefehen 
wurde. Da Friebrich fih um dieſes Land wenig zu fümmern 
ſchien und den Klagen über die Unficherheit, die fchlechte Münze 
u. ſ. w. nicht abhalf, jo ift e8 natürlich, daß man die Augen 
auf ben rechtmäßigen Erben des Landes warf, daß man glaubte, 
eine eigene Regierung würde aller Not abzubelfen vermögen. 
Schon Anfangs Februar 1447 Hatte ein Landtag in Korneu⸗ 
burg an den König bie Forderung geftellt, es jollte Ladislaus 
in jein Erbland und nach feinem Hauptichloffe Wien gebracht 
und ihm Leute nad) dem Nate der Stände an die Seite ge- 
geben werben, was Friedrich natürlich den Öfterreichern ebenſo 
abichlug wie den Ungarn und Böhmen. Bei der fteigenven 
Unzufriedenheit brauchte nur ein Mann von Anfehen und Ein» 
fluß die Leitung in die Hand zu nehmen, fo brach auch in 
Oſterreich eine allgemeine Bewegung gegen den Negenten aus. 

Diefer Dann war Ulrich Eizinger von Eizing, ein batrifcher 
Adeliger, der, von Haus aus ohne Mittel, als Knabe zur Zeit 
ber Regentſchaft des Herzogs Ernſt nach Ofterreich gekommen, 
fpäter in die Dienfte Albrechts V. getreten war und bie Gunſt 
dieſes Herzogs in einem folchen Grade gewonnen hatte, daß 
biefer ihm mehrere Güter verlieh, ihn 1433 zum Hauptmann 
von Eggenburg und Znaim, 1437 zum Hubmeijter ernannte 
und enbli 1439 mit feinen Brüdern in den Freiberrnitand 
erhob. Dan that ihm wohl nicht Unrecht, wenn man be 
Bauptete, daß er die Würde eines Finanzminifterd auch zu feiner 
eigenen Bereicherung benutzt habe; Thatfache ift, daß er von 


Ulrich Eizinger. | 81 


dieſer Zeit an Gut auf Gut kaufte und 1440 in der Lage 
war, der Königinwitwe Eliſabeth bedeutende Summen vorzu- 
ftreden ). Das Zerwürfnis mit dem Könige Friedrich war 
Ende 1441 wieder ausgeglichen, ja Ulrich fogar in den Rat 
des Königs aufgenommen ?) worden. Als aber Frievrih im 
Auguft 1451 von feinem Bruder deſſen ungariiche Befigungen 
Eifenjtadt und Forchtenftein faufte, während Albrecht mit Eizinger 
die Verhandlungen darüber ſchon faſt zum Abfchluffe gebracht 
batte, zeigte fich diefer im böchiten Grabe gekränkt und lehnte 
auch den Antrag der beiden Fürften ab, die Entſcheidung ber 
Rechtsfrage den öfterreichtichen Baronen zu übertragen. Ulrich 
Eizinger, ein Dann von fehr beveutenden Fähigfeiten, kühn 
und rührig, fchlau, gewandt und mit großen Rednergaben aus- 
geftattet, aber auch von einem unbegrenzten Ehrgeize erfüllt, 
wollte jegt die Unzufriedenheit der Ofterreicher über Das Regiment 
Friedrichs benutzen, um fich in biefem Lande eine Stellung zu 
verichaffen, wie fie Hunyady in Ungarn, Podiebrad in Böhmen 
erworben hatte. 

Es erleichterte die Ausführung feines Planes, daß Friedrich 
gerade um biefe Zeit einen Zug nach Italien antreten wollte, 
um feine Braut Eleonore von Portugal abzuholen und fich in 
Rom zum Kaiſer frönen zu laffen. Daß er auch feinen Mündel 
mit fich nehmen wollte, beuteten nun feine Feinde gegen ihn 
aus, indem fie fagten, daß er benfelben in dem ungewohnten 
italienischen Klima dem DVerberben preisgeben wolle. Auch daß 
er die Regenten, welche in feiner Abwefenheit Ofterreich ver- 
walten follten, eigenmächtig ernannte, ohne bezüglich der Perjonen 


1) Viele Urkunden zur Gefchichte der Eizinger aus einem Diplomatar 
bat Chmel in (Schmidl's) „Oſterr. Blättern für Literatur“ u. f. w. 
1847, Nr. 59. 60. 65. 66. 71, und im „Archiv f. öſterr. Geſch.“ 1848, 
I, Aff. und V, 21ff., mitgeteilt. Über fein Emporlommen berichtet von 
einem ſehr feinblihen Standpunkte aus eine Denkſchrift von c. 1454, 
im „NRotizenblatt” der kaiferl. Alab. 1857, ©. 231ff. und 245ff. und 
fur; Aeneas Sylvius, Hist. Frid. ap. Kollar II, 183sqgq., ber 
auch feine Abſtammung aus Baiern erwähnt. 

2) Kollar, Analecta II, 1315. 

Huber, Geſchichte Öfterreihs. IL. 6 


B. 7 Bündnis öſterreichiſcher Adeliger gegen K. Friedrich. 


den Rat der Stände einzuholen, bot neuen Grund zur Un⸗ 
zufriedenheit. Ulrich Eizinger lehnte den Eintritt in die Regent⸗ 
ſchaft ab und begann noch im Herbſte 1451 feine Umtriebe ). 

Unter dem Vorwande, Befitftreitigkeiten mit den Herren 
von Kichtenſtein ausgleichen zu wollen, hielt er in Mailberg bei 
Laa eine Zufammenktunft mit mehreren Abdeligen und fuchte 
fie gegen Friedrich aufzureizen. Er warf ihm die Vernach⸗ 
läſſigung Oſterreichs, defien finanzielle Ausbeutung für fremde 
Zwede, die Vergeudung der herzoglichen Güter, die Zurüd- 
jegung der öfterreichiichen Großen gegen feine fteiriichen Günft- 
Yinge, einen Ungnad, Neiperg, Zebinger vor und ſetzte aus⸗ 
einander, daß der König die Bedingung, unter der man ihn 
in Oſterreich als Regenten anerfannt babe, fich bei der Regierung 
bes Landes an den Rat der Stände zu halten, verlegt babe, 
und daß daher auch fie ihrer Pflichten gegen ihn entbunven 
feien. Eizinger erreichte bier volljtändig feinen Zwed. Obwohl 
außer ibm und feinen Brübern von hervorragenderen Adeligen 
nur die Liechtenftein und Jörg von Kuenring in Mailberg an⸗ 
weiend waren, fchloffen fie doch am 14. Oftober im Namen 
aller Brälnten, Herren, Ritter und Knechte, die ihr Siegel an 
diefe Urkunde hängen würden, einen Bund, um die Auslieferung 
ihres Erbherrn Ladislaus durchzuſetzen, der nach Oſterreich ger 
bracht werben und bis zu feiner Volljährigkeit in Wien refidieren 
ſollte. Bald traten ihnen mehrere Adelige bei und auf einer, 
Ende Oktobers in Wullersporf unweit Mailberg gehaltenen Ver⸗ 
jammlung beichloffen fie die Abſendung einer ‘Deputation an 
den König, um ihn zu erjuchen, er möge, ba er jegt nach Rom 


1) Über die Borgänge in Ofterreich in ben Ießten Monaten bes Jahres 
1451 Hat Chmel, Geh. K. Friedrichs IV., II, 640ff. auf Grund ber 
Berichte des Aeneas Sylvius in feiner Hist. Frid. uud Ebendorffers, wie 
ber einfchlägigen Altenſtücke (befonders in „Materialien“ 1,2, 356 ff.) er- 
ichöpfend gehandelt. Die Form der von Aeneas Sylvius mitgeteilten 
Reden iſt natürlich fein Eigentum. Uber feine Darftellung wirb durch 
die Urkunden beflätigt. (U. G. Supan, Die vier lebten Lebensjahre 
des Grafen Ulrich II. von Cilli, mit bei. Berückſichtigung ber Stände 
Revolution in den Jahren 1451 und 1452, Wien 1868, ift wertlos.) 


Anſchluß der Präfaten und Städte. 88 


ziehen wolle, ihren Erbherrn nah Wien jenden, bamit nad 
dem Teſtamente feines Vaters Albrecht vorgegangen, aljo wohl 
ein VBormundichaftsrat aus den verichtebenen Ländern besjelben 
eingefeßt werde. ALS Friedrich diefer Forderung gegenüber auf 
jein Recht und auf die üblen Folgen hinwies, wenn die Wünfche 
nur eines Landes berüdfichtigt würden, und eine Erledigung 
diefer Angelegenheit nach feiner Nüdkehr von Nom in Ausficht 
ftelfte, da beriefen Die Gefinnungsgenofjen Eizingers eigenmächtig 
auf den 12. Dezember einen Landtag nad Wien. Vergebene 
verboten der König und die von ihm beitellten Landesverweſer 
ven Brälaten und Stäbten bie Teilnahme an vemfelben. Der 
Nat von Wien weigerte fi wohl anfangs bie Verfammlung 
in biefer Stadt tagen zu laffen. Aber Eizinger gewann die 
Bürger für fih, unter deren Drude auch der Rat fi dem 
Strome nicht mehr entgegenftenmte. 

Hatten fih anfangs nur die Ritter und einzelne Barone 
an Eizinger angeichloffen, jo fanden ſich auf dem Lanbtage in 
Wien auch der größere Zeil der Brälaten und Vertreter ber 
Stäbte ein. Hier entfaltete nun Kizinger feine Demagogen- 
fünfte. Nachdem er durch glänzende Feſte und Gelage bie 
richtige Stimmung hervorgerufen hatte, haranguierte er von 
der Kanzel der Karmeliter „am Hof“ aus, auf der im Jahre 
vorher der befannte Minorit Capiftrano feine feurigen Buß. 
prebigten gehalten hatte, das zahlreich verfammtelte Voll. Um 
eine größere Wirkung zu erzielen, führte er felbft des Ladislaus 
zweite Schweiter Eliſabeth, die in Wien zurüdgeblieben war, 
in fchlechten Kleidern vor und ließ im Namen verfelben durch 
einen Wortführer den Ständen für ihr Ericheinen banken und 
die Bitte ausiprechen, fie möchten ihr und ihres Bruders Elend 
anſehen und bahin wirken, daß biefer in den Beſitz feiner Lande 
tomme. Die Wirkung war eine vollftändige. Auch bie Städte 
fündigten jet Friedrich den Gehorſam auf. Der. Landtag bes 
ſchloß die Einfeßung einer proviſoriſchen Regierung von zwölf 
Mitgliedern aus den verichievenen Ständen mit Ulrich von 
Eizinger als oberften Hauptmann an ber Spige. An Friedrich 
wurde ein Ultimatum erlaffen und noch einmal die Herausgabe 

6* 


84 Römerzug 8. Friedrichs. 


feines Deündeld verlangt, widrigenfalls fie die Sache an deſſen 
Königreihe und Verwandte bringen würben. 

Friedrich war bereit8S um bie Mitte des Novembers von 
Neuftadt nach Steiermark abgereift und jchon im Begriffe, den 
Römerzug anzutreten, als er von den lebten Vorgängen Nach⸗ 
richt erhielt. Diele feiner Räte jprachen fi dahin aus, daß 
er die Reife verſchieben und zuerft die Bewegung in Öfterreich 
im Keime unterbrüden follte. Allein Friedrich hielt mit ge- 
wohnter Zähigfeit an dem einmal Beichloffenen feit und meinte, 
er könne ohne Verlegung feiner Ehre nicht alle Vorbereitungen 
für den Zug nach Italien rüdgängig machen. Xieber, erflärte 
er, wolle er die Bormundfchaft verlieren, als fein Beginnen 
aufgeben. Ende des Jahres 1451 z0g er mit feinem Bruder 
Albrecht ımd feinem Mündel, den er nur in feiner Umgebung 
vor Entführungsverjuchen ficher glaubte, über die Alpen nad} 
Rom, wo er am 19. März 1452 vom Papſte Nilolaus V. 
zum Kaiſer gefrönt wurde. Es war die legte Kaiſerkrönung, 
die in Nom vorgenommen worben iſt. Erft nach ver Mitte 
des Juni fam er über Venedig und Villach nach Wiener Neu 
ftadt zurüd. 

Eizinger und feine Gefinnungegenofjen hatten die lange Ab- 
weſenheit Friedrichs auf das beſte benugt. Sie hatten bie 
Grafen von Cilli als die nächſten Verwandten des Ladislaus 
und die übrigen Länder besjelben auf ihre Seite zu bringen 
gejucht und nicht ohne Erfolg gearbeitet. 

Die Prälaten, Adeligen und Städte Niederditerreich8 hatten 
fich teild auf dem Landtage in Wien, teild in ber nächiten 
Zeit größtenteild ihnen angeichloffen. Die Zahl der Siegel, 
welche an bie Urkunde des Meailberger Bündnifjfes gehängt 
wurben, ftteg nad) und nach auf mehr als 250). Noch vor 


1) Daß dies nit fehr raſch geſchah, ergiebt fih wohl daraus, daß 
fih unter biefen Siegen aud die ber Prälaten und Städte Oberöfter- 
reich8 befinden, bie erft im Januar in bie Bewegung bereingezogen worden 
find. Dies gilt wohl auch von ben bbhmiſchen Rojenberg, die ebenfalls 
unter den Sieglern find. Die vollfländige Aufzählung der Siegler bei 
Ehmel, Geſch. K. Friedrichs IV., II, 643, N. 


Anwachſen der Bewegung gegen K. Friedrich. 85 


der Mitte des Januar 1452 fagten auch die Stände von 
Oberditerreich mit ihrem Landeshauptmanne, dem Brafen Johann 
von Schaunberg, auf einem Lanbtage in Wels!) dem Könige 
Friedrich al8 Vormunde und Negenten den Gehorſam auf. 
Bon großer Wichtigkeit war ed, Daß fich auch die Grafen 
von Cilli der Bewegung anſchloſſen. Ulrich hatte feit feiner 
Ausjöhnung mit dem Könige Friedrich diefem manche ‘Dienfte 
geleiftet und noch im Sommer 1450 den Feldzug gegen 
Pongraͤcz von Sz. Millos geleitet. Aber ein gewiffer Groll 
war doch ohne Zweifel in ihm zurücdgeblieben, und geringfügige 
Kränkungen, wie etwa eine Zurüdjegung hinter anvere, mehr 
begänjtigte, Räte ?) mochten leicht den glimmenven Funken zu 
heller Flamme anfachen. Auch mußte ihm der Sturz des bis⸗ 
herigen Vormundes ſeines Vetter deswegen erwünſcht fein, 
weil er erwarten konnte, daß der zwölfjährige Knabe einer 
Leitung nicht entbehren können und dieſe ihm zufallen würde. 
Nach dem Beiſpiele Ulrichs richtete ſich auch ſein Vater Friedrich. 
Die Ungarn konnten das Vorgehen ver Oſterreicher nur 
mit Freuden begrüßen, da dieſe ja dasſelbe verlangten, was fie 
ſelbſt feit Jahren angeftrebt Hatten. Auch Hunyady wagte troß 
feines Vertrages mit Friedrich III. nicht, der allgemeinen 
Strömung fih offen entgegenzuftellen. Eine feftere Stellung 
nahm in Böhmen Georg von Bodiebrad ein, der denn auch 
der Abmachung mit dem Könige Friedrich treu blieb. Dagegen 
fanben die Ofterreicher eifrige Unterftügung bei Georgs Feinden 
beſonders Ulrih von Rofenberg und feinen Söhnen, und bet 
ver katholiſchen Partei Mährens, dem Hauptmanne und mancen 
Herren und den Städten dieſes Yandes wie beim Biſchofe von 
Olmütz 3), indem fie bofften, daß unter der Regierung des 


1) Chmel, Materialien 1,2, 368. Lichnowsky VI, Reg. Nr. 1613. 
1617. 

2) Diefe und andere Urſachen führen die Eillier Chronik, S. 92, und 
Aeneas Sylvius, Hist. Frid. ap. Kollar I, 213, an. 

3) Mitteilung der Verweier Oſterreichs an Sigmund von Tirol bei 
Chmel, Materialien 1,2, 379. 


3 Bündnis ber Gegner 2. Friedrichs. 


katholiſchen Ladislaus ihr Einfluß maßgebend werben, der huſitiſche 
Bubernator geftürzt werben mürbe. 

Am 5. März 1452 verbündeten ſich in Wien alle Gegner 
Friedrichs, Johann Hunyady und die Stände von Ungarn, bie 
Dfterreicher, die Grafen Friedrich und Ulrich von Cilli und 
aus Böhmen Ulrich von Nofenberg und jeine Söhne, um dem 
Könige Friedrich den zwölflährigen Ladislaus und die ungartiche 
Reichskrone wie alle in ben Ländern feines Mündels bejegten 
Burgen und Gebiete zu entreißen und ben jungen König ben 
teftamentarifchen Beitimmungen feines Vaters gemäß, aber 
unter Ausichliegung Friedrichs, nach Presburg zu bringen ). 
Sie ſchickten nun eine Gefandtichaft an ven Papſt, um dieſen 
zur Unterjtügung ihrer Forderung zu bejtimmen. Aber Papit 
und König, der eine durch firchliche, der andere burch politifche 
Gegner bedroht, Hatten fich längſt enge aneinander angejchlofien. 
Gerade zur Zeit der Krönung in Rom verlieh der Papft dem 
Kaiſer zahlreiche neue Gnaden, teilweife auch finanzieller Natur, 
Am 4. April erließ er am die Öfterreicher die drohende Auf 
forberung, bei Strafe des Bannes, des DVerluftes aller kirch⸗ 
lichen Benefizien und Leben, der Ehrlofigfeit und des Interdiktes 
alles, was fie gegen Friedrich unternommen, vüdgängig zu 
machen und biefem Genugthuung zu leiften. Zugleich erlaubte 
er diefem, auch Geiftliche, welche fih an ber Empörung wegen 
ber Vormundſchaft beteiligten, gefangen zu nehmen und ihrer 
Güter zu berauben, ohne beswegen in ven Bann zu fallen. 
Ebenjo wenig wie die Bemühungen, den Bapft für fich zu ger 


1) Die Urkunde dei Eh mel, Materialien I,2, 374. Die weiteren 
Borgänge bis zur Auslieferung des Ladislaus nach der weitläufigen Dar⸗ 
fiellung des Aeneas Sylvius, Hist. Frid., p. 321sqg. 339sqq. (Hier 
Augenzeuge), und ben kürzeren Berichten von Ebendorffer, p. 870, 
in ber Eillier Chronik, S. 111, und bei Palady, Urkundl. Beiträge, 
S. 50, wie nah den Alten bei Kurz, Ofterreich unter Friedrich IV. 
I, 271ff., Chmel, Materialien I,2, 376ff., und IL, 1ff,, umd befien 
Reg. Frid., p. 2960qq4., Teleki X, 323sqq. und bei Lichnowsky 
VI, Reg. Nr. 1676 fi Bgl. die Darflellungen bei Balady IV,1, 302ff. 
und Voigt, Enea Silvio II, 62ff. und die Erdrterungen Chmels in 
den „Situngsber. ver Taiferl. Afab.” XVII, 63ff. und XXV, 163 ff. 


Energielofigfeit K. Friedrichs. 5 


winnen, Gatten die Verſuche der Aufftändiichen, ven mit ihnen 
einverftandenen Ladislaus in Nom und auf der Nüdrelfe in 
Florenz zu entführen, einen Erfolg. 

Als der Kaifer am 20. Yuni?!) 1452 wieder in Wiener 
Neuftadt anlangte, war feine Sache noch immer nicht verloren, 
wenn er fie nicht felbft aufgab. Die öfterreichiichen Landes 
verwefer waren noch nicht geräftet und fuchten fich erit durch 
Eintreibung einer Kriegsftener die Mittel dazu zu verichaffen. 
Dem Gubernator von Ungarn war e8 mit ber Forderung der 
Auslieferung jeines Königs von Anfang an nicht Ernſt geweſen, 
und er hatte ſich nur wegen der Stimmung bes Landes ben 
Gegnern Friedrichs angefchloffen. Die Nofenberg konnten durch 
Georg von Podiebrad in Schach gehalten werden. Selbit von 
den hervorragenderen öſterreichiſchen Baronen waren manche 
wie die Starhemberg, Sigismund und Albrecht von Ebersdorf, 
Georg von Buchheim und zwei der Grafen von Schaunberg 
bem Saifer treu geblieben und zur Unterftügung desjelben bereit. 
Hätte diefer mit den ihm zur Verfügung ftehenden Truppen, 
4000 Reitern und einer bedeutenden Zahl von Fußvollk, feine 
Gegner raſch angegriffen, jo wäre die Zeriprengung und Nieder» 
werfung berjelben ohne Zweifel gelungen. Aber Friedrich ließ 
es auch diesmal an jeder Thatkraft fehlen. Er zögerte im ger 
wohnter Weife und befchräntte ſich auf Abmahnungsichreiben, 
auf die Drobung, für jeden Pfennig, den jemand an Eizinger 
als Kriegsfteuer zahle, drei zu verlangen, und an bie Ver 
jendung ber päpftlichen Bullen. Aber weder der Erzbilchof von. 
Salzburg noch die Domberren von Paſſau Tießen biefelben 
publizieren. Cizinger und Ulrich von Cilli appellierten im 
Namen der Diterreicher auf Anftiften ver Wiener Theologen 
von dem fchlecht unterrichteten an ven befjer zu unterrichtenben: 
Bapit oder an ein allgemeines Konzil. 

Friedrich glaubte nicht, daß feine Gegner. ein größeres Heer: 
gegen ihn aufbringen würden, und beabfichtigte,. fie durch. Ber 
fegung. der in feinen Händen befinvlichen Burgen. binzubalten,. 


1) Diefen Tag giebt eine Notiz bei Palacky IV,1, 304, N. 254. 


88 Auslieferung des Ladislaus Poſtumus. 


bis ihre Mittel erſchöpft wären. Auch daß ſie ihm am 28. Juli 
mehr als 500 Fehdebriefe ſchickten und nun Ulrich von Cilli 
und Eizinger die Feindſeligkeiten begannen, brachte ihn noch 
nicht zu einer anderen Anſicht, da ſie ſich zunächſt nach dem 
Schloſſe Ort auf dem Marchfelde wendeten und dasſelbe be» 
lagerten. Als aber dieſes erſtürmt und 500 Mährer und 
Heinrich von Roſenberg, Ulrichs Sohn, mit bedeutenden Ber- 
ſtärkungen bevangefommen waren, ba wenbeten fie fich unver» 
mutet mit ungefähr 4000 Neitern, 12000 Fußgängern und 
mebreren Gejhüten gegen Wiener Neuftabt. Am 28. Auguft 
griffen fie die Kaiferlichen, welche die Zugänge zur Stadt zu 
verteidigen fuchten, mit Übermact an, drängten fie zurüd und 
wären mit ihnen in die Stadt eingedrungen, hätte nicht Andreas 
Baumkircher, ein edler Steirer von riefigem Körperbaue und 
ebenfo großer Kraft, mit einigen anderen fich den Feinden 
entgegengeworfen und fie jo lange aufgehalten, bis es gelang, 
das Stadtthor zu ſchließen. 

Obwohl der Kaiſer nur 800 Reiter und ebenſo viele Fuß⸗ 
gänger bei ficb Batte und ber größte Zeil jeiner Streitkräfte 
unter Nüdiger von Starhemberg zur Bekämpfung feiner Feinde 
über die Donau geſchickt worben war, fo hätte er fich im feiten 
Neuftadt wohl bis zur Ankunft genügender Hilfstruppen zu 
balten vermoct, da 6000 Steirer und Georg von Podiebrad 
mit faft 17 000 Mann bereits auf dem Marſche waren. Aber 
der unkriegeriſche Fürft z0g Unterhandlungen vor und jchloß 
unter Vermittlung des Erzbiſchofs von Salzburg, der Biichöfe 
von Freifing umd Regensburg und jeines Schwagers, des jungen 
Markgrafen Karl von Baden, in übereilter Weife einen Vertrag, 
nach welchen er am 4. September feinen Mündel dem Grafen 
Urih von Cilli überlieferte. Diejer follte den jungen König 
bewahren, bis um Martini (11. November) auf einem Tage 
in Wien, zu dem außer den Vertretern von Ungarn, Böhmen, 
Mähren und Ofterreich auch bie genannten Vermittler, dann 
die Herzöge Albrecht von Diterreich und Ludwig von Baiern 
und Markgraf Albrecht von Brandenburg geladen werben 
follten, über die Anfprüche der verjchtedenen Parteien und über 


Ladislaus als felbfändiger Regent behandelt. 89 


die weitere Ordnung ber vormundfchaftlichen Negierung ent⸗ 
ſchieden worden wäre. 


Sechſtes Kapitel. 


Öfterreich, Ungarn und Böhmen unter Labislaus 
Poftumus. (1452 — 1457.) 


— m 


E8 war ein großer Irrtum, wenn der Kaiſer meinte, daß 
er durch den Neuftäbter Vertrag feiner Sache nichts vergeben 
babe, da ja erſt die Verfammlung in Wien über die zwilchen 
ihm und den Untertbanen feines Mündels ſchwebenden Streitig- 
feiten eine definitive Entfcheidung fällen follte. Wie feine Geg⸗ 
ner die Sache auffaßten, zeigte fich nach wenigen Tagen, da 
Ulrich von Cilli den ihm anvertrauten jungen König dem 
Wunfche der Ofterreicher gemäß am 13. September nach Wien 
führte, wo er mit ungeheurem Jubel empfangen wurbe, 
und man dieſen fortan wie einen jelbftändigen Herricher Re⸗ 
gierungsakte ausüben ließ 1). Triedri Hatte fich felbit ver 
Drittel beraubt, einem Vertragsbruche vonjeite ber Öfterreicher 
entgegenzutreten, da er noch am Tage, wo ber Friede in Neu- 
ſtadt abgeſchloſſen ward, aus Sparſamkeitsrückſichten die Ent» 
laſſung ſeiner Söldner angeordnet hatte. 

Der Tag in Wien, der von zahlreichen deutſchen Fürſten 
befucht wurde, beſchäftigte ſich denn auch gar nicht mehr ernſt⸗ 


1) Schon am 29. September verleiht Ladislaus das Munzmeiſteramt 
in Wien an Wolfgang Holger. Lichnowsky VI, Reg. Nr. 1706. Für 
die folgenden Borgänge und bie Verhandlungen in Wien und Neuflabt 
ift leider wieder Aeneas Sylvius, Hist. Frid,, p. 398 89q., der zwar 
ſehr gut unterrichtet, aber nicht unparteiiſch ift, faft bie einzige Duelle, 
Bol. auh Kurz, Öfterreih unter 8. Friedrich I, 127 ff. Voigt, Enea 
Silvio II, 73ff, und die Erörterungen von Chmel in „Situngßsber. 
ber Tatferl. Akad.“ XXVIII, 473ff. 


” Bergebliche Berkanbiungen mit dem Kaifer. 


lich mit der Frage, welche Anordnungen bezüglich der Bormunb- 
ſchaft getroffen werden follten, und es wurde Labislaus that 
ſächlich als großjährig angeſehen. Die kaiſerlichen Geſandten, 
unter denen Aeneas Sylvius Piccolomini, jetzt Biſchof von Siena 
und einer der angeſehenſten Räte des Kaiſers, und Ulrich 
Riederer, ein gewandter Yurift, die hervorragendften waren, ver- 
Iangten bei den Berbanblungen, die übrigens erft nach Neujahr 
begannen, mit beſonderem Nachdrucke Erſatz des Schadens, ber 
ihrem Herrn zugefügt worden, und Beftrafung ber Schuldigen. 
Die Ungarn und Oſterreicher antworteten mit ber Forberung, 
daß der Kaiſer die ungariiche Krone und die Schlöffer und Ort- 
ſchaften Herausgebe, die er in ihren Ländern in Befit hatte. Wenn 
bie Geſandten Friedrichs Darauf hinwieſen, daß diefer bie ftreitigen 
Gebiete teils als Pfand oder durch Kauf, teils in gerechtem 
Kriege an fich gebracht Habe, und erklärten, daß dieſer fie nur 
nach Wiedererftattung der gezahlten Summen und nad Zaß- 
Iung einer Kriegsentſchädigung zurüctellen würde, fo antwor- 
teten die Oſterreicher mit der Gegenforderung, daß der Kaiſer 
bie Herrichaften, die er als Vormund in ihrem Lande ver- 
pfändet hatte, mit feinem eigenen Gelde wieder auslöje. 

Die vermittelnden Reichsfürſten, an deren Spite Albrecht 
von Brandenburg ftand, brachten die Öfterreicher und Ungarn 
endlich zu einem Angebote, deſſen Annahme fie befürworteten, 
da günftigere Bedingungen nicht zu erlangen wären. Danach 
folte der Kaiſer alle Güter, die ihm in Ungarn und Oſter⸗ 
reich verpfändet worden wären, behalten, die übrigen aber wie 
bie ungarifche Krone zurüdgeben. Was er felbft anderen als 
Pfand verichrieben hätte, follte er mit eigenem Gelde auslöfen, 
aber von König Ladislaus zu diefem Zwecke 80000 Dulaten 
erhalten. Da die ®ejandten nach ihren Inſtruktionen biefe 
Vorſchläge nicht annehmen konnten, fo reiften die Fürften mit 
Aeneas Sylvius und Ulrich Riederer wie mit Ulrich Eizinger 
und dem Biichofe von Großwarbein als Gelandten des Ladis⸗ 
laus ?) nach Neuftadt, um den Kaifer zur Annahme derielben 


1) Diefe beiden erwähnt Ebendorffer, p. 873. 


Einfluß Ulrichs von Cilli. 9 


33 beivegen. Friedrich fand das Angebot viel. zu niedrig und 
ließ. den Bilchof von Siena, der fih warm dafür ausſprach, 
feine Ungnade fühlen. Aber während einer fchlaflofen Nacht 
befann er fich doch eines andern und beauftragte feinen: Bruder 
Wbrecht, die Vertragspunkte aufzufegen. Nach bem von biefem 
verfaßten Entwurfe, ber nom 26. März 1453 datiert ift!), 
ſollte ver Kaifer in Ungarn Odenburg und das Schloß Forchten⸗ 
ftein als Pfand um 50000 Dulfaten behalten, Güns und Rech⸗ 
nit. wie die Königskrone herausgeben, für feine Forderungen 
an Ofterreih 30000 Dulaten und als Pfand dafür Steyer 
usd zwei andere Schlöffer. befommen und auch im Beſitze der 
&üter bleiben, bie König Albrecht: an Triebrich von Zirol ver- 
äußert und fpäter er am fich gebracht hatte. Aber auch dieſer 
Vertrag, der in der That für den Kaifer vorteilhaft genug 
geweſen wäre, kam nicht zur Ausführung, da Ulrich von Cilli 
bie Beitätigung burch ben König Ladislaus vereiteltee Noch 
beim Tode dieſes Könige. waren die Streitigleiten mit bem 
Kaiſer nicht vollſtändig beigelegt. 

Obwohl Ladiglaus vom Kaiſer eine ſehr gute Erziehung 
erbalten hatte und auch reifen Verſtand und namentlich) eim 
‚ausgeprägtes Bewußtfein von feiner Zöniglichen Würbe zeigte, 
io war er doch in einem Alter von faum 13 Jahren noch un« 
"möglich imftande, als wirklich jelbjtändiger Fürſt unter ben 
ichwierigften Verhältniffen die Regierung zu führen. Es war 
boch eigentlich nur bie Perjon des Vormunds gewechjelt worden, 
indem der junge König fich zunächjt ganz von jeinem Vetter 
Ulrich von Cilli leiten Tief. Nun ftand allerdings in Bes 
ziebung auf den Charakter Ulrich Hinter dem Kaiſer weit zu⸗ 
rüd; er war ausichweifend gleich feinem Vater, als Politiker 
ebenjo wie bie meiſten Großen feiner Zeit, gewiſſenlos. Aber 
ar war ein energiiher und verftändiger Mann ?) und auch 


3) ©&o bei Chmel, Materialien II, 46. Nach anderer Hſ. ap. Pez 
Ik, 557, vom 28. Mär; 

2) Consilio maturus und vir cordatus atque sagax nennt ihn 

Aeneas Sylvius 1445 in Ep. 81 (ed. Basil.), der in feinen fpäteren, 


92 Hunyady Hauptmann in Ungarn. 


eifrig bedacht, die Intereffen des jungen Königs zu wahren 
und deifen Autorität zur Geltung zu bringen. Doch mußte 
er mit großer Vorficht handeln, da das Anſehen und die Macht 
Hunyadys und Podiebrads in Ungarn und Böhmen zu tiefe 
Wurzeln gejchlagen batten, als daß fie einfach Hätten befettigt 
werden fünnen, und jebenfall® vermeiden, fich die bisherigen 
Machthaber in den verjchievenen Ländern bes Königs zugleich 
zu Feinden zu machen. 

. Anfangs ſchloß fih Ulrih an die Ungarn und Johann 
Hunyady ar, obwohl diejer in früheren Jahren fein entichievener 
Feind, geweien war. Als Hunyady um Weihnachten 1452 die 
Stelle eines Gubernators nieverlegte, ernannte ihn König Ladis- 
laus, natürlich von Ulrich dazu beftimmt, zum erblichen Grafen 
von Diltrig oder dem Nösnerlande und verlieh ihm eine Reihe 
anderer Auszeichnungen ?). Wichtiger war es, daß Hunyady 
tbatjächlich die Verwaltung Ungarns auch fortan behielt, indem 
er während der Abwejenbeit des Königs zum oberiten Haupt- 
mann besjelben und zum Verwejer der königlichen Einkünfte 2) 
ernannt wurde. Es ſoll zugleich die Verabredung getroffen 
worben fein, daß er dem Könige jährlich 24000 Dukaten ab- 
liefern, von dem Weite ver Einkünfte aber die Koſten der Ver⸗ 
waltung des Reichs und der Yandesverteidigung bejtreiten jollte ®). 
Oleichzeitig wurde Hunyadys Älterer Sohn Ladislaus zum Ban 





nach 1452 gefchriebenen, Geſchichtswerken ihn wie alle Eillier nicht ſchwarz 
genug ſchildern kann. 

1) Teleki X, 34789q.. Beurkundet wurde alles in Presburg am 
30. Sannar und 1. Februar 1453 nah eingeholter Zuftimmung des 
ungarifchen ReichStages, aber die Verleihung der Grafſchaft Biftrig nad 
der erſten Urkunde jhon in Wien vollgogen. Vgl. Ebendorffer, 
p. 872, 

2) So nennt fih Hunyady in Urkunden der folgenden Zeit. Beide 
Titel bei Teleki X, 379, erflerer allein ibid. 395. 403. 417. 422. 475. 
Vgl. ibid. II, 268, N. 4. 

3) Aeneas Sylvius, Ep. 162 mit „ut ajunt“, in Hist. Frid., 
p. 449 als Thatſache. Daß Hunyady auch dem Grafen jährlih 12000 
Dulaten verjprochen babe, bezeichnet Aeneas auch bier nur als Gerücht, 
das er in obigem Briefe vom 12. Yuli 1453 noch nicht erwähnt. 


Podiebrad Gubernator von Böhmen. 98 


von Kroatien, fein Günftling Iohann Bit, Biſchof von Grof- 
warbein, zum Sanzler des Königs ernannt ?). 

Jetzt zeigte übrigens Johann Giskra, daß ihm die DVer- 
teidigung der Rechte des jungen Labislaus nicht bloß ale 
Vorwand für eigennütige Beſtrebungen gedient Gabe, ſondern 
wirklich Herzensjache geweſen ſei. Der unbefiegte Krieger gab 
auf Verlangen des Königs die von ihm in Oberungarn be 
jeßten Städte und Burgen gegen eine Summe Geldes frei. 
willig heraus 2), und man konnte hoffen, daß endlich biefe ſchwer 
heimgeſuchten Gebiete die fehnlich gemwünfchte Ruhe finden würden. 
Aber feine Banden wollten das lang gewöhnte Leben nicht fo 
bald aufgeben. Einer ver früheren Unterbefehlshaber Giskras, 
der Böhme Peter Affamit, fammelte die ‚Brüder“, deren 
Zahl unter ihm bis auf 15000 Mann ftteg, da er nicht bloß 
boden Solo zahlte, fondern auch mit feinen Leuten die Beute 
teilte, und gründete im nörblichen Ungarn einen fürmlichen 
Näuberftant. Den Mittelpunkt eines zweiten Brüderheeres 
bildete Akſamits würdiger Genoffe Talafus, der auch fchon in 
Iegter Zeit umabhängig von Giskra das Räuberhandwerk im 
großen betrieben hatte. Ladislaus Hunyady, der mit einem 
Heere gegen Akſamit geſchickt wurde, vermochte ihn micht zu 
bezwingen. Um ihn weniger gefährlich zu machen, mußte man 
ihn endlich in den Sold des Königs nehmen >). 

Auh mit Georg von Pobiebrad fuchte fich Ulrich von Cilli 
zu verftändigen. Am 2. Mai 1453 beftätigte König Ladislaus 
denjelben nicht bloß als Gubernator von Böhmen, fondern 
verlängerte ihm ſogar diefe Würde auf weitere ſechs Jahre. 
Ale Beamten erhielten die Weifung, demſelben Gehorjam zu 
leiften und die Einkünfte ihm an Stelle des Königs abzu- 
liefern ®). 


1) Teleki X, 365. 381. 383 zc. 2al. II, 277, N. 2 und 3. 
2) Aeneas Sylvius, Epist. 162. 


8) Aeneas Sylvius 1. c. und Europa ap. Freher II, 88. 
Krones, Die böhmischen Söoldner Im öſtlichen Oberungarn, ©. 9ff. 


4) Balady IV, 1, 325f. 


u Sturz Ulrichs von Cilli. 


Hatte fo Ulrich im Namen des Königs auf die Regierung 
in Ungarn und Böhmen anf Lange Zeit verzichtet, fo fuchte 
ex fich wenigftens auf die Verwaltung in Ofterreich einen maß- 
gebenden Einfluß zu fichern. Dadurch mußte er aber mit Ul⸗ 
rich Eizinger in Konflift kommen, ver dasſelbe anftrebte und 
mir zu dieſem Zwecke den Aufſtand gegen ben Sailer ange⸗ 
ſchürt Hatte. Eizinger Hatte die Prälaten, den niederen Abel 
und bie Stäbte auf feiner Seite, während die Barone, viel 
leicht aus Abneigung gegen den fremden Emporkömmling, mehr 
dem Grafen von Cilli geneigt waren. Anfangs verichaffte 
dieſem fein Einfluß auf den König das Übergewicht. Eizinger 
ward im Sommer 1453 aus dem Rate vesjelben entfernt ?), 
ja der Cillier ſuchte deſſen Macht vollftändig zu vermichten, in⸗ 
dem er dem König riet, von ihm die zahlreichen Ianbesfürft- 
lichen Burgen zurüdzufordern, welche vemfelben nach und nad 
übertragen worden waren ?). Aber fchlieplih fand der Graf 
an Eizinger feinen Meifter. Als im September 1453 ein 
öfterreichticher Landtag nach Korneuburg berufen wurde, um 
für die bevorftehenbe Krönung des Königs in Böhmen Gelb» 
mittel zu bewilligen, fo forderten bie Stände auf Veranlaffung 
Eizingers in einer geheimen Sigung von Ladislaus Die Ent» 
laffung des Cilliers. Der König fagte zu und übte die Kunft 
der Berftellung, die er während der läſtigen Vormundichaft 
gelernt hatte, dem Grafen gegenüber mit folcher Meiſterſchaft, 
daß diefer von der ihm drohenden Gefahr feine Ahnung batte. 
Nach der Rückkehr nach Wien, deffen Bürgerfchaft Eizinger un⸗ 
bedingt ergeben war, ließ diefer während ber Nacht die Burg 
mit zahlreichen Soldaten befegen und fündigte am 28. Sep» 
tember dem Gillier im Gegenwart und im Namen des Königs 
fetne Entlafjung an. Der Graf, in Wien allgemein verhaft 


1) Aeneas Sylvius, Hist. Frid., p. 447. Noch am 13. Mai 
1453 zeigt 8. Ladislaus auf Nat Ulrih8 von Cilli fih ihm günftig. 
Chmel, Materialien II, 52. Am 9. Juli ift Eizinger Zeuge des 8. 
Ladislaus für Cilli. F. R. Austr. Dipl. II, 40. | 

2) Nah des Grafen eigner Angabe in fpäterem Schreiben an bie 
öfterreihifchen Stände ap. Kollar U, 1385 gg. 


K. Ladislaus und die Böhmen. 5) 


und vom Pöbel fogar mit. Steinwürfen eınpfangen, mußte froh 
jein, daß er ohne Gefährdung feines Lebens aus ber Stabt 
entlam !). | 

Gewonnen bat freilich der König durch dieſe Anordnung 
am wenigiten. Er mußte jett die ganze Negierungsgewalt in 
Oſterreich bis zur Vollendung feines zwanzigften Jahres einem 
Rate von zwölf Berjonen übertragen, von denen jever ber vier 
Stände drei wählen folite ?). 

Einen nicht größeren Einfluß erhielt Labislaus in Böhmen ?). 
Seiner Krönung zum Könige hatten fich dort große Schwierig- 
feiten entgegengeitelt. Ein Landtag, der um bie Mitte 
bes Oktobers 1452 kurz nach der Befreiung des Ladislaus 
m Prag zufammengetreten war, Hatte dieſem das Erbrecht 
abgeiprochen, weil er deſſen Vater nicht als rechtmäßigen 
König von Böhmen anſah, proflamierte ihn aber als gewählten 
König, wenn er die an ihn gejtellten Bedingungen betreffend 
die Gültigkeit der Sompaftaten und der von ben Böhmen mit 
dem Kaiſer Sigmund geichloffenen Verträge und die Befür⸗ 
wortung der Wahl Rolycanas zum Erzbiichofe annähme. 
Ladislaus fol den Böhmen anfangs auf ihre firchlichen Forde⸗ 
rungen mit jugendlichen Eifer geantwortet haben, wenn fie 
ihn zum Könige haben wollten, foliten fie Chriften fein und 
ſich zu demſelben Glauben befennen wie er. Aber nachdem 
Podiebrad mit Ulrich von Cilli und Eizinger in Znaim längere 
Zeit unterhandelt hatte, machte Ladislaus am 1. Mai 1453 
doch den Böhmen die verlangten Veriprechungen. Sogar vie 
Ungültigleit der Negierungshandlungen feines Vaters gab er 
indirekt zu. Da die Böhmen Ladislaus nur auf Grund ihrer 
Wahl als König zulaffen wollten, fo ärgerte es fie gewaltig, 
daß die Mährer dieſem am 6. Juli als ihrem Herrn Die 


1) Aenoas Sylvius, Hist. Frid., p. 404. 450sqq. Hist. Bohem. 
cap. 61. Ebendorffer, p. 873. Cillier Ehronit, ©. 112f. Bol. 
des Grafen Ulrih Schreiben ap. Kollar I, 1385 qq. 

2) Kollar II, 1390—1404. 

3) Balady IV,1, 314ff., und defien „Urkundl. Beiträge” in F. R. 
Austr. Dipl. XX. 


% Einfluß Georgs von Podiebrad. 


Huldigung Teifteten, ohne deſſen Krönung in Prag abzuwarten, 
die erft am 28. Dftober durch den Erzbilchof von Gran und 
den Bifchof von Olmüg vorgenommen wurde. Die Bürger 
von Breslau, welche die heftigſten Feinde der Hufiten waren 
und in diefer Gefinnung dur den leidenfchaftlichen Buß⸗ und 
Slaubensprediger Johann von Capiſtran noch mehr beftärkt 
iwurben, weigerten fich überhaupt, dem Könige in Prag, mitten 
unter Ketern zu huldigen. Erft als Ladislaus im Dezember 
1454 nach Breslau fam, leifteten fie ihm die Huldigung aber 
ausdrüdlich als ihrem „angeborenen Erbherrn“ '). 

Auch nach der Krönung des Königs blieb Die Negierung 
Böhmens faſt ansjchlieglich in den Händen Georgs won Podie- 
brad, der nicht bloß Bubernator blieb, ſondern auch königlicher 
Hofmeifter wurde. Es war dies eine der glücklichſten Zeiten 
für das Neid. Der Friede im Innern wurde bergeftellt, bie 
verwirrten Befigverhältniffe geregelt, die Finanzen georbnet. 
Auch zwiſchen den Katholiken und Utraquiften beftanden im 
ganzen friedliche Beziehungen. Georg felbjt war fein unduld- 
ſamer Fanatifer, der die Unterbrüdung ber Katholiken anftrebte, 
und mußte auch auf den eifrig Fatholiichen König Rückſicht 
nehmen. Beide Religionsparteien ſtanden fich vollkommen gleich- 
berechtigt gegenüber und teilten fich in die Landesämter. Auch 
das Tatholiiche Domkapitel hatte zur Zeit der Königsfrönung 
nah Prag zurückkehren dürfen. „Durch das Beſtreben des 
Gubernators“, bemerkt felbft fein veligiöfer Gegner Aeneas 
Sylvius im Jahre 1455 in einem DVortrage an den Papft, 
„wurbe ganz Böhmen gleihfam ein Voll. Jedem wurde fein 
Ritus gelaffen und eine Strafe gegen den verfügt, der den 
andern Zeil der Ketzerei beichulbigte. So liegen der Wolf 
mit dem Schafe, der Panther mit dem Jungen des Löwen 
rubig bei einander“ *). Vergeſſen bat fich freilich Georg auch) 
felbft nicht. Er erhielt von Ladislaus die Erlaubnis, das nom 


1) Srünhagen und Markgraf, Lebens- und Befigurlunden 
Schleſiens I, 83. 


2) ©. Boigt, Enen Silvio II, 167. 


Stellung Hunyadys in Ungarn. 97 


Könige Sigmund um verhältnismäßig geringe Summen ver 
pfändete Herzogtum Meünfterberg in Schleften, das Glaker 
Land, die Stadt und Herrſchaft Kolin und verjchtebene böhmiſche 
Burgen an fich zu löſen ?). Und bei aller Tüchtigkeit Georgs hat 
das böhmifche Reich gerade in diefer Zeit einen dauernden 
Berluft erlitten. Schon 1441 hatte ber Herzog Wenzel von 
Aufhwig dem Könige von Polen für die Zurüdgabe ber ihm 
entriffenen Stadt Zator die Huldigung geleiftet. Im Jahre 
1453 mußte fein Bruber Johann, der unbejonnenermweile 
einen Einfall in das polniiche Gebiet unternommen hatte, ſich 
ebenfalls zur Huldigung berbeilaffen. Vier Jahre darauf Hat 
dann Johann das Herzogtum Aufhwig um 50000 Mark 
Groſchen ganz an Polen verfauft ?), ohne daß vonfeite Böhmens 
irgendeine Einfprache erhoben wurde, vielleicht weil Kaſimir 
von Polen 1454 des Königs Labislaus jüngere Schwefter 
Elifabeth geheiratet Hatte. 

Während aber im ganzen fich die Zuftände des böhmiſchen 
Neiches immer mehr befferten und das Verhältnis zwifchen 
dem jungen Sönige und dem Verweſer Böhmens wenigftend 
äußerlich ein ſehr gutes war, geftaltete fich die Lage Ungarn 
immer unglnftiger. 

Auh in Ungarn war Labisfaus nur dem Namen nad 
König und lagen alle militärifchen und finanziellen Befugniſſe 
in den Händen Johann Hunyadys. Aber vefjen Stellung war 
nicht fo feft wie gegenwärtig die Podiebrads. Er hatte unter 
den Grofen zahlreiche Feinde, Die ihm vorwarfen, daß er das 
Reich bebrüde und zwei ungarifche Heere wie den König Wladi—⸗ 
law dem Untergange preisgegeben habe ?). Schon am 13. Sep» 
tember 1453 fchloffen mehrere frühere Gegner und Rivalen 


1) Grünhagen und Markgraf a. a. ©. 11,150. Vgl. Palady 
IV,1, 350f. 

2) Eine Mark Groſchen „polnifher Zahl” Hatte 48 Stüde. Die ein- 
(Hlägigen Urkunden bei Grünhagen und Markgraf a. a. O. II, 
584. Vgl. G. Biermann, Zur Geſch. der Herzogtümer Zator und 
Auſchwitz, in „Sitzungsber. der kaiſerl. Atademie XL, 620 fi. 

3) Aeneas Sylvius, Hist. Frid. ap. Kollar II, 404 sq. 

Huber, Geſchichte Öfterreih. TIL. 7 


98 Unzufriedenheit bes Königs Ladislaus. 


Hunyadys, der Karbinal-Erzbifchof Dionys von Gran, der Pa⸗ 
latin Ladislaus von Sara und der flebenbürgifche Woywode 
Niklas von Ujlak, dann der Biſchof Andreas von Fünffirchen 
und der Tönigliche Hofrichter Ladislaus von Paldcz eine Ver⸗ 
bindung, beren Tendenz gewiß gegen Hunyady gerichtet war, 
wenn auch dieſer nicht genannt und nichts anberes verfügt 
ward, als daß fie dem Könige Labislaus und „dem Lenker 
feiner Angelegenheiten” Ulrich von Cilli gegen alle Ungehor- 
famen und Rebellen immer beiftehen wollten I). Vielleicht war 
es nur ein Schachzug gegen biefe Verbinbung, wenn nach bem 
Sturze des Cillierd bei Gelegenheit der Königsfrönung in Prag 
Johann Hunyady und der ungarifche Hoffanzler, Biſchof Jo⸗ 
hann von Großwardein, mit den Machthabern in den übrigen 
Reichen, mit Georg von Podiebrad und befjen Freunden Alefch 
und Zdenko von Sternberg und mit Ulrich Eizinger und deſſen 
Brüdern auf ſechs Jahre ein Bündnis fchloffen, obwohl natürlich 
auch bier der Nuten des Königs vorgefchoben wurde 2). 

Wenn auch der König unmittelbar nad) feiner Befreiung 
aus den Händen feines VBormundes fich felbft in demonftrativer 
Weife für einen Ungarn erklärt hatte ®), warb er doch enblich 
unzufrieben mit der Wendung, welche die Dinge bier nahmen. 
Er Hatte einem ungarijchen Neichdtage, der im Januar 1454 
in feiner Abweſenheit in Ofen gehalten wurde, eine Reihe von 
Borichlägen gemacht, welche die Herftellung des inneren Trieben 
und einer georbneten Rechtspflege, die Sicherung des Landes 
gegen die Türken und eine befjere Verwaltung der königlichen 
Einkünfte, aber unter Wahrung der Rechte der Stände, bes 
zweckten. Es follten zur Einhebung der Steuern und Abgaben 
verläßliche Beamte aufgejtellt, die Bezüge ber verfchievenen Per 
fonen gejeglich firtert und ohne Zuftimmung bed Königs Teine 
weiteren Ausgaben gemacht werben. Übrigens wünfchte ber 
Köntg felbft, daß der Reichstag tüchtige und uneigennütige 


1) F. R. Austr. Dipl. II, 30. 
2) Ibid., p. 31. 
3) Aeneas Sylvius, Hist. Frid., p. 402. 


Verhaßtheit Eizingers. 9 


Männer wähle, die ihm zur Erledigung ungarifcher Angelegen- 
beiten al8 Räte zur Seite ftehen jollten, und zugleich die Er⸗ 
nennung eines größeren Rates in Ungarn felbft, um auf An- 
trag des Königs wichtigere Fragen entjcheiden zu können, ba 
bie Einberufung eines Reichſstages nicht immer möglich war !). 
Der ungariiche Reichstag ging auf diefe Vorjchläge nicht ein 
und beichloß zwar ganz zwedmäßige Maßregeln zur Abwehr 
ber Zürfen, aber auch die Verwendung der meiften Einkünfte 
für dieſen Zwed oder für Dinge, die dem Könige nicht not- 
wendig Ichienen. Er beftätigte daher nur den auf den Türken⸗ 
krieg bezüglichen Zeil der Neichstagsbeichlüffe 2), verfagte aber 
den übrigen feine Zuftimmung und beflagte fi in einem 
Schreiben an den Palatin Ladislaus Sara bitter, Daß die 
Verſammelten bie Löniglichen Einkünfte unter fich geteilt, auf 
feine Bebürfniffe aber ganz vergejlen haben, daß gerade von 
Ungarn, dem größten und vornehmiten feiner Reiche, am mwenig- 
ften für ihn geforgt werde und daß ihm außer dem Töniglichen 
Namen und einigen Einkünften von Salz faft nichtS bleibe ). 

Es waren doch recht unnatürliche Zuftändel Der Befiger 
zweier Königskronen und eines Herzogshutes, der nicht ohne 
herfönlichen Ehrgeiz und Thätigkeitsdrang war, hatte in feinem 
jeiner Länder eine wirkliche Macht. In Böhmen und Ungarn 
regierte ein Magnat, in Djterreich ein ftändifcher Ausichuß, und 
auch die Einkünfte wurden zunächit für die Bebürfniffe der Länder 
oder zur Bereicherung der Machthaber verwendet, die dem König 
nur ablieferten, was fie ihm zu geben für gut fanden. Übrir 
gens waren die Unterthanen fo wenig zufrieden wie der König. 
Wie Podiebrad, beſonders aber Hunyady unter den Großen 
viele Gegner hatte, jo haften viele öfterreichiiche Barone Ulrich 
. Eizinger, das Haupt der ftänbiichen Regierung, und warfen 
ihm Eigennug, Vergeudung der Güter und Einfünfte des Her- 
3098, Falſchmünzerei, Verhetzung der Stände unter einander 


1) Birk, Beiträge in „Quellen und Forſch.“, S. 2451. 
2) Abgebrudt ap. Katona XIII, 950-963. Die nicht beftätigten 
find leider unbelannt. 
3) Bei Birk a. a. O., ©. 223. F. R. Austr. Dipl. II, 8. 
7 * 


100 Uri von Cilli und Hunyaby. 


und Gewaltthaten und Übergriffe verichtevener Art vor !). Sit 
es ein Wunder, wenn ber junge König eine Änderung dieſes 
AZuftandes anftrebte, wenn er mit Sehnjucht auf die Tage zurück⸗ 
blickte, wo noch Ulrich von Cilli ihm geleitet und wenigftens 
anf das beſte für feine Bedürfniſſe gejorgt batte, und wenn 
er ber Verwendung ber freunde besjelben Gehör jchentte? 
Raum war er am 16. Februar 1455 aus Breslau nah Wien 
zurüdgefehrt, fo erichten der Graf wieder an feinem Hofe, wo 
er von ben Großen und dem wandelbaren Bolle mit Jubel 
empfangen wurde ?). 

Wie die Wiedereinjegung des Cilliers in feine frühere Stel- 
fung für Eizinger das Signal war, um fih aus Wien auf 
feine Güter zurüdzuziehen, fo jollte auch Hunyady bald bie 
Wirkungen berjelben empfinden. Schon am 7. April verbanven 
fich deffen Gegner Ladislaus Sara und Niklas Ujlaky mit Ul« 
rih von Cilli zu gegenfeitigem Beiſtande in allen Angelegen- 
beiten, die Ungarn und ihre Rechte beträfen ®). Es unterliegt 
feinem Zweifel, daß dieſes Bündnis vorzüglich gegen Hunyady 
gerichtet war und daß der Eillier, der auch in Ungarn bie oberfte 
Negierungsgewalt auszuüben ftrebte, denſelben zu verbrängen 
und ven König gegen ihn einzunehmen fuchte, wenn auch bie 
weitergehenden Beichuldigungen des Grafen, daß er Hunbaby 
nad Wien zu Ioden und bier zu töten beabfichtigt Habe *), un⸗ 
begründet oder wenigſtens übertrieben fein mögen. Doch kam 
zunächſt noch eine Ausſöhnung zwiſchen dieſem und dem Grafen 
Ulrich zuftande. Ja am 1. Auguft 1455 fchlofjen beide fogar 


1) ©. bie im leidenfchaftlicften Tone gehaltene Anklagefchrift gegen 
Eizinger aus biefer Zeit (nicht 1457) im „Notizenblatt” der kaiſerlichen 
Akademie 1857, ©. (231 ff. und) 245 ff. und Eizingers Verteidigung gegen 
andere Vorwürfe vom 22. Juli 1454, bei Birk, Beiträge a. a. O., 
©. 249f., wie Aeneas Sylvius, Ep. 127 (ed. Basil., p. 657), b. d. 
5. Juli 1454. j 

2) Aeneas Sylvius, Hist. Frid., p. 457. Am 15. $ebr. war 
Uri no in Waraspin (Chmel, Materialien II, 78), am 20. ober 
22., wie es fiheint, ſchon in Ofterreih. Boigt, Enen Silvio II, 132. 

3) Teleki X, 437. 

4) Aeneas Sylvius, Hist. Frid,, p. 457sgg. 


Eindrud des Falls von Konftantinopel. 101 


ein enge® Bündnis zu gegenleitiger Unterftügung gegen alle 
Beinde und verabrebeten zur Befeftigung besielben eine Ver⸗ 
mählung ihrer Kinder, des Ladislaus Hunyady mit Ulrichg 
Tochter Elifabeth '). Auch mit dem Könige jühnte fih Hunyady 
im Frühjahre 1456 aus, nachdem die Spannung zwifchen ihnen 
einen folchen Grad erreicht Hatte, daß leßterer nur mit einem 
Löniglichen ©eleitsbriefe und in Begleitung feiner mächtigften 
Anhänger an den Hof zu kommen gewagt hatte ?). 

Dur) die von außen drohenden Gefahren wurben bie in» 
neren Zwiftigfeiten für kurze Zeit zurückgedrängt. 

Am 29. Mat 1453 hatte der Sultan Muhammed II. Kon» _ 
itantinopel nach langer Belagerung erobert und baburch bem 
oſtrömiſchen Kaiferreiche ein Ende gemacht. Der Eindrud, den 
diefe Kataſtrophe auf das chriftliche Abendland hervorbrachte, 
war groß, aber nicht nachhaltig. In Deutichland wurden in 
den Jahren 1454 und 1455 drei Reichstage, in Regensburg, 
Srankfurt und Wiener Neuftadt, gehalten. Es wurden auf 
denſelben von Aeneas Syloius al8 Vertreter des Kaiſers ſchöne 
Reden gehalten, von verjchievenen Fürften großiprecheriiche Ver⸗ 
ſprechungen gemacht, aber nichts Definitives beichloffen, da weder 
ver Kaiſer noch die Fürſten für einen Krieg gegen die Uns« 
gläubigen wirklichen Eifer hatten, am wenigiten jih dafür in 
Untoften ftürgen wollten. Die übrigen Zürften Europas waren 
nicht opferwilliger. Die Päpſte Nikolaus V. und deſſen Nach» 
folger, der greife aber feurige Calixt III., ließen bas Kreuz 
predigen und Gelder einfammeln. Aber bie Prebiger, unter 
denen der Minorit Johann von Gapiftran der berühmtelte 
war, fanden überall Gleichgültigfeit oder Eiferfucht und Wider» 
willen gegen den Bapft, ver unter dem Vorwande eines Kreuz. 
zuge8 nur Geld in feine Kammer locke; nur beim gemeinen 


1) Chmel, Materialien II, 82f., erneuert am 31. März 1456. 
A. a. O., ©. 105. 

2) Thwrocz 1. IV, c. 53, fälſchlich zu 1453. Beſchuldigungen bes 
K. Labisfaus gegen Hunyaby vom 21. März 1457, bei Birk in „Duellen 
und Forſch.“, ©. 255. Am 4. April 1456 urkundet 8. Ladislaus wieder 
für Hunyady. Teleki X, 49. 


104 Üble Lage Ungarns. 


Schloß der Sultan dieſes durch eine auf der Donau erbaute 
Flotille auch auf der Wafferfeite ein. 

Die Mafregeln zur Abwenbung einer fo großen Gefahr 
waren fo kläglich als möglich. Bon außen blieb Ungarn troß 
aller Reichdtage und Kreuzbullen faft ohne Unterjtügung. 
Gapiftran brachte allerdings aus Deutſchland, Böhmen, Schlejien 
mid Polen wie aus Ungarn ſelbſt einige tauſend Kreuzfahrer 
zufammen. Aber e8 waren faft alles Leute aus ben untern 
Volksklaſſen, Handwerker, Bauern und Bettler, dann Studenten, 
Geiftliche, Mönche und Klojterbrüber, beſonders Minoriten, alle 
im Kampfe ungeübt, meift auch unbewaffnet, nur mit Rnitteln, 
Stöden und Schleudern, höchſtens mit Schwertern verfehen. 
Eine größere Zahl gut bewaffneter Leute aus Süpbeutfchland 
und Dfterreich fam erft nach Ungarn, als die Türken bereits 
von Belgrad abgezogen waren !). Ungarn jelbft war durch 
Uneinigfeit unter den Großen und bie Eiferjucht gegen Hunyady 
gelähmt. König Ladislaus, der, begleitet vom Grafen von Cilli 
und dem fchon im vorigen Jahre wieder in feinen Rat aufs 
genommenen Etzinger ?) im Januar nach Ungarn gelommen 
war, dachte noch im April weniger an die Abwehr ver Türken 
als an einen Feldzug gegen den Kaiſer, der ohne die verlangte 
Entſchädigung die ungariſchen Grenzgebiete und die Reichskrone 
nicht herausgeben wollte*). Anfangs Juni verließ Ladislaus 
unter dem Vorwande einer Jagd Ofen und begab ſich nach 


1) Anonymi Chron. Austriac. ap. Senckenberg, Selecta V, 13sq. 
Nach dieſer gleichzeitigen Chronik, p. 12, belief fih die Zahl der Kreuz⸗ 
fahrer in Belgrad (Polen und Deutiche) auf 6000, ein von ben Nürn« 
berger Hauptleuten am 15. Eeptember nachhauſe geſchickter Bericht an 
K. Ladislaus, im „Anz. f. K. d. deutſchen Vorzeit“ 1863, ©. 253 ff. 
giebt als Gefumtzahl der Deutſchen, Polen und Ungarn in Belgrad 
mehr als 12000 Dann. Diefe Angaben verdienen viel mehr Glauben 
als andere, viel höhere Schätungen, ja geben vielleicht noch zu bobe 
Ziffern, va nah Dlugosz 1. XIII, col. 187 Capiftran nur cum 800 
armigeris, meift Polen, nad) Belgrab fommt. 

2) Lichnowsky VI, Nr. 2031. 2066 (vollſtändig Teleki X, 476. 
490) und bie „Zeitung” bei Balady, Urkundl. Beiträge, ©. 9. 

3) Balady, Geſch. Böhmens IV,ı1, 387—393. 


Die Belagerung Belgrads. 105 


Wien, um bier Truppen gegen die beranziehenden Türken zu 
fammeln. Hunyadys Aufrufe blieben bei ben eiferjüchtigen 
ungariichen Großen unbeachtet. Außer feinen eigenen ‘Dienft- 
leuten fand fih nur Johann von Korogh, Ban von Machow, 
mit geringer Mannſchaft bet ihm ein. 

Die Verteidigung von Belgrad hatte Hunyady feinem 
Schwager Michael Szilaͤghi anvertraut ). ALS die Türken, 
welche Anfangs Juli die Belagerung begannen, dasſelbe immer 
mehr bebrängten, beichloß er, ungeachtet feiner geringen Macht, 
demielben Hilfe zu bringen. In Slankamen jammelte er uns 
gefähr 200 Fahrzeuge, belud fie mit Mannſchaft, Waffen und 
Lebensmitteln und griff damit am 14. Juli die türkifchen Schiffe 
an, bie mit Ketten an einander befeitigt waren. Gleichzeitig 
wurden biefe durch AO Kühne, welche mit Bewohnern von 
Belgrad, geſchickten Bogenjhüten, bemannt waren, von hinten 
gefaßt. Nach fünfjtündigem Kampfe war die türfiihe Schiffs- 
reihe geiprengt, drei große Galeeren verfenkt, die übrigen, deren 
Demannung meift tödlich verwundet war, zum Abzuge gezwungen. 
Der Weg nad Belgrad war geöffnet, aber die Mannfchaft, 
welche Hunyady und Capijtran dahin brachten, leider wenig 
zablreich. 

Eine Woche darauf war Belgrad bereit8 aufs äußerite 
gebracht. Die Feftungsmauern mit den Türmen waren auf 
einer Seite zufammengejchoffen, die Gräben ausgefüllt, c8 war, 
wie Hunyady jpäter jchrieb, feine Feſtung mehr, jondern ein 
ebenes Feld. Am Abend des 21. Yuli ordnete baber ber 
Sultan den Sturm an, der die ganze Nacht und bis zum 
folgenden Mittag fortvauerte. Wiederholt drangen die Türken 
in die Stadt; fchon wehte endlich die Fahne mit dem Halb» 
mond auf den Mauertrümmern; ſchon ftürmten die Feinde das 
legte Bollwerk, die Burg; ſchon fol Hunyady felbjt an bie 
Räumung berielben gedacht Haben. Doch fiegte bier endlich die 


1) Diefen nennt al8 capitaneus Thwrocz 1. IV, c. 55, unb König 
Ladislaus felbft in Url. vom 21. März 1457, in „Quellen und Forſch.“ 
©. 255. 


106 Johann Hunyabys Tob. 


Begeifterung der durch die Zurufe Capiftrand angefeuerten 
Chriſten über die zahlveicheren Türken, welche teilweife im ben 
Gräben durch ſchwefelgetränkte, angezündete Neifigbündel elend 
verbrannt und endlich aus der Stadt binausgetrieben wurben. 
Tollkühn drangen die Kreuzfahrer troß des Verbotes Hunyadys 
ihnen nad. Sie gerieten zwar eine Zeit lang in Bebrängnis 
und verloren fehr viele Leute. Als ihnen. aber Hunyady mit 
den Ungarn zubilfe fam, jo bemächtigten fie fich vieler Geſchütze 
und griffen ſelbſt das befeitigte türfifche Lager an. Da im 
entſcheidenden Augenblide 6000 türkiiche Reiter, bie zur Deckung 
des Donauufers entjendet gewejen waren, zurüdlehrten und bie 
Chriſten im Rüden angegriffen, wurben bieje am Abende end- 
lich zurüdgetrieben. Aber in ver folgenden Nacht trat ber 
Sultan, der feine Artillerie und ven größten Teil der Janit⸗ 
icharen verloren hatte und felbft vurch einen Büchſenſchuß am 
Schenkel verwundet worden war, in aller Stille den Rück⸗ 
zug an'). 

Die beiven Netter Belgrads und dadurch auch Ungarns 
überlebten diefen Sieg nicht lange. Hunyady ftarb ſchon amt 
11. Auguft mit Hinterlafjung von zwei Söhnen, Ladislaus und 


1) Die Berichte über die Kämpfe um Belgrad (von denen einige ber 
wichtigften leider noch nicht aufgefunden find) Hat Katona im 13. Banb 
ziemlich vollftänbig gefammelt. Es kommen Hauptfächlih zwei Schreiben 
Hunyadys an den Erzbiſchof von Gran und den König Labislauß, 
leider nur ſehr ſummariſche Angaben enthaltend, zwei bürftige Schreiben 
Eapiftrans, ber erwähnte Beriht im „Anz. f. K. d. deutſchen Vorzeit“ 
1863, Sp. 253, dann ber rubmrebige Bericht des Minoriten Sodann 
von Tagliacozzo, eines Begleiters Eapiftrans, weiter Chalkokon- 
dylas, p. 416sqq, Thwroczl.c., Dlugosz, 1. XIU, col. 186sgqg. 
und Aeneas Sylvius, Hist. Frid., p. 460, unb Hist. Boh., c. 65, 
in Betradt. Vgl. auch Ebendorffer, p. 878899. Bon den wid 
tigften Vorgängen kaun man fih daraus ein annähernd richtiges Bild 
maden. Doch darf man nicht alle erzählten Einzelnheiten verwerten 
wollen, da die Duellen fih im Detail fehr oft wiberfprechen. Cine ver- 
nünftige Kritit der Quellen bat ©. Voigt, Johannes von Eapiftrano, 
in „Sybels Hiſt. Zeitſchr.“ X, 75ff., geliefert, der aber Chalkokondylas 
überfehen bat. 


K. Ladislaus und Ladislaus Hunyady. 107 


Matthias, an der Peſt, Capiſtran folgte ihm am 23. Oltober 
im Tode nach. 

Unßerdeſſen waren aus Süddeutſchland auf der Donau 
zahlreiche gut ausgerüftete Kreuzfahrer nach Wien gelommen 
und nad Ofen weitergefahren, denen dann noch bei 3000 
Ofterreicher folgten. Am 25. Auguft brach auch König Ladis⸗ 
laus in Begleitung des Herzogs Dtto von Baiern mit einer 
Schar von Söldnern nah Ungarn auf, wohin ihm außer 
mehreren böhmiſchen Herren auch Ulrich von Cilli folgte, ber 
am 3. September mit Georg von Podiebrad in Mähren eine 
Zuſammenkunft gehalten und einen Vertrag zu gegenfeitiger 
Unterftügung gejchloffen Hatte. Anfangs Oktober begab fich ver 
König nad Futak oberhalb Peterwardein, wohin ihm die Kreuz, 
fahrer, Deutſche und Angehörige der böhmijchen Länder, un- 
gefähr 6000 an der Zahl !), vorausgefahren waren, andere 
nachfolgten. Hierher Hatte er auch die ungarifchen Großen 
berufen, um mit ihnen über die Führung des Krieges gegen 
die Türken und andere Angelegenheiten zu beraten. Allein 
Ladislaus Hunyady, des Gubernators älterer Sohn, der mehrere 
taufend Mann um fich gefammelt Hatte ?), erſchien erft dann 
beim Könige, als ihm dieſer die urkundliche Verficherung ge« 
geben hatte, daß fein Vater ald Reichsverweier und Hauptmann 
die Staatseinkünfte getreu verwaltet babe und daß deswegen 
feine Söhne nicht zur Rechenschaft gezogen werben follten ?). 
Doc verſprach er dann dem Könige eivlich, Belgrad und andere 
der Krone gehörige Burgen, die noch von feinem Vater ber in 
feiner Gewalt waren, innerhalb einer bejtimmten Friſt zurück⸗ 
äuftellen. Auch mit Ulrich von Eilli erneuerte Ladislaus Hunyady 


1) Diefe Zahl, welche Anonymi Chron. Austr. ap. Senckenberg, 
Sel. V, 14 angiebt, fcheint mir glaubwürdiger als die 44000, welde ein 
fonft gleichzeitiger Bericht bei Birk, Beiträge in „Quellen und Forſch.“, 
S. 251, nad Belgrad kommen läßt. 

2) Berichte der Nürnberger Hauptleute vom 15. Oft. und 4. Nov., 
im „Anz. f. 8. d. deutſchen Vorzeit“ 1863, Sp. 286 ff. 

3) Pray II, 371. gl. die Urkunde Königs Labisfaus vom 21. März 
1457, in „Duellen und Forſch.“, ©. 256. 


108 Ermordung Ulrichs von Eili. 


den Vertrag, den vor einem Sabre fein Vater wegen feiner 
Vermählung mit der Xochter des Grafen gejchlojfen hatte. 
Auch diefer Vertrag wurde feierlich befchworen. Nachvent ber 
König Hierauf den Grafen Ulrich zum Hauptmann feines Heeres 
ernannt hatte !), fuhr dasſelbe am 8. November mit bem 
Könige nach Belgrad. 

Ladislaus Hunyady war aus dem Lager zu Tutal dem 
Könige nach Belgrab vorausgegangen unter dem Vorwande, 
demſelben eine würbige Herberge bereiten zu wollen. Es läßt 
fich nicht mit Sicherheit jagen, ob er ſchon damals entſchloſſen 
war, dem Grafen von Eilfi, durch den er ganz in ben Hinter- 
grund gebrängt zu werben fürchtete, aus dem Wege zu räumen, 
oder ob er erft in Belgrad mit feinen Freunden den Plan 
hierzu gefaßt hat. Wahrfcheinlicher tft das erſtere. Wenigſtens 
wurde der Graf jelbft vom Erzbilchofe von Ealocja, von Reinold 
von Rozgon und anderen Ungarn gewarnt, ſich nicht nach Bel- 
grad zu begebent. Da aber jein Rat Friedrich Lamberger, den 
auch ex in Begleitung des Königs und anderer Herzen von 
Semlin nach Belgrad und ritt auf das Schloß. 

Kaum hatten dieſelben mit wenigen Dienern die Zugbrüde 
 überfchritten, jo wurde bas Thor gefchloffen und feinem Be⸗ 
waffneten mehr der Eintritt gejtattet; die Kreuzfahrer mußten 
in der Stadt lagern, während Die Burg ganz in ber Gewalt 
der Bartet Hunyadys war. Schon am frühen Morgen des 
folgenden Tages (9. November) Tieß Hunyady den Grafen unter 
dem Borwande einer wichtigen Beratung aus der Meffe zu 
fih laden. Als derſelbe nach Vollendung des Gottespienftes 
erichien, empfing ihn Hunyady, bei dem fich auch fein Mutters⸗ 
bruder Michael Szilaͤgyi, Ladislaus von Kanifa und andere 
feiner Anhänger befanden, mit heftigen Vorwürfen über fein 
feindfeliges Verhalten gegen feinen Vater und ihn ſelbſt. Da 


1) Michel Beheims Gebit in „Duellen und Forſch.“, &. 57, 
B. 472 ff. „Cillier Chronik“, S. 121: „zu einen oberften baubtmann 
(andere Hſ.: Veldt⸗haubtmann) in Ungarn“. 


Verhalten bes Könige. 109 


der Graf fich verteidigte, griffen die Magnaten zu ben Schwertern, 
worauf auch der Cillter feine Waffe zog und Hunyady an der 
Hand und am Haupte, Szilägyi am Arme verwundete und 
noch andere verlegte. Geſchützt durch fein Panzerhemd leiſtete 
er lange Widerſtand. Endlich aber wurde er vom berbeieilenden 
Gefolge Hunyadys an den Füßen verwundet, zu Boden geworfen 
und getötet, worauf man dem Leichnam noch das Haupt ab» 
ſchlug. Graf Gregor von Korbavien und ein jechzehnjähriger 
Züngling Namens Kepler '), die auf den Lärm ihm zubilfe 
gekommen waren, hatten ihn nicht retten können, leterer war 
jelbjt an den Fingern verwundet worden. Auch das Gefolge 
des Eilfierd und der anderen nicht ungarifchen Begleiter des 
Königs wurde ihrer Waffen und ihrer ganzen Habe beraubt. 

Dem Könige ftellte Hunyady vor, der Eillier babe den 
Kampf begonnen, ſodaß derjelbe von ihm in gerechter Notwehr 
getötet worden fe. Da jener wie ein Gefangener in ben 
Händen der Anhänger Hunyadys war, fo blieb ihm nichts 
übrig, als das Geſchehene gutzubeißen und zu thun, was man 
von ihm verlangte. Die Kreuzfahrer hätten zwar gern bie 
Durg geftürmt und den Tod ihres Anführers gerächt, ließen 
fih aber endlich im Auftrage des Könige von den Herren von 
Roſenberg und Sternberg beruhigen. Unter dem Vorwande, 
daß wegen ber vorgerlicten Jahreszeit ein Zug gegen die Türken 
nicht mehr möglich ſei, fchicte fie der König unter Anführung 
Wilhelms von Liechtenftein nachhaufe 2) und meldete zugleich 


1) Er ift wohl der Sohn jenes Hanns Keppler von Selewitz, zu beijen 
Gunften Ulrich von Cilli 1455 urkundet Chmel, Materialien LI, 78. 
Bol. Lichnowsky VI, Nr. 2189. Nah PBalady, Geld. Böhmens 
IV, 1, 402, war er ein Böhme Namens Kaplir von Sulowig. 

2) Über den Zug nad Belgrad und die Vorgänge daſelbſt Haben wir 
mehrere eingehende Berichte, die teils von Teilnehmern am Kreuzzuge 
berrüßren, teild auf Mitteilungen von folchen beruhen, wie das Gebicht 
Michel Beheims in „Quellen und Forſch.“, S. 57 ff., der von Birk 
mit anderen einfchlägigen Aktenſtücken mitgeteilte Bericht ebd., S. 251f., 
das Schreiben bes öſterreichiſchen Hubmeiſters Konrad Hölzer bei 
Palady, Urkundl. Beiträge, ©. 104. Anonymi Chron. Austr. ap. 
Senckenberg, Sel. V, 15sggq., und bie „Eillier Chronit“, S. 119 ff. 


110 Stellung bes Ladislaus Hunyady. 


feinem treuen Giskra von Brandeis, den er auch gegen bie 
Türken aufgerufen Hatte, baß fein Erſcheinen nicht mehr 
nötig ſei !). 

Nah der Wegräumung des einflußreichiten Natgebers des 
Königs konnte fich Ladislaus Hunyaby in der That als ben 
eigentlichen Regenten von Ungarn anjeben, bejonvders da ihm 
der König notgedrungen auch die Würde eines Generallapitäng 
verlieh 2), die früher fein Vater befleivet hatte. Im feiner Be- 
gleitung begab fich der König von Belgrad nach Temesvar, wo 
diefem die Witwe des verftorbenen Gubernators mit ihrem 
jüngeren Sohne Matthias entgegenfam. Ein Meifter. der Ver⸗ 
ſtellungskunſt, zeigte fich der junge Fürft heiter, ja fröhlich, und 
forderte auch die Witwe mit ihrem Gefolge zur Ablegung ber 
Zrauerlleiver auf. Zugleich gab er die fchriftliche Verficherung, 
daß er den Mord jeines Wetters an Ladislaus Hunyady und 
beffen Bruder nie rächen würde, und leiftete darauf einen 
feterlichen Eid auf Die heilige Hoftie 3). Dadurch ficher gemacht 
und wohl auch auf ihre Macht und die Zahl ihrer Anhänger 
vertrauend, zogen bie beiden Hunhady im Dezember mit dem 


Jede Einzelfiheit wird man freilich denſelben nicht glauben dürfen, wie 
fie auch in ſolchen nicht felten differieren, aber im ganzen verbienen fie 
offenbar Glauben. Aub Ebendorffer, p. 881 8q., Dlugosz, 
1. XII, col. 190 und 199sqq., Eilis Feind Aeneas Sylvius, 
Hist. Frid., p. 463sq., ja ſelbſt Thwrocz 1. IV, cap. 58, wiber[prechen 
ihnen im ganzen nicht, nur flellen die beiden lettgenannten die Ermordung 
des Cilliers als nicht beabfichtigte Folge eines Wortwechſels zwiſchen ihm 
und Humyado bar. Die neueren ungariſchen Hiftorifer haben fich auch 
bier im weientlichen an ben fpäteren Bonfinius, den Hofhiftoriographen 
der Hunyadys, gehalten, ber natürlich ben Bruder des Könige Matthias 
als unſchuldig Hinzuftellen fucht. 
1) Kaprinai, Hung. dipl. I, 110. Katona XIII, 1128. 


2) Er führt dieſen Titel in Ur. vom 30. November ap. Katona 
XIII, 1134 

3) Thwrocz 1. IV, c. 59, teils durch Aeneas Sylvius, Hist. 
Frid., p. 464 2qq., teils durch die Ausſage bes Königs ſelbſt in Urk. 
vom 21. März 1457, in „DOuellen unb Forſch.“, S. 257, und bei Te- 
leki X, 546, beflätigt. 


Defien Hinrichtung. 111 


Könige nach Ofen, deffen Burg fie mit ihren Leuten beſetzten, 
ſodaß dieſer zunächſt auch Hier vollſtändig in ihren Händen war. 
Ladislaus Hunyady beutete die Abhängigkeit des Königs von 
ihm auch jetzt noch zur Vergrößerung feines Einfluffes aus, 
indem er ſich von ihm zum Schatntelfter ernennen Tieß !). 
Dan wird nicht behaupten können, daß der König fchon 
damals die Abficht gehabt habe, die Hunyady zu verderben und 
an ihnen blutige Rache zu nehmen. Aber außer Zweifel fteht, 
daß der ehrgeizige und felbftbewußte Fürft entichloffen war, ſich 
eine unabhängigere und würdigere Stellung zu verichaffen. 
Schon furz nad feiner Ankunft in Ofen erklärte er den unga⸗ 
riichen Magnaten, daß er jeßt zu feiner Vernunft und zu feinen 
Sahren gelommen fei, und daß er daher nun felbft regieren 
wolle, und verlangte ihren Rat und ihren Beiſtand, um in 
den Befit feiner Einkünfte zu fommen. Man wird bie um 
jo begreiflicher finden, al® man den König an den notwenbigiten 
Dingen Mangel leiden ließ und es einmal fogar an Holz zum 
Kochen fehlte). Auch fanden fih in Ofen die alten Rivalen 
der Hunyady, der Balatin Sara, der Woywode Niklas von 
Ujlaf, der Hofrichter Ladislaus von Palocz, der Oberftthürbüter 
Paul Banfiy von Lindva, der Böhme Giskra und andere, teil- 
mweife mit zahlreicher Begleitung, bei ihm ein, bie ihm gegen 
diejelben aufhegten und ihm zuredeten, er folle ven Mord feines 
Oheims nicht ungeräct laffen. In der That ließ der König 
am 14. März 1457 mit Unterftügung der Genannten und 
anderer Großer feiner Neiche die beiden Hunyady, den Reichs⸗ 
kanzler Johann Vitéz, Biſchof von Großwardein, Ladislaus 
von Kaniſa, Sebaſtian von Rozgon und andere, welche an der 
Ermordung des Cilliers beteiligt waren oder Anſtifter geweſen 


1) Er urkundet als tavernicorum regalium magister am 4. März. 
1457 ap. Katona XII, 1145. 

2) Aufzeichnungen bei Birk, Beiträge, in „Quellen und Forſch.“, 
©. 232f. und 252f. Die Ungarn erflärten ihm nun, daß feine Einkünfte 
fich jährlich auf 171000 Goldgulden beliefen, ohne jene, die zu den könig⸗ 
lichen Schlöffern gehörten, und jene, die Giskra inne Habe, und bie etwa 
50000 Gulden ausmachen. 


112 Aufftand der Freunde Hunyadys. 


fein jollten, gefangen ſetzen. Zwei Tage darauf wurde ber 
ältere Hunyady, den man beichuldigte, daß er fich gegen das 
Leben des Königs und feiner Räte verfchworen babe, auf Grund 
eines richterlichen Ausfpruches enthauptet t). 

Der junge Fürſt war glüdlih, daß er jet „ein freier 
regierenver König“ fei und daß e8 „niemanden mehr gebe, ber 
ihn beberrihe”. Aber die blutige That und fat noch mehr 
bie ungejchidte Art der Ausführung, indem das Haupt bes 
Ladislaus Hunyady erjt beim vierten Streiche fiel, brachte in 
Ungarn den übeljten Eindrud hervor. Das Voll, das den 
Vater des Hingerichteten als Nationalhelden verehrte, gab feinem 
Unwillen jo lauten Ausdrud, daß man bei Strafe an Leben 
und Gut verbot, gegen dieje That fi zu äußern, und daß 
ber König fich längere Zeit gar nicht mehr aus der Dfener 
Burg hinauswagte?). Die Mutter der Hunyady, unterjtüßt 
von ihrem Bruder Michael Szilaͤgyi, warb mit den reichen 
Schäten ihres Gatten Söldner in Ungarn und feinen Nachbar⸗ 
ändern und begann den offenen Krieg gegen den König und 
jeine Anhänger. In kurzer Zeit war ganz Siebenbürgen in 
Sztlagyis Gewalt. Ihm gelang es auch, den berüchtigten 
Pongrag von Sz. Millos, Grafen von Liptau, und. deifen 
Brüder durch das DVeriprechen der Rückgabe der ihnen früher 
entzogenen Burgen im wejtlichen Ungarn auf jeine Seite zu 


1) Daß nur bie Ermorbung bes Eillierd dag Motiv geweſen ift, 
fagt 8. Labislaus ſelbſt in Schreiben an die Rofenberg vom 15. März 
bei Palady, Geſch. Böhmens IV, 1, 405. Die Rechtfertigung enthält 
ber Schußbrief des Königs für die bei der Gefangenfeung der Hunyadys 
beteiligten Großen bei Birk, Beiträge a. a. O., ©. 257, und Teleki 
X, 546. Dieſelbe Anfhauung, teilweiſe vielleicht mit weiteren Aus—⸗ 
ſchmückungen, in ber „Hofmär aus Ungarn“, ebd. ©. 253f., im erwähnten 
Sebihte M. Beheims und im Chron. Austr. gl. au Aeneas 
Sylvius, Hist. Frid. 1. c.; Thwrocz, c. 59; Dlugosz, col 202; 
Ebendorffer, l. c., die manches Detail geben, und bie Schreiben bes 
Königs und Giskras an die Breslauer vom 14. und 17. März, und 
andere Nachrichten bei Balady, Urkundl. Beiträge, ©. 107 ff. 

2) Schreiben eines Preburgerd vom 22. März bei Birk a. a. O., 
©. 258. 


K. Ladislaus und ber Kaifer. 118 


* 


bringen, ſodaß der König feinen verläßlichſten Anhänger Giskra 
zum Hauptmann von Dberungarn ernannte und gegen Pongräcz 
ſchickte ). Die Macht der Gegner warb verftärkt, als e8 den 
vornehmſten Gefangenen gelang, aus ihrer Haft in Ofen zu 
entfommen. Den König Telbit zog es aus Ungarn fort. Ende 
Mai begab er fih aus Dfen nach Wien, wohin er ven Matthias 
Hunyady als Gefangenen mit fi führte. 

Auch das ohnehin gefpannte Verhältnis des Königs Ladis⸗ 
laus zum Kaiſer war durch den Tod Ulrichs von Cilli noch 
mehr getrübt worden. Diejer beanſpruchte die in Deutſchland 
gelegenen Gebiete desjelben, die Grafichaften Cilli, Ortenburg 
und Sternberg auf Grund der Verträge von 1443, Ladislaus 
den ganzen Nachlaß feines Wetters als nächjter Verwandter. 
Obwohl die Räte, Burggrafen und Pfleger des Cilliers fich 
zunächſt dahin einigten, mit ihren Herrichaften und Burgen ber 
Witwe desjelben, Katharina von Serbien, zu Dienften zu ftehen, 
dis diefer ein anſtändiges Wittum ausgeſetzt und über die An- 
ſprüche der zahlreichen Prätenventen vor einem Reichsfürſten⸗ 
gerichte entichieden worden wäre, jo gelang es dann doch im 
März 1457 dem Kaiſer, durch bebeutende Verſprechungen die 
meilten Burggrafen und den oberften Hauptmann Ian Wittowek 
zur Anerkennung feiner Herrichaft zu bewegen. Wittowet ließ 
fih aber bald vom Könige Ladislaus gewinnen und überfiel am 
30. April unvermutet die Stabt Eilli, wo der Kaijer am Tage 
vorher eingetroffen war. Doch batte fich diejer aus der Stadt 
nad dem feiten Schloffe Ober-Eilli begeben, das Wittoweg nicht 
einzunehmen vermochte, fobaß vieler nach acht Tagen wieder 
abzog. Es kam nun zu einem hartnädigen Kriege, und erft 
nach dem Tode des Königs Ladislaus gelang ed dem Sailer, 
Wittoweg wieder auf feine Seite zu bringen und den übrigen 
BPrätendenten gegenüber teild durch Waffengewalt, teild durch 
Geld und andere Konzeifionen feine Anſprüche zur Geltung zu 
bringen ?). 

1) Katona XIUI, 1163 699. Bgl. im allgemeinen Thwrocz 
1. VI, cap. 618q., und von neueren Darftellungen Teleki II, 518 ff. 

2) „Cillier Chronik“, ©. 129ff. und die von Birk im „Ardiv für 

Huber, Geſchichte ſterreichs. II. 8 


114 Hölzler, Pobiebrad und Eizinger. 


Auf den König Ladislaus übte nach feiner Rückkehr aus 
Ungarn ben größten Einfluß Konrad Hölzler, ver früher mehr 
mals VBürgermeifter von Wien gewejen war, feit dem Dezember 
1455 aber die Würde eines Hubmeijterd von ſterreich ber 
kleidete. Hölzler, der mit eigenen Augen gejehen hatte, eine 
wie unwürbige Stellung der König feit der Ermordung des 
Grafen von Cilli eingenommen, und der auch zum Sturze bes 
Ladislaus Hunyady beigetragen hatte, riet feinem Herrn, er 
folle jet auch die Ubermacht Podiebrads und den Einfluß 
Eizingers und feiner Freunde zu brechen juchen. 

Der König war in der That um diefe Zeit über ben 
Gubernator von Böhmen wegen verichiedener Eigenmächtigfeiten 
desſelben aufgebracht. Doch war Podiebrad nicht ver Mann, 
ver feine Macht fo leicht aus den Händen gab. Er verband 
fih mit Ulrich Eizinger, und beide arbeiteten nun darauf bin, 
den Einfluß Hölzlers zu vernichten. Als der König beide nad) 
Wien berief, erichien Podiebrad an der Spite einer Schar von 
800 Heitern und machte troß eines königlichen Geleitsbriefes 
mit Eizinger an der Donaubrüde Halt, indem fie fich weigerten, 
bie Stadt, deren Bürger dem Könige und dem Hubmeijter er» 
geben waren, zu betreten. Von Eizinger unterftügt und mit 
offener Zeindfchaft drohend jegte Podiebrad nach langen Unter- 
bandlungen e8 durch, daß die bevorftehende Hochzeit des Königs 
mit Magdolena, Tochter Karl VII. von Frankreich, nicht in 
Wien, fondern in Prag gefeiert werden follte, wo derjelbe ganz 
in feinen Hänben war. Kaum war Ladislaus am 29. Sep- 
tember 1457 nad Brag gefommen, jo wurde Hölzler, da ex 
die notwendigen Summen zur Ausrüftung einer glänzenden 
Geſandtſchaft nad) Frankreich nicht liefern konnte, auf Andringen 
feiner Feinde wegen Beleidigung des Königs feiner Stelle ent- 
jet und von Podiebrad in Haft gebracht. So war der Ein- 
fluß des Gubernators wieder gefichert und auf allen Seiten 
juchte fich derfelbe Freunde und Anhänger zu verichaffen.. Der 


öfter. Geſch.“ X, 201ff., Nr. 141ff., und XI, 141ff., teils in Auszügen, 
teils vollftändig veröffentlichten Urkunden. 


Tod des Königs Ladislaus. J 115 


König wurde gendtigt, eine Geſandtſchaft an den Kaiſer zu 
ſchicken, um fich mit diefem über die Cilliſche Erbfchaft zu ver- 
gleichen. Auf ver Reife zu demfelben feste Ulrich Eizinger, der 
an der Spike der Geſandtſchaft ftand, am 31. Oktober ben 
DBürgermeifter, den Richter und den ganzen Stadtrat von Wien 
ab und ernannte dafür feine Kreaturen ?). 

Wie ſich das Verhältnis zwiſchen dem ebrgelzigen Könige 
und dem allmächtigen Gubernator in Zukunft geftaltet haben 
würde, vermag niemand zu fagen, da dieſe Trage infolge des 
plöglichen Todes des jugendlichen Fürften keine natürliche Löſung 
fand. Am Abend des 20. November 1457, nachdem er ein 
Kind Zdenkos von Sternberg aus der Taufe gehoben, fühlte 
der König ftarke Kopfichmerzen. Am folgenden Tage präfibierte 
er zwar mehreren Gerichtöverbandlungen, aber dann ver- 
ſchlimmerte ſich fein Übel, vielleicht auch infolge ungefchieter 
ärztlicher Behandlung, und ſchon am 23. November hauchte 
er in einem Alter von nicht einmal achtzehn Jahren feine 
Seele aus. 

Begreiflicherweiſe wurde auch in dieſem Falle die Vermutung 
laut, der König ſei vergiftet worden. Georg von Podiebrad, 
feine Gemahlin Johanna von Rozmital, Rokycana wurden als 
Thäter bezeichnet. Doc ift der König ohne Zweifel an ber 
Peft, einer Art von Beulentyphus, geftorben, die in Ungarn 
gemwütet hatte und durch die SKreuzfahrer auch nach anderen 
Ländern verbreitet worden war ?). 


1) Über diefe letzte Regierungsperiode K. Ladislaus ſ. Bachmann, 
Ein Jahr bohmiſcher Geſchichte, im „Arch. f. öſterr. Geſch.“ LIV, 37 ff. 

2) S. die eingehenden Unterſuchungen von Palacky, Zeugenverhör 
über den Tod K. Ladislaw's. Prag, 1856. Aus den „Abhandl. d. kgl. 
böhm. Gef. d. Wiſſ.“, V. Folge, 9. B. Vgl. dazu dem gleichzeitigen 
Bericht aus dem gl. baier. Reichsarchiv bei Bahmann, Urkunden und 
Altenftüde zur öfter. Geſch. 1440—1471, in „F. R. Austr. Dipl.“ 
XLII, 204, 


Fünftes Bud. 
Böpmen nnd Yngarn als Wahlreiche. — Öfter- 


reichs tieffler Berfall und Wiedererhebung. 
(1457—1493.) 


— — — — — 


Erfles Kapitel. 


Der Streit um Ofterreih. — Die Wahl und An- 
erkennung nationaler Herricher in Böhmen und Un- 
garn. 


Nah dem früßzeitigen Ableben Ladislaus des Nachgeborenen 
war dies bie wichtigfte Trage, ob bie von ihm beherrichten Län⸗ 
ber Ofterreich, Böhmen und Ungarn vereinigt bleiben und an 
einen andern Habsburger fommen, oder ob fie neuerdings ge⸗ 
trennt werden würden. Die NRechtöfrage bezüglich der Nach⸗ 
folge lag in verſchiedenen Reichen in der That micht gleich, 
und nur durch zielbewußtes, raſches und kräftiges Handeln 
bätte e8 ben Habsburgern gelingen Lönnen, ihre Anſprüche 
auf die Länder ihres verftorbenen Vetter zur Anerkennung 
zu bringen. | 

Aber ſchon die cilliſche Erbfolgefrage hatte die Glieder ber 
leopoldinischen Linie neuerdings entzweit, indem nicht bloß ber 
Kaifer, fondern auch deſſen Bruder Albrecht und Herzog Sig. 
mund von Tirol auf die Hinterlaffenfchaft des letzten Cilliers 
Anſprüche erhoben hatten. Der Tod ihres Vetters Ladislaus 
warf nun einen neuen Zankapfel unter die uneinigen Gemüter. 
Denn wenn es auch außer Zweifel ftand, daß das Erzherzog. 
tum OÖfterreich den früheren Hausverträgen zufolge nach bem 
Erlöichen der albertinifchen Linie des Haufes Habsburg an bie 
leopolbinifche fallen mußte, fo entitand doch darüber Streit, ob 


120 Der Streit um Öflerreich. 


alle- Glieder oder nur eines ein Recht darauf hätte). Kaifer 
Friedrich beanfpruchte als Ültefter des Haufes Ofterreich für 
fih allein und verlangte daher von ben Ständen die Huldi- 
gung. Dagegen erhob aber fein Bruder Albrecht, der gerade 
in Wien anmwejend war, im eigenen Namen wie für jeinen 
Better Sigmund lebhafte Einſprache. Dieje gingen von der 
Anficht aus, daß Ofterreich der ganzen Linie zugefallen fei, was 
nach den früheren Yamilienverträgen und dem ganzen Berlauf 
der Geſchichte feit 1379 auch unzweifelhaft richtig war, und 
verlangten daher einen gleichen Anteil an dieſem Lande wie 
Friedrich. 

Dei diefer Uneinigfeit der Fürften bejchloffen bie öfterreicht- 
chen Stände, welche am 21. Januar 1458 in Wien zuſammen⸗ 
traten, jo lange jene fich nicht unter einander geeinigt hätten, 
feinem Xeile zu geborchen und die Regierung des Landes jelbit 
in bie Hände zu nehmen. Dieſe wurde bis zu einem neuen 
Landtage den Grafen Bernhard von Schaumberg ımb Michael 
von Maidburg und den Herren Wolfgang von Wallſee und 
Ulrich Eizinger übertragen, von denen der lebte aber ſchon am 
5. März vom Erzberzoge Albrecht gefangen gejettt wurbe. 

Die Streitfrage wurde einigermaßen dadurch vereinfacht, 
daß am 10. Mat der Herzog Sigmund das ihm gebührende 
Drittel Öfterreichs feinem Vetter Albrecht abtrat und fi nur 
die Einkünfte von demjelben vorbehielt, wogegen dieſer ihm den 
Teil der Vorlande überließ, den er bisher innegehabt Hatte. 
Es ftanden fich aljo nur noch Friedrich und Albrecht mit ihren 
Unfprücen gegenüber. Aber erit am 27. Juni gelang es end« 
lich den Ständen, zwilchen den beiden feindlichen Brüdern einen 
Dergleich zu vermitteln, wonach Friedrich, vorläufig während 
ber nächſten drei Jahre, Nieveröfterreich, Albrecht Oberöſterreich 
verwalten, beide aber ein Drittel der Einkünfte an ben Herzog 
Sigmund abliefern follten. Selbft die Wiener Burg war in 


1) Erfchöpfend Handelt darüber Zeißberg, Der öfterr. Erbfolgeftreit 
nah dem Tobe bed K. Labislaus Poſtumus (1457/58) im „Archiv für 
öfterr. Geſch.“ LVIII, 67—169. 


Anſprüche der Habsburger auf Böhmen. 121 


drei Zeile geteilt worden. Albrecht beanfpruchte auch einen 
Anteil an der Regierung der Stadt Wien, während der Kaiſer 
dies verweigerte. Es wurde daher beſtimmt, daß die Bürger⸗ 
ſchaft einftweilen allen drei Fürjten die Huldigung leiſten und, 
wenn dieſe ſich bis zum nächjten Landtage über die Einſetzung 
bes Bürgermeifters, Richters und Stadtrates nicht verftändigen 
Tönnten, in ihrem Namen bie Stände dieſe Ämter proviſoriſch 
beiegen follten. Kin feindlicher Einfall der Böhmen führte end» 
lich am 3. Auguft 1458 eine Einigung der beiden Brüder her- 
bei, indem Albrecht gegen eine Entſchädigung von 82 000 Pfund 
Pfennigen Nieveröfterreih mit Wien dauernd dem Kaijer Fried» 
rich überließ. Mit der Teilung des Hauptlandes hatte die Zer- 
jplitterung der öſterreichiſchen Befigungen ihren Höhepunkt er- 
reicht. 

Während die Habsburger um Oſterreich haderten, das ihnen 
nie entgehen Tonnte, hatten fie Böhmen und Ungarn verloren, 
auf deren Gewinnung jie vor allem mit vereinten Kräften 
hätten binarbeiten follen. 

Böhmen mit feinen Nebenländern beanfpruchten die Habs⸗ 
burger auf Grund der Erbverbrüberung, welche 1364 mit ben 
Luxenburgern gejchlofjen und dann mehrmals erneuert worden 
war. Doch konnte man dagegen mit echt") geltend machen, 


1) Anders freilich U. Bahmann, Ein Jahr böhmiſcher Geſchiſchte, 
„Archiv f. öſterr. Geſch.“ LIV, 62 ff. Aber feine Annahme, daß Albrecht V. 
1438 nit als Schwiegerfohn K. Sigmunds, fondern auf Grund der 
Erbverträge mit den Luremburgern als Köriig von Böhmen anerkannt 
worden und mit. ibm „das ganze habsburgiſche Haus“ nachgefolgt fel, 
läßt fih nicht halten, wie ſchon die von ihm ©. 64, N. 1 augeführte 
Bitte 8. Sigmunds zeigt. Bezüglich des Thatfächlichen dagegen jchließe 
ih mich für das Folgende ganz an Bachmanns gründliche Darflellung an. 
Vgl. über bie böhmifche Königswahl und die folgenden Creigniffe auch 
Palady, Geſch. Böhmens, IV. B., 2. Abtl. (1457—1471), und deſſen 
gleichzeitig veröffentlichte „Urktunbliche Beitr. zur Geſch. Böhmens u. f. w. 
im Zeitalter Georgs von Podiebrad“ (P. R. Austr. Dipl. XX), ©. Voigt, 
Georg von Böhmen der Huffitentönig, in „Hiftor. Zeitfehr.” V, 421ff. 
und deſſen „Enea Silvio” III, 428ff.,. und H. Markgraf, Über das 
Berhältnis des K. Georg von Böhmen zu B. Pius II. 1458-1462, im 
„Jahresber. d. kgl. Friedrichs-Gymn. zu Breslau“ 1867. 


122 Kandidaten für die böhmiſche Königswürde. 


dag die Rachlommen Karls IV. noch nicht erlofchen waren, ba 
Ladislaus zwei Schweitern hinterlaſſen Hatte, welche Enkelinnen 
des Kaiſers Sigmund waren. In ber That erhob Herzog 

Wilhelm von Sacjen, der Bruder des Kurfürften Yriebrich, 
als Gemahl Annas, der älteren Schweiter bes Königs Ladis⸗ 
laus, ja fogar König Kafimir von. Polen, der Gatte ber 
füngeren Schweiter Eliſabeth, Anjprücde. auf bas böhmiſche 
Reich. Der Kaiſer fuchte daher auch noch den Geſichts punkt 
geltend zu machen, daß Böhmen als erlebigtes Neichölehen ihm 
beingefallen ſei. Aber auch Hier wirkte die Uneinigleit ver 
Habshurger nachteilig, indem nicht bloß Friedrich, jondern auch 
Albrecht und Sigmund al8 Prätendenten auftraten und . einer 
dem andern die böhmiſche Krone nicht gönnte. Kine. kräftige 
Geltendmachung feiner Anſprüche aber verjuchte feiner, weil 
alle zu ſehr durch den Streit um Ojterreich beichäftigt waren. 

Da die Habsburger völlig unthätig blieben, fo trat Wil- 
beim von Sadjen, der das Prinzip der Legitimität und bes 
Erbrechtes vertrat, unter allen Bewerbern am meiften in ben 
Bordergrund. Aber feit ben Wagen der Huſitenkämpfe, wo 
man bem rechtmäßigen Könige den Gehorſam verweigerte, hatte 
bie Idee des Erbrechtes bei fehr vielen Böhmen jede Kraft 
eingebüßt. Hatten fie jogar Ladislaus nicht als Erb- ſondern 
als Wahlkönig angenommen, jo wollten fie jeßt das feit langem 
beanipruchte Wahlrecht endlich zur unbedingten Geltung bringen. 
Diefen Rechtsboden erkannte namentlich der König Karl VII. 
von Frankreich an, ver bie Böhmen durch die glänzenditen Ver⸗ 
ſprechungen zur Wahl feines Sohnes zu bewegen fuchte. Auch 
einige beutiche Fürften, der Kurfürft Frievrih von Branden⸗ 
burg und fein Bruder Albrecht, und die Herzöge Ludwig von 
Baiern⸗Landshut und Albrecht von Öfterreich wurden als Kan⸗ 
bidaten für eine Wahl genannt. 

Doch fonnte keiner der fremden Fürften gegen Georg von 
Podiebrad auffommen, der auch nah dem Tode des Königs 
fein Amt als Oubernator nicht als erlojhen anſah und daher 
alle Mittel in den Händen hatte, um feine eigene Erhebung zu 
betreiben. Zugleih war Rokycana, ber Apminiftrator bes 


Wahl Georg6 von Pediebrad 123 


Prager Erzbistums, mit der utraquiſtiſchen Geiſtlichkeit in je 
ber Weiſe, felbft vom ver Kanzel aus, für Georg als einen 
Hufiten und Böhmen thätig. Auch der wiebere Wel mb dad 
Bolt: maren ihm zugetban teils wezen jeine® Glaubens zud 
feiner Rationalität, teils wegen der Tüchtigkeit, die er biöher 
als Regent an den Tag gelegt hatte. Bon den Mitgliedern 
bes hoben Adels waren manche, ſelbſt der Tatholiidhe Sdenko 
von Sternberg, Oberfiburggraf von Prag, jeit langem wit 
ihm befreundet, einzelne ſollen von ihm burg Geld oder Ber- 
fpredhungen gewonnen worven ſein. Als nun Ende Februar 
145% ber böhmiſche Landtag in Prag zuſammentrat unb über 
die Beſetzung des Thrones beriet, obwohl er nicht ausdrücklich 
zu biefem Zwecke einberufen worden war, da fammmelten fich 
bichte Vollsmaſſen an, die unter Geidyrei die Wahl George 
oder wenigitens eines Böhmen forderten und gegen bie Er⸗ 
hebung eines Deutſchen und überhaupt eines Fremden prote- 
ftierten. Die Abgeorbneten von Bauyen und Görlig, die ein- 
zigen. aus. den böhmiſchen Nebenländern, die überhaupt an⸗ 
weſend waren, bielten es unter foldden Umſtänden für gut, 
Brag zu verlaſſen. Eine freie Wahl wäre bei diejer Stim- 
mung der Prager kaum möglich geweien, obwohl der Landtag 
die franzoͤſiſchen und ſächſiſchen Geſaudten ruhig anhörte. Die 
fatboliiche Partei, welche die Zuſicherung voller Gleichberechti⸗ 
gung für die Anhänger der Kommunion unter einer Geſtalt 
und bie Garantie ihrer bisherigen kirchlichen Pfründen und Be⸗ 
figungen verlangte, jcheint fich endlich auch gefügt zu haben, 
als man die Beftätigung ihrer Forderungen bei der Königs. 
rönung in Ausficht ftelte 1). Allen weiteren Beratungen machte 
dann Sdenko von Sternberg dadurch ein Enbe, daß er am 
2. März nach einer kurzen Umfrage unter jeinen Freunden 
plößlih vor Podiebrad feine Kniee beugend ausrief: „Es lebe 
Georg, unfer gnädigfter König und Herr!‘, worauf mehrere 


1) ©. bie Berichte an die Stabt Eger vom 28. Febr. und 12/13. März 
hei Bahmann, Url. und Aktenſtücke 1440-1471, in „F. R. Austr. 
'Dipl.“ XLI, 212. 215, und die Artifel ibid. 237. 


124 Haltung der böhmiſchen Nebenlänber. 


Herren und endlich alfe Anmwefenden in benfelben Auf ein 
ftimmten. 

Während die Wahl Georgs in Böhmen faft allgemein mit 
Freude begrüßt wurde, zeigten fich die Nebenländer Mähren, 
Schleſien umd die Lauſitz, welche vorherrichend deutſch und faft 
ganz katholiſch waren, feiner Anerkennung abgeneigt. Sie 
fühlten fich jchon dadurch beleidigt und in ihren Rechten beein» 
trächtigt, daß fie Georg, vielleicht gerade weil er ihre Stim⸗ 
mung Tannte, zur Königswahl nicht eingelaben Hatte, was bei 
der Wahl eines neuen Königs, die nicht Böhmen allein, ſon⸗ 
dern alle Länder der böhmifchen Krone anging, ſchon der Natur 
der Sache nach hätte geſchehen follen, und burch bie goldene 
Bulle Karls IV. vom 7. April 1348, welche über Die Könige» 
wahl handelte, ausprüclich vorgejchrieben war !). Dann batten 
die Bewohner der Nebenländer immer am Grundſatze ver 
Legitimität feitgehalten und hatten im Gegenfage zu den Böhmen 
Albrecht V. von Öfterreih wie deſſen Sohn Ladislaus als 
Erbherrn anerkannt. ine Pflicht, den von den Böhmen mit 
Verlegung des Legitimitätäprinzips gewählten König als Herrn 
anzunehmen, beftand daher für fie nicht. Auch Hätten ſich bie 
Nebenländer mit Hilfe des von ihnen anerkannten Füriten und 
feiner Freunde wohl vielleicht mit Erfolg gegen die Angriffe 
der Böhmen verteidigen Tönnen, wären alle einig und von dem 
feften Willen, ihre jelbftändige Stellung zu behaupten, erfüllt 
geweſen. 

Aber gerade die Einigkeit und Entſchiedenheit fehlte den 
böhmiſchen Nebenländern. Schon über die Frage, wer als 
rechtmäßiger Erbe des verſtorbenen Königs zu betrachten ſei, 
gingen ihre Anſchauungen auseinander. Die meiſten Schleſier 
und Lauſitzer waren für die Anerkennung Wilhelms von Sachſen, 
bie Mährer neigten zu Ofterreich, deſſen Fürſten auch auf dieſes 
Land Spezielle Rechte geltend machen Ionnten, da e8 1423 vom 


1) „ipsius regis Boemie electionem ... prelatis, ducibus, prin- 
cipibus, baronibus, nobilibus et communitati dieti regni et perti- 
nenciarum eiusdem .. . damus, concedimus et donamus. (od. 
Moraviae VII, 557. 


Schwanken ber Mährer und Schlefier. 125 


Könige Sigmund dem Herzoge Albrecht V. zu Leben gegeben, 
und dadurch von Böhmen getrennt worben war. Unb in jedem 
Lande gab e8 Männer, welche entweder mit ber. von ben 
Böhmen getroffenen Wahl offen ſympathiſierten oder wenigſtens 
nicht geneigt waren, für ihre abweichende Meinung entichieden 
einzutreten oder gar bafür Opfer zu bringen. Die Mehrheit 
des mähriichen Landtags erflärte fich ſchon in der erften Hälfte 
des April zur Anerlennung Georgs bereit unter der Bedingung, 
baß er ven Katholilen freie Religionsübung zufichere und Mähren 
betreffende Angelegenheiten nur mit Zuziehung mähriſcher Räte 
enticheive. Nur wenige katholiſche Adelige und bie beutichen 
Städte Brünn, Olmüg, Iglau, Zuaim, Mähriſch⸗Neuſtadt und 
Hradiih waren noch dagegen und unterbielten Verbindungen 
mit Albrecht von Öſterreich, der jet die Rechte feines Haufes 
zur Geltung zu bringen bemüht war. Aber auch diefe waren 
nur aus religiöfen Gründen gegen den neuen Böhmenkönig. 
Sie und der neue Bifchof von Olmütz, Protas von Boslowig, 
ein Verwandter Georgs, einigten fich über gewiſſe Bedingungen, 
unter denen fie demfelben zu huldigen geneigt waren. Nament⸗ 
lich wollten fie verlangen, daß er jelbft fich mit der römiſchen 
Kirche vereinige und den ausſchließlich katholiſchen Charakter 
der Städte nicht zu Ändern verfuche ). Auch die fchlefiichen 
Stände, fo jehr die meiften Georg abgeneigt waren, kamen 
über einen aufichiebenvden Beſchluß nicht Hinaus 2). Stanben 
ja doch zwei Böhmen an ber Spike diefes Landes, Johann 
von Rofenberg als bandeshauptmann und deſſen Bruder Jodok 
als Biſchof von Breslau! | 
Doch war Georgs Lage immerhin eine ſchwierige. Nicht 


1) Bgl. mit Bachmann a. a. O. Zeißberg im „Arch. für öſterr. 
Geſch.“ LVIII, 144fi. 

2) Bgl. über die Vorgänge in Schleſien bie Hist. Wratislav. des 
damaligen Breslauer Stadtſchreibers Peter Efchenloer, herausgeg. 
von Markgraf in SS. R. Siles. VII (verläßlicher als bie fpätere deutſche 
Bearbeitung, herausgeg. von Kuniſch, 2 Bde., 1827/28), und bie von 
demjelben veröffentlichte „Politiſche Correfp. ber Statt Breslau”, ibid. 
VIII, wie Grünhagen, Geh. Schlefiens I, 293 ff. 


126 Georg und "die Katholiken. 


bloß die Habsburger und die jächfiichen Herzoge, fondern auch 
viele andere beutiche Fürften waren gegen ihn. In Schlefien 
legte das mächtige Breslau offen jeine Feindichaft gegen ihn 
an den Tag, während bie fchlefiiche Landesverſammlung, obwohl 
fie an der Union mit Böhmen feithielt, wenigſtens entſchieden 
betonte, daß fie nur einen „chriftlihen” König annehmen wolle: 
Und daß er auch in Mähren. ohne weſentliche Konzeſſionen 
religidjer Natur die Huldigung der größeren Stäbte auf fried- 
lichem Wege nicht erlangen würde, Hatten bie von ihren ge- 
faßten Beichlüffe ſehr wahrjcheinlich gemacht. In Böhmen felbft 
verlangten bie katholifchen Herren vor der Krönung die Des 
ftätigung der religidjen Forderungen ’), die fie fchon bei der 
Wahl geftellt Hatten. 

Schon längſt hatte ſich Georg ‚überzeugt, daß der Schwer» 
punkt der Situation auf religidfem Gebiete Tiege und daß es 
für ihn vor allem darauf ankomme, die Katholiten zu gewinnen 
ober wenigſtens alles zu vermeiden, was fie mit noch größerem 
Mißtrauen gegen ihn erfüllen könnte. Daher legte er den 
größten Wert darauf, wenigitens die Krone in bergebrachter 
Form und nicht etwa durch Rokycana zu empfangen. Da er 
in jeinen eigenen Ländern feinen fatholifchen Bifchof hatte, weil 
Prag unbejegt und der Bilhof von Olmütz noch nicht geweiht 
war, jo wendete er fich fchon bald nach feiner Wahl an den 
ihm eng verbundenen König Matthias von Ungarn mit der 
Ditte, ihm einen von feinen Biſchöfen zu ſchicken 2). Der in 
Ungarn weilende päpftliche Legat Carvajal, ber übrigens ſelbft 
Ion am 20. März Georg zu feiner Erhebung auf den Thron 
Glück gewünjcht Hatte, vermochte e8 nicht zu verhindern, daß 
Matthias die Biſchöfe von Waiten und Raab nach Prag fandte. 
Doch nahm der Kardinal diefen das Verſprechen ab, die Krönung 
nur dann vorzunehmen, wenn Georg jeine Irrtümer, d. b. ven 
Utraquismus abſchwöre. Sie wollten ſich denn auch wirklich 


1) Bachmann, Url. und Attenflüde, S. 236—241. 

2) Defien Antwort vom 15. März bei Palacky, Urkundl. Beiträge, 
©. 188. Im allgemeinen verweiſe ich für das folgende auf Bachmann, 
Ein Jahr Böhm. Geſch. tm „Archiv für dfterr. Geſch.“ LIV, 124 ff. 


Unterwerfung Mäbrens. » 127 


nur unter ber Bedingung Dazu berbeilafien, daß derſelbe dffent- 
lich den verlangten Eid leifte. Georg, der hauptfächlich ben 
Utraquiften feine Erhebung auf den Thron verdankte, konnte 
dies unmöglich thun, ohne ſich mit feinen verläßlichiten Uns 
hängern tödlich zus verfeinden und bie fefteften Stützen feiner 
Herrſchaft zum Wanten zu bringen. Doch, ließ er fich endlich 
herbei, am 6. Mat mündlich die Ketzerei abzuichwören und vor 
Zeugen urkundlich und eidlich zu geloben, der römiſch⸗katholiſchen 
Kirche und ben Päpften treu und geborfam zu fein, ihnen nad) 
der Weife der übrigen chrijtlatholifchen Könige in der Einheit 
des orthodoren Glaubens Gehorfam und Konformität zu er- 
weilen und das ihm unterworfene Volt von allen Irrtümern, 
Selten und Ketzereien und von allen der römiſchen Kirche 
entgegenftehenden Artileln zur Beobachtung des orthodoren 
Glaubens, zum Gehorſam, zur Konformität, zur Einheit und 
zum Ritus und Kultus der römischen Kirche zurüdzubringen. 

Es unterliegt feinem Zweifel, daß Georg mit dieſem Eibe, 
dem am 7. Mai die Krönung folgte, die Kompaktaten preis» 
gegeben bat, da ja die Konformität und die Einheit des Ritus 
und Kultus beſonders barin betont waren. Daher arbeitete 
auch fortan gerade die katholiſche Geiftlichleit eifrig für George 
Anerkennung in den böhmiſchen Nebenländern. 

Mähren, deſſen Landesbiſchof felbft der Krönung in Prag 
beigewohnt hatte, fügte fi) bald, als der König Anfangs Juni 
mit einem Heere erihien. Nur Iglau, dem Albrecht von 
Oſterreich Truppen zubilfe geſchickt Hatte, hielt eine lange Be- 
lagerung aus und konnte erit am 15. November bezwungen 
werben. 

Um ben Erzherzog Albrecht für die Unterftügung der wider- 
ipenitigen Mährer und für die Gefangennehmung des mit 
Podiebrad immer eng verbundenen Ulrich Eizinger. zu züchtigen, 
ſchickte der böhmiſche König Anfangs Iuli Truppen nach Oſter⸗ 
reich, welche, von den Brübern und Freunden Eizingers unter» 
ftügt, eine Reihe von Burgen einnahmen und das Land nörd⸗ 
ih von der Donau mit Feuer und Schwert verheerten. Als 
der Erzherzog die Böhmen zurücorängte, bot Georg noch ein 


128 . Georgs Friede mit den Habsburgern. 


größeres Heer auf, mit dem er im Auguſt felbft Dfterreich 
angriff. 2500 gut gerüftete Streitwagen und zu jevem zehn 
Dann hatte er unter fi. Der Erzherzog mußte einen eiligen 
Rückzug nach Korneuburg antreten. Wieder wurden die Gegen- 
ven big zur Donau furchtbar verwüftet und ausgeraubt. Nur durch 
den erfolgreichen Widerjtand der Städte Krems und Stein 
wurde der Böhmenkönig aufgehalten. 

Unterbeffen war aber zwiichen dem Kaifer und feinem Bruder 
ein Ausgleich zuftande gefommen und Nieveröfterreih ganz an 
jenen überlaffen worden. ‘Der Kaiſer Tieß daher ben König 
auffordern, bie Feindfeligleiten gegen dieſes Land einzuftellen und 
jeine Vermittelung anzunehmen. Georg war dazu bereit und 
fam jelbft mit Friedrich an der Wiener Donaubrüde zufammen. 
Am 2. Dftober 1458 warb ein Ablommen getroffen, wonach 
alle Gefangenen, auch Ulrih Eizinger, in Freiheit gefeßt, alle 
Eroberungen berausgegeben werden und die Herzoge Albrecht 
und Sigmund Georg in feinen Ländern nicht mehr beunruhigen, 
aljo ihn wenigftens indirekt al8 Herrn von Böhnten und deſſen 
Nebenländern anerkennen follten. Auch der Kaiſer jtellte ihm 
bie Belehrung mit Böhmen und der Kurfürftenwürbde in Aus⸗ 
fiht ?). 

Durch die Verftändigung mit Ofterreih und bem Kaiſer 
batte Georg zwar nicht den rührigſten, aber doch den hervor⸗ 
ragendſten feiner Gegner unſchädlich gemacht und fich den Rüden 
gedeckt, wenn er gegen jene, die ihm noch die Anerkennung ver» 
weigerten oder auf Böhmen Anſprüche erhoben, energtichere 
Mafregeln ergreifen wollte. Dieje waren ohnehin in ihrer 
Geſinnung ſchwankend. Mehrere fchlefiiche Fürften hatten fich 
[bon von dem im April geichloffenen Bunde ferngebalten, ob» 
wohl diefer eine Entichetvung hinausichob, und hatten mit Georg 
Verbindungen angelnüpft. Herzog Wilfelm von Sadjen 
weigerte fich, ven Schlefiern offen Beiſtand zu leiften, fo lange 


1) Über biefen böHmifch - öfterreichifehen Krieg if außer Bachmann 
a. a. O. S. 149—151 und 159ff. auch Zeißberg a.a. O., ©. 157 ff., 
zu vergleichen. 


Ausgleih mit Wilhelm von Sachfen. 129 


fte ſich nicht entſchieden für ihn erllärten, während dieſe ver- 
Iangten, daß er zuerft ihnen feinen Schug zuſichere. Bald 
brachen zwiichen den Hohenzollern, den mächtigften Freunden 
bes ſächſiſchen Haufes, und ben Wittelöbachern Zerwürfniffe aus, 
die e8 jenen nicht vätlich erjcheinen Tießen, auch noch mit bem 
mächtigen Böhmenkönige zu brechen, ja biefen bald geradezu 
zum Schiedsrichter in ben beutichen Angelegenheiten machten, 
indem bie verfchiedenften Fürften um feine Gunft buhlten. Für 
fih allein aber war der ſächſiſche Herzog viel zu ſchwach, um 
feine Rechte dem böhmilchen Könige gegenüber zur Geltung 
bringen zu können. Der Markgraf Albrecht von Brandenburg» 
Ansbach nahm Die Vermittelung zwiichen Georg und dem Her. 
zoge von Sachſen in bie Hand und brachte auf einem Tage in 
Eger am 25. April 1459 einen Ausgleich zuftande. Wilhelm 
gab für fih und feine Gemahlin alle Anfprühe auf Böhmen 
und feine Nebenländer auf und jtellte mehrere Städte und 
Burgen ſüdlich vom Erzgebirge zurüd, welche noch von den 
Zeiten der Huſitenkriege ber in jächjifchen Händen waren. Da⸗ 
gegen ließ Georg eine Reihe früher böhmiicher Ortſchaften und 
Schlöffer jenſeits des Erzgebirges als böhmijche Leben in ben 
Händen der Herzoge. Für Stadt und Schloß Pirna zahlten 
diefe dem Könige 20000 rheiniiche Goldgulden. Zugleich wurde 
eine SDoppelheirat zwiichen beiden Häuſern verabredet, indem 
bes Kurfürsten Friedrich Sohn Albrecht mit Zdena (Sidonia), 
ber Tochter des böhmischen Königs, und Georgs Sohn Heinrich 
mit Wilhelms Tochter Katharina vermählt werben follte ?). 
Die Verzichtleiftung des Herzogs von Sachſen auf bie 
Erbaniprüce feiner Gemahlin fprengte auch den jchlejiichen 
Bund, der jchon längſt ins Wanken geraten war. Alle recht« 
lihen Bedenken gegen die Anerkennung Podiebrads waren da» 
mit befeitigt. Die religidien Sfrupel wurden dadurd zum 
Schweigen gebracht, daß Georg den Schlefiern Schreiben des 


1) Über das Verhältnis K. Georgs zu den deutfchen Fürften bis zum 
Egerer Tage f. Palady IV, 2, 57%. Bachmann, Böhmen und 
feine Nachbarländer, S. 9—69. 

Huber, Geſchichte Öfterreihe. III. 9 


130 Huldigung der Schlefier; die Stabt Breslau. 


neu gewählten Papftes Pius IL, des befannten Aeneas Syl⸗ 
vius, überfenvete, welche ver heilige Vater an feinen „geliebteften 
Sohn, den König von Böhmen“ richtete, um ihn zum großen 
Fürftenkongreffe zu Mantua einzuladen, wo unter dem Vor⸗ 
fie des Papftes ein allgemeiner Kriegszug gegen die Türken 
beichloffen werben follte. Es leifteten daher die Schlefier wie 
die Städte der Oberlaufig Ende Auguft und im September 
1459 Georg als ihrem Herrn die Huldigung. 

Nur die Breslauer, die durch geiftliche und weltliche Agi- 
tatoren in einen jo fanatiichen Haß gegen ben Fegerijchen und 
sechiichen Böhmenkönig bineingehegt worden waren, baß eine 
ruhige Würdigung der Verhältniffe ſich dort gar nicht mehr. 
äußern durfte, und der Herzog Balthafar von Sagan waren 
nicht zur Anerkennung Georgs zu bringen. Zwei päpjtliche 
Legaten, die im November nach Breslau famen, um mit dem 
Aufgebote aller Beredſamkeit die Bürger umzuftimmen, waren 
kaum ihres Xebens ficher. Doch gelang es ihnen endlich, einen 
Ausgleich zuftande zu bringen, nach welchem Abgeoronete der 
BDreslauer am 13. Ianuar 1460 Georg um Verzeihung für 
ihre bisherige Haltung baten und ihm Gehorſam gelobten, aber 
für die formelle Huldigung eine Friſt von drei Jahren erhiel- 
ten. Der Herzog Balthafar von Sagan wurde mit Waffen- 
gewalt aus jeinem Gebiete vertrieben und das Herzogtum feinem 
Bruder Johann übergeben. *) 

Auch der Kaijer, der längere Zeit mit der Erteilung ber 
Regalien gezögert hatte, änderte feine Haltung, als die Vor- 
gänge in Ungarn ihm die Unterftügung des mächtigen Böh⸗ 
menkönigs wünjchenswert erfcheinen ließen. 

In Ungarn hatten die Ereigniffe einen ganz ähnlichen Ver- 
lauf genommen wie in Böhmen. 

Auch auf dieſes Neich erhoben die Schwäger des verftors 
benen Königs, Wilhelm von Sachſen und Kafimir von Bolen, 
Anfprühe im Namen ihrer Gemablinnen und zwar eriterer 


1) Balady 


IV, 2, 106ff. Bachmann a. a. O., ©. 33ff. 7 , 
111ff. 141ff. non 


Die Parteien in Ungarn. 131 


nicht ohne Grund. Wohl gab es in Ungarn fein Geſetz, 
welches das Erbrecht der weiblichen Glieder des regierenden 
Haufes ausprüdlich anerkannt hätte. Aber auch die Anjous 
waren wegen tbrer nur durch weibliche Glieder vermittelten 
Berwandtichaft mit den Arpaden auf ben ungariichen Thron 
gelangt, und die Ungarn batten ja wiederholt veriprochen, bie 
Nachkommen der Königin Elifabeth, der Tochter Sigmunds, 
als berechtigte Erben anzuerkennen. 

E8 fand fih aber in Ungarn niemand, der für einen diejer 
Prätenventen eingetreten wäre. Die ftärkfte Partei war bie 
der Hunyady, an deren Spite die energiihe Wittwe des 
Gubernators, deren Bruder Michael Szilayyi und Johann 
Bits, Biihof von Großwarbein, des Gubernators früherer 
Sefretär, ftanden. Dieſe arbeiteten auf jede Weiſe für bie 
Erhebung des jungen Matthias Hunyady, der ald Gefangener 
nach Prag gebracht worden war. Doc waren viele der ber: 
porragenditen Magnaten, bejonders jene, welche die Hinrichtung 
bes Yadislaus Hunyady veranlagt hatten, gegen die Wahl feines 
Bruders, von dem fie fürchten mußten, daß er für ihre ba- 
malige Haltung an ihnen Rache nehmen würde. inzelne, 
wie der Palatin Ladislaus von ara, der mit dem Könige 
Ladislaus verwandt war, und Niklas von Uilak, der an Iriege- 
. riihem Ruhme wie an Macht Hinter Hunyady nicht weit zu- 
rüdftand, konnten auf die Krone mit demfelben Rechte Anfpruch 
erheben wie der junge Matthias, den nur die Verdienſte feines 
Vaters empfablen. Auch der Kaiſer Friedrich hatte feine An- 
bänger, darunter wohl auch den Böhmen Giskra, der unmög- 
lih für einen der Hunyady fein konnte, gegen die er feit acht- 
zehn Jahren fat ununterbrochen gefämpft Hatte. 

Doch waren die Gegner der Hunyady von vornherein nicht 
einig und verfolgten verjchiedene Ziele. Der Palatin fchloß 
ihon am 12. Januar 1458 mit Elifabetb Hunyady und ihrem 
Bruder Michael Szilagyi in Szegedin einen Vertrag, wonach 
bieje ihm und feinen Freunden und Anhängern, darunter dem 
Biſchofe von Fünfkirchen und dem Paul Baͤnffy von Lindva, 
Verzeihung für alles Vergangene, beſonders für die Hinrichtung 

9% 


132 Bertrag Georgs von Podiebrad mit Matthias Hunyaby. 


des Ladislaus Hunyady zuficherten, wogegen er feinen Beiſtand 
veriprach, daß Matthias aus der Gefangenfchaft befreit und 
zum Könige gewählt werde. Diefer follte Garas Tochter Anna 
zur Srau nehmen und feinen Schwiegervater im Befite ber 
Balatinswürbe, der Ofner Burg und aller übrigen Ämter und 
Güter erhalten ’). 

Unterbeffen waren übrigens anderwärts Verpflichtungen ein- 
gegangen worden, welche die Ausführung dieſes Vertrages un« 
möglih machten. Georg von Podiebrad, der die Erhebung 
des Matthias Hunyady vorausfah und fich denjelben rechtzeitig 
für immer verpflichten wollte, hatte ihn ſchon am Tage nad) 
dem Tode des Königs Ladislaus aus feiner Gefangenichaft be 
freit und in fein eigenes Haus aufgenommen und ihm wenige 
Tage darauf feine neunjährige Tochter Katharina verlobt. ALS 
am 13. Dezember 1457 ver Biſchof von Großwardein als 
Bertreter der Hunyadyſchen Partei nach Prag Fam, um die 
Roslaffung des Gefangenen zu erwirken, war biefer Wunfch 
bereits erfüllt. Doch war es immerhin von Vorteil, daß dem 
jungen Matthias bei feinen weiteren Unterhandlungen mit Pobie- 
brad der gewandte und geichäftsfundige Biichof zur Seite ftand. 
Denn auch jeinem Schwiegerfohne gegenüber wollte der böhmijche 
Oubernator feinen Borteil wahren. Matthias mußte ihm 
60000 Goldgulden zu zahlen veriprechen und mit ibm und 
feinen Söhnen einen ewigen Bund fchließen ?). Dagegen bot 
Georg fortan alle8 auf, um die Erhebung feines Fünftigen 
Schwiegeriohnes auf den ungarilchen Thron zu bewirken. 

Auch Szilägyi traf mit ebenjo großer Umficht wie Energie 
alle Vorbereitungen, um die Wahl feines Neffen durchzujegen. 
Er fammelte die Anhänger feiner Partei, vie befonders in 


1) Teleki X, 565, fälfchlih zum 17. Januar, während die Urkunde 
feria quinta proxima ante octavas festi Epiphaniarum datiert ift. 


2) Beurtundet wurde dies freilich erft nach der Wahl bes Matthias 
zum Könige und unter Garantie ungarifher Großer am 9. Februar in 
Straſchnitz (Teleki X, 573ff.). Aber Matthias beruft fih darin aus- 
drücklich auf feine Verſprechungen vor der Wahl. Über die 60000 Gulden 
f. Balady IV, 2, 26, R., der e8 freilih nur ein „Geſchenk“ nennt. 


Wahl des Matthias zum Könige von Ungarn. 135 


Siebenbürgen und Niederungarn ſehr zahlreich war, und eine 
große Anzahl von Söldnern um fih und fam mit nicht weniger 
als 20000 Bewaffneten nach Peſt. Die ibm feindlichen 
Magnaten, denen fi jegt auch Cara wieder angeichlofien hatte, 
welcher nach der Verlobung des Matthias Hunyady mit der 
Tochter Podiebrads auf die Ausführung des Vertrags vom 
12. Januar nicht mehr rechnen konnte, zogen ſich auf bie 
Ofner Burg zurüd. Doc ließen fie fich endlich zum Erfcheinen 
in Peſt bewegen, als Szilaͤgyi verſprach, daß Matthias bie 
Hinrichtung ſeines Bruders nie rächen würde, zugleich aber 
auch erklärte, die Wahlfreiheit nicht gefährden zu wollen, und 
als Garantie dafür feine Truppen aus Belt fort in bie Um- 
gebung verlegte, freilich nicht jo weit, daß er fie nicht in jedem 
Augenblide zur Hand gehabt hätte. 

Die große Anzahl der Verſammelten war entjchieden für 
die Wahl des Matthias, in dem man die Verbienfte jeines 
Baters belohnen wollte. Auch der päpjtliche Legat Carvajal, 
der von jenem eine energiiche Belämpfung der Türken erwartete, 
verwendete ſich auf jede Weile zu deſſen Gunften. Deffen 
ungeachtet machten die erwähnten Magneten noch immer 
Schwierigkeiten, und die Beratungen wollten fein Ende nehmen. 
Da wurden die Solvaten, welche teilmeile auf dem Cije der 
zugefrornen Donau lagerten, des langen Wartens in ftrenger 
Winterfülte überprüßig und riefen am Abend des 24. Januar 
1458 Matthias zum Könige aus. Die Yubelrufe wurden 
burch die zahliofen Volksſcharen, welche die Straßen von Belt 
erfüllten, bis zum Sitzungsſaale des Reichstages fortgepflanzt 
und brachten endli auch bier die Entſcheidung. Matthias 
wurde zum Könige und, da er noch nicht einmal fünfzehn Sabre 
zählte, fein Oheim Szilaͤgyi auf fünf Jahre zum Gubernator 
gewählt ). 


1) Über diefe Wahl haben wir bei Aeneas Sylvius, Europa, 
Cap. 1 ap. Freber -Struve II, 87sq. Thwrocz l. IV, cap. 63, 
und Dlugosz 1. XII, col. 220, nur jehr dürftige Nachrichten. Weit- 
Yäufig aber untritifh it Kaprinai, Hungaria dipl. temporibus Matthiae 
regis I, 317sqg. Teleki III, 1sqq, Szalay III, 201ff. und 


134 Haltung Ujlakys und Giskras. 


Georg von Podiebrad unterftügte den Bräutigam feiner 
Tochter auch fortan in jeder Wetje, ſchon um dann mit beffen 
Hilfe fein eigenes Ziel, die Herrichaft über Böhmen, zu erreichen. 
Er bewog Gisfra zur Ablendung einer Gefandtichaft nad 
Straihnig an der mährifch-ungarifchen Grenze, bis wohin er 
jelbft feinen Schwiegerjohn begleitete, und brachte mit demſelben 
einen Ausgleich zujtande. Auch Ujlaky, deſſen Tochter ſeit 
1455 mit Podiebrads Sohne Heinrich verlobt war, verfprad) 
dem Könige feine Unterftügung. 

Ujlaky weigerte fich freilich dann trotzdem einige Zeit, an 
den Hof zu kommen, unterwarf ſich aber endlich dem Könige 
und ging als deſſen Vertreter zur Krönung Georges von Podie- 
brad nah Prag. Giskra kündigte Ende März dem Könige 
förmlich Fehde an, fammelte böhmiſche und polnische Söldner 
um fich und fuchte fpäter den König Kaſimir von Polen zur 
Geltendmachung feiner Anſprüche auf Ungarn zu bewegen Y. 
Doch war diefer damals zu fehr durch den Krieg mit 
dem deutſchen Orden in Anfpruch genommen, um fich aud) 
mit Ungarn verfeinden zu können. Gegen Giskra und bie 
andern Banbenführer in Oberungarn nahm der König anfangs 
ihren früheren Genoſſen PBongrag von Sz. Millos in Sold 
und als diefer Anfangs April ftarb, fandte er feinen Oberſt⸗ 
jtalfmeifter Sebaftian Rozgonyi gegen fie, der mit großem 
Glücke kämpfte. Mehrere Burgen mwurben erobert, viele von 


Seßler- Klein, III, 3ff., haben fih zu fehr an Bonfinius und andere 
fpätere Quellen gehalten. Bol. auch Palacky IV, 2, 21ff. und Badı- 
mann im „Archiv f. öfterr. Geſch.“ LIV, 74ff., von denen erfierer aber 
die nad fpäteren Hindentungen des K. Matthias mit Ujlaky und Giskra 
geichlofienen Bereinbarungen wohl mit Unrecht in die Zeit vor der Wahl 
verlegt. 

1) Schreiben des K. Matthias vom 15. 27. und 29. März 1458 bei 
Palady, Urkundliche Beiträge, ©. 138. 142ff. Bol. ©. 149 und 
Dlugosz XIII, 225sq., und über die folgenden Kämpfe ibid., 234, 
bie von Katona XIV, 10dsgq. gefammelten Nachrichten, die Urf. des 
8. Matthias für Sebaftian Rozgonyi ibid. p. 144, und die Berichte bei 
Palady, Geſch. Böhmens IV, 2, 75, und in Mon. Hungariae hist. 
Matyäs kiräly koraböl I, 10. 12. 17. 21. 29. 


Charakter des Königs Matthias. 135 


den Söldnern gefangen und im Kampfe getötet oder von den 
Bauern totgefchlagen. Auch Akſamit fand in einem Treffen 
bet Saͤrospatak feinen Untergang. Die vollftändige Vernichtung 
der „Brüder“ gelang freilich noch nicht, da gleichzeitig von ben 
Zürlen Gefahr drohte und Matthias bald auch mit feinem 
Obeim und anderen Magnaten zerfiel. 

Szilaͤgyi Hatte bei der Erhebung feines Neffen auf ben 
ungariihen Thron offenbar die Hoffnung gehegt, im Namen 
des jungen Königs felbft die Regierung zu führen. Aber in 
Matthias Hatte er fich verrechnet. Diefer war in der harten 
Schule des Lebens früh zum Manne gereift und zugleich mit 
jeltenen Fähigkeiten begabt. Er bejaß fcharfen Verſtand, feiten 
Willen, unermüdlichen Thätigkeitsdrang und ein ausgeprägtes 
monarchiiches Selbſtbewußtſein. Zugleih war er falt und 
jelbitjüchtig und unempfindlich gegen die Gefühle der Verwandt» 
ihaft und Dankbarkeit, wenn fie mit feinen Interejjen kolli⸗ 
dierten. Bon niemandem ließ er fich als Werkzeug gebrauchen. 

Kaum war Matthias in Ofen angelommen, fo übernahm 
er jelbftändig die Zügel der Regierung. Seinen Oheim fanbte 
er jhon im März an die füpliche Neichsgrenze, da beſonders 
die Vorgänge in Serbien die Aufmerkiamfeit der ungariichen 
Regierung in Anipruch nahmen. 

Am 24. Dezember 1456 war der greife Despot Georg 
geftorben und ſchon am 20. Januar 1458 auch deſſen Sohn 
Lazar ihm im Tode gefolgt. Da diefer nur eine Tochter 
Namens Helena hinterließ, jo machten feine zwei Brüder Gregor 
und Stephan, die beide als Geifel vom Sultan Murad ge- 
blendef worden waren, und ein natürlicher Sohn Gregor auf 
bie Herrichaft Anſpruch. Stephan ftand in gutem Einvernehmen 
mit Lazars Witwe, fein Bruder Gregor juchte den Beiſtand 
des Sultans zu gewinnen, welcher aber Serbien jelbjt in jeine 
Gewalt bringen wollte. Szilaͤgyi unterhandelte mit der Witwe 
Lazars und deren Schwager, um fie zu beitimmen, dem unga⸗ 
riihen Könige, wenn nicht ganz Serbien, doch eine oder bie 
andere Feltung an ber Donau abzutreten, wogegen fie Ber 
figungen in Ungarn erhalten follten. Am Beginn des Sommers 


136 Bündnis Szilagyis mit Gara und Ujlaky. 


fendete der Sultan ein beveutendes Heer nach Serbien, wo es 
fih mehrerer Kaftelle darunter auch der Feſte Golubag an der 
Donau bemächtigte. Auf Verlangen Sziläghis zogen Ende 
Auguft auch der König und der päpftliche Legat Carvajal, ver 
überall das Kreuz hatte predigen lafjen, mit zahlreichen Truppen, 
befonders Kreuzfahrern, nach dem füdlichen Ungarn. Ein Ein. 
fall der Türken in Syrmien, wo fie großen Schaden anrichteten 
und fehr viele Leute wegichleppten, wurde nach der Mitte des 
September glüdlich abgewehrt, und es erlitten dieſelben auf 
ber Flucht, beſonders aber beim Überfchreiten der Save, ber 
deutende Verluſte. Umgekehrt vermehrte fich das Heer bes 
Königs ununterbrochen ſowohl durch Zuzüge von Kreuzfahrern 
wie durch ungartiche und ſlavoniſch⸗kroatiſche Edelleute. Auch 
ber König Stephan Thomas von Bosnien, defien Sohn Stephan 
Lazars Tochter heiraten und zugleich die Herrichaft über Serbien 
erhalten jollte, drängte zum Kriege). Deffenungenchtet be- 
ichränfte fih Matthias für jegt auf die Sicherung Belgrabs, 
vielleicht weil er auf die fchlecht organifierten Kreuzfahrer fein 
Vertrauen hatte, vielleicht weil er fih auf einen Zeil feiner 
Magnaten nicht verlaffen zu können glaubte. 

Szilaͤgyi Hatte e8 doch nicht gleichmütig hingenommen, daß 
er von feinem Neffen einfach beijeite gefchoben worden war. 
Am 26. Juli jchloß er mit zwei ausgeiprochenen Feinden bes 
Haufes Hunyady, dem Palatin Ladislaus Sara und dem fieben- 
bürgiihen Woywoden Nilla® Ujlaky, für die ganze Zeit ihres 
Lebens ein Bündnis zu gegenieitiger Unterftügung gegen jeder⸗ 
mann, welden Standes er wäre, ber einen von ihnen ober 
ihre Anhänger an ihrer Perſon oder ihren Befigungen jchädigen 
wollte 2). Daß diefer Vertrag gegen den König gerichtet war, 


1) Über alle diefe Vorgänge haben wir außer fehr bürftigen Notizen 
bei Aeneas Sylvius, Europa, ap. Freher-Struve II, 93 und 
Chalkokondylas, ed. Bonn., p. 459sq. nur Nachrichten in ben 
Depeichen des venetianiichen Gefandbten, in Mon. Hung. Mätyas kiraly 
koraböl, 1. Bd., die leider nur ſehr lückenhaft erhalten find, und vom 
16. Juni 1458 bis 13. September, und vom 9. Oktober bis 14. März 
1459 ganz fehlen. 

2) Teleki X, 593. 


Borgehen des Königs gegen biejelben. 137 


unterliegt feinem Zweifel. Doch lam es zumächjt noch nicht 
zum Bruche zwilchen diefem und jeinem Oheime. Szilaͤgyi 
legte furz darauf die Würde eines Gubernators nieder. Das 
gegen verlieh ihm der König die Grafichaft Biltrig, deren fich 
fein Oheim nach der Hinrichtung des Ladislaus Hunyady bes 
mächtigt hatte, und fchenkte ihm am 20. Auguft noch andere 
Güter). Mehrere Wochen leitete Szilagyt noch die Grenz 
verteidigung gegen die Türken, auch als der König fich perjönlich 
nach dem Süden des Neiches begeben hatte. Auf einmal ließ 
biefer Anfangs Dftober feinen Oheim in Belgrad verbaften, 
ja e8 beißt fogar, daß er die Abficht gehabt habe, ihn hin⸗ 
richten zu laſſen und daß nur der Karbinal dies verhindert 
babe 2). Wa8 die Veranlajfung dieſes ftrengen Vorgehens des 
Königs geweien, ift leiver unbelannt. Das Wahrjcheinlichite 
icheint doch, daß er Nachricht vom Bündniſſe feines Obeims 
mit Sara und Ujlafy erhalten babe, da er um biejelbe Zeit 
auch diefen ihre Ämter nahm und zum Palatin den Michael 
Orſzaͤgh und zu Woywoden von Siebenbürgen den Sebaftian 
und Johann Rozgonyi ernannte ?). 


1) ap. Kaprinai II, 195. Szilagyi bat in diefer Urkunde auch 
ben Titel „Graf von Biftrig”, aber nit mehr den noch am 26. Juli 
geführten: „regni Hungarie gubernator“. In ähnlicher Weife berichtet 
über den Vertrag zwifchen bem Könige und feinem Obeime ein päpftlicher 
Legat (wahrſcheinlich der Erzbiichof Hieronymus von Kreta) in feinem 
1462 verfaßten (italienifehen) Berichte an den Papft, in „Fortſetzung der 
Allg. Welthiftorie” 49. Teil IL, 13, mitgeteilt von Engel. 

2) Nach der erwähnten Relation wie nach einem Berichte bes vene- 
tianifchen Gefandten in Ofen vom 13. Sept. 1459, in Mon. Hung. |. c. 
1, 65. Was Bonfin., Dec. III, 1. 10 zu ganz falfcher Zeit über bieje 
Gefangennehmung, den Befehl des Königs, Szilayyi binzurichten, und 
deſſen Befreiung durch feinen Koch erzählt, trägt den Charakter der Sage 
oder willtürliher Ausihmüdung an fih. — Die Zeit wird beftimmt durch 
das Schreiben des Königs vom 8. Oftober an die Siebenbürger Sachſen 
ap. Katona XIV, 101, worin er die Verhaftung Szilagyi$ propter 
certas et rationabiles causas meldet, währenb ber venetianifche Gefandte 
in Ofen am 9. Oktober, obwohl er gerade Nachrichten aus dem Lager 
des Königs erhalten bat, davon noch nicht8 weiß. Mon. Hung. 1. c. I, 38. 


3) Diefe belleiden die genannten Ämter nicht bloß am 10. Februar 


138 Mahl des K. Friedrich zum Gegenkönige. 


Dadurch tief gefräntt, beichloß Ujlaky mit feinen Freunden, 
den Matthias zu ftürgen und einen andern König gegen ihn 
aufzuftellen )Y. Ujlaky und Gara gewannen auch noch mandhe 
andere Große, außer ihrem alten Gefinnungsgenofjen Paul 
Baͤnffy von Lindva die Grafen von Pöfing und St. Georgen, 
Johann Szechy, die auch in Ungarn begüterten beutichen 
Sölonerführer Andreas Baumkircher, Grafen von Presburg, 
Ulrih Srafeneder und Berthold von Ellerbach, wie den bes 
rühmten Feldherrn der Eillier, Johann Witoweg, Ban von 
Slavonien, ja ſelbſt einige frühere Freunde der Hunyady wie 
Ladislaus von Kaniſa, Woywoden von Siebenbürgen, und deſſen 
Bruder Nikolaus. Schon Ende November ſcheint es zwiſchen 
ihnen und dem Könige zum offenen Bruch gekommen zu fein 2). 
Um gegen dieſen genügende Unterftügung zu erhalten, trugen 
fie die ungariiche Krone dem Kaiſer Friedrich an, deſſen 
Streitigkeiten mit Ungarn wegen der ungarilchen Krone und 
der in feinem Befige befinplichen Grenzſtädte noch immer nicht 
gefchlichtet waren. Da der Kaiſer, welcher auf bie Unter⸗ 
ftügung des neuen Papftes Pius IL, feines früheren Sekretärs 
Aeneas Sylvius Piccolomini rechnete, auf ihre Anträge ein« 
ging, wählten ihn die genannten Großen und einige andere am 
17. Februar 1459 in Güffing „als Verwandten des Könige 
Ladislaus“ und weil er noch jeßt die Krone im Beſitze babe, 
zum Könige von Ungarn. Ihnen fchloffen fich jpäter auch noch 
der Biſchof von Siebenbürgen und Martin Frangipane, ®raf 
von Zengg, an ®). 


1459 ap. Kaprinai II, 245 unb Katona XIV, 192, fonbern 
Michael Orſzagh erſcheint ſchon am 13. Oktober 1458 als Palatin. Cod. 
d. patr. I, 355. 

1) Relation tes päpftlihen Legaten vom Sabre 1462, I. c. Auch 
ein Beriht an Franz Sforza von Mailand vom 23. Mai 1459, in 
Mon. Hung. 1. c. I, 51, bezeichnet Ujlaty als Anftifter. . 

2) Am Andreastage (30. Nov.) 1458 hatte ſich Labislaus von Kanifa 
nach fpäterer Urkunde bes Königs Matthias ap. Kaprinai II, 294 
von biefem aus Temedvar entfernt. 

3) Die Urk. auf ber diefe Namen nachträglich beigefügt find, ap. 
Kaprinai II, 249. Katona XIV, 196. Die Anfiht Baladys, 


Die Schlacht bei Körmönd. 139 


Auf die Nachricht von der ihm drohenden Gefahr war 
Matthias aus Szegebin, wo ein um Neujahr 1459 gehaltener 
Reichsſtag ein wichtiges Geſetz über die Landbesverteibigung be- 
ihloffen Hatte !), gegen Ende Ianuar nach Ofen zurückgekehrt 
und batte auch die Bilchöfe und weltlichen Großen bortbin ber 
rufen, um zu ſehen, auf welche verjelben er fich verlaffen könnte. 
Die Biſchöfe Tamen bis auf zwei alle, von den Magnaten und 
hohen Adeligen eine ftattliche Anzahl. Dieſe leifteten ihm am 
10. Februar neuerdings den Eid der Treue und veripracen 
ihm ihren Beiltand gegen alle Rebellen und Nebenbubler, wos 
gegen er ihnen eidlich ihre Rechte und Befigungen zuficherte ?). 
Zugleich pflanzte er das nationale Banner auf und ließ im 
ganzen Reiche verkünden, daß ber Kaiſer die ungariiche Sprache 
austilgen wolle, zu deren Verteidigung alle Waffenfähigen bis 
zum 24. April bei Peft ſich einfinden jollten, um unter An- 
führung des Königs in das Feld zu ziehen ?). 

Schon früher fchidte übrigens Matthias 3000 Mann unter 
Simon Nagy von Szent-Marton gegen die Befiungen des 
Kaiſers. Ihnen gegenüber ftanden 2000 Mann unter Ujlafy, 
Baumkircher, Grafeneder, dem Grafen Sigmund von Pöfing 
und Petolt Metich in der Gegend von Körmönd. Nagy wollte 
am 7. April die Feinde überfallen. Doc waren dieſe gewarnt 
worven und batten fich rechtzeitig zur Wehr geftellt. In einem 
hitzigen Treffen, das vom frühen Morgen bis zum Abend 
bauerte, wurden die Ungarn vollitändig geichlagen, und viele 
fanden auch noch beim Rückzuge über die Raab den Tod. Aber 
auch die Kaiferlihen hatten an Toten und Verwundeten jo 


Geſch. Böhmens IV, 2, 76ff., daß die ungarifhen Rebellen anfangs 
Georg von Podiebrad ober einen feiner Söhne hätten wählen wollen, 
widerlegt Bahmann, Die ungarifche Krone und K. Georg von Böhmen 
in „Zeitfehr. f. d. öſterr. Gymn.“ 1877, ©. 321ff. 

1) ap. Kaprinai II, 228sqq. Katona XIV, 175sgqg. 

2) ap. Kaprinai Il, 245. Katona XIV, 192. 

3) Bericht des venetianiſchen Geſandten vom 14. März 1459 in Mon. 
Hung. 1. c. I, 44. 


140 Urfachen der Unthätigfeit des Kaifers. 


große DBerlufte erlitten, daß fie ihren Sieg nicht verfolgen 
fonnten ?). 

Deſſen ungeachtet war der Kaiſer anfangs von den beften 
Hoffnungen erfüllt. Er glaubte jest bald zur Krönung nach 
Ungarn ziehen zu können und forderte am 15. April die Stadt 
Devenburg auf, bis zum 24. fünfzig Dann nah Güns zu 
ſchicken 2). 

Es war wohl nicht bloß die gewohnte Energielofigfeit 
Friedrichs, welche der Ausführung dieſes Vorhabens in ben 
Weg trat. An der Fortſetzung ded Krieges mochte er auch 
baburch verhindert werben, daß ber päpftliche Legat Earvajal 
wegen ver Gefahr eines türkiichen Angriffs auf Ungarn alles 
in Bewegung feste, um ihn zu einem Ausgleiche mit Matthias 
zu bewegen. Schon am 23. April erichien er bei Friedrich 
in Wiener Neuftadt ®), um das volle Gewicht feiner Perjön- 
lichfeit zur Geltung zu bringen, und er fchien entjchloffen, nicht 
obne günftigen Erfolg wieder abzureijen. Auch die nachgejuchte 
Unterftügung des Papftes wurde dem Kaifer nicht zuteil. So 
vorfichtig auch Pius IL. alle8 vermied, was jeinen früheren 
Herren und Wohlthäter beleidigen fonnte, jo riet er ihm doch 
von der Annahme der ungariichen Krone ab, um nicht vor 


1) Ich folge dem gleichzeitigen Chron. Austriac. ap. Senckenberg 
Sel. V, 78, für deſſen Berfafler Weiß, Geſch. der Stadt Wien I, 565f. 
(2. Aufl.), einen Wiener Ratsherrn oder Stabtjchreiber hält. Das von 
ihm angegebene Datum wie die Niederlage der Ungarn werben beftätigt 
durch Bericht des venetianifchen Gefandten aus Ofen vom 11. April, in 
Mon. Hung.1.c.1,47. Daß aud Sigmund von Pöſing und St. Georgen, 
ben das Chron. nicht nennt, Anführer gewejen, fagt der Kaifer in Urk. 
vom 19. Suni ap. Kaprinai H, 325. „Der Metſch“ ift offenbar der⸗ 
felde, den ber Kaifer in Urk. vom 1. Oktober im „Arch. f. öſterr. Geſch.“ 
XI, 153 erwähnt. — Was Diugofz und Bonfin über dieſe Schlacht 
melben, ift vielfach offenbar erfunden, und noch unbaltbarer ift die Dar- 
ftellung bei Teleki III, 133—142. 

2) Cod. dipl. patr. Hung. IV, 396. 

3) Chron. Austr. 1. c., p. 80, auch hier durch den Bericht bes 
venetianifchen Gefanbten, ber den Legaten begleitet hatte, in Mon. 
Hung. 1. c., p. 48, beftätigt. Leider fcheinen deſſen weitere Berichte ver⸗ 
loren zu fein. 0 


Defien Bündnis mit Georg von Böhmen. 141 


®ott die Verantwortung zu tragen, wenn Matthias mit ben 
Türken Frieden fchließen müßte oder Ungarn, das bisher der 
Schild der ganzen Chriftenheit geweien, ven wilden Barbaren 
preisgegeben würde ”). | 

Während der Kaiſer bald nad der Schlacht bei Körmönd 
in Unthätigfeit verfant, war Matthias um fo mehr bemüht, 
die unbeilvollen Folgen derjelben abzuwenden. Aber nicht durch 
Strenge, jondern durch Milde Hoffte er zum Ziele zu fommen. 
Schon am 19. April wurde der Witwe und den Kindern Des 
fürzlich verftorbenen Ladislaus Sara Verzeifung und der Beſitz 
ihrer Güter zugefihert ?). Auch den Brüdern von Kaniſa 
machte er am 24. April, nachdem fie ihm Gehorſam gelobt 
hatten, diejelben Berjprechungen 8). 

Da der Kaiſer feine Anhänger in Ungarn nicht bloß nicht 
zunehmen, jondern fi) vermindern ſah, jo fuchte er im Mai 
1459 die Unterjtügung des mächtigen Böhmenkönigs zu ge- 
winnen. Bon Eigennuß geblendet ließ fich Diefer in der That 
nach längeren Unterhandlungen bewegen, demjelben gegen ven 
Verlobten jeiner Zochter die Hand zu reichen. Friedrich, ber 
fich jeit Iahren nur zwilchen Graz und Wiener Neuftabt oder 
höchſtens Wien hin und ber bewegt hatte, begab fich ſelbſt mit 
großem Gefolge nad Brünn, um die Verhandlungen mit Georg 
zum Abichluffe zu bringen. Am 31. Juli erteilte er ihm bie 
Belehnung mit dem böhmiſchen Reiche. 

Während nun Georg fcheindbar als Vermittler zwiſchen 
Friedrich und Matthias auftrat, unterhandelte er im Geheimen 
mit dem Kaiſer über ein Bündnis und fehloß mit diefem in 
ben eriten Tagen bes Auguft eine Reihe von Verträgen, welche 
beide Fürften für immer auf das engite an einander Fetten 
jollten. Beide verpflichteten ſich zu gegenfeitigem Beiſtande 
gegen äußere Feinde wie gegen innere Widerfacher. Georg ges 


1) d.d. Senis 2. Apr. 1459, ap. Kaprinai II, 288. Bgl. übrigens 
p. 290—294, und im allgemeinen ©. Boigt, Enea Silvio III, 661ff., 
und Bahmann, Böhmen und feine Nachbarländer, S. 90 ff. 

2) Teleki X, 616. 

3) Kaprinai II, 294. 


144 Befeftigung ber Herrſchaft des K. Matthias. 


Dod war das Streben Georgs, die römiiche Königswürde 
zu erlangen, nicht ohne wichtige und zwar nachteilige Folgen 
für fein Verhältnis zum Könige von Ungarn, zum Katfer und 
zur römiſchen Kurie. 

Georg dachte zwar nicht daran, ſein Verſprechen, dem 
Kaiſer im Notfalle auch mit Waffengewalt zum Beſitze Ungarns 
zu verhelfen, auch wirklich zu erfüllen. Der ungariſche Thron⸗ 
ſtreit ſollte ihm nur als Mittel dienen, um den Kaiſer geneigt 
zu machen, ſeine Erhebung auf den deutſchen Thron zu unter⸗ 
ſtützen. Er beſchränkte daher ſeine Thätigkeit zunächſt auf dem 
Tage zu Brünn im Auguſt 1459 auf die Herbeiführung eines 
Waffenjtillitandes bis zum 24. Juni des folgenden Jahres und 
dann auf erfolgloje und auch wenig ernit gemeinte Ber» 
mittlungsverfuche, und ſchloß fich, da der Katjer feinen Wünſchen 
doch nicht entgegenfam, ſchon Ende 1460 wieder dem ungarijchen 
Könige an und erneuerte den Vertrag über die Vermählung 
feiner Zochter mit vemjelben ). Aber Matthias fühlte fich 
ſchon durch diefe Schritte Georgs beleidigt und trat nie mehr 
in jo vertrauliche Beziehungen zum Vater feiner Braut wie 
anfang$. 

Wurden jo die Bande, die den böhmiſchen König mit Un⸗ 
garn verknüpften, gelodert, jo fühlte fich auch der Kaiſer da⸗ 
durch gefräntt, daß Georg ihn vom deutichen Throne zu ver- 
brängen trachtete und ihm die verjprochene Unterftügung gegen 
Matthias Hunyady nicht leiſtete. Ohne die Hilfe des mächtigen 
Böhmenkönigs konnte aber der Kaijer unmöglich hoffen, jeinen 
Gegner zu verdrängen und ſich Ungarns mit Gewalt zu ber 
mächtigen. Denn während er durch Unruben in Diterreich 
gelähbmt ward, wußte Matthias feine Herrfchaft immer mehr 
zu befeftigen. Schon Anfangs September 1459 ſteht Niklas 
von Ujlat, der durch große Begünftigungen gewonnen worden 
war, wieder auf feiner Seite. Er bringt es durch feine Ver⸗ 
mittlung dahin, daß die Grafen Johann und Sigmund von 


1) Über Gregors Beziehungen zu Ungarn f. Bahmann a. a. O., 
©. 164—168; 185—187; 223—227; 254—257. 


Ausfdhnung mit feinem Obeime. 145 


Pöfing und Andreas Baumfircher, welche trog bes Waffen- 
ſtillſtandes den Kampf in Ungarn fortgefegt und fich des feſten 
St. Martinsberges durch Vertrag mit dem dortigen Abte !) 
bemächtigt hatten, denjelben gegen Überlaffung von zwei Burgen 
und Zahlung von 10 000 Dulaten wieder berausgaben. Noch 
wichtiger war es, daß Matthias fich auch mit feinem Oheime 
Szilaͤgyi wieder ausſöhnte, der aus der Gefangenfchaft ent- 
lommen war und in wenigen Tagen zahlreiche Truppen ge- 
fammelt und unter den Baronen viele Anhänger gefunden 
hatte. Durch den Kardinallegaten Carvajal, feinen früheren 
Freund, und den Erzbiſchof Dionys von Gran ließ, ſich dieſer 
bewegen, am 1. September nach Ofen zu fommen, wo nach acht- 
tägigen Verhandlungen ein Ausgleich zuftande fam. Es wurbe 
ihm neuerbings der erbliche Befig der Grafſchaft Biftrig zu- 
gefichert, wogegen er Lippa und anderes herausgab. Szilaͤghi 
jollte auch wieder die Verteidigung Ungarns gegen die Türken 
übernehmen, welche im Juni dem Sohne des bosnifchen Königs 
das wichtige Semendria entriffen und dann auch die übrigen 
Städte Serbiens erobert hatten. Wenn es ihm gelänge, ben- 
jelben Semendria wieder wegzunehmen, follte er dieſe Feftung 
erhalten und zum Despoten von Serbien ernannt werben ?). 


1) Diefer, Thomas Debrentbei, noch im Februar unter ben Anhängern 
des Matthias erwähnt, war dadurch beleidigt worben, daß ber König das 
Bistum Agram, auf befien Stuhl er berufen worden, das aber ſeit De- 
cennien zwiſchen verfchiebenen Biſchöfen fireitig war, feinem Günftlinge, 
Johann Vitéz, Bifhof von Großmarbein, übertragen hatte. Vgl. barliber 
auch Katona XIV, 391—413. 

2) Ich entnehme biefe bisher unbelannten Nachrichten einem Berichte 
an den Herzog von Mailand aus Ofen vom 13. Sept. 1459, in Mon. 
Hung. Matyas kir. koraböl I, 64. Der Nicplo vajvoda, der den Ber- 
‚trag mit den Grafen von Pöfing, Baumlircher und „Nandiebok “ (der 
Nanlelreuter? Vgl. „Archiv f. öfterr. Geſch.“ XI, 153, Nr. IX) ver- 
mittelt, kann faum ein anderer fein als Ujlafy, ber auch am 30. März 
1460, al8 vayvoda Transilvanus regnique Sclavoniae et Machoviensis 
banus, comitatum Sirigiensis (Simigiensis?) et Albensis comes ur- 
tundend, Matthias regem nostrum nennt. Kaprinai II, 407. Aus 
biefen Titeln Ujlakys jehen wir, wie viel ihm ber König gewährt hatte. 

Huber, Gedichte Ofterreiche. ILL. 10 


146 Bolftändige Beruhigung Ungarne. 


AS feine Hauptaufgabe ſah e8 nun Matthias an, fein 
Neich von den Rotten der böhmilchen und polnifchen „Brüder“ 
zu jäubern, die noch immer in einem großen Zeile des nörd- 
lichen Ungarn die Herren ſpielten und die Bevölkerung in ber 
unerträglichften Weife bedrückten. Teils durch Waffengewalt, 
teil durch Geld wußten der König und feine Heerführer big 
zum Frühjahre 1462 jämtliche Burgen und Raubnefter derfelben 
in ihre Gewalt zu bringen und bie Anführer entweder zu ver- 
treiben oder zur Unterwerfung zu bewegen !). Selbſt Gisfra, 
der noch am 10. März 1461 tem Kaiſer als König von 
Ungarn die Huldigung geleiftet hatte 2), jchloß im Mat 1462 
unter günjtigen Bedingungen mit Matthias feinen Frieden. 
Er unterwarf fih dem Könige, verſprach alle Burgen, die er 
und bie jeinigen bisher noch behauptet hatten, zurüdzuftellen, 
und gelobte vemjelben immer, bejonters gegen die Türfen, treu 
zu dienen. Dafür verpflichtete ji der König, ihm bis zum 
Ende des Jahres 40000 Dukaten zu zahlen, ihm eine Burg 
jenfeitS der Theiß mit einem jährlichen Erträgnis von 1000 
Dukaten zu ſchenken und ihn mit 150 Reitern in feinen Sold 
zu nehmen °). Da um tiefelbe Zeit auch mit den Grafen von 
Pöfing ein Ausgleich zuftande kam *), fo erfreute ſich das Land 
einer Ruhe, wie nie mehr jeit dem Tode des Kaifers Sigmund. 
Einzelne Große wie der wanfelmütige Ujlafy mochten dem 
Emporkömmling noch grolfen und im geheimen ihre Hoch- 
verräterifchen Intriguen weiterfpinnen °), die meiften Bewohner 


1) Die Nachrichten hierüber Hat Katona XIV, 292sqq. 36lsgg. 
447 sqq. 518—527 gefammelt. 

2) Pray, Ann. III, 262. 

3) Nach Bericht des venetianifchen Gefanbten aus Dfen vom 27. Mai 
1462 in Mon. Hung. 1. c. I, 140. Bgl. die unbatierten Schreiben ap. 
Katona XIV, 514—516. 528—530. 540. Nad Bonfin., Dec. III, 
10 bat Gisfra die Burgen Lippa und Solymos erhalten. Aber was er 
über die zwifchen ihm und Matthias gewechfelten Briefe mitteilt, dürfte, 
wie fo vieles, von ihm erfunden fein. 

4) Katona. c., p. 515. 

5) Nach der oben erwähnten Relation des päpftlichen Legaten bei 
Engela. a. ©. ſuchten Ujlaly und andere Barone gerade im Jahre 


Unterhandlungen mit dem Kaifer. 147 


Ungarns, bejonder® der niedere Klerus, die Bürger und 
Bauern, welchen die Wohlthaten bes Friedens vorzüglich zugute 
kamen, hingen mit treuer Anbänglichkeit an ihrem Könige, 
vefien Thron nie fefter ftand als um bieje Zeit. 

Diefer Sachlage mußte notwendig auch der Kaiſer Rechnung 
tragen, jo zäh er auch an den einmal erworbenen Anjprüchen 
feſthielt. Auch der Papſt Pius II. mahnte zum Frieden. 
Nachdem der Fürftenkongreß, den er 1459 zur Zuftandebringung 
eines allgemeinen Kriegszuges gegen die Türken nah Mantua 
berufen Batte, ein glänzendes Fiasko erlebt hatte, wollte er 
wenigſtens die Kräfte Ungarns gegen die Osmanen frei machen, 
die mit immer größerem Ungeftüm an die Pforten dieſes Reiches 
pochten. Zugleich war es für den Kaiſer von größter Wichtig. 
feit, feinem Bruder Albrecht, mit dem er wieder vollitändig 
zerfallen war, die ungariiche Unterftügung zu entziehen. 

Anderſeits iprachen doch auch vom ungariichen Stand 
punkte aus gewichtige Gründe für die Herftellung eines Friedens 
mit dem Kaifer. So lange Matthias nicht mit der Reichskrone, 
die noch immer in Friedrichs Händen war, geſchmückt war, 
fonnte auch die Rechtmäßigkeit feines Königtums angefochten 
werden, hatten unzufrievene Magnaten einen Vorwand zur 
Anzettelung von Unruhen. Und dann fchien e8 geradezu eine 
Lebensfrage für Ungarn, daß man endlich die ganze Aufmerk⸗ 
famteit dem Schuge der ſüdlichen Reichsgrenze gegen die Türken 
zuwendete. 

Des Matthias vertrauteſter Ratgeber Johann Vitéz, Biſchof 
von Großwardein, begab ſich, angeblich ohne Auftrag vonſeite 
ſeines Königs, bloß nach dem Rate einiger Prälaten und 
Barone), im März 1462 aus Slavonien, wohin er von 
Matthias gefchielt worden war, zum Sailer nad) Graz, wo 
auch ein päpftlicher Xegat, Hieronymus Lando, Erzbijchof von 


1462 den König von Böhmen zu bewegen, mit ihrer Unterftügung feinen 
Sohn zum Könige von Ungarn zu maden. Über die Zeit fiehe Bach⸗ 
mann in „Zeitfohrift f. d. öfterr. Gymn. 1877, ©. 330f. 
1) So behauptet 8. Matthias in feinem Schreiben ap. Katona 
XIV, 527. 
10* 


148 Die Friedenspräliminarien. 


Kreta, eingetroffen war. Unter Vermittlung desjelben einigte 
fih der Kaiſer mit dem Bilchofe von Großwardein über bie 
Bedingungen, unter denen er zu einem Frieden geneigt war. 
Zum Erjag des Schadens, den er feit 1440 von den Ungarn 
erlitten, jollten ihm 80000 Dukaten gezahlt werden, wogegen 
er dann bie ungarifche Krone und die Stadt Odenburg heraus. 
geben wollte. Dagegen follten die übrigen im Beſitze des 
Kaiſers befindlichen Burgen und Städte, Forchtenſtein (Fraknoö), 
Kobelsdorf (Kaboͤld), Eiſenſtadt, Güns und Nechnig mit den 
Dazugehörigen Herrichaften in den Hänven Friedrichs und feiner 
birelten Nachlommen bleiben, die beiden erfigenannten aber 
nach jeinem Tode vom ungariichen Könige um 40 000 Dufaten 
ausgelöft werben bürfen. Der Kaiſer, der nur infolge ge⸗ 
ztemender Berufung ben Titel eines Könige von Ungarn ar 
genommen babe, follte denſelben lebenslänglich behalten dürfen. 
Er jollte Matthias an Sohnes ftatt annehmen und von biefem 
al8 Vater geehrt werben, auch beide fich gegenfeitig unterftüßen. 
" Damit der Kaifer um fo geneigter wäre, die Intereffen Un- 
garns zu fördern, wurbe bejtimmt, daß wenn Matthias ohne 
Söhne mit Tod abginge, Friedrich ‚oder ein von ihm zu bes 
ſtimmender Sohn, oder wenn er nicht mehr lebte, ein von den 
Ungarn zu wählender Sohn ihm auf dem ungariſchen Throne 
folgen follte. Die Zahlung obiger 80000 Gulden wie bie 
Übergabe ber notwendigen Urfunden durch die Vevollmächtigten 
des Könige Matthias und der ungariichen Großen follten in 
Wiener Neuftabt erfolgen und darauf die Krone denſelben ein- 
geantwortet werden ?). 


1) Diefe Friedenspräliminarien vom 3. April 1462 inferiert in bie 
Beftätigung bes Papſtes Pius II. vom 7. Mai 1463 ap. Theiner, 
Vet. Mon. Hung. II, 375. Die Angaben bes venetianifhen Gefanbten 
über biefen ertrag in Mon. Hung. Mätyds kir. koraböl I, 141g. 
zeigen, wie genau berfelbe unterrichtet war. — Daß Matthias nach bem 
Tode feiner gegenwärtigen Gemahlin fih nicht mehr follte verhelraten 
bürfen, wie allerdings Dlugosz XII, 487 zum Jahr 1472 bemertt, 
und Krones, Handbuch II, 456, und noch Bachmanun, Deutſche 
Reichsgeſchichte I, 390, behaupten, ſteht weber in biefen Grazer Ab- 
machungen noch in den Urkunden über ben befinitiven Friedensſchluß. 


Ratifikation berfelben. 149 


Der päpftliche Legat begab fich jelbft mit dem Biſchofe von 
Großwardein nach Ungarn, um bie Ratifilation dieſer Friedens» 
präliminarien zu betreiben. Zur Beratung berjelben berief 
Matthias die Prälaten, Barone und Adeligen nach Ofen, wo 
der Reichstag am 20. Mai eröffnet wurde. Man fand aller 
dings die Bedingungen des Grazer Übereinfommens jehr drückend. 
Allein um nur endlich die Krone zu erhalten, genehmigte ber 
Reichstag ſchon am 26. Mai die angeführten Präliminarien. 
Um die Summen aufzubringen, welche zur Befriedigung bes 
Kaiſers und Gisfras notwendig waren, bewilligte der Neichstag 
ausnahmsweiſe auch von den Adeligen eine hohe Steuer, wäh. 
rend die Städte, die gar nicht berufen worden waren, vom 
Könige im Verhältnis zu ihren Mitteln zur Beitragsleiftung 
berangezogen wurden !). 

Ungeachtet alles guten Willens vonjeite der Ungarn dauerte 
es jehr lange, bis die 80000 ‘Dufaten verfügbar waren, die 
man dem Kaiſer zahlen mußte. Auch war in den Grazer 
Präliminarien bejtimmt worden, daß dieſe zur größern 
Sicherheit vom Papite bejtätigt werben jollten, was vonjeite 
desſelben erft am 7. Mat 1463 geihahb. Der Abſchluß des 
befinitiven Friedens, über den die ungariichen Bevollmächtigten 
mit den Gefandten des Kaiſers in denburg verhandelten 2), 


Auch Spricht dagegen, daß ſchon wenige Wochen nah bem am Ende bes 
Februar 1464 erfolgten Tode der Gemahlin bed Königs Matthias ber 
Geſandte des Markgrafen Albrecht von Brandenburg am faiferlihen Hofe 
von neuen Heiratsplänen zu berichten weiß („Archiv für öfterr. Geld.“ 
VII, 26.), und daß von 1465 an wegen der Vermäblung bes Matthias 
eifrig verhandelt wurbe. 

1) Bericht des venetianifhen Geſandten vom 27. Mai 1. c. beftätigt 
und ergänzt buch die Urkunden bei Katona XIV, 527—548. Bgl. 
Teleki XI, 35. Es ift baher irrig, wenu Bachmann a. a. ©. I, 
389 jagt, daß bie ungarifchen Edeln die Annahme ber Bebingungen 
verweigerten. 

2) Befehl des Kaifers an die Stabt Odenburg vom 10. Juni 1468, 
den ungariſchen Bevollmächtigten während ber Verhandlungen gehorſam 
zu fein, im Cod. dipl. patr. V, 268. Datiert find bie Urkunden ber 
ungarifchen Bevollmächtigten vom 19. Iuli aus Odenburg, die des Kaifers 
vom gleihen Tage aus Wiener Neuftadt, bie Ratifikation vonfeite des 


150 Krönung des K. Matthias zum Könige. 


machte dann feine Schwierigleiten mehr. Die Beitimmungen 
besjelben jchließen ftch faft wörtlich an die Grazer Abmachungen 
an. Am 24. Yuli 1463 erfolgte in Wiener Neuftabt die 
Auswechslung der Urkunden zwilchen dem Kaifer und den un⸗ 
garifchen Bevollmächtigten, die Zahlung der feftgefegten Geld- 
fumme und die Übergabe der ungarifchen Krone !). 

Matthias war glüdlih, als er endlich nach fechsjähriger 
Regierung am 29. März 1464 feierlich zum Könige gekrönt 
werben fonnte und fein Thron vor weiteren Anfechtungen ficher- 
geftellt war. Aber auch der Kaijer konnte mit dem Ausgange 
des Streites um Ungarn zufrieden fein. Faſt ohne Anftrengung 
von feiner Seite, bloß durch feine gewohnte Taktik, einmal 
erlangte Anfprüce nicht aufzugeben, hatte er eine große Geld⸗ 
fumme, den ficheren Befig mehrerer ungarifcher Grenzbezirke 
und möglicherweije jogar für fich oder feine Nachlommen Aus- 
fiht auf die ungarische Krone erlangt. Und auch unter weniger 
günftigen Bedingungen hätte er einen Frieden mit Ungarn 
wegen feines immer weiter gehenden Zerwürfniffes mit feinem 
Bruder Albrecht und den Niederöfterreichern mit Freuden be- 
grüßen müffen. 


Kaifers vom 24. Juli, worauf am 26. Juli in Ofen bie vo.feite des 
Könige Matthias erfolgt. Gebrudt find alle bei Katona XIV, 586 
bi8 618 und Theiner, Vet. Mon. Hung. II, 382—391. 

1) Obigen Tag geben bie ungarifhen Bevollmädtigten in. Schreiben 
an bie Siebenbürger Sachſen ap. Teleki XI, 75 an. 


Ausplünderung Oſterreichs durch die Söldnerbanben. 151 


Bweiles Kapitel, 


Streitigkeiten des Kaifers Friedrich mit den Ofter- 
reichern umb feinem Bruder Albrecht VI. 


In der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts ging 
bie mittelalterliche Staatsform in Deutichland ihrem Bankrotte 
entgegen. Seitdem das Fußvolf und die Söldner im Felde bie 
entſcheidende Rolle jpielten, hatte die feudale Kriegsverfajjung 
ihre Bedeutung beinahe vollitändig eingebüßt, das Zeitalter der 
ftebenden Heere fündete fih an. Aber während die Ausgaben 
der Fürſten wegen der erhöhten Koften der Kriegführung, der 
Zahlung von Sold, der Anschaffung von Geihügen und Pulver 
wie wegen ded Sinkens des Geldwertes ununterbrochen jtiegen, 
waren die regelmäßigen Einnahmen von den Negalien und 
Domänen faft gleich geblieben oder gar durch Verkäufe, Ver⸗ 
pfändungen oder Verichenfungen verringert worden, jodaß eine 
Zerrüttung der Finanzen die unausbleibliche Folge war. Der 
Fürſt mußte ſich entweder durch Darlehen oder weitere Ver— 
äußerungen feiner Güter und Einkünfte helfen, aljo feine Finanzen 
noch mehr jchädigen, oder von den Ständen außerordentliche 
Steuern verlangen, die nur ungern und in ungenügendem Maße 
bewilligt wurden und bei öfterer Wiederholung oder längerer 
Dauer allgemeine Unzufriedenheit hervorriefen. 

Auch ein Fräftigerer und thätigerer Fürft als der Kaijer 
Friedrich würde faum imftande gewejen fein, in Djterreich auf 
die Dauer Ruhe und Ordnung aufrechtzuerbalten, da in Ungarn 
und Mähren taufende von brotlojen Sölonern, die nur von 
Raub und Beute lebten, zum Einbruche in das Land bereit 
lagen und die Mittel zur Erhaltung einer jtändigen Truppen⸗ 
macht vollftändig fehlten, ohne die weder bie auswärtigen 
Bandenführer noch die einheimischen Wegelagerer im Zaume 
gehalten werden konnten. So fam es, daß die Not Ojter- 


152 Verſchlechterung ber Silbermünzen. 


reichs, welches jchon durch die Einbrüche der Böhmen im 
Sommer 1458 und durch die von ihnen angerichteten Ver⸗ 
wüſtungen fchwer gelitten hatte, auch nach bem Frieden mit 
dem Könige Georg fein Ende finden follte. 

Was die Böhmen auf dem Marchfelve übrig gelaffen, das 
nahm den Leuten Mladwandt oder Ladwenko weg, einer von 
den damaligen Räubern im großen, ver zu beiden Seiten der 
untern March mehrere „Tabor“ errichtet hatte und fein Hand» 
wert auch noch fortjegte, nachdem ihm der Erzherzog Albrecht 
mit den Wienern und einigen öfterreichtichen Adeligen am 
29. März 1458 zwei feiner Raubnejter an der Marhmündung 
weggenommen und von den 500 ©efangenen bei zweihundert 
in Wien hatte aufhängen laffen. Erſt al$ im Sommer 1459 
wieder zwei feiner Feſten von den Oſterreichern gewonnen wurden, 
war diefem Unweſen für furze Zeit ein Ende gemacht ?). 

Im Deai 1459 erfror ein großer Zeil der Weinreben, und 
auch die Getreideernte war infolge ungünftiger Witterung eine 
ſpärliche, ſodaß fchon deswegen die Preife des Getreides und 
anderer Xebensmittel immer mehr ftiegen ?). Die Not erreichte 
den Höhepunkt, als das Land mit ganz wertlofen Münzen 
überſchwemmt wurde. 

Da die Fürften das Münzrecht nur als eine gewinnbringende 
Einnahmequelle betrachteten, jo war in Öfterreich wie in andern 
Ländern das gebräuchlichite Geld, ver Silberpfenning, von dem 
30 auf einen Schilling, 240 auf ein Pfund gingen, immer 
mehr verjchlechtert worden. Hatte man in der Zeit des Herzogs 
Rudolf IV. für einen ungariichen Goldgulden oder Dufaten, 
den Hauptwertmeffer ber größeren Zahlungen wie bei Silber- 
einfäufen, 96 Pfenninge geben müfjen, jo war berjelbe jchon 
1399 auf 5 Schillinge oder 150 Pfenninge, während der fpäteren 
Regierung bes Herzogs Albrecht V. (1422 —1435) auf 6 
Schillinge und in den zwei folgenden Jahrzehnten infolge einer 


1) Chron. Austr. ap. Senckenberg V, 55 89. 81. Eben- 
dorffer ap. Pez II, 889. 892. 897. 904. „Copey- Bud der Stabt 
Wien“. im F. R. Austr. dipl. VII, 120. 

2) Ebendorffer, p. 896. 


Die „Schinderlinge”. . 158 


Verringerung des Gehaltes der Pfenninge, vielleicht auch des 
Eindringens fchlechter Münzen von außen, nad und nad bis 
auf 8 Schillinge oder ein Pfund geftiegen 9). 

Den Anlaß zur folgenden Kataftrophe feheint ver Umftand 
gegeben zu baben, daß die Herzoge von Baiern und füddeutiche 
Grafen ganz wertloje Pfenninge und ähnliche Münzen ausprägen 
ließen, von denen ganze Tonnen voll nach DÖfterreich geführt 
wurden. ‘Dem verlodenden Beiſpiele folgte zuerft im Sommer 
1458 der Erzherzog Albrecht in Oberdjterreih und dann auch 
ver Kaifer ?), welcher jeine Münsftätten in Wiener Neuftadt, 
Graz, Laibach und St. Veit an Spekulanten verpachtete, die 
in großen Mengen ganz gebaltlofe Pfenninge und Kreuzer (à 4 
Pfenninge) ſchlugen und fi) dadurch ungeheuer bereicherten. ‘Das 
Übel wurde noch dadurch verfchlimmert, daß der Kaifer feinen 
Söldnerführern Andreas Baumkircher, Ulrich Grafeneder, Ber- 
thold von Ellerbadh, Ian von Wittoweg und dem Grafen von 
Pöſing, ftatt ihnen die großen Soldrückſtände zu zahlen, bie 
Erlaubnis zu Münzprägungen erteilte, was viejelben in ber 
maßlojeften Weile ausbeuteten. Dieſe Pfenninge, das Volt 
nannte fie Schinderlinge, hatten von Silber faum eine Spur 
mehr in fih. Während der Pfenning im Sabre 1435 noch einen 
Veingehalt von 0,25 Gramm gehabt hatte, enthielt der im 
April 1460 zirkulierende nur noch 0,012, war alfo um mehr 
als das zwanzigfache jchlechter. 

Da ift e8 begreiffich, daß dieſe Pfenninge und Kreuzer allen 


1) Schalt, Der Münziuß der Wiener Pfenninge in ben Jahren 
1424—1480 (Wien 1880), auf bem ich auch bezüglich des Folgenden im 
allgemeinen verweife. Vgl. für die vorhergehende Zeit noh Schalt in 
„Mitteil. des Inftituts f. öſterr. Geſchichtsforſch.“ IV, 572 ff. 

2) Daß nicht der Kalfer den Anfang gemadt bat, ſcheint mir nad 
ben Angaben bes gleichzeitigen Chron Austr. 1. c., p. 92, wie bes Augs- 
burgers Burkard Zint (Chroniten ber beutfchen Städte V, 112) nicht 
zu bezweifeln. Auch ift das erſte Münzpatent bes Erzherzogs Albrecht, 
das die Münze verfchlechtert, fhon vom 13. Juli 1458, das zweite, noch 
ſchlimmere, vom 20. Mai 1459 (Chmel II, 159. 170), während nad 
Chron. Austr., p. 93sq. das Münzen in Wiener Neuftabt erſt um ben 
29. Sept. 1459 begann. 


151 Hungersnot in Ofterreich. 


Kredit verloren, daß niemand mehr anderes Geld al8 Gold» 
gulden nehmen wollte und Dieje rapid, an manchen Zagen um 
20 bis 30 Pfenninge, ftiegen und envlid einen Kurs von 6, 
8, 10, ja von 12 Pfund Pfenningen erreihten. Der Handel 
ſtockte vollftändig, die Preiſe der Lebensmittel und anderer 
Waren wie anderjeit8 auch die Arbeitslöhne erreichten eine uns 
gebeuere Höhe. Hatte no im Jahre 1458, wo doch eine 
bedeutende Zeurung berrichte, ein Mutt Weizen 6 Pfund ge- 
foftet, fo ftieg 1460 der Preis desjelben auf 32, nach einem 
anderen Berichte gar auf 50 Pfund, ein Laib Brot auf 9 
Scillinge, eine Henne auf 4, ein Haſe auf 10 Schillinge, ein 
Ei auf 5 Pfenning. Mehrere Tage wurde in Wien gar fein 
Brot und Wein verfauft, und e8 fam zu Scenen, welche die 
des modernen Krachs noch überboten. Nicht bloß weinte Das 
Volk und fchalt und fluchte über den Kaiſer und feine Räte, 
fondern es erreichte wirklich das Elend ven höchſten Grad. 
Manche mahlten getrodnete Baumrinden und machten daraus 
Brot; andere ftarben Hungers; eine Witwe in Nußdorf tötete 
aus Verzweiflung ihre zwei Kinder; andere verfauften die ihrigen 
oder ftellten fie auf die Straßen oder jperrten fie in die Woh- 
nung ein und gingen davon, um nicht dem Verhungern der⸗ 
felben zujeben zu müljen ?). 

Wie dieſes verderbliche Münzunweſen, bei dem fich nur die 
Münzpächter und einzelne Spekulanten bereicherten, eine Folge 
einjeitiger Berüdjichtigung fiskaliſcher Intereſſen geweſen war, 
fo galt dies auch von der Erhöhung der Mautaufichläge auf 
Wein, Salz, Getreide u. ſ. w., die in ſolchen Sahren der 
Teuerung geradezu unverantwortlich war. 

Und trog der Geldmacherei um jeden Preis war Die 
Regierung des Kaiſers nicht einmal imftande, den Landfrieden 
zu jchügen und einen einzelnen Adeligen im Zaume zu balten. 
Gamaret Tronauer, dem der Kaijer den Beſitz des Schloffes 


1) ©. die Schilderungen und detaillierten Angaben im Chron. Austr., 
p. 9584q. und Ebendorffer, p. 896— 902. Bgl. auch „Copey⸗Buch 
der Stadt Wien“, ©. 198ff., beſonders 203f. 


Klagen des Adels gegen ben Kaifer. 155 


Drt auf dem Marchfelde bejtritt, weil es deſſen verftorbenem 
Bruder nur zur Hut übergeben worden jet, weigerte fich, feine 
Anſprüche vor dem Gericht des Kaiſers geltend zu machen, fo 
lange dieſes nur mit den Räten desjelben und nicht dem Her- 
fommen gemäß mit einem Landmarihall und einbeimijchen 
adeligen Beifigern bejegt wäre. ALS der Kater ihm nun das 
Schloß durch das Gericht unter dem Vorſitze des Biſchofs von 
Paſſau abjprechen Tieß und hierauf 2000 Böhmen aus Ungarn 
in Sold nahm und durch Diefe und feine Leute nach längerer 
Belagerung am 26. März 1460 Ort durch Beitechung des 
Kommandanten in jeine Gewalt brachte, da fammelte auch 
Sronauer böhmijche „Brüder”-Notten und jegte von der Kirche 
in Schweinbarth am Weidenbache aus, die er in eine Feltung 
umgewandelt hatte, feinen Raubkrieg fort. Mit feinen Leuten 
wetteiferten in der Bebrüdung des Volkes die Sölpner bes 
Kaijers, welche den Bauern nicht bloß ihre Lebensmittel, fondern 
jelbjt ihre Kleider und Schuhe wegnahmen ?). 

Der Adel, der auch durch den Münzunfug bedeutende Ver⸗ 
Iufte erlitt, indem ihm die Abgaben in wertlojen -Pfenningen 
gezahlt wurden, machte feinem Unwillen gegen den Landes—⸗ 
herrn auf mehreren Verfammlungen Luft, die troß des Vers 
botes des Kaiſers Ende 1459 und in den erften Monaten des 
Jahres 1460 gehalten wurden. Auch jet ftand wieder Ulrich 
Eizinger an der Spike der Unzufrievenen. Man Elagte über 
bie Nichtbefegung des Landrechtes in orbnungsmäßiger Weile, 
über die Störung des Landfriedens und die Unficherheit der 
Straßen, über die fchlechten Münzen, über die Mautabgaben 
von Getreide, Wein und Salz, über die Schwierigkeiten bei 
Verleihung der Lehen und die dafür von der Kanzlei erhobenen 
Zaren und andere Dinge. Da der Kaijer feine befriedigenden 
Antworten gab, fo wendeten fich die Apeligen Anfangs März 
an die Stände des Landes ob der Enns und an die Derzoge 


1) Chron. Austr., p. 87sq. 100—109. 112. Ebendorfer, p. 900. 
902sq. 915. Joannis Hindernbachii Cont. Aeneae Sylvii ap. 
Kollar, Analecta II, 560sgqg. 


156 Bergeblige Verhandlungen. 


Albreht und Sigmund, ja jogar an den mit Eizinger be- 
freundeten König von Böhmen als den „oberften Kurfürften”, 
ber entweder zwilchen dem Kaifer und feinen Großen vermitteln 
oder gar eine Entſcheidung treffen follte. König Georg, ber 
in diefen Wirren ein geeignetes Mittel ſah, um auf den Kaiſer 
in der deutichen Thronfrage einen Drud auszuüben, nahm fich 
nach einigem Zögern ber öfterreichifchen Adeligen an und trat 
als Vermittler auf, was den Kaifer gewaltig gegen ihn auf 
brachte. Die langen Verhandlungen, die im Sommer 1460 
in Wien ftattfanden, blieben fchließlih ohne Erfolg, obwohl der 
Kaiſer bezüglich mehrerer Beſchwerden fich entgegentlommend 
zeigte, bei einzelnen auch nachwies, daß fie unbegründet jeien. 
Auc daß er die Forderungen, welche einige Adelige, bejonders 
bie Eizinger, gegen ihn hatten, befriedigen wollte, genügte vielen 
nicht. Sie verlangten, daß noch vor dem 29. September ein 
Landtag einberufen werde, weil fie bezüglich ver Mautaufichläge 
nicht ohne die übrigen Ständemitglieder fich zu etwas herbei- 
laffen könnten. Gerade in diefen Dingen war Friedrich un⸗ 
gemein empfindlich; von feinen Untertbanen wollte er ſich zu 
nicht8 zwingen laſſen. Um ven 10. Auguft wurden daher bie 
Unterbandlungen abgebrochen, und die böhmijchen Geſandten wie 
bie Adeligen verließen Wien 1). Kine weitere Einmiſchung bes 
böhmischen Königs, unter deſſen Schug fich die Eizingeride 
Bartei ftellte, wies der Katjer in ziemlich fchroffer Weife ab ?). 

Um wenigftens dem ſchlimmſten Übelftande abzubelfen, ließ 
ber Kaiſer befjere Pfenninge prägen, von denen 6 Schillinge auf 
einen Dukaten geben jollten, obwohl ihrem wirklichen Werte 
gemäß bald 8, in fpäteren Jahren fogar 9 und 10 Schillinge 
für einen Goldgulden gezahlt werden mußten ?). Auch berief 
er auf den 30. November einen Landtag nah Tulln, um Bilfe 


1) Über diefe Verhandlungen ber Eizingerfchen Partei haben wir neben 
bem eingehenden Berichte ap. Ebendorffer, p. 898—919 und Chron. 
Austr., p. 87—115 zahlreiche Attenftüde bei Chmel, Materialien I, 
184—214, und im „Copey⸗Buch der Stadt Wien“, S. 177—215. 

2) Ebendorffer, p. 919sq. „Copey⸗Buch“, ©. 221. 

3) Schalt a a. O., ©. 92ff. 


Feinbfeligleiten Fronauers, Haltung des Böhmenkönigs. 157 


gegen Fronauer zu erhalten und einen Ausgleich mit der Adels- 
oppofition zuftande zu bringen. Der Landtag wurde aber fo 
ſchwach bejucht, daß die Erichienenen den Kaiſer baten, er möchte 
nach Weihnachten einen neuen berufen. Statt nun diefem 
Wunſche nachzukommen oder felbft zur Untervrüdung Fronauere 
energiihe Maßregeln zu treffen, begab fich Friedrich Ende 
Dezember 1460 nach Wiener Neuftadt und im Februar gar 
nad Graz und überließ Ofterreich fich felbft. 

Jetzt fpielte Tronauer, der immer mehr Leute, befonders 
Böhmen, um fich fammelte, geradezu den Herrn im Lande. 
Nachdem er fchon im Auguft Triebenfee weggenommen und be 
feitigt hatte, wo er nun wie ein Fürft von den vorbeifahrenden 
Schiffen eine Mautabgabe erhob, fegte er im März 1461 über 
die Donau, befeftigte mehrere Pläte, deren er fich bemächtigte, 
brandichagte das ganze Land von Mautern und Hollenburg bis 
in die Nähe von Wien und ließ fich von den Leuten die Hul- 
bigung leiten. Ihn unterftügten jet offen viele Söldner des 
Kaiſers, welche dieſer zu zahlen unterlaffen hatte, während der 
Adel dem Unwefen ruhig zujah ?). 

Unterdeſſen Hatte fich der böhmiſche König überzeugt, daß 
der Kaiſer in der deutſchen Thronfrage freiwillig ſeinen Wünſchen 
nicht entgegenlommen würde, und hatte fich entichloffen, gegen 
deffen Willen die Krone an fich zu bringen. Daher war er 
nun bemübt, demſelben auf allen Seiten Feinde zu erweden. 

Während er noch im Oktober 1460 zugunften bed vom 
ungariichen Könige bevrängten Gisfra hatte ins Feld ziehen 
wollen 2), Inüpfte ex im November die Unterhandlungen mit 
Matthias wegen der Vermählung feiner Tochter mit demfelben 
wieder an und bradte im Januar mit ihm eine vollitändige 
Einigung zuftande. Auf dem Fürftentage in Eger, auf dem 


1) Ebendorffer, p. 917. 923. 926sq. 929. Chron. Austr., p. 117, 
123. Vgl. Ehmel, Materialien II, 236, Nr. 179. Bahmann, 
Deutſche Reichsgefchichte im Zeitalter Friedrich III. und Marx J., I, 23ff. 
bat in der Schilderung ber Zuftände in Ofterreich im Jahre 1460 unb 
Anfangs 1461 die Ereigniffe zeitlich einigermaßen burcheinander geworfen. 

2) Balady, Urkundl. Beiträge, S. 233. Vgl. „Eopey- Buch“, S. 221. 


158 Bündniſſe bes Erzberzogs Albrecht gegen ben Kaifer. 


Georg feine Wahl zum römtifchen Könige durchzuſetzen bemüht 
war, am 18. Yebruar 1461 ſchloß derfelbe auch mit dem Erz- 
berzoge Albrecht, dem, Bruder des Kaifers, ein enges Bündnis 
gegen biefen. Da infolge der unordentlichen Negierung des 
Raifers, erflärte er, in Öfterreich Tange Zeit Kriege und Auf- 
ruht geweſen und Gefahr jet, daß dieſes Land dem Haufe 
Habsburg ganz verloren gehe, jo werde er dahin wirken, baß 
alle Herren und Ritter, die fich unter feinen Schuß gejtellt, 
dem Erzherzoge Albrecht unterthänig werden, und werde auf 
feine Koften mithelfen, baß dieſer Ofterreih unter der Enns 
erwerbe. Doch mußte Albrecht fich verpflichten, ihm dann 
50000 Dukaten zu zahlen). Georg machte nun die öfter- 
reichifchen Adeligen, die bei ihm Schu für ihre Freiheiten 
fuchten, darauf aufmerfiam, daß außer dem Kaiſer noch zwei 
vom Haufe Ofterreich wären, und gab ihnen ven Rat, fih an 
einen von diefen zu wenden. Die Adeligen bätten nun zwar 
Sigmund von Tirol feinem Vetter Albrecht vorgezogen und 
trugen zuerft jenem die Herrfchaft über ihr Land an. Da aber 
Sigmund, damals in einen Krieg mit den Schweizern veriwidelt, 
ihnen eine ablehnende Antwort gab, jo wendeten fie fih an 
den Erzherzog Albrecht, der natürlich ihren Wünfchen auf das 
bereitwilligite entgegenfam und auf einer Zuſammenkunft in 
St. Pölten und fpäter in Freiftadt alle Sachen mit ihren ins 
Reine brachte. Auch Fronauer fchloß fich dem Erzherzoge an ?). 

Ende März begab fich Albrecht nach Innsbrud zum Herzoge 
Sigmund, mit bem er fich ebenfall$ vollftändig einigte, indem 
er ihm für ven Fall des Todes des Kaifers die cillifchen Be⸗ 
figungen zuficherte und ihn, wenn er felbjt feine männlichen 
Nachkommen ' binterließe, zum Erben feiner Länder einfekte. 
Sigmund bracdıite dann ein Bündnis zwilchen feinem Vetter und 
den Grafen von Görz zuftande, die vom Kaiſer furz vorher 
zu einem ungünftigen Frieden gezwungen worben waren. Der 


1) Bachmann, Reichsgeſchichte I, 30f. 
2) Chron. Austr., p. 124sqq. In Freiſtadt urkundet Erzherzog 
Albrecht am 28. April. Lichnowsky VII, Reg. Nr. 509. 


Beginn bes Krieges. 159 


Kreis der Feinde des Kaifers ward auf allen Seiten geichloffen, 
al8 am 4A. April auch Matthias von Ungarn mit dem Erz 
berzoge Albrecht ein Bündnis einging. Jener jollte gegen Enbe 
des Juni Steiermark, dieſer Niederditerreich angreifen und beide 
den Krieg fortiegen, bi8 der Kaiſer an diefen das Land nörd⸗ 
lich vom Semmering abgetreten, an Matthias die ungarifchen 
Grenzgebiete und die Königskrone zurüdgeftellt hätte ?). 

Zur Abwendung diefer Gefahren traf der Kaiſer ganz un« 
genügende Maßregeln. Er mendete fih um Hilfe an den Bapft, 
ermahnte die Reichsſtädte und die Fürjten zur Treue und forderte 
die Stände der böhmiſchen Länder und Oberöſterreichs auf, den 
König Georg und den Erzherzog gegen den Kaifer nicht zu 
unterftügen. Aber er that nichts, um den Feinden eine zahl- 
reihe Truppenmacht entgegenftellen zu fünnen. Wohl nahm 
er im März den erprobten Giskra in feinen Dienft; aber bie 
Mannſchaft, die er ihm mitgab, beichränfte ſich auf 300 Dann 
und 1000 „Brüder“, mit denen verjelbe troß der Unterjtügung 
burch die Wiener und die Bauern am Kahlenberge nicht einmal 
gegen Fronauer etwas ausrichtete, während die Verwüftungen 
und NRäubereien jeiner Leute die Abneigung gegen den Kaiſer 
vergrößerten. Die meiften öfterreichiichen Landherren, die nicht 
bereits offene Feinde Friedrichs waren, erklärten fich für neutral. 
Ein Landtag, den der Kaiſer auf den 15. Juni nach Korneu⸗ 
burg berief, wurde fat gar nicht bejucht. 

Am 19. Juni 1461 erklärte der Erzherzog Albrecht, daß 
er fich entichloffen habe, Ofterreih unter der Enns in feine 
Hände zu bringen, damit dieſes wenigſtens jeinem Fürjtenhaufe 
erhalten bleibe, und kündigte jeinem Bruder den Krieg an. 
Gleichzeitig fandten zahlreiche Adelige aus Ober⸗ und Nieder» 
öfterreih, aus Böhmen und Mähren dem Kaiſer ihre Fehde⸗ 
brief. Am 30. Juni überjchritt der Erzherzog die Grenze von 
Niederöfterreih, wo fich faft alle Adeligen wie Yronauer mit 
jeinen Scharen ihm anfchloffen, rückte über Ips und St. Pölten 
nah Zulln, deſſen Bejagung durch Verrat der Bürger über- 


1) Bachmann, Reichsgeſchichte I, 33—38. 


— 


160 Not des Kaifers. 


wältigt wurde, nötigte Giskra zum Rückzuge auf Wien, geivanı 
Klofterneuburg und ftand ſchon am 1. Auguft in Hieging 
unter den Mauern Wiens. Ein Verſuch, fih am 12. Auguft 
mit Unterftügung einiger Parteigänger durch plößlichen Überfall 
der Hauptſtadt zu bemächtigen, in ber auch bie Kaiſerin und 
ber zweijährige Kronprinz Max fich aufhielten, fcheiterte an ber 
Wachſamkeit und dem kräftigen Widerftande der Vürger und 
ihrer Belagung. Aber trogdem war die Lage der Stabt eine 
bevenklihe. Wohl war Wien mit Mauern, Qürmen und 
Gräben ftark befeftigt. Auch waren, vom Kaiſer gejenvet, außer 
Gistra auch Andreas Baumkircher, der Grafeneder und andere 
Sölpnerführer mit einigen 100 Mann Ende Iuli noch recht 
zeitig in die Stadt gelommen. Aber diefe war fo ungenügend 
verproviantiert, daß fie eine lange Belagerung nicht aushalten 
fonnte. Auch erbielt der Erzherzog noch in jeinem Lager bei 
Schwechat bedeutende Verjtärfungen. Denn auf dem Marſche 
gegen Wien Anfangs Yuli hatte er mit dem Herzoge Ludwig 
von Baiern Landshut einen Vertrag geichloffen, wonach dieſer 
ihm gegen Berpfändung von Neuburg am Inn und ‚mebrerer 
Schlöffer wie gegen andere Verfprechungen 1000 Xeifige und 
1000 Fußgänger zubilfe ſchicken follte.. Faft gleichzeitig mit den 
Boiern famen am 26. Auguft aud 4000 ungariſche Reiter 
und 1200 Fußgänger unter Anführung des Palatins Michael 
von Orſzaͤgh und Reinolds von Rozgon. Im Notfalfe wollte 
König Matthias felbft mit 10000 Maun zum Erzherzoge jtoßen. 
Und wie der Kaifer in Gefahr war, ganz Ufterreich zu ver- 
lieren, jo wurde gleichzeitig fein .VBorlämpfer im Reiche, der 
Markgraf Albrecht von Branvdenburg-Ansbach, durch die Wittels- 
bacher und deren Verbündete, bejonders zahlreiche böhmiſche 
Zruppen, hart bevrängt. 

Da wurde Friedrich durch ben König von Böhmen gerettet. 

AUS Georg die Böhmen zum Kriege aufbot, weigerten fich 
manche. Adelige, aus einem Anlafje, ver ihr Neich nichts angebe, 
über die Grenze zu ziehen. Auch mochte er ſelbſt Bedenlen 
tragen, fich den Raifer zu einer Zeit zum Todfeinde zu machen, 
wo der Papſt Miene machte, wegen Nichterfüllung der von 


Vermittelung Georgs von Böhmen. 161 


ihm vor feiner Krönung gegebenen Verſprechungen ernftliche 
Maßregeln gegen ihn zu ergreifen. Er ließ zwar viele feiner 
Barone und Ritter dem Erzherzoge zubilfe ziehen und fchidte 
Truppen gegen Albrecht von Brandenburg nach Tranfen. Uber 
gleichzeitig bot er dem Kaiſer feine Vermittlung an. Lange 
batte diejer fie zurückgewieſen. Bei der fteigenden Not indeſſen 
übertrug er endlich dem böhmiichen Könige die Herbeiführung 
eines Friedens mit feinen Teinden. 

Am 8. Auguft kam eine aus den angefeßenften Perjonen 
Böhmens beſtehende Gelandtichaft nach Wien und begab fich 
von da zum Erzherzog. Obwohl aber auch der päpftliche 
Legat Kardinal Beffarion feine Bemühungen mit denen ber 
Böhmen vereinigte, wies Albrecht jeden Ausgleich zurück. Erſt 
al8 die Gefandten mit der Abberufung aller Böhmen drohten 
und auch die öfterreichtichen Adeligen fich der Fortiegung des 
Krieges abgeneigt zeigten, gab er endlich nad. Ohne noch die 
Zuftimmung feiner Verbündeten einzuholen, fchloß er am 
6. September in feinem Bauptquartier zu Larenburg einen 
" Bertrag, nach welchem die Feinbfeligfeiten bis zum 24. Juni 
des folgenden Jahres eingejtellt werden und während vieler 
Zeit der König von Böhmen bemüht fein follte, einen Frieden 
zwilchen den verjchlevenen Parteien herbeizuführen ?). 

Aber fo wenig in Ofterreich wie im Reiche vermochte König 
Georg, der auch jegt feine Schaukelpolitik fortjegte, den Kämpfen 
ein Ende zu machen. Im Oſterreich brachen bald nad dem 
Larenburger Vertrage die Fehden wieder aus, da die Söldner 
des Kaiſers von diefem fein Geld erhielten und fie ſich num 
durch Raub und Plünderung auf Koften der Anhänger Albrechts 


1) Bahmann hat in feiner „Reichsgeſchichte“ I, 39—113 über ben 
Krieg in Ofterreich wie über die gleichzeitigen Vorgänge im Reiche fehr 
eingehend gehandelt. Doc finden fich bei ihm einzelne Ungenauigkeiten. 
So hat die Kaiferin die Wiener und die kaiferlihen Sölpner nicht beim 
Überfalle Albrechts am 12. Auguft perſönlich zur Tapferkeit angefeuert 
(S. 103), da feine Quelle, das Chron. Austr., p. 131, deutlich fagt, es 
fei dies am 3. Auguft gefcheben, al8 der Erzherzog an Wien vorbei von 
Hietzing nad) Inzersdorf 309. 

Buber, Geſchichte Öfterreihs. III. 11 


162 Bebrängung Wiens durch die Feinde des Kaifers. 


bezahlt zu machen juchten, ja manche jogar dem Kaiſer jelbft 
abfagten. Des Erzberzogs Hauptleute Jörg von Potendorf 
und Nabuchodonnojor Nandenreutter, ein alter Bandenführer, 
antworteten darauf mit Repreſſalien und befeftigten mehrere 
Punkte in der Umgebung von Wien, die ihnen dann die Kaiſer⸗ 
lichen wieder zu entreißen fuchten. Die öfterreichiichen Stände, 
bie fih im Dezember in Ziſtersdorf verfammelten, faßten eine 
Reihe von Beichlüffen zur Herftellung des Landfriedens. Aber 
der Kaiſer, der darin eine Verlegung der Nechte des Landes⸗ 
fürjten erblidte, that nichts, um die Ausführung berielben zu 
fördern, ebenfo wenig aber auch, um burch Unterftügung jeiner 
Anhänger, bejonders der treuen Wiener, ein Ende bes ver- 
berblichen Krieges herbeizuführen. Er faß ruhig in Steiermart, 
mit der Betreibung der Heiligiprehung Capiftrans und der 
Gründung eines Bistums in Laibach beichäftigt. 

Immer mehr Adelige, Brälaten und Städte Nieveröfterreichg 
neigten fich dem Erzherzoge Albrecht zu. Faſt nur Wien hielt 
noch treu zum Kaiſer. Aber dieſes wurde immer härter be 
drängt. Die Hauptleute des Erzherzogs und verſchiedene Banden⸗ 
führer befegten rings um die Stadt die wichtigften Punkte 
und bemmten jeden Verkehr mit verjelben, den Anbau der 
Weingärten und der der Bürger, die Zufuhr von Lebene- 
mitteln ?). 

Dies konnte endlich nicht ohne Einfluß auf die Stimmung 
der Wiener bleiben. Wien war nach der Haffiichen Schilderung 
eines fo fcharfjinnigen Beobachters wie Aeneas Sylvius ?) um 
die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts eine der fchönften und 
bevölfertiten deutſchen Stäbte, deren Einwohnerzahl man auf 
50 000 Kommunikanten jchägte ?). Aber die Bevölkerung war 


1) Bachmann I, 259-277. 

2) Epist. 165 der ed. Basil., auch als Anfang ber Hist. Frid. ap. 
Kollar II, 8—14. 

3) Sp Aeneas Sylvius. M. Beheim, Buch von den Wienern, 
©. 174, giebt die Zahl ber Einwohner von Wien und ben Borfläbten 
anf 75000 an, was mit jener Schätung ungefähr übereinftiimmen würde. 
Bgl. auch die weitläufige, teilmeife übrigens auf Aeneas Sylvius fußenbe 
Schilderung in Bonfinii Rer. Hung. Dec. IV, lib. 5. 


Schlechte Stimmung der unteren Volksklafſen. 168 


leichtfertig, fittenlo8 und genußfüchtig, „verzehrte am Sonntage, 
was fie die ganze Woche hindurch verdient bat”, war alfo 
nicht geftählt gegen lange Entbehrungen. Auch bilbeten ber 
Weinbau und Handel die Haupteinnahmsquelle zahlreicher Bürger, 
und gerade dieſe waren feit mehreren Jahren durch Mißwachs, 
Krieg und den Münzunfug verfiegt. Dagegen hatten bie Kriege 
und bie Abwehr der Räuber und Bandenführer die Stabt in 
Schulden gejtürzt, die jchon Anfangs März 1459 ſich auf mehr 
al8 44000 Pfund Pfenninge beliefen und deren Zinjen mit 
den gewöhnlichen Einnahmen um fo weniger gebedt werben 
Ionnten, al8 mehr als ein Drittel der Häufer Geiftlichen und 
Evelleuten gehörte, welche von ven ftäbtiichen Steuern frei 
waren). Als nun die Scharen der Feinde um Wien ich 
immer mehr verbichteten, die Not wie ber Steuerbrud immer 
größer wurden, al8 auch die Profefforen der Univerfität, denen 
ber Kaiſer fieben Vierteljahre keinen Gehalt mehr gezahlt hatte, 
auf eine Anfrage wegen ber Auslegung des dem Kaiſer geleifteten 
Treueides eine ausweichende Antwort gaben, biefer ſelbſt aber 
gegen alle Bitten, perfönlih Hilfe zu bringen, taub zu bleiben 
Ihien, da begannen die untern Vollksklaſſen in der Treue gegen 
den Kaiſer zu wanken. Auch ver Rat gab am 21. Juli 1462 
wenigſtens jeine Zuftimmung, daß in Wien ein Landtag zur 
fammtentrete, um zu beraten, „wie das Land in Fried geſetzt 
werde”, jedoch unter der Bedingung, daß die Anlommenden 
einen Eid leifteten, dem Kaiſer und der Stabt nicht zu fchaben. 

Als aber der Landtag Ende Juli in Wien fih verfammelte, 
juchten die Gegner des Kaiſers im geheimen die Zünfte gegen 
den Rat aufzuhegen, ver nicht auf das allgemeine Wohl jondern 
nur auf feinen Brivatvorteil bevacht und ber vor allem Schuld 
jet, daß ber Friede im Lande nie hergeftellt werden könne. 
Die Wortführer der Unzufrievenen waren Hans Odenacker, 
der Sohn eines früheren Badknechtes aus Regensburg, und 
Dr. Hans Kirchheim, einer der berüßmteften Arzte Wiens und 
Brofeffor der Medizin, ebenfalls kein Wiener feiner Herkunft . 


1) Copey⸗Buch“, S. 171. 
11* 


164 Sturz bes faifertreuen Rates. 


nach, jondern ein geborner Schwabe. Nach längeren Beratungen 
drang im Auftrage der Verfchiworenen am 12. Auguft Dr. Kirch 
beim im Harniih an der Spite von fechzig Bewaffneten in 
das Ratshaus ein, nahm den Bürgermeilter Chriftian Brenner 
und die Ratsherren gefangen und bemächtigte fich ver Gewalt. 
Da aber Kirchheim wie Obenader als Eingewanderte mit den 
Geſchäften zu wenig vertraut waren, fo Tießen fie zum Leiter 
ber ftädtiichen Angelegenheiten von der Gemeinde den Wolfgang 
Holzer wählen, einen ehemaligen Viehhändler von bedeutendem 
Bermögen, der einft mit Eizinger in vertrauten Beziehungen 
geftanden, wiederholt Mitglied des Rates und Münzmeifter ge- 
wejen war und burch feine volfstümliche Beredſamkeit fich beim 
Volle großes Anfehen erworben Hatte !). 

ALS dieſe Umwälzung die Stellung Wtend zum Bruder- 
jtreite mit einem Schlage veränderte, ftand der Kaifer an der 
Spike eined Heeres von 6000 Mann in Brud an Mur. Nach 
langen Verhandlungen hatte er die Stände von Steiermarf, 
Kärnten und Krain zu einer Hilfeleiftung bewogen, auch einige 
Söldnerführer angeworben. Am Abend des 22. Auguft erichien 
er vor den Mauern von Wien. 

Holzer, bauend auf die Anhänglichkeit der Mafjen wie auf 
die Unterftügung der öfterreichiichen Adeligen trat auch dem 
Kaiſer gegenüber mit großer Kedheit auf, verweigerte ihm wie 
feinen Truppen den Eintritt in die Stadt und rüftete ſich zu 


1) Über dieſe Verhältniſſe in Wien wie iiber bie folgenden Kämpfe bis 
zum Tode Albrechts VI., bei denen dieſe Stadt ben Mittelpunkt der Er⸗ 
eignifje bildet, find die Hauptquellen das Chron. Austr., p. 154sqgq., 
Ebendorffer, Yölsgqg. und (bis zum Dezember 1462) Jo. Hinder- 
bach ap. Kollar U, 563sqgq., alles Werte von Augenzeugen bei einem 
großen Teile der Ereignifie, ebenfo wie Michael Beheims Bud von 
den Wienern, 1462—1465, herausgegeben von Th. v. Karajan, befien 
weitläufiges Gedicht freilich eine Schmäbfchrift im Interefje des Kaifers 
iſt. Bol. auh Weiß, Geld. ber Stadt Wien (2. Aufl.) I, 246 ff. und 
Bachmaun, Reichsgeſch. I, 294 352. 374-389. 443—460, ber das 
von ihm benutzte urkundliche Material, fo weit es nicht früher gebrudt 
war, nachträglich in F. R. Austr. Dipl. XLIV („Briefe und Acten zur 
öfterreichifch-beutfehen Geſchichte“) publiziert bat. 


Haltung Wiens gegenüber dem Kaifer. 165 


energiicher Verteidigung. Dagegen wurben während der Nacht 
400 Reiter des Erzherzogs Albrecht heimlich herbeigerufen und 
vor dem Anbruch des Tages beim Schottenthore eingelaffen. 
Drei Tage!) mußte der Kaiſer im Angefichte Wiens in einem 
Lager bei St. Marr zubringen. Erſt als er wiederholte 
Deputationen der Bürger und Stände in der freunblichiten 
Weiſe empfangen und feierlich Verzeihung für alles Vorgefallene 
zugefichert hatte, wurden ihm zum großen Verdruſſe der An⸗ 
hänger feines Bruders die Thore geöffnet und konnte er fich 
am 25. Augujt mit feiner Gemahlin und feinem Sohne ver» 
einigen. 

Der Katjer vermochte fich freilich mit den Ständen auch 
jegt über die Maßregeln zur Herbeiführung eines Landfriedens 
nicht zu einigen, weil er, an feinen Nechten als Landesherr 
fejthaltend, auch ihre Unterftügung zur Wiedergewinnung der 
ihm und anderen entrijfenen Burgen und Güter in Anjpruch 
nahm, fie aber, in ihrer Mehrheit dem Erzberzoge Albrecht 
zugetban, aus ihrer Unthätigfeit nicht beraustreten wollten. 

Nach kurzer Zeit zerfiel er auch mit den Wienern voll. 
ſtändig. Dieſe Hatten in feiner Verjöhnlichkeit und Milde nur 
einen Ausflug von Schwäche gefehen und wurben dadurch zu 
noch übermütigerem Auftreten ermutigt. Längere Zeit verging, 
bis die gefangenen Ratsherren aus dem Gefängniſſe entlaffen 
wurden. Als dann der Kater in feiner Gegenwart und nicht 
durch die ganze Bürgerichaft fondern nur durch den großen 
Rat (die „Genannten“) einen Bürgermeifter und Stadtrat 
wählen ließ, verweigerte die Gemeinde dieſen den Gehorſam 
und wählte am 19. September Holzer zum Bürgermeifter und 
Kirchheim, Ovenader und andere Gefinnungsgenoffen desſelben 
zu Ratsherren; der Katjer wagte nicht, diejen die Beſtätigung 
zu verweigern. 

Hatten die Wiener ein folche8 Auftreten gewagt, als ver 
Kaiſer noch von allen feinen Truppen umgeben war, jo mußte 


1) Nah Bahmann I, 307, N. 1, nur zwei Tage, was aber den 
genauen Angaben nicht bloß Hinderbachs, fondern auch des Chron. Austr., 
p. 162, wiberjpridt. 


166 Empörung der Wiener. 


man auf noch Ürgeres gefaßt fein, al8 am 24. September 
bie Inneröſterreicher, deren Dienftzeit abgelaufen war, nache 
baufe zogen und Friedrich auf Bitten der Wiener auch jeine 
Sölpner entließ. Der Kaifer war aber wieder nicht in ber 
Lage, diefen den vollftändigen Sold auszuzahlen, und der Wiener 
Stadtrat weigerte ich, demjelben zu dieſem Zwede eine Summe 
Geldes zu leihen. Dies batte die Folge, daß die Söldner 
dem Kaiſer und der Stadt abjagten, die Bürger an der Ein- 
bringung des Weines binderten und ihnen allen möglichen 
Schaden zufügten. Auf Antrag Holzer beſchloß nun am 
5. Oltober die Gemeinde, dem Kaiſer förmlich den Gehorſam 
aufzufünden, ficb aller Eide und Pflichten ledig zu erklären und 
ihm feine Abgaben mehr zu entrichten, bis fie ſich mit den 
übrigen drei Ständen über das weitere Vorgehen geeinigt hätten. 

Wenn Holzer dabei erklären ließ, daß dies dem Kaiſer und 
feiner Familie feinen Schaden bringen folle und daß es ihm 
nur um bie Herftellung des Landfriedens zu thun fei, jo war 
dies nur darauf berechnet, naive Gemüter zu beruhigen, welchen 
die Verlegung des Treueides Gewiſſensſkrupel verurjachte, 
konnte aber jene nicht täufchen, die nicht auf die lohyalen Phrafen, 
jondern auf die Handlungen Holzers ſahen. Schon vor feiner 
Wahl zum Bürgermeifter hatte er den Nandenreutter, Haupt⸗ 
mann bes Erzberzogs Albrecht, beimlih um Zufendung von 
500 Fußknechten gebeten. Am 6. Oktober, wo dem Satjer bie 
Abfage in die Burg gebracht wurde, ließ er zwei der einfluß- 
reichiten Räte besfelben, den Freifinger Dompropft Ulrich 
Niederer, als er von einer Zaufe in die Burg zurückkehren 
wollte, und Ulrich Grafeneder, Hauptmann in Odenburg, den 
er in fein Haus lockte, verhaften und in den Kerker werfen. 

Der Kaiſer begann denn auch fofort, die Burg in ver 
teivigungsfäbigen Stand zu fegen. Als er auf bie freche 
Forderung der Wiener, alle Bauten zu unterlaffen, eine ab- 
ichlägige Antwort gab, fuchten ſtädtiſche Söldner am 16. Oftober 
nad) dem Einbruche der Nacht Gerüfte zum Angriffe auf die 
Burg aufzuführen. Da fie dabei vomjeiten der Beſatzung 
Widerſtand fanden, begannen fie am folgenden Tage die Ber 


Berufung bes Erzherzogs Albrecht. 167 


ſchießung. Am 19. waren fchon drei Schanzen errichtet und 
mit fchwerem Geſchütze armiert. Aber erſt am folgenden Tage 
ichielten die Wiener dem Kaiſer eine förmliche Kriegserklärung, 
nachdem fie ſchon vorher mehreren feiner Diener und Anhänger 
in Wien ihr Vermögen weggenommen batten. 

Dom 21. Oltober an wurde die Belagerung der Burg 
mit größter Energie betrieben. 66 größere Gejchüße, von denen 
vier Steine im Gewichte von drei Zentnern geichoffen haben 
iollen, und eine Menge von Heineren Büchfen und Armbrüften 
waren Tag und Nacht tbätig und überfchütteten die Burg mit 
einem Dagel von Steinen und Pfeilen. Aber die Bejatung, 
über 200 wehrhafte Krieger zählend, vereitelte alle Anjtrengungen 
der DBelagerer. Der Kaiſer jelbjt legte wieberholt bei den 
Verteivigungsmaßregeln feine Hand an. Nach mehr als einer 
Woche hatten die Angreifenden noch nicht die geringiten Er» 
folge erzielt, wohl aber nicht unbebeutende Verlufte erlitten. 

Schon ließen viele Wiener den Mut finken, und nur Holzer 
dachte an Feine Nachgiebigkeit. Doc ſah auch er ein, daß bie 
Bürger ohne fremde Unterftügung die Burg nicht zu bezwingen 
vermöchten, ebe dem Kaiſer Entſatz käme. Da bie öfterreichiichen 
Adeligen, welde doch im Grunde auh am Aufſtande der 
Wiener jchuld waren, jest ruhige Zufchauer des Kampfes 
blieben, jo wendete ſich Dolzer an den Erzherzog Albrecht und 
bat ibn, der Stadt zubilfe zu kommen und als Vormund 
ihres Erbherrn, des jungen Maximilian die Regierung Dfter- 
reichs zu übernehmen. 

Abreht Hatte offenbar ſchon lange fehnjüchtig auf einen 
Ruf der Wiener gewartet. Unverzüglich fammelte er Truppen, 
z0g nach Nieberöfterreich und bielt am 2. November mit 600 
Neitern feinen Einzug in Wien. 

Um ven Anftand zu wahren, knüpfte er zunächſt mit feinem 
Bruder Unterhandlungen an. Er verlangte von Friedrich, daß 
er die Negierung Oſterreichs auf zwei oder brei Sabre einem 
durch die vier Stände zu wählenden Rate überlajje, der im 
Namen jeine® Sohnes Dear die Geichäfte führen und ben 
Frieden berftellen wie alle Neuerungen bejeitigen follte, und 


168 Eintreten Georgs von Böhmen für den Kaifer. 


daß er das zur Entlohnung der Söldner notwendige Geld ber- 
gebe. Als der Kaiſer jo demütigende Bebingungen zurückwies 
und erflärte, eher folle die Burg fein Friedhof fein, da fagten 
nach dem DBeilpiele des Erzherzogs auch viele Adelige demſelben 
ab, und die Belagerung wurde mit noch größerem Eifer fort 
gejegt. Nicht bloß ftellte der Erzherzog zwei neue große Ge⸗ 
Ihüge vor der Burg auf, fondern man verjuchte auch die ftarfen 
Außenmauern, denen die Kugeln nichts anzubaben vermochten, 
durch Untergrabung zum alle zu bringen over fich durch die 
jelben einen Weg zu bahnen. in noch gefährlicherer Feind 
als die Minen und riefigen Steinfugeln erhob fich in der Burg 
jelbft, der Hunger. Schon waren von den Kriegern und Hof. 
leuten, zujammten bei fechithalbhundert Köpfen, alle Lebensmittel 
bis auf Erbſen und Gerſte aufgezehrt und auch von biejen nur 
noch ein geringer Vorrat vorhanden, fo daß man ben Leuter 
nur kleine Nationen geben konnte. Alle Hunde und Sagen, 
jelbft ein alter Geier, der in der Burg gefüttert worden, und 
ſchimmlige Brotrinden waren als Lederbiffen verzehrt worden. 
In kurzer Zeit mußte die Not zur Ergebung zwingen. 

Da, im Augenblide der größten Bedrängnis, nahte Hilfe 
bon außen. ' 

Es war dem Kaiſer gelungen, bald nah dem DBeginne 
der Belagerung feine in Wiener Neuſtadt weilenden Räte von der 
jteigenden Gefahr zu unterrichten. Da der Verjuch eines Söldner» 
führers, ſich durch Überfall ver Stadt Wien zu bemächtigen, 
mißlang, fo beichloffen fie, fihb um Hilfe an den König von 
Böhmen zu wenden. Baumlircher, der die Botſchaft übernahm, 
reiſte Tag und Nacht mit folher Eile, daß er, am 27. Oltober 
von Neuftadt aufbrechend, am 29. abends nach Prag gelangte. 
Bon vierzig Reitern, die er mitgenommen, hatten nur drei ihm 
zu folgen vermocht; die anderen waren auf dem Wege erlegen. 

König Georg, der feine Pläne auf die deutiche Krone auf- 
. gegeben hatte und wegen jeines Bruches mit dem Papite fich 
die Gunft und Unterftügung des Kaiſers fichern wollte, erließ 
noch am nämlichen Tage ein allgemeines Aufgebot und ſchickte 
ſchon am Tage darauf ſeinen Sohn Victorin, Herzog von 


Unterhandlungen mit dem Erzherzoge Ulbrecht. 169 


Miinfterberg, und ben Oberfiburggrafen Zdenko von Sternberg 
mit 800 Reitern nach Oſterreich. Mm 8. November folgte er 
felbft mit einem Heere von 7000 Wiann, das durch bie nach⸗ 
ziehenden Adeligen bald auf 22000 Mann verſtärkt wurbe, 

Schon ale Wictorin nach Korneuburg kam, fagte biefe 
Stadt wie Krems und Stein den Wienern ab. Auch mehrere 
oſter reichiſche Adelige fchloffen ſich ihm an. Nachdem ex mit 
Unterftägung Fronauers, der, mit bem Erzherzoge zerfallen, 
zum Kalfer übertrat, bei Ort die Donau Überfchritten Hatte, 
vereinigten ſich mie Ihm auch des Kaiſers Bäte Vaumkircher 
und Graf Ulrich von Schaumberg und mehrere Soldnerführer 
mit Ihren Scharen, dann die Steirer, Kärntner und Krainer, 
bie tro des Verbotes des Kaiſers eisen Landtag in Leibnitz 
gehalten und dort einen Kriegszug zur Welrelung des Kaiſere 
beſchloſſen hatten. Etwa B000 Mann ſtark zogen ſie am 
18. November gegen Wien. Uls am folgenden Tage auch ber 
König felbft In Korneuburg elntraf, anderfelt® Signale aus ber 
Bury bie Außerftie Not verkündeten, verabrebete man auf ben 
19. November einen allgemeinen Angriff auf dle Stadt. Der 
ſKonig follte der Bruͤcke über die Donau fich bemächtigen und, 
wenn die Wiener zu feiner Abwehr berbeiellten, die Truppen 
feines Sohnes, Baumkirchere und bie Innerbſterreicher bie 
Stadt von &ioweften bey angreifen. Da aber die Innere 
Donaubrilte abgebrochen war und baber der Konig am Wors 
dringen gegen bie Btabt verhindert warb, fo konnten fich bie 
Bürger wie die Wannen des Erzherzogs ſämtlich gegen ba 
übliche Beer wenden, weldes einen Sturm auf bie hoben 
Dinuern in der Nähe des Schottentbore® unternahm, und 
ſchlugen dasielbe mit bebeutenden Werluften zurück. 

Der bbohmiſche König ſtand jetzt von weiteren Angriffen 
auf Wien ab und knilpfte mit dem Erzherzoge Albrecht Unter⸗ 
handlungen an. Er hatte viellelcht von Unfang an nichté 
anderes beabſichtigt, als den Kaiſer aus ben Händen der Wiener 
zu befreien, nicht aber auch deſſen Bruder zu zUchtigen. Denn 
er ſelbſt hatte ja dieſem wiederholt gelobt, Ihm zum Beſitge von 
ganz Ofterreich zu verhelfen, und er mußte doch in einige Wer, 


170 Friebe von Korneuburg. 


legenheit geraten, wenn er jett an fein Veriprechen gemahnt 
wurde. Auch war e8 für Georg, der immer nur feine eigenen 
Intereſſen zu wahren fuchte, gewiß vorteilhafter, wenn ber 
Erzherzog eine Stellung behauptete, die ihn auch fortan dem 
Kaiſer gefährlich machte und diefem die Unterftügung des Böhmen⸗ 
königs notwendig erjcheinen ließ, als wenn Friebrich feiner Yeinde 
vollftändig Herr wurde. 

Es war freilich eine fchwierige Aufgabe, ein Ablommen zus 
ftande zu bringen, das ven Kaiſer wie feinen Bruder befriebigte 
und auch für die Wiener und deren Führer annehmbar erichien, 
welche mit Recht bie Rache des jchwer beleidigten Monarchen 
fürchten mußten. Erſt am 2. Dezember wurde in Korneuburg 
der Triebe geichloffen, ver in der Form dem Kaiſer, der Sache 
nach aber dem Erzherzoge günitig war. Es fjollten alle Ge⸗ 
fangenen fveigelafjen, auch alle vom Erzberzoge während ber 
legten Kriege im Lande unter der Enns gewonnenen Burgen, 
Städte und Herrichaften dem Kaijer zurückgeftellt werden. Doch 
follte diefer die Regierung in Ofterreich mit allen Rechten und 
Einkünften während der nächften acht Jahre gegen eine jährliche 
Rente von 4000 Dukaten feinem Bruder überlajjen. Holzer 
und fein engiter Anbang waren jogar mit dieſem Friedens⸗ 
ſchluſſe unzufrieven. Doch feste der Erzberzog, der die Bürger 
zu einer Verjammlung in die Stephanskirche berief, durch fein 
entſchiedenes Auftreten die Annahme vesjelben durch. Am 
4. Dezentber öffneten fich endlich die Thore der Burg. Der 
Kaiſer zog unter dem Schute des Herzogs Victorin nach Kor» 
neuburg, die Kaiferin mit ihrem Hofgefinde, in grober Weile 
verböhnt vom Wiener Pöbel, nach Wiener Neuftadt. 

Die Dankbarkeit Friedrichs gegen den König Georg, der 
ihn aus den Händen der wütenden Wiener Handwerker befreit, 
ichien feine Grenzen zu lennen. Er erhob deſſen beide jüngeren 
Söhne Heinrich und Hynko in den Reichsfürſtenſtand und er- 
nannte ihn ſelbſt für den Tall feines Todes zum Obervormunde 
bes Erzherzogs Marimilian, ja fogar, wenn auch biefer vor 
Erreihung der Volljährigkeit mit Tod abginge, zu feinem 
Nachfolger in den djterreichiichen Ländern, ein Recht, das von 


Bruch besfelben. 171 


ben übrigen Erben nur mit 100000 Dukaten follte abgelöft 
werden bürfen. Auch verichrieb er ihm für bie verfprochene 
Hilfe zur Unterwerfung derjenigen, bie fi der Einkünfte Öfter- 
veich8 bemächtigt hätten, die Hälfte der Wein- und Salzfteuer 
dieſes Landes. Später fette er die ohnehin geringen Leiftungen 
Döhmens gegen das Reich noch auf die Hälfte herab, ſodaß 
der König zum Römerzuge des Kaiſers nur noch 150 Mann 
zu ftellen oder 150 Mark Silbers zu zahlen und nur bie 
Neichstage in Nürnberg oder Bamberg zu bejuchen verpflichtet 
jein jollte 2). Dagegen verfprach Georg dem Kaifer auch fortan 
feine Unterftügung zur Behauptung feiner Herrichaft in feinen 
Erblanden. 

ſterreich ſollte ſich Leider auch jetzt noch des lang ent- 
bebrten Friedens nicht erfreuen, weil es allen Parteien an 
gutem Willen fehlte. Holzer, der Ichon während der Belage- 
rung des Kaiſers vielen politiichen Gegnern ihr ganzes Ver⸗ 
mögen batte wegnehmen lafjen, fette auch nach dem Trieben 
bie Plünderung der Häufer der kaiſerlich Gefinnten in einer 
jo gründlichen Weiſe fort, daß nicht einmal ein Nagel an ber 
Wand zurücdblieb. Als der Erzherzog nach langem Zögern 
am 12. Dezember nach Korneuburg kam und vor jeinem kaiſer⸗ 
lichen Bruder fein Knie beugte, ſah ihn diefer nicht einmal an 
und würdigte ihn Feines Wortes. Albrecht unterließ es, bie 
weggenommenen Städte und Burgen dem Kaiſer zu übergeben, 
von Mißtrauen erfüllt, daß diefer dann bie Herausgabe ver» 
weigern würbe. Obwohl dies im Grunde nur eine Formalität 
war, da Ofterreih „mit allen Stäbten, Schlöffern und Ge 
meinden“ während der nächlten acht Jahre dem Erzherzoge 
Albrecht überlaffen werden follte, jo nahm dies ber Kaiſer doch 
zum Vorwande, um den Frieden für gebrochen zu erklären 
und alle NRegierungsrechte in Djterreich wieder für fich felbft 


1) Daß Friedrich aud alle Urkunden über den 1364 zwifchen ben 
Habsburgern und Luxemburgern gefchlofienen Erbvertrag zurüdgeftellt 
babe, wie Balady IV, 2, 266 fagt, ift unrichtig. Die Urkunden von 
1364 und 1366 waren noch 1526 in Insbruck. S. „Böhmiſche Land⸗ 
tagsverbanblungen” I, 10f. 


172 Mafregeln bes Kaifers. 


in Anfpruch zu nehmen. Ohne fi um dieſe Dinge weiter zu 
fümmern, war König Georg abgereilt. 

Der Raifer war feft entichloffen, Diterreich mit Hilfe frember 
Sölonerbanden wieder zu bezwingen. Um fich die Unterftügung 
ber Brüderrotten zu fichern, zahlte er ihnen jegt ven rüd- 
ftändigen Sold aus oder ftellte ihnen wenigſtens die baldige 
Entrihtung in Ausfiht. Dem rafeneder verpfändete er bie 
Stadt Brud an der Leitha, dem Baumfirher Korneuburg, 
dem Zdenko von Sternberg Weitra, Krems und Stein mit 
bem Auftrage, als fein „Hauptmann jenjeitS der Donau” den 
Krieg gegen den Herzog Wbrecht, die Wiener und feine andern 
Feinde in Ofterreich zu führen. Ljterreichifche Städte ja auch 
Hdenburg und Brünn wurden auf Koften Wiens in materieller 
Deziehung begünjtigt, dagegen die Zufuhr nach Wien in jeder 
Weiſe erichwert und diefer Stadt der Blutbann entzogen. Auch 
kirchliche Waffen fette der Kaiſer gegen die Wiener in DBe- 
wegung. Don ihm veranlagt verbot der Papſt bei Strafe 
des Banns allen Geiftlichen, einem von den Bürgern, die bei 
der Belagerung der Burg beteiligt gewejen, außer im alle 
der Zodesgefahr die Abjolution zu erteilen, eine Verfügung, 
bie freilih von den Wienern nur mit Hohn aufgenommen 
wurde. Auch jest traten wieder einige unbezahlte Söldner⸗ 
führer als felbftändige Friegführende Macht auf, fagten Anfangs 
April 1463 dem Kaijer und dem Erzherzog ab und bebrüdten 
die Leute in der Gegend von Wien, auf dem Zullnerfelde und 
an der Zraijen mit Mord, Raub und Brand. 

War es vorzüglich bie fteigende Bedrängnis gewelen, was 
die Wiener zum Abfalle vom Sailer bewogen batte, jo konnte 
e8 nicht ohne Einprud auf die Gemüter bleiben, als die Not 
unter der Herrichaft des Erzherzogs Albrecht eher noch zunahım 
und die Herjtellung des Friedens entfernter als je fchien. Die 
Unzufriedenheit richtete fich naturgemäß beſonders gegen Holzer, 
der in letzter Zeit die Seele der Umjturzpartei gewejen war. 
Selbft jein Leben ward bedroht. Holzer, nie von fittlichen 
Motiven, fondern immer nur vom Eigennuße geleitet, beachte 
fich feinen Augenblid, feine Partei zu wechjeln, wenn ſein In⸗ 


Berfuch der Überrumpelung Wiens. 173 


terefje e8 erforderte. Schon als fich zeigte, daß ber Korneu⸗ 
burger Vertrag nicht ausgeführt werden würbe, Inüpfte er, 
vielleicht mißvergnügt darüber, daß der Erzherzog gegen feinen 
Willen die Annahme desjelben durch die Wiener Durchgefegt Hatte, 
geheime Unterbandlungen mit dem Kaiſer an, um biefem die 
Stadt wieder in feine Hände zu liefern. Doch verlangte er 
nicht bloß für fich und die Wiener Amneſtie, fondern auch eine 
Geldentſchädigung und eine angefehene Stellung für den Erz- 
berzog, um auch diefen leichter zu einem Ablommen zu bewegen. 
Längere Zeit führte im Namen des Kaiſers Georg von Schön- 
berg, Propft zu Presburg, mit ihm die Unterbandlungen. Nach» 
dem dieſe eine Zeit lang gerubt hatten, ließ fie der Sailer 
im März 1463 wieder aufnehmen. Nicht eine Entſchädigung 
für den Erzherzog, wohl aber eine Belohnung von 6000 Dus 
faten für Holzer ward in Ausficht geftellt und mit Diefem die 
Ausführung des Planes feitgeftellt. 

Am Karſamstag (9. April) früh wurden von Holzer 400 
faiferlihe Söldner, Leute des Grafeneders, durch das Stuben» 
thor in die Stadt gelafien. Im der Nacht vorher Hatte ber 
Dürgermeifter die Näte und angeſehenſten Männer der Ger 
meinde, bis 600, dafür gewonnen, indem er ihnen vorftellte, 
daß der Erzherzog Söloner beit den Bürgern einquartieren 
wolle, um von ihnen Geld zu erpreffen, und daß es notwendig 
fet, für ven Schuß der Stabt zu forgen, ohne daß man dem 
Fürften die Treue breche. Da den Katjerlichen niemand Wider- 
Stand Teiftete, begannen biejelben fich zu zeritreuen. 

Der Erzherzog war überrafcht, aber verlor die Befinnung 
nit. Er ließ das Volf zu den Waffen rufen, die Stabtthore 
fchließen und die Straßen mit Ketten abjperren. Nach furzem 
Rampfe wurden die Zaiferlichen Söldner von der Übermacht 
bezwungen und die meiften gefangen. Holzer entkam glücklich 
aus der Stadt, wurde aber zwei Tage darauf in Nußporf 
aufgegriffen und auf Befehl des Erzherzogs am 15. April ge- 
vierteilt, fünf feiner Freunde, darumter Odenacker 1), enthauptet, 


1) Ihr Todesurteil mitgeteilt von Zeibig, Mitteil. aus dem Kloſter⸗ 
neuburger Archive, ©. 11, in „Sylvefter-Spenden” (Wien) 1853. 


174 Tod des Erzherzogs Albrecht. 


viele andere Bürger gefoltert und nur nad Zahlung hoher 
Geldſummen begnabigt. Selbſt Frauen wurben in fehnöber 
Weiſe mißhanbelt. 

Mit noch größerer Heftigkeit als früher entbrannte der 
Krieg zwilchen den Anhängern und Sölönerführern des Kaiſers 
und denen bes Erzherzogs bejonders zwiichen Wien und Wiener 
Neuftabt und auf dem Marchfelde. Um feine Söldner be- 
friedigen und die Koften feines verſchwenderiſchen Hofhalts ber 
ftreiten zu können, mußte ber Erzherzog nicht bloß viele Ort- 
ichaften und Einkünfte verpfänden, fondern er nahm auch wieder 
verichtevenen Wiener Bürgern ihr ganzes Vermögen weg unter 
dem Vorwande, daß fie kaiſerlich gefinnt feien. 

Endlich gelang es den Bemühungen feiner Schweiter, ber 
Markgräfin Katharine von Baden, und der Kaiferin Eleonore, 
bie beiven feindlichen Brüder vom 1. September an zu einem 
Waffenſtillſtand zu bewegen, während bejjen auf einem Land» 
tage der Abſchluß eines Friedens angeftrebt werden jollte. Die 
Stände erklärten fichb auch bereit, eine bedeutende Steuer zu 
bewilfigen, damit die Söldner, ver eigentliche Krebsſchaden Oſter⸗ 
reichs, bezahlt und abgedankt werden könnten. Aber ein Triebe 
fam nicht zuftande, da der Kaifer unter allen Umftänven von 
feinem Bruder die Herausgabe von Niederöſterreich verlangte 
und jeinerjeit8 fich weigerte, den Wienern unbebingte Amneftie 
zu gewähren. An eine Nachgiebigkeit Triebrichg war um fo 
weniger zu denken, als mehrere der hervorragendſten diterreicht- 
ſchen Adeligen von feinem Bruder abfielen und zu ihm über 
traten und feine Lage fich dadurch bebeutend verbefjerte. 

Da führte der plögliche Tod des Erzherzogs Albrecht, der 
nach furzer Krankheit am 2. Dezember 1463 nach ber Ber- 
mutung vieler an Gift, thatſächlich aber wahricheinlih am 
Beulentuphus ftarb, eine entfcheivende Wendung herbei. Die 
Stände von Öfterreich unter der Enns und nach einigem Zö⸗ 
gern auch jene bes Landes ob der Enns erlannten nun Fried» 
rich al8 Herrn an. Auch die Wiener juchten die GOnade bes 
Kaiſers zu gewinnen und erhielten biejelbe unter der Bedingung, 
daß fie Die zufammen gejchoffene Burg wieder reftaurierten 


Anfängliche günftige Lage Sigmunds von Tirol. 175 


und die vertriebenen faiferlich gefinnten Bürger für ihre Ver- 
Iufte entichäbigten. Auf Oberöfterreih erhob zwar anfangs 
Sigmund von Zirol Anſprüche. Doch gab er diefelben bald 
zuguniten des Kaifer auf, da er in einen jehr gefährlichen 
Streit mit dem Bilchofe von Brixen und dem Papſte ver- 
widelt war !). 


m — — — 


Drittes Kapitel. 


Der Streit Sigmunds von Tirol mit dem Biſchofe 
von Brixen. — Krieg mit den Schweizern. 


Die erſten Jahre der Regierung Sigmunds, der endlich 
im Jahre 1446 von feinem Vormunde, dem Könige Friedrich 
nach Zirol entlafjen worden war, ſchienen für dieſes Land eine 
glüdliche Zukunft zu veriprechen 2). 

Der junge, talentvolle und liebenswürdige Fürft, ber nicht 
nur in allen ritterliben Künſten bervorragte, jondern auch 
Sinn für Wiſſenſchaft und Kunft zeigte, war allgemein beliebt, 
und das Land erfreute fich einer ungeftörten Ruhe, was noch 
eine Folge bes kräftigen Auftretens feines Vaters war. Der 
legte der DVBerbannten, Wilhelm von Starlenberg (Ulrich war 
im. Auslande gejtorben), durfte nach Tirol zurüdkehren, und 
erhielt einen Teil ver Befiungen feines Haufes zurüd. 

Mit den Kirchenfürften, den Bilchöfen von Trient und 
Driren, ftand Sigmund in den beiten Beziehungen, weil bort 
Männer auf den biichöflichen Stühlen faßen, welche fich ruhig 


1) Über die Vorgänge in Ofterreih nah H. Albrechts Tode f. Bach⸗ 
mann, Reichsgefchichte I, 503—519. 

2) ©. darüber 3. Egger, Geſchichte Tirols I, 544ff. A. Jäger, 
Geſchichte der landſtändiſchen Berfaffung Zirols II, 1, 70ff. 


176 Die Biſchöfe von Trient und Brixen. 


in das Verhältnis der Abhängigkeit von Tirol fügten, in. das 
ihre Hochitifter gefommen waren. Nachdem im Jahre 1444 
das Gebiet von Trient durch die tiroliihen Stände beſetzt 
worben war, weil die Einwohner nicht mit ihnen gemeinjame 
Sade gegen ben König machen wollten, gab der Tod des 
Biſchofs Alerander von Mafovien am 2. Juni 1444 und die 
doppelte Beiegung des Bistums durch Wahl des Domkapitels 
und durch Ernennung des Papfte8 dem Herzoge Sigmund Ge» 
legenheit, das Trientneriiche ganz in feine Hände zu bringen. 
Er bewog nämlich Die beiden Rivalen noch im Jahre 1446 
ihre Anſprüche in feine Hände zu vefignieren und brachte dann 
das Bafeler Konzil dahin, einen ibm ganz ergebenen und füg- 
ſamen Mann, Georg Hade, Bruder feines Marihalis, zum 
Biihofe zu ernennen, die weltlihe Verwaltung des Stifts- 
gebietes aber auf fünf Jahre ihm zu übertragen. Der Bilchof 
von Brixen, Johann Nöttel, ſchon während der VBormundfchafts- 
jtreitigfeiten ein eifriger Vertreter der Rechte Sigmunds, nahm 
wie mehrere feiner Vorgänger da8 Amt eines Kanzlers des 
Herzogs an, woburd er ganz an das Intereſſe desſelben ge- 
fettet wurde. 

Das eben am Beginn der Regierung Siegmunds entdedte 
Silberbergwerf beit Schwaz bot eine jo reiche Ausbeute !), daß 
ipätere Schriftfteller diefem Herzoge den Beinamen des Münz- 
teichen gegeben baben. 

Reich war num allerdings Sigmund nicht, im Gegenteil 
fehr oft im Geldverlegenheit. Die großen Summen, die er 
infolge der Verträge von 1446 und 1450 an den König 
Friedrich und deffen Bruder Albrecht zahlen mußte ?), laſteten 
fchwer auf dem Lande. Dann faufte er 1451 von der Marl 


1) Die Aufzeihnungen aus den erfien Sahren find Teiber verloren. 
Aber von 1471—1499 hat Georg Andorfer bloß vom Falkenſtein bei 
Schwaz (e8 gab neben biefem im derjelben Gegend noch andere ergiebige 
Stollen) 998500 Markt Silber gebramt. Jäger a. a. O., ©. 87f., 
und vefien „Beitrag zur tirolifch = falzburgiihen Bergwerksgeſchichte“ im 
„Archiv f. öfterr. Geſch.“ LIII, 343 ff. 431ff. 

2) ©. oben, S. 56. 


Die beiden Grabner. 177 


gräfin Elifabetb von Hochberg, einer geborenen Gräfin von 
Montfort, um 35592 rheiniſche Goldgulden die Hälfte ber 
Stadt Bregenz mit dem vorberen Bregenzer Walde und ber 
Herriaft Hoheneck im Allgäu?). Auch verftand Sigmund, 
ein weicher, umjelbitändiger Charakter, nicht hauszuhalten und 
war viel zu freigebig und verfchwenderifh. Namentlich Tieß 
er fi von feinen beiden Günftlingen Wiguleis und Bernhard 
Grabner ausbeuten, fteirifchen Edelleuten, die er mit ſich nad 
Tirol gebracht Hatte ). Nachdem er diefen zunächit mehrere 
Herrichaften und Güter zur Verwaltung oder als Lehen übers 
tragen hatte, waren fie bald in der Lage, ihm gegen ent- 
- fprechende Vergütung hohe Geldfummen vorzuftreden. Bloß 
in den Jahren 1451 und 1453 lieben fie ihn mehr als 
100000 Goldgulden, wofür er ihnen einen großen Zeil von 
Vorarlberg und Valſugana verpfändete. Selbſt der Biſchof 
von Trient wurbe bewogen, ihnen zwei der feiteften Schlöffer 
mit den dazu gehörigen Herrichaften zu übertragen. Dies und 
die Verpfändung zahlreicher anderer Gebiete in Vorarlberg und 
Schwaben an die Truchſeſſen von Walbburg bewogen endlich 
den Erzherzog Albrecht gegen Sigmunds Günftlinge einzu« 
fchreiten, die auch ſonſt bei feinen Verhandlungen mit feinen 
Better jeinen Wünfchen entgegenarbeiteten. Er wendete ſich 1455 
mit jeinen Klagen an die Stände von Tirol, welchen dieſe 
Tremplinge ſchon lange verbaßt waren, um den Sturz der- 
felben herbeizuführen. Sigmund wurde durch den tirolifchen 
Landtag gezwungen, die Gradner nicht bloß aus feinem Rate, 
fondern auh aus feinen Ländern zu entfernen und die ihnen 
überlaffenen Schlöffer zurücdzufordern. Doch rüftete fi Bern- 


1) Chmel, Materialien I, 2, 349. Das dem Grafen Ulrih von 
Cilli 1459 verſprochenen Darlehen von 200000 Dukaten iſt wohl nicht 
wirklich ausgezahlt worden, da Sigmund nie in den Befig der ihm bafür 
verpfändeten Graffchaft Ortenburg in Kärnten (F. R. Austr. Dipl. II, 
175) gekommen zu fein fcheint. 

2) A. Jäger, Die Fehde der Brüder Vigilius und Bernhard Grabner 
gegen den H. Sigmund von Tirol. Aus den „Denkfchriiten der kaiſerl 
Alad.”, 9. Bd.) 1859. 

Huber, Geſchichte ſterreiche. M. 12 


178 Nitolaus von Cuſa, Biſchof von Briren. 


hard zu energiſcher Gegenwehr und konnte erjt nach langer 
Belagerung im Herbſte 1456 durch ein tiroliiches Heer unter 
Anführung des Biſchofs Georg von Trient ‚zur Übergabe des 
Schloſſes Bejeno bei Calliano (zwiſchen Zrient und Roverebo) 
gezwungen werben. Obwohl ihm in dem mit dem Bilchofe 
geichloffenen Bertrage ein Zeil feiner tiroliſchen Befigungen 
zugefichert warb, flo er doch mit feinem Bruder nach ber 
Schweiz, und beide wurden Bürger von Zürich, wo fie [päter 
nicht ohne Erfolg die Eidgenoffen zu Feindſeligkeiten gegen den 
Herzog aufreizten. 

Noch wichtiger und von den berhängnisvollſten Folgen für 
Tirol und das Haus Oſterreich begleitet iſt der Streit des 
Herzogs Sigmund mit dem Kardinal Nikolaus von Cuſa, 
Biſchofe von Brixen ). 

Nikolaus Krebs von Cues an der Moſel, ein Mann von 
niedriger Herkunft aber einer der gelehrteſten und tiefſinnigſten 
Schriftſteller ſeiner Zeit, war anfangs einer der Vorkämpfer 
für eine Kirchenreform, wie fie die Konzilien des 15. Jahr⸗ 
hunderts anftrebten, fpäter aber ein ebenfo entſchiedener Gegner 
der in Baſel verfammelten Väter geweien. Zum Lohne dafür 
wurbe er vom Papfte Nikolaus V. 1448 zum Kardinal, und 
1450 gegen das kaum gefchloffene. Wiener Konkordat mit Um⸗ 
gehung des Wahlrechts des Domkapitels zum Biichofe von Brixen 
ernannt, wogegen jowohl das Kapitel als auch der Herzog 
proteftierten. - Erſt 1452 gelangte er in ben Befig feines 
Hochitiftes. 

Beitand jo von vornherein ein etwas geipanntes Verhält⸗ 
nis zwilchen dem Bilchofe und dem Herzoge, jo wurbe basjelbe 
durch das Auftreten des Cuſaners in wenigen Sahren noch 
mehr verichlimmert, obwohl Sigmund eine Zeit lang beutlich 
das Streben an ven Tag legte, mit demſelben freundfchaftliche 
Beziehungen zu unterhalten. Während er den Antrag des 


1) Mit der fehr eingehenden und gründlichen Darftellung bei A. Säger, 
Der Streit des Cardinals Nicolaus von Eufa mit bem Herzog Sigmund 
von Öfterreich als Grafen von Tirol (2 Bde. Innsbruck 1861), iſt auch 
©. Boigt, Enea Silvio III, 303—421 zu vergleichen. 


Defien Auftreten gegen das Klofter Sonnenburg und den H. Sigmund. 179 


Herzogs, wie mehrere feiner Vorgänger als Kanzler und Nat 
in feinen Dienft zu treten, ablehnte, machte er bemjelben her⸗ 
gebrachte Batronatsrechte ftreitig und fuchte verichiebene Be⸗ 
ftimmungen der alten Privilegien feines Bistums, bie den 
Rechten des Landesheren nachteilig waren, zur Geltung zu 
bringen. Zugleich entfrembete er ſich das Volt durch Eingriffe 
in alte Gebräuche und verlegte einzelne Aoelsgefchlechter, indem 
er Schlöffer und Herrichaften feiner Kirche, welche dieſen ſeit 
langem verpfändet waren, zuruͤcklöſen wollte. Als das Nonnen- 
Hofter Sonnenburg bei Bruned mit feinen Unterthanen in einen 
Streit verwidelt wurde und die Äbtiſſin Berena von Stuben 
die Sache an den Herzog als Vogt und Landesfürjten brachte, 
verbot ihr dies der Biſchof, der bie Vogtei und oberfte Ges 
richtSbarkeit über das Klofter mit Unrecht für fich in Anipruch 
nahm. Er benugte dann den Umftand, daß er vom Papfte 
mit einer Reform der Klöfter in Deutichland beauftragt war, 
um burch Einführung der ftrengften Klauſur den Nonnen jeden 
Verkehr mit ihren Amtleuten und Unterthanen wie mit ber 
tirolifhen Regierung und damit zugleich die Ausübung aller 
weltlichen Rechte unmöglich zu machen. Da eben deswegen bie 
Abtiſſin fich jeinen Neformen nicht fügte, wurde fie mit ihren 
Mitichweftern 1455 gebannt umb abgejegt und endlich im Jahre 

1458 gar mit Waffengewalt aus dem Klofter vertrieben. 
Nachftellungen, welche dem Kardinal im Sommer 1457 
auf einer Reife von Innsbruck nad Briren ein von ihm bes 
einträchtigter Adeliger bereiten wollte, aber auf Befehl des 
Herzogs unterließ und ‘welche die überjpannte Phantafie des 
furchtfamen Karbinals ing Maßloſe vergrößerte, legte dieſer 
ganz mit Unrecht dem Herzoge felbjt zur Laſt. Er floh nun 
wegen ber angeblich feinem Leben vonfelte des Herzogs drohen⸗ 
den Gefahren auf das feſte Schloß Anpraz in Buchenftein, 
warb im Benetianifchen Söldner zu feinem Schuge und ver- 
Hogte Sigmund beim Papfte Calixt III., daß er ihn habe 
fangen, ja fogar ums Leben bringen wollen. Er eriwirkte auch 
wirklich ein päpftliches Schreiben, durch welches Sigmund mit 
dem Banne und feine Länder mit dem Interbilt bebroht wurden, 
12* 


480 . . Forderungen: bes.:iBifchofß: Nilolaus. 


mennier. ben:. Kardinal nicht: binnen: .:acht. Tagen in Freiheit 
ſegte: Natürlich proteſtierte der Herzog gegen die Verhängung 
einer Strafe, ohne daß man ihn verhört oder auch nur: vor⸗ 
geladen hube, und appellierte an den beſſer zu; unterrichtenden 
Papit, indem er zugleich dem Viſchofe in einer eigenen Ur⸗ 
lunde volle Sicherheit garantierte. 

Diefe angeblichen Nachſtellungen veranlaften ben Kardinal 
im: Hexbſte 1467 zur Forderung, der Herzog ſolle ihm zu 
ſeinerSicherheit die rings um Brixen gelegenen Schlöſſer und 
Gerichte Rodeneck, Velthurus und Gufidaun abtreten. Er unter⸗ 
ſtuͤtzte dieſe Forderung ‘damit; daß er eigentlich viel mehr zu 
verlangen berechtigt wäre, da die Herrſchaft und die Landgerichte 
allenthalben im. Bistum Vrixen, im Ober⸗ und Unterinnthale, 
im Pufſterthale und im: Norithale (Eiſackthale) bis zur Grenze 
der Drientner Diözeſe wie alle Erz⸗ und Salzbergwerke ver 
biſchöflichen Kirche als Eigentum gehörten, ven Grafen von 
Tirol nur als Lehen verliehen und ihr Beſitz wegen verſäumter 
Einholung der Belehnung vonſeite des Herzogs Sigmund ver⸗ 
wirktworden wäre. Bei weiteren. Unterhandlungen verlangt 
er auch geradezu, daß der Biſchof als wahrer Herr des. Ann⸗ 
thales und Norithales anerkannt und alle Beſitzungen, welche 
»der Herzog. Sigmund in dieſen Thälern von der Brixener 
Kirche innehabe, als heimgefallene Lehen dieſer wieder. heraus⸗ 
gegeben werden follten. . Der Kardinal kam alſo auf die Rechts⸗ 
verhüliniſſe zurück, wie ſie einſt allerdings beſtanden ‚hatten, 
welche aber durch die geſchichtliche Entwickelung mehrerer Jahre 
hunderte und durch iehlreiche Berträge vollſtändig geändert 
worden "waren. 

Diefe Antnutaingen. mußten natutlich beim Herzoge Sigmund 
wie bei:.dew Tirolern ungeheures Staunen und nicht geringe 
 Erbitterung :beruorrufen, und an biefem Punkte mußte auch 
die Vermittelung des neuen Papfte® Pius II. ſcheitern, der 
dem Herzoge in feiner Iugenb periönlich nahe geſtanden war. 
: Denn wenn. auch Sigmund bereit war, alle® zu leilten, was 
fein Vater geleijtet Hatte, . jo: wollte er bach: von dem, was 
dieſer innegehabt, nichts aus. den Händen Tafien. Dem Papite 


Seine Gefaugennehmung durch H. Sigmund. Wi 


ertlaͤrte er übrigens auf dem Kongreſſe in Mantna, er: habe 
an ihn nur appelliert, um. Schutz gegen den Mißbrauch ber 
geiftlichen Macht des Biſchofs zu erlangen, nicht aber. meltlicher 
Angelegenheiten wegen, beren Endigelbung v0, $ ben Bier ober 
weltliche Richter gehͤödꝛe. : 

Noch während der Verhandlungen machte ber Kardinal ben 
Berluch, eine jeiner Yorderungen praktiſch burchzuführen, inbem 
er die Knappen des Herzogs aus dem zwiſchen ihnen ftreitigen 
Silberbergwerke Garnitein bei Elaufen mit Waffengewalt ver- 
trieb. Da er zugleich das. vom Bapfte proviſoriſch aufgehobene 
Interdikt Ende März 1460 auf. einer. Berfammlung feiner 
©eiftlichfeit in Bruneck ernenerte und dent Herzoge drohte, er 
werbe, wenn er buch Güte nichts audrichte, alle Brixner 
Zehen, d. 5. nach feiner Auffafiung den größten Teil von Tirol, 
dem Kaiſer übertragen, va faßte Sigmund ben verhängnis⸗ 
vollen Entichluß, den Angriffen des Biſchofs auf feine landes⸗ 
berrlichen Rechte mit Gewalt ein Ende zu machen. 

Am Ofterfonntage (13. April) 1460 ließ der Herzog ben 
Kardinal in Bruneck überfallen und einfchließen, zwei: Tage 
Darauf folgte er jelbft mit zahlreichen Truppen und Belagerungsd- 
geſchützen. Schon am folgenden Tage ſah ſich der Kardinal 
unter Vermittlung feiner Domberren zur Übergabe bes feften 
Schloſſes Bruned und zu einem ungünftigen Vertrage gezwungen. 
Er mußte verjprechen, das Interdikt, ſoweit e8 auf. ihn an⸗ 
fomme, aufzuheben, alle Anfprüche auf die ererbten Beſitzungen 
des Herzogs, fo Lange er lebe, ruhen zu laſſen, die Herrſchaft 
Taufers, die er vom. Herzoge um :15000 Goldgnulden ger 
lauft hatte, unentgeltlich zurückzugeben, ihm eine Schuld von 
3000: Gulden :nachzulaffen. und. außerdem 10000 Gulden 
Schadenerſatz zu zahlen und enblich bie Verwaltung feiner 

Städte und Burgen dem Domtapitel zu überlaffen. Zugleich 
- mußte er fich verpflichten, beim Papſte dahin zu wirken, baß 
auch diefer das früher ausgeiprochene Interbilt mit feinen Bolgen 
als abgethan anjehe und über den Herzog wegen dieſes Übers 
fall8 keine neuen Strafen verhänge. 
Kaum war aber der Herzog abgezogen, fo floh ver aardinal 


182 VBerhängung von Bann mb Interbitt. 


nah Italien, erklärte alle feine Zugeſtändniſſe für ungültig, 
weil erzwungen, und forderte die Zurüditellung alles deſſen, 
was feiner Kirche entriffen worben wäre. Der Papft auf das 
äußerte erbittert über dieſen Angriff auf einen Kardinal und 
die Güter der Brirner Fire, lud den Herzog zur Ver⸗ 
antwortung vor feinen Richterſtuhl. ALS ftatt des Herzogs 
ein Bevollmächtigter desſelben, Dr. Lorenz Blumenau, eine 
von Sigmund und 42 Äbten, Pfarrern und Vilaren unter 
ichriebene Appellation „von dem fchlecht unterrichteter an ben 
befjer zu unterrichtenden Papft“ überreichte, ſprach Pius IL 
am 8. Auguſt 1460 den Bann aus über den Herzog und 
alle feine Helfer, erklärte fie für infam und bürgerlich tot, und 
alle ihre Güter der Kirche verfallen, verhängte über alle Länder 
und Herrſchaften Sigmunds und feiner Mitſchuldigen das 
Interdift und verbot allen Verkehr und allen Handel und 
Wandel mit denjelben. Gegen Sigmunds Geſandten ließ der’ 
Kardinal Cuſanus einen Kekerprozeß einleiten und ihn unter 
Auffiht von Wachen ftellen. Nur mit Lebensgefahr konnte 
Blumenau nad) Tirol zurücgelangen. Ä 

Um diefelbe Zeit erichien am Hofe zu Innsbrud ein Dann, 
ber den Herzog Sigmund jchon früher wiederholt mit feinem 
Rate unterftügt hatte und fortan enticheivend in ven Gang 
biejer Streitigfeiten eingriff, nämlich Gregor Heimburg aus 
Schweinfurt, lange Zeit Syndikus der Stadt Nilrnberg. 
Heimburg, ein Dann von den glänzenditen Fähigleiten, veich 
an Renntniffen und ein ſehr gewandter und fchlagfertiger Schrift. 
fteller, war fchon längſt ein Hauptvorlämpfer ber Tirchlichen 
Neformpartei Deutichlands, wobei er in timmer- entichiedenere 
Oppofition gegen bie römtiche Kurie und das Bapfttum ge 
treten war. Wir finden ihn. überall dort, wo es galt, gegen 
bie politiiche Stellung und die finanziellen Anſprüche ver Päpfte 
anzufämpfen. Er ift fortan auch das Organ Sigmunds von 
Zirol in feinem Streite mit dem Papfte und dem Kardinal 
Cuſanus. 

Heimburgs Ankunft in Innsbruck machte ſich gleich bemerk⸗ 
lich in einem vom 13. Auguſt datierten Manifeſt des Herzogs 


Peinzipielle Bedeutung des Gtreites. 158 


an alle Epriftgläubigen und an alle Fürften, welche als Beſitzer 
von Vogteien und ded Schutzrechtes über Kirchen und Prälaten 
die gleichen Jutereſſen baben, wie er, und in einer Appellation: 
am den Binftigen römiſchen Papft und an ein allgemeines Konzil. 
Als dann Blumenau zurüdlam und berichtete, daß ver Bann⸗ 
fluch wirklich ausgeſprochen worden ſei, erneuerte der Herzog 
bie Appellation und erklärte alle vom Papſte verhängten kirch⸗ 
lichen Strafen für ungerecht, für null und nichtig. 

War der Kampf anfangs aus dem Streite über rein welt- 
liche Dinge entftanden, über die Frage, ob die Landeshoheit des 
Grafen von Tirol, wie fie fich geichichtlich herausgebildet hatte, 
anerlannt werden müffe, oder ob der Biſchof von Briren bag 
Recht babe, auf feine feit dem breizehnten Jahrhundert ganz 
anßer Kraft geſetzten Privilegien zurüczugreifen, fo war er jet 
anf ein ganz anderes Feld, auf das Firchliche Übertragen. Jetzt 
handelte e8 ſich darum, ob Kirchenftrafen, die der Papft aus- 
fpreche, unbedingt gültig ſeien, auch dann, wenn fie zu rein 
weltlichen Zweden verhängt würben, wenn ber Papft felbft 
Partei wäre. Dieſe Trage war bisher durch die Verbältniffe 
oft nahe gelegt, aber noch nie jo Har geftellt, um fo weniger 
gelöft worden. Es war ein Prinzipienftreit von größter Wichtig- 
feit, ımb daher wurde er auch mit einer jo ungemeinen Heftig⸗ 
feit und Leidenſchaftlichkeit geführt. 

Der Papit und der Kardinal entwidelten eine ungebeure 
Thätigkeit, um ben Kirchenſtrafen auch bie entiprechende Wirkung 
zu verfchaffen. Sie forderten den Raifer, mit dem Sigmund 
noch nie auf gutem Fuße geftanden, auf, Tirol in Befig zu 
nehmen, die Schweizer, Sigmunds Länder anzugreifen, die 
Fürften und Städte, allen Verkehr mit Tirol abzubrechen, um 
durch dieſe Hundelsiperre das Land zu ruinieren und infolge 
defien zum Aufitande gegen jeinen Fürſten zu treiben. Zu 
diefem Zwecke wurden felbft Raubritter gedungen, um den mit 
Zirol verlehrenden Kaufleuten aufzulauern. Aber nirgends 
als bei den Erbfeinden des Haufes Habsburg, den Eidgenoſſen, 
hatten dieje Bemühungen Erfolg. Geiftlihe und weltliche 
Fürſten erflärten fih für Sigmund over blieben wenigſtens 


24 Steigenbe Erbiturung des Streites. 


taub gegen alle Ermahnungen des Papftes; bie meiſten lichen 
nicht einmal die päpſtlichen Strafhullen publizieren. In Tirol 
ſtand nicht bloß das ganze Volfk ſondern auch. der bei weitem 
größte. Teil. der Geiſtlichkeit auf der Seite des Herzog8. 
Dao iufolge deſſen Sigmund auch nichts that, um bie Ver⸗ 
zeihung bes Papſtes zu erlangen; jo beſchloß dieſer nach energiſchere 
Schritte zu unternehnen. Am' 28. Januar 1461 lud ex den 
Herzog. Sigmund, „des Satans vorzüglichſtes Glied“, beit 
Biſchof Georg: von Trient, Gregor Heimburg und Lorenz 
Blumenau, die Räte und Hausgenoſſen des Herzogs, mehrere 
Pralaten, die Brixner Domherren, alle Pfarrer und Geiſt⸗ 
lichen, welche gegen das Interdilt eine gottesdienſtliche Hand⸗ 
Yung verrichtet, wie alle Unterthanen Sigmunds, die einer ſolchen 
beigewohnt, binnen fünfzig Tagen vor ſeinen Richterſtuhl 
nach Rom, um ſich über ihre Rechtgläubigleit namentlich bes 
züglich des Glaubens „an eine heilige, katholiſche und apoſtoliſche 
Kirche” zu verantworten. Zur Verlündigung dieſer Bullen in 
ben an Tirol angrenzenden Ländern wurden Franziskanermönche 
ausgeſendet, die beſonders eifrig uud: xeigret ſchienen, auf die 
Maſſe des Volkes zu wirken. 

—Wiele Geiſtliche und Laien wendeten. ſich jetzt auch wirllich 
mit. der Bitte um Abjolution- nach. Rom, nicht aber der Herzog 
und das: Brixner Domkapitel, nicht-der 'größte. Teil der Unter« 
thanen. Heimburg griff. in. einzelner Streitichriften und in 
einer im Namen des Herzogs verfaßten -Wppellation den Papft 
und feine Verfügungen immer heftiger an und überjchüttete 
namentlid „Die ſummariſche Vorladung non mehr. alö hundert⸗ 
taufenb“ Menichen ohne Unterſchied des Gefchlechtes, Alters, 
Krankheit oder Geſundheit, Kiadheit; Zugend, Verſtand oder 
Unverfſtand“ mit der Lauge ſeines Spottes. Auch der Herzog 
ſelbſt wurde in dem Dinge rückfichtsloſer, als der Papſt ſich 
eifxiger: zeigte, ihhm Feinde zu exwecken. Er konfiszierte bie 
Guter und Einkünfte ausländiſcher Kirchen, welche den päpft⸗ 
lichen Befehlen. Gehorſam leiſteten, ließ das erbitterte Volt 
gegen Geiſtliche los, die das Interdikt beobachteten, und ſchaffte 
bie 31. Monnen des Clariſſenlloſters in Brixen, welche dasſelbe 


Endlicher Abflug des Friedens. 186 


thaten, kt ihren geiſtlichen Beratern ſaͤmtlich aus dem PLande 
Umgekehrt ließ der Papſt am 12. Februar 1462 bie‘ Vöor⸗ 
ladung des Herzogs, des Biſchofs von Trient, der tiroliſchen 
Geiſtlichen und der Unterthanen Sigmundo erneuern mit Der 
Erklärung, daß alle: für Ketzer erllart werben wiürden⸗ die 
binnen: fünfzig Tagen nicht erſchienen. 
Doch kam e8 nicht zu dieſem extremen Schritte, ber vie 
Tiroler ‘mit dem Schickſale der Albigenfer und Huſiten bedrohte: 
Berichievene Yürften hatten von Anfang: an das Vorgehen des 
Bapftes mißbilligt, miehrere wie der Kardinalbiſchof von Auge⸗ 
burg und der Herzog Ludwig von: Baiern ſchon im Sommiet 
1861: eine Ausföhnmg zuſtande zu Bringen verfucht. Auch 
der Doge von Venedig bot fich als Vermittler an und brachte 
es ‚dahin, daß beide Parteien: ihn als folchen anerlannten. Aber 
die Verhandlungen, welche. fich mehr als anderthalb Jahre hin⸗ 
zozen, biieben erfolglos. Der PBapft forderte als notwendige 
Vorbedingung der Aufhebung ber. Hrchlichen Strafen, daß Herzog 
Sigmund um feine Losſprechung bitte; Diefer aber: wies eine 
ſolche Zumutung ftets als eine Verlegung feiner Ehre zurück. 
Denn durch die Abbitte würde er erflären, daß er wirklich im 
Ban ſei; das fet er aber nicht, da berfelbe mit Unrecht über 
ihn ausgefprochen worden und daher ungültig und unwirkſam 
ſei. &r verlangte daher, daß der Papft einfach alle kirchlichen 
Strafen zurücknehme. Da eine Einigung in dieſer prinzipiell 
wichtigften Frage unmöglich ſchien, fo wurden bie Unterhaud⸗ 
lungen im Sommer 1468 abgebrothen. ' | 
Da nahm fich endlich der Kaifer der Sache an, beſonders 
nachdem Sigmund auf die Etbſchaft des Erzherzogs Albrecht 
zu ſeinen Gunſten verzichtet hatte. "Dev Tod des Paͤpſtes 
Bins II. und ‘des Kardinals Cuſanus, von denen der leßtere 
am 11., ber erftere am: 14. Auguſt 1464 aus dem Leben 
ſchieden, erleichterte den Abſchluß des Friebens. Sigmund 
brauchte ſich perſönlich gar nicht zu demültigen, ſondern auf 
Grund einer Vollmacht desſelben bat der Kaiſer für ſeinen 
Vetter am 2. September den: päpfllichen Legaten um Ver⸗ 
zeihmg und Abſolution, worauf dieſer den Herzog vom 


186 H. Sigmunds Krieg mit den Schweizern. 


Banne und allen lirchlichen Strafen losſprach und das Interdikt 
aufhob. 
Mit Recht ſahen die Anhänger des Kardinals in der Art 
und Weiſe, wie dieſer Streit beendet wurde, eine Niederlage 
der kirchlichen Partei. Nachdem man ſo oft erklärt hatte, daß 
es ſich hier um das Anſehen und die Freiheit der Kirche, um 
die ganze Autorität des päpſtlichen Stuhles handle, nachdem 
alle, ſelbſt die ſtrengſten Mittel der kirchlichen Strafgewalt in 
Bewegung geſetzt worden waren, war dieſer Ausgang, wo der 
Hauptſchuldige ganz ungeſtraft blieb, freilich in keiner Weiſe 
befriedigend, man kann vielmehr ſagen, daß Sigmund als Ver⸗ 
treter der Staatsgewalt ſiegreich aus dem ſchweren Kampfe 
hervorgegangen ſei. 

Indirekt freilich hatte dieſer gonflikt für Sigmund und 
das Haus Habsburg Verluſte zur Folge gehabt. 

Schon im Herbſte 1458 hatten demſelben die Eidgenoſſen 
mitten im Frieden die Stadt Rapperſchwyl weggenommen. 
Doch war 'es damals den Bemühungen mehrerer Fürſten be⸗ 
ſonders des Königs von Frankreich und des Papſtes gelungen, 
einen Krieg zu verhindern und eine Erneuerung des 1412 ges 
ſchloſſenen fünfzigjährigen Friedens herbeizuführen. Aber gerade 
der PBapft wechjelte auf die Nachricht vom Überfalle des Kar- 
dinals Cuſanus in Bruned feine Haltung. In den Schweizern 
glaubte er bie geeignetften und bereitwilligiten Werkzeuge zur 
Vollſtreckung der kirchlichen Strafurtetle finden zu können, und 
er forderte diefe, „feine beſonders geltebten Söhne”, wiederholt 
auf, gegen den von der Kirche gebannten Herzog die Waffen 
zu ergreifen. - Auch die Grabner pegten befonbers in Zũrich 
gegen ihren früheren Gönner. 

Die Eidgenoſſen, in ihrer Politik damals nur vom Eigen⸗ 
nutze geleitet, ſchlugen noch im Herbſte 1460 los. Sie er⸗ 
oberten Wallenſtadt, den Reſt des Sarganſerlandes und den 
ganzen Thurgau und brandſchatzten einen großen Teil von Vor⸗ 
arlberg. Herzog Sigmund mußte unter den damaligen Ver⸗ 
bältniffen frob jein, daß die Biichäfe von Konſtanz und Bajel 
zum großen Ärger des Papftes am 7. Dezember 1460 einen 


Folgen ber Kompalten für Böhmen. 187 


Waffenſtillſtand vermittelten, worauf am 1. Yumt 1461 auf 
Grundlage des augenblidlichen Befigftandes ein fünfzehnjähriger 
Friede gejchloffen wurde. Als die Schweizer ihren Zweck er» 
reicht hatten, Liegen fie fich Durch feine Ermahnungen und ta» 
beinden Schreiben des Papſtes beivegen, den Krieg fortzufüßren !). 
Da. im Jahre 1452 auch das ijolierte Freiburg im Ochtlande 
fich von Oſterreich losgeriſſen und dem Herzoge von Savoyen 
angeſchloſſen hatte, um dann ſpäter in die Eidgenoſſenſchaft zu 
treten, ſo waren bis auf Winterthur, das ſich im letzten Kriege 
heldenmütig gegen die Angriffe der Schweizer verteidigt hatte, 
able Befigungen links vom Oberrhein und ſüdlich won Bodenſee 
für DOfterreich verloren. Auch Winterthur verpfändete Herzog 
Sigmund 1467 um 10000 Goldgulden an die Stadt Zürich. 


Diertes Kapitel. 
Georg von Böhmen und Matthias von Ungarn. 


Saft um diejelbe Zeit, wo der Herzog Sigmund von Tirol 
ben fchweren Streit mit ber kirchlichen Gewalt zu beftehen 
batte, brach auch in Böhmen der Kampf mit dem Papfttum 
und befjen Verteidigern wieder auß. 

Die Kompaltaten, bie 1433 zwilchen den Böhmen und dem 
Konzil von Baſel abgejchloffen worden waren, hatten wohl zu- 
nächjt dem Kriege ein Ende gemacht, aber die Berhältnifje in 
Böhmen felbft wie die Beziehungen desfelben zur Kirche und 
zu ihren Nachbarn auf feine fefte Grundlage geftellt. Der 


1) 9. Jäger a. a. ©. II, 72ff. 111f. 125ff. 1427. 161 ff. 170. 179. 
213ff. Jäger, Fehde der Grabner, in „Denkjchriften” IX, 279 ff. Dal. 
®. Meyer v. Knonau, Aus mittleren und neueren Jahrhunderten, 
S. 96 fl. 


488 Uiröguihten' inud Katholiten. 


gzröͤßte Teil der utraqutfitichen Böftnen wat mit den Kompat- 
taten, deren wichtigfter Bunt der Laienkelch war, nicht zufrieven. 
Sie verlangten außerdem die Kinderkommunion und kamen auch 
fonft ben Beitimmtungen der Kompaltaten nicht genau nah. 

Ihre Priefter unterließer «8, nach der Vorſchrift derſelben bei 
der Austeilurig bes Sakraͤmentes unter Beiden Geftalten daran 
zu erinnern, daß Chriſtus auch unter einer Geftalt ganz gegen- 
wärtig und ber Kelch nicht zum Heile notwendig ſei, ja, fie 
verbammiten Diejenigen, weldde die Kommunion unter einer 
Geſtalt empfingen. Sie verwarfen nicht bloß manche kirchliche 
Zeremonieen, ſondern leugneten auch das Fegefeuer, die Nütz⸗ 
lichkeit der Gebete für Verſtorbene, den Ablaß und die Zu- 
Iäffigfeit der Heiligenbilder. Sie galten daher ben eifrigeren 
Katholifen immer als Reber, obwohl Rokycana und feine Bartei 
gegen alle weiter links ftehenden Utraquiften, wie die Taboriten 
und die fogenannten Pilarven, ſehr ftrenge verfuhren und Kerker 
und Tortur gegen ſie in Anwendung brachten. Rokycana zahlte 
ben Ratholilen ihren Haß gegen die Hufiten reichlich heim. 
Mit den katholiſchen Prieftern in Prag Hatte er immer- 
währenden Streit. Auf feinen Antrieb wurden 1459 im 
Namen des Königs in Prag und anderen utraquiftifchen Städten 
zwei Verorbrüngen publiziert, wonach dort niemand in das 
Bürgerrecht oder in eine Zunft aufgenommen oder zu einem 
‚Handwerk zugelaffen werden, niemand eine Erbſchaft antreten 
oder Eigentum erwerben, ja niemand Hrchlich getraut oder im 
geiveihten Erdreich begraben werben follte, der nicht einen Eid 
Ieiftete, daß er die Kommunion unter beiden Geftalten empfangen 
und babei bleiben wolle !). Mochte der König noch fo fehr 
wänfchen, daß beide Religionsparteien in feinem Reiche friedlich 


1) Auf biefe Haltung Rokyeanas und ber utraquiftifhen Geiftlichen, 
von Balady wie von dem hinter Palady an Solibität der Forſchung 
- Übrigens weit zurädfiehenden M. Jordan, Das Königtum Georgs von 
Podobrad (Leipzig 1861), ignoriert, hat G. Voigt, Georg von Böhmen, 
ber Huffitenkönig, in v. Sybels „Hiflor. Zeitfchrift” V, 430 ff. auimerf- 
fam gemacht. Vgl. Bachmann, Böhmen und ſeine Nachbarländer, 
S. 282ff. | 


Haltung der bbhmiſchen Katholiken. 198 


fuſpendiert erllärte und dem Könige Meineid vorwarf, wert 
er feinen bei der Krönung geleilteten VBerfprechungen nicht nach⸗ 
däme, ließ er einlerkern, obichon dieſer nicht einfach Löniglicher 
Beamter. war, jondern jetzt als päpftlicher Legat zu ihm ge- 
fommen war :und als ſolcher unter dem Schube bes Völker⸗ 
rechts ſtand ). Dies konnte nur als offener Bruch mit dem 
Papfte angefeben werden. Xrotbem nahm Georg auch in ber 
folgenden Zeit feine fo feſte Haltung ein, wie gleichzeitig Sig⸗ 
mund bon Tirol, Er fühlte fich eben im Innern nicht fo 
Sicher wie diefer. Während die Tiroler ohne Ausnahme un- 
entwegt zu ihrem Herzoge ftanden, konnte Georg nicht fo feft 
auf feine Unterthanen bauen. Nicht bloß Die Breslauer waren 
ihm feindlich; auch ein Teil der böhmifchen Großen nahm eine 
bedenkliche Haltung ein. Als der König in der VBerfammlung 
des 12. Auguſt an die Anweſenden die Frage richtete, ob fie 
ihm beiftehen würden, wenn er wegen ber Kompaftaten mit 
jemandem in Kampf geriete, ba fagte dies zwar Koftla von 
Boftupie im Namen der Utraquiften zu. Aber der Wortführer 
ver Katholiken, der Dberjtburggraf Zdenko von Sternberg, er- 
Härte nach) einer Beratung feiner &laubensgenoffen: fie würben, 
wenn es fih um die Ehre und Nechte der Krone handle, fich 
verbalten, wie es treuen Unterthanen gezieme; mit den Kompal⸗ 
toten hätten fie nie etwas zu fchaffen gehabt; wie der König 
wollten auch fie dem Glauben ihrer Väter treu bleiben und 
fih nicht von der römischen Kirche trennen; ba der König ohne 
ihren Rat beichloffen habe, die Kompaktaten zu fchügen, fo 
mögen ihm auch diejenigen dabei helfen, die ihm dazu geraten 
haben und ihrer bedürfen. ‘Diefelbe Erklärung wiederholte im 
Namen ver Katholiken auf eine neue Anfrage des Königs ber 
Biſchof Joſt von Breslau am folgenden Tage. Der Verſuch 
Georgs, das ganze Reich zur Verteidigung der Kompaltaten 
zu verpflichten, war vollftändig mißlungen. 

Georg glaubte auch jet noch durch diplomatiiche Künfte 


1) Balady IV, 1, M1ff. Jordan, 6. 110ff. Boigt II, 470ff. 
Martgraf, ©. 30ff. Bachmann I, 227ff. 
Huber, Geſchichte Öfterreihs. II. 13 


104 Georgs Plan eines europäifchen Fürſtenbundes. 


ein. entſchiedenes Vorgehen. des Papſtes gegen ihn verhüten zu 
Lönnen::: Er fete auch. nach den Vorgängen des Auguft ken 
biplomatifchen Verkehr mit dem Papfte, dem „heiligiten Vater“, 
als „geborfamer Sohn“ desjelben, noch fort. Anverfeits ftrebte 
er nun die Nealifiermg eines Planes an, den ein in jeine 
Dienfte. getretener Franzoſe aus Grenoble, Antonio Marini, 
ein induftrieller Gründer und politiiher Projektenmacher, Jaus⸗ 
‚gedacht hatte, den Plan nämlich, einen europätfchen Fürftenbund 
zuſtande zu ‚bringen, deſſen Oberleitung außer ihm dem Könige 
Ludwig XI von Frankreich zufteben follte. Indem man bie 
Bertreibung der Türken aus Europa und die Eroberung Kon- 
ſtantinopels auf die Fahne dieſes Bundes fchreiben wollte, glaubte 
man für denſelben auch die Republik Venedig, die. Könige von 
Ungarn. und Bolen, den Herzog Philipp von Burgund und 
einen :ober. den andern beutichen Fürſten gewinnen zu können. 
Ein ſolcher Verein der mächtigften Herrſcher Europas, Die Durch 
einen: jtändigen Bundesrat zur Enticheidung aller Streitigfeiten 
unter einander und mit fremden Fürſten vertreten fein follten, 
mußte eine jo mächtige Stellung einnehmen, daß auch ver Papit, 
der ebenjo wie der Kaiſer in den Hintergrund gedrängt worden 
wäre, einem Mitglieve desſelben nichts anhaben fonnte. Gelang 
gar dem Bundesheere, als deſſen Oberanführer fich Georg 
ſelbſt dachte, die Vernichtung der Türkenherrſchaft in Europa, 
fo. war e8 für den Papft geradezu eine Unmöglichkeit, denjenigen, 
welcher die Ehriftenheit von ihrem Erbfeinde befreit hatte, für 
einen Keter zu erflären und die Feindfeligfeiten gegen ihn fort 
zujegen. Schade nur, daß dieſes Projekt des windigen Franzofen 
ebenfo auf Sand gebaut war, wie der frühere Plan Martin 
Mayrs, betreffend die Erhebung des böhmischen Königs auf 
ben beutichen Thron. Obwohl ſich Venedig und Ungarn fehr 
gern die Hilfe Europas gegen die Türken gefallen laffen wollten, 
jo zeigten fie Doch Feine Neigung, die Sonderinterefjen des 
böhmischen Könige zu unterftügen, und verlangten von Marini 
vor allem Unterhanblungen mit dem Papfte. Auch Tranfreich 
wollte wenigftens feine Verpflichtung zur Unterftügung George 
gegen die Kurie übernehmen. Das einzige Ergebnis der langen 


Weitere Schritte des Papftes gegen denſelben. 15 


Unterbandlungen war ein- allgemein gebaltenes Freundſchafts⸗ 
bündnis zwißchen Frankreich und Böhmen, das niemanden be- 
ftimmte Verpflichtungen auferlegte ’). 

Bon wichtigeren Folgen war ed, daß Georg fih den Kaiſer 
durch feine Rettung aus den Händen der rebelliichen Wiener 
und durch die Unterftügung gegen feinen Bruder Albrecht zu 
geoßem Dante verpflichtete. Auf die Bitten Friedrichs III. 
julpendierte der Papft Ende 1462 vorläufig alle Firchlichen 
Strafen gegen den Böhmenkönig, freilich unter lautem Weh⸗ 
Hagen über jein „unglücfjeliges Zeitalter, das arme Deutich- 
Yand und die elende Chriſtenheit, deren Kaiſer nur von einem 
ketzeriſchen König gerettet werben könne” 2). Auch ber Bilchof 
von Breslau, Joſt von Roſenberg, fuchte burch feine Ver⸗ 
wenbung zuguniten des Königs beim Papite und anderen ein- 
flußreichen Perjönlichfeiten einen vollftändigen Bruch zu verhüten, 
um von feinem Baterlande die Gefahr eines neuen Bürger⸗ 
krieges abzuwenden, als deſſen Folge namentlich die Loßreißung 
Schlefiend zu fürchten war. 

Als ſich aber heramsftellte, daß der König nur Zeit zu 
gewinnen und unterbeffen die wideripenftigen Breslauer zu 
iſolieren fuche, da entjchloß fi) der Papft zu energifhem Vor⸗ 
geben. Am 16. Juni 1464 hielt derſelbe ein öffentliches 
Ronfiftorium, bei welchem er Georg als meineidigen und rück⸗ 
fälligen Ketzer auffordern ließ, binnen 180 Tagen zur Ber- 
antwortung vor dem apoftoliichen Stuhle zu erjcheinen ). 


1) Martgraf, Über Georgs von Podiebrad Projeft eines chriftlichen 
Fürftenbundes zur Bertreibung der Türken aus Europa u. ſ. w., in 
v. Sybels „Hiflor. Zeitfchrift” XXI, 245—304, hat auf Grund nenen 
Materials diefen Plan ſehr eingehend behandelt. 

2) Schreiben am den Kaifer vom 31. Dezeinber 1462, in F.R. Austr. 
Dipl. XX, 287. 

3) Für die Vorgänge feit Auguft 1462 |. Balady IV, 2, 255—314. 
Sordan, ©. 114ff. Voigt, Enea Silvio TUI, 481-501. Mart- 
graf, Das Verhältnis des Königs Georg von Böhmen zu Papft Pins IL, 
1462—1464, in „Forſch. 3. deutſchen Geſch.“ IX, 217258. Bach- 
mann, Reichsgeſch. I, 398 -433; 476 -608. 

13* 


186 Löſung der Untertanen Georgs vom Treueide. 


Zwar ftarb Pins IL. am 14. Auguſt, ehe noch die Citations- 
bulle ausgefertigt war. Aber fein Nachfolger Paul II. aus 
dem venetianifchen Gefchlechte ver Barbo ſtand mit ber ganzen 
Kurie prinzipiell auf bemielben Standpunkte wie fein Bor 
Hänger, und biplomatifche Rückſichten kannte ber ſtolze Venetianer 
noch viel weniger als der gebildete Piccolomini. Nach einem 
auf Bitten des Kaiſers wie bes böhmischen Königs unter- 
nommenen DBerjuche, biefen durch Unterhandlungen zur Unter 
werfung zu bewegen, nahm ver. Bapit das Verfahren gegen 
denfelben wieder auf und überwies am 28. Juni 1465 bie 
Angelegenheit einer Kommiſſion von drei Kardinälen, welche 
am 2. Auguſt Georg von Podiebrad, „der ſich König von 
Böhmen nenne”, binnen 180 Tagen perjönlich vor den apofto- 
liſchen Stuhl luden, um fich wegen Keteret, Rückfall in dieſelbe, 
Meineid, Kichenraub und Gottesläfterung zu verantworten. 
Vier Tage Darauf gab der Bapft ſelbſt feinem Legaten in 
Deutihland, Rudolf von Rüdesheim, Biſchof von Lavant, 
Vollmacht, den Prozeß gegen alle Anhänger Georgs, auch wenn 
fie Erzbiſchöfe, Biſchöfe, Könige oder Herzoge wären, einzuleiten 
und alle Eheverträge und Bündniſſe mit demſelben wie alle 
ihm geleifteten Untertbaueneive aufzulöfen. Am 8. Dezember 
entband der Papft in feierlicher Weile alle Einwohner ber 
bohmiſchen Länder vom Eid der Treue und der Unterthänigfeit 
und verbot ihnen, einem ketzeriſchen Menfchen gehorfam zu fein, 
Dienste zu leiften, Abgaben zu zahlen oder auch nur einen 
Verkehr mit demjelben zu unterhalten. 

Mit dieſen Maßregeln wäre allerdings noch nicht viel er⸗ 
geicht worden, da gerade damals ber Streit der Kurie mit 
Sigmund von Tirol und andere Vorgänge in Deutfchland 
gezeigt hatten, wie wenig man fich in diefer Zeit um die Be- 
‚fehle, ja jelbft um die Bannbullen des Papftes kümmerte. 
Aber eben deswegen war auch von Rom aus forgfältig alles 
uorbereitet worben, damit dieſen Strafbullen auch bie Aus- 
führung nicht fehle. Schon feit 1462 ftand ber Papft mit 
allen unzufrievenen Elementen in ben Ländern Georgs, beſonders 
mit den Breslauern, in Verbindung. Der biefen im Januar 


Der bohmiſche Herrenbund. 197 


1460 vom Könige für vie Hulbigung gewährte Termin wurbe 
ihnen vom Papfte zuerft 1462 verlängert, dann denſelben 
geradezu befoßlen, jo lange Georg fich der Kirche nicht unter- 
werfe, ihm keinen Gehorſam zur leiſten. Jahrelang ſaß m 
Breslau der Erzbiſchof Hieronymus von Kreta als päpſtlicher 
Legat, der den Widerſtand gegen den König organiſierte und 
ſich al8 Herren der Stadt, ja Schlefiens, benahm. 

Bon Bedeutung wurde aber die Oppofition doch erit, als 
fih im Jahre 1465 aus Mitgliedern des meiſt katholiſchen 
hohen Adels der böhmifche Herrenbund bildete. Ihr Führer 
war Zdenko von Sternberg, der früher Georgs innigfter Freund 
geweſen, jet aber vollftändig mit ihm zerfallen war. Doch 
waren bie Beweggründe der meiften Herren wohl nicht religtöfer, 
- fonderen politiicher Natur, indem fie es umerträglich fanden, 
daß Georg, der aus ihrer Mitte hervorgegangen, ja nicht ein» 
mal einem der vornehmiten Gejchlechter entiproffen war, fich 
nicht von ihnen leiten Taffen, fondern auch über fie eine kräftige 
Herrihaft führen wollte und ihrem Streben nach Erweiterung 
ihrer Befigungen oft entgegentrat, während er feinen Söhnen 
Süter und Herrihaften, ja ganze Fürftentümer verlieh, wie 
dies gerade Ende 1465 wieder mit dem von ihm eriworbenen 
Fürſtentum Troppau geſchah 1). Wenigſtens ftelften fie jelbit 
in ihrer Beſchwerdeſchrift, die fie im September 1465 an ben 
böhmischen Landtag richteten, rein politifche Dinge in ben 
Vordergrund, Daß Georg den Rat der Barone nicht einhole, daß 
er feinem Sohne die Nachfolge zu verfchaffern gefucht, daß er 
fie ohne vorhergegangene Zuftimmung wiederholt zu Kriegszügen 
aufgeboten, ſchon zweimal eine allgemeine Steuer eingehoben, 
beimgefallene Lehen nicht wieder weiter verliehen, jondern ein- 
gezogen habe u. |. w. Als der König ihre Klagen zurückwies 
und der Landtag fih auf befien Seite ftellte, ſchloſſen am 
28. November ver Biſchof Ioft von Breslau, der jet much 
anf die Wünfche der Kurie einging, und fechzehn Herren aus 


1) Biermann, Geld. der Herzogthümer Zroppau und Jagerndorf, 
S. 209 ff. 


198 ‚Hinausfehiebung des Kampfes. 


ben. Boinilien Ber Sternberg, Roſenberg, Hafenburg, Riefenburg, 
Schwamberg, Neubaus, Gutftein, Neuß von Blauen, Ilburg 
und Ronsberg bet einer Zuſammenkunft auf Sternbergs Schloffe 
Grünberg auf fünf Sabre einen Bund zu gegenfetiger Unter 
fügung gegen alle Angriffe: 

MNoch kam es indeflen nicht zum. Rampfe. Die Herten 
fühlten sich zu Schwach, um allein oder auch mit den Breslauern 
den Krieg gegen den mächtigen König zu beginnen. Beſonders 
Ber Biſchof Joſt von Breslau, obwohl perjönlich ein entſchiedener 
Gegner des Kelches, fuchte noch immer das AÄußerſte zu ver- 
hüten, weil er überzeugt war, daß die Katholilen ohne kräftige 
auswärtige Unterjtütgung bein Könige nicht gewachlen fein. und 
der Krieg nur zu ihrem Unbeile ausfchlagen würde. Der Biſchof 
Protas von Olmütz aus dem Haufe Boskowitz fette auch jetzt 
noch die Vermittlungsverfuche und. den. Verkehr mit dem Könige 
fort, fodaß er vom Papfte mit der Temporalienſperre beftraft 
und mit noch jtrengeren Maßregeln bevrobt wurde. — 

Auch der König ſuchte einen Bruch zu vermeiden. War er 
immer mehr ein Freund biplomatiicher Künfte als Fühnen 
Dreinichlagens geweſen, ſo nahm dieſe Neigung um fo mehr 
zu, je älter und je unbeiweglicher er wegen feiner Fettleibigkeit 
wurde. Auch jett fuchte er bie Herren durch politische Kon⸗ 
zefftonen zu gewinnen, wodurch er: auch wirklich Johann von 
Roſeuberg, des Biſchofs von Breslau Bruder, wieder auf feine 
Seite brachte, und ſchloß mit ihnen, um Unterhandlungen 
Raum zu gewähren, im Mat 1466 einen fürmlichen Waffen- 
ſtillſtand, der bis Mitte Oltober dauern follte und dann noch 
bis: zum 24. April 1467 verlängert wurde. - Auch. ben zum 
legten Streiche: ſchon erhobenen Arm des Papftes hoffte er noch 
aufhalten zu können, teils: durch direkte Unterhandlungen, teil® 
durch Bermittlung des Kaifers, des Königs von: Ungarn unb 
befreundeter deutſcher Fürften.” Da bei der Yfolierung und 
wifennichafttichen Unfruchtbarkeit der - Utraquiften, die immer 
mehr auf Das mechanifche Einlernen gewiſſer tbeologiicher Be 
weismittel ſich beſchränkten, unter dieſen ſich keiner fand, ber 
ſeine Sache mit der notwendigen Gewandtheit hätte vertreten 


Endurteil des Papfies gegen: Georg. 199 


können, Die böhmilchen Katholiten aber fich immer mehr: von 
ihm abwenbeten, jo nahm er zuerft Martin Mayr. mit Zu⸗ 
ſtimmung ſeines gegenwärtigen Herru, bed Herzogs Ludwig von 
Baiern, für die Abfaſſung ſeiner Staatsſchriften in ſeinen Dienſt, 
bis im Sommer 1466 der mit dem Banne der Kirche beladene 
Gregor Heimburg ſich an feinen Hof begab. Aber alle Be 
müßımgen, die Kurie auf dem eingeichlagenen Wege aufzuhalten 
und gegen die Rückſtellung der Kirchengüter, Zulaſſung eines 
katholiſchen Erzbiſchofs, Übertritt der Zöniglicgen Familie zum. 
römiſchen Ritus und das BVeriprechen eines Kreuzzuges gegen 
die. Türken bie ftilljchtweigende Dulvdung ber Kompaktaten au 
erlangen, wurden mit Hohn zurüdgewiefen. Wohl verlanute 
die Kurie die Gefahr eines Glaubenskrieges unter den gegen» 
wärtigen Verbältniffen nicht und zögerte auch nach Ablauf ver 
dem Könige Georg gewährten Frift eine Zeit lang, die lebten: 
Konfequenzen bes eingeleiteten Prozeßverfahrens zu ziehen. Aber 
endlich riß fie der greife Karbinal Carvajal, das angejehenfte 
Mitglied des ganzen Kollegiums, durch den Hinweis auf: bie 
fiher. zu :erwartende Hilfe Gottes aus ihrem Schwanlen heraus. 
Am 23: Dezember 1466 wurde vom Bapfte das Endurtell 
publiziert, „Georg ober Jerſik von Kunftatt: und Podiebrad“ 
als rüdfälliger Ketzer und Ketzerbeſchützer, als Meineidiger und 
Kirchenräuber aller Würden und Befitungen verluftig, feine. 
Nachkommen. zu allen Amtern und Erbfchaften unfähig erklärt: 
und feine Untertbanen von. allen Eiden und DVBerpflichtungen 
entbunvden. In Denutichland und in anderen Länder wurde 
das. Kreuz gegen den abgefegten Böhmenkoͤnig gepredigt. 

.. Die Verurteilung Georgs durch den Papft machte auch der 
unentichloffenen Haltung ber böhmilchen Herren ein Ende. 
Deionders auf das Drängen: Sternbergs erklärten fie fich bereit, 
zur: Ausführung ber. päpftlichen Sentenz mit Leib und ‚Gut 
mitzumwirlen und jeden als König anzunehmen, ven: der. Papit 
ihnen: geben würde, obwohl fie ihrerfeitd den König Kafımir 
von Bolen oder einen feiner. Söhne als befonders geeignet Dazu 
bezeichneten. . Zdenko von Sternherg. wurde vom Bapite als 
Hauptmann der Katholiken beftätigt. und alle Gläubigen er⸗ 


20 Ausbruch bes Krieges. 


mahnt, bis zus Einſetzung eines neuen Königs demſelben Bei⸗ 
ſtand zu leiften. Ende April 1467 nach Ablauf des Waffen- 
ſtillftaudes begmmen von beiven Seiten die Teinbfeligfeiten 4). 
Noch Hatten ch die Gegner Podiebrads nicht zu einer 
gemeinjchaftlichen Liga: verbimden. Auf der einen Seite ſtanden 
demſelben die böhmifchen Herren: mit der Stadt Pilſen gegen- 
ber, auf der andern die Breslauer, mit denen übrigend ber 
Biſchof Joſt am 21. April im Namen der Herren ein Bünd⸗ 
nis ſchloß. Erit als die Breslauer, in deren Mitte auch der 
neue päpftliche Legat Bilchof Rubolf von Lavant feinen Sig 
aufſchlug, im Mai in raſchem Anlaufe die Städte Münfterberg 
und Frankenſtein mit den dortigen Burgen eroberten, ſagten 
ih die deutichen Städte Mährens, Brünn, Olmüs, Zuatm 
und Iglau, die fi unter ven Schug des Kaifers ftellten, wie 
vie Laufiger, von Georg 108. . Auch der Biſchof Protad von 
Olmütz veybündete fi enplich mit ven genannten Städten big 
zur Aufftellung eines neuen Königs durch den Papſt ?). 
Anverfeits blieben aber noch immer viele Katholiken, wie 
Die Herren von Kolowrat, von Loblowig, Johann von Roſen⸗ 
berg, Wilhelm d. j. von Rieſenburg und Rabi, des Königs 
Schwager Leo von Roſenthal (Rozmital), dann die Städte 
ger, Ellbogen, Kaaden, Kommotau, Brürx, Auffig, Budweis, 
ja ſelbſt die meiſten Prälaten, dem Könige treu oder beobachteten 
wie die meiſten ſchleſifchen Fürften eine vorfichtige Neutralität. 
Die Utraquiften ſtanden natürlich einmütig zum Könige, obwohl 
dieſer ſich hütete, einen förmlichen Glaubenskrieg zu entflammen. 
Das Glück des Krieges, der in einer Reihe von Belagerungen 
mb kleineren Gefechten beſtand, neigte ſich daher bald auf bie 
Seite des Könige. Im Böhmen wurden den Mitgliedern des 
Herrenbundes mehrere Schlöfler entrifen, in Schleften durch 


1) Für bie Greigniffe jeit dem Tode bes Papfte® Pins II. ſ. Palady 
IV, 2, 315—438. Jordan, ©. 184-264. Martfgraf, Die Bil- 
bung der katholiſchen Liga gegen König Georg von Pobiebrad, in v. Sy« 
bels „Hifl. Zeitichr.” XXX VIII, 48—82 und 251—266. Bachmann, 
Dentſche Reichsgeſch. I 544-596. 

2) Über diefe Einzelbunde ſ. Markgraf a. a. O. ©. Böfl. 


N 


Haltung 8. Kaftmirs von Polen. 298 


ven Primzen Bictorin Münſterberg und Frankenſtein wieder 
erobert, wobei die Breslauer viele Gefangene verloren, ba 
durch Denjelben der burch bie Brlünner belagerte Spielberg 
entſetzt. Auch eine Schar bairiſcher Kreuzfahrer erlitt am 
232. September bei Neuern eine empfinpliche Nieberlage. Die 
Erfolge, welche vie Feinde des Königs im Felde errangen, wogen 
die Nachteile bei weiters nicht auf, und es zeigte fich bald, daß 
dieſelben nicht bloß nicht imjtande wären, Georg zu ftürzen, 
jonderu daß fie auch demſelben auf die Dauer nicht zu wider⸗ 
fteben vermöchten, wenn fie nicht Unterftügung von außen er⸗ 
bielten: 

Nun Hatte e8 der Bapft allerdings auch in dieſer Richtung 
an Bemühungen nicht fehlen laſſen. Namentlich Hatte er ven 
‚ König Rafımir von Polen zu gewinnen gejucht, der als Gemahl 
einer Schweiter des Königs Lapislaus des Nachgebornen auch 
für feme Söhne Erbanſprüche auf Böhmen. erheben konnte. 
Um deſſen Hände frei zu machen, hatte der Papſt fogar den 
bisher begünftigterr deutfchen Orden preisgegeben uud der Legat 
Rubolf von Lavant am 19. Dftober 1466 zwiſchen dieſem 
und dem Könige Kaſimir den Frieden von Thorn vermittelt, 
durch welchen Weftpreußen an Bolen abgetreten und für Oft 
preußen die Lehenshoheit desſelben anerkannt werben mußte. 
Um aber eine Preifion gegen ven König Kaſimir ausüben zu 
Körmen, hatte der Papft die Ratifilation dieſes Friedens von 
ber Belämpfung der böhmiſchen Ketzer abhängig gemacht. Im 
Mat 1467 trugen die katholiichen Herren dem polniſchen Könige 
für: ſich oder einen feiner Söhne fürmlich die Krone ihres 
Reiches an. 

Kaſimir aber, obwohl nicht ohne Ehrgeiz, hatte feine Luft, 
fein durch den langen Krieg mit dent deutichen Orden erſchöpftes 
Reich in einen neuen weit ausfehenden Kampf zu verwideln. 
Auch mißbilligte er grundfäglic Das Vorgehen des Papſtes 
gegen Georg, indem er den Standpunkt vertrat, daß ein ge 
falbter und gefrönter König gar nicht abgefetzt werven könne. 
Zugleich ſcheint er ſchon damals die Hoffnung gehegt zu haben, 
nach Georgs Tode auf friedlichem Wege die Wahl eines ſeiner 


202 Georgs Überlegenheit. 


Söhne durchzuſetzen. Er lehnte daher auch die verlockenden 
Anträge, die ihn vom Papite und den aufſtändiſchen Unter⸗ 
thanen Georgs gemacht wurden, unter verfchtebenen Ausflüchten 
ab, ja, juchte jogar einen Trieben zwilchen Georg und feinen 
. Feinden zu vermittels,; was freilich dem böhmifchen Könige zum 
Nachteile gereichte, da diefer auf Kaſimirs Wunfch feinen Gegnern 
am 19. November 1467 einen Waffenftiltitan bis zum 26. Mai 
bes folgenden Jahres bewilligtee Dadurch wurden nicht. nur 
die Kräfte Georgs für lange Zeit lahm gelegt, fondern es 
erbielten deſſen Seinde auf dem. im ber zweiten Hälfte des 
Dezember in Breslau gehaltenen Kongreſſe Gelegenheit, ſich 
fefter zu organifieres und fich zu einer katholiſchen Liga zu⸗ 
fammenzufchließen. Ä 
: Obwohl diefe im päpftlichen Legaten Rudolf, ber nach dem 
Tode Joſis von Roſenberg zum Bilchofe von Breslau gewählt: 
wurde, ein energiſches und thätiges Haupt erhielt, war fie dem 
Könige Georg wahrſcheinlich deffenumgenchtet nicht gewachſen, fo 
lange Tein mächtiger Fürſt fich ihrer annahm. Und in biejer 
Beziehung ftanden die Dinge für die Liga noch immer nicht 
günstig. Der Kaifer, ven König Georg gerabe in der Zeit dee 
Ausbruches bes Bürgerkrieges in Böhmen durch eine höchſt 
unkluge Unterftügung ungehorfamer öfterreichiicher Adeliger- fich 
zum Feinde gemacht hatte, würde zwar die Liga ſehr gern 
unterjtügt haben, wurde 'aber Anfangs 1468 durch den Prinzen 
Victorin in Oſterreich felbft angegriffen und hart bebrängt; 
Der Kurfürft Frievrich von Brandenburg, bem der päpftliche 
Zegat und. die katholiſche Liga im Februar 1468 bie böhmifche 
Krone anboten, zeigte infolge des Abratens ſeines Bruders, 
bes Markgrafen Albrecht,. auch Teine Neigung, fich in ben 
bösmifchen Krieg hineinziehen zu laffen !). Die Herzoge von 


:1) Über ben Krieg und bie. diplomatiſchen Verhandlungen f. Palacky 
IV, 2, 438—504 und bie von Bachmann in F.R. Austr.. Dipl. XLII, 
41ßagg. und XLIV, 628agg. mitgetellten Berichte; über die Stellung 
Brandenburgs auch 3. ©. Droyfen,: Gel. der Preußifchen Politik 
U, 1,: 341 $,, über bie Bolitit Kafimird von Polen Caro V, 1, 264 bis 
985.’ .. . 


8. Matthias won Ungern. 28 


Sachſen fanden mit ihren Sympathieen entichieven auf Seite 
Georgs '). Kurz, die Ausfichten für den Papft und bie Liga 
waren im den erſten Dlonaten des Jahres 1468 nichts weniger 
als gläczend. Es blieb ihnen baber nichts übrig, als ben 
Anträgen Gehör zu geben, bie ihnen vom Könige Matthias 
. vos Ungarn gemacht wurden. 

Matthias war unftreitig einer ber tüchtigften Könige, die 
Ungarn je gehabt hat. Obwohl er als Füngling mit vierzehe 
Jahren unter fchwierigen Berbältnifien auf ben Thron gelangt 
war, wußte er fich doch nach Iurzer Zeit eine gejicherte Stellung 
zu erringen. Dit ſcharfem Blide verſtand er bie fähigften 
Leute herauszufinden und hob fie ohne Rückſicht auf ihre Her 
kunft zu den höchſten Stellen in Kirche und Staat, um fie 
baum freilich, wenn fie fich nicht unbedingt ergeben zeigten, eben 
jo rafch zu ftürgen. Auch perjönlich hatte er eine außerordent⸗ 
liche Arbeitsfraft. Alle von feiner Kanzlei ansgefertigten Alten- 
ſtücke piltierte oder revidierte er felbft, alle einlaufenven ſah er 
durch. Schon in feiner Jugend Hatte er fich nicht bloß eine 
fihere Kenntnis der lateinifchen Sprache, jondern auch Ver⸗ 
ſtaͤndnis Des Deutihen und ber meiften ſlaviſchen Dialekte ver» 
ſchafft. Mandhe Werke lateiniſcher Autoren, vorzüglich der 
Militaͤrſchriftſteller Tas er ſelbſt, aber auch in tbeologilchen 
Fragen war er nicht unbewandert. Der auflebende Humanis⸗ 
mus, zu deſſen berporragendften Bertretern in Ungarn bes 
Königs Kanzler Johann Vitéz von Zredna, Biſchof von Groß» 
warbein, fpäter Erzbifhof von Gran, und deſſen Neffe, 
Johann von Eſezmicze (Janus Pannonius), Biſchof von 
Fünfklirchen, ein leichtfertiger Dichter, gehörten ?), fand im 
Matthias einen warmen Freund. Beſonders in den Ipäteren 
Jahren feiner Regierung, nachdem er fich im Jahre 1476. mit 


1) 9. Ermiſch, Stubien zur Geſchichte ber ſächfiſch⸗ bbhmiſchen Be 
giehangen 1464—1471. 

2) G. Botgt, Die Wiederbelebung des elaſſiſchen Alterthums 
. Aufl.). II, 319ff. - Die litterariſche Bedeutung des Vitez ſchildert ber 
ſonders Frakn6i, Vitez Janos élete (Leben bes Vohann Vitez), Buda- 
pest, 1879. 


204 Förderung des Humanismus, 


ber gebilveten und prachtliebenven Beatrix von Neapel ver- 
mählt Hatte, war der ungarifche Hof ver Sammelplatz italieniſcher 
Schöngeifter, mit denen ſich der König jelbft gern unterhielt 
und die ihn für feine Freigebigfeit in Gedichten und Geſchichts⸗ 
werfen zu den Sternen erhoben. Dichter, Nebner, Philoſophen, 
Ärzte, Aftrologen, Theologen und Alleswiffer Hatten fich auf 
den Ruf des Königs, oder um feine Gunſt und Unterftügung 
zu gewinnen, am Hofe zu Ofen eingefunden ?). ‘Die größte 
Bedeutung erlangte Anton Bonfini aus Ascoli, der obne 
eingehende Studien, aber in eleganter Form den Livius nach⸗ 
ahmend, eine ungarifche Gefchichte fchrieb, welche eine fehr große 
Berbreitung gefunden und bis auf die neueste Zeit außerordent- . 
liches Anfehen genofjen Hat. Mit ungeheuern Koften juchte 
ſich Matthias auch Abfchriften griechifcher und lateinifcher Klaſſiker 
zu verfchaffen. Unter der Aufficht des der lateinifchen, griechijchen, 
arabiichen und chaldäiſchen Sprache kundigen Raguſaners Yelir 
ivaren in der zweiten Hälfte feiner Regierung in Ofen breißig 
und auch in Florenz eine größere Zahl von Abjchreibern thätig, 
um die bandjchriftlichen Werke des Altertums zu Topieren, 
welche dann mit prachtvollen Initialen und Miniaturen aus- 
geftattet und koſtbar eingebunden und im fchön beforierten 
Bihliothefögebäude der Dfner Burg aufgeftellt wurden. Mit 
etnem Aufwande von jährlich 33000 Dukaten brachte Matthias 
eine Handjchriftenbibliothef zufammen, die mehrere taufend 
Bände zählte und fich, wenn auch nicht an innerem Werte, fo 
doch an Pracht und Umfang mit den berühmteften Bibliotheken 
jener Zeit mefjen fonnte und einen der italienischen Humaniſten, 
den Florentiner Naldus Naldius, fogar zu einem weitläufigen 
Bobgebicht begeiftert bat 2). 


1) Wertvolle Beiträge zur Charakteriftit des K. Matthias findet man 
in ber Schrift: De egregie, sapienter et iocose dictis et factis Mat- 
thiae I. regis von Galeotto Marzio, einem biefer Lobrebner, ap. 
Schwandtner, R. Hung. SS. I, 534—565. Eine weitläufige Cha⸗ 
rakterſchilderung auch ap. Bonfinius, Dec. IV, lib. 4. 7 u. 8, und 
non Neueren bei Mailath, Gef. der Magyaren (2. Aufl.) II, 256 
bis 274, dem es freilich an Kritik fehlt, und Teleki V, 508—530. 

2) Abel Eugen, Die Bibliothek des Königs Mathias Corvinns, in 


— 


der Wiſſenſchaften und Künfte. 205 


Da fowohl die 1367 von Ludwig I. gegründete Univerfität 
Tünffirchen wie eine jpäter vom Könige Sigmund in Ofen er- 
richtete Hochichule nach kurzer Zeit wieder eingegangen waren, 
erwirkte ſich Matthias wahrfcheinlich auf Betreiben bes Johann 
Bitez und Janus Pannonius vom Papfte Paul IL. 1465 
neuerdings bie Erlaubnis zur Errichtung einer Univerfität, bie 
1467 in Presburg eröffnet wurde. Vitez gewann für diefelbe 
mehrere hervorragende Profeſſoren wie den berühmten Aſtronomen 
und Mathematifer Müller von Königsberg (Regiomantanus). 
Auch einzelne Profejjoren der Wiener Univerfität erbielten 
dort Urlaub, um in Presburg Vorlefungen zu halten. ‘Doch 
Scheint dieſe Untverfität nach wenigen Jahren wieder eingegangen 
zu fein, da der König Matthias eine Hochichule in feiner Haupt- 
ftabt Ofen errichtete. Der frühzeitige Tod ihres Grünberg 
machte freilich auch Diefer Univerfität bald ein Ende‘). 

Reben den Wiſſenſchaften förderte Matthias befonders bie 
Architektur und Kunft. Die früheren Refivenzichlöffer in Ofen 
und Biffegrad wurden von ihm volljtändig umgebaut, in 
ber luxuriöſeſten Weife -ausgeftattet und mit Gemälden und 
plaftiichen Kunſtwerken geſchmückt. 

Dabei ſuchte er das Land auch in materieller Beziehung zu 
heben und berief zu dieſem Zwecke aus Italien Männer, die 
eines rationelleren Feldbaues, der Käſebereitung, der Gärtnerei 


„Literar. Berichte aus Ungarn“ II, 56 ff. (mit Unterſuchungen über bie 
noch erhaltenen Hl. aus der Corviniana). 

1) Abel, Egyetemeink a Közepkorban, Budapest 1881, in beutjchem 
Auszuge: „Ungarifhe Univerfitäten im Mittelalter”, in ber „Ungar. 
Revue” 1881, S. 496—514, der aber bie Presburger Univerfität erſt 
nach dem Tode des K. Matthias eingehen läßt und ba® „universale 
gymnasium‘“ in Ofen nicht für eine eigentliche Hochſchule, fondern nur 
für ein theologifeh- philofophifches Fachſtudium hält. Daß bie Nachricht 
des um 1585 ſchreibenden Heltat, K. Matthias habe ein für die Unter- 
Bringung von 40000 Studenten und ihrer Profefloren beſtimmtes riefiges 
Gebäude begonnen, auf einer falfchen Deutung ber Überrefte bes alten 
römiſchen Standfagers berube, zeigt Fr. Salamon in „Budapesti 
Szemle“ XLIII (1885), 321sgqg. Über bie älteren ungarifchen Uni- 
verfitäten f. auch Denifle, Die Univerfitäten des Mittelalters I, 413 ff. 


296 Schaffung eines ſiehenden Heeres. 


kundig waren, um bie Renntuis biefer Zweige auch in Ungarn 
zu verbreiten. 

Bor allem aber. tagte Matthias als Kriegsmann hervor. 
Ein geübter Reiter und gewandter Fechter, allen Strapazen 
ſich unterziehend, war er bei den Soldaten, die er alle beim 
Kamen zu nennen wußte, ſehr beliebt. ALS Beiſpiel ſeines 
Mutes erzählte man fich, daß er bet der Belagerung ber 
Feſtung Sabacz in einem Nahen im Angefichte der Feinde den 
geeignetiten Angriffspunft zu entdecken gefucht, das er ein 
anderesmal als Bauer verkleidet das türkiſche Lager ausgekund⸗ 
Schaftet Babe. Er ſchuf auch, und zwar zunächſt hauptſächlich 
aus den Trümmern der Scharen Giskras und der Brüder- 
rotten, ein ftebendes Heer, das Anfangs allerdings nur Hein 
war !), aber fpäter in Beziehung anf Zahl wie auf taktiſche 
Ausbildung alle andern im Abendlanbe übertraf. So brüdenb 
aber auch die baburch notwendig werdenden Steuern waren 
und fo fehr namentlih die Großen über die ewigen Sriege 
und das bei aller Einhaltung der konſtitutionellen Formen oft 
gewaltthätige Auftreten des Königs nrurrten, jo war er bach 
bei den unteren Bolfsklafjen wegen feiner ftrengen Gerechtig- 
teitöliebe und feiner Sorge für die Ruhe im Innern ſehr be⸗ 
liebt 2). 

. Bet allen feinen glänzenden Eigenſchaften hat aber Matthias 
ſeinem Lande weniger genützt, als man erwarten ſollte, und 
zwar war die Haupturſache davon ſeine verkehrte auswärtige 
Politik. 

Die Intereſſen Ungarns hätten ihn nach Süden gewieſen, 
mo es galt, gegen die Türken, welche das Abendland, in erfter 
inte aber Ungarn, mit Überflutung bevroßten, fefte Dämme 
aufzuführen. 

1) Nach einem leider nur fummarifch bekannten Berichte bes vene- 
tianiſchen Gefandten vom Dezember. 1463 in Mon. Hung. Mätyäs k. 
koraböl I, 263. hatte der König damals 2000 Reiter und 5000 Fuß⸗ 
gänger zur Verfügung, zu denen noch 12.000 Keiter famen, melde die 
Prälaten und Barone ftellten. 


2) Über die inneren Berfältuif unter Matthias f. Feßler⸗Klein 
IN, ieff. 


Angriff der Türken auf die Walachei. 297 


Es fehlte nicht an Mahnungen für Matthias, feine. ganze 
Kraft gegen dieſe gefährlichen Feinde zu wenden. Wie er 
Anfangs 1462 den Venetianern meldete, wurden durch bie 
Zürlen in ben brei vorhergehenden Jahren allein wenigftens 
200000 Bewohner aus Ungarn hinweggeſchleppt 1). 

Im November 1460 wurbe fein Oheim Szilägyi, der als 
„Bubernator von Siebenbürgen, Ban von Machow und General- 
kapitän von Niederungarn 3)" mit ber Verteidigung des Neiches 
gegen bie Türken beauftragt war, bei einem Streifzuge von 
diefen Öftlich von Semendria gefchlagen und nach der Nieder 
metzelnng des größten Teiles feiner Truppen gefangen und 
damn in Konftantinopel mit 28 feiner Soldaten enthauptet ®). 
Matthias, der damals noch vom Kaiſer Friedrich im Befitz 
feiner Herrichaft bedroht und durch ben Kampf gegen bie 
böhmiſchen Bruberrotten in Oberungarn in Anipruch genommen 
war, wendete den Borgängen im Süben feines Reiches nur 
geringe Aufmerkſamkeit zu. 

Im Jahre 1461 entſchloß fich der walachiſche Wohwode 
Wlad, Sohn ded 1446 hingerichteten Drakul, einer ber grau- 
famften Würeriche, der den Woywoden Dan geftürzt Hatte, 
zum Abfalle von den Zürlen und zu einem Bilndniffe mit 
Ungarn. Den Verſuch des Sultans, ihn nah Konftantinopel 
zu loden ober fich feiner Berfon durch Überfall zu bemächtigen, 
beantwortete er mit einem Angriffe auf Bulgarien und mit 
der Pfählung taufender von Türken, die in feine Hände ge 
fallen waren. Als nun im Dat 1462 der Sultan felbjt mit 
einem ungeheueren Heere in bie Walachei -einfiel, brachte Wlad 
alle Weiher und Kinder wie ſämtliche Lebensmittel in die un- 
wegfamen Wälder und beichräntte fich auch felbft auf die Nieder- 
machung feindlicher Nachzügler und auf einzelne nächtliche An- 

1) Mon. Hung. Mätyäs k. koräb6l I, 112. 

2) Unter diefem Titel urkundet ee no am 6. Ottober 1460 in 
Sitlos. Teleki X, 640. 

3) Ebendorffer, p. 920, der obigen Monat angiebt, Bonfinius, 
Dec. IV, lib. 1, ed. Poson. 1744, p: 425, zu ganz falfcher Zeit, und 


über den Ort IV,4, p. 455. Bericht des venetianifchen Bailo in Ronfan- 
tinopel vom 5. Februar 1461 in Mon. Hung. I, 67. 


210 Kämpfe des Königs Matthias in Bosnien. 


Türken gefchloffen Hatte ?), wendete er fich mit dem noch fchlag- 
fertigen Teile feines Heeres nad Weiten, fiel in Bosnien ein, 
eroberte mit Unterjtügung des Sohnes des Herzogs Stephan 
Buleic, Wladiflam, und anderer Großer zahlreihe Burgen 
zu beiden Seiten bed Verbas und endlich nach einer fait brei- 
monatlichen Belagerung am Weibhnachtätage auch die ftarfe 
Feſtung Jaica. Erft im Ianuar, ald die Strenge des Winters 
bie Fortfegung des Krieges unmöglich machte, zog er ſich aus 
Bosnien zurück, um fich endlich zum Könige Frönen zu laſſen. 
Die Verwaltung des eroberten Teiles von Bosnien übertrug 
der König feinem bisherigen Schatmeifter Emerich von Zapolya 2). 

Im Sommer 1464, wo auch der Papit Pius II. an der 
Spite eines chriftlichen Kreuzheeres zur See gegen die Türken 
ziehen wollte, fchidlte der Sultan 20000 Mann nad) Bosnien 
und folgte dann perfönlich mit weiteren Truppen nad. Über 
einen Monat ſetzte er ber Feſtung Jaica mit Geſchützen von 
ungeheuerer Größe und mit Minen hart zu und hatte bereits 
einen Teil der Mauer zu alle gebracht, als ihn die Nachricht 
von der Annäherung eines ungarifchen Heeres zum Abzuge von 
der tapfer verteidigten Stabt bewog ?). Hierauf drang Matthias 
im Oftober in das norböftliche Bosnien, die Landſchaft Uzora, 


1) Theiner, Vet. Mon. Hung. II, 380. Am 8. September ur- 
fundete Matthias noch in Nandoralba (Belgrad), am 23. Juni vorher 
in Sutal. Teleki XI, 62. 76. 

2) Uber feine Kriegsthaten im Jahre 1463 berichtet 8. Matthias feldft 
an den Papft d. b. in oppido Dombro regni Sclavonie 27. Jan. 1464 
ap. Katona XIV, 624sg. E66sqg. Pal. die übrigen ibid. p. 619 
bis 638 und 652—666 gefammelten Stellen, wie die Notizen im Bericht an 
die Stadt Frankfurt bei Sanffen, Reichscorreſp. II, 240 vom 25. Ian. 
1464, und Mon. Hung. Mätyäs kir. koräböl I, 244, und Teleki III, 
341—357, der fih nur zu viel auf Bonfinius verlaffen bat. 

3) Na Bonfinius, Dec. III, lib. 1 (Schluß), ber fi übrigens 
auch Hier, befonders in chronologifher Beziehung, noch immer al8 um« 
zuverläffig erweift, führte Zapolya ungarifche Truppen berbei und ver- 
breitete fi nur das Gerücht von dem Anmarfche des Königs, nah dem 
unbdatierten Schreiben des Matthias ap. Katona XIV, 724 fcheint biefer 
felbft das Heer geführt zu haben, Die Zeit ergiebt fi aus Mon. Hung. 
l. ce. I, 286. 


Einftellung der Offenfive vonfeite bes K. Matthias. 211 


ein, erjtürmte die Feſtung Srebrenik, beſetzte das babet liegende 
Silberbergwert, deſſen Ertrag auf jährlich 24000 Dukaten ger 
Ihätt wurde, und belagerte dann die auf einem Berge gelegene 
Feſtung Zwornik an der Drina. Das jchlechte Wetter und 
die grumdlojen Wege machten aber endlich die Zufuhr von 
Lebensmitteln unmöglih. ‘Da auch ein Sturm von ber tapferen 
Beſatzung abgefchlagen wurde, jo ſah fich der König genötigt, 
nach ber Mitte des November die Belagerung aufzuheben und 
mit Zurüdlaffung eines Teiles des Belagerungsgefchüges ſich 
nach Ungarn zurüdzuziehen !). 

Nah der Eroberung der norbweitlichen und norböftlichen 
Grenzgebiete Bosniens gab Matthias die Fortführung des 
Offenſivkrieges gegen bie Türken auf, obwohl ihn der Papft 
ununterbrochen dazu antrieb, und ſah fogar unthätig zu, wie 
die Hercegowina, deren Fürſt ihn um Unterftügung bat, 1466 
großenteild in die Hände der Türken fiel 2). 

Da die Übrigen Mächte Europas mit Ausnahme Venedigs, 
das fich ebenfalls nach Frieden fehnte, nicht zur Teilnahme am 
Kampfe gegen die Ungläubigen zu beivegen waren, fo war es 
für Ungarn in der That jchwer, jahrelang allein die Laſt des⸗ 
jelben zu tragen. Da das Landesaufgebot nicht verpflichtet 
war, über die Grenze zu ziehen, das ſtehende Heer aber damals 
noch jebr Hein war, jo mußte ein Eroberungäfrieg gegen die 
Türken bauptfächli mit Söldnern geführt werben, die fehr 
viel Geld koſteten *). Nun hatten allerdings die Karbinäle nach 


1) ®gl. mit Bonfinius, Dec. IV, lib. 1 den interefianten Bericht 
bes Grafen Sigmund von Pöſing, d. d. Koczsse 15. Dezember 1464 
bei Bahmann, Briefe und Acten, in F. R. Austr. XLIV, 591 und 
die Berichte au8 Venedig in Mon. Hung. 1. c. I, 297. 301. 306g. 

2) Mon. Hung. 1. c. II, 5—7. 13. Bgl. 43. 47. 49, 

3) Nach einem Berichte vom Jahre 1464 (nicht 1471) in Mon. Hung. 
I, 232 war ber gewöhnliche Sold der ungarifchen Reiter tm Lande felbft 
ober an beflen Grenze monatlih 3, jener der Fußgänger 2 Dulaten, 
während die Deutfchen, Polen und Böhmen einen höheren Sold und 
auch Erfa für alle Schäden (am Pferden u. f. mw.) forderten. Selbft 
für eim Heer von nur 10000 Mann bätte alfo der Sold 300000 Du⸗ 
taten im Jahr betragen, mehr als bie regelmäßigen Einkünfte des Königs 

14 * 


212 Beabfichtigter Aufſtand der Siehenblirger. 


dem Tode des Papftes Pius IL. im Auguft 1464 das von 
diefem für den Kreuzzug gefammtelte Geld, 42500 Dukaten, 
bem ungarifchen Könige geſchickt, wozu auch Tpäter noch einige 
Heinere Sendungen bes Papftes Paul IL. und wieberholt einige 
taujend Dulaten vonfeite Venedigs Tamen !).. Aber dieſe 
Summen reichten zur Beftreitung ber Kriegskoſten bei weitem 
nicht aus; das meiſte mußte in Ungarn ſelbſt aufgebradt 
werben. Zur Vermehrung feiner Einkünfte fegte der König 
auf einem Neichstage in Ofen im März 1467 eine Steuer- 
reform durch, wonach der „Dreißigfte“, von dem fich ſehr viele 
Perfonen und Körperjchaften Befreiungen verichafft Batten, 
durch einen neuen Grenzzoll, den alle mit Ausnahme der Adeligen 
entrichten follten, erjett werven, und ebenſo an bie Stelle des 
bisherigen „Rammergewinns” eine nur andersbenannte, ber 
alle außer dem Abel und ber Geiftlichfeit belaftende Steuer in 
ber Höhe eines Fünfteldukatens von jedem Thore treten follte ?). 

Ein zu fcharfes Anziehen der Steuerfchraube konnte aber 
ſehr gefährlich werden. Schon am 18. Auguft 1467 verbanden 
fih eine Anzahl von abeligen Sachſen und Szeklern Sieben- 
bürgens im Namen ihrer Stammtesgenofjen zum Schutze ihrer 
Treiheiten gegen die Unterdrüdungen bes Königs und wählten 
bie fiebenbürgiichen Woywoden, die Grafen Johann und Sig⸗ 
mund von St. Georgen und Pöſing und Berthold von Eller⸗ 
bad, und die von Matthias zu erblichen Grafen der Zip 
ernannten Emerich und Stephan von Zapolya zu ihren Leitern 
und Anführern, indem fie fich verpflichteten, auch gegen ben 
König zur Erreichung des angeführten Zieles einträchtig ein- 


(ohne bie bireften Steuern, die vom Reichstage abhingen), da nach 
bem Bericht des päpftlichen Legaten in „SFortfegung d. Allgem. Welt⸗ 
biftorie”, 49. Teil II, 16, derjelbe vom Salz 80—100000 Dulaten, von 
ber Münze und ben Bergwerken 44—54000, von den Zöllen 82—100 000 
und von ben Juden und bem Kupfer 80000 Dukaten, zufammen 
236 000—284000 Dukaten einnahm. 

1) Teleki XI, 124. Mon. Hung. 1. c. I, 291. 295. 311. 336. 
343. 345. 


2) Katona XV, 206sqq. Bgl. Teleki ILL, 506 ff. 


Angriff des Königs Matthias auf die Moldau. 218 


anber beizuftehen. Wenn fchon ber hervorragendſte Günftling 
bed Königs, Emerich Zapolya, zum Aufftande bereit war, 
fo mußte die Unzufriedenheit einen ſehr bebenklichen Grab er- 
zeicht Haben. In der That ſchloſſen fih bald auch andere, 
wie die Ungarn des Klaufenburger Comitates, der Bewegung 
an. Ehe aber viefelbe noch das ganze Land ergriffen und fich 
militäriſch genügend organifiert Hatte, erfchien der König in 
ber zweiten Hälfte des September unvermutet mit einen Deere 
. in Siebenbürgen und erregte unter den Aufſtändiſchen einen 
jolchen Schreden, daß biejelben durch raſche Unterwerfung fich 
zu retten ſuchten. Der König war Hug genug, gerabe die her⸗ 
vorragenbften Magnaten zu verjchonen und allen mit Aus 
‚nahme der Haupträvelsführer Amneftie zu verfprechen, obwohl 
er fpäter ben Siebenbürgern eine Gelbftrafe von 400000 Gold⸗ 
gulden auflegte und einige binvichten ließ ?). 

Auch der Woywode Stephan von der Moldau, der unter 
der Oberboheit Polens ftand, Toll die aufſtändiſchen Steben- 
bürger begünftigt haben und dies eine der Urjachen geweſen 
fein, weswegen Matthias noch Ende November mit einem Deere 
durch ben Ditos Paß in deffen Land einbradh, um ihm zu 
ftürgen und einen Prätendenten an deſſen Stelle zu feten. 
As er aber, alle DOrtjchaften nieberbrennend, Über Roman 
gegen Suczawa borbrang, wurde er am 15. Dezember ſüd⸗ 


1) Die wichtigfte Ouelle hierfür ift die von Firnhaber Im „Notizen- 
blatt der. Tai. Akad.” 1852, ©. 193 ff. mit Erläuterungen mitgeteilte 
Urk. vom 18. Auguſt 1467, aus ber ſich doch ergeben bärfte, daß bie 
Erzählung des Bonfinius, Dec. 4, lib. 1, wonach bie Siebenblrger 
den Grafen Johann von Pöfing fogar zum Könige ausgerufen hätten, 
ſchwerlich richtig ift, obwohl auch im Schreiben bes K. Matthias vom 
17. Auguft bei Palady, Geſch. Böhmens IV,2, 445, N. 295, und in 
befien Urk. d. d. Thorda 3. Oft 1467 ap. Katona XV, 229 Johann 
als Haupt der Abgefallenen bezeichnet wird. In Berichten des mai— 
ländiſchen Gefandten in Venedig in Mon. Hung. 1. c. II, 67sq. und 
918q. wird neben einigen Baronen, darunter uno chiamato Embrig 
(Emerih Zapolya) auch der (Erz) Biſchof non Ealocja, der kurz vorher 
auf Verwendung des K. Matthias die Karbinalgwürbe erhalten hatte, 
unter ben Rebellen genannt. Im allgemeinen f. Teleki III, 532 ff. 


214 Berhälinis des ungarifchen Königs zu Georg von Böhmen. 


weftlih von biefer Stadt in Banya (Baja) bei Nacht vom 
Woywoden überfallen und erlitt, wenn er auch ben Angriff 
nach Bartem Kampfe zurüdichlug, jo empfindliche Verlufte, daß 
er einen fchnellen Rüdzug antreten mußte !). 

Bei der Erichöpfung Ungarns und der Unzufriedenheit vieler 
feiner Bewohner würde man dem Könige keinen Vorwurf machen 
fönnen, wenn er ben Krieg gegen die Türken eingeftellt und 
fih auf die Verteidigung befchräntt hätte, um dem Lande Zeit 
zur Erholung zu gönnen und erjt unter bejonders günjtigen 
Berhältniffen den Kampf wieder aufzunehmen. Allein Matthias 
dachte nicht daran, die Waffen ruhen zu laffen, nur wendete 
er fie nicht mehr gegen die Ungläubigen. Nicht die Verteidigung 
bes chriftlichen Glaubens und der abenbländifchen Kultur gegen 
die wilden Türken ſah er fortan als das würbigfte Ziel feiner 
Polttif an. Er begann vielmehr jekt Vergrößerungsplänen im 
Weſten nachzujagen, die auf bie Dauer doch nicht zu realifieren 
waren, während fte ihn hinderten, die Türken in nachhaltiger 
Weiſe zu befämpfen und fein Neich gegen die von Süden her 
drohenden Gefahren dauernd zu fchüten. 

Seinem Schwiegervater Georg von Böhmen war er infolge 
der zweibeutigen Haltung, welche diefer feit 1459 eingenommen 
batte, längſt innerlich entfremdet. Als nun im Februar 1464 
feine junge Gemahlin im Wochenbette ftarb ?2), war auch das 
äußere Band, das ihn mit demfelben verknüpft hatte, abgerijjen. 
Schon im Oktober 1465, wo der Papſt Paul IL fich zum 
Bruche mit Podiebrad entichloffen hatte, bot Matthias jenem 
feine Unterftügung an, „um die Zreulofigfeit der Gottlofen 
zu zermalnten” 3). Der Papft. hatte damals von dieſem An- 
erbieten feinen Gebrauch gemacht, weil dann die Tortfegung 
des Türkenkrieges unmöglich geivefen wäre. Als aber König 
Georg nicht bloß der katholiſchen Liga fich gewachſen zeigte, 


1) Mit ben ungarifhen Darftellungen bei Thwrocz, lib. IV, 
cap. 66 unb Bonfinius, Dec. IV, lib. 1, p. 427, ift aud die pol- 
nifge bei Dlugosz, lib. XII, col. 416sqq. zu vergleichen. 

2) Dlugosz XIII, 323. 

8) Katona XV, 135. 


Kriegserklärung des K. Matthias. 215 


fondern auch ben Kaifer in Dfterreich bebrängte, und ber Papſt 
jonft nirgends Hilfe fand, da warfen alle ihr Auge auf ben 
König von Ungarn ’). Im Namen der Liga erſchien der Bifchof 
Protas von Olmütz bei demfelben, um ihn zum Einfchreiten 
zu bewegen, wobet er von den bifchöflichen Näten bes Matthias 
eifrig unterftügt wurde. Gleichzeitig fand fich ein päpftlicher 
Legat beim Könige ein. Auch der Kaifer, ber vom Prinzen 
Victorin in die Enge getrieben wurbe, brängte ben König 
Matthias zur Hilfeleiftung und foll ihm bafür ebenjo wie ber 
Papſt Hoffnung auf die Würde eines römiichen Königs gemacht 
baben 2). Sie begegneten damit übrigens nur den Wünjchen 
bes ungarifchen Königs, ver fchon feit dem Herbite 1466 in 
feinen biplomatifchen Noten einen ehr gereizten Ton gegen 
Böhmen angeichlagen batte 3), als hätte er abfichtlich einen 
Bruch herbeiführen wollen. Obwohl die Unterhandlungen, 
welche die Türken jeit mehreren Iahren mit Ungarn und Venedig 
über den Abichluß eines Friedens oder längeren Waffenftill 
ftandes führten, bisher noch immer feinen Erfolg gehabt hatten 
und überhaupt vonfeite der Pforte nicht jehr ernjtlich gemeint 
gewejen zu fein fcheinen *), To Tieß fich Matthias doch zum 
Angriffe auf Podiebrad bewegen, indem er mit Sicherheit er⸗ 
wartete, daß der Sieg ihm die böhmiſche Königsfrone bringen 
würde Am 31. März 1468 erklärte er als Bundesgenoſſe 
des Kaiſers und Beſchützer der böhmischen Katholiken dem 
Georg von Podiebrad ben Krieg und rüdte unmittelbar darauf 


1) Über ben folgenden Krieg zwifchen K. Matthias und Georg von 
Podiebrad bis zum Tobe des Tetteren bat Palady IV,2, 500—664 
eingehend und auf Grund forgfältiger Forſchung gehandelt, der einen Teil 
ber benutten Alten fpäter in feinen „Urkundlichen Beiträgen“ (F. R. 
Austr. XX, 523 qq.) veröffentlicht hat. Über die Haltung Polens fiehe 
Caro V,1, 294—336. 

2) So nad) einer 1469 von Matthias an K. Georg, von biefem an 
Aldreht von Brandenburg gemachten Mitteilung. Palady, Urkundl. 
Beiträge, S. 568. 

3) Teleki XI, 164 ff. 

4) Notizen darüber feit 1465 in Mon. Hung. I, 351; I, 71. 75. 
79. 81. 


216 Anfängliche Erfolge des K. Matthias. 


durch Hfterreich, wo er ſich mit den Truppen des Kaiſers unter 
Grafenecker vereinigte, gegen Znaim vor. 

Das Heer des Matthias war nicht ſehr groß, indem es 
nur aus etwa 11000 Reiſigen, darunter viele böhmiſche und 
polniſche Söldner, und mehreren tauſend Fußgängern beſtand. 
Aber es war kampfgeübt und mit großen und kleinen Geſchützen 
und Kriegswagen auf das beſte ausgerüſtet. König Georg, 
durch ben Aufitand eines großen Teiles feiner Unterthanen 
gelähmt, vermochte denn auch bald ihm. nicht mehr zu. wider» 
ftehen. Langſam, aber unaufhaltiam machte Matthias Fort⸗ 
ſchritte. Bis zum Oktober hatte er nach mehreren fiegreichen 
Treffen ganz Mähren bis auf ven Spielberg bei Brünn, bie 
Stadt Ungarisch Hradiſch und einige Kleinere Punkte, in ſeine 
Gewalt gebracht. Auch die legten feiten Pläte, welche Georg 
in Schlefien und der Laufig noch behauptet hatte, mit Aus 
nahme von Troppau, waren zur Übergabe gezwungen worben. 
In Böhmen felbit hatten fich Johann von NRofenberg und bie 
Stadt Budweis ber Fatholifchen Liga angeſchloſſen. 

Nachdem die ungarischen Stände im Herbfte eine außer- 
orventliche Kriegsſteuer bewilligt hatten !), nahm Matthias nach 
Neujahr 1469 den Krieg mit verftärkten Kräften auf. Am 
12. Februar überlieferte die Beſatzung des Spielbergs, vom 
Hunger bezwungen, bie tapfer verteidigte Feſtung. Schon. am 
folgenden Zage trat Matthias mit feinem Deere den Zug nad 
Böhmen felbft an, in der Abficht, zunächſt das reiche Bergwerk 
bei Kuttenberg wegzunehmen, deſſen Erträgnid damals, vielleicht 
allerdings übertrieben, wöchentlich auf 2600 Mark oder 13000 
böhmifche Gulden geichätt wurde). Im größter Eile rückte 
ex vor, ohne fich mit der Belagerung der Städte Leitomiſchl, 
Hohenmauth und Chrudim aufzuhalten. Da aber König Georg 
ihn bei Caslau mit einem Heere erwartete, das an Neiterei 
zwar jchwächer, aber an Fußvolk dem feinigen bebeutend über- 
legen war, jo ſchwenkte er nach Süden ab, vielleicht um fich 


1) Katona XV, 858. 
2) Palacky IV,2, 528. 


Der Vertrag von Wilimom. 217 


nach: Iglau zurückzuziehen. Plötzlich ſah er fich zwiſchen ben 
mit tiefem Schnee bedeckten Höhen bei Wilimow von den 
Döhmen auf allen Seiten eingeſchloſſen, die Ausgänge durch 
Berhaue verfperrt. Nur durch einen Trieben glaubte er fich 
noch retten zu fönnen. Er machte daher jenem ehemaligen 
Schwiegervater Trievensanträge und jchloß mit demſelben bei 
einer Zuſammenkunft unter vier Augen (um ben 27. Yebruar) 
ein gebeimes Ablommen. Matthias verſprach „mit Hanbichlag, 
Wort und Ehre”, beim Papfte es durchzufeken, daß Georg und 
die Böhmen ben Gebrauch der Kommunion unter beiven Ge 
italten. beibehalten dürften. Er teilte zugleich dent böhmiſchen 
Könige die ihm vom Papfte und vom Kaiſer bezüglich der 
rönriichen Königskrone gemachten Verfprechungen mit und bat 
ihn auch um feine Stimme, wogegen er ihm die eroberten 
Städte und Schlöffer wieder zurüditellen wollte Vorläufig 
wurde bis zum 3. April ein Waffenftillitand geichloffen, während 
deſſen beide Könige mit ihren Räten in Olmütz zufammen- 
kommen follten, um einen definitiven Frieden zuftanbe zu bringen. 
Die Nachricht von diefen Vorfällen rief bei den Gegnern 
des böhmiſchen Königs einen ungeheueren Schreden hervor. 
Der päpftliche Legat Lorenz Rovarella, Biſchof von Ferrara, 
der eben auf einem Weichstage in Regensburg vergeblich einen 
Kriegszug gegen bie böhmischen Ketzer durchzufegen bemüht ge 
weien war, eilte perjönlich nah Olmütz, um eine Ausjöhnung 
bes Königs von Ungarn mit Podiebrad zu bintertreiben. Auch 
die Bilhöfe Rudolf von Breslau und Protas von Olmütz, 
Zdenko von Sternberg und jeine Freunde wie Abgeoronete ber 
"Breslauer und anderer Städte fanden fih in Olmütz ein, 
während Georg in Sternberg blieb. Die Unterhandlungen 
begannen aber erjt am 7. April, weswegen man den Waffen⸗ 
ſtillſtand verlängert batte. 
.» Der päpftliche Legat ftelite jo übertriebene Forderungen, daß 
Georg unmöglich darauf eingehen fonnte. Dieſer jollte mit feinen 
Hausgenofjen zum fatholiichen Glauben übertreten, den Erz 
feger Rokycana ausliefern, den König Matthiad zu feinem 
Sohne annehmen und ihm jchon jegt von allen jeinen Unter- 


® 
218 Wahl des Matthias zum Könige von Böhmen. 


thanen den Treueid ſchwören laſſen. Matthias follte alles be» - 
halten dürfen, was er inne babe, und auch ben Erzbiſchof von 
Prag und alle Geiſtlichen einfeken, um die Ketzerei auszutilgen. 
Die Mitglieder der Tatholifchen Liga befchloffen ſchon am 
12. April die Wahl des Matthias zum Könige von Böhmen, 
um ibn feiter an fich zu ketten. Ste kamen damit übrigens 
offenbar nur einen geheimen Wunſche desfelben entgegen, ba 
jeine Bertrauten den Ligijten dazu geraten hatten. Denn für 
Matthias war die Krone Böhmens befonders deswegen von 
Wert, weil er durch ven Beſitz derjelben deutſcher Neichsfürft wurde 
und als folcher mehr Ausfiht hatte, das letzte Ziel feiner 
Wünſche, die römische Königskrone, zu erreichen. Wenn er troß» 
dem mit der Annahme der Wahl zum Könige von Böhmen 
zögerte, fo geichah es nur, um von ven päpitlichen Legaten ein 
bindendes Verſprechen zu erhalten, daß fie ihm von Deutſch⸗ 
land 12000 Mann Hilfstruppen, oder, was ihm noch Tieber 
gewejen wäre, woher immer 200 000 Goldgulden Subfidien 
verichaffen würden. 

So mußten die Unterbandlungen mit Georg notwenbig er- 
folglo8 bleiben, und es war bloßes Gaufelipiel, wenn fie bis 
zum 1. Dat fortgefegt wurden. Es wurde zwar noch eine 
weitere Verlängerung des Waffenftiliftandes bis Neujahr be- 
ſchloſſen. Aber Matthias gab zu, daß er am 3. Mat feierlich 
zum Könige von Böhmen gewählt wurde, und ließ fich dann 
in Mähren, Schlefien und bon den Saufigern die Hulbigung 
leiften. 

Die Annahme der böhmischen Krone durch Matthias zeigte 
endlich dem Könige Georg, daß biplomatifche Mittel ihm feine 
Rettung zu bringen vermöchten, und rief ihn zu feiner früheren 
Thatkraft zurüd. Zugleich entjchloß er fich, um den Beiſtand 
Polens zu gewinnen, vom böhmifchen Landtage mit Umgehung 
feiner eigenen Söhne den Prinzen Wlabiflam, älteften Sohn 
des Königs Rafimir, zu feinem Nachfolger wählen zu laſſen, 
unter ber Bedingung, baß berjelbe ſich mit feiner Tochter 
Ludmilla vermähle umd feine Söhne im Befige ihrer Herr- 
Ihaften laſſe. Bei den rechigläubigen Polen erregte freilich der 


Wiederausbruch des Krieges. 219 


Gedanke an die Heirat des Prinzen mit einer Keberin großes 
Entjegen, und Kaſimir jchob auch jett eine Entſcheidung hinaus. 

Da Georg fih num auch durch den in Olmütz gefchloffenen 
Waffenſtillſtand nicht mehr für gebunden bielt, jo begann er 
Anfangs Juli 1469 auf allen Seiten ven Krieg und führte 
benfelben um jo glüdlicher, als Matthias den größeren Tell 
feiner Truppen entlaffen hatte. Zwar fiel der unbefonnene, 
hitzige Prinz Victorin ſchon am 27. Juli bei Weflely an ver 
March in die Hände der Ungarn. Aber in Böhmen wurben 
die Mitglieder der Liga hart bebrängt, fo daß viele, wie bie 
Haſenburg, Roſenberg, Schwamberg u. f. w. fih durch 
Neutralitätsverträge zu retten fuchten. Die Oberlaufig und 
Schlefien, wo nur Breslau noch immer großen Eifer für den 
Krieg an den Tag legte, wurden von Böhmen her verwüſtet 
oder gebrandichagt. In Mähren ward Ende Dftober das auf 
allen Seiten mit Bafteien eingejchloffene Hradiſch vom Prinzen 
Heinrich entjegt, die Ungarn unter perjönlicher Anführung des 
Matthias in die Flucht getrieben. Selbft die Breslauer jehnten 
fih endlich nach Frieden, und ihr Biſchof, der päpftliche Legat 
Rudolf, Iprach fein Bedauern aus, daß der Papft im vieler 
Sache jchlecht unterrichtet worden fei, und daß man dieſen Krieg 
angefangen babe, deſſen Urheber ihre Seele mit jchwerer Sünde 
belajtet hätten. Auch der Kaifer, gegen den Georg von Böhmen 
den Herzog Karl von Burgund auf den deutichen Thron zu 
bringen fuchte, zeigte feine Luft mehr, dem ungarifchen Könige 
zum Befite von Böhmen zu verhelfen, da er diefen in Verdacht 
batte, daß er feine Unterthanen gegen ihn unterjtüge, und er 
durch deſſen Übermacht am meiften felbft bevroht worden wäre. 

Im Jahre 1470 wurde der Krieg mit neuem Eifer auf 
genommen, nachdem Matthias es durchgeſetzt Hatte, Daß ber 
ungarifche Reichstag ihm von jebem Thore einen Dukaten, das 
Fünffache der gewöhnlichen Steuer, bewilligt hatte 1), während 
in Böhmen zur DVerteivigung des Reiches eine Landwehr ein- 
geführt worden war. Doch auch in biefem Jahre, wo wieder 


1) Katona XIV, 418. 


220 Tod des Königs Georg. 


das unglückliche Möhren den gewöhnlichen Kriegsſchauplatz bildete, 
erfolgte Feine Entſcheidung. In einzelnen Xreffen waren die 
Ungarn überlegen. Aber ein verheerender Einfall in Böhmen, 
ben Matthias Ende Auguft über Hohenmauth Bis Caslau unter- 
nahm, endete mit einem rvafchen Rückzuge, als ein böhmiſches 
Heer unter Anführung der Königin Johanna herbeieilte. Am 
Ende des Jahres war der ungarifche König ebenfo weit von 
ver Eroberung des ganzen böhmifchen Reiches entfernt wie am 
Anfang. Die Unzufriedenheit feiner Anhänger wurde immer 
größer. Die Breslauer, deren Handelsverkehr gelähmt war, 
Schalten und fluchten über die Geiftlichen ; die ſchleſiſchen Fürſten 
waren jeden Augenblid zum Abfalle von Matthias bereit. 
Selbft unter den Ungarn griff die Unzufriedenheit über die 
Politik ihres Königs immer weiter um ſich. 

Da Matthias auch einen Bruch mit dem Kaiſer fürchten 
mußte, fo machte er Anfangs 1471 feinem Gegner Frievens- 
anträge. Danach follte Georg bis zu feinem Tode die Re- 
gierung in Böhmen behalten, aber von Matthias beerbt werden. 
Dafür wollte diefer den Prinzen Victorin zum Türften von 
Schlefien oder Mähren machen und zugeben, baß biefer ober 
einer feiner Brüder ihm auf dem böhmiſchen Thron folge, 
wenn er jelbjt feinen Sohn hinterließe. Sogar der Papft, bei 
dem namentlich der König von Polen und die Herzoge von 
Sachſen fih fir Georg verwendeten, zeigte fich geneigt, über 
Die böhmifche Frage neue Verhandlungen einzuleiten. 

Aber gerade als die Ausfichten für Georg fih auf allen 
Seiten günftiger geftalteten, ftarb berfelbe am 22. März 1471 

an der Wafjerfucht, nachdem genau einen Monat früher Roky⸗ 
cana, der erjte und einzige erwählte utraquiftiiche Erzbiſchof, 
aus dem Leben geſchieden war. 

Was Georg, dem als Politifer bei aller feiner Schlaubeit 
die Nüchternbeit, die klare Berechnung feiner Machtmittel und 
ber Tendenzen der übrigen Fürſten fehlte, auf dem Gipfel 
ſeines Glückes angeftrebt hatte, Yöhmen zu einer ber erften 
Mächte, fih zum Mittelpunfte des europätichen Staatenſyſtems 

„zu machen, das hatte er freilich nicht erreicht. Sein Können 


— 


Wahl Wiabiflams von Polen zum böhmifchen Könige. 221 


hatte dem phantaftifchen Wollen “nicht entjprochen. Aber ber 
größte Theil des böhmischen Volles bewahrte ihm mit Recht 
ein dankbares Andenken, da er e8 vor der Überflutung durch 
bestegierige oder fanatifche Kriegerjcharen und vor einer gewalt- 
ſamen, nicht ohne furchtbare Greuel durchführbaren Vernich⸗ 
tung feines Glaubens bewahrt und feine Selbftänbigfeit, wenn 
auch. nicht feine Integrität, gerettet bat. Daß er aus bem 
Leben abberufen wurbe, ehe er biefe Güter dauernd zu fichern 
vermochte, war das größte Unglüd, das Böhmen unter ven 
damaligen Verhältniſſen treffen konnte. 

Die Böhmen nahmen jetzt auf ihren vor zwei Jahren ge⸗ 
faßten Beſchluß, den Prinzen Wladiſlaw von Polen als Nach- 
folger Georgs anzuerkennen, Teine Rückſicht, ſondern fahen den 
Thron als erledigt an. Georgs Söhne, von denen übrigens 
Victorin noch als Gefangener in Ungarn lebte, fcheinen die 
Krone felbft nicht gewünfcht zu Haben, die fie kaum zu be 
haupten imftande geweſen wären. ‘Der Herzog Albrecht von 
Sachſen, George Schwiegerjohn, Hatte unter den Adeligen ber 
anftoßenden böhmiſchen Gebiete manche Anhänger, vermochte 
aber doch nicht durchzudringen. AZugunften des Königs Mat—⸗ 
thias warfen die Anhänglichkeit der katholiſchen Liga und ber 
Beſitz des größten Teiles von Mähren, Schlefien und ber 
Zaufig ein bebeutended Gewicht in die Wagichale. Tür ihn 
wirkte auch Prinz Vistorin, den er während des Aufenthaltes 
desſelben in Ungarn burch Verjprechungen ganz für fich ge- 
wonnen hatte. Dan nahm denn auch auf die ungarilche 
Partei foweit Rüdficht, daß der Wahllandtag nicht In Prag, 
fondern in Kuttenberg abgehalten wurde, wo außer den An- 
bängern des Matthias auch der Biſchof Johann Bedenflaher 
von Erlau und ber fiebenbürgische Woywode Nikolaus Cfupor 
als deſſen Gejandte fich einfanden. Aber bei ben meiften Utra- 
quiiten war Matthias, der bisher ihr Kartnädigfter und ges 
führlichiter Feind gewejen war, zu verbaßt, ald daß fte fich 
zur Unterwerfung unter deſſen Herrichaft hätten entichließen 
Lönnen. Der Landtag wählte am 27. Mai ven fünfzehnjährigen 
Prinzen Wlabillam von Polen, da nicht bloß bie nationale 


222 Unzufriedenheit ber Ungarn mit Matthias. 


Verwandtſchaft für diefen Tprach, ſondern deſſen Vater auch 
die Unterftügung Böhmens mit feiner ganzen Macht und feine 
fräftige Verwendung für bie Anerkennung der Kompaktaten 
durch den Papft in Ausficht ftellte.e Am 22. Auguft wurbe 
Wlabiflam durch einen polnifhen Biſchof in Prag gekrönt, 
nachdem er die Aufrechtbaltung der Kompaltaten und ber Frei 
beiten Böhmens gelobt hatte. 

Natürlich dachte Matthias nicht Daran, zugunften des neuen 
Königs auf feine Anſprüche zu verzichten, nachdem er für ben 
böhmischen Krieg bereit8 mehr ald 2000000 Dukaten aufge 
wendet hatte. Der päpftliche Legat Rovarella mußte ihn jekt 
im Namen des Papites als König von Böhmen beftätigen. 
Doch ftanden die Ausfichten anfangs für ihn nicht ſehr günftig. 
Manche frühere Gegner des Feterifchen Georg, namentlich faft 
alle oberjchlefiichen Zürften, ſchloſſen fich dem Fatholifchen Wla⸗ 
biflam an). Matthias erbot fich daher im Sommer 1471, 
wenn feiner Krönung zum böhmiſchen Könige Teine Schwierig. 
feiten bereitet würden, den Prinzen Wladiflaw an Sohnes 
Statt anzunehmen und al8 Nachfolger anzuerkennen und auch 
jelbft eine Tochter des polnifchen Königs zur Ehe zu nehmen. 
Kaſimir wies aber biefe Anträge zurüd, da Matthias um diefe 
Zeit in Gefahr war, nicht bloß Böhmen, fondern auch bie 
Krone von Ungarn zu verlieren. 

Die Ungarn wurden immer unzufrievener mit der Politik 
ihres Königs und mit deſſen Kriegen gegen Böhmen, welche 
ungeheure Summen verichlangen und das Neich wehrlos gegen 
Süden machten. Schon im TFrühlommer 1469 Hatte der 
Woywode Stephan von der Moldau einen Naubzug nad 
Siebenbürgen unternommen und bald darauf neuerdings zu dem⸗ 
felben Zwecke ein Heer dorthin geſchickt?). Die Türken machten 
von Bosnien und der Hercegomwina ber feit 1467 jedes Jahr 
Einfälle in die angrenzenden ungariihen und venetianiichen 


1) Über die Ereigniffe in Böhmen feit dem Tode des K. Georg ſiehe 
Palacky V,1, 3—52. Bgl. Caro V,1, 336—350. 
2) Dlugosz XIII, 445. 447. 


Einfälle der Türken. 223 


Gebiete, gegen Sebenico und Zara ober gegen Korbavien und 
Zengg, wobei nicht bloß das Land vermwültet, fondern auch bie 
Bewohner weggeichleppt wurden). Im Jahre 1469 fand 
fogar ein dreimaliger Einbruch der türfifchen Nenner ftatt. 
Ende März oder Anfangs April wurde das Gebiet der Grafen 
von Korbavien und Zengg ausgeplündert 2), Im Mat drang 
ein größerer Heerhaufen, der auf 10000 Mann gefchätt warb, 
burch Kroatien über die Kulpa bis Krain vor. Vom Pfingit- 
fonntage (21. Mai) an, wo bie Türken bei Möttling erfchienen, 
verwüfteten fie zwei Wochen lang das Land bis unter die 
Mauern von Laibah. Die Kirchen und Wohnungen mwurben 
ansgeplündert und verbrannt, Kinder und alte Leute in Stüde 
gehauen oder aufgeipießt, die Erwachlenen in bie Sklaverei 
geführt. Erit als in Krain, wo von jedem Haufe ein Mann 
geftellt werden follte, ein Heer fich fammelte und die Kroaten 
ihnen den Rückzug abzujchneiven drobten, zogen fie fich mit 
Zaufenden von ©efangenen nach Bosnien zurüd®). Ende 
September kam wieder eine Schar in die Nähe, von 
Agram und wurde nur Durch die bochangejchwollene Save am 
Überfchreiten derſelben gehindert, währen fie am rechten 
Ufer bis Gurkfeld ftreifte. Der Abel von Südungarn, ver fie 
verfolgte, erlitt eine Niederlage *), Auch im Oftober 1470 


1) Darüber nur furze Notizen in Mon. Hung. Matyas kir. koraböl 
II, 67. 68. 75. 87. 90 (letzteres wohl auch von 1468). 

2) Ibid. p. 101. 

3) Berichte aus Venedig ibid. p. 117. 122.127. Unresti Chron. 
Austr. ap. Hahn, Collectio I, 562. Unreft war damals Pfarrer zu 
St. Martin am Techelsberge nörblid vom Wörther See. ©. über fein 
Bert Krones im „Archiv f. öſterr. Geſch.“ XLVII, 421ff. 

4) Bericht eines Egerer Gefanbten aus Wien vom 23. November in 
F. R. Austr. Dipl. XLII, 482. Unreft, ©. 564. Urf. der Bürger 
von Agram vom 3. Oftober ap. Katona XV, 406, wonach biefer Ein- 
fall his diebus, videlicet post festum s. Michaelis arch. proxime prae- 
teritum ftattfand. Dlugosz XII, 454 läßt ein ungeheures Heer der 
Türken, als ſchon Schnee und Eis war, 518 in die Gegend von Cilli 
borbringen, mas bie neueren SHiftorifer mit Unreht auf den im Mai 
unternommenen Einfall beziehen. 


224 Wirkung biefer Raubzüge auf bie Stimmung ber Ungarn. 


wurden Siebenbürgen und Kroatien ausgeplünbert und ver- 
beert und dann noch einmal um Weihnachten die ungariſchen 
Grenzgebiete beimgejucht )y. Im Jahre 1471 erbauten bie 
Zürlen zwiichen Belgrad und dem ungarifchen Zeile von Bos⸗ 
nien, um einen gefchügten Punkt zur Überfchreitung ver Save 
zu gewinnen, bie Feſtung Sabacz, welche die Ungarn vergebens 
zu erobern oder zu zerftören verjuchten 2). Zugleich begannen 
diefelben wieder ihre Raubzüge. Nachdem Ifabeg, Statthalter 
von Bosnien, Anfangs Mai das Gebiet bis unter die Mauern 
von Spalato, Sebenico und Zara ausgeplündert hatte, drang 
er mit einem Reitercorps Anfangs Juni unvermutet Durch 
Kroatien bis Laibach und Krainburg vor, überjchritt dann 
auch die obere Save, wobei die Türken durch das Sannthal 
bis vor Cilli famen, und zog erft beim Anmarjche eines kärnt⸗ 
nerifchen Hilfscorp8 nach Bosnien zurüd. Auf 30000 wurden 
die Menſchen gejchätt, welche getötet oder in die Sklaverei ge 
führt wurden. Im Auguft drangen die Türken wieder bis in 
bie Gegend von Agram, im November über den Karft bis in 
bie Nähe von Görz vor ?). 

Darf man fih da wundern, wenn jelbit patriotiſch geſinnte 
Ungarn es mißbilligten, daß Matthias auch nach dem Tode 
Georgs von Podiebrad den Kampf um die böhmiſche Krone 
noch fortſetzte, während nach der Wahl des Prinzen Wladiſlaw, 
ber auch auf die Hilfe Polens rechnen konnte, ein Erfolg immer 


1) Dlugoszl. c. 461. 

2) Bonfinii Dec. IV, l. 2, p. 440. 

3) Alle drei Einfälle, vom Juni, Auguft und November, verzeihnet Un⸗ 
teft, S. 574, ven erften wie den Einbruch in Dalmatien auch der mai- 
ländifhe Gefandte Gerard de Collis in Berichten aus VBenebig vom 
13. Mai, 14. und 18. Juni in Mon. Hung. 1. c. II, 219. 224. Dlu- 
gosz XIII, 4768q. erwähnt auch alle drei, teilt aber zugleich den erften 
in drei, wobei das erfte- und zweite Mal je 20000, das dritte Mal 
80000 Menſchen weggeführt worden wären und bie Türken das erfte Mal 
3 Monate Krain verwüftet hätten. Gegen Ilwof, Die Einfälle ber 
Osmanen in die Steiermark in „Mittheil. d. Hifl. Ver. f. Steiermark“ 
X, 222ff. glaube ich mich hauptſächlich an ben in ber Nähe Lebenden 
Unreſt halten zu follen. 


Berufung bes polniſchen Prinzen Kaftmir durch die Ungarn. 225 


unwahrjcheinlicher wurde? wenn fie glaubten, Ungarn folle 
mit den Nachbarn im Weiten und Norden fih ausfühnen und 
feine ganzen Kräfte auf den Schug bed Reiches gegen bie 
furchtbaren Feinde der Chriftenheit wenden? Da aber nicht 
zu erwarten war, daß der eigenfinnige Hunyady fich zur Auf 
gebung feiner Pläne entichließen würbe, jo follte er gejtürzt 
und an feiner Stelle der zweite Sohn des polnischen Königs, 
der junge Prinz Kaſimir, auf den ungarifchen Thron erhoben 
werden. Bon 75 Komitaten jollen nach der Angabe eines 
Bewunderers de Matthias nur 9, von ſämtlichen Prälaten 
nur der Erzbiſchof Gabriel von Calocſa, von den herporragen- 
deren Magnaten nur der Palatin Michael Orizagh dem Könige 
unwandelbar treu geblieben fein. Das Haupt der Unzufriedenen 
war der Graner Erzbiichof Johann Vitéz, der nicht bloß e8 
mißbilligte, daß der König zum Zwecke des böhmifchen Krieges 
auch die hohe Geiftlichfeit beftenerte, fondern fich perjönlich ges 
kränkt fühlte, weil verjelbe ihm ven Zehnten des reichen Er. 
trägniffes der Münze und andere Einkünfte vorenthielt und 
ihm feinen neuen Günftling, den Erlauer Biſchof Idhann 
Dedenjlaber ), einen Breslauer von niedriger Herkunft, vor- 
zuziehen begann. Außer ihm werben fein Neffe Johann von 
Cſezmicze, Biſchof von Fünfficchen, der Bilchof von Agram und 
Neinold Rozgonyi als Häupter der Verſchwörung genannt. 
König Kafimir von Polen war zwar perjönlih von über- 
großem Ergeize wie von Thatendrang frei. Aber die Ausficht, 
daß feine Söhne wie in Polen und Böhmen, fo auch in Ungarn 
berrichen jollten, war doch zu verlodend, al8 daß er nicht 
endlich auf die Anträge der ungarifchen Unzufriedenen hätte 
eingehen jollen. Auch hatte er das Erbrecht feiner Gemahlin, 
ber Schweiter Ladislaus des Nachgebornen, auf die Länder 
besjelben immer feftgehalten. Auf das Drängen des Erz 
biichof8 von Gran, des Bilhofs von Fünffirchen und bes 
Reinold Rozgonyi ſendete er Anfangs Dftober 1471 feinen 


1) So, d. h. Beckenſchlager, nicht Bedenfloer, wie er Immer genannt 
wird, ſchreibt Efhenloer, fein Landsmann, den Namen. 
Huber, Geſchichte Öfterreihs. IL. 15 


226 Kafimirs erfolglofer Einfall in Ungarn. 


Sohn Kafimir mit 12 000 Mann nad Ungarn, wohin auch 
bie Truppen, welche Wladillam zur Krönung nach Prag be» 
gleitet hatten, marjchieren follten. In dem am 20. September 
erlaffenen Manifeſt, das der Graner Erzbifchof verfaßt haben 
joll, trat Kaſimir als Erbe diefes Reiches auf und machte 
dem Matthias feine Ufurpation, die Preisgebung des Landes 
an die Türken und die Unterbrüdung feiner Bewohner zum 
Vorwurfe. | 

Allein Matthias batte durch Graner Domperren früh genug 
von den Plänen feiner Gegner Nachricht erhalten. Noch im 
Juli eilte er mit genügender Bedeckung aus Mähren nach 
Ofen. Hier konzentrierte er alle verfügbaren Truppen und 
berief dann auf den September einen Reichstag dahin, indem 
er fich ftellte, al8 wenn er gegen niemanven einen bejtimmten 
Verdacht hegte. Er verſtand es, die Verſchworenen teild durch 
politifche Konzeljionen oder perjönliche Gunftbezeugungen und 
Verſprechungen zu gewinnen (Ujlafy warb Zitular-König von 
Bosnien), teil durch fein fichered Auftreten einzufchüchtern 
und fo die Oppofition im Keime zu erftiden. 

Als der Prinz Kafımir nach längerem Zögern endlih An⸗ 
fangs November über Kaſchau und Erlau gegen Pejt vordrang, 
war in Ungarn bereits ein volljtändiger Umfchwung eingetreten. 
Faft feiner der Großen ſchloß fih ihm an. Er mußte in 
Hatvan Halt machen und fih dann in norbweitlicher Richtung 
nach Oberungarn zurüdzieben, wo ihm auf Befehl des Graner 
Erzbifchofs, der auch Verwejer des Bistums Neitra war, dieſe 
Stadt mit der Burg die Thore öffnete. Er wäre vielleicht 
jelbft in die Hände feines Gegners gefallen, wenn nicht Dlat« 
thing aus Mißtrauen auf einen Teil feiner Truppen einen 
ernftlihen Kampf vermieden hätte. Das polnifche Heer löſte 
fich auf, indem die deutſchen Söloner nach Ablauf ihrer Dienit- 
zeit nachhaufe zogen. Auch Kafimir verließ am 27. Dezemz 
ber Neitra, das von der zahlreichen Beſatzung nach Turzer Be» 
lagerung übergeben ward. Die wenigen fejten Pläke, die noch 
in den Händen der Polen waren, wurden ihnen teilweife ſchon 
in den nächſten Monaten wieder entriffen. Dem Iohann 


Abſchluß eines Waffenſtillſtandes. 227 


Vitéz, der fih in die Burg von Gran eingefchloffen hatte, 
fiherte der König auf bie Verwendung mehrerer geiftlicher und 
weltlicher Großen am 19. Dezember gegen Erneuerung bes 
Treueides und DOffnung feiner Burgen feierlich Verzeihung zu, 
was ihn nicht hinderte, ihn dann trotzdem einige Zeit gefangen 
zu balten, nachdem er ihn unter falfchem Vorwande nach Ofen 
gelodt Hatte. Als er freigelafien wurde, warb er unter bie 
Aufficht des Biſchofs von Erlau geftellt, eine Demütigung, 
die der Greis nicht lange überlebte. Denn jchon am 8. Auguft 
1472 jhied er aus dem Leben, worauf der König Johann 
Beckenſlaher zu jeinem Nachfolger auf dem ergbifchöflichen 
Stuhle von Gran ernannte. Auch fein Neffe, der Bilchof 
von Fünfkirchen, der fih nah Agram geflüchtet Hatte, ftarb 
noch im nämlichen Jahre’). 

Wenn auch Matthias durch jein eben fo kluges wie kräf—⸗ 
tige8 Auftreten die ihm drohende Gefahr glücklich abgewenbet Hatte, 
fo fanb er doch für feinen Krieg gegen Böhmen bei ben Ungarn 
nur geringe Unterftäßung und auch die Fatholiiche Liga war 
nit für eine weitere Yortführung des Kampfes. Anverjeits 
fehlte dem Könige Kafimir und feinem Sohne Wladiſlaw nicht 
bloß die notwendige Energie fondern auch das Geld, um bie 
ichwierige Lage, in ber fih Matthias eine Zeit lang befunden 
batte, zu einem enticheivenden Schlage zu benugen. Da beibe 
Teile gelähmt waren, fo gaben fie bereitwillig ven Wünfchen 
des neuen Papſtes Sirtus IV. Gehör, der, um bie hriftlichen 
Waffen gegen die Türken wenden zu können, auch zwilchen 
Ungarn und Polen einen Ausgleich zuftande zu bringen bes 


1) Sauptquelle für dieſe Vorgänge in Ungarn ift Dlugosz XII, 
464. 470—473. 477 8q. und in zweiter Reihe Efhenloer, Geſchichten 
von Breslau II, 217. 234. 246 ff. und bie ungarifhen Hiſtoriker Thw- 
rocz 1. IV, cap. 67, und Bonfinii Dec. IV, 1.3. Bgl. bamit das 
Manifeſt Kafimirs, die Gefee des Ofener Reichstags vom 18. Sept. 
1471, und die Verträge mit dem Graner Erzbiſchof ap. Katona XV, 
496. 511. 521. 554, wie die Berichte bei BPalady, Geſch. Böhmens V,1, 
57, N. 36, und 59, N. 37. Bon neueren Darftellungen f. Teleki IV, 
192. 227sqg. 244899. Fehler- Klein III, 91ff. Caro V,1, 350 ff. 

15* 


228 Der Kampf um Breslau. 


mübt war. Schon am 31. März 1472 kam eine allgemeine 
Waffenruhe zuftande, die dann bis in ben Sommer 1474 
dauerte” Wieberholt fanden während diefer Zeit unter Ver⸗ 
mittlung des päpftlichen Legaten Marcus Barbo, Patriarchen 
von Aquileja, Friedensverhandlungen ftatt, Die aber erfolglos 
blieben, weil Matthias verlangte, daß ihm zum Erfah für 
feine großen Kriegskoſten alle böhmiſchen Nebenlänver abge- 
treten ober 1500000 Dufaten gezahlt und er außerdem als 
Adoptivvater Wladiſſaws und bis zu feinem Tode auch als 
Regent in Böhmen anerkannt werden jollte, was weder bie 
Polen noch die Böhmen zugeben wollten. 

ALS endlich der Krieg wieder ausbrach, fiel Kaſimir von 
Polen Ende September 1474 mit einem Heere von angeblich 
60000 Mann und 5000 Kriegswagen in Oberjchlefien ein 
und überjchritt bei Krappitz die Ober, um auf dem linfen Ufer 
verfelben fich mit feinem Sohne Wladiſlaw zu vereinigen, der 
15—20 000 Mann aus Böhmen berbeiführte, und dann durch 
bie Einnahme von Breslau wenigitens für Schlefien die Ent- 
icheibung herbeizuführen. König Matthias Hatte einjchließlich 
der Beſatzungen nur wenig über 6000 Mann und 900 Kriegs⸗ 
wagen zur Verfügung, mit denen er fich in einem verichanzten 
Lager bei Breslau aufgeftellt Hatte). Aber feine Soldaten 
waren fat alles Tampfgeübte Söloner, er ſelbſt im Kriege er» 
fahren und zum Träftigften Widerſtande entichloffen, während 
jeinen Gegnern ein tüchtiger, angefebener Anführer fehlte. Auch 
litten die Polen infolge ihrer finnlofen Verwüftungen und ber 
Niederbrennung Bunderter von Ortſchaften bald Mangel an 
Lebensmitteln. Matthias ließ ihnen burch feine leichten Truppen 
nicht bloß ihre Provianttransporte aus Polen und Böhmen 
wegnehmen, jondern durch ein Streifcorps unter Stephan 
BZapolya einen verheerenden Raubzug bi8 Meſeritz und Poſen 


1) Um ſich gegen Angriffe von Norbbeutichland ber zu fichern, be= 
ftätigte er jet den 1472 erfolgten Verlauf bes Herzogtums Sagan an 
bie Herzoge von Sachſen unb erteilte biefen bie Belehnung. „Lehns⸗ 
und Beſitzurkunden Schlefiens“ I, 213ff. 


Abſchluß des Friedens. 229 


unternehmen, deſſen Vorftädte angezündet wurden. Bei ber 
wachlenden Not ging daher Kafimir Anfangs November be- 
reitwillig auf Unterbanblungen ein, welche Zdenko von Stern- 
berg und andere böhmiſche Herren veranlaßt hatten. Am 
15. November famen die Könige Kaſimir und Matthias per« 
ſoönlich im Dorfe Groß-Mochbern vor Breslau zujammen und 
wenige Tage darauf einigte man fich über den Abjchluß eines 
Waffenitillftandes, der am 8. Dezember unterzeichnet ward und 
Bis zum 25. Mat 1477 dauern follte. 

Es Fam jpäter wohl noch zu einzelnen Feindſeligkeiten mehr 
Iofaler Natur, aber zu feinem größeren Feldzuge mehr. Am 
28. März 1478 wurde zwijchen den böhmischen und ungarifchen 
Devollmächtigten in Brünn ein Friede vereinbart, dem aber 
Matthias die Anerkennung verfagte. Doch fchloß er auf etwas 
veränderter Grundlage am 30. September in Ofen neue 
Präliminarien ab, die am 21. Yuli 1479 bei einer perjün«- 
lihen Zuſammenkunft der Könige Matthias und Wladiſlaw in 
Olmütz bejtätigt wurden. Nach ven Beitimmungen des Dfener 
Friedens jollte Wladiflam nur im Befige von Böhmen bleiben, 
Matthias dagegen außer dem Titel eines Königs non Böhmen 
auch jämtliche Nebenländer, Mähren, Schlefien und die Lauſitz 
behalten und Wladiflam ihm alles einräumen, was er bier 
noch bejaß. Erft nach dem Tode des Matthias jollte Wladiſlaw 
oder fein Nachfolger dieſe Länder um 400000 Dulaten wieber 
einlöfen bürfen; doch follten fie ohne Löfegeld an Böhmen 
zurüdfallen, wenn Matthias oder einer feiner Erben und Nach 
folger nach dem Tode Wladiſlaws zu deſſen Nachfolger gewählt 
würde !). 

So war auch diesmal die Zurüdführung Böhmens in ben 
Schoß der katholiſchen Kirche und die Vernichtung der utra- 
quiftifchen Ketzerei nicht gelungen, obwohl die Päpfte fich nicht 


1) Über die Borgänge in Böhmen und die Beziehungen zu Ungarn 
feit der Krönung Wladiflaws f. Palacky, Geh. Böhmens V, 1, 53 
bis 207. Vgl. Grünhagen, Geſch. Schlefiens I, 326 ff mit den Noten, 
und Caro V,1, 357 ff. 


230 Neue Einfälle der Türken 


geicheut Hatten, zu dieſem Zwede die Wunden wieder aufzu⸗ 
reißen, die jeit der Beendigung des Hufitenfrieges befonders 
unter ber forgfältigen Pflege Georgs von Podiebrad zu ver- 
narben begonnen Batten. Dem böhmiſchen Staatswefen ſelbſt 
war allerdings ein tötlicher Schlag beigebracht worden. Nicht 
bloß der materielle Wohlitand war durch die zehnjährigen 
Kämpfe ſchwer geſchädigt, die königliche Macht gelähmt, fondern 
aller menjchlichen Vorausfiht nah das böhmiſche Reich ſelbſt 
in Trümmer gejchlagen, da kaum je ein Herricher in ber Lage 
war, für die Rücklöſung der Nebenländer die ungeheuere Summe 
bon 400000 Dukaten zu zahlen. 

Matthias batte Ende 1474 den Waffenftillftand mit Böhmen 
und Polen befonders beöwegen gejchloffen, um endlich den 
Wünjchen der Ungarn entiprechend alle Kräfte gegen die Türken 
wenden zu Können. Denn auch nach 1471 hatten jie ihre Ein- 
fälle in die norbweftlichen Nachbarländer fortgejegt und die— 
jelben Greuelthaten verübt wie in ben vorhergehenden Jahren. 
Im Sommer 1472 waren fie von Bosnien aus durch Kroatien 
längs der Save bis Krain, vielleicht jogar bis in Die Gegend 
von Pettau und Marburg, im September bis St. Daniele 
in Sriaul, im November noch einmal bi8 Görz und Iſtrien 
gedrungen ). Ende September 1473 erſchienen fie unter 
Iſabeg, Krain über Sichelburg und Treffen bei Laibach vorbei 
in zwei Tagen burchziehend, über den Paß der Kanker unver- 
mutet bei Kappel in Kärnten, feßten über die Drau, raubten, 
brannten und morbeten in der Umgebung von Klagenfurt bis 
Feldkirchen und St. Veit und zogen mit taufenden von ©e- 
fangenen über Bleiburg, Windiſchgrätz und Cilli nachhaufe ?). 


1) Dlugosz XIII, 487. 2gl. Romanin, Storia doc. de Venezia 
IV, 365. Die Annalen von St. Paul in Kärnten, mitgeteilt von Krones 
im „Archiv f. öſterr. Gef.“ XLVIII, 510, N. 145 erwähnen einen Ein 
fall in campo Drauensi in limitibus Marchpurge et Pettau um ben 
29. Juni. 

2) Dgl. mit Unreſt S. 578f. die Annalen von St. Paul a. a. O., 
N. 146, und die Notiz bei Dimitz, Geſch. Krains I, 286, N. 1, der 
ſelbſt fich freilich zu viel auf Megifer, und ſolche die ihm folgten, ver= 
laſſen hat. 


u 


in die ungarifchen und beutfchen Länder. 231 


Schon Anfangs Juni 1474 drangen die Türfen wieder bis in 
die Gegend von Laibach und ind Sanntbal, im Juli über die 
Save bis Kreuz, Kopreinig, Warasdin und Pettau vor; im 
Herbſte erfolgten neue Einfälle bis in das Karſtgebiet ?). 
Die ungariſchen Gefchichtichreiber jener Zeit, Die als ihre Aufs 
gabe nur die Verberrlihung des Königs anfahen, bielten es 
nicht für der Mühe wert, von dem Elend, das die Türken 
über Ungarn brachten, Notiz zu nehmen. Aber der damals 
in der Nähe des Wörther Sees lebende Pfarrer Unreft faßt 
das Ergebnis der bisherigen Türkenkriege in die kurzen aber 
um fo ergreifenderen Worte zufammen: der Türke bat in 
rain wohl den halben Zeil, in ber Grafihaft Cilli, in 
Kärnten, am Karjt, in Iftrien einen großen Teil verbrannt 
und an Leuten und Gut beraubt, das Krabatenland faft ganz 
verbrannt und beraubt und das Volk verführt bis auf etliche 
Städte und Schlöffer, die ſich noch halten, in dem Sager 
(Zagorien) den meiften Zeil, in der Banſchaft im windiſchen 
Lande (zwiſchen Sau und Drau), viel verbrannt und Leute und 
Gut verführt, in Ungarn, wie man fchätt, den vierten Zeil 
an Xeuten und Gut beraubt, in Siebenbürgen einen großen 
Teil verberbt. In der Banfchaft fet oft zehn Meilen weit 
fein Haus noch Menſch gewejen ?). Mag dieſe Schilderung 
auch vielleicht etwas übertrieben fein, fo kann es doch feinem 
Zweifel unterliegen, daß feit 1469 nicht bloß Inneröfterreich, 
jondern auch die ungariſch-kroatiſchen Gebiete furchtbar gelitten 
hatten. 

Deffenungeachtet hätte König Matthias auch jet am 
hiebften gegen die DVenetianer die Waffen ergriffen, die doch, 
jett fie im Jahre 1463 mit ihm ein Bünbni gegen bie Türlen 
geichloffen hatten, gegen diefe ununterbrochen gelämpft batten. 
Nicht bloß 1469 Hatte er erklärt, er werde nur dann ben 


1) Unreft, ©. 579. 581f. Annalen von St. Paul a. a. OD, 
©. 509f., NR. 143. 146, wie das wahrfcheinfih in das Jahr 1474 zu 
fegende Schreiben des Stephan Frangepane, Grafen von Zengg, vom 
18. Juli, in Mon. Hung. Mätyas kir. koräböl. II, 260. 

2) Unreft, S. 58lf. 


232 Steuerbewilligungen für den Türkenkrieg. 


Krieg gegen bie Türken wieder aufnehmen, wenn Venedig ibm 
Dalmatien abtrete ); ſondern noch im Jahre 1473 Hatte er 
mit dem Herzoge von Mailand, Galeazzo Maria Sforza, ein 
Bündnis gejchloffen, in welchem beſonders ein gemeinfamer 
Krieg gegen Venedig in Ausficht genommen war?) Als er 
aber in dieſem Sabre für den Kampf gegen Polen eine Steuer 
erheben wollte, erflärten ihm feine Barone, daß fie ihm eine 
jolde nur für einen Türkenkrieg bewilligen würden 3). Es 
zeigte fich dies um jo mehr gerechtfertigt, ald Anfangs Februar 
1474 der ſerbiſche Paſcha Alibeg mit einem Schwarme unver“ 
mutet bis Großwardein borbrang, dieje pamals blühende Stadt 
mit Ausnahme der Burg einnabm, ausplündberte und ver- 
brannte, viele Einwohner mordete und mit reicher Beute und 
zahlreichen Gefangenen ungefährdet nach Serbien zurüdfehrte *). 
Auh tm Auguft verbeerte eine Schaar von etwa 10000 
Türken die Niederungen bis zur weißen Körös und brachte um 
ben 1. September einer ungariichen Abteilung, die fie troß 
ihrer Minderzahl angriff, eine Niederlage bei 6). 

Ein im Herbfte 1474 in Abwejenbeit des Königs gehaltener 
Reichstag beichloß für Die Verteidigung des Landes gegen die 
Zürlen von jedem Shore eine Steuer von einem Dufaten zu 
erheben, beitimmte aber ausprüdlich, daß dieſe nicht für einen 
andern Zwed follte verwendet werden dürfen 6). Auch der im 
nächſten Frühjahre vom Könige einberufene Reichstag bewilligte 
für dieſen Zwed die gleiche Steuer, deren Erträgnis man auf 
eine halbe Million Dukaten [hätte %. Wenn ven Stebenbürger 


-1) Dlugosz XIII, 461. 

2) Mon. Hung. 1. c. II, 251—258. 

3) Bericht an den Herzog von Mailand ibid. p. 245. 

4) Alte Aufzeihnung ap. Katona XV, 725sgg. und ap. Kova- 
chich, Script. minor. II, 11, und in etwas abweichender Faſſung im 
fogen. Chron. Dubnic., in Hist. Hung. Fontes domestici SS. LI, 
197sqq. Dilugosz XIII, 540 ſetzt dies erſt in die Zeit der Belagerung 
von Sabacz, aljo ins Jahr 1476. 

5) Chron. Dubnic., p. 199sq. 

6) Katona XV, 738sgqg. 

7) So ein Bericht an den Herzog von Ferrara aus Ofen vom 18. Juli 


Kämpfe in der Moldau. 235 


Sachſen wegen ihrer Armut geftattet wurde, ftatt diefer Steuer 
eine Paufchalfumme von 10000 Dukaten zu entrichten !), To 
iit dies ein Beweis, wie fehr auch ihr Gebiet durch die Ein- 
fälle der Türken gelitten haben mußte, da früher gerade fie 
durch Wohlhabenheit fich hervorgethan hatten. 

Die Ausfichten für den Krieg waren diesmal günftig. Als 
nah Neujahr 1475 ein türfiiches Heer von angeblich 100000 
Mann und 20000 Bauern unter Suleiman Paſcha in die 
Moldau einbrach, um den Woywoden Stephan der Botmäßigkeit 
bes Sultans zu unterwerfen, ließ dieſer das ganze Gebiet, 
durch das bie Feinde ziehen mußten, verwüſten und ihnen alle 
Zufuhren abjchneiden, ſodaß fie bald in große Not gerieten. 
Endlich griff fie Stephan, der ein Heer von 40—50000 
Dann, unter diefen auch einige taufend Szeller und Ungarn 
gefammelt hatte, am 10. Ianuar in ber Nähe des Fluſſes 
Berlat in einem engen und waldigen Thale, wo fie von ihrer 
Übermacht, bejonders ihrer zahlreichen Meiterei, feinen Gebrauch 
machen fonnten, mit Ungeftüm an. Nach harten Kämpfen er- 
griffen die Türken am Morgen bes britten Tages bie Flucht, 
auf der fie ebenfo wie in der Schlacht ſelbſt ſehr große Ver- 
Iujte erlitten 2), Um fih vor der Rache des Sultans zu 
ihüten, bat der Woywode den ungarijchen König um jeinen 
Beiftand und leiftete ihm dafür die Huldigung 3). 

Um die Unterftügung der Walachen zu erhalten, entließ 


1475, in Mon. Hung. 1. c. II, 272, dagegen ein Schreiben des Biſchofs 
von Breslau an bie Görlitzer aus Neiffe bei Palady, Geſch. Böhmens 
V,1, 136, R. 96, gar auf 1200000 Dulaten, während ein Bericht an 
den Herzog von Mailand von 1476 in Mon. Hung., p. 334, meldet, ber 
eine ſchätze das Erträgnis auf 300000 ber andere auf 400000 Dukaten. 
Die Neihstagsbefchlüffe vom 29. Mai 1475 ap. Kovachich, Suppl. 
ad Vest. Comit. Il, 240 qq. 

1) Teleki XI, 537. 

2) Bericht vom 24. Januar aus Torda an den König Matthias und 
des Woywoden Stephan feldft vom 25. Sanuar in Mon. Hung. 1. c. II, 
299—302. VBgl. Dlugosz XIII, 525sq., nah dem die Schlacht am 
17. Januar ftattfant. | 

3) Mon. Hung. 1. c. II, 272. Teleki XI, 540. 


234 Eroberung von Sabacz durch K. Matthias. 


Matthias den Woywoden Wlad Drakul aus feiner Haft und 
fuchte ihm wieder die Anerkennung feiner früheren Untertbanen 
zu verjchaffen ?). 

Auch in feinem eigenen Lande machte Matthias umfaſſende 
Rüſtungen, bie fich leider bis in den nächiten Winter hinzogen. 
Erſt im Dezember fuhr er mit feinem Heere, einer Wlotille 
von 100 Schiffen und zahlreichen Gejhügen die Donau hinab 
nah Belgrad ?). Es galt der neu erbauten Feſtung Sabacz, 
bie den Türken als Ausfallsthor für ihre Raubzüge nach Norden 
diente. Nach einem tapferen Widerjtande von mehr als einem 
Donate Tapitulierte die Belakung, die von 1300 auf 700 
Mann zufammengefchwunden war, am 15. Februar 1476 °). 
Doch feste Matthias den Angriffstrieg gegen die Ungläubigen 
auch jett nicht weiter fort. Nachdem er ringe um Semendria 
brei fefte Türme errichtet Hatte, kehrte er nach Ofen zurüd. 

Um fo weniger ruhten bie Türken, die von Südweſten wie 
von Süboften ber ihre Angriffe fortjegten. ‘Dort hatten fie 
ihon im Auguft 1475 durch Kroatien einen Einfall in das 
Draufeld bei Pettau unternommen, einigen hundert Inner⸗ 
öfterreichern, die fie verfolgten, an der Sottla eine empfindliche 
Schlappe beigebracht und ſpäter während des ganzen Oktobers 
Krain bis an die Grenze Kärntens verwüjtet. Im Jahre 
1476 unternahmen fie zwei größere Züge nach Norbiveften. Im 
Juli wüteten fie mit Mord, Raub und Brand in Krain und 
bem angrenzenden Zeile Steiermark bis gegen Cili. Am 
12. Dftober erjchienen die türfifchen Nenner, etwa 8000 Mann 
ftarf, nachdem fie Krain im Fluge durchzogen hatten, von 


1) Bericht an ben Herzog von Ferrara in Mon. Hung. |. c. 

2) Ibid. p. 272. 279sqg. 285. 287. 297. Mon. Habsburg. I, 2, 
79, ein Verzeichnis der Geſchütze u. f. w., wobei freilih die Angaben 
über die Zahl ber Soldaten jehr übertrieben find. 

3) Bericht des Biſchofs von Erlau an den Papft aus dem Königlichen 
Lager vom 15. Februar, in Mon. Hung. 1. c. II, 343. Bar. IV, 317. 
Wenn Bonfinius, Dec. IV, 1. 3, p. 453sq. unter Anführung genauer 
Details Sabacz erſtürmt werben läßt, fo ift die8 nur ein neuer Beweis 
für bie Unzuverläffigfeit desfelben auch noch in dieſer Zeit. 


Fortdauer der Türkeneinfälle. 235 


Weilfenfeld ber in Tarvis, wendeten fich dann über Arnoldſtein 
gegen Villach, überjegten die Drau und drangen einerjeit8 am 
Oſſiacher See vorbei ins Gurkthal, anderſeits längs bes 
Wörther Sees über Klagenfurt, wo fie zwei Vorſtädte ver- 
brannten, bi8 St. Paul und St. Andrä im Lavantthal vor. 
Nachdem fie binnen fünf Tagen einen großen Teil von Kärnten 
ausgeraubt und verheert Hatten, zogen fie plündernd und ſengend 
über Windiſchgrätz, Cilli, Gurkfeld und durch das ſlavoniſche 
Banat nachhauſe 1). Sowohl der Kaiſer als auch die Stände 
bon Inneröſterreich thaten troß Einhebung hoher Kopfiteuern 
nichts zur Abwehr der furchtbaren Teinde, gegen welche nur 
die zahlreichen fejten Pläbe einigen Schuß boten. Auch der 
König von Ungarn fette ihrem Vorbringen in diefer Richtung 
nicht die geringjten Hinbernifje entgegen, obwohl auch Kroatien 
daburch immer" mehr verwüftet und entuölfert wurde. 

Mehr Wideritand fanden die Türken im jüdöftlichen Ungarn. 
als Alibeg Ende Juni 1476 mit A—5000 Reitern von 
Semendria aus vaubend bis in bie Gegend von Temesvar 
vordrang, vereinigten mehrere ungarifche Heerführer ihre Streit» 
fräfte, griffen die Feinde in der Gegend von Pozſezſen ſüdöſtlich 
von Weißkirchen an und rieben diefelben großenteil® auf ?). 

Im Juli 1476 drang der greife Sultan felbft mit einem 
ſehr zahlreichen Heere, angeblich 90 000 Mann, darunter 9000, 
die der walachiſche Woywode Radul Bazarad geftellt hatte, in 
die Moldau ein. Eine türkiſche Flotte follte die Belagerung 
ber Feftungen Kilia und Maurocaftro (Alfermann) unterjtügen, 
während von Oſten ber 10000 Zataren die Moldau angriffen. 
Dielen brachten die Moldauer bei Maurocaftro eine vollſtändige 


1) Unreft, S. 589 ff. 604. 606 ff. Vgl. Ilwof, Einfälle ver O8- 
manen in „Mittb. db. hiſt. Ber. f. Steierm.” X, 237ff., der aber den 
„Cholmas Tag” bei Unreft ftatt für den Colomanstag (13. Oktober) 
für den Kosmastag (27. September) hält. 

2) Bonfinius, Dec. IV, l. 4, p. 455, deſſen Behauptung, daß ber 
Kampf jenfeitS der Donau ftattgefunden habe, feiner eigenen Befchreibung 
widerſpricht. Vgl. die Berichte vom 3. Juli und 8. September aus Ofen 
in Mon. Hung. 1. c. II, 317. 325. 


236 Kämpfe in ber Moldau und Walachei. 


Niederlage bei. Gegen die Türken wendete der Woywode 
Stephan dieſelbe Taktik an wie im vorigen Jahre, Wegführung 
oder Vernichtung der Lebensmittel, Rückzug der Bewohner in 
die Wälder, Überfall kleinerer türkiſcher Streifcorps. Doch 
wurde er in der erften Hälfte des Auguft unweit Roman in 
einen ernftlichen Kampf verwidelt und zum Rückzuge gezwungen, 
worauf die Türken Niemku belagerten und bi8 vor Suczawa 
und Choczim jtreiften. Mangel an Lebensmitteln und bie infolge 
befjen im Heere wütenden Krankheiten wie die Nachricht, daß 
der ungarifche Hofrichter Stephan Bathory von Siebenbürgen her 
mit einer zahlreichen Armee heranrüde, bewogen den Sultan noch 
im Auguft zu einem eiligen Rüczüge nach Bulgarien. Bathory, 
Dberanführer der Truppen in Siebenbürgen, drang dann Ende 
Dftober in die Walachet ein, die gleichzeitig der Wohtwode von 
der Moldau angriff, jchlug ein walachifch-türkifches Heer von 
18000 Mann bis zur Vernichtung, zwang den Woywoden 
Radul Bazarad zur Flucht und fette ftatt desjelben den Wlad 
Draful als Herren ein, nachdem er Bukareſt mit dem größten 
Zeile des Landes erorbert hatte. Die Stegesbotichaft kam 
gerade erwünjcht vor der Hochzeit des Königs mit Beatrix von 
Neapel, die mit einem Glanze und einem Aufwande gefeiert 
wurde, als wenn das Yand in volliter Blüte gejtanden und 
nicht unter den NRaubzügen der Türken und dem Steuerdrude 
gefeufzt hätte. Aber ſchon am Beginn des folgenden Jahres 
ging nach einer Niederlage die Walachet wieder an die Türken 
und deren Vaſallen Radul verloren, Wlad ſelbſt wurde durch 
einen Diener binterliftig ermordet. Auch bie vor Semendria 
errichteten Befeſtigungen wurden von den Türken wieder ge- 
nommen }). 


1) Einigermaßen zuſammenhängende Nachrichten über dieſe Kämpfe 
in der Moldau und Walachei giebt Dlugosz XII, 544—549. 551. 
Doch werden biefe durch Berichte in Mon. Hung. 1. c. Il, 316—326. 
335. 339 und 1V, 325, vom 3. Juli und 8. September aus Ofen und 
vom 1. Febr. 1477 an den Herrn von Mailand, vom 7. Aug. 1476 von 
einem Diener Trafuls, vom 16. Auguft von Stephan Baͤthory, vom 
4. und 8. Dezember vom Könige Matthias, wie durch die Schreiben Bä- 


Beflere Lage Ofterreihs nach dem Tode Albrechts VI. 237 | 


Deifenungeachtet unternahm Matthias nichts mehr zum 
Schute feines Reiches gegen bie Türken. Wieder begann er, 
von Haß und Ehrgeiz getrieben, einen Krieg im Weften, ber 
jede nachhaltige Belämpfung der gefährlichiten Neichsfeinde un⸗ 
möglich machte, gegen den Kaiſer. 

Die Urfachen lagen teild in ben innern Wirren in ben 
öfterreichifchen Ländern, teil8 in der Stellung des Katjers zum 
böhmischen Thronſtreite. 


Fünfles Kapitel. 
Kaifer Friedrich III. und Matthias von Ungarn. 


— 


Nach dem Tode des Erzherzogs Albrecht .am 2. Dezember 
1463 hatte es den Anſchein gehabt, als follten enblich beſſere 
Zeiten für das unglüdliche Dfterreich beranfommen. Kaifer 
und Stände waren eifrig Hand in Hand gegangen, um Trieben 
und Sicherheit im zerrütteten Lande wieder berzuftellen. Der 
- Öiterreichiiche Landtag beiwilligte Ende 1465 eine bebeutenbe 
Summe, um die Anfprühe der Sölpnerführer zu befriedigen 
und die wilden Brüberrotten aus dem Lande zu bringen !). 
ALS ein Zeil bverjelben im Frühjahr 1466 von Ungarn ber 


thory8 an bie Hermannftäbter vom 2. Dftober aus Kronftabt und vom 
11. November aus dem Lager bei Bulureft (Teleki XI, 570. 575) er- 
gänzt und teilweife berichtigt. Vgl. auch Unreft, S. 605f. und 610, 
und über bie Folgen der hoben Steuern in Ungarn Chron. Dubnic., 
p. 200. 

1) Bahmann, Heichsgefchichte I, 532 ff. 609 ff. Die Verhandlungen 
bes Landtags von 1465 jet in F. R. Austr. XLIV, 597ff. Über bie 
Gewaltthaten der „Brüder“ noch im Herbfte 1465 f. den Bericht vom 
6. Oktober aus Neuftadt an bie Frankfurter bei Sanffen, Reichscorre—⸗ 
ſpondenz II, 245 ff. 


288 Ausbruch neuer Unruhen in Ofterreich. 


wieder in Öfterreich einbrang und Pütten beſetzte, vereinigten 
fih Oſterreicher und Ungarn gegen fie und drängten fie nach 
Mähren, wo der größere Zeil vom König Georg in Sold ge 
nommen wurde, während bie übrigen wieder in Ungarn ein⸗ 
brachen, fih in einem feiten Lager bei Koſtolan nördlich von 
Tyrnau feitiegten und die Umgegend brandichagten und aus» 
plünberten. Bon öfterreichiichen Truppen unterjtügt jchloß fie 
König Matthias daſelbſt ein und brachte fie nach faft zwei⸗ 
monatlicher Belagerung durch Abjchneidung des Waſſers auf 
das Auferfte, ſodaß, al8 der Verfuch, ſich durchzufchlagen, nur 
wenigen gelang, bie übrigen fih am 29. Ianuar 1469 auf 
Gnade und Ungnade ergaben. Von diefen wurden 200 mit 
dem Oberanführer aufgehängt, von den übrigen 550 viele im 
Kerker getötet 1). 

Leider verjtand es der Kaifer auch jegt nicht, in feinen 
Ländern eine geordnete Regierung berzuftellen, durch Energie 
und kräftige Handhabung der Rechtspflege dem Adel zu im⸗ 
ponieren und feine Gläubiger immer rechtzeitig zu befriedigen. 
Es brachen daher von Zeit zu Zeit immer wieder Unruhen 
aus, bie bei den damaligen unklaren internationalen Verhälts 
niſſen leicht auch Kriege mit auswärtigen Fürſten zur Folge 
batten. 

Als Albrecht VI. früherer Kanzler, Jörg von Stein, nach 
einem mit dem Kaiſrr geichloffenen Vertrage das ihm ver- 
pfändete Steier im Jahre 1465 zurüdgeben folite, verweigerte 
er dies, vielleicht weil ihm das vertragsmäßig ausbedungene 
Geld nicht zurücbezahlt war, und fette Ende 1466 der Ge⸗ 
walt Gewalt entgegen. Er fand einen Helfer an Wilhelm 
bon Puchheim, dem bie SKatjerlihen das Schloß Rauhenſtein 
bei Baden wegen einer Gewaltthat der Bejagung weggenommen 
batten. Die beiden Abeligen, die fich dem König von Böhmen 

als Diener unterwarfen und von ihm Hilfstruppen erhielten, 


1) Balady IV,1, 522f. und IV,2, 401. 409ff. Pal. ben Bericht 
bes Landmarfhall Jörg von Bottenborf, Anführer ber öfterreichifchen 
Hilfstruppen, an bie Kaiferin, vom 31. Januar, in F. R. Austr. XLIV, 
626. 


Aufftände in Triefl. 239 


begannen nun in Oberöſterreich einen verheerenden Krieg, 
unter dem bejonders die Klöfter und Bauern zu leiven hatten. 
Nur durch eine große Geldjumme Tieß fich Stein endlich zur 
Nude bringen. Da man aber wieber mit der Zahlung ber. 
jelben Schwierigkeiten machte, fo wendete er fich neuerdings an 
Georg von Böhmen). Daß diefer nun Anfangs 1468 fogar 
feinen Sohn Victorin einen Einfall in ſterreich unternehmen 
lieg, iſt von welthiftoriichen Folgen gewejen, weil dies ben 
Kaijer bewogen bat, gegen Böhmen den König Matthias von 

Ungarn zu Hilfe zu rufen. j 

Selbjt in den Erblanden Friedrichs, in den inneröſter⸗ 
veichtichen Gebieten, nahm die Unzufriedenheit in bevenklichem 
Maße überhand. 

In Zrieft bildete fich trog ber Begünftigung bes bortigen 
Handel durch den Kaiſer eine antiöjterreichiiche Partei, welche 
bie Failerlichgefinnten im Jahre 1467 aus der Stadt vertrieb. 
Nah Weihnachten ftellten zwar öfterreichiiche Truppen den Ges 
borjam wieder ber und die Stadt mußte am 28. Mat 1468 
die unbedingte Herrihaft der Herzoge von Vjterreich aner- 
fennen, was der Kaiſer benutte, um (am 3. Auguft) bie Be- 
fugnifje jeiner Beamten dafelbft zu erweitern und fich naments 
lih das Recht zu fihern, in der Stabt ein oder mehrere 
Kaftelle zu errichten. Das ftrenge Regiment des Hauptmann 
Niklas Lueger führte aber ſchon im Augujt zu einem Auf: 
jtande ber untern Volfsklaffen und zur Vertreibung des Haupt. 
manns und vieler der Bjterreichtichgefinnten. Erft im Sabre 
darauf, im Auguft 1469 nahm Lueger die Stadt mit Waffen- 
gewalt ein, ließ biejelbe plündern und die Hauptichulpigen 
jtrenge beftrafen ?). 

Sogar die Steiermark warb von der Bewegung ergriffen. 
Das Haupt derfelden war Andreas Baumklircher, der früher 
als Felvhauptmann dem Kaifer wiederholt die ichtigften 


1) Kurz, Öflerreih unter 8. Friedrich IV., II, 74ff. Brit, Geſch. 
des Landes ob ver Enns II, 150ff. 

2) Rrones, Handbuch II, 427f. und bie daſelbſt, S. 425, ange- 
führten Quellen. 


240 Die Baumlircherfehbe. 


Dienfte geleiftet hatte, aber jetzt mit demſelben zerfiel, vielleicht 
weil er fich nicht genug belohnt glaubte, vielleicht weil er mit 
dem Kaifer in finanziellen Tragen nicht ganz ausgeglichen war, 
vielleicht aber auch nur, weil er deſſen Schwäche zur Vergröße⸗ 
zung feiner Güter benugen wollte. Auch daß er wegen mehrerer 
Befigungen in Ungarn zugleih Vaſall des Königs Matthias 
war, fonnte leicht Spannungen hervorrufen. Schon Ende 
1467, alfo zur Zeit, wo Dberöfterreich durch Jörg von Stein 
und Wilhem von Buchheim mit Krieg und Verwüſtung heim- 
geſucht war, bildete fih auch in der Steiermark :ein Bund 
gegen den Kailer, deſſen Haupt Baumkircher war, an bem 
aber viele Edelleute teilnahmen, darunter außer Baumkirchers 
Schwiegerſohne Johann von Stubenberg noch ein anderer 
Stubenberg, ein Lamberg, ein Weiſpriach, zwei Windiſchgrätz, 
Andreas Greißenecker und der auch in Ungarn begüterte Ber⸗ 
thold von Ellerbach ). Auf eine Anzeige zweier Verbündeter 
wurden mehrere verhaftet, dann aber durch den Erzbiſchof von 
Salzburg, Geſandte des Königs von Ungarn und des Herzogs 
Sigmund von Tirol und inneröſterreichiſche Adelige im April 
1468 ein Ausgleich zuſtande gebracht, ehe die Bewegung noch 
recht zum Ausbruche gekommen war. Aber am 2. Februar 
1469, während der Kaiſer auf einer Wallfahrt nach Rom be⸗ 
griffen war, jchlugen Baumfircher, Johann von Stubenberg 
und einige andere unvermutet los, brachten raſch die Städte 
Hartberg, Fürftenfeld, Feldbach, Marburg und Windiſch⸗Feiſtritz 
und daß Schloß Wildon in ihre Hände und befetten dann 


1) Diefe und mehrere andere nennt, allerdings mit fehr entftellten 
Namen, als colligati con Pankerichier, ber als Gejandter des Herzogs 
von Mailand an den Kaifer geſchickte Chriftoforus Bollatus in Beilage 
zu einem Schreiben aus Graz vom 13. Juli 1469, aber bei einigen mit 
dem Beifatze, daß fie fih fchon mit dem Kaiſer verſöhnt haben, und bei 
Robertus Vindisglacer (Windifchgräger) und Georgius Clodaner mit 
ber Bemerfung: „questi duij nella persona hano acusato tuti li altri.“ 
Mon. Hung. Maätyas kir. koraböl I, 131. Daß Greißeneder „von ber 
Landleut wegen, jo mit ihm in Bündnis find“, bei Sigmund von Tirol 
war, fagt ein Memoricle vom Jahre 1468 im ‚„Diplomatarium Habs- 
burgense“. F. R. Austr. Dipl. II, 150. 


Hinrichtung Baumlirchers. 241 


and das ganze Mürzthal bis in bie Nähe von Brud. Im 
turzer Zeit war ein großer Teil ber Steiermark in der Ge⸗ 
walt der Empörer. Nach ver Rückkehr des Kaiſers nach Kärn- 
ten erließ berfelbe ein allgemeines Aufgebot. Am 5. April 
überftelen die Oberfteirer unter Hans Ramung in Mürzzu« 
flag 1500 Leute Baumfirchers unter dem Böhmen Safran, 
erfchlugen oder verbrannten ben größten Zeil verfelben und 
nahmen die übrigen gefangen’). Dagegen brachte Baumkircher 
felbft, der vom norbweftlichen Ungarn ber neue Verftärkungen 
erhalten hatte, dem Hauptmann ber kaiſerlichen Truppen, bem 
böhmiſchen Sölonerführer Holub, am 19. Juli bei Fürftenfelo 
eine empfindliche Niederlage bei und beraubte und verwüſtete 
dann das ganze Land bis unter die Mauern von Graz. Noch 
bis zum näcften Sommer dauerte der Krieg, wenn auch mit 
geringerer Heftigfeit fort. Erft am 30. Juni 1470 kam auf 
einem Generallandtage der brei inneröfterreichiichen Länder in 
Völkermarkt, bei dem ber Kaiſer felbjt gegenwärtig war, nad 
langen Unterbandlungen mit Baumlircher und feinen Genoffen 
ein Abkommen zujtande. Der Kaifer verfprach denſelben Am- - 
neitie und die Zurückſtellung der ihnen entriffenen Befitungen, 
während fie die eroberten Städte und Schlöffer erft nah Be⸗ 
zablung der Forderungen ihrer Söldner im Betrage von 
14000 Goldgulden herausgeben wollten. Da bie von ben 
Ständen zu diefem Zwede bewilligte Kopfiteuer, welche jeder 
vom Bilchofe und Grafen bis hinab zum Bettler in entſprechen⸗ 
den Abſtufungen zahlen follte, ſehr lange nicht einging, fo ver⸗ 
ging noch über ein halbes Jahr, bis bie Feinde das verwüftete 
und ausgeplünderte Land volljtändig räumten. 

Es müfjen aber auch dann noch einige Differenzen, viel, 
leicht wegen der an Baumkircher verpfändeten Herrichaften, 
übrig geblieben fein, zu deren Löſung Baumfircher unter Zu- 
fage fihern Geleite8 nah Graz fam und auch, Greißeneder 


1) Über dieſes Treffen f. außer Unreft, der Hauptquelle für bie 
Baumklircherfehde, S. 561, auch den Bericht in F. R. Austr. Dipl. 
XLII, 467. 

Huber, Geſchichte Öfterreichd. III. 16 


242 Beginn der Spannung 


vom Kaiſer dahin berufen ward. Sobald letterer eingetroffen 
war, ließ der Raifer am 23. April 1471 bie Stabtthore 
ichließen und Baumkircher wie Greißeneder, über deſſen eigent- 
liche Schuld. und gar nichts Näheres bekannt tft, verbaften und 
noch am nämlichen Abend enthaupten, Stubenberg und andere 
einkerfern )y. Was immer ben Kaifer zu biefer blutigen ®e- 
walttbat beivogen haben mag, eingeichüchtert wurden dadurch 
die Unzufrievenen nicht. Baumkirchers erwachjener Sohn und 
einige Freunde besfelben griffen neuerdings zu den Waffen und 
fonnten teilweife nur durch Geld zur Ruhe gebracht werden. 

Auh auf das Verhältnis zwilchen dem Kaiſer und dem 
Könige von Ungarn war die Baumfircherfeßde nicht ohne 
Einfluß. 

Friedrich hatte im Herbft 1468, ehe er die Reiſe nach 
Stalien antrat, dem Könige für ein Jahr alle Einkünfte von 
Oſterreich unter und ob der Enns verichrieben, wogegen Mat- 
thias verjprach, während diejer Zeit Djterreich gegen alle An- 
griffe von Böhmen her zu fchügen, ohne Zuftimmung des 
Kaifers mit den Feinden feinen Frieden oder Waffenſtillſtand 
zu jchliegen und demſelben gegen jeden, der in deſſen Ländern 
einen Aufftand erregen würde, Hilfe zu leiften 2). Mußte es 
den Kaiſer nun nicht mit Unwillen erfüllen, daß gerade Baum- 
fircher, ver wegen feiner ungarijchen Befigungen ein Unterthan 
bes Matthias war, ſich an die Spike ber fteieriichen Empörer 
ftellte, daß ver König dem Kampfe ruhig zuſah, weitere Zu« 
züge von Ungarn ber nicht hinderte und erft im Juli den Erz» 
biihof von Gran nad Steiermark fandte, um einen Ausgleich 


1) Fr. Krones, Andreas Baumkircher. Zur Geſch. ber Steiermarl 
1457—1471. Graz, 1869. (Aus den „Mittb. d. hiſt. Ber. f. Steier- 
marf”, 17. Heft.) Krones, Zeugenverbör Über Andreas Baumtirchers 
Thatenleben und Ende. Wien, 1871. (Aus der „Zeitichrift f. die öfterr. 
Gymn.“ 1871.) Krones, Quellenmäßige Beiträge zur Geſch. d. Steier- 
mart 1462—1471, in „Beitr. z. Kunde fteierm. Geſchq.“ XI, 39ff. 
Krones bat auch bie fpäteren Sagen Fritifiert. 


2) Kurz, Ofterreich unter K. Friedrich IV., II, 244. 


zwifchen bem Kaifer und bem Könige von Ungarn. 248 


zu vermitteln )? Seiner Natur nach zu Mißtrauen geneigt, 
batte Friedrich den ungarijchen König geradezu in dem Ver⸗ 
dacht, daß er abfichtlich die Unterftügung Baumkirchers durch 
feine Unterthanen dulde, ja jogar daß der Einfall der Türken in 
Krain mit Zuftimmung besjelben erfolgt fei, und daß er nach 
bem bleibenden Beſitze ſterreichs ftrebe, deſſen Einkünfte ihm 
zeitweilig überlaffen waren 2). Es ift auch in der That nicht 
unwabricheinlih, daß Matthias, ärgerlich über den unbefriedi⸗ 
genden Erfolg im böhmifchen Kriege, wovon er die Schuld ber 
lauen Unterjtügung vonjeite des Katjers zujchrieb, es nicht 
ungern gejeben babe, daß diefem durch Baumkircher einige 
Berlegenbeiten bereitet wurden. Es wurbe dann zwar noch 
eine Verlängerung des Bünbniffes gegen Georg von Böhmen 
befchlofjen und für MichaeliS (29. September) 1469 eine Zu- 
ſammenkunft des Kaiſers mit dem ungarilchen Könige in Wien 
verabredet. Als aber der Kaifer durch die Scharen Baum 
firchers an der Abreife aus Graz verhindert wurde, jah Mat⸗ 
thias darin eine böje Abficht und fühlte fich dadurch ebenfo 
beleidigt wie Friedrich durch bie Fortſetzung der Teinbfelig« 
fetten vonjeite Baumkirchers 2). Nur der päpftliche Legat Ro⸗ 
varella foll den vollftändtgen Abbruch der Verhandlungen zwiſchen 
beiden Monarchen verhindert haben. Matthias fchiete ben 
Erzbifhof Johann Bild; von Gran und andere Räte nad 
Wiener Neuftabt, wohin der Kaifer am 25. Oltober 1469 
gefommen war. Aber die Forderungen, die er an ihn jtellte, 
waren enorm. Der Kaifer follte dem Könige auch weiterhin 
bie Zölle und Mauten in Ojterreich überlaffen, auf ben Titel 
eines Königs von Ungarn verzichten, die Kurfürften und Reichs— 
jtädte, wie er früher verjprochen, zur Hilfeleiftung gegen Böhmen 
bewegen und dafür jorgen, daß er einen Erjat für Die 400 000 


1) Nach Schreiben bes K. Matthias vom 21. Yuli 1469 bei Palady, 
Urkundl. Beiträge, ©. 599. 
2) Bericht des mailändifchen Geſandten aus Graz vom 1. Juli 1469, 
in Mon. Hung. Mätyäs kir. koraböl U, 125. 
3) Ibid., 205. Bericht besjelben vom 21. Januar 1470 (nicht 1471) 
aus Wien. Bol. Lichnowsky VII, Reg. Nr. 1390. 1393. 
16 * 


244 Errfolgloſe Verhandlungen in Wien. 


Dulaten erhalte, die er bereits für Sold ausgegeben Habe ?). 
AS der Kaiſer ſich Anfangs Dezember nach Wien begab, 
wurden die Verhandlungen durch den Graner Erzbiichof, ber 
acht Tage vor Weihnachten dorthin kam, fortgeſetzt. Auch 
jet verlangte biefer im Namen feines Herrn vom Kailer bie 
Ablegung des ungariichen Königstiteld und wahrjcheinlich als 
Erjab für die Koften des böhmilchen Krieges die Herausgabe 
der ihm verpfändeten ungarifchen Grenzgebiete und die Rück⸗ 
zahlung der 80000 Dulaten, die er für die ungartiche Königs- 
krone erhalten batte, weiter einen Ausgleih mit Baumkircher 
und Amneftie für venfelben und endlich, was für den Kaiſer 
das Beleivigendfte war, wenn der König nad Wien füme, 
Einräumung zweier Thore der Stadt, in bie er 500 Be⸗ 
waffnete ſollte einführen dürfen. Als ver Kaiſer auf biefe 
Torderungen nicht eingehen wollte, forderte Matthias feine 
Gefandten zur augenblicklichen Abreife auf. Da kam es end- 
lich zur Verabredung, daß der König unter ficherem Geleite 
des Kaiſers nach Wien fommen und Hier durch die Räte beider 
eine Vereinbarung zuftande gebracht werben, aber von Baum⸗ 
kircher feine Rede fein follte ?). 

Es zeugt für die Spannung, die zwilchen beiden Türften 
berrichte, dag Matthias mit feinen Räten, dem Erzbiſchofe 
bon Gran, den Biſchöfen von Erlau und Fünffirchen, dem 
fiebenbürgifchen Woywoden Nikfas Efupor, dem Zipfer Grafen 
Emerich von Zapolya und Neinold Rozgonyi, fih um den 
10. Februar 1470 erjt dann nach Wien begab, als der Kaijer 
ihm und den Seinigen für den Aufenthalt, wie für die Heim⸗ 
teile volllommene Sicherheit zugefagt hatte 8). Auch konnte e8 


1) Bericht des Egerer Gefandten vom 23. November 1469 (au8 
Wien) in F. R. Austr. Dipl. XLII, 481. 

2) Bericht des mailändifchen Geſandten vom 21. Sanuar 1470 1. c. 
Als Grund für die Forderung von 80000 Dulaten giebt biefer an, baß 
ber Kaiſer fie dem Könige für den böhmifchen Krieg verfprochen babe. 
Doch ſcheint mir bier die Angabe des Diugosz XIII, 455 richtiger zu 
fein. 

3) Gegenurkunden des Köuigs und feiner Räte aus Brud d. d. 
9. Februar 1470 bei Kurz II, 246f. 


Annäberung des Kaiferd an den polnischen König. 245 


ber Kaiſer nur als eine Kränkung anfeben, daß Matthias auch 
ben Baumlircher al8 Begleiter mit fich genommen hatte. Wenn 
berielbe nun auch die Forderungen wegen Rückzahlung ver 
80000 Dukaten und Herausgabe der ungariichen Grenzgebiete 
erneuert, ja jogar verlangt bat, daß der Kaiſer dem Baum⸗ 
kircher alle weggenommenen Zeiten zurüditelle und 4000 Dis 
taten Schadenerſatz zahle, jo darf man fich nicht wundern, 
wenn Friedrich den Wünſchen des Königs entgegenzulommen 
fich. fträubte und fich nicht geneigt zeigte, zur Begründung einer 
feiten Verbindung ihm feine einzige Tochter Kunigunde zur 
Ehe zu geben. Boll Unwillen reifte Matthias enplich eines 
Morgens ab, ohne vom Kaifer Abſchied genommen zu haben !). 
Friedrich dagegen ſchickte nach Oſtern einen Agenten an Kafi« 
mir von Polen, um ibm von einer engeren Verbindung mit 
dem ungariichen Könige abzuraten 2). Ia auf einer Zufammen- 
kunft, die der Kaifer Ende Juli mit mehreren deutſchen Fürſten 
und den Gefandten des Königs von Polen in Villach hielt, 
- wurde beichlofjen, daß Georg von Podiebrad König von Böhmen 
bleiben ſollte 2). Wohl nur das Streben, Friedrich wenigſtens 
von einer offenen Unterftügung Podiebrads abzuhalten, dürfte 
ben ungariichen König bewogen baben, Baumlircher nicht weiter 
zu unterftügen und einen Bruch mit dem Kaiſer zu vermeiden. 

Allein der geheime Krieg zwilchen „Vater“ und „Sohn“ 
ging obne Unterbrechung fort. Wenn ver Kaifer gerade im 
Dftober 1471, nachdem zwilchen Ungarn und Polen ein offener 
Bruch erfolgt war, dem Könige Kafimir von dem in fiebzehr 


1) Dlugosz XIII, 455 ift leider einzige Duelle. Doc wirb feine 
Angabe über die Forderungen des Matthias zugunften Baumlirchers 
durch die Entgegnung bes Kaifers auf deſſen 1473 ihm von jenem ge= 
machten Vorwürfe in Mon. Habsburg. 1,2, 43 (=52) und jene über das 
Refultat der Zufammenkunft duch Unreft, S. 565, und das Schreiben 
des Rates von Eger in F. R. Austr. Dipl. XLII, 492 beftätigt. 

2) Dlugoszl.c. 

3) Palady IV,2, 646. Nach ber erwähnten Depefche des mai⸗ 
länbifohen Gefandten vom 21. Sanuar 1470 Hätte der Kaifer fih fogar 
ſchon im Herbfie des vorigen Jahres einem Abkommen mit Pobiebrab. 
geneigt gezeigt. 


246 Berbinbung bes 8. Matthias mit unzufrievenen Öfterreichern. 


Jahren nicht gezahlten Heiratsgute feiner Gemahlin Elifabeth 
32 000 Dulkaten zu entrichten verſprach und dann im folgenden 
Sommer trot feiner Geldnot, wie es fcheint, wirklich aus⸗ 
zahlte 1), jo war dies tbatjächlich nichtS anderes als eine Sub» 
ſidienzahlung an ven gefährlichiten Feind des ungarifchen 
Königs 2). Friedrich mußte eben wünſchen, daß Wlabijlam 
von Bolen die böhmifche Krone behaupte, va diefer ald Sohn 
einer Tochter Albrecht II. mit den Habsburgern verwandt 
und feine Herrſchaft in Böhmen für Vfterreich viel weniger 
gefährlih war, als die Vereinigung jenes Reiches mit Ungarn 
unter einem jo ehrgeizigen und tbatkräftigen Fürften wie 
Matthias. 

Diefer bejann fi nun auch nicht, alle Minen gegen ben 
Kaiſer fpringen zu laffen, deſſen Lage nur zu günftige An⸗ 
griffspunfte bot. Denn die vornehmſten djterreichiichen Adeligen, 
Heinrich von Liechtenftein- Nikolsporf, Georg von Pottendorf, 
Beit von Ebersporf, Hartnid von Puchheim, Sigmund Eizinger, 
Gamaret Fronauer und viele andere waren mit demfelben 
wieder zerfallen und erhoben Klage über Beeinträchtigung ihrer 
Breibeiten und guten Gewohnheiten, während in ber That fie 
fich Übergriffe erlaubt und eigenmächtig Zölle und Mauten zu 
Waſſer und zu Lande erhoben zu haben fcheinen 8). Ihnen 
Batte fich fogar Friedrichs bisheriger Feldhauptmann Ulrich 
bon Grafeneck angeichloffen, ver die ihm zur Befriedigung 
feiner Forderungen überlaffenen Einkünfte auch dann nicht 
herausgeben wollte, als, wie wenigftens der Kaiſer, allerdings 
nicht mit Recht, behauptete, dadurch die Schuld an ihn gezahlt 


1) Chmel, Reg. Frid., no. 6482 und die Ouittungen vom 12. Aug. 
1472, ibid. 6595 8q. (Orig. im Wiener Hausarchiv). Nah Dlugosz 
XIII, 492sq. wären fie freilich feltft im Jahre 1473 noch nicht gezahlt 
geweſen. | 

2) Bgl. das Schreiben bes K. Matthias an die Brüber Starbemberg 
vom 11. Oftober 1471 beit Chmel, Materialien II, 311 und das un⸗ 
datierte Rundſchreiben besfelben bei Eſchenloer IL, 253ff,, worin er 
dem Kaiſer fogar den Aufftand des Jahres 1471 inUngarn zur Laſt legt. 

3) ®gl. Chmel, Reg. Frid., no. 6203, und „Materialien“ II, 
 31dff. 


Bertrag zwifchen dem Kaifer und dem 8. Matthias. 247 


war, und ber fich Rechnung zu legen weigerte !). Als Anfangs 
1472 die Unzufriedenen fi) an ven König Matthias wenveten, 
wies diefer fie nicht zurüd, ja er drohte fogar, die durch ben 
unmittelbar darauf geſchloſſenen Waffenftillftand mit Polen 
entbehrlich geworvenen Söldner in die Länder des Kaiſers zu 
ſchicken. Doch erflärte er fich dem päpftlichen Legaten, dem Bifchof 
von Ferrara, gegenüber bereit, bie unzufrievenen fterreicher 
zum Gehorſam zurüdzuführen und alles nach dem Willen des 
Kaiſers zu thun, wenn diefer ihm den Titel eines Königs von 
Döhmen gäbe ?). Obwohl der Kaiſer in einem geheimen Ver⸗ 
trage diefe Forderung bewilligte, nahm doch Matthias „als 
König von Böhmen und oberfter Kurfürft“ am 13. Juni bie 
dfterreichiichen Adeligen förmlich in feinen Schuß 3) und ließ 
ipäter den Johann Zeleny von Schönau und andere Söldner. 
führer aus Ungarn in Oſterreich einbredhen, wo fie Befefti- 
gungen errichteten und ihre gewöhnten Näubereien begannen *). 

Wieder begannen unter Vermittlung des püpftlichen Legaten 
Berbandlungen, welche im September 1472 zu einem Ab» 
fommen führten. Der Katjer veriprach meuerbings dem Könige 
Matthias den böhmiſchen Königstitel zu geben, jedoch nicht vor 
dem 8. November, da man bis dorthin von ben in Ausficht 
genommenen Unterbandlungen zwiichen den Königen Matthias, 
Kafimir und Wladiſlaw einen Ausgleich in ber böhmifchen 
Trage erwartete. Matthias dagegen verpflichtete fich, bis zu 
jener Zeit bie OÖfterreicher unter Zuficherung einer Amneſtie 
zum Gehorſam gegen den Raifer zurüdzuführen und die Scharen 
Zelenys und die übrigen Banden gegen Geld oder mit Gewalt 
aus Öfterreich zu entfernen ö). 


1) Dies ergiebt ſich aus Mon. Habsburg. I, 2, 11f. 65. Bgl. 
Chmel, Reg. Frid., no. 5978, und deſſen „Daterialien” IL, 327 ff. 

2) Angaben über diefe Verhandlungen und Verträge Mon. Habsburg. 
1,2, 44f. (52f.) 715. 

W a) ıla. 1,2, 3. 

4) Diugosz XIII, 487. Eſchenloer II, 271. Ann. Mellic. M. 
G. SS, ‚IX, 522. 

5) Der Inhalt der in die Hände des päpftlichen Legateu beponierten 


248 Bruch dieſes Bertrages. 


Es war nicht Friedrich fondern Matthias, der diefe Ver⸗ 
träge verlegte. Er that nichts zur Beruhigung Ofterreichs, 
blieb im Gegenteil auch fortan mit dem Unzufriebenen im 
beiten Einvernehmen. Statt die Sölonerführer, die für bie 
Räumung Oſterreichs Bedingungen ftellten, mit Waffenge- 
walt dazu zu zwingen, bewog ex fie durch Geld zur Tibergabe 
ihrer Befeſtigungen, behielt aber dieſe felbjt in feinen Händen. 
Nur unter der Bedingung wollte er fie herausgeben, wenn ihm 
der Kaiſer einen Tag und Ort beitimmte, wo er ihn mit 
Böhmen belefnen würde‘). Eine Vermittlung, welche vie 
deutſchen Kurfürften im Auguft 1473 verfuchten, um ein ges 
meinfames Vorgeben gegen die Türken zu ermöglichen, blieb 
ohne Erfolg, es kam nur zu gegenfeitigen Vorwürfen und 
Nechtferchtigungsverfuchen. beiver Zeile 2). Der Kaiſer erkannte 
baber auch nicht Matthias, jondern Wladillam als König von 
Böhmen an und ſchloß im März 1474 gegen jenen wie gegen 
die vebellifchen Dfterreicher ein Bündnis mit biefem und feinem 
Dater Kaſimir von Polen), Um dem ungariichen Könige 
den Boden für weitere Umtriebe zu entziehen, erklärte er fich 
Anfangs 1475 geneigt, nach dem Wunſche der Stände Nieber« 
öſterreichs auch mit Grafeneder und den unzufrieveneu öfter 
reichtichen Adeligen ein Ablommen zu fchließen *). 

König Matthias war in der nächiten Zeit durch den Krieg 
gegen bie Türken und durch feine Hochzeit in Anſpruch ges 
nommen. Doc hinderte ihn dies nicht, im Auguft 1476 
wenigitens auf diplomatiſchem Gebiete den Streit mit Triebrich 


Urkunden mit vorausgehenden Anträgen und Entwürfen u. f. w. Mon. 
Habsburg. 1,2, 8—25. 

1) Mon. Habsburg. 1,2, 25—28. 45 ff. (=53ff.) 57 ff. 64. 67. Vgl. 
Ehmel, Materialien II, 312 und das Schreiben des 8. Matthias an 
bie Ofterreicher vom 28. Juni 1473 bei Teleki XI, 495. 

2) Mon. Habsburg. 1,2, 28—66, welche Altenftüde auch auf frühere 
Borgänge manche Streiflichter werfen. 

3) Lichnowsky VII, Reg. Nr. 1745f. 1750. Bol. Dlugosz XIII, 
500 sq. 

4) Chmel, Materialien II, 326—332. 


Bilndnis des Kaifers mit Böhmen. 249 


wieder aufzunehmen. Er beklagte fi nämlich durch einen 
eigenen Geſandten, daß die Näte und Vertrauten des Kaifers 
ihn der Begünftigung der Türken bejchuldigten, worauf Fries 
drich einfach auf die Thatſache hinwies, daß gar nichts geſchehe, 
um ben Einbruch derjelben duch Kroatien in die failerlichen 
Erblande zu hindern. Bei der Fortiegung des Notenwechjels ?) 
drohte Matthias mit Krieg, wenn der Kaifer, ber mit Grafen» 
ecker und deſſen Freunden neuerbings zerfallen war und gegen 
diejelben Truppen jammelte, und auch eine päpftlihe Bann⸗ 
bulle gegen fie erwirkt Hatte, von feinen Schritten gegen bie 
jelben nicht abließe. Auch Grafeneder und Liechtenftein forderte 
er am 24. Dftober auf, im Kampfe gegen den Kaiſer auszu- 
Barren und mit biejem feinen Frieden zu ſchließen. Da ber 
Kaiſer fich diesmal nicht abfchreden ließ, fondern Truppen 
fammelte, mit denen er die Schlöffer der Aufftändifchen ans 
‚griff, da kündeten ihm mehrere Hauptleute des ungarifchen 
Königs Fehde an. Dagegen erneuerte Wlabiflam von Böhmen, 
dem Matthias auch im Oktober ven Waffenfitliftand aufgejagt 
Batte, Anfangs Dezember mit ibm das 1474 geichlofiene 
Bündnis und veriprach, ihm längſtens in vier Wochen 3 big 
4000 Mann zubilfe zu ſchicken, bis Mitte März aber perjün« 
lich mit 10000 Mann nach Diterreih zu fommen, wo ber 
Kaiſer mit einer gleichen Zahl fich anfchließen folite, um zuerft 
gegen deſſen rebelliſche Unterthanen und dann gegen den König 
Matthias zu ziehen. Dafür verſprach der Kaiſer, den König 
Wladiſlaw gleich nach feiner Ankunft in Ofterreich mit Böhmen 
zu belebnen. 

Die faiferlichen Heerführer, unterftügt von 4000 Böhmen 
unter Burian von Gutftein, führten diesmal den Krieg nicht 
ohne Glück. Mehrere Burgen wurden den Aufitändifchen ent» 
riffen, einige Adelige zur Unterwerfung bewogen. Auch Grafen⸗ 
edler mit feinem Sohne Wolf, die Pottendorf und Puchheim 
ichloffen im März 1477 mit dem Kaiſer Frieden. Grafen⸗ 
ecker verpflichtete fich, dem Kaiſer gegen eine Summe von 


1) Mon. Habsburg. 1,2, 79fi. 


250 Belehnung K. Wladiflams mit Böhmen. 


50000 Dukaten alle feine Beſitzungen in Ofterreich abzutreten 
und das Land zu verlafien. Als Schiedsrichter Hatten beide 
Parteien den Graner Erzbiihof, Johann Bedenflaher aner- 
kannt, der ſich im Sabre vorher mit allen feinen reichen 
Schägen heimlich nach Ofterreich begeben Hatte, wahrfcheinlich 
aus Mißmut darüber, daß der in feinen Neigungen jo häufig 
wechielnde König feine ganze Gunft einem neuen Liebling zur 
wendete, dem Minoriten Gabriel Rangoni, einem Italiener, 
der als päpftlicher Legat nach Ungarn gelommen und von 
Matthias zum Biichofe von Erlau und zu feinem Kanzler er» 
nannt worden war !). Der Erzbiihof Tieh auch dem Kaiſer 
gegen gute Pfänder 37000 Dufaten, um obige Summe an 
Grafeneder zahlen zu können. 

Nur die Liechtenftein und Ebersdorf mit einigen anderen 
Adeligen ſetzten ven Kampf noch fort. Der Railer ließ Eber 
dorf unterhalb Wien belagern. Aber man richtete dagegen 
nichts aus, obwohl der böhmifche König im Frübjahre 1477 
dem Kaijer wieder einige taujend Mann zubilfe ſchickte. Ends 
ih erichten Wladiſlaw ſelbſt mit 8000 Mann, worauf ihn 
der Kaiſer am 10. Juni feierlich mit dem Königreihe Böhmen 
belehnte. Aber. auch jegt war man vor Ebersdorf nicht glück⸗ 
liher. Mangel an Lebensmitteln und Sold rief beſonders 
unter den Böhmen fo große Unzufriedenheit hervor, daB der 
größte Zeil entweder in der Umgend plündernd herumftreifte, 
oder nachhauſe 308. Die Belagerung von Ebersborf wurde 
baber am 18. Juli aufgehoben, und Wladiſlaw ſelbſt fehrte am 
21. Juli aus Wien beim, gerade in dem Zeitpunkt, als der 
ungarifche König fich felbit zum Angriffe auf den Kaijer ent» 
ichlofjen Hatte 2). 


1) Über vefien Einfluß auf ben König ſ. den Bericht des mailändifchen 
Gefandten vom 19. Mai 1476 in Mon. Hung. Matyaäs kir. koraböl II, 
310sq. Im Januar 1476 nennt ihn’ ein anderer Gefandter „ben erften 
und geliebteften” unb den „Augapfel bes Königs“. Ibid. p. 338g. 

2) Bei dem vollftändigen Schweigen aller öſterreichiſchen Ehroniften 
über die Kämpfe zwifchen dem Kaifer und ben aufftänbifchen Adeligen find 
wir auf die bürftigen Notizen des Unreſt, S. 619 ff., und die noch all- 


Kriegserlärung bes K. Matthias an den Kaifer. al 


Schon am 12. Juni hatte Matthias dem Kaiſer den Krieg 
erflärt, indem er ihm vorwarf, baß er fich mit Verlegung der 
früher ihm gemachten Zuficherungen mit Ketzern und feinen 
Beinden, den Polen, verbunden und dem Herrn der Reger bie 
Belehnung mit Böhmen zu erteilen verfprochen habe !). Un- 
gariiche Scharen machten bereit zur Zeit der Belagerung Ebers⸗ 
dorfs die Gegend zwilchen dem Semmering und Wien un- 
ficher 2), während Matthias ſelbſt in Raab ein größeres Heer 
fammelte. Venedig, der Biſchof von Forli, päpftlicher Legat, 
und der Erzbiihof von Bari, der als Gefandter Ferbinands 
von Neapel in Ungarn gewejen war, fuchten auch jest noch 
den für die Chriftenheit fo verhängnisvollen Krieg zu ver- 
hüten, und der Kaiſer zeigte fich nach dem Abzuge der Böhmen 
natürlich jehr bereit dazu 9). Aber die Forderungen bes un» 
gariihen Königs machten einen Frieden geradezu unmöglich, ins 
dem er für den ihm vom SKailer angeblich bei verſchiedenen 
©elegenbeiten zugefügten Schaden einen Erſatz von nicht we⸗ 
niger ald 754000 Dulaten verlangte ). 

Anfangs August 1477 ftand Matthias an der Spike eines 
jtattlichen Heeres, umgeben von feinen erprobteften Heerführern, 
auf djterreichiichem Boden. Selbft jeine Gemahlin und Mutter 
hatte er mitgenommen, um Zeugen jeines Triumphzuges zu 
fein. In der That konnte der Kaiſer nicht wagen, fich ihm 
im offenen Felde entgegenzuftellen, und 308 fich noch Ende Juli 


gemeineren Angaben ap. Dlugosz XIII, 549sq. 555. 558sq. ange- 
wiefen. Wichtiger find bie Urkunden in Mon. Habsburg. I,1, 470 und 
499 ff.; 2, 264— 308, und bei Chmel, Materialien II, 333 — 344. 
Bol. Balady V, 1, 141ff. 

1) Die zwei Tage früher wirklich erfolgte Belehnung war ihm natür⸗ 
lich noch nicht befannt. Das Schreiben des K. Matthias an den Kaifer 
und deſſen Ermwiderung in einem Deanifeft an bie Ungarn (deutſch und 
Yateinifch) in Mon. Habsburg. I,2, 96 ff. 

2) Berichte des mailändifchen Gefanbten ans Schottwien vom 6., aus 
Neuftabt vom 8., aus Wien vom 23. Suli in Mon. Hung. Mätyas kir. 
koraböl II,351 qq. 

3) Ibid. p. 358sq. Berichte vom 23. und 24. Yuli. 

4) Mon. Habsburg. 1,2, 111. 


252 Angriff des ungarifchen Königs auf Ofterreidh. 


nah Krems, ſpäter nach Steyer, enblich nach Gmunden zurüd. 
Seine alten Gegner unter den öjterreichifchen Adeligen, die 
Liechtenftein u. ſ. w., fchloffen fich natürlich dem Könige von 
Ungarn an. Die Inneröfterreicher waren durch ihre eigene 
Verteidigung in Anjpruch genommen, da nicht bloß die Türken 
am Anfang des Mai einen Raubzug nach dem ſüdweſtlichen 
Krain unternommen und fich einen ganzen Monat daſelbſt auf 
gehalten hatten und im Dftober wieder nach Krain und von 
da ind Venetianiſche bis Conegliano vorbrangen !), fonbern 
auch Graf Yörg von Zagorien, der Sohn bes Johann Wittos 
wei, die Steiermark angriff, den Markt Luttenberg nieder⸗ 
brannte, und der Gegend bi8 Marburg großen Schaden zus 
fügte. Auch das Reich that nichts für den Kailer. 

Matthias brachte denn auch ohme große Anftrengung bie 
meiften Burgen und Ortichaften zwilchen ber Leitha, dem Sem⸗ 
mering und dem Wiener Walde, dann Klojier- und Korneu⸗ 
burg, endlich Tulln und St. Pölten in jeine Gewalt und fügte 
dem Xande großen Schaden zu, indem bejonders feine Katzen, 
die al$ leichte Reiter verwendet wurden, durch Raub⸗, Zer- 
ftörungs- und Morbluft fich hervorthaten. Aber es fehlte doch 
viel, daß ihm alles nach Wunsch gegangen wäre. Schon Haim⸗ 
burg, durch deſſen Belagerung er feiner Gemahlin ein ihr noch 
unbelanntes Schaufpiel verichaffen wollte, vermochte er nicht 
einzunehmen. Auch Wien, deſſen Belagerung am 14. Auguft 
begonnen wurde, leistete ihm unter der Leitung des Grafen 
Haug von Wervenberg erfolgreichen Widerſtand, ebenjo die 
Schweiterftädte Krems und Stein, welde Paul Kinizſi und 
der Böhme Johann Zeleny feit Anfang des Oktober bebrängten. 
Bor Krems und Stein wie vor Wien erlitten die Ungarn 
empfindliche Verlufte. Wiener Neuftadt wurde gar nicht ernſt⸗ 
lich bebroht 2). Zugleich erfuhr Matthias, daß die Türken im 


1) Unreft, ©. 628f. Dlugosz XIII, 563. Die Zeit bes erften 
Einfalls ergiebt ſich aus dem Schreiben bei Sinnacher, Beiträge zur 
Geſchichte von Säben und Briren VI, 602. 

2) Die mweitläufigften aber nicht immer verläßlichen Nachrichten über 
biefen Krieg bringt Bonfinii Dec. IV, lib. 5, p. 463sqgq., kürzere 


Der Friede von Gmunden. 3 


- Oftober neuerdings in Kroatien eingebrochen ſeien und dort 
großen Schaden angerichtet haben ). 

Ein Friede erichten daher dem ungarifchen Könige eben fo 
wünschenswert wie dem Kaifer und die Vermittler, bejonders 
ber Papft, fanden mit ihren Vorftellungen jet bereitwilliges 
Entgegentommen. Matthias ſchickte Schon Anfangs Oftober 
Geſandte an den Kaiſer 2), die am 10. November einen Waffen- 
ftillftand und endlich einen Frieden zuftande brachten. Am 
1. Dezember wurbe diefer mit dem Sailer in Gmunden abge- 
ſchloſſen und am 18. auch von Matthias in Korneuburg ratt- 
fiztert. Friedrich mußte den König mit Böhmen belehnen und 
allen feinen Unterthanen, welche e8 mit bemielben gehalten 
hatten, Amneftie erteilen und ihnen alle entzogenen Güter zur 
rüditellen, wogegen aber auch fie fortan dem Sailer Ges 
horſam leiſten, die eigenmächtig errichteten Befeftigungen zer. 
ftören und nicht mehr vom Könige in Schu genommen werben 
follten. Weiter follten fich die Stände von Nieber- und Ober- 
öfterreich verpflichten, dem Könige in zwei Sahresraten 100 000 
Goldgulvden zu zahlen. In einem geheimen Vertrage ward 
beftimmt, daß der Kaiſer den minderjährigen Johann Galeazzo 
und feine Mutter des Herzogtums Mailand entjegen, das 
Reichsvikariat über dasfelbe dem Schwager des Könige Mat 
thias, Friedrich von Zarent, verleihen und biefem nach ber 
Beſitznahme Mailands feine Tochter Kunigunde zur Ehe geben 
follte. Sobald Friedrichs Vater Ferdinand von Neapel biejen 
Vertrag beftätigt hätte, follte Matthias auf bie von den Dfter- 


Dlugosz XIII, 560 sqg. Unreft, ©. 627f. 2gl. Linck, Ann. 
Claraev. II, 250sqqg. und bie Notizen im Tagebuch des Wiener Arztes 
Tichtel in F. R. Austr. SS. I, 4—6, wie die Schreiben ap. Rauch, 
SS. III, 263 8qg. 

1) Unref, ©. 629. Bgl. das Schreiben des K. Matthias vom 
18. Oftober bei Teleki XII, 35. 

2) Daß Matthias, nicht, wie Bonfint behauptel, Friedrich Friedens⸗ 
anträge gemacht bat, ſchreibt einer den ungariſchen Gefanbten, der Btichof 
Gadriel von Erlau, päpftlicder Legat, am 7. Dftober. Mon. Hung. 1. c. 
II, 360. 


254 Die Aufbringung der Kriegsentfehäbigung. 


reichern aufzubringenden 100000 Gulden zugunften des Kaiſers 
verzichten 7). 

Kam Mailand an den Schwager des ungariichen Königs, 
umfaßte das Haus Neapel die italieniſche Halbinfel von Norden 
wie von Süden, fo nahm auch Matthias jelbft eine imponierenve 
. Stellung in Europa ein. Als Herr Ungarns und der böhmt- 
ſchen Nebenlänver befaß er im Oſten dieſes Weltteild die aus» 
gebehntefte Herrichaft. Durch feinen Schwager und Schwiegers 
vater wie durch die Gunft des Papſtes, der in ihm die Haupt. 
jtüge der Chriftenheit gegen bie Ungläubigen erblidte, übte er 
in Italien einen maßgebenden Einfluß aus, wie anderſeits viele 
deutſche Fürften, bejonders die WittelSbacher, mit ihm in ben 
engiten Beziehungen ftanden. Auch mit den Schweizern batte 
er in der legten Zeit Verbindungen angefnüpft, um mit biejen 
gefürchteten Kriegern ein Bündnis oder wenigſtens einen Freund⸗ 
Ichaftsvertrag zuftande zu bringen ?). Der Kaifer war dann 
auf allen Seiten von Matthias und feinen Freunden einge- 
Ichloffen und an jeber freien Bewegung gehindert. Friedrich 
bat daher auch nichts gethan, um die Beitimmungen bes ge- 
heimen Vertrages zur Ausführung zu bringen und fich fo jelbit 
die Kehle zuichnüren zu helfen. Im Februar 1479 verzichtete 
übrigens Matthias ausprüdlich auf dieſes Projeft und fagte den 
Raifer feines Wortes ledig, wogegen er nun bie Zahlung der 
Kriegsentichädigung verlangte. 

Der Kaiſer hatte auch während des Jahres 1478 mehrere 
Landtage gehalten, um über die Zahlung der 100000 Gold—⸗ 
gulden zu beraten, und die Stände hatten troß der Oppofition 


1) Die Urkunden über den Frieden und deſſen Ausführung bei Kurz 
II, 258. Teleki XII, 37. Mon. Habsburg. I,2, 117ff. Über bie 
Zeit der Ratifikation des Friedens durch K. Matthias, die auch vom 
1. Dezember batiert worden if, fiehe die richtigen Bemerkungen von 
Fr. Mayer, Über die Abdankung des Erzbiſchofs Bernhard von Salz⸗ 
burg und ben Ausbruch des dritten Krieges zwiſchen K. Friedrich und 
8. Mathias von Ungarn (1477—1481) im „Archiv für öfter. Geſch.“ 
LV, 192, N. 5. 

2) Ph. v. Segeffer, Die Beziehungen der Schweizer zu Mathias 
Corvinus (Luzern 1860), ©. 18 ff. 


Bauernaufftand und ZTürkeneinfälle in Inneröfterreich. 250 


der alten Gegner Friedrichs und bes oberöfterreichiichen Adels 
verſchiedene Steuern bewilligt. Doch war es fchwer, in dem 
bermwüjteten und verarmten Lande eine ſolche Summe aufzu⸗ 
bringen. : 

An eine Heranziehung der inneröfterreichiichen Laͤnder, welche 
die öfterreichiichen Stände wünjchten, konnte gar nicht gebacht 
werben. Denn dort, bejonders in Kärnten, waren jchon feit 
einiger Zeit die Bauern jehr unzufrieden, daß die Stände fie 
troß aller Steuern gegen die Türken nicht zu jchügen ver» 
mochten. Als nun um Lichtmekß 1478 ber kaiferliche Verwalter 
von Spital von den dortigen Bauern als Jahreszins für den 
bisger gezahlten Aquilejer Pfenning zwei gemeine Pfenninge ver 
„langte, was nur dem Wertverhältniffe beider entiprach und 
anderswo jchon mehrere Jahre in Übung war, widerſetzten fich 
diejelben und jchloffen einen Bund, der fich in wenigen Mo» 
naten über ben größten Teil von Kärnten, ja jogar in das 
Ennsthal in Oberfteiermark ausbreitete. Die Bauern hatten 
ihre oberjten Bundherren, erhoben Steuern, forderten in dro— 
bender Weife auch die andern Stände auf, mit ihren Xeuten 
in den Bund zu treten, und ſprachen die Abfiht aus, fortan 
jelbit ihre Richter und Pfarrer zu wählen und für fich und 
nicht mehr für ihre Herren Abgaben zu entrichten. Dem Be 
fehle des Katjers, ven Bund aufzulöſen, weigerten fie fich Folge 
zu leilten. Gerade waren 3000 Bauern bei Goggau unweit 
Tarvis verfammelt, als von Flitih ber über ven Paß Prebil 
am 26. Juli ein türkiiches Streifcorps in Kärnten einbracdh, 
die Bauern zeriprengte und mehrere Wochen lang den größten 
Zeil von Kärnten bis in die abgelegenften Alpenthäler ausplünderte 
und verwüſtete, worauf fie über Eilli nach Bosnien heimzogen. Es 
war für die Innerdfterreicher ein ſchwacher Zroft, daß die türki« 
ſchen Raubſcharen von Peter Zrinhi bei Jaicza überfallen und 
großenteild aufgerieben wurben. Die Türken wurden dadurch 
jo wenig abgeichredt, daß fie fehon im Auguft 1479 wieber 
einen Einfall in das jüdöftliche Steiermark unternahmen, wo 
fie unter andern Luttenberg einäjcherten ?). 


1) Unreft, ©. 609. 631—643. Über die Bauernbewegung f. auch 


258 Beginn ber Feinbfeligleiten dur Ungarn. 


und ſeckauiſche Seiten mit feinen Befatungen zu verfeben. Und 
da Hatte Matthias noch die Stirne, den Kaifer zu erfuchen, 
er möge ihm den Durchzug durch feine Länder geftatten, damit 
er die Denetianer befriegen könne, mit denen er wegen bes 
Beſitzes der Injel Veglia in Streit geraten war, und die Ver 
weigerung dieſes Wunjches als genügenden Grund zur Eröff- 
nung ber Teinbfeligfeiten zu bezeichnen! In den Faſten des 
folgenden Jahres wurden ſogar Frieſach, Gmünd, Sachſenburg 
und andere falzburgiiche Schlöffer von ungariichen Truppen 
unter Hans Haugwis von Seibersdorf bejegt. Damit nicht 
zufrieden, Tieß Matthias dem Katjer felbjt Radkersburg und 
nach längerer Belagerung Fürftenfeld und endlich durch Über- 
fall auch Landftraß wegnehmen. 

Damit, wie durch den im Sommer 1480 erfolgten Ein« 
Bruch des ungarifchen Hauptmanns Zeleny in Oſterreich nörb- 
lich von der Donau!) war der Friede gebrochen, wenn auch 
eine Kriegserflärung noch nicht erfolgt war. Doch kam e8 
noch zu keiner entjcheivenden Waffenthat. 

Der Kaiſer, anfangs auch durch einen Grenzkrieg gegen 
böhmifche Adelige gelähmt ?), vermochte nicht einmal eine ge- 
nügende Macht zufammenzubringen, um bie Ungarn aus Inner« 
Öfterreich zu vertreiben. Haugwitz und, als diefer im Herbite 
1480 in Gefangenſchaft geriet, ver Böhme Panisko durchzogen 
ganz Kärnten und die benachbarten Zeile von Oberfteiermart 
und brandichagten die Bewohner und mit ihnen wetteiferten 
die Söloner des Kaiſers. Um den Ruin der Einwohner zu 
vollenden, drang Anfangs Auguft 1480 wieder ein türfiiches 
Heer durch Krain in Kärnten ein, durchſchwärmte nicht bloß 
einen großen Zeil dieſes Landes, befonders das Drau-, Gurk⸗ 
und Lavantthal, fondern auch das ganze Murthal in Steiers 
mar! norbwärts bis vor Rottenmann, brannte alle Häufer, 
Kirchen und unbefeftigten Ortichaften nieder und führte bie 
Einwohner, die am Leben gelafjen wurden, aus Kärnten allein 


1) Chmel, Reg. Frid., no. 7394. 
2) Kurz, Ofterreich unter 8. Friedrich IL, 140 ff. 


Einfälle der Türken In bie öfterreichifchen und ungarifchen Länder. 259 


angeblich bei 500 Priefter, in die SHaverei ab 1). Es war 
ein geringer Erfolg für den Kaiſer, daß ber Erzbiichof Bern⸗ 
bard von Salzburg im November 1481 endlich wirklich ab» 
dankte und num ber Erzbiſchof Johann von Gran als fein 
Nachfolger anerkannt wurde. Denn wenn die Ungarn bisher 
im Namen des Salzburger Erzbiſchofs einen Teil Inneröfterreichs 
bejegt gehalten Hatten, fo tbaten fie dies fortan im eigenen 
Namen. Auch im Oktober 1483 kamen die Türken iwieber 
bis ins fübliche Kärnten. Doch wurden fie biegmal auf 
der Heimkehr am 29. Oktober von Matthias Gereb, Ban 
von Kroatien, angegriffen und vollſtändig aufgerieben, bie mit⸗ 
geführten Gefangenen befreit?). 

Wie dem Kaifer die Erichöpfung feiner Erblande und bie 
Sleichgiltigkeit des Deutichen Reiches die Aufftellung eines 
größeren Heeres unmöglich machten, ſo dem Könige Matthias 
bie Kriege gegen die Türken, ‚welche gegen Norden vollkommen 
freie Hand erhielten, da fie die Eroberung Albantens vollendet 
und am 25. Januar 1479 auch mit Venebig einen vorteil 
baften Frieden abgeichlofjen Hatten. 

Im Auguft dieſes Jahres, während Matthias aus Olmütz, 
wo er mit Wladiſlaw von Böhmen Frieden gejchloffen hatte, noch 
nicht zurückgekehrt war, drang ein zaßlreiches türkiſches Streif- 
korps von Südſteiermark her auch nach dem weftlichen Ungarn, 
wenigſtens bis Eijenburg vor, von wo e8 außer großer Beute 
taufende von Einwohnern wegführte. 

Auf der andern Seite fiel ein türkiiches Heer von 43000 
Mann, durch die Walachen beveutend verftärkt, noch im näm⸗ 
lichen Herbite in Siebenbürgen ein, das weit und breit aus⸗ 
geplündert wurde. AS die Türken mit reicher Beute nach- 
hauſe Tehrten, griff fie der Wohywode Stephan Bathory mit 
dem ftebenbürgiichen Aufgebote am 13. Oftober auf der Ebene 
Kenyermezö („Brotfeld“) zwifchen Broos und Karlsburg an. 


1) Unreſt, ©. 654f. Krones in „Beitr. z. K. ſteierm. Geſchq.“ 
VII, 37 und die Berichte in Mon. Habsburg, J,3, 208. 722—725. 
2) Unreft, ©. 689. Schreiben des K. Matthias an ben Papft vom 
6. November 1483. Mon. Hung. IV, 363. 
17* 


260 Erfolge der Ungarn. 


Schon waren die Siebenbürger nach tapferem Kampfe in Ge⸗ 
fahr, übermannt zu werben, ein Zeil derjelben auf dem Rück⸗ 
zuge, Baͤthory jelbit verwundet. Da erſchien im Rüden ber 
Feinde Paul Kinizfi, Obergeipan von Temesvar und General» 
tapitän von Niederungarn, mit neuen Streitkräften. Bon 
zwei Seiten gefaßt, erlitten die Türken eine vollftändige Nieder⸗ 
lage; ber größere Zeil ihres Heeres, wie e8 beißt, wenigſtens 
30000 Mann, mit mehreren Anführern bevedte das Schlacht» 
feld. Mitten unter den Leichen feierten die Ungarn beim Ein- 
bruche der Nacht den teuer erkauften Sieg und hielten ein Ge⸗ 
lage mit Gefängen und Tanz, wobei ber riefige Kinizfi, der 
e8 vom gemeinen Fußſoldaten zum Heerführer gebracht Hatte, 
einen erjchlagenen Türken mit den Zähnen erfaſſend, einen 
Reihen aufführtel ?) 

Diefe vernichtende Niederlage ver Türken rief unter den⸗ 
jelben einen jo großen Schreden hervor, daß fie in der nächlten 
Zeit Feinen Angriff auf Ungarn mehr wagten. Im Gegentetle 
nahm dieſes die Offenfive wieder auf. 

Im Frühſommer 1480 griffen die ungarifchen Feldherren 
im Bunde mit dem Woywoden Stephan von der Moldau bie 
Walachei an, jchlugen ein walachijch-türfifches Heer von 20 000 
Dann mit einem Verluſte von 8000 Mann, drangen bis zur 
Donau gegenüber von Nilopolis vor und eroberten einen großen 
Zeil des Landes, ohne dieſes freilich dauernd behaupten zu 
können ?). Anfangs November überjegte Kinizfi mit 32 000 
Mann bei Rama die Donan, und drang nach einigen glück⸗ 


1) Über dieſe Schlacht Bringt Bonfinii Dec. IV, lib. 6, p. 479qg. 
ben eingebenbften Bericht, ber freilich im einzelnen willkürlich ansgeſchmückt 
if. Bol. damit das Schreiben de K. Matthias aus Ofen, 22. Oktober 
1479 in Mon. Hung. Matyäs kir. koräbol. II, 394 und das fogen. 
Chron. Dubnic. in Hist, Hung. Font. domest. III, 20184. Dlugosz 
XIII, 586g. 

2) Nach zwei gleihlantenden Schreiben der Königin Beatrir an ihren 
Bruder und die Herzogin von Ferrara vom 9. Juli in Mon. Hung. II, 
4365qg. Über neue Kämpfe bafelöft im Sommer 1481 f. das Schreiben 
bes Königs Matthias ibid. IV, 360. 


Waffenſtillſtand zwiſchen Ungarn und der Türkei. 261 


lichen Gefechten durch) Serbien bis Kruſchewatz vor. Nach 
einer zwölftägigen Verwüftung des Landes kehrte er mit reicher 
Beute, begleitet von mehr al8 50000 Serben und 1000 Türken 
mit ihren Familien, bie auf ungarifches Gebiet überfiebelten, 
über die Donau zurüd. Gleichzeitig fiel Matthias felbit in 
Bosnien ein. Das ganze Gebiet an ber oberen Bosna wurde 
ausgeplündert und verwüſtet, felbft Vrhbosna, das heutige Se- 
rajewo, ſchon damals eine der größten Städte der europätichen 
Türkei, weggenommen, die Türlen wiederholt mit großem Ver⸗ 
Iufte gefchlagen. Die Ermübung feiner Leute, das fchlechte 
Wetter, das Ausbleiben der vom Papfte und anderen ttalient- 
chen Fürften in Ausficht geftellten Hilfe und fein geipanntes 
Berhältnis zum Kaifer bewogen ihn aber nach wenigen Wochen 
zur Rückkehr nach Agram, ohne daß er bie eroberten Gebiete 
zu behaupten werjucht hätte). Und doch ſchien ein Krieg gegen 
die Osmanen gerade jett größeren Erfolg zu verfprechen, ba 
der gefürdhtete Sultan Muhammed II. Anfangs Mai 1481 
ftarb und zwilchen feinen Söhnen Bajefiv TI. und Dſchem ein 
Kampf um die Herrfchaft ausbrach. Deffenungeachtet gab 
Matthias den Anerbietungen Bajefids Gehör und fchloß mit 
ihm Ende 1483 einen fünfjährigen Waffenftillftand, ber bann 
1488 auf weitere drei Jahre verlängert wurde. Ä 

Zugute ift diefer Waffenftilfftand nur den Türken gefommen. 
Denn gleich nach dem Abſchluſſe desſelben bemächtigten fte fich des 
Reſtes der Hercegowina, wodurch die Südgrenze Ungarns noch 
mehr gefährdet ward, und entriffen dem Woywoden der Moldau 
Kilta und Aljerman, was dieſen bewog, fich ftatt an Ungarn, 
wieder an bie Polen anzufchließen. 

Sobald fih Matthias vor Angriffen vonjeite der Türken 


1) Schreiben des K. Matthias an ben Papft aus Agram vom 
14. Dez. 1480 in Mon. Hung. IV, 339, wodurch auch die Zeit biefer 
Heerzlige fichergeftellt wird. Vgl. ibid. p. 847 das Schreiben vom 11. März 
1481 und die offenbar falfch batierten- Briefe besfelben ap. Katona 
XV], 282 und 395 (erfterer vollſtändiger Bei Teleki XII, 156) und 
Bonfinius IV, 5, p. 476 zu 1479. 


262 Erfolge ungarifcher Hauptleute in Ofterreich. 


ficher fühlte, nahm er ven Kampf gegen ven Kaifer mit größerer 
Energie auf. 

Schon bisher war biefer den ungariichen Feldhauptleuten 
nicht geivachien gewejen. Zwar entjekten ber Graner Erz 
biichof und ver böhmiſche Sölpnerführer Wenzel Wléek um 
Pfingften 1481, und zwar wahricheinlih während eines 
kurzen Waffenſtillſtandes, das von den Ungarn belagerte 
Marburg, erlitten aber dann bei einem Einfalle in Ungarn 
empfindliche Verluſte 2). Im SOfterreich durchſtreifte Zeleny 
ſchon anfangs 1481 ungeftraft das ganze Land von Wien bis 
über bie Enns, alles brandfchagend oder verwüſtend?). “Die 
weiteren Operationen wurden den Ungarn badurch erleichtert, 
daß Johann von Hohenberg (jüblich von Lilienfeld) dieſelben 
in feine Burgen aufnahm und daß auch die paſſauiſchen Städte 
in Nieveröfterreih in die Hände der Ungarn kamen. Denn 
auch in Paſſau wollte der Kaifer mit Genehmigung des Papftes 
einen feiner Günftlinge, ven In diplomatiſchen Gefchäften viel 
verwendeten Karbinal Georg Heßler, auf den biſchöflichen Stuhl 
bringen, während das Kapitel den bairtichen Kanzler Georg 
Mauerfircher wählte und im Herbfte 1481 die Städte Sankt 
Pölten und Mautern, um fie vor dem Kaiſer zu fchügen, dem 
Köntge von Ungarn verpfänbete. Das ganze Gebiet der Traifen 
kam auf biefe Weife in die Gewalt der Feinde, die ed übrigens 
kaum ſchlimmer trieben als die Taiferlichen Heerführer, mit 
denen Frievrih um den Solo marltete, und manche Beamte 
oder Edellente. 

Noch war übrigens ber Krieg nicht erflärt und es wurde 
auch unter Vermittlung teild päpftlicher Legaten teils beutfcher 
Vürften über die Herftellung des Friedens verhandelt. Matthias 
beteuerte immer feine Yriedensliebe und er mag auch anfangs 


1) Unreft, S. 665f. Die Urkunden über den Waffenfillftand bei 
Rurz IL 267-271. 

2) Kurz II, 157f. Über die weiteren GEreigniffe ſ. 8. Schober, 
Die Eroberung Nieberöfterreihs durch Mathias Corvinus in den Jahren 
1482—1490. Wien, 1879. (Aus den „Blättern des Vereins für Landes⸗ 
Iunde von Nieberöfterreich”, Jahrg. 1879 und 1880). 


. 


Perfönliches Eingreifen des 8. Matthias. 268 


mit Rüdficht auf die noch von ven Türken drohenden Gefahren 
einem Ablommen nicht abgeneigt geweſen fein. Leider finb über 
bie von beiden Seiten geftellten Bedingungen nur ſehr lüden- 
bafte Nachrichten bekannt. Wenn aber der ungariiche König 
im Herbite 1483 dem päpftlichen Legaten gegenüber fich bereit 
erflärte, bie eroberten Drtichaften in die Hände des Papftes 
zu geben, ver fie dem Kaiſer zurüditellen follte, falls ihm das 
Deutiche Reich drei Sabre lang 10000 Reiter gegen die Türken 
geſtellt Hätte, fo Hang biefe Bedingung wie Spott, da Matthins 
wohl wußte, daß der deutſche Reichstag fich dazu nie herbei 
lafjen würde. Es fcheint aber auch, daß ber Kaiſer und feine 
Näte für den Frieden feine Opfer bringen wollten, weil fie 
ſich in großen Illufionen wiegten und glaubten, daß ber um 
gariiche König wegen Erichöpfung feiner Kräfte den Krieg nicht 
mebr lange würde fortführen können ?). 

Und doch Hatte Matthias damals bereits perſönlich mit 
großem Erfolge den Kampf begonnen. Schon im Mat 1482 
eröffneten die Ungarn die Belagerung des feiten Haimburg, 
des Schlüffeld zu Oſterreich, die der König felbft von Pres- 
burg aus leitete. Anfangs wurde ein ungarijches Korps unter 
Stephan von Zapolya, Erbgrafen ver Zips, das die Belage⸗ 
zung veden follte, durch die Kaiferlichen zwifchen Hatmburg und 
Bruck vollftändig geichlagen und bie Ungarn zur Aufhebung 
der Belagerung gezwungen. Doch fammelte nun Matthias 
ein noch größeres Heer, das die Kaijerlichen nicht mehr zu 
durchbrechen vermochten. Am 5. Oktober ?) ergab fich daher 
bie durch Hunger aufs äußerfte gebrachte Stadt, einige Tage 
darauf auch die Burg. Bon da rüdte Matthias bis gegen 
Wien vor und bejeßte mehrere Ortichaften in ber Umgebung 
biefer Stabt, ſodaß die Zufuhr in biejelbe ſehr erſchwert ward. 


1) Der interefiante Bericht des Legaten, bes Biſchofs von Eittä bi 
Eaftello, ap. Pray IV, 162sq. Katona XVI, 500sqg. 

2) Diefen Tag giebt der gleichzeitige Bericht eines Frankfurter ar 
feinen Rat aus Wien bei Janſſen, Reichscorreſpondenz II, wor 
den 80. September ber fpätere Bonfint. 


264 Tapfere Berteibigung ber nieberöfterreichifchen Städte. 


Um nicht Hier eingefchloffen zu werben, verließ ber Kaiſer An⸗ 
fange April 1483 bie Stabt, die er nicht mehr wieberfehen 
ſollte, und 309 fih nah Graz zurüd. ‚Wenige Tage darauf 
ergaben ſich auch die Bürger von ‚Klofterneuburg gegen ben 
Willen ihres Rates. 

Im Sabre 1483 wurden keine größeren Zruppenicharen 
ins Feld geftellt. Der Kaifer Titt immer größeren Geldmangel, 
je ausgebehntere Gebiete von ben Ungarn bejegt ober gebrand- 
hatt wurden. Seine Unterthanen juchten fich zu helfen, wie 
e8 ging, wie denn die Stände von Kärnten 1482 mit bem 
ungarifchen Könige eigenmächtig Trieben fchloffen, den fie mit 
10000 Goldgulden erfauften, und im Herbit 1483 die Wiener 
ebenfalls durch Zahlung bedeutender Geldſummen fich die Er⸗ 
Yaubnis zur Weinleje erwirkten. Matthias wendete feine Auf- 
merkſamkeit eine Zeitlang den türkifchen Angelegenheiten zu und 
ließ fich vielleicht auch durch Die vom Papfte eingeleiteten Friedens» 
verbandlungen von größeren Unternehmungen abhalten. Doch 
eroberte er in biefem Jahre Güns !) und andere dem Kaifer 
verfetste ungarifche Ortichaften. 

Unmittelbar nach dem Abichluß des Waffenftiliftandes mit 
ben Türken nahm Matthias den Krieg gegen ven Kaiſer mit 
feiner ganzen Macht auf. Nicht die wenig zahlreichen Zruppen 
bes verlaffenen Kaiſers, fondern nur die tapfere Verteidigung 
ber niederöfterreichiichen Städte hinderte die Ungarn an raſchen 
Fortſchritten. Zuerft wurde am 25. Yebruar 1484 DBrud an 
der Leitha von den Ungarn nad längerer Belagerung erjtürmt 
und unter den Einwohnern ein großes Blutbad angerichtet. 
Korneuburg bielt eine mehr als fiebenmonatliche Belagerung 
aus, und Iapitulierte erft am 1. Dezember 1484, als alle 
Lebensmittel, Salz und Holz aufgezehrt und ein großer Zeil 
der Stabt mit ber Burg durch Feuer zerftört war. Dadurch 
warb Wien noch mehr gefährbet, beionders weil die große Kälte 


“ 


1) Bor den 25. Januar 1483 „in eigener Perfon mit großer unferer 
Arbeit”, wie er in Urk. von obigem Tage im Cod. d. patrius I, 371 
fagt. 


X 


Fall Wiens und des größten Teils von Niederöſterreih. 265 


ben Ungarn bie Überfchreitung der feftgefrorenen Donau, bie 
Beſetzung des Praterd und die Wegnabme der Verſchanzungen, 
welche die Brüden deckten, ermöglichte Bon allen Seiten 
wurde Wien nun eingeichloffen, die Donau durch breifuche 
Ketten und verſenkte Fäſſer abgeiperrt. Der Kaiſer, der ſich 
ſchon im Dftober von Graz nach Linz begeben batte, that alles, 
was in feinen geringen Kräften lag, um ber Stadt zu helfen, 
vermochte fie aber nicht zu retten. Die Not, wie es beißt 
dadurch gefteigert, baß einzelne reiche Bürger viele Lebensmittel 
aufgejpeichert Hatten und zu Wucherpreifen verkauften, ſtieg 
immer höher. Als infolgeveflen die untern Volksklaſſen eine 
brobende Haltung einnahmen, beichloß der Rat, in dem ber 
ungariiche König fchon feit Yängerer Zelt mehrere Anhänger 
hatte, die Übergabe der Stab. Am 1. Juni 1485 hielt ber 
König feinen feierlichen Einzug in Wien, worauf er fih von 
den Ständen Nieberöfterreich8 die Huldigung leiften ließ. 

Nach einander fielen nun die Heineren Stäbte in bie Ge⸗ 
walt des ungarifchen Königs, am 27. Juli Zulin, noch früßer 
Pechlarn, dann, nachdem der Krieg einige Zeit mit geringerem 
Eifer geführt worden war, Anfangs Yuli 1486 Stein, im 
Auguft Ziftersporf und Feldsberg, am 30. September nad 
längerer Belagerung Laa, am 12. Oftober Reg, am 22. No» 
vember Engenburg, fpäter Zwettl). Wiener Neuftabt ver⸗ 
tetdigte der Kommandant Hans von Wulfersporf, von ben 
treuen Bürgern unterftüßt, über ein Jahr gegen das [päter von 
Matthias jelbft geführte ungarifche Heer, 8000 Fußgänger und 
20000 Reiter, bi8 der Hunger auch ihn zwang, am 17. Auguft 1487 
bie Feſtung zu übergeben 2). In Nieveröjterreich wurden nur 
wenige Stäbte, wie Krems, Melt, Ips, Waidhofen und einige 
Schlöſſer von den Kailerlichen behauptet. Auch von Kärnten 


1) ©. hierüber auch ben Bericht bes ferrarefiihen Geſandten beim 
ungarifchen Könige in Mon. Hung. Matyäs kir. korab6l III, 172. 186. 
192. 198. 204. 213. 214. 216. 

2) Bgl. die erwähnten Berichte wie bie Briefe der Königin Beatrir, 
des Königs Matthias und bes befignierten Graner Erzbiſchofs Hippolyt 
von Efte 1. c. 263. 268. 276. 288. 302. 319sq. 328. 


268 Bläne bes Herzogs Philipp von Burgund. 


für feinen Abfall von ben Engländern 1435 die Graffchaften 
Macon und Auxerre und den größten Teil der Picardie zır 
beiden Seiten ber Somme. | 

So dehnte ſich Die Herrichaft Philipps von Burgund vor 
der Nordiee bis an den Jura und in bie Nähe ver Alpen aus 
und umfaßte die blühendſten, induſtriellſten und wohlhabendſten 
Linder. Obwohl nicht Souverän, fondern Vaſall teil des 
Königs von Frankreich teils des deutſchen Neiches ftand er bei 
ber bamaligen Zerfplitterung beider Reiche an Macht über beiven, 
wie er fich denn auch weigerte, vom Kaiſer Sigmund fich 
mit den Ländern belehnen zu laffen, die er meift gegen bie Be⸗ 
ſtimmungen des Neichölehnrechtes an fich gebracht Hatte. 

Schon Philipp ging mit dem Plane um, fich zu feiner 
Macht auch den entiprechenden Titel zu verjchaffen, ein neues 
lothringiſches Königreich zu gründen und dann vielleicht feinem 
Haufe. auch die Kaiſerwürde zus verichaffen. 

Die Not, in die König Friedrich durch die Schweizer und 
Sranzofen geriet, beisog ihn 1445 zum Verſuche, die Unter- 
ftügung des mächtigen Burgunders zu gewinnen. PHilipp kam 
ihm mit großer DBereitwilligfeit entgegen, ba ihm gerade damals 
viel daran gelegen war, fich den Befig bes neuerworbenen 
Luxemburg zu fichern, auf welches die Böhmen wegen ber 
früheren Zugehörigkeit dieſes Herzogtums zu ben Ländern ihrer 
Krone, und Herzog Wilhelm von Sachen im Namen feiner 
Gemahlin Anna, Enkelin des Kaijerd Sigmund, der Luxem⸗ 
burg als Mitgift verfchrieben worden war, Anipruch erhoben. 
Die Unterbandlungen wurben zuerft durch Friebrichs Bruder 
Albrecht VI., fpäter aber mit des Königs Näten Ulrich von 
Cilli und dem Kanzler Kafpar Schlick geführt, der feine Hab⸗ 
ſucht auch hier in der unverichämteften Weije an den Tag legte, 
indem er bem burgunbifchen Geſandten erflärte, er würde in 
dieſer Sache um jo fleißiger fein, wenn er wüßte, um welchen 
Preis er dem Herzoge dienen follte. 

Philipps Forderungen waren allerdings jehr weitgehend. 
Elifabeth, des Königs Ladislaus jüngere Schwefter, follte mit 
feinem Sohne Karl vermählt und diefer alle Anfprüche des 


Seine Unterbandlungen mit 8. Friedrich IH. 269 


luxemburgiſchen Haufes auf das Herzogtum Luremburg abge 
treten worben. Weiter follten alle Länder, welche ber Herzog 
von Burgund innerhalb Deutſchlands beſaß, zu einem König⸗ 
reiche erhoben und dem neuen Könige nicht nur alle echte, 
die dem Kaiſer in deſſen Ländern wie in Oftfriesland zuftanden, 
Sondern auch die Lebenshoheit über Geldern, Jülich, Kleve, 
Ders, Mark, Mörs und Lothringen, kurz über das ganze 
weftliche Deutſchland übertragen werben. Als Grenze für das 
neue Königreich wurde ver alte Umfang des lothringiſchen Reiches 
zur Zeit der Karolinger vorgefchlagen. Unb dafür bot ver Herzog 
nichts als für Friedrich und feinen Mündel Ladislaus die Hand 
zweier portugiefiicher Infantinnen, Nichten feiner Gemahlin! 
Um diefen Preis wollte denn boch Friedrich die Freundſchaft 
des Burgunders nicht erlaufen. Er war bereit, der Prinzeffin 
Elifabeth eine Mitgift von 70000 Goldgulden zuzufichern und 
diefe auf Luxemburg anzuweilen, aber er wollte zugleich allen 
andern ihre Anfprüche auf dieſes Land vorbehalten. Er er: 
Härte auch feine Geneigtheit, den Herzog zum Könige von Bra- 
bant zu machen und ihm als folchem alle feine in Deutjchland 
gelegenen Gebiete zu unterwerfen. Aber er behielt dem Reiche bie 
Lehenshoheit wie alle fonftigen Nechte vor und weigerte fich, 
ihm andere Länder unterzuorbnen, weil er al8 „Auguftus” das 
Reich zu mehren, nicht zu verkleinern und zu zerreißen verpflichtet 
ſei. Da diefe Angebote dem Burgunder nicht wertvoll genug 
Ihienen, brach er im Sommer 1448 bie Unterhanblungen ab’). 

Ende 1462, wo der Kaifer durch feinen Bruder, wie jeine 
Anhänger im Neiche durch die mit ihm verfeindeten Wittels⸗ 
bacher, Hart bedrängt wurde, warf er wieder jein Auge auf 
Philipp von Burgund, ver ſich auch wegen feines fcheinbaren 
Eifers für einen Kreuzzug der Fürſprache des Pabſtes erfreute. 
Wieder erklärte er fich bereit, demſelben den Königstitel zu ver» 
leihen und das Reichsvikariat in den wäljchen Landen jenjeits 


1) Die Altenſtücke mitgeteilt von Birk in Chmels öſterreichiſchem 
Geſchichtsforſcher I, 233—271 und in Chmels Materialien I, 165f. 
205—208. 240-245. 274. 277. 287. 


270 Eroberungen Karls bes Klibnen. 


des Rheines zu übertragen, wie feinen Sohn Marimilian mit 
Philipps Enkelin Darin zu vermählen. Als aber feine Lage 
fih) etwas beſſerte, ließ er den Plan wieder fallen, obwohl 
auch Albrecht von Brandenbung ihn eifrig befürmwortete und 
darauf Hinwies, daß dieſes Heiratsprojeft zur Vermeßrung ber 
. Macht des Haufes Ofterreich führen könnte 1). 

Ohne daß Philipp fein Haupt mit der Köonigskrone ges 
ſchmückt gefehen hätte, jchied er 1467 aus bem Leben. Aber 
auch fein Sohn Karl der Kühne, ein ehrgeiziger, tapferer, ja 
tollkühner, alles überftürzender Fürſt, hielt dieſelben Ziele feit. 
Bor allem war er mit Erfolg bemübt, fein Reich buch bie 
Erwerbung der dazwiſchen Tiegenden Gebtete zu erweitern und 
zu arrondieren. Wie er das Bistum Lüttich in Abhängigkeit 
von ſich brachte, fo bemächtigte er fich auch des Herzogtums 
Geldern mit Zütphen, indem er fich des Herzogs Arnold, ber 
von jeinem Sohne Adolf gefangen gehalten ward, annahm, ihm 
1471 die Freiheit verjchaffte und ihn 1473 gegen 300 000 
Goldgulden zur Abtretung feines Landes bewog. 

Im Süden fuchte er feine Herrichaft bis zum Oberrhein 
auszudehnen und auch Hier fchien er feinen Zweck zu erreichen. 
Sigmund von Tirol, dem die Eidgenoffen nah und nach alle 
habsburgiſchen Gebiete ſüdlich am Rhein entriffen hatten, war 
bon biefen wegen ber Gewalttbätigfeiten vorländiicher Adeliger 
gegen die ihnen verbünbeten Stäbte Mühlhauſen und Schaff- 
haufen 1466 neuerbings befriegt und am 27. Auguft 1468 im 
Frieden von Waldshut verpflichtet worden, denfelben bis zum 
24. Juni des folgenden Jahres 10000 Gulden Kriegsent- 
ſchädigung zu zahlen over ihnen bafür mehrere öfterreichtiche 
Gebiete zu überlaffen ). Teils um das Geld aufzubringen, 
teils um fich gegen weitere Angriffe der Schweizer ficher zu 
ſtellen, wendete fih Sigmund auf den Rat des Kaiſers an 
König Ludwig XI. von Frankreich, mit dem er bisher immer 


1) Bachmann, Reichsgeſchichte I, 360f. 372f. 
2) 8. Witte, Der Mühlhauſer Krieg. „Jahrbuch fiir Schweizeriſche 
Geſch.“ XI, 259—332. 


Berpfänbung vorberöfterreichifcher Gebiete an benfelben. 271 


in freundfchaftlichen Beziehungen geftanden Hatte. Diefer wollte 
- fih aber mit ven Schweizern umjoweniger verfeinden, als er 
mit dem Herzoge von Burgund und anderen mächtigen VBafallen 
ganz zerfallen war. Er Tieß daher eine Gefandtichaft, 
bie Sigmund an ihn fchidte, ohne Erfolg abziehen und dem 
Herzoge jelbft, der auf der Reife nach Frankreich fchon nach 
Troyes gelommen war, melden, baß er feine Weiterreife nicht 
wünſche. Run begab fih Sigmund im März 1469 zu Karl 
dem Kühnen nach den Nieberlanben und entichloß fich ſogar, 
befjen ‘Diener zu werden, wofür dieſer ihm feinen Schub bes 
ſonders gegen bie Eidgenofjen zuficherte. Endlich ließ fich Sig. 
mund auch roch bewegen, am 9. Mai dem Herzoge von Bur⸗ 
gund um 50 000 rheinifche Goldgulden bie Landgrafſchaft Ober- 
elſaß mit dem Sundgau, die Grafichaft Pfirt, die Stäbte 
Rheinfelden, Sedingen, Laufenburg und Waldshut, die Gräfe 
haft auf dem Schwarzwalb und Schloß und Stadt (Alt) 
Breiſach zu verpfänven, ober eigentlich zu geftatten, daß ber 
Burgunder diefe von Sigmund ſchon großenteils verjeßten Ge⸗ 
biete von den jekigen Inhabern an ſich löſe. Thatſächlich 
kam dies einer gänzlichen Abtretung dieſer Länder an ben 
Burgunder gleich, der dadurch fogar auf dem rechten Nhein- 
ufer feiten Fuß faßte. Denn wenn auh Sigmund ſich und 
feinen Erben das Recht vorbehalten Hatte, dieſelben um obige 
Summe unter Zurechnung der Einhaltungstoften zurüdzuldjen, 
fo war e8 nicht wahrfcheinlich, daß die Herzoge von Ofterreich, 
bie ohnehin immer in Geldnot waren, die erforderlichen Mittel 
anf einmal aufbrächten, da Sigmund felbft erllärte, daß jchon 
jegt die auf diefen Gebieten laſtenden Pfandjummen gegen 
180000 Gulden betrügen !). Nur die Ausficht, die verlorenen 


1) Der Beriht Sigmunds an ben Kaifer über feine Neife nach Frauk⸗ 
reich and Burgund und die Verhandlungen daſelbſt, noch vom Jahre 
1469 (nicht 1470), mitgeteilt von Chmel in Mon. Habsburg. 1,2, 131 ff. 
und mehrere auf bie Verpfändung bezügliche Urkunden in F. R. Austr. 
Dipl. II, 223sqq. Weitere verzeichnet Chmel in Mon. Habsburg. 1,1, 
3sqg. und Lihnomsty VII, Reg. Nr. 1349-1355. Bel. au 
G. Kraufe, Beziehungen zmwifchen Habsburg und Burgund bis zum 


272 Anträge des Herzogs Karl an ben Kaifer. 


Gebiete in der Schweiz Wieder zu gewinnen und an den ver⸗ 
haßten Cidgenoffen Race zu nehmen, konnten Siegmund zu 
einem jolchen Schritte beftimmen. 

Auf den vergnügungsfüchtigen Herzog Sigmund machten 
bie Pracht und der Reichtum des burgundiichen Hofes, an dem 
er ſehr lange verweilte, einen gewaltigen Eindrud. In feinem 
Geifte ftieg wieber ber Gebanfe auf, die blühenden Länder, 
bie Karl beſaß, durch eine Vermählung der einzigen Tochter 
besjelben mit dem Erzberzoge Maximilian an das Haus Djter- 
reich zu bringen. Da Karl fich diefem Projekt nicht abgeneigt 
zeigte, fo empfahl e8 Sigmund dem Katjer ). Da aber dem 
Herzoge von Burgund unterbeffen von Georg von Böhmen, 
der auch an demjelben eine Stütze zu gewinnen juchte, die 
römiſche Königswürde angeboten worden war ?), fo glaubte 
er auch vom Kaiſer basjelbe fordern zu dürfen, wenn er bie 
gewünjchte Heirat bewilligen ſollte. Um biefen günftiger zu 
ftimmen, ftellte er ihm auch feine Unterftügung zur DVertei« 
Digung gegen die Türken, zur Berubigung feiner Länder und 
zur Hebung des Reiches in Ausficht. Sigmund überbrachte 
diefe Anträge des Herzogs im Juli 1470 perſönlich dem Kaiſer 
nach Villach. 

Welchen Wert aber auch Friedrich auf die Freundſchaft des 
mächtigen Herzogs und auf die Heirat ſeines Sohnes mit der 
Erbin desſelben legen mochte, ſo wollte er doch unter keiner 
Bedingung denſelben bei ſeinen Lebzeiten zum römiſchen Könige 
wählen laſſen, da er durch denſelben ſicher vollſtändig in den 
Hintergrund gedrängt worden wäre und ſein eigener Sohn erſt 
nach deſſem Tode die deutſche Krone hätte erlangen können. 
Auch war die Wahl Karls zum römiſchen Könige ja gar nicht 


Ansgang der Trierer Zufammenkunft im Jahre 1473. Graubenz, 1876 
(Diff. von Göttingen), ©. 22ff., 8. Rauſch, Die burgunbifche Heirath 
Maximilians L, ©. 16ff. und H. Witte, Zur Geſchichte der Entftehung 
ber Burgunderkriege. H. Sigmunds von Öfterreih Beziehungen zu ben 
Eidgenofien und zu Karl d. Kühnen 1469—1474 (Hagenau 1885), S.1ff. 
1) Sigmunds erwäßnter Bericht 1. c. 
2) Balady IV,2, 600. Rauſch, ©. 35f. 


Erfolglofigkeit der Unterhandlungen. 278 


Sache des Kaijers, fondern ver Kurfürften, bei deren Majorität 
Sriedrih auf fein Entgegenlommen in dieſer Frage rechnen 
durfte. Er lehnte daher biefen Punkt unter Hinweifung auf 
feine Verpflichtungen gegen das Reich und die Kurfürften furz« 
weg ab. Dagegen erbot er fich auch jet wieber wie im Jahre 
1447, eines der Länder des Burgunders zu einem SKönigreiche 
zu erheben und alle übrigen Reichslehen desſelben bamit zu ver- 
einigen, unter der Bedingung, daß diefer vom Reiche die Bes 
lehnung empfange und demfelben Gehorſam leiſte und daß er 
dem Saifer und dem Herzoge Sigmund gegen alle Feinde im 
Reiche und in den Rändern des Haufes Oſterreich beiftehe, na- 
mentlich um biefem die Schweizer und Freiburg im Ochtland 
wieber zu unterwerfen ?). 

Karl Tehnte das Angebot, ihn zum Könige zu erheben, ge⸗ 
tade fo ab, wie früher fein Vater und gab fich zugleich den 
Anjchein, als wenn er auch die römiſche Königswürde als eine 
Laft anfühe, an die er nur gedacht habe auf das ‘Drängen 
vieler in ber Meinung, daß der Kaifer dies wünjche, und um 
bie Königswürde einft auf feinen Schwiegerfohn, ten Erzherzog 
Marximilian, übertragen zu können ?). | 


1) 8. Friedrichs „Antwort auf die Werbung und das Anbringen ber 
Burgundiſchen des Heirath8 und anderer Sachen halben, fo 9. Sigmund 
an fein kaiſerlich Gnaden gebracht bat“, in Mon. Habsburg. 1,1, 20 bis 
24, was dann Sigmund am 26. Sept. 1470 dem Herzoge von Burgund 
berichtet. Ibid. p. 10—13 = 25—28. Daß Sigmund an den Kaifer 
nicht, wie Raufh ©. 38 und 198 meint, Geſandte geſchickt, fondern 
ſelbſt die ihm von burgundiſcher Seite „in geſchrifft“ eingeantmorteten 
Vorſchläge an den Kaiſer (nach Villach) gebracht habe, ſteht ausdrücklich 
in des Kaiſers „Antwort“ und wird auch beſtätigt durch die Berichte bei 
Janſſen, Reichscorreſpondenz II, 256, Nr. 412, und bei Gemeiner, 
Negensb. Chronik III, 470, nach welch letzterem auch Kurgunbifche Räte 
in Billach gemwefen wären. Doch fiheinen biefe fhriftlichen Vorſchläge bes 
Herzogs von Burgund nach manchen ber Ausführungen bei Rauſch, 
S. 197 ff., mit der Inftruftion desfelben bei Commines ed. Godefroy 
IV, 392ff. nicht identiſch zu fein, ſondern biefe ind Jahr 1472 zu ge— 
hören. 

2) Schreiben an 9. Sigmund vom 15. Januar 1471. Mon. Habsb. 
I,1, 13. 

Huber, Geſchichte Öfterreichs. III. 18 


274 Wiederaufnahme ber Unterhanblungen. 


Die Unterhandlungen über das Hetratsprojeft fcheinen dann 
einige Zeit gerubt zu haben. Karls Aufmerkſamkeit wurbe 
durch den Sturz feines Schwagerd Eduard IV. von England 
und durch Kämpfe mit dem franzöfiichen Könige in Anfpruch 
genommen, ſodaß er nun andere Fürften, deren Unterftügung. 
ihm für den Augenblick notwendig fchten, durch die Hand feiner 
Tochter zu ködern fuchte. Der Kater jcheint nach den’ Forde⸗ 
rungen Karls ohnehin Keinen großen Eifer mehr dafür gehabt 
zu baben. Auch Stgmund von Tirol machte im Herbjte 1471 
einen Verſuch, mit den Eibgenoffen einen dauernden Frieden 
zuftande zu bringen, ba er fich überzeugte, daß Karl fih zu 
einem Kriege mit denfelben nicht bewegen laſſe 1). Als aber 
das Verhältnis des Kaifers zu feinen Untertbanen und zum 
Könige von Ungarn immer feindfeliger, die Raubzüge der Türlen 
immer gefährlicher wurden und fein Verſuch, durch perjünlicdes 
Ericheinen auf einem Reichstage in Regensburg im Sommer 
1471 die deutichen Stände zu feiner Unterftügung zu beivegen, 
vollftändig fehlihlug, da knüpfte er Ende 1472 die Verhand⸗ 
fungen mit dem Herzoge von Burgund wieder at. 

Karl war freilich unterveffen in feinen Forderungen: nicht 
mäßiger geworden. Auch bei den Verhandlungen, bie feine 
GSejandten im Sommer 1473 mit dem Kaiſer führten, hielt 
er an dem Verlangen feft, daß biefer fchon bei fetnen Lebzeiten 
ihn zum römiſchen König mache, wie dann auch er nach Frieb« 
richs Tode diefe Würde feinem Schwiegerfohne Marimilian 
übertragen würde. Er fuchte Friebrich durch den Hinweis zu 
födern, daß Mar durch die Vermählung mit feiner Tochter bie 
größten und jchönften Länder der Chriftenheit befommen und 
das Haus Djterreih auf diefe Weiſe mächtiger werden würde 
als irgend ein anderes Haus der Welt, daß der Kaijer felbit 
dur den Herzog Gehorfam finden, die Fürften und Städte 
im Reiche ihm wieder unterthänig gemacht werden und er 


1) Witte, ©. 9ff. gl. Mandrot, Etude sur les relations de 
Louis XI., roi de France, avec les cantons Suisses im „Jahrbuch für 
Schmeizer. Geſch.“ V, 145ff. 





Die Zufammenkunft zu Zrier. 215 


größeres Anfehen erlangen würbe, als irgend ein Kaiſer feit 
dreihundert Iahren, und daß er auf dieſe Weije auch im bie 
Lage käme, die Zürlen zu vertreiben. Nur im äußerften Falle 
wollte fih Karl mit feiner Ernennung zum ftändigen Reichs⸗ 
vikar und mit ber Zuficherung ber Kurfürften begnügen, daß 
fie ihn nach des Kaiſers Tode zu deſſen Nachfolger wählen 
würden ?). | 

Doch King die Erfüllung diefer Bebingungen, auch wenn 
ber Raifer auf diefelben hätte eingeben wollen, nicht von dieſem 
allein, fondern noch mehr von den Kurfürſten ab, und e8 war jehr 
zu bezweifeln, daß biefe fich berbeilaffen würden, den mächtigen 
und gewaltthätigen Herzog von Burgund zu ihrem Fünftigen 
Herrn zu machen. Wohl. in der Hoffnung, dieſen durch per- 
jönliche Verbandlungen zu einer Ermäßigung feiner Forderungen 
zu bewegen, veranftaltete Friedrich nach deſſen Wunfche Ende 
September 1473 mit ihm eine Zufammenkunft in Trier. 

Abt Wochen waren die beiden Fürſten bier beifammen, 
wobei Karl eine nie geſehene Pracht entfaltete. Vollſtändige 
Aufffärung über bie Verhandlungen in Trier werben wohl nie 
zu gewinnen. fein, weil fie meiſt zwijchen dem Kaiſer und dem 
Herzoge unter vier Augen oder höchſtens unter Beiziehung ihrer 
beriranteiten Räte geführt und fogar die anmwejenden beutichen 
Fürften im biefelben nicht eingeweiht wurben. Doch laſſen fich 
wenigſtens einige Hauptpunfte derſelben feftitellen 2). Anfange 
ſcheint der Herzog feine frühere Forderung wegen der Wahl 
zum vömiichen Könige aufrechterhalten, ver Kaiſer dieſelbe 
ebenfo wie vorher verweigert zu haben. Nach einem Monate 
war man fich gegenfeitig nicht einen Schritt näher gelommen, 


1) Mon. Habsburg. I,1, 30 - 41. 

2) Siehe die Zufammenftellung der Berichte bei Fr. Lindner, Die 
Zufammenkunft 8. Friedrich IH. mit Karl dem Kühnen im Jahre 
1473 zu Trier (Difi. von Greifswalde, 1876), S. 3—30 und 56ff. 
Kraufe, S. 47ff. Rauſch, ©. 86ff. und 207f. Am wichtigſten iſt 
jedenfalls das Schreiben bes Kurfürften Albrecht von Brandenburg an 
Wilhelm von Sachen vom 13. November 1473 bei Müller, Reiche 
Tags Theatrum V, 597 und Riedel, C. d. Brand. II,5, 201. 

18 * 


276 Scheitern ber Berhanblungen. 


fo daß Karl mit feiner Abreife drohte. Um ihn zu bejchwich- 
tigen, belebnte ihn der Katfer am 4. November mit dem kürz- 
ih erworbenen Derzogtum Geldern und ging auch fonft in 
feinen Anerbietungen jo weit, als er ohne grelle Verlegung 
der Intereffen des Neiches geben konnte. Wie ſchon vor brei 
Jahren erklärte er fich auch jegt bereit, die Länver, die Karl 
innerhalb Deutichlands beſaß, und Burgund jelbft, zu einem 
in männlicher und weiblicher Linie erblichen Königreiche zu er⸗ 
beben und damit auch Lothringen zu verbinden, bas für ein 
dem Neiche beimmgefallenes Leben angejeben ward, da ber im 
Juli verftorbene Herzog feinen Sohn, jondern nur einen Vetter 
Namens Renatus Binterlaffen hatte. Außerdem wollte ex dem 
Könige die Oberboheit über die Bistümer Utrecht, Lüttich, 
Zoul und Verdun und einige benachbarte weltliche Gebiete 
übertragen. Doch bielt er daran feit, daß dieſes Königreich 
mit allen feinen Ländern unter ber Lehenshoheit des deutſchen 
Reiches verbleibe, von biejem aljo nicht getrennt werde. Das 
gegen jollte Karl feine Tochter mit dem Sohne des Kaiſers 
vermählen. Schon bieß es, baß beide Fürften auf diefe Be⸗ 
dingungen bin fich geeinigt haben, daß Karl bes Kaiſers oberjter 
Hauptmann werben und ibm fein Leben lang 10000 Reiter 
gegen feine Feinde ftellen, daß er feiner bisherigen Verbindung 
mit dem Könige von Ungarn entjagen, ibm auch Elſaß als 
Mitgift feiner Tochter zurücdgeben wolle. Schon fahen alle 
jene Reichsſtände, die fich biäher dem Kaiſer gegenüber wider» 
ſpänſtig gezeigt batten, mit Bangen der Zukunft entgegen, wenn 
dem Kailer der mächtige Burgunder zur Seite ftand. 

An der Haltung der Häupter der Reichsſtände fcheiterte 
denn auch fchließlich die Einigung. Der Kaiſer wäre bereit 
gewefen, alle jene Punkte aus eigener Machtvolllommenbeit zu 
gewähren, und meinte, es follte da niemand etwas barein reben. 
Karl dagegen verlangte die Einwilligung der Kırfürften, ohne 
die fo wichtige Fragen bisher nicht erlebigt worben waren. 
Diefe aber waren nicht geneigt, den ſtolzen Burgunber noch 
mächtiger zu machen und befjen weite Gebiete dann in die Hände 
ber Habsburger kommen zu laffen. Denn mußte dann nicht 


B- u... ar u ig .. 


Karl der Kühne vor Nenf. 217 


bie Bedeutung ber Neichsitände, vor allem ihr eigener Einfluß, 
ganz in den Hintergrund gedrängt werden? Die Räte ber 
abwejenden Kurfürften erklärten daher, ohne ihre Herren nichts 
bewilligen zu können, die perfönlich anweſenden, die Erzbifchöfe 
von Mainz und Trier, verfagten geradezu ihre Zuftimmung. 
Konnte fich daher Karl ver Erfüllung der ihm vom Sailer 
gemachten Beriprechungen nicht ficher fühlen, jo zeigte auch er 
feine Neigung, feine bisherigen Freunde und Bundesgenoſſen, 
Matthias von Ungarn und Frievrih von der Pfalz, beffen 
Bekriegung der Kaiſer vor allem wünfchte, preiszugeben ober 
gar belämpfen zu helfen. Der Kaijer foll auch vom Könige 
Ludwig von Frankreich, Karl Zodfeinde, gegen biefen aufe 
gereizt worben fein. Da fo die Ausficht auf eine Kinigung 
immer mehr dahinſchwand, fo reilte der Sailer am 25. No» 
vember vor Tagesanbruh aus Trier ab, ohne fich vom Herzoge 
auch nur verabichievet zu haben. 

Karl, der ſchon Vorbereitungen für feine Krönung getroffen 
Batte, war über das Scheitern feiner Pläne höchlich entrüjtet 
und ſuchte num feinen Einfluß am heine in Oppofition gegen 
den Kaiſer auszubreiten, wozu ihm die Wirren im Kölner 
Erzftifte Anlaß gaben. Der Erzbiichof Ruprecht, ein Bruder 
Friedrichs von der Pfalz, war wegen feiner willfürlichen Re⸗ 
gierung mit feinen Ständen und dem Kapitel vollftänbig zer» 
fallen, jo daß biejes ihn abgejegt und den Landgrafen Hermann 
von Heffen zum Aominiftrator gewählt hatte. Da der Kaiſer 
biefen anerlannte, wendete fich Ruprecht an Karl von Burgund, 
übertrug ihm die Schirmvogtei über das Erzbistum und ber» 
ſprach ihm außerdem für feine Unterftügung eine große Geld» 
entihädigung. Ende Juli 1474 erichien biefer mit einem 
ftattlichen Heere im Erzftifte und begann die Belagerung von 
Neuß, in das fih Hermann von. Heflen ſelbſt zurücdgezogen 
Batte. 

Karl kam aber bald in eine fehr fchwierige Lage. Neuß 
widerſtand zehn Monate Yang allen Stürmen ber Burgunder, 
und unterbeffen fammelte fih, nachdem auf einem Reichstage 
in Augsburg der Krieg gegen Karl beichloffen worden war, 


278 Die Bewegung am Oberrhein gegen bie burgumbdifche Herrfchaft. 


fett dent Dezember 1474 unter der Anführung des Kurfürften 
Albrecht von Brandenburg als Feldhauptmanns ein Reichsheer, 
das wenigftens an Zahl dem burgundiſchen bebeitend überlegen 
war). 

Schon früher hatte fih am Oberrhein gegen Karl eine ges 
fährlihe Bewegung erhoben. 

Die ſtramme, ja drüdende Regierung feines Statthalters 
Peter von Hagenbach ?) Hatte bewirkt, daß bie Einwohner ber 
ihm von Sigmund von Tirol verpfändeten Gebiete fich wieder 
unter bie frühere Herrichaft zurückſehnten. Ebenſo lebhaft war 
der Wunſch der Eidgenoffen und einiger Reichsſtände des ſüd⸗ 
weftlichen Deutichland, die ftätig anwachſende Macht des bur- 
gundiſchen Herzogs aus ihrer Nähe zu verbrängen, da beffen 
unerfättlicher Ehrgeiz auch ihre Selbſtändigkeit bedrohte. Schon 
Anfangs 1473 Hatten die Städte Straßburg, Bafel, Kolmar 
und Schlettftabt, und die Bilchöfe von Straßburg und Baſel 
einen Bund unter fich gefchloffen, und einen folchen auch mit 
den Eidgenoſſen zuftande zu bringen gefucht. ‘Diefe, auch von 
Hagenbach vielfach beleidigt, waren nicht bloß dazu bereit, ſon⸗ 
bern fuchten jett ‘auch einen Ausgleich mit Öfterreich herbei 
zuführen. Da Sigmund von Tirol, vom burgunbiichen Herzoge 
immer mit leeren Verſprechungen abgefpeift, bie Hoffnung auf 
Unterwerfung der Schweizer aufgegeben Batte, fo ſuchte er 
wenigſtens die verpfändeten oberrheiniichen Gebiete wieder an 
fih zu bringen, was ohne das Geld der Neichsftäbte und bie 
Waffendilfe der Eidgenoſſen unmöglih war. Um biefen Zwed 
zu erreichen, war er bereit, zugunften dev Schweizer auf alle 
Gebiete, die fte feinem Haufe abgenommen hatten, zu verzichten 
und mit benfelben nicht Bloß, wie es bisher immer gejcheben 
war, einen Waffenſtillſtand auf eine gewilfe Anzahl von Jahren, 
fondern einen bauernden Frieden zu ſchließen. Da fo bie 


1) Markgraf, De bello Burgund. a Carolo Audace contra ar- 
chiep. Colon. suscepto. Berol. 1861. 

2) 9. Witte, Zur Geſchichte ber burgundiſchen Herrſchaft am Ober- 
rhein 14691473, in „Zeitſchr. f. d. Geſch. d. Oberrheins“ N. F. J, 
129 ff. 


a In Br un. - “ De 


Angriffe auf die burgundiſchen Länder. 279 


Intereſſen aller diejer Parteien in ihrer Richtung gegen Bur⸗ 
gund fich begegneten, jo kam leicht eine Einigung zwifchen ihnen 
zuftande. Am 30. März 1474 wurde unter DVermittelung 
eines franzöfiihen Geſandten zwiſchen Sigmund im Namen 
Oſterreichs und den Schweizern in Konftanz ber Friede, bie 
„ewige Richtung”, und dann zwifchen beiden und den Städten 
und Bilhöfen des Oberrheins auf zehn Jahre ein Bündnis ab- 
geichloffen. Die Städte liehen dem Herzoge die zur Auslöſung 
ver Pfandichaften nötige Summe, und fie und bie Schweizer 
veriprachen ihre Hilfe gegen Karl, fall diefer die Herausgabe 
ber bverpfändeten Gebiete verweigerte. ALS Dies wirklich der 
Tall war, erhoben fich, nachdem an einzelnen Drten ſchon früher 
Aufftände ausgebrochen waren, die Einwohner überall gegen bie 
‚welihe Tyrannei“ und nahmen am 11. April auch den Statt- 
halter Hagenbach in Breifach gefangen, der am 9. Mai dem 
Haſſe des Volles geopfert und enthauptet wurde ). 

Die Schweizer und ihre Verbündeten griffen jogar bie bur- 
gundiſchen Erblande an. Anfangs November 1474 fielen fie 
in die France Comté ein und eroberten nach einem Siege 
über ein burgundilches Entſatzheer die Stadt Hericourt. Im 
folgenden Frühjahr erfolgte ein neuer Einbruch. Auch Karls 
Erbfeind, Ludwig XI. von Frankreich, der mit den Schweizern 
und am 31. Dezember 1474 auch mit dem Kaifer ein Bündnis 
ſchloß, begann nach längerem Zögern im folgenden Mai bie 
Beindfeligkeiten und nahm einige Städte in der Picardie weg. 
Karl jelbjt wurde vor Neuß, das noch immer fich behauptete, 
von einem immer mehr anwachſenden Neichsheere bedroht. 

Da trat auf einmal eine Wendung ein. Der Papft Batte 
fih in letzter Zeit ernftlihe Mühe gegeben, den Frieden in 
Mitteleuropa berzuftellen, ohne den eine Abwehr der immer 
weiter vorbringenden Türken unmöglich war. Nach dem Bruche 


1) 8. Dändliker, Urfacden und Vorfpiel der Burgunderfriege (Zürich 
1876), ©. 31f. Rauſch, ©. 97f. Witte, Burgunderfriege, 
S. 29ff. Für den Reichäkrieg gegen Karl von Burgund und den Aus- 
gleich mit dem Kaifer wie die weiteren Ereigniſſe bis zu Karls Tode ſiehe 
Rauſch, S.107—158. 


280 Karla Einigung mit dem Kaifer. 


zwiichen dem Kaiſer und dem Herzoge von Burgund hatte er 
den Biſchof von Forli nach Deutichland geſchickt, um bie beiden 
Fürſten wieder zu verjöhnen. Die Vermittelung besielben 
wurde auch von mehreren Fürften unterjtügt, auch des Kaiſers 
Feldhauptmann Albrecht von Brandenburg war einem Aus» 
gleiche geneigt. Da dem Sailer jelbit mehr baran liegen 
mußte, den Herzog zu gewinnen ald zu vernichten, fo fam ein 
Präliminarfriede zuftande, ber am 28. Mai 1475 bekannt 
gemacht wurde. Karl bob die Belagerung von Neuß auf, 
leiftete dem abgeſetzten Erzbilchofe Ruprecht keine Unterftügung 
mebr und gab feine Zuftimmung zur Vermählung feiner Tochter 
mit dem Eraberzoge Maximilian. Der Kaifer dagegen fcheint 
ibm ftilljchweigend ben Herzog von Lothringen und die Schweizer 
preisgegeben zu haben. 

Auh mit dem franzöfiichen Könige brachte Karl am 
13. September eine neunjährige Waffenruhe zuftande, befjen 
Spite gegen Ofterreich und die Schweiz gerichtet war, indem 
dem Herzoge das Recht vorbehalten wurde, Pfirt und Eljaß 
wieder in feine Gewalt zu bringen und die Eidgenofjen zu bes 
friegen, wenn fie dieſen Ländern Hilfe leifteten ). Es ging 
ein Zug tiefer Verlogenheit durch die Welt, und jeder bielt 
es für erlaubt, jelbit feinen Verbündeten in jedem Augenblide 
zu verraten. 

Bon allen Seiten fichergeftellt, warf fich der Burgunder 
jegt auf Lothringen, das er mit der Hauptftabt Nanch in we⸗ 
nigen Wochen eroberte, und dann auf die Schweizer, welche in 
biefem Jahre auf Koften des mit ihm verbündeten Savoyens 
und ſavoyardiſcher Vaſallen Eroberungen gemacht und das 
Gebiet bi8 zum Genfer Sce unterworfen hatten. Der Raifer 
ſah ruhig zu, da Karl enblih am 17. November im Lager 
vor Nanch Vollmacht zum Abſchluß eines definitiven Frieden 
gab und am 6. Mai 1476 auch erklärte, daß im November 
die Vermählung feiner Tochter mit deſſen Sobne jtattfinden 
follte. Auch Sigmund von Tirol ſchloß am 1. Januar einen 
breimonatlichen Waffenftillitand. 


1) Mandrot, Etude, im „Jahrbuch f. Schwelzer. Geſch.“ VI, 216f. 


— 


5 





Der Fal Karls von Burgund. 231 


Trotzdem follte Karl an den Schweizern unüberwinbliche 
Gegner finden. Am 2. März 1476 wurde er bon den viel 
ichwächeren Eidgenofien bei Grandſon und noch entichievener 
am 22. Juni bei Murten gefchlagen, wo er mwenigftend 10 000 
feiner beten Krieger verlor. Als er bierauf Nanch belagerte, 
deſſen fich der Herzog Renatus wieder bemächtigt hatte, wurde 
er am 5. Januar 1477 von den Lothringern und jchweize- 
riihen Soldtruppen neuerdings befiegt und fand dabei felbft- 
ein tragiiches Ende. 

Der Kaiſer war natürlich bemüht, bie vereinbarte Vers 
mählung jeines Sohnes mit Karl Tochter und Erbin jegt 
zur Ausführung zu bringen und benjelben die burgundiſch⸗nieder⸗ 
ländifchen Gebiete zu fichern )). Doch mußte er ſich vorläufig 
auf die Abſendung von Briefen und Gejandten beichränfen, da 
feine Kräfte durch den Aufſtand der öfterreichiichen Adeligen und 
bie drohende Haltung des ungariichen Königs gelähmt waren. 

Und doch wäre es dringend notwendig gewefen, feinen Sohn 
mit Geld und Truppen verſehen nad den Nieberlanden zu 
ſchicken, da deſſen Braut von allen Seiten bebrängt wurde. 
Als Karl der Kühne unter ven Streichen feiner Feinde jeine 
Seele ausgehaucht hatte, waren infolge ber ewigen Kriege und 
ber Gewaltherrſchaft der letzten Herzoge fein Schat geleert, 
jein Heer zertrümmert, feine Unterthanen, bejonders die Bürger 
ber großen Städte, unzufrieven. Lubwig XL von Frankreich 
war entichloffen, dieſe günftige Gelegenheit zur Erwerbung eines 
großen Teils der Länder Karls zu benugen, während er bie 
entfernteren als Köder für deutſche Fürſten bereit hielt, bie 
feine Pläne zu unterftügen bereit wären. Konnte er nicht Die Hand 
Marias für feinen fiebenjährigen Sohn Karl erhalten, fo wollte 
er wenigſtens die Picardie, Artois und Flandern wie das Herzog- 
tum und die Freigrafichaft Burgund für Frankreich gewinnen, 
die er als erledigte Kronlehen in Anfpruch nahm, obwohl die 
Tranche Comté deutſches Neichslehen, die übrigen Länder allers 


1) Bgl. mit der Darftellung bei Rauſch, S. 159ff. auch die Akten⸗ 
ftüde in Mon. Habsburg. I,1, 137 gg. ſelbſt. 


234 Marias Tod und defien Folgen. 


1482 infolge eines Sturzes vom Pferde, nachdem fie ihrem 
Gemahle drei Kinder geboren hatte, von denen zwei, der bald 
vierfährige Sohn Philipp und die zweijährige Tochter Mar⸗ 
garetha, fie überlebten. 

Für Marimilian war dies nicht bloß in perfönlicher, ſon⸗ 
dern auch in politticher Beziehung ein furchtbarer Schlag. Troß 
vieler guten Eigenfchaften war es ihm bisher nicht gelungen, 
die Zuneigung der Niederländer zu erwerben, deren Sprache 
er noch nicht einmal recht verſtand. Obwohl feine Gemahlin 
in ihrem Teſtamente ?) ihn zum Vormunde ihrer Kinder und 
zum Regenten ihrer Länder beftimmt hatte, jo feßten bie flan» 
driſchen Städte, voran bie ftolzen enter, doch einen Regent⸗ 
Ihaftsrat ein, der jedes jelbjtändige Vorgehen des Fürften un⸗ 
möglich machte. Aufgeitachelt vom franzöfiichen Könige Tnüpften 
fie jogar eigenmächtig Friedensunterhandlungen an, wozu endlich 
auch Maximilian jeine Zuftimmung geben mußte, ba gleich- 
zeitig Geldern ſich zugunften jeines alten Herzogsgeichlechts 
zu erheben drohte und auch der Kaiſer, vom ungarifchen Könige 
bevrängt, ibm nicht Helfen fonnte. Am 23. Dezember 1482 
wurde der Friede von Arras abgefchloffen. Durch diefen wurden 
das Herzogtum Burgund und die Picardie ftillichweigend an 
Frankreich überlaffen. Artois, die Franche Comté, Macon, 
Auxerre, Charolais und Bar fur Seine ſollte die junge Prin— 
zeifin Margarethe als Mitgift erhalten, die bei reiferem Alter 
den Dauphin heiraten ſollte. Doch jollten dieſe Gebiete, wenn 
Margaretha Feine Kinder erhielte, wieder an ihren Bruder 
Philipp zurüdfallen. Jene Städte, welche in dieſen Gebieten 
von den Franzoſen bejegt waren, blieben auch fortan vorläufig 
in der Gewalt derſelben. Wenn Philipp ohne Erben mit Tod 
abginge, jollte jeine Schweſter in allen Ländern ibm folgen. 
Margaretha wurde bald darauf zur Erziehung nach Frankreich 
gebracht. 

Obwohl am 30. Auguft 1483 dem ränfevollen Ludwig XI. 
Maximilians defignierter Schwiegerfohn, Karl VIIL auf dem 


1) Bom 24. März 1482 bei Lichnowsty VIII, DCCXXXI. 


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Kriege und Aufftänbe. 235 


franzöſiſchen Throne folgte und nun in Frankreich innere Wirren 
ausbrachen, fo dauerten die Intrigen gegen Maximilian doch auch 
jest noch fort. Die Flandrer, welche diefen nicht als Negenten 
anerkannten und felbft feinen Sohn ihm vworentbielten, wurben 
von Anna von Beaujen, der energiichen und berrichlüchtigen 
Schweſter des ſchwächlichen Karl VIIL, nicht bloß ermutigt, 
fondern auch mit Truppen unterftügt. Erſt nach längeren 
Kämpfen vermochte der Erzherzog die flandriſchen Stäbte, zu. 
zulegt Ende Juni 1485 auch das reiche Gent, zu bezwingen 
und zur Anerkennung jeiner Regierung und zur Auslieferung 
feines Sohnes zu nötigen. Kine Kriegsentichädigung von 
700000 Goldgulden war bie Strafe für den bisherigen Un- 
gehorſam. 

. Obwohl gerade in denſelben Tagen ſein Vater flüchtig 
Oſterreich verlaffen hatte und im Reiche die Mittel zur Wieder 
erlangung besjelben zu gewinnen bemüht war und bie energijche 
Mitwirkung dazu vor allem Marimiltans Pflicht gewejen wäre, 
jo beſchloß dieſer Doch den Krieg gegen Frankreich fortzujegen, 
um an Anna von Beaujen Nache zu nehmen. Er verband 
fih mit ihren Gegnern, ven Herzogen von Orleans und 
Dretagne und anderen franzöjiichen Großen, um die Negentin 
aus der Nähe des Könige zu entfernen und bie zentraliftiiche 
Umgeftaltung Frankreichs aufzuhalten. Allein jeine Verbündeten 
wurben gefchlagen, feine Zruppen von den Franzoſen befiegt. 
Neuerdings erhoben fich gegen ihn die mächtigften Städte Flan⸗ 
derns, die fich über die Begünftigung fremder Näte und Be 
amten, über die Ausfchweifungen ver Soldaten, über Verlegung 
ihrer Privilegien, über Unterlafjung der Rechnungslegung be= 
Hagten. ALS er perfönlich fich nach Flandern begab, um bie 
Unzufriedenheit zu bejchwichtigen, ward er von den Bürgern 
von Brügge am 1. Februar 1488 gefangen genommen, mehrere 
feiner Räte und Anhänger bingerichtet, er felbft am Leben bes 
droht oder in Gefahr, an Frankreich ausgeliefert zu werben. 
Erft al8 unter perfönlicher Anführung feines greilen Waters 
ein Neichäheer von mehr als 20000 Mann beranzog, erhielt 
er nach viertbalbmonatlicher ftrenger Haft feine Freiheit wieder, 


256 Kämpfe mit den auffländifchen Niederländern. 


nachvem er eiblich ven Aufſtändiſchen Amneſtie zugefichert, ja 
fogar verjprocen hatte, auf die Regierung. in Flandern zu⸗ 
gunjten eined aus den vornehmſten Adeligen beſtehenden Rates, 
bem auch ber Prinz Philipp ausgeliefert werben follte, ganz zu 
verzichten und die Union ber niederländiſchen Brovinzen und bie 
Stellung verjelben unter den Schuß Frankreichs anzuerlennen. 

Marimilian felbft fcheint auch die Abficht gehabt zu haben, 
biefe ihm abgebrungenen Verpflichtungen zu halten. Aber fein 
Vater und die bet ihm befindlichen Fürſten glaubten folche 
Gewaltthaten nicht ungeftraft laſſen zu dürfen und bielten weder 
fih noch Marimilian felbft durch einen Vertrag für gebunden, 
den nur Zwang biltiert und die Todesfurcht beichworen hatte. 
Unter furchtbaren Verwüftungen drang das Neichsheer, bem 
auch Mar fich anjchloß, in Flandern ein, das anderſeits durch 
ein franzöfiiches Hilfscorps unterftügt wurde. Nicht bloß bie 
Flandrer behaupteten fich, fondern auch Brabant fiel nach ber 
Heimkehr der meiſten Reichötruppen größtenteild in bie Hände 
der Aufſtändiſchen. Ohne die verlornen Gebiete bezivungen zu 
haben, verließ Marimilian am Ende des Jahres 1488, bald 
nach feinem Bater, die Niederlande, um die Wiedereroberung 
Oſterreichs zu verfuchen. Auch der von ihm zurüdgelaffene 
Generalſtatthalter, Herzog Albrecht von Sachfen vermochte 
trotz feiner Energie und kriegeriſchen Tüchtigkeit die Flamländer 
nicht zu unterwerfen. 

Da führten die auswärtigen Verhältniſſe eine Wendung 
berbei. Ä 

Am 9. September 1488 war Marximilians Bundbesgenoffe, 
ber Herzog Franz von Bretagne, mit Hinterlaffung einer zwölf 
jährigen Tochter Namens Anna geftorben, nachdem er kurz vorher 
nach einer durch die Franzoſen erlittenen Niederlage fich ver- 
pflichtet hatte, feine Zochter nicht ohne Zuftimmung des Königs 
zu vermäßlen. Jetzt waren die in mehreren Feſtungen zurüd- 
gebliebenen franzöfiichen Zruppen die Herren im Lande. Über 
bie meift keltiſche Bevölkerung war der Herrichaft Frankreichs 
abgeneigt und auch die benachbarten Mächte fuchten einen jo 
bedeutenden Machtzuwachs desjelben zu verhindern. Ferdinand 


Aunna von Bretagne. 287 


bon Aragonien, der den franzdflichen König zur Herausgabe 
ber verpfaͤndeten Grafſchaften Rouſſillon und Eerbagne zwingen 
wollte, wie Heinrich VII. von England ſchickten den Bretagnern 
Hilfstruppen. Unter Vermittlung des erfteren kam auch am 
14. Februar 1489 ein Bündnis des legteren mit Maximilian 
zuftande, welches biefem im Kampfe gegen die Niederländer bie 
Unterftägung Englands verfchaffte. Um die gefährliche Koalition 
zu |prengen, machte Karl VIEL Friedensanträge, auf die Mar 
um fo Tieber einging, ba er feine ganze Macht gegen Ungarn 
wenden konnte, wenn er im’ Weiten freie Hand erhielt. Nach 
dem Bertrage, den er am 22. Juli 1489 in Frankfurt zugleich 
im Namen feines Sohnes Philipp mit dem Könige von Frank⸗ 
reich fchloß, ſollte diefer die Blandrer zur Unterwerfung bewegen, 
im Notfalle Telbft gegen fie Hilfe Teiften, während in dem 
Streite um das Herzogtum Burgund und einige andere Gebiete 
auf einer Zufammenkunft beider Fürften eine Verftändigung 
angeitrebt werben jollte. Infolge der Bemühungen franzöfiicher 
Geſandter wie der kriegeriſchen Erfolge Albrechts von Sachſen 
ſchloſſen die Flandrer am 30. Dftober 1489 den Vertrag von 
Montils⸗les⸗Tours, durch welchen fie fich zur Unterwerfung in 
bemütigenden Formen, zur Anerkennung der Regentichaft Maxi⸗ 


miltans und zur Zahlung von 300 000 Goldthalern verpflichteten. 


Zu Ende waren die Unruben in den Niederlanden freilich auch 
jegt noch nicht, erft im Jahrr 1492 gelang e8 dem Herzoge 
Albrecht, ven legten Widerſtand zu brechen. Und wieder wurden 
die Aufftändiichen von Frankreich aufgehegt und unterjtügt, da 
ber Krieg zwilchen dieſem und Marimilian nach kurzer Zeit 
wieder ausbrach. 

Nah dem Frankfurter Vertrage hatte Karl VIII. ver 
Iprochen, der Herzogin Anna die von ihm in der Bretagne 
eroberten Städte zurüdzugeben, wenn ihr Land auch von den 
Engländern geräumt würde. Doch ift biefer Artikel nicht zur 
Ausführung gefommen, da Anna nicht wünfchen fonnte, jchuß- 
108 den Franzoſen preisgegeben zu werden, und ber engliiche 
König nicht geneigt war, feine fefte Stellung in der Bretagne 
aufzugeben. Auch der franzöfiiche König machte Schwierigfeiten. 


288 Annas Vermählung mit Karl VIII. von Frankreich. 


Da ſuchte Maximilian den Knoten dadurch zu burchhauen, daß 
er jelbjt um die Hand der Herzogin Anna anbielt, die ihm 
ſchon durch ihren Vater einmal in Ausficht geftellt worben war. 
Anna willigte ein und Ende 1490 Tieß fih Mar durch Proku⸗ 
ration mit ihr vermählen. 

Karl VIIL, der e8 für eine Lebensfrage für Frankreich anſah, 
die Vereinigung der Bretagne mit einem fremden Staate zu 
verhindern, ließ Truppen in das Land einrüden und brachte 
durch Gewalt und Gelb bald das ganze Land bis auf bie 
Hauptftadt Rennes in feine Hände. Da Mar durch die un⸗ 
garische Angelegenheit und den Willen feines Vaters im Oſten 
zurückgehalten warb und auch die Niederländer feine Gemahlin 
nicht unterſtützten, ja teilweife im Aufftand waren, fo fah fi 
Anna, deren eigene Umgebung bereits vom franzöfiichen Könige 
gewonnen war, endlich gezwungen, das Hart beprängte Rennes 
am 15. November 1491 zu übergeben. Hatte fie ſich anfang 
noch die Erlaubnis erwirkt, fich zu ihrem Gemahl zu begeben, 
fo Tieß fie fich bald umftimmen und reichte fie dem franzöſiſchen 
Könige die Hand, mit dem fie am 6. Dezember bie Hochzeit 
feierte. Die Difpens von ihrer Ehe mit Marimilian batte 
der Bapft Innocenz VIII. bereit8 heimlich erteilt. 

Mar war wütend über die ihm zugefügte doppelte Kränkung, 
daß fein eigener Schwiegerfohn ihm jeine Gemahlin und deren 
Land entriffen hatte, während feine Tochter auch jetzt noch in 
Tranfreich zurüdgehalten wurde. Wenn er fortan ein leiden⸗ 
Ihaftlicher Feind Frankreichs geweſen ift, jo bat dieſe An⸗ 
gelegenheit vielleicht am meilten dazu beigetragen. Und um 
feine Berlegenheit zu vermehren, entließ Karl VIIL. den Sohn 
bes vertriebenen Herzogs von Geldern, der 1487 in fran- 
zöfifche Sefangenfchaft geraten war, im folgenden Frühjahr aus 
feiner Haft, worauf verjelbe von den früheren Untertbanen 
feines Vaters freudig ald Herr anerkannt wurde. Vergebens 
ſuchte Dar für den Rachekrieg gegen Frankreich die Unterſtützung 
ber beutichen Fürften zu gewinnen; nur in fehr geringem Maße 
ward ihm bdiejelbe zuteil. Auch das Bündnis mit England 
und Spanien balf ihm wenig. Heinrich VIL, der Einmiſchung 


Friede von Senlis. 289 


in die Angelegenheiten des Feſtlandes abgeneigt, ließ fich ſchon 
am 3. November 1492 durch hohe Geldſummen zum Trieben 
bewegen, und feinem Beijpiele folgte am 19. Januar Spanien, 
als der franzöfifche König Rouffillon und Cerdagne zurüdgab. 

Deffenungeachtet führte Mar den Krieg glüdlihd. Don 
ben Niederlanden aus ward durch Überfall die Feftung Arras 
gewonnen und gegen alle Angriffe der Franzoſen behauptet. 
Ende des Jahres 1492 fiel Maximilian jelbft mit einem Söldner⸗ 
beer in die Franche Comté ein, deren Einwohner, der fran- 
zöftfchen Herrichaft abgeneigt, ihn unterftügten. Siegreich drang 
er über Beſangon bis Salins vor. Am 19. Januar 1493 
wurde ein franzöfiiches Heer bet Dournon unweit Salins von 
Friedrich von Kappel geichlagen, worauf faft die ganze Frei- 
grafihaft für die Franzoſen verloren ging. Dies machte 
Karl VIIL einem Frieden geneigt, da er, die Eroberung Neapels 
planend, fich ven Rüden freizumachen fuchen mußte. Unter 
Bermittelung ver Eidgenofjen wurde am 23. Mat 1493 ver 
Friede von Senlis gejchlojjen, nach deſſen Beitimmungen ber 
franzöfiihe König an Morimilian feine Tochter Margareta 
auslieferte und auf die früher als deren Mitgift an Frankreich 
überlafjenen Grafichaften Artois, Franche-Comté und Charolais 
verzichtete. Die in Artois noch von den Tranzofen befetten 
Städte Hesdin, Aire und Bethune follten fie behalten, bis der 
Erzherzog Philipp nach Vollendung des 20. Lebensjahres bem 
Könige für die von ihm abhängenden Gebiete den Lehenseid 
geleiftet Hätte, ebenjo die Grafichaften Macon, Auxerre und Bar 
an der Seine, bis über deren Zugebörigfeit auf dem Rechtswege 
entſchieden wäre ?). 

So war doc endlich der Beſitz faft aller Länder Karls des 
Kühnen für das Haus Habsburg gefichert, und, was für bie 
Zukunft Europas noch wichtiger war, es war verhindert worben, 
daß fie an das feit den engliichen Kriegen raſch im Innern 


1) Über die Beziehungen Maximilians zu Frankreich und bie Vor- 
gänge in den Niederlanden feit dem Frieden von Arras f. Ulmanı, 
Kaiſer Marimilian L, I, 10—46. 65—75. 84. 115—187. 

Huber, Geſchichte Oſterreichs. II. 19 


290 Wahl Marimilians zum deutfchen Könige. 


erftarlende und nach außen um fich greifende Frankreich fielen. 
Nicht bloß alle jene burgumbdijch-niederländiichen Gebiete, bie 
zum Deutſchen Netche gehörten, waren für dieſes wieder gerettet, 
fondern auch die franzöſiſchen Wafallenländer Flandern und 
Artois. Während Deutjchland infolge des Schwindens des 
Gemeinſinns fih immer mehr auflöfte und nicht mehr imjtande 
war, feine Grenzen zu ſchützen, erhob fich wenigftens im Weften, 
langgeitredt vom Norden bis zum Süden, Dieje neue bab$- 
burgifhe Macht, die ſtark genug war, ein weiteres Vorjchreiten 
bes franzöfiichen Reichsfeindes zu hindern. 

Auch dafür war gejorgt, daß die Habsburger ſich nicht in 
direkten Gegenſatz zur Reichsgewalt fegen, jondern vielmehr 
dieſe unterftügen und verftärken fonnten. Obwohl der alte 
Kaiſer Friedrich felbft, um ja von der feinen fchwachen Händen 
entfinfenden Macht nichts einzubüßen, lange Zeit der Wahl 
eines Nachfolgers bei feinen Lebzeiten widerftrebte, hatte Dari- 
milian doch ſchon vor ſechs Jahren jeine Wahl zum römischen 
Könige durchgejeßt. Alle Kurfürften mit Ausnahme des Könige 
von Böhmen, den man fonderbarer Weife, angeblich aus Mangel 
an Zeit, gar nicht eingeladen, batten am 16. Februar 1486 
dem Erzherzoge ihre Stimme gegeben, manche allerdings nicht, 
ohne fich bedeutende Verjprechungen von diejem machen zu lafjen. 
Auch feinem Vater hatte er, wie es fcheint, die Zuficherung 
gegeben, daß er feine wirkliche Negierungsgewalt in Anſpruch 
nehmen würde !). 

Friedrich III. zeigte vieles zähe Anklammern an feine bis- 
herigen Befugnijje auch in andern Tragen. Als die Reichs⸗ 
ftände gleichzeitig auf dem Reichstage in Frankfurt Vorſchläge 
madten, um dem Kammergerichte, das feit der Zeit König 
Sigmunds an die Stelle des Fatferlichen Hofgerichtd getreten 
war, dem Sailer gegenüber eine größere Unabbängigfeit zu ver- 
Ichaffen und die Ausübung einer Kabinetsjuftiz unmöglich zu 
machen, weigerte fich Friedrich entjchieden, darauf einzugehen ?). 


1) Ulmann, Die Wahl Marimilians I. „Forſch. 3. deutſchen Geſch.“ 
XXII, 131—158. 
2) 3. A. Tomaſchek, Die höchſte Gerichtöbarteit des beutfchen 


RE 


Verſuch der Wiebereroberung Ofterreichs. 291 


So lange er lebte, war jeder Verſuch einer Neichsreform aug- 
ſichtslos. 


Siebentes Kapitel. 


Die Wiedergewinnung Sſterreichs und die Neu— 
beſetzung des ungariſchen Thrones. 


Die Kurfürſten hatten den allerdings auch perſönlich beliebten 
Erzherzog Marimilian Hauptjächlich deswegen zum Könige ge 
wählt, um zur Wiedereroberung der füboftdeutichen Herzog⸗ 
tümer, welche auch fie für eine Pflicht des Reiches anfahen, 
einen angejebenen, jugendlich Fräftigen Führer zu erhalten und 
bafür auch die Mittel der Niederlande zu gewinnen ). Allein 
Max ließ fih zunäcft in den Kampf der franzöjiichen Großen 
gegen ihren König und die ihn lenfende Schweiter bineinziehen, 
und wurde dann dur jeine Gefangenjchaft in Brügge und 
durch die Belriegung der Flandrer daran gehindert, den Ojter- 
reichern zubilfe zu fommen. Auch die Mittel, welche die veut- 
ſchen Stände nach langem Feilſchen im Juni 1487 dem Kaiſer 
endlich gegen Ungarn zur Aufitellung eines Heeres bewilligten, 
waren jo unbedeutend und die votierten Gelder wurden ents 
weder gar nicht oder fo langſam gezahlt, daß der Neichshaupt- 
mann Herzog Albrecht von Sachen ?) nur aus jeinen eigenen 
Mitteln ein Heer von 5000 Mann zufammenbracte. Da nun 


Königs und Reiches im XV. Jahrhundert. „Sigungsber. b. faif. Akad.” 
XLIX, 521—612. Über die Entfichung des Kammergerichtes vgl. 
®. Seeliger, Das deutſche Hofmeifteramt im fpäteren Mittelalter, 
©. 115ff. 

1) Ulmann in „Forſchungen“ XXII, 146f. 

2) Vgl. über feine Thätigkeit mit Schober, ©. 132. auch 
R. Strewer, H. Albrecht von Sachſen als Reichsfeldherr gegen bie 
Ungarn 1487. (Greifswald. Difj. 1882.) 

19* 


294 Des K. Matthias uneheliher Sohn Johann Eorvinus. 


Matthias hatte in den legten Jahren, wo er jeve Hoffnung 
auf eheliche Nachlommenfchaft aufgegeben hatte, alles in Be⸗ 
wegung gejegt, um Johann die Nachfolge zu fihern. Er hatte 
ihm ar feinem Hofe den Rang eines königlichen Prinzen ein- 
geräumt, batte fich bei feierlichen Gelegenheiten durch ihn ver- 
treten laſſen, hatte ihn mit Gütern und Befigungen überhäuft 
und ihm ausgedehnte Herrfchaften in Ungarn, darunter bie 
Srafihaft Hunyad und die „Herzogtümer” Munkaͤes und Liptau 
(mit Thurocz und Arva), und die meift durch Waffengewalt 
oder Einfchüchterung erworbenen fchlefiichen Herzogtümer Troppau, 
Leobihüß, Loslau, Toſt, Beuthen und Kofel verliehen und noch 
weiter bie Anwartfhaft auf Glogau und DIS verfchafft, Hatte 
ihn 1487 durch Profuration mit dem Sproffen eines fürft- 
lihen Haufes, nämlich mit Blanca, der Schweiter des mai- 
ländiichen Herzogs Stan Galeazzo vermählt ?) und war dann 
im Sommer 1489 auch bemüht gewejen, die ungariichen 
Großen und Städte zum etblichen Verſprechen zu beivegen, den» 
jelben als jeinen Nachfolger anzuerkennen. Damals hatte 
namentlich die Königin Beatrix dagegen gearbeitet, wie fie denn 
auch ihren Gemahl mit Bitten bejtürmte, daß er ihr troß ber 
Abneigung der Ungarn gegen ein Weiberregiment die Nachfolge 
verichaffe. Matthias hatte dann die Abficht gehegt, feinem 
Sohne mit dem Befige der böhmijchen Nebenländer den Titel 
eines Könige von Böhmen zu übertragen, und nur ber Tod 
jheint ibn an der Ausführung dieſes Planes gehindert zu 
baben ?). 


1) Nicht Hloß verlobt, wie die neueren Darfteller annehmen. Der 
Wortlaut bes Ehevertrags läßt barliber feinen Zmeifel. Vgl. auch die 
Url. von 1493 Über die Auflöfung ihrer Ehe durch den Papſt ap. 
Theiner, Mon, Hung. II, 540. 

2) Bonfinii Dec. IV. 1. 7. 8 (ed. Poson. 1744), p. 497. 500. 
506. 509. 511. Die Heiratsverträge mit Blanca von Mailand und andere 
einſchlägige Urkunden herausgeg. von Chmel im „Archiv f. öfterr. Geſchq.“ 
I,1, S1ff. Über die darin erwähnten fehlefifchen Gebiete f. Grünhagen 
a. a. O. I, 344 und Balady V,1, 309ff.. Ein Verſprechen der Stabt 
Schäßburg wegen der eventuellen Anerlennung Johanns bei Teleki 
XII, 456. Bgl. die Berichte ap. Theiner, Mon. Hung. I, 529. 


Ansprüche der Habsburger auf Ungarn. 295 


Wäre Johann Corvinus feinem Vater ähnlich gewefen, fo 
wäre er vielleicht trog feiner unehelichen Geburt und der Ab» 
neigung der Königinwitwe imftande geweſen, fich jett des unga- 
riihen Thrones zu bemächtigen, da außer andern Schlöffern 
die Königsburg in Ofen und BVilfegrad mit der Königskrone 
und allen Schäßen feines Vaters in feinen Händen, die Feſtungs⸗ 
fommandanten für ihn in Eid und Pflicht genommen, von 
den Großen immerbin mande für feine Erhebung waren 
und unter dem niedern Adel fich das Haus Hunyady immer 
großer Sympathieen erfreut hatte. Aber dieſer Jüngling hatte 
weber die Kraft noch die Klugheit feines Vaters und Groß- 
vaters. Bei dem Wahlreichdtage, den die Königinwitwe mit 
einigen Großen für ven 17. Mat auf das Feld Raͤkos bei Belt 
einberufen batte !), jcheint er eine ganz paſſive Rolle gefpielt 
zu haben, und es zeigte fich bald, daß nicht er, fondern einer 
der andern Bewerber den Sieg davon tragen würbe. 

Nach den Beftimmungen des Friedens von 1463 follte dem 
Könige Matthias ver Kaiſer Friedrich oder ein von ihm zu 
beftimmenver Sohn auf dem Throne folgen. König Mar, der 
vorausſetzte, daß fein alter Vater zu feinen Gunſten auf bie 
eigenen echte verzichten würde, forderte ſchon am 19. April 


1) Über die Wahlverhandlungen bringt die eingehendſten Berichte 
Bonfinii Dee. IV, 1. 9, p. 5l6sgg., ber feit 1486 ſelbſt am ungariſchen 
Hofe Iebte, alfo hierüber gut unterrichtet fein Tonnte. In der That wirb 
feine Darftelung durch die Berichte des damals in Ofen weilenden Ge— 
fandten des Herzogs von Mailand in Mon. Hung. IV, 161sqg. und 
eines ferrarefifchen Agenten ibid. p. 425 qq. in den meiften Hauptpunften 
beflätigt und vielfach ergänzt. Bon befonberer Wichtigkeit find die Depeſchen 
bes erfteren vom 20. und 23. Juni und 12. Juli ibid. 221. 227 u. 237, 
welche über die Vorgänge auf dem Wahlreihstage zufammenfafiende Be- 
richte geben. Daber glaube ich von den Angaben bes Raguſaner Mönches 
Tubero in deſſen doch bebeutend fpäter gejchriebenen Commentarii ap. 
Schwandtner H, 118sqg., ber in manden Punkten mit Bonfini in 
Widerſpruch ift, keinen Gebrauch machen zu bürfen. Fraknöi V., IL 
Uläszlö kiralylya valasztasa (die Wahl Wlabiflaw II. zum Könige) in 
„Szazadok “‘ 1885, ©. 1ff. 97ff. 193 ff. bat auch ungebrudte Berichte 
des päpftlihen Nuntins benubt, bie aber nicht viel Neues zu enthalten 
feinen. Vgl. auh Palacky V,1, 335 ff. 


296 Tumultuarifche Ausrufung Alberts von Polen zum Könige. 


von Innsbruck aus die ungariichen Stände auf, ihn als König 
anzuerkennen. Neben ihm und Johann Corvinus traten zwei 
Söhne des Königs Kafimir von Polen, Wladislam von Böhmen 
und, begünftigt von feinem Water, deffen jüngerer Bruder Jo⸗ 
Kann Albert als Kandidaten auf, die fi auf die Anfprüche 
ihrer Mutter, der Schweiter des Ladislaus Poftumus, ftüßten, 
aber auch einer Erhebung durch Wahl nicht entgegen waren. 

Die Ungarn nahmen denn auch das Recht in Anipruch, den 
Thron durch Wahl zu befegen, auch jchon deswegen, um das 
Königtum nicht zu ſehr erftarken zu laffen und ein jo ener- 
gifches Negiment, wie e8 Matthias geführt hatte, für die Zu- 
funft unmöglich zu machen. Gegen Marimilian wenbeten fie 
daher beionders ein, daß er die Krone „aus Gerechtigkeit“ ger 
fucht Habe. Gerade deswegen wollten fie ihn nicht, damit 
nicht dadurch ihrer „Freiheit“ Abbruch gethan würde. 

Det der großen Zahl der Thronbewerber war den ver- 
ſchiedenſten Intriguen und den eigennügigiten Beftrebungen das 
Thor geöffnet. Um die Freiheit der Wahl zu fichern, hatten 
einzelne Bijchöfe und Magnaten Tauſende von bewaffneten Ge⸗ 
folgsleuten mitgebracht, ſodaß man, noch ehe alle erſchienen 
waren, die Zahl der Perſonen auf 9—10000 ſchätzte. 

Da die Großen lange nach dem feſtgeſetzten Tage eintrafen, 
begann der Reichstag erſt am 7. Yunt, und zwar mit der 
Ausarbeitung einer Wablkapitulation, welche die „Freiheit“ bes 
Reiches, wie fie vor Matthias gewejen war, wieder berjtellen 
jollte.. Schon am erften Tage, wo gar nicht über die Wahl 
verhandelt wurde, warb von den Vertretern einiger Komitate, 
angeftiftet, wie man glaubte, vom Biſchof von Waigen, einem 
Bruder des Woywoden Stephan Baͤthory, in tumultuarijcher 
Weiſe Albert von Polen zum Könige ausgerufen. Der ener- 
giiche Widerſpruch des Woywoden brachte ihre Stimmen aller» 
dings zum Schweigen. Doch Hinberte dies Albert nicht, fich 
fortan als König von Ungarn zu betrachten. 

Die meilten und einflußreichiten Biichöfe und Magnaten 
waren von Anfang an für Wladislaw von Böhmen, veffen 
Wahl auch einen fonft faft unvermeindlichen Krieg um den Beſitz 


Sünftige Ausfihten Wladiſlaws von Böhmen. 297 


der böhmtichen Nebenländer verhüten konnte. Der durch die 
Gunſt des Matthias fo raſch emporgelummene Stephan Zapolya, 
jegt Statthalter in Ofterreich, der doch felbft einft dem Johann 
Corvinus gefehworen hatte, war fehon bald nach dem Tode bes 
Matthias für Wladislaw gewonnen worben, da ihm diefer außer 
anderem verſprach, die an Polen verpfändeten Zipfer Städte 
zurüdzulöien und ibm als erblichen Grafen der Zip8 zu vers 
leiden I). Auch der Kanzler des verjtorbenen Königs, ber 
Mährer Johann Pruiß 2), Biſchof von Großwarbein, trat noch 
vor Beginn des Reichstages offen zur böhmifchen Partei über. 
Er gewann dafür neben andern auch den Biihof von Raab, 
Thomas Bakacs, indem er ihm die Kanzlerwürbe in Ausficht 
ftellte 2). Die ehrgeizige Witwe des Matthias, die unter allen 
Umftänden Königin von Ungarn bleiben wollte, wenn fie nicht, 
was fie eine Zeit lang anjtrebte, Gemahlin des fünftigen Kaiſers 
werden konnte, ftellte den Anhängern Wladislaws ihren Einfluß 
und ihre Schäße zur Verfügung, als man ihr Hoffnung machte, 
daß diejer ihr die Hand reichen würde. Johann Corvinus 
jelbft ließ fih am 17. Juni bewegen, mit den ungarijchen 
Biihöfen und Magnaten einen Vertrag zu jchließen, wodurch 
er fich verpflichtete, einem durch die Mehrheit der Stände er» 
wählten Könige die Krone zu überliefern und feine Jchlefiichen 
Herzogtümer mit Ausnahme von Troppau abzutveten, wogegen 
er zum Könige von Bosnien und zum lebenslänglichen Herzoge 
von Slaponien ernannt werden follte und ihm außer dem Beſitze 
der ihm vom Könige Matthias in Ungarn verliehenen Herr» 
ihaften und andern Vorteilen auf Lebenszeit die Würde eines 
Bang von Kroatien und Dalmatien zugefichert ward t). 

Bier Lage früher waren Lorenz Ujlafy, der Sohn des ver» 


1) Url. vom 8. Mai in Schedins, Zeitfhrift f. Ungarn 1804 IV. 
317. 

2) Der richtige Name war Johann Filipec; der Name Pruiß if 
wohl aus feinem Heimatsorte Prosnig in Mähren korrumpiert. Siehe 
PBalady V,1, 230, R. 169. 

3) Fraknéi a. a. O., ©. 16, 0.1. 

4) Kovachich, Suppl. ad Vest. comit. II, 271. 


298 Wahl Wladiſlaws von Böhmen. 


ftorbenen Niklas, neben Zapolya ber begütertſte Magnat Ungarns, 
der Biihof Sigmund von Fünffirchen, Sohn eines in Ungarn 
teich gewordenen deutichen Geldwechslers, und andere Magnaten 
mit ihren Anhängern, im ganzen 6000 PBerjonen, nad Ofen 
gefommen. Dieje ließen fich durch den Erzbifchof Peter Varday 
von Caloeſa für Johann Corvinus gewinnen, bet dem fie am 
leichteften ihre Rechnung zu finden bofften. 

Wiederbolt jchien es nun zwilchen beiden Parteien zum 
Kampfe zu fommen. Als es hieß, daß die böhmilche Partei 
die in Mähren ſtehende fchwarze Legion heranzuziehen beab-» 
fichtige, die fie Durch Geld gewonnen batte, wollte Johann auf 
das Betreiben feiner Anhänger am 1. Juli mit allen Schäßen 
nach dem ſüdlichen Ungarn und Slavonien ziehen, wo fie thre 
meilten Beſitzungen hatten, um dort neue Streitfräfte zu 
fammeln. Doch wurde er durch Bathory und Kinizſi am 
4. Juli an der Sarviz eingeholt und geichlagen, mehrere der 
Seinigen getötet oder gefangen, bie übrigen zerjtreut und feine 
Schätze erbeutet oder von feinen eigenen Leuten geraubt. 

Da er jo völlig unſchädlich gemacht und die meilten Adeligen 
aus den Komitaten nad Erichöpfung ihrer Mittel bis auf je 
zwei Vertreter von Peſt nachhaufe zurüdgefehrt waren, proflas 
mierten die Zurüdgebliebenen am 15. Juli 1490 Wladislaw 
von Böhmen als König. Um die Königinwitwe Beatrix zu 
befriedigen, bveren Geld man auch noch fortan brauchte, war 
am Zage vorher beitimmt worden, daß der König fie zur Ges 
mahlin nehmen follte!). Freilich ijt ihr dann gerade auf 
Wunih der ungariihen Stände dieſes Veriprechen jchmählich 
gebrochen, ja fie jogar ihres Wittums beraubt worden. 

Nachdem Wladislam die ibm vorgelegten Bedingungen, 
welche die königliche Gewalt ſehr befchränften, beftätigt hatte, 
wurde er am 18. September in Stublweiffenburg gekrönt und 
zwar durch den Bilchof von Agram, da der damalige Erzbiſchof 
Hippolyt von Ejte, ein Schweiterfohn der Königin Beatrir, 


1) Fraknöi a. a. O., ©. 196, und Über das weitere Verhalten der 
Ungarn unb des Königs der Beatrix gegenüber S. 205ff. 


Einfall Alberts von Polen in Ungarn. 299 


welcher ber Proteftion des Matthias feine Würde verbanlte, 
noch ein Knabe war. Johann Corvinus trug dem Könige bie 
Krone vor, da diefer ihm fchon gleich nach feiner Ankunft im 
Rande den Vereinbarungen Johanns mit den ungariichen Großen 
entiprechend ven Vertrag vom 17. Juni beftätigt hatte und ihm 
neben jeinen Gütern die Würde eines Herzogs von Slavonien 
und eines Bans von Sroatien verlieh }). 

Dagegen war ein Kampf mit den beiden andern Präten- 
benten nicht zu vermeiden. 

Albert von Polen brady Ende Juli mit 8000 Dann in 
Ungarn ein, wo fih unter andern Stephan von Rozgon und 
Blaſius Magyar, einer ber gefeiertiten Heerführer des Königs 
Matthias, ihm anjchloffen, und drang raſch bis zur Donau 
vor. Schon am 8. Auguft ftand er vor Peft. Eine perjön. 
liche Zuſammenkunft der beiden Brüder blieb ohne Ergebnis; 
als Feinde gingen fie auseinander. Mangel an Lebensmitteln 
nötigte zunächft Albert, fich bis über die Theiß zurückzuziehen, 
worauf er einen kurzen Waffenftiliftand ſchloß, um die Unter- 
bandlungen fortzuführen. Doch kam auch jest feine Einigung 
zuftande. Mit dem Angebote Wladislaws, zugunften jenes 
Bruders auf die Nachfolge in Polen zu verzichten und ihm das 
Herzogtum Glogau zu überlaffen, begnügte fich diefer nicht. 
Zu der von Albert geforderten Abtretung Siebenbürgensd oder 
einer Entichädigung von 300 000 Dukaten konnte ſich Wladislaw 
nicht berbeilaffen. Während nun diejer die Vermittelung feines 
Vaters nachjuchte, belagerte Albert Kaſchau und verwültete das 
nördliche Ungarn bis Großwardein und Erlau, das großenteilg 
eingeäjchert wurde ?). 

Noch gefährlicher war König Marimilian. ALS die Wahl 
ber ungariichen Stände am 15. Juli gegen ihn entichieden Batte, 
beſchloß er fein Recht mit den Waffen in der Hand geltend zu 
machen. Die dfterreichiichen Länder wurden zur Stellung von 


1) Fraknoöi, ©. 199. 202. 204. 210. 


2) Bonfinius IV, 10, p. 527-530. Bericht des mailänbiichen 
Geſandten vom 8. Sept. Mon. Hung. IV, 262. 


300 Eroberung Öſterreichs durch K. Marimilian. 


Truppen aufgefordert und Söldner geworben, wozu man ſich 
durch kleine Darlehen und Verpfändungen mühſam die Mittel 
verſchaffte. Eine bedeutendere Summe, nämlich 50000 Gul⸗ 
ben, bewilligten nur die Stände Tirols ihrem neuen Xandes- 
berın; doch wurde das Geld ſehr langſam flülfig gemacht. 

Bor allem fuchte Mar den Ungarn feine Erblande zu ent- 
reißen, wa® um jo leichter gelang, als die Einwohner ver 
ungarifchen Herrichaft herzlich fatt, ihm dagegen perjönlich zu- 
gethan waren, ſodaß fie ihn unterftügten, wie fie konnten, und 
ibn überall als Netter empfingen. 

Als er um die Mitte des Auguft nach der Eroberung von 
Hartberg und Voitsberg aus der Steiermark über den Semme- 
ring vordrang und nad Wegnahme von Schottwien und Klam 
vor Wiener Neuftadt erfchten, öffneten ihm die Bürger am 
17. Auguft jelbjt die Thore der Stadt und nötigten die unga- 
riihe Befagung, fich in die Burg zurüdzuziehen. Zwei Tage 
darauf zog er unter dem Jubel der Bevölkerung in Wien ein, 
wo die Bürger ſchon Anfangs Juli eine Schar feiner Lands⸗ 
Inechte in die Stadt gelaffen hatten. Der ungariiche Statt- 
halter Stephan Zapolya Batte fih nah Zurüdlaffung einer 
Beſatzung in der Burg bereits früher geflüchtet. Die ungarn- 
freundliche Gefinnung des Rates, der von Marimilian eine 
Beitrafung für die frühere Haltung befürchten mochte, hatte fich 
der allgemeinen Strömung gegenüber als machtlos erwiefen. 
Am 29. ergab fich auch die Burg, als die Mauern durch das 
Schwere Geſchütz teilmeife zufammengejchoffen worden waren und 
der König alles für den Sturm vorbereitete. Schon früher 
waren Baden, Zulln und mehrere öfterreichiiche Schlöffer durch 
die Leute Marimilians genommen worden. Den Kommandanten 
von Brud an der Leitha Batten die Einwohner gefangen ge- 
nommen und zur Übergabe der Burg genötigt. Klofterneuburg 
wurde von Marimilian ſelbſt am 9. September erobert, bie 
Burg von Hatmburg und Mautern durch die Landsknechte mit 
Sturm genommen. Andere Städte, wie Stein, St. Pölten 
ergaben fich freiwillig. Auch manche Adelige fuchten jet die 
Gnade des Kaifers zu erhalten. Nur einige Burgen in ber 


Weitere Erfolge besfelben. 301 


Gegend von Wiener Neuſtadt und den größten Teil des Landes 
nördlich von der Donau behaupteten noch die ungariſchen 
Truppen . 

Am 4. Oktober brach Maximilian von Wien gegen Ungarn 
auf und überjchritt mit einem Heere von 16—18000 Mann, 
zum größern Zeile jübdeutichen Landsknechten, die ungartiche 
Grenze. Mehrere deutſche NReichsfürften, darunter Georg von 
Daiern mit 800 Weitern, und deſſen Vetter Chriftoph hatten 
fih ihm angefchloffen. Bereits waren mehrere ungarijche 
Magnaten aus ven ſüdweſtlichen Lanbesteilen, wie die Kaniſay 
und ber Zavernicus Nikolaus Hederräry offen zu ihm über- 
getreten. Ja auch die bervorragenditen Parteigänger des Jo⸗ 
hann Corvinus, Ujlaky, der Biſchof von Fünffirchen u. |. w. 
batten nach dem Unterliegen ihres Kandidaten Verbindungen 
mit Marimilian angelnüpft. Jakob Szelely, Befehlshaber der 
ungariihen Zruppen in Inneröfterreich, der ebenfalls zu den 
Anhängern des Corvinus gehörte, hatte mit Marimilian am 
17. September einen Waffenftiliftand gejchloffen, nach dem er. 
die von ihm bejekten Städte und Schlöffer Radkersburg, 
Bettau, Feijtrig, Windifchgräg, Yavamünd, Landftraß u. |. w. 
wie Waraspin und andere Zeiten vorläufig behalten, aber 
feine Feindſeligkeiten fich erlauben ſollte. Won den weftungari- 
ſchen Städten hatten fich einzelne, wie Ovenburg, Güns, Rech⸗ 
nig bereit8 früher ar bie vorausgeſendeten Heerführer Mari⸗ 
milians ergeben und nur teilweife Aufihub der Huldigung 
erwirkt. 

Da Wladillam von Böhmen nicht der Mann war, eine 
große Energie zu entfalten, und er auch durch den gleichzeitigen 


1) Schober, S. 159ff., der aber die Angaben bei Titel, ©. 54f., 
teifweife überfehen bat. Ulmann I, 86f. Daß Mar bie Feinbfelig- 
feiten gegen die Ungarn nicht früher begann, lag aber gewiß nicht, wie 
diefer annimmt, in deſſen vorübergehenden Zwiftigfeiten mit feinem Vater, 
ber anfangs anf feine eigenen Anfprüche nicht verzichten wollte, ſondern 
darin, daß er zuerft das Nefultat der ungarifhen Königswahl abwarten 
mußte. Bgl. auch die Briefe Florian Waldaufs bei Kraus, Mari- 
milians I. Beziehungen zu Sigmund, ©. 26 ff. 


302 Bordringen Marimilians bis Stublweifjenburg. 


Angriff feines Bruders, duch den Abfall der Anhänger Cor⸗ 
vins und die Lauheit feiner eigenen Wähler gelähmt war, fo 
fand Marimilian nirgends einen ernftlichen Widerftand. Rafch 
brang er über Eifenftadt und Obenburg nad Steinamanger 
vor, das fih am 19. Dftober ergab, überfchritt am 23. Of- 
tober die Raab und zog über Rendek nach Veſzprim, deſſen 
Biſchof Johann Vitéz ſchon vor der Ankunft des Königs in 
feinem Biichofsfige demjelben gegen die Zuficherung bes Bis—⸗ 
tums Wien feine Schlöffer zu öffnen veriprochen hatte. Bereits 
wantte Wladijlams Thron, da nicht bloß deſſen Gegner, wie 
Ujlaky, der Biſchof von Fünfkirchen und der Erzbiſchof von 
Calocſa, jondern auch der eigennüßige Zapolya und andere 
Große dem Könige Marimilian im geheimen ihren Übertritt 
in Ausficht ftellten, andere offen huldigten, bald auch vie 
Kroaten und Siebenbürger günftige Zuficherungen machten. 

Freilich täufchte man fich im königlichen Hauptquartier über 
die Zuverläjfigfeit diefer Herrn nicht. „Ein Ungar ijt ein 
Unger, deſſen ©lauben und Treue ganz unftet it“, jchreibt 
um dieſe Zeit Maximilians Sekretär an Sigmund von Tirol. 
Aber gerade weil die geijtlichen und weltlichen Großen haupt- 
fächlih von Eigennug bejtimmt wurden, fonnte man um jo 
ficherer den Anfchluß derſelben an Marimilian erwarten, wenn 
das Kriegsglüd diefem hold blieb. Und in der That jchien 
dies der Fall zu jein. Wohl Tiefen infolge der ftrengen Kälte 
mande Landsknechte davon. Aber fein Feind ließ fich im 
Felde ſehen, feine Stadt leijtete Wiverftand. Stuhlweiffenburg, 
das allein der Aufforderung, fich zu ergeben, feine Folge leijtete, 
ward am 17. November von den böhmtichen Söldnern und 
den deutſchen Landsknechten im erjten Anlaufe eritürmt und 
von der wilden Soldatesfa 8—900 Bewohner erjchlagen, die 
Stadt geplündert, jelbft die Kirchen nicht geichont, bis der 
König die wilden Krieger zu zügeln vermochte. Mehrere unga- 
riſche Große, wie Szekely, Ladislaus Kaniſay, Nikolaus Szoͤchy 
fanden ſich jetzt im Lager Maximilians ein. Der Weg nach 
Ofen, das nur noch wenige Tagmärſche entfernt und ungenügend 
befeſtigt war, ſtand offen, und Mar war entſchloſſen, denſelben 


—— 


Menterei der Landsknechte und Rückzug. 308 


raſch anzutreten. Da fagten ihm feine Landsknechte den Ges 
horſam auf. 

Was jo oft im der Gefchichte Oſterreichs ſich wiederholt, 
daß finanzielle Verlegenheiten die Ausbeutung ber militärijchen 
Erfolge hinderten, geihah auch damals. Schon in Rendek hatte 
Marimilian mit acht feiner Räte den Landsfnechten für bie 
Zahlung ihres Soldes Bürgichaft leiften müſſen. Nach ver 
Einnahme Stuhlweifjenburgs ftieg ihre Unzufriedenheit, vielleicht 
weil Die zuerft in die Stabt eingedrungenen böhmifchen Söldner 
ihnen beim Plündern zuvorgefommen waren. Sie verlangten 
jegt einen boppelten Sold, wahrſcheinlich als gebräuchlichen 
„Sturmfold”, und Anteil an der Beute. Da der König nicht 
bie Mittel hatte, ihre Forderung zu befriedigen, verlangten 
fie ihre Entlaffung. Alle Verfprehungen Maximilians waren 
nicht imjtande, fie zum Weitermarihe zu bewegen. Ohne 
bie Landsknechte fühlte fih aber der König zum Angriffe auf 
Dfen zu ſchwach, da nun auch die in Mähren ſtehende ſchwarze 
Legion des Könige Matthias zur Verteidigung heranzog. Es 
blieb ihm nichts übrig, als der Rückzug nach Oſterreich, nad» 
dem er in Stuhlweiffenburg und den andern eroberten Pläten 
genügende Bejagungen zurücgelaffen hatte. Am 4. Dezember 
brach Maximilian von Stuhlweifjfenburg auf, den 23. Tam er 
nach Wiener Neuftadt, deſſen Burg unterbeffen auch erobert 
worden war ?). 

Marimiltan beabfichtigte im folgenden Sommer einen neuen 
Feldzug gegen Ungarn zu unternehmen, wofür er die Hilfe der 
beutjchen Reichsſtände zu erlangen hoffte. Daß feine Stellung 
auch nach Antritt des Rückmarſches nicht als hoffnungslos an⸗ 


1) Die wichtigſten Quellen für den Feldzug Marimilians in Ungarn 
find das Journal de voyage du roy Maximilien en Hongrie und ber 
Bericht des Ritters Michel von Ehenheim im „Archiv f. öfterr. Geſchq.“ 
III, 448—457 mit anderen von Firnhaber, ebb. ©. Aldff. Aabge- 
drudten Aktenſtücken wie die Schreiben des königlichen Sekretär Florian 
Waldauf an Erzberzog Sigmund von Tirol bei V. v. Kraus, Mari- 
milians I. Beziehungen zu Sigmund, ©. 33ff. und Bonfinius V,1, 
p. 533sqq. Andere Quellen verzeichnet Ulmann I, 96fl. 


304 Wladiſlaws Friebe mit feinem Bruder Albert. 


gejeben wurde, beweiſt der Umftand, daß gerade damals neben 
andern Ungarn, darunter dem Kommandanten der Burg zu 
Agram, der reiche Biſchof von Fünfkirchen ihm die Huldigung 
leijtete, wofür er bemjelben zu feinem Bistum noch das Erz 
bistum Salzburg zu verichaffen verſprach ). 

Bald aber trat eine Änderung der Verhältniffe zu Un« 
gunjten Marimilians ein. Durch feinen Rüdzug erhielt Wla- 
diſlaw freie Hand gegen feinen Bruder Albert, der das von 
ihm belagerte Kaſchau noch immer nicht einzunehmen vermocht 
batte. Als nun jener mit einem bedeutenden Deere beranzog, 
ichielte der König Kafimir von Polen Gejandte ind Lager 
besjelben, um zwiichen beiden Söhnen eine Ausjöhnung zus 
ftande zu bringen. Am 20. Februar wurde bei Kaſchau der 
Friede geichloffen, wonach Albert gegen Überlaffung ver fchlefi« 
chen Herzogtümer Glogau-Sagan, Toſt und Kojel mit Leob⸗ 
ihüß, der Städte Jägerndorf und Beuthen und gegen die An⸗ 
wartichaft auf die Herzogtümer Ols-Wohlau und Troppau 
feinen Anfprüden auf Ungarn entjagte, mit der Beltimmung 
jedoch, daß dieſe Gebiete ohne weiteres an Wladiſlaw zurück⸗ 
fallen follten, wenn Albert König von Polen würde ?). 

Bon diefer Seite gefichert, bejchloffen die Ungarn die Wieder, 
eroberung der füdweftlichen Neichsteile, die in die Hände Mart- 
miltans gefallen waren. Durch Berpfändung von Krongütern 
und königlichen Einkünften verichaffte man fich die Mittel zur 
Bezahlung der Soldtruppen. 

Während Kinizfi das Gebiet zwifchen der Drau und dem 
Platten-See wieder unterwarf, und Johann Corvinus die Bes 
fagung der Burg von Agram, die Szefely vergebens zu ent« 
jegen verjuchte, zur Kapitulation zwang, begann Bathory mit 
dem Dauptheere, dem ſich dann auch der König anſchloß, in 
der eriten Hälfte des Juni die Belagerung von Stuhlweiljen- 
burg. Da durch den Anmarjch Kinizſis das ungarische Heer 


1) „Archiv f. öfterr. Geſchq.“ ILL, 432 fi. 

2) Befter Abdruck, aber mit Weglaffung der nicht auf Schlefien be- 
züglichen Beftimmungen, in „Lehns⸗ und Befigurfunden Schleſiens“ 
I, 39 ff. Vollſtändig ap. Katona XVII, 155. Pray IV, 219. 


und mit bem Könige Marimilian. 305 


auf 40000 Mann anwuchs und jeder Entfag ausblieb, ergab 
fih am 29. Juli die Dejakung. Länger, wenigitens bis in 
ben September, hielt fi) Veſzprim, das die Ungarn nun be- 
logerten. Nicht nur die meiften ungarifchen Eroberungen waren 
jo für Marimilian verloren, felbft feine Erblande wurden bes 
droht; beſonders beläjtigten die ungarijchen Bejagungen im nörd⸗ 
lichen Öfterreih die umliegenden Ortjchaften !). 

Der deutſche Reichstag "Ehe dem Könige nur eine unge 
nügende Unterjtügung bewilligt. Da nun zugleich der Bruch 
mit Frankreich wegen ber Bretagnefchen Frage erfolgte und 
der Kaiſer feinem Sohne jede Geldunterftügung verweigerte, 
gab Marimilian dem Wunfche feines Vaters, der fein Leben 
in Ruhe beichließen wollte und zwilchen beiden Königen einen 
Frieden herbeizuführen bemüht war, Gehör und ernannte Be 
vollmächtigte zu Unterhandlungen, die Ende Augujt in Pres- 
burg oder Haimburg beginnen follten. Auch Wladijlaw war 
zu großen Opfern bereit, da auf die Nachricht von feiner 
ichweren Erfranfung, die er fich in den Sümpfen vor Stuhl. 
weilfenburg geholt hatte, fein Bruder Albert wegen Nichtaus- 
führung einiger Beſtimmungen des Friedensſchluſſes neuerdings 
die Feindjeligfeiten begonnen batte, und das ſüdliche Ungarn 
durch Einfälle der Türken beimgejucht wurde. 

Am 7. November 1491 wurde in Presburg von den Bes 
vollmächtigten ber Friede unterzeichnet und vom Könige Wladi⸗ 
law am 6. Dezember in Ofen, von Marimilian am 20. Des 
zember in Innsbrud und vom Raifer am 14. Januar in Linz 
ratifiziert. 

Die Bedingungen entfprachen faft genau jenen, welche in 
dem 1463 zwifchen Frievrih und tem Könige Matthias ger 
fchloffenen Frieden enthalten waren. Wladiſlaw und feine 


1) Für diefe Kämpfe ift leider Bonfinius V,2, p. 54ösgg. faft 
einzige Quelle. Unreft, S. 749f. ift furz, Tubero ap. Schwandt- 
ner, II, 17isgg. lüdenhaft. Vgl. auch Katona XVII, 181 gg. 
Szalay 1II,2, 28ff. Die Angabe aber, daß aud Steinamanger von 
den Ungarn erobert worben fei, wirb durch Art. 35 des Friedensvertrages 
vom 7. November widerlegt. 

Huber, Eeſchichte ſterreichs. IL. 20 


806 Die Bedingungen des Presburger Friedens. 


männlichen legitimen Erben follten im Beſitze des ungarijchen 
MNeiches bleiben, aber auh Marimilian den Titel eines Könige 
von Ungarn führen. Wladiſlaw und das Reich find verpflichtet, 
die alten Berjchreibungen (von 1463) wegen der Nachfolge 
zu beftätigen und zu erneuern, ſodaß, falls Wladiſlaw ohne 
Söhne oder dieſe ohne männlihe Nachkommen mit Tod ab- 
gingen, Ungarn „ipso facto“ auf Marimilian und deſſen direkte 
Leibeserben übergeben folltee Der König muß daher jobald 
ale möglich einen Reichdtag berufen, auf dem die Stände 
diefen Bertrag annehmen und fich verpflichten jollen, im ange» 
gebenen Falle Maximilian, oder wenn er nicht mehr lebte, 
jenen von feinen männlichen Nachfommen, ven fie wählen 
würden, als legitimen König anzuerkennen. Auch alle Brälaten 
und die herborragenderen weltlichen Würbenträger jollen beim 
Antritte ihres Amtes eidlich die Aufrechthaltung dieſer Ber 
ftimmung geloben. Wladiſlaw joll fih bemühen, auch bie 
böhmischen Stände zur Wahl Marimiliand oder feiner Erben 
zu bewegen, wenn er feine Söhne binterliche. Wie Friedrich nach 
dem Vertrage von 1463, jo joll auch Maximilian im Befige von 
Eilenjtadt, Güns und andern weitungariichen Ortjchaften gelafjen 
und die von den Ungarn eroberten Pläte ebenfo wie die Städte 
und Burgen in den öfterreichtichen Ländern zurücgegeben werben, 
während der römijche König die übrigen ungariichen Städte 
räumen muß. Natürlich fichern beide Teile den Anhängern 
des andern Amneftie zu. Zum Erſatz für die Kriegskoſten 
muß Wladiſlaw dem römiſchen Könige binnen zwei Jahren 
100000 ungariihe Dukaten zahlen. 

Die ungarifchen Stände, die Wladiſlaw auf den 2. Februar 
1492 nad Ofen berief, waren über einzelne Bedingungen 
dieſes Friedensſchluſſes, beſonders wohl über die Zuficherung 
der Thronfolge an die Habsburger, ſehr ungehalten. Eine jo 
große Nachgiebigfeit fchten jet nicht mehr notwendig, da Albert 
von Polen von Zapolya, der die fchwarze Legion, 7000 Böh⸗ 
men, aus Öſterreich am fich gezogen hatte, am 1. Sanuar in 
ber Nähe von Kaſchau vollitändig bejiegt und neuerdings zum 
Vrieden gezwungen worden war. Der Reichslanzler Thomas 





Defien Ratifilation durch die ungariſchen Stände. 807 


Bakacs, Biſchof von Raab, und Stephan Baͤthory, bie vor» 
nebmften unter den ungariichen Bevollmächtigten, wurden 
geradezu als Verräter bezeichnet. Doc gelang es endlich 
bejonders dem Kanzler, die aufgeregten Gemüter zu beſchwich⸗ 
tigen. Am 7. März erflärten bie Bifchöfe und übrigen Prä— 
laten, 70 Magnaten im Namen der übrigen Barone, Großen 
und Adeligen Ungarns und Siebenbürgens, 63 Magnaten im 
Namen der übrigen Barone und Edeln Kroatiens und Sla- 
voniens und mehrere freie Städte, daß fie den Artikel wegen 
der eventuellen Nachfolge Marimilians und feiner Erben „auf 
dem wegen biejer Angelegeubeit einberufenen Neichötage in Ofen 
öffentlich und feierlich angenommen und einzelne venjelben in 
Gegenwart der Gejandten des römiſchen Könige befchworen 
baben” !). 

Ob das Recht, welches die Habsburger auch jet wieder 
auf Ungarn erhielten, je in Kraft treten würde, Bing freilich 
weniger von einem gejchriebenen Vertrage ab, als von der 
Kraft, mit welcher derſelbe einjt geltend gemacht werben konnte. 


1) Diefe wie ſämtliche auf dem Frieden und befien Ausführung be- 
züglichen Urkunden hat Firnhaber 1849 im „Archiv f. öfterr. Geſchq.“ 
III, 466ff. veröffentliht. Daraus ergiebt ſich, daß die Übrigens auch der 
Darftellung des Bonfinius, p. 549 wiberfprechende Behauptung ber 
älteren ungarifchen Hiſtoriker, der Friede fei wohl von einzelnen Großen, 
aber nicht von ben ungarifhen Ständen beftätigt worden und es feien, 
weil der König nicht das Necht gehabt babe, eigenmächtig Über die Nach» 
folge im Reiche Verfügungen zu treffen, bie bezüglichen Punkte für Ungarn 
unverbindlich gewefen, fi nicht halten laſſe. Auch jpäter haben Sza- 
fay IIl,2, Alff. und Feßler- Klein III, 244ff. aus dem Umftande 
daß ber Friede, und zwar, wie erfterer meint, infolge der Weigerung bes 
Komitatsadels, nicht in die Reichsſstagsakten aufgenommen worden ift, 
geſchloſſen, derfelbe fei vom Reichſstage gar nicht oder „nicht vorſchrifts- 
mäßig“ angenommen worben. Allein Friedensichlüffe, zu benen nach dem 
damaligen ungariſchen Staatsrechte die Zuftimmung des Reichstags nicht 
erforberlich war, wurden in jener Zeit überhaupt nicht in bie Reichstags⸗ 
Alten aufgenommen. Daß übrigens der Artitel wegen der Erbfolge auf 
dem Reichstage „öffentlich und feierlich” angenommen worden fei, jagen 
bie Beurfundungen aller Stände, und wir können dieſe doch nicht alle 
als Lügner bezeichnen. 

20* 


808 Erzberzog Sigmund von Tirol. 


Im nämlichen Iahre, wo Marimiltan die an Ungarn ver- 
lornen Zeile der öfterreichiichen Herzogtümer meiſt mwieberge- 
wonnen bat, brachte er auch das feit mehreren Menfchenaltern 
bavon getrennte Tirol infolge der Abdanfung des Erzberzogs 
Sigmund in feine Hände. 


Adıtes Rapitel. 


Tirol und die Vorlande in der letzten Zeit des Erz- 
herzogs Sigmund. — Defjen Abdankung. — Tod 
des Kaifers Friedrich IL. 


— 


Nach dem Abichluffe der „ewigen Richtung” mit den Eid» 
genojfen im Jahre 1474 erfreuten fich die Länder des Herzogs, 
oder wie er fich feit 1477 mit Bewilligung des Kaiſers nannte, 
Erzberzogg Sigmund eines geficherten Friedens, der nach 
1461 überhaupt nur durch Lokal beichränfte Kriege unterbrochen 
worden war. Sigmund hatte nie ernite Kämpfe, fondern nur 
ritterliche Spiele, die Jagd und die Pflege des Schönen geliebt. 
Wie er den Reizen des fchönen Geſchlechts nicht widerſtehen 
konnte, jo bat er auch die fchönen Künfte vorzüglich in ber 
zweiten Hälfte feiner Regierung eifrig geförbert ?). 

Beſonders das Kunſthandwerk, das in jener Zeit von der 
eigentlichen Kunſt nicht fo fcharf getrennt war wie heutzutage, 
Bat unter ihm eine außerorbentlihe Blüte erreiht. Der Bau 
zahlreicher Schlöffer, die nah Sigmunds Namen bezeichnet 
wurben, unb mehrerer Kirchen, boten der Architeltur, der 


1) D. Schönherr, Die Kunftbeftrebungen Erzherzogs Sigmund von 
Tyrol. „Jahrbuch d. kunſthiſt. Samml. d. Allerhöchſten Kaiferhaufes“ 
I, 182—212. 


Kunftfinnige und fchöngeiftige Beftrebungen. 809 


Plaftit und der Malerei Gelegenheit, fih zu entfalten. “Die 
großen Silbermünzen (die Vorbilder der fpätern Thaler), die 
Sigmund, der erſte deutiche Fürft, in jeiner Münzftätte in 
Hall prägen ließ, beſonders aber die in feiner Zeit gejchnittenen 
Siegelftempel zeigen Korrektheit der Zeichnung und Schönheit 
der Form. Die landesfürftlihe Harniichichlägerei in Mühlau 
bet Innsbruck erfreute fich eines europätichen Rufes. Nicht 
bloß deutſche Fürften, fondern auch die Könige von Neapel 
und Portugal bezogen daher Harniiche, was legterer fogar als 
eine bejondere Gunſt betrachtete. Die Ichönften Nüftungen, 
welche die Amrafer Sammlung aus diejer Zeit enthält, ftammen 
aus Mühlen. Daß Golpfchmiede und Cmailleure am ver⸗ 
jchwenberifchen und galanten Fürften einen guten Runden hatten, 
iſt ſelbſtverſtändlich. 

Auch den damaligen humaniſtiſchen Dichtern, mit denen 
beſonders ſein Sekretär und ſpäterer Rat Doktor Johann 
Zuhsmagen aus Hall einen regen Verkehr unterhielt, erwies 
er ſich günftig, wofür dieſe feine zweite Heirat, feine Beziehungen 
zu Karl von Burgund oder einen Straßenbau befangen oder 
auch ihm poetiſche Bettelbriefe ſchickten ). Aber auch ein 
„Redenbuch“, ein deutſches Heldenbuch, ließ er 1463 für fich 
abichreiben. Mit ihm wetteiferte in der Wertfchägung ver Dicht- 
kunſt jeine Gemahlin, bie feingebilvete Eleonore von Schott. 
land, die ſelbſt den franzöfiichen Roman „Pontus und Sidonia“ 
ind Deutjche überfegte und mit Holzichnitten verziert in Auge. 
burg druden ließ ?). 

Diefes funftfinnige und jchöngeiftige Zreiben am Hofe zu 
Innsbruck Hatte aber doch auch feine Schattenfeiten, indem 
Sigmund mit feinen Cinfünften nicht ausreichte, da die an 


1) 4. Zingerle, Beiträge 3. Geſch. d. Philologie I, 96. 103. 123. 
125—138, aus einer Sammlung der an Fuchsmagen gefchidten Gedichte 
verfchiedener Humaniften. Über Fuchsmagen ſelbſt ſ. S. Ruf in „Zeit 
ſchrift d. Ferbinandeums f. Tirol“ III $. XXI, 93—119. 

2) Schönherr a. a. O. S. 200f. Bol. auch Kirhlehner, Aus 
ben Zagen H. Sigmunds des Miünzreihen und 8. Marimilians I. 
(Linz, 1884), S. 16f. 


310 Ausbeutung der Schwähe Sigmunds durch feine Günftlinge 


Schwäche grenzende Güte biefes Fürften von feinen Günftlingen 
oft in der gewifjenlofeften Weile ausgebentet wurde. Wie Dies 
in den erften Jahren feiner Regierung durch bie Grabner ges 
ſchehen war, fo thaten es im fpäteren Alter desjelben, wo 
auch feine geiftigen Fähigkeiten und feine Willenskraft in bedenk⸗ 
lihem Maße abnahmen, andere ). Der Vogt Gaubenz von 
Matſch, Graf von Kirchberg, 1478—1482 Landeshauptmann 
von Tirol und feit 1486 Oberfthofmeifter des Erzherzogs, die 
Grafen Georg von Sargans und Oswald von Thierftein, der er 
berzogliche Kanzler Johann Dieggenegg werben neben anderen 
als diejenigen bezeichnet, welche auf Sigmund den größten Ein- 
flug übten. Beſonders berüchtigt war die „Spießin“, bie 
Witwe des Ritters Spieß, Hofmeifterd ber Erzherzogin Ele- 
onore, welche im Bunde mit andern Weibern und tm Ein- 
verftändnis mit manchen Räten bes Erzberzogs Teufel bannte 
und fich von Leuten, die fie in Ofen und Mauern verfteckte, 
al8 angeblichen Teufeln auf ihre Fragen die verabredeten Ant» 
worten geben ließ, was benügt wurde, um Sigmund gegen 
Perjonen, die nicht zur Clique gehörten, ‚einzunehmen. Manche 
wurden auf folche Ausfagen Hin eingeferfert und gefoltert. Ja 
man brachte dem Erzherzog fogar den Glauben bei, daß feine 
eigene Gemahlin Katharina von Sachſen, die er 1484, vier 
Sabre nach dem Tode der Eleonore von Schottland, geheiratet 
batte, ihn vergiften wolle. Dann hieß e8 au, daß zweiund⸗ 
ſiebzig Perfonen fich verichworen hätten, um dem Erzherzog zu 
vergeben und das Land den Schweizern zu überantiworten, was 
der Landeshauptmann Gaudenz von Matſch auch benukte, um 
viele foltern und martern zu laffen. Daß dieſe Hofclique 


1) Über die letzte Regierungsperiode umb bie Abdankung Sigmunds 
f. P. Iuftinian Ladurner, Die Vögte von Matſch, in „Zeitichr. bes 
Ferdinandeum“ III. F. XVII, 66ff. 4. Jäger, Der Übergang Tirols 
u. f. w. von dem Erzh. Sigmund an ben röm. 8. Marimilian von 
1478—1490. „Ardiv f. öferr. Geſch.“ LI, 297—448, im weientlichen 
wieder abgebrudt in besfelben Verf. „Gel. d. landſtändiſchen Berfaflung 
Tirols“ II, 2, 300ff. Bol. 8. v. Kraus, Marimilians I. Beziehungen 
zu Sigmund von Tirol 1490 —14%, ©. fl. 


und burch bie Herzoge von Baiern. 811 


isren Einfluß auf den Erzherzog auch in finanzieller Beziehung 
ausbeutete, kann wohl kaum einem Zweifel unterliegen. 

Die Geldnot Sigmunds fuchten nun bejonder8 die Her« 
zoge Albrecht von Batern- Münden und Georg von Baiern⸗ 
Landshut zu benugen, um, unterjtügt von ben Räten desjelben, 
feine Länder am fich zu bringen. Denn Sigmund felbft hatte 
wohl über vierzig uneheliche Kinder, aber Feine legitime Nach 
kommenſchaft, nachdem ein Sohn von Eleonore von Schott. 
land in ver Wiege geftorben war. inerjeits balfen ihm die 
baieriſchen Herzoge mit Geld aus und ließen fich dafür Gebiete 
verpfänden oder abtreten. Anderſeits fuchten fie ihn gegen dem 
Katjer, feinen nächften Verwandten und Erben, einzunehmen, 
indem fie ihm die Überzeugung beibrachten, daß derjelbe ihn 
ber Regierung berauben und zu einem Pfründner machen oder 
gar vergiften wolle. Bon 1478—1483 verichrieb Sigmund 
dem Herzoge Albrecht 216 000 rheiniiche Goldgulden auf nord» 
tiroliihe Burgen und Gerichte und auf das Bergwerk in 
Schwaz, wogegen diefer ihm jeinen Beiftand verſprach, baß er 
bei der Regierung bleibe ). Albrecht übte auf Sigmund einen 
folden Einfluß, daß diefer ihm um Neujahr 1487 die in 
Innsbruck befindliche Tochter des Kaiſers, Kunigunde, ver- 
mählte. Und dies geſchah, obwohl ihr Vater, der anfangs 
diejer Heirat nicht entgegen gewejen war, wenn Albrecht die 
Berichreibungen auf tirolifche Gebiete zurüditellte, erbittert über 
die Wegnahme der Reichsſtadt Regensburg durch Albrecht feine 
Zuftimmung zurüdgezogen batte, wobei zur Entſchuldigung 
Sigmunds nur angeführt werden kann, daß er wahrjcheinlich 
felbft durch einen gefälichten Brief des Kaifers bintergangen 
worden ij. Wenige Wochen darauf verfchrieb er dem Herzoge 
Albrecht jogar 1000000 Goldgulden?) auf Tirol und bie 


1) Nah dem fpäter zu erwähnenden Schreiben des Kaiſers vom 
15. Auguſt 1487 find diefe Berfchreibungen burch bie tirolifchen Stände 
rüidgängig gemacht worben. 

2) So Säger im „Archiv“ LI, 326, R.2 und Lanbftänd. Berfaflung 
11,2, 812, 8.2. Nah Lihnomwsty VIII, Reg. 923 zwar nur 100 000 
Gulden. Aber nach gütiger Mitteilung des Geh. Rates v. Löher enthält 


812 Krieg gegen Venedig. 


Borlande, wenn er vor demſelben ohne männliche Leibeserben 
mit Tod abginge, mit der Beitimmung, daß der Herzog obige 
Länder folange innebaben follte, bis Ddiefe ungeheure Summe 
von Sigmunds Erben bezahlt würde. Dem Herzoge Georg 
verlaufte er 1486 um 52000 Gulden bie bisher dem Biſchofe 
von Augsburg verpfändete Markgrafſchaft Burgau und im Juli 
1487 beiden Herzogen um den Spottpreis von 50000 Gulden 
bie gefamten Vorlande mit Ausnahme von Vorarlberg. 

Die baierijchen Herzoge werben auch bejchuldigt, daß fie, 
um Sigmundd finanzielle Verlegenheiten zu fteigern, ihn zum 
Kriege gegen die DVenetianer angeftachelt haben, ben er kurz 
vor dem Verkaufe der Borlande begonnen hatte. 

In der That ift e8 nicht wahricheinlih, daß der unfriege- 
riſche Fürſt bloß auf den Wunfh des Biihofs Ulrich von 
Trient und der Grafen von Arco, die ihre an Venedig ber= 
Iorenen Befitungen ?) wieder zurücdgewinnen wollten, fich zum 
Angriffe auf die mächtige Republik ?) entfchloffen hätte, wenn 
nicht feine Räte, die ganz von den baieriichen Herzogen um⸗ 
jtrieft waren, ihn dazu angetrieben hätten. 

Streitigfeiten zwijchen den Grafen von Arco und ben bes 
nachbarten venetianischen Untertbanen zum Anlaß nebmend, ließ 
Sigmund im März 1487 die Bergwerfe in Primiero und Val⸗ 
fugana bejegen, welche venetianiichen Privaten gehörten, und 
dann nah vorausgegangener Kriegserflärung am 23. April 
auf der Bozner Meſſe 130 venetianiiche Kaufleute verhaften 
und ihre Waren konfiszieren. Gleichzeitig griff jein Hofmeifter 
Gaudenz von Matih mit 8000 Mann NRoveredo an und zwang 


das Regeſt Arrobens (die Urkunde felbft ift nicht mehr vorhanden) wie 
das Driginal des darauf bezüglichen Bertrages zwiſchen ben Herzogen 
Albreht und Georg vom 18. Februar (= Lichnowsky, Nr. 929) 
im baierifchen Reichsarchiv zehenmal hundert tausent guldin reinisch. 

1) ©. dieſe Geſchichte IL, 506. 515. 518. 

2) ©. für das Folgende Gottfr. PBrimiffer, Der Benezianifche 
Krieg unter dem Erzh. Sigmund 1487, im „Sammler für Geld. und 
Statiftit von Tirol“ II, 97—280. gl. Romanin, Stor. doc. di 
Venezia IV, 425 80q. 


Die Schlacht bei Ealliano. 313 


nach heftiger Beſchießung die Stadt und am 30. Mai aud 
das Schloß zur Übergabe. Der Anführer der Venetianer, 
Julius Cäſar von Varano da Camerino, der mit einem bes 
beutenden Heere in der Nähe ftand, hatte der Belagerung un. 
thätig zugefehen und wurde daher durch den berühmten Robert 
von Sanjeverino erjegt. Da diefer auch Verftärkungen mit 
fich brachte, fo hielten fich beide Teile im Felde das Gleich⸗ 
gewicht, obwohl in einem Gefechte bei Ravazzone am 4. Yuli 
der Sohn Sanfeverinos in ©efangenichaft geriet und dieſer 
jelbft nur durch die Aufopferung feines Sohnes gerettet wurde. 

Da 309 ſich Gaudenz von Matſch aus noch nicht genug 
aufgeflärten Urfachen, vielleicht wegen Unzufriedenheit feiner 
Söldner ?), zurüd und Löfte jein Heer auf, nachdem er in Ro⸗ 
verebo eine Heine Beſatzung und in Trient den in den Kriegen 
gegen Karl von Burgund erprobten Friebrih von Kappel mit 
3000 Reitern und einigen Yußtruppen zurüdgelafien batte. 
Snfolge deſſen fiel Roveredo am 25. Juli wieder in die Hände 
ber Benetianer, worauf Sanfeverino das Schloß Stein (Pietra) 
bei Galliano belagerte, das fein Vorrüden nad Zrient hemmte. 
Hier wurde er durch Friedrich von Kappel mit einer Kleinen 
Neiterichar, den Bürgern von Zrient und dem Landſturm der 
benachbarten Gemeinden am 10. Auguft in ſehr ungünftiger 
Stellung angegriffen und troß feiner Übermacht volljtändig ge= 
ſchlagen. Mehrere taujend Wenetianer fanden teils in der 
Schlacht, teil in den Fluten der Erich den Tod, unter leh- 
teren auch Sanfeverino, dem König Marimilian 1493 im 
Dome von Trient ein jehr fchönes Denkmal errichten Tieß 2). 


1) ©. die Erörterungen Brimiffers a. a. O., S. 137ff. An Be 
ftehung bes Matſchers durch die Venetianer möchte ih aber mit ben 
Neneren nicht glauben, ba biefer fortan noch mehr als früher in Gelb- 
verlegenheiten ift (f. Laburner a. a. O., ©. 107ff.) und in dieſer 
Beziehung weber von ben tirolifchen Ständen noch vom Kaiſer ein Vor⸗ 
wurf gegen ihn erhoben worden ift. 

2) Eine Abbildung bes fteinernen Sargbedel8 mit bem überlebens- 
großen Bilde des Feldherrn in Hochrelief, ein Wert des „Steinmetz“ 
Lukas Maurus, bei Schönherr a. a. ©. S. 19. 


814 Auftreten der Stände Tirols gegen Sigmunbs Näte. 


Kappel war zu jchwach, um dieſen glänzenden Sieg ver⸗ 
folgen zu können, da auch fein Feines Heer nicht unbedeutende 
Berlujte erlitten hatte und er wegen der Abneigung der tiroli« 
ſchen Stände gegen den Krieg feine Verftärkung erhielt. Beide 
Zeile beſchränkten fich auf die gegenfeitige VBerwüftung ber Grenz. 
gebiete. Die Bemühungen des Papftes, an den fich Venedig, 
und bes Kaiſers Friedrich, an ben ſich die Stände von Tirol 
gewendet hatten, führten dann nach langen Verhandlungen am 
13. November zum Abjchluffe eines Friedens, wonach Die gegen» 
feitigen Eroberungen zurückgegeben und die venetianiichen Kauf⸗ 
leute für ihre Waren entichädigt werden follten. 

Die eigenmächtige Veräußerung der VBorlande, wozu Sig⸗ 
mund nach den djterreichiichen Familienverträgen gar nicht das 
Recht hatte, und die Gefahr, daß auch Tirol an Baiern ver- 
loren gebe, bewog den Kaijer, fih an mehrere Städte und 
wahrfjcheinlich auch an andere Perjonen dieſes Landes zu wenden 
umd fie zum Feſthalten am Haufe Ofterreich aufzufordern. ALS 
num am 16. Auguft 1487 ein Landtag in Hall zulammentrat, 
erhoben die Stände die lauteften Klagen über die ganze Wirt- 
ihaft am Hofe Sigmunds, über das Treiben feiner Umgebung, 
über die Verletzung der Landesrechte, über die Einkerferung 
und Yolterung Unfchuldiger, über das unerhörte Verbot, gegen 
das Regiment und deren Vertreter etwas zu jagen, bejonders 
aber über ben leichtfinnig begonnenen und für die materiellen 
Sntereffen des Landes und feines Fürften jo nachtelligen Krieg 
gegen Venedig. Entichieden wurde die Entfernung und Bes 
ftrafung der ungetreuen Regenten und die Erſetzung derſelben 
durch andere verlangt. Das Auftreten der Stände erhielt eine 
Stüge durch ein während der Verhandlungen eintveffendes 
Schreiben des Kaijers !), der fie förmlich dazu aufforberte. 

Der im Grunde jehr gutmütige Erzherzog gab bem Ver⸗ 
langen der Stände nach und erjegte feine bisherigen Räte und 


1) Aus Nürnberg vom 15. Auguft. Alfo kann es nicht, wie Jaͤger 
fagt, vor den Berkanblungen eingetroffen fein. Auch iR dem Kaiſer die 
Eröffnung des Landtages ſchon bekannt. 


Nachgiebigkeit des Erzherzogs. 315 


Hofbeamten durch andere, die er aus einer ihm vom Landtage 
vorgelegten Liſte wählte. 

Noch viel weiter gehende Konzeſſionen machte Sigmund im 
November auf einem Landtage in Meran, bei dem auch Ver⸗ 
treter der Vorlande und Geſandte des Kaiſers und bes Königs 
Marimilian anmejend waren. Er überließ den Ständen auf 
drei Sabre die ganze Verwaltung jeiner Gebiete, wogegen Dies 
jelben die Ordnung der zerrütteten finanziellen Verhältniſſe, 
die Entichäbigung der DVenetianer und die Tilgung feiner 
Schulden übernahmen. Der Erzherzog wurde auf ein Ein- 
fommen von wöchentlich 200 Gulden beichräntt, fein Hofftaat 
ſehr reduziert und er ganz von einem burch die Stände Tirols 
und der Vorlande gewählten Rat abhängig gemacht, ohne deſſen 
Wiſſen und Willen er auch nicht die geringfte Verfügung treffen 
durfte. Er geitattete endlich, daß feine Unterthanen ſchon jetzt 
für den Fall feines Ablebens ohne männliche Nachlommen dem. 
Kaiſer und jeinem Sohne die Huldigung leifteten, und ſprach 
ihnen, fall8 er eine feiner Herrſchaften dem Haufe Ofterreich 
zu entfremben fuchte, das Hecht zu, fofort ein anderes Mit- 
glied besjelben zum Lanbesfürjten zu nehmen. 

Am Anfange des folgenden Jahres kam der Kaifer felbft 
nach Innsbrud. Wie er überhaupt in diejen Jahren, wo er 
offenbar von tüchtigen Räten umgeben war, fich viel thätiger 
zeigte als früher, jo legte er in der tiroliichen Frage eine ganz 
ungewöhnliche Rührigkeit und Energie an den Tag. Am 
8. Januar 1488 wurden Sigmunds frühere Näte und deren 
Genoſſen in die Reichsacht erklärt, und dann der Erzherzog 
auch beivogen, die im Sabre vorher in Form einer teftanen- 
tarischen Verfügung zugunften Albrechts von Baiern gemachte 
Verſchreibung von 1000000 Gulden zu widerrufen. Um bie 
baieriſchen Herzoge zur Rückgängigmachung des Verlaufs von 
Burgau und der übrigen Vorlande zu bewegen, fuchte der Kaiſer 
. auf dieſelben durch den fchwäbiichen Bund einen Drud audzu- 
üben, der gerade um biefe Zeit auf Betreiben feines Rates, 
des Grafen Haug von Werbenberg, von den durch bie Ver⸗ 
größerungsgelüfte der Wittelöbacher in ihrer Selbftändigleit bes 


816 Erzherzog Sigmunds Abdankung. 


brobten PBrälaten, Grafen, Herren, Nittern und Reichöftäbten 
Schwabend gegründet wurde und dem auch Erzherzog Sig— 
mund beitreten mußte‘), Dom Bunde, der durch den An⸗ 
ſchluß benachbarter Fürjten zu einer bedeutenden Macht wurde, 
mit Krieg bedroht, gab Herzog Georg 1489 gegen Rüdzahlung 
der Kaufſumme Burgau heraus und entſagte feinen Anfprüchen 
auf die Vorlande. Mit dem Herzoge Albrecht von Baiern, 
dem ber Kaifer wegen der Vermählung mit feiner Tochter und 
ber Wegnahme Regensburg auf das heftigſte zürnte, und ben 
er im Januar 1492 fogar in die Acht erklärte, brachte der 
König Mar erit im Mai diefes Iahres einen Ausgleich zujtande, 
wobei derjelbe Regensburg herausgeben und auf die ihm vom 
Erzberzoge Sigmund verjchriebenen Geldſummen verzichten 
mußte. | 

Unterbejfen war in Zirol eine enticheivende Wendung ein- 
getreten. 

Der Erzberzog Sigmund wollte fih die Landesordnung 
von 1487, durch die er aller NRegierungsgejchäfte entkleivet und 
fein Hofſtaat jo ſehr verkleinert worden war, auf die Dauer 
nicht gefallen Lafjen, obwohl 1489 fein Wochengeld auf das 
Doppelte erhöht wurde. ‘Der Erzherzog wurde von Abneigung 
gegen die ihm an die Seite gegebenen Räte, die Räte von 
Mißtrauen gegen den Fürften erfüllt, ſodaß fie jelbit den freien 
Verkehr desfelben mit ihren Gegnern zu hindern fuchten. Immer 
mehr erweiterte jich die Kluft zwijchen beiden. Als Anfangs 
März 1490 im Auftrage des Kailer der König Marimilian 
zur Herbeiführung eines Ausgleichs in Innsbruck erjchien, er- 
hoben beide Zeile vor den verjammelten Ständen die beftigiten 
Anklagen und Beichuldigungen gegen einander. Da gab Sig. 
mund am 16. März die unerwartetete Erklärung ab, daß er 
zugunften jeines Vetters Maximilian auf die Regierung jeiner 
Länder verzichte. Doch hatte ihm biejer jährlich 52000 Gul⸗ 
ben, das Drittbalbfache vefjen, was er zulegt von den Stänben 


1) Bgl. mit B. Schweizer, Vorgefhichte und Gründung bes Schwä- 
bifden Bundes, S. 87ff., au Ulmann, 8. Marimilian I., I, 5öff. 


Umfhwung in ber legten Zeit K. Friedrichs III. 817 


bezogen hatte, und das Recht, überall im Lande zu jagen und 
zu fiichen, zugefichert. Yon Marimilian auf das aufmerkfamfte 
behandelt, aber ohne jeden Einfluß auf den Gang der Ereig- 
niffe, hat dieſer beim Volke jehr beliebte Fürft noch ſechs Jahre 
verliebt. Am 4. März 1496 ſank er im 69. Lebensjahre ins 
Grab. 

So erlebte der alte Kaiſer Friedrich noch die Erhöhung 
feines Haufes zur Tpäteren Größe. Oft in Gefahr, von dem 
Kurfürften des Thrones entjegt zu werden, 1485 aus feinen 
eigenen Ländern flüchtig, Sabre lang ohne bie notwendigften 
Mittel herumziehend, ſah er endlich feine Länder wieber ers 
obert, Tirol mit ben übrigen Befigungen des Haufes vereinigt 
und baburch auch die verberblichen Länderteilungen bejeitigt, 
ſah feinen Sohn als Negenten ber ausgedehnten und blühenden 
Niederlande und als Nachfolger auf dem Kaiferihrone und 
fonnte endlich hoffen, daß feine Nachlommen auch noch in bem 
Defit von Ungarn kommen würben. Es war ein Umfchwung, 
wie man ihn felten erlebt, ven aber freilich auch nicht Fried 
richs Kraft, fondern eine höhere Fügung herbeigeführt hat. 

Die letzten Jahre feines Lebens feit dem SHerbfie 146% 
brachte Friedrich in Linz zu, nach der Sitte der Zeit fid; viel 
mit Alchhmie und Aftrologie beichäftigend, aber nod; immer: 
eiferfüchtig feine Negierungsrechte wahrend. Endlich zumchı: 
die Natur dem greifen Kaiſer gegenüber feine Wedie gersen 
Er wurde ſchwächer und fehwächer, feine Sehen inner: ze: 
ab, Bald griff der Brand ber Alten noh weiter sm ir. = 
Arzt Hoffte ihm durch Ubnahme eines Schentels a: 
können, und fein Zuftand befferte fih auch uw. __ -- 
barb fich der durch Alter und Leiden erkkäphe ig - er 
eine fehr große Vorliebe für rohes ht ss ——— 
daß er am 14. Auguft 1493, einem dumme. er 
etwas Warmes zu ſich genommen kase. irn - — — 
und Waſſer darauf trank, we eur —— 

Folge Hatte. Fünf Tage deze’. zu -- me | 
in einem Alter von 78 Aminen 2 see — 


1) Über zriedre c | en 


818 K. Friedrichs III. Tod. 


er achtundfünfzig Jahre in ſeinen Erblanden, mehr als drei⸗ 
undfünfzig in Deutſchland regiert hatte. 


feine Leiden ſ. J. Grünbeck, Hist. Frid. et Maximiliani in Chmels 
öfterr. Gefchichtsforfcher I, 72ff. und Cuspinian, De Caesaribus (ed. 
1601), p. 412. Einige Notizen auch bei V. v. Kraus, Marimilians 
vertranlicher Briefwechfel mit Prüfchent, S. 83 ff. 


Sechſtes Bud). 
Öfterreihis Erhebung zur enropäifhen Großmacht. 





322 Merimilians Vorliebe für Jagd und Kämpfe. 


Steinböde, Wildfchweine oder Büren, obwohl man damals bet 
der Unvollkommenheit der Teuerwaffen die Tiere nicht von 
ficherer Stelle aus erlegen konnte, fondern ihnen auf Yanzen- 
wurfweite nahe kommen oder mit dem Schwerte den Kampf 
gegen fie aufnehmen mußte. Wieverholt iſt jein Leben dabei 
n Gefahr gefommen, wenn er fich etwa plöglich einem Bären 
oder Eber gegenüber befand, oder wenn auf den Bergen Tirol 
berabrolfende Steine ihn zu zerichmettern oder eine Lawine 
ihn mit fi in die Xiefe zu reißen drohte, oder als auf ber 
Martinswand bei Zirl, wo er fich verjtiegen, im Geftein alle 
Baden des Steigeiſens feines hinteren Fußes bis auf einen 
einzigen brachen und er fich fchlieglich nur durch jeine Geſchick⸗ 
lichkeit und die Unterjtügung feines Jägers zu retten vermochte !). 
Marimilian empfiehlt übrigens feinen Nachkommen bie Jagd 
auch deswegen, weil fie dem Fürſten Gelegenheit biete, mit 
feinen Untertbanen in Berührung zu kommen, deren Wünſche 
kennen zu lernen, ihren Beſchwerden abzuhelfen ). Das machte 
ihn ja beim Volle fo populär, daß er fich gern unter dasjelbe 
mifchte, an den Zeiten und Unterbaltungen vesjelben, an Tänzen 
und Schieübungen teilnahm, daß er mit Bauern und Hand» 
werfern ebenfo gut zu verkehren verftand, wie mit Fürften und 
vornehmen Damen. Neben der Iagd liebte er beſonders die 
Turniere, worin er die ftärfiten Ritter überwand. Aber nicht 
nur in allen vitterlichen Übungen war er Meifter, auch im 
erniten Kampfe jtellte er jeinen Mann. In der Schlacht 
fämpfte er allen voran, ftürzte fich in das dichtefte Hand⸗ 
gemenge, nahm ed mit mehreren Feinden zugleih auf. Schon 
dies zeigt, daß er mehr Ritter als Feldherr geweien iſt. Jedoch 
. hätte ex einen vortrefflihen Kriegsmintjter abgegeben. Für 


1) 8. Kirchlechner, Über Maximilian als Jäger und im bef. über 
das Abenteuer des Kaifers auf ber Martinswand. „Iahres-Bericht ber 
k. k. Ober-Realfchule in Linz”, 1885, wo auch über die Ausbildung der 
daran fih knüpfenden Sage gehandelt ift. 

2) Siehe 8. Marimiliang I. geheimes Jagdbuch, herausgegeben von 
Karajan (Wien, 1858), ©. 24, wo intereflante Bemerkungen über bie 
Jagd, die Ausrüftung dazu u. f. w. ſich finden. 


Sein Iuterefie für geiflige Beftrebungen und Staatsangelegenheiten. 328 


militärtiche Angelegenheiten hatte er ein hervorragendes organi⸗ 
fatorifches Talent, wobei er für das Große ebenfoviel Sinn 
und Verſtändnis zeigte wie für das Kleine. ‘Die Landsknechte 1), 
burch welche der Auf deutſcher Eriegeriicher Tüchtigkeit wieder 
zu Ehren gebracht wurde, find teilweile feine Schöpfung, 
mehrere Gattungen von Belagerungd- und Feldgeſchützen fein 
Werl. Und wie Mar überhaupt von feinem phlegmatilchen 
Vater vollitändig verſchieden war und das feurige ſüdländiſche 
Blut feiner Mutter fih in ihm geltend machte, jo zeigte er 
für die verfchiedenften Dinge, auch für bie geiftigen Beftrebungen, 
Interefie. Es Hatte Feine nachteiligen Folgen gehabt, daß auch 
dem Saiferjohne von feinem Lehrer Peter Engelbrecht, bem 
ipäteren Bilchofe von Wiener Neuftadt, die Feinheiten bes 
Lateiniſchen und der Dialektik mit Schlägen eingebleut worben 
waren 2), Die Künfte und Wifjenfchaften fanden an ihm einen 
warmen Gönner, wie er denn auch jelbjt auf verfchievenen Ge- 
bieten fehriftftelleriich thätig war 3) und, unterjtügt von einem 
vortrefflichen Gedächtniffe, acht Sprachen, außer Deutich und 
Lateiniſch auch Franzöſiſch, Italieniſch, Spaniih, Vlämiſch, 
Engliſch und Windiſch verſtand, in den vier erſten auch gewandt 
und elegant ſich ausdrüdte *). Auch für Staatsangelegenheiten 
hatte er Verſtändnis und Intereſſe, ſodaß einer ſeiner ver⸗ 
trauteſten Räte ſich einmal darüber beklagt, daß „Se. Majeſtät 
alles ſelbſt angeben, durchſehen und korrigieren will“ 5). Sein 

1) ©. über biefe das hübſche Büchlein von H. v. Zwiedieneck— 
Südenhorft, Kriegsbilder aus der Zeit der Landsknechte. Stuttgart, 
1883. 

2) Cuspinian |. c., p. 485. 

3) Nach einer Aufzeichnung in ber Wiener Hofbibliothet bat er fol- 
gende Bücher felbft gemadt: „Grab, Ehren, Weife Kunig, Teuerdant, 
Freydank, Triumphwagen, Stammchronit, der Stamm, Artalerey, bie 
fieben Luſt⸗Gezirk, Wappenbuch, Stallbuch, Platnerey, Jägerey, Valknerey, 
Kücherey, Kellnerey, Fiſcherey, Gärtnerey, Baumeiſterey, Moralität, An⸗ 
dacht St. Jürgen.“ Lambecius, Bibl. Caes. Vindob., lib. II, 969. 

4 Srünbed in Chmels Oſterr. Geſchichtsforſcher J, 9. Bgl. 
„Weißkunig“, ©. 74. 138—145. 

5) Cyprian von Sarnthein an Paul von Liechtenſtein 3. April 1509, 
bei Kraus, Marimilians I. vertraulicher Briefwechſel, S. 121. 

21* 


94 Ausdehnung ber Länder Marimilians. 


ganzes Leben ging überhaupt in Wirken und Schaffen auf. 
Nie Tonnte er müßig fein; ſelbſt auf der Jagd und beim Efjen 
gab er feinen Räten Aufträge oder diktierte feinen Schreibern. 

Zugleih war Morimilian ald Regent der öfterreichiichen 
Länder in einer weit günftigeren Lage als feine letzten Vor⸗ 
Hänger. Nach langer Trennung waren fie unter ihm zum 
erſtenmale wieder vereinigt worden und zu dieſen waren durch 
feine Heirat mit Maria von Burgund auch noch die Niever- 
ande gefommen. Faft der ganze Süden und Weften Deutjch- 
lands, ein Länderkomplex von mehr ald 3000 Quadrat-Meilen 
war in Marimiltans Händen, was ihm auch als beutjchem 
Könige ein ganz anderes Gewicht geben mußte, als wenn er 
ber Herr eines einzelnen Fürſtentums geweſen wäre. 

Wenn Maximilian deſſen ungeachtet als König nicht fo 
viel geleiftet bat, al8 man erwarten durfte, jo lag der Grund 
in erfter Linie in den Verhältniffen, welche dadurch bejtimmt 
wurden, daß feine Regierung in die Zeit des Überganges vom 
Mittelalter in die Neuzeit fällt, ja was die ftaatlichen Zuſtände 
betrifft, ſchon mehr der letteren angehört. 

Was das Mittelalter in politiicher Beziehung beſonders 
von ber Neuzeit unterjcheivet, ift das Vorwalten der Formen 
des Lehenweſens und Torporativer Gejtaltungen, die der Macht 
der Negierungen fehr enge Schranken jegten. Gegen Ende des 
Mittelalters war nun aber das Streben der Fürſten faft überall 
babin gerichtet, ihre Gewalt zu vergrößern, Adel und Stäbte, 
wo bieje früher eine jelbjtänbigere Stellung eingenommen hatten, 
in größere Abhängigkeit von der Krone zu bringen, die Rechte 
ber Lanbftände zu beſchränken und an die Stelle des Lehens—⸗ 
verbandes die Verwaltung durch landesfürſtliche Beamte zu 
ſetzen. 

Das Maß, in welchem dies den einzelnen Fürſten gelang, 
war auch für die äußere Machtſtellung entſcheidend, vorzüglich 
infolge der Umgeſtaltung des Kriegsweſens. Schon im 14. Jahr⸗ 
hundert hatte in den Kämpfen der Schweizer und der nieder⸗ 
ländiſchen und deutſchen Städte das Fußvolk gegenüber den 
ſchwergerüſteten, bepanzerten Ritterheeren wieder größere Des 


m 


Umgeftaltung des Kriegsweſens. 325 


deutung erlangt. Beſonders durch Zizle war das Fußvolk 
noch mehr ausgebilvet worden. Da nach dem Ende der Huftten- 
fümpfe die unbejchäftigten böhmiſchen Krieger fcharenweile tm 
ben Dienft fremder Yürften traten und auch die Söhne ber 
Schweizerberge fih gern als Söldner anwerben ließen, jo 
verbreitete fich diefe Form der Kriegsführung über den größten 
Teil von Europa. Die Wichtigkeit des Fußvolks wurde noch 
erhöht burch die Erfindung des Schießpulvers und die Ber 
wenbung besfelben im Kriege. Hatte man dasjelbe feit dem 
britten Jahrzehnt des vierzehnten Jahrhunderts gewöhnlich nur 
für ſchwere Gefchüge zur Belagerung von Städten und Schlöfjern 
verwendet, jo begann man gegen das Ende des fünfzehnten 
Sahrhunderts auch das Fußvolk teilweife mit Handfeuerwaffen 
zu verfeben, und bamit war das Übergewicht desielben ent- 
ſchieden. Denn der töplichen Kugel erlag auch ver jchiwer- 
bepanzerte Ritter ſchon in einer Entfernung, wo fein Schwert 
und feine Lanze noch ganz unwirkſam waren, und die Schlachten 
wurden daher bald nicht mehr durch die Ritter, ſondern durch 
bie Infanterie entjchieven. Nicht jo fehr die perfönliche Tapfer⸗ 
feit des einzelnen, als die Zahl und Übung der Krieger gaben 
fortan den Ausſchlag. Je geübter ein Schüke war, befto 
fiherer traf er feinen Mann, und auch die nicht mit Schieß- 
gewehren, jondern mit Hellebarden oder langen Spießen bewaff- 
neten Fußgänger, bie in gejchloffenen Vierecken fampften, waren 
obne eine gewiffe Ausbildung wenig brauchbar. Geübte Truppen 
hatten deswegen immer das Übergewicht gegenüber rvafch zur 
fammengerafften Miltzen. Daher entjtanden jett ſtehende Heere, 
bie anfangs zwar wenig zahlreich waren, aber immer mehr 
anwuchſen. Neben den ftändig unterhaltenen Soldaten gab es 
auch noch ſehr viele andere Leute, die aus dem Kriege ein Ges 
werbe machten und jedem dienten, der fie gut zahlte. Stehende 
Heere oder Geld zur Anwerbung von Sölonern wurden fortan 
für die Machtverhältniffe der Staaten die maßgebenven Faktoren. 
| Dies war auch die Urjache, daß unter den europätichen 

Staaten gegen Ende des 15. Jahrhunderts Frankreich ent» 
ſchieden der mächtigfte wurde. 


56 Verhältnis der Macht Frankreichs und K. Marimilians. 


Das franzöfiiche Königtum war aus den jchweren Kriegen 
mit England ſehr gekräftigt hervorgegangen. Um vie Uns 
abbängigfeit des Landes, als deren Repräfentant der König 
erichten, zu retten, jcharten fich alle um den Monarchen und 
gewährten ihm bereitwillig die Mittel, die zur Behauptung ver 
Selbſtändigkeit Frantreih8 notwendig waren. Im Jahre 1439 
bewilligten die Stände dem Könige die Erhebung einer all 
gemeinen Abgabe nicht bloß in feinen unmittelbaren Gebieten, 
fondern auch kon ben Unterthanen der Großen. Dieſelbe jollte 
allerdings zunächſt nur für die Befoldung ber Truppen während 
des Krieges bejtimmt jein. Aber fie blieb auch nach dent 
Frieden und bildete den Anfang einer vegelmäßigen Beſteuerung. 
Auf diefe Weiſe konnte ein befolvetes ftehendes Heer gejchaffen 
werden, das zwar nicht groß war, aber einen feiten Stern für 
die übrigen Zruppenteile bildete. Zugleich erhielt den König 
baburch die Mittel zur Anwerbung von Schweizern, der beften 
Sußtruppen jener Zeit, die fich der König 1474, wo Frankreich 
und die Eidgenofjen gegen Karl von Burgund gemeinjamte 
Intereſſen hatten, durch einen dauernden Vertrag ficherte. Da 
zugleich die meilten großen Kronleben durch das Abjterben ihrer 
Beſitzer fait gleichzeitig wieder an bie Krone zurüdjielen, fo 
wurden die Kräfte der ganzen Nation dem Könige zur Ver⸗ 
fügung gejtellt, der auch in ihrer Verwendung fo gut wie uns 
beichränft war, weil die Generalftände nicht mehr berufen 
wurden, die Provinzialftände aber auf innere Angelegenheiten 
beichräntt waren. 

In einer ganz anderen Lage befand fi) Maximilian. Im 
feinen Erblanden gab es weber ein ſtehendes Heer noch eine 
regelmäßige Beſteuerung aller Unterthanen. Er mußte feine 
Kriege entweder mit Milizen führen, die gewöhnlich nicht außer 
Landes dienten und langſam zufammenzubringen und weniger 
tüchtig waren als geübte Soldaten, oder mit Sölonern, die 
viel Geld Fofteten. Aber wenn man von den Erträgnifjen der 
teilweife verpfändeten Bergwerke, Mauten und Domänen und 
einigen indirekten Steuern abfieht, konnte Max feine Ab» 
gaben erheben ohne Bewilligung der Landſtände. Gerade 


Schlechter Stand der Finanzen bes letzteren. 827 


in den reichften Provinzen, ben Nteberlanden, hatten bie Stände 
eine ſolche Macht, daß ohne ihre Zuftimmung nichts durch» 
geführt werben konnte. Diefen waren aber die Interefien, bie 
Max in andern Ländern, etwa in Italien oder gegen bie Türken 
verfocht, ganz fremd, ſodaß fie nur felten, gewöhnlich nur foweit 
e8 zur Dedung der Niederlande jelbft notwendig war, Abgaben 
für Kriegszwecke bewilligten. Seit dem Herbfte 1494 ſtand 
zudem nicht mehr Marimiltan felbit, fonvdern fein num mit 
16 Jahren für volljährig erflärter Sohn Philipp an der 
Spike der niederländiſchen Negierung, bet der bald partifula» 
riitiiche Tendenzen und Abneigung gegen Dar fich geltend 
machten. In Deutſchland endlich war die Macht des Königs 
jeit emem Yahrhunderte immer mehr zuſammengeſchwunden. 
Selbſt wenn der Reichstag einmal geneigt war, etwas zu bes 
willigen, jo geſchah e8 bei dem jchleppenven Geichäftsgange 
meistens micht früh genug, unb die bewilligten Mittel waren nur 
langſam flüffig zu machen oder gingen auch gar nicht ein. 
Det der Beſchränktheit der finanziellen Mittel, die dem 
Könige zur Verfügung ftanden ?), wirkte e8 boppelt nachteilig, 
daß derſelbe nicht zu ſparen verftand. Nicht daß er für fich 
große oder koſtſpielige Bedürfniſſe gehabt Hätte, er Hat nur 
für Kunſt und Wiffenichaft bedeutendere Ausgaben gemadht. 
Dagegen gab er anderen mit wollen Händen, indem er glaubte, 
daß Sparfamfeit eine mit der Würde des Kaifers unvereinbare 
Eigenfchaft ſei. Freilich hat gerade dies nicht wenig dazu bei- 


1) Ulmann I, 838 ff. berechnet die regelmäßigen Einnahmen aus 
den Erblanden mit Einfluß der Erträgnifie der Bergwerle nad ben 
Angaben Duirinis, Macchiavellis und anderen Anhaltspunkten auf un« 
gefähr 600000 Gulden jährlich. Allein nad ben Erhebungen der Räte 
Erzherzog Sigmunds warfen bie tirolifchen Bergwerke, denen jene ber 
anderen Länder bei weitem nicht gleichkamen, Im Jahre 1478 nur 79 440, 
die gefamten Einnahmen Tirols 104082 rhein. Gulden ab (Jäger, 
Landſtändiſche Verf. Tirols II, 2, 283). Ich würde daher nach den von 
Ulmann fonft angeführten Daten die regelmäßigen Einkünfte von ben 
Erblanden auf höchſtens 400000 rhein. Gulden tarieren, von denen nach 
einer Berfügung bes Königs vom Jahre 1499 100000 Gulden für dem 
Sofftaat beftimmt wurden. 


828 Marimilians Unbeſtändigkeit in Ausführung feiner Pläne. 


getragen, ihn populär zu machen. Aber- auf feine Finanzen 
tonnte e8 nur zerrüttend wirken. 

Noch ſchädlicher waren andere Eigenjchaften feines Charakters. 
Schon ein venetianifcher Gefandter, der längere Zeit bei ihm 
in Deutichland war, hebt e8 als einen Fehler Maximilians 
bervor, daß er bei allem Reichtum an politiichen Ideen fie 
nicht vechtzeitig auszuführen veritanden habe. Nachdem er ſchon 
einen Plan gefaßt, Hätten fich feinem Geifte neue Wege gezeigt, 
die ihm beſſer ſchienen, dieſe feien wieder von neuen, anfcheinend 
zwechentiprechenderen, verbrängt worden, und fo jei er von Plan. 
zu Plan geiprungen, und die Gelegenheit zur Ausführung ihm 
entjchlüpft ). Der tiefere Grund der Inkonſequenz, die man 
Maximilian nicht mit Unrecht zum Vorwurfe macht, lag aber 
boch darin, daß er die Mittel zur Erreichung feiner politiichen 
Zwede zu wenig in Anfchlag zu bringen verftand. Daher 
faßte er bald einen Plan ins Auge, der wenigftens mit ben 
ihm zur Verfügung ftehenden Mitteln nicht zu erreichen war, 
bald verfolgte er zu viele Zwede auf einmal. Er ftürmt an⸗ 
fange raſch dem Ziele entgegen, aber mitten im glüdlichen 
Vordringen geben ihm die Kräfte aus, und er muß fich ohne 
Erfolg zurücziehen. Ein anderesmal verfiegen ihm gar bie 
Hilfsquellen fchon, ehe er zur Ausführung fchreiten Tann. Das 
ber kommt es, daß gerade jene Bläne, die nur durch Konjequenz 
in der Durchführung und durch zwedmäßige Verteilung der 
Mittel auf die ganze Zeit der Unternehmung gelingen konnten, 
meift fcheiterten; und es unterliegt feinem Zweifel, daß eine 
falte, alle Verbältnifje genau berechnende Natur unter den da⸗ 
maligen Verhältniſſen mehr erreicht haben würde, al8 der ritter- 
Tiche, fanguiniihe Marimilten, von dem der König Ferdinand 
von Aragonien einmal fagte, daß er, wenn er fich eine Sache 
gedacht habe, auch ſchon glaube, daß fie gethan jet ?). 


1) Quirini a. a. DO, ©. 27. 
2) Nah Depeſche Fr. Eornerd an den Senat von Benebig vom 
19. Mär; 1508 bei de Leva, Storia docum. di Carlo V. I, 102. 


Unfertigleit der ſtaatlichen Verhältniſſe Deutſchlands. 829 


Zweites Kapitel. 
Die Verſuche einer deutſchen Reichsreform. 


— — — 


Die wichtigſte Frage beim Beginne der Regierung Maxi⸗ 
milians J. war jedenfalls die, ob es gelingen würde, dem 
Deutſchen Reiche eine Organiſation zu geben, welche es ber 
fähigte, dem Könige zur Behauptung der Machtſtellung nach 
außen und der Ruhe im Innern die notwendigen Hilfskräfte 
zu liefern. 

Es Hatten fich in Deutfchland nach und nach Zuftände ent⸗ 
widelt, vie allen Begriffen eines georbneten Staatsweſens Hohn 
ſprachen. Es war weder durch gefetliche Beitimmungen noch 
durch Gewohnheitsrecht feftgeftellt, wer die oberſte Reichsgewalt 
zu üben habe, ob der König allein, ob die Kurfürſten, die ſeit 
Wenzel und Sigmund immer größere Bedeutung beanſprucht 
und teilweiſe auch erlangt hatten, oder ob der Reichstag mit 
dem Könige. Es war zweifelhaft, wer auf dem Neichstage zu 
ericheinen berechtigt ſei, ob nur die Kurfürjten und Fürſten, 
oder auc Vertreter der Neichsftädte, die erſt in den lebten 
Jahren Friedrichs III. regelmäßig zu venfelben zugezogen, 
aber von den Fürften nicht als gleichberechtigter Faktor an⸗ 
gejeben wurden. Auf den Neichstagen felbft entſchied nicht Die 
Mehrheit, jet es ber Stimmen, jet e8 der Kurien; nur durch 
Zuftimmung aller konnte ein Beichluß zuftande fommen, und nie 
mand war da, der Die Ausführung erzwungen hätte. ‘Die Wirkungen 
folder Zuftände wurden nach und nach auch dem blödeften 
Auge fihtbar. Während Branfreich, Spanien und England 
ih immer mehr fonjolidierten, und jelbft Ungarn und Polen 
fih auf Koften ihrer Nachbarn zu vergrößern vermochten, bot 
Deutichland das Bild des tiefiten Verfalls. Man vermochte 
weber im Innern Fehden und Kriege zu verhindern und ben 
Landfrieden aufrecht zu erhalten, noch das Anfehen des Reiches 


2 


330 Verſchiedenheit der Reformpläne Marimilians und der Fürſten. 


nach Außen zu wahren und den Verluſt mancher Grenzland⸗ 
fehaften wie Weftpreußens und vorübergehend auch Öfterreiche 
zu verbüten. 

Schon fett längerer Zeit waren von Berufenen und Uns 
berufenen verſchiedene Pläne einer Reichsreform auf das Tapet 
gebracht worden, und auch jebt waren über die Notwendigfeit 
einer ſolchen König und Stände einig, Aber über bie Art ver 
Ausführung gingen ihre Anfichten aus einander. Die Fürften, 
befonvers die Kurfürften, wollten nicht bloß von ihren bis⸗ 
berigen Befugnifjen nicht3 aufgeben, fie wünjchten eine folche 
DOrganifation der ftaatlichen Verhältniſſe, welche Die ganze 
Neichöregierung in ihre Hände gebracht hätte. Marimilian 
Dagegen bielt eine weitere Beſchränkung der ohnehin geringen 
Tatjerlichen Gewalt von vorneherein für unthunlich und ftrebte 
nach ſolchen Einrichtungen, welche ihm die Mittel Tieferten, um 
zur Erreichung feiner Ziele ein Heer zu unterhalten. Sein 
Hauptzwed war eine energifche Politik nach außen, er wollte 
bie reichen Kräfte bes deutſchen Volkes auf große nationale 
Ziele lenken, durch Erfolge nah außen auch im Innern das 
Bewußtſein der Zufammengehörigfeit heben. Dagegen hatten 
die Kurfürften für die auswärtigen Tragen weder Sinn noch 
Berftändnis; fie wollten vor allem die innern Angelegenheiten 
in ihrem Sinne orbnen und famen dadurch notwendig in Kon» 
flift mit dem Könige, der es für das Wichtigfte anfah, die Macht 
des Reiches nach außen zu wahren und dadurch auch fih und 
jeinem Haufe eine maßgebende Stellung in Europa zu fichern. 
Die öffentliche Meinung war übrigens entſchieden auf Seite 
Maximilians, der es meifterhaft verstand, durch Wort und 
Schrift auf das Bolt zu wirkten). Nicht bloß die Humantiften, 
die fich mit den Ideen des altrömiichen Kaiſertums erfüllt 
hatten, wollten an der Spige der mächtigen Nation einen 
ſtarken Kaiſer und bie Fürften ibm untergeorbnet ?). Auch Die 


1) Siehe Gothein a. a. O., ©. 54ff. 
2) 8. Hagen, Zur politifden Geſchichte Deutſchlands, ©. 175 ff. 
Sanffen, Geſch. des deutfchen Volkes I®, 111. 2525. 519 ff. 537. 


Beichlüffe des Wormſer Reichstags von 1495. 351 


untern Bolfsflaffen fahen in Max „ben von der Vorſehung 
auserwählten Kämpfer gegen bie deutichen Erbfeinde, Türken 
und Franzoſen“ und wünfchten zugleih, daß er fih an ihre 
Spike ftelle und alle andern Gewalten, Fürften und Abel wie 
Prälaten vernichte !). Im diefen auseinandergehenden Zielen. 
des Kaiſers und ber Fürften liegt die Haupturjadhe, daß auch 
jest die Neformbewegung nicht zu einer Einigung Deutichlands 
und zu einer mwejentlichen Kräftigung der Reichsgewalt führte. 

Indeſſen wurden doch einzelne Nejultate erzielt. 

Nachdem Marximilian fchon jeit feiner Wahl zum Könige 
mit den Neichsjtänden über verjchiedene fragen verbanbelt und 
Konzeifionen in Ausficht geftellt Hatte, Yegte der Führer ber» 
felben, der Kurfürſt Berthold von Mainz, auf dem erften 
Neichdtage, den der König nach dem Tode feines Vaters im 
Worms hielt, im April 1495 ihren Neformplan vor. Ders 
jelbe umfaßte drei Punkte, ein unabhängiges Reichsgericht zur 
Aufrechtbaltung des Friedens im Innern, ein NeichSregiment 
oder einen Reichsrat zur Führung der Regierungsgeichäfte und 
eine allgemeine Reichsſteuer. Von der Annahme diejer Forde⸗ 
rungen machten die Stände die Unterjtügung des Königs in 
feinen auswärtigen Unternehmungen, gegen die Türken und bie 
in Italien eingedrungenen Franzoſen, abhängig. 

Über drei Monate wurde zwifchen dem Könige, ber bie 
ohnehin geringen königlichen Rechte nicht noch weiter beichränten 
laſſen wollte, und den Ständen darüber verhandelt, ehe man 
fich zu einigen vermochte. Es wurde nun nicht mehr wie 
früher auf eine beftimmte Anzahl von Jahren, fonbern' ein 
ewiger Landfriede eingeführt und allen, auch den Fürſten, jebe 
Fehde wie die Unterftügung von Landfrievenshrechern bei Strafe 
der Reichdacht unterfagt. Damit jeder jein Recht fände, wurbe 
ftatt des früheren Fatferlichen Hofe oder Kammergerichtes, das 
der Perſon des Königs folgte, ein Neichölanmergericht mit 
einem ftänbigen Site (zunächſt in Sranffurt) eingeführt, welchent 


4) Geiger, Remaiffance und dumaniemus, © . 344. Ianffen 
I, 539, R. 2; II, 406ff. 


832 Reihslammergericht und gemeiner Pfennig. 


felbft die Befugnis zuerkannt wurde, die Acht zu verbängen. 
Um es vom Kaiſer ganz unabhängig zu machen, follte biefer 
nur den Präfiventen ernennen bürfen, auf die Beſtellung ber 
ſechzehn Mitglieder aber gar Teinen Einfluß haben, indem ſechs 
von den Kurfürften ernannt, zehn von den Ständen, und zwar 
acht aus Bertretern der Fürften, zwei aus den Städten ge- 
wählt werben follten. Für diejes Entgegenlommen bes Königs, 
deſſen richterliche Gewalt dadurch jehr befchränft ward, be 
willigten ihm die Stände auf vier Jahre den fogenannten 
gemeinen Pfennig, eine Abgabe, die Halb Vermögens⸗ oder 
Einfommenfteuer, halb Kopfiteuer war. Alle Perſonen, die 
über fünfzehn Sabre zählten, follten von einem Vermögen 
von 500 Gulden oder von 50 Gulden Rente einen halben 
rheiniſchen Gulden, von 1000 Gulden einen ganzen Gulden 
entrichten; 24 Perionen, die weniger ald 500 Gulden befäßen, 
follten zujammen einen Gulden zahlen. Fürſten und andere 
Reichsſtände follten fich felbft anſchlagen. Bei aller Unvoll- 
kommenheit war bie Einführung diefer allgemeinen Reichsſteuer 
ein großer Fortichritt, weil der Grundjag anerfannt war, Daß 
alle die Pflicht Hätten, zur Beitreitung der Bedürfniſſe des 
Neiches beizutragen, und weil mit der Anfchauung gebrochen 
war, daß die Zahlung einer Steuer gegen bie „deutſche Frei⸗ 
beit“ jei. 

Die Verfügung über das Erträgnis des gemeinen Pfennigs 
hätte nach dem urfprünglichen Projekte der Stände das Reichs⸗ 
regiment erhalten follen, welches in ähnlicher Weile wie das 
Reichskammergericht zufammengefegt werden ſollte. Aber nicht 
bloß die Verwendung der Reichseinkünfte, auch die Aufrecht- 
haltung des Friedens, die Vollziehung der Urteile des Kammer- 
gerichtes, die Verteidigung des Reiches gegen auswärtige Feinde, 
die Anwerbung und Bezahlung der Söldner, die Anftellung der 
Kriegshauptleute mit Ausnahme des Oberanführers, kurz die 
ganze NReichsregierung war dem Neichsregimente zugedacht. ‘Die 
Gewalt des Königs, der ebenjo wenig wie ein Fürft ohne Zus 
ftimmung dieſes Negiments einen Krieg anfangen oder ein 
Bündnis fchließen durfte und nur bie oberjte Kriegführung und 


Schwierigleiten in ber Durchführung. 888 


einige Ehrenrechte behielt, follte vollſtändig befeitigt werben zu⸗ 
gunften eines ReichBrates, der mit Ausnahme bes Präfidenten 
von den Ständen gewählt, nach der Art feiner Zufammen- 
fegung wie nach anderen Beftimmungen aber ganz von ben 
Kurfürften abhängig geworden wäre. ES war nichts anderes 
beabfichtigt als eine Abfchaffung der Monarchie auf gejeßlichem 
Wege, und die Erjegung derjelben durch eine Fürftenariftokratie, 
bie ihren Beruf und ihre Befähigung dazu bisher noch in Teiner 
Weile dolumentiert hatte, J 

Man wird es Maximilian nicht zum Vorwurfe machen 
dürfen, wenn er der Einführung dieſes Regiments ſich wider⸗ 
ſetzte, wenn er ſich nicht freiwillig in die Stellung eines vene⸗ 
tianiſchen Dogen hinabdrängen ließ. In dieſem Punkte gaben 
die Stände nach. Die Forderung des Reichsregiments ward 
fallen gelaſſen, dafür aber beſtimmt, daß der Reichstag jährlich 
zuſammentreten und die Entſcheidung der dem Reichsrate zu⸗ 
gedachten Angelegenheiten ihm vorbehalten werden ſollte ). 

Es fam nun alles darauf an, ob die neuen Einrichtungen 
auch feite Wurzeln zu fchlagen und fih zu entwideln ver- 
mochten. 

Da zeigte fih nun allerdings, wie fchwer es war, für 
Deutſchland einheitliche Inftitutionen zu ſchaffen und denſelben 
die allgemeine Anerkennung zu fihern. Mehrere Fürften und 
Stände, felbft einzelne Kurfürften, erklärten fich gegen das 
Kammergericht, das ihre eigene Gerichtsgewalt beichräntte. 
Bald ging dasjelbe fogar wieder ein, da der König den Präfi- 
benten für andere Gejchäfte verwenvete und bie Beiſitzer, die 
aus den Einkünften des Reiches bezahlt werden follten, aus 
Mangel an folchen feine Bejoldung erhielten. Denn am meiften 
Widerjtand fand die bejichloffene Reichsſteuer. Der Adel, der 
unglüdlicher Weiſe auf ben Reichstagen gar nicht vertreten war, 


1) ©. über den Reichſstag in Worms und die demfelben vorbergehen- 
den Verhandlungen feit 1486 Ulmann I, 292—390. Bgl. Rante, 
Deutihe Geh. I, 66bff. Sanffen I, 522. V. v. Kraus, Das 
Nürnberger Reichsregiment, S. 40 ff. 


331 Geringe Erfolge der Reformbewegung. 


veriveigerte bie Entrichtung bes gemeinen Pfennigs, weil er nur 
zum Kriegsdienſte verpflichtet ſei. Auch in vielen fürftlichen 
Gebieten ging nichts ein, teils weil, wie in Baiern, die Land⸗ 
flände Schwierigkeiten machten, teils weil die Fürſten felbft 
feinen Ernit zeigten. Selbit in den Nieverlanven, wo Maxi⸗ 
miltans Sohn regierte, wurde nicht8 gezahlt. Man batte dem 
Könige in Worms 150000 Gulden bewilligt und ihm geftattet, 
in biefer Höhe ein Darlehen aufzunehmen, das aus den Er» 
trägniffen des gemeinen Pfennigs zurüdgezahlt werben follte. 
Aber fat niemand wollte auf diefe unfichere Hypothek hin ein 
Geld leihen, und in der That waren nad zwei Jahren erft 
14000 Gulden eingegangen ?). Um die Stände opferwilliger 
zu ftimmen, ließ fih Maximilian im Jahre 1500 die Ein» 
führung des Reichsregiments gefallen, obwohl er fich bewußt 
war, daß dies einer Abdankung gleichfam. Als aber das Regi- 
ment gleich eine der bisherigen gerabe entgegengefette auswärtige 
Politit verfolgte, die auch für das Reich weder ebrenvoll noch 
vorteilhaft war, brachte er dasſelbe wieder zu Falle, und die 
Kluft zwilchen ihm und den Ständen warb eine fo tiefe, daß 
eine Kataftrophe drohte und man von der Abjekung des Königs 
ſprach. Doch gewann Maximilian gerade in der nächſt fol⸗ 
genden Zeit an Anjehen und Einfluß, und es fam 1505 auch 
zur Wiedereinführung des Kammergerihtd. Um ven Urteilen 
besjelben auch die Ausführung zu fichern, wurde im Jahre 
1512 auf Antrag des Kaiſers das Reich in zehn Kreife geteilt, 
in jedem ein Hauptmann mit beigeorbneten Räten ernannt, 
und alle Einwohner des Kreifes verpflichtet, denſelben bei ber 
Aufrechthaltung des Landfriedens zu unterftügen. Die bur- 
gundiſch⸗niederländiſchen Gebiete bildeten den neunten, die öfter- 
reichiſchen Erblande den zehnten Kreis?). Die Idee einer 

1) Über die Ausführung der Wormfer Beſchlüſſe und bie folgenden 
Reichstage bis 1498 |. Ullmann I, 390—403; 522—602. Bol. Kante 
I, 78 ff. 

2) Dagegen wurde Böhmen mit feinen Nebenländern in bie Kreis⸗ 
verfafjung gar nicht einbezogen, wie man benn auch ben König weder 
1486 zur Königswahl noch zu dem ReichStagen berief, fo daß dieſes Reich 
aus dem beutichen Staatsverbande fo gut wie ausgefchleben war. 


Marimilians Rivalität mit Frankreich. 835 


allgemeinen Reichöfteuer wurde freilich für immer zu Grabe 
getragen, und das Prinzip der Selbftänpigleit der Territorien 
erhielt vefinitiv den Sieg über das der Reichseinheit. Als 
ein Reichstag in Köln im Jahre 1505 dem Könige eine Unter- 
ftügung gegen Ungarn bewilligte, wurden bie Truppen nad 
einer Matrilel auf die einzelnen Territorien verteilt, und von 
da am ift dies bei Bewilligungen von Reichsſteuern immer der 
Tall geweſen. 


Drittes Kapitel. 


Marimilians I. Rivalität mit Frankreich. — Kämpfe 
mit den Schweizern. — Der baierifche Erbfolgefrieg. 


Als Marimilian I. nach dem Tode feines Water bie 
Regierung Deutichlands und der dfterreichiichen Erblande über- 
nahm, hatte er die langen Kämpfe mit Frankreich gerade durch 
den Frieden von Senlis beendet. Aber die Feindſchaft zwiichen 
Frankreich und Burgund, die Marimilian von feinem Schwieger- 
vater geerbt hatte, war zu tief gewurzelt und im Gegenſatze 
der Intereffen begründet, ald daß nicht auch fortan eine 
Spannung hätte bleiben folen. Auch wenn nicht einzelne 
Tragen erſt fünftiger Enticheivung überlafjen worden wären, 
hätte Marimiltan auf Frankreich ein wachſames Auge haben 
müffen, das fo wenig aufrichtig feinen Anjprüchen auf einen 
Zeil der burgundifcheniederländiichen Gebiete entjagt hatte, als 
er auf die an Frankreich verlornen Gebiete derjelben. 

Verſchärft wurde der Gegenſatz noch durch die Stellung 
beider Könige zur apenninijchen Halbinfel. 

Italien gehörte feit dem Ende des 14. Jahrhunderts nur 
noch dem Namen nach zum Reiche, und die Macht des Königs 


886 Einfluß Frankreichs auf Italien. 


äußerte fich höchſtens noch in einzelnen Stanveserhöhungen. Um 
die. Mitte des 15. Jahrhunderts war es foweit gelommen, Daß 
Friedrich III. feinen Römerzug nicht mehr als Herricher. unter» 
nehmen Tonnte, jondern fich dafür wie für eine fpätere Reiſe 
von den einzelnen Herren und Kommunen Geleitsbriefe aus⸗ 
ftellen ließ. Als im Jahre 1447 das Geichlecht der Visconti 
mit dem Herzoge Philipp Maria erlofch, riß trog des Wider⸗ 
ipruches des deutſchen Königs, von dem Mailand zu Leben 
ging, der Gemahl feiner natürlichen Zochter, der tapfere Con⸗ 
bottiere Franz Sforza, dieſes Herzogtum an fih. ‘Der König 
konnte nichtö dagegen tbun und begnügte fich in feiner Weife 
damit, daß er allen Bemühungen Sforzas, von ihm die Be⸗ 
lehnung zu erhalten, einen paſſiven Widerſtand entgegenfette. 

Den Einfluß, welchen das eich verlor, fuchte das empor- 
ftrebende Frankreich an ſich zu bringen. 

Zwei Seitenlinien des franzöfiichen Königshauſes Hatten ja 
nicht unbegründete Anſprüche auf italienijche Fürftentümer, bie 
Anjous auf Neapel, der Herzog Ludwig von Drleand auf 
Mailand, da feine Großmutter Valentine eine Schweiter des 
Herzogs Philipp, des letzten Visconti, gewejen war, während 
die Sforza nur von einer unebelichen Zochter desſelben ab⸗ 
ftammten. Frankreich jelbit faßte vorübergehend auf ver 
apenniniichen Halbinjel feſten Buß, indem das von Innern und 
äußern Gefahren bedrohte Genua ſich 1458 dem mächtigen 
Nachbarftaate unterwarf. ALS diefe Stadt nach wenigen Jahren 
das fremde Joch wieder abjchüttelte, ließ fi) Ende 1463 Franz 
Sforza vom franzöfiichen Könige damit belehnen, obwohl Genua 
noch unter Karl IV. die deutiche Oberherrichaft anerkannt hatte. 
Das verichaffte ja überhaupt dem franzöfiichen Könige in Italien 
einen überwiegenden Einfluß, daß alle dortigen Mächte, . auch 
die dem Namen nach mit einander verbündeten, von gegen» 
jeitigem Mißtrauen erfüllt, gegen einander intriguierten und 
um die Gunſt Frankreichs bublten. Obwohl Ludwig XI. alle 
belog und betrog, wurde doch in den legten Jahren feiner 
Regierung „jein Hof der Wallfahrtsort für die Hilfsbepürftigen 
italienijhen Mächte und fein Thron der Gnadenſtuhl, vor 


Die Politit des Lubovico Doro. 887 


welchem bie Geſandten Italiens, klagende unb bittenve, nie 
fehlten” 1). Wie ein Damollesjchwert King die franzöſiſche In⸗ 
tervention über Italien, welche die dortigen Regierungen felbft 
herbeizurufen jich nicht jcheuten, wenn fie durch ihre Nachbarn 
debrängt wurden. Schon 1484 hatte Venedig die Franzofen 
zur Geltendmachung ber Anſprüche auf Neapel und Mailand 
aufgerufen 2). Damals hatte dieß Feine weiteren Folgen gehabt, 
weil Frankreich nah dem Tode Ludwigs XI. durch innere 
Kämpfe gelähmt und durch offene und verfteckte Feindſeligkeiten 
gegen Marimiltan al8 Negenten der Niederlande in Anſpruch 
genommen wurde. Anders war e8, als eine folche Einladung 
an den jungen, ebrgeizigen Karl VIII. zu einer Zeit erging, 
wo er feine Gegner im Innern niedergeworfen oder verſöhnt 
und durch den Abichluß des Friedens mit Marimilian, England 
und Spanien fi) den Rüden gedeckt hatte und wo er zugleich 
von neapolitanijchen Entigranten ununterbrochen aufgereizt wurde, 


—die durch das Erlöichen der Anjous auf ihn übergegangenen 


Anfprühe auf Unteritalien geltend zu machen. 

Der Auf ging diesmal von Mailand aus. Galeazzo, der 
durch feine Ausjchweifungen und feine Grauſamkeit berüchtigte 
Sohn Franz Sforzas, war 1476 dem Haſſe feiner Gegner 
zum Opfer gefallen und fein achtjähriger Sohn Gian Galeazzo 
unter ber vormundfchaftlichen Regierung feiner Mutter Bona 
als Herzog anerkannt worden. Aber fchon 1480 wurde bieje 
burch Ludovico Moro, des Ermordeten Brupder verdrängt, ber 
die Gewalt auch dann noch in den Händen behielt, als jein 
Mündel volljährig geworden war. ‘Da biejer mit einer Entelin 
des Königs Ferdinand von Neapel vermählt war, fürchtete er 
von diefem angegriffen zu werden und fuchte fich eine rechtliche 
und materielle Stüte am Auslande zu verjchaffen. Jene jollte 
ihm der römiſche König, diefe Brankreich bieten. Dem franz» 
fiichen Könige ftellte er feine Unterftügung bei einem Angriffe 


1) 8. Bufer, Die Beziehungen der Mediceer zu Frankreich während 
ber Sabre 1434—1494, ©. 221, wo überhaupt biefe Verhältniffe am 
Harften dargelegt find. 

2) Bufer, ©. 239f. 

Huber, Geſchichte Öfterreiche. III. 22 


883 8. Marimilians Bermählung mit Blanca von Mailand. 


auf Neapel in Ausficht, für den auch fhon im Sommer 1493 


die Rüftungen begonnen wurden !), Maximilian fuchte er das. 


durch zu bewegen, ihn mit Mailand zu belehnen, daß er ihm 
die Hand feiner Nichte Blanca, der ehemaligen Braut Johanns 
Corvinus, und eine reiche Mitgift anbot. Schon am 24. Juni 
1493 wurde der Ehevertrag abgeſchloſſen. Maximilian ver= 
ſprach, nach dem Tode feines Vaterd dem Ludovico die Bes 
lehnung mit dem Herzogtum Mailand zu erteilen. Dieſer 
ficherte feiner Nichte eine Mitgift von 300000 Dukaten zu. 
Am 9. März 1494 feierte der König in Hall in Tirol das 
Beilager mit Blanca, die freilich feine erfte Gemahlin nicht zu 
erjegen vermochte und feinem Herzen je länger deſto ferner ges 
treten tft ?). 

Es wäre wohl Aufgabe Marimilians gewejen, nach ber 
Übernahme der Regierung in Deutichland die Zeftfegung der 
Tranzojen in Italien zu hindern und diefer Halbinjel wenigſtens 
die Unabhängigkeit zu fichern, wenn ſich ſchon bie beutfche 
Herrichaft nicht mehr herſtellen ließ. Aber Charakter und In⸗ 
tereffen weiten ihn nach einer andern Richtung Hin. Die Ver⸗ 
nichtung ber immer gefährlicher werdenden türkiichen Macht, 
bie Wiebereroberung Konſtantinopels, die Vereinigung ber 
Krone Oftroms mit jener des abenplänbiichen Kaiſertums, das 
war der Traum des fchwärmeriichen Jünglings gewejen, das 
galt auch dem gereiften Manne als die fchönfte Aufgabe eines 
hriftlichen Helden. Und nicht bloß ideale Motive beftimmten 
Maximilian zur Ausführung diejes Planes, als er jelbftändiger 
Herricher geworden war. Wenn nicht Ungarn, auf das er 
nad dem Frieden von 1491 eventuelle Erbanfprüche hatte, ja 
wenn nicht feine eigenen Erblande durch die Horden der Un» 
gläubigen überflutet und ganz zugrunde gerichtet werben jollten, 
jo mußte man durch eine kräftige Offenfive ftarle Dämme 
gegen fie aufführen, man durfte fich nicht darauf beſchränken, 


1) Über die Polttit Ludovico Sforzas in den Jahren 1493 und 1494 
j. Romanin, Storia doc. di Venezia V, 9sgg. 


2) Ulmann I, 218ff. 


Sein Plan eines Angriffs auf die Türken. 839 


binter den Mauern einiger feiter Pläte fich gegen bie ein» 
gebrungenen Ungläubigen zu fchügen. Und daß man fich wegen 
einiger Sabre der Ruhe nicht dem Gefühle ver Sicherheit hin⸗ 
geben dürfe, zeigte fich gerade um biefe Zeit, indem ber Sultan 
im Sabre 1492 nach dem Ablaufe des Waffenftillftandes bie 
ungariihen Grenzfeftungen angreifen und im Jahre barauf 
Siebenbürgen verheeren Tieß und tm Auguſt 1493 Jakub 
Paſcha von Bosnien ber durch Kroatien in Steiermark einfiel 
und die Gegenden um Cilli und Pettau vermwüftete und aus« 
plünderte. Als Marimiltan im Oftober mit Truppen herans 
zog, waren bie Türken mit ihrer Beute bereitd nachhauje 
gezogen. Der günftige Ausgang dieſes Raubzuges ermutigte 
bie Türken ſchon im Herbfte des folgenden Jahres zu einem 
neuen Einfalle in die fteterifch-Traineriichen Grenzgebiete ). 

Schon im Jahre 1493 machte Marimilian dem ungartjchen 
Könige Vorfchläge, deren Kern darin beitand, daß er an der 
Spite der Ungarn den Krieg gegen die Zürlen führen, das 
Deutſche Reich, der Papft, Venedig und andere Mächte zur 
Stellung von Hilfstruppen oder zur Zahlung von Subſidien 
bewogen werben follten. Auch bie Vermählung mit Blanca 
von Mailand Hing mit biefen Plänen zufammen. Ihre Aus 
fteuer follte die Mittel für den Türkenkrieg bieten, ihr Oheim 
auch jonft das Unternehmen fördern. So wichtig fchien dem 
römijchen Könige ber Krieg gegen die Ungläubigen, daß er fich 
auch durch den bevorftehenden Angriff ver Franzoſen auf Neapel 
nicht von demſelben abhalten laſſen wollte, wenn er auch durch 
biplomatifche Mittel den Bruch zwifchen Karl VII. und dem 
Könige von Neapel zu verhüten fuchte 2). 

1) Ilwof, Die Einfälle der Osmanen, in „Mitt. d. hiſt. Ber. für 
Steiermart” XI, 207 ff. 

2) Über die Pläne Marimilians betreffend ben Türkenkrieg f. UT- 
mann I, 203—218. 232f. Wenn aber derſelbe S. 269ff. behauptet, 
daß Mar die Eroberung Neapels geduldet babe, weil ibm dafür fran- 
zöfiſche Unterſtützung zur Beraubung Venebigs in Ausficht geftellt worben 
fei, fo fehlt es für die Abficht eines Angriffs auf Venedig vonfeite Mari- 
milians an jebem Beweife, wie Bahmann in „Götting. gel. Anz.“ 
1885, ©. 335 ff., mit Recht betont bat. 

29% 


840 Eroberung Neapels dur Karl VIII. von Frankreich. 


Da kamen aus Italien Nachrichten, gegen die Maximilian 
unmöglich gleichgültig bleiben fonnte. 
Aunfangs September 1494 war Karl von. von Frankreich 
mit einem zahlreichen Here, bei dem fich ſehr viele Schweizer 
und deutſche Solbfnechte befanden, in Oberitalien erſchienen 
und bann, nachdem er einige Zeit durch Krankheit aufgehalten 
worden war, gegen Süben vorgedrungen. Bon feinen Gegnern 
wurde Piero von Medicis, nachbem er zu ſpät feine Gunft ger 
fucht, vom Volle vertrieben, der Papft Alerander VI. eitn- 
geſchüchtert und zur Flucht in die Engelsburg genötigt. Florenz 
wie der Papft wurden gezwungen, feinen Truppen die wichtigften 
Plige einzuräumen. Bei feiner Annäherung ftürzte auch ber 
Thron ber Aragonejen zufammen. König Ferdinand II., zu 
deſſen Ounften fein verbaßter Vater Alfons nach kurzer Negie- 
rung der Krone entfagt Hatte, floh auf die Injel Ischia, feine 
Städte und Burgen ergaben fi den Franzofen, die am 
22. Februar 1495 in die Hauptitadt ihren Einzug bielten. 
Im größten Zeile von Italien fpielte der franzöfiiche König 
ben Herrn. Bon Neapel aus wollte Karl, in deſſen ſchwäch⸗ 
lichem Körper eine ehrgeizige Seele wohnte, das türkiſche Reich 
angreifen, die Ungläubigen aus Europa vertreiben, fein Haupt 
mit der Krone von KRonftantinopel, wenn möglich auch von 
Serufalem, ſchmücken. Man fchrieb ihm zugleih, wenn auch 
mit Unrecht, die Abficht zu, den Papſt zur Verleihung ber 
abendländiichen Kaiſerkrone an ihn zu nötigen oder auch den⸗ 
jelben abzujegen und mit Hilfe eines Konzild eine Reform der 
Kirche einzuführen '). 

Dadurch fühlten ſich aber nicht nur die italienifchen, ſon⸗ 
dern auch manche ausländiihe Mächte gefährpet. 
Ludovico Moro, der nicht am wenigften das Crfcheinen 
des franzöftichen Königs veranlaßt hatte, ward bald durch das 


1) Über bie Borgäuge in Italien f. im allgemeinen Ranke, Gefdichten 
ber xromanifchen und germaniſchen Böller (S. W. XXXIU. XXXIV), 
Havemann, Gef. der italieniſch⸗franzöſiſchen Kriege von 1494—1515, 
bie freilich im Einzelnen vielfach nicht mehr genügen. Vgl. and Ro- 
maninl. c. und Gregorovius, Geld. d. Stabt Rom VII, 342 ff. 


Beunruhigung ber übrigen Möchte. 341 


berriiche. Auftreten. besielben und ‚durch die Feſtſetzung bee 
Herzogs von Drleans in Aſti für feine eigene Exiſtenz bejorgt. 
Ferdinand von Aragonien fürchtete, daß Karl VIII. die An⸗ 
Sprüche der Anjous nicht bloß auf Neapel, ſondern auch auf 
Sizilien zur Geltung bringen wolle. Aüch glaubte er, wenn 
ſchon die unechte Linie des aragoniichen Hauſes aus Neapel 
verbrängt werben follte, beſſere Anſprüche auf dieſes Weich zu 
baben als der König von Tranfreih. Venedig jah mit Be⸗ 
ſorgnis das bisherige Sleichgewicht zwiſchen den Staaten 
Italiens zerſtört. Auch ber König Marimilian erinnerte ſich 
jest doch, daß Oberitalien und Toskana einst zum Weiche ge- 
hört batten. Schon Anfangs November, als eben die erjten 
Tranzojen die Apenninen überichritten batten, ſuchte er mit 
Denedig über die italienischen Angelegenheiten Unterhandlungen 
anzufuäpfen. Als der Doge fich dazu bereit zeigte, ſchickte er 
im Januar von den Nieverlanden aus Gejandte an bie 
Signoria, um eine enge Verbindung mit derfelben zuftande zu 
bringen. &r wollte vor allem, um etwaige Abfichten des 
franzöfiichen Königs auf die abendländiſche Kaiſerwürde zu durch 
kreuzen, in den nächiten Faſten jelbjit den Römerzug unter, 
nebmen und vom Papite jich Frönen zu laſſen, wozu Venedig 
ihm den Durchzug durch fein Gebiet geftatten ſollte. Er ließ 
ber Republik aber auch den Antrag machen, als Derr der 
öſterreichiſchen Erblande mit ihr auf fünfundzwanzig Sabre ein 
Bündnis zu jchließen, nach welchem jeder Teil den andern mit 
10000 Mann unterftügen follte. 

In Venedig jammelten ſich nach und nach die Gejanbten 
aller antifranzöfiichen Mächte. Doch war e8 nicht leicht, Die 
verjchiebenen Interejjen und Bejtrebungen unter einen Hut zu 
bringen. Lodovico Moro wollte ein Eingreifen Maximilians 
in die Verhältniſſe Italiens ebenjo wenig wie die Feſtſetzung 
der Franzoſen; die Deutichen, fagte er den venetianiichen Ger 
jandten, würden wenig befjer fein al8 jene. Er riet, man 
jolfe die Könige von Rom und Spanten dur Zahlung von 
Subfidien zum Angriffe auf Frankreich jelbjt bewegen und das 
durch Karl zum Rückzuge aus Italien zwingen, ein Plan, den 


32 Abſchluß der Heiligen Liga. 


auch Marimilian vorübergehend gebegt hat. ‘Diefer war 
anderſeits anfangs gegen die Aufnahme Lodovicos in bie 
Liga, weil die öffentliche Meinung demſelben ven im Oftober ein⸗ 
getretenen Tod jeines Neffen Gian Galeazz0, des Bruders ber 
Königin Blanca, zur Laft legte. Erft die Nachricht von ber 
Eroberung der Stadt Neapel und bes ganzen Königreiches 
brachte die Unterhandlungen zum Abjchluß. 

Am 31. März 1495 wurde die „heilige Kiga” unterzeichnet. 
Die Teilnehmer waren der Bapit, König Dar, Ferdinand und 
Iſabella von Spanien, Benedig und Mailand, die fih auf 
fünfundzwanzig Sabre zur Aufrechthaltung der Ruhe in Italien, 
ber Würde des päpftlichen Stuhles und der echte des römiſchen 
Reiches verbanven und gegen Angriffe anderer Mächte fich ihre 
Befigungen garantierten. Jedes Glied follte 12000 Mann, 
der Papft die Hälfte ftellen.. Diefer wie Mailand und Venedig 
verpflichteten fich, bem Könige Diax bei feinem Nömerzuge den 
Durchgang zu geftatten, Iettere, ihm auch Truppen zu tellen. 
Sit der Vertrag, foweit er für die Offentlichleit bejtimmt war, 
durchaus defenfiver Natur, fo haben geheime Artikel wahr⸗ 
ſcheinlich als Zweck die Vertreibung der Franzojen aus Italien 
Bingeftellt ?). 

Um nicht von feinem eigenen Reiche abgefchnitten zu werben, 
trat Karl VIIL, die Hälfte feine8 Heeres zur Behauptung 
Neapels zurücdlaffenn, am 20. Mai den Rüdzug nah Ober 
italien an, wo ber Herzog von Orleans in der eriten Hälfte 
des Juni durch die Wegnahme Novaras die Feindſeligkeiten 
gegen ben Herzog von Mailand begann. Ungehindert gelangte 
der König durch die Päfje des Apennin, drängte das ihm ent» 
gegenftehende mailändiſch⸗venetianiſche Heer burch die Schlacht 
bet Fornovo am Zaro (am 6. Juli) zur Seite und kam, 
wenn auch nicht ohne bedeutende Verlufte, glüdlich nach Afti. 


1) Dies ſcheint, da die Eriftenz geheimer Artikel durch Sanuto fefl- 
ſteht, faft ſelbſtverſtändlich, wenn auch die von Guicciarbini angegebenen 
Details falfch find, wie Ulmann I, 287ff. dargethan bat. Über bie 
vorausgegangenen Unterhandlungen f. ebd. S. 275 ff., und dazu Bad- 
mann a. a. O. 


Rüdzug und neue Rüfungen ber Franzoſen. 848 


Untervefien Batten die mailändiihen und venetlantichen 
Xruppen, durch ungefähr 7000 Deutiche, die Martmilion 
ſchickte, verftärkt, die Belagerung von Novara begonnen, zu 
deſſen Entſatz der franzöftiche König viel zu ſchwach war. Aber 
gerade ald die durch Hunger und Krankheiten aufs äußerfte 
gebrachte Beſatzung die Stadt übergab, erfchienen zur Unter 
ftüßung des Herzogs von Orleans 20000 fchweizertiche Söldner 
in Oberitalten. Dadurch erſchreckt fchloß der Herzog von Mat- 
land am 9. Oktober den Separatfrieven von Vercelli, wonach 
er zwar dem Namen nad Mitglied der Liga bleiben durfte, 
aber dem franzöfiichen Könige bei jedem Angriffe auf Neapel 
den Durchzug zu geftatten und Hilfe zu leiften verſprach, wäh. 
vend dagegen ber König den Herzog von Orleans gegen Mai⸗ 
land nicht unterftägen follte. 

Zur Zeit, wo die feindlichen Scharen ſich in Oberitalien 
gegenüberftanden, batte Ferdinand von Neapel, unterftügt von 
ſpaniſchen Truppen und einer venetianifchen Flotilfe, den Kampf 
um fein Erbreich begonnen. Schon am 7. Juli kam bie Haupt⸗ 
ftabt infolge einer Erhebung der Einwohner in feine Hände, 
im Oltober ftel auch die Citadelle. Als dann päpftliche Truppen 
und gegen Abtretung mehrerer apulifcher Hafenjtäbte auch ein 
venetianiſches Corps ihm zubilfe Tam, wurden die Franzoſen 
immer mehr eingeengt. Aber noch behaupteten dieſe ausgedehnte 
Gebiete, und das Erjcheinen von Verftärfungen aus der Heimat 
würde bald wieder einen Umſchwung bewirkt haben. 

Sn der That begann Karl nach feiner Rückkehr über bie 
Alpen neue NRüftungen und fchloß mit fchweizerifchen Kantonen 
Verträge, die ihm die Arme ber beften Solotruppen jener 
Zeit ficherten. Das Feſthalten der Herzogin von Savoyen, 
der Markgrafen von Montferrat und Saluzzo wie bes Frei⸗ 
Staates Florenz an der Verbindung mit Frankreich und ber 
Beſitz einiger Städte und Burgen in Mittelitalien hätten dem 
Könige eine neue Unternehmung gegen Neapel jehr erleichtert. 

Am meiſten hatte eine ſolche Ludovico Moro zu fürchten, 
der die Bedingungen des Friedens nicht aufrichtig erfüllt hatte 
und für ben bie Anſprüche bes Herzogs von Orleans auf Mai» 


344 8. Marimilians Suöftdienvertrag mit Mailand und Benebig. 


land eine fiete Gefahr bildeten. Auch Venedig mußte die Franz 
zofen von der Rombarbei noch mehr als von Unteritalien fern 
zu halten fuchen. Beide Mächte luden baber im Frühijahr 
1496 ben römiſchen König ein, perfünlih einen Zug nach 
Italien zu unternehmen. 

Niemand Hätte lieber in die Verhältniſſe der apenniniſchen 
Halbinſel eingegriffen als der feurige, thatenluſtige Maximiliau. 
Aber im verfloſſenen Jahre hatten die Reichsſtände ihm jede 
Unterftätsung verweigert, bis die Enticheivung in Italien ge⸗ 
fallen war. Nur mit den Mitteln feiner Erblande ‚hatte er 
einige taufend Mann ausrüften können. Endlich Hatte man 
ihm ben gemeinen "Pfennig bewilligt. Doch wurbe derſelbe 
wicht gezahlt, und nicht einmal ein Anlehen konnte er daraufhin 
erhalten. Wenn er nicht den Borgängen in Stalien ganz 
gleichgültig zuſehen wollte, jo blieb ihm nichts übrig, als mit 
ben ihm non jeinen veicheren Bundesgenoijen angebotenen 
Subfidien ein Heer aufzuftellen. Zur Unterhaltung von 6000 
Mann auf die Dauer von drei Monaten wollten Mailand 
und Venedig je 80000 Dukaten zahlen und außerbem einige 
taufend Schweizer in Sol nehmen. Wenn die NReichsftände, 
die der König auf Anfangs Auguft nach Lindau berief, nur 
einige Unterjtügung gewährten, jo fonnte in Verbindung mis 
ben Zruppen Mailands, Venedigs, des Papftes, Neapeld und 
Spaniens den Franzoſen eine impojante Macht entgegengeftellt 
werden. Kein Wunder, daß ber fanguinische Maximilian von 
diefem Kriege nicht bloß die Vernichtung der franzöfiichen 
Bartei in Italien, jonbern auch eine bauernde Schwächung 
Frankreichs felbft durch Losreißung mehrerer Grenzprovinzen 
erwartete! 

Allein die Neichsftände, bie gegen jebe Einmilchung des 
Königs in die Verhältniffe Italiens waren, zeigten ſich oppo⸗ 
fitioneller als je. Zugleich jchlug die Stimmung in Venedig 
volfftändig um, als e8 fchien, daß der franzöfifche König wegen 
der Erichöpfung feiner finanziellen Mittel und feiner Ver⸗ 
gnügungsfucht wenigſtens vorläufig den Gedanken eines Zuges 
nach Italien fallen gelafien habe. Am liebſten Hätte jett die 


Sau erfolglofee Bug nad Italien. 845 


Signoria des dentichen König ganz aus Italien ferngehalten, 
da er fie nur hindern konnte, ihren Vergrößerungsplänen nach 
zujagen. Da fich dies erfolglos. zeigte, verjagte fie ibm 
wenigftens das von ihm begehrte Darlehen und zögerte fogar 
mit der Auszahlung der verfprochenen Subfwien. Nur durch 
Vorſchüſſe der Fugger und ähnliche Mittel konnte fich Mar 
einiges Gelb verichaffen. 

Sp kam es, daß dieſer nach einer Zuſammenkunft mit 
dem Herzoge von Mailand am 16. Auguſt 1496 mit nur ge⸗ 
ringer Begleitung von Mals her die Alpen überſtieg und daß 
mit allen ſpäter eingetroffenen Verſtärkungen ſeine Truppen 
ſich nur auf etwa 4000 Mann beliefen. Sein Plan ging 
dahin, an der Spitze ber Truppen der Verbündeten Aftt weg⸗ 
zunehmen, das, bem Herzoge von Orleans gehörig und vom 
franzöfiſchen Truppen befegt, ein Pfahl im Fleiiche des Herzogs 
von Mailand war, dann Meontferrat, Saluzzo und Savohen 
zum Anſchluß an die Liga zu nötigen und fo den Franzojen 
die Alpenpäfle zu verjperren. Der Plan mußte fallen gelaffen 
werden, weil Venedig gegen jede Unternehmung war, welde 
bie Macht und Sicherheit des Herzogs von Mailand vermehrte, 
Man beſchloß, bafür einen Feldzug nach Mittelitalien zu unter 
neßmen, Piſa, das beim Einbruch der Franzofen von Florenz 
abgefallen war, zu unterftüben und durch Einnahme von Livorno 
zu kräftigen, Florenz jelbit zur Aufgebung des franzöfiichen 
Dündniffes zu zwingen. Aber auch hierzu leiftete Venedig nur 
zoͤgernd unb nur ungenügende Hilfe. Da zugleich auch Ober» 
ttalien gegen die in Aſti liegenden Franzoſen bejegt bleiben 
mußte, jo waren die Kräfte, die Dar gegen Blorenz zur Ber 
fügung batte, im keiner Weife ausreichend. Die Belagerung 
von Livorno mißlang infolge der geringen Truppenzahl, ver 
herbſtlichen Stürme und Regengüſſe und bes Eintreffens einiger 
franzöfticher Kriegsſchiffe, Ohne etwas ausgerichtet zu haben, 
kam Mor um Weihnachten nach Tirol zurüd, um noch einmal 
den Verſuch zu machen, buch feine perfönliche Einwirkung bie 
Reichsſtände zum Kampfe gegen Frankreich hinzureißen *). 

1) Über den Feldzug Marimilians nach alien und die damit zu⸗ 


846 K. Marimilian und Ludwig XI. von Frankreich. 


Aber wenn biefelben ſchon unzufrieven gewefen waren, baß 
Dearimilian ohne ihre Zuftimmung den italteniichen Krieg ber 
gonnen hatte, jo war durch den ruhm⸗ und erfolglofen Aus 
gang desſelben ihre Neigung zur Unterftügung des Könige 
nicht größer geworden. Daß Karl VIIL Italien fich felbft 
überließ, daß er den Verluft ver letzten daſelbſt noch behaupteten 
Städte hinnahm, ohne ernftlihe Gegenmaßregeln zu treffen, 
ſchien die Gleichgültigkeit der deutſchen Fürften und Städte zu 
rechtfertigen. 

Ohne noch etwas gegen Italien unternommen zu Baben, 
ftarb Karl VIII von Frankreich am 7. April 1498 im Alter 
bon erſt achtundzwanzig Jahren, ohne Hinterlaffung von Erben, 
und es folgte ihm fein Vetter Ludwig von Orleans, der nicht 
bloß die Anſprüche auf Neapel aufrechtbielt, fondern auch durch 
Annahme des Titels eines Herzogs von Mailand noch weiter 
gehende Abfichten an den Tag legte. Anderſeits forberte 
Maximilian vom neuen Könige die Herausgabe des Herzogtums 
Burgund und ließ, obwohl ihm feine Verbündeten ihre Unter, 
ftügung verweigerten, im Sommer 1498 7000 Dann einen 
Einfall in Frankreich unternehmen. Da aber das Neich nichts 
für ihn that und fein eigener Sohn ſich mit Frankreich im 
Unterhandlungen einließ und dann gegen Herausgabe ber von 
ben Franzoſen in Artois bejegten Städte für die Lebensdauer 
Ludwigs XI. ausdrücklich feine Anſprüche auf das Herzogtum 
Burgund ruhen zu laſſen verſprach, fo fchloß auch er einen 
Waffenſtillſtand und zog feine Truppen zurüd. Treulos brachen 
nun die Franzofen in die Franche Comtd ein und nahmen 
mebrere Ortichaften weg. Zornglühend trieb fie Marimilian 
wieder hinaus, ging aber dann, von allen Seiten fich verlaffen 
ſehend, eine fechsmonatliche Waffenrube ein. 

Zroß biefer Haltung feines Sohnes ftürzte fih nun ber 
König in einen Krieg gegen ben Herzog von Geldern, deſſen 


ſammenhängenden Ereigniffe J Ulmann I, 404—521, der freilich In 
feiner Beurteilung des Königs Hier faft noch ſchwarzgalliger iſt als ge= 
wöhnlich. 





Die Schweiz unb das Deutſche Reich. 847 


Erfolg doch nur den Niederlanden zugute gelommen fein 
würbe!). Diefer noch dazu refultatloje Angriff auf Gelvern 
war um fo unbeſonnener, als gerade jet Marimilian alle 
feine Kräfte Hätte beiſammenhalten follen. Denn nicht nur 
war mit Frankreich noch fein Friede geichloffen, fondern es 
. war aud ein Krieg gegen die Schweiz unvermeidlich geiworben. 

So lange die dortigen Landgemeinden und Städte unter 
ber Herrfchaft Ofterreichs geftunden hatten, war ihr ganzes 
Streben dahin gegangen, unmittelbar unter das Reich zu 
fommen. Als aber die Eidgenoſſen endlich ihr Ziel erreicht 
und die Reichsunmittelbarkeit erlangt hatten, ba zeigte es fich, 
daß fie unter dem Reiche eben nichts al8 den Schatten ber 
damaligen Zentralgewalt veritanvden Hatten, welche jedes Glied 
thun ließ, was es wollte, daß fie aber, ſobald ihnen das Reich 
als wirkliche Macht entgegentrat, auch von diefem nichts mehr 
wifjen wollten, fondern völlige Unabhängigkeit anftrebten. Was 
Deutichland fich erjt durch Einführung des ewigen Landfriedens 
und des Kammtergerichtes zu verichaffen bemüht war, Ruhe im 
Innern und Rechtsficherheit, das Hatten ja die Schweizer fchon 
längft. Die Burgumnderfriege hatten ihnen auch eine angejehene 
Stellung unter den Mächten Europas verichafft und das 
Selbftbewußtfein derfelben außerordentlich gehoben. Da ſo bie 
Berbindung mit dem Reiche ihnen feinen Vorteil brachte, die 
Zahlung des gemeinen Pfennigs ihnen vielmehr Opfer aufer- 
legt hätte, weigerten fie fich auch, die Beichlüffe des Reichstags 
von Worms anzueriennen. Urteile des Kammergerichts fahen fie 
als Angriffe auf ihre Freiheit an, ja fie forderten die Eremtion 
von demſelben nicht bloß für bie eidgendifichen Kantone, fondern 
auch für die mit diefen nur verbündbeten Städte, wie bas im 
Herzen Schwabens gelegene Rottweil. Wie wenig fie fich noch 
als Angehörige des Deutſchen Reiches fühlten, zeigten ihre enge 
Verbindung mit Frankreich, das an einzelne einflußreiche Per⸗ 
fünlichfeiten wie an ganze Kantone regelmäßige Benfionen zahlte, 
und die vertragsmäßige Stellung von Söldnern zu deſſen Heeren, 


1) Ulmann I, 583—632. 


B48 Ofterreih und Graubünden. 


während dem veutichen Könige ähnliche Anjuchen konſequent abs» 
geichlagen wurden. Wenn Deutſchland die Selbjtändigleit der 
Schweiz nicht freiwillig anerkennen wollte, blieb nichts übrig 
al8 ber Krieg, ver auch ſchon im Jahre 1497 auözubredhen 
drohte. 

Maximilian Hätte benjelben gerne vermieden und machte 
teoß der Unzufriedenheit Bertholds von Mainz, des Führers 
der Neichsftände, den Schweizern einige Konzeſſionen. Er hätte 
fich begnügt, wenn biefe ihm wenigſtens in der auswärtigen 
Bolitit nicht feindlich entgegengetreten wären, wenn fie ihre 
friegsluftigen Söhne gegen Solo in jeine Dienfte hätten treten 
laſſen. Aber das franzöfiiche Geld und die bejonderd in ben 
demofratiihen Kantonen trog der ewigen Richtung von 1474 
noch immer Tebendige Antipathie gegen Oſterreich trugen den 
Sieg davon. 

Sp war der Bruch unvermeiblid. Die Stimmung wurbe 
noch mehr verbittert durch den Gegenſatz zwiichen ven ſchweize⸗ 
rifhen Bauern und ven fchwäbiichen Adeligen, welche jene durch 
Schmähungen kränkendſter Art reisten, wo fie nur konnten. 

Den nächſten Anlaß zum Kriege gaben aber die Verbält- 
niſſe Graubündens. Da fich die Orafengewalt der Herzoge 
von Öfterreich als Beſitzer der tirolifchen Grafſchaft Vintſchgau 
bis Pontalt (oberhalb Zerneg) im Engadin erjtredte, anderjeits 
der Biſchof von Chur viele Befigungen im Vintſchgau big 
hinab nach Meran batte, jo Freuzten ſich die Rechte und An- 
fprüche beider in einer Weife, daß die Streitigkeiten faft nie 
aufhörten. Im letzter Zeit hatte Oſterreich feine Stellung da⸗ 
durch verftärkt, daß es durch Kauf vom Grafen von Montfort 
und vom Vogte von Matich die zehn Gerichte in Prättigau, 
Davos und den anftoßenden Gebieten erworben hatte, während 
anderjeit8 die durch Die Bildung von drei Bünden gefräftigten 
Dewohner der Gegenden am obern Rhein und obern Inn ein 
weiteres Vorrücken der Macht Ofterreichs nicht mehr dulden 
wollten. Gerade um die Zeit, wo zwifchen Deutichland und 
ber Schweiz das Kriegsfeuer fich jeven Augenblick zu entzünden 
drohte, waren zwilchen Zirol und dem Bilchofe von Chur neue 


Ausbruch der Feinbfeligfeiten. 849 


Streitigkeiten ausgebrochen, zu beren Beilegung ‚die tiroliiche 
Landesregierung wenig guten: Willen zeigte. - Des Biſchofs 
namen fi die Bündner an, freilich nicht aus Liebe zu diefem, 
fondern aus Abneigung gegen Diterreich, und um fich gegen 
dieſes eine Fräftige Stüte zu fichern, fchlofien fie einen Bund 
mit den Eidgenoſſen. Infolge deſſen ließ Die tiroliiche Regie⸗ 
rung Ende 1498 die Grenzpunkte in Verteidigungszuſtand 
ſetzen und befahl der waffenfähigen Mannſchaft, ſich zum Aus⸗ 
rücken bereit zu halten, da man einen Angriff der Bündner 
und Schweizer befürchtete. 

Noch einmal machte man einen Verſuch, den Bruch zu ver⸗ 
meiden. Am 10. Jamar 1499 fand in Feldkirch eine Zu⸗ 
ſammenkunft der Parteien ftatt, und es ward daſelbſt eine 
zweimonatliche Waffenruhe verabredet. Aber durch die Schuld 
der öſterreichiſchen Beamten wurden die Bündner wie die 
tiroliſchen Kriegsleute im Vintſchgau nicht davon benachrichtigt. 
Als nun letztere zur Verſtärkung ihrer Stellung das an der 
Grenze gelegene Frauenkloſter Münſter beſetzten, wurden ſie 
von den Büuͤndnern wieder hinausgeworfen. Dieſe forderten 
jett die Eidgenofien, die tiroliihe Regierung den jchwäbtichen 
Bund zur Hilfeleiftung auf. Um daß Äußerſte zu verhüten, 
entichloß fich der Biihof von Chur zu großen Konzefjionen. 
Am 2. Februar ſchloſſen er und der Anführer der Bündner 
bei Glurns mit dem tiroliichen Landeshauptmann Leonhard 
‘von Vols und dem Feldhauptmann Sigmund von Welsberg 
einen Vertrag, der für ſterreich fehr günftig war. Schon 
zogen auf beiden Seiten die Truppen ab. 

Es ift fehr zweifelbaft, ob die tirolifhe Regierung diefen 
Vertrag, deſſen Abichluß fie dem Landeshauptmann in ftrengem 
Zone zum Vorwurfe machte, zur Ausführung gebracht hätte. 
Die Entſcheidung brachten die Vorfälle im Rheinthal. Durch 
Die übermütigen Nedereien der ſchwäbiſchen Bundestruppen 
gereizt, zündeten die Schweizer am 6. Februar einige Häufer 
an, worauf die Schwaben den Quzienfteig und das Städtchen 
Maienfeld wegnahmen. Infolge deſſen brachen auf der ganzen 
Linie vom Vintſchgau bis Baſel die Feindjeligfeiten aus, und 


350 Siege der Schweizer über die ſchwäbiſchen Bunbestruppen 


es wurde ber Krieg mit furchtbarer Wildheit geführt. Überall 
wurde geraubt und gebrannt, bie Einwohner halbnackt in bie 
Winterfälte binausgetrieben. Doch waren die Schweizer infolge 
ihrer einbeitlicheren Leitung und der Abhärtung wie ber größeren 
Disziplin ihrer Krieger ihren Gegnern bei weiten überlegen. 
Der König war anfangs fern in ven Nieverlanvden. Der 
Ihwäbtiche Bund, deſſen Glieder die Laften des Krieges mög⸗ 
lihft von fih abzumälzen fuchten und um möglichit billiges 
Handgeld untaugliche Knechte anwarben, werzettelte zudem feine 
Truppen längs der weiten Grenze und verzichtete auf jede 
friegeriihe Initiative, jodaß die Schweizer die Zeit wie bie 
Drte des Angriffs frei wählen fonnten. 

Auf allen Punkten waren die Schweizer fiegreih. Schon 
am 11. Februar nahmen fie den Xuzienfteig wieder ein und 
trieben dann ihre Gegner, alles ausplündernd und zerftörend, 
beit Feldkirch vorbei bis zum Bodenjee, wo fie ihnen am 
20. Februar in einem Treffen bet Harb fchwere Verlufte beis 
braditen. Ganz Vorarlberg bi8 auf die feiten Städte wurbe 
gezwungen, ven Eidgenoſſen zu buldigen. Am 22. März liefen 
2500 Landsknechte, die ind Solothurnſche eingefallen waren, 
por 800—1000 Schweizern nach kurzem Kampfe am Bruder- 
holz (jüdlich von Baſel) feige davon. Ein ſchwäbiſches Bundes- 
beer von etwa 5000 Mann unter dem Grafen von Fürften- 
berg wurde am 11. April, als es beutebeladen und teilweije 
betrunfen von einem glüdlichen Streifzuge nad Conſtanz zurüd- 
febrte, von 1500—2000 Schmweizern am Schwaberloh ſüd⸗ 
weitlih von dieſer Stadt überfallen, das ganze Geihüg ihm 
abgenommen und das feige Fußvolk nur durch die Neiteret vor 
Bernichtung bewahrt. Umgekehrt fielen die in Zirol ſtehenden 
Heerhaufen Ende März ind Engadin ein, zündeten die Dörfer 
an, töteten viele Bewohner und führten mehrere taufend Stüd 
Dieb weg, worauf die Schweizer auch zur Räumung Vorarl⸗ 
bergs genötigt wurben. Gegen wetiere Angriffe juchten fich bie 
bei Fraſtenz lagernden beutichen Truppen durch ftarfe Vers 
ihanzungen zu decken, welhe am Fuße des die Straße von 
Vaduz nah Feldkirch wie die Ebene zwilchen Feldkirch und 


wie über die Tiroler. 31 


Braftenz flanfierenden Berges angelegt und mit 1500 Schwager 
Bergfnappen, dem „ftählernen Haufen”, bejegt wurden. ine 
Abteilung des fchweizeriichen Heeres, das in einer Stärke von 
10000 Mann am 20. April von Vaduz ber vordrang, um⸗ 
ging die Schanze über ven fteilen Berg ber, ſodaß bie Be⸗ 
fagung in die Mitte genommen und überwältigt warb. Hierauf 
warb auch die Hauptmacht bei Sraftenz angegriffen und nad 
mehrftündigem Kampfe geichlagen. 3000 Mann follen vie 
Deutichen bier verloren haben. 

Erft jetzt kam der König aus Geldern nach Oberbeutjchland, 
bemüht, auch das Reich zur thätigen Zeilnahme am Kriege zu 
bewegen, der doch teilweife durch das Streben, die Schweizer 
zur Anerkennung dev Reichsgeſetze zu bewegen, hervorgerufen 
worden war. Aber die wenigiten Fürften und Städte Tümmerten 
fih um die Mahnungen des Königs, da ja der Krieg nur Oſter⸗ 
reich angehe. Auch der ſchwäbiſche Bund war zu feinen größern 
Opfern zu bewegen. Bejonvers litt Maximilian dur) Mangel 
an Geld, ohne das Feine Soldaten aufzutreiben, die ange 
worbenen nicht unter ver Fahne zu halten waren. Mit Mühe 
brachte er 7000 Mann zujammen, wit denen er über ben 
Arlberg zog, wahrjcheinlih um in Verbindung mit ven im 
Vintſchgau ftehenden Truppen, etwa 8000 Mann, von bort aus 
die Eroberung Graubündens zu verfuchen. 

Ehe er aber dort anlangte, war die Lage vollftändig ges 
ändert. Nach der Mitte des Mai fammelten fich im Münſter⸗ 
tbale 6300 Graubündner mit der Abficht, von Hier nach 
Vintſchgau einzubrechen. Da bie Ziroler nahe am Ausgange 
des Thales an der Calva, wo die Berge dasjelbe am meiſten 
einengen, eine ausgedehnte und ftarfe Schanze angelegt Hatten, 
fo fuchten fie diejelbe wie bet Fraſtenz durch ein Umgehungs- 
mandver in die Hände zu bringen. In der Nacht vom 21. auf 
den 22. Mat zogen 2000 Bündner über ben am linken Ufer 
des Rambaches ſich erbebenden Berg und kamen am Morgen 
auf verfchtevenen Wegen auf bie Ebene zwilchen Laatſch und 
Schleiß. Statt mit feinen in der Nähe ftehenden Truppen 
über die ermübeten und zerftreuten Feinde berzufollen, fcheint 


352 Leiden ber. Bewohner durch Hungersnot. 


ber unfähige Oberanführer der Ofterreicher, der Schwabe 
Ulrich von Habsberg, völlig unthätig geblieben zu fein, bis die⸗ 
ſelben fich gefammelt Hatten und nun ihrerſeits den Kampf 
gegen die am untern Rambach an der Marenger Brücke ftehen- 
ben Diterreicher begannen. Hart genug war berjelbe, und. bie 
Umgehungskolonne wäre wahrjcheinlich aufgerieben worben, wenn 
die aus ben tiroliichen Adeligen beftehende Neiterei eingegriffen 
und biejelbe im Rüden gefaßt hätte. Nach fünfftündigem Ringen 
gelang es endlich der Hauptmacht der Bündner, die Schanze 
zu erobern und dann die Ofterreicher an ver Marenger Brücke, 
die nun von zwei Seiten umfaßt wurden, zu überwältigen. 
4000-5000 Dann an Zoten und Gefangenen, wie bie Ge⸗ 
ſchütze und das Hauptbanner verloren die Ofterreicher *), deren 
Überrefte in paniſchem Schreden bis Meran flohen. Aber auch 
die Graubündner hatten viele Leute eingebüßt und verfolgten 
den Sieg nicht. Nach der Ausplünderung und Nieverbrennung 
aller Ortichaften von Mals bis Schlanders traten fie den 
Rückzug an. 

Als fieben Zage nad der Schlacht der König nach Vintjch- 
gau kam, fand er feinen Feind mehr. Anderſeits aber Tonnte 
an die Eroberung Graubündens bei der Demoralifierung der 
Zrümmer bes tirolifhen Heeres nicht mehr gedacht werben. 
Schon der Mangel an Lebensmitteln hätte die Anſammlung 
größerer Scharen unmöglih gemacht. Die armen Gebirge. 
thäler vermögen ja in gewöhnlichen Zeiten ihre Bewohner ohne 
Zufuhr von außen nicht zu ernähren. Jetzt waren zu beiden 
Seiten der Grenze alle Vorräte aufgezehrt oder vernichtet. 
AS der Gejchichtichreiber Willibald Pirkheimer, der als An⸗ 
führer des Nürnberger Kontingents im Zöniglichen Heere war, 
einen Zug nach dem Wormfer Joch unternahm, um eine von 
Mailand hergeſchickte Proviantladung in Empfang zu nehmen, 
fand er auf dem Marjche bei einem abgebrannten Dorfe zwei 
alte Weiber, welche eine Herde von 400 Kindern, bleich und 


1) Nach dem Bericht des tirolifchen Landeshauptmanns im „Anzeiger 
f. Schweiz. Geſch.“ N. F. I, 181, freilich nur 2000 Mann. 


Der Friede von Bafel. 858 


abgemagert, hinaus auf die Wiefe führten, um mit Kräutern 
ihren Hunger zu ftillen. Die Väter, erklärten ihm die Weiber, 
feten im Sriege gefallen, die Mütter aus Hunger und Elend 
umgefommen, fie erwarte ein ähnliches Schickſal. Auch eine 
öfterreichiiche Zruppenfchar, die unter dem Truchſeſſen Johann 
von Walbburg über die Berge einen Zug nad Oberengabin 
unternahm, mußte nach Anzünbung aller Dörfer bis Hinauf 
nad) Samaden den Rüdzug antreten, da bie Feinde nirgends 
ftand hielten, aber der Hunger mit allen feinen Schreden ſich 
einſtellte. 

Maximilian ging daher wieder über den Arlberg zurück, 
um noch einmal ben Verſuch zu machen, die Reichsſtände, ber 
fonders den ſchwäbiſchen Bund, zu größeren Opfern hinzu⸗ 
reißen und zu einem energiichen Angriff auf bie Schweizer zu 
bewegen. Aber überall traf er auf Entmutigung und Mangel 
an Opferwilligteit. Beſonders nachdem im Weften Graf Hein- 
rih von Fürftenberg, der mit 15 bis 16000 Dann das Schloß 
Dorned an der Birs belagerte, infolge feiner fträflichen Sorg⸗ 
Iofigfeit am 22. Juli von den Schweizern überfallen und ge» 
tötet, fein Heer geichlagen worden war, wollte niemand mehr 
von der Fortjegung des Krieges etwas wilfen. Notgedrungen 
gab Dear jeine Zuftimmung zu Unterbandlungen mit ven 
Schweizern, die troß franzöfischer Intriguen unter Vermittlung 
des Herzogs von Mailand am 22. September 1499 zum 
Frieden von Bafel führten. Die von beiden Zeilen gemachten 
Eroberungen wurden herausgegeben, ſodaß Ofterreich wieder in 
den Beſitz des Prättigau fam. Indem aber auch fonft der 
Zuftand vor dem Sriege bergeftellt und zugleich alle beim 
Kammergerichte gegen die Schweiz anhängigen Prozeffe durch 
den Mdidg nievergefchlagen wurden, warb die Eidgenofjenichaft 
tbatjächlih ganz unabhängig vom Weiche, um das fie fich 
auh in ihrer auswärtigen Politif nicht im geringjien mehr 
tümmerte !). 


1) Über diefen Krieg und befien Vorgeſchichte |. befonders Tr. Brobft, 
Die Beziehungen der ſchweizer. Eidgenofienichaft zum beutfeen Reiche in 
Huber, Seihichte Öfterreihs. III. 


Ik 


® 


7 


354 Doppelbeirat zwifchen den Häufern Habsburg und Spanien. 


Niemand Hatte zunächft von diefem Kriege zwiſchen Deutich- 
lanb und der Schweiz größeren Vorteil als Frankreich. Es 
war Ludwig XII. gleich nach feiner Thronbefteigung gelungen, 
den Ring feiner Gegner vollftändig zu fprengen. Schon am 
14. Juli 1498 ſchloß Heinrich VII. von England, der 1496 
auch der heiligen Liga beigetreten war, mit Frankreich Frieden. 
Deſſen Beiſpiele folgte am 5. Auguft Ferdinand von Aragonien, 
obwohl er mit dem Haufe Habsburg durch doppelte Bande 
der Verwandtichaft vereinigt war, da nach den Anfangs 1495 
getroffenen Verabrenungen feine zweite Tochter Iohanna am 
21. Oftober 1496 den Erzberzog Philipp und im Frühjahr 
darauf fein Sohn, der Kronprinz Don Juan, deffen Schwefter 
Margareta geheiratet Hatte, die freilich fhon am 4. Oftober 
wieder Witwe geworden war. Venedig, mit Ludovico Moro, 
welcher der Republik den Beſitz Piſas nicht gönnen wollte, 
vollftändig zerfallen, bot dem Könige Ludwig fogar ein Bündnis 
an, und basjelbe that ver Papſt Alexander VI., der mit frans 
zöfiicher Unterftügung feinem natürlichen Sohne, dem berüchtigten 
Cefare Borgia, ein Fürftentum verichaffen wollte. So- blieben 
von allen Gegnern Frankreichs nur noch der König Maximilian 
und der Herzog von Mailand, der vollſtändig ifoliert war, als 
jener in den Krieg mit ven Schweizern verwidelt und dadurch 
an einer Unterjtügung Ludovicos gehindert ward. 

Jetzt war der Entichluß des franzöfiichen Königs gefaßt. 
Während er fi durch Geld und Verfprechungen auch für bie 
nächiten zehn Jahre das Recht der Söldnerwerbung in ber 
Schweiz ficherte, jhloß er am 9. Februar 1499 einen Bund 
mit Venedig, das ihm gegen Überlaffung Cremonas und des 
Gebietes im Often der Adda feine Unterftüägung zur Eroberung 
Mailands zuficherte. Vergebens begte Lodovico den Venetianern 
die Türken auf den Hals; er konnte feinem Schidjale nicht 
mehr entrinmen. Der Krieg zwilchen dem Könige Dar und 


den Jahren 1486—1499, im „Archiv f. Schweiz. Geld.“ XV, 67—181. 
A. Jäger, Der Engebeiner Krieg im Jahre 1499, in „N. Zeitſchr. des 
Ferdinandeums für Zirol“ u. f. w. IV, 1—227. Ullmann a. a. O. 
J. 647-799. 


Eroberung Mailands durch die Franzofen. 865 


den Eidgenofjen hinderten nicht bloß den erfteren an der Unter⸗ 
ftügung des Herzogs, fondern machte es diefem auch unmöglich, 
in ber Schweiz Truppen zu werben. Da er durch ben zu. 
nehmenden Steuerdruck fich auch feine Unterthanen entfrembet 
hatte, fo brach beim Angriffe des franzöfiichen Heeres feine 
Serrichaft wie ein Kartenhaus zufammen. Am 6. September 
1499 zogen die Franzojen in Mailand ein, nachdem Lodovico 
vier Tage vorher feine Hauptftabt verlaffen und fich mit feiner 
Familie und feinen Schägen nach Zirol geflüchtet Hatte. Als 
er dann am Anfang des folgenden Jahres mit Hilfe ſchweizeriſcher 
und deutſcher Söldner fein Land zurüderobern wollte und, 
unterjtüßt durch die Abneigung der Mailänder gegen die drückende 
Herrſchaft der Franzofen, bereits ben größten Teil desfelben in 
feine Gewalt gebracht hatte, fiel er, von den Schweizern ver⸗ 
raten, am 10. April 1500 in die Hände der Feinde, bie ihn 
als Gefangenen nad Frankreich abführten. 

Am nämlihen Tage eröffnete Marimiltian den Reichstag 
in Augsburg, auf dem er noch einmal verfuchen wollte, bie 
Stände zu einer ausgiebigen Hilfeleiftung gegen Frankreich zu 
bewegen, deſſen König die Herrichaft über Italien und bie 
Kaiſerkrone an fich reißen und bie öfterreichifchen Erblande und 
das Reich felbjt bebrohen würde. Berthold von Mainz, aud) 
iegt ber Führer der Neichsftände, benutte diefe Stimmung 
Marimilians, um ihn zur Genehmigung des Neichsregimentes 
zu bewegen, das unter dem Vorſitze des Königs oder feines 
Stellvertreters über Tragen der auswärtigen und inneren Politik, 
über militäriiche und finanzielle Angelegenheiten entjcheiden und 
durch die Art feiner Zufammenfegung dem Einfluffe des Königs 
entrüdt und wefentlih von den Fürften, befonders den Kur⸗ 
fürften, abhängig fein folte. Max ftimmte zu, weil ihm bie 
Stände dafür die Einführung einer bleibenden Reichskriegsver⸗ 
faffung mit einer eigentümlichen Kombinterung von Aushebung 
und Befteuerung in Ausficht ftellten, von der er ſich ein Heer 
von 30000 Mann und die Mittel zu ihrer Bezahlung ver- 
ſprach. 

Doch nur zu bald zeigte es ſich, daß man ihm auch dies⸗ 

23* 


806 K. Mar und das Nürnberger Reichsregiment. 


mal wieder genarrt habe. Die ſchönen Beſchlüſſe über bie 
Aufftellung eines Reichsheeres blieben auf dem Papiere. Das 
gegen ſchlug das Reichsregiment, deſſen Seele wieder der Erz 
bifhof von Mainz war, eine ber bisherigen Politik des Königs 
diametral entgegengefette Richtung ein, ſchloß mit dem fran- 
zöfifchen Könige einen Waffenftilfftand, ohne auch nur die tta- 
lieniſchen Vaſallen einzufchliegen, ftellte dvemfelben die Belehnung 
mit Mailand in Ausficht und gab dem franzöfiichen Gefanbten, 
der Maximilian burch den Vorwurf der Beſtechlichkeit in frecher 
Weiſe beleidigte, ein Zeugnis feines Wohlverhaltens mit !). 
Darf man fih da wundern, wenn nun auch Marintilian um 
das Regiment, für das auch viele Reichsſtände jehr geringes 
Intereſſe zeigten, fich nicht mehr kümmerte, wenn er endlich jelbft 
mit dem franzöfiichen Könige, dem er bei der Gleichgültigkeit 
ber beutichen Stände doch nichts anzuhaben vermochte, fich aus⸗ 
zugleichen bereit war, um wenigſtens auch die Vorteile bavon 
für ſich zu ernten? 

Die Friedensliebe der niederländiichen Negterung und bie 
Beziehungen des Erzherzogs Philipp zu Spanien fpielten dabei 
eine wichtige Rolle. 

Als um Herbft 1496 der Sohn Marimiliand die zweite 
Tochter Ferdinands von Aragonien und JIſabellas von Caſtilien 
gebeiratet hatte, konnte niemand vermuten, daß Dies zu einer 
Erwerbung Spantens dur das Haus Habsburg führen würde, 
da die Prinzelfin Johanna einen Bruder und eine ältere Schweiter 
hatte. Allein in fürzefter Zeit ftarben alfe hinweg, welche dem 
Erbrechte verjelben vorangingen, im Oktober 1497 der Kron⸗ 
prinz Don Yuan, deſſen Gemahlin fi in gefegneten Umftänven 
befand, aber dann ein totes Kind zur Welt brachte, 1498 die 
ältejte Infantin Iſabella, die Gemahlin des Königs von Por- 
tugal, und im Juli 1500 auch deren Sohn Miguel. Da nun 
die Gemahlin Philipps die Erbin der vereinigten caftilifch« 
aragoniichen Länder geworden war und derſelbe dieſes echt 


1) Ranke, Deuiſche Gefchichte I, 93 ff. Janſſen, Gefch. d. beutfchen 
Boltes I, 533. 8. v. Kraus, Das Nürnberger Reihsregiment, ©. BL ff. 


Die Verträge von Blois und beren Bruch. 859 


mit ber deutfchen Oppofition aufgebe. Auch fein Sohn Philipp 
von Burgund hatte fich enger dem franzöjilchen ‚Könige an⸗ 
geichloffen, als er mit feinem Schwiegervater aus verjchiedenen 
Gründen zerfallen war. Philipp vermittelte eine neue Ver⸗ 
bindung zwifchen feinem Vater und dem Könige von Frankreich, 
beren Ergebnis die Verträge von Blois am 22. September 
1504 waren. Dearimilian veriprach jest, Ludwig XII. binnen 
drei Monaten mit Mailand zu belehnen, und zwar für fi 
felbft und feine Söhne oder in Ermangelung von folchen für 
feine Tochter Claudia gemeinjhaftlih mit ihrem Bräutigam 
Karl. Ludwig gelobte, ſich nicht in die Angelegenheiten bes 
Deutichen Reiches einzumifchen. Beide verpflichteten fich, mit 
Terbinand von Aragonien über Neapel feinen Separatvertrag 
zu fchließen, ftellten aber bemjelben den Beitritt zu ihrem Bünd⸗ 
niffe frei, wenn er feinen Anteil an Neapel feinem Enkel Karl 
und die Verwaltung desjelben dem Erzherzoge Philipp abträte, 
worauf auch Ludwig fein Recht auf die Hälfte Neapels auf 
feine Tochter übertragen würde. Falls Ludwig XIL. ohne Sohn 
jtärbe, fo follten. die Herzogtümer Bretagne, Burgund und 
Mailand (mit Afti und Genua) an Philipp zugunften Karls 
und Claudias fallen, Iettere beiden Herzogtümer auch bann, 
wenn die Beirat diejer beiden durch Frankreichs Schuld unter 
bliebe. 

Da dieje Verträge nur durch vorübergehende politiiche Kon- 
jtellationen veranlaßt und vonjeite des franzöſiſchen Königs, wie 
Maximilian wohl einjah, auch gar nicht ernftlich gemeint waren, 
jo famen fie ebenjo wenig zur Ausführung wie die verwandten 
Verträge von Trient. Kaum batte ver Kardinal von Amboije im 
April 1505 in Hagenau im Namen feines Königs von Max bie 
Belehnung mit Mailand erhalten und die Verträge beichworen, 
jo widerrief Ludwig mit Difpens besjelben Kardinals zunächit 
im geheimen die DVermählung feiner Tochter mit dem Erz 
berzoge Karl und verlobte fie mit feinem Vetter, dem Thron. 
folger Franz von Angoulöme, was dann im Mat des folgenden 
Jahres auf einer Ständeverfammlung auch öffentlich geſchah. 
Denn eine Vereinigung der Habsburger mit Spanien gegen 


0 Erlsſchen ber Landshuter Linien bes Hauſes Wittelsbach. 


Frankreich war jetzt nicht mehr zu fürchten, ba Pilipp mit 
feinem. Schwiegervater um bie Regierung von Caſtilien ftritt, 
welche die Königin Iſabella auf ihrem ZTotenbette im November 
1504_ nicht ihrer ſchwermütigen Tochter Johanna oder deren 
Gemahle, fondern ihrem Gatten übertragen hatte, ſodaß Fex⸗ 
dinand fogar mit Frankreich ein Bündnis ſchloß !). u 
Für Maximilian hatte dieſe Verbindung mit. dem Konige 
von Frankreich immerhin einen großen Vorteil, indem biefer 
dadurch gehindert ward, ihm in ben deutſchen Angelegenheiten, 
namentlich im baterifchen Erbfolgefriege Schwierigleiten zu bes 
reiten. | 
Am 1. Dezember 1503 war Georg der Reiche von Baiern⸗ 
Landshut mit Hinterlaffung einer Tochter, Elifabeth, geftorben. 
Obwohl nach den baierifchen Familienverträgen deſſen Gebiete 
an den Herzog Albrecht IV. von Baiern-Münden und beijen 
Druder Wolfgang hätten fallen follen, Hatte er doch in einem 
geheimen Teſtamente feine Länder wie feine Schäße feiner Tochter 
vermacht, die er 1499 mit Ruprecht, bem britten Sohn des 
Kurfürften Philipp von der Pfalz, vermäßlte. Ruprecht brachte 
auch beim Tode feines Schwiegervaters die Schlöffer von Lands⸗ 
but und Burghaufen in feine Gewalt, während die Stände ihm 
wie Albrecht die Hulbigung verweigerten und ven König baten, 
bie Entſcheidung des Streites in jeine Hand zu nehmen. 
Recht und Politif forderten Maximilian auf, ſich zugunften 
des Herzogs Albrecht auszufprechen. Denn dieſer war fein 
Schwager, während das pfälziiche Haus feit einem halben Jahr» 
hundert dem Kaifer Oppofition gemacht hatte und auch ber 
Kurfürft Philipp immer, ſelbſt zur Zeit der Reichskriege, mit 


1) Über die Beziehungen Marimiliang zu Frankreich von 1501 big 
1506, wofür Le Glay, Negociations diplom. entre la France et 
l’Autriche, T. I, p. 19sqq., wichtige8 Material veröffentlicht Kat, ſiehe 
Lanz, Einleitung zum 1. B. ber Mon. Habsburgica, 2. Abtl., S. 60ff. 
de Leva, Storia docum. di Carlo V. in correlazione all’ Italia I, 
70844. P. Schweizer, Die Verträge von Blois, in „Korfhungen zur 
deutſchen Geſch.“ XIX, 1ff.,, und für die Sabre 1501 und 1502 
2. dv. Kraus, ©. 154 ff. 


8. Raximilians Beteiligung am Erbfolgekriege. 561 


Frankreich die engften Verbindungen unterhalten hatte. Er er- 
teilte bern auch ſchon amt 9. Dezember dem Herzoge Albrecht 
die Belehnung und forberte die Landſchaft zur Huldigung auf. 
Doch fuchte er auch fein Intereffe“, wie er fich ausprüdke, 
zu wahren und einige baieriſche Gebietsteile am fich zu bringen, 
bie ihm zur Abrundung der dfterreichiichen Länder befonders 
wichtig ſchienen. Much war er bereit, um einen frieplichen Aus⸗ 
gleich zu ermöglichen, dem Pfälzer ein Drittel der Beſitzungen 
ſeines Schwiegervater® zu verfchaffen. Dieſer wies aber bie 
Borfchläge des Könige, vor allen die von demſelben geforberten 
Abtretungen, zurüd. Ehe noch eine rechtliche Entjcheivung ges 
fallt war, gab die emergiiche Herzogin Eliſabeth durch bie Weg» 
nahme der Stadt Landshut am 17. April 1504 das Zeichen 
zum Ausbruche des Krieges. 

Albrecht IV. wurde nicht bloß vom Könige, fondern auch 
vom ſchwäbiſchen Bunde ımb mehreren alten Gegnern der Pfalz 
unterftügt. Ruprecht batte faſt nur feinen Vater für ſich; doch 
boten ihn die Schäte ſeines Schwiegervater8 die Mittel, zahl- 
reiche boͤhmiſche Söldner und deutſche Landsknechte zu werben. 
In Baiern, in der Oberpfalz und in ben Rheingegenden wurde 
gefämpft und dabei die beimgejuchten Gebiete volljtändig aus—⸗ 
geplündert, viele Ortichaften nievergebrannt. König Maximilian 
bemächtigte fich zuerft ohne Mühe ver an ven pfälztihen Kur⸗ 
fürften verpfänbeten Reichslandvogtei von Hagenau und ver 
Ortenau und nahm biefe für Ofterreich in Befig. Der Kur 
fürft von der Pfalz beichränkte fich weientlich auf die Ver⸗ 
teidigung feiner Gebiete. Im Baiern dagegen zeigte fich bie 
pfälziiche Partei ihren Gegnern vollftändig gewachfen, obwohl 
Ruprecht ſelbſt jchon am 20. Auguft von der Ruhr hinweg» 
gerafft wurde. Um bier eine Enticheivung herbeizuführen, z0g 
Mar im Auguft vom Rheine an die Donau, vereinigte fich 
mit dem Herzöge Albrecht, dem Markgrafen Friedrich von Ans» 
bach und Baireut, dem Herzoge Erich von Braunfjchweig, feinem 
Schwager, mit ſchwäbiſchen Kreistruppen und dem Striegsvolfe 
der Nürnberger und warf fi damit einem böhmijchen Söldner⸗ 
beere von 3000 Fußgängern und 900 Weitern entgegen, das 


362 Marimilians Sieg bei Wenzenbach. 


über Cham nach Baiern marjchierte. Am 12. September kam 
e8 beit Wenzenbach norböftlich von Negensburg zur Schlacht. Die 
böhmiichen Fußgänger, die Hinter großen, mit Ketten und eijernen 
Klammern verbundenen Setzſchilden auf einer Anhöhe aufgestellt 
waren, hielten fich jehr wader und ftanden wie die Mauern, 
obwohl die Feinde ihnen an Zahl doppelt überlegen waren. 
Marimilian jelbft, der an der Spige eines Neiterhaufens fie 
angriff, wurde durch eine mit Hafen verjehene Lanze vom Pferbe 
geriffen und wäre vielleicht verloren geweſen, wenn ihn nicht 
Erich von Braunſchweig mit eigener Lebensgefahr gerettet hätte. 
Endlich aber wurden die Reihen der Böhmen zeriprengt, wenig- 
ſtens 1500 getötet, mehr al8 700 gefangen, aber von Marie 
miltan in ritterlicher Weiſe großenteil8 nachhaufe entlafjen. 
Bon bier zog Marimilian gegen Kufftein, deſſen Pfleger 
Hans Pienzenauer ebenjo wie der von Nattenberg ihm bereits 
im Juni gehuldigt hatte und dafür in feinem Amte beftätigt 
worden, aber im Auguft beim Erjcheinen einer pfälzifchen Heeres» 
abteilung auf die Seite Ruprechts übergetreten war. Auch 
jet, wo der König am 3. Dftober mit einem Deere von 
wenigitendg 5—6000 Dann, meift Tirolern und Vorarlbergern, 
por Kufftein erſchien, wies Pienzenauer, vertrauend auf bie 
Seitigleit der Wälle und Mauern, bie Aufforderung zur Unter, 
werfung zurüd. Einer feiner Unterbefeblshaber, Wamolt, der 
eine Schar von 200 Böhmen kommandierte, jtellte zwar nad 
breitägiger Beſchießung der Stadt die Übergabe derfelben bie 
Ausfiht. Da aber die Gefchüge der Belagerer in den erften 
Zagen feine große Wirkung hervorgebracht hatten, fo wurde er 
ichlieglich feinem Worte untreu, was den König fo erzürnte, 
baß er erflärte, wenn noch einmal jemand von einem DBertrage 
rede, fo werde er ihm ins Angeficht fchlagen, das ihm das Blut 
berabrinne. Max fette daher mit größerem Eifer als anfangs 
die Beſchießung fort und den ungeheueren Steinkugeln, welche 
feine jet in Thätigkeit geſetzten vier „Hauptſtuck“ ſchleuderten, 
bielten auch die ftärkften Mauern nicht ftand. ALS ſchon 
mehrere Türme zufammengejchoffen und alles zum Sturme vor» 
bereitet war, ergab fih am 12. Dftober die Dejagung ber 


Die Eroberung von Kufſtein. 363 


Stadt, welcher der König trotz feiner früheren Äußerung Leben 
und Eigentum zuficherte. 

Die Entrüftung Marimilians erhielt aber neue Nahrung, 
als Pienzenauer, der jetzt die Übergabe des Felſenſchloſſes in 
Ausficht ftellte, wenn binnen vier Wochen fein Entſatz käme, 
fich nicht mit einer Friſt von 14 Tagen begnügte und bie ihm 
gewährte Waffenruhe von anderthalb Tagen zur ftärkeren Ber 
feftigung des Schloffes benutzte. Durch die Niejengefchüge, bie 
Marimilian von Innsbrud kommen ließ, wurbe basjelbe aber 
in wenigen Tagen jo zujammengeichofien, daß Pienzenauer und 
feine Leute mit flehenden Worten und gefalteten Händen um 
Gnade baten. “Der erbitterte König wies aber jet die Kapi⸗ 
tulation zurüd, entichloffen, bie Feftung mit Sturm zu nehmen 
und die ganze Beſatzung über die Klinge jpringen zu laſſen. 
Diefe fuchte fih am Morgen des 17. Oktober durch einen 
geheimen Ausgang zu retten, wurde aber ergriffen und auf 
Defehl Maximilians dem Henker übergeben. Schon waren 
Pienzenauer, Wamolt und 18 andere enthauptet, als es den 
Bitten Erichs von Braunfchweig, des Fürften von Anhalt und 
anderer Bornehmer gelang, den 26 übrigen Schonung zu er» 
wirken ’). 

Noch mehrere Monate zog fich der verheerende Krieg bin, 
bi8 endlih im Februar 1505 ein Waffenftillftand geſchloſſen 
wurde. Am 30. Juli diktierte der König auf einem Reichstage 
in Köln den mürbe geworbenen Parteien die Sriebensbedingungen. 
Für die Söhne des verjtorbenen Pfalzgrafen jollte aus Neu- 


1) Neben 3. Würdinger, Kriegsgefehichte von Bayern von 1347 
Bis 1506 II, 174—279, der am gründlichfien über ben baierifchen Erb- 
folgelrieg gehandelt bat, f. fpeziell über die Belagerung von Kufftein bie 
Berichte des kölniſchen Ratsſekretärs Stebufh vom 5., 12. und 17. Oft. 
aus der Nähe von Kufftein bei Höhl baum, Mitth. aus dem Stadt- 
archiv von Köln XI, 32 ff. und die Schreiben aus bem Lager vor Kuf- 
flein an den Kanzler Sarnthein vom 10. und 11. Oft, und 8. Marie 
milians an feine Gemahlin vom 18. Oft., die O. Reblid im 9. B. 
ber „Mitt. des Inſtituts“ veröffentlichen wird und mir ſchon jet gütigft 
mitgeteilt hat. Dadurch werben die Erzählungen Späterer oder ferner 
Stehender vielfach berichtigt. 


864 Dergrößerung Ofterreich8 durch baieriſche und görziſche Gebiete. 


burg und aus ben meiften baieriſchen Beſitzungen nördlich von 
ber Donau ein neues Fürſtentum, die fogenannte junge Pfalz 
gebilvet werben, bie übrigen Befitungen bes Herzogs Georg 
an Albrecht IV. und deſſen Bruver fallen. Maximilian erhielt 
für fein „Intereſſe“ außer einigen kleineren Gebieten von ber 
Pfalz die Landvogtei Hagenau und bie Ortenau, von Baiern 
bie ſchwäbiſchen Orafichaften und Herrichaften Kirchberg, Weiſſen⸗ 
born und Marftetten, bie fich an die Markgrafihaft Burgan 
anfchlofien, Neuburg am Inn und die Städte und Herrichaften 
Kufftein, Kigbühel und Nattenberg mit dem baieriichen Zeile 
des Zillerthales. Durch letztere, die zu Tirol geichlagen wurden, 
erhielt Tirol gegen Norboften eine geficherte Grenze, wie es 
kurz vorher durch das Pulterthal im Oſten arrondiert worden 
wor. Denn am 12. April 1500 war Leonhard, der lette ber 
Grafen von Görz, in Lienz geftorben, worauf Marimilian zahle 
reichen früheren Erbverträgen entiprechend deſſen Gebiete, bie 
Grafſchaft Görz mit Gradisca und Idria, ausgedehnte Befigungen 
in Kärnten, bie Stadt Lienz und das Bufterthal bis zur Mühl» 
bacher Klauſe, foweit es nicht den Hochſtiftern Brixen oder 
Freiſing gehörte, in Befig nahm. Da das Buftertbal und 
Lienz mit Tirol vereinigt wurden, jo erhielt dieſes in wenigen 
Jahren gegen Often feine jeige Ausdehnung, wenn man bavon 
abfieht, daß die falzburgiichen Befigungen im Brixenthal, Zillere 
thal und Windiſch⸗Matrai noch in das heutige Tirol hereinragten. 

Der glückliche Ausgang des baierifchen Erbfolgefrieges mußte 
auch Marximilians Anjehen im Reiche heben, bejonders da tm 
Dezember 1504 auch fein berborragenbfter Gegner unter den 
Fürften, der Erzbiihof Berthold von Mainz, geitorben und 
burch den Markgrafen Jakob von Baden, einen Verwandten 
bes Königs, erjett worden war. Den Plan, für feinen Sohn 
Philipp aus Tirol. ein Kurfürjtentum zu machen, jete er zwar 
nicht durch. Dagegen bewilligte ihm der Reichstag in Köln, 
dem er bezüglich der Herjtellung des Reichskammergerichtes ent 
gegentam, auf ein ganzes Jahr 4000 Mann, um bie Ungarn 
zur Uchtung des von ihnen gebrochenen Erbfolgevertrages von 
1491 zu nötigen. 


Tod des Erzherzogs Philipp. 865 


Marimilian hatte gehofft, mit den ihm in Köln bewilfigten 
Mitteln im günftigen Falle auch feinen lange verzögerten Römer⸗ 
zug unternehmen zu können. Sein Sohn, der Anfangs 1506 
nach Caftifien zog, um fetne Rechte auf die Regierung biefes 
Reiches geltend zu machen, follte ihn dabei von der See Ber 
unterftügen. Philipp ward auch von den Caſtilianern als 
Herr anerfannt und nötigte feinen Schwiegervater zur Auf 
gebung feiner Anfprücde. Aber ſchon am 25. September wurbe 
er von einem Bigigen Fieber hinweggerafft, worauf ſich bie 
Saftilianer doch den König Ferdinand, Frankreichs Bundes⸗ 
genofjen, als Regenten für Philipps älteren Sohn, ven ſechs⸗ 
jährigen Erzherzog Karl, gefallen ließen. Auch Venedig hielt 
an feiner Verbindung mit Frankreich feſt und verweigerte Maxi⸗ 
milian den Durchzug nach Rom, wenn er nicht, wie fein Vater, 
ohne Begleitung eines Heeres Täme!). Dieſer konnte baber 
nicht Hoffen, ohne ausgiebige Unterftügung des Reiches an Frank⸗ 
reich für den Bruch der Verträge von Blois und Hagenau 
Rache zu nehmen und demſelben die Herzogtümer Burgund 
und Mailand zu entreißen, die nach ven in Blois felbft ge- 
troffenen Verabredungen an feinen Enkel Karl fallen follten. 

Er berief daher auf das Frühlahr 1507 einen Reichstag 
nad Conſtanz, der auch fehr zahlreich befucht wurde. Mit 
feurigen Worten ſchilderte Maximilian den Ständen die vom 
Könige von Frankreich drohenden Gefahren und die Abficht 
besjelben, die deutiche Nation für Immer ver Kaiſerwürde zu 
berauben, und forderte biejelben zu einträchtigem Handeln 
und zu fchneller Bewilligung von Geld und Voll auf, damit 
er imſtande wäre, die Katferfrone zu empfangen, die Franzofen 
aus Mailand zu vertreiben und überhaupt bie verlorenen Reichs⸗ 
gebiete wieder zurüdzuerobern. Er forderte 10000 Dann zu 
Roß und 20000 zu Fuß und meinte, daß Dies feine Schwierig- 
feiten bieten fönne, da 60000 reifige Pferde und zehnmal 
Bunderttaufend Fußknechte in deutſchen Landen wären. 

Wenn Dearimiliaon jo Hohe Forderungen ftellte, fo that 


1) Romanin V, 177sgg. 


866 Marimilians weitgehende Pläne. 


er dies freilich wahricheinlich in der Überzeugung, daß er bie- 
felben in jedem Falle ohne bebeutende Abftriche nicht durch⸗ 
jegen würde. In der That bewilligten ihm die Reichsſtände 
nach dreimonatlichen Verhandlungen auf ein halbes Jahr nur 
3000 Reiter und 9000 Maun zu Fuß oder für lebtere eine 
Summe von 120000 Gulden. Auch wollten fie von einem 
Kriege gegen Frankreich ohne vorhergehende Verhandlungen 
nichtö willen und ſetzten e8 durch, daß eine Gejandtichaft an 
den König Ludwig geſchickt wurde, um deſſen Abfichten gegen- 
über dem Reiche zu erforſchen. Mar war übrigens auch fo 
in der rofigften Laune. Er boffte mit den Truppen aus ben 
dfterreihifchen und den burgundiichen Ländern ein Heer von 
30000 Mann zufammenzubringen, mit dem er um jo mehr 
ausrichten zu können glaubte, als er Ausficht Hatte, diesmal 
bie Schweizer nicht in ben Reihen feiner Gegner, ſondern unter 
jeinen Fahnen kämpfen zu fehen. Denn eine Gejandtichaft der» 
felben, die in Conjtanz erjchien, erklärte ihre Bereitwilligfeit, 
dazu mitzuwirken, daß die Kaiſerkrone nicht in andere ald in 
deutiche Hände komme. Da der König fich bereit zeigte, bie 
Eidgenoſſenſchaft vom Kammergeriht und von den jonftigen 
Pflichten gegen das Reich zu befreien, jo verjprachen fie, ale 
„Verwandte“ des Reichs in deſſen Sold 6000 Mann zu ftellen, 
damit Marimilian die Kaiſerkrone erlange.. Schon nahm diejer 
in feiner fanguinifchen Stimmung weitere großartige Unter« 
nehmungen in Ausfiht. Nach dem Empfang der Kaijerkrone 
und ber Ordnung ber PVerbältniffe Staliend wie Burgunds 
wollte er, wie er den Ständen erflärte, perſönlich einen Zug 
gegen die Ungläubigen unternehmen !). 

Aber nur zu bald follte er aus feinen jchönen Träumen 
aufgeweckt werben! Bei den Schweizern trug auch diesmal das 
franzöſiſche Geld über das deutſche Nationalgefühl den Sieg 


1) Über die Verhandlungen in Konftanz find bie vollſtändigſten Nach- 
richten bei Janffen, Reichscorreſpondenz II, 700 —741, worauf ih auch 
für die fpäteren NeichStage verweife. Vgl. aud bie fonftigen bafelbft 
eitierten Duellen. 


Ungenügenbe Unterſtützung besfelben. 367 


davon. Schon Ende Juli konnte ein franzöfifcher Gefanbter 
dem Vizekönig von Mailand aus Zürich melden, daß diefelben 
dem Könige zur Verteidigung biejes Herzogtums fo viele Truppen 
jtellen würden, als berjelbe wünfchte )Y. Auch die Reichsſtände 
zeigten bei Ausführung der Conftanzer Beichlüffe ihre gewohnte 
Saumjeligfeit. Ihre Kontingente, die am 16. Oftober in Con⸗ 
ſtanz fein follten, trafen meiſt entweder fpäter ober gar nicht 
beim Könige ein. ‘Die Niederlande, wo im Namen des jungen 
Karl für Marimiltan feine Huge Tochter Margareta, Witwe 
bes Herzogs bon Savoyen, die Regierung führte, vermochte 
fich ſelbft kaum des Herzogs von Geldern zu erwehren, der im 
geheimen von Frankreich unterftügt wurde. Auch die Stände 
jeiner Erblande, die Marimilian übrigens erft auf den 2. Te- 
bruar 1508 berief, waren weit davon entfernt, die Wünfche 
besjelben im vollen Umfange zu erfüllen. ‘Der Landtag in 
Linz bewilligte für den Römerzug ftatt der geforderten 1500 
zu Roß und zu Fuß nur 400 Fußknechte auf drei Monate ?), 
andere wahrjcheinlih vor dem Ausbruche des Krieges mit Ve- 
nedig gar nichts. Nur der tiroliiche Landtag, der jchon 1506 
für den Römerzug 50000 Gulden votiert Hatte, bewilligte An- 
fange 1507 für denfelben Zwed 1000, und wenn ein Krieg 
entjtände, 5000, ja im Fall der Not 10000 Mann ?). 

So war das Heer Marimilians, das fi Anfangs 1508 
in Südtirol fammelte, groß genug, um das Mißtrauen DVe- 
nedigs wachzurufen, das ihn auch jet nur mit geringer Be 


1) de Leva ], 100. 

2) Pritz, Geſch. des Landes ob ber Enns II, 200. Geforbert hatte 
ber König von Ofterreich unter ber Enns 3000, von Steiermark mit der 
Grafſchaft Cilli 2300, von Öfterreih ob ber Enns 1500, Kärnten 1500, 
Krain mit Görz 1500, alfo von ben fogen. nieberöfterreihifehen Ländern 
9800 Mann. Krones, Landtagsweſen der Steiermark, in „Beitr. zur 
Kunde ſteierm. Geſchichtsq.“ TI, 106. Vgl. ebb. VI, 83, mwonad ein 
fteirifcher Landtag in Marburg kurz vor dem 1. März 16000 Gulden 
„wider die Venediger“, mit denen alſo wohl der Krieg ſchon ausgebrochen 

war, bewilligt bat. 

3) Brandis, Landeshauptleute, S. 388. Sinnader, Beiträge 
VII, 109. 


868 Mar „erwählter römiſcher Kaifer”. 


gleitung durch feine Gebiete ziehen laſſen wollte, aber wie er 
felbft fürchtete, zu Kein, um den Wiberjtand der Republik 
brechen und fich den Durchzug erzwingen zu können. 

Unter ſolchen Verhältniſſen entjchloß fih Maximilian zu 
einem Schritte, ver boch eigentlich einen Bruch mit ber mittel» 
alterlichen Kaiferivee barftellte. Am 4. Februar 1508 ließ er 
im Dome zu Trient in Gegenwart der dort anwejenden Fürſten 
und Großen des Reiches nach vorausgegangenen firchlichen Feier» 
lichkeiten durch feinen Nat Matthäus Lang, Biſchof von Curl, 
verfünden, baß er ben Titel eines „erwählten römiichen Kaiſers“ 
angenommen babe!). Damit fprah er aus, daß das Recht 
auf die Kaiferwürbe fchon durch die Wahl zum römifchen Könige 
erworben werde, der Papft alſo auch nicht das Recht Habe, 
biejelbe von Deutichland zu trennen und fie etwa dem Könige 
von Frankreich zu übertragen. Fortan haben auch die römiſch⸗ 
deutichen Könige den Kaifertitel gleich nad der Krönung in 
Aachen angenommen, und nur Karl V. Bat fich überhaupt noch 
vom Papfte krönen laſſen. Doch hat der Papft Julius II. 
gegen biejed Vorgehen Maximilians um fo weniger Einwendung 
erhoben, als berfelbe fein Recht, ihn zum Kaifer zu krönen, 
ausdrücklich anerkannte. Denn einen Nömerzug Darimiliang, 
namentlich an der Spike eines Heeres, hatte auch er zu hinter» 
treiben geſucht?) und er war froh, wenn derſelbe fih mit 
obigem Auswege zufriedenftellte. 


1) Berichte von Angenzeugen aus ben nächften Zagen, in „Forſch. 
3. deutichen Geſch.“ I, 71, und bei Janſſen, Reichscorreſpondenz II, 
742. Über die falfche Darftellung Fuggers ſ. Ranke, Deutſche Geld. 
I*, 346 ff. 

2) M. Broſch P. Julius IL, ©. 138ff. 


Eröffnung der Feindfeligkeiten gegen Venedig. 569 


Diertes Kapitel. 
Der neunjährige Krieg gegen Venedig. 


Um den Franzofen das Herzogtum Mailand zu entreißen 
und um bie wirklichen ober vermeintlichen Abfichten Ludwigs XIL 
auf die Kaiferfrone für immer zu vereiteln, war Maximilian 
um Neujahr 1508 über die Alpen gezogen, ein Krieg mit Ve⸗ 
nedig entitand daraus. War der Kaiſer der Signoria fchon 
fett ihrer zweideutigen Haltung im Sabre 1496 abgeneigt, fo 
erbitterte ihn die hartnädige Verweigerung des Durchzugs burch 
ihr Gebiet fo ſehr, daß er ſich troß jeiner feindſeligen Stel- 
lung zu Frankreich in den Kampf gegen die mächtige Republik 
jtürzte. 

Schon am Tage nach den Feierlichkeiten in Trient ſchickte 
er von Valſugana aus 2000 Fußknechte über die Berge in 
das Gebiet von Vicenza, wo fie die Sette Comuni und eine 
Reihe anderer Ortſchaften bejegten. Oleichzeitig brang ber 
Markgraf Friedrich von Brandenburg im Etichlande gegen Ro⸗ 
veredo vor. Auf dem öftlichen Kriegsichauplate, wo Erich von 
Braunichweig das Oberfommando erhielt, eroberte Sirt Trautſon 
mit 1300 Fußknechten Ampezz0 und das Thal Cadore, worauf 
man fih zum Angriffe auf das Schloß Peuteljtein anfchidte, 
das den Zugang von Zoblah im Bujtertbal her veriperrte. 
Obwohl der Markgraf von Brandenburg infolge des Wider- 
ſtandes von Roveredo und der ftarten Belegung der Päſſe im 
Etſchthale mit feinen ſchwachen Streitkräften nicht weiter vor⸗ 
zubringen vermochte, und Die Sette Comuni nach wenigen Ta⸗ 
gen wieder hatten geräumt werden müfjen, ſah der Kaifer im 
feinem unverwüftlichen Optimismus bereit: die ftolze Signoria 
befiegt zu feinen Füßen liegen. „Die DVenetianer”, fchreibt er 
am 1. März dem Kurfürften von Sachſen, „malen ihren Löwen 
mit zwei Füßen im Meere, ben dritten auf dem platten Land, 

Huber, Geſchichte Öfterreihg. IL. 24 


870 Eroderungen ber Benetianer. 


den vierten im Gebirge. Wir haben den Fuß im Gebirge bei- 
nabe ganz gewonnen, es fehlt nur noch an einer Rlaue, bie 
wir mit Gottes Hilfe in acht Zagen haben wollen; dann 
benten wir ben Fuß auf dem platten Xande auch zu er» 
obern“ }). 

Aber fchon in den nächſten Jagen trat ein vollitänbiger 
Umſchwung ein. Während die Reichstruppen nach Ablauf ihrer 
balbjährigen Dienftzeit nachhaufe zogen und die Stände ber 
meijten Erblande mit ihren Bewilligungen Targten, ftellten bie 
Benetianer, die auch von ben Franzoſen unterftügt wurden, 
zahlreiche Heere ins Feld, mit denen fie auf allen Punkten zur 
Offenſive übergingen. 

In Cadore wurde Trautjon, der einige hundert Dann Ber- 
jtärfungen erhalten hatte, aber e8 an den notwendigen Vor⸗ 
fichtsmaßregeln fehlen ließ, vom venetiantichen General Bars» 
tolomeo d’Alviano am 2. März unvermutet angegriffen und 
er felbft mit dem größten Teile der Seinigen, fat 1800 Dann, 
nad tapferem Widerftande getötet, bei 500 gefangen. Hundert 
Deutſche waren von den im venetianischen Heere befindlichen 
Albanejen enthauptet worden, weil dieſen für jeden eingelieferten 
Kopf ein Dukaten veriprochen worden war. Don da wendete 
fih d'Alviano im April gegen die dfterreichifchen Befigungen in 
Friaul, nahm Cormons weg, worauf ſich Pordenone freiwillig 
ergab, eroberte Görz, deſſen Eaftell Andreas von Liechtenftein 
aus Mangel an Pulver übergeben mußte, dann Duino und 
Wippah, zwang am 6. Mai Trieſt, das gleichzeitig von der 
venetianiichen Flotte angegriffen ward, durch ein mehrtägiges 
Bombardement zur Ergebung, überichritt Anfangs Juni den 
Karft, nahm Adelsberg und bedrohte Laibach. In der zweiten 
Hälfte des Mai eroberten die Venetianer auch den größten 
Zeil des döjterreichiichen Iftrien mit Pifino, während das da⸗ 
mals auch zu Öfterreich gehörige Fiume (St. Veit am Flaum) 
durch die Flotte bejett ward. Unthätig Hatten bie innerölter- 
reichiichen Länder den Tortichritten der Venetianer zugeſehen, 


1) Bei Ranke, Deutſche Gef. I, 119. 


Borbereitung einer Koalition gegen Benebig. 878 


der Städte Faenza und Rimini wie fchon früher Ravenmas 
bemächtigt hatte. Seit er den päpftlichen Stuhl beſtiegen hatte, 
war die Gründung einer umfafjenden Koalition gegen Venedig 
einer feiner Lieblingsgedanken. 

Schon Im September 1504 beim Abichluffe der Verträge 
von Blois war auch ein Bündnis zwifchen dem Papite, Lud⸗ 
wig XII. und Maximilian gegen Venedig unterzeichnet und eine 
Zeilung ihres Gebietes in Ausficht genommen worden; doch 
war es damals wenigſtens dem franzöfiichen Könige nicht ernſt 
damit geweien. Im Sommer 1507 jhidte der Papit den 
Kardinal von Santa Eroce, Bernardino Sarvajal, nach Deutjch« 
land, um zwiſchen Dearimilian und Ludwig XII. Frieden her⸗ 
zuftellen, ber die notwendige Vorausjegung für eine Koalition 
gegen Venedig war. Damals war bei Mar die Abneigung 
gegen Frankreih und der Wunfch, vemjelben Mailand zu ent» 
reißen, noch zu ſtark, als daß er auf den Wunfch des Papftes 
eingegangen wäre. Als er fich aber Anfangs Februar 1508 
zum Kriege gegen Venedig entichloß, ſchickte er jelbit einen 
Agenten an ben franzöfiichen König und gab ihm einen fertigen 
Vertragsentwurf mit, deſſen Artifel der päpftliche Legat mit 
einigen Räten bes Kaiſers und ben Geſandten des Königs 
von Aragonien vereinbart hatte. Danach wollte der Sailer 
gegen Zahlung von 100000 Golbfronen Ludwig XII. neuer» 
dings mit Mailand belehnen und auf die Vermählung der Prin- 
zeffin Claudia mit feinem Enkel verzichten. Die Hauptfache 
war aber der Vorfchlag eines Angriffs- und Verteidigungs⸗ 
bünbniffes gegen Venedig, von deſſen Befigungen der Kaifer 
Roveredo, Friaul, Trevifo, Padua, Birenza und Brefcia mit 
Balcamonica, der franzöfiihe König die Übrigen ehemals mai—⸗ 
ländiichen Gebiete erhalten follte. Dem Papfte und den Königen 
- von Ungarn und Aragonien follte der Eintritt in biefe Kiga 
zur Wiebergewinnung ber ihnen von Venedig entzogenen Bes 
figungen freigeftellt bleiben '). Noch brüftete fih der franzd- 


1) Broſch, P. Julius II. S. 154 ff. und 838ff. die Anmerkungen 
33-36. Der Entwurf war bem kaiferlichen Agenten von feinem Haus⸗ 


874 Die Liga von Cambray. 


fiiche König mit feiner Vertragstreue und erklärte, ohne Venedig 
nie einen Vergleich eingeben zu wollen. Als aber biefes dann 
mit dem Kaiſer einen dreijährigen Waffenſtillſtand unterzeichnete 
und in dieſen wohl Frankreich, aber nicht, wie der König 
wünfchte, auch den Herzog von Geldern einjchloß, ſodaß dieſer 
den Angriffen Marimilians preisgegeben war, ba wechjelte 
Ludwig XIL plöglich feine bisherige Politik und fuchte num 
jelbit ein Bündnis mit dem Kaiſer. 

In Cambray, wo Ludwigs allmächtiger Miniſter, der Kar⸗ 
binal von Amboife, mit Marimilians Tochter Margareta und 
beffen vertrauteftem Rate, dem Bilchofe Matthäus Lang, tim 
Beiſein eines ſpaniſchen und englifchen Geſandten, eine Zufammen- 
kunft bielt, wurde am 10. Dezember ein geheimer Bund ab- 
geichloffen, deſſen Hauptzwed eine volljtändige Aufteilung der 
Veltlandsbefigungen Venedigs war. Der zur Veröffentlichung 
beftimmte Friedensvertrag zwilchen dem Kaiſer und Frankreich 
war nur Nebenfache, obwohl er injofern von Wichtigkeit war, 
al8 er die Verträge von Blois und Hagenau mit Weglaffung 
der Heirat zwilchen Karl und Claudia erneuerte, die Belehnung 
des franzöfiichen Königs und feiner männlichen und weiblichen 
Nachkommen mit Mailand und dafür die Zahlung von 100 000 
Goldthalern feitiegte und die Enticheidung des Streites mit 
dem Herzoge von Geldern, für den einftweilen ein einjähriger 
Waffenftillftand verabredet ward, einem Schiedsgerichte über» 
trug. Diejer Friede war die Vorbedingung für bie Liga gegen 
Venedig, an der der Papſt, der Kaiſer und die Könige von 
Frankreich und Aragonien teilnehmen follten, um bie ®ebiete 
wieder zu gewinnen, welche die Republik ihnen entrijjen hatte. 
Dana follten an den Papft die Städte der Romagna, an 
den König von Aragonien die von Venedig bejegten Hafenjtädte 
in Apulien, an den Kaifer Roverevo, Verona, Padua, Vicenza, 
Zrevifo und Friaul mit den Befigungen des Batriarchates 
Aquileja wie die im lebten Kriege dem Haufe Ojterreich ent- 


bern, einem Freunde Venedigs, während er fchlief, geftohlen und abge 
fhrieben und dem venetianiichen Geſandten eingehänbigt worden! 


Berlkehrtheit ber Politit des Kaifers. 875 


rifienen Gebiete, an den König von Frankreich Breſcia, Ber⸗ 
gamo, Crema und Cremona mit Zugehör fommen. Der Krieg 
follte am 1. April begonnen und von allen fo lange fortgejeßt 
werben, bi8 der angegebene Zwed erreidt wäre. Um bem 
Railer, der 40 Tage jpäter losichlagen durfte, einen anftändigen 
Borwand zum Bruche des dreijährigen Waffenftillitandes zu 
bieten, follte der Papſt denjelben auffordern, als Beſchützer ber 
Kirche diefer zur Wiedergewinnung ihrer Befigungen Beiftand 
zu leiften. Dem Herzoge von Savoyen zur Eroberung des 
Königreichs Chpern, dem Herzoge von Ferrara und dem Mars 
grafen von Mantua zur Erlangung der ihnen durch Venedig 
entzogenen ®ebiete wurde ber Beitritt zur Liga freigeftellt. 
Auch der König von Ungarn fjollte aufgefordert werden, fich 
berjelben anzufchließen und den Venetianern bie Befiungen 
abzunehmen, die fie von feinem Weiche unrechtmäßig in Befit 
hätten. Um ven beabfichtigten Raubfrieg mit dem Schein des 
Rechtes zu umbüllen, follte ver Papit Bann und Interdikt 
gegen den Dogen und die Signoria von Venedig und alle ihre 
Untertbanen und Länder ausiprechen und bie Verbündeten auf 
fordern, ihm den weltlichen Arm zu leihen ?). 

Es war jcheinbar ein großer Erfolg vonfeite des Kaiſers, 
daß es ihm gelungen war, Frankreich von Venedig zu trennen 
und dieſes vollitändig zu tjolteren, und daß er fo Ausficht er» 
bielt, nicht bloß die im legten Jahre verlorenen Gebiete, fon» 
dern auch das ganze Land bis zum Po und zum Mincio in 
feine Hände zu bringen. Im Grunde wird man aber doch 
den Abſchluß dieſer Liga als einen großen politiichen Tehler 
Marimilians bezeichnen müſſen. Denn er half dem franzöfie 
chen Könige die letzte Macht in Oberitalien vernichten, welche 
bemjelben noch einigermaßen das leichgewicht gehalten hatte, 
und unterjtüßte jo jelbjt die Begründung des franzöfiichen 
Übergewichte® auf der apenniniſchen Halbinfel. Denn darüber 


1) Die Verträge (lateinifh) bei Dumont, Corps diplom. IV,1, 
109 gg. und in franzöfifcher Überfegung bei Le Glay, Negociations I, 
226 8909. Bol. dazu Lanz, ©. 93ff. 


876 Berweigerung einer Unterſtützung burch das Reich. 


konnte er fich doch bet aller Überfchägung feiner Kräfte kaum 
täufchen, daß fein Einfluß nicht weit über feine unmittelbaren 
Beſitzungen hinausreichen, und von bem Frankreich weit über- 
flügelt werden würde. Und wenn es dann, da jedes Duum⸗ 
virat zur Einheit bindrängt, zwijchen ihm und Frankreich um 
die Herrſchaft in Stalten zum Kampfe Tam, jo hätte er ein» 
jeben folfen, daß feine Hilfsmittel denen feines Rivalen fchwer- 
ih gewachlen ſein würden. 

Noch ſchlimmer freilich als die Teilnahme Maximilians 
an der Liga jelbft war bie Art und Weife, wie der Krieg von 
jeiner Seite geführt wurde. Denn wieder ftürzte er fich in 
ben Kampf, ohne fich früher verfichert zu haben, baß ihm bie 
notwendigen Kräfte zur Verfügung ſtehen würden, und als er 
dann ind Feld rüden wollte, zeigte es fich, daß feine Hoffnungen 
großenteild auf Sand gebaut waren. 

Der deutſche Reichdtag, den ber Kaiſer am 22. April 1509 
perjönlich eröffnete, verweigerte mit nie dageweſener Einftimmig- 
feit jede Unterftügung, weil man der Kriege, welche dem Reiche 
bisher mehr Schande als Ehre und Vorteil gebracht hatten, 
überhaupt müde und beſonders ein Angriff auf Venedig fchon 
wegen der Handelsſtörungen nichts weniger als populär war. 

Auch die Erblande bewilligten viel weniger, ald ver Kaifer 
erwartete. Kine Verjammlung von Vertretern der fogenannten 
nieberöfterreichiichen Länder (Oſterreich unter und ob ber Enns, 
Steiermart, Kärnten und Krain), die während bes Februar 
und Anfangs März im Beiſein von Delegierten aus dem Elſaß 
in Salzburg tagte, weigerte fich entjchieden, auf die Forderungen 
des Kaifers einzugehen, wonadh von 100 Pfund Grunprente 
auf ſechs Donate ein Neifiger (jchwerer Reiter) und vier Fuß- 
Inechte geftellt werben follten. Nur einen Neifigen und zwei 
Fußgänger von 200 Pfund Rente bewilligten fie!) und zwar 
nur auf vier Monate. Auch jollten ihre Truppen nicht früher 


1) Das machte nach Angabe ber Vertreter des Landes ob der Enns 
vom Sabre 1518 im „Archiv für öſterr. Geſchq.“ XIII, 268, für ihr 
Land 120 Pferde und 240 Fußknechte, für Ofterreich unter ber Enns 
S60 Pferde und doppelt fo viele Fußknechte. 


Spärliche Bewilligungen ber Erblande. 877 


in das venetianiſche Gebiet einrüden, als bis ber Kaiſer per- 
ſönlich den Feldzug eröffnet Hätte !). Der Kaiſer machte dann 
noch wenigſtens bei den Ständen des Landes unter ber Enns 
einen Verſuch, fie zur Bewilligung von einem Neifigen und 
vier Fußgängern auf ſechs Monate zu bewegen ober, wenn 
ihnen das zu bejchwerlich wäre, fie dahin zu bringen, daß im 
ganzen 2000 Weiter und A000 Fußknechte geftellt und von 
biefen 1000 Weiter und 1000 Fußgänger durch bie fünf 
nieberöfterreichiichen Herzogtümer, 500 Reiter und 1000 Zuß- 
Inechte von den oberen Landen (Tirol und den Vorlanden) aus- 
gerüftet und zu biefen noch 500 Hufaren und 2000 Böhmen 
geworben werben follten. Allein bie Stände lehnten jede weiter 
gehende Forberung ab ?). Denn foweit ging damals der Pa- 
triotismug nie, daß die Stände, auch wenn es einen Kampf 
gegen einen gefährlichen auswärtigen Feind galt, ohne weiteres 
auf die Wünfche bes Landesfürften eingegangen wären und bie 
Rückſicht auf ihre Privatinterefjen dem Wohle und der Ehre 
des Baterlandes nachgefegt hätten. Der tiroliiche Landtag, ber 
in der zweiten Hälfte des Januar in Bozen verfammelt war, 
zeigte fich opferwilliger, aber nur um das eigene Land zu ver- 
teidigen. Anfangs verweigerte derjelbe mit Hinweiſung auf bie 
Erichöpfung infolge des vorjährigen Krieges jede Unterjtügung. 
Erit als die Vertreter der tirolifchen Regierung die Erklärung 
abgaben, daß fie fortan ohne Wifjen und Willen der Yand- 
ichaft Teinen Krieg anfangen würden, bewilligten die Stände 
5000, wenn biefe nicht genügten, 10000, und im Notfalle 
fogar 20000 Mann ?). Gegen die Abficht des Kaiſers, den 


1) Dimit, Geſch. Krains LI, 11f. Bol. Schönherr, Der Krieg 
8. Marimiltans I. mit Venedig 1509 (Wien, 1876, aus bem „Organ 
ber militär-wifienfchaftlicgen Vereine”), S. Sf. 

2) ©. die Altenftüde im „Archiv f. öfterr. Geſchq.“ XIII, 321—333. 

3) Die Mitteilung über die hier gefaßten Beſchlüſſe aus einer Ge- 
ſchichte der tirolifhen Landtage, im „Archiv f. Süddeutſchland“ I, 293 ff., 
und daraus bei A. Jäger, Geſch. der landfländ. Berf. II,2, 455f,, er- 
Hält erſt ihre wahres Licht wie anderſeits ihre Beftätigung durch die Be— 
richte bei M. Sanuto VII, 722, 735. 740. 742. 745. 


878 Niederlage der Benetianer bei Agnabello. 


tiroliihen Landtag auf die Mitte des April noch einmal zu 
berufen und von demielben die Stellung von 6000 Fußyängern 
und 200 Reitern auf vier Monate zu verlangen, jprach fich 
ber Marichall der Regierung, Paul von Liechtenftein, von vorn» 
herein aus. ‘Denn nach den großen Opfern, welche das Land 
im vorigen Kriege gebracht, würden fich die Stände ohne guten 
Grund und ohne Aussicht auf Fräftige Mitwirkung von anderen 
Seiten nicht leicht mehr in einen Krieg gegen die Venetianer 
ftürzen laffen ?). 

Um wenigftens einige taufend Söldner anwerben und Pros 
piant wie das notwendige Kriegdmaterial beiftellen zu können, 
mußte der Kaiſer fih durch Verpfändung von Zöllen, Berge 
werfen und anderen Einnahmsquellen Geld zu verichaffen 
juchen 2). 

Deſſenungeachtet batten die Kaijerlichen anfangs große Er- 
folge, weil fie nur die Xorbeeren von den Waffenthaten der 
Franzoſen zu pflüden brauchten. 

Die Benettaner, welche jchon im Dezember die eriten Nach» 
richten über die gegen fie abgeichloffene Liga erhalten 3) und 
infolge deſſen eifrig gerüftet Hatten, ſchickten ihr Hauptheer, 
2000 Weiter und 20000 Fußgänger, nach ver Lombardei, in» 
dem fie mit Recht ven König von Frankreich für ihren gefähr- 
lichſten Gegner anſahen. Aber infolge des fchlechten Zujammen- 
wirkens ihrer beiden Feldherren, des feurigen Alvtano und bes 
zagbaften Grafen Pitigliano, wurde die Hälfte desielben am 
14. Mai bei Agnadello geichlagen und faft aufgerieben, Alvtano 
jelbjt gefangen, während die andere Hälfte, vemoralifiert, einen 


1) Schreiben aus Innsbrud vom 7. April 1509 Hei Chmel, Urkunden, 
Briefe u. ſ. w., S. 314. 

2) Schönherr, ©. 10f. 

8) Romanin V, 189sqgq., auf befien gründliche Forfchungen neben 
ben reichhaltigen Berichten bei Sanuto, T. VII und IX, bezüglich 
alles deſſen, was Benebig betrifft, verwiefen werden fann. Für den Krieg 
mit dem Kaifer im Sabre 1509 f. außer Sanuto und Romanin auch 
Schönherr, ©. 38ff., wie die Notizen in Schreiben 8. Marimilians 
bei Le Glay, Correspondence I, 152. 159. 162. 176. 182. 1%. 


\ 


Eroberungen ber Katferlichen. 879 


übereilten Rückzug antrat. Mit einem Schlage ftürzte num 
bie Herrichaft Venedigs über das Feſtland zufammen. Die 
wichtigften Städte der Lombardei ergaben fich ohne Widerftand 
den Franzofen. Verona ſchloß vor dem Grafen Pitigliano vie 
Thore. Die Stäbte der Romagna und die apuliichen Häfen 
räumte die Signoria freiwillig, um den Papft und Ferdinand 
bon Aragonien von den Teinden abzuziehen. Auch dem Katfer 
bot die Republik die Rüdjtelung der im legten Sabre eroberten 
©ebiete, die Anerkennung der Lehenshoheit des Reiches über 
ihre Befiungen in Oberitalien und die Zahlung eines jähr- 
lichen Zinjes für Diefelben an. Doch gewährte dieſer dem ves 
netianijchen Geſandten Giuftintano als einem Exkommunizierten 
nicht einmal die Erlaubnis, fich zu ihm zu begeben *). 

In der That konnte Marimiltan hoffen, durch den Krieg 
viel größere Erfolge zu erringen. Als feine Truppen, etwa 
15000 Wann ſtark, am 1. Juni von Xrient aus ihre Operas 
tionen begannen, fanden fie zunächit gar Teinen Feind vor fidh. 
Roveredo ergab fich ohne Widerftand dem Kaifer, Riva mit 
den umliegenden Ortichaften dem Bilchofe von Zrient. Die 
Bürger von Verona öffneten dem kaiſerlichen Geſandten beim 
franzöfifchen Könige, Andrea da Burgo, die Thore ihrer Stadt, 
ebe noch das kaiferliche Heer durch die Veronejer Elauje bis 
zu ihren Mauern vorgeprungen war. Dasſelbe tbaten bie 
Bürger von Bicenza und Padua. Nur durch große Begünſti⸗ 
gungen wurde der Abfall Treviſos verhindert. Im Oſten 
wurden durch die Mannichaften, welche die niederöfterreichtichen 
Länder geftellt hatten, Görz, Trieft, Duino, Mitterburg, Fiume 
und andere im legten Jahre verlorene Ortichaften bejet, welche 
bie Benetianer, teil um den Katjer zu verföhnen, teils um 
ihre Kräfte zu konzentrieren, freiwillig räumten. Auch von 
den Stäbten im Gebirge ergaben fih Bafjano und Feltre 
ſchon Anfangs Juni den Kaiferlihen. Als dann Marimilian 


1) Romanin V, 213sq. 219. 2gl. Sanuto VIII, 290. 298. 
299. 309. 317. 818. 485. Daraus ergiebt fi) von felbft, daß weber bie 
angebliche Rebe Giuſtinians, noch bie Antwort des Kaifers echt find. 


880 Feindſeligkeiten ber Bauern gegen bie Kaiferlichen. 


ſelbſt, dem nun auch ber tiroliiche Landtag Zruppen gegen: die 
Venetianer bewilligt hatte, Anfangs Juli mit einigen taufend 
Mann durch Valſugana nach Feltre vorbrang, wurde von bier 
aus die Stadt Belluno gewonnen, deſſen Kaftell durch den 
Kaiſer nach wenigen Tagen ebenfall8 zur Ergebung bewogen 
ward. Da auch Serravalle den Kaiferlichen die Thore öffnete, 
war der Rüden vollitändig gededt, wenn Marimilian, wie es 
bieß, die Belagerung von Treviſo unternahm, der einzigen 
größeren Stabt, welche die Venetianer auf dem Feſtlande noch 
bejaßen. Er Hatte zu diefem Zwecke bereits fchwere Gejchüge 
von Innsbruck über den Brenner und dann auf der Etſch nach 
Berona bringen laffen !) und dem Herzoge Erich von Braun- 
jchweig, dem „obrijten Feldhauptmann jeiner niederöfterreichiichen 
Lande”, der an der DOftgrenze von Friaul ftand, Auftrag ger 
geben, fih mit ibm zu vereinigen ?), als plöglich eine vollftän« 
dige Wendung eintrat. 

Während viele Städte in ber Zeit der böchiten Gefahr das 
Banner der ſtolzen Republit mutlos verließen, zeichnete fich die 
Landbevölkerung durch unmwandelbare Treue gegen ihre Herrichaft 
aus und nahm gegen die Feinde eine jehr feindſelige Haltung 
ein. Die Bauern rotteten ſich zufammen, beunrußigten bie 
Kaiferlichen, fchnitten ihre Verbindungen ab, zerftörten Die 
Brücken und überfielen auch Beinere Abteilungen verfelben. 
Die ftrengfte Behandlung derjelben, die Verbrennung ber Ort- 
ſchaften und die Niebermegelung der mit den Waffen Ergriffenen, 
brachte feine bleibende Wirkung bervor. Da ein bebveutendber 
Zeil des ohnehin nicht zahlreichen Heeres durch die Bekämpfung 
und Beobachtung der Bauern in Anſpruch genommen wurde, 
io Hatte der Kaifer nicht einmal Truppen genug, um die ges 
wonnenen Städte mit Binreichenden Beſatzungen zu verjeben. 


1) Sanuto VIII, 528. 


2) Aus Maroflica vom 14. Juli, im Iunshruder Statthaltereiarchio 
Max. 1, 44. Der Auszug bei Schönherr, ©. 43, ift ungenau und 
unrichtig motiviert. Auch find Feltre und Belluno nicht durch Erich von 
Braunfchweig erobert worben, ſondern ſchon früher in ben Hänben ber 
Kaiferlichen geweſen. 


Berluft Paduas und defien Belagerung duch den Kaifer. 381 


Diefe Haltung der Landbevölkerung wie die oft an ben 
Zag tretende Anbänglichleit der untern Volksklaſſen in den 
verlornen Städten, bie Schwäche der Railerlichen, die Lauheit 
des franzöfiichen Königs, welcher nach Gewinnung der lombar⸗ 
bifehen Gebiete Venedigs, einer Zuſammenkunft mit dem Kaiſer 
ausweichend, fih vom Kriegsichauplage zurüdzog, und die Hoff 
nung, den Papit und Terbinand von Aragonien von ber Liga 
abziehen zu können, machten der venetianischen Negierung wieder 
Mut. Gerade als der Kaifer die Vorbereitungen zur Bes 
lagerung von Treviſo traf, gingen ihre Truppen zur Offenfive 
über. Schon am Morgen des 17. Juli bemächtigte fich der 
Provveditore Andrea Gritti durch Überfall des fchwachbefegten 
Padua. Wenige Tage darauf fielen Serravalle, Feltre und 
Belluno, wo nur die Burg von den Kaiferlichen behauptet 
ward, in die Hände der venetianiichen Truppen, bie überall 
bon der Bevölkerung unterftügt wurben. 

Um Padua wieder zu gewinnen, zog der Kaiſer vor ber 
Mitte des Auguft felbft vor dieſe Stadt. Er vereinigte unter 
feinen Fahnen nach und nach ungefähr 22 000 Dann, darunter 
auch 3000 franzöfiiche Reiter (500 Lanzen) und ſpaniſche und 
ttalienijche Hilfstruppen. Als endlich fein ſchweres Geihüg an⸗ 
gelommen war, begann er am 15. September die Belagerung, 
die er periönlich leitete. Doch war Padua, wo Pitigliano das 
Kommando übernommen hatte, von mehr als 14000 Dann 
beſetzt, ſodaß man die Stadt nicht einmal von allen Seiten 
einzufchließen vermochte. Ein Verfuh, Padua durch Ableitung 
des Backhilione zur Ergebung zu zwingen, wurde durch einen 
erfolgreichen Ausfall vereitelt. Die Angriffe auf bie Stadt 
fcheiterten teil$ infolge des Widerſtandes der ſtarken Beſatzung, 
die auch von den Einwohnern eifrig unterftütt wurde, teil$ in⸗ 
folge der Verräterei einzelner Hauptleute, welche die Venetianer 
von allen beabfichtigten Unternehmungen unterrichteten. Wohl 
wurde am. 20. September eine Baftion mit Sturm genommen. 
Aber die jet auffliegenden Meinen, welche bie Venetianer ges 
legt Batten, und das Teuer der Bejagung nötigten bie Katjer- 
lichen, die bei 500 Mann verloren, die Schanze wieder zu 


882 Weitere Berlufte ber Kaiferlichen. 


räumen. Nachdem am 29. September noch ein weiterer Sturm, 
der den Angreifenden 1000 Mann koſtete, mißlungen war, bob 
der Kaiſer die Belagerung auf!) und kehrte Ende Oftober 
nah Tirol zurüd. Selbft der größte Zeil feines Heeres Löfte 
fih auf, da feine Geldmittel volljtändig erichöpft waren. Daher 
gingen auch Vicenza, Balfano, Feltre und Belluno, kurz mit 
Ausnahme von Verona, defjen Beſatzung auch durch Franzojen 
und Spanter verjtärkt war, alle wichtigeren Pläße im Laufe 
des Novembers an die Venetianer verloren. Auf dem dftlichen 
Kriegsichauplage, wo Erich von Braunfchweig das Oberlommando 
führte, ftanden die Sachen für den Kaijer noch fchlimmer, da 
die Aufgebote der niederöfterreichifchen Länder wenig leifteten 
und nach Ablauf ihrer Dienftzeit wieder heimzogen, eine weitere 
ipärliche Bewilligung aber erſt im Oltober erfolgte ). Nach» 
bem Ende Juli Civivale vergebens angegriffen worden war, 
blieben die Kailerlichen längere Zeit ganz unthätig. Erſt zwei 
Dionate darauf entrifjen fie den Venetianern zwei Burgen auf 
dem Karjt, welche diefelben noch fett dem vorigen Sommer bes 
bauptet hatten, von denen aber die eine bald wieder verloren 
ging. Fiume wurde am 2. Oktober durch die venetianijche 
Flotte unter Trevifano erobert und nach vollftändiger Ausplün- 
derung und Verübung aller möglichen Greuelthaten gänzlich 
niedergebrannt 8). 

An der Möglichkeit verzweifelnd, bie ihm durch den Vertrag 
von Cambray zugefprochenen Gebiete mit eigenen Kräften ge- 


1) ©. bierüber auch das interefjante Wert von Gloria, Padova 
dopo la lega stretta in Cambrai (Padova, 1863). 

2) Die Stände von Kärnten bewilligten auf zwei Donate 200 (1) 
Mann, die von Steiermark 12000 Pfund. Schönherr, ©. 48f. 
Krones in „Beitr. 3. 8. fleierm. Geſchq.“ VI, 83f. Bon ben OÖfter- 
reichern und Krainern wird man e8 dann wohl auch für wahrſcheinlich 
Balten dürfen. 

3) Über diefe Borgänge auf biefem Kriegsichauplage vgl. mit Sanuto 
auch die Selbftbiographie Sigmunds von Herberftein in „F. RB. Austr. 
SS.“ I, 7384q. und die Schreiben des Biſchofs von Laiba und Erichs 
von Braunfchmweig an den Kaifer vom 3. und 6. Okt. bei Chmel a. a. O. 
©. 320ff. 


Berhanblungen bes Kaifers mit Frankreich unb Spanien. 888 


winnen zu können, ja in Gefahr, neue Berlufte zu erleiden, 
warf fi der Kaiſer ganz dem Könige von Frankreich in die 
Arme, obwohl diefer ihn nur foweit unterjtüßte, als notwendig 
war, um feine Ausjöhnung mit Venedig zu verhüten und durch 
bie Fortdauer des Kampfes feine Kräfte für lange Zeit lahm 
zu legen. DBereitwillig ging Maximilian auf einen ihm vom 
Könige Schon im Sommer gemachten Vorſchlag ein, den Krieg 
bis zur vollftändigen Vernichtung Venedigs fortzufegen. Zur 
nächſt fam es ihm aber darauf an, wenigftens die Gebiete in 
jeine Gewalt zu bringen, die ihn in Cambray zugefichert worben 
waren. Um den franzöfiichen König zu bewegen, entiweber im 
eigenen Solde ibm 1200 Lanzen und 8000 Fußgänger mit 
entiprechender Artillerie zu fenden, oder ihn mit 600 Lanzen 
und einem ‘Darlehen von 100000 Kronen zu unterftügen, 
wollte er ihm alle in Italien zu machenden Eroberungen außer» 
balb des Gebietes von Verona als Pfand überlafjen, bis mit 
den Einkünften von denſelben die Kriegskoften oder das Dar» 
leben getilgt wären. Ja er bot fogar dem Könige den Ober- 
befehl im Kriege gegen Venedig an, felbft wenn er perfönlicdh 
beim Heere anweſend wäre. Auch den König Ferdinand fuchte 
der Kailer auf Drängen Ludwigs XII. dadurch bei der Liga 
feitzubalten, daß er denjelben als Regenten in Caſtilien aner- 
kannte, bis fein Enkel Karl zwanzig Jahre alt geworden wäre !), 

Um aber auch felbjt mit einem feiner Stellung entiprechen- 
ben Heere im Felde erjcheinen zu können, wendete ſich Mari⸗ 
milian wieder an die Stände feiner Erblande und an ben 
deutichen Reichstag, den er auf ben 13. Januar 1510 nad 
Augsburg berief. 

Eine Träftige Unterftügung des Kaiſers wäre jet wirklich 
im Intereffe Deutſchlands gewejen. Denn das kann doch feinem 
Zweifel unterliegen, daß es für dieſes unter allen Umftänden 
von großer Wichtigleit war, eine beberrichende Stellung am 


1) Über die Verhandlungen zwifchen dem Kaiſer und Frankreich, wie 
K. Ferdinand feit Ottober 1509 f. Le Glay, N£gociations I, 260 3qq. 
Bel. Lanz, ©. 104 ff. 


384 Bewilligungen des Reiches und der Erblande. 


Südabhange der Alpen innezuhaben, um ſo mehr jetzt, wo Gefahr 
war, daß das ſchöne Italien und das für das Leben der Völker 
noch immer maßgebende Papſttum in Abhängigkeit von Frank⸗ 
reich kämen. Leider gingen aber die Hoffnungen Maximilians 
auch jetzt nicht in Erfüllung, und für die Mißerfolge Deutſch-— 
lands fällt doch viel weniger dem Kaifer als den Fürften und 
Städten die Schuld zu. Mochte Marimilian fich auch Teicht- 
finnig, obne genügende Vorbereitung in Kriege ftürzen, fo batte 
er doch eim richtiges Gefühl für die Größe des Neiches, während 
die Stände fih nur durch nadten Egoismus, burch die Scheu 
vor jedem Heinen Opfer leiten ließen. VBergebend wies der 
Katjer darauf hin, daß er die Grenzen des Reiches erweitert, 
Burgund und die Niederlande für dasſelbe wiebergewonnen, 
durch feine Erbverträge mit Ungarn dem Reiche einen Schild 
gegen die Ungläubigen verichafft habe. Die Stände Batten 
für alles nur taube Obren, wenn fie auch die Verweigerung 
der vom Raifer verlangten Hilfe in der Höhe ber Eonftanzer 
Beſchlüſſe mit Höflichen Redensarten verfüßten. Nach langem 
Marten bewilligten fie endlih im Mat, da auch der franzö—⸗ 
fiiche Gefandte fih warm dafür verwendete, 1800 Reiter und 
6000 Fußgänger auf ein halbes Jahr. Doc machte der Katfer 
auch diesmal die Erfahrung, daß zwiichen Beichluß und Aus” 
führung eine weite Kluft fei. Nur der geringere Zeil der bes 
willigten Soldaten wurde wirklich geftellt. 

Bon den Erblanven zeigte nur Tirol, das beim Kriege 
gegen Venedig in erjter Linie intereffiert, aber auch am meiften 
in materieller Beziehung geichäbigt war, noch immer große 
Opferwilligkeit. Ein Landtag in Bozen bewilligte im Dezember 
1509 auf weitere neun Monate 4590 Mann !). Die Deles 
gierten der nieberöfterreichiichen Länder, die der Kaiſer im Jahre 
1510 auch nach Augsburg berufen Hatte, fchon längft mit der 
inneren Politik des Katfers, wie mit der Tortfekung bes 
Krieges unzufrieden 2), forderten vor allem Abhilfe zahlreicher 

1) Brandis, Gef. d. Lanbeshauptlente, S. 403 ff. 


2) subditi nostri ... . incipiunt murmurare, fchreibt der Kaifer ſelbſt 
am 16. Nov. 1509 bei Le Glay, Negociations I, 284. 


Die Haltung Ungarns. 385 


Beichwerben, die bejonders die Verwaltung betrafen. Erſt als 
ber Kaiſer ihren Wünfchen teilweiſe nachgab 1), zeigten fich auch 
bie Stände entgegentommender und ließen ſich zu einer Steuer 
berbei, um auf vier Monate Truppen gegen die Venetianer zu 
unterhalten ?). 

War jo die Hilfe, die der Kaifer vom Reiche und feinen 
Erblanden erbielt, weder bedeutend noch rechtzeitig auf dem 
Kriegsichauplage, jo feheiterten auch Die wiederholten Bemühungen, 
Ungarn zum Anfchluffe an die Liga und zum Angriffe auf 
Dalmatien zu bewegen ?). ‘Die Leiter des ungarijchen Staates 
wollten zwar die Not Venedigs benuten, um von dieſem bie 
freiwillige Überlaffung Dalmatiens oder wenigftens eine Erhöhung 
der Subfidien von jährlichen 30000 Dulaten zu erlangen, 
welche die NRepublif ſeit 1504 dem Könige zugefichert hatte. 
Um aber biejen Zwed durd einen Krieg zu erreichen, fehlte es 
dem Könige an Kraft und noch mehr an Geld, dem Adel an 
Opfermwilligleit. Ein durch die Magnaten und Delegierte des 
niederen Adels am 5. Juli 1510 gefaßter Beichluß, daß der 
König zur Wiedereroberung Dalmatiens einen Feldzug unter- 
nehme, wurde von einfichtigen Polititern von vornherein nicht 
ernjt genommen, und um fih durch Drohungen zu großen. 
Opfern beftimmen zu lajjen, waren die venetiantichen Staats⸗ 
männer viel zu jchlau und zu zäbe. 

Sp war Marimilian 1510 in einer noch viel ungünjtigeren 
Stellung als im Jahre vorher und hielt e8 daher für befler, 


1) Die Augsburger Libelle vom 10. April 1510 betreffen teilweife 
alle filnf nieberöfterreichifchen Länder, teilweife die einzelnen. Vgl. darüber 
Adler, Die Organifation der Sentralverwaltung unter K. Marimilian L, 
©. 276ff. 

2) Wenigſtens willen wir dies vom fleirifchen Landtag, der am 
21. April 1510 28000 Pfund bewilligte, die auf Pfingfien (20. Mai) 
in Graz eingezabhlt werben follten. Krones, Vorarbeiten, in „Beitr. 
3. 8. fteierm. Geſchq.“ III, 103 und VI, 84. 

3) Eingebend handelt darüber befonders auf Grund der venetianifchen 
Geſandtſchaftsberichte W. Fraknoi, Ungarn und die Liga von Cambray 
1509—1511. Budapeſt, 1883. 

Huber, Geſchichte Öfterreich. III. 25 


388 Scheitern der Abfichten des Papftes. 


Krieg ohne Energie führten, möglich ward, die in vielem Jahre 
verlornen Plätze mit Ausnahme von Legnago wieder in ihre 
Gewalt zu bringen. 

Dagegen fcheiterten die Abfichten des Papſtes vollitändig. 
Das Unternehmen auf Genua mißlang. Die Schweizer, die 
im September, gegen 10000 Mann ftark, bi8 vor Como ge- 
fommen waren, erhielten infolge ber Gegenwirkungen des Kaijers 
und des Königs von Frankreich Befehl zur Heimkehr und 
leifteten biefem auch Folge, da fie Mangel an Lebensmitteln 
Yitten. Bon den andern Mächten aber, auf die der Papſt ges 
rechnet hatte, fchloß England mit Frankreich einen Freundſchafts⸗ 
vertrag, Ferdinand von Aragonien blieb aufjeite des Kaiſers, 
dem er im Sommer einige Truppen zur Behauptung VBeronas 
gejendet hatte, Marimilian jelbjt war weiter als je entfernt, 
mit Venedig Frieden zu jchliefen und fich, dem Wunjche des 
Papftes entiprechend, an die Spite der Liga gegen Frankreich 
zu ftellen. Sein Haß gegen die Nepublif ließ ihn jogar bie 
Rückſichten auf das Wohl der Chriſtenheit beijeite fegen, indem 
er Anfangs Juni 1510 von Augsburg aus einen Agenten an 
den Paſcha von Bosnien fchidte, um die Pforte zum Ans 
griffe auf die Befſitzungen Venedigs im Oriente, bejonvers 
auf die albanefishen und dalmatiniichen Küjtenftädte zu bes 
wegen ). 

Der franzöfiihe König aber ging mit geiftlichen und welt- 
lichen Waffen gegen ven Papft vor. Auf den September 1510 
berief er die Prälaten feines Reiches zu einer Synode nad 
Tours, wo fich diefelben für einen Angriff auf ven Papft zur 
Abwehr feiner Übergriffe und für die Einberufung eines all- 
gemeinen Konzild zur Reform der Kirche und zur Abftellung 
der tn berjelben berrichenden Mißbräuche ausſprachen. Dann 
ließ er durch jeine italienijche Armee den Papit angreifen, der 


1) Broſch, S. 197f., mit den Noten 7—11 ©. 3475. VBgl. Ro- 

manin V, 252sq. Benebig ſelbſt hatte freilich fehon im September 

«1509 die Unterftügung des Sultans zu erlangen geſucht. Romanin 
V, 233g. 


Der Kongreß von Mantua. 389 


troß feines Alters und feiner firchlichen Würde felbft ins Feld 
gezogen war. 

Um ben Kaiſer, feinen einzigen Bundesgenoſſen, an feiner 
Seite feftzuhalten, erneuerte er am 17. November 1510 in 
Blois mit ihm den Vertrag von Cambray und veriprach ihm 
nicht bloß zur Eroberung der in dieſem ihm zugeficherten Städte 
im nächften Sabre 1200 Lanzen und 8000 Mann Fußvolk zu 
jenden, ſondern ihm auch als Herzog von Mailand zum Römer» 
zuge und zum Empfange der Kaiſerkrone feinen Beiſtand zu 
gewähren !).. So groß und geachtet, erllärte er, wolle er ihn 
machen, wie feit Karl dem Großen fein Kaiſer mehr geweſen. 
Da aber Ferbinand von Spanien nur unter der Bebingung 
jeine weitere Unterftügung zur Ausführung des Vertrages von 
Cambray zufagte, daß der Kaifer die Wirche nicht befämpfe, fo 
bewog bdiejer den König von Frankreich, die Zuftimmung dazu 
zu geben, daß unter feiner Vermittlung auf einem Kongreß in 
Mantua eine Ausgleichung zwifchen diefem und dem Papfte 
angeftrebt werde. Falls ber Papft fich hartnäckig zeigte, follten 
freilih der Kaifer und König Ferbinand zur Ausführung der 
Beichlüffe von Zours, alfo auch zur Einberufung eines gegen 
den Papft gerichteten Konzils mitwirken. Ein folches konnte 
für Julius II. um fo gefährlicher werben, als er durch fein 
weltliches Treiben und fein Friegerifches Auftreten in weiten 
Kreifen Anftoß erregte und fünf Rarbinäle, darunter folche von 
großem Anfeben, ihn verlafjen und fich unter franzöfiichen Schuß 
nach Mailand begeben hatten. 

Um die Mitte des März 1511 kamen bie Geſandten des 
Kaiſers, Frankreichs, Spaniens und Englands in Mantua zu- 
jammen. Marimiltan Hatte einen feiner gewiegteften “Diplo, 
maten, ven Gurker Biſchof Matthäus Lang gejchiekt, deſſen 
Bemühungen im Sinne feines Herrn dahin gerichtet waren, 
den Papft wieder mit Frankreich zu verjöhnen, dadurch Venedig 
zu iſolieren und bie Liga von Cambray im früheren Umfange, 


1) So fchreibt wenigftens der Kaifer am 27. Sanuar 1511 an ben 
Rat von Frankfurt. Sanffen, NeichScorrefpondenz II, 827. Bud 


390 Scheitern der Unterhanblungen. 


vielleicht noch durch England verftärkt, wieder berzuftellen. Um⸗ 
gelehrt fuchten der Papit und Venedig den Biſchof und Durch 
biefen den Kaifer zu gewinnen, um dann mit vereinten Kräften 
über die Sranzofen berfallen zu können. Die Unterbandlungen, 
die jpäter Lang mit dem Papfte jelbit in Bologna führte, 
fonnten freilich unmöglich zu einem Ergebniffe führen, da bie 
Ziele und Wünjche der verfchiedenen Mächte zu weit auseinander 
gingen. Venedig wollte nicht bloß nichts von dem bisher noch 
behaupteten Gebiete abtreten, ſondern den Kailer gegen Zahlung 
eines jährlichen Lehenszinſes auch zur Abtretung Veronas be- 
wegen. Lang bagegen forverte im Namen feines Herrn von 
Venedig die Herausgabe aller Befigungen in Oberitalien mit 
Ausnahme von Padua und Zrevijo, die e8 vom Reiche zu 
Lehen nehmen und für die e8 einen jährlichen Zins von 100 000 
Dufaten entrichten follte, außerdem noch eine einmalige Zah» 
lung von menigitend 200000 Dufaten. Der Papit kam 
biefen Forderungen joweit entgegen, daß er wohl nie die Zur 
ſtimmung der Signoria erlangt haben würde. Er veriprad,, 
e8 bewirken zu wollen, daß Venedig Friaul an den Patriarchen 
von Aquileja, die übrigen Befigungen auf der Terra firma 
außer Padua und Treviſo an den Kaiſer abtrete, dieje beiden 
Städte aber vom Reiche zu Leben nehme. Dem Biichofe felbft 
bot er den Kardinalshut, die Würde eines Legaten tn Deutjch« 
land, das Patriarchat von Aquilefa und andere einträgliche 
Benefizien an. Die Venetianer verjprachen demſelben nach 
Abſchluß des Friedens 10000 rheinifche Gulden und kirchliche 
Pfründen mit einem jährlichen Erträgniffe von 4000 Dukaten 
oder einen Gehalt in der gleichen Höhe. Aber auch die lodend- 
ften Anerbietungen vermochten den Biichof feiner Überzeugung 
nicht untreu zu machen. AndererjeitS war der Papft nicht zu 
bewegen, jich von Venedig zu trennen und von der Bekriegung 
bes Herzogs von Ferrara abzulafien. Im Gegenteile ſchleuderte 
er gerade jett den Bann gegen die Behörden aller Tombarbijchen 
Städte, weil fie den König von Frankreich in feinen Firchen- 
feindlichen Beftrebungen unterftügten, und indirekt gegen ben 
Monig ſelbſt. Lang, der als Stellvertreter des Kaiſers mit 


Unterbandlungen tes Kaifers mit Venebig. 391 


ungebeurem Selbjtbewußtjein, „wie ein König“, in Bologna auf- 
getreten war, brach daher Ende April die Verbandlungenab !). 

Die fünf Kardinäle, die vom Papfte abgefallen waren, bes 
riefen nun auf den 1. September ein allgemeines Konzil nach 
Pila, zu dem fie Julius II. felbft einluden. Zugleich rückte 
das franzöfiiche Heer unter dem Marſchall Zrivulzio in den 
Kirchenitaat ein, zwang den Papjt zur Flucht aus Bologna, 
bemächtigte fich Diejer wichtigen Stadt und zeriprengte die 
päpftlich-venetianifchen Truppen, welche diejelbe hätten verteidigen 
jollen. 

Hätte der Kaijer in Italien eine fchlagfähige Armee gehabt, 
jo würde auch er jetzt auf Erfolge haben boffen können. Aber 
vieler hatte wieder die Mittel zur Krieaführung nicht aufgebracht 
und mußte die wichtigfte Zeit unthätig in Innsbrud zubringen, 
wo er fih mit Jagen auf den Bergen unterhielt 2). Unter 
ſolchen Verhältniſſen glaubte er Anträge der venetianiichen 
Regierung, welche die Anknüpfung von Friedensverhandlungen 
wünjchte, nicht jchroff abweifen zu jollen. Das Angebot, das 
ibm gemadht wurde, war freilich) weder ſehr vorteilhaft noch 
ebrenvoll, indem der Beſitzzuſtand wie vor dem Kriege wieder 
bergejtellt werden, aljo der Kaifer das wichtige Verona und 
die andern bisher noch behaupteten venetianiichen DOrtichaften 
herausgeben und jeine Waffen gegen feinen bisherigen Bundes» 
genoffen, den König von Frankreich, wenden ſollte. Dafür 
wollte Venedig 500000 rheiniſche Gulden zahlen, die ehemals 
zum Weiche gehörigen Gebiete vom Kaijer zu Lehen nehmen 
und einen jährlichen Zins dafür entrichten und verjprach dem- 
jelben zugleich jeine Unterjtügung wie jene des Papfted und der 
Könige von Aragonien, Portugal und England zur Eroberung 
bes Herzogtums Mailand. Auch jegt wollte die Signoria 


1) M. Sanuto XIU, 127. 147. 160. 351. Coccinius, De 
bello Maximiliani cum Venetis ap. Freher-Struve II, 542. Lettres 
de Louis XII. 11, 96. 139. gl. Romanin V, 256. Broſch, S. 220 
und 353, N. 46—48. 

2) Gattinara an Margareta von Ofterreih 20. Inli 1511 bei 
Le Glay, Negociations I, 422. > 


392 Eroberung Friauls durch die Kaiferlichen. 


wieder den Biſchof von Gurk durch Erneuerung der ihm jchon 
in Bologna gemachten Anerbietungen für vie Herbeiführung 
bes Friedens zu interejfieren juchen ?). Später zeigten fich die 


- Benetianer zwar zur Verzichtleiftung auf Verona bereit. Doc 


wurden die Verhandlungen, die im Augujt in Toblach geführt 
wurden, nach einem Monate abgebrochen, da der Kaiſer den 
König von Frankreich nicht im Stiche laffen, Venedig biejen 
nicht in den Frieden einſchließen wollte und fich nicht auch zur - 
Abtretung von Vicenza berbeiließ 2). 

Unterbeffen Hatte der Kaifer doch einige Tauſend Mann be- 
ſonders aus Tirol zufammengebracht, welche in Verbindung 
mit den franzöfiichen Hilfsvölfern unter la Paliffe Anfangs 
Auguft von Verona aus die DOffenfive gegen die Venetianer 
ergriffen. Da diefe ihre Kräfte in Padua und Treviſo konzen⸗ 
trierten, deren Behauptung fie für das Wichtigfte anſahen, fo 
fielen die meiften Städte zwilchen der Etich und der Piave, 
darunter Vicenza, Feltre und Belluno, ohne Widerftand in die 
Hände der Verbündeten. Auf die Nachricht, das: Friaul von 
den Benetianern faft gar nicht bejegt fei, wendeten fich nun bie 
Kaiferlichen, etwa 8000 Dann ftark, unter dem Oberfommifjär 


Chriſtoph, Biſchof von Laibach, und dem oberiten Feldhaupt⸗ 


mann Jörg von Liechtenftein, um die Mitte de8 September 
nad) Oſten, befette Conegliano, Sacile, Pordenone und andere 
Städte, brachten Udine zur Übergabe und eroberten die Feſtung 
Gradisca. Nach der Unterwerfung Friauls, wo nur vereinzelte 
Plätze wie Oſopo für Venedig fich hielten, kehrten die Kaiſer⸗ 
lihen Anfangs Oktober wieder an die Piave zurüd, um ver- 
eint mit den Franzoſen Treviſo anzugreifen. Aber die Bes 
lagerung unterblieb, fei es, weil man fich zu jchwach fühlte, 
fet eg, weil die Franzoſen mit den Kaiferlichen auf fchlechtem 
Fuße ftanden, oder weil der franzöfiiche König feine Hilfstruppen 


bei der vorgerüdten Jahreszeit nach der Lombardei zurüdrief. 


1) Romanin V, 259sa. 
2) Le Glay, Negociations I, 438. gl. 431. 4383. Sanuto XII, 


304. 330. 337. 351. 376. 379. 385. 398. 399. 401. 404. 437. 


Diplomatifche Erfolge bes PBapftes. 393 


Da nun auch das Fatjerliche Heer fich auflöfte, jo eroberten 
die Venetianer Vicenza, Beltre, Belluno und Friaul, mit Aus 
nahme bes tapfer verteibigten Grabisca, in wenigen Wochen 
wieder zurüd ). Bleibenden Wert hatte e8 nur, daß Leonhard 
von Völs, Landeshauptmann von Tirol, nachdem ein Landtag 
in Brixen neuerdings 5000 Mann auf vier Monate bewilligt 
batte, im Herbſte die Bergfeiten Kofel (Covelo) an der Brenta 
und ‚Peuteljtein in Ampezzo, lebtere unter Mitwirkung des 
Raifers felbft, zur Übergabe zwang ?). 

Während Venedig im Felde den Kaiferlichen und Franzoſen 
ſtandhielt, war der Papſt auf biplomatifchen und kirchlichem 
Gebiete thätig. Um das Konzil zu Piſa unſchädlich zu machen, 
berief er felbjt am 18. Juli 1511 auf den April des folgenden 
Jahres eine allgemeine Kirchenverfjammlung nach dem Lateran, 
um die Reform der Kirche in die Hand zu nehmen. Schon 
Ende Juni machte ihm der König Ferdinand von Aragonien, 
welcher in der Befeftigung des franzöfifchen Übergemwichtes in 
Italien auch eine Gefahr für fich erkannte, den Antrag, ihm 
zur Eroberung Bolognas Hilfe zu leiften. Anfangs Auguft 
waren die Unterhandlungen jo weit gebiehen, daß eine Liga 
gegen Frankreich zwifchen dem Papfte, Spanien, England und 
Benedig dem Abfchluffe nahe war. Da verfiel Julius II. am 
17. Auguft in eine fchwere Krankheit, und jchon nach wenigen 
Zagen bielt man ihn für verloren; ja er wurbe fogar einmal 
für tot gehalten. Er genas zwar dann wieder; aber es hieß, 
er könne unmöglich mehr Yange leben. 


1) Bol. mit den Berichten bei Sanuto: Coccinius, 546 sqg,, 
den Brief der Führer der Saiferlihen aus Collorebo bei Udine vom 
21. September bei Chmel, ©. 333, und jenen des Girolamo Savor- 
gnano vom gleichen Tage aus Ofopo, im „Arch. stor.“. Nuova seriell, 2, 
p. 24, wie das Ausfchreiben des Kaifers felhft aus Toblach, 8. Oltober 
1511, in „N. Zeitfehr. d. Ferbinandeum” VIII, 151. 


2) Brandis, Landeshauptleute, S. 422. Bol. die urkunblichen 
Notizen bei FI. Orgler, Leonhard Colonna Freiherr v. Völs, S. 14f. 
(Programm ber Gymn. in Bozen 1859) und Sanuto XII, 548. 550. 
551. 562; XII, 157. 161. 166. 171. 182. 184. 192. 


394 K. Marimilians Plan, Papft zu werben. 


Damals tauchte in Marimilian, der am 31. Dezember 
Witwer geworben war, der abenteuerliche Plan auf, jelbft Bapit 
zu werben, oder, wenn Yulius Il. mit dem Leben davon käme, 
wenigitensd die Ernennung zum Koadjutor desſelben durchzuſetzen. 
Sein Bertrauter, Bilchof Lang, ſollte nah Rom geben, um 
die Sache zu betreiben. Zur Beftechung der Kardinäle und 
anderer einflußreicher Berjonen wollte er 300000 ‘Dufaten 
aufwenden, die jein Rat Paul von Xiechtenjtein gegen Ber 
pfändung von vier Truhen mit faiferlichen Kleinodien von den 
Fuggern zu erbalten juchen ſollte. Er rechnete außer auf feine 
Dufaten auf die Hilfe der Römer, befonders der Colonna und 
Drfini, vie feinen franzöfiich oder ſpaniſch gefinnten Papſt wollten, 
wie auf die Unterjtügung des Königs Terdinand, der fich mit 
dieſem Plane unter der Bedingung einverjtanden erklärt hatte, 
daß Marimilian auf die Kaiſerwürde zugunjten des Enkels beider, 
des Erzberzogs Karl, verzichte. Nicht ohne Ironie jchreibt 
Marimilian jeiner Tochter Margareta, er würde Priejter und 
dann Heiliger werden und fie würde nach feinem Tode ihn als 
jolchen verehren mülfen ). In Wirklichkeit mochte es freilich 
dem Kaiſer weniger um den Ruf der Heiligfeit und um die 
dreifache Krone zu thun jein als um die Gelegenheit, Herr des 


1) Die Schreiben 8. Marimilians an Paul von Liechtenftein aus 
Briren vom 16. September, bei Goldaſt, Polit. Reihshändel (Franf- 
furt, 1614), ©. 428 (wo der authentifche deutfche Text ift, von dem bie 
lateiniſche Überfegung in den „‚Lettres du roi Louis XII.“ III, 325 
vielfach, und zwar weſentlich abweicht), und an die Herzogin Margareta 
vom 18. September bei Le Glay II, 37. X. Jäger, Über 8. Mari— 
milians Berhältnis zum Papſtthum („Situngsber. db. kaif. Akad.” XTI. 8.) 
bat zwar nachzumeilen gejucht, daß die Ausdrücke in dieſen Briefen alle- 
gorifch gemeint feien und daß der Kaifer damit nur feinen Plan andeuten 
wolle, einen ihm ergebenen Mann auf den päpftlihen Stuhl zu bringen. 
Allein fie find zu beftimmt, als daß eine ſolche Auslegung zuläffig wäre. 
©. dagegen auch Lanz, Einleitung, S. 118; W. Böhm, Hat 8. Mari- 
milian I. im 3. 1511 Papft werden wollen? (Berlin, 1873) und Broſch, 
P. Julius IL, ©. 335, N. 17, der einen Beleg dafür bringt, daß noch 
im Dezember zwifhen K. Ferdinand und dem Kaifer darüber verhandelt 
worden ift. 


Die „heilige Liga”. 3% 


Kirchenjtaates zu werden und fo in Italien feften Fuß zu faffen, 
nachdem alle jeine fonjtigen Verjuche mißlungen waren. ‘Der 
ganze Plan zerplatte aber wie eine glänzende Seifenblafe, da 
Julius II. vollftändig genas und nur mit noch größerer Energie 
gegen feine Feinde, beſonders den König von Frankreich vor» 
ging. 

Am 24. Dftober jchleuderte der Papit den Bann gegen 
bie jchismatifchen Kardinäle, welche das Konzil nach Piſa bes 
rufen hatten. Dasſelbe wurde zwar troßdem am 1. November 
eröffnet, aber, da fich der Kaifer ganz gleichgültig gegen das⸗ 
jelbe verhielt, nur von wenigen Prälaten bejucht, die von 
Tranfreich abhängig waren, und mußte wegen ver drohenden 
Haltung des pijaniichen Volkes jchon nach wenigen Tagen nad 
Mailand verlegt werben. 

Am 5. Oktober wurde in Rom die zwilchen dem Bapfte, 
Verdinand von Aragonien und Venedig abgeſchloſſene „Heilige 
Liga“ feierlich befannt gemacht. ALS ihr Zweck ward Die 
Wiedereroberung Bolognas ımd die Herjtellung der Integrität 
des Kirchenftantes angegeben. Dem Raifer und dem König 
von England wurde ber Beitritt offen gehalten. Noch mehr 
rechnete man auf die Unterjtügung der Schweizer, welche, vom 
franzöfiichen Könige in leßter Zeit vernachläffigt und gekränkt 
worden waren und jich daher durch das Geld des Papftes und 
das Zureden des zum Kardinal ernannten Schinner gegen den⸗ 
jelben gewinnen ließen. 

Anfangs waren die Franzoſen der heiligen Liga gegenüber 
bei weitem im Borteil. Ihr jugendlicher, aber tüchtiger Führer 
Gaſton von Foir, Ludwigs XII Schwefterfohn, erftürmte im 
Februar 1512 Breſcia, deſſen fich die Venetianer mithilfe der 
Bewohner bemächtigt hatten, und brachte am Dfterfonntage 
(11. April) dem fpanijch-päpftlichen Heere bei Ravenna eine 
vollitändige Niederlage bei. 

Aber der Tod des heldenmütigen Führers hatte die Folge, 
daß die Franzofen dieſen Sieg gar nicht benußten, und in 
furzer Zeit trat ein gänzlicher Umſchwung ein, wozu die Haltung 
des Kaiſers nicht wenig beigetragen bat. 


39% Trennung: des Kaiferd von Frankreich. 


Der Ausgang des Feldzugs von 1511 hatte Marimilian 
überzeugt, daß die Unterftügung Frankreichs weder ausgiebig 
noch anhaltend genug fein würde, um ihn in den Beſitz der 
Städte zu bringen, welche ihm der Vertrag zu Cambray zu- 
geiprochen hatte. Er trat daher, ohne daß er fich noch von 
Tranfreich trennen wollte, in immer engere Beziehungen zumt 
Bapite, der ihm einen günftigen Frieden mit Venedig in Aus⸗ 
ficht ftellte. Um dem franzöfifchen Könige den letzten Bundes⸗ 
genofjen zu entziehen, follte die Republik dem Kaiſer Verona 
und Vicenza überlaffen. Da die Signoria trog der Drohungen 
des Papſtes und des Königs Ferdinand jede Gebietsabtretung 
verweigerte, fette jener e8 wenigftens dur), daß am 6. April 
zwifchen dem Kaiſer und Venedig ein zehmmonatlicher Waffen- 
ſtillſtand abgejchloffen wurde, wofür letzteres 40000 ‘Dulaten 
zahlte), Damit hatte der Kaiſer den enticheivenden Schritt 
getban. Er fchloß fich noch nicht der heiligen Liga an und 
blieb äußerlich jogar noch Frankreich Verbündeter. Aber er 
nahm eine Haltung ein, welche biefem nachteilig, jener günftig 
war. Er geftattete nämlich ben Schweizern, die, 18000 Mann 
ftark, dem Papfte zuhilfe ziehen wollten, ihren Weg durch Tirol 
nach Verona zu nehmen, fo daß fie fih Ende Mai mit den 
Venetianern vereinigen und auf diefe Weife mit Artillerie und 
Neiterei verjehen werben konnten ?). Und in biejem entjchet- 
denden Augenblide, wo eine große Macht fich gegen die Lom⸗ 
barbei und die Romagna in Bewegung fette, gab der Kaiſer 
- ven im franzöfiichen Solde ftehenden Lanböfnechten, mehreren 
taufend Dann, meiftens Zirolern und Schwaben, die in Brefcia 
und bei Ravenna wejentlich zum Erfolge beigetragen hatten, 
den ſtrengſten Befehl, das franzöfiiche Heer zu verlajjen. Auf 
eine Verftärfung aus der Heimat durften bie franzöfiichen Feld⸗ 
herren auch nicht rechnen, ja, fie mußten noch einen Zeil der 
ſchweren Reiterei bortbin fenden, weil Heinrich VIII. von Eng- 


1) „Lettres de Louis XII“ III, 217. Sanuto, XIV, 96. Bgl. 
Broſch, S. 249. 

2) Vgl. auch W. Giſi, Der Antheil der Eidgenoſſen an der euro- 
päiſchen Politik in den Jahren 1512—1516, S. 42 ff. 











Derbrängung der Franzoſen aus Italien. 397 


land mit dem Könige Ferdinand, jeinem Schwiegervater, ein 
Bündnis gejchloffen und einen gemeinfamen Angriff auf das 
ſüdliche Frankreich verabredet hatte. 

Unter ſolchen Verbältniffen wagten bie Franzoſen gar feinen 
Verſuch, den Ligiſten in Italien Wiverftand zu leiften. “Die 
Romagna wie das Herzogtum Mailand räumten fie bis auf wer 
nige Buntte freiwillig, und Hinter ihnen ftürzte alles zufammen, 
was fih an Frankreich angelehnt hatte. Genua erhob fih und 
wählte einen Dogen. Florenz wurbe durch die Spanier über- 
wältigt und wieder den Medici übergeben. In Mailand wurde 
durch die Schweizer im Einverftändnis mit dem Bapfte der 
junge Marimilian Sforza, der Sohn Ludovico Moros, als 
Herzog eingeſetzt, obwohl der Kaiſer und Ferdinand von Ara⸗ 
gonien die Übertragung dieſes Landes an ihren Enkel, ven Erz 
berzog Karl, gewünfcht hätten. Und während das franzöfifche 
Banner in Italien in den Staub fant, verlor auch der König 
von Navarra, ein Bundesgenofje Ludwigs XIL, fein Reich an 
bie Spanier. Das Übergewicht Frankreichs, vor kurzem noch 
jo drohend, jchien vollkommen gebrochen, in Stalien der Ein⸗ 
fluß Spaniens und der Schweizer überwiegend. 

Der Kaiſer war bei allen diefen Vorgängen unthätiger Zus 
ichauer gewejen. Er Hätte zwar guten Grund gehabt, offen 
gegen Frankreich aufzutreten, weil der König den Herzog von 
Geldern, der jchon vor längerer Zeit den Krieg in den Niebere 
landen wieder begonnen hatte, mit Geld unterjtüßte. Aber 
feine Kaſſen waren leer, feine Einkünfte verpfändet, feine Erb» 
Iande erichöpft und zu feinen nennenswerten Bewilligungen 
mehr zu bewegen ?), der deutſche Neichdtag, den er auf Oftern 
1512 nad) Trier berufen hatte und fpäter nach Köln verlegte, 
gegen feine Forderungen taub. 

Dei ver Schwäche feiner eigenen Kräfte mußte Marimiltan 
fih um fremde Stüßen umſehen. Es waren bie einerjeits- 


1) ©. bezüglich der inneröfterreichifchen Länder Krones in „Beitr. 
zu 8. fteierm. Geſchq.“ VI, 86f., und Dimitz II, 16f., bezüglih Tirols 
4. Jäger 11,2, 470ff. 


398 Bündnis des Kaifers mit dem Papſt, 


Heinrih VIIL. von England, mit dem feine Tochter Marga- 
reta fchon lange über ein Separatbündnis verbandelte ?), 
anderjeitS der Bapft, dem jehr viel daran lag, den Kailer zur 
Anerkennung des Tateranenfiihen Konzils zu bewegen, und ber 
an demielben zugleich ein Gegengewicht gegen den immer mehr 
um fich greifenden Einfluß des fpanifchen Königs auf der ita- 
lieniſchen Halbinfel zu erhalten fuchte. Es war dem Papſte 
fehr erwünjcht, daß Anfangs November 1512 Matthäus Lang 
als Bevollmächtigter des Kaifers nad Rom fam. Um diejen 
zu gewinnen, machte er deſſen Forderungen den Venetianern 
gegenüber vollftändig zu den feinigen. ‘Diele jollten zugunften 
des Kaiſers auf Verona und Bicenza Verzicht leiften und für 
die Belehnung mit Padua und Zreviio 250000 Dukaten 
zahlen und einen jährlichen Lebenzing von 30000 ‘Dufaten 
entrichten. Da biejelben auch jest diejes Verlangen abjchlugen 
und umgefehrt die Herausgabe von Verona verlangten, wofür 
fie dem Kaiſer lebenslänglich eine Summe Geldes jährlich zahlen 
wollten, fo unterzeichnete der Bapit am 19. November 1512 
ein Bündnis mit dem Kaiſer und verfprach ihm gegen die An- 
erfennung des lateranenfilchen Konzils, mit weltlichen und kirch⸗ 
lihen Waffen gegen Venedig einzufchreiten, wenn dieſes den 
erwähnten Forderungen nicht nachgäbe ?). Es war eine der 
legten wichtigeren Handlungen Julius’ IL, der am 21. Februar 
1513 aus dem Leben ſchied und auf dem päpftlihen Throne 
ven Kardinal Johann von Medici als Papft Leo X. zum Nach⸗ 
folger hatte. 

Die natürliche Folge diefes päpftlich-Faijerlichen Bünbniffes 
war, daß das bedrohte Venedig den Lockungen des franzöfiichen 


1) Zu dem hierüber fon von Le Glay, Correspondence, ver- 
öffentlichtem Briefwechſel zwifhen dem Kaifer und feiner Tochter bat 
Brewer, Lettres and papers, foreign and domestic of the reign 
of Henry VIIL, Vol. I, die Berichte der englifchen Gefandten am Hofe 
Margaretas mitgeteilt. 

2) ®gl. Romanin V, 27784q. Brojd, ©. 264ff. Der Bifchof 
son Gurk hatte auch diesmal die ihm vom Papfte angebotene Karbinals- 
würde mit Nüdfiht auf dem Dienft des Kaifers abgelehnt. Bericht Han— 
nart8 ans Rom vom 23. November, bei Le Glay, Negoc. I, 515. 


Benebigs mit Frankreich. 399 


Königs, der ihm alle früheren Befigungen in ber Xombarbei 
mit Einjchluß von Eremona in Ausficht ftellte, Gehör gab und 
am 23. März 1513 in Blois mit vemjelben eine Allianz 
ſchloß. Wenige Zage darauf famen auch die Unterbandlungen 
zwijchen Heinrich VIII. und dem Kaiſer zum Abſchluſſe. So 
ſtanden jett Srankreich und Venedig gegen den Kaijer, Spanien, 
England, den Papft, den Herzog von Mailand und deſſen eif- 
rigite Beſchützer, die Schweizer, denen berjelbe für jeine Ein 
jegung bie Gebiete des Teſſin überlaffen und eine große Summe 
Geldes gezahlt hatte, wie er auch ruhig zuſah, als die Grau- 
bündner das Veltlin mit Chiavenna in Befig nahmen. Die 
Überlegenheit der Gegner Frankreich ſchien außer Zweifel, und 
biefe Überzeugung fand ihren Ausprud in dem am 5. April 
abgejchlojfenen Bunde zwifchen dem Kaifer und England. Denn 
als Ziel desjelben wurde die Wiedereroberung aller franzofi- 
ſchen Gebiete bingeftellt, welche früher einem ver verbünbeten 
Fürſten gehört hatten, alſo aller Länder, die einjt im Beſitze 
der Herzoge von Burgund oder der Könige von England ge- 
weien waren. Zu biefem Zwecke follten auch Spanien und 
der Papft mitwirken und feiner der Verbündeten ohne Zuftim- 
mung der übrigen die Waffen nieberlegen pürfen. Vom Norden, 
vom Djten und vom Süden jollte Frankreich angegriffen und 
nicht bloß geihwächt, ſondern volljtändig zerftücdelt werben. 

Doch krankte auch diefe Koalition an dem gewöhnlichen Übel 
einer folchen, daß ihre Mitglieder von verjchiedenen Interefien 
geleitet und teilweife von Eiferfucht gegen einander erfüllt 
waren. Es gelang nicht einmal, alle Durch einen gemeinjamen 
Bundesvertrag zu vereinigen, und nur burch Cinzelverträge 
waren bdiejelben mit einander verknüpft. Ja Ferdinand von 
Spanien, der an den Phrenaen Ruhe Haben und feine Ver—⸗ 
bündeten nicht zu mächtig werden lafjen wollte, ſchloß fogar am 
1. April mit Frankreich für die Dauer eines Jahres Warffen- 
jtillftand, der nur für Italien nicht verbinvdend jein jollte. 

So fonnten ungeachtet der großen Zahl der Feinde bie 
Franzoſen die Dffenfive beginnen. Verſtärkt durch zahlreiche 
deutiche Landsknechte, die troß des Verbotes des Kaiſers in 


400 Niederlagen der Franzofen bei Novara und Guinegate. 


ben Dienft des Königs traten, zogen biejelben im Mai 1513 
gegen Mailand, Der Angriff veriprach Teichten Erfolg, da 
ber Herzog infolge feiner Schwäche und der Habjucht und Ge⸗ 
waltthätigkeit feiner Beſitzer die Anhänglichkeit feiner Unter- 
tbanen. verloren hatte und von Oſten ber ein venetianijches 
Heer unter Alviano gegen die Adda z0g, während die Spanier 
unthätig zujaben. Im kurzer Zeit war faſt das ganze Herzog. 
tum mit der Hauptſtadt in den Händen ver Feinde, Mari- 
milian Sforza felbjt in Novara eingejchloffen, jener Stabt, 
bie jchon für jeinen Vater jo verhängnisvoll geworden war. 
Am 6. Juni aber wurde das franzöfiiche Heer in der Näbe 
biejer Stadt durch die Schweizer gänzlich geichlagen und zum 
Rückzuge über bie Alpen gezwungen, worauf auch Alviano wieder 
über ‚die Etſch zurüdging. 

Nun wendeten fich die Waffen der Verbündeten gegen Frank⸗ 
reich ſelbſt. Ende Juni drang der englifche König mit einem 
jtattlichen Heere, bei dem auch viele nieverländijche und deutſche 
Söloner waren, von Calais aus in Frankreich ein und ber 
lagerte die Zeitung Therouenne in der Grafſchaft Artois. Ob- 
wohl der Kaiſer, der nach den Niederlanden kam, wegen der, 
Neutralität derjelben Fein Heer zur Verfügung hatte, litt e8 
ihn nicht, dem Kampfe untbätig zugujehen. Schon im Februar 
batte er dem englijchen Könige, der ihn um die Überlafjung 
zweier Heerführer gebeten, melden lajjen, er ſelbſt wolle Chef 
und Hauptmann der englijchen Armee fein !). Jetzt fand er 
fih in eigener Berfon mit zweihundert Neitern im englijchen 
Lager ein und ftellte feinem Verbündeten feine Kriegserfohrung 
zur Verfügung. Unter feiner Anführung fiegten die Engländer 
am.16. Auguft über die Sranzojen, welche Therouenne zu ent⸗ 
fegen verjuchten, bei Quinegate, wo er vor 34 Jahren 
die eriten Xorbeeren um jeine jugendliben Schläfe gewunden 
batte. Die Folge dieſer glänzenden Schlacht, der „Sporen- 
ichlacht”, wie man fie nannte,. weil. die Branzojen ſich mehr 
ber Sporen als der Schwerter bebient Hatten, war die Kapi⸗ 


:. 1).Le.Glay, Correspgndange II, 95. 


Kämpfe der Verbündeten gegen bie Venetianer. 401 


tulation der belagerten Feſtung. Am 9. September wurbe 
dann Frankreichs Berbündeter Jakob IV. von Schottland, ber 
mit einem zahlveichen Heere in England eingefallen war, bei 
Flodden geichlagen und mit 8000 Mann getötet. Gleichzeitig 
waren, dem Wunfche des Kaifers Folge gebend, 30000 Schweizer, 
durch Failerlihe Truppen, bejonders Artillerie und Reiterei, 
unter dem Herzoge Ulrich von Württemberg verftärkt, nach 
Burgund vorgedrungen und batten fich zur Belagerung ver 
ſchlecht befeftigten Hauptftadt Dijon angeſchickt. Von zwei über⸗ 
legenen Heeren war Frankreich bedroht. 

Deffenungeachtet ging diefer gefährlihe Sturm faft ohne 
Schaden vorüber. Der Gouverneur von Dijon, la Tremouille, 
bejtach einen Zeil der fchweizeriichen Hauptleute und bewog bie 
Eidgenofjen am 13. September zu einem Frieden, indem er bie 
Verzichtleiftung Frankreich auf Mailand und die Zahlung von 
400000 Kronen verſprach. Der König verweigerte die Des 
jtätigung dieſes Vertrages, und die Schweizer waren geprellt; 
aber der Zwed, den Abzug derfjelben aus Frankreich zu ber 
wirfen, war erreiht. Ebenſo zog der König von England 
nachhaufe, nachdem er den Franzoſen noch Tournay entriſſen 
batte. 

Der Krieg gegen Venedig brachte ebenjo wenig wirkliche 
Erfolge, obwohl die Verbündeten diesmal im Felde überlegen 
waren. Wie ein Angriff Alvianos auf Verona mit bebeuten- 
bem Berlufte zurücgeichlagen ward, jo vermochte Cardona, der 
Vizekönig von Neapel, dem fich die Kailerlichen unter Georg 
von Freundsberg und anderen Führern anſchloſſen, Padua nicht 
zu nehmen. Daß er dann bis Meftre und Malghera vor- 
drang, diefe Ortichaften und die ſchönen Landhäuſer der vene- 
tianiſchen Nobili niederbrennen und mehrere Kanonenſchüſſe gegen 
Venedig abfeuern ließ, machte einigen Eindrud, war aber mi⸗ 
Titäriih von feiner Bebeutung. Im Gegenteil wurde er auf 
feinem Rückzuge gegen Verona durch Alviano jehr in die Enge 
getrieben und wäre zu einem gefährlichen Rückzuge durch Die 
Gebirgsthäler gezwungen worben, hätte er nicht am 7. Oktober 
bei Motta norpöjtlih von Vicenza nach verzweifeltem Kampfe 

Huber, Geſchichte Öfterreihe. TIL. 26 


402 ‚ Kämpfe in Friaul. 


über die nachjegenden PVenetianer einen glänzenden Steg er⸗ 
fochten !). und fih dadurch für die nächſte Zeit Ruhe ver- 
ſchafft. 
NMur in Friaul wurde auch während des Winters fortge⸗ 
fampft. Der Graf Chriſtoph Frangepane bemächtigte fih am 
13, Dezember durch Verrat der Seeſtadt Marano, die für ben 
Handel Venedigs mit Friaul von Wichtigkeit war, entjegte Diefen 
Platz, als die Venetianer feine Wiedereroberung verjuchten, 
brachte neuerdings Friaul mit Udine und Cividale in feine Gewalt 
und eröffnete fih durch die Wegnahme von Chiufa die Ver⸗ 
bindung mit Kärnten. Nur in der Bergfefte Djopo behauptete 
ih Girolamo Savorgnano anderthalb Monate gegen ein furcht« 
bares Artilleriefeuer und wiederholte Stürme, bis am 30. März 
1514 Alviano die Kaiferlihen zur Aufhebung der Belagerung 
zwang und biefelben zerjtveute ?). Nun ging auch Friaul big 
auf Gradieca und Marano für den Kaiſer wieder verloren. 
Letzteres wurde von den DVenetianern belagert und Frangepane 
bei einem Ausfalle gefangen. Aber zunächit gelang e8 dem 
Hand von Auersberg, den der Kaijer mit Truppen aus Inner« 
öfterreich, der Stadt zuhilfe ſchickte, diejelbe zu verproviantieren. 
Als die Feinde die Belagerung fortiegten, brachte ihnen Graf 
Niklas von Salm, der Hauptmann mit der eilernen Hand, 
wie ihn die DVenetianer nannten, am 12. Juli cine gänzliche 
Niederlage bei, nahm ihren Anführer Vetturi gefangen und 
erbeutete ihr ganzes Geſchütz. 

War Frankreich im Sabre 1513 ohne wejentliche Verlufie 
aus dem Kriege hervorgegangen, jo jchien im folgenden Jahre 
bie age gefährlicher zu werden. Am 17. Dftober 1513 wurde 
in. Life zwiſchen dem Kaifer, England und Spanien ein Vers 
trag geichloffen, wonach alle drei Mächte im fünftigen Sommer 


1) Eine Darftellung des ganzen Zugs nach dem an deu Kaifer ge- 
langten Berichte von deſſen Sekretär bei Le Glay, Négoc. I, 5522qg. 
Bel. Raute, ©. 315f. Romanin V, 187sgg. 

2) Bon diefen Kämpfen Tiefern ein lebendiges Bild die Briefe Savor⸗ 
gnanos im Arch. stor,, N. serie II,2, 28—59. Bgl. auch Herberſteins 
Selöftbiographie in F. R. Austr. SS. I, 79f. 


Einigung Ferdinands von Aragenten mit Frankreich. 408 


den Kampf gegen Frankreich wieder aufnehmen, der Kaiſer 
zur Aufftellung einer Armee von 10000 Mann an ber Nord- 
grenze Frankreich von England 200000 Goldkronen erhalten 
und König Ferbinand zur Eroberung Guyennes für England 
mitwirken follte. Um das Bündnis zu- befeftigen, follte bie 
Schon längſt in Ausficht genommene Heirat des Erzherzogs Karl 
mit der Schweiter des englifchen Königs, Marta, im nächften 
Mat vollzogen und biefer für ben all, baß Heinrich VII. 
ohne Kinder ftürbe, das Erbrecht in England som Parlamente 
zugefichert werben ?). 

König Yerdinand Hatte aber auch jest nicht im Sinne, ben 
Verpflichtungen nachzukommen, bie fein Vertreter in Lille ein" 
gegangen Hatte. Er war im feinem eigenen Intereife der konſe⸗ 
quentefte Vertreter der europäiſchen &fleichgewichtspolttil. Er 
wollte die Franzoſen von Italien fernhalten. Aber er wollte 
auch den Kaifer und den Erzberzog Karl nicht zu mächtig 
werben lafien, da er fürchtete, biefer könnte feine Anfprüche 
auf die Regierung Caſtiliens geltend machen und Neapel an 
fich zu bringen fuchen. Er bot daher beritwillig dem franzöfi- 
ſchen Könige die Hand, welcher die gegen ihn geichloffene Liga 
zu zerreißen bemüht war. Um dieſes Ziel zu erreichen, machte 
Zubwig XII. dem Bapfte Konzeffionen auf kirchlichem Gebiete 
und gab fich den Anfchein, auf das ohnehin verlorene Herzog. 
tum Mailand Verzicht Teiften zu wollen. In einem am 1. De⸗ 
zember zwijchen Ludwig und Ferdinand gefchloffenen Vertrage 
wurde beftimmt, daß des erfteren jüngere Tochter Renata einen 
ber beiden Enkel Ferbinands heiraten, Mailand mit Genua ihr 
zur Mitgift gegeben, mit gemeinfamen Kräften erobert und bie 
zur Vermählung in bie Hände des Königs Ferdinand gegeben 
werben ſollte. Dem Kaifer und dem Könige von England, 


1) Brewer 1, 685. 699. Bgl. Ranke, S. 317. Die folgenden 
talelboffopartigen Wanblungen ber gegenfeitigen Stellung ber europäifcher 
Mächte bis 1518 Kat Lanz, S. 139—212, forgfältig und eingehend dar⸗ 
gelegt, und an ihn bat fih de Leva I, 174 qq. faft überall, oft wört- 
N, angeſchloſſen. Vgl. au Brewer I, lviff. Hier Tönnen natlrlich 
nur die Hauptpunkte hervorgehoben werden. 

26* 


404 Verkehrte Politit des Kaiſers. 


letzterem aber nur gegen bie Herausgabe von Tournay, war 
der Beitritt freigeftellt. | 

Aber gerade gegen bieje beiden war der Vertrag gerichtet. 
Heiratete einer der beiden Enkel Marimilians die Prinzeffin 
Renata, fo mußte entweber auf ven lang gehegten Plan einer 
Vermählung des Erzherzogs Ferdinand mit der Tochter bes 
Königs von Ungarn und Böhmen verzichtet, oder es mußte 
der Ehevertrag zwilchen dem Erzberzoge Karl und der Schwefter 
des engliichen Königs gebrochen worden. Des Kaifers Tochter 
Margareta warnte auch wiederholt ihren Water, er möge 
Frankreich und dem Könige Ferdinand nicht zu viel trauen, 
und möge nicht feinen aufrichtigften und leiſtungsfähigſten 
Bundesgenoffen, Heinrich von England, von fich ftoßen. Maxt- 
milian Ließ fich auch diesmal ködern, bejonder® da Ludwig XII. 
auf Ferdinands Vorfchlag nad dem Tode feiner Gemahlin des 
Kaiſers Enkelin Eleonora zu heiraten verfprad. Er rvechnete 
auf die Gejchidlichfeit des Königs Ferbinand und auf befien 
Einflug auf feinen Schwiegerfohn Heinrich VIII. wie auf bie 
Schwäche dieſes Fürften und gab nicht nur felbft dem fpant- 
ichen Könige feine Vollmacht zum Abichluß eines einjährigen 
Waffenſtillſtandes mit Frankreich, fondern verbürgte fich auch 
dafür, daß Heinrich diefen Verträgen, die am 13. März 1514 
in Orleans unterzeichnet wurden, beitreten würde. 

Die natürliche Folge davon war, daß fich der englifche 
König vom Kaiſer trennte und dem Könige von Frankreich an⸗ 
ſchloß, der gar nicht daran dachte, die dem Kaiſer gegenüber 
eingegangenen Verpflichtungen zu halten. Am 7. Auguft wurben 
in London die Verträge unterzeichnet, nach denen Ludwig XII. 
Heinrichs VII. Schweiter Maria beiraten follte und Beide 
Könige ſich nicht bloß ihre gegenwärtigen Befigungen garan- 
tierten, fondern ſich auch zur Eroberung jener, bie ihnen recht» 
Yich gehörten, Hilfe zuficherten. 

Wie ſehr Hatte fich die Lage ſeit einem Jahre zu Frankreichs 
Gunſten geändert! Mit England war es verbündet, gegen 
Spanien wenigftend noch für einige Zeit gefichert. Der Papft 
Leo X., ber feinem Bruber und feinem Neffen ein Neich in 


Wiedereroberung Mailands durch bie Franzofen. 405 


Italien verihaffen wollte, ſchwankte zwilchen den verichievenen 
Großmächten Hin und ber, da er nicht wußte, durch weſſen 
Unterftügung er dieſen Zwed am leichtejten erreichen könnte. 
Venedig, das der Papft wieder einmal zur Abtretung Veronas 
und Vicenzas an den Kaiſer zu bewegen fuchte, beichloß geradezu, 
den König von Tranfreih zu einem neuen Zuge nach Italien 
zu ermuntern und ihm bafür feine Hilfe zu verfprechen. Lud⸗ 
wig XII. 309 daher bereits feine Truppen zulammen, um fie 
nach Ablauf des Waffenftillftandes mit Spanien und dem 
Kaiſer über die Alpen zu fenden, als ihn am 1. Januar 1515 
ber Tod binwegraffte. 

Sein Neffe und Nachfolger, der junge und ehrgeizige Franz 
von Angoulöme, führte den Plan desfelben nur mit noch größerer 
Energie aus. Es hinderte ihm nicht, daß der Papft, ver Kaiſer 
und Ferdinand von Spanien unter Einbeziehung der Schweizer 
und des Herzogs von Mailand am 3. Zebruar in Rom ein 
Bündnis ſchloſſen; denn im enticheivenden Augenblide blieben 
diefelben doch unthätig. Im Auguft 1515 308 Franz I. mit 
einem jo ftattlichen Heere, wie Frankreich noch feines über bie 
Alpen gejendet, nach Italien, befiegte, im entjcheivenden Augen⸗ 
blide durch die eintreffende venetianische Reiterei unterſtützt, 
nach harten Kämpfen, die vom Abende des 13. bis zum Nady« 
mittage des 14. September bauerten, die Schweizer bei Mari- 
gnano (Melegnano), nahın Mailand ein und führte dem Herzog 
Marimilian als Gefangenen nad Frankreich, wo er gegen Ver- 
zichtleiftung auf feine Anſprüche als franzöfifcher Penfionär fein 
Leben beſchloß. Die Schweizer, die bei Marignano ungeheure 
Verluſte erlitten batten und unter einander uneinig ware, 
gaben es nun auf, die Role einer Großmacht zu jpielen; 
der größere Zeil der Kantone fchloß gegen hohes Geld Frieden 
mit Sranfreih. Auch der Papſt, der die Unterhandlungen mit 
Franz I. nie abgebrochen Batte, traf jet mit vemfelben ein 
Abkommen. Dan trug fih jogar mit Plänen zur Eroberung 
Neapels. | 

Um fo fefter glaubten jet die übrigen Mächte zufammen- 
balten zu follen. Am 19. Oktober jchloß Heinrich VIII. von 


406 Zug 8. Marimilians gegen Mailand. 


England, der vom franzöfiichen Könige durch die Einmiſchung 
in bie Verbältniffe Schottlands beleidigt worden war, mit 
Zerbinanb von Spanien ein gegenjeitiges Schutzbündnis. Zus 
gleich war. derſelbe bereit, hohe Subfidien zur Aufbringung 
eines fehweizeriichen. Sölbnerheeres zu zahlen, welches, vom 
Kater mit Neiterei und. Artillerie verfeben, vie Franzoſen aus 
Mailand vertreiben follte. Ein gewandter Agent, Dr. Bace 9), 
wurve im Herbſte 1515 abgefenvdet, um die Schweizer vom 
Anfchluffe an Frankreich abzuhalten und zur Ausführung Der 
Wanſche Englands zu bewegen. | 

Das englische Gelb that jeine Wirkung. Im Februar 
1516 fetten fich 17000 Mann aus: jenen Schweizerfantonen, 
die. noch in feindfeliger Stellung gegen Frankreich verbarrten, 
durch Graubünden und das Etjchthal nach Verona in Bewe⸗ 
gung, um ſich mit den Satferlichen: zu vereinigen. Da auch 
die Stände Tirol® und ber ſchwäbiſche Bund dem Katfer einiges 
Geld bewilligt hatten, ſo ftand diefem jet ein Heer von we⸗ 
nigftens 30000 - Mann zur Verfügung, und er ftellte. nn an 
die Spitze desſelben. 

Am: 11. März brach Dorimilian bon Verona auf er⸗ 
zwang ſich bei Peschiera den Übergang über den Mincio, nö⸗ 
tigte die Venettaner und Franzoſen zur Aufhebung der Belage⸗ 
zung von Breſcia, welches nach ber früheren Räumung Italien 
durch bie: Franzoſen in feine Hände gefommen war,. überichritt 
den Oglio und am Ofterfonntage, ven 23. März, bei Cara⸗ 
vaggio auch die Adda und erſchien am Tage darauf in der 
Nähe von Mailand, in das fich die Franzoſen unter dem Her⸗ 
zoge von Bourbon zurüdgezogen Hatten. Ein vafcher Angriff 
auf diefe Stabt ſchien das Schickſal der Franzoſen, die ihm 


1) Seine Berichte wie jene des ſchon Tange beim Kaijer beglaubigten 
Robert Wingflelb, bie Brower, Letters and papers I,1, 281sqg. mit- 
geteilt Hat, bilden eine ber wichtigſten Quellen für bie folgenden Ereig- 
niſſe. Vgl. auch bie Einleitung dazu, xuıvf[., und den im wefentlichen 
fich darauf ſtützenden Effay von Pauli, Diplomatie im Jahre 1516, in 
„Hiſtor. Zeitſchrift“ XIV, 269 ff, wie Giſi a. a. O., ©. 200 ff. 


Deflen unerwarteter Rildzug. 497 


bisher nirgends einen ernftlichen Aöibertanb. entgegenzuſeben 
gewagt hatten, zu befiegeln. . = .:. 

Da erklärte ver Kaiſer auf einnial, daß er ſich zurächiehen 
mülfe. Er begründete: biefen unerwarteten Schritt. mit der 
Schwierigleit ber Verpflegung... ba ihm ber. Feind an: Reiterei 
überlegen jet, und mit ber Mißſtimmung feiner Truppen, beuen 
man wegen bes Ausbleibens der. engliichen Subfidien. ihren 
Sold nicht zahlen konnte. Auch erhielt gerape im entſcheidenden 
Augenblicke Bourbon Verftärkungen, beſonders aus den franzöftich 
gefinnten Kantonen der Schweiz. Auf eine höhnende Einlabung 
des. Herzogs, zu ihm nad) Mailand zu kommen und mit ibm 
zu trinken, forderte ev zwar venjelben zum Kampfe heraus und 
rückte am 26. April vor Mailand, wo er fein Heer in Schlacht- 
oronung aufftellte. - Als. aber Bourbon fich innerhalb der 
Mauern hielt und die Niederbrennung der Vorſtädte von Mair 
land zeigte, daß er entichlofjen jei, Diefe Stadt auf Das äußerſte 
zu verteidigen, da ließ ſich der Kaiſer nicht: mehr. halten und 
trat mit feiner Reiterei und Artillerie ben Rückzug in nord⸗ 
öftlicher Richtung an!) Schon am 3. April ftand er am 
Oglio füpli am Lago d’3feo.. In Lovere?) am Nordende 
dieſes Sees wäre er von den Seinigen, bie ihn :einen -„Apfels 
könig“, einen „Stroblönig” u. ſ. w. fchalten, beinahe erfchlagen 
worden. Endlich nur noch von einigen Hundert tivolifchen 
Kriegsfnechten begleitet, gelangte er um die Mitte des April 
ans Bal Camonica durch tiefen Schnee über den Paß Tonale 


1) Wir haben leider feine verläßlichen Nachrichten, bie uns über bie 
Motive des Kaijers genügend aufflärten. Die engliſchen Geſandten Pace 
und Wingfield, welche im kaiſerlichen Lager waren und ung (bei Brewer 
1,1, Ixx ff. und 489) über die äußerfichen Vorgänge berichten, kannten 
biefelben felbft nicht und konnten nur mitteilen, was der Kaifer erklärte. 
Vgl. auch 1. c., p. 543, no. 1885. 

2) Dies ift ohne Zweifel das „Lorfers“ bei Kirchmair in „F. R. 
Austr. 88.“ 1], 437, jedenfalls nicht Lavis nörblid von Trient, wie Zorye 
b’Oglio nicht an der Mündung biefes Fluſſes Liegen kaun und Terzilas, 
von wo aus ber Raifer am 16. und 18. April fehreibt, nicht nordöſtlich 
von Trient liegt, fondern Terzolas anf dem Sulzberg zwiihen Male 
und Caldes ifl. Ä . 


A408 - Der Vertrag von Noyon. . 


nach dem Sulz und Nonsberg und von da an bie Etſch. 
Sein in Italien zurüdgelaffenes Heer löfte fich größtenteil® auf, 
indem die Schweizer nachhaufe zogen. 

Der militärifche Ruf wie das Anfehen des Kaiſers hatten 
durch ben Ausgang dieſes Teldzuges einen ſchweren Schlag er» 
fitten, und nur zu bald machten fich die Wirkungen fühlbar. 
Schon am 26. Mai wurde die Belakung von Breſcia durch 
bie Venetianer und Franzofen zur Übergabe diefer Stadt ge 
zwungen, worauf dieſelben bie Belagerung Veronas unter- 
nahmen. Doch wurde dieſe Feſtung infolge der Unterſtützung, 
bie fie von Tirol ber erhielt, gegen wiederholte Angriffe glück⸗ 
lich behauptet. 

Der Zug gegen Mailand war das lebte aktive Eingreifen 
des Kaiſers in die ttalieniichen Angelegenheiten gewejen. Zortan 
wanbelte er die Bahn, bie ihm die Räte feines Enkels vor» 
zeichneten. 

Schon um Neujahr 1515 hatte Marimilian dem Drängen 
der Niederländer nachgeben und ben Erzherzog Karl aus 
feiner Vormundſchaft entlafjen müfjen. Doch ließ fich dieſer 
auch fortan von fremden Leuten lenken, beſonders von feinem 
früheren Hofmeifter Wilhelm von Eroy, Herrn von Chieèores. 
Die niederländiichen Räte wollten aber vor allem Ruhe haben, 
namentlich vor Frankreich, das ihrem Lande am gefährlichiter 
war, und fuchten baber gleich mit bemjelben unter wenig 
günftigen Bedingungen ein Freundſchaftsbündnis zuftande zu 
bringen, fo ſehr ber Kaifer e8 auch mißbilligte. Auch als dem 
Erzberzoge Karl nach dem Tode feines mütterlichen Großvaters 
Ferdinand am 23. Sanuar 1516 die fpanifche Monarchie mit 
Neapel, Sicilien und Sardinien zufiel, blieb die Politik feiner 
Räte diejelbe, obwohl Franz I. durch Unterftügung des Herzogs 
von Geldern und bes vertriebenen Königs von Navarra wie 
durch die Vorbereitungen zu einem Angriffe auf Neapel feine 
wahre Geſinnung beutlich genug an den Tag legte. Der Ver⸗ 
trag, den die Bevollmächtigten beider Könige am 13. Auguft 
1516 in Noyon fchloffen, war für Karl in feiner Weile günftig. 
Denn feine Verlobung mit Louiſe, der erſt ein Jahr alten 


Waffenſtillſtaud des Kaifers mit Benebig. 409 


Tochter des franzöfiichen Könige, welcher biefer feine Anjprüche 
auf Neapel abtreten wollte, verbanimte ihn auf Tange Sabre 
zur Eheloſigkeit und ftellte feine Nechte auf Neapel In Frage. 
Zugleich wurde Hier verabredet, daß der Kaifer Berona binnen 
zwei Monaten gegen eine Summe von 200000 Dukaten an 
Venedig zurückgeben follte. 

Marimilian war nun freilich mit dieſer Beftimmung, welche 
ihn des letzten feiten Punktes in Italien beraubte, burchaus 
nicht einverftanden !), und fuchte von England zur Fortſetzung 
bes Krieges weitere Subfidien zu erhalten. Da aber bie 
Schweizer am 29. November mit Frankreich ven ewigen Frieden 
jchloffen, der ihnen jede Unterftügung ver Feinde besfelben 
unterfagte, fo unterzeichnete Karl, eine ihm vom Kaiſer er» 
teilte Vollmacht in einigen Punkten überichreitend, im Namen 
besfelben am 3. Dezember den Vertrag von Brüffel, wonach 
auch Diefer gegen die angegebene Summe in die Abtretung 
Beronas milligte und mit Venedig einen Waffenſtillſtand auf 
anderthalb Jahre fchloß. Der Kaiſer, dem jett jelbit bie Stände 
Tivold die nachgefuchten Subſidien vermweigerten ?), fügte fich, 
feste aber einem befinitiven Frieden mit Venebig noch immer 
Hinderniffe entgegen. Nur zur Verlängerung des Waffen- 
ſtillſtandes auf weitere fünf Sabre ließ er fih am 31. Yult 
1518 bewege. 

Wenn Morimiltan dahin gejtrebt Hatte, den Einfluß bes 
Kaiſers in Italien berzuftellen und einen Zeil der Halbinjel 
wieder unter feine unmittelbare Herrichaft zu bringen, fo war 


1) Wenn R. Pauli, Diplomatie des Jahres 1516, in „Hift. Zeit- 
ſchrift“ XIV, 283 ff, die Anficht vertritt, daß dies nur „Pofjenfpiel”, 
„Spiegelfechterei” gewefen fei, fo hat er Beweiſe dafür nicht beigebracht, 
fo wenig wie für feine Vermutung (S. 279), baß geheime Anträge bes 
FTeindes den Nüdzug Marimiliand von Mailand veranlaßt hätten. - Er 
gebt ebenfo wie Brewer in ber „Preface“ zum 2. B., ber fih aber 
worfichtiger Äußert, von der nach der Darftelung Baumgartens doch nicht 
mehr haltbaren Vorausſetzung aus, daß Marimilian und bie Räte feines 
Entels unter einer Dede geipielt hätten. 


2) Brandis, Lanbeshanptlente, ©. 435 ff. 


410 DiefErgebnifie des Keieges. 


dieſer Plan vollſtändig geſcheitert. Im Süden Italiens herrſchten 
auch fortan die Spanier, im Norden waren die Franzoſen 
übermächtig, und nur das Deutſche Reich blieb von dieſem 
Lande, das in früheren Jahrhunderten ſo enge mit ihm ver⸗ 
bunden geweſen war, gänzlich ausgeſchloſſen. Daß es ſo ge⸗ 
kommen war, hatten doch nicht am wenigſten die deutſchen 
Reichsſtände verſchuldet, welche nach dem Jahre 1507 ſich den 
Vorgängen in Italien gegenüber völlig gleichgültig verhalten 
hatten. Ohne daß der Kaiſer dies von Anfang an beabſichtigt 
hatte, endete der neunjährige Krieg mit Venedig nur mit einer 
Vergrößerung ber dfterreichiichen Erblande. Außer ein paar 
Plätzen in Friaul blieben dem Katfer die Eroberungen, bie er 
innerhalb der Alpen gemacht hatte, nämlich die Feltungen 
Eovelo und Peutelftein mit Ampezzo, die Städte Roveredo 
und Riva, welch legteres dem Biſchofe von Trient überlaffen 
ward,. die fogenannten vier BVilariate Ala, Avio, Mori und 
Drentonico und bie Ortfchaften Nago und Torbole am Barda- 
fee. _ Diefe Gebiete wurben unter dem Namen der welichen 
Konfinien mit Tirol vereinigt, welches dadurch auch im Süden 
eine den natürlichen Verhältniſſen entiprechende, militärtjch 
Haltbare Grenze befam. Freilich war biefer Gewinn durch 
einen vieljährigen Krieg, ber troß aller Opfer, bie Tirol ges 
bracht ?), die Verpfändung eines großen Teils der Kammer 
güter und die Anhäufung einer ungeheuren Schulvenlaft 2) 
“notwendig gemacht hatte, ſehr teuer erfauft worden. 

Südlicher als bei feinen italieniihen Plänen war Maxis 
miltan bei feinem Streben, feinem Haufe auf irgendeine Weife 
die Nachfolge in Ungarn und in Böhmen zu fichern. 


1) Die tirolifgen Stände behaupteten 1517, baß fi ihre Leiftungen 
in ben Kriegen felt 1499 auf 2000000 Gulden belaufen. A. Jäger 
11,2, 489. Dagegen treten freilih die Bewilligungen ber audern Erb⸗ 
Under fehr zurück! 

2) Nach Brandis, Geſch. der Landes hauptleute von Tirol, S. 454, 
ber fih offenbar auf amtlide Quellen ftütt, betrugen im Sabre 1518 
bie Schulden bes Katfers an die Kauflente allein 512741 Marl Silber, 
182412 Zentner Kupfer und 330310 Gulden an barem Gelbe. 


Religiöfe Zwwifigteiten in Bohmen nuter Wladiſlaw I. AH 


I... r .r Ye fi FLEVFEF" . .* 


at, Nie 


" Säuftes Rapitel.. ee 


Böhmen und Ungarn unter Wladiflaw u, unb deffen 
Beziehungen zu Maximilian J. — Berhandlungen 
| über die deutſche Konigswahl. = 


‚Die Ungarn satten nach bem Tode des Konigs Matthias 
um. Sabre 1490 unter. den verſchiedenen Kandidaten gerade 
jenen auf den Thron geboben, ver am mentgften im. Rufe der 
Tüchtigkeit ſtand. 

Wladiſlaw IL Hatte ſich während einer neungefujäßrigen 
Regierung in Böhmen als einen König ohne geijtige Fähigleiten 
ohne feften Willen und ohne Kraft bewielen, der die Parteien 
thun ließ, was fie wollten ). Nur in. xeligiöjen Fragen zeigte 
der König manchmal einen eigenen Willen, indem er Die Katho⸗ 
Iilen und Die. gemäßigten Utraquiften bei der Belebung .;der 
ftantlichen und . ftädtifchen Amter begünftigte und calixtiniſche 
Geiftliche,, die ihrer Überzeugung auf der Kanzel in gar zu 
jchroffer Form Ausdruck gaben,: verbaften und in den Kerler 
werfen ließ. Da auch einige Mitglieder des katholiſchen Herren- 
Bundes, als fie ihre während des Krieges verlornen Güter. in 
Böhmen wieder zurüderhickten, bie utraquiftijchen. Geiſtlichen 
and vdenjelben vertrieben, ſo nahm die Aufregung. unter den 
Hnfiten immer mehr zu. Auf .einem-Landtage im Mai 1481 
weigerte fich die utraquiftiiche Majorität geradezu, die Tönige 
lichen Propofitionen in Beratung zu ziehen, ſo lange ihren 
religiöfen Beſchwerden nicht abgeholfen wäre. Gegen den König 
wurden heftige Klagen erhoben, daß er die bei feiner Wahl 
eingegangenen Bedingungen nicht erfüllt, namentlich - für bie 
Einſetzung eines utraquiſtiſchen Erzbiſchofs nicht geſ orgt habe. 

: 13 3 verweiſe für die Zuftände Bbhmens unter Wiabiſlaw u. anf 


Balady, der in den beiden Abteilungen bes 5. Bandes feiner Geſchichte 
Böhmens“ diefe Periode mit großer Ausführlichleit behandelt hat. 


u2 Kufflaub ber Utraquiſten in Prog. 


Im Jahre 1482 verbanden fich einige Städte des Saazer mie 
Städte und Adelige des Königgrätzer Kreiſes zu gegenſeitigem 
Schutze wider alle Bedrückung vonfeiten des Königs und der 
katholiſchen Herren, und von dieſen Punkten aus verbreitete ſich 
bie Bewegung über das ganze Land. Auf mehreren Zuſammen⸗ 
Züinften- beichloffen bie ‚Utraquiften, gegen jede Beeinträchtigung 
ihres Glaubens einander Beiſtand zu leijten. 

Da die Häupter der Prager Städte, die ber König aus 
den gemäßigteften Utraquiften genommen hatte, bei allen dieſen 
Borgängen eine laue Gefinnung zeigten und fich von biefen 
Beichlüffen fern bBielten, fo brach am 24. September 1483, 
während der König wegen ber Pet fih in Trebitſch aufbielt, 
gegen fie ein wütender Aufitand los ). Auf ein durch einen 
ntraguiftiichen Geiftlichen vom Turme der Teinkirche gegebenes 
Glodenzeichen jtürmten bewaffnete Volkshaufen nach dem Rat⸗ 
hauſe der Altſtadt, jchlugen den Richter und mehrere Ratsherren 
tot und warfen bie Leichname zu ben Tenftern hinab. Dase 
felbe gejchah fieben Ratsherren in ber Neuftabt, bie teilweiſe 
noch lebend zu ven Fenftern hinabgeftürzt wurden. Zwei Lage 
darauf wurden bie DBürgermeifter ber Alte und Neuftadt wie 
der SKleinjeite und ſechs Schöppen enthauptet, nachdem man 
ihnen auf der Folter das Geſtändnis abgepreßt hatte, baß fie 
den Plan gehabt Hätten, über ihre Gegner berzufallen, 80 ber» 
jelben zu ermorben und alle utraquiftiichen Priejter aus der 
Stadt zu verjagen. Auch die Klöfter wurden überfallen, Kelche 
und Monjtranzen, Meßgewänder und Bücher geraubt, bie 
Mönche vertrieben, der Abt von Wyſchehrad erträntt. Daran 
ſchloß fih eine Hete gegen die Juden, denen man nicht einen 
Nagel an der Wand ließ. Auch die Deutichen, bei britthalb 
Hundert, wie es heißt, wurden ausgeplünbert, bei Wafler und 
Drot eingefperrt, einige fogar dem Hungertode preisgegeben, 
dann alle Gegner des Kelches aus Prag verbannt. Sogar 


1) Bgl. über diefen mit Palady V,1, 250ff. die von Bachmann 
in „Mitth. des Vereins f. Geſch. d. Deutſchen“ XIX, 253 ff. mitgeteifte 
„Passio Pragensium“ mit den vorangefgidten Erörterungen. 


Ausgleich zwiſchen Katholiten und Utraquiften. 418 


das Prager Schloß wurde vom. zaghaften Burggrafen den 
Aufrührern übergeben. - Der König: mußte alle dieſe Greuel⸗ 
thaten ungeftraft lafien, da die Mehrheit der Stände mit den 
Pragern ſympathiſierte und jede Unterftügung gegen biefelben 
verweigerte. Ja Wladiſlaw wurde nach feiner Rückkehr im 
die Hauptftabt durch einem fanatifchen Prager fogar. perfönlich 
geihmäht und bedroht, fo daß er fortan jeine Reſidenz anf 
dem Hradſchin aufſchlug. | 

Doch fcheint gerade das Übermaß ber Glaubenswut die 
Kraft desſelben erſchöpft zu haben. Auf einem Landtage, ber 
im März 1485 in Kuttenberg verſammelt war, kam es zu 
einem Ausgleiche zwiſchen den Katholilen und Utraquiften, der 
81 Jahre in Kraft bleiben follte. Die Kompaktaten follten 
nach ihrem Wortlaute Geltung behalten, beide Religion 
parteien gleichberechtigt neben einander leben, auch die. Unter- 
tbanen derſelben ihres Glaubens wegen nicht beeinträchtigt 
werben. Die Geiftlichen ſollten fich auf die Predigt des Wortes 
Gottes und die Sorge für die Moral beichränten, aber nicht 
gegen Andersgläubige eifern. Bon Heineren Reibungen . ab» 
gefeben tft ver veligidie Friebe fortan lange in Böhmen nicht 
mehr geitört worben. 

Obwohl wiederholte Verſuche der Utraquiften, auch mit 
Rom eine Einigung zuftande zu bringen, an ber Unnachgiebig- 
feit ver Päpfte fcheiterten, fo bildete doch von biefer Zeit an nicht 
mehr die Berſchiedenheit des Glaubens, ſondern der Gegenſatz 
ber Intereffen zwiſchen ben verſchiedenen Ständen den Grund 
einer tiefgehenden Spaltung des böhmiſchen Volles. Die Herren 
wollten bie Schwächung bes Bürgertums, die eine Folge ber 
Bufitiichen Bewegung gewejen war, endlich zur bauernden Grün⸗ 
dung ihrer Herrichaft ausnügen. Indem fie fi im Jahre 
1487 mit den Nittern über die Bejekung bes Prager Land⸗ 
rechtes, des oberjten böhmifchen Gerichtshofes, verjtändigten 
und benjelben 8 bon 23 Stellen überließen, fanden fie bei 
ihren Beftrebungen auch an ben Rittern Verbündete, welche 
während den Olaubensitreitigfeiten mit den Städten Hand in 
Hand gegangen waren. Schon im Yahre 1479, gleich nach der 


414 Streben bes Adels nach Beſchränkung der Rechte der Bauern, 


Herſtellung bed Friedens mit. Ungarn, Hatte der Abel die erſten 
Verſuche in dieſer Richtung gemacht und er ruhte nicht, bis er 
ſeine Ziele wenigſtens teilweiſe erreicht hatte. | 

Die Bauern wurden 1487 geſetzlich der Freizügigkeit be⸗ 
raubt und, da ſie infolge der Ausdehnung der grundherrlichen 
Gerichtsbarkeit auf dieſelben jedes Rechtsſchutzes entbehrten, ohne 
Rückſicht auf ihre bisherigen Leiſtungen mit willkürlichen Ab⸗ 
gaben und Fronden belaſtet, ſo daß viele derſelben, wie ein 
böhmiſcher Rechtsgelehrter jener Zeit ſchreibt, ihre Güter ver⸗ 
ließen und fich als Räuber, Mörder und Brandſtifter dem 
Berbrechen ergaben, oder ſich gegen ihre Herren erhoben und 
bewaffnet in die Berge zogen. Nicht einmal Heiden und 
Zürfen, bemerkt derſelbe, laſſen ſich ſolche Widerrechtlichkeit zu⸗ 
ſchulden kommen wie die böhmiſchen Adeligen. Fortan ſchmachtete 
der. Bauernſtand in Böhmen und Mähren mit wenigen Aus« 
nahmen in den Feſſeln der brüdenbften Leibeigenichaft ?). 

Ebenſo wenig wie um die Rechte der Bauern fünmerten 
fih die böhmijchen Herren um die Privilegien der Städte. In 
ihren rechtlichen wie in ihren materiellen Interefjen wurden 
dieſe beeinträchtigt. Obwohl diefen 3. B. die ausſchließliche 
Befugnis zugeiprochen war, innerhalb der ftäbtiichen Bannmeile 
Dier zu brauen, begannen nun auch bie Adeligen, in ver Nähe 
der Städte Brauereien anzulegen und den Bürgern ben Ver- 
kauf des Bieres auf ihren Gütern zu verbieten. Die Könige 
hätten nicht das Recht gehabt, die Rechte des Adels zu be 
ichränfen, urteilte das Landrecht 1493 auf eine Klage. der 
Stadt Chrudim über Berlegung ihrer Privilegien. Auch bie 
ſtädtiſche Gerichtsbarkeit wirrde durch das in ven Händen bes 
Adels befindliche Landrecht eingejchränkt. Zugleich begann dieſer 
die politiiche Stellung des Bürgertums zu untergraben. Schon 
im Sabre 1479 ſtellten die Herren die Forderung auf, „daß 


Bezüglich Mäfrens vgl. J. A. Tomaf Set, Recht und Berfaffung 
ber Markgraffhaft Mähren im XV. Jahrhundert, ©. 49-79, der ſich 
mit Recht entfchteben gegen Paladys unbiftorifhe Annahme ausfpriät, 
daß Sörigfeit und Leißeigenfchaft den böhmiſchen Ländern früher fetmb 
und Folge des Einfluffes deutſcher Zuftände geweſen ſeien. 


der Gtäbte:und'bes Mönig.: 415 


Dürger an den: allgemeine: Sandbtugen:;; wo: bie Barone und 
Ritter zuſammenkommen, um über das ‘allgemeine Wohl und 
die Nechte des Landes zu beraten , keinen Zeil baben follten“; 
Da der König felbft unter dem Einfluffe feiner: abeligen ‚Räte 
im Jahre 1484 fich gegen die Behauptung ber Stäbte am 
ſprach, daß fte nicht verpflichtet feiern, wo fie nicht mitgeraten 
bätten, jo fühlte fich dev. Adel um jo mehr angefpornt, in biefem 
Streben nicht nachzulaffen.. In der auf einem Landtage des Jahres 
1500. von den Herren und Rittern beſchloſſenen ſogenannten 
Wladiſlawſchen Landesordnung wurde das Recht zu Änderungen 
berjelben ausjchlieglich den Herren und Rittern zugefprochen 
und erllärt, daß die Städte nur dann mitzuwirken hätten, 
wenn es fich um ihre eigenen Ungelegenbeiten handelte. ‘Die 
Protefte und Vorſtellungen der Städte halfen nichts. Es 
wurde vom Adel fogar behauptet, daß die Städte kein freier 
Stand feten, weil fie der königlichen Kammer zinspflichtig ſeien; 
fowie die Herren zu keinen Beichlüffen die Zuftimmung ihrer 
Untertdanen brauchten, jo noch weniger der König die feiner 
Stäbte, die ibm in allem zum Gehorſam verpflichtet feien und 
einfach dem nachkommen müffer, was die Herren und Ritter 
mit dem Könige für Recht erklären. Auch Wladiſlaw ftefite 
jih In dem Streite der Stände auf die Seite des Adels, bes 
jtätigte die Landesorbnung und entjchted in den meiften Punkten 
gegen bie Städte. Nur bei ver Wahl des Könige, bei Steuer- 
bewilligungen und der Ausſendung eines Heeres fprach er ihnen 
ein Stimmrecht zu. Erjt im Jahre 1508, als die Städte 
unter ſich ein Bündnis gejfchloffen Hatten und fich nicht ein- 
Ichüchtern ließen, gab der Adel in diefem Punkte nad und er» 
Härte, daß die Städte als dritter Stand zu den Beratungen 
auf den Yandtagen ‚beigezogen ‚werben jollten. 

Wie die. Rechte der Städte fo follte auch die Gewalt des 
Königs zugunften des Adels befchränkt werben. Im Jahre 1497 
wurde derſelbe dahin gebracht, daß er dem Heimfallörechte, dem 
Rechte der Krone auf bie Güter ber ohne Nachkommen oder 
nabe Seitenverwandte verjtorbenen Adellgen, auf ewige Zeiten. 
entjagte. Ein Landtag bes. Sahres 1499 beftimmte, daß ber 


416 Erfiufivität des böhmischen Adels gegen Ausländer. 


König Landesämter nur mit Zuftimmung bed Derren- und 
Ritterſtandes follte vergeben dürfen. Im Jahre 1508 er» 
Härte ber König felbft, daß er die Landesämter nach dem Rate 
der oberiten Beamten und feiner Räte, die Stellen der Ge⸗ 
richtSheifiger nach dem Rate der Übrigen bejegen ſollte. 1499 
verpflichtete ſich Wladiflam auch in feierlicher Weife, daß weder 
er noch jeine Nachfolger das echt haben follten, ohne die 
Zuftimmung des ganzen Landes Schlöffer oder Güter in Böhmen 
ober ben damit vereinigten Ländern zu verſchenken, zu verkaufen 
ober zu verpfänden. Da Wladiſlaw feit feiner Wahl zum 
Könige von Ungarn meift außer Landes Iebte und nur noch 
jelten nach Böhmen kam, jo fonnte fich die Herrichaft bes 
Adels in dieſem Reiche ungebemmt befeftigen. 

Natürlich zeigte fich die Exrklufivität des böhmiſchen Adels 
auch in anderen Verfügungen. Nach unten wie nach außen 
juchten ſich die Herren abzufchliegen. Einem Ausländer follte 
niemand feine Güter ohne Bewilligung des Könige abtreten 
dürfen, dieſer aber nur mit Zuftimmung des Landtages feine 
Genehmigung erteilen. Wer bagegen handelte, follte ehrlos 
jein und aus dem Lande verwiefen, das Gut dem Ausländer 
weggenommen und zum allgemeinen Beſten konfisziert werben. 


Es entiprang teilmeife demſelben Geifte und nicht bloß dem 


Streben nad, größerer Deutlichkeit, wenn in Mähren 1480, 
in Böhmen 1495 „für ewige Zeiten“ bejchloffen wurde, daß 
alle Eintragungen in die Landtafel und in die damit in Der- 
bindung ftehenden Bücher nur noch in Sechifcher Sprache follten 
jtattfinden dürfen. 

Die unbeſchränkte Herrichaft einer ausfchlieglich Zechiichen 
Ariftofratie mit einem machtlofen König an ber Spige und 
mit gefügigen Bürgern und gefnechteten Bauern unter fich, das 
war das Ideal der böhmischen Adeligen gewefen, und dieſes 
Ideal Hatten fie im Verlaufe der Regierung Wladiflaws II. 
faft vollftändig vealifiert. 

Den Ungarn war die Schwäche Wlabiflaws natürlich nicht 
unbekannt gewejen, als fie ihn nach dem Tode des Königs 
Matthias auf ihren Thron beriefen, ja gerabe fie dürfte ein 





Die ungarifhe Wahllapitulation von 1490. 417 


Hauptgrund geweſen fein, daß jie ihn den anderen Kandidaten 
vorzogen. Denn in welchem Geifte fie die Regierung fortan 
geleitet ſehen wollten, zeigt bie Wahllapitulation, die Wladiſlaw 
am 31. Juli 1490 nach Überfchreitung ber Grenze beftätigen 
mußte. Er veriprach alle Einwohner Ungarns bei ihren alten 
Rechten und Freiheiten zu erhalten, und unter feinem Vor⸗ 
wande zum Schaden berfelben irgendwelche Neuerungen ein- 
zuführen, „wie das König Matthias getban hatte”, die durch 
diefen eingeführten aber wieder abzufchaffen. Namentlich wollte 
er nie bie Steuer von einem Gulden (Dufaten) verlangen, 
jondern ſich mit den regelmäßigen Einfünften der Töniglichen 
Kammer begnügen und die durch Matthias und deſſen Ge- 
mahlin auf unrechtmäßigem Wege in Befig genommenen Güter 
den früheren Eigentümern wieder zurüdjtellen. Er gelobte, 
größtenteild in Ungarn zu refidieren, nur Ungarn zu feinen 
Räten und Beamten zu nehmen, nur Inländern die Eirchlichen 
Würden wie bie ftaatlichen ÄAmter zu übertragen und Be- 
figungen zu verleihen und nie hemmend in die WRechtöpflege 
einzugreifen ober jemandem an feiner Perfon oder feinem Ver⸗ 
mögen zu jchaden. Er verpflichtete fich endlich, alles zu ge- 
nehmigen und zu bejtättgen, was die Prälaten und Barone bis 
zu feiner Krönung „für die Freiheit und die Ruhe des Neiches* 
beichloffen hätten ?). 

Auf dem Reichdtage, den Wladiſlaw zur Beſtätigung bes 
Friedens mit Djterreich auf den 2. Februar 1492 nah Ofen 
berufen hatte, fehritt die Reaktion gegen das Regierungsſyſtem 
bes Königs Matthias noch weiter vorwärts. Alle Neuerungen, 
bie berjelbe auf dem Gebiete des Heer- und Steuerwefens ein- 
geführt Hatte, wurden auf Verlangen der Stände wieder ab- 
geichafft und der Zuſtand wieder hergeftellt, wie ex unter den 
Königen Sigmund und Albrecht gewejen war. Statt der all- 
gemeinen &renzzölle wurde wieber der Dreißigfte mit ben zahl- 
reichen Befreiungen von bemielben, ftatt der erhöhten Grund⸗ 
ftener in Ungarn der alte „Kammergewinn“ von !/, Dukaten 


1) Corpus jur. Hungar. I, 255, au ap. Katona XVII, 46. 
Huber, Geſchichte Öfterreie. IIL 27 


418 Weitere Beſchränkungen der Gewalt des Könige. 


von jedem Bauernhofe, in Siebenbürgen ver Fünfzigfte, in 
Slavonien die Mtarderfelliteuer eingeführt. Zugleich wurbe 
ausdrücklich beftimmt, daß der König nicht das Mecht habe, zu 
einem Kriege außerhalb des Neiches ein Aufgebot zu erlafien. 
Auch bei einem Angriffe auf Ungarn felbft follten die Prälaten 
und Abeligen nur dann aufgerufen werben bürfen, wenn bie 
Söldner des Königs und die Neichswürbenträger den Feinden 
nicht gewachſen wären. ‘Die Reichsbarone oder eriten Würden⸗ 
träger, bie Herzoge Johann Corvinus und Lorenz von Ujlak, 
Stephan Zapolya, Erbgraf der Zips, die Grafen von Pöfing 
und St. Georgen, von Corbavien und die Frangepane follten 
ihr eigenes Banderium haben, von benen jedes aus 200 ſchwer⸗ 
bewaffneten und 200 leichtbewaffneten Reitern oder Hufaren, 
ein halbes Banderium aus 200 Reitern bejteben ſollte. Die 
Übrigen follten von 20 Bauernhöfen !) einen gut gerüfteten 
Reiter, von den Eovelleuten mit nur einem Gute ohne Hörige 
je 10 einen Weiter ftellen. Zugleich wurde bie Gewalt des 
Königs dadurch beichränkt, daß er ohne Zuftimmung feiner 
Barone und Prälaten nur 100 Bauern follte verfchenfen 
bürfen. Bezüglih des Palatins, „ver dem Könige gegenüber 
den Reichsbewohnern und ben Reichsbewohnern gegenüber bem 
Könige Recht zu verichaffen hat“, wurde beftimmt, daß ihn ber 
König nur nach dem Rate der Prälaten und Barone und mit 
Zuftimmung der Adeligen ernennen follte 2). Jetzt erhielt biefe 
Würde Stephan von Zapolya. 

Wladijlam II. war nicht ver Mann, den Verfall ver könig⸗ 
lihen Macht in Ungarn aufzuhalten. Die verfchiedeniten Be⸗ 
richte ftimmen darin überein, daß er von feltener Gutmütigfeit 
war, aber nicht die Eigenfchaften beſaß, die dem ungariichen 


1) Nach einem Reichstagsbeſchluſſe von 1498, 8 16, nur noch von 
36 Höfen. 

2) Corp. jur. Hung. I, 257, au ap. Katona XVII, 339sqgq. 
Bon den 108 Artikeln, von denen übrigens manche beſonders auf bem 
Gebiete der Yuftizpflege auch wirkliche Verbeflerungen enthielten, fommen 
für die oben angeführten Beftimmungen bie SS 9, 18—21, 26, 27 und 
33 in Betradt. 


420 Traurige Finanzzuftände in Ungarn. 


nahme von Alter und Kränklichleit wurbe er träge, gleichgültig 
gegen das Geinige und verfchiwenderifch, nicht aus freiem 
Willen, fondern durch die Zudringlichkeit derjenigen, bie ihn 
mit ungerechten Bitten beftürmten und die er nur auf dieſe 
Weiſe loswerden Tonnte. Auch ein böhmifcher Edelmann von 
hohem Anjeben und großer Einfiht, Wilhelm von Pernftein, 
bat über Wladiſlaw defien Sohne geichrieben: „Der veritorbene 
König Hat fich durch feine Güte in dieſen Königreichen vielfach 
gejchadet; denn wer ausbauernd etwas von Sr. Gn. verlangte, 
erhielt alles“ ?). 

Gerade die legte Eigenichaft Wladiſſapws wurde von ven 
eigennüßigen Großen in der gewiſſenloſeſten Weiſe ausgebeutet. 
Nicht nur ließen fie fich Gehalte zahlen, die für jene Zeit un— 
verhältnismäßig hoch waren, wie denn 3. B. Stephan Zapolya 
als Palatin jährlih 6000, ale Hüter der Krone und ber 
Burg von Vilfegrad 1000, für die Hut der Burg Saros 
2000 Dukaten bezog, Johann Corvinus ald Ban von Kroatien 
einen Gehalt von 10000, der Woywode von Siebenbürgen, 
der auch die Verpflichtung hatte, 200 Mann zu unterhalten, 
von 12000, der Schatmeijter von 4000 Dulaten Hatte. Die 
Magnaten und Prälaten, der Balatin voran, erwirkten auch, 
wenn eine allgemeine Neichöftener beichloffen ward, vom Könige 
für ihre Unterthanen und Diener Befreiung von berjelben, 
und Tießen fich trogdem, falls fie etwa einmal bei einer be- 
fonderen Feierlichkeit größeren Aufwand machten, vom Könige 
zur Vergütung bedeutende Summen zahlen oder auch unter 
anderen Vorwänden Gejchenfe machen. Kein Wunder, daß bie 
Einfünfte nie ausreichten, daß man ben Kommandanten ber 
Grenzfejtungen den Solo für ihre Soldaten nicht ſchicken konnte, 
daß ſelbſt Stalltnechte und Kutjcher jahrelang auf ihren Lohn 
warten mußten, und daß troßdem der König fich genötigt 
jah, ſchon im Jahre 1494 mit Zuftimmung der Magnaten 
von jedem Bauerngute eine Steuer von einem Dukaten ein- 


1) Bei Palady V,1, 342. Bgl. ebd. V,2, 339, N. 252, ein ähn- 
liches Schreiben Heinrichs von Nofenberg. 








Erxbitterung bes niederen Adels gegen die Hofpartei. 421 


zufordern, was in der letten Zeit des Königs Matthias Negel 
gewejen, aber in Wladiſſaws Wahllapitulation ausdrüdlich ver⸗ 
boten worden war. Da die vornehmften Prälaten und Mag⸗ 
naten ihre Leute befreien ließen oder die Steuer fonft nicht 
zahlten, und ihr Beiſpiel auch bei vielen Edelleuten Nach» 
abmung fand, jo brachte die Steuer freilich ftatt ungefähr 
200090 Dulaten nur die Hälfte diefer Summe ein, wozu 
bann noch die Gelder fommen, die man nach einem willlür- 
lihen Anjage den Städten, den Stiebenbürger Sachen und den 
Juden auferlegte ). Da dies bei weiten nicht genügte, um 
bie Bebdürfnijfe des Staates und Hofes zu befriedigen, jo ver» 
langte man fchon im Yahre 1495 vom Neichstage die Ber 
willigung der gleichen Steuer. 

Der zunehmende Drud der Steuern, welche die geiftlichen 
und weltlichen Großen nicht zahlten oder auch für fich einhoben, 
rief eine große Erbitterung des niederen Adels gegen die Hofr 
partei hervor, deren Häupter der Palatin Stephan Zapolha, 
der Kanzler Thomas Balacs, ein ränkejüchtiger Egoift, der 
ih aus niederem Stande zum Biſchofe von Raab, dann von 
Erlau und endlich zum Erzbiichofe von Gran aufſchwang, und 
einige andere Biichöfe waren. Schon auf dem Neichötage von 
1495 kam dieſer Gegenfag zum Ausbruce. ‘Die Adeligen 


1) Sehr interefjante Auffchlüffe über die Einnahmen und Ausgaben der 
Jahre 1494 und 1495 giebt das Registrum omnium proventuum re- 
galium . . . . per rev. dom... ... episcopum Quinqueecclesiensem 
thesaurarium regie majestatis ..... . perceptorum, das Engel in 
feiner Geſchichte der ungarifchen Nebenländer (Fortſetzung der Allgem. 
Weltbiftorie, 49. Teil, I, 17— 181) verdffentliht hat. Bgl. die von 
Kovachich, Suppl. ad Vestigia comit. II, 305—321 mitgeteilten 
Boranfhläge von 1504 und einem andern Jahr befonders die Ausgaben 
für die Hut ber Grenzgebiete und Feſtungen betreffend. Giuftinian giebt 
in feiner Relation von 1503 bie regelmäßigen Einnahmen bes Königs 
(ohne die Thorfteuer) gewiß zu Hoch auf 220000 Dulaten an, barunter 
von Salzbergwerlen 50000, von drei Gold⸗ oder Silberbergwerten 39000. 
In der Ietsten Seit Wladiflaws waren bie Einnahmen nad der Relation 
Surianos vom Jahre 1516 (Magyar törtenelmi tar XXV, 53) fehr be= 
deutend gefunten, wenn auch die Gefamtfumme, 141000 Dukaten, nad 
ben Einzelangaben zu Klein ift. 


422 Klagen über Unterfchleife. 


weigerten fich, eine höhere Steuer zu zahlen, als in der Wahl⸗ 
fapitulation Wladiſlaws fejtgefegt worden war, bonnerten gegen 
die Großen, welche die Steuergelder in ihren Sad jtedten und 
die Freiheiten bes Adels beeinträchtigten, und verlangten Re⸗ 
formen. Die DMagnaten ergriffen den jchlauen Ausweg, daß 
fie zwei Bifchöfe und die Protonotare mit der Ausarbeitung 
neuer Geſetze beauftragten, wa® jo lange Zeit in Anſpruch 
nahm, daß die meiften Adeligen, welche die Koften des Aufent- 
baltes in Ofen nicht mehr zu bejtreiten vermochten, die Haupt» 
ftabt verließen. Die zurücbleibenden, teilweife von den Großen 
beftochen, ließen fich dann leicht zur Bewilligung der verlangten 
Steuer bewegen, worauf der Reichstag auf den Oktober ver» 
tagt wurbe ?). 

Als nad) jeinem Wiederzufammentritt im Jahre 1496 der 
Adel neuerdings feine Klagen über den Steuerbrud erhob und 
behauptete, man habe in fech8 Jahren fchon 1800000 Dur 
faten gezahlt, opferte man dem Haſſe desfelben den Schaß- 
meilter Sigismund Ernft, Biſchof von Fünflirchen, und deſſen 
Unterfchagmeifter Dombay. Beide wurden von einer Kom⸗ 
milfion des Unterſchleifes ſchuldig erklärt, erjterer zu einer 
Geldftrafe von 400000 Dufaten verurteilt, Dombah, ber 
nicht in der Lage war, durch eine hohe Summe fich loszu⸗ 
faufen, in den Kerker geworfen ?). 

Daß die unbotmäßigen Magnaten die Schwäche des Könige 
zu Übergriffen und Gemwaltthaten benugten, daß jede Sicherheit 
verihwand, kann nicht Wunder nehmen. Aber daß Stephan 





1) Bonfinii Dec. V, 1. 5, p. 572g. 

2) Mit diefer Nachricht fchließt Leider das Werk des Bonfiniuß, 
der für die erften Jahre Wlabiflams II. reichhaltige und im ganzen ver=- 
läßliche Nachrichten bat. Das früher erwähnte Registrum proventuum 
regalium giebt übrigens feine Anhaltspunkte für die Behauptung, daß 
größere Summen veruntreut worben feien. Aber wie beftechlich der Biſchof 
von Fünftichen und Thomas Balacs waren, ergiebt fih aus der Klage 
bes Johann Eorvinus von 1498, im Cod. dipl. patrius IV, 439, daß 
er biefen beiden Bifchöfen an Pretiofen und SHerrichaften mehr als 
100 000 Dutaten gegeben babe, damit fie ihn im Befite der Woywoden⸗ 
würde über Kroatien und Slavonien immer zu erhalten verfpracen. 


Gewalttbaten der Magnaten. 423 


Zapolya, der als Palatin nad dem Könige der oberjte Hüter 
des Rechtes war, es jeinen Standesgenoſſen in diefer Beziehung 
noch zuvortbat und dem Johann Corvinus außer andern 
Gütern durch eine förmliche Belagerung eine Burg entriß !), 
zeugt doch von einem bejonderen Verfall der moralijhen und 
politiihen Anjchauungen. Um die Befehle des Königs küm⸗ 
merte er fich jo wenig wie andere. Daß Wladiſlaw ſich ein- 
mal ermannte und gegen den ftolzen Lorenz von Ujlak, welcher 
den Biichöfen des füdlichen Ungarns Burgen und Güter weg» 
genommen batte, wie gegen deſſen Genoſſen Lorenz Kishors 
vaͤthy und den Sohanniterprior von Vrana im Jahre 1494 
einen förmlichen Feldzug unternahm, ihm die meiften jeiner 
Burgen wegnahm und ihn zur Unterwerfung zwang, war eine 
Ausnahme und wird dadurch erklärt, daß Ujlaky fich gegen 
ihn immer beſonders widerjpenftig gezeigt hatte und ihn einen 
Ochſen zu nennen pflegte, und daß er von den zahlreichen und 
mächtigen Feinden desſelben angejtachelt und eifrig unterjtüßt 
wurde. Und fchließlich gab er ihm doch feine Güter unter 
der nad dem Geſetze jelbitverftänplichen Bedingung zurüd, 
daß fie, wenn er ohne Kinder mit Tod abginge, an den Staat 
fallen ſollten ?). 

Dei dem zunehmenden Verfalle Ungarns war es ein Glück, 
daß auf dem türkiichen Throne ſeit 1481 der rubeliebende 
Bajeſid II. faß, der bei feinen Kämpfen mit den afiatiichen 
Fürſten und teilweife auch mit Venedig nicht auch noch einen 
ihweren Kampf mit Ungarn führen wollte. | 

Als der noch von Matthias geichloffene Waffenſtillſtand im 
Jahre 1491 fein Ende erreichte, unternahmen allerdings bie 
Statthalter der türkiichen Grenzprovinzen räuberiiche Einfälle 
in die benachbarten ungariichen Gebiete, einerjeitd ind Banat, 
wo fie Temesvar verbrannten, anderſeits nach Kroatien, von 
wo eine Schar nah Mitte des September nach dem ſüdöſt⸗ 


1) Bonfinii Dec. V, 1.3, p. 557sg. 
2) Ibid. 1. 4, p. 566 sqq. Tubero ap. Schwandtner II, 203. 
Bol. Sinfiniens Relation a. a. O. 


421 Grenzfehden zmwifchen ten Türken und Ungarn. 


lichen Rrain bis in die Nähe von Laibach torbrang. Doch 
wurde dieſe Abteilung von den kraineriſchen Bauern unter An 
führung einiger Edelleute überfallen und großenteil® erjchlagen. 
Auch die in Kroatien eingebrungenen erlitten an der Unna 
eine Niederlage und verloren an Toten und Gefangenen bei 
3000 Mann 1). 

Im Jahre 1492 beabſichtigte der Sultan ſelbſt mit einem 
großen Heere Ungarn anzugreifen. Als er aber erfuhr, daß 
der Thronkampf durch die Friedensſchlüſſe mit Maximilian und 
Albert von Polen beendet und daß umfaſſende Verteidigungs⸗ 
maßregeln getroffen worden ſeien, zog er wieder nachhauſe. 

Die Verteidigung der ſüdöſtlichen Grenzgebiete leitete mit 
Erfolg hauptſächlich Paul Kinizſi, „Graf von Temesvar und 
Generalhauptmann von Niederungarn”, ber mit ben Türken 
in Beziehung auf wilde Grauſamkeit wetteiferte.e Er Tieß 
:ürtiiche Gefangene an Mühlräder binden oder jchinden, andere 
bei langlamem Teuer braten oder mit auf den Rüden gebun⸗ 
benen Händen den Schweinen zum Fraße vorwerfen ?). Kinizfi 
beraubte ſich übrigens jelbft der beften Krieger, indem er bie 
in Szegebin lagernde fchwarze Legion, welche fich wegen Nicht- 
zahlung des Soldes verichievene Gewalttbaten zuichulden kommen 
ließ, im Auguft 1492 mit Soldaten und raſch gefammelten 
Bauern und Bürgern unvermutet überftel und nach vergeblicher 
Gegenwehr zur Ergebung zwang, worauf das Corps aufgelöft 
und in verſchiedene Truppenabteilungen geftedt wurde, joweit 
die Böhmen nicht vorzogen, das Land zu verlajfen und rad 
Dfterreih und Mähren zu ziehen °). 

Während nun im Sommer des folgenden Jahres der 
ungarifhe Kanzler mit dem Könige Marimilten, der jeine 
Unterftügung gegen die Türken anbot, über die Bedingungen 
eines Bundesvertrages unterhandelte und man fi) tarüber 
jtritt, welcher von beiden Zeilen den Oberbefehl erhalten 


1) Bonfinii Dee. V, 1. 2, p. 547. 550. Unresti Chron. Austr., 
p. 7508q. VBgl. Dimitz, Geſch. Krains I, 295f. 

2) Bonfinius 1. c, p. 551, und lib. 3. p. 552—554. 

3) Bonfinius 1. c, p. 5ö3sqg. Tubero, p. 184sqq. 





Niederlage der Kroaten. 425 


ſollte ?), fiel Jakub Paſcha von Bosnien her mit 8000 Dann 
duch Kroatien in Südſteiermark ein und plünberte die Gegend 
von Cilli bis gegen Marburg vollftändig aus. Als er, ba 
beutiche Truppen fich gegen ihn jammelten, mit Beute und 
Gefangenen beladen nachhaufe zog, verlegte ihm der Ban von 
Kroatien, Emerich Derenc’önyi, an der Spike der Kroaten 
bet Ubdina im Gebiete von Corbavien ven Weg, wurde aber 
von ven beijer bewaffneten Türfen vollitändig geichlagen. 5700 
Chriſten, darunter der Sohn und Bruder des Bans, ein 
Graf Frangepane, ein Graf von Corbavien und andere 
Edelleute bevedten das Schlachtfeld, Derencſenyi felbit mit 
einem andern Frangepane war unter ben Gefangenen ?). Als 
König Marimilian in der zweiten Hälfte des Oftober mit 
einem Heere nach Steiermart fam, war die nächite Gefahr 
vorüber, und er begnügte fich mit einer jtärferen Belegung der 
Örenzgebiete, von wo aus im Notfalle auch den Kroaten Hilfe 
geleiftet werben follte. | 

Wie wenig dies aber ausreichte, wie ungeeignet überhaupt bie 
\chwerfälligen beutfchen Krieger zum Schuge des offenen Landes 
gegen die raſchen türkiichen Weiter waren, zeigte fich ſchon im 
Herbfte des folgenden Jahres, wo die wilden Horden nad 
Überfehreitung der untern Save neuerdings Slavonien, Kroatien 


1) Ulmann, 8. Maximilian I, 207 ff. 

2) Tubero, p. 200. Bonfinii Dec. V, lib. 3, p. 554sqgq., nad 
welchem Jakub Pafcha durch Bernardin Frangepane gerufen worden wäre, 
dem der Ban nah Wegnahme mehrerer Schlöſſer auch Brebir entreißen 
wollte, wa8 aber nicht ganz wahrfcheinlich ift, da in diefem Kalle Jakub 
Paſcha ſchwerlich Kroatien ruhig durchzogen und fih nad Steiermart 
gewendet hätte. Auch der Tag, den Bonfin für die Schlacht bei Ubdina 
angiebt, 9. September, kann nicht richtig fein, wenn K. Marimilian ſchon 
am 8. September in Tirol von der Niederlage der Chriſten Nachricht hat, 
wie fih aus Lihnomsty VII, Reg. Nr. 1981, ergiebt. Vgl. auch bie 
Schreiben daſ. Nr. 1980. 1994. 2000 und Unrest, p. 793sq. Be- 
züglich des Ortes halte ih mid ar Tubero, da mit dieſem Seabebbin bei 
Hammer (2. Aufl.) I, 642 übereinfiimmt. Bonfin nennt das Gebiet 
von Modrus. Daß die große Niederlage, welche die Türken 1493 bei 
Billach erlitten Haben follen, eine Erfindung Megifers ift, Braucht wohl 
nicht weiter auseinander geſetzt zu werben. ' 


426 Abſchluß eines Waffenſtillſtandes. 


und die anſtoßenden Gebiete von Krain und Steiermark bis 
Cilli und Pettau durchſchwärmten, viele Ortſchaften nieder⸗ 
brannten und zahlreiche Bewohner, darunter den Prior des 
Kloſters Seitz hinwegſchleppten, ohne daß die Beſatzungen der 
benachbarten Städte und Burgen ihre Gewaltthaten zu hindern 
vermochten 1). 

Auch vonfeite der Ungarn war nichts zur Abwehr ges 
icheben. Doch unternahm Rinisfi, obwohl ihn ein Schlagfluß 
bereit8 der Sprache beraubt hatte, mit dem fiebenbürgifchen 
Woywoden Draͤgſy im Dftober 1494 mit 14000 Reitern 
einen Streifzug nach Serbien, durchjtreifte zwei Wochen lang, 
ohne Widerftand zu finden, das Land bis zu den Bergen, ver» 
brannte die Vorſtädte von Semendria und brachte reiche 
Beute an Menſchen und Vieh nachhauſe. Die von ihm be- 
antragte Belagerung von Semenbria unterblieb fchon wegen 
des Todes des alten Haudegens ?). Doc jcheint immerhin 
diefer Zug auf den Sultan nicht ohne Eindruck geblieben zu 
jein, indem er im folgenden Jahre eine zehnjährige Waffen- 
rube anbot. Diejelbe wurde auf drei Jahre abgefchlofjen 3), 
wobet die Pforte fich verpflichtete, alle Streifzüge in ungartiche 
Gebiete und durch dieſe in die öfterreichiichen Länder zu unter» 
laſſen. 

Dieſe Bedingung wurde freilich nicht eingehalten und auch 
während des Waffenſtillſtandes die ungariſchen Grenzgebiete 
ebenſo wie Krain und andere benachbarte Länder durch kleinere 
Reiterſcharen verheert und ausgeplündert ). Da auch Polen 
durch Türken und Tataren mit gleicher Wut heimgeſucht ward, 
jo ſchloß Wladiſlaw mit ſeinem Bruder, dem Könige Albert, 
am 20. Juli 1498 ein Bündnis, das am 16. April des 
folgenden Jahres erneuert ward und namentlich jeden Separate 


1) Unrest, p. 794sq. gl. Bonfinii Dec. V, 1. 4, p. 568. 

2) Bonfinius 1. c., p. 53648q. Über einen im Frühjahr unter- 
nommenen glüdlihen Streifzug nad Serbien ſ. ibid. 1. 3, p. 559. 

3) Ibid. 1. 5, p. 571. 

4) ©. die Klagen K. Wladiflams in der Inftruftion für den 1498 (?) 
an den Sultan abgeſchickten Gefandten ap. Katona XVII, 39—53. 


Bündnis mit Venedig und dem Papſte. 427 


frieden unterjagte. Doch Hinderte dies die Ungarn nicht, kurz 
darauf den Waffenjtillitand mit der Pforte neuerdings zu ver 
längern !) und ruhig zuzufehen, wie die Türken, nachdem fie 
nun den Krieg gegen Venedig begonnen hatten, im Herbſte 
1499 durch Kroatien in Friaul einfielen. 

Im Orient hart bebrängt, im Befige der dalmatiniſchen 
Küſtenſtädte gefährdet, juchte die wenetianische Regierung ben 
König von Ungarn zu einem Angriffe auf die Türken zu be 
wegen. Ihre Bemühungen wurden auch durch den Papit 
Alerander VI. unterjtügt, welcher die Ungarn durch die Auss 
jicht auf eine Koalition fait aller chriftlichen Mächte zu er» 
mutigen bejtrebt war. Während die ungariichen Prälaten gegen 
den Krieg waren, von dem fie nur Steuern erwarteten, zeigten 
jich die weltlichen Großen einem folchen an fich nicht abgeneigt. 
Aber bet der Lage ihrer Finanzen glaubten auch fie ohne be- 
deutende Subſidien einen folchen nicht führen zu fünnen. Mit 
den Berfprechungen des Bapftes, der dem Könige bie Erträg- 
nifje des Subiläumsablaffes, der Zehnten von den ungarifchen 
Kirchengütern und einer Kreuzzugsjteuer anbot, wollten fie 
jih nicht begnügen, weil die Einnahmen davon zu unficher 
idhtenen oder nur auf ihre Schultern gefallen wären. „In 
Ungarn ift das Jubiläum wenig geichätt“,, fchrieben die vene- 
tianiichen Gefandten 2). Venedig jelbjt, fuchte von den Forde- 
rungen Ungarns möglichit viel herunterzuhandeln. Es dauerte 
daher über ein Jahr, bis man zu einem Ergebnifje fam, ob» 
wohl der Graner Erzbiichof Thomas, „der zweite König“, wie 
ihn die venetianiichen Gejandten nennen ?), dieſe eifrig unter» 
jtügte, um durch Verwendung der Signoria den Kardinalshut 
zu erlangen. Erſt am 13. Mai 1501 wurde zwilchen bem 


1) Auf zwei Sabre nach Tubero, p. 236, wa8 mit einer Bemerkung 
Giuftinians bei Sanuto III, 1177 und 1315, daß derſelbe mit dem 
24. Februar 1501 zu Ende gebe, freilich nicht ganz übereinfiimmt. Die 
Zeit des Abfchluffes läßt fih nicht genau angeben, da die Nachrichten, 
die Sanuto regiftriert, ſich widerſprechen. 

2) Sanuto III, 702, di Hongaria 22. Auguft 1500. 

3) Sanuto III, 239. 


428 Erfolge der Ungarn gegenüber den Türken. 


Papite, Venedig und dem Könige Wladillam ein Bündnis ab⸗ 
gefchlojfen. Der Bapft veriprah für die Dauer des Krieges 
jährlich 40000, Venedig 100000 Dulaten zu zahlen und Die 
Zürlen zur See anzugreifen, während die Ungarn den Rampf 
zu Lande führen follten '), 

Die Streitkräfte, welche Ungarn an der Grenze von Bos⸗ 
nien und Serbien aufitellte, waren freilich troß biefer Sub- 
fivien nicht bedeutend, und man dachte auch an feinen ernftlichen 
Eroberungstrieg, obwohl die Verhältniffe nicht ungünftig geweſen 
wären, da die Hauptmacht der Türken im Peloponnes ftand, 
wo fie den DVenetianern mehrere Küftenftäbte entriffen Hatte. 
Es waren nur Raubzüge im großen Stile, die man unter» 
nahm. Joſa von Som, Kinizfis Nachfolger im Kommando 
in Niederungarn, drang im Oktober 1501, um einen Einfall 
ber Türken zu rächen, mit ungefähr 14000 Mann von Bel: 
grad aus in Serbien ein, plünderte und verbrannte die fpär- 
lihen Dörfer, pfählte und röftete die Einwohner, fchlug ein 
paar türkiiche Heerhaufen, bie jich ihm entgegenjtellten, und 
nahm 1000 Mann gefangen ?). Umgekehrt wurde ein türfifches 
Corps, das in Kroatien einftel, vom dortigen Woywoden 
Johann Eorvinus befiegt ?). Im folgenden Sommer begann 
ber Sohn des Iskender Paſcha, Statthalters in Bosnien, mit 
10000 Dann die Belagerung von Jaicza, wurde aber von 
Johann Tarczat, der unter dem Schuge von 4500 Dann die 
Feſtung zu verproviantieren fuchte, am 2. und 3. Juli mit 
einem Berlufte von 1000 Toten und 400 Gefangenen ge= 


1) Die Verhandlungen nad den bei Sanuto III, 235. 239. 287. 
316. 356. 365. 371. 375. 381. 398. 400. 469. 509. 512. 566. 586. 
596. 701. 791. 867. 868. 881. 929. 957. 980-984. 985. 1009. 1055. 
1102. 1158. 1177. 1207. 1245. 1315. 1320. 1452sq. 1478 — 1480. 
1535—1538. 1549—1551. 1599. 1603. 1611. 1621 und IV, 41 ge= 
fammelten Depefchen di Hongaria etc. Bgl. Giuftinians Relation 
a. a. O. 

2) Nah Schreiben Giuſtinians vom 13. und 24. Oktober und vom 
13. und 19. November bei Sanuto IV, 172. 179 und 187, und Giu- 
ffintans Relation von 1503. 

3) Sanuto IV, 177. 





Abſchluß einer fiebenjährigen Waffenrube. 429 


ichlagen 1). Im Herbjte 1502 eroberte Graf Beter von Pöſing, 
Woywode von Siebenbürgen, Widdin und joll bi8 unter bie 
Deauern von Nilopolis vorgedrungen fein. Doc wurde nicht 
einmal Widdin zu behaupten gejucht, obwohl dies eine Vor⸗ 
mauer für das Zewriner Banat gebildet hätte 2). Anderſeits 
griff Sofa von Som Bosnien von Norbojten her an, während 
Corvin mit feinen Zruppen in Yateza jtand. Vereint hatten 
fie ein Heer von 20000 Mann. Bei der Schwäche ber in 
diefem Lande befindlichen türkiichen Zruppen erwartete man 
große Erfolge und war mit Recht ſehr enttäujcht, daß Som 
fih auf den Wiederaufbau einiger von den Türken zerftörten 
Burgen bejchränfte >). 

So gering indefjen auch die Energie war, mit ber bie 
Ungarn den Krieg führten, fo hatte ihr Eingreifen doch vie 
Folge gehabt, daß der Sultan, da auch fein Verhältnis zu 
Perfien ein ſehr gejpanntes ward und die Flotten der chrift- 
lichen Seemächte die Küſten des Ägäiſchen Meeres beunrubigten, 
Ion im Sommer 1502 Frievensanträge machte. Sowohl 
Benedig als auch Ungarn gingen auf die Verhandlungen ein. 
Während aber erſteres einen dauernden Frieden fchloß, ließ fich 
Ungarn nur zu einem Waffenftillftand auf fieben Jahre herbei, 
der Anfangs 1503 vereinbart und am 20. Auguft vom Könige 


1) Ibid. IV, 284 nah Beriht vom 9. Iuli, beftätigt durch einen 
Beriht vom gleichen Tage (aber fälfchlich von 1503) bei Palacky V,2, 
60, N. 36. Es ift dies offenbar derſelbe Sieg, den Istvanfi, Hist. 
de rebus Hung., 1. IV, p. 30, dem Johann Corvinus zuſchreibt und ben 
die neueren Hiftorifer ins Jahr 1500 verlegen, wo ja der Waffenftillftand 
noch fortdauerte. Es ift überhaupt ein Fehler, wenn man Iſtvaͤnfi, der 
ein volles Jahrhundert ſpäter gefehrieben hat und auch mit feinen Vorlagen 
fehr willtürlich verfahren if, für dieſe Zeit als verläßliche Onelle benützt. 

2) Sanuto IV, 373, nad Briefen aus Ofen vom 83. bis 11. Oft. 
Das Borbringen bis Nilopolis berichtet Iſtvaͤnfi, der aber allem Anfcheine 
nad irrig auch bei biefer Expedition den Johann Eorvinus beteiligt fein 
läßt. 

3) Dürftige Notizen bei Sanuto IV, 449. 4718q. 493. 494. 502. 
563. 570 619, von 1502, Nov. 15. bis 1503, Sanuar 9. Bgl. Gin- 
ftinians Relation von 1503. 


450 Finanznot und Verſchwendung des Könige. 


Wladiſlaw ratifiziert ward '). Nicht bloß die Woywoden ber 
Walachei und Moldau und bie Stadt Raguja, über die Ungarn 
troß ihrer Tributpflichtigfeitt an die Pforte noch immer bie 
Oberhoheit beanjpruchte, ſondern alle chriftlichen Mächte, vie 
ihren Beitritt erklären wollten, wurden in den Vertrag ein⸗ 
geichlojfen. Den Türken wurde ausdrücklich unterfagt, durch 
Ungarn in andere chriftliche Länder Einfälle zu unternehmen. 
Obwohl Ungarn diefen Krieg, wenn auch ohne große Er» 
folge, jo doch im ganzen mit Ehren geführt Hatte, jo waren 
doch die Folgen feine günftigen. Trotz ber Subfidien Venedigs 
und des Papftes hatte der König zur Beftreitung der Koften 
manche feiner Einkünfte verpfänden müſſen?) welche die Finanz- 
not in der nächiten Zeit noch vergrößerten. Wladillaw trug 
diefen Verhältniffen zu wenig Rechnung; und wenn er auch 
perjönlich ohne große Bebürfniffe war, da er nur ein leivenichaft- 
licher Liebhaber der Jagd gewefen zu fein jcheint, jo warf er für 
feine Gemahlin Anna von Candale, eine Verwandte des fran«- 
zöfifchen Königs, die er 1502 geheiratet hatte, das Gelb mit 
vollen Händen weg. Wenn er unmittelbar nach dem Kriege 
verjelben in Genua ein Halsband um 6000 Dukaten kaufen 
ließ und ihr wenig fpäter wieder SKleinodien im Werte von 
mehr als 20000 Dulaten fchenkte®), fo ließ fich dies um fo 
weniger rechtfertigen, als man in der Kaffe ftäte Ebbe hatte 
und die DVenetianer, die auch nach Beendigung des Krieges an 
Ungarn jährlich eine Unterftügung von 30 000 Dukaten zahlten, 
immer um Vorſchüſſe bejtürmen mußte. Auch entſprach es 
gewiß nicht der Würde des Staates, daß die Königin ber 
Republik, deren Tochter fie fich mit Vorliebe nannte, den 
Wunſch nach einer jährlichen Provifion ausfprechen ließ *). 
Der König verlor bei den friegeriihen Ungarn auch des⸗ 
wegen alle Achtung, weil er während des letzten Türkenkrieges 


1) Vollſtändig in „Magyar törtenelmi tar“ XXIV, 81. 

2) Giuftinians Relation von 1503. 

3) Sanuto V, 195 und 1052 zu 1503, Oftober 23., und 1504, 
März 28., nach Berichten der Gefchäftsträger Venedigs in Ungarn. 

4) Ibid. V, 823 zu 1504, Februar 7. 





Reichstagsbeichluß gegen Erhebung eines Ausländers auf den Thron. 481 


nie zu bewegen gewejen war, fich jelbft an die Spike eines 
Heeres zu ftellen. Im Gegenſatze zu Wladiſlaw ftrahlte nun 
das Bild des Königs Meatthiad in erhöhtem Glanze. Man 
ſcheute fih auch gar nicht, dies den König fühlen zu laſſen, 
alle Übeljtände ihm allein, und nicht feinen Ratgebern zur 
Laſt zu legen. Es war der höchſte Grad von NRüdfichtslofig- 
feit, wenn der Reichstag im Oktober 1505 feine Beichlüfjfe ?) 
mit den Worten einleitete, daß der gegenwärtige, Verfall Un- 
garnd davon berfomme, weil es oft von fremden Königen re- 
giert worden fei, die nur auf ihre Privatinterejjen bedacht, fich 
immer mehr der Unthätigleit und der Ruhe ald dem Kriege 
bingegeben haben. Die eingeftreute Bemerkung, daß Wladiſlaw 
die Ungarn nicht nur gnädig und nach ihren Freiheiten rvegiere, 
ja manche derfelben erneuert habe, fonnte dem Stachel, der in 
biefen Worten lag, feine Schärfe nicht nehmen. Infolge deſſen 
faßten die Stände einjtimmig den Beichluß, daß fie, falls Wla- 
billaw oder ein [päterer König ohne männliche Erben mit Tod 
abginge, nie einen Ausländer, fondern nur einen Ungarn zum 
Könige wählen und jeden fremden Fürſten, der dieſes Reich, 
oder einen Zeil desſelben an fich zu reißen juchte, einhellig 
Widerſtand leijten würben. 

Die nächſte Veranlafjung zu diefem Beichluffe war ohne 
Zweifel Wladiflams jchlechter Geſundheitszuſtand. Schon am 
10. Sanuar 1504 war er während des Eſſens von einem 
leichten Schlaganfalle getroffen worden, der ihm vorübergehend 
die rechte Seite und Zunge gelähmt hatte. Die Anfälle hatten 
ih im Juni und im Oktober 1504 erneuert ?). Starb der 
König, dem jeine Gemahlin bisher nur eine Tochter Namens 
Anna geboren hatte, ohne männliche Nachkommen, jo fiel Un- 
garn nah dem Predburger Frieden von 1491 an Marimis 
lian von Ofterreih. Aber wie diefe Beitimmung ſchon beim 
Abfchluffe des Friedens in Ungarn einen ungebeuren Sturm 


1) ap. Katona XVII, 425—435. 

2) Sanuto V, 766—769. 828—830; VI, 36. 83, nach Berichten 
des venetianifchen Gefhäftsträgers, und vom Oftober nad Berichten aus 
Capodiftria und Beglia. 


—X 


432 Streben Johann Zapolyas nach der Krone. 


hervorgerufen batte, jo hatten ſich die Stände kurz darauf ent- 
ichloffen gezeigt, fich um diejelbe gar nicht zu Fünmern. Be— 
reits im Jahre 1498 hatte der Reichstag den Beichluß gefaßt, 
daß, wenn der König ohne Erben ftürbe, Fein fremder Gejanbter 
zu den Verhandlungen über die Neuwahl zugelajjen werben 
ſollte *), und damit die Abficht angedeutet, alle Ausländer vom 
Throne fernzußalten. Jetzt gab es zwar unter ben welt⸗ 
Iihen Großen feinen, ber durch jeine Stellung und jein An- 
jeben von vornherein zur Herrichaft berufen erichienen wäre, 
da der Woywode Stephan Baͤthory 1492, der Palatin Stephan 
BZapolya 1499, Johann Corvinus im Dftober 1504 geftorben 
waren. Aber Zapolya hatte von jeiner Gemahlin, der Her- 
zogin Hedwig von Zeichen, als Erben feines Namens und feiner 
Neichtümer zwei Söhne, Johann und Georg Binterlafien, von 
denen der ältere, obwohl noch kaum vollftändig erwachien, an⸗ 
getrieben von jeiner ehrgeizigen Mutter 2), feine Augen auf bie 
Krone des heiligen Stephan zu richten begann, die feinem Un—⸗ 
garn mehr unerreichbar fjchien, fett der Sohn Johann Hunyadys 
fie getragen hatte. Seine Beitrebungen wurden von denjenigen, 
welche gegen die Herrichaft Maximilians wie überhaupt jedes 
Ausländers waren, wenn nicht veranlaßt, jedenfalls unterjtüßt. 
Schon Anfangs Juni 1505, wo ein Reichstag gehalten wurde, 
ſcheint Johann Zapolya verlangt zu haben, daß ihm Die zwei⸗ 
jährige Prinzeſſin Anna zur Ehe gegeben und er als Nach 
folger Wladiſſaws auf dem Throne anerkannt werde. Da aber 
ver König, beeinflußt von feiner energiichen Gemahlin, die nicht 
einen Emporlömmtling, jondern einen der Enkel des deutſchen 
Königs zum Schwiegerſohn haben wollte, dieſe Forderung abfchlug, 
jo fam c8 zwilchen Zapolya und der Königin zu einem offenen Zer⸗ 
würfnifje, und man befürchtete fogar Wladijlaws Vertreibung ?). 

1) Artitel 45 ap. Katona XVIII, 137. 

2) Dies fagt Sigmund von Herberftein in feiner Selbftbiographie 
in „F. R. Austr. SS.“ I, 103. Zapolyas Alter giebt der venetianifche 
Geſandte Suriano 1516 auf 28 Jahre, deſſen Nachfolger Bon 1519 auf 
34 Sabre an. Magyar törtenelmi tar XXV, 55. 154. Bgl. Mon. 
Hung. Dipl. V, 140. 

3) Dies wird bei der an den deutſchen Reichstag geftellten Forderung 





Vorläufige Bertagung biefer Pläne. 433 


Dazu ift ed nun allerdings nicht gefommen. Denn auf 
die Nachricht von den Vorgängen in Ungarn verlangte König 
Maximilian vom deutſchen Neichätage, der damals in Köln 
verjammelt war, Unterftügung, um Wladiſlaw und feiner Ge⸗ 
mablin beizuftehen und feine eigenen Rechte auf die Nachfolge 
in Ungarn aufrecht zu erhalten. Im der That bewilligten ihm 
diesmal die Stände auf ein Sahr 4000 Mann. Da aud in 
Böhmen zur Unterftügung des Königs das Landesaufgebot ein- 
berufen und Nüftungen unternommen wurden, jo hielt e8 Za— 
polya für Hug, vorläufig jeine Pläne zu vertagen und durch 
DBermittelung des polniichen Prinzen Sigismund, des Bruders 
Wladiſlaws, eine Ausſöhnung mit der Königin zu fuchen. Wie 
wenig er aber daran dachte, jeinen ehrgeizigen Beitrebungen 
für immer zu entjagen, zeigen die offenbar zu feinen Gunften 
im folgenden Dftober gegen die Wahl eines Ausländers ges 
faßten Beichlüffe des ungariichen Reichstages, bei welchem er 
felbft mit 2000 Reitern erjchienen war‘). Der Erzbiſchof 
Thomas von Gran, der jhon mit Stephan Zapolya befreundet 
gewejen und von dieſem zum Mitvormund jeiner Kinder 
eingejegt worden war, der Palatin Emerich Perenyi und 


8. Marimilians (bei Janſſen, Reichscorreſpondenz II, 689.) behauptet, 
und daß e8 nicht aus ber Luft gegriffen war, beweift das zugunften 
Wladiſlaws in Böhmen erlafiene Aufgebot (Balady V,2, 117). Der 
Bruch Zapolyas mit der Königin ergiebt fih aus dem Schreiben des 
böhmischen Kanzlers vom 15. Juli 1505 bei Palady a. a. O., N. 80, 
über die Wiederausfühnung. Daß Zapolya vor Ludwigs Geburt die 
Hand ber Prinzeffin Anna zu erlangen ſuchte, aber die Königin gegen 
diefe Mesalliance war, fagt ber gleichzeitige Nagufaner Tubero ap. 
'Schwandtner II, 335, und ift aud an fi wahrſcheinlich. Daß im 
Suni 1505 ein ungarifcher Reichstag abgehalten ward, ergiebt fi aus 
der allerdings gar zu lakoniſchen Notiz des Sanuto VJ, 188 zum 
19. 3uni di Hongaria: certa dissension fra quelli signori e diete si 
fa. Ebd. p. 193 zum 19. Juli, di Hongaria, piü lettere Di le dis- 
cordie di fioli fo dil conte palatino (de8 Stephan Zapolya). Einen 
genauen Einblid in den Gang der Erxeigniffe erhält man allerdings beim 
Mangel eines gleichzeitigen ungarifchen Hiftorifers nicht. 

1) Sanuto VI, 252, di Hongaria zum 4. November. 

Huber, Geſchichte Öfterreiche. II. 28 


434 Bertrag über eine Doppelheirat zwifchen Habsburgern und Iagellonen. 


andere Große ſcheinen damals noch feine Pläne unterftügt zu 
baben !). 

Allein Wladillam war mit den Tendenzen der nationalen 
Partei durchaus nicht einverjtanden und fuchte fie zu vereiteln. 
Schon um die Mitte des Dezember iſt ein ungariicher Ge- 
jandter beim Könige Martmilian in Linz, der mit ihm in ver« 
traulichſter Weiſe unterhandelt 2). Mit einer neuen ungarijchen 
Geſandtſchaft ſchloß Marimilian am 20. März 1506 in Wiener 
Neujtadt einen Vertrag, wonach jein zweiter Enfel Ferdinand 
mit Wladijlamd Tochter Anna und das damals von der un- 
gartichen Königin, die guter Hoffnung war, zu erwartende Kind, 
falls e8 ein Knabe wäre, mit feiner Enkelin Maria vermählt 
werben follte. Dieſer Vertrag, der Zapolyas ehrgeizige Pläne 
für immer zerjtören jollte, wurde ſchon am 27. März in Ofen 
vom Könige Wladillam und feiner Gemahlin Anna beftätigt 
und dem römtichen Könige für den Fall des Todes Wladiſlaws 
die VBormundichaft und der Schuk der Kinder besjelben über« 
tragen 8). 

Es ift leiver völlig unbelannt, was Maximilian bewogen 
bat, troß des freundichaftlichen Entgegenfommens des Königs 
Wladiſlaws, der mit ihm felbit gegen den Willen feiner Großen 
in denburg eine Zufammenfunft halten wollte, Anfangs Mai 
burch feine Leute die Teindjeligkeiten beginnen und die ungaris» 
ichen Grenzgebiete verwüften zu laffen. Es war jedenfalls eine 
ſehr unkluge Politif, wenn er nur an den ungariichen Großen 
für die Beichlüffe des legten Reichsſctages Nache nehmen wollte, 
Denn wenn Wladiſlaw nicht die Entrüjtung und den Haß aller 
Ungarn gegen fich beraufbeijchwören wollte, konnte er unmöglich 
biejem Kampfe rubig zuſehen. Obwohl Marimilian gleichzeitig 
Geſandte nach Dfen ſchickte, welche die Erklärung abgaben, daß 
er auch fortan ein Bruder des ungariichen Königs fein wolle 


1) Szalay III, 2, 120f. Bgl. ©. 88, N. und ©. 97. 
2) Nah Schreiben des venetianifchen Gefandten bei Sanuto VI, 276, 


3) Kollar, Auctar. dipl. ad Ursini Velii hist. de bello Pannon., 
P. 324g. extr., auch ap. Katona XVIII, 439sqg. 





Friede zwiſchen 8. Mar und Ungarn. 435 


und nicht8 anderes verlange, als daß die Ungarn ihre eiblichen 
Derpflichtungen ibm gegenüber hielten, jo wurde doch am 
7. Mai der Krieg erklärt und die Aufftellung eines Heeres 
unter Anführung des Biſchofs von Fünffirchen, Georg Szal 
maͤry, angeordnet ?). 

Es zeigte fich aber jett Har, daß die Ungarn wohl ſtark 
in Worten, aber nicht geneigt waren, für bie Verteidigung ber 
Unabhängigkeit ihres Neiches Opfer zu bringen. Es jcheinen 
nicht jo viele Zruppen zufammengelommen zu fein, daß man 
fih den Deutfchen Hätte entgegenftellen können. Eifenftabt, Oden⸗ 
burg und Preösburg fielen in bie Hände der Zruppen Marl 
milians. Die £roatifchen Grafen Johann Frangepane und Jo⸗ 
hann von Corbavien wie Johann von Kanifa traten zu dem⸗ 
jelben über. Durch bie Niederbrennung einiger äfterreichiicher 
oder fteirifcher Dörfer ?) wurden dieſe Erfolge nicht aufge 
wogen. 

Doch waren die Verbandlungen auch nach dem Ausbruche 
der Feinbfeligfeiten nie ganz abgebrochen worden. Auf einem 
ungarijchen Neichötage, den der König nach Stuhlweifjenburg 
einberufen hatte, ftanden jich zwar bezüglich der Frage, ob man 
beim Mangel eines männlichen Thronerben Maximilian oder 
Zapolya als König anerkennen follte, die Meinungen der Prä- 
laten und Barone fchroff gegenüber. Am Ende gaben aber 
doch auch die Stände ben von Wladiſlaw an Marimilian ges 
ſchickten Geſandten am 24. Yunt unbedingte Vollmacht zum 
Abſchluſſe eines Friedens. Diefer wurde am 19. Juli in Wien 
unterzeichnet und vom Könige Wlabillam am 5. Auguft be- 
ftätigt. Der römische König hat darin ſich und feinen Erben 
alle Rechte auf Ungarn ausprüdlich vorbehalten, während die 
ungariihen Bevollmächtigten die Anerkennung derjelben abge- 
lehnt zu haben fcheinen, da fie nur die Haltung jener Artikel 


1) Sanuto VI, 342sq. gl. 332 (zum 30. April). 336. 338. 840 
(zum 18. Mai) und die Schreiben bei Szalay IIL,2, 123ff. und Bei 
Palady V,2, 120. | 

2) Sanuto VI, 370. 375 di Elemannia. Bgl. den Friedensvertrag. 

28* 


456 Geburt des Prinzen Ludwig und neuer Ehevertrag. 


verfprachen, welche mit Übereinftimmung beider Teile gemein- 
Ichaftlich abgefaßt worden wären ’). 

Doch ſchien gerade dieſe Frage ihre Bedeutung verloren zu 
haben, da am 2. Juli dem ungariichen Könige ein Prinz ge- 
boren worden war, welcher nach dem Fürften, unter dem Un⸗ 
garn die größte Ausvehnung gehabt Hatte, ven Namen Ludwig 
erhielt 2). Die Königin Anna ftarb aber am 26. Juli an 
einem Wochenbettfieber, das man ungeſchickterweiſe durch einen 
Aderlaß zu befeitigen gejucht Hatte. 

Dearimiltan juchte feinen Nachlommen den Beſitz der Länder 
Wladiſlaws auch unter den durch Ludwigs Geburt geänderten 
Verhältniffen zu fihern. Er fand aud beim Könige Wladiſlaw 
bereitwilliges Entgegenfommen, da biefer ebenfalls eine Familien» 
verbindung mit dem Taiferlichen Hauje jeder andern vorzog und 
fich für den Fall eines Türkenkrieges die Unterftügung ſter⸗ 
reichs und Deutichlands fichern wollte. Im Sabre 1507 wurde 
ben fchon im Jahre vorher gejchlojjenen Verträgen entiprechend 
in bindender Form eine Doppelheirat zwilchen den Nachkommen 
beider Könige verabredet. Einer von Marimilians Enteln, 
Karl und Ferdinand, jener nämlich, der zum Nachfolger im 
Erzherzogtum Oſterreich, in der Grafichaft Tirol und in den 
dazu gehörenden Fürjtentümern und Provinzen beftimmt werden 
würde, jollte die ungariſche Prinzeffin Anna, deren Bruder 
Ludwig aber Marimiliand jüngjte Enkelin Katharina oder, 
wenn fie früher mit Tod abginge, deren Schweiter Maria hei- 
raten 8). 


1) Die Friedensurfunden und die vorausgehenden Vollmachten bei 
Katona XVIIl, 444-457. 2gl. Sanuto VI, 346sq. 349. 856. 
357. 370. 375 5q. 380. 

2) Sanuto VI, 3758q. und 388, nad) Berichten bes venetianifchen 
Geſchäftsträgers. Daß der Prinz noch nicht vollkommen ausgebildet ge- 
wejen und deswegen in bie Häute frifch gefchlachteter Tiere gelegt worben 
fei, berichtet Leine ältere Duelle. 

3) Die Urkunde 8. Wiadiflaws vom 12. November 1507 bei Katona 
XVII, 522. Bol. bei Sanuto VII, 1368q. den Bericht vom 18. Auguft 
aus Ungarn über die Abfendung eines Gefandten (wahrſcheinlich des frü⸗ 
beren Großwarbeiner Biſchofs Pruiß, der in den Franzisfaner Orben 
getreten war) an K. Maximilian in biefer Angelegenheit. 





Wieberausbruch des Krieges mit ben Türken. 457 


Wie gewaltig aber die Gegenftrömung zugunften Zapolyas 
in Ungarn noch immer war, fieht man daraus, daß diefer vom 
Neichötage des Jahres 1507 neben dem Balatin zum Generals 
kapitän bes Reiches ernannt und mit wichtigen Gefchäften be« 
auftragt ward !), daß er drei Jahre fpäter vom Könige das 
Amt eines Woywoden von Siebenbürgen erhielt und daß Wla- 
billam auch die VBermählung feines Bruders Sigismund, Königs 
von Polen, mit Johanns Schwefter Barbara unterjtügte, obs 
wohl dies die Hoffnungen des ehrgetzigen Mannes noch mehr 
jteigern mußte. 

Auch traten bald Ereigniffe ein, welche das Anfehen Zapos 
lyas bei den Ungarn außerordentlich vermehrten. 

Der im Jahre 1510 zu Ende gehende Waffenftiliftand mit 
der Pforte fonnte bei der Friebensliebe Bajeſids II. wiederholt 
verlängert werden 2). Anders gejtaltete fich die Lage, als biefer 
Sultan im Frühjahre 1512 durch feinen Friegeriihen Sohn 
Selim I., einen leidenſchaftlichen Feind der Chriften, geftürzt 
ward. Zwar war auch dieſer nicht gerade gegen die Verlängerung 
der Waffenrube, da er anfangs mit jeinen Brüdern, dann mit 
dem Schab von Perfien zu fämpfen hatte und endlich den Krieg 
gegen die Mameluken begann, um ihnen Shrien und Ägypten 
zu entreißen. Aber die Unterbandlungen zwifchen Ungarn und 
dem Sultan zogen ſich jahrelang Hin, und unterdeffen nahmen 
die Paſchas der Grenzprovinzen die gewohnten Raubzüge wieder 
auf, die von ungariichen Generalen nad Kräften abgewehrt 
und eriwibert wurden. 

Schon im Herbit 1512 nahmen die Türken den Ungarn 
drei Burgen, wahrjcheinlih in Bosnien, weg, erlitten dagegen 
durh Stephan Baͤthory, Grafen von Temes und Befehls⸗ 
baber in Niederungarn, bei Belgrad eine Schlappe; einen mit 
acht Pferden befpannten Wagen voll Zürfentöpfen ſchickte Baͤ⸗ 
tbory an den König Auch im folgenden Sabre dauerten bie 


1) Katona L. c. 48ösqg. 


2) Wir haben barliber nur venetianifche Berichte bei Sanuto X, 22. 
130. 760. 851; XI, 44. 45. 164. 673; XII, 240. 586; XIII, 197, 


438 Wirkung ber Kreuzprebigten auf die Bauern. 


Angriffe der Türken noch fort; mehrere Burgen in Kroatien 
und im dalmatiniichen Birmenlande wurden von ihnen erobert, 
bis gegen Agram und Zemesvar das Land ausgeraubt und 
verwüſtet *). Erſt ein Sieg, den Peter Beriszlö, Biſchof von 
Beizprim und Vizeban von Kroatien, am 16. Auguft 1518 
bei Koftainicza an ber Unna erfodht, wo bie Zürfen 3000 
Tote und Gefangene verloren, wie ein gleichzeitig von Zapofya 
gegen den Willen des Königs unternommener Zug bis unter 
die Mauern von Semenbria verfchafften den Ungarn für einige 
Zeit Ruhe. Aber die Unterhandlungen über den Abichluß eines 
dauernden Waffenſtillſtandes hatten noch immer nicht zu einem 
Ergebnifje geführt, und man war in Ungarn in großer Angft, 
daß die gewaltigen Nüftungen des Sultans gegen dieſes Reich 
gerichtet jeien und daß Selim tm Sabre 1514 einen Zug bis. 
Peſt und Dfen beabfichtige. 

Da kam im März 1514 der Karbinalerzbiihof von Gran 
Thomas Bakacs, der wegen bes lateranenfiichen Konzils in Rom 
gewefen war, nad Ungarn zurüd, verfehen mit einer Bulle 
des Papftes Leo X., die ihm auf drei Jahre zum Zwecke eines 
Krieges gegen die Türken zum Xegaten in Ungarn und ganz 
Oftenropa ernannte ?). Trotz bes Abratens der hervorragend⸗ 
ften Mognaten ließ er in Ungarn das Kreuz gegen bie Uns 
gläubigen prebigen. 

Diefer Aufruf Hatte bejonders bei den Bauern, welche mit 
dem zunehmenden Berfall der Zöniglichen Gewalt von den 
Großen immer mehr bebrüdt wurden ®), ganz unerwarte Wir⸗ 
tungen. In jolchen Maſſen ftrömten biejelben an verjchievenen 
Orten, bejonders in Ofen und Peft zufammen, daß den Herren 
offenbar vor ihnen bange wurde. Sene verlangten, daß man 
ihnen Anführer gebe und der Adel fie beim Kampfe gegen bie 


1) Sanuto XIV, 272. 549; XV, 346. 408; XVI, 57. 241. £61. 
291. 326. 409. 475. Für die folgende Zeit die Auszüge aus Sanuto 
im „Magyar törten. tar‘‘ XXIV, 240sqg. 

2) Vom 15. Juli 1513 ap. Theiner, Vet. Mon. Hung. II, 594. 

3) Manches darüber bei Neuftabt, Ungarns Berfal am Beginn 
des XVI. Jahrhunderts. „Unger. Revue” 1885, ©. 338 ff. 





Ausbruch bes Bauernfrieges. 439 


Türken unterftüge. Da aber unterbeifen ein Schreiben des 
Sultans Selim eingetroffen war, daß er die mit feinem 
Bater abgefchloffene Waffenruhe Halten wolle ?), fo erflärte 
der Karbinal auf das Drängen der Magnaten den Kreuz« 
fahrern, nachdem man fie unter einem guten Vorwande aus 
Dfen und Peſt entfernt hatte, daß man ihre ‘Dienfte nicht 
mehr brauche und daß fie nachhaufe ziehen follten. Die Kreuz« 
fahrer (kurocok), durch einige in ihren Reiben befindliche Briefter 
und Mönche mit großem Glaubenseifer erfüllt, wollten indeſſen 
von einem Frieden mit den Ungläubigen nichts willen. Da 
ihnen zugleich die Bilchöfe und Magnaten eine für die Heim- 
reife erbetene Geldunterſtützung verweigerten, jo begannen bie 
zügellojen Haufen auf den Gütern der Adeligen zu rauben 
und verübten verjchiedene Gewaltthaten. So ging diefer Kreuz. 
zug um die Mitte bes Diat in einen furchtbaren Bauernfrieg 
über. Denn nachdem einmal der Boden des Gefeges verlafjen 
war, fannten die rohen Banden, unter denen ſich auch viele 
beruntergelommene Edelleute befanden, für ihre wilden Leiden⸗ 
ſchaften feine Schranken mehr. Die Adelsſitze wurden audges 
plündert und niebergebrannt, viele Herren auf Pfähle geftect, 
Frauen und Töchter gejchändet. 

Der von den Bauern gewählte Anführer Georg Dozia, 
ein Szefler, der fich furz vorher bei Belgrad durch einen glüd- 
lichen Zweilampf mit einem Türken einen Namen gemacht 
batte, jirebte eine vollitändige Vernichtung der Adelsherrichaft 
an. „Fürſt und oberjter Hauptmann des gefegneten Volkes 
der Kreusfahrer, nur des Königs von Ungarn und nicht der 
Herren Untergebener“ nennt er fih in einem Schreiben. In 
alle Dörfer und Stäbte jenbete er einen blutigen Pfahl und 
drohte allen Bewohnern mit dem Tode und dem Verluſte ihrer 
Güter, wenn fie fich ihm nicht anfchlöffen. In der That fol 
die Zahl der Aufftändiichen auf wenigftend 60000 Mann ges 
ftiegen fein. ‘Die Gefahr und Angſt des Königs und ver bei 


1) Sanuto in „Magyar törtönelmi tar“ XXIV, 249 nad Bericht 
des venetianifchen Gejanbten vom ... April. 


440 Gefangennehmung be8 Bauernführers Dozfa. 


ihm in der Ofener Burg befindlichen PBrälaten und Magnaten 
war um fo größer, als das Gefindel in Ofen und Peſt mit 
den Bauern ſympathiſierte. Nach allen Teilen Ungarns wie 
nach den böhmischen Ländern ergingen Wladifſlaws Hilferufe. 

Dozſa, der feine Haufen auch militärifch zu organifieren 
verftand, Hatte fich ſchon im Mai gegen Stephan Baͤthory, 
den Befehlshaber in Niederungarn, gewendet, venfelben befiegt 
und zur Flucht über die Maros gezwungen, die Stabt Cſanaͤd 
eingenommen, den dortigen Bilchof Nikolaus Ejäfy pfählen und 
mehrere hervorragende Adelige, die in feine Hände fielen, Hin« 
richten laffen. Bon da wendete er fich nach Temesvar, wohin 
Baͤthory fich zurüdgezogen hatte, und belagerte dieſen im dor⸗ 
tigen Schloffe, welches wegen der ftäten Türkengefahr fehr ſtark 
befejtigt worden war. 

Während Dozſa nun mehrere Wochen vor Zemesvar Yag, 
zog ein Haufe von 3000 Dann am Ende des Juni gegen 
Peft, um fich diefer Stadt zu bemächtigen. Doch wurde bera 
fefbe von Johann Bornemiſza, dem Befehlshaber ver Ofener 
Burg, mit 1000 Mann angegriffen und volfftändig aufgerieben, 
400 Dann getötet, der Reſt meift gefangen. Don diefen wurde 
ber größte Zeil nachhauſe entlaffen, nachdem die Bauern die 
Erklärung abgegeben hatten, daß fie nur durch Zwang in biefe 
Gefellichaft gefommen feien, 16 Hauptichuldige aber am fol« 
genden Tage gepfählt. 

Ungefähr einen Monat darauf kam auch der Woywode Jo⸗ 
bann Zapolya mit 22000 Dann aus Siebenbürgen dem be 
lagerten Temesvar zubilfe. ALS er im Angefichte der Feinde 
jtand, ließ er verkünden, daß alle, die fich von ihrem Führer 
trennten, gejchont werben würden. Wurde ſchon dadurch Un⸗ 
ficherheit in die Reihen der Bauern gebracht, fo ward ent« 
ichetvend, daß Dozſa felbft bei einer Refognoszierung von Peter 
Petrovicd verwundet und gefangen wurde. Das Heer löfte 
fih auf, ein Zeil ftürzte fich in die vegellofe Flucht, die anderen 
wurden niedergehauen oder gefangen. 

Zapolya. jchändete feinen Sieg durch barbariiche Grauſam⸗ 
keit, die fich ſelbſt durch bie vorhergehenden Greuelthaten ber 


Blutige Unterbrüdung bes Auſſtandes. 441 


Bauern nicht genügend rechtfertigen ließ. Auf feinen Befehl 
wurbe der veriwundete Dozia an einen glübend gemachten Sefjel 
gebunden, mit glübenden Zangen gezwickt, mit ciner glühenden 
etiernen Krone gekrönt und dann mehrere von jeinen Leuten, 
die man lange hatte bungern lafien, gezwungen, vom Fleiſche 
ihres noch lebenden Anführers zu eijen. Endlich ward dieſer 
enthauptet und gevierteilt, das Haupt nach Szegebin, bie üb- 
rigen Xeile jeines Leibes nach anderen Städten geſchickt. Auch 
von feinen Leuten wurden viele hingerichtet. 

In ähnlicher Weiſe verfuhr man in Ofen beſonders gegen 
gefangene Geiftlihe. Ein Priefter wurde gevierteilt, ein Mönch 
gebraten, am Tage darauf ein Geiftlicher gepfählt, ein zweiter 
geräbert, ein dritter gevierteilt. 

Noch ftand außer einigen Hleineren Haufen ein Prieſter 
Namens Lorenz Meizaros im Felde, deſſen Heer man auf 
16000 Köpfe ſchätzte. Auch diejes wurbe burch die Truppen 
Zapolyas aufgerieben, Lorenz felbft aber, den man als ben 
Hauptanftifter der von Dozſa verübten Greuelthaten bezeich- 
nete, ſcheint ji durch die Flucht gerettet zu haben, ijt wenig- 
ſtens nie in die rächenden Hände feiner Gegner gefallen. 40000, 
nad) anderen gar 70000 Menſchen, darunter 400 Edelleuten 
bat dieſer Krieg das Leben gefoftet ?). 


1) Für die Gefchichte dieſes Bauernkrieges haben ſich die ungariſchen 
Hiſtoriker hauptſächlich an Sftvan fi gehalten, ber allerdings den zu⸗ 
ſammenhängendſten und detaillierteſten Bericht giebt, aber, da er mehrere 
Menſchenalter fpäter ſchrieb, doch nur Glauben verdienen kann, wo er 
ſich auf ältere Berichte ſtützt. Manche Angaben, z. B. daß bei Temesvar 
eine förmliche Schlacht geliefert worden ſei, ſtehen mit allen anderen Be⸗ 
richten in Widerſpruch. Bon den Zeitgenoſſen iſt Cuspinianus, 
Diarium de congressu Maximiliani etc. im Anhange zur Ausgabe de 
Caesaribus von 1601, p. 497, nur kurz, Tubero ap. Schwandtner 
II, 329 qq. zeigt Fi infolge feiner räumlichen Entfernung ebenjo wie 
der beifpielloß ungebilbete Georg Sirm. Mon. Hung. 88, I, höngg., 
mangelhaft unterrichtet. Auch ber von Sanuto zum 27. Februar 1615 
aufgenommene Beriht des Janus Vitalis Panormitanın and Nom 
(„Magyar törtenelmi tar“ XXIV, 2958gg.) hat nur ungenane Made 
richten. Die 1519 verfaßte Stauromachia des Stephanun Tanrinuns 
Stierschſel) ap. Engel, Mon. Ungrica, p. 118—184, if das Miert 


442 Knechtung des Bauernftandes. 


Der Adel benutzte diefen Aufftand der Bauern, um unter 
dem bequemen Vorwande einer gerechten Strafe alle Ver⸗ 
fügungen, welde in früherer Zeit von einzelnen Königen zur 
DVerbefferung ver Lage derjelben getroffen worden waren, zurüd- 
zunehmen und ben ganzen Stand in die bärtefte Leibeigenſchaft 
berabzubrüden. Nach den Beſchlüſſen, welche ber auf ben 
18. Oktober berufene Reichstag faßte '), ſollten nicht bloß alle 
Anführer und die Anftifter ver Bewegung wie alle, welche Mord⸗ 
tbaten begangen oder rauen und Jungfrauen entehrt Hätten, 
noch nachträglich Hingerichtet, und die am Aufſtande Beteiligten 
zur Vergütung alles angerichteten Schadens und zur Zahlung 
bes Wergeldes für die erichlagenen &delleute angehalten werben, 
jondern alle Bauern für immer der Treizügigfeit beraubt und 
ihren Grundherren unterworfen jein. Jeder Bauer follte feinem 
Herrn einen Tag in der Woche Fronpienjte leijten, von allen 
Seldfrüchten und vom Weine den Zehnten entrichten und außer 
ben bisherigen Abgaben jährlich einen Dukaten zahlen und 
zwölf Hühner, zwet Gänje und je zehn zufammen ein gemäftetes 
Schwein liefern. Jedem Bauern, bei dem man fortan eine 
Büchſe fände, follte die rechte Hand abgehauen, Fein Dann von 
bäuerlicher Herkunft vom Könige auf einen bijchöflichen Stuhl 
erhoben werben, widrigenfalls niemand verpflichtet wäre, ihm 
einen Zehnten zu entrichten. 

Die Adelsherrſchaft wurde dadurch noch mehr befeftigt, daß 


eines Humaniften, ber dem poetiſchen Zwede die geſchichtliche Treue ge- 
opfert bat. Am verläßlichfien find die von Palacky, Geld. Böhmens 
V,2, 300ff. und 311f. mitgeteilten Schreiben bes böhmiſchen Kanzlers 
Sternberg, des Königs Wlabiflam und Lews von Rozmital, wie der Be- 
richt bes alten böhmischen Annaliften, dann ber von Sanuto zum 2. Sep⸗ 
tember 1514 eingereichte Brief eine® Nicolo de Zuanne an Chriftofal 
Morofini aus Ofen („Mag. tört. tar“ 1. c. 277—280). Bol. aud 
(ibid. 289) einen Bericht aus Laurana, die Berichte des ungarischen Ge- 
fandten in Ofen, der am 13. Mai noch nicht8 von Unruhen meldet, vom 
29. Juli und 14. Auguſt, bei Sanuto (ibid. p. 261. 276) wie die Ur- 
funden ap. Katona XVIII, 720. 726—729, und in „Szazadok“ 
1872, ©. 439—446. 


1) Katona XVII, 729aqq. Auch im Corp. Jur. Hungar. I, 325. 


Steigendes Anfeben Zapolyas. 443 


gerade in diefer Zeit Stephan Verböczy, Protonotar bes Juder 
Curiä, den Entwurf eines Gefetzbuches vollendete, deſſen Ab- 
faffung er infolge eines Reichstagsbefchluffes vom Jahre 1507 
übernommen hatte. Verböczy brachte den Wuft der. bie. 
berigen Gelege und Gewohnheiten in ein gewiſſes Syſtem, und 
ba fein Werk !), ungeachtet e8 von Mängeln nicht frei war, 
einem dringenden Bebürfniffe abhalf und vom Könige am 
Schluſſe des Neichstages von 1514 beftätigt, wenn auch dann 
nicht befiegelt und publiziert warb, fo bat es über brei Jahr⸗ 
hunderte gefegliche Anerkennung gefunden. Damit hatten aber 
auch alle damaligen politiichen und jozialen Vorrechte der Ade- 
figen für immer eine bauernde gejegliche Grundlage erhalten. 

Am meijten aber hatte Zapofya gewonnen, den man nad) 
der Niederwerfung der Bauern al8 „Befreier des Reiches“ bes 
zeichnete 2). Hatte diejer ehrgeizige Mann fchon füher nach der 
Krone geftrebt, fo glaubte er jet, wo er von ver Volksgunſt 
getragen war, noch eher anf biefelbe fich Hoffnung machen zu 
dürfen, wenn dem betagten Könige vielleicht auch jein ſchwäch⸗ 
liher Sohn bald in das Grab nachfolgte. 

Doch fehlte e8 auch nicht an hervorragenden Männern, 
welche den Plänen des Woywoden entgegenarbeiten. An ber 
Spite verjelben ftanden der Palatin Emerich Perenyi und der 
Kanzler Georg Szakmaͤry, Biſchof von Fünffirchen, der neben 
dem Primas auf den König den größten Einfluß Hatte. Als 
Gegner Zapolyas arbeiteten fie naturgemäß im Intereſſe des 
Kaijers und für den Abjichluß der im Sabre 1507 verabredeten 
Doppelheirat zwiichen dem Haufe der Iagellonen und. den Habs- 
burgern, durch die fie auch am beten für. ihre eigenen Inter⸗ 
ejlen forgten. Denn wenn Wladiſlaw, wie man vorausjehen 
fonnte, vor ber Erreichung der Volljährigkeit ſeines Sohnes 
ftarb und der Sailer als Vormund und Regent in deſſen 


1) Tripartitum opus juris consuetudinarüi incliti regni Hungariae 
betitelt. | 

2) vien chiamato liberator regni berichtet ber venetianifhe Ge- 
fandte bei Sanuto zum 12. September („Mag. törtön. tar“ XXIV, 
282). 


444 Stellung des Kaifers Mar zu Polen und Rußland. 


Reichen anerkannt wurde, jo fonnte die thatfächliche Ausübung 
ber oberftien Gewalt ihnen nicht entgehen, da es tem Kaiſer 
unmöglich war, fi) dauernd in Ungarn aufzuhalten 1). | 

Seit dem Jahre 1510 hatte Maximilian mit dem Könige 
Wladillam über die Ausführung der Heiratsangelegenheit eifrig 
unterhandelt. Nicht weniger als zehnmal ift fein Gejanbter 
Cuſpinian, der Superintendent der Wiener Univerfität, vom 
Sahre 1510 bis zum Ausbruche des Bauernkrieges am unga« 
rifchen Hofe gewefen ?). Einige Zeit jcheint Wladiſſaws Bruder 
Sigismund, König von Polen, den Wünfchen des Kaiſers ent« 
gegengenrbeitet zu haben. Denn diefer hatte das Deutſchordens⸗ 
land Preußen von der Lehenshoheit Polens zu befreien gefucht, 
und eine weitere Machtvergrößerung des Haufes Habsburg war 
ihon aus biefem runde gegen das Intereffe Polens. Auch 
war es natürlih, daß Sigismund bie Krone Ungarns nad 
dem Erlöjchen der dort regierenden Linie ber Jagellonen am 
Tiebjten auf dem Haupte feines Schwager Zapolya gejehen 
hätte, wenn es nicht vielleicht gelang, dieſelbe feinem eigenen 
Haufe zu verfchaffen. 

Um die Kräfte des polnijchen Krieges lahm zu legen, ſuchte 
der Kaiſer eine Koalition zum Schutze des deutſchen Ordens 
zuſtande zu bringen und verbündete ſich im Jahre 1514 gegen 
Polen namentlich mit dem ruffiihen Großfürjten Wafilji IIL, 
der feit 1512 mit Polen im Kriege war ?). Die Wegnahnte 
der Feſtung Smolenst durch die Ruſſen erjchredte Sigismund 
troß eined bald darauf erfochtenen glänzenden Sieges fo jehr, 
daß er wenigitend den Kaiſer von Feinbfeligfeiten abzuhalten 
juchte, und er wurbe in dieſer Gefinnung beftärkt durch feinen 


1) gl. über die Parteiverhältnifie in Ungarn das Schreiben, welches 
wahrfcheinlich der Erzbifhof von Caloeſa, Gregor Frangepane, ein At 
bänger Zapolyas, im Sabre 1512 an den polnifchen Unterfanzler Szyb- 
lowiedi gerichtet hat, in Acta Tomic. III, 297 gg. 

2) Nach den Angaben in feinem ZQagebuche „F. R. Austr. SS.“ I, 
403 gg. 

3) ©. Fiedler, Die Allianz zwiſchen Maximilian I. und Wafitji 
Ivanovie in „Sigungsber. d. kaif. Atad.“ XLIII, 183 ff. 


Der Kongreß zu Wien 1515. 445 


Kanzler Szydlowiecki und den Vizekanzler Tomtict, welche ihre 
Würden den Empfehlungen bes Königs Wladiſlaw, alfo der 
Derwendung des Hoffanzlers Szalmäry, des Hauptes ver 
fotjerlicden Bartei in Ungarn, verdankten, während Zapolya 
gegen Zomidt gearbeitet hatte. Im November 1514 trafen 
Cuſpinian und Szydlowiecki in Ofen eine Übereinkunft, daß tm 
Februar des folgenden Jahres die Könige von Ungarn und 
Polen in PBresburg, der Kaifer in Haimburg fich einfinven 
"und dann über den Ort einer Zuſammenkunft fich einigen 
ſollten. 

Wladiſlaw und Sigismund erſchienen denn auch Ende des 
März 1515 in Presburg. Dagegen blieb der Kaiſer, vielleicht 
durch andere Geſchäfte feſtgehalten, vielleicht auch aus Mangel 
an Geld, ruhig in Augsburg und kam erſt am 10. Juli nach 
Wien, als ſein Geſandter der Kardinal Matthäus Lang bereits 
bie wichtigſten Fragen erledigt hatte. Der Einladung Mari⸗ 
milians Folge leiſtend, begaben ſich auch die Könige Sigismund 
und Wladiſlaw mit ſeinen Kindern am 17. Juli nach Wien, 
wo der Kaiſer ſeine zahlreichen Gäſte durch die glänzendſten 
Feſte ) ebenſo wie durch feine bezaubernde Liebenswürdigkeit 
entzückte. 

Hier wurden am 22. Juli die Verträge unterzeichnet, welche 
das öſterreichiſche und das böhmiſch⸗- ungariſche Herrſcherhaus 
auf das innigſte mit einander verknüpften. Der ungariſche 
Kronprinz Ludwig wurde mit des Kaiſers Enkelin Maria und 
der Kaiſer ſelbſt mit der ungariſchen Prinzeſſin Anna ver⸗ 
mählt 2), doch früher ausgeſprochen, daß dieſe Ehe Maximilians 
mit Anna ungültig ſein ſollte, wenn einer ſeiner Enkel, Ferdi⸗ 
nand oder Karl, binnen einem Jahre die Ehe einginge. Voll— 
zogen follten die Ehen erft werden, wenn die Gatten ein ent« 


1) Der engliſche Geſandte Wingflelb, ber in feinen Depefchen eingehende 
Schilderungen liefert, ſchätzt die Koften auf 200000 Golbgulden! Bre- 
wer, Lettres and papers D, 1, 202, no. 766. 

2) celebrata et firmata sunt sponsalia per verba matrimonialia 
et de praesenti, alfo nicht eine bloße Verlobung, wie bie neueren Ge⸗ 
ſchichtſchreiber annehmen. 


446 Die Wiener Verträge und ihre Bebentung. 


Iprechendes Wer erreicht hätten. Es geſchah die im Sabre 
1521, nachdem ſchon im März 1516 der Erzherzog Ferdinand 
die Vollmacht ausgejtellt hatte, die Ehe mit der Prinzeſſin 
Anna durch Prokuration abzufchliegen. Um den ungarifchen 
Kronprinzen noch enger mit dem Hauje Habsburg zu verbinden, 
nahm ihn der Raifer am 20. Juli an Sohnes Statt an, er» 
nannte ihn zum Reichsvikar und übertrug auch bie Kaiſerwürde 
auf denfelben, indem er die Kurfürften aufforderte, nach jeinem 
Tode benjelben zu feinem Nachfolger zu wählen. Ernſt bat* 
Maximilian diejes Verſprechen freilich nicht genommen. Denn 
er wußte wohl, daß die Kurfürften ſich um dieſen Wunſch 
wenig fümmern und auch Ludwig als Reichsvikar fich nicht gefallen 
lafien würden. Auch bat ihn diefer Schritt nicht abgehalten, 
jelbft mit allem Eifer für die Wahl feines älteren Enkels zu 
wirken. Auch die Adoption Ludwigs war eine leere Forma 
lität, da zugleich ausgejprocden wurde, daß dadurch dem Erb» 
rechte der Erzberzoge Karl und Ferdinand und ihrer Schweitern 
nicht gejchadet werben follte. Das Ganze war nichts als eine 
glänzende Seifenblafe, wie fie Maximilian öfters vor Den 
Augen eitler Männer aufjteigen ließ, ohne freilich immer den 
entiprechenden Eindruck bervorzubringen ?). 

Dagegen hat Marimilian dur die Wiener Verträge doch 
große Vorteile erzielt. Blieb ber ungariihe Kronprinz am 
Leben, und erhielt er Nachkommen, ſo jaß in der Ofner Königs⸗ 
burg eine Dynaſtie, welche mit ver habsburgiſchen jehr nahe 
verwandt war, und aller Vorausficht nach für lange Zeit mit 
biefer befreundet blieb. Starb er ohne Erben, jo konnte 
während feiner Lebenszeit feine Gemahlin die Gelegenheit wahr«- 
nehmen, die öfterreichiiche Partei zu verftärfen und zu organi» 


1) Über die Wiener Verträge und bie vorhergehenden Verhandlungen 
feit 1511 f. &. Liste, Der Eongreß zu Wien im Jahre 1515. „Forſch. 
zur deutſchen Geſch.“ VII, 463—558. Bol. H. Ulmann, MarimilianL 
ig dem CEonflicte zwifchen dem deutſchen Orben in Preußen und Polen, 

ef. in den Sahren 1513—1515, ebd. XVII, 89ff., und Liste, Ter 
Wiener Eongreß von 1515 und bie Politik Marimilians I. gegenüber 
Preußen und Bolen, ebd. S. 445 ff. 





Niederlage Zapolyas in ber Türkei, 447 


fieren, damit dann der Nachfolge des Haufes Habsburg feine 
Hinderniſſe entgegengejegt würden. Dabei war ed von-Wichtig- 
feit, daß Ludwigs einzige Schwefter mit dem. Erzherzoge Ferdi⸗ 
nand vermählt war, da jene beim finverlojen Ableben ihres 
Bruders in Böhmen die vechtmäßige Thronfolgerin war, während 
ihr Erbredht in Ungarn den Anjprücen der Habsburger, bie 
fih auf die Friedensichlüjfe von 1491 und 1506 ftüßten, nicht 
bloß nicht entgegenftand, ſondern diejelben verſtärkte. Es war 
ihon dadurch viel erreicht, daß Anna jet zur weiteren Er- 
ziehung in die Hände des Kaiſers überliefert und bamit jebe 
Möglichkeit, fie mit Zapolya oder einem anderen Gegner des 
Haufes Habsburg zu vermählen, für immer abgefchnitten warb. 

Daher hatten denn auch die meijten Magnaten, welche im 
Gegenſatz zur Mehrzahl der Biſchöfe Anhänger Zapolyas waren, 
in Presburg alles in Bewegung geſetzt, um ben Abjchluß der 
Heiratöverträge mit dem Hauje Habsburg zu Hintertreiben. 
Der Woywode ſelbſt hatte fich trog wiederholter Einladung 
geweigert, am Kongrejje teilzunehmen. Er unternahm unter» 
deſſen eigenmächtig einen Angriff auf eine türkiiche Grenzburg 
zwiichen Belgrad und Semendria, indem er hoffte, als Über 
winder der Ungläubigen zurüdzufehren und dann, getragen von 
der Gunſt des ungariichen Adels, feine Forderungen auch dem 
Könige gegenüber durchiegen zu können. Aber nicht den Xorbeer- 
franz des Siegers gewann er, jondern er erlitt nicht ohne 
eigene Schuld eine jchmähliche Niederlage ') und verjegte da— 
durch jeinem Anſehen einen Schlag, von dem er fich längere 
Zeit nicht mehr erholte. Daher erhob fich jet in Ungarn 
gegen die Wiener Verträge nicht die geringfte Oppofition ?), 
und als Wladiſlaw II. am 13. März 1516 ftarb, wurde von 
ihm den fchon in Wien getroffenen Verabredungen entjprechend, 


1)Tubero ap. Schwandtner Il, 335. Georg. Sirm,, p. 7TLsqq. 
Vgl. Sanuto in „Mag. tört. tar“ XXV, 13, nad Bericht des vene⸗ 
tianifchen Gefandten in Ungarn vom 14. Mai, wonach Zapolyas Nieder- 
lage am Anfange dieſes Monats ftattgefunden baben muß. 

2) ©. Liste in „Forſch.“ VII, 550ff., ber namentlih auch das 
Märchen Iftvanfis von der Oppofition des Palatins widerlegt. 


448 8. Marximilians Bemühungen, feinem Entel Karl 


ber Kaiſer neben Sigismund von Polen al8 Obervormund 
des zehnjährigen Königs Ludwig beitellt. 

Wie Marimilian durch die Wiener Verträge jeinen Nache 
fommen Ausfiht auf den Befig von Ungarn und Böhmen 
verichafft hatte, jo fuchte er auch jeinem älteren Enkel Karl 
von Spanien die Nachfolge auf den Kaiſerthron zu jichern. 
Unmöglih fonnte er fich dieſer Trage gegenüber noch länger 
gleichgültig verhalten, nachdem Franz I. von Franfreih im 
Trühjahre 1517 mit einzelnen beutjchen Kurfürjten Verhand⸗ 
lungen angelnüpft und ihnen große Summen und andere Vor- 
teile in Ausficht gejtellt Hatte, um für ven Fall der Erledigung 
ber Kaiſerwürde ihre Stimme zn erhalten, und demſelben noch 
im nämlichen Sabre von den Erzbiichöfen von Trier und Mainz, 
dem Markgrafen von Brandenburg und dem Nheinpfalzgrafen 
mehr oder weniger bindende Zuſicherungen gemacht worden 
waren !). 

Im Sommer 1518 auf einem Reichötage in Augsburg 
ſuchte Maximilian durch perfönliche Einwirkung auf die Kurs 
fürften diejelben jeinen Wünjchen geneigt zu machen. Freilich 
blieb nichts übrig, als die Verſprechungen, welche Frankreich 
gemacht hatte, noch zu überbieten. Den Kurfürſten von Branden- 
burg gewann der Kailer dadurch, daß er dem Erbprinzen Die 
Hand feiner Entelin Katharina und eine Mitgift von 400 000 
Goldgulden zuficherte. Deſſen Bruder Albrecht, Erzbiihof von 
Mainz und Magdeburg, dem der Kaiſer gerade die Kardinals⸗ 
würde verichafft hatte, ſollte 52000 und eine Penfion von 
8000 ©oldgulden, der Kurfürft von der Pfalz 100000 und 


1) S. darüber wie liber die folgenden Bemühungen 8. Marimilians 
und Karls ſelbſt Mignet, Une Election à l’empire „Revue des deux 
mondes“ 1854 V, 209sqgq. G. de Leva, Stor. doc. di Carlo V. 
I, 280599. Droyfen, Geſchichte der Preußiſchen Politit II, 2, 88 ff. 
R. Rösler, Die Kaiſerwahl Karls V., ©. 26fl. C. v. Höfler, 
Carls J. (V.), Königs von Aragon und Caſtilien, Wahl zum römiſchen 
Könige. Wien 1873 (aus dem „Sitzungsber. d. kaiſ. Akad.“, 70. Bd.). 
Baumgarten, Die Politik Leos X. in dem Wahlkampf der Jahre 
1518 und 1519. „Forſch. zur Deutſchen Geſch.“ XXIII, 521fj. Baum- 
garten, Geſch. Karls V. I, 107 ff. 


die Nachfolge im Reiche zu verfchaffen. 449 


eine Penfion vom jährlich 6000 Goldgulden, der Erzbifchof von 
Köln 20000 und jährlich 6000 Goldgulden erhalten. Auf 
für die Räte einzelner Kurfürften wurde bas Geld nicht gefpart. 
Am 27. Auguft erhielt dann Maximilian von den Kurfürſten 
von Mainz, Köln, Pfalz und Brandenburg und den Gefandten 
des Könige Sigismund von Polen ald Vormünder des böhmi⸗ 
Ihen Königs das urkundliche Veriprechen, daß fie Karl von 
Spanien zum römiſchen Könige wählen würden. Nur zwei 
Kurfürften Hatten fich dieſer Zuficherung nicht angefchloffen, ver 
Erzbiichof von Trier, weil er die Erhebung bes franzöftichen 
Königs wünfhte, und ber Kurfürft von Sachſen, ver bi zur 
Wahl jelbjt freie Hand behalten wollte. Die Mehrheit fchien 
gefichert, und man glaubte, fpätejtens im Januar in Frankfurt 
die Wahl Karls vornehmen zu können. 

Indeſſen waren aber doch noch verjchiedene Schwierigkeiten 
zu bejeitigen. Daß Karl die ungeheueren Summen zur Ers 
kaufung der Kurfürften und ihrer Räte, die fich im ganzen 
auf 550000 Goldgulden beliefen, in dem durch viele Kriege 
erichöpften Spanien nicht jo bald aufbrachte, war noch das 
wenigſte. Schwerer wog die von feinen Gegnern erhobene 
Einwendung, daß nach dem bisherigen Herlommen ein römijcher 
König nur gewählt werden konnte, wenn nicht fchon ein folcher 
vorhanden war, aljo wenn Marimilian die Kaijerfrone em- 
piangen hatte, und daß durch eine Bulle Clemens IV. die Vers 
einigung Neapels als eines päpftlichen Lebens mit dem Kaiſer⸗ 
reiche ausprüdlich unterfagt worden war. Nur ver Bapft 
fonnte von dieſem Verbote bispenfieren, nur er Maximilian 
zur Kaiſerkrone verhelfen, die er, da biefer nicht nah Rom 
ziehen fonnte, nach Trient fenden und bier demſelben durch zwei 
Kardinäle auffegen laſſen ſollte. Dazu war aber Leo X. nicht 
zu bewegen. So fehr er auch die Übergriffe des mächtigen 
Frankreich fürchtete, fo bangte e8 ihm doch noch mehr vor 
Karl von Spanten, wenn diefer zu feinen ausgebehnten Reichen 
auch noch die Kaiſerwürde erhielt. Beſonders aber glaubte er 
für feinen heißgeliebten Neffen Lorenzo mehr Gewinn an Gelb 
und Befigungen vom franzöſiſchen ald nom ſpariſchen Konige 

Huber, Geſchichte Ofterreichs. III. 


450 K. Marimilians I. Tod. 


herausſchlagen zu können. Daher ließ er dem Kaiſer ſchöne 
Worte geben, verweigerte aber die Erfüllung der Wünſche des⸗ 
ſelben und ſchloß ſich immer enger dem Könige von Frank⸗ 
reich an. 

Während der franzöſiſche König die Verzögerung einer Ent. 
ichetvung zur Anktnüpfung neuer Verhandlungen mit den deutſchen 
Kurfürjten benugte, fand Morimilion ein unerwartete Ende. 
Bon Augsburg war derjelbe im Herbſt 1518 nach Tirol ge 
reift, wo die Wirte von Innsbruck jein Hofgefinde nicht auf- 
nehmen wollten, weil bie Regierung ihnen die Koften eines 
früheren Aufenthaltes des Kaijers, 24000 Gulden, noch nicht 
bezahlt Hatte. Diefe Schmach regte den Kailer jo auf, daß er 
von einem ernitlichen Unwohlſein befallen wurde. Trotzdem 
zeifte er teils zu Schiff auf dem Inn, teil in einer Sänfte 
getragen, im November weiter nach Öfterreih, fam aber nur 
bis Wels, da fein Zuftand ſich immer mehr verichlimmerte. 
Hier ward der früher fo Fräftige Kaifer in einem Alter von 
noch nicht einmal fechzig Sahren am Morgen des 12. Januar 
1519 vom Tode binweggerafft ?). 


Sechſtes Kapitel. 
Marimilians I. organifatorifche Thätigkeit. 


Niemand wird behaupten wollen, dag Maximilians I. aus- 
wärtige Politik immer eine den Verhältniffen entfprechende und 
erfolgreiche gewefen tft, obwohl fie in ihrer Geſamtwirkung ſehr 


1) Über den Auftritt in Innsbruck als Anlaß der Erkrankung fiehe 
Kirhmair in „F. R. Austr. SS.“ I, 441. Bol. ©. v. Herberftein 
ibid, p. 141. Auch Cuspinian, De Caesaribus, p. 491, ber bie 
letzten Lebenstage des Kaifers genau fchildert, bemerkt: Maximilianus in 
Oeniponte cum suis agens, in iram commotus, febrim incidit oc- - 
cultam. 


Einfachheit der Staatsverwaltung im früheren Mittelalter. 451 


viel zur Entftehung der fpäteren Großmachtftellung Öfterreichs 
beigetragen bat. Aber aufer Zweifel fteht es, daß fich dieſer 
Fürſt um die Organifation der Verwaltung ber öfterreichtfchen 
Erblande, die dann vielfach als Mufter für die Einrichtungen 
in den andern beutichen Territorien gedient bat, ‚große und 
bleibende Verdienſte erworben babe”). 

Auf diefem Gebiete waren auch Reformen am notwenbigften, 
ba die bisherigen Einrichtungen infolge der Anderung ber Ver⸗ 
bältniffe und ber Ausbehnung der Befigungen Marimilians in 
keiner Weiſe mehr genügten. 

So lange die Auffaſſung des früheren Mittelalters vor⸗ 
waltete, daß die wichtigſte Pflicht der Staatsgewalt die Wahrung 
des Rechtes und die Sorge für die Erhaltung des Friedens 
ſei, war es allerdings nicht ſchwer, mit wenigen Kräften ſelbſt 
mehrere Länder zu regieren. Denn die Aufgabe des Fürſten 
und der ihm zur Seite ſtehenden Räte war es nur, die oberſten 
Beamten zu ernennen, für den Schutz des Landes gegen aus⸗ 
wärtige Feinde und für die Sicherung des Landfriedens im 
Innern zu ſorgen und zur Erfüllung dieſer Aufgaben und zur 
Erhaltung des Hofſtaates die notwendigen Mittel aufzubringen, 
welche noch in der Regel aus den Erträgniſſen der Kammer⸗ 
güter und der Regalien floſſen. Zur Erledigung der Geſchäfte, 
mit denen ſich der Fürſt ſelbſt mehr oder weniger abgab, ge⸗ 
nügte daher außer ſeinen häufig wechſelnden Räten ein einziges 


1) Seit dem Erſcheinen meiner akademiſchen Rede: „Gefchichte ber 
öfterreihifchen Verwaltungsorganifation bis zum Ausgange bes achtzehnten 
Jahrhunderts“ (Innsbruck 1884) ift das umfangreiche Werk von S. Adler, 
Die Organifation der Eentralverwaltung unter 8. Marimiltan I. (Leipzig 
1886), erfohienen, in dem ein außerordentlich reiches Material iiber biefen 
Gegenſtand mitgeteilt, aber unzwedmäßig angeorbnet worben if. Über 
Fehler im einzelnen f. die (fehr ſcharfen) Nezenftonen von ©. v. Below 
in Zarndes „Literar. Eentralbl.” 1886, Sp. 1076 ff. und in v. Sybels 
„Hiſt. Zeitſchr.“ LVII, 285. Bol. auch Th. Fellner, Zur Gefd. 
ber öfter. Eentralverwaltung (1493 — 1848) in „Mitth. des Inftit. für 
öfterr. Geſchichtsforſchung“ VIII, 258 ff., der eine ſehr Mare Überficht Aber 
bie organiſatoriſche Thätigfeit Maximilian und einige Zuſätze zu Adlers 
Buch liefert, und Ulmann I, 822f. 

29 % 


452 Anderung ber Verhältniſſe in ber Neuzeit. 


Zentralbureau mit einem Kanzler und einigen Beamten. Der 
Schwerpunkt der Verwaltung, die fich aber faft ausſchließlich 
auf die Finanzen und die Rechtöpflege bezog, lag tn ven einzelnen 
Ländern und in den autonomen Städten. 

Mit dem Beginne der neueren Zeit änderten ſich aber die 
Anfchauungen über die Aufgaben der Staatsgewalt. Nicht mehr 
bloß für die Pflege des Rechtes und für die Herbelichaffung 
der dem Fürften notwendigen Geldmittel, fondern auch für das 
materielle und geiftige Wohl der Untertbanen jollte dieſelbe 
forgen. Auch das Eindringen bes römilchen Rechtes, welches 
das altveutiche mündliche Verfahren nach und nach verbrängte, 
und zugleich den Grundſatz der Berufung von den niederen 
Gerichten an ein höheres, ja an ben Landesherrn, zur Geltung 
brachte, Hatte eine Vermehrung der Beamten und ber Kanzlei» 
arbeiten zur Folge und fteigerte namentlich die Geichäfte am 
Hofe. Indem die Vafallenheere immer mehr dur Söldner 
erjegt wurden und auch für die Ausrüftung der Truppen mit 
Geſchütz und anderen Teuerwaffen, für die Beiftellung von 
Pulver und Kugeln, Proviant und Fuhrwerk in umfaffendem 
Maße Vorſorge getroffen werden mußte, erwuchien ber Re⸗ 
gierung neue Arbeiten und Laſten. Für bie gefteigerten Ans» 
forderungen, welche jetzt an die Staatsgewalt gejtellt wurden, 
reichten bie regelmäßigen Einkünfte von ben fürftlichen Domänen 
und den Regalien, befonders im Falle eines Krieges, bei weiten 
nicht mehr aus. Es blieb nichts übrig, als fih an die Stände 
zu wenden, bie nach langem eilichen entweder außerordentliche 
Steuern bewilligten oder auch für eine gewiſſe Zeit, meift einige 
Monate, ein eigenes ftändiiches Truppencorps ftellten. Dafür 
nahmen fie aber auch einen größeren Einfluß auf bie Verwal. 
tung in Anſpruch, und e8 ward notwendig, die DBefugniffe der 
jtändiichen und Iandesfürftlichen Beamten gegenjeitig abzugrenzen. 

Marimilion war zu verftändig, um nicht einzujehen, daß 
die bisherigen Einrichtungen unter den veränverten DVerhält- 
niffen nicht mehr ausreichten. Auch hatte er in den Nieder⸗ 
landen ein ausgebildetes Verwaltungsſyſtem kennen gelernt, 
deſſen Vorzüge gegenüber den Zuftänden in ben öfterreichiichen 


Mufter und Ziele der Reformen. 8. Marimilians, 455 


Ländern ihm nicht entgehen konuten. Vor allem aber war er 
entichloffen, fich eruftlich um das Reich zu fümmern, nieht aber, 
wie jein Vater gethan ‚hatte, den Dingen daſelbſt einfach ihren 
Lauf zu laffen und nur in. einzelnen Fällen. ſeinen Willen zur 
Geltung zu bringen, Dafür war die. notwendige Vorausſetzung 
ein längeres Verweilen in Deutjchland, eine manchmal vielleicht 
jahrelang bauernde Abweſenheit aus feinen Erblänvern, in denen 
nun für eine bleibende Stellvertretung gelorgt werden mußte. 
Als Mufter für feine organifatoriihe Thätigkeit auf dem Ge- 
biete der Verwaltung dienten ihm die Einrichtungen ber Nieder» 
Iande, teilweile aber auch jene von Tirol, welche in dieſer Zeit 
viel volllommener waren als jene in ven andern öfterreichiichen 
Gebieten. Freilich darf man nicht glauben, daß der König 
mit einem fertigen Plane an feine Aufgabe berangetreten ſei 
und diejen während jeiner ganzen Regierung konſequent feſt⸗ 
gehalten habe. Das jeweilige Bedürfnis bat feine Maßregeln 
veranlagt, und wiederholt bat er früher getroffene Einrichtungen 
abgeändert ober ganz fallen gelaffen. Aber es tft doch falſch, 
wenn man gejagt bat, er fer über ein fortwährendes Experi⸗ 
mentieren nicht Binausgefommen '). Die Grundgedanken feiner 
Keformen, Erſetzung des Feudalſtaates durch den Beamten⸗ 
ftant, Errichtung ftändiger Negierungstollegien, welche auch in 
Abweſenheit des Landesfürſten die Geſchäfte leiteten, und Kräfs 
tigung ber Stantögewalt, bat er nie aufgegeben und manche 
feiner Einrichtungen Haben feine Negierung überbauert und, 
vielleicht mit einigen Abänderungen, Jahrhunderte lang bie 
Grundlage für die Verwaltung Oſterreichs gebildet. 

Die öfterreichiichen Erblande zerfielen infolge der früheren 
Länderteilungen in zwei Gruppen, in die nieberdfterreichiiche, 
befteßend aus den fünf Herzogtümern ſterreich unter und 
Öfterreich ob der Enns, Steiermark, Kärnten und Rrain, umd 
in die oberöfterreichiiche, zu der Tirol und die Vorlande in 
Schwaben und Elſaß gehörten. As ibm fein ‚Vetter Erz 
berzog Sigmund im Sabre 1490 bie leteren Gebiete abtrat, 


| 1) Ulmann IL, 828. 


454 Einfeung der „Regimenter” in Innsbrud und Wien. 


mußte er wegen des Krieges mit Ungarn Innsbruck bald wieber 
verlafien. Er übertrug num, an bie bisherigen tiroliſchen Ein- 
richtungen fich anlehnend, die Regierung einem Kollegium von 
zwölf „Statthaltern und Räten“, welche zunächſt während feiner 
Abweienheit die politiiche Verwaltung und die Suftizpflege über- 

nehmen jollten. Für die Finanzangelegenheiten und das Rech⸗ 
nungsweſen beftellte er am Anfange des Jahres 1491 vier 
eigene Räte oder Anwälte mit den notwendigen Hilfsbeamten, 
für die fih im Jahre 1495 zuerft der Name Raitkammer 
(Rechnungokammer) findet. Im ähnlicher Weile jette er nach 
dem Tode feines Vaters im Jahre 1493, da er fich nach dem 
Neiche begeben mußte, für die Dauer jeiner Abwejenheit über 
die fünf niederöfterreichiſchen Länder ein „Regiment“, beftehend 
aus einem Hauptmann und ſechs Statthaltern und Räten oder 
Regenten, ein, um alle Gefchäfte zu erledigen, die ihm als 
Landesfüriten zuftänden. Die politiſche und Finanzverwaltung, 
bie oberfte Suftigpflege und die Sorge für den Landfrieben, 
jelbft das Recht, Lehen zu verleihen, wurden benfelben über⸗ 
tragen. Im folgenden Jahre wird auch für bie niederöſter⸗ 
reichifchen Länder eine „Schab-" oder Rechnungskammer er» 
wähnt, Bat alfo auch Hier eine Trennung des Finanzweſens 
von der politiichen Verwaltung und der Juſtiz ftattgefunden, 
wie dies in den Niederlanden jchon feit langem der Fall war. 

Die Überzeugung, daß e8 dem Könige nicht möglich fei, 
neben der Sorge für bie auswärtige Politik und bie Gejchäfte 
des Reiches fich auch um die Detaild der Verwaltung in feinen 
Erblanden zu kümmern, führte dahin, daß bie beiden Negi- 
menter in Innsbruck und Wien, bie anfangs nur für die 
Dauer der Abweſenheit Marimilians eingejegt worden waren, 
einen ftändigen Charakter erhielten. 

In Tirol, wo 1498 das Regiment neu organifiert wurde, 
geichab dies Ende des Jahres 1499. Dem Regiment, das 
aus einem Landhofmeifter, einem Marfchall, einem Kanzler 
und fünf „Otatthaltern und Regenten“ zufammengefeßt war '), 

1) Landhofmeiſter war bis zu K. Marimiliang Tode Michael von 
Woltenftein, Marſchall Paul von Liechtenftein und nach befien 1513 er- 


Die Behörden in ben nieberöfterreichifchen Ländern. 455 


jtand auch fortan in Zirol und den Vorlanden die Ausübung 
ber landesfürftlichen echte, die Verwaltung, oberſte Yuftiz- 
pflege, Militär und Bolizeigewalt und die Verleihung ber 
Erblehen zu. Jedem Unterthan follte e8 freiftehen, fih um 
Rat und Beiſtand an das Regiment zu wenden. ALS oberfter 
Gerichtähof für Eigen, Leben, Bergwerke und anderes follte 
dasſelbe alle Vierteljabre in Innsbruck Sitzungen balten. Die 
Rattlammer für die Finanzverwaltung und bie Kontrolle des 
Rechnungsweſens ftand dem. Regiment im allgemeinen als jelb- 
ſtändige Behörde gegenüber, wenn auch in gewifien Fällen eine 
Berufung von berjelben an dieſes geftattet war. Die Kanzlei 
war für beide Kollegien gemeinfam. 

Das Behördenweſen in ben nieberöfterreichiichen Sändern 
erhielt feine dauernde DOrganifation in den Jahren 1501 und 
1502 und zwar nach dem Muſter des tiroliihen. Auch Hier 
wurde bleibend ein Regiment mit dem Site in Linz, beſtehend 
aus einem oberjten Hauptmann und Statthaltern und Näten, 
für die Regierungsgeichäfte, eine Raitkammer in Wien und 
eine eigene öfterreichifche Kanzlei eingerichtet. Doch wurde dem 
nieberöfterreichtichen Negimente die Ausübung ber dem Landes⸗ 
fürften zuftehenden Juſtizhoheit nicht übertragen, fondern ale 
Appellationd- und Lebengericht ein eigenes Hof⸗ (jeit 1502 
Kammergericht) in Wiener Neuſtadt eingeſetzt. 

Indem bie nieveröfterreichifchen Herzogtümer unter gemein- 
fame Behörden geftellt wurden, warb auch in. jtiaatsrechtlicher 
Deziehung eine engere Verbindung zwilchen ihnen herbeigeführt. 
Wiederholt haben in ben Tpäteren Jahren der Negierung 
Marimilians gemeinfame Ausſchußlandtage ftattgefunden, wo 
Delegierte der Stände aller fünf Länder Beratungen pflogen. 

Während übrigens die oberöiterreichiichen Behörden fortan 
obne wefentliche Störung und ohne Anfeindung vonfeite ber 


folgten Tode Georg von Firmian, Kanzler Oswald von Haufen und 
von 1501 an Cyprian von Northeim oder Serntein (Sarntbein), zugleich 
Borftand ber Hoffanzlei. Liechtenftein und Sarntbein waren neben 
M. Lang des Kaifers einflußreichfte Räte. 


456 DOppofition in ben nieberöfterreichifchen Ländern. 


Stände weiter fungierten, erhob fich in ven mieberöfterveichiichen 
Ländern eine lebhafte Oppofition dagegen. Bartikulariftifche 
und politifche Gründe waren dabei im Spiele. Die Stänbe 
der Steiermarf und wahrfcheinlich auch anderer Provinzen ber 
Hagten fich, daß die Prozeſſe und andere Angelegenheiten außer 
Landes entjchieven würden. Man erhob Beichwerde über das 
Rammergeriht in Wiener Neuftadt, das von allen Unter 
tbanen Klagen und von den Entjcheivungen anderer Gerichte 
Appellationen annahm, ohne Rüdficht darauf, daß dadurch bie 
Zandesfreiheiten verletzt, die richterlichen Befugniffe des Land⸗ 
marſchalls oder Landeshauptmanns über die Mitglieder bes 
Herrn» und Ritterſtandes eingefchräntt oder ignoriert wurben. 
Auch gegen die unzwedmäßige örtliche Trennung der oberiten 
Behörden wurden Vorftellungen erhoben. Ein Ausſchußlandtag 
in Mürzzufchlag im November 1508 verlangte nicht bloß Die 
Befeitigung des verhaßten Kammergerichts, ſondern auch bie 
Einfegung eines neuen, ftändiichen Negiments, in das jedes Der 
fünf Länder zwei Vertreter ſchicken follte. Bei Verweigerung 
dieſer Forderung erklärten die Abgeordneten für den bamaligen 
Krieg gegen Venedig feine Subfidien bewilligen zu wollen. 
Auf den Ausichußlandtagen in Salzburg im Tebruar 1509 
und in Augsburg im Frühjahr 1510 wurden dieje Beſchwerden 
und Wünſche neuerdings vorgebracht. 

Unter dem Drude der auswärtigen Verhältnifje ſah fich 
der Kaiſer gezwungen, einen Schritt zurückzuweichen und den 
ſtändiſchen Forderungen wenigſtens teilweiſe nachzugeben. Wie 
er mit Rückſicht auf den bevorſtehenden Krieg gegen Venedig 
anfangs 1509 das oberöſtereichiſche Regiment für die nächſten 
drei Jahre durch vier ſtändiſche Vertreter verſtärkt hatte, ſo 
machte er im April 1510 den Niederöſterreichern ebenfalls die 
Konzeſſion, daß in das Regiment auch Vertreter der Stände 
aufgenommen oder wenigſtens bei der Zuſammenſetzung die 
einzelnen Länder berückſichtigt werden ſollten. Doch wies er 
das Verlangen, daß das Regiment bei Erledigung einer Stelle 
ſich ſelbſt ſollte ergänzen dürfen, unbedingt zurück. Er behielt 
ſich ſelbſt die Ernennung vor, wenn auch das neue Mitglied 


Die Errihtung des Hofrates. 457 


aus demſelben Lande und demſelben Stande genommen werben 
jollte, vem das frühere angehört hatte !), Diefem neuen Re— 
gimente, das nun anf Wunfch des Landes unter der Ems von 
Linz nach Wien verlegt ward, wurben jett auch richterliche 
Befugniffe übertragen und das Kammergericht in Wiener Neu- 
ftabt, deſſen Kompetenz jchon in den vorausgebenden Jahren 
mehrfach eingefchränkt worden war, ganz aufgehoben. Wie in 
Oberöfterreih waren fortan auch in Niederöiterreih das Re⸗ 
giment und die Raitlammer die oberjten Regierungsbehörben 
und erftere8 auch in der Zufammenfegung dem Negimente in 
Innsbruck ähnlich gemacht, indem es ebenfalls aus je einem 
Landhofmeifter 2), Marſchall, Kanzler und einer Anzahl von 
Statthaltern und Räten bejtand. 

Über den beiden Flügeln, welche Marimilian für bie Ver- 
waltung feiner Erblande ſchon bald nach feinem Negierungs- 
antritte aufgeführt hatte, jollte fich nach feinem uriprünglichen 
Plane auch ein einheitlicher Oberbau erheben und zwar ſollte 
berjelbe jowohl für das Neich, wie für die Erblande beſtimmt 
jein. Doch bat ver König für die Organifation der oberſten 
Zentralverwaltung weber mit gleicher Konfequenz noch mit 
gleichem Erfolge gewirkt wie für die Orbnung ber Landes⸗ 
verwaltung. 

Im Februar 1498 erfolgte die Errichtung eines Hofrates, 
welcher dem Hoflager des Königs folgen und diefem zur Seite 
als oberfter Gerichtshof und oberjte Regierungsbehörde für Das 
Reich wie für die Erblande fungieren ſollte. Er ſollte aus 


1) Aus biefer von Adler, S. 279, angeführten Beftimmung ergiebt 
ſich doch wohl, was er leugnet, daß auf die verſchiedenen Länder Rückſicht 
genommen werben follte und der Kaifer auf das Recht der freien Er- 
nennung ber Mitglieber des Regiments verzichtet Bat. Auch Fellner 
a. a. O. ©. 264, nimmt eine Verſtärkung des Regiments durch ſtän⸗ 
difche Vertreter an. 

2) Diefer Titel findet ſich für ben früheren oberften Hauptmann feit 
1514. Das Amt bekleidete Wolfgang von Polheim, ver 1512 ftarb; feit 
1514 Georg von Nottal; das eines Marfhalls Hans von Buchheim, 
Berwalter des Kanzleramts war Dr. Johann Schneibpöd. 


468 . Die: Hoflunmer. 


einem Statthalter (dem Herzoge Friedrich von Sachſen), einem 
Hofmeifter (Georg von Baiern), einem Hoflanzler (Dr. Stürzel) 
und mehreren Regenten bejteben, durch Stimmenmehrheit 
Beſchlüſſe faffen und nad der Beitimmung bes: Königs für 
alle Händel, Sachen und Geſchäfte kompetent fein, „die künftig 
vom heiligen Weiche deutſcher Nation, gemeiner Chriften- 
beit oder von unſern erblichen Fürftentümern und Lanben 
berfließen, ferner flr Sachen, welche ben Hof und deſſen Ber- 
wandte betreffen.” Alle Angelegenheiten, welche früher der 
König allein oder mit beliebig beigezogenen Räten entichieven 
batte, wurden alſo jett einem ftändigen Kollegium zugewielen. 
Für die Entichetdungen der Landesregierungen bildete: der dor 
rat die lette Initanz. 

Gfeichzeitig wurde, ebenfalls am Hofe, als oberfte Finanz 
behörde eine Hofkammer eingeſetzt, die aus Melchior von 
Meckau, Biichofe von Briren, als Vorſitzenden und vier anderen 
Statthaltern und: zwei Schagmeiftern, einem für das Reich 
und einen für bie Erblande, beſtand. Dieſelbe ſollte Die 
oberjte Aufficht über die Finanzwerwaltung und deren Organe 
führen, die Ausgaben anweiſen und die Überfchlffe von ven 
Einnahmen aus den Erblanden und dem Reiche in Empfang 
nehmen. Die Kontrolle über die Rechnungen wurde indefſen 
der Schatlammer oder Raitkammer in Immsbrud zugewieſen, 
wo fih auch bie Buchhaltung und das Archiv!) befanden, Da 
dieſe Stabt wegen ihrer Lage in der Mitte der öſterreichiſchen 
Erblande am meiften als Sitz ftändiger Zentralbehörden ge 
eignet war. Doch wurde der Hoftammer eine gewiſſe Ober⸗ 
aufſicht vorbehalten. 

Wie gegen die gemeinſamen Regierungen der öfterreichifchen 
Zändergruppen vonjeite der Stände der Einzelländer Oppo- 
fition gemacht wurde, fo gegen bie Zentralbehörden am Hofe 
ponjeite des Neiches. Und hier zeigte Maximilian weniger 
Widerſtandskraft als dort. Schon im September 1498 gab 


1) ©. and D. Schönherr, Die Archive in Tirol, in „Mitth. ber 
Centralcommiffion” N. 5. X, 631. 





Sallenlafien der Zentralbehörden für das Neid. 450 


er auf die Borftellungen des Reichserzkanzlers, des Erzbiſchofs 
bon Mainz, zu, daß Altenftildte, welche er als deuticher König 
ausftellen ließe, nicht vom Hoflanzler, fondern in der Reichs⸗ 
kanzlei ausgefertigt werben follten !), Das im Jahre 1500 
eingeſetzte Reichsregiment entzog dann allen 1498 errichteten 
Zentralbehörden, beſonders dem Hofrate den feiten Boden. 
Der König gab zunächſt jede Hoffnung auf eine gebeihliche 
Wirkſamkeit im Reihe auf und ging mit um jo größerem 
‚Eifer an die Organifation der Verwaltung feiner Erblande, in 
denen er jegt mit Recht den Schwerpunkt feiner Macht er» 
fonnte. Aber auch nach der Befeitigung des Reichsregiments 
griff er nicht mehr auf die Einrichtungen des Jahres 1498 
zurüd. Wir finden zwar auch fpäter noch einen Hofrat. 
Aber es fehlt ikm eine feſte Organifation, ein beſtimmter 
Sitz und eine genaue Abgrenzung feiner Befugniſſe. Der 
König trifft unter Beiziehung beliebiger Räte feine Enticheinungen. 
Auch die Hofkammer verliert ihre urſprüngliche Bedeutung, 
nicht am wenigjten infolge des Eingreifens des Kaifers In 
ihre Befugniffe, indem er es nicht unterlaffen konnte, unab- 
bängig von ihr Geldanweiſungen zu machen. Gerade auf bem 
Gebiete der finanziellen Zentralverwaltung finden fi das 
größte Schwanken, Die meiften Veränderungen. 

Erſt nach der Beendigung des venetlanifchen Krieges wurde 
das Werl der Reform wieder aufgenommen. Und dabei ift 
es beuchtenswert, daß Maximilian die ind Auge gefußten Eins 
richtungen nicht mehr durch einfache landesfürſtliche Dekrete, 
jondern durch eine Vereinbarung mit ben Ständen ins Leben 
zu rufen beabfichtigte und daß er nicht an die einzelnen Ränder 
oder Ländergruppen fich wendete, fondern eine Verfammlung 
von Vertretern aus allen Erblanden berief. Wäre auf dieſer 
Grundlage fortgebaut worden, fo würde fich ſchon im 16. Jahr⸗ 
hundert eine gemeinſame Verfaſſung für alle öfterreichtichen 
Länder entwidelt baben. 


1) E. Roſenthal, Die Behörbenorganifation K. Ferdinands I, 
„Archiv f. öfterr. Geſch.“ LXIX, 94f. 


480 Der Ausſchußlandtag in Innshrud im Jahre 1518. 


Auf ven 16. November 1517 berief ver Kaiſer Delegierte 
ber. Stände aus den verjchievenen Ländern nach Donauwörth, 
während gleichzeitig ein beutfcher. Neichdtag in Augsburg ab- 
gehalten werben follte. Die Abgeordneten follten beraten über 
einen großen Kriegspları gegen die Türken, wonach alle dhrift- 
lichen Mächte gegen viejelben zu Felde ziehen und ver Kampf 
im. dritten Sabre mit der Eroberung Konftantinopel® beendet 
werben follte, über den Abſchluß eines Friedens mit Venedig 
oder, wenn diefer nicht zuftande käme, über die notwendigen 
Nüftungen zur Tortführung des Krieges, über gegenfeitige 
Unterftügung ber öfterreichifchen Länder, falls eines derſelben 
durch eine benachbarte Macht angegriffen würde, über bie Ein- 
jetung eine® Hofrates als oberjter Behörde und guter Landes. 
regierungen, und endlich, was wohl ein Hauptzweck bei ber 
Einberufung der Verſammlung gewefen war, über die Be 
willigung von Gelbmitteln zur Einlöſung ber verpfänbeten 
Kammergüter und landesfürſtlichen Einkünfte, wie zur. Er- 
haltung bed Hofftaates und der KRegierungsbebörben. Um bie 
Abgeordneten dieſen Forderungen geneigter zu machen, wurbe 
ihnen freigeftellt, auch. ihrerſeits Wünſche und Beſchwerden 
vorzubringen ?). 

Infolge der Vorſtellungen der tiroliſchen Stände und des 
Nichterſcheinens der deutſchen Reichsſtände in Augsburg wurden 
aber die Ausſchüſſe nach Innsbruck berufen, wo um bie Mitte 
de Januar 1518 die Verfammlung durch die kaiſerlichen 
Kommiffäre eröffnet: wurde und im März auch der Kaiſer fich 
einfand. - Es waren 70 Delegierte erichienen, nämlich 35 aus 
ben nieveröftegreichtichen Derzogtümern, 8 aus Tirol, 5 aus 
ben verſchiedenen görzifchen Gebieten und 22 aus den zahl 
reichen Herrichaften in Schwaben und Elfaf. Doc fanden 


1) Die Vorlagen wie bie Verhandlungen hat einer der Delegierten, 
der Prälat Georg von Klofterneuburg, aufgezeichnet und Zeibig im 
„Archiv f. öfterr. Gefchichtsg.” XIII, 203—316 in weitläufigen Auszügen 
mitgeteilt. Vgl. auh Brandis, Lanbeshauptleute von Tirol, ©. 439 
bis 494, wo die Innsbrucker Libelle vom Mai 1518 vollfländig abge 
drudt find. 


Finanzielle und militäriſche Beſchlüſſe dedſelben. 41 


nr einzelne gemeinſame Sitzungen ſtatt. Gewöhnlich ver⸗ 
handelten die Ausſchüſſe der einzelnen Länder oder Länder 
gruppen für fich allein und verlehrten mit den übrigen ſchrift⸗ 
fh, wie dies auch zwiſchen den “Delegierten unb ven 
Kommiſſären des Kaiſers in der Regel ber Tall war. Im 
einem Ausnahmsfalle erfcheint der Landeshauptmann von 
Zirol, Leonhard von Völs, als: Wortführer der Der] amm⸗ 
lung ), 

Die Ausichüfje der Stände vertraten mit allem Nachdrucke 
eine Friedenspolitik. Sie ſprachen ſich nicht bloß entſchieden 
gegen eine Erneuerung des Kampfes mit Venedig aus, ſondern 
ſie ſtellten auch die Forderung, daß der Kaiſer fortan ohne 
Wiſſen und Willen der Erblande keinen Angriffskrieg beginne. 
Nur unter der Vorausſetzung, daß der Friede nicht geſtört 
würde, bewilligte der Ausſchußlandtag dem Kaiſer in vier 
Jahresraten 400 000 Gulden, von denen Oſterreich unter und 
ob der Enns 120000, Steiermark, Kärnten und Krain 
100000, Tirol mit den Hochſtiftern Brixen und Trient 
120000, die Vorlande 60000 übernahmen. Ein Drittel 
follte dem Kaiſer zur leichteren Beſtreitung der Koften ber 
Hofhaltung und der Negierung übergeben, zwei Drittel von 
den ftämbifchen Verorbneten zur Auslöjung ver den Kaufleuten 
in Berjat gegebenen Silber- und Rupfervorräte und zur Rüde 
löſung der verpfänbeten Kammergüter verwendet werben. 

Auch auf den Wunſch des Kaifers, daß Vereinbarungen 
zur gegenjeitigen Unterſtützung ber verfchiebenen Länber im 
Falle eined Angriffs getroffen werden möchten, gingen bie 
Ausſchüſſe ein, aber zunächſt nur auf fünf Jahre. Soweit 
war das Gefühl der Zufammengehörigfeit aller habsburgiſchen 
Erblande auch jet noch nicht erftarkt, daß die Bedrohung 
eines Landes auch von den andern als eine Gefährdung ge- 
fühlt, die Abwehr mit vereinten Kräften als etwas Selbit- 
verſtändliches angeſehen worden wäre. Auch war die Milttäre 
macht, welche fich die ober- und bie nieveröfterreichifchen Laͤnder 


1) Zeibig a. a. O. ©. 297. Bol. ©. 270. 


42 Maßregeln für die Verteidigung Tirols. 


gegenſeitig zuſicherten, nur eine ſehr geringe, nur 1000 ge⸗ 
rüftete Pferde ober 500 Pferde und monatlich 5000 rheiniſche 
Gulden. Etwas größer waren die Streitlräfte, mit benen fich 
bie nieberöfterreichtichen Länder im Falle eines Einfalls gegen- 
feitig beiftehen follten. 

Umfaffende Maßregeln für die Lanbesverteibigung und 
zwar obne zeitliche Beſchränkung waren nur in Tirol ſchon 
im Sabre 1511 unter der Einwirkung des venetianifchen Krieges 
burch das fogenannte elfjährige Landlibell zwilchen dem Kaiſer 
und den Ständen vereinbart worden. Danach follten bei 
einem feindlichen Angriffe je nach der Größe ber Gefahr 1000 
bi8 5000, 5000 bis 10000, 10000 bis 15000, 15000 
bis 20000 Dann aufgeboten werden. Bei einem Anjchlage 
von 5000 Mann follten 1800 Mann durch die Hochitifter 
Brixen und Trient, die Prälaten und den Abel, 2400 Mann 
durch Die Stäbte und Gerichte Tirold, 500 Mann durch bie 
Herrichaft Lienz und das Pufterthal, 300 Mann durch bie 
ehemals baierifchen Städte und Gerichte Rattenberg, Kufftein 
und Kitzbühel geftellt werben und ber Kaiſer dieſen b⸗ bis 
600 Reiſige zu Pferb beigeben, auch die Geichüge und bie 
Munition liefern und einem Neifigen monatlich fünf, einem 
Fußknechte zwei Gulden Sold zahlen. Bei einem plößlichen 
Einfalle der Feinde follte in den zunächit bedrohten Gebieten 
der Lanbfturm aufgeboten werben !). Es ift diefes Landlibell 
die Grundlage für alle tirofifchen Zuzugsordnungen bis sum 
Beginme diefes Jahrhunderts geblieben. 

Auf dem Ausſchußlandtage von 1518, deſſen Verhand⸗ 
lungen fich bis in den Mat Hinzogen, einigte ſich Maximilian 
mit den Delegierten auch über eine Reihe organtiatoriicher 
Maßregeln. Die bisherigen Negimenter für Niever- und 
Oberöfterreich 2) blieben beftehen, doch follte der Sit des 
erfteren auf Wunfch ber. Snneröfterreicher probeweile für ein 


1) Brandis, Landeshauptlente, S. 412—422. 


2) Unter dem Innsbruder Regimente ſtand mit befchränkteren Voll- 
machten ein Regiment in Enfisheim für die wefllichen Borlanbe. 





Beichlüffe in Beziehung auf die Verwaltung. 468 


Jahr nah Brud an dev Mur verlegt werben. Der Bor 
derung ber Nieberöfterreicher, Daß ibr Regiment. mit Ein⸗ 
geborenen befett werden follte,. gab der Kaiſer nur teilweiſe 
nach; er behielt ſich das Recht vor, auch einige „Ausländer” 
zu Mitgliedern zu ernennen. Dagegen machte er bei der Er⸗ 
richtung eines Hofrates, der die oberjte Behörde für politifche, 
Juſtiz⸗ und finanzielle Angelegenheiten ‚bilden jollte, den par⸗ 
tiulariichen Beſtrebungen weitgehende Zugeſtändniſſe. Bon 
den achtzehn Mitgliedern besfelben follten fünf (Adelige und 
Doktoren) aus dem Reiche, fünf von Nieveröfterreih (aus 
jedem Herzogtum eines), zwei aus Tirol und zwei aus ben 
porberöjterreichiichen Landen genommen werden und alles ehr- 
bare, veritändige und geborne „Lanbleute” fein. Die Er- 
nennung biefer Hofräte wie ber Mitglieder des Regiments 
wollte der Kaifer für jegt mit Willen und Willen der Aus 
Ihüffe vornehmen. Diefen follte der Kaijer dann noch einen 
Hofmeifter, Marſchall, Kanzler und Schagmeifter beigeben. 
Der Hoflanzler war für das Neich wie für die Erblande ge 
meinfam. Der Hofrat follte alle Sachen in voller Sikung 
verhandeln. Nur „geheime und große Sachen“, alſo diplo⸗ 
matiſche Angelegenheiten, burfte der Kaiſer felbit over mit 
Beiziehung bloß einiger Hofräte erledigen, worin fich bie 
Keime des jpäteren geheimen Rates zeigen. 

Die Ausichüffe hatten verlangt, daß die Angelegenheiten der 
Erblande bloß von den ober- und nieveröfterreichiichen Hof- 
räten entfchieven werben jollten. Doch wies der Kaiſer bie 
Ausichliegung der Hofräte aus dem Reiche von der Verhand- 
lung über öfterreichifche Angelegenheiten ab; „denn“, bemerlte 
er, „Ofterreich gehört doch auch zum Reich“. Ebenſo wenig 
genehmigte er für die Verwaltung des Kammergutes die Ein- 
jegung einer eigenen Hoflammer mit einem ftändigen Site 
in ben Erblanden und die Errichtung einer eigenen Rait⸗ 
fammer für die nieberöfterreichifchen Herzogtümer. Die Ge 
Ihäfte der Hoffammer wurden dem Schameifter zugewiefen, 
welcher Mitglied des Hofrates war. Die Einnahmen aus 
ben verſchiedenen Ländern follten an den Kammermeiſter ober 


464 Zwed und Lehrplan 


Einnehmer- General abgeliefert werben. Die Prüfung aller 
Rechnungen verblieb der Naitlammer in Innöbrud, welche nur 
durch Nieberöfterreicher verftärkt werden follte. 

Die Beichlüffe des Innsbruder Ausichußlandtages find in 
wichtigen Punkten nicht zur Ausführung gelommen. Nament- 
lich der Hofrat war noch nicht Tonftituiert, als ber Kaiſer 
durch den Tod feiner Wirkſamkeit entrüdt warb. 


Siebentes Rapitel. 


K. Marimilian I. als Förderer der Wiſſenſchaften 
und Künſte. 


— 


Man ſollte e8 nicht für möglich Halten, daß ein Monarch, 
ber jo viel und teilweile fo verjchtevene Länder zu regieren 
batte, der mit feinen Plänen alle Reiche der abendländiſchen 
Chriftenheit umfaßte und mehr als die Hälfte feiner Re- 
gierungszeit in ſchwere Kriege verwidelt war, noch Luft und 
Muße fand, fih um Künfte und Wifjenfchaften zu kümmern 
und mit den hervorragendſten Vertretern derjelben einen leb- 
baften Verkehr zu unterhalten. Und doch fpielte Marimilian I. 
nicht bloß deren Gönner, ſondern er liebte es, mit Gelehrten 
und Künftlern zu verkehren, er ging mit Verſtändnis auf ihre 
Deftrebungen ein, ftellte ihnen würbige Aufgaben und freute 
fih der Erzeugniſſe ihres Geiſtes. 

Eine neue Zeit war auch auf dem Gebiete der Wifjenfchaften 
und Künſte angebrochen und wirkte namentlich auch umgeftaltend 
auf die Univerfitäten, in denen fich doch das geiftige Leben 
noch vorzüglich konzentrierte. 

Die Univerfitäten des Mittelalters waren vorberrichend 
firchliche Anftalten, Die e8 fich zur befonderen Aufgabe ſetzten, 





der Univerfitäten des Mittelalters. 465 


dem Klerus eine höhere Bildung zu verfchaffen und ihn zu 
befähigen, die Kirche, ihre Lehren und Einrichtungen durch 
Wort und Schrift zu verteidigen. Als ihren Hauptzwed ſahen 
fie e8 daher an, die Schüler durch Übung in der Logik und 
Dialektif zu tüchtigen Kämpfern heranzubilden. Nicht die Ver- 
mebrung der Schätze der Wiljenichaft, fondern die geſchickte 
Berwendung der bisherigen jtrebte man an. Sa, bei ven 
überwiegend dialektiſchen Übungen beſchränkte man fich abficht- 
lich auf einen fehr engen Kreis, um den Stoff um fo voll 
jtändiger zu beberrfchen Y). In der artiftifchen (pbilofopbifchen) 
Fakultät, welche, wie unfer Oymnafium die Vorbereitung für 
das Studium in den anderen Fakultäten bildete, wurben bie 
jieben jogenannten freien Künfte gelehrt, im erften Jahrgange 
(dem Trivium) neben ver lateinifchen Grammatik und Nhe- 
torif (mit Poetif) Hauptfächlich Logik als Zeil der Dialektik, 
im zweiten (dem Quadrivium), die übrigen Teile der Dialektik 
(Phyſik, Ethik, Metaphyſik), Arithmetik und Geometrie, Muſik 
und Aſtronomie, und zwar die philoſophiſchen und natur⸗ 
wiſſenſchaftlichen Fächer vorzüglich auf Grund entſtellter Über- 
fegungen des Ariftoteles und der Schriften feiner Erflärer. 
In der juridiſchen Fakultät beichäftigte man ſich anfangs fait 
nur mit fanoniihem, erſt ſpäter auch mit römiſchem Rechte, 
wofür es in Wien noch gar feine Lehrfanzel gab. Für bie 
Vorträge in der mebdizinifchen Fakultät bilveten die Werte 
des Galenus, Hippofrates und Adicenna mit ihren Erklärern 
die Grundlage. Doch fanden in Wien fett 1433 auch ziem- 
lich regelmäßige anatomifche Demonftrationen ftatt ?). Die 
Theologie zerfiel in die heilige Schrift und deren Erllärung 
und in die fcholaftifche Theologie oder Dogmatik ?). In allen 


1) ©. hierüber mit befonderer Rüdfiht.auf Wien R. Kint, Geld. 
ber kaiſerl. Univerfität zu Wien I, 74fl. 

2) Borübergehend ſchon 1404 durch acht Tage. Kink J, 172. Afch- 
bach, Gef. der Wiener Univerfität im erſten Jahrhundert ihres Be- 
ſtehens, ©. 324. 

3) Baulfen, Gef. des gelehrten Unterrichts vom Ausgange des 
Mittelalters, S. 14ff. Kint I, Bf. Aſchbach, E. 85ff. 

Huber, Geſchichte ſterreichs. III. 30 


466 Kampf der Humaniften gegen die alte Richtung. 


Zweigen war aber die Hauptfache nicht der Vortrag, ſondern 
die Disputationen, die bet dem beichräntten Umfange des 
Willens immer mehr in haarſpaltende Subiilitäten ausarteten. 
Das ganze geiftige Leben verborrte, die Univerfitätsftudien 
gingen in leeren Formelkram unter und wurden zu einem 
reinen Handwerke. 

Doh Schon feit langer Zeit bereitete jich dagegen eine 
Reaktion vor. 

Seit der Diitte des 14. Jahrhunderts, ſeitdem Petrarca 
die eigene Begeifterung für die Schriftjteller Roms auch in 
ben Herzen anderer zu entflammen gewußt, hatte das Studium 
der römifchen, ſpäter auch der griechiſchen Klafjifer in Italien 
eine immer mehr wachlende Ausdehnung erlangt. Mit jugend- 
lihem Eifer verſenkten fich die hervorragendſten Geiſter in bie 
Werke der alten Dichter und Vhilofophen, Redner und Ge- 
Tchichtfchreiber, in denen fie eine ganz neue Welt fanden, jpürten 
die verjtaubten Handfchriften in den Klofterbibliothefen auf, 
Tchrieben fie ab, bis die Erfindung der Buchdruderkunft ihre 
weitere Verbreitung ermöglichte, ſtudierten und erflärten fie 
und ſuchten diefelben nach Inhalt und Form fich anzueignen 
und mit mehr oder weniger Glück nachzuahmen. Dieſe 
Humaniften Italiens, die nichts höher ſchätzten als die Form, 
jahen mit Verachtung oder wenigſtens gleichgültig herab auf 
alles, was bisher im Leben und an den Hocjchulen am meiften 
gegolten hatte und als höchite Weisheit verehrt worden war. 
Die Streitluftigeren begannen einen leivenjchaftlihen Kampf 
gegen bie bisherige Lehrmethode, gegen die Scholaftif in der 
Theologie und Philofophie, gegen die abjtruje Gelehrſamkeit 
ber Suriften und [potteten beſonders „über die barbarijchen 
Kunftausprüde ihrer Gegner, ihre rohe, verderbte Sprache, 
ihre unfruchtbare Dialektik, ihre verjchrobenen Sophismen, ihre 
albernen Disputationen“ !). Ihr Sieg war entjchieven, als 


1) ©. Voigt, Die Wieterich:bung des cla'fiih nm Altertums (2. Aufl ) 
11, 458. 


Die Anfänge des Humanismus an ber Univerfität Wien. 467 


fih auch Fürſten und Häupter der Nepublifen, Kardinäle und 
Päpfte in die Reihe ihrer Gönner ftellten. 

Auch im Norden der Alpen fand der Humanismus nach 
und nach Verbreitung, als zablreihe Vertreter desfelben 
während der Konzilien von Konjtanz und Bafel jahrelang in 
Deutichland fich aufgehalten, Aeneas Sylvius Piccolomini eine 
einflußreihe Stellung unter den Kanzleibeamten und Räten 
des Kaifers Friedrich III. eingenommen hatte. Einer der 
Suriften am kaiſerlichen Hofe, Johann Hinderbach, fpäter 
(1465— 1486) Biſchof von Zrient, Hat al® Zeil einer Fort- 
jegung der von Aeneas verfaßten Gejchichte Friedrichs III. eine 
Schilderung des im Jahre 1462 ausgebrochenen Krieges des 
Kaiſers mit feinem Bruder Albrecht geliefert und dabei auch 
dejjen Stil und Darftellungsweile nachzuahmen gefucht. Auch 
an der Wiener Univerfität, über deren Profeſſoren doch Aeneas 
die Lauge ſeines Spottes ergießt '), la8 der berühmte Mathe- 
matifer und Ajtronom Georg von Peuerbach zwilchen 1454 
und 1460 über Virgils Aeneide, über Juvenals Satiren und 
über die Gedichte des Horaz, deſſen Schüler Johann Müller 
von Königsberg (Negiomontanus) 1461 über Virgils Eklogen, 
andere um diejelbe Zeit über Schriften Eiceros, über Terenz 
und Yucan. Allein Peuerbach ſtarb fchon 1461, Müller ver- 
ließ gleich darauf Wien, und erft von 1471 an wurben burch 
Dernhard Perger aus Stanz und andere wieder bäufigere 
Borlefungen über römijche Schriftfteller gehalten, nicht ohne 
daß die „Ülteren“ das Emporkommen der „Jüngeren“ zu 
bindern gejucht hätten 2). Inzwifchen geriet aber die vor 
furzem noch jo blühende Univerfität infolge der fteten Kriege, 
häufiger anftedenvder Krankheiten und der ungarifchen Occupation 
in immer tieferen Verfall, ja drohte ſogar ſich aufzulöfen. 
Während im Jahre 1451 nicht weniger ald 771 (darunter 
404 Rheinländer und Süddeutſche) und noch 1470 564 Stu- 
denten neu immatrifuliert worden waren, ſank die Zahl der. 


1) In der oben, ©. 162, citierten Schilderung der Stadt Wien. 
2) Kint I, 178f. Aſchbach, ©. 353f. 
30 * 


468 Sorge 8. Marimilians für bie Univerfität Wien. 


Immatrifulationen 1483 auf 42, 1484 auf 18 herab ’). Auch 
von den Brofejjoren zogen beim Ausbleiben der Schüler ja 
fogar des Gehaltes viele fort. Das wiljenfchaftliche Leben 
batte faſt aufgehört. 

Erjt mit der Regierung Maximilians J. begann für die Wiener 
Univerfität eine neue Periode, die Zeit des Humanismus ?). 

Es war von entiheidenden Folgen, daß nach der Wieder- 
gewinnung Wiens der bisherige Magiiter Bernhard Berger, 
der jchon früher für die Hebung der klaſſiſchen Studien in 
Wien thätig geweſen war, zum Superintendenten oder Kurator 
der Univerfität ernannt wurde und das unbebingte Bertrauen 
des Königs erwarb. Ihn unterjtüsten bei feinen Bemühungen 
zugunſten der Hochſchule der Faiferliche Rat Johann Fuchsmagen 
aus Hall in Tirol und Marimilians Protonotar Johann 
Krachenberger aus Paſſau. 

Marimilian fam den Tendenzen feiner Näte mit feinem 
Sinn und jugendlihem Eifer entgegen und fuchle der Wiener 
Univerfität die frühere hervorragende Stellung wieder zu ver⸗ 
Ichaffen und fie der veränderten Zeitrichtung gemäß umzugeftalten. 
Er führte zuerjt das Studium des römiſchen Rechtes ein, wo⸗ 
für zweit Profefjoren angeftellt wurden, und gründete auch neue 
Lehrkanzeln für Mathematik, Poetif und Rhetorik. Aus 


1) Kint I, 145 NR. Auch 1482 hatte die Gefamtzahl der Scholaren 
faum 200 betragen. Aſchbach, Die Wiener Univerfität und ihre Huma— 
niften (Geſch. der Wiener Univerfität, 2. Bd.), ©. 7, N. 1. Über bie 
Berehnung der Geſamtzahl aus der Zahl der neu Immatrifulierten fiehe 
Paulfen, Die Gründung der deutſchen Univerfitäten im Dittelalter, 
in „Hiſt. Zeitſchr.“ XLV, 289 ff., der den früheren Annahmen über fehr 
hohe Zahlen mit Recht entgegentritt, wenn auch ev vielleicht bie Zahlen 
etwa8 zu niebrig angenommen bat. Zu hoch ift jedenfalls die Behaup⸗ 
tung in Bonfinii Dec. IV, 1.5, daß die Zahl der Studenten in Wien 
bie und da 7000 betragen habe. 

2) ©. über diefe Zeit Kink I, 192ff. Aſchbach II, Alff. und 
darin auch bie Biographieen der einzelnen Humaniften. Vgl. auch ben 
hübſchen Auffag von A. Horamig, Der Humanismus in Wien. „Hif. 
Taſchenbuch“, VI. Folge II, 137—200, und die entfprechenden Artikel 
in der „Aligem. deutſchen Biographie”. 





Sieg der humaniſtiſchen Richtung. 469 


Deutjchland und Italien wurden angeſehene Profejforen für 
Wien gewonnen, 3. B. ſchon 1493 für römiſches Recht der 
Venetianer Hieronymus Balbi, damals Profeflor in Padua, 
übrigens das Urbild eines frivolen, aufgeblajenen und jtreit- 
jüchtigen Humaniften, deſſen unruhiger Geiſt e8 auch in Wien 
nicht lange aushielt, für Theologie einige Jahre darauf der 
Minorit Johann Ricuzzi aus Camerino (daher Camers genannt). 
Aus Ingolftadt wurden 1497 die Mathematiker Johann 
Stabius, ein geborner Oberöfterreicher, und Andreas Stiborius 
und der berühmte Dichter und Humaniſt Konrad Pidel, ge 
nannt Geltes, berufen, der die Xehrfanzel für Poetil und Nihe- 
torif erbielt. Die bumaniitiiche Nichtung wurde gegenüber der 
bisher faft ausschließlich Herrichenden Scholajtil in jeder Weije 
begünftigt, jo baß die Univerfität, die immer mehr zur Staats⸗ 
anjtalt wurde, den bisherigen Charakter einer geiftlichen Korpo- 
ration verlor und die artiftifche Fakultät, die bisher nur als 
Borbereitungsanftalt bejonders für die Theologie gedient hatte, 
eine jelbftändige Stellung erhielt. Über lateinifche Schriftiteller 
wurden jett regelmäßige Vorleſungen gehalten und der Beſuch 
ber humaniftifchen Vorträge für die Erlangung des Magifter- 
grades an der artiftifchen Fakultät obligatorifch gemacht. Durch 
Angelus Eofpus aus Bologna wurden auch ariechiiche Schrift« 
iteller gelefen und erklärt. Die Eafjiihen Studien blühten 
immer mehr auf, und befonders berrichte eine rege Thätigfeit 
für die Herausgeber der alten Schriftjteller. Aufonius, Clau« 
dien, Horaz, Ovid, Perfius, Plautus von den Dichtern, Florus, 
Yuftin, Salluft, des Tacitus Germania, Überjegungen des 
Diodor und Zonaras von den Hiftorifern, verichievene Werte 
Ciceros murden in Wien herausgegeben, wobei Cufpinian, 
Ricutius und der Schweizer Joachim von Watt (Vadianus), 
von 1510—1518 Brofeffor in Wien, eine bejondere Thätig« 
feit entwidelten. 

Bei weitem der hervorragendfte als Lehrer und Gelehrter 
war Konrad Geltes, deſſen früher jo unftäte Natur erſt in 
Wien ſich heimifch fühlte, der aber leider fchon 1508, noch 
nicht einmal 50 Jahre alt, ein frühes Ende fand. Er war 


470 Konrad Celtes. 


ein eleganter lateinifcher Schriftfteller und Dichter (der erite 
Deutjche, der 1487 vom Kaifer zum Dichter gefrönt worden 
ift) und was damals in Deutfchland noch felten war, auch des 
Griechiſchen und Hebrätichen fundig. Aber er war zugleich ein 
Dann von allgemeiner Bildung, der nicht bloß auf die Form, 
fondern auch auf die Realien Gewicht legte und fich für die 
Vergangenheit des deutſchen Volfes interejjierte. Er veröffent- 
lichte daher neben römifchen Schriftjtellern wie Upulejus, Auſonius, 
Zragddien des Seneca und der Germania des Tacitus, auch 
die lateiniſchen Komödien und biftorifchen Gedichte der Ganders⸗ 
beimer Nonne Hrotswit aus der Zeit Ottos 1. und das TYatei- 
nilche Epos des Guntherus Ligurinus über die Thaten Friedrich 
Barbaroſſas, das man mit Unrecht lange Zeit ihm felbft zu— 
geichrieben hat. Auf feinen Forfchungsreifen am Rhein fand 
er da8 fogenannte Itinerarium Antonini, das uns auf zwölf 
Blättern ein Bild der Straßenzüge des römiichen Reiches im 
dritten Jahrhundert mit den daran gelegenen Städten, Yager- 
plägen u. ſ. w. bietet, wurde aber durch die Koſten des Stiches 
und Durch den Tod an der Herausgabe desfelben verhindert ?). 
Seine Borlefungen in Wien erftredten fich auch auf die älteſte 
Geſchichte Deutſchlands im Anfchluß an die Germania des 
Zacitus und auf andere Zeile der deutſchen und allgemeinen 
Geſchichte. Celtes war auch der erfte Leiter der vom Kaifer 
Mar gegründeten Wiener Hofbibliothef. Um die humaniftiichen 
und mathematiſch⸗phyſikaliſchen Studien zu heben, fette er 1501 
bei feinem Gönner Maximilian die Errichtung eines eigenen 
Seminars, das Collegium poetarum et mathematicorum, an 
der Univerfität durch, an dem er Borftand der bumaniftilchen, 
fein Freund Stabius Leiter der mathematifchen Abteilung ward, 
das aber 1508 wieder einging. Celtes war auch die Seele. der 
Sodalitas litteraria Danubiana, einer Art von Privatafademie 


1) Er vermachte e8 daher feinem Freunde Peutinger in Augsburg 
(daher tabula Peutingeriana). Später gelangte e8 in ben Befig ber 
Herzoge von Savoyen und fam enblich durch den Prinzen Eugen auf bie 
Wiener Hofbibliothet. 





Blüte der Univerfität. 471 


zur Förderung der humaniftiichen Studien, die er 1490 auf 
einer feiner Wanderungen in Dfen gegründet hatte, aber 1497 
nach Wien verpflanzte. Deutjche und Italiener, Ungarn, Böhmen 
und Polen waren Mitglieder, der Veſzprimer Biſchof Johann 
Vitéz, zugleich Adminiftrator des Wiener Bistums, und nach 
bejfen Tode im Jahre 1499 Krachenberger (Grachus Pierius) 
Präfivent. Nach Eeltes’ Tode löſte auch diefe Geſellſchaft fich 
auf. 

Neben Celte8 war der beveutendfte unter den Wiener 
Humaniften Johann Spießhaimer, genannt Cufpinian, ein ge- 
borner Schweinfurter, der ſchon als Jüngling von 18 Jahren 
im Jahre 1491 in Wien, ohne Brofeffor zu fein, über Yatei- 
niſche Klaffiler la8 und 1493 vom Könige Maximilian zum 
Dichter gekrönt wurde. Er ward nun Profeffor und 1501 an 
Pergers Stelle Superintendent der Univerſität und wirkte als 
folder auf eine größere Berüdfichtigung der Nealien hin, wie 
er denn auch ſelbſt als Herausgeber römijcher und mittelalter- 
licher Geſchichtsquellen und als Gefchichtfchreiber thätig geweſen 
ift. Der Raifer, deſſen befonderer Gunſt fich Eufpinian er- 
freute, verwendete ihn fehr oft zu diplomatiſchen Gejchäften be- 
ſonders zu den Unterhandlungen mit Ungarn. 

Durch die warme Fürforge des Kaijers erreichte die Wiener 
Univerfität in ben erften Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts 
nicht bloß eine neue Periode wiſſenſchaftlicher Blüte, ſondern 
auch des äußeren Anjehens. In den Jahren 1515—1517 ließen 
fich jährlich über 600 Studenten neu immatrifulieren !), welche 
Zahl damals Feine der deutſchen Univerfitäten aud nur an- 
näbernd erreicht bat. Dabei betrug die Zahl der Ausländer 
wenigftens drei Viertel aller Hörer. Beſonders die Weitdeut- 
ſchen und Schweizer fuchten mit Vorliebe Wien auf; wenigſtens 
bie Hälfte der Studierenden gehörte ihnen an. Selbſt die be- 


1) So nad Kint I, 226, N. Nah Aſchbach II, 125 betrug der 
neue Zuwachs in ben beiden erften Decennien des 16. Jahrhunderts jähr- 
lich gar 600 bis 800 Studierende. Über die anderen deutſchen Univerfi- 
täten f. die Zufammenftellungen bei Baulfen a. a. O., S. 293 ff. 


472 Das Amraſer Heldenbuch und der Teuerbanf. 


rühmte Barifer Univerfität, meinte der Humanijt Glareanus, 
ftebe Hinter der in Wien zurüd '). 

In vorteilhaften Gegenſatze zu den italienischen Humaniften, 
aber mit Celtes, Cufpinian und anderen Humaniften Deutfch- 
lands übereinftiimmend, Hatte Diarimilian auch Sinn für die 
Vergangenheit des eigenen Volkes. in glänzender Beweis 
hierfür iſt das in jeinem Auftrage geichriebene fogenannte 
Amrafer Heldenbuh, in dem die „beiten vollstümlichen und 
bhöfifchen Gedichte der mittelbochdeutfchen Zeit" geſammelt wor⸗ 
den find. Dadurch allein ift neben manchen anderen poetijchen 
Erzeugniffen eines der großen deutichen Volksepen, die Gudrun, 
vor dem Untergange bewahrt worden. 

Die mittelhochdeutichen Epen baben auch teilmeile als 
Mufter gedient für den „Teuerdank“, welcher die vom Kaiſer 
auf der Jagd, im Kriege u. |. mw. zu verichiebenen Seiten be=- 
ſtandenen Abenteuer jchildert und zwar in Form einer Allegorie, 
indem dieſe Gefahren dem Helden Teuerdank (Marimilian) 
auf ferner Brautfahrt zur Königin Ehrenreich, der Tochter des 
Könige Ruhmreich (Karl von Burgund) durch Ehrenreichs 
Hauptleute „Fürwittig“ (jugendlicher Übermut und Leichtſinn), 
„Unfalo“ (unglückliche Zufälle) und „Neidelhart“ (Neid feiner 
Feinde) bereitet werden. Der Plan dieſes umfangreichen, aber 
recht einförmigen und trockenen, moraliſierenden Gedichtes iſt 
vom Kaiſer ſelbſt entworfen und, wie es ſcheint, die meiſten 
Geſänge auch urſprünglich von ihm ausgeführt worden. Das⸗ 
ſelbe iſt dann von Maximilians Sekretär und Rate Melchior 
Pfinzing, Propſt in Nürnberg, vollendet und, nicht zu ſeinem 
Vorteile, auch umgearbeitet worden ?). 

Stellt der ‚Teuerdank“ die Thaten des kühnen Jägers und 
Ritters in poetifchem Gewande dar, fo ſollte deijen Abftammung, 
Ausbildung in den verjchievdenften Wifjenfchaften und Tertigfeiten, 
Bermählung und friegerifche Unternehmungen in einem profai- 


1) Kink I, 227 N. 


2) ©. die Unterfugungen v. C. Haltaus in der Einleitung zu 
feiner Ausgabe des Theuerdank (1836). 





Der Weißkunig; Begünftigung der Geſchichtsforſchung. 473 


ſchen Lebensbilde, dem „Weißkunig“, geſchildert werden. Die 
Ausführung wurde Maximilians Geheimſchreiber Mar Trehtz⸗ 
Saurwein, einem Tiroler, übertragen, der ſich für die Vor⸗ 
geichichte am jchriftliche Quellen, für die Kriege feit 1478 an 
Mitteilungen des Kaiſers ſelbſt Hielt, die ihm berjelbe zu ver- 
ihiedenen Zeiten bruchſtückweiſe diktiert bat. Die Vorliebe 
Maximilians für die allegorifche Einkleidung fpricht fich auch 
in diefem Werfe aus, indem die einzelnen Perfonen meift nicht 
mit Namen genannt, jondern mit Barben unterfchieven find, 
wie etwa bet ritterlichen Spielen die Helden durch die Farben 
ihres Gewandes fenntlich gemacht wurden. Selbft die geogra- 
phiichen und chronologifchen Beitimmungen find im Hauptteile 
des Weißkunig weggelafjen, ver auch nie vollendet worden ift, 
weil der große Kreuzzug gegen die Ungläubigen, der ven Ab» 
Ihluß der Thätigkeit Maximilians bilden jollte, nie unternommen 
werden fonnte !). 

Aber nicht bloß das Andenken feiner eigenen Thaten wollte 
Maximilian der Nachwelt überliefern, auch die Gefchichte feines 
Geſchlechtes und feiner Länder wie die Vergangenheit des Deut- 
Ihen Reiches und Volkes juchte er aufhellen zu laffen. Mit 
Net bat man darauf bingewiefen, daß er zur biftoriichen 
Forſchung eine Ähnliche Stellung eingenommen babe wie in 
unjferem Jahrhundert der Freiherr von Stein oder der König 
Maximilian IL von Baiern ?). ‘Durch verfchiedene Gelehrte, 
befonders den Mathematiker und Geographen Johann Stabiug, 
den er zu feinem Hiftoriograpben ernannte, und deſſen &e- 


1) Der Weißfunig blieb auch bis zum Jahre 1775 ungebrudt. Setzt 
wird er mit den alten Holzfehnitten neu herausgegeben im „Jahrbuch 
der kunſthiſtor. Sammlungen des allerböhften Kaiferhaufes”, VI 8. 
©. über das Wert R. v. Tilienceron im „Hift. Taſchenbuch“, 5. Folge 
III, 321 ff., und über Treyg-Saurwein die Unterfuhungen von D.Shön=- 
berr, im „Ardiv f. öfterr. Geſch.“ XLVIII, 355 fi. 

2) 4A. Horamik, Nationale Gefchichtfchreibung im fechszehnten Jahr⸗ 
Hunderte. „Hiſt. Zeitſchr.“ XXV, 67fj. Über die Berdienfte 8. Mari- 
milians um die nationale Geſchichtſchreibung ſ. auch v. Wegele, Geld. 
ber Deutichen Hiftoriographie, S. 91 fl. 


414 K. Marimilians perfönliher Verkehr mit Gelehrten. 


bilfen, feinen Kaplan Yadislaus Suntheim aus Ravensburg, 
einen Zögling der Wiener Univerfität, und Jakob Diennel oder 
Manlius in Freiburg, einen geborenen Bregenzer, ließ er in 
den Klöitern, Bibliotheken und Archiven Deutichlands, Frank⸗ 
veich8 und Italiens Forſchungen anitellen, um alte Chroniken 
und Urkunden aufzufuchen und die Quellen zu verzeichnen, Die 
wichtigeren abzufchreiben )). Noch auf dem Todbette Tieß fich 
der Kaiſer in fchlaflofen Nächten durch Manlius Abjchnitte aus 
der öfterreichifchen Gefchichte vorlefen ?). Dabei war der VBer- 
kehr, den Maximilian mit den Gelehrten unterhielt, ein durch⸗ 
aus vertraulicher und ungeziwungener. „Der Kaiſer“, jagt der 
Franzoſe Froiſſart, „nennt jie nicht bloß feine Freunde, fondern 
er behandelt fie auch als ſolche. Es giebt gewiß feinen zweiten 
Herricher, der fich jo willig belehren ließe von denen, die mehr 
gelernt haben als er, und ber felbft jo reichen Geifies ift, daß 
er fchon durch jeine Fragen belehrt” 8). Beſonders nahe jtan- 
den ihm der Nürnberger Patrizier Willibald Pirfheimer, der 
Mittelpunkt eines ausgedehnten Kreiſes von Humaniften und 
Künftlern und felbit ein eleganter Gefchichtichreiber,, und der 
Augsburger Konrad Beutinger, den ber Kaifer nicht bloß in 
politiihen Angelegenheiten oft verwendete, jondern auch im 
wiffenichaftlihen Fragen häufig zu Rate zog und mit ber 
Überwachung vieler feiner Fünftlerifhen Unternehmungen be- 
traute *). 

Denn vor allem als Förderer der Kunſt hat fih Mari- 
milian große Verdienſte und einen gefeierten Namen er- 
worben. 

Die Kunft follte nad den Ideen des Kaiſers vorzüglich 


1) Aſchbach II, 366ff., 377 ff. Über Manlius fiehe auch Laſchitzer 
im „Jahrb. der kunſthiſt. Samml. d. allerh. Kaiferhaufes” IV, 79ff. 

2) Laſchitzer, ©. 85. Bol. Cuspinianus, De Caesaribus, 
p. 491. 

3) Bei Janſſen I, 134. 

4) Herberger, €. Peutinger in feinem Berbältnifie zum 8. Mori» 
milian I. (Augsburg 1851). Vgl. Geiger, Renaiſſance und Huma- 
nismus, ©. 369-382. 


Ausgabe iluftrierter Prachtwerke. 445 


feiner Verherrlichung dienen und dabei mit der Poefie, der 
Wijjenichaft und dem Leben Hand in Hand gehen. Auf dieſe 
Weile „entjtanden illuftrierte Prachtwerfe, die, joweit fie nach 
des Kaiſers Abfichten vollendet wurden, für alle Zeiten als 
typographiſche und Fünftlerifche Meiſterwerke daſtehen werden” 7). 

Die erfte Ausgabe des „Teuerdank“, die 1517 erichien, 
ift mit nicht weniger al8 118 Holzichnitten geziert, wofür Hans 
Schäufelein und andere Meijter nach den eigenen Ideen des 
Kaiſers die Zeichnungen geliefert haben. Dasjelbe follte mit 
dem „Weißfunig” gefcheben, für deſſen Illuſtration beſonders 
Hans Burgkmair thätig geweſen tit. 

Bereits 1511 war eine illuftrierte „Genealogie“ der Vor» 
fahren Diarimilians mit Zeichnungen von Burgkmair erjchienen. 
Daran jchloß fi eine Sammlung der Heiligen, von denen 
man annahm, daß fie zu den Habsburgern in irgendeiner ver- 
wandtichaftlichen Beziehung jtänden, mit Text von Manlius 
und Zeichnungen von Leonhard Bed, der auch für den Teuer» 
dank und Weißkunig thätig gewejen iſt. Ein beſonderes Pracht⸗ 
werk ſollte der „Triumphzug“ oder „Triumphwagen“ Maris 
milians werden, welcher von dieſem ſelbſt in allen Details er- 
funden, von Treytz⸗Saurwein redigiert und von Albrecht Dürer 
entworfen worden iſt, worauf die Skizzen zur Vervielfältigung 
durch den Holzſchnitt auf nicht weniger als 137 Zafeln ?) an 
verfchiedene Künftler, namentlid an Dürer und Burgkmair ger 
geben worben find. iner ähnlichen Idee verdankt auch die 
„Ehrenpforte“ ihre Entitehung, ebenfalls ein Werft Dürers, 
das nad) den damaligen Vorftellungen von einem Triumph 
bogen der römiſchen Raiferzeit Darftellungen aus der Gejchichte 
Marimiliand mit erläuternden Verſen von Stabius und in 
der Mitte den Stammbaum des Haufes Ofterreich enthält, an 
beffen oberftem Ende Marimilian felbft, umſchwebt von Sieges- 


1) R. Mutter, K. Marimilian I. als Kunftfreund. „Orenzboten“ 
1884, I, 134. 

2) Nah einer von Schönherr im „Jahrb. der funfthift. Samml. d. 
allerh. Kaiſerhauſes“ II,2, LXXXIX, no. 1366 mitgeteilten Notiz ſollte 
der Triumphwagen eigentlih aus 210 „Formen“ beftehen. 


476 Künſtleriſche Berzierung des Gebetbuches K. Marimilians, 


göttinnen, thront. Es iſt „das Großartigſte, was jemals für 
den Holzichnitt gejchaffen wurde“. Setzt man die Abdrüde der 
92 Holzitöde zufammen, jo mißt das Blatt nicht weniger als 
103 Buß in der Höhe, 9 in der Breite. Wie manche andere 
fünstleriiche Unternehmung ift leider auch die „Ehrenpforte” 
bei Maximilians Tode noch nicht vollendet gewefen ?). 

Ein Kaifer, der feine ftändige Reſidenz hatte, fondern ruhe— 
los von Stadt zu Stadt z0g oder im Felde lag, fonnte nicht 
daran denfen, einen glänzenden Palaſt zu bauen und mit 
Statuen und Bildern zu ſchmücken. Aber er wollte wenigjtens 
Proben von der Hand der damaligen hervorragendften beit» 
chen Maler befigen „und zwar in einem Buche, das er tag- 
täglich in der Hand führte und das zu feinem intimiten Ge— 
brauche beftimmt war, in feinem &ebetbuche 2)“, deren Gebete 
und Palmen er wahrfcheinlich ſelbſt ausgewählt und geordnet, 
teilweife vielleicht auch verfaßt hat. Die breiten Pergament- 
ränder ließ er mit Zeichnungen von Albrecht Dürer, Lukas 
Kranach, Hans Burgkfmair, Baldung Grien, Altvorfer und 
Dürerd Bruder Hans mit Zeichnungen verzieren, von welchen 
bejonders jene Dürerd von großem fünftlerifchen Werte find. 

Aber wenn auch bei jeinen Lebzeiten feine eigentliche Heimat 
ber Steigbügel, der Sattel jeine Refidenz war, wie ein geift- 
voller Kunfthijtorifer ſich ausdrückt 3), jo wollte er doch nach 
jeinem Tode in einem feiner würdigen Grabdenkmale ruhen. 

Spätejtend um das Jahr 1505 faßte Marimiltan den 
Plan, ſich ein großartiged Maufoleum zu errichten. So weit 


1) Mit der von Muther a. a. O., S. 133ff. und 185ff. gegebenen 
Skizze vgl. M. Thaufing, Dürer (2. Aufl.) II, 114ff. und die neuen 
prachtvollen Ausgaben im „Sahrb. d. kunſthiſt. Samml. d. allerh. Kaiſer⸗ 
baufes“ I, IV— VI, mit Unterfuhungen von Scheftag über ben 
„Triumph“, Laſchitzer über die „Heiligen“, Chmelarz über die „Ehren 
pforte” und A. Schulk über den „Weißkunig“. 

2) Mutbera. aD, ©. 131. Bgl. Thaufing I, 127ff. und 
Chmelarz im „Sabrb. d. funfihiftl. Samml.“ III, 88ff., über bie zweite 
in Beſançon aufbewahrte Hälfte, die das Münchner Eremplar ergänzt, 
aber leider auch einige Lücken hat. 

3) Thaufing II, 114. 


Arbeiten für fein Grabdenkmal. 477 


die noch erhaltenen Angaben einen Schluß geftatten, jollte Des 
Kaiſers ehernes Bild in fnieender Stellung die Mitte eins 
nehmen und bagfelbe zunächit von kleineren Bildern der Heiligen 
aus dem Haufe Habsburg, in weiterer Entfernung aber von 
den mehr als lebendgroßen vergoldeten Erzitatuen der Ahnen 
Maximilians und einiger Lieblingshelden desjelben (Theodorich, 
Arthur oder Artus, Karl dem Großen und Gottfried von 
Bouillon) umgeben werden. Sein Hofmaler Gilg Seglichreiber 
aus München arbeitete feit 1505 an den Zeichnungen zu den 
Grabbildern, wobei Maximilian ſelbſt mit dem Künftler die 
Detaild beiprah und Korrekturen anordnete. Zugleich wurde 
im Sommer 1508, nachdem ſich Unterhandlungen mit Peter 
Viſcher, Nürnbergs berühmtejtem Erzgieker, wahrjcheinlich zer- 
ſchlagen hatten, ebenfall® aus Nürnberg Stephan Godl mit 
mehreren Gejellen berufen, der in Mühlau bei Innsbrud, dem 
Site der berühmten und jeßt unter der Leitung Seujenhofers 
nach mehr aufblühenden Harniichjchlägerei, eine Kunftichule für 
Erzgießerei errichten und in derjelben bejonders Tiroler beran- 
bilden jollte. Indeſſen vergingen troß des Drängens des 
Kaiſers viele Jahre, bis das Werk wejentlich geförvert ward. 
Seplfchreiber, der nicht bloß die Zeichnungen Yieferte, jondern 
mit den ihm beigegebenen Leuten aucd das Modellieren, Gießen 
und Zijelieren der großen Statuen bejorgte, Tcheint eine echte 
Künftlernatur gewefen zu fein und viel verfprochen, aber wenig 
gearbeitet zu haben. Auch fcheint der Bau einer neuen Gief- 
hütte, manchmal aud die Schwierigfeit, während des vene- 
tianiichen Krieges die notwendigen Mittel zu liefern, ihn auf- 
gehalten zu haben. Bis zum Jahre 1513 war erft eine der 
großen Statuen gegoffen, andere in Vorbereitung und auch) 
Ipäter ging die Sache troß aller Verſprechungen Seplichreibers 
nur langjam vorwärts. Als er endlich im Sommer 1518 
vom Kaiſer des Dienſtes enthoben wurde, waren von 28 großen 
Statuen erit zwölf, teils im Guffe mehr oder weniger vollendet 
teil8 wenigſtens mobelliert. Won den kleineren Statuen hatte 
Godl bis zu diefer Zeit 19 gegoffen, und ed wurde ihm nun 
auch der Guß der großen übertragen. 


418 Auffhub der Vollendung durch K. Maximilians Tod. 


Wahricheinlih ward der Kaifer durch das langſame Bor- 
ſchreiten des Guſſes in Mühlau bewogen, dazwilchen auch an 
anderen Orten arbeiten zu lafien. Im Sabre 1513 lieferte 
Peter Bilcher die Statuen Arthurs und Theodorichs, die an 
fünjtleriihem Wert alle anderen weit überragen, obwohl auch 
bie noch ganz oder teilweife von Seflichreiber herrührenden zu 
ben hervorragendſten Yeiftungen ber deutſchen Kunſt diefer Zeit 
gehören. Auch in Augsburg wurden unter PBeutingers Leitung 
vom Bildhauer Jörg Mufchgat und den Erzgießern Hans und 
Laur Zotman 32 eberne Brujtbilvder für das Grabmal des 
Kaiſers angefertigt, die aber vollitändig verloren find !). 

Denn leider bat der frühe Tod des Kaifers auch die Aus- 
führung dieſes Werkes verhindert. Erſt nach langer Unter- 
brechung wurde dasſelbe durch Morimilians Enkel König Ferdi⸗ 
nand wieder aufgenommen und mit manchen Abänderungen 
vollendet und dann in Innsbrud aufgeftellt, obwohl Maximilian 
jelbjt feinem Zeftamente gemäß in Wiener Neuftadt beigejet 
worden war. Bon allen fünftlerifchen Unternehmungen Maxi⸗ 
milians ift fein Grabdenkmal das beveutendfte, und es wird 
auch in den jpäteften Gejchlechtern das Andenken eines Fürften 
lebendig erhalten, der wie fein anderer in jenem Jahrhundert 
bie deutſche Kunft mit Liebe und Berftändnis gepflegt und ge- 
fördert bat. 


1) Über die Gefchichte diefes Denkmals bis zum Jahre 1519 Haben 
erft die Forihungen D. Schönherrs im „Ardiv f. Geſch. und Alter- 
tumskunde Zirol8” I, 1—60, Licht verbreitet. Bol. damit jekt auch 
befien „Urkunden und Regeften aus bem f. f. Stattbalterei- Archiv in 
Innsbrud”, im Jahrb. d. kunſthiſt. Samml.“, II. B., 2. Abteilung. 
©. auch Lübke, Gefchichte.der Plaftif, S. 665 F. 672ff. 


Pan der Übertragung Ofterreih8 an Erzherzog Ferdinand, 479 


Achtes Kapitel. 


Die Kaiferwahl von 1519 und die Erbteilung zwifchen 
Karl V. und Ferdinand 1. 


Db das Haus Habsburg nah dem Tode Dlarimilians I. 
die Kaiferwürde zu behaupten vermöchte und ob die Erblanve 
mit dem fpanifch-niederländischen Reiche Karls verbunden würden 
oder als ſelbſtändiger Staatsförper innerhalb des Deutichen 
Kaiferreiches Tortbejtänden, da8 war die Frage, von beren 
Löſung die fünftige Entwidelung ſterreichs abbing. 

„Nach dem feit der Erhebung des Haufes Habsburg in 
Diterreich geltenden Gewohnheitsrechte waren die Erblande 
immer als Gelamtbefig betrachtet worden, und e8 fonnte daher 
feinem Zweifel unterliegen, daß biefelben an beide Enkel Maxi⸗ 
milians fallen mußten, wenn auch Karl als der ältere die 
oberite Gewalt beanjpruchen durfte. Indeſſen lag e8 gewiß 
nahe, diefelben an Ferdinand allein zu überlaffen, da Karl bes 
reits der Erbe der Königreiche Caſtilien, Aragonten, Neapel, 
der Inſeln Sieilien und Sardinien, der burgundiich-nieber- 
ländiſchen Gebiete und der neu entdedten Länder in Amerifa 
war, deren Ausdehnung fich noch gar nicht ermeflen ließ. ‘Der 
Plan, die öfterreichiichen Erblande dem Erzherzoge Ferdinand 

zu übertragen, wurde offenbar ſchon beim Abjchlufje der Heirat 
verträge mit Ungarn in den Jahren 1506 und 1507 ernitlich 
ins Auge gefaßt, wenn auch nie eine ausdrückliche Verfügung 
getroffen worden ijt. Auf dem Ausichußlandtage in Innsbrud 
im Sabre 1518 baten die Delegierten den Raifer, er möge die 
Erbichaftsangelegenheiten jeiner Enkel bezüglid der Erblande 
noch bei Lebzeiten ordnen, damit nicht nach feinem Tode 
Streitigfeiten entftänden, auch möge Ferdinand in die diter- 
reichischen Länder gebracht werden. Der Kaifer erwiderte, er 
habe mit Karl darüber verhandelt, aber ohne Erfolg, da dieſer 


480 Mißtrauen K. Karls gegen Ferdinand. 


die Sache bis zu Ferdinands Volljährigkeit verichteben wolle, 
damit er verfichert fei, daß derjelbe die getroffene Vereinbarung 
auch halten würde’). So war bei Marimiliand Tode pie 
Trage noch nicht entfchieden, und berfelbe ſetzte in feinem Teſta⸗ 
mente vom 6. Sanuar 1519 ?) feine beiden Enkel zu Erben ein. 

Den öſterreichiſchen Yändern waren beide bisher vollitändig 
fremd geblieben und fern von ihrem Großvater herangewachſen. 
Karl verlebte feine ganze Yugendzeit in den Nieberlanden ; 
Niederländer waren feine Erzieher, das Vlämifche feine Mutter- 
Tprache, während er Deutih auch als Kaifer nie vollitändig ge- 
lernt bat. Ferdinand war in Spanien, wo er am 10. März 
1503 das Licht der Welt erblidte, unter den Augen jeines 
mütterlihen Großvaters Ferdinand von Aragonien erzogen 
worden, und er verlieh diejes Land erit, als er ſchon falt er- 
wachlen war. Gewiß ift dies nicht ohne Einfluß auf die Ent- 
widelung ſeines Charakters geblieben; bier ift ihm die ſireng 
religiöfe Richtung eingeprägt worden. Doch iſt diefe bei ihm, 
der von Natur aus zur Milde und Mäßigung neigte, nie in 
Fanatismus ausgeartet, und fein zwar nicht genialer aber klarer 
Geiſt hat es ihm möglich gemacht, ſich auch in die deutjchen 
Verhältniſſe bineinzufinden. 

Ferdinand war ber Liebling feines mütterlihen Großvaters 
gewefen, und man hat wohl geglaubt, daß diefer ihm mit Über- 
gehung feines älteren Enkels zum Erben einfegen würde. 
Auch fpäter waren Karl und deſſen niederländiihe Räte von 
Mißtrauen gegen Ferdinand erfüllt und fürchteten, daß un⸗ 
zufriedene ſpaniſche Große ihn feinem Bruder als Regenten 
des Meiches entgegenftellen Fönnten. Als Karl im Herbfte 1517 
fih nach Spanien begab, um felbft die Regierung diefes Landes 
zu übernehmen, wurde Ferdinand ſehr argwöhniſch behandelt 
und endlid im Frühjahr 1518 nad) den Niederlanden gejchidt, 
wo er unter der Aufficht feiner Tante Margareta lebte. 


1) „Archiv f. öfterr. Geſch. XIII, 229 (Art. 11), 274. 
2) Bolftändig bei Bucholtz, Geſchichte der Regierung Ferdinand I. 
I, 476 ff. 


Die Kandidaten für die Kaiſerwürde. 481 . 


Auch bei der neuen Kaiferwahl *) traten fich die Interefien 
beider Brüder entgegen. 

Der Verſprechungen, welche die Mehrzahl der deutſchen 
Kurfüriten auf dem Neichätage in Augsburg zuguniten Karls 
von Spanien gegeben Hatten, hielten fie fich durch den Tod 
des Kaiſers entbunden. Das Ausbieten ihrer Stimmen, das 
Markten der Bewerber um biejelben begann von neuem. 

Die Zahl der Kandidaten war eine jo große, wie fie nie ge» 
weien, da das Anjeben der Kaiſerwürde infolge der umfafjenden 
Thätigkeit Marimilians in letzter Zeit doch ſehr geitiegen war 
und man namentlich erfannte, daß fie einem mächtigen Fürſten 
einen nicht zu unterjchägenden Nechtstitel für die verjchiedenften 
Anfprüche bieten konnte. Nicht bloß Karl von Spanien und 
Franz I. von Frankreich traten offen als Bewerber auf. 
Auch vie Räte Ludwigs von Ungarn beichloffen, die Ver— 
Iprechungen, welche der Kaifer demſelben im Jahre 1515 ge- 
macht hatte, geltend zu machen und zu verlangen, daß jener 
als Maximilians Nachfolger anerfannt werde. Ebenjo jchidte 
Heinrih VII. von England im Mai einen Geſandten nach 
Deutfchland, um die Stimmen ber Kurfürſten für fich zu ger 
winnen. Nicht minder trug fich der Kurfürſt Joachim von 
Drandenburg mit der Hoffnung, fein Haupt mit ber Kaijer- 
krone geſchmückt zu jeben. 

Doch Hatten Ludwig von Ungarn, der noch nicht einmal 
volljährig war, und Heinrich von England von vornherein 
feine Ausficht auf den Thron. Joachim non Brandenburg 
genoß perjönlich fein großes Anfehen, und es fprach gegen ihn 
wie gegen alle deutſchen Fürften der Umftand, daß Teiner als 


1) ©. darüber außer den S. 448 angeführten Werten und Abhand⸗ 
lungen von Mignet, Droyfen, de Lena, Rösler, Höfler und Baumgarten 
noch Lanz, Einleitung ©. 2160ff. Ranke, Deutfche Geſch. 1% 240 ff. 
Zanffen, Gefchichte des deutſchen Volles I, 580ff. Liste, Des pol- 
nifhen Hofes Berhältnis zur Wahl K. Karls V. in „Hiftor. Zeitſchr.“ 
XVI, 46ff. und die Abhandlungen und Mitteilungen von R. Pauli, 
Liste, Rezek, Baumgarten und Neuſtadt in „Forfch. 3. bentfchen 
Geſch.“ I. VII. IX. XVIO. XXXII. und XXV. 8b. 

Huber, Geſchichte fterreichs. ILL. 31 


482 Nivalität Karls von Spanien und Franz I: von Frankreich, 


mächtig genug galt, um das Anſehen des Neiches nah außen 
zu wahren und im Innern Frieden und Drbnung anfrechtzu- 
erhalten. Aus diefem Grunde lehnte auch Friedrich von Sachlen, 
der ſonſt vielleicht Ausficht auf die Krone gehabt Hätte,. jebe 
Wahl ab. 

Biele Anhänger des Haufes Ofterreih hätten die Wahl 
bed Erzherzogs Terbinand gewünfcht, der im Rufe ftand, mehr 
Geiſt zu befißen als fein langſam fich entwidelnder Bruder, 
und fih ganz der Regierung Deutichlande widmen konnte. 
Selbit die Regentin der Niederlande, Maximilians Fuge Tochter 
Margareta und deren Räte fprachen fich in einem Schreiben an 
Karl vom 20. Februar dahin aus, daß dieſer in bie Wahl feines 
Bruders willigen möchte, wenn es den franzöfifchen Umtrieben 
gelänge, ihm die Kurfürften abwenbig zu machen. Aber Fer⸗ 
binand war noch ohne eigenen Länderbeſitz und hätte ohne bie 
Gunſt feines Bruders weder die Hand nad ber Krone aus 
ftredden noch fie mit Würde tragen können. Karl war ſehr 
entrüftet über die ibm von feiner Zante gemachte Zummtung, 
auf die Krone zu verzichten. Er wolle, antwortete ex ihr, 
biefelbe erringen, es fofte, was e8 wolle. Die Wahl Ferdinands 
würde nur den Franzoſen nützen, welche, wenn ihr König nicht 
burchzufegen wäre, einen britten al8 Kandidaten aufzuftellen, 
Ferdinand von feinem Bruder zu trennen, die Macht des Hauſes 
Habsburg zu vernichten wünjchten. Seinem Bruder verſprach er, 
gleich nach Erledigung der Wahlangelegendeit fich mit der Teilung 
der Erbichaft ihres Großvaters zu bejchäftigen und fich dabei ihm 
gegenüber als Bruder zu benehmen; er möge ja entgegen. 
gejegten Einflüfterungen kein Gehör ſchenken. 

Sp Tamen doch nur zwei Bewerber ernitlich in Betracht, 
Karl von Spanien und Franz I. von Frankreich. 

Dem franzoſiſchen Könige war es unerträglich, daß Larl, 
der wegen einiger burgundiſchniederländiſcher Gebiete ſein Bafall 
war, die höchite weltliche Würbe der Chriftenheit und bamit 
den Vorrang ihm gegenüber erlangen follte. Aber auch das 
Intereſſe Frankreichs verlangte, daß Karl, deſſen Befigungen 
dieſes ſchon jet von Norden und Süben umfaßten, nicht auch 


Abneigung ber Deutſchen gegen die Wahl eines Ausläubere. 483 


noch die Herrſchaft über Dentfchland erlange. ‘Daher fekte 
Tranz alle Mittel in Bewegung, um feinem Rivalen den Rang 
abzulaufen und feine eigene Wahl zu erwirken. Drei Millionen 
Goldthaler, nach jetzigem Gelde 160 Milfionen France, äußerte 
er, wolle er verwenden, um zum Ziele zu kommen. Da auch 
ver Papſt Leo X., obwohl er eigentlich die Wahl eines weniger 
mächtigen Türften für das vorteilhafteſte gehalten Hätte, im 
Intereſſe jetner Familie feinen Einfluß zugunften des franzöfifchen 
Königs anwendete, und diefem Vollmacht gab, für feine Wahl 
den Erzbifchöfen von Trier und Köln den Karbinalshut, dem 
von Mainz die Würde eines päpftlichen Legaten in Deutſch⸗ 
land in Ausficht ftellen, jo ſchien eine Zeit lang wirklich die 
Mehrheit der Wähler für ven franzöftichen König zu fein. 
Auf die Stimmen der Kurfürften von Brandenburg, Trier 
und Pfalz konnte er fiher, auf die von Mainz und Köln, 
“ vieleicht auch Böhmen, wuahrjcheinlih rechnen. Um für ben 
Tall einer zwiefpaltigen Wahl feine Gegner raſch nieberwerfen 
zu können, ftellte er ein Heer an der DOftgrenze feines Reiches 
auf und ließ auch in Dentichland jelbft durch mehrere erkaufte 
Fürſten Truppen werben. 

Aber gerade dies Hat ihm nicht wenig gefchabet. Der ge 
waltthätige Herzog Ulrich von Württemberg, der mit dem von 
Frankreich geſchickten Gelbe ein Heer zuſammengebracht und bie 
Reichsſtadt Reutlingen überfallen und unterworfen hatte, wurde 
wegen dieſes Landfriedensbruches vom fchwäbifchen Bunde aus. 
jeinent Lande getrieben, und das Bundesheer nahm dann eine 
Aufftellung in der Nähe von Frankfurt, angeblich um die Frei⸗ 
beit der Wahl zu fichern, in der That aber um auf die Kur⸗ 
fürften einen Drud zugunften Karls auszuüben. Der Abel 
und die Bürger, bet denen Martmilian jo populär gemejen 
war, übertrugen ihre Liebe auch auf deſſen Enkel und die Ab- 
neigung gegen die Wahl eines Ausländers, befonders ber Haß 
gegen Frankreich äußerte fich in ben Rheingegenden in jehr 
fräftiger Weile. Man glaubte, die Kurfürften würden erfchlagen 
werden, went fie den franzöftihen König wählten. Da nun 
auch die Bevollmächtigten Karls es an Gelb und Verſprechungen 

81* 


484 Wahl Karls V. 


nicht fehlen Tießen und bie Kurfürften vom ebrgeizigen und 
berrichjüchtigen Franzoſenkönige die Unterbrüdung der „veutfchen 
Freiheit“, von Karl aber, der oft aus Deutichland abweſend 
fein mußte, die Förderung ihrer eigenen Macht und die Er- 
richtung des lange angeftrebten Neichsregiments erwarteten, To 
geitalteten fich die Ausfichten für Karl immer günftiger. Die 
Kurfürften von Trier und Brandenburg ftanden mit ihren 
Sympathieen für Frankreich ſchließlich ganz iſoliert. Auch der 
Papſt Tieß, als er die Unmöglichkeit erfannte, die Wahl Karls 
zu hindern, den früher dagegen erhobenen Proteft fallen. Am 
28. Juni vereinten fich alle Stimmen auf Karl von Spanien. 

Doch hatten die Kurfürſten ihre Vorrechte zu fihern und 
zu erweitern verfucht durch eine vom neuen Könige auszuftellende 
Berjchreibung ?), durch welche dieſer namentlich verfprechen 
mußte, ein aus Deutjchen bejtehendes Neichöregiment unter Bei- 
ziehung einiger Kurfüriten und Fürſten einzufegen und ohne 
Zuftimmung der Stände oder wenigjtens der Kurfürjten mit 
feinem fremden Staate ein Bündnis zu jchliegen und im Namen 
des Reiches Teinen Krieg anzufangen, alfo auch in Beziehung 
auf die auswärtige Politik fih Schranken fegen zu laſſen. Es 
war das erjtemal, daß der neugewählte König eine Wahl- 
Tapitulation bejchwören mußte, was von da an Regel ge- 
blieben ift. 

Der Befit Württembergs, deſſen fich ber ſchwäbiſche Bund 
am Frühjahr bemächtigt hatte, erwies fich für die vielföpfige 
Körperichaft bald als eine La. Man hatte anfangs die Ab- 
ficht gehabt, vasfelbe Ulrich unmündigem Sohne Chriftoph zu 
überlafien, für ben namentlich deifen Obeime, die Herzoge von 
Baiern, fich verwendeten. Es zeigte fich aber bald, daß das 
infolge der Mißwirtſchaft Ulrichs erjchöpfte und verjchuldete 
Land nicht imftande fein würde, dem Bunde die hohen Kriegs- 
foften zu vergüten. Da nun Ulrich um die Mitte des Auguft 
neuerbings einen Verjuch machte, fein Herzogtum zurüdzuerobern, 


1) ©. über diefe und beren Genefl8 DO. Walk in „Forſch. 3. deut⸗ 
ſchen Geſch.“ X, 218ff. 


Die Erwerbung von Württemberg. 485 


jo griff im Bunde die Anficht, daß nur ein mächtiger Fürft 
basjelbe gegen weitere Angriffe zu behaupten vermöge, immer 
weiter um fih. Da wurde e8 den kaiſerlichen Kommiflarien, 
deren Seele der Nieberländer Max von Zevenbergben war, 
nicht ſchwer, den Bund für die Abtretung bes Landes an Dfter- 
veich zu gewinnen. Am 6. Februar 1520 wurde der Vertrag 
geichloffen, vurch welchen der Bund Württemberg gegen Erjat 
ber Kriegsfoften in der Höhe von 210000 Gulden an Karl V. als 
Erzherzog von Dfterreih und feine Erben überließ. Der 
Kaiſer bevachte fich zwar lange, dieſes Abkommen zu genehmigen, 
da er ohnehin in der größten finanziellen Bedrängnis war und 
mehrere Kurfürften fich für Ulrich verwendeten. Da aber 
biefer felbjt auf Unterhandlungen nicht einging, jo wurde ber 
Vertrag Doc) endlich ratifiziert ). Die zerftreuten öfterreichifchen 
Befigungen in den Vorlanden wurden durch die Erwerbung 
Württembergs zu einer fompaften Mafje vereinigt, gegen welche 
bie zahlreichen kleinen Reichsſtände Schwabens vollftändig in 
den Hintergrund traten und durch welche auch die Eidgenofjen 
in Schach gehalten werben fonnten. 

Ye mehr aber die Befigungen des Hauſes Habsburg fich 
vergrößerten, um jo deutlicher ftellte fich die Unmöglichkeit her⸗ 
aus, daß Karl allein die Regierung verfelben in den Händen 
behielte. Denn die Sorge für die Behauptung des Faiferlichen 
Anſehens, die Negierung Spaniens, wo im Sommer 1520 
ein ſehr gefährlicher Aufjtand ausbrach, der Niederlande und 
Italiens wie die Rivalität mit Frankreich mußten diefen immer 
in Weſteuropa feithalten, während die Lage der dfterreichiichen 
Erbläuder dringend die Gegenwart eines eigenen Regenten er- 
forderte. Hier waren nämlich ſehr gefährliche Unruhen aus⸗ 
gebrochen, welche die Gewalt des Landesfürſten ernftlich be- 
brobten 2). 


1) 3. Wille, Die Übergabe des Herzogtums Württemberg an Karl V. 
„Forſch. 3. deutſchen Geſch.“ XXI, 521ff. 

2) Am grünblichfien handelt darüber V. v. Kraus, Zur Gefchichte 
Dfterreich8 unter Ferbinand I. 1519—1522. Ein Bild flänbifcher Partei- 
fümpfe (Wien 1873). Bgl. damit Dimitz, Geſch. Krains LI, 67 ff. 


486 Sturz bes nieberöfterreichifchen Regiments durch bie Stände. 


Der Kaiſer Max batte in einen Zufake zu feinem Teftantente 
beftinumt, daß bis zu weiteren Verfügungen feiner Entel bie 
Mitgliever der Regimenter und -die übrigen Beamten ibre 
Stellen behalten follten. Das nieberöfterreichtiche Regiment, 
deſſen bervorragenbfte Mitglieder Georg von Rottal als oberfter 
Hauptmann, Dr. Johann Schneivpöd als Kanzler, Lorenz 
Saurer als Vizedom und der Biſchof von Wien, Georg von 
Slatkonia, waren, Batte ſich aber bei den Ständen und ben 
Wiener Bürgern fehr unbeliebt gemacht; Willfürherrjchaft, 
Eigennug, Beftechlichkeit, Telbft Lanbesverrat wurben ben Mit⸗ 
gliedern desjelben vorgeworfen. ALS nun, vom Negimente be 
rufen, am 28. Januar der Landtag ſterreichs unter der Enns 
in Wien zufammentrat, bilvete fich gleich eine Iebhafte Oppo⸗ 
fition. gegen die Fortdauer der Gewalt besfelben. Obwohl die 
Regierung fich bereit erklärte, bis zur Ankunft der Landesfürſten 
fih durch einen ſtändiſchen Beirat zu verftärlen, verweigerte 
ihr doch die Mehrheit der Herren und Nitter unbedingt die 
Anerkennung. Diefe Partei nahm bis zum Empfang ber 
Huldigung durch die neuen Zandesfürften die Negierung für Die 
Stände in Anfpruch, der Hulbigung aber, erklärte fie, müſſe 
die Beftätigung der Landesfreiheiten durch den Fürften voran⸗ 
geben. 

Die Stimmung der Bevölkerung Wiens verhalf biefer 
Partei zum Siege, obwohl der Bürgermeijter Kirchhofer und 
der Stadtrat dem Regiment bereitd ben Eid ber Treue ge» 
ichworen hatten. Noch vor dem Zufammentritte des Landtags 
Hatte die ſtädtiſche Oppofition unter Führung des Univerfitäts- 
profeffors Martin Siebenbürger, genannt Capinius, eines an⸗ 
gejehenen NRechtsanwaltes, es durchgeſetzt, daß der Stadtrat 
duch 53 „Genannte oder Mitgliever des großen Bürger» 
ausjchuffes verjtärkt wurde. Als nun die Stände, welche fich 
über die Anerkennung des Regiments nicht einigen konnten, ven 
jonderbaren Beſchluß faßten, die Entſcheidung dieſer Trage dem 
Rate und der Gemeinde der Stadt Wien zu übertragen, ba 
Iprachen fich die „Genannten“ entjchieden im Sinne der Oppo⸗ 
fition aus, und endlich wurde auch der Bürgermeifter, der jogar 


—— 


Berbalten ber Stände in den übrigen Erblanden. 487 


am Leben bebroßt warb, gezwungen, fich gegen das Negiment 
zu erflären. Da ſich die Vertreter der übrigen Städte im 
Landtage nach dem Beifpiele Wiens richteten, fo hatten jetzt 
bie Gegner bes Regiments die Majorität, zu der am Ende 
jelbft der Landmarichall Kaſpar von Wollersporf übertrat. 

Der Landtag errichtete jekt eine neue Landesordnung und 
ſetzte ein ſtändiſches Regiment ein, beſtehend aus 64 Mitgliedern; 
16 ans jedem Stande, von denen der vierte Teil als „Land- 
räte” mit dem Landmarſchall, Untermarichafl und Lanpfchreiber 
jtändig die Regierung führen follte Dieſe Landräte, unter 
denen die Herren Michael Eizinger von Eizing und Hanns von 
Buchheim, Doktor Stebenbürger und beffen Geſinnungsgenoſſe 
Hanns Rinner, ehemals Stadtrichter und DBürgermeifter von 
Wien, bie bervorragenditen waren, rifjen num die ganze Regierung 
an ſich, bejegten die Stellen mit ihren Anhängern, bemächtigten 
fih ver Iandesfürftlichen Einkünfte und ließen fogar, als gäbe 
e8 keinen Landesfürften mehr, eigene Münzen prägen. Die 
Mitglieder des alten Regiments fanden nirgenbsmehr Gehor- 
am :und mußten fi nach Wiener Neuftabt In Sicherheit 
beingen. Ä 

In den anderen nieberöfterveichfehen Ländern, Steiermart, 
Renten, Krain und Ofterreich ob der Ens, erlaubten ſich die 
Stände keine offenen Eingriffe in die Befugniſſe des Landes⸗ 
fürften. Aber alle Landtage ignorierten doch das bisherige 
Regiment vollftändig und übertrugen die Verwaltung einem 
ſtändiſchen Ausichuffe. 

Kur in Tirol ging ber Landtag wie fpäter der von biefem 
beftelite ftändifche Ausichuß mit dem dortigen Negimente ein- 
trädytig Hand in Hand, und man traf eine Reihe zweckmäßiger 
Maßregeln zum Schutze des vandes nach außen. Aber bier 
geriet bald das Landvolk in Aufruhr infolge des großen 
Schadens, welden das vom Kaifer Mar forgfältig gehegte 
Wild an den Feldern ber Bauern angerichtet hatte. Trotz 
der Verordnungen ber Stände fielen alt und jung, Männer 
und Weiber über das verbaßte Not- und Schwarzwild ber. 
Die Bauern erklärten, der Kaiſer habe ihnen auf feinem Tod⸗ 


488 Unruhen in Tirol; Befchwichtiguug ber Gemüter. 


bette das Wild vermacht; auch hätten fie jet feinen Landes⸗ 
fürften, da Karl aus Spanien nicht in Diele Lande kommen 
würde; bemnach hätte auch das Regiment feine Gewalt. mehr. 
Vergebens fuchten Abgeordnete des ſtändiſchen Ausſchuſſes die 
Bauern zu beſchwichtigen; ſie mußten froh ſein, daß ſie ſelbſt 
mit dem Leben davon kamen. Als einmal die Bande der 
Ordnung gelöſt waren, griff die Anarchie immer weiter um 
ſich. Es gab keinen Gehorſam mehr, klagt der damalige Hof- 
richter des Kloſters Neuſtift. „Auf Straßen und bei den 
Städten wurden die Leute erſtochen, erwürgt und erſchlagen, 
und niemand war mit dem andern in Frieden. Die Edeln 
trauten den Bauern, die Bauern den Pfaffen und Handwerkern 
nit. Es war ganz keine Orbnung. Endlich ſchlugen fich die 
Gerichtsleute allenthalben zufammen und machten Bündnifſe 
mehr als je." Bis in den Sommer 1520 dauerten die Zu- 
ſammenrottungen der Bauern fort, und erft die Nachricht von 
ber Ankunft des Katjers in den Niederlanden wirkte abkühlend 
auf die erregten Gemüter !). 

Auch in den meiſten nieveröfterreichiichen Ländern gejtalteten 
fih die Verhältniſſe günftiger. für die Regierung. Nicht bloß 
bie Stände der inneröfterreichifchen Herzogtümer und Öſter⸗ 
reichs ob der Enns hatten in den erſten Monaten des Jahres 
1520 ben vom Kaiſer ernannten Rommifjären die Huldigung 
geleitet. Auch im Lande unter der Enns verlor die Oppo⸗ 
fition immer mehr an Boden und fah fich enblich faft nur 
auf die Stadt Wien beſchränkt. Aber es ftellte ſich doch auch 
immer deutlicher heraus, daß fich Dfterreich nicht als Annex 


1) Kirchmairs Dentwürdigfeiten, feit 1519 gleichzeitig aufgezeichnet, 
in „F. R. Austr. SS.“ I, 441ff. Dieje bat offenbar Dr. Angerer 
von Angerburg im feinem 1526 verfaßten „Hoch Stüfft Brirner- Neu- 
ftüfft und beren benachbarthen orthen ſonderbarn Zuefähl und Begeben- 
beiten von a. 1507—1525”, aus denen Th. Mairhofer im „Progr. 
d. Gym. zu Brixen”, 1862, Stüde in moderner Umformung mitgeteilt 
bat, großenteils wörtlich abgefchrieben und nur mit einigen Zufäten ver- 
mehrt. Nah ihm bat die Zahl der 1520 Erfchlagenen 2900 betragen. 
Bol. auh Brandis, Geſch. der Landeshauptleute, ©. 501ff. Sin- 
nacher, Beiträge VII, 171ff. Egger, Geich. Tirols II, 8Off. 





Überlafiung ber niederöſterr. Herzogtümer an Erzherzog Ferbinand. 489 


der Ipanifchniederlänbifchen Monarchie regieren laſſe. Was 
tonnte übrigens auch der unmittelbare Beſitz der öſterreichiſchen 
Länder für Karla V. Weltitellung für einen Wert haben, da 
dur den Kaiſer Max die Tandesfürftlichen Einkünfte aus den⸗ 
felben, Bergwerke, Saltnen, Zölle und Gerichte, großenteils 
berpfänbet worben waren !) und daher kaum die notwendigften 
Ausgaben davon gedeckt werben Tonnten? Auch konnte ber 
Erzherzog Ferdinand doch nicht ohne eigenen Landbeſitz gelafien 
werden, wenn man die Eheverträge mit dem böhmiſch⸗ungariſchen 
Königshauſe zur Ausführung bringen wollte. Denn daß nicht 
Karl felbft die Primeifin Anna heiraten fonnte, wie deſſen 
Bevollmächtigter Andrea da Burgo ben Ungarn während ber 
Verhandlungen über bie Raifermahl verjprochen Batte, unterlag 
feinem Zweifel. War er ja mit der Tochter des Königs von 
Frankreich verlobt, den er bei feiner gegenwärtigen jchwierigen 
Lage durch einen Bruch des Eheverſprechens ſich nicht zum 
offenen Feinde machen durfte, und bejtürmten ihm auch die 
Könige von Portugal und England mit Anträgen zugunften 
ihrer Töchter. 

Karl V. gab daher auf das Drängen ber ungarifchen Ge- 
fandten am 7. November 1520 die Erklärung ab, daß er 
ſelbſt verhindert fer, die Prinzeffin Anna zur Gemahlin zu 
nehmen, und daher einverftanven fei, daß fein Bruder Die be- 
reits abgeſchloſſene Ehe vollziehe. Zugleich erbot er fich, dieſem 
zu feinem Unterbalte die fünf unteren öſterreichiſchen Herzog- 
tümer (Ofterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnten 
und Krain) zu übergeben und biefe zu einem Königreiche zu 
erheben. Wenn aber Ferdinand e8 vorzöge, durch Kommiſſäre 
feine Anfprüche unterfuchen zu laſſen, fo erklärte Karl fich auch 
Dazu bereit. Auf Grund dieſes Anerbietens fam auf dem 
Wormſer Reichstage am 28. April 1521 ein Vertrag zwijchen 
beiden Brüdern zuftande, der indeſſen jedem das Recht wahrte, 


1) „Alle oder faft alle Renten und Einkünfte unferer Länder find 
verpfändet“, Hagt Ferdinand in einer Inftruftion für den an K. Karl 
geſchickten Geſandten vom November 1522 bei Baumgarten II, 198. 
Bezüglih der Einkünfte Tirols |. Kirhmair, ©. 443. 


400 ODer Brüffeler Bertrag. 


wenn er ſich verkürzt glaubte , eine neue Erbteilung zu ver⸗ 
langen 1). 

Ferdinand begab fich daher von Worms unmittelbar nach 
ben öfterreichifchen Herzogtümern, feierte am 26. Mat in Pinz 
feine Hochzeit mit Anna von Ungarn und Böhmen und empfing 
perjönlich die Huldigung feiner Unterthanen. Schon jetzt, als 
es fih um bie Errichtung eimer neuen Regierung für Nieber- 
Öfterreich . handelte, konnte man fehen, daß ein ſtrammeres 
Regiment eingeführt werben, daß bie gemütliche Art und Weife, 
mit der früher zwiſchen Fürften und Ständen verhandelt wor⸗ 
den war, einem anderen Tone Platz machen würde. 

Am Ende des Jahres begab ſich der Erzherzog nach den 
Niederlanden, um von ſeinem Bruder eine günſtigere Regelung 
der Erbſchaftsfrage zu erwirken. Denn gegen die früheren 
Verträge hatten Die Stände von Krain und Kärnten ſehr ernſt⸗ 
liche Vorſtellungen erhoben, da infolge derſelben die öſter⸗ 
reichiſchen Beſitzungen in Friaul, Trieft, die Grafſchaft Görz 
mit allen früher damit verbundenen Gebieten, die windiſche 
Mark und die kärntneriſche Grafſchaft Ortenburg zum Anteile 
Karls geſchlagen, alſo von jenen beiden Herzogtumern aus⸗ 
gedehnte Gebiete, die durch ihre Lage auf das engſte mit ihnen 
verbunden waren, getrennt und zu den Beſitzungen eines 
fremden Fürften geſchlagen worden wären. Karl V. trat nun 
in der That ſeinem Bruder auch dieſe Gebiete ab. Ja durch 
den Brüſſeler Vertrag vom 7. Februar 1522 überließ er ihm 
aus „aufrichtiger brüderlicher Liebe“ außerdem auch Tirol mit 
Vorarlberg, der Martkgrafſchaft Burgau, der Landvogtei in 
Schwaben und ben Grafichaften Hobenburg, Nellenburg und 
alle jonftigen Befigungen in Schwaben. Weiter übertrug er 
ihm das Elſaß mit dem Sundgau und der Landvogtei Hagenau 
wie den Breisgau, aber nur auf Lebenszeit, indem nach Ter- 
dinands Tode diefe Länder an den Kaifer oder jenen feiner 
Erben, der Burgund innebätte, zurüdfallen ſollten. Endlich 


1) Diefe und bie folgenden Teilungsverträge im Auszuge bei Bucholtz 
I, 154 fi. 


Beurteilung ber Länberteilung zwiſchen Karl und Ferdinand. 491 


trat er für einige Einkünfte, die Ferdinand von: Aragonien 
feinem jüngeren Enkel in Spanien vermacht Hatte, dieſem auch 
noch das Herzogtum Württemberg ab. Doch follte dieſer 
Bertrag ſechs Jahre geheim gehalten werben, fo daß Werbinand 
in Tirol und den Borlanden bie Regierung zunäcft nur als 
Karls Statthalter führte. Da ihm Dies manche Schivierigleiten 
bereitete, jo übertrug ibm der Kailer im Jahre 1525 Tirol 
offen. Im Jahre 1540 bat Karl dann auch auf den Rüdfall 
des Elſaſſes und ber damit verbundenen Gebiete verzichtet. : 
+ Durch die Verträge von Worms und Brüffel wurden Die 
weiten Befitzungen des Hauſes Habsburg wieber getrennt und 
zwei Linien, die fpanifche und bie öſterreichiſchdeutſche, gebilbet. 
Jene übernahm es, die Machtftellung des Haufes in Weſteuropa 
zu. behaupten, beſonders Frankreichs Lim-fich-gveifen zu hindern. 
Dieſe erhielt vorzüglich nach der Erwerbung Ungarns die Auf⸗ 
gabe, das chriſtliche Abendland, namentlich das Deutſche Reich, 
gegen die vom Südofſten heranſtürmenden Türken zu ber 
teidigen. Indem bei dieſem Abkommen die Niederlande nicht 
der deutſchen ſondern der ſpaniſchen Linie überlaffen wurden, 
iſt allerdings ihre Trennung von Deutichland vorbereitet 
worben. Wenn man indefien bedenkt, daß Frankreich nach dem 
Verluſte Mailands gerade nah Norden und Often fein Gebiet 
vorzufchteben. fuchte, daß aber die deutſche Linie unmöglich im- 
ſtande gewefen wäre, zur Zeit der höchſten Macht ver Türken 
auch den Kampf gegen die Franzoſen mit Erfolg zu beftehen, 
jo wird mar zugeben müfjen, daß diefe Art der Zeilung auch 
den Intereſſen Oſterreichs und Deutſchlands entfprochen hat. 

Erſt im Iımi 1522 kam Erzherzog Ferdinand wieder nach 
SOfterreich zurück. Daß er fich, ohne Wien zu berüßren, nach) 
Neuftadt ‚begab, mußten die Häupter ber ſtändiſchen Bewegung 
von 1519 als ein fehlimmes Vorzeichen anjeben. Er febte. 
nun zur Enticheivung der Streitigkeiten zwijchen dem alten 
Regimente und beffen Gegnern einen Gerichtshof von zwölf 
Perſonen ein, faft ausjchlieplih Fremde, welche beiden Teilen 
fern geftanden, aber freilich auch mit den Rechtsverhältniſſen 
Dfterreich nicht vertraut waren. 


492 Beſtrafung ber Häupter ber Stäubepartei in Oſterreich. 


Am 10. Juli begann der Gerichtshof die VBerbandlungen. 
Der Erzherzog jelbjt führte dabei den Vorfik, obwohl er ber 
deutſchen Sprache noch nicht recht mächtig war !). Am 23. wırrde 
das Urteil verkündet. Es ward ausgeiprochen, daß Das Regintent 
vermöge des Teftamentes Kaiſer Maximilians wie früherer An- 
ordnungen vollkommen berechtigt geweſen jet, die Verwaltung zu 
führen; dagegen babe e8 deſſen Gegnern nicht zugeftanden, Ver⸗ 
ſammlungen zu berufen, die Regierung zu entjegen und eine nette 
- Ordnung aufzurichten. Es wurde der Ständepartet namentlich 
zum Verbrechen angerechnet, daß fie auf die landesfürftlichen Ein⸗ 
fünfte ihre Hand gelegt, die Beamten in ihren Eid genommen, 
Münzen geſchlagen und den Blutbann verliehen hatte, und 
wurden beswegen alle für ftraffällig ertlärt. Der Erzherzog ſah 
nun zwar den Ständemitglievern die Strafe nach, behielt ſich 
aber vor, gegen die Urheber ber Rebellion einzujchreiten. 
Sogleich wurden Eizinger, Buchheim, Stebenbürger und Rinner 
und acht andere Wiener Bürger verhaftet und ihnen der 
Prozeß gemacht. Eizinger und Puchheim wurden am 9., Sieben- 
bürger, Rinner und vier Wiener Bürger am 11. Auguft in 
Neuſtadt öffentlich enthauptet. Sie ftarben al8 bie Bertreter 
einer Idee, die fich überlebt Hatte, als bie Vorkämpfer bes 
partifulariftiichen Ständewejens, das fich über ein Jahrhundert 
lang ver Ianvesfürftlichen Gewalt als gleichberechtigt, ja als 
übergeorbnet, an die Seite geftellt hatte, aber einem energifchen 
und durch einen mächtigen Rückhalt gebedten Vertreter des 
modernen Abjolutismus gegenüber beim erjten Zufammtenftoße 
zerichellte. 

Auch die Freibeiten der Stadt Wien wurden zugunften der 
Gewalt des Landesfürften befchnitten, ihre bisherige Autonomie 
vernichtet, die Verwaltung derfelben der Aufficht des Staates 
unterworfen ?). 

Entfrembete dieſes ftrenge Vorgehen gegen bie angejehenften 
Mitglieder der ftändifchen Partei dem Erzberzoge Ferdinand 

1) ©. Baumgarten I, 19, N. 


2) K. Weiß, Gefhichtsg. der Stadt Wien. 1. Abteil.: I. A. To- 
maſchek, Die Rechte und Freiheiten ber Stabt Wien I, ıxxff. 


Unzufriedenheit in Tirol. 498 


bie Gemüter eines großen Teiles ber Oſterreicher, ſo war die 
Stimmung in Tirol, wohin ſich derſelbe im Frühjahr 1523 
begab, feine beſſere. Er ftand damals unbebingt unter dem 
Einfluffe feines Schatmeifterd Gabriel Salamanca, eines 
Spaniers, dejjen Herrſchaft man um jo fchwerer ertrug, als 
er weder bie Sprache noch die Verbältniffe des Landes Tannte 
und e8 nicht verjchmähte, für jeine eigene Kaffe zu forgen. 
Auh wurde die Stellung Ferdinands dadurch erſchwert, daß 
er nicht als Landesfürft, jondern nur als Karls Statthalter 
auftreten konnte. Doch fette man es durch, daß der Landtag 
dem Erzherzoge zur Einlöfung ber verpfänbeten Kammergüter 
145000 Gulden und feiner Gemahlin 5000 Gulden bewilligte, 
Summen, wie fie jelbft der populäre Raijer Max nie erlangt 
batte. Denn der Zrienter Biſchof Bernhard von Cles ver 
jeiner finanziellen Not durch ein einträgliches Hofamt abzuhelfen 
jtrebte, und der von Brixen, Sebaftian Sprent, der am 
Fürſten eine Stüge gegen fein Kapitel und den ihm abgeneigten 
hohen Adel fuchte, jtellten fich unbedingt auf die Seite Fer— 
dinands. Auch die Meitgliever der Regierung glaubten nur 
durch unbedingtes Entgegenfommen gegen die Wünſche Des 
Hofes den Befig ihrer Ämter und Pfandſchaften vetten zu 
innen, und fie zogen ihre zahlveichen Freunde unter dem Abel 
mit fich, während der mit ihnen zerfallene Landeshauptmann 
Leonhard von Vöols ebenfalls die Gunft des Erzherzogs und 
feines Günftlings zu erlangen bemüht war. Als aber ber 
größere Teil der Mitgliever der Regierung dann doch befeitigt, 
ſelbſt Nichttiroler für diefelbe ernannt und die Finanzverwaltung 
ganz von Salamanca abhängig gemacht ward, berrichte unter 
dem Adel große Unzufriedenheit. Beſonders aber murrten bie 
unteren Vollsklaſſen über den Einfluß eines Fremden und ben 
zunehmenden Steuervrud. Man fürchtete, wenn nicht bald 
Abhilfe getroffen würde, „fo möchte wohl Schweiz Tirols Herr 
und Meifter werben”, und felbjt der Kaiſer bielt e8 auf bie 
Berichte feiner Agenten Bin für notwendig, auf die Befeitigung 
Salamancas binzumirken '). 

1) Baumgarten II, 320. 334, durch den alles, was Kirchmair, 


494 Bauernanfftänbe vor der Reformation. 


Die Abneigung gegen diefen Spanier ift auf den Ausbruch 
des Bauernaufitandes, der im Jahre 1525 auch Tirol wie 
andere oͤſterreichiſche Länder ergriff, nicht ohne Einfluß geweſen. 


Wenntes Kapitel. 


Die Anfänge des Proteftantismus in den öfterreidht- 
Schen Ländern und die Bauernaufftänbe. 


Es wäre ein großer Irrtum, wenn man glaubte, Auf- 
jtände ber Bauern in Deutichland feien eine Frucht der Re- 
formation geweſen. Sie reichen bis in bie Zeit Der Kriege 
gegen bie Hufiten zurüd, deren Lehren auch bei den ohnehin 
von Abneigung gegen die reichen Geiftlichen erfüllten beutichen 
Bauern vielfach Anklang fanden. Seit dem Beginne des letzten 
Viertels des 15. Jahrhunderts entfteht bald in dieſem, Bald 
in jenem Zeile des Reiches eine aufrühreriiche Bewegung unter 
den Bauern, ein „Bundſchuh“, wie man biefelben nach ihrem 
Symbole, dem bäuerlichen Riemenſchuh, nannte !). Auch Die 
öfterreichtichen Länder waren nicht unberührt geblieben, wenn 
auch die Urſachen Lokaler Natur fein mochten. Wie im Jahre 
1478 die Unzufriedenheit über Steuerdruck und Türlennot eine 
Erhebung der Bauern in Kärnten und im fteiriichen Ennstbal 
hervorgerufen hatte?), jo Hatten ähnliche Urfachen im Jahre 
1515 einen Bauernkrieg in Inmerdfterreich zur Folge). Die 
S. 459ff., über den Haß ber Tiroler gegen Salamanca fagt, beftätigt 
und ergänzt wirb. Bol. auch Brandis, Landeshauptlente, S. 536 ff. 

1) ©. über dieſe Aufſtände und Verſchwörungen und deren (teilweiſen) 
Zuſammenhang mit dem Hufitismus Janſſen ILie, 396 ff. 

2) ©. oben, S. 255. 

3) Am grünblichftien handelt über ihn Fr. M. Mayer im „Archiv 
f. dſterr. Geſch.“ LXV, 55136. 


Der Bauerufrieg in Iunerdfterreich (116). 48 


Steuern, welche die Stände dem Kaiſer Marimilian zu feinem 
Kriege gegen Venedig bewilligten, zablten fie. in ber Regel nicht 
jelbft, fondern wälzten fie auf, ihre Hinterſaſſen ab. Auch für 
fih fordern viele Grundherren, deren Einkünfte felbjt durch bie 
Zürfeneinfälle gejchmälert worben waren, von ihren Bauern 
erhöhte Leitungen an Gelb, Naturalien und Noboten ober 
trieben die bisherigen wenigſtens mit größerer Strenge ein. 
Die Bauern, ohnehin infolge ver ungünftigen politiichen Ver⸗ 
bältnifje in übler Zuge, ‚wollten aber neue Laften nicht über» 
nehmen, jondern beftanden auf ihrem „alten Rechte“ (stara 
pravda). Ä | 

Den Anlaß zur Erhebung boten die Gewaltthaten George 
von Thurn, ber von feinen Bauern in der Gottichee (im Fe⸗ 
bruar oder Anfangs März 1515) erjchoffen wurde. In kurzer 
Zeit verbreitete fich die Bewegung über ganz Krain. Überall 
rotteten fich die Bauern zujammen und verbanden fich etolich 
zum Kampfe für ihr „altes Recht“. Vergebens forderte ber 
Kaijer, der einer an ihn nach) Augsburg gefendeten Deputation 
die Aufrechterbaltung der alten Rechtsverhältniſſe veriprach, die 
Bauern zur Nieverlegung ber Waffen und zur Auflöjung ihres 
Bundes auf. Vielmehr begannen fie nach der Mitte des Mat 
den offenen Kampf. Mehrere Schlöffer wurben erobert und 
ausgeplündert, teilweije auch zerftört, einige Evelleute getötet. 
Bald jchlugen die Wellen ver Bewegung über die Örenzen 
Kraind hinaus. Süpfteiermarf bis hinauf nah Graz und 
Sleisdorf, wie die fünlichen und öſtlichen Thäler Kärntens 
wurden davon ergriffen. Selbſt einzelne Kleinere Städte und 
Märkte fympathifierten mit den Bauern. Die Bemühungen 
kaiſerlicher Kommiſſäre und jtändifcher Abgeordneter, die Auf 
ftänbijchen zur Ruhe zu bringen, waren erfolgloe. Es blieb 
fein anderes Mittel als die Anwendung der Gewalt. Doc 
genügte eine geringe Mannichaft, 350 Mann jtändiicher Zruppen 
und 300 vom Kaiſer gejenvete Fußfnechte unter dem Landes: 
verweſer von Kärnten, Veit Welzer, und bem ftetriichen Landes— 
bauptmann Sigmund von Dietrichitein, um in ber zweiten 
Hälfte des Juni die Baueruhaufen in den verichievenen Gegen, 


496 Gunſtige Lage ber beutfchen Bauern. 


den Kärntens zu zeriprengen und zur Unterwerfung zu zwingen. 
Die gefangenen Anführer wurden am nächſt beiten Baume 
aufgehängt. In Steiermark brachte der von ben inneröjter- 
reichiichen Rändern gewählte Feldhauptmann Georg von Herber⸗ 
ftein, ein erprobter Kriegemann, an ber Spite von 1500 
Mann zu Roß und zu Fuß Anfangs Juli den Bauern eine 
blutige Niederlage bei Cilli bei, überjchritt dann bei Neichen- 
burg die Save und unterwarf auch die Bauern Kraind. Bis 
Ende Auguft war der Aufftand überall unterdrüdt. Hinrich 
tung ber Rädelsführer, Geloftrafen gegen vie Aufitändtichen 
und Erhöhung der Örundgiebigleiten um einige „Bund-Pfennige“ 
jollten die Bauern für immer von dem Gedanken an eine Er- 
bebung gegen ihre Herren und die Errichtung von Bünden ab⸗ 
ſchrecken. Dagegen fand ver Wunich des Kaiſers, die Urfachen 
ber Unzufriedenheit der Bauern durch eine Unterjuchung ihrer 
Lage und eine Regulierung und Ermäßigung ihrer Leijtungen 
zu bejeitigen, bei den Stänven feinen Anklang. 

Man wird nicht behaupten können, daß der Grund ber 
Bauernaufftände in Deutjchland überall Die gedrückte Lage ge- 
weſen jet, wie dies in den imneröfterreichiichen Ländern, bie 
durch häufige Zürleneinfälle und Steuerdrud erjchöpft waren, 
obne Zweifel der Fall gewejen tft. Denn die Verhältniffe der 
deutichen Bauern waren damals in materieller wie in recht. 
licher Beziehung im allgemeinen viel günftiger als in ben fol 
genden Jahrhunderten. Auch die Hörigen Batten, wie die Hof. 
vechte oder Weistümer zeigen, beftimmte Rechte, Yreizügigkeit, 
Selbjtverwaltung und eigene Gerichtsbarkeit in weniger wich. 
tigen Angelegenheiten. Wie gut es den Bauern am Ende des 
15. und am Anfange des 16. Jahrhunderts in materieller 
Beziehung erging, jieht man daraus, daß in vielen Gegenden 
Deutichlands täglich zweimal Fleiſch auf den Tiſch fam und 
fogar dem Gejinde und den gut gezahlten Taglöhnern häufig 
Wein gereicht wurde ?). 


1) Zahlreiche Belege bei Sanffen I, 307. 314ff. Au Gothein, 
Die Lage des Bauernſtandes am Ende bes Mittelalters, vornehmlich tu 


Berihlimmerung berfelben am Beginn der Neuzeit. 497 


Aber die Abgaben und Leiftungen, bie anf den Bauern 
Tafteten, waren doch recht zahlreich und oft drückend !), und ges 
rade um diefe Zeit trat eine Verichlimmerung ihrer Lage eim. 
Snfolge des koloſſalen Lurus und der Ausbeutung des Volkes 
durch die großen Handelegejellichaften, welche die Preiſe auch 
notwendiger Gegenftände ungeheuer in die Höhe trieben, ge 
rieten viele Bauern wie die Handwerker in den Städten in 
Schulden. Auch das Umsfich-greifen: des römijchen Rechts, das 
ganz andere foztale und politiiche Zuftände zur Vorausſetzung 
hatte, wirkte ungünftig auf die Lage des Bauernftandes ein, 
indem bie in jenem gebilbeten Beamten die Hörigkeit in bie 
Leibeigenjchaft überzuführen, den Anteil der Hof- und Marl. 
genofjen an Wald und Weide zu beieitigen, die Selbftverwaltung 
abzujchaffen fuchten. Auch war eine Vermehrung der Steuern 
unvermeidfich, da infolge ber gefteigerter Anforderungen und 
des Sinkens des Geldwertes die Fürften und Grundherren mit 
ihren bisherigen Einnahmen nicht mehr ausreichten. Eine Ver⸗ 
größerung der bisherigen Abgaben und Leiſtungen wollten fich 
aber die Bauern um fo weniger gefallen lafien, als fie. da⸗ 
mals noch allgemein bewaffnet waren und die großen Erfolge 
der demofratiichen Elemente in der Schweiz auch ihr Selbit- 
bewußtfein gefteigert hatten. Es ermwachten fogar unter ben 
Bauern Ideen, weldye auf die Bejeitigung jedes Unterthanen- 
verbandes, anf die Abichaffung jeder Herrichaft als ber Des 
Kaiſers und Papftes binausgingen. Nur daß die Erhebung 
der Bauern in den verichievenen Zeilen des Weiches bisher 
nicht gleichzeitig erfolgt war, hatte ihnen ihre Gefährlichkeit ges 
nommen, ihre Unterbrüdung erleichtert. Aber ein.auf alle 
zugleich wirkender Anlaß mußte faft notwendig eine allgemeine 
Revolution hervorrufen. 

Diefen Anlaß bot bie religiöje Bewegung, welche zunächft 
durch Luther hervorgerufen und durch die Mißſtände in der 


Südweſtdeutſchland, „Weſtdeutſche Zeitſchr.“ IV, 1ff. meint, daß nicht 
die wirtſchaftlichen Zuftände tie Bauernaufftände verurfacht haben. 

1) Eingehende Unterſuchungen bezüglid Ofterreih8 bei 3. Ezerny, 
Der erfle Bauernaufftand in Oberöfterreih 1525, ©. 1—5l. 

Huber, Geſchichte Öfterreichs. III. 32 


4% Kirchliche Mißſtände in Ofterreich wie in Deutfchland. 


Kirche und die darüber in Deutichland herrſchende Unzufrieden⸗ 
beit ermöglicht worden ijt. 

Seitdem das Konzil von Baſel mit geringem Geſchick und 
noch geringerem Erfolg eine Reform der firchlichen Zujtände 
angejtrebt hatte, waren dieje nicht beijer, jondern eher jchlechter 
geworden. „Die Verleihung mehrerer Pfründen an eine und 
biefelbe Perfon; die Übertragung der höheren Würden nur an 
die Hoc» und Döchitgeborenen, die Gier nah Vermehrung 
tirchlichen Beſitzes; die Ausnugung des deutichen Volkes durch 
bie ungemefjenen Geldanforderungen des römijchen Hofes, den 
ärgerlichen Lebenswandel eines großen Teiles des Welt- und 
Ordensklerus; die Üppigfeit und Schwelgerei an ven Höfen 
jo mancher geiltliher Fürſten; gemwinnüßgige Ausnutzung des 
Heiligen; äußerliche Frömmigkeit und hanpwerfsmäßige Ver- 
richtung kirchlicher Übungen“ bezeichnet auch ein ftreng kirch— 
licher Geſchichtsſchreiber 1) als die jchweren Schäden, an denen 
die damalige Kirche krankte. 

Daß auch die öfterreichiichen Länder davon nicht frei waren, 
zeigen die Klagen, welche auf dem Ausichußlandtage in Inns⸗ 
brud im März 1518 die weltlichen Delegierten ohne Wider- 
ſpruch vonjeite der Geiftlichen über die firchlichen Zujtände err 
hoben 2) und bie vorzüglich in der Habjucht und Sittenlojigfeit 
des Klerus wurzelten. Obwohl die deutfche Kirche die reichfte 
der Welt war und man berechnete, daß ein Drittel des ganzen 
Grundeigentums fi in ihren Hänven befinde ®), jo juchten 
doch deren Glieder ihren Befig noch immer zu vermehren. 
Geiftliche, die von der römiſchen Kurie oder einem Fürſten be» 
günftigt wurden, bäuften Pfründe auf Pfründe, Stifter und 
Klöſter fuchten fich die beiten Pfarreien zu inforporieren. Die 
Inhaber guter Pfründen, die vor allem darauf fahen, „wie 
viel fie in Abjentia tragen”, verjteigerten diejelben und gaben 


1) Sanffen II, 6. 


2) Nah den Aufzeichnungen bes Prälaten von stlofternenburg im 
‚Archiv f. öſterr. Geſchq.“ XI, 247—251. 


3) Janffen I, 601. 


Schilderungen auf dem Ausfhuß-Landtage von 1518. 499 


ben Pfarrern Meine Befoldung, hielten auch nicht die hin⸗ 
reichende Anzahl von Hilfsgeiftlichen, jodaß die immer mehr 
anmwachienden Stiftmeffen !) nicht gehalten werden fonnten 
und man fich von der Verpflichtung, die geftifteten Meffen zu 
fejen, durch Radierungen in den Kirchenbüchern freimachte. 

Wenn bei den höheren ®etftlichen Gelderwerb ver einzig 
maßgebende Gefichtspunft war, fo darf man fich nicht wundern, 
wenn e8 bei ihren meift Ichlecht bezahlten Vilaren nicht anders 
war und fie ihr Amt als Einnahmsquelle ausbeuteten. „An einigen 
Drten (lagen die Delegierten) verlangen die Priefter für das 
Seelgeräte (Beerdigung u. |. w.) eines Mannes einen Sterbe- 
ochlen, einer Frau eine Sterbefub, auch dann, wenn nicht mehr 
Vieh auf den Gütern tft, oder aber einen anſehnlichen Geld⸗ 
betrag, den fie im Laufe der Zeit fort und fort gejteigert haben; 
fonft berauben fie dieſe Perjonen des geweihten Erdreiches“. 
„Die Priefter nehmen Geld für die Sünd, erlauben den offen» 
baren Ehebruch gegen Empfang von Geld und Zins, fo fie 
barauf jchlagen, und geben damit zu der Sünde Urfach, abjol- 
vieren auch die Zotfchläger von Geldes wegen und ftrafen bie 
Sünde im Sädel.” Früher aus guten Willen geftattete Samm⸗ 
lungen juchten bie Geiftlichen in eine bleibende Abgabe von 
Wein, Getreide, Käfe und Tleiich zu verwandeln. An manchen 
Drten unterfingen fich die Briefter auch, Weinſchänken zu halten, 
„wodurch in ihren Häufern viel Rumor und manchmal Tot—⸗ 
ſchläge vorfallen“. 

Daß das äußere Auftreten und das fittliche Verbalten folcher 
Priefter zu Tadel Anlaß gab, tft wohl felbftverftänplich und 
wird auch ausprüdlich bezeugt. Die Delegierten behaupten, 
daß diejelben zu nicht geringem Ärgerniſſe des gemeinen Mannes 
unehrbare und umnpriefterliche Kleidung und felbjt den Laien 
verbotene Wehr trugen und fogar mit Büchſen bewaffnet das 


1) Eine einzige abelige Dame ftiftete 1473 zu ihrem Seelgeräte 1000 
Seelenmefien; die Zahl der geftifteten Meſſen flieg in St. Florian zu 
Ende des 15. Jahrhunderts über 1700, darunter für ein Glieb ber 
Familie Starhemberg allein 365. A. Ezerny, Aus dem geiftlichen Ge- 
ſchäftsleben in Oberöfterreih im fünfzehnten Jahrhundert, ©. 52. 


32* 


500 Urſachen bes Erfolgs Luthers. 


Saframent zu den Kranken brachten, daß fie rauften und ein- 
ander ſchlugen und verlegten, daß fie verbächtige Dienftboten 
bielten und offen mit ihren Dirnen zubaufe faßen, „als wenn 
diefe ihre gegebenen Weiber wären". 

Mit diefen Klagen über die Habſucht und Sittenlofigfeit 
der Geiftlichen ftimmen Außerungen des Erzbifhofs von Salz 
burg und feiner Suffragane volllommen überein !). 

Unter ſolchen Verbältniffen darf man fich nicht wundern, 
daß die Angriffe, welche zahlreiche Humaniften jener Zeit gegen 
bie Kirche und deren Vertreter und Lehren richteten, einen fo 
empfänglichen Boden fanden und daß das Auftreten Luthers 
von fo gewaltigen Folgen begleitet war. Unter anderen Um⸗ 
ftänden würde das Anfchlagen der 95 Thejen gegen einzelne 
Mißbräuche bei Verkündigung des päpftlichen Ablaffes (am 
31. Oktober 1517) und die daran fich knüpfende Polemik wohl 
Streitigkeiten unter den Theologen, aber feine tiefer gehende 
Dewegung im Volle hervorgerufen haben. Damals aber, wo 
das Anſehen des Klerus erichüttert, die Entrüftung über bie 
Ausbeutung Deutſchlands durch die römische Curie in weite 
Kreiſe verbreitet war, fanden bie leivenjchaftlichen Angriffe 
Luthers gegen den Papft, die Curie und die privilegierte Stel- 
lung der Geiftlichen allgemeinen Beifall und fehr viele gerade 
der evelften und gebilvetften Männer Deutſchlands wendeten 
ihm ihre Sympathieen zu, weil fie infolge deffen eine Reform 
der Tirchlichen Zuftände erwarteten. 

Auch in den öjterreichtichen Ländern fand Luther zahlreiche 
Anhänger. 

Anfangs fette fi der Verbreitung feiner Lehren niemand 
ernjtlich entgegen, da der Erzherzog Ferdinand erft im Sabre 
1521 nach den Erblanden kam, ein Teil der Regenten aber 


1) Ezerny, Der erfte Bauernaufftand, S. 64ff. Auch ber Erz⸗ 
herzog Ferdinand fagt in einer Inftruttion für einen an feinen Bruder 
geſchickten Geſandten im Jahre 1524, die Iutheriiche Bewegung fei haupt- 
ſächlich dadurch entſtanden, quod fere universus ecclesiasticus ordo re- 
ferat magis carnem et seculum quam spiritum et religionem. „Arc. 
f. öſterr. Geſchq.“ 1,2, 111. 


Ausbreitung des Luthertums im Erzherzogtum Ofterreih, 501 


jelbjt zum Luthertum hinneigte. Sirchenfeindliche Bücher wurden 
z. B. in Wien lange ungehindert gebrudt und verbreitet. Als 
bie theologiſche Fakultät dagegen Schritte thun wollte, fand fie 
weder bet der Stadt noch beim Wiener Bifchofe Georg Slat- 
fonia irgendwelche Unterjtügung. Nicht einmal die Belannt- 
machung der päpftlichen Bulle, welche die Lehren Luthers ver- 
dammte, konnte die Fakultät durchlegen, da Rektor und Statt» 
balter entjchievden dagegen waren. Wie konnte man übrigens 
von den Laien ein energiiches Auftreten gegen das Luthertum 
erwarten, wenn der Biſchof rubig zufab, wie bis zum Sabre 
1524 jelbit in der Burgfapelle ketzeriſche Lehren geprebigt 
wurden, und es geftattete, daß Baul Speratus, ehemals ‘Dom- 
prebiger in Würzburg, dann in Salzburg, ber öffentlich mit 
feiner Frau fich zeigte, im Sanuar 1522 die Kanzel in ber 
Stephansfirche beftieg und gegen die Slloftergelübde und für 
bie Priejterehe und bie Rechtfertigung durch den Glauben allein 
predigte? Erſt als Slatkonia jtarb und im November 1523 
Johann von Revellis Biſchof von Wien ward, wurden auf 
Defehl des Erzherzogs Ferdinand ftrengere Maßregeln ergriffen. 
Mehrere Geiftlihe wurben eingeferfert, ein Wiener Bürger, 
Kaſpar Tauber, der fich weigerte, feine Anfichten zu widerrufen, 
am 17. September 1524 bingerichtet !). 

Deffenungeachtet griff das Luthertum immer weiter um fich, 
da zahlreiche Geiftliche, befonders Barfüßermönche, dasfelbe be- 
gierig ergriffen und verbreiteten und auch die angefebenften 
Adeligen fich demſelben anſchloſſen. Schon 1521 hatte ber 
Landeshauptmann des Landes ob der Enns, der reihe Wolf- 
gang Sörger, feinen älteften Sohn an den fächfiichen Hof nad) 
Wittenberg geſchickt, um ihn von Luther unterrichten zu lafjen. 
Im Juni 1525 ftellten fogar die Stände Oberöfterreih8 an 
ben Erzherzog die Bitte, er möge geftatten, daß das Evan 
gelium „lauter und ohne Zufag” geprebigt werde ?). 

1) Kink L1, 237ff. und L,2, 120ff. TH Wiedemann, Geld. 
der Reformation und Gegenreformation im Lande unter der Enns J, 
10—44, 

2) Eerny, Der erfte Banernaufftand, ©. 53 ff., mit näheren Angaben 
über die Ausbreitung bes Proteftantismus in Oberöſterreich. 


502 in Inneröſterreich und Tirol. 


Etwas langſamer verbreitete ſich das Luthertum wahrjchein- 
ih in den innerdjterreichiiben Herzogtümern, bie geringeren 
Berlehr mit Nord- und Mittelveutichland hatten. Aber an 
Belennern fehlte e8 demielben auch Hier nicht. Bezüglich Krains 
Hagt der Biſchof von Laibach, im Oftober 1525, daß Prediger 
widerwärtige Sachen auf die Kanzel brädten und baß die unter 
dem Erzpriefter des Patriarchen von Aquileja ftehenden Geift- 
lichen fürzlich die Meſſe nicht mehr in ver bisherigen Form 
gelejen Hätten ?). 

Um fo zahlveichere Anhänger fanden die neuen Lehren ver- 
hältnismäßig früh in Tirol. 

Schon im Jahre 1521 fam Dr. Jakob Strauß aus Baſel, 
einer der erjten Verehrer Luthers, von Berchtesgaden her ins 
Innthal und predigte zuerft in Schwaz und dann feit dem 
Sunt in Hall unter ungeheuerem Zulaufe von Bürgern und 
Bauern, ſodaß ihm die Kirche im Trauenklofter zu Hall zu 
Hein warb und er in ber großen Pfarrlirche und bet ſchönem 
Wetter oft auch im Freien feine Lehren verkündete. ‘Den Bor» 
ladungen des Biſchofs von Brixen und deſſen Befehle, das 
Predigen zu unterlaffen, leijtete er feine Folge, weil der Stabts 
rat und die Bürger von Hall auf feiner Seite ftanden und 
auch das Regiment in Innsbrud den Wünjchen des Biſchofs 
nicht entgegenfam. Erſt als diefer im April 1522 der Res 
gterung amzeigte, daß er fih an den Sailer gewendet babe, 
fegte diefe beim Nate von Hall die Entlafjung des Prediger 
dur. Aber jchon im September wurde Urban Regius, che» 
mals Profeſſor in Ingolftadt, dann Domprediger in Augs— 
burg, als Prediger angeftellt, der in gleichem Geiſte wirkte. 
Nah einem Sabre mußte freilich auch er weichen. Aber der 
Same, den diefe beiden Männer ausgeftreut, ift gewiß nicht 
aller auf unfruchtbares Erdreich gefallen. Gerade in Hall 
wurden 1523 Iutheriiche Bücher und Schriften öffentlich ver⸗ 
fauft und gefauft 2). 

1) Dimit II, 194. 

2) ©. Ruf, Dr. Jacob Strauß und Dr. Urban Regius. „Archiv 
für Geſch. Tirols“ II, 67ff. Bgl. denfelben a. a. O. IIL 354, und 


Berbreitung wiedertäuferiſcher Anfichten. 503 


Auch unter den einheimiichen Klofter- und Weltgeiftlichen 
fanden die Lehren Luthers vielfach Beifall. Im Sabre 1523 
wurde ein Chorherr von Innichen eingeferfert, weil er in ber 
Umgegend und im Thale Billgratten lutheriſche Traktätlein 
und Artikel verbreitet hatte). Im Frühjahre 1524 ſah ſich 
die Regierung in Innsbrud veranlaßt, eine Kommilfion in das 
Eifterctenferflofter Stams zu jchiden, wo ein Weltpriefter im 
feinen Predigten für lutheriſche Anfchauungen Propaganda 
machte und auch bei den Mönchen Beifall fand. In faft allen 
Zellen fanden die Kommiffäre Yuthertiche Schriften. Sechs 
Ordensprieſter weigerten fich entjchieven, ihren Glauben abzus 
Ichwören, „Luther ift noch nicht überwunden”, erklärten fie. 
Zum Schuge der Geiftlichen erfchienen nicht bloß die Gottes- 
bausleute in Waffen, jondern auch die Bauern der ums 
liegenden Gerichte, ohne indeffen diesmal zu Thätlichkeiten zu 
Ichreiten 2), Um dieſelbe Zeit predigten in Schwaz, dem Site 
zahlreicher Bergfnappen, zwei Franzisfanermönche, die aus dem 
dortigen Klojter ausgetreten waren und, wie e8 hieß, jelbit als 
Arbeiter eintreten wollten. Auch Weltgeiftliche waren an manchen 
Drten im gleihen Sinne thätig 3). Selbft ein Schneidergeſelle 
aus Nieder: Bintl predigte in Brixen auf offenem Plage „wider 
die hriftliche Ordnung, geiftliche und weltliche Obrigkeit und ge» 
meine Priejterjchaft” *). 

Diejes Auftreten eines Laien hängt wahricheinlih mit ber 
Verbreitung wiedertäuferiſcher Anfichten zufammen, die auch in 
Tirol früh Anhänger fanden. Schon im Jahre 1524 wurden 
in Innsbrud drei Männer Hingerichtet, von denen einer „bei 
400 Seelen in fol verdammten Irrtum verführt gehabt” 5). 


Fr. Waldner, Dr. Jakob Strauß in Hall und. feine Predigt am grünen 
Donnerstag 1522. „Zeitfchr. d. Ferbinandeum“, 3. Folge XXVI, 3ff. 

1) Sinnuader, Beiträge VII, 194f. 

2) Schönherr, Das Luthertfum im Klofter Stams. „Arc. f. Geſch. 
Tirols“ II, 82 ff. 

3) ©. Rufa. a. O. III, 355. 

4) Sinnader, Beiträge VII, 195. 

5) Brandis, Landeshauptleute, S. 541. 


504 Ausbruch des Bauernkrieges in Deutfchland. 


Die Lehren Qutbers, welche durch wandernde Prediger und 
zahllofe Slugichriften in populärem Zone überall hin verbreitet 
wurden, Tonnten unter den unteren Volksklaſſen nur umwälzend 
wirten. Schon die fuftematiiche Untergrabung der Achtung vor 
ben bisher am fefteften begründeten Autoritäten mußte auch 
das Anſehen jener Gewalten untergraben, die nicht direkt an« 
gegriffen wurden. Wenn man den Bauern die evangelijche 
Vreibeit predigte, jo faßten fie den Begriff der Freiheit all« 
gemein und dehnten ihn auch auf die ftaatlichen und fozialen 
Berbältniffe aus. Wenn man ihren die Menfchenfatungen als 
Zeufelöwerf Hinjtellte, jo begannen fie zu unterfuchen, ob denn 
die Leibeigenichaft und die verjchiedenen Abgaben und Leiftungen 
in der Bibel begründet feier. Nachdem man dem Vollke un« 
zäbligemale erflärt hatte, daß die Kirche fih nur vom Schweiße 
des Volkes gemäjtet babe, zog biefes den Schluß, Daß es er» 
laubt jei, das ihm Abgepreßte wieder an fich zu ziehen und bie 
Kirhengüter zu plündern und für fich in Anjpruch zu nehmen. 
Bei der allgemeinen Unzufriedenheit mit ven beftehenden Ver⸗ 
bältniffen und der gewaltigen Gährung, die jchon lange im 
Volke befonders unter den Bauern herrichte, darf man. fich 
nicht wundern, wenn enblih bie Spannung auf gewaltiame 
Weiſe fich Luft machte. 

Schon im Jahre 1524 rotteten fi die Bauern in einigem 
Herrſchaften des ſüdlichen Schwaben zuſammen und veriweigerten 
ihren Herrn bie bisherigen Dienfte und Abgaben. Im Fe⸗ 
bruar 1525 erhoben fich die Allgäuer Bauern, aufgereist von 
zahlreichen Prebigern, und gleichzeitig die Bauern am Boden⸗ 
fee. Im einigen Wochen verbreitete fich. der Aufftand mit allen 
feinen Greueln über das nördliche Schwaben, Franken und 
Thüringen bi8 Sachlen, anberjeitS längs des Rheins abwärts. 
bis Koblenz und in die Nähe von Trier. Zahlreiche Stäbte, 
in denen bie unteren Volksklaſſen das. Übergewicht hatten, 
fchloffen fih den Bauern an. Auch die ftäbtiichen Obrigleiten 
Iympathifierten mehrfach mit der Bewegung, foweit fie gegen 
den Klerus und die hergebrachten Firchlichen Zuftände gerichtet 
war. 


Die Erhebung der Banern in Tirol. 505 


Die Wogen, welche der Sturm in Schwaben aufgewühlt, 
Ichlugen auch nach den Thälern Tirols hinüber, wo das Volk 
ichon feit Tängerer Zeit in großer Erregung war und ver« 
ſchiedene Gewaltthaten begangen batte, ſodaß in Brixen allein 
binnen brei Wochen 47 Perſonen deswegen bingerichtet wurben. 
Am 10. Mat 1525 befreiten bie Bauern ber Brirner Gegend 
den Peter Paßler, einen Puftertbaler, der wegen Landfriedens⸗ 
bruchs zum Tode geführt wurde. Im der Nacht des 11. Mai 
drangen bie wilden Scharen, angefeuert von ben Bürgern 
Brixens, in diefe Stadt ein, plünderten und verwüſteten bie 
Häufer der dortigen Geiftlichen und Aoeligen, zogen Hierauf, 
5000 Mann ftark, nach dem Klofter Neuftift und raubten es 
vollftändig aus, ſodaß es einen Schaden von 25000 Gulben 
erlitt. Zu ihren Oberften wählten fie nun den Michael Gaiß⸗ 
mayr, eines Knappen Sohn von Sterzing, der früher Schreiber 
des Landeshauptmanns, bierauf Sekretär des Biſchofs von 
Brixen gewejen war und bie radikalſten politifchen und fozialen 
Anfichten vertrat. 

„Run“, bemerkt ver damalige Hofrichter in Neuftift, „ging: 
im ganzen Land das Plündern der Pfaffen an. Es gab feinen 
noch fo armen Priefter, er mußte das Seine verlieren. Das 
nach überfielen fie viele Edelleute und ververbten deren viele; 
denn niemand konnte fich fo ſchnell zur Wehr richten.” Bon 
Briren aus verbreitete fich der Aufſtand einerfeits nach dem 
weftlichen PBuftertbal, wo das Nonnenklojter Sonnenburg aus. 
geplündert ward, anderfeit8 den Eifad abwärts in Die Gegend 
von Bozen, von da die Etſch binauf über Meran bis ins 
Bintichgau und Togar hinüber nad dem Nons- und Sulzberg 
und binab in die Umgebung von Trient. Mehrere Klöſter 
und zahlreiche Pfarrhäufer, auch einige Schlöffer wurben aus» 
geraubt und verwüftet, im Kloſter Steinach bei Meran mehrere 
Nonnen ermordet. Im Ober⸗Innthale wurde das Klofter 
Stams ausgeplündert. In der Gegend von Innsbruck und 
Hall fanden Zufammenrottungen der Bauern ftatt. Der ver» 
haßte Salamanca hatte fich rechtzeitig nach Bayern geflüchtet '). 

1) ©. im allgemeinen Egger II, 90ff., und dazu befonders Kirche 


506 Die Aufftände im Salzburgifcgen, in Oberöfterreih u. Steiermarf. 


Der Aufftand in Tirol war auch für Die Salzburger das 
Signal zum Losihlagen. Um den Auffahrtstag (25. Mai) 
erhoben ſich die Bergknappen in der Gaſtein und die Bauern 
im Pinzgau, dem tirolifchen Brirenthal und anderen Thälern 
„zur. Beſchützung des Evangeliums”, rüdten nah Salzburg, 
wo die untern Volsklaſſen fich ihnen anfchloffen, und belagerten 
den ſchon früher unbeliebten Erzbiichof, den Kardinal Matthäus 
Lang, auf der Feſte Hohenjalzburg, um ihn zur Abdantung zu 
zwingen ?). 

Aus dem Salzburgiichen griff die Flamme der Empörung 
auch nach dem Lande ob ber Enns hinüber. Am 1. Juni ew 
griffen die Bewohner von St. Georgen im Attergau die Waffen, 
und von da aus verbreitete fich die Bewegung auch nad) den 
benachbarten Herrichaften. Wenn e8 auch bier zu feinen ſchwe⸗ 
teren Ausfchreitungen oder gar zu Blutvergießen fam und bie 
Bauern den Weg der Verhandlungen einjchlugen und durch 
eine Deputation an ben in Innsbruck weilenden Erzherzog eine 
Abhilfe ihrer Beſchwerden durchzujegen juchten, jo wurden doch 
überall den Grundherren die Abgaben und Roboten verweigert ?). 
In Auffee und in der Gegend zwilchen Wien und Neuftabt 
waren die Bauern jchon im Dat in Gährung ?). Nach ver 
Erhebung der Salzburger griff die Empörung unter den Bauern 
und Bergfnappen Oberjteiermarfs noch weiter um fich. 

Eine allgemeine Umwälzung ſchien wie in Deutichland fo 
auch in den öfterreichiichen Ländern bevorzujtehen und beim 
Mangel ftehender Heere war es fchwer, den Aufitand nieder⸗ 
zuwerfen. Faſt wehrlos jaß der Erzberzog Ferdinand in Inns⸗ 
bruck, überall von Gefahren umringt. 


mair, ©. 466. 470ff. Angerer im „Programm von Brixen“ 1862, 
S. 14ff. (mit den Noten). Brandis, ©. 54ff. Sinnader VII, 
205ff. P. Suftinian Ladurner, Der Bauernrebell im Nons⸗ und 
Sulzberge. „Archiv f. Geſch. Tirols“ IV, 8bff. Ruf, ebd. III, Bö3fl. 

1) ©. A. Bihler, Salzburg’8 Landes-Geſch., ©. 311. 

2) Ezerny, ©. 75ff. 

3) Bericht des nieberöfterr. Hofrats an Erzh. Ferdinand vom 22. Mai 
im „Notizenblatt ber kaiſ. Atad.“ 1859, ©. 68. Bericht ©. v. Dietrich“ 
flein im „Archiv. f. öfter. Geſchq. XVII, 136. 


— ———— — - - ni nee. 


u Ar 


Charakter der Erhebung in Tirol. 607 


Defjenungeachtet verlor derſelbe den Mut nicht, umd nach 
wenigen Monaten hatten ſich die dunklen Gewitterwolfen zer- 
jtreut, wenn auch noch in einzelnen Gegenden ber Donner 
rollte. 

Es war von großer, vielleicht entſcheidender Wichtigkeit, 
daß in jenem Lande, wo die Bauern am webrbafteften waren, 
und von den Zerrainverhältniifen am meijten begünftigt worden 
wären, ſich fehr viele am Aufitande gar nicht beteiligt und 
auch die anderen nach wenigen Tagen wieder einigermaßen be- 
rubigt hatten. Die tiroliihen Bauern konnten ſich nicht über 
den Drud der Herren beklagen, da die meijten ihre Güter als 
freies Eigen beſaßen. Auch hatten fie bier eine Vertretung auf 
dem Lanbtage, fie waren gewöhnt, dieſen al8 das Forum zu 
betrachten, dem bie Entſcheidung der Landesangelegenheiten zu⸗ 
komme. Als der Erzherzog die Einberufung eines Landtages 
veriprach, hörten wenigitens die offenen Gewalttbaten faft über« 
all auf, und die Gerichte gingen an die Beratung ihrer Bitten 
und Beſchwerden, bie der Regierung überreicht wurden. 

Die Bauern der Meraner Gegend beriefen zu dieſem 
Zwede trot des Verbotes des Erzherzogs je zwei Abgeordnete 
aller Städte und Gerichte, aus deren Beratungen ein geradezu 
revolutionäres Programm hervorging. In 106 Artikeln wurde 
eine vollftändige Umgeftaltung der polittichen, religidjien und 
fozialen Verbältniffe Tirols in Ausficht genommen. An bie 
Spite wurde die Forderung geftellt, daß die Grafſchaft Tirol 
mit ihren Bistümern, Klöftern, Sclöffern und ®erichten nur 
dem SLandesfürften gehören, alle Einkünfte berjelben dieſem 
überantwortet werben, dagegen aber auch der Erzherzog ohne 
Bewilligung des Landes nichts verpfänden oder verſchenken jollte. 
Die Bistümer und Klöfter, bis auf höchſtens drei mit einer 
beſchränkten Zahl von Mönchen, vor allem die Bettelklöſter, 
folften aufgehoben, in jevem Gerichte nur ein Pfarrer beis 
behalten werden, die Briefter das Wort Gotted und das Evan 
gelium ohne Zufag (wie Luther lehrte) verfünden !) und fich 

1) Auch in der „Supplication“ ber innthaliſchen Gerichte Tauer, 
Rettenberg, Sonnenburg u. f. w. (bei Rapp, Über das vaterlänbifche 


NT 


508 Die Verhandlungen des Tiroler Landtags. 


ebrbar und ftandesgemäß aufführen, fein Geiſtlicher mehr als 
eine Pfründe befigen und perfönlich biefelbe verjehen, Die Städte 
und Gerichte das Recht haben, ihren Pfarrer felbft zu wählen 
und zu entiegen, alle Stolgebühren abgeichafft, Vermächtniſſe 
an. Geiftliche verboten, von dem Überfluffe der reichen Pfarreien 
und Pfründen in jeder Stabt und jedem Gerichte ein Spital 
gegründet und Hausarme unterjtügt werben. 

In politiicher Beziehung verlangten fie Bejegung der Re⸗ 
gierung in. Innsbrud mit verftändigen, ebrlichen Lanbleuten, 
bie ven Zandesbrauch kennen, nicht mit fremden Geiftlichen oder 
Doktoren, Gleichheit aller vor Gericht, bejchleunigtes Verfahren, 
Aufhebung der Aſhle, Wahl der Gerichtöbeamten durch die Ge⸗ 
meinden, Abjchaffung aller örtlichen Statuten und Gebräuche 
und Einführung eines gleichen Nechtes für das ganze Land und 
alle Stände, wie gleicher Maße und Gewichte, Freigebung der 
Jagd und Filcherei, Verbot der großen Handelsgeſellſchaften 
und des Verkaufes und Wuchers, endlich vollftändige Aufhebung 
der Leibeigenjchaft, der Roboten und mancher anderer Leiftungen 
und Abgaben '). 

Diefe Meraner Artikel jollten die Grundlage für die Be- 
ratungen des Landtages bilden, der am 12. Juni in Innsbruck 
exöffnet wurde. Die Verhandlungen drohten ſehr ſtürmiſch zu 
werden. Die Vertreter der Bauern, teilweile der radilaliten 
Richtung angehörend, gaben anfangs den Ton an. Die Geijt- 
lichen wurden von vornherein von der Teilnahme ausgeichloffen. 
Der Adel, ohnehin entmutigt, wurde nur zugelafjen unter der 
Bedingung, daß er in allen billigen Sadıen zu den Bauern 
balte. Bon der Abftimmung nah Ständen ſah man ganz ab, 
und es wurde das Einkammerſyſtem eingeführt. 

Der Landtag machte in der That die von der. Dieraner 
Verſammlung aufgejtellten Forderungen zu feinen eigenen und 


Statutenwefen. „Beiträge zur Geſchichte 2c. Tirols“ V, 189ff., vgl. 29) 
wurbe diefe Forderung in den Vordergrund geftellt. 

1) Jörg, Deutfchland in der Nevolutions- Periode von 1522— 1526, 
©. 537 ff. 





Einigung bed Erzherzogs mit bemfelben. 509 


legte fie durch feinen Sprecher, den DBürgermelfter von Inns⸗ 
bruck, dem Erzherzoge vor. Diefer zeigte aber trot feiner 
Jugend und feiner bebrängten Lage eine große Teitigfeit. Im 
feiner Antwort machte er darauf anfmerliam, daß er nur 
Oubernator von Zirol jei und ohne Wiſſen des Kaifers feine 
neuen Statuten machen könne, daß die, allerding® notwendige, 
Neformierung des geiftlidhen Standes nicht Sache eines Fürften, 
fondern aller chriftlichen Herricher fei, daß bie geforderte Sä⸗ 
Tularifierung der Bistümer Brixen und Trient ohne Buftim- 
mung des Reichsoberhauptes unmöglich, die Einziehung der 
Kirchengüter eine Rechtsverletzung, alfo auch gegen das Evan» 
gelium fei, die Wegnahme ber Güter ausländtfcher Kirchen 
auch einen Krieg heraufbeſchwören Tonne. Da nun unterbefien 
die Heere der beutichen Bauern von den Fürften und dem 
ſchwäbiſchen Bunde nad einander gefchlagen und meiſt auf- 
gerieben tworben waren, fo erhielt auch auf dem tirolijchen 
Landtage die gemäßigtere Partei das Übergewicht. Ander⸗ 
ſeits machte der Erzherzog den Bauern, für deren Wünfche 
ſich nicht Bloß die Bürger, fondern in manchen Dingen auch) 
bie Adeligen ausiprachen, in politifcher und religiöſer Beziehung 
nicht unweſentliche Zugeftändniffe. Er nahm am 21. Juli die 
weltliche Verwaltung des Hochſtiftes Briren „bis auf eines 
gemeinen Konziliums ober des heiligen Reiches Reformation“ 
in ſeine Hände !) und genehmigte eine neue Landesordnung, 
bas „fünfundzwanzigjährtge Landlibell“, in welcher auf die For⸗ 
derungen der Bauern mehrfach Rückſicht genommen wurbe. 
Manche bisherige Abgaben an bie Grundherren wurben abge 
Ihafft oder vermindert; alle Roboten, bie nicht wenigſtens 
fünfzig Sabre beftanden hätten, follten aufgehoben, Bauerngüter, 
deren Überbürbung durch eine gerichtliche Unterſuchung feftgeftellt 
würde, erleichtert werben. "Auch ber Wunfch nach Einführung 
gleiher Maße und Gewichte wurde erfüllt ?). In einer provi⸗ 


1) Bucholtz IX, 642F. 
2) Eine foftematifche Zuſammenſtellung des Inhalts dieſer Tiroler 
Landesordnung von 1526 (in welchem Jahre fie gedruckt ward) bei Rapp 


510 Unterbrüdung bes Aufftandes in Wälſchtirol 


joriih „bis auf ein gemeines Konzil oder Erläuterung des 
Reiches“ eingeführten „Dronung bes geiftlichen Standes“ "wurde 
unter andern verfügt, daß bie ©eiftlichen in weltlichen An⸗ 
gelegenheiten der weltlichen Gerichtsbarkeit unterworfen, alle 
Pfarrer und Kapläne vom Landesfürjten, welchem die Obrig- 
feiten, Städte und Gerichte zwei ober drei geeignete Perſön⸗ 
lichkeiten vorzuichlagen hätten, ernannt und, wenn fie ſich uns 
gebübrlich aufführten, auch wieder abgejegt werben jollten ?). 

Allen, welche die Landesordnung annähmen, wurde Amneftie 
veriprochen, wenn fie fortan ruhig blieben und für den an 
gerichteten Schaden Erſatz leijteten. Dagegen follten neue Auf 
jtände mit Gewalt unterprüdt und ftrenge beftraft werben. 

Aber nur die Wälfchtiroler, die Bauern der Umgebung 
von Trient, in Baljugana und auf dem Nons⸗ und Sulzberg, 
ſetzten vie Teindjeligfeiten gegen den Biſchof von Zrient und 
den Adel fort. Erſt eine Reihe blutiger Schlappen, vie fie 
im Laufe des September erlitten, bewog fie zur Nieberlegung 
der Waffen, zur Zahlung von Gelobußen und zur Auslieferung 
der Näpelsführer, die dann, meijt in der graufamften Weiſe, 
hingerichtet wurden ?). Deutſchtirol war durch die größere 
Beionnenheit der Bewohner und durch die Huge Nachgiebigkeit 
bes Lanvesfürften vor den Greueln bewahrt worden, von 
welchen in den meilten Zeilen Deutichlands die Erhebung und 
Niederwerfung der Bauern begleitet war. 

Mit der Beruhigung Tirols war der Aufitand in Salzburg 
und den anjtoßenden Ländern tioliert und bamit Die größte 
Gefahr von Djterreich abgewenbet. 

Ein Teil des jalzburgiichen Bauernheeres, bei 4000 Mann, 
unter Michael Grueber hatte noh am frühen Morgen des 
3. Juli den fteirifchen Landeshauptmann Sigmund von Dietriche 
ftein, der mit einigen hundert Mann jtändijcher Truppen und 
böhmijcher Söldner, von Xeoben ausmarjcierendn, Mautern, 


a. a. O., ©. 33ff., und Oberweis in Haimerls „Vierteljahrsfchrift 
f. Rechts- und Staatswiſſ.“ XVII, B. Sep.-Abbrud: Wien 1866. 
1) „Archiv f. Süddeutſchlaud“ I, 305ff. Obermweis a. a. O. II, 41 ff. 
2) Egger II, 110. 





und im Salzburgifchen. 5ii 


Kottenmann und das fteirtiche Ennsthal unterworfen hatte, in 
Schladming überfallen und mit mehreren Evelleuten und einem 
Zeile der Böhmen gefangen genommen, während die deutfchen 
Knechte meilt zu den Feinden übergetreten waren. Dietrich 
jtein wurde durch jeine ehemaligen Soldfnechte, die ihm ritter- 
liches Gefängnis zugelagt hatten, vor der Gefahr errettet, von 
den Wütenden Bauern geipießt zu werden. Die gefangenen 
Böhmen und Hufaren dagegen wurden auf dem Plate in 
Schladming enthauptet ?). 

Die Erhebung der Salzburger hatten die Herzoge Wilhelm 
und Ludwig von Baiern zu benugen gefucht, um entweder im 
Einvernehmen mit den Aufitändifchen das Erzitift zu fäfularifieren 
oder wenigſtens den bevrängten Erzbiichof zu bewegen, ihren 
jüngiten Bruder Ernit, Verweſer des Bistums Paffau, zum 
Koadjutor zu ernennen. Bei der Wichtigkeit, welche dieſes Erz— 
bistum für Djterreih hatte, in dem ein großer Zeil feiner 
Befigungen lag, fonnte der Erzherzog Ferdinand dieſen Um⸗ 
trieben wie dem Aufitande gegenüber nicht gleichgültig fein. 
Er gab fich redliche Mühe, zwiichen dem Ewbiſchofe und feinen 
Untertbanen eine Ausjöhnung zuftande zu bringen, und fegte 
e8 wenigitend durch, daß am 7. Juli die Feinpfeligfeiten vor» 
läufig aufhörten. Allen Unterbandlungen wurde aber ein Ende 
gemacht, als der jchwäbiihe Bund nad) der Vernichtung des 
Aufitandes im füdweftlichen Deutichland auf Betreiben des 
baiertichen Kanzlers Leonhard Ed im Augujt 4000 Mann 
unter Georg von Freundsberg gegen Salzburg jchidte. Doc 
vermochte man die ftarkbefeftigte Stadt nicht zu nehmen und 
die Aufjtändiichen erhielten in ven legten Tagen des Augujt 
ſehr günftige Bedingungen. Die Landichaft mußte 14000 Gulden 
zahlen und fich dem fchwäbilhen Bunde auf Gnade und Un- 
gnade ergeben, erbielt aber zugleich die Zuficherung vollftändiger 
Amneſtie ?). 


1) Dietrichfteind eigener Bericht im „Archiv f. öſterr. Geſchq.“ XVII, 
135—148. 

2) Bihler, ©. dldff. Jörg, ©. 548ff. W. Vogt, Die baye- 
riſche Politit im Bauernkrieg, S. 292 ff. 


612 Strenge gegen bie Aufftändiſchen in Steiermarf. 


Vom Ende des Juli bis zum Ende des September wurden 
auch die oberöfterreichiichen Landgemeinden ohne Blutvergießen 
zur Ruhe gebracht. Hinrichtungen fanden in diefem Lande, wo 
auch die Bauern ihre Hände von Blut rein gehalten hatten, 
nur ganz vereinzelt ftatt. Selbft die Rädelsführer kamen meijt 
mit einer Gelobuße davon, welche in geringerem Maße auch 
die übrigen traf, die an bewaffneten VBerfammlungen over am 
Bauernbunde teilgenommen, oder den Herrichaften die Abgaben 
verweigert hatten. Einer jummarijchen Beitrafung aller Bauern 
ohne Rüdficht auf ven Grad ihrer Verichuldung, wie fie bie 
nieverditerreichiiche Regierung beabfichtigt hatte, waren die Stände 
bes Landes ob der Enns felbft mit Entjchiedenheit und Erfolg 
entgegengetreten "). 

Mit ungemeiner Strenge ging man gegen die Aufitän- 
bilchen in der Steiermark vor. Graf Niklas Salm, Anführer 
der ftändiichen Truppen Inneröfterreich8 und ber landesfürſt⸗ 
lihen Söloner, brannte Anfangs Oktober nicht bloß dem Be⸗ 
fehle des Wiener Hofrates entiprechend Schladming vollftändig 
nieder, fondern plünderte und verbrannte auch bie umliegenden 
Ortichaften, äjcherte Johnsbach ſüdöſtlich von Admont ein, wo 
Verſammlungen der Aufwiegler ſtattgefunden hatten, brand⸗ 
ſchatzte Eiſenerz und ließ die Rädelsführer, die in ſeine Hände 
fielen, hinrichten und ihre Häuſer zerſtören ?). 

Die Härte, mit der man bier wie in vielen andern Ges 
bieten Deutichlands gegen die Nebellen ohne Rüdfiht auf ben 
Grad ihrer Verſchuldung verfuhr, bat übrigens dazu beigetragen, 
daß im nächiten Sabre an manchen Orten neue Ausbrüche er- 
folgten. Wie der Karbinalerzbiihof von Salzburg fchreibt, 
bielten fih „viele hundert verloffene Knechte und Buben von 
Schladming und andern Landen, die fich font nirgends ficher 
wiſſen“, im Pinzgau und andern Gerichten im Gebirge auf ?), 
wo fie natürlich nicht unterliegen, die Bauern aufzuwiegeln. 


1) &zerny, ©. 141—187. 

2) Seine Berichte von Oberleitmer mitgeteilt im „Notizenblatt b. 
taif. Atad.“ 1859, ©. 87 ff. 

3) Jörg, ©. 644. 645. 





— 


Letstes Anffladern der Empörung im Salzburgifcenr. 513 


Andererjeit8 plante der radikale Michel Gaißmayr mit den 
Flüchtlingen aus Schwaben und Tirol, die ſich in die Schweiz 
. gerettet hatten, wie mit den Bewohnern von Davos und 
Prättigau einen Einfall in Tirol und die Gegenden am Boden⸗ 
fee. Selbft mit den Franzojen und Benetianern trat er in 
Verbindung. Die Umtriebe Gaißmayrs wurden von der Re— 
gterung in Innsbruck entvedt, und fein Bruder Hans infolge 
vefien gevierteilt. Im Pinzgau dagegen erhoben fich die Bauern 
Ende März 1526 wirklich, bewogen auch die Bewohner ber 
Seitentbäler und die Pongauer zum Anjchluß, nahmen das 
Drirentbal ein und belagerten Rajtadt. Erft als Truppen bes 
Schwäbifchen Bundes von Norden, Öfterreicher unter Niklas 
von Salm von Steiermark ber vorbrangen, wurde Ende Juni 
Raſtadt entjegt, die Bauern zerjtreut und unterworfen, die 
Hauptleute und Rädelsführer Hingerichtet. Gaißmayr, der den 
Salzburgern zubilfe gefommen war, z09 Anfangs Juli mit 
1600 Bauern und Yandsfnechten über den Tauern nach Puſter⸗ 
thal, vermochte aber weder Bruned noch die Mühlbacher laufe 
zu nehmen und floh dann vor den verfolgenden Truppen über 
die Berge ins Venetianiihe, wo er mit offenen Armen auf 
genommen ward. Er feßte feine Umtriebe gegen Oſterreich 
fort, bis er von einem Meuchelmörver, der den auf feinen 
Kopf gefegten Preis verdienen wollte, 1532 ermordet mwurbe !). 

Es war höchſte Zeit, daß die Ruhe in den öfterreichiichen 
Erhlanden bergeftellt und die Kräfte des Erzherzogs Ferdinand 
verfügbar wurden. Denn ſchon im Augujt 1526 erfolgte in 
Ungarn die Kataftrophe, welche dvemjelben den Weg zum Throne 
von Böhmen und Ungarn bahnte. 


1) Bidler, S. 334ff. Egger II, 117ff. 


Huber, Geſchichte Öfterreihd. III. 33 


mgzlg (Ban 







pl Scheit. 
nu br 
B iso Sn 
Bo ſchon unter” dem Kbnige Wadiiläte fir" Bahnen ver 
Abel die Hetrſchaft Äh ven Hänveh hehabt/ ſb lite Di Minde 
Hyrigtelt feines Sohnts wbtbig vieſen Suftand. mtr Kb 
Befeftigen. Die Rehterkitig wiurbe Haupkfächtich"von weh! 
Bdhitten hefüihte, (tet "denen der Sherfrbiirgirf Boeriko "Ken 
oh Rofental bber Rouillat buch feinen" Einfluß ind" Bald 
Durch. feinen Reichtun berubrragte. 
e" verinochten "fie "niche‘ hergütelen 
zwiſchen "beim Übel und’ denn" ai * dauerten langer 
nö fbet, "dA jener" die Heched'" tin “die mäterieffen"Stterefjen 


Ber. Sthok il Bekahfn “kg "io" bie Yaßtlofen" —— || 
\ 
















gegen Dtefe in Schug Hahn. "NE endlich Die grähbt ſchen Di” 
feiten einigermaßen in ben Hintergeiitb‘ ten, &tyanne \inforge 
ves Emdringens des Luthertums rei — FH Ange 
hen ein und Entlinfte ſchanden ie, Mmehr — 
weit "bie hochadeligen Beamten deſoſders Hr ätgehiige” 9 
wär" Rofemel fie als Pfand ihr die von ihnen aufhertchneten 
goibru ſgen in Befitg nahtien und die/Erträgtiffe "ber Stetten, 
vie" yöht gährdtäge vleberholl bewilligt Atben the” die 
zaͤblimg der Schubih berkettbeten;"Hohtbe 4 famaitieli 
Tafchen ſtectien Wie wenig man ſich“ un’ "Bein Wbrnige noch 
kümmerte, zeigte am deutlichſten der Umſtand, daß Landtags · 
befchläffe, ohne va man beffeit: Senegrigiig ei du ARE noch⸗ 
gefucht Häkte, "in bie Landkofel eitgeriägen und’ da auteae all⸗ 
a enolfhs Knig 
" Sir nos Nenn. 
J » Die efere or Kent m ben dentſchen, lettere in 7 
Atenftücen vor. Ich glaube bie deutſche Form gebrauchen zu ſollen. 

















gemein bindende Belere. erlänt chen 








Leptwillige Anorduungen 8. Wlabiflaws IL für Ungarn. BE 


Ludwig felbft die Regierung übernahm und fih im März 1522 
nach Böhmen begab, führte pin nur eine vorübergehende Ände⸗ 


rung der Berhältnife % Pilz im Sebruar 1523 die 
bisherigen Landesbenmtih —I — A gezwungen und durch 
Minner erfegt, einer, —5 der koniglichen Gewalt 





nicht abgeneigt waren. u aber der König "bald darauf wieder 
nad Ungarn zurückkehrte, itat faft alles wieder in das alte 
Geleiſe zurück. Die beſchloſſene Reform der Landesordnung 
unterhlieh. Lew von Rojental, ‚für, den, Sigismund, von, Polen 
und die katholiſche Partei wigkten srhie ſchon nach zwei Zahren 
wieder das Amt des Operitburag em von, Prag und Damit ben 
ana, a da ‚per Canbesbermel 33 Ber Sarl, von 









— Rönig, ih, heine Herten“ 3) 
— infolge —— Ent, 









— die Eryiepung 
‚Branpenburg,, feinem 
dh ‚sohann 2 Borner 

hiſchefe Thonae 









wi König Sigismund, » vc on En ? g n Bruder, ernannt, 
m letztere Berfügung, kümmerte ſich aber ber ungariſche Reichs⸗ 
der, am Anfang, des Ku 1516 gefalten wurde, nicht img 


Op hliti 
5 Fa * 
en — 

ei Wa N DE iz 

Se —— dth am feinen" —* ai rm 

geteilt von Neuftabt in „Ungar. Revue“ 1884, ©. 88ff, und bes 

veneticuiſchen Geſandten —— ven 24. Mary, Än: „Magyar tört. 
tar KV 48; je ; 








nal 











516 infegung, einer „Regentaft. 


geringften. Opne ſich mit den Obervormündern ing Par 
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16 erlangen zu Föntieh — Iran Katen 
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H Bericht Suriaues- vonbzIa Naish Pu: p·. Ab egq.. IRatefen 
Finalrelation sbid.,-p. A6sg. | Einen, gleichzeitigen ungariſchen Geſchicht - 
ſchreiber von einiger Bedeutung. hat * damals leiber nicht gegeben;. bi 
fpäteren, denen man gewöhnlich folgt, erweifen fi al8 unzuverläffig. 

2) Acta "Tomleiana‘ IV, 118. Cuspinianus, ‚De 'Csesaribus, 
p. 490, und defien Tagebuch in F. R. Austr. 88. I,-408sgg. Bericht 
des venetianiſchen Gefandten Bor vom-15. Sul 1517, in Magyar. tört. 
tär XXV, 77. > . 

3) Der Inhalt feines Teſtameütes ap. Katona XIX, 212sgq. 





— — ——— —— ———— nn — —— — — 








Die dwoſ nsparlei. 517 


jo. daß trotpem im Reiche pas aeihah,, ioas er dollte N). "Ber 
Markgraf von Brandenburg, welcher Durch, jeine, Vermäplung 
mit, der. Witwe des Iehann & img ausgebehnte efiglungen 
in. Ungarn erworben ‚hatte, war ;e „perggungsiüch Er, 
ber. troß, ‚ber, elenden Binangyuftände „auch den König, au ' bie 
gleiche Bohn leitete _. 

Den Maguaten,, be der dem Woymoben "yon. ‚Sieben 
bürgen, und dem Balatin, war ‚am meiſten Bornemiſza der 
haßt, vielleicht weil er nicht, ihrem, Kreiſe angehörte, vieleicht 
auch, weil er wirklich auf dag, Wehl des Königs und” Reiches 
ſah Shun uchten „298 allem Bi Put ber. ‚Hiener Burg 


















juchte dies ſchon im Bere 1517 
2000 Mann nach Dfen 308 9 Au „einem Neicetane, der 
auf Georgi, (24. April) 1518 einberufen war, mollie die 
Partei Zapolyas wegen ber Jugend des Könige die Wafl eines 
Gubernators durchſetzen, indem fi „boffte, daß ihr, Haupt zu 
diejer Würde, erhoben ‚werben . wůrde Durch die " Sefanbten 
des Koſere und des Königs, von Polen, wurde die Yusfüprung 
Dieiss, Planes, vereitelt, ebenjo, wie bie Abſicht des päpftlichen 
Nuntins Nikolaus von ‚Schönderg, ‚eines, Preoigermönches, die 
Ungarn, zu beftimmen, daß gie ih zur Büprung eines Türken 
Trieges. die Ernennung eines Haupin nes durch, den. Bapft 
gefallen liefen 3). Do. errang, Die ‚Dppofitionspartel noch im 
Herbfte, bes, nämlichen Zahres auf, einem Reichötage au Bäcs 











1) Relation Bons vom Jahre 1519, in „Magyar. tört. tär“ XXV, 
153 5gq. 

2) Dies wird man auch nach feiner · Verteidigung durch L-Meuftabt, 
Markgraf Georg von Brandenburg ale Erzieher am ungariſchen Hofe 
Brediau 1883) zugeten wagen; wenn ·auch · vlele Vorwurk umheuiuntet 
ſind. . DZ u Dee 2) 2 
8): &im intereſſantes Shreisen ihm an ben: König von Boten. mit 
Klagen über bie-Zuftände Ungarns in „Acta: Tomie“.-Ey., 414 qq. 

4) ©. ſein Schreiben an Bathory vom; 34, Mäxg1518. Ap- Eatons 
XIX, 69. Bgl. Neuftabt, ©. 52. 

5) Herberftein, ber. ſelbſt ugter. den kaiſerlichen Geſanden war, 
in feiner Selbſidiographie. F. R. Austr. SS. I, 133ngg. 








518 VBorübergehen der Sieg der Oppofittom." 


einen wichtigen Erfolg. Es wurde die: Einfegung :eines:henen 
Regierungsrates beſchloſſen, deſſen Zuſammenſetzung faft durch⸗ 
aus Zapolya günſtig war: Denn unter den vier Waßnauen 
war er ſelbſt und neben ihm ber Palatin und Stephan Bi 

thory, die bisher mie ihm Hand in Hand gegangen: warett. 
Unter ven vier aus dem Praͤlatenſtande Gewählten warn Nabe 
Bakacs und Szahnäth der Erzbiſchof von: Calbeſa id vr 
Bifchof von Siebenbürgen, die ſchon lange feine Anhänger ie 
weſen waren. Um ben Vertretern des niedern Adels, Sailer 
dem Zapolya bie: meiften Verehrer hatte, das Übergewichtzu 
fichern, wurde die Zahl: derſelben auf ſechzehn erhöhtund Ve⸗ 
ſtimmt, daß, wie von ihnen, ſo auch von den Mognateh:änib 
Praͤlaten immer mur die Hälfte anweſend ſein und dibſe nilcht 
das Recht Haben ſollten, ohne jene einen: Beſchluß zu fuſſen 
Die Ordnung der zerrütteten Finanzen, die Einlöſung der vet⸗ 
pfändeten Staatsgüter mittelſt der bewilligten Steuern/ eine 
beſſere Verwaltung wurde den neuen Regenten zur⸗ Pflicht ge⸗ 


macht Deo SW zaphll Halt, 
+ Aber ſchon nach wenigen Mondun erben Veen 
feige SETURR Berlin 


Nach dem Tode Marimilians beſchlofſen— dien Rare dus 
ungarifchen Königs, nicht nur für ihren Herren am: die Ralfer: 
krone fich zu bewerben, fondern wich defſen Schweftet Anna, 
die Braut des Erzherzogs Ferdinand, nach Ungarn’:zrück 
zurufen. Da dies einen vollftändigen Bruch' mit ben Hauſe 
Habsburg zur Folge haben mußte, und Zapofya fich neuerbings 
auf die Hand der Prinzeffin Anna Hoffnung machen durfte, 
jo näherte fich dieſer jeinen biöherigen Gegnern und erwies 
benfelben die Gefälligfeit, daß er in die Ausjchließung der dem 
niebern Adel angehörigen Regentichaftsmitglieder aus dem könig⸗ 
lichen Rate einwilligte. Doch nur zu bald trat eine Wendung 
ein. Die Ungarn fanden weder bei Venedig und dem BPapfte, 


1) Die Beichlüfie dieſes Reichſtags ap. Katona XIX, 978qq. Bal. 
ben Bericht Bons vom 3. November und veffen Finalrelation im „Mag. 
tört. tar XXV, 112. 152. 


Vollſtändiger Bruch⸗ Zapolyg;d .upit ‚ber, Hofpartei. 49 


die fie, um die, Unterſtützung bet; per Kaiſerwahl -augingen, 
irgendein. Entatgenkommen noch donnten ſie ſich Hoffnung auf 
die Grimmen der Kurfürſten machen. Die Uberugung Sn 
der Unmöglichkeit, gegenuber ‚wem Hauſe Habsburg: einen: Erfolg 
zu erringen, wie „bie. Beſtechang ber: Biichdfe, Spalmirk-‚uon 
Zunfkirchen und  Salfay .onm. MWoipen: bush den Fgiferlicken 
Geſandcen Suipinian führten pers öfterreichiichen Partei, von: ver 
früher mit Ausnahne Beorg& ven Brandenburg und Bere 
miſzas alle %) fich abgewendet hatten, die meiſten Magngten 
wieder zu. Zapolya ſah nicht, bloß ſeine hochfliegenden Pro⸗ 
jelte meuerdings verejtelt, ſondern er erlebte auch: noch die 
Kränlung, daß bei der; Baſetzung der erledigten Palatinswürde 
Ende Mini 1519 nicht er, ſondern Stephan Baͤthory gewählt 
wurde ?). Der Bruch zwiſchen der Hofpartei, der nun auch 
Baͤthory beitrat, und Zapolyg: war: ein unbeilbarer..-,. . . 
- Übrigens gewannUngarn zunächſtegleich wenig, mochte, bie 
eine abet. bie andere Partei: Das: Übergewicht. erhalten. : Denn 
allen Magnaten, Geijtlichen wie Laien, mit fehr wenigen ‚Auge 
nahmen war das Pflichtgefühltigegenüber. dem. Staate gang ab» 
banden gefommen, faſt alle jchienen zu glauben, daß derſelhe 
nur dazu da ſei, ihnen ‚vie Mittel zum Befriedigung ihrer. Ge⸗ 
nußſucht zu liefern. Jeder würde 48, für Beſchränktheit gehalten 
haben, wenn gr. Die Gelegenheit, einen Griff in die, Staatskaſſe 
zu. thun, nicht benutzt hätte, was natürlich Die, Folge hatte, 
daß dieſelbe immer, leer war, beſonders da bie Bergwerke, die 
ergiebigiten Einnaßmäquelle, an die Thurzö und Die mit. ihnen 
verwandten Fugger -verpfänbet waren, Aber. auch andere Ge⸗ 
legenheiten; fich zu bereichern, wurben nicht verfchmäht. Philipp 
More, der 1521 jtatt des zum Primas ernannten Georg 
Szakmaͤry das Bistum Fünfficchen erbielt, Hatte eine. diplo⸗ 


1) Szakmäry ſchon feit dem Wiener Kongrefie 1515, weil ihn ber 
Kaifer dem Graner Erzbiſchofe gegenüber vernachläffigt hatte. Bericht 
Surianos 1. c. 55. 

2) Liste, Zwei Beiträge zur Wahlgeſchichte K. Karls V., in „Forſch. 
zur beutfchen Geſch.“ VIII, 166—171, bat biefe Berhältnifie gewiß rich- 
tiger aufgefaßt als die ungarifchen Hiſtoriker. 


3” Gänglicer Berfall des Ayasıöweiene. 


matiſche Milfion nach Veuedig „au, Einlaufe großen Waren⸗ 
borväte benutzt, ‚die ‚er, dann mit, großem Bsafitsin Ungorn 
bertaufte, Nuch Yabislaus Spaltay, „Biichof, von Waiben, ndcutn 
von Erlau, ‚der 1529 „Kanzler murde,,, Hiels,nd: waikt/feingr 
Doppelwürde, f ewinnxeiche Dandelögafchäfte uu 
treiben. Das, Geld wur ‚Bon, pen. Greben ip; üpniaen 
Gelagen durchgebracht, bei denen, jich auch, die eybittarfteu Feinde 
ufammenfanben,. oder, für teuere vᷣferde und prãchtig getleidetes 











8, häftigen „Stoßeg; don aufen umn 
ingen Einſichtigeren 
‚trat, up; zu hold ei yuirszadyan 

Viepjhenakteraihre 
eñ gewendet, fie hatten 
iehlüce „Halbinieb mit Albauien, 
Meeres die Reſte vom Kelein⸗ 












ohne Cinfluß darauf geweſen iſt. Aber:-ihre Allgemeinen‘ Schilderungen 
werden auch durch Herberſtein s Selbſtbiographle, S, 186, bie Mit- 
teilungen bes öſterreichiſchen Geſandten Anbrea da Burgo, das 
Schreiben des Hanns Schweinpech, eines deutſchen Edelmanns im 
Gefolge der Königin Maria, bei Stögmann, Über die Briefe bes 
Andrea ba Burgo, „Sit.-Ber. b. kaif. Atad.“ XXIV, 166.224. (Der 
bier erwähnte „parlawyss“ ift ohne Zweifel Bornemiſza) und durch bie 
unten angeführten Berichte ber päpftligen Nuntien beflätigt. 


Wiederausbruch bed Turleulrieges. 321 


afien, das nördliche Meſopotamien I einen Teil don Armenien 
erobert und · enbtich: imn Jahre 18 alich noch dag Reich, der 
heſtuͤrgt und dadurch ihre 
pterhber 1520 folgte 














Herrſchaft erweitert und 
auf. Selim J. ſein Sohn 
nueer den vielen tüchligen · Suftäiten, “bi 
über 'die- Türken gehertfcht hatteu· je 
= See rer der ee Ügyptens juni den 
Johannitern · biei-Onfel Rhodus entreißen wollte, Hatte, noch, im 
Frühiabr 1019 sit ingatii eineit breijäprigen Warfeufiuhtand 
' INCH 








ber: —— We zu derhänbelin, he tüte 
des Könige: vubwig "hätten" at j ale dütayf ‚gingegen folle 

Da Unganni zur Fü img 
vorbereitet und amt 
zu aerwarien· wii 
der·tbisher sage ſunhtih bhn Der" S 









Etliche, Ka 
hittal bie Wegnapme 
behaupteten Selten 


Srebenil: wäh: ShrElifanrehterer Hoaliicer Schlöffet, durch 
die Paſchas ver Helene | hir verhindern gewußt! 





leichter die Auszahlung einer alten · Zorderung ihres Königs 
burcjjegem: zu Tönıten, ſo ichten ſie den Abſchluß der Verhand- 
lungen mit · beit’ Sultan ur Erledigung dieſer Angelegen» 
heit hinaitszuziehen ) elen den rürtiſchen Geſandten 
zuxück. Bo 
Unserdefien- ‚hatte Erleinen Verdeltniſſe in Aſien ge⸗ 
orbnet- und befchloß nun vor allem, Ungarn unſchadlich zu 
machen aid’ ſich aunächft' der Seftungen an.der Save zu ber 









1) Theiner, Mon. Hung. II, 626. 
2) So Rellt die Sahe'Maffato a. a. O, dar. Daß ber Sultan 
von Ungarn einen jahrlichen Tribut gefordert Habe, fagt derſelbe nicht. 


52 Verluß son Sabacz uud: Velgrad. 


mächtigen. „Sm Juni: 16584 rückte an, mit 20000 Mlgun, 
unter denen freilich ‚nun;B0 000 wirkbiche Soldaten inren; Inud 
zaͤhlreichen Geichügen an. bie ungariſche Grenze und beganu ie 
Belagerung von Sabacz und Belgrade Dieſe waren ob Der 
fiöten Kriegsgefahr greulich vernachläfßigt; Sabocz hatte iu 
400, Belgrad, Ungarns Hauptbollwerk gegen dien Türfen;;uur 
700 ,:oder gar nur 400 Manm Beintungs:-heiben:: fahlteisee 
ar Munition, Belgrad ſogar an größeren Ranorenyı:dd..bie 
dortigen Gefchüge im. Jahre 1515 bei: ber: unglüdfichenuugper 
dition Zapolyas veddoren ud bis ijetzt md micha eijumal 
durch andere erſetzt worden waven u — 

Obwohl man in Ungarn glaubte, daß der Salat rad 
wegs auf Ofen marſchieren und: das ganze Reichnſeinem Herr⸗ 
ſchaft unterwerfen wolle, geſchah doch auch jetzt Techn wengi czutt 
ernätlichen Abwehr: der Feinde. MDer König bot ;pe: nel; amd 
bie: Magnaten auf, ‚erfuthte; auch ‚wie ‚Stänkbe:rber: Hhpıntichen 
Ränder. um Hilfe:und ſtellta den übrigen Fürſten; Cungpas die 
drohende Gefahr vor. Aber IUnnr : den. Enshergun: Fentisand 
ſchickte auf Bitten ſeiner Gemahlin 3000Fußganger. n51 Vie 
böhmiſchen Landesbeamten ſchobent Die :inbersufung:; desEKand⸗ 
tages ſolange hinaus, Pak: .dier.ıbewilkigten runpeniugucdgöt 
famen. Die Ungarn ſelbſt ließen ;fich: mehr won WEifexſucht, 
Eigennutz und Bequemlichkeit als vomn ver :Xiehe ur; Vater⸗ 
lande leiten... Zapolya, der unbemeghich in; Qiebentürgenskiteb; 
wurde. ſogar beſchuldigt, daß er bes Untergang: des Reicheſnnah 
den Fall ſeines Herren wiünfce;: um dann: mit Hilfe sjeinex 
Leute jeues wieder aufzuvichten und fi zum Königezumnchen). 
Ludwig II. hatte ſich trotz ſeiner Jugend am 15. Julli perſdn⸗ 
Lich ins Lager zu Teeny ſüdlich von Ofen begeben. Aber am 
8. Auguſt hatten ſich erſt 4000 Mann bei ihm eingefunden. 
Auch als ſich das Heer ſpäter ſehr bedeutend vergrößerte, wollte 
man nichts gegen die Türken unternehmen. So fiel Sabacz 


1) Naſſaro a. a. O. (bei Firnhaber, ©. 81, in M. tört. tar XXV; 
288), der fonft dem Woymoden als einem Freunde Venedigs günftig ift. 
Bgl. die Bemerkung Lews von Rofental in feinem Schreiben kom 
28. September bei Palady V,2, 437. 


Sa 


LIIIIIII 


Gleichgiltigleit des Abendlandes. 53 


trog tapferer Verteidigung »dev: kleinen Beſatzung unter Simon 

Logody, die zuletzt, als die Stadt nicht: mehr. zu Halten ‚war, 
bei einem. Ansfalle ven Haldentod fand. Soſah⸗ manruhig 
zu, wie Semlin, Szalankamen und andere: Drichaften Syr⸗ 
miens eittgenommen und groͤßtenteils eingeäſchert wutden. So 
unternahm man auch nicht den geringſten Verſuch, Belgrad 
Rettung zu bringen, ſo daß die dortigen Befehlshaber, Blafins 
Olaͤh und Johann Both, zuerſt die Stadt räumen und endlich, 
als duvch eine Mine ein Stück der Burgmauer zum Falle' ge⸗ 
bracht war, dem Drängen der ſerbiſchen Einwohner nachgebend, 
am 28. Auguſt nach faſt fünfzigtagigem Wirerſanre auch var 
Citadelle übergeben. mußten). ; . 

Noch einmal. 308 fich— SEultiman, DET. durch Kampfe und 
Krankheiten: fehr "viele Leute: verloren hatte, zurück, um den 
Zohanmitera die Inſel Rhodus zu :entreißen, was ihm auch 
1522: gelang, aber 100900 Mann koftete. Noch einmal -war 
den Ungarn und den übrigen chriftlichen Staaten Europas: Zeit 
zu umfaſſenden Rüftungen :gelaffen, um :gegen: die von !pen 
Türken drohende Gefahr umfaienve Schutzmaßregeln zu tveffen. 
Aber im: Abendlaube. brach gerade 1521 ein erbitterter 
Krieg zwiſchen dem Kaiſer und Frauz J. von Frankreich aus, 
bev; als er am 24. Februar 1525 bei Pavia in bie Gefangon⸗ 
ichaft ‚geriet, fich fogar mit der. Bitte: um Hilfe an den Sultan 
wendete. Der König Sigismund von. Polen, der Oheim bed 
ungariſchen Rönigs,. war lelbft durch deu Kampf wit Türken 
und Tataren in Anipruch genommen. ‘Die. Deutichen berieten 
auf mehreren Neichstagen über die Türkenhilfe. Der Kaiſer 
erklärte jih damit einverftanden, daß die ihm für den Römer» 
zug bemilligten 24000 Dann zum Schuge Ungarns gegen die 


1) Ich Habe mich auch hier an die gleichzeitigen Berichte: bie Briefe 
des Königs Ludwig an Sigismund von Polen in Acta Tomic. V, 388. 
389. 392. 401, das Schreiben Maffaros a.a. O., ©. 76f. und an 
Tubero ap. Schwandtner II, 370sgg. gehalten, da man nicht weiß, 
06 Iſtvanfi, der letzteren ausgeichrieben bat, für feine Erweiterungen ver⸗ 
läßliche Quellen gehabt Kat. Bgl. auh Cuspinianus, De Caesa- 
ribus, p. 490. 


524 aniaubihung zut gemeinter didbiegbeliaſe 


,nglaubigen Verwendet würden. ; über. do8, Ergebnis war Dei 
ben. Reichötag 1522 Dem Exaherzog Ferdinaud, guf drei, Monate 
3909. Lanpötnechte ‚bewilligge, ann ‚hie; feoatiigen, Örenzpläge: „zu 
bejegen , ‚pie eine Vormauer für ‚das. im Frühjahr 1,522,,.npn 
ben Türken heimgeſuchte ‚rain -mwie für. :Steigemgzf. bildeten 1), 
Der..Erzberzog: jelbft; verſprach bei einer: Konfexenz.: mit; ‚Den 
Konige Ludwig und .‚peifen, Nöten im Herhſte 1523 für den 
nächſten Sommer die Stellung, on -2,10u0- Mann zu einem 
Seldzuge ‚gegen ‚die ‚Türken; wogegen die ‚Ungarn. und, Bühnen 
mit 60000 Mann ins, ;Felp rücken jollten. „Aber der ri 
herzog, dem übrigens bie Ayfbriugung.,und..Erhaftung, einer 
jolden.. Macht ebenfalls kaum. möglich geweien,-wärg,,.. Yrüdt 
jeinem Bruder gegenüber ‚Die Befürchtung, aus, Die Verfprechmgen 
der. Ungarn würden, bei ben, bortigen  Zuftänden nur, Rauch 
isin, und jenes. Neich und dann a ſeine Landerngexloxen 
geben A. : hun in. 

In .der Eat. ging ber, Auftöfnagsprageh in Ungayu;gerabe 
in den: nächſten Jahren. noch zafcher. vorwärts der; u 37 jr 

„Muter dem. erjten Eindrucke, des Verluſtes von Heei 
voueri⸗ der Reichstag von Geiftlichen und⸗ Adeligen, Hürgezu 
und: Bauern Steuern in giner Höhe, daß manndamit ein un⸗ 
Deren der gegen die Tüten, päte erhalten, Funen,, As 


-ı Er BE F 19 F art, 707 td x „nudarz 


1) saniten L, a oa AN CE —— nbinca ſr 


212: re tepNn tun Iti. 

‚HB: Screifen ‚an. ben. ier vom, ‚18. Degember,, 1009 in. nAHacher 
und, Forſchungen“ S. ME +... 

3.6. darüber befonderg, bie ‚Berichte bes —— ——— 
trägers Vincenzo Guiddto vom "Dejember 1883 bis "in 
1985" ad" defien‘ Srnaktklatiön mit anderen Altenſtücken —— we 
Firnhaber a. a. D.,:81 105 138; :undi:in“Mag.. törk. Aa RK, 
wie bie: Berichte des -päpfilichen; ;RegntenRaybinal-Gampregaio,nm bei 
Geſanhten Baron von, Burgio vom Auguft 1524 bis nad Der Bülach 
bei Mohäcs:. » Relations ‚atgrum, ponfißigiorum ©. alg 2. erie bet 
„Mon. Vaticana Bist. reghi” Hüng. illüstr.*, wie bie era teitindiülite 
und’andertöeitigen: Diäteriäte Sri: Soden dt) Ungatn dor der Schracht 
BE: Mohaͤes. Ans dem Ungatiſchen von J. H. S'ich wicke r Gubpen 
1886). 


8 Ludwig I und ‚feine Gemahlin. 92 


aber das Zeuer der Begeifterung und des Batriotismus ver» 
raucht art; wurden dleſe! Abgaben die in der That faſt un⸗ 
erſchwinglich geweſen waren entweder gar nicht gezaͤhltlover 
beeſchwanven ih’ bern” Taͤſchen kr: Einnehmer.“Mano beſchloß 
Geſetze zur Orgamſierung? ber Re id hir Beſelligung 
mancher Mißbruuche in der Werwaͤltung. Aber "rs aller 
Strafbeitimmintigen‘ führte harte" ie DREI Kluft 
zwiſchen beim nidberin Adel, Br vomnden veſten Geſmnungen 
erftllt, Aber ein unbewufteb Werk eüg In den Herden Zapolhas 
und’ feiner! Kreinbe' war, A oe dDen Malgnaten · Anb 
Blfchöfen wurde immer gehhet et Ra hicht iumftande; 
ſich beide Partelen un terztlorditen! NG OBES NE νσ.νιν 

"Denn Ludwig IEZ derEnde id Bent: Ramen nuch Perf 
bie Heer Aber ee Beziehunte et 
ſehr ſeinent Water ahnlichn Er wär für EB unv 
unſelbſtaͤndite wie dieſer vnd konume niemandent etwas abſchlagen, 
war auch von feinen Erziehern in die Regierungsgeſchäftélgüet 
nicht“einherbeiht norsert. rate Kühigin⸗ Maria⸗ don fteiireich, 
mit der er im Januar: 1523 Maine Hoͤchzelt feierle Ari: die auf 
ihren Gemahl Febr: ’Froken: EKinfluße ktlangte hatte? zwar' einen 
viel ähnllegeren Geift ag: ibiiſer "ber" fie War: boch· "och 
zu jung ind’ Aunerfahten, ie Sa ten zu können.“ Mich 
fit Das unge Bader Konigecnfolge ſeiner! er 
ziehung, die Königin infolge ihres lebhaften Naturells, vecht 
vergnügungsſüchtig, Hehte Schutanfgreien,. Tänze, ‚Turniere ‚und 
andere Unterbaltungen, die Geld Ffojteten und von erniteren 
Beihäftigingen!abysgen.- Damit Blafia and; manche Beutice 
an, ven Hof gekommen waren und jet außer? Geblege voht 
Brandenburg auch ber fallerliche Sefanbie PN will, „Andrea 
da Burgo, dann feit 1523 der weniger. ‚uneigennägige Iphann 
Schnaitpedh, beim Könige und der Königin viel. galt; sIpr murde 
der Haß der Ungarn gegen :die Deutichentinisch miebb'gefteigerk:: 
Der Markgraf wurde auch endlich in Den‘ "Hinbecgriribl "ger 
brängt durch den Kanzler Ladislaus Szalfay," den ‚Sohn eing® 
Schufters, der nach dem Tode Szakmaͤrys igar Erliahr.1524 
Erzbtihof von Gran ward, obwohl er fich bisher noch micht 


528 Angriffe ber Oppofition gegen bie Hofparktei. 


eimmal zum Priefter Hatte: weihen baſſen. Ezalltay bemutte ben: 
Haß der Ungarn gegen das auch in; Ungaren;- befunbers: bei: 
den Dentichen, ut fich greifenbe Luthertum;u dege:Sewrg':yapr 
neigte, um dieſem den feiten Bodem unter den Füßem wege 
zuziehen. Er bildete nm, nachbein er auch Schuditpedih:: tr 
fein Intereſſe gezogen: batte, mit bem Inder Curiä Ambroſtus 
Saͤrkaͤnhy und dem Erlauer Biſchof Paul VBarday, bie ifmir ma 
bedingt ergeben waren, ein Triumvirat,“, das EOuaden, Merht 
Ehren und Bistümer verkaufte” und Angersit thatzalich he 
herrſchte N) Zu BIER TapE ta Ir 92 Ten 
Als Ludwig nach ao. al einfähriger: — —— 
Böhmen im April 1523: nach Ungarn zurückkanmt, erhpl bei 
Reichstag, auf. dem die Anhänger Zapolhas das Ubergewicht 
hatten; gegen den Palatin! Stephan: Baͤthory und deſſen Bruder 
Andreas wegen Unterſchlagung von Gelder, Brägnitt Tehleckter: 
Mümen, Einverſtändnifſes mit‘ ber: Türben bie heftigftenl Au⸗ 
klagen; die gewiß falfch oßer wenigſtens übertrieben Mare: ins 
verlangte som: König: beffen Abſetzung, widrigenfalls seht mir 
Verweigerung jeder Kriegshilfe: drohte. Esſ blöeb nwentfelben 
nichts’. übrig, als Baͤthory vorübergehend feier; Wikedetigun 
entſeten, ohne einen anderin Tun deſſen⸗ Stelle watlen jet 
laffen.: . 2a line ru enge BρHιν— 
TB Safe 1524 wagte der. König den Reichſtug yakiniche 
eingubernfen;; worauf Zapolya und rinige iderei Nroße Meh 
mit dem Plane trugen, eigenmächtige einen "Sole zu uaiahr 
laſſen, am durch dieſen ber" Kötige "einen: EGnbertutos:an wie: 
Seite zu geben, "alle Deutſchen non Höfe zumwerjgen sind der⸗ 
Gelbdverſchwendung ein Endes zu machen. Schon rüber än wis: 
ſchiedenen Komitaten Privatverſammlungen ſtatt.: Uur wigſen 
Umtrieben die Spitze abzubvechen, ſchrieb endlich noch: dev Abniy⸗ 
einen Reichſtag anuf den 8: September dach Ofen Auer Gfkich- 
zeig forberte ernaber⸗ Vena 'bem: "böhenifehen et: 
A ir Tor) antik 
eingehendſte Darle ung in ber » e n Rupti 
36 F io. de Kon ” ie Kr 


bie- Relation bet: ‚senettänifäen Sefittöten ve Bien abrre & er 
80. 136. da meieneg To Ni ie MID 





Stiirmifche Adelsverſammuinng bei Belt. BR. 


ihm 56000 Mann zuhilfe zu: ſchicken, was daun in Ungarn 
einen großen Sturm heworrief. &.Die Oppofition dounerts 
gegen: ben Eigennutz und die Welllin- ber: Magnaten unb bew 
Einfluß der Fremden und war nach darüber eutrüſtet, daß 
Stepden, Büthsry in die Wurde eines Palatins wieder ein⸗ 
geſetzt wurde: Die: Hofparter machte es Zapolyca um dem’ 
Temeſer Grafen Peteru Perenhuzum Borwurfe ‚:bap: fie es 
unteriafien :. hatten die voninden Türken bedrängte Teftung: 
Severin: zu entſetzen, die als dus kette Bollwerk des: Reiches 
an der untern Donau angeſehen worden war. Ihre Abſetzung 
unterhlieh nur: im deririvautimg j'vaß fie: ſelbſt ihre Amter 
nieberdegten, was aber mamı Berähhi tbati 0°: sm: emaizt 
: 3: Neichötage:veai-Suhres:1528 fanden ſich die Adeligen 
am 10. Mai bewaffnet aufibem :Iafos-tein:: Ste; tobten 
gegen den Palatin, der dert’ Berluft:Belgrabsı. verſchuldet gegen 
den: Primas, ber bei Ausfichrung Dernfrüheren: Reichstags“ 
beichlüffe: hintertriebeni haben gind aka: Sohn times Echufters 
den Übel shaffe,;.i gegen diengchlachta Münze, gegen: den Schatz⸗ 
meiſter Smerich: Szerencſts rinen getauften Juden, gegen die 
deutſche Höfliuge. Birnen: fünf Tagen ſollten dieſe vertrieben, 
der Geſandte ne: Kaiſers und Venedigs; als einer meik: Den: 
Türken befreundeten Macht, entfernt, Szerencſes verbrannt, der 
Staatarat anngeſtaltes· und durch Mitglieder des Adols amgfänzt 
werdeni- "Wine Diepusakinn von 6ul Mitgliedern verlaugte vom⸗ 
Könige: dig Erfülling-bieferSörbernnngen:. Als dieſer teikweife: 
eine ausweichende Antwort gab; beiehloffein: fie;: daß sber gmige: 
Adel, nie Meipperem;peirfönlich,: von den Unbemittelteren Berz: 
treter, bei: Strafe des Laembeaverrates amuꝰ a. um: bewaffnet· 
in Hatvan / nordoͤſtlich woni Belt ſicht einfinden follke, um für 
Die. Zutereſſen/ deb Reiches u ſorgent 93.8 ic maduirinn: 

Bergebeus werbanden fichn mun bie Biſchoſe nik: vor⸗ 
nehmſten; MWagnaten zeit; gegeuſeitigen Underſtützung.:r Bergebans 
unterſagte der König die Hatvaner Verſammlung. Es zeigte 
fi Halb, hie Vemtn "ch Safpiaredh Yen wne 

.. Da. faßte der ſhiche „Wruner Exzbifhöf. den Wlan, ben. 
Sturm, der ihm nicht am wenigften bebrohte, dadurch von Tich- 


. als 


3 Tie Eerrammminor ia Tomen. 


abzufenten, daß er ten Hof bewea, mit Yapelvı und ter 
Arelöpartei tich zu vertraxen und benielben tie anderen Gegner 
zu orfern. Gr gewann fir Dielen Gedanken zunächft bie Königin, 
die bei der iteiaenten Net Des Reiches erniter wırte und maf- 
aebenden Einfluß amt die Staatsgeſchäfte zu erlangen Tuchte, 
und durch dieſe auch ihren unſelbſtändigen Gemabl. Cr eimigte 
ſich dam mit Zapolya und dem geiftigen Haupte ber Adels⸗ 


partei, Stephan Verbẽcih, indem er dieſem Einführung von 


Reiormen, jenem materielle Vorteile, namentlich die Güter des 
reihen Ujlato zufante, welche demſelben einit zugefichert;; aber 
nach Ujlakys finderlofem Tode, als: der Krone heimgefallen, 
von der Kegterung vorenthalten worden waren. Zugleich fuchte 


man auf die Stimmung des Adels dadurch einzuwirken, daß der 


Hof einen Teil ſeiner deutſchen Beamten entließ und der kaiferlichen 
Geſandten und Georg von Brandenburg aus dem Lande ſchickte. 

Trotz der Warnungen ber Magnaten begab ſich mm ber 
König mit den oberjten Würbenträgern und deren Gefolge, bei 


3000 Dann, am 2. Juli nach Hatvan, wo 7000 bewaffnete 


Adelige ſich eingefunden hatten. Der König wurde mit Ehr⸗ 


furcht empfangen. Dagegen verlangte Verbdczy ale Üortführer | 


des Adels die Entfernung der ungetreuen Räte, bie an allen 
Übeln ſchuld feien, und veren Erſetzung durch Patrioten und 
die Verſammlung zollte ſeinen Worten ſtürmiſchen Beifall. 


Baͤthory und Saͤrkaͤny, die ſich zu rechtfertigen verſuchten, 


wurden mit Geſchrei und Vorwürfen empfangen, To‘ daß fie 
in der Nacht aus Hatvan entflohen. Bergebens erklärte es 
der König für eine Ungerechtigkeit, daß man jemandem ohne 
Unterſuchung und Rechtsſpruch fein Amt entziehe. Der Abel 


blieb bei ſeiner Forderung, rief Berböczy als Palatin aus und. 
verteilte zugleich die anderen Steichdämter unter bie ihm font. . 
pathifcheften Magnaten. Dieſen Eingriff in bte Rechte der’ Krone 
wies zwar der König zurüd. ' Dagegen beitätigte er bie Wahl 


Berbögzys zum Palatin und verſprach auch eine neue Beſetzung 


der Yandesämter, die Aufnähite von Mitgliedern des niedern 


Adels in den Staatsrat und die Erfüllung anberer Wiünfche 
der Verſammlung. 


Steigender Haß. ber: Parteien. 529: 


„Dex. Adel und mit ihm Zapolya, der. an: Macht: und 
Einfluß. ſelbſt den Kömigi.übepktair besten ihren: Bieter, 
reicht, die Perwaltung des Meiches: lag in den ‚Dänen der 


Palatig · may. ain — —— 
gewanhter. Bolkärebinr, aber keina Berfönlichteit, non: Thautraft 
unp.. faatsmännifchen .Afhigfeitan: sıikliv...bie;. Beſſerung "ber: 
finanzielen Sage, und. tür die Ficherung des Reiche gegen‘ bie. : 
Türlen, gelchah keit, mach, wenigen als frkger; Von ber Steuer, 
welche bie Hatvauer Berſaznmlung hewilligt hatte, wurde nicht 
einmal die Hälfte, ‚eingezaplty ; Dex König, der ſchon ſein Silber ⸗ 
zeug, an die Zuden verpfändet Habkeyınkennte. las bie: not⸗ 
wendigſten Bedürfniſſe jeineg, Tafel wesen u helm mit‘ ige: 
einige, Gulden zu, leihen. zus une rail 

Die, Örenzfeftungen wighen Aesmachläfigty. ie, —E 
truppen und hie Tſchailiſteun Welchedie antare Donau bewachten, 
liefen teilweiſe davon, weil ſie. nig einen: Sold erhielteit; wen den. 
Kommpnhgaten entſagte einey, ach ‚hem,ambern ;feinen: Gtetfung, 
um nicht, für „den fichexen Berluft deſ ͤhm, anpertrauten Plagee: 
büßen, ‚zu, ‚müfjen. „Der: Rüpig) und bie, GtantBräte: machten 
ſich gegenſeitig Vormürfe und ſchoben einander; die Verarworte. 
lichfeit für, Die ‚traurigen, Zuſſände deg Reiches un: st: 

Der, DR der, Parteien, zuge durch / bie Borgaͤuge in Saar. 
nur, ug, geiteigert ‚worben..., Schon, in der exſten Sitzung des 
neuen Staatsrates (am, 11,190, 4625), hatte Baͤthory, Der: 
fich,, noch ‚immer als , zechtmäßigen, ‚Palstinbetrashtete,- feinen :; 
des Kenig.. wie der.n aimnzunehman geſcht. 93 























ud eine sage, Verbindung, ii ——8 dem Guaner Erz⸗ 
biſchol und dem neuen Schatzmeſter Johann Döcn· zu ſtärlen. 
Andgrerjeits flog auch, aͤchory mis DefraynhetenusRngnaten. : 
und, ogengpmen Edellfuten. ‚ng, Konfähesafionu.pie ſchon Enbe 
Suhl, aus zweihundert Mitgliedern beftandu er charalterlofe 
ftfüchtige. Erzbiſchef von Erau ſtande auch :mit,ohiefer::: 





„geheimen Benebungen. Auch derrknn ka mit 
—— "asia Öfterreihe. III. A 


530 Siceg der Hoſpaxtei. 


‚auf eine Gelegenheit, una: die Berfügiungen, die ihm innHatoan 
abgezwungen worden waren, wieder manjufjiohen._ Als ihm ie 
RPartei⸗ Baͤthorys durch Ben früheren Sihakameiften: Abe 
Thurzo bie. Wiederherſtellung Den königlichen Bervalt am frühe xen 
Umfange in Ausſicht ſtellte, ſchlaß ef, ch; won:hesiMkigin 
dazu exrpumtert, unbedingt derſelberæẽ au zum venbtend⸗ſich smit 
ihr zum. Sttzurze des gegeravärkigen Gyklemdi- so sinsrie: 
a Konföderiertena) Tuchten; ven: mittleren Adebn Deitsuif 
den · übexrwegenden Einfluß des Rlemabelineiterlähtigiiune, Kir 
ſich nzu gewinnen zund nahmennaucht hiele permögenslafe Edel⸗ 
Jente in ihren Dienſt, rien: ſich heimnkünftigene Reichstagen hits 
Abexgewicht gu fichern;.: fit gaplveigeng bewaffneten Sefplge hen 
Aneligen und Bauern, Bätsorp alles mitbOR Meitersunsauen 
die Magnaten amı-24. April: 152% nach Ofen. Baulfirtämkt, 
früher eines der Häupter der Adelspartei, der ſeinem Gefttitung 

untreu; geworden, way ihr, Wongtfübrer. wicen!! dnaran2E 
ec: Parböezyn Haktamıfirh- Miele: Aremıbenaundc We⸗ 
finmungsgenoſſen geichart. ı.„Mhen Den: mächtigſte Mocen dieſer 
Partei; Johann -Zappkya Heß, ihn inn St bliebr dem 
Reichstage fern, ‚weil Dan. aberkte »Serichtshaf tere VBerbijenſ 
Porſtze in. der: Steeitiache, anegen ber: üten Nijbakyqngegenabti 
augyriten: ber. Krone enkihienenaßgtte.nntiu® 130 mad , nJun 
nn Das Berlaugen: Bethorhe, Da: iiukie ungelneinbenmeile 
‚sytzegene,.. Ühirbe-e: Walesius ‚mieheri Juuischklitzsivarde, 
wwurdarvom Meichstage „mil: Beifallınufaenemmemsic Rerboh 
aa; Daher fein Ak dtubie Hände ee und loh, 
Hin: Tem Reben fünchtend, mitnlehmm Fchwieggroter und Varted⸗ 
genojien, Michael; Boe, Hei Rachtuuus Sienumufuiin Muto am 
Sehlas Kemitat., Wegn damitichegnügten; ſich er Haf unitue 
Begreichen: Maghotenn micbtrr· Dar· Renig rexflacche Berboczyr uls 
Begführegu des Poylles ünnobgeſetigz Diese Reitstag Iprarksäher 
Release Mc 
nyına sIHLÄBUTEUAD IT mind ug moflalbiad Bnuttg Inda 
DEE EUER EU PIE TUT TARRS NG) rast. TE EHEN Er Bi 
RN dalEndack Tre ———— — 
reis mei mennel ban run zröſtimmaß 


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Drohender Augriff-des Sultans. 81 


aus und: verfügte bier Eluzlehicug Ahree GüterBäthoryer⸗ 
hielt: wieder bie Palatinswirrve/ und es ward verfügt,: daß diefe 
fortan lebenstanglich fein: ſolte. 1. Die Beſchluſſe Bert Hatbaner 
Berſciumlung ini fir Auugülnze erllärt! Unve! den Konige 
in. Beziehung aufitsie Werwaltung DIE Ernennunß ſeiner Räte 
und Beamten und idien Sorgettfür die? Lundesverteſbigung uñ⸗ 
beſchränkte Gewalt zugeſprochtunMoch! geſchah twies nicht aus 
‚einem‘ tieferen iipolltiſchen Prinzipuf ſonderniwiei vet Sprecher 
der Stamben vem Konige Ausdruͤcktich lite, um Beh Eintreten 
dies Unglucks Se / Verantwortunggon: ſichiabſtulzent Ju Fönnen. 
Auch⸗ durften bie Mär het daß ahr Einfluß 
Dabeizu hy: Kine! VBonnriinben bnige7her Augeſichts des 
drohenden MNuterganzsn ea) NR Vuhlg! RE, 
er licht zu nern Bo ee autobeatiſcheongerſchaft 
einfuhreſ wet ernin nd nimng na Ba ven 
Während Ungarn HoHiitianden! Parteikanipfen zerriffen 
Wear Suleiman die Wuůckon wolche ber Kampfumt Rbodus 
moo wie reißen ſrinet Heeres gerifſen,r dus gefüllt vnd den: Auf⸗ 
ſtaud? ves Soatthaltersuvon Ästen medergeſchluigen Die? mc⸗ 
are Reglevungchatte⸗os eure, ie Zeit ebeiffiitäke 
Polen zund Abſchlufſereines Laungeren Wuffenftillſtandes Fir Be⸗ 
nutzen, den der Sultan Vingeboten Hirte, vbwohl ahnt reiſich 
btumn w cicht reanſt jeweſen iind neo Mira ae mar 
vow aderſchiroectsn Seiteuwle ſicheeſteſi Nechrichterni Sie 
naar Die Bahr Tec tere unternehuien 
werdelun MWertemianihorchie Sinhner iMiedeyn Fläubig! alifo Jesus 
Grtucht n dot Bo, Waßo men ee ver⸗ 
ſchont blͤlenu würbe oNuchheals vie Meddung trilli waße wer 
Sultan m 28. Aprilowon Monfiuntindpel gegenimgtorden win⸗ 
Zebvorhene it, wurden wochen ernſtichen: ehgeniilaßregein net 
griffemcen Devpr Sualltsrut, voo obennil der⸗ Keſligeauseſehlafen 
Kalte, ia län HT Degen gino End use, 
ohne etwas bejchloffen zu haben. Die Steuerrüditände waren 
Bi einzutzeiben, Das KHixchenſilhex, mongn big, Hälfte ‚für. den 
heiligen Sieg. verwendet wardenſollta wire .banilärsglichen 
Kommiffären nur nach langem Sträuben überliefert: und forte 
34* 


582 Gleichgutrigteit in den Reihen, 8. Ludwigs. 


nicht Schnell, in bares Seth verwandelt werben, & fe te das 
Ber an allein, an — an Bl alı Weben mit in 














— Könige, dm Üngerftign „ser 
Öftsrreich, det bie, Sache Ungnene\ als feine” 
mußte, ‚mat dur, bie Afitände der, e 


Ion feier den Ungat 
elerbingg 50.000 ® 








Ra 


bie Beni des, —2 Net n aiehte dh thin. a 
wolfte,! bis, im ben St Sin ‚ii — #4 au par 9— 
auf und — langfan hi ät te DR 
"Au in Unger "Tot m he Aufruß i 
delcher Anet alten Sitte en "Komitateh 
Schwert "Yeruinttagen tieß, ‚ut, Loth fait oder "gar ni Edi 
Übetigen! Vertläcten, werke ig Körtig he fbft ing“ J Bi 
Michung, aus u 
di 











ii 











1" Bereits” feit 9 
— 










Eherʒo 
— ee 
Kitas ui, ! 





u Een hin nubisier 3 
Fali Peterwarbeins. 588 









‚.. Obwohl bag. türtiſche Heer, A 

an Die Donar, infolge beftiger egengüffe nur. ‚Tangfaut vor 
wärts Fam und ber Sultan erjt am 2. Juli in Belgrad, eine 
traf, jo hatte man in Ungarn, noch ‚immer nicht jo, viele Truppen 
aufgebracht, daß man, ‚den deinen "den Übergang ı ‚über, die Say 
hätte ſtreitig machen tönen, Wären dieſe raſch gegen Ofen 
marichiert, fo würben fie fi, des Reiches ohne ernſtlichen 
Widerjtand bemächtigt Gaben, Dog tar. ein fühnes Bote 
dringen damals den, Türfen m Der Sropmefit Ihrabim 
und ber Paſcha von "Belgrad griffen zunäcit am 9. Juli mit 
der Vorhut, 35—40 000 Mann, das befeſtigte Pellrwerden 
andas eine Beſatzung von 1000 dußſ— fofbaten,,, die ‚Hälfte 
päpitfiche ‚Soldtruppen,, date. Dieſe Schar, unter Führung 
des Georg Alapt, verteibigte biefen Plag mit, äußerfter Tapferr 
feit, ſchlug mehrere Stürme ab und hielt ſich felbit mod, 
als ſchon ein Teil der. Mauern „sulammengecpoffen mar. 
Erit als am 28 Sul ‚Auffliegenpe Deinen eine neue breite 
Breſche geöffnet hatten, gelang der Sturm, Die ganze Ber 
jagung, ‚bis auf 90 Dann, die fi, in einen feften, Turn 
zurüchgegogen hatten ‚und freien ‚Abzug erhielten, fan,, den 
Heldentod. 

Durch die tapfene Ber Ding, Belerivarbeins ‚hatte Ungarn 
eine neue ‚Snabenfri, erhalten. Aber jie ward nicht mit ſolchem 
Eifer denuht wie, die — es erfordert, hätte, Als ber 
König, dem, Drängen des Adele nachgebend am 20. Juli aus 
Dfen nach Süden aufbrad), begleiteten ihm nicht ‚einmal 4000 
Dann, Auch jest fanden, ich die Magneten und, Bifgöfe mit 
ihren, Banberien und bie Adeligen aus den Komitaten . ſehr 
Tangfam in Tolna ein, "das zum Sammelplage deg deeres 
beſtimmt war, Det Sönig wollte einen Teil feiner Streit“ 
‚fräfte, unter Anführung,, des Palating Bäthory gegen Eſſel 
ſchiden, um den Zielen ben Übergang über die Drau zu 
wehren. Aber die Großen und die Xbeligen erflärten, nach 
ihren Privilegien feien fie nur mit dem Könige ſelbſt gegen 











584 Zuftand bed ungarifchen: Heeres. " 


ben Feind zu ziehen. werpflichtet. “Damit fie, nicht sifww-’eigewe 
Zeigheit durch den König decken könnten, wie derjelbe tunen 
ins Geſicht fagte, befahl bicſer am.xk4. Angaft- ſelbſt Sen:Anf« 
brug gegen bie Drau. > man Der MOMERYE“ 
. Schon Hanb man in der Nähen Dee Beinbes;-ir ‚man: hätte 
weder ein beträchtliches Heer noch einen: Oberfeldherrn ed‘ 
Niklas Salm, der ſich in ven Kriegen Oſterreichs gegen Beedig‘ 
und bie Bauern hervorgethan, hatte unter Hinweifung aufiſelne 
ſchwache Geſundheit abgelehut. Graf Chriſtoph Fraugepane, 
der im Juni 1525. mit 6. bis 7000 Mann: a6 vouinden 
Türken fchon aufs änßerfte gebrachte Faicza eutſetzt und wars 
proviantiert hatte, aber dann, weil er? keine Belohnungtochlelt 
nach reinem heftigen Auftritte mit dem: Graner Etzbiſchoß ven 
Hof verlaſſen Hatte, war dem an ihm ergangenen Rufe ebenjo 
wenig gefolgt. Von den Ungarn war ver Palatin Frünklich 
und. unbeliebt, Zapolha noch fern, da er infolge: widerſpoechen⸗ 
der Befehle lange nicht gewußt hatte, :ob er zum Könige ziehen 
ober: burch- die Walachei in Bulgarien: eindredhenijoltte. Ye 
wurde Paul Tomory zum Obergeneral beftellt, der fichiieinft 
als tapferen und tüchtigen Führer im kleinen Kriegebewieſen 
Batte, bann in den Mmoritenorden getreten &warkuni:tfeit 
1523. als Erzbiſchof von Calocfa mit: Eifer: no Umſicht bie 
Verteidigung bes fühnlichen: Ungarn gegen. die: Türken Steleitet 
batte, aber freilich ohne Erfahrung. zur Juͤhrung eines grüßeren 
Heeres: war. Georg Zapolya wurde Ihn. un diesil@eitsiigen 
geben, big deſſen Bruder y ber: Worwode von. u. Sheßenbhogen, 
ankäme. J „ah - ahiipehr‘T HIN 
Tomory eilte nun mit etwa 10 600. Reiten: Jegen ‚vie 
Drau, um den Übergang der Feinde über diefen Fluß zu hin- 
bern, erhielt aber bald: die Nachricht, daß ‚ein -beheutender Teil 
derſelben dieſen bereits bei... Efſek überichritten . habe: ‚Ber 
König und feine Räte waren: nun ber Meinung, man ſolle ſich 
nach Ofen ober einem andern feſten Platze zurüdgiehen, "big 
Zapolya mit den Siebenbürgen, Chriſtoph Trangepane, mit 
den endlich in Bewegung: geſetzten Kroaten und die Truppen, 
die von den böhmiſchen Ländern ber auf dem Marſche: waren, 





. Träugen ber Adeligen zum. Saumpfe. 535 


angekommen ‚wären, :Abers bie adeligen Krieger, denen Tomory 
die Frage vorlegte, als iwenn wan nicht im Angeſichte eines 
übermächtigen Feindes, ſondenmm aufe dem Raͤkos geweſenwäre, 
verachteten in ihrem Übermute die Türken, deren Heen großen⸗ 
teils aus. unkriegeriſchem und unbewaffnetem Gefindel beſtehe, 
ſchimpften über die feigen Pfaffen ‚amd: verlangten, daßder 
König fie. in Die. Schlacht führe. Selhſt Tomory iwurde von 
dieſem übergroßen Selbſtvertrauen angeſteckt, obwohl er auf 
die Frage des Königs zugab, dag: der Sultan wenigſtens 70000 
tüchtige Soldaten uud 300 Geſchütze bei; ſich babe; die Ungarn 
aber nur 20000 Mann hätten, unter denen auch eine Schar 
Bohmen unter dem Grafen Schlickunnd 4000 vom: papftlichen 
Nuntius geworbene Mährer und Polen waren. Da ein Wopt⸗ 
führer der Soldaten ; neuexdingsgegen Die. Verſchiebung bed 
Kampfes ſich ausſprach „und: ein. Rückzuge bei Der Rähe des 
Feindes und der: großen Zahl feiner: ſchnellen Reiterein auch 
nicht ohne Gefahr ſchien,ſo, beſchloß man; in der Ebene 
ſüdlich von Mobars.. ftehen zu kubleiben und eine: lat 
mageni:: 333 0 tu Ta] Shane. 

Vn ben. nächſten —— noch yerfihiebene Beritärlangen 
namentlich aus Slavonien unter bet: Ban Tran; Batthyunmyi 
und demnAgramer Biſchofe Simon Erdödy, auch 9 Kanonen, 
die aus Wien. geſendet worden waren. Aber auch, jetzt betrug 
die Zahlder Ungarn. höchſtens 000. Mann 9). Trotzdem 
wurden alle Vorſichtsmaßregeln unterlaſſen, auch fein Verfuch 
geuracht,: den Aufmarſch Des. türkiſchen Hoeres zu ſtören. 

Ka Nachmittag des 29. Auguft griff der Sultan die Ungarn 

‚ Nadhben er.' “fe ſchon mehrere & Stunden durch einen Teil 


BE ai. 0 Tran di 
4) Der damulige anger Srephaun Br labaries, vBiſchof von Syt⸗ 
mien, der fiir bie Vorgänge ſeit ven; Aufbruche ans Ofen, "die Schlacht 
bei Wohaͤes un die ehe Ma — wichtigſte Duelle if} 


han 'Ber-in ben letzten 1 rien. ———— —— — a. 
wert: bie Ungarn. ſchon früher 20000::Masın ſtark made. !. 


536... Nichralpge;her lingammihri Mohichn 


ſeiner Keith beunruhigt ‚hatte... Anfangs Imarfeschte kintgarnı 
Die Zeinde zurück, und kühn brangentfie:ig deven Reihengein, 
338 fe, unmittelbar. ‚HoF, ben Heſchüren ſtanden. Der ⸗Wirlung 
dexſelben und. der Überzahl, der Feinde, Din. mon. allen s@ndten 
Auf ſie, ejndrangen, verigorbfen. Fe, ht: lauge ſtaueguhalten. 
Nach anderthalb Stunden man ihr Heex ernichtet. Deni größte 
.. Zeil, darunter Die. Erzbiſchoöfe a ran mund Ealocka, Fünf 
„Bildäfe,. Veors Bapolga, Bahann Prasiff;hengegeweiträne, 
unde Ambros Sarlaup, der frühere Nberſtlandrichten und mehnere 
„‚anbere Magnaten, 50q. popnehma. und; ſehewele-geringere 
Edelleute bebedten. a, Echlachtfelg. AS Gefangene dieiiider 
ESultzan ‚am ‚folgenden, Tage enthaupten. Nur „einige lanſend 
‚Mann. getteten. ſich. durch Dig; lfpchin Nahen Eänigeiner 
alüctlich ‚enttonpnen.,., Ybgn beim Übexjepengines konft ambeteu- 
tenden, damals aber; ſtark ‚angeishipplienen : Bades: übexſchlug 
ſich fein Pferd uud, begrub ihn im: Supfe, unmfikene: er 
„Ihwer,..hemoffnete. und abenattzta Fürſt ſich anicht himehr czu 
getten. vermochte. +... uptsk: one: Hhin Bruni Androgur 
Nach ber, Bernickung. des ‚unanziichen-Heeiiindagırlingsuen 
webrlos zu Suleimans Füßen. Zwar Ham sBanaita mit 
15000 bi8 20000 Mann!) bei Szegedin. Aber .wie er 
feinen Mari von Siebenbürgen her keineswegs jo bejchleunigt 
batte, wie der König ihm befohlen, jo ſah er auch jeßt ben 
Geſchicken feines Vaterlandes unthätig zu. Für die Befchul- 
Digung, daß er jchon We mit dem Sultan geheime Ein- 
verſtändniſſe —— fbe , 0:98 zwar an jedem ſtich⸗ 
haltigen Beweiſe. D lite ed jtch, daß er wohl den Ehrgeiz 
aber ‚nicht ‚bie Brake, den Mut babe, Andprtinedt Unler⸗ 
gange zu retten. ij zip maugin Hl” on; 
Ohne ben "geringften Widerftand drang Suleiman nach 
Dfen vor, das die Königin und die reicheren Bürger mit ihrer 
und Pper dio ur oder tie binilsuh zu mshrü 1 


Er ol ke bie — Astra“ ad‘ Hin ie 


gerbinahbs L anm FEN Lane Mocgärttal von BL gilbbenthe 
Hong: hist, ‚Piplain. L: 46i1;l Die geanmiulich Jangagenurte IFagl!O OMWTR 
Jebenfallß berief as hen. sruhit nd UND. 


Abzug er Vlirkenitiaih · Verheerung Ungarns. 387 


At beſten Habe verlaffen. hatten. TI ieuVerteidigiing der Stadt 
uoder wenigſtens ber: Burgi: dachte nleniand. Am 10) Septem⸗ 
berzog⸗· der Sultan ninn ungarus Hauptftabteeinen vie Eirtige 

1 Date darauf Bon feinen Horden großenteils Ungkaͤſcheri wurde. 

ad die⸗ Übrigen Ortſchaften wo Ber Doku bis ine” Platten⸗ 

fee und bio gegen Monk, mit Auonahute⸗ einiger" Wie "wie 
er Buvgen bon Funflirchen, EL 77.772 und ee und “Der 

Stabter Etuhlweiſſtaburg, Erg ah ſRomorn wurden 'ans- 

geruubtt. und verbrannt zahlloſerenſchen erſchlagen·n ‚Später 

traf has Gebiet· zwiſchen Bert und‘ der Theiß Yasjelbe Kos. 

Auf: 200:000 hätt Ver BAHR Reichskanzler Biſchof· Bro⸗ 
—darios die Zahl der Perfonen, ie in⸗ Ungarn wingeſchlachtet 

. oder; Sllaven?“ hinwegheführt Wurden: ſinb. Der“ ganze 
Felvyug erhiert berhaupt den Chatater "chen Hope Auub- 

90909; ba Sultman iso kinf?igie" Nachricht von!idrufftaͤnven “in 

Kleinaſien aind · wetzen der NUGe des BWinters Eude September 
de Ruckzug antrat in Of ame” Ven anbern eroberlen Pölten 

außerhalb Syrmiens nicht einmal Befatungent'Huirhätieg. Nuf 
Vientlcheiduug ber angmichen Ebfslyefruhe⸗ zabii ber” Sultan 
mr: kinen Einfluß. „ei ‚a3 CRISDIHD- J 

u 2429 NG: SEE si 1 hiue id: ir} . 
ii 0 Bisußsinst Tel —— u; νιννν 





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‚Die Wahl: Kerbinkabs: Yon Steck Ah Rötie 


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von ‚Böhmen und Ungarn.“ F Hut 
bon Mau Gunıd SRRÜTSCRE wg a gun 


eds ie nf νν NOTE ninius Bad ent mar mt. 
Der Erzherzog Ferdinand war gerade im Begriffe, jeinem 

Druber gegen, ben, Mapft,,, Menehig und „aubege, itglieniſche 

Slaaten. pie geen hen Köhis og entcei von Zirok::ane 


neine anſehnliche Truppenmacht zuhilfen zu Führen />:ul8- am 
9. September bie ſichere Nachricht vom Tode ſeines Sqhwagers, 


538 Anſprüche Ferdinands pon Ofterzeich auf Böhmen. 


des Königs Ludwig von: Böhmen undi Ungarn;neintraf. : Dies 
gab. ſeiner Politik, die fich; bisher hauptfächlich fit; die: War 
gänge imcſüdlichen und: meftlicke: Bimepa ::intereffiert hatte, 
eine ganz: ee Richtung... Det ſah er es für: feine Aufgabe 
an, die Ideen zu verwirklichen, für. welche jchon jeie; Groß⸗ 
vater und Urgroßvater den Boden ſorgfältig vorbereitet hatten, 
und die Anſprüche feines Hauſes auf die verwaiſtenReiche 
geltend. zu machen. Denn, wenn er. auch aufangs über die: 
früherer Zeit geſchloſſenen Verträge im einzelnen ‚nicht “genu 
unterrichtet war, jo hegte er. doch die ſichere Uberzengung daß 
ſein eigenes Recht oder Das; feinen: Gemahlin: Anne, Ber Gchweiter 
Ludwigs, jo feft begrundet ei doß :06 nieht ernftich angefochten 
werden könne. Sr ng. Hi 5 
Bezüglich Böhmens 3. ft, —— dab Recht. Feiner 
Gemahlin nuf die Abſtammung verjelber vom vorletzten Könige 
Wladiſtaw, fein eigenes anf :.die verſchiebenen Erbverträge, 
welche ‚die Habsburger mit den bbhmiſchen Hervſchern geſchlofſen 
batten. Auf: Tetteven “Bunkt:Hlegte er indeffen bako.Felbft: fein 
großes Gewicht mehr, ida mann Kotz alles Nachforichansi: mir 
die Urkunden über die in den Jahren 1364 und 1366 zwiſchen 
den Häuſern Habsburg und Luxemburge abgeſchlofſfenenErb⸗ 
verbrüderung fand. : Dieſe konnten aber suumögliih für Die 
Erbfolge nach dem Erlöſchen des Manusſtammes der böhmiſchen 
Sagedomen maßgebend Jen. ei sw x. Begenieil: batteır:sbie — 
Ga a 7 A ARTE 
1) Faſt glecheitin ecfienen Aber die PFEIORN Rönigensähl. Pen Yo 
beiten vor DO. Gluth, Dis. Wahl Ferdinands4. zum Einig von Möhmen 
1526, in „Mitth. d. Vereine f. :Geihr;h. Deutſchen in Bühnen. AV, 
198— 230 und 211— —302,. und N. Reiel, Geſch. ber, R ie ng Ferdi⸗ 
nands I. in Böhmen. 1. Kerbihands f. "ih und "RER erutigdanttilt 
(Brag 1878), die beide auch Thor Va Maibtlät: behinken konnten, bag 
dann Gindely, Die bbhmiſchen Lanbtagsverhandknngen und Sanbtahds 
beichtäfle vom Jahre 1526 bis auf die Beet 1. * AT (rider a 


ländern KSildert tert of tyra 


.. Das Erdreiht ſeiner⸗ Gemahlin. 589 


Burger ſelbſt ſtillſchwaeigend anf: ihre früher evworberen:: An 
fprüche.:verzichtet, ‚unbe ſie die von den Böhmen nach dent 
Tode des Ladislaus ;Boftumeerigemählten Könige.’ Georg nun 
Wladiſſlaw anerfannten.:: Nur in⸗allgemeinen Ausdrücken Hat 
der Ermherzotz auch. Mile Ban auf ‚Die : Vertrge· hin⸗ 
geiwizjen. io UL mgei ng in Wa le Wed 

Mm fo. entſchiedener —8 hielt erinnt amt: Erbrechi⸗ 
ſriner Gemabin feſt, welches: ur ber Thaf nach. den. böhmtiehen 
Staatsgrundgeſetzen: garnicht. angefschten. werben fomfte. Denn 
die mit: Zuftiminung: :der böhmiſchen Großen ‚getroffene Ver⸗ 
fügung' Karls IV: von: 134& wiendies goldene Bulle von 1356; 
hatten ja das: Wahlrecht der Bohmen Awdrücklich auf den Fall 
beſchränkt, daß vom königlichen Stamme auch fein: weiblicher 
Spaöðßliug mehr vorhanden wäre,: und —dieſes Geſetz war, wenn 
auch wiederholt verletzazaſdoch nie: aufgehöben: worden: Auch 
hatte der König Wladiſlaw noch im Suhre 1510 durch einen 
Majeſtätsbrief jeine, Toten: Unna; Die jetzige Gemahlin Fer⸗ 
dinanbsn don. Oſterreich, sal&:rschbe ak legitime Erbin oo 
Böhmen „erklärt, wenn ſein Sohn: Ludwig oa Gsben mit LTod 
abginge y 

Aus: dem Evbrechte ſeiner: Gemahlin⸗ ziaubie der Ersberyog 
nat dem ‚Hertonmen. aber. auch. tin: Recht für ſich :felbit ab⸗ 
leiter zu⸗ dürfen, ta: Johann non: Luremburg und Albrecht V. 
son Oſterreich: infolge ihrer, Vermählung mit böhmiſchen 
Prinzeffinnen Könige von Böhmen geworden waren. Eine 
feierliche :Sejamdtichaft; .welde er. inısben: zweiten: Hälfte bes 
September nach ‚Böhmen: ſchiden -woffte, ſollte daher dem 
Landesverweſer Karl von Münſterberg atlären, daß Land und 
Leute nach Erbrecht wie nach dem Anhalt einiger, Verträge an 
ben Erzberzog und deſſen, Gemahlin, gefallen ſeien und daß, es 
dieſem zuſtehe, viefelben:sfär: ſich und ſeine Gemahlin in ſeine 
Hände zu bringen, zu degieren und zu beſchirmen. Ja um 
feiner. Überzeugung deutlich Ausdruck zu heben; beabfichtigte 
Ferdĩnand ſogar bie Annahnie ‚beB Höhmifchen Röniggtitelg, ein 
Plou. deſſen Ausführung ven den vechängnißbaliften öelgen 
hätte fein fünnen. is. 


588 Anſprüche Ferdinands nu‘ Dfterreich auf Böhmen. 


ded Könige Yanwig von: Böhmen unbisliugarn,iseintvaf Dies 
gab: feiner Politik, Die ſich bisher: hauptſfächlich fürn: Die: Wowr 
gänge imſüdlichen undimeitlicen  (imfepa::ihterelfiert: hatte, 
eine ganz: menei-Nichtung..: Det had‘ er :esifür: feine: Aufgabe 
an, die Ideen zu verwirklichen, fim..welche .Achon: fein: Groß⸗ 
vater und Urgroßvater den Boden ſorgfältig vorbereitet hatten, 
und: vie Anfprliche feines: Hauſes auf die vorwaiſten s@teiche 
geltend. zu machen. Denn, wenn er atsch gufangs über tere 
früherer Zeit. geſchloſſenen Berträge.: im einzgelnen nicht. :gennt 
unterrichtet war, ſo hegte er; doch Die: fcheye: kiberzgengung;t daß 
fein eigenes Recht oder. das feinen: Gemahlin: Anna, ber Gchweiter 
Ludwigs, ſo feft begründet: ſei, daß es nicht ernftlich angefochten 
werden könne. itite ν I 
Bezüglich Böhmens 9): ſtützte Ferdinaud das: Rechtſeiner 
Gemahlin auf die Abſtammung derſelben nom vorletzten Könige 
Wladiſtaw, ſein eigenes auf die verſchiebdenenErbverträge, 
welche die Habsburger mit den bbhmiſchen Hervſchern geſchlufſen 
hatten. Auf letzteren Punktelegte er indeffen bald felbftiein 
großes Gewicht mehr ‚dar: men⸗Kotz alles Machforſchenst mitt 
die Urkunden über die in den Jahren 1364 und 1366 zwiſchen 
den Häuſern Habsburg und Luxemburg« abgeſchlofſenenErb⸗ 
verbrüderung fand. : Dieſe konnten aber suumdgiiih für dbie 
Erbfolge nach dem Exrlöſchen des Mannsſtammes der böhmiſchen 
Jagellonen maßgebend ſein.“ Im Segenteil:: hatten die Habs⸗ 
in ni ge HE PL 
1): Pafrgleichzeitig erſchienen er Ile bbhmiſche Königeitahl: bie Ass 
beiten von O. Gluth, Die, Wahl Ferdinands J. zum Ränig von Höhmen 
1526, in. „Mittb. d. Vexeins f. Heſſhez. Deutſchen in Böhmen, Ay 


198-230 und 271802. und U, Rezet, Gef. ber Regierung derdi- 
nands I. in Böhmen. 1.’ Ferdihande T. WÄhl und Reglerutigeanttitt 
(Prag 1878), die’ beide auch ſchon Bad" Maletlal beurntzen tonn ten/ bas 
dann Gindely, Die bbhmiſchen Landtagsverhandtungen und Sandtogss 
heſchlüſſe vom Jahre: 1526 bis auf die Reuzeit, 1. Bd., 187.7 (feiden- Acker 
weile nur Lechiſch Herausgegeben, hHgt Gluth hat bie entlſheidenden Ge⸗ 
fihtepuntte, —— Natur, finrer bes, 
aber mit der Wahl Fersft; Wrßtend Meder Auch noch die Verhandtu ken 
bis nach Der) Krönung mb die Anerkentiung Ferdinabs in ben NEE 
ländern ſchildert. ä nint :äd 


,. Das Erbreiht jeiner-Semahlin. .: . z:. 589 


burger ſelbſt Stilffehiwergend:. anf: ihre: früher: erworbemen: : An⸗ 
ſprüche verzichtet, indem ſie die von den Böhmen nach dem 
Tode des, Ladislaus Pofummstigewählten Könige: Georg und 
Wladiſſlaw anerkannten. Ya iu callgemeinen Ausdrücken hat 
der Erzherzog audı. ſpater noch anf Die „Derttäge” bins 
gewieſen 5. on F way sd alien fr ANEI Pad 

. Um io: entfchiepener begegeit: ‚hielt: Ferbinanb amt. Exbrechte 
feiner- Gemahlin feht, welches ur ver Thaf nach. den. böhmischen. 
Staatsgrundgeſetzeg: gar micht augefochten werben konnte. Deun 
die: mit: Zuſtimmung der⸗ böhmiſchen· HEroßen ‚getroffene : Ver⸗ 
fügung Karls IV. von 1348 wie! dies goldene Bulle von 1366 
hatten ja das. Wahlrecht der Bohmen: drücklich auf Den Fall 
beſchränkt, daß vom königlichen Stamme auch fein: weiblicher 
Sprößling mehr vorhanden wäre,: und Epteled :Sejeh ‚mar; "wenn 
anch wieberhalt. verletßt;. ipod: nie: aufgehoben worden. Auch 
Hatte der König Wladiſſaw noch im Buhre 1510 durch einen 
Majeſtätsbrief ſeine Toten. Anna, Die jetzige Gemahlin Fer⸗ 
dinands don.Ofterreich, saldıgichte ak legitime 'Exbin non 
Böhmen er, wenn ſein Bon Ludwig oh Oben mit Tod 
abginge, a Zoch. in, in 

.: Aus: dem: Exbreste: feines. Gemaglin: glaubte ver. erstering 
nach dem Hexkommen aber. auch ein Recht für ſich :felbit ab⸗ 
leiten gu dürfen, da Johanwinen. Yupemburg: und. Albrecht V. 
von. Hſterreich; infolge: ißrexrio Bermählung mit böhmiſchen 
Prinzeffinnen Könige von Böhmen geworden waren. Eine 
feierliche. Geſandtſchaft, welde er in:sben: zweiten. Hälfte des 
September nach Böhmen: ſchiden wollte, ſollte daher bem 
Landesverweſer Karl von Münſterberg eiffären, voß Rand und 
Leute nad). Erbrecht wie nach dem Inhalt einiger Verträge. a 
ben Erzherzog und befien. Gemahlin, gefallen” ſeien und daß es 
dieſem zuſtehe, dieſelben Aür ſich und ſeine Gemahlin in ſeine 
Hände zu bringen, zu degieren und: au beſchirmen. a um 
feiner. Überzeugung deutlich Ausdruck m “geben; beabſichtigte 
Ferdinand ſogar bie Annahnie des höhnüſcheü Röniggtitele, ein 
Plau, deſſen Ausführung von den verhanguigholtnnen dolzen 
hätte ſein können. Non. 


an 


542 Die Werbung ter Sciaudten res Erzherzozs Ferdinand: - - 


und” bedentende Gunmuen für verſchiedene Abelige, beſorrers 
Noſental, im Ausficht ſtellten and alle ſchwankenden Giientenie 
burg ven: Anſchluß an die Siterreiciidhe Partei wenigftens nicht 
ſchlechter geſiellt ſein wollten "8 Brig Die BahE: eines Dergont 
von Bahn. :: 2 Br ee 
Als am 6. Oftober.-der — femnmeittat Ai 
nur noch ze Kandidaturen ernſilich amfreche, die Ferdinands von 
erteich uno. Wieder Wittelsbacher; alle aeren Bewerber 
hatten keiue nennenewerten: Anhanget gefnben. Leiw von Rofen⸗ 
sat: hätte“ am liebften: wie: Wohl eines Königs bertagti:sind 
einen Gubernator wahlen laffen/ imsenr "er: hoffte, vaßdieſe 
Wurtde ihm zufallen nundi hm Birch ber. weg zum Ehrom⸗ 
gebahnt werden: wie Don wur 3: wind onakem 
© Exrzherzog· Feroinand ihatte vori'den’ pero von: Baicin 
vorzüglich das vorausu patz en: Bereits ee: frierliche Oeſandt 
Ft: Prag; Güte zugäggent jene ae! der Abſenbunge eiet 
folchen zu Take gerögert Kitten: Wie dterreichtſchenn Geſandten 
brachten ſchon in der erfie eigemlichen Siuung: des KrnBisds; 
Bi Ottobernihre Werbung nor; mobei:fie:ipen'gifteiftionen, 
welche micht vie Baht; ſondernn vie Annuhmen Yersikakds 
forverken, mit Den ihnen ierkeilten Natſchlägen MER 
einigen’ Fichten. :i IN Sprecher p ans bon Sumheniberg ‚TS 
Area dc," aachen 
war nd? Erboaſeiner Ponigeceiche uns Schtere 1baräaiiek 
fer tale un Erſherzsg nunis jenem Rüchſtcht vn 
bie Bra rt inatzn ntichfteh lutsverwandiſchufe 
bleſelbeno hzoffteno Due Big) BON ee zus vieſeni 
Re ee erg aber ber, vaß 
wenn er au nicht, bi ’ te, Perwandte ber, ‚egten, önige 
zur Kamaplin FRE tänbe ‚bis, ‚ir belonhene ‚Siehe umb 
Bamergunguivedialhen ,. sie, weilanb Karten Mayimifiens wi die 
Ruchbavbſchaſt Yeriokänker hbeffeil — — 
ih Pi —— — 
g itfe "Vedentp ben: Wäber .hloß, © 
en en ai 
Bitten und Begehren, daß bie Stände Yin "zu: —— —* 


Beanſpruchung des Rechts der Königswahl durch bie. Stände 503 


König. und Königin, fich- gefallen lafſen und gunehmen möchten: 
Dagegen erbieten quch dieſe Fich,: Me. Regierung. ſo zu. führen; 
daß jeber bei jeinen Rechten und die Krone ‚bei - ihren: Ehren 
bleibe; alle... Stände . und Perſonen bei ihren Freiheifen zu 
ſchirmen und die Staatsſchulden mit Beirat der Stine, ohne 
Melone ung: ber: Lanpichaft ya bezahlen. * 
Wabrand die vſterreichiſchen —*— in 1srften Rinie au 
ie das Exhrecht Ferdinands zata; deiner: Gemahlin betont: ud 
das Bart „Wahl! ſorgfältig ver mieden hHatten, beſchloſſen: ie 
Ständenquf Antrag Dat, Ohexfilandſchreihens ver. allem. ihre 
Landesprivilegien prüfensze: laflestın) Es! hoh Died, auch Gelegen; 
beit, ene GEntſcheidung binansznichaben mas: jpwohl.der baie⸗ 
riihen Partei erwünfcht war, weil noch ‚immer. feine: feieykiche 
Sefanbtichaft augelenmmenswar,; alsnquch dem Obepſiburggrafen, 
bey. Die? Mahl: he: lange a. perzägeranTuchte,. bis nie maiſt auf 
Öfferreichiicheg Weite: ſtyhan dam Niktenzand ſtädtijchen Abgebrd⸗ 
neten „wagen. her Koſten, Re ein. küngexen, Aufenthalt ‚in: Prag 
exfoxdexte, sben Landtagtvexlaſſan, bätten, >: mi nahe sehn; 
res eh wurdezward PomnKaupex md. en übrigen 
Anhangern Terbinani®, „henanssfid aurdce porgeſchrittenen 
Utxaquiſſetniminde Bier böhmiſchen Brüder, anſchboſſen, vereitelt: 
Aber, inbaungiauE Dim Mectäfragerzeigts ſich dev. Landtag den 
Anſchauungen deinen günſtighanſcinchon ihm gewählauer 
Maid prache ſich am 1 IR dahin ans, Daßeie Stända 
den rent: Bann „die Gemahlin Ferdi⸗ 
nandaamn nes. Erhexchtea merbaſtig newerden/ xWil die, sieben Bed 
Kehzaitenihres Waters; aßgeſtattet, Und datzn wexheixgtet prden 
Ih) wdwjan habt weder annlicher amch en 


af ge —D UT —2— 1; Misfku a Si veiſung zul 
daß ke il tet * — * ich — 
vid ich Lachl zu iven re id, — — — 


— * nicht ————— 
real, Yan, iſichodig har weht ufndig Urkunde 


m Ne 1 Hl ung 4 I Ki 
a en en ——— 


—— — — ad And. ner a ort 


544 Werbung der baierifchen Gefanbten. 


binterlafjen; jedes Erbrecht: gehe aber nur vor. jih und nicht 
zurüd d. h. gebe nur auf hirefte Nachkommen. nicht auf Seiten- 
verwandte über. In biefem Sinne wurde auth :bie Urkunde 
von 1348 gedeutet, ‚obwohl dieſe ganz. allgemein: von weib- 
lichen Gliedern des regierenden Haufe: ipricht. Daß der Aus⸗ 
ſchuß nebenbei die Phraſe einfließen Heß, er wolle niemandem 
etwas ab» oder zuſprechen, änderte nichts. an der ſchwer wie⸗ 
genden Thatjache, Daß den Ständen: für diesmal das Recht ver 
freien Königewahl zuerkannt wurte. Der Landtag jchloß. fich 
ſtillſchweigend den Ausführungen des Ausichuffes an. M 
Die öfterreichiihen Geſandten verkannten die Tragweite 
dieſes Beſchluſſes nicht, nahmen aber: mit. großer Gewandtheit 
Stellung zu vemjelben. : Schon am folgenden Tage erichtenen 
fie im Landtage und gaben die Erklärung ab, fie hätten ge« 
glaubt, daß. feine freie Wahl notwendig wäre und daß die 
Stände. auf ihr Anfuchen: den ‚Erzherzog und feine Gemahlin 
zu Königen annehmen würden. Wenn aber dies nicht geichebe, 
fo Sprachen fie, „ihres gnäbiger. Bern Recht vorbehalten“, die 
Hoffnung aus, daß die Ständermit Rüdficht auf die :übrigen 
für Ferdinand Iprechenden Gründe denſelben vor anderen zu 
diejer Krone fommen laſſen würden. Zugleich unterließen: ſie 
nichts, um. die böhmiſchen Großen -einzeln. zu: gewinnen. Be⸗ 
fonders Johann Mrakſchy von Naskau, Pfleger "von. Droſen⸗ 
dorf, der gewandteſte und rührigſte von allen, entfaltete ‚eine, 
außerordentliche Thätigfeit. _ iR 
Während ſich nım der —* über eine. Weihe Boni: 
tifeln .einigte,- die man dem zu wählenden Könige zur Sanktion 
vorlegen· wollte, aber. dann ohne: weiteres als Geſetz “ir bie 
Landtafel eintragen ließ, kam endlich auch die baieriſche Ge⸗ 
ſandtſchaft an, die. ſich in offizieller Form um die Wahl eines 
ber beiden Herzoge bewarb. Jetzt hatte auch die baieriſche 
Partei, die bisher der Pornahme der Wahl: mit allen: Mitteln 
entgegengearbeitet hatte, ‚ein n Suteröffe on eine Antſcheunz 
hinauszuſchieben. gel? | 
- Am. 20. Oftober wurde Dom: Lanbtagen ein usſchuß von 
24 Mitgliepern, je acht aus jedem; Stande, gewählt, um eine 


Wahl des Erzherzegs Ferbinanb. 345 


Vorwahl zu treffen und den am tauglichften Befundenen beit 
Ständen  vorzwichlageni: "ES warentſcheidend, daß es noch im 
letzten Augenblide gelang, den noch immer einflußreichen Lew 
von Roſental duvch verſchledene Zuficherungen bei onders finan⸗ 
zieller Natur für den Erzhorzog zur gewinnen, gegen defſen 
Wahl nun in der Kommiſſion niemand ‚mehr Schwierigkelten 
erhob. Um im Landtage ſelbſt auf keinen Widerſpruch zu ſtoßen 
und Erörterungen zu vermeiden, welche beſonders file jene un⸗ 
angenehm hätten fein können, die wie Lew ihre Partel'gewechfelt 
hatten, ſtellte der Ausſchuß den Antrag, daß jene Perſon, über 
bie er ſich geeinigt bitte;; als Käfig ausgerufen werden ſollte. 
Nachdem ver Landtag: zugeſtimmt Hatte, wurde Erzherzog Fer⸗ 
dinand am 23. Oltober vom Ausfchuſſe einſüimmig gewühlt 
und am folgenden Tage zue großen Überraſchung der baierl⸗ 
ſchen Geſandten, die noch bis zum⸗letzten Augenblick auf einen 
günftigen Ausgang gehofft: Hatten, als! König: proflamiert.:- 

Ende Movember wing eine böhmiſche Geſanbiſchaft, aus je 
ſechs Vertretern der drei: Stände beftehenb, nad) Wien ab, 
um bem ‚Erzberzoge. ſeint Wahl zumt Könige zu melden und 
ihm die vom vandtage beſchloſſenen Areiel zur Beftätigung 
vorlegen: : : tig Budo! 

Es onen einzelne: ‚jegr: weitgehane Gorberungen welche 
bie - Stände darin aufgeſtellt⸗ hatten: Es ſollte 5: B. bei Leb⸗ 
zeiten bed. Königs: aiemand, auch nicht ſein Erbe, zum Nach⸗ 
folger gewählt, ver König nie gekrönt werden, ehe er den Krö⸗ 
nungs Eid geleiftetsund ‚ven Ständen Ihre Rechte und Freiheiten 
beftätigt hätte. »ı Bein Rantwgbenntter ſollie ohne rechtliche Er⸗ 
kenntnis der Abrigen: Beumtern;: Ranbogrechtäbeifiger- und: könig⸗ 
lichen Räte ſeines Amtesentſetzt werden. Der König ſollte 
feinen Hof für gewöhnlich in Boihmen haben, wenn er aber 
zeitweilig das Land verlaſſen Inüßte,.bie- Regierung nur Ein⸗ 
geborenen, und zwar nur näch Mat des bohmiſchen Landtags, 
angertraut: werden. In böhmifcheni Angelegenheiten follte der 
König nur böhmifche Näte oder folche aus den Nebenländern 
zuziehen, zu Ausfertigungen derſelben ſich hut der böhmiſchen 
Nanzlei bedienen und die Amter in Boͤhmen und ‚den dazu ger 

Huber, Geſchichte ſterreiche. IT. | 


546 Forderungen ber böhmischen Stände. 


börigen Ländern ausichließfich mit geborenen Böhmen beſetzen. 
Gegen die beiden Glaubensbekenntniffe der Katholiken und Utra- 
quiſten ſollte ſich der König nach deu. ziwiichen den Ständen ge- 
troffenen Vereinbarungen gleich gerecht verhalten. - 

Auch Died genügte den Ständen noch nicht. Die Depu: 
tierten ſollten auch noch die Außsitellung eigener Majeſtätsbriefe 
erwirlen, daß Ferdinand die böhmtichen Nebenländer als. König 
von Böhmen regieren und gegen: die Anſprüche Ungarns fihern 
würde, und daß die Stände ihn aus freiem Willen gemäß ihren 
‚Freiheiten, nicht aber infolge‘ einer: Verpflichtung zum Könige 
gewählt Hätten. Auch die goldene Bulle Karls IV. über die 
Köntgewahl follte der König im Sinne. der Stände dahin er- 
läutern, daß nur: männliche Nachkommen oder eine unverhei⸗ 
ratete Tochter des letter Könige ein Erbrecht hätte. 

Ferdinand ſah wohl ein, wie gefährlich einige der vom 
Landtage aufgejtellten Artikel, namentlich das Verbot der Wahl 
und Krönung eines Könige bei Lebzeiten des regierenden Fürften 
und die Beichränfung des Landesherrn in Beziehung anf die 
Entfernung der einmal ernannten: Beamten, für die Gewalt 
der Krone werden könnten. Letzteres mußte den Einfluß der 
Herren, die gegenwärtig im Beſitze der Landesämter waren, 
verewigen, erjtere® dem Landtage Gelegenheit geben , bei: jeder 
neuen Königswahl dem Erben des Verftorbenen neue Bedin⸗ 
gungen vorzufchreiben und die Macht der Stände auf: Koften 
des Könige zu erweitern. Er gab: zwar ohne: Anftand die 
Erllärung ab, daß die Stände ihn freiwillig zum Könige ge- 
wählt hätten, ımd jtellte die gewünſchte Verficherung wegen der 
AZugebörigfeit der Nebenländer zur böhmifchen Krone. aus. Aber 
weber zur verlangten Erläuterung: der goldenen Bulle Karls IV. 
noch zur Beftätigung der einzelnen vom Landtage angenommenen 
Artikel ließ er fich herbei. Da infolge veffen die Deputation 
mit ihrer Abreife drohte, jah er fich Doch genötigt, eine wenig- 
ften® teilweije entgegenfommende Haltung einzunehmen, um nicht 
noch im letten Augenblide die Krone zu verlieren. In einer 
Urkunde vom 13. Dezember verfprad er, den Prager Kompak⸗ 
taten volle Gültigkeit zu verichaffen und auch mit dem. Papſte 


Modifikation derfelben. | 547 


über deren Beftätigung zu verhandeln, die böhmiſchen Stände 
bei ihren Rechten und Freiheiten zu fchügen, Ausländer weder 
zu Landes⸗ oder Hofämtern; noch zu geijtlichen oder ftädtifchen 
Würden zuzulaffen ‘oder mit ſolchen die böhmiſchen Schlöffer 
und Städte zu bejeßen, auch feine zur: böhmiichen Krone ge⸗ 
börigen Länder oder Güter verjelben zu entfremben. Dies 
waren Punkte, die ſchon König Wladiſlaw bei feinet Wahl be- 
willigt und ſpäter auch deſſen Sohn beftätigt Hatte. Da: 
genen lehnte Ferdinand die Beſtätigung des neuen Gefegent- 
wurfes auch jett ab und: ließ den Deputierten durch den 
Trientner Biſchof Bernhard von Cles erklären, daß er über 
die Naclafjung einzelner: Artikel, die ihm beichwerlich, dem 
Königreihe und den Ständen aber ohne Nuten feien, nad 
feiner Ankunft in Böhmen. mit dem Landtage verhandeln 
werde. 

Die Ungufriedenbeit; welche dieſe Feſtigkeit Ferdinands bei 
den böhmiſchen Oligarchen hervorrief, wollten die Anhänger 
Baierns, denen ſich auch Lew von Roſental vorübergehend 
wieder anſchloß, zur Hinausſchiebung der Krönung benutzen, um 
für weitere Umtriebe Zeit zu gewinnen. Der baieriſche Kanzler 
Leonhard Ec reichte bereitwillig ſeine Hand dazu und ſprach 
ſogar die Hoffnung aus, daß, wenn der Papft und die Vene⸗ 
tianer über den Kaiſer den Sieg erlangten, nicht bloß dieſer 
aus Italien verdrängt, ſondern auch der Erzherzog aus den 
deutſchen Ländern verjagt werden könnte !). Doch vereitelte 
Ferdinand dieſe Pläne durch ſeine ſchnelle Reiſe nach Prag, 
wo er am 24. Februar 1527 zum Könige gekrönt würde. 

Bor und nad ber Krönung unterbandelte der König mit 
den boͤhmiſchen Ständen über die Zurüdnahme oder Modifika⸗ 
tion ‚einiger jener Yorderungen, die fie in der Wahlfapitulation 
gejtellt batten. Da es amch unter den Böhmen eine Partei 
gab, welche gegen eine weitere Schwächung ber füntglichen ®e- 
walt war, und andere Große durch Nachgiebigfeit die Gunſt 
des neuen Herrſchers gewinnen wouten, ſo hatten die Be- 


: 1) Böhmifche ganbiagsverbanbfngen I, 191—19. 
35 * 


548 Ferdinands Anerkennung in ben bbhmijſchen Nebenlänbern. 


mühungen Ferdinands gerabe in ben wichtigften Punkten Er- 
folg. Die Stände gaben die Erklärung‘ ab, Daß, wenn ber 
König einen volljährigen Erben Hätte; dieſer and bet Xebzeiten 
feines Vaters gekrönt werden könne.” Bei ber Erfegung uns 
tauglicher Landesbeamten follte ber König nicht an die Zu⸗ 
ftimmung, fondern nur an bie Einhofung des Rates ber übrigen 
Beamten, Räte und Lanbrechtsbeifiger gebunden fein. Auch 
bezüglich der Forderung, daß zur Entſcheidung böhmiſcher An- 
gelegenheiten nur böhmiſche Räte beigezogen werben follten, 
gingen die Stände auf die Anſchauungen des Königs ein, ber 
dies als unzweckmäßig bezeichnete, weil viele Angelegenheiten, 
wie die Verwaltung der Bergiverfe und Regalien und der Fi- 
nanzen überhaupt, in Böhmen und den anderen Ländern ganz 
gleicher Natur wären und daher auch am beiten gemeinichaftlich 
verwaltet würden, wobei oft auch Fremde guten Kat er- 
teilen könnten. Gegen den Einfluß frember Räte in finan- 
stellen Angelegenheiten wurde feine weitere Einwenbung ers 
hoben. 

War Ferdinand troß der Yinfprlihe feiner Gemahlin PAR 
Tächlich doch nur durch Wahl König von Böhmen geworden, 
jo fam in den Nebenlänbern, welche auch über die Ausſchließung 
ihrer Vertreter von der Königswahl fehr unzufrieben waren, 
eine ganz andere Anfchauung zur Geltung. Die Stände von 
Mähren gaben ſchon Anfangs November die Erklärung ab, 
daß die Königin Anna eine rechte und geborene Erbin der 
Markgrafichaft jet, weil fie ihrem Vater und dejjen Erben ven 
Eid der Unterthänigkeit geleiftet hätten, und daß fie daher bie 
Königin und nach ihr deren Gemahl als Herrn annehmen. 
Auch die Stände von Schlefien nabmen Anfangs ‘Dezember 
beide Majeftäten zu Erblönig und. Königin an. ühnlich lautete 
die Auferung der Stände der Laufit 2). Ä 

Daß Ferdinand, wenn auch nur durch Die Wahl der Stände, 
in Böhmen fo raſch und auf frieblihem Wege zur Krone ges 


1) Die Alten über bie Vorgänge in ben Nebenländern in „Die böh⸗ 
mifhen Landtagsverhandluugen“ I, 89—118. Bol. Rezek, S. 72ff. 


Zerdinande Anſpruche auf Ungarn. 59 


langte, war von größter, Bebeutung. . . Einmal handelte e8 ſich 
bei der böhmiſchen Königswahl um die ganze Stellung des 
Hauſes Habsburg in Deutſchland. Wäre namentlich einer der 
. Herzoge von Baiern gewählt warden, welche damals die Haupt. 
vertreter der antikaiſerlichen Fürſtenpolitik waren, jo wäre ver 
Einfluß der Habsburger .auf das. höchite bedroht gewefen, wahre 
ſcheinlich hätte jich ‚in Zukunft auch. die. Kaiferwürde nicht be: 
haupten ‚lafjen. ‚Ohne. die Kräfte. Böhmens hätte, Ferdinand 
aber auch. feine: Wahl zum ungariichen Könige. ſchwerlich durch⸗ 
zuſetzen vermocht, mit Böhmen wäre wahrſcheinlich auch Ungarn 
verloren geweſen. In Prag wurden alſo damals nicht bloß 
die Geſchicke Oſterreichs, ſondern auch die Europas entſchieden. 

Biel, - größere Schwierigkeiten. ‚machte die Geltendmachung 
ber Anfprüche des Haufes Habsburg auf Ungarn !), obwohl 
biejelben, unbejtreitbar warem ... ... 

Über, die rechtliche Grundlage derſelben war fich ber Erʒ 
herzog Ferdinand anfangs freilich auch hier nicht klar. Er 
glaubte infolge feiner. Vermählung mit der Tochter des Königs 
Wladiſlaw IL_ zu einer einfachen Beſitzergreifung des ungariſchen 
Meiches. Schreien zu können. Aber. wenn auch die Anjous als 
weibliche „ Seitenverwandte der Arpaden auf den ungariſchen 
Thron gelommen und. daun die Tächter Ludwigs I. und Sig. 
munbs ‚wie deren Gatten als Dessen anerlannt worden waren, 


m rd 7 a. 


1) Das febr ind Detatt gehende gründliche Werk von Jaszay P., 
A magyar nemzet napjai a mohargi..visz uban. (Die Tage der une 
gariſchen Natjon nach dem Verderben bei Mohaͤcs, Peſt 1846), auf wel⸗ 
chem die Darſtellung der Ereigniſſe bis zum Beginn bes Jahres 1527 
bei beit neueren ungariſchen Hlftorikern, wie Graf Mailath, Gefch. ber 
Magharen, 2. Aufl. III, 1." Feßler⸗Klein III, 399ff. u. f- w., im 
weentlihen beruht, war mir Teiber wicht: zugänglich. Ich ſtütze mich 
bauptjählich- einerfeits, auf-bie-von. Fraknöi .V., Monumenta comitialia 


regni Hungarise 1. T. herausgegebenen Atenftüde- und. auf beffen. wert- - 


volle Einleitungen dazu, anderſeits auf die Darftellung von St. Smolka, 
Ferdinand I. Bemühungen um die Krone von Ungarn, Wien 1878 
(Arch. f. öſterr. Geſch. LVII, 1—172), der das fchon von Jaͤſzay benützte 
Wiener. Staatsarchiv noch forgfältiger ausgebeutet unb. das gebrudte 
Material ſehr fleißig benützt hat. 


550 " Auffaflung der Ungarn. 


fo batte doch der ungartfche- Reichstag nach dem Tode Vadis⸗ 
laus des Nachgeborenen ein :Erbrecht der Schweitern verfelben 
nicht mehr anerkannt und einen König gewählt. In Ungarn 
gab es auch Fein Neichsgefek, auf das fich Ferdinand zuguniten - 
feiner Gemahlin hätte berufen Tönnen. Im Gegenteile hatten 
die zwiſchen Dfterreich und Ungarn- in den: Jahren 1463 und 
1491 gejchloffenen Verträge die weiblichen Glieder geradezu von 
der Erbfolge ausgefchlofen, indem ſie den Habsburgern ſchon 
beim Deangel männlicher Nachkommen des Königs die Nachfolge 
zuficherten. Dieſe Verträge mußte Zerbinand für das Maß—⸗ 
gebende anjeben. Denn wenn auch bie Beftimmungen des 
Friedens von 1463 durch die fpäteren Kriege zwifchen Matthias 
und dem Kaiſer Friedrich befeitigt fein mochten, jo ſprach doch 
auch der Presburger Triebe von 1491, der 1506 erneuert 
worden war, den Nachlommen des Kaifere Dear, welchen von 
ihnen die Stände wählen würden, ein Recht auf die ungarifche 
Krone zu. 

Aber die Nechtsfrage war für den Gang der Ereigniffe in 
Ungarn ebenjo wenig entjcheivend wie in Böhmen. Auch in 
Ungarn beanfpruchte man allgemein: für die Stände das Recht, 
einen neuen König zu wählen. “Die zugunſten der Habsburger 
Iprechende Beitimmung des Triebens von Presburg, erflärte 
man, fei obne Rechtskraft, weil die Stände dazu nicht ihre 
Zuftimmung gegeben hätten. Der Erzherzog konnte leider biefe 
Behauptung nicht widerlegen, da die wichtigite Urkunde, welche 
die Annahme dieſes Vertragsartifeld durch die ungariichen Land⸗ 
jtände enthielt, 1493 vom Könige Maximilian dem Rate von 
Augsburg zur Aufbewahrung übergeben worden und volljtändig 
in Vergefienheit geraten war !). Ferdinand ſah auch bald ein, 
daß nicht Gründe des Rechtes, ſondern nur materielle Mittel 
zum 3iele führen könnten, und er bebachte fich auch nicht, die⸗ 
jelben anzuwenden. 

Die zwei Parteien, welche ſich unter ben beiden legten 
Königen gebildet hatten, die Hofpartei oder die Partei ber 


1) Firn haber im „Arch. f. 8. öfterr. Geſchichtsq.“ III, 381f. 


Die Hofpartei und die Partei Zapolya's. 551 


Magnaten, und die Oppoſitionspartei unter Führung Zapolyas, 
beſtanden auch jetzt noch fort. Jene, deren vornehmſtes Glied 
jetzt der Palatin Stephan Baͤthory war, ſchloß ſich an bie 
verwitwete Königin Maria, die Schweſter Ferdinands, an, die 
ſich vor den Türken nach Presburg geflüchtet hatte. Die Gegen⸗ 
partei hielt ſcoon um die Mitte des Oktober eine Verſamm⸗ 
lung in Tokaj, einer Beſitzung Zapolyas, wohin der Erlauer 
Biſchof Paul Vaͤrday Magnaten, Adelige und Vertreter der 
Städte aus den mäher liegenden Landesteilen berufen batte. 
Die Zahl der Erjchienenen war. nicht groß; von den Biſchöfen 
war nur Paul von Erlau, von: den Magnaten außer Japolya 
der Temeſer Graf Peter Perenyi, Befehlshaber in Nieder» 
ungarn, der Reichejchagmeifter Johann Doͤczy und einige andere, 
von jtäbtiichen Vertretern nur ſolche aus Oberungarn ober 
vielleicht gar nur die von. Kaſchau anwejend !), aber mehrere 
Adelige, die ſich ſchon in früheren Parteikämpfen als eifrige 
Anhänger Zapolyas bewiejen hatten. Die Wahl des Woywoden, 
der nach der Vernichtung des füniglichen Heeres mit ‚feinen 
Truppen thatjächlih Herr von Ungarn war, obwohl er zur 
Berteidigung besjelben nicht das Geringite getban Hatte, ſtand 
bei ven meijten Mitglievern ver VBerfammlung wohl von vorn- 
berein feit, und es beburfte nicht der Beredſamkeit Verböczys, 
um die Gemüter für diefen Plan zu gewinnen. Man glaubte, 
daß fich durch deſſen VBermählung mit der Königinwitwe Varia 
auch ein Ausgleich mit Terbinand erzielen lafjen würde. Aber 
Zapolya förmlich zum Könige auszurufen, wagte man doch 
nicht, da der größte Teil des Neiches in Tolaj gar nicht ver- 
treten war und die PVerfammlung doch eigentlich nur einen 
privaten Charakter batte. Die Anwejenden beriefen Daher zum 


1) Daß im Einfabungsjchreiden zum Reichstag vom 17. Oktober in 
Mon. comitialia I, 10, der nah Aufzählung der Magnaten und Ade⸗ 
ligen noch beigefllgte Pafſus: „ceterique universi nobiles et pociores 
superiorum et inferiorum parcium regni, item oratores nobilium Sicu- 
lorum et Saxonum regni Transsylvani necnon Cassoviensis et aliarum 
liberarum civitatum parcium superiorum “ nicht wörtlich zu nehme 
fei, ift mir nicht zweifelhaft. 


562 Wahl Zapolyas zum Könige. 


Zwecke ver Königswahl auf den 5. NRowember einen Reichstag 
* Stuhlweiſſenburg, indem zugleich erllärt ward, daß 

alle Nichterſcheinenden als Landesverräter beſtraft werden 
würden. 

Daß die Zwiſchenzeit eifrig benutzt wurde, um für Zapolha 
neue Anhänger zu gewinnen unb alles, was zugmmfter besfelben 
ſprechen Tonnte, in das günftigfte Licht zu fielen, iſt felbft- 
verftändlich. Deſſen ungenchtet war der Reichstag in Stuhl⸗ 
weiſſenburg nicht jehr zahlreich befucht. Selbft Adelige waren 
nur aus den benachbarten Komitaten,. und auch dieſe nicht im 
großer Zahl gelommen. Nur von ven Bilchöfen war. ber 
größere Teil anwejend. Die Magnaten tagten in der Stadt, 
die Adeligen außerhalb derſelben. Man betonte is beiden. Ber- 
fammlungen vor allem den Beichluß des umgariichen Reiche- 
tages vom Sabre 1505, daß nie mehr ein Ausländer, ſondern 
nur ein geborener Ungar zum Könige gewählt werben. joflte. 
Am meiften trat aber die Abneigung gegen die. Deutichen zu⸗ 
tage. Das Ergebnis jtand von vornherein feſt. Am’10. Ro» | 
vember wurde Johann Zapolya als König ausgerufen. Einer 





ber Gefandten Ferbinands von Diterreich, ber .in ver Ber | 
ſammlung des Adels zu reden verjuchte, wurde jchon nach den 
eriten Worten von Verbeczy, ber auch bier Die erſte Rolle | 
fpielte, unterbrochen. Die aufgeregten Abeligen brangen ‚mit 


den Waffen auf ihn ein; er mußte froh fein, daß er mit dem 
Leben davon kam. 

Am folgenden Tage fand bie Krönung ſtatt. Da die beiden 
Erzbifchöfe von Gran und Calocfa bei Mohaͤes den Tod ge- 
funden Hatten, fo wurde fie vom älteften ver anweſenden 
Biihöfe, Stephan Podmaniczky von Neitra, vorgenommen. 
Bom Könige wurde dann Paul Vaͤrday zum Erzbilchofe von 
Gran, Verböczy zum Kanzler, Perenyi, der neben Zapolya 
Kronhüter gewefen war, zum Woywoden von Siebenbürgen 
ernannt. Die Herrichaft Zapolyas ſchien feit begründet. 
Siebenbürgen und faft ganz Ungarn mit ver Hauptftabt Ofen 
waren in feinen Händen. Auch die Stimmung der europäiſchen 
Mächte war ihm günftig, da der größte Zeil derfelben damals 


Thätigleit der öflerreifchen Partei. 658 


mit dem Kaiſer verfeindet war. - Von den Königen von Frank⸗ 
reich und England, vom Bapfte, von den Venetianern und von 
den Herzogen von Baiern wurde er als König anerlannt; von 
Frankreich und Baiern erhielt er Ermunterungen ober gar 
Hufsverfprechungen ). - 

Deſſenungeachtet gab Ferdinand, der unterdeſſen bereits 
zum Könige von Böhmen gewählt worden war, auch in Ungarn 
ſeine Sache nicht verloren. Seine Hauptſtütze war ſeine 
Schweſter Maria, die ohne Rückſicht auf ihr eigenes Interefſe, 
nur das Wohl ihres Hauſes ind Auge faflend, in jeder Weiſe 
für ihn thätig war und auch Inpolyas Antrag, fie zu heiraten, 
entichteven zurüdwied. Ste war es auch, welche die Unier- 
handlungen mit den ungarischen Großen vorzüglich leitete. Aber 
die Zahl ihrer Anhänger war anfangs nicht groß, da gerade 
bie Reihen der Hofpartei durch die Kataftrophe von Mohaͤcs 
ſtark gelichtet worden waren. ‘Doch war e8 von großer Wichtige 
fett, daß der Palatin Stephan Baͤthory auch jet der öfter» 
reichiſchen Partei fich anjchloß, weil er nach der ungarifchen 
Berfaflung der Stellvertreter des Königs war und nur er 
das Recht hatte, in. gefetlicher Weiſe einen Reichstag ein⸗ 

zuberufen. 
| Als Zapolya und. feine: Freunde die ungarifchen Stände 
nach Stuhlweiſſenburg gelaben hatten, fchrieben auch die Königin 
und ber Palatin um ben 19. Oltober einen Reichdtag auf den 
25. November nach Komorn aus. Das Einberufungsichreiben 
wurde auf den 9. Oktober zurüdfdatiert 2), um es als früher 
erlaffen darzuftellen als die Ladung Zapolhas. Doch war in 
demſelben als Gegenſtand ber Beratung nicht die Königswahl 
ſondern nur das Wohl und die BVerteidigung des Reiches bes 
zeichnet, weil Ferdinand den Anfchauungen der Wiener Hofräte 
entiprechend nach der Wahl Zapolyas noch entichiebener als 
früher daran fejthalten zum mäffen glaubte, daß er ein Recht 


1) Smolka, ©. 117 fi. Feßler— Klein III, 418 ff. Vol. 
Sanffen III, 13ff. (13. Aufl.). 

2) Dies kann nah den Darlegungen Smoltas, S. 74ff., der das 
zuaft erfannt bat, keinem Zweifel unterliegen. 


564 Verſprechungen Ferdinands von Ofterreid. 
auf den ungariihen Thron babe, und er daher den Ständen 
ein Wahlrecht nicht zueriennen wollte. 

Der Reichdtag trat ührigens nicht in Komorn zujammen, 
Das unterdeſſen in Zapolyas Hände gefallen war, jonvern in 
Presburg und zwar erjt im Dezember. 

Unterdeſſen wurde alle® gethan, um die Zahl der. Anhänger 
Serdinands zu vergrößern. Dieſer veriprach allen, bie durch 
den Beitritt zur Öfterreichifchen Partei Verlufte erleiden würden, 
Ipäteitens binnen zwei Jahren Erſatz derſelben und fagte ihnen 
auch zu, daß er fie bei ver Vergebung geiftlicher und weltlicher 
Ämter anderen vorziehen würde. Mehreren Herren, vor allen 
dem Balatin und dem Ban von Kroatien, Franz Batthyhaͤnhi, 
wurden auch bedeutende Geldzahlungen in Ausficht geftellt, 
teilweije freilich für die Verpflichtung, im Dienfte Ferdinands 
Zruppen zu unterhalten. Als weiterer Köder wurben die Be 
figungen der Anhänger Zapolyas Hingeftellt, die eingezogen 
werben follten. Im allgemeinen veriprach Ferdinand, alle 
Stände Ungarns bei ihren Freiheiten, Belegen und Einrich- 
tungen zu erhalten und zu fchügen, die Beitimmungen ber 
goldenen Bulle Andreas II. zu beobachten, Ausländer nicht in 
den ungarifchen Rat aufzunehmen und ihnen feine Amter oder 
firchlichen Würden zu verleiben. Auch gab er troß der Be 
tonung feines Rechtes auf Ungarn jest die Erklärung ab, daß 
er nur „mit Wiffen und Willen der Stände zum Könige an- 
genommen werben wolle“, wies aljo die Bornahme einer Wahl 
wenigſtens nicht unbedingt zurüd. 

Deflenungeachtet wurde ber Reichstag nicht zahlreich be- 
ſucht, aus den entfernteren Landesteilen wohl auch deswegen 
nicht, weil biefelben in der Gewalt Zapolyas und jeiner Freunde 
waren und weil man fich dort durch offenes Auftreten zu- 
gunjten Ferdinands den größten Gefahren ausgejeßt hätte. 
Außer Baͤthory und Battbyanyt waren von hervorragenden 
Berfönlichkeiten nur die Biſchöfe Szalahazy von Velzprim und 
Drodarics von Syrmien, Ludwigs II. Kanzler, der Oberjt- 
ſchenk Alerius Thurzoͤ und ein paar andere Magnaten und 
und Pröpfte anwelend. Um eine größere Zahl von Adeligen 


Der Reichstag in Presburg. 555 


wenigſtens aus der Umgebung zuſammenzubringen, wurde die 
Eröffnung des Reichstags bis zum 16. Dezember verſchoben. 
Schon am. erften Tage ging man zur Verhandlung ber 
Thronfrage über. Alle Gründe, welche für Ferdinand und 
gegen Zapolya Tprachen, wurden mit großer Geſchicklichkeit her⸗ 
vorgehoben, wobei bie Rollen entfprechend verteilt worden 
waren. Der Palatin erflärte nach einer lebhaften Schilderung 
der traurigen Lage des Landes, daß, wenn je, Ungarn jeßt 
einen mächtigen Herricher brauche, der imftande wäre, bie ber- 
lorenen Örenzfeftungen wiederzugeiwinnen und einen neuen Angriff 
der Türken abzuwehren, daß e8 aber unter den benachbarten 
dürften feinen gebe, der die Macht dazu Hätte, als Ferdinand von 
Dfterreih. Das Haupt der öſterreichiſchen Geſandten, Chriftoph 
NRauber, Biſchof von Laibach, gab tm Namten feines Herren 
die Erklärung ab, daß diefer für das Wohl Ungarns, für Die 
Stoerftellung feiner Freiheiten, für die Heritellung feiner 
früheren Grenzen und für beffen Verteidigung gegen alle Feinde 
nicht bloß jeine Macht und feine Habe, jondern aud die Hilfe 
des Kaiſers, des Dentichen Reiches und aller Verwandten an- 
biete; er gab weiter den Ungarn zu bedenken, ob fie denn für 
fich allein kräftig genug wären, ven Türken zu widerſtehen, be- 
ſonders wenn fie fih auch noch ihre Nachbarn, die Böhmen 
und ganz Deutichland zu Feinden machten, und ob namentlich 
Zapolya dies zu leiften imftande wäre, der bisher fchon jo viel 
Unglüd über das Land gebracht babe; er betonte dann, Daß 
Verbinand, obwohl er vermöge der Verträge von 1463 und 
1491 hätte ein Erbrecht geltend machen und mit den Waffen 
gegen den Uſurpator auftreten können, doch alle® nur von 
der Übereinftimmung, von der Wahl der Nation erwarte 1), 


1) So nah Fraknéi in Mon. comitialia I, 49 (vgl. 51, R. 1) 
nach einer gleichzeitigen Aufzeichnung. Nah Smolka a. a. O., ©. 68, 
hätte der Gefandte Ferdinands Hecht viel fchärfer betont und erklärt, 
Ferdinand hege nicht den geringften Zweifel, daß bie Berfammlung ihn 
zum Könige anneßmen würde, er würde aber auch fonft famt feinem 
Bruder fein evidentes Recht nicht fallen Lafien können. Diefe Erklärung 
würde allerdings der Inſtruktion K. Ferdinands entfprechen. Aber es ift 


556 Wahl Ferbinands in Ungarn und Kroatien. 


und widerſprach endlich ven auögeftreuten Gerüchten, daß 
Ferdinand die Freiheiten des Landes verlegen. und die Amter 
Ausländern übertragen würde. Die Räte ber Königin Maria 
führten aus, wie oft in Ungarn jchon ein König infolge der Ver⸗ 
mählung mit einer Prinzeifin der früheren Dynajtie oder durch 
Derwandtichaft von weiblicher Seite auf den Thron gekommen 
jet, und warnte die Verfammlung, fich den Kaiſer und König 
von Böhmen zu Feinden. zu machen, da biefer fein und feiner 
Gemahlin ofjenbares Recht nicht fallen-Tafjen würde. Hierauf 
wurde nach den Auseinanverfegungen des geſetzeskundigen 
Palatinal-Protonar Franz Revay der Reichstag in Stuhl 
weifjenburg mit allen feinen Beichlüffen für ungejeglich er- 
Hört, vor allem deswegen, weil er nicht vom Palatin, der allein 
bazu berechtigt gewejen wäre, ausgefchrieben worden jei, und 
alle Anhänger Zapolyas aufgefordet, ihn binnen vierzig Tagen 
zu verlafien. Am 17. Dezember wurde dann derdinand ein⸗ 
ſtimmig zum Könige gewählt. 

Wie die Ungarn ſelbſt bei der Wahl des adnigs nicht 
einig waren, ſo gingen auch die Nebenländer verſchiedene 
Wege. 

Am. günitigften war für Serbinand die Stimmung in 
Kroatien, deſſen Feſtungen ſchon jeit mehreren Jahren. durch 
dijterreichiiche Truppen unter Dans Katzianer und ‚Nikolaus 
Juriſich bejegt und gegen bie Türken gejchügt wurben.. Ver⸗ 
treter diejed Landes: waren jchon auf dem Neichätage in Pres⸗ 
burg anwejend. Am 1. Januar 1527 wurde dann auch auf 
einem eigenen Landtage in Ezettin, an dem ber. Bilchof- von 
Knin, Grafen von Corbavien, Zrinyi, Frangepan und Blagah 
und viele andere Magnaten und Adelige teilnahmen, Ferdinand 
mit feiner Gemahlin auf Grund der früheren Verträge und 
der Wahl zum ungarijchen Könige „als wahrer, legitimer und 


bie frage, ob nicht die Geſandten mit Nüdfiht auf die Anfchauungen 
der Ungarn eine mildere Form gewählt Haben. Ein Auszng ber Reben 
findet fih auch In einer für den engliihen Gefanbten verfaßten Denkſchrift 
über bie Rechte K. Ferdinands in Mon. Hung. Dipl. V, 98sqg. 


Anertennung Zapolyas in Slavonien. 557 


natürlicher König und Herr des Reiches Kroatien gewählt, 
anerfannt und angenontmen” und ausdrücklich auch das Erb⸗ 
recht ſeiner Nachkommen betont. 

Im benachbarten Slavonien dagegen, worunter Man da⸗ 
mals die Komitate Agram, Kreuz und Warasdin verſtand, 
herrſchte von Anfang an eine große Antipathie gegen die 
Deutſchen. Lieber als dieſen unterthan ſein, würde man ſich 
ben Türken ergeben, erklärten dort Adel und Bolt’). 

Chriſtoph Frangepane, Graf von Zengg, Veglia und Modrus, 
welcher ſich nach der Schlacht bei Mohaͤes energiſch der Ver⸗ 
teidigung des Landes gegen bie Türken annahm und dafür von 
den Abeligen” Slavoniens unb einiger benachbarter Komitate 
Ungarns zum Beichüger und Negenten ausgerufen ward, nahın 
wenigſtens eine abwartende Stellimg ein. Anfangs November 
begab er ſich aber zur Königin Maria nach Presburg, wohin 
ihm fein Freund Simon Erdödy, Bifchof von Agram, bereits 
borausgegangen war. Doch verlangte er für fich die Stelle 
eines oberften Befehlshabers, für Erdödy das Erzbistum Gran. 
ALS Ferdinand zögerte, auf feine Forderungen einzugehen, reiſte 
ber ehrgeizige Magnat gleich nach Stuhlweiffenburg zu Zapolya, 
ber ihm die gewünſchte Stelle und Die Würbe eines Bans von 
Kroatien "und Slavonien ,‚ wie feinem gleich unzuverläffigen 
Freunde Erdödy das reiche Bistum Erlau verlieh, nachdem er 
über Gran bereits verfügt hatte. Frangepan fette e8 dann 
auf einem Landtage in Dombro am 8. Januar 1527 durch, 
daß die Stände Slavoniens fich mit dem Beichluffe des ungari- 
ſchen Neichstage® vom Jahre 1505 wegen der Ausſchließung 
der Ausländer einverftanden erflärten und Johann Zapolya zum 
Könige wählten. Doch mußte Frangepan fich eiblich verpflichten, 
auf bie Herftellung des Friedens zwifchen ben beiben Gegen- 
königen hinzuwirken. 

Ferdinands Lage war übrigens anfangs eine ſehr ungünſtige. 
Denn von Ungarn beſaß er nichts als einen kleinen Streifen 


1) Nach Schreiben Chriſtoph Frangepans an Dandolo in Mon. comit. 
Hung. I, 75, N. 1. 


658 Lage Ferbinands und Zapolyas. 


an der Weſtgrenze mit den Stäbten Presburg, Altenburg und 
Dedenburg; ja felbft der Burg von Presburg war er nicht 
einmal Herr, da ihr Kommandant, der alte, auf den Tod 
kranke Johann Bornemilza, ihn zwar als König anerkannte, 
aber feine deutſchen Truppen in diefelbe aufnahm. Seine 
ungariichen Anhänger waren teilweile von ihren Gütern aus- 
geichloffen und ihrer Einkünfte beraubt, jo daß fie in Presburg 
mit ihren Dienern empfindlichen Mangel litten, da er ihnen 
die verfprochenen Geldſummen teils nicht zahlen konnte, -teil® 
nicht zahlen wollte, weil er das Geld lieber für die Ausrüftung 
eine Heeres verwendete. Er ſelbſt war fern von Ungarn, da 
er fih in Böhmen und feinen Nebenländern krönen und huldigen 
hieß. Die Stimmung feiner Anhänger war baber eine jehr 
bedenkliche. Mehrere wie der Kanzler Brodarics, Bilchof 
von Syrmien, und ber Prior von Vrana, Johann Tahyh, 
Ipäter felbft der Ban Batthyaͤnyi traten zu feinen Gegnern 
über !). 

Um fo günjtiger fchien Die Stellung Zapolyas. Ein Reiche 
tag, den er auf den 17. März 1527 nach Dfen berief, war 
von den meilten Bilchöfen, zahlreichen Magnaten und ben Ab- 
geordneten faft aller Komitate und Städte befugt. Er jtellte 
wirklich eine Vertretung des ganzen Landes dar. Auch bie 
Stimmung bätte ſich Zapolya nicht befier wünjchen tönnen. 
Der zehnte Zeil der beweglichen Habe aller Einwohner, Jauch 
ber Prälaten und Magnaten, wurde ihm bewilligt. - Zugleich 
wurde er aufgefordert, die Güter derjenigen, welche Ferdinand 
zum Könige von Ungarn ausgerufen hätten, wegzunehmen un 
feinen Getreuen zu übertragen. Ein rafcher und Träftiger An- 
griff, zu dem Frangepan jchon lange geraten hatte, würde bie 
wenigen offenen Anhänger Ferdinands bald zur Unterwerfung 
oder zur Flucht aus dem Lande gezwungen haben. 


1) Über die Lage in ben nächſten Monaten nad der Wahl Ferdinands 
handelt eingehend Smolfta, ©. 77ff. Vgl. aud die aus dem Frühjahr 
1527 ſtammende Dentichrift für ben König von Frankreich zugunſten 
Zapolyas in Mon. Hung. Dipl. V, 14dsqg. 


Zapolyas Unthätigkeit, Rüſtungen Ferbinanbs. 559 


Aber ſchon jegt zeigte es fich, daß Zapolya feiner Aufgabe 
in feiner Weife gewachſen ſei. Sen Mangel an Energie und 
Harer Einficht in die Verbältniffe ließ bald auch die Zuneigung 
feiner eigenen Anhänger gegen ihn erfalten. Statt raſch wenig. 
jtend einige Truppen zu fammeln, bis er die Mittel zur Auf- 
jtellung einer größeren Macht erhielt, und mit biefen über feine 
Gegner herzufallen, ging er den König Sigismund von Polen, 
feinen Schwager, um feine Bermittelung zur Herbeiführung 
eines Ausgleichs mit bem Könige Ferdinand an und ließ fich 
am 14. April zu einer vom polnifchen Kanzler mit dieſem 
vereinbarten Waffenrube bis zur Mitte bes Juni herbei, die 
ihm, folange fein Nivale noch nicht zum Kampfe bereit war, 
Verbinand und defien Anhängern gegenüber die Hände band !). 
Die Unterhandlungen, die unter polntfcher Vermittelung in der 
eriten Hälfte des Juni in Olmütz geführt wurden, blieben jelbit- 
verftänblich erfolglos, da fich Ferbinand zu benjelben überhaupt 
‚nur berbeigelaffen hatte, um Zeit zu feinen Rüftungen zu ger 
winnen. 

Eine Summe von 100000 Dukaten in Wechſeln, die er 
im März von ſeinem Bruder erhielt, Subſidien, welche ihm 
die böhmiſchen Stände und die Landtage einzelner Erblande be- 
willigten, Darlehen, die man von den Fuggern und Anderen 
wie von der Stadt Breslau erhielt ?), ermöglichten bie Auf- 
ftellung eines Heeres, das zwar nicht zahlreich, aber tüchtig und 
gut ausgerüftet war. Auch bie Herzoge Georg von Sachen 
und Erich von Braunfchweig hatten ihm Hilfstruppen gefchiet. 
Die ganze Heeredmacht. betrug 8000 Fußgänger und über 
3000 außerlefene Reiter ), Den Oberbefehl hatte Ferbinand 


1) Smolta, &. 131ff. 

2) Die Aufzäglung der Summen bei Oberleitner, Öfterreichs 
Finanzen und Kriegsweſen unter Ferdinand I. im „Archiv für öfter. 
Geſchq.“ XXI, 33. Bgl. böhmiſche Landtagsverhandlungen I, 237, und 
bezüglich der Steiermart Krones, Vorarbeiten, in „Beitr. 3. K. fleierm. 
Geſchq.“ IV, 11f. 

3) Nach Angabe des Ursinus Velius, De bello Pannonico, ed. 
Kollar, p. 6, der ſelbſt im Dienfte Ferdinands ben Feldzug mitgemacht 


560 Ferdinands Vormarſch bis Ofen. 


fhon im Mai dem Markgrafen Kafimir von Brandenburg 
übertragen. Unter ihm Tommanbdierten der Graf Niklas 
Salm d. ä., Hand Kaktaner, der oberjte Feldzeugmeifter Leiſſer 
und andere in den Sriegen bes Kaiſers Maximilian erprobte 
Heerführer. Am 30. Juli ging Ferdinand felbft ins Lager bei 
Theben und Presburg ab; am 31. wurde er vom Palatin und 
feinen anderen Anhängern an ber Spite von 400 Reitern an 
ber Grenze Ungarns empfangen und leiftete ben verlangten 
Eid auf die Gejege und Freiheiten des ungarifchen Reiches, 
namentlich die goldene Bulle Andreas II. 

Zapolya traf dieſer Angriff volllommen unvorbereitet. Er 
hatte nicht einmal ſo viele Truppen zur Verfügung, um den 
Marſch ſeines Gegners irgendwie zu beunruhigen, geſchweige 
denn aufzhalten. Auch alle Feſtungen an der Donau, Raab, 
Totis, Komorn, Gran, Viſſegraͤd ergaben ſich dem Könige 
Ferdinand. Nur Komorn und die Burg von Gran hatten 
überhaupt eine Verteidigung verſucht, ohne daß ihre Mauern - 
den glühenden Kugeln der gut bedienten Geſchütze lange zu 
wiberfteben vermochten. Auch mehrere der bisherigen An⸗ 
bänger Zapolyas, darunter auch Batthyaͤnyi, fanden fich in 
feinem Lager ein. Schon am 23. Auguft !) hielt Ferdinand 
in Ofen feinen Einzug, nachdem Sapolye dasſelbe verlafien 
hatte. 


und benjelben, vielfach als Augenzeuge, befchrieben Hat. Mit feiner Er- 
zählung ift die liberfichtliche Darftellung zu vergleichen, welche 8. Ferdinand 
in einem Briefe an den König von England vom 22. Auguſt in Mon. 
Hung. Dipl. V, 166sgg. giebt. 

1) Sein Einberufungsfchreiben zum Reichſtage in Mon. comit. I, 148 
ift zwar aus Ofen vom 20. Auguft datiert, und biefer Tag wirb all- 
gemein als ver feines Einzugs in Ofen angenommen. Aber fein in 
voriger Note ermähnter Brief an den König von England vom 22. Aug. 
it noch in castris nostris ad civitatem nostram regiam Budensem in- 
fra Pest positis gefchrieben und auch Urs. Velius, p. 19, fagt: pri- 
die calendas Septembres, cum iam decimum diem rex Ferdinandus 
ante Budam in castris mansisset“, was auf den 22. Auguft ald Tag 
der Ankunft hinweiſt. Der Einzug fand nad demſelben (p. 15) am 
folgenden Morgen ſtatt. 


Niederlage Zapolyas bei Tokaj. 561 


Die Verfolgung desſelben wurde wegen der ſchweren Er⸗ 
krankung des Markgrafen Kaſimir dem Grafen Niklas Salm 
übertragen und zu dieſem Zwecke 3000 — 4000 Fußgänger ), 
1000 ſchwere deutſche und 1300 leichte Reiter mit 19 Ge- 
Ihügen unter fein Kommando gejtellt, 700 Weiter ſpäter ihm 
nachgeſchickt. Zapolya zog fich vor ihm bis Tokaj zurüd, be- 
ſchloß aber bier am 27. September vor Anbruch des Tages 
mit einem Zeile feiner Truppen einen Überfall feines Lagers, 
den er mit feiner ganzen Macht zu unterjtügen veriprach. 

Da der Angriff indeffen Salm nicht unvorbereitet traf 
und die Ungarn große Verlufte erlitten, jo trat Zapolya den 
Nüdweg über die Theiß an, der für feine Scharen um fo 
verbängnisvoller ward, als er die Brüde, um fich vor ben 
verfolgenven Feinden zu jchügen, zu früh abbrechen ließ. Nicht 
weniger al8 2000 Mann, ein Sechstel feines Heeres, und feine 
Artillerie batte er bier eingebüßt. Er begab fich nun mit den 
Trümmern feines Heeres über Großwarbein nach Siebenbürgen, 
um bier neue Kräfte zu ſammeln. Aber auch ‚bier war. feine 
Stellung unterwühlt infolge der Bemühungen ded Hermann 
ſtädters Georg Neicherstorffer, Sekretärs des Königs Ferdinand, 
der bereit Kronſtadt auf feine Seite gebracht Hatte und mit 
bem bort gejammeltern Heere bald auch in Hermannſtadt Auf- 
nahme fand ?). Die Sache Zapolyas jtand um jo verzweifelter, 
als am nämlihen Tage, an dem er die Nieberlage bei Tokaj 
erlitt, - fein thätigfter und tüchtigfter Anhänger Chriſtoph 
Trangepan bei der Belagerung von Waraſsdin tödlich ver- 
wundet wurde und dann deſſen Truppen auseinander liefen ?). 

Alle diefe Erfolge Ferbinands konnten auf die Stimmung 
der Ungarn nicht ohne Eindruck bleiben. Auf dem Neichstage, 


1) 3000 giebt Urs. Velius, p.21; 4000 8. Ferdinand in Schreiben 
an feine Tante Margareta, worin er Über den Sieg Salms eingehende 
Nachriägten giebt, in Mon. Hung. Dipl. I, 67sgg. 

2) Sein Bericht mitgeteilt von I. K. Schuller im „Ardiv für K. 
öſterr. Geſchq.“ XXI, 233 fi. | 

3) Joh. Zermegh ap. Schwandtner II, 388sqg., ber ſelbſt 
in Frangepans Heer war. Bgl. Urs. Velius l. c., p. 25. 

Huber, Geſchichte Öfterreihs. IL. 36 


562 Allgemeine Anertennung und Krönung Ferbinande. 


ben er zum 29. September nad Dfen ausgejchrieben batte, 
erfchienen auch mehrere der berporragenditen Anhänger Zapolyag, 
einige Sage [päter, vielleicht bewogen durch den Ausgang Des 
Treffens bei Zofaj, auch der Graner Erzbifchof Vaͤrday und 
ber fiebenbürgifche Woywode Peter Perenyi. 

Nachdem Ferdinand am 6. Oktober in der Berfammlung 
der Magnaten, am 7. vor den Vertretern des Adels und der 
Städte feine Rechte auseinandergeſetzt hatte, wurde er allgemein 
als König anerkannt. Am 3. November wurde er in Stubl- 
weifjenburg, und zwar, da Vaͤrday vom Papſte ald Erzbifchof 
von Gran noch nicht bejtätigt war, wie früher Zapolya, durch 
den Bifchof von Neitra feierlich gefrint. In diefer Beziehung 
war gerade ber Übertritt Perenyis von großer Wichtigkeit ge- 
weien, weil er als Kronhüter die Reichsinſignien in feinen 
Händen hatte, jo daß e8 nur dadurch möglich warb, die von 
den Ungarn fo bochverebrte Krone des Heiligen Stephan auf 
das Haupt Ferdinands zu ſetzen. Perenyi wurde daher auch 
in der Würde eined Woywoden von Siebenbürgen betätigt, 
während die Krone jetzt der Hut bed verläßlichen Palatine 
Baͤthory anvertraut ward. Bon den übrigen Anhängern 
Ferdinands wurde Thomas Szalahazy zum Reichölanzler und 
Biſchof von Erlau, Alexius Thurzoͤ zum Oberftlandesrichter 
ernannt und fie wie andere mit Gütern bejchenft ). ‘Dagegen 
wurden Zapolya und Verböczy für Feinde des Vaterlandes er- 
Härt und feine übrigen Anhänger, namentlich der Bilchof Erdödy 
von Agram, zwei Banffy, der Prior Johann Tahy und Franz 
Homonnay, wie die Obergefpäne ebenfalld mit der Strafe des 
Hochverrats bedroht, wenn fie nicht binnen drei Wochen vor 
dem Könige erjcheinen würten. Auch die Stände von Slavonien 
leijteten jest tem Könige Ferdinand die Hulbigung und ebenfo 
erfannten die drei Nationen Siebenbürgens, die Ungarn, Szekler 
und Sacfen auf einer Verfammlung in Moarosvafarbely den 
von Terbinand gejendeten Kaſpar Horoath als Statthalter 
an ?). 

1) gl. Katona XX, 203sqg. 

2) Fraknöi in Mon. comit. I, 161. 168. 


Ausblick in die Zukunft. 563 


Was Friedrich III. und Marimilian I. mit fo großer Aus- 
dauer angejtrebt hatten, die Erwerbang Böhmens und Ungarns 
für das Haus Habsburg, war endlich erreicht. Ob aber bie 
Bereinigung diefer Reiche mit OÖfterreich eine bleibende fein’ 
würde, vermochte damals fein Menſch vorauszufehen. Darüber 
durfte man fich jedenfalls Feiner Täufchung Hingeben, daß noch 
große Schwierigkeiten zu überwinden fein würden. ‘Denn nicht 
die Überzeugung, daß die Verbindung biefer drei Ländergruppen 
allen zum Vorteile gereichen würbe, hatte diejelbe berbeigeführt, 
jondern das Interefje einflußreicher Perſönlichkeiten, perlönliche 
Sympathieen und Antipathieen die Wahl des Erzherzogs 
Verdinand zum Könige von Böhmen und Ungarn bemirft. 
Daß die Gründung einer kräftigen Monarchie an der mittleren 
Donau angefichtS der von den Türken drohenden Gefahren 
geradezu eine Lebensfrage für Mitteleuropa jei, ſahen gewiß 
nur wenige von den maßgebenden Perjönlichkeiten ein. Wie 
die böhmischen Stände darüber dachten, zeigt ihr Beſchluß, 
ihrem ermwählten Könige vorftellen zu laſſen, daß fie es für 
nütlicher hielten, wenn er nicht König von Ungarn wäre, weil 
der Schub dieſes Reiches gegen die Türken ungebeuere Kojten 
verurfachen - und jeine häufige Gegenwart daſelbſt notwendig 
machen würde !). In Ungarn war der Haß gegen die Deutjchen 
in weiten Kreifen lebendig, und nur zu viele dachten im Innern 
wie die Bewohner Slavontens, daß fie lieber ven Türken als 
jenen untertban jein möchten. Es beburfte daher jedenfalls 
noch großer Anftrengungen und umfichtigen Vorgehen, wenn 
es gelingen follte, Zapolya ganz aus Ungarn zu verdrängen, 
das Reich gegen die Türken zu fehügen und das Mißtrauen 
gegen das Haus Habsburg, mit dem man die Herrichaft der 
Deutjchen identifizierte, zu überwinden. 


1) Die böhmifchen Landtagsverbandlungen und Lanbtagsbefchlüffe 1,37. 


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Drud von Friedr. Andr. Perthes in Gotha. 





UNIVERSITY OF MICHIGAN. 


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