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Full text of "Gesunde Jugend: Zeitschrift für Gesundheitspflege in Schule und Haus"

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GEBUNDE JUGEND 

ZEITSCHRIFT FÜE GESüiTDHEITS- 
PFLEGE m SCHULE UND HAUS 



ORGAN DES ALLaEMEINEN DEUTSCHEN VEREINS 
FÜR SCHULGESUNDHEITSPFLEGE 



IM AUFTKAGE DES TOESTANDES UND UNTEE MITWIEKÜNG TON 
FACHHYGIENIKERN, ÄEZTEN, VEETSETEBN DEE HÖHEEEN LEHR- 
ANSTALTEN UND VOLKSSCHULEN, TECHNIKEEN, TEEWAETUNGS- 
BEAMTEN UND NATIONALÖKONOMEN HERAUSGEGEBEN TON 



GRIESBACH SCHOTTEN 

M. iX . n O X PB0FBS80B 117 MÜLHAUSSK D. OBBBBEAI<SGH. IN HAXilA Xk.\jMiin i\ V% 

OBH. BBtl.-BAT DB. MXS. 

OBBBBÜBOBBM. INWBIMAB PBAKT. ABZT IN LBIPZia 



I. JAHRGANG 




LEIPZIG UND BERLIN 

DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER, 

1901 



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* 



^foNMEO/Q 
MAY 25 1921 




ALL£ BXOHT£, tilKSOkLIESSLIGH DES ÜBBBSETZCNOSBECHTS, VOBBEUALTEN. 



Inhalt des I. Jahrganges. 

Seite 

An die Leser ' 1 

Einladuiig und Tagesordnung zur 11. Jahresversammlung 3 

Die Aufgaben der Schulhygiene. Von Professor Dr. med. tmd phil. 

Griesbach 4 

Zur Frage des Nachmittagsunterrichts. Von Dr. H. Schotten, Halle a. S. 24 
Die Luxferprismen und ihre elektrolytische Bindung. Von F. S. Archen- 
hold, Direktor der Treptow -Sternwarte 43 

Sitzimg des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege 

auf der 72. Versammlimg deutscher Naturforscher und Ärzte in Aachen 48 

Satzungen des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege 54 

Aus den Zweigvereinen 68 

Verhandlungen der IL Jahresversammlung des Allgemeinen Deutschen 

Vereines für Schulgesundheitspflege 97 

Berliner Aufruf! 198 

Hamburger Reformschul -Bank. Von Dr. L. Bornemann, Hamburg . . 200 
Streit der Meinungen in Hamburg über sexuelle Belehrung. Von Dr. 

L. Bornemann, Hamburg 204 

Der Gesundheitszustand der Elementarschüler in den Dresdner Volks- 

schtden und die Schularztfrage. Von G. Schanze 213 

Der Dresdner Lehrerverein erbittet Schulbäder. Von Oberbürgermeister 

Paul am Ende, Dresden 224 

Fünfter Deutscher Kongrefs für Volks- und Jugendspiele. Von Dr. med. 

J. Steinhardt, Kinderarzt und städt. Schularzt in Nürnberg . . . 229 
Wünsche, betreffend die Einführung von Realgymnasien in Elsafs- 

Lothringen 236 

Zusammensetzimg des derzeitigen Vorstandes 58, 197 

Besprechungen 73^ 240 

Bibliographie 82, 250 

Mitglieder -Verzeichnis 59, 188, 256 



MAY 25 1921 . ! 

An die Leser. 

Wir leben in einer Welt voll Arbeit und Arbeit erfordert ge- 
sunde Menschen. Für die Mehrzahl der Sterblichen erwachsen 
geistige Potenz und Willensstärke aus dem Gefühl der Gesundheit. 
Förderung intellektueller Fähigkeiten auf Kosten der Gesundheit 
wäre verfehlt. Die Schule würde hinter den Anforderungen der 
Zeit zurückbleiben, wenn sie ihre Pforten der Hygiene verschlösse. 
Glücklicherweise geschieht das Letztere nicht. Als nach der 70. Ver- 
Sammlung deutscher Naturforscher und Arzte in Düsseldorf 1898 
vom Unterzeichneten der Gedanke angeregt wurde, in Deutschland 
einen schulhygienischen Verein ins Leben zu rufen, da wurde dieser 
Gedanke von vielen Seiten freudig begrüfst. Ein Jahr später bei 
der gleichen Gelegenheit in München konstituierte sich der Verein, 
und auf der Aachener Versammlung im Jahre 1900 trat er in die 
Oflfentlichkeit. — Dieser „Allgemeine Deutsche Verein für Schul- 
gesundheitspflege ^^ bezweckt gemäfs seinen Satzungen die Ver- 
breitung der Lehren der Hygiene in den Schulen. Damit 
i soll gesagt sein, alle diejenigen, welche direkt oder indirekt an dem 

Gedeihen der Schule Anteil nehmen: Lehrer und Eltern, Arzte und 
Verwaltungen aufzufordern, zur Förderung hygienischer Grundsätze 
in den Schulen nach Kräften beizutragen. Auch die Einführung 
eines elementaren hygienischen Schulunterrichts dürfte sich em- 
pfehlen; es ist kaum zu viel gesagt, dafs derselbe ebenso berechtigt 
und notwendig ist, wie der Unterricht im Schreiben, Lesen und 
Rechnen. Halten wir an solchen Anschauungen fest, so ist Hoff- 
nung vorhanden, dafs die Hygiene in das Volk dringt, und manche 
Krankheit und Not, manches soziale Elend können alsdann verhütet, 
beziehungsweise beseitigt werden. 

Der „Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege" 
bezweckt femer die Verminderung gesundheitsschädigender Einflüsse 
seitens der Schule, und solcher giebt es leider eine nicht geringe 
Zahl. Es handelt sich dabei sowohl um den Schutz des Individuums, 
als auch der gesamten Bevölkerung, des Gemeinwohls, des Volks- 
tums; denn die hygienischen Zustände einer Nation gehen mit dem 
hygienischen. Empfinden, Denken und Handeln des Einzelnen Hand 

Oeaunde Jugend. I. 1/2. 1 



2 Griesbacli: An die^ Leser» 

in Hand. Gerade das Wort „allgemein" in der Benennung unseres 
Vereines soll darauf hindeuten^ dafs wir mit breiten Volksschichten 
Fühlung suchen, um sie für unsere Bestrebungen in der Schule zu 
gewinnen. — Dieselben Gesichtspunkte leiteten uns bei der Heraus- 
gabe einer Zeitschrift. Wäre diese rein fachwissenschaftlich, sollte sie 
lediglich dem Hygieniker dienen, so wäre sie für unsere Zwecke un- 
geeignet. Geeignet ist sie nur, wenn sie in volkstümlichem Gewände 
erscheint, wenn sie ein Freund der Familie und ein Berater der 
Schulbehörden wird. Aus dieser Position heraus soll sie der Schule 
gegenüber das Recht der Eltern, sich ihre Kinder gesund zu er- 
halten, betonen, und für die Pflicht des Staates und der Gemeinden 
eintreten, die Gesundheit der Schulkinder zu schützen, sie soll Mittel 
und Wege zur Erreichung dieser Ziele angeben. 

Unsere Zeitschrift führt den Namen: „Gesunde Jugend '^ 
Möge diese Benennung dazu beitragen, ihr ein freundliches und ver- 
trauensvolles Entgegenkommen aller zu sichern, denen das Wohl 
der Jugend und der Nation am Herzen liegt. 

Entsprechend ihren Zwecken wird die Zeitschrift an erster Stelle 
Aufsätze aus dem Gesamtgebiete der Schulgesundheitspflege veröfifent- 
liphen. Sie wird ihre Spalten niemandem verschliefsen, der ihr theo- 
retische und praktische Erörterungen bringt, sofern dieselben einen 
das besagte Gebiet fördernden Beitrag enthalten und sich auf That- 
Sachen stützen, beziehungsweise mit einem Gefolge solcher erscheinen. 
Sachliche Meinungsverschiedenheiten der Autoren und Herausgeber 
ändern hieran nichts. 

Abhandlungen kritisch-polemischer Natur können nur dann Auf- 
nahme finden, wenn sie sich auf Mitteilungen in der Zeitschrift 
selbst oder auf Zustände beziehen, die unseren gemeinsamen schul- 
hygienischen Bestrebungen zuwiderlaufen. 

An zweiter Stelle bespricht die Zeitschrift solche litterarische 
Neuigkeiten, die zur Schulgesundheitspflege in Beziehung stehen. 
Der Unterzeichnete richtet an die Herren Verfasser und Verleger 
die Bitte, ihm Rezensionsexemplare von Büchern und Separatabzügen 
behufs Weitergabe an die Referenten zugehen zu lassen. 

Endlich wird unsere Zeitschrift als Organ des „Allgemeinen 
Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege" geschäftliche An- 
gelegenheiten des Vereiues und Berichte über die Jahresversamm- 
lungen desselben veröffentlichen. 

Herrn. Griesbach, 

z. Z. Vorsitzender des „Allgemeinen Deutschen Vereines 

für Schulgesundheitspflege". 



Einladung zur H. Jahresversammlung 

am Freitag den 31. Hai 1901 in Wiesbaden Morgens 9 ülir im Eurliaiise. 

Tagesordnung: 
I. BegrüTsungsansprachen. 

IL Geschäftliches. 

III. Vorträge. 

1. Die neue preufsische Schulreform in Beziehung zur Schulhygiene. 

Referenten: Oberrealschuldirektor Dr. H. Schotten -Halle^ 

Dr. med. Eorman, prakt. Arzt in Leipzig. 

2. Über Einführung einer einheitlichen Schreib- und Druckschrift. 

Referenten: Rektor MttUer -Wiesbaden, 

Augenarzt Dr. GerloflF-Wiesbaden. 

3. Die schulhygienischen Einrichtungen der Stadt Wiesbaden. 

Referenten: Stadtschulinspektor Kinkel -Wiesbaden, 

Schularzt Dr. F. Cuntz -Wiesbaden, 
Baurath Genzmep -Wiesbaden. 

4. Schulhygiene und Schwindsuchtsbekämpfung. 

Referent: Sanitätsrath Dr. Obertfischen -Wiesbaden. 

Die Verhandlungen werden durch eine Friihstückspause unterbrochen. 

IV. Gemeinsames Mittagsmahl mit Damen im Kurhause 6 Uhr abends (das 

trockene Couvert 3 Mark). 
V. Gartenfest im Kurhause 8 Uhr abends, zu Ehren der Versammlung 
gegeben von der städtischen Kurverwaltung. 
Am Vorabend, Donnerstag den 30. Mai, von 8 Uhr ab zwanglose 
gesellige Vereinigung in den Räumen und Anlagen des Kurhauses. Die 
Teilnehmer an der Versammlung erhalten freien Zutritt. 

Am Samstag den 1. Juni bei genügender Beteiligung Ausflüge in die 
Umgegend Wiesbadens. 

Es wird gebeten, bezüglich Wohnungsbeschaffung sich rechtzeitig 
an das Bureau J. Schottenfels & Co., Theater -Kolonnaden 36/37 Wiesbaden 
zu wenden. 

Der Jahresbeitrag für den Verein beträgt 3 Mark, wofür die Mitglieder 
das jährlich in 6 Heften erscheinende Vereinsorgan „Gesunde Jugend" er- 
halten. — Anmeldungen behufs Erlangung der Vereinsmitgliedschaft nehmen 
die Vereinskassenstelle: B. G. Teubner, Leipzig, Poststrafse 3, sowie der 
Schatzmeister : Direktor F. S. Archenhold, Sternwarte Treptow-Berlin, entgegen. 

Mitgliedskarten werden noch am Vorabend und am Sitzungstage im 
Geschäftsbureau des Kurhauses in Wiesbaden ausgegeben. Ein besonderer 
Beitrag für den Besuch der Versammlung wird nicht erhoben. 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 

Von Professor Dr. med. und phil. Griesbach. 

Die Schulhygiene ist ein spezieller Zweig der hygienischen 
Wissenschaft;^ sie hat es mit sämtlichen Einrichtungen der Schule 
in gesundheitlicher Beziehung zu thun, es ist ihre Aufgabe; schädigende 
Einflüsse, welche die Schule allenfalls auf Schüler und Lehrer aus- 
übt, aufzudecken und Mafsregeln zur Beseitigung der Schädlichkeiten 
zu treffen. 

Bestrebungen in diesem Sinne begegnen wir bereits bei grie- 
chischen und römischen Ärzten. Insbesondere war es der um 
55 n. Chr. in Rom lebende Arzt Athenaios, der Hauptvertreter 
der pneumatischen Medizin, welcher sich eingehend mit schul- 
hygienischen Fragen beschäftigte. Er verlangte unter anderem, dafs 
die Pädagogen und Schulleiter ihre Zöglinge nicht mit geistiger 
Nahrung überfüttern sollten, er verlangte, dafs man den Zöglingen 
genügend Zeit zur Verdauung der eingenommenen Mahlzeiten, sowie 
zu körperlichen Übungen und zum Schlaf lasse. 

Im Mittelalter, zur Zeit der Scholastik und Patristik, wurde die 
Schulhygiene arg vernachlässigt. In den Klöstern wurde ein Schul- 
system ersonnen, welches zum Teil heute leider noch mafsgebend 
ist, ein System, welches nicht einmal für Erwachsene pafst, ge- 
schweige denn für Kinder. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert wai-en 
es namentlich Camerarius, Comenius, Bacon, Locke,Rousseau, 
Basedow,' Pestalozzi und Peter Frank, welche der Gesundheit 
der Jugend in den Schulen ihre Aufmerksamkeit widmeten. 

In neuerer Zeit hat sich das Interesse an der Gesundheit der 
Schuljugend immer reger gestaltet. Nicht nur Arzte und Päda- 
gogen haben mit Hilfe der verschiedensten Methoden hygienische 
Untersuchungen in den Schulen veranstaltet, sondern auch Männer, 
die auf dem Gebiete der Hygiene und des Unterrichtes Laien sind, 
haben sich der durch denselben gefährdeten Gesundheit der Kinder 
angenommen. Ich erinnere an die viel gelesene und viel besprochene 



Griesbach: Die Aufgaben der Schulhygiene. 5 

Schrift des verstorbenen Amtsrichters Emil Hartwich: ,,Woran wir 
leiden^ 2. Aufl., Düsseldorf 1882. 

Bis zu den Stufen des Thrones sind die Schulreformbestrebungen 
und damit auch die mit diesen zweifelsohne eng yerknüpffcen Be- 
strebungen der Schul- und Unterricht shygiene vorgedrungen, 
und der vom 26. November 1900 datierte Erlafs Sr. Majestät des 
Kaisers an den preufsischen Kultusminister hat der deutschen 
Nation den Weg gezeigt, auf welchem sich eine gedeihliche Ent- 
wickelung des Unterrichtswesens erreichen läfst. Falls nicht Tra- 
dition und Vorurteil, Bureaukratismus und Pedanterie den kaiser- 
lichen Erlafs in der Art verzetteln und verklausulieren, dafs man 
denselben kaum wiedererkennt*), wird sich in kurzem eine segens- 

•) Mit der Bede des Abgeordneten Dr. Goebel in der 43. Sitzung des 
Hauses der Abgeordneten vom. 7. März 1901 fängt die Verdrehung des kaiser- 
lichen Erlasses bereits an. Der Erlafs redet zwar von einer Ergänzung der 
Vorkenntnisse bei den Schülern der Bealanstalten für manche, aber nicht 
für die meisten Studien und Berufszweige. Goebel möchte die Ergänzung 
jedoch auf drei Fakultäten und ein Gebiet der vierten Fakultät ausdehnen. 
Die Ausführungen Eropatscheck^s sprechen einer modernen Weltanschauung 
völlig Hohn. Es ist eine Verkennung der Thatsachen , wenn man behauptet, 
dafs das Bealgymnasium, eine Anstalt, in der die Jugenderziehung doch bis 
zu einem gewissen Grade auf exakter Basis aufgebaut wird, eine „unheil- 
volle Entwickelung^^ genommen habe. Kropatscheck^s Wunsch^ diese An- 
stalt möge wieder von der Bildfläche verschwinden, wird wohl nie in Erfüllung 
gehen. Vielleicht aber sind im Jahre 2000 — denn so lange wird der Schul- 
krieg wohl noch dauern — alle Gymnasien in Bealgymnasien oder Beform- 
gymnasien verwandelt. Die Konjekturen, die Kropatscheck an die Gleich- 
berechtigung der höheren Schulen hinsichtlich des Zudranges zu gelehrten 
Berufen knüpft, sind völlig aus der Luft gegriffen. Mit derartigen Vermutungen 
bei der Schulreform zu rechnen wäre verfehlt. Kropatscheck kommt auch auf 
die Überbürdung, also direkt auf schulgygienische Dinge zu sprechen. Wir 
können seinen Ausführungen gegenüber die Meinung nicht unterdrücken, dafs 
gerade die einseitige Gehimthätigkeit bei der intensiven Beschäftigung mit 
den alten Sprachen zur Überbürdung der Schüler führt. Selbst auf eine Be- 
schränkung der Lehrgegenstände kommt es weniger an, denn auch in der 
Schule bewahrheitet sich das Wort: variatio delectat. Hauptsache in hygie- 
nischer Hinsicht ist und bleibt, dafs System und Methode eine Änderung er- 
fahren und Unterrichtszeit und Lehrziele vermindert werden. Die Zähigkeit, 
mit welcher Kropatscheck an dem Fortbestehen, ja sogar an der Verstärkung 
des altsprachlichen Unterrichts festhält, mufs um so mehr befremden, als er 
in Bezug auf die Stundenzahl der Lehrer und die häuslichen Arbeiten der 
Schüler durchaus berechtigte Vorschläge macht. Im übrigen ist es ein wahres 
Glück, dafs im Hause der Abgeordneten Männer zu Worte kommen, die un- 
parteiischer fühlen und urteilen als Kropatscheck. Unter der Leitung Kro- 
patscheck's würde die Schulreform versumpfen, und der auch von ihm ersehnte 
Schulfriede würde nie erreicht werden. — Der Abgeordnete Schall sucht den 



Griesbachr 



reiche Reform auf dem Gebiete der Schule, insbesondere auch in 
hygienischer Hinsicht, Bahn brechen. 



Jung sein bedeutet etwas Werdendes. In der Jugend sind alle 
Gewebe und Organe unseres Körpers noch unvollkommen entwickelt, 
und erst nach dem zwanzigsten Jahre erreicht die physische Ent- 
wickelung ihren Abschlufs. Aufserlich zeigt sich die Entwickelung 
in einer Zunahme der Körperlänge, des Brustumfanges, des Körper- 
gewichtes und des Gewichtes der Organe. Mit der Vervollkomm- 
nung des Körpers steht die des Geistes in Zusammenhang. Unter- 
richtsmethoden, welche hauptsächlich die letztere nach Art einer 
Treibhauskultur zu befördern suchen und die erstere in ihrem 
natürlichen Verlaufe nicht beachten, bewirken eine Hemmung der- 
selben. Ja eine zu frühzeitige und angestrengte Geistesthätigkeit 
lähmt über kurz oder lang auch die geistige Kapazität und den 
interzentralen Energieverkehr. 

Wenn sich also das Wort bewahrheiten soll: mens sana in 
corpore sano, so ist es unbedingt erforderlich, der körperlichen und 
geistigen Ausbildung der Jugend gleichmäfsige Berücksichtigung an- 
gedeihen zu lassen. 



heute länget überwundenen Standpunkt zur Geltung zu bringen, dafs die Ver- 
standesbildung durch nichts anderes derartig geschärft und erzielt würde, als 
durch frühzeitige Übung in den alten Sprachen. Schall wagt es sogar, dem 
deutschen Volke das Ammenmärchen aufzutischen, dafs durch eine gründ- 
liche Pflege der alten Sprachen bei der Jugend ein weiter Blick und ein 
offener Sinn für alles Kultur- und Volksleben, ja sogar für das menschliche 
Innen- und Eigenleben erzielt würde. Dieser Standpunkt beweist zur Genüge, 
dafs Schall der ganzen Bewegung, die Erziehung der Jugend auf Anschauung 
und Erfahrung in physiologischem Sinne zu stützen, fremd gegenübersteht. 
Wie sich gar ein zukünftiges vernünftiges Christentum, eine wahrhafte Religion 
und sittliche Gröfse ein in moralischer Hinsicht völlig verkommenes Heidentum 
zum Muster nehmen sollen, begreife wer kann. Wenn Schall deswegen die 
Antike retten möchte, um dem deutschen Volke zu zeigen, wie man nicht ver- 
fahren soll, so würden wir ihm zustimmen. Unter der Führung von Kr op ät- 
sch eck und Schall würden die Deutschen vielleicht bedauern, dafs nicht 
Varus den Hermann, sondern dafs der Cherusker den Römer schlug. Glück- 
licherweise war die Mehrzahl , der Redner in der denkwürdigen Sitzung des 
Abgeordnetenhauses nicht auf Seiten der Feinde modemer Kultur und in der 
6. Sitzung des Herrenhauses vom 29. März hat der Rektor der Charlotten- 
burger technischen Hochschule, Geheimrat Riedler, bei Gelegenheit der Be- 
sprechung des Justizetats sich recht deutlich über Forderungen der Schul- 
reform ausgesprochen, die auch vom hygienischen Standpunkte aus Unter- 
stützung verlangen. 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 7 

Über eine Yemaclilässigung des Geistes auf Kosten körperliclier 
Fürsorge ist meines Wissens nie Klage geführt worden, dagegen ist 
das Umgekehrte leider sehr häufig zu beklagen. Aus einer Ver- 
nachlässigung des Körpers ergeben sich dann die sogenannten schä- 
digenden Einflüsse der Schule in Betreff des Unterrichtes. 

Aber nicht nur die Art des Unterrichtes kann schädigende 
Wirkungen auf den Organismus ausüben, sondern solche werden 
auch durch rein äufserliche Verhältnisse, nämlich durch die 
Einrichtungen der Gebäude und Utensilien hervorgerufen, ferner 
durch das tägliche Zusammenleben einer grofsen Zahl von Individuen. 
Auf alle diese Dinge, kurz auf die gesamte Schulordnung hat die 
Schulhygiene ihre Untersuchungen auszudehnen. 

Es fragt sich nun: Giebt es irgendwelche Anhaltspunkte für 
die Eltern, beziehungsweise für den Arzt, gesundheitsschädigende 
Einflüsse des Schulbetriebes zu erkennen? Diese Frage mufs ent- 
schieden bejaht werden, vorausgesetzt, dafs man genaue und fort- 
dauernde Beobachtungen anstellt. Die Symptome treten früher oder 
später auf, häufig schon bald nach dem Beginne eines regelmäfsigen 
Schulbesuches, der ja einen schroffen Umsturz der vorhergegangenen 
Lebensgewohnheiten des Kindes mit sich bringt. Die frische Ge- 
sichtsfarbe weicht der Stubenluft. Der Appetit zeigt gewisse Stö- 
rungen, gelegentlich stellt sich Appetitlosigkeit ein. Das Fettpolster, 
insbesondere am Gesicht und den Gliedmafsen, vermindert sich. 
Dieser Umstand deutet darauf hin, dafs der Körper mehr ausgiebt, 
als er einnimmt. Häufig machen sich erhöhte Reflexerregbarkeit, 
Mangel an Schlaftiefe und unruhiger Schlaf bemerklich. Diese Er- 
scheinungen deuten auf ein gestörtes Nervenleben hin. Eines der 
fafsbarsten Symptome ist der Kopfschmerz oder ein Benommensein, 
eine Schwere des Kopfes, ein Druck in Hirn und Augenhöhlen, im 
Hinterkopf und Nacken, öfters verbunden mit Nasenbluten und 
entotischen Geräuschen. An habituellem Kopfschmerz und Nasen- 
bluten leiden 6 bis 8 Prozent der Schüler. Diese Erscheinungen 
stehen in Zusammenhang mit Zirkulationsstörungen, die ätiologisch 
auf das stundenlange Sitzen, auf die gebückte Haltung, geistige 
Überanstrengung und mangelhafte Ventilation der Lehrsäle zurück- 
zuführen sind. Die genannten und noch manche andere Erschei- 
nungen erhalten sich häufig das ganze Schulleben hindurch, häufig 
werden sie vom Arzte medicamentös behandelt. Ich fand unter 
32 Schülern mehrerer Klassen 11 bis 22, die medizinierten. Eisen- 
und Brompräparate spielten dabei die Hauptrolle. 

Es giebt gewifs manche Väter, die sich beim Lesen dieser 



8 Griesbacfa : 

ZeUen sagen mÜBsen: „Etwas Ahnliches trifft auch für unsere 
Sander zu." 

Was aber beweist denn — so wird man fragen — , dafs die 
geschUderten und ungesunden Zustände unserer Kinder mit dem 
Schulleben zuiäammenhängen? Der Beweis ist nicht schwer zu er- 
bringen. Vor dem Eintritt in die Schule fehlen die genannten Er- 
scheinungen, oder treten doch seltener, beziehungsweise in geringerem 
Grade, auf. In den Ferien, namentlich wenn sie von längerer Dauer 
sind, gehen solche Erscheinungen zurück oder schwinden ganzlich. 
Noch einiger anderer krankhafter Zustände der Schulkinder ist zu 
gedenken. In erster Linie mufs auf die Verbiegung der Wirbelsäule, 
die sogenannte Skoliose, hingewiesen werden. Die Ursache hierfür 
liegt in der Regel in mangelhaft eingerichteten Subsellien und 
schlechter Haltung, dann aber auch im Tragen der oft mit Büchern 
vollgepfropften Schulsäcke, namentlich auf weiten Schulwegen. 
A. Eulenburg hat in Berlin hierüber Untersuchungen angestellt 
und bei 11- bis 12jährigen Quartanern folgendes Büchergewicht in 
Grammen gefunden: Montag 4200, Dienstag 4700, Mittwoch 3200, 
Donnerstag 5200, Freitag 3500, Sonnabend 4200. Diese Zahlen 
ergeben ein Durchschnittsgewicht von 8,7 Pfund, an einzelnen Tagen 
sogar ein solches von 10,5 Pfund, d. h. ein Fünftel des Körper- 
gewichts in diesem Alter. 

Die angestrengte Thätigkeit des Auges der Schüler während 
der fortschreitenden Entwickelung des Organismus wird für das 
Sehwerkzeug oftmals verhängnisvoll. Es entsteht Kurzsichtigkeit, 
selbst bei solchen Schülern, die keine erbliche Anlage dafür besitzen. 
Als hauptsächlichste Ursachen der Kurzsichtigkeit kommen in Be- 
tracht: Das mangelhafte Ausruhen des Auges, also die hohen An- 
forderungen, welche der Unterricht in der Schule und durch die 
häuslichen Arbeiten an das Organ stellt, femer mangelhafte Be- 
leuchtung und verkehrte Augenstellung bei schlechter Körperhaltung 
und endlich ungeeignete Beschaffenheit der Schrift und des Buch- 
druckes. Eingehende Untersuchungen über die Myopie in den 
Schulen hat in neuerer Zeit namentlich der Ophthalmologe H. Cohn 
angestellt. Nach ihm beträgt die Zahl der Kurzsichtigen in Dorf- 
schulen 1,4, in städtischen Elementarschulen 6,7, in höheren Töchter- 
schulen 7,7, in Mittelschulen 10,3, in Realschulen 19,7 und in Gym- 
nasien 26,2 Prozent. 

Griesinger, Binswanger, Eulenburg und andere Neurologen 
haben hochgradige nervöse Störungen, ja sogar beginnende Psychosen 
als Folgen zu grofser geistiger Beanspruchung der Schüler nachgewiesen. 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 9 

Bei dem innigen Verkehr der Schüler untereinander und bei der 
häufig aller Beschreibung spottenden Unsaub^rkeit der Lokalitaten 
trägt die Schule zur Verbreitung verschiedener Infektionskrankheiten 
bei. Auch auf die 'Lehrer und ihre Familienmitglieder gehen diese 
Krankheiten gelegentUch über. 

Die umfangreichsten Untersuchungen über den Gesundheitszustand 
von Schülern haben vor einer Reihe von Jahren eine dänische und 
eine schwedische Kommission angestellt. In Dänemark wurden ^ 
30 Tausend, in Schweden 11 Tausend Schüler im Alter von 7 bis 
20 Jahren untersucht. Es ergab sich; dafs nach dem ersten Schul- 
jahre die Krankheitsziffer ganz erheblich steigt Dann hält sie sich 
im nächsten Jahre auf gleicher Höhe, um bei erhöhter Anforderung 
auf 40,6 Prozent zu gehen. Darauf folgt eine Erniedrigung und 
wieder eine Steigerung. Vom 14. Lebensjahre ab war der höhere 
Schulunterricht in Skandinavien zur Zeit der Untersuchungen auf 
Gymnasien und Realgymnasien verteilt. Die Krankheitsziffer er- 
reichte in den Gymnasien einen noch höheren Grad als in den 
Realanstalten, weil die Belastung des jugendlichen Gehirns mit v.or- 
wiegend abstrakten Dingen, und weil die falsche Denkmethode, in 
welche der Geist auf dem Gymnasium hineingehämmert wird, be- 
sondei*s schädlich wirken. Nur in der obersten Klasse, die in den 
Realanstalten sehr hohe Anforderungen, insbesondere in der Mathe- 
matik, an die Schüler stellt, kamen mehr Krankheitsfälle vor. 

Soviel über das Vorkommen pathologischer Zustände auf Schulen. 



Wenn ich nun den Weg zu zeigen versuche, den die Schul- 
hygiene zu gehen hat, um überall dort, wo es erforderlich ist, 
Wandel und Abhilfe zu schaffen, so ist es natürlich im Rahmen 
dieser Mitteilungen nicht möglich, auf alle Einzelheiten, die der 
Besprechung wert wären, einzugehen. Ich mufs mich daher in Bezug 
auf die Darlegung der Aufgaben der Schulhygiene auf einige Haupt- 
sachen beschränken. Die Aufgaben, welche ihr behufs Bekämpfung 
der Schulkrankheiten zufallen, lassen sich in 3 Gruppen zerlegen. 

Eine Gruppe umfafst diejenigen Aufgaben, welche der Schul- 
hygiene aus dem XJnterrichtssystem und den Unterrichtsmethoden 
erwachsen. Eine zweite Gruppe umfafst solche Aufgaben, welche 
sich auf die Mängel der Schulgebäude und ihrer Einrichtungen be- 
ziehen. Die Aufgaben der dritten Gruppe endlich erstrecken sich 
über die hygienische Aufsicht, d. h. über die Anstellung, die Dienst- 
vorschriften und das Wirkungsgebiet von Schulärzten. 

Ich beginne mit dem Unterrichtssystem und der Methodik, durch 



10 Griesbach: 

welche zweifelsohne eine Reihe pathologischer Erscheinungen her- 
vorgerufen werden^ die auf Ermüdungs- und Erschöpfungszustände 
des Nervensystems, sowie auf Emährungs- und Zirkulationsstörungen 
zurückzuführen sind.*) 

Die Ermüdungsuntersuchungen haben ergeben, dafs die ver- 
schiedenen Lehrfächer in verschiedenem Grade das Gehirn in An- 
spruch nehmen. Im allgemeinen ist die Ermüdung in den alten 
Sprachen und in der Mathematik am bedeutendsten , sie ist um so 
gröfser, je mehr Gedächtnisleistungen verlangt werden. 

Bei den Untersuchungen haben sich des Weiteren zwei sehr 
wichtige Dinge herausgestellt. Einmal die Thatsache, dafs viele 
Schüler, namentlich im Sommer, wenn der Unterricht um 7 Uhr 
morgens beginnt, nicht genügend ausgeruht in die Schule kommen, 
weil die Schlafzeit zu kurz war, ein Umstand, der auf den jugend- 
lichen Organismus höchst nachteilig einwirkt. 

Eine zweite wichtige Thatsache ist die, dafs die kurze Mittags- 
pause von 12 bis 2 Uhr, namentlich dann, wenn in dieser Zeit 
auch noch gearbeitet wird, keine Erholung bringt, und dafs die Er- 
müdung im wissenschaftlichen Nachmittagsunterrichte alsdann einen 
so hohen Grad erreicht, dafs von einem erfolgreichen Arbeiten über- 
haupt nicht mehr die Rede sein kann. — Was für die Schüler gilt, 
trifft ceteris päribus auch für -die Lehrer zu. 

Ich möchte nun einzelne Einrichtungen des Unterrichtssystems 
besprechen, die mit den Gesetzen der Physiologie und Hygiene nicht 
in Einklang zu bringen sind. 

Für die Unterrichtsmethode mufs eine natürliche Basis gewählt 
werden. Im Mittelpunkte des Unterrichtes können nur der Mensch, 

*) Um über den Grad der geistigen Ermüdung Aufschlufs zu erhalten, 
hat man verschiedene Methoden angewandt. Eine derselben stammt von dem 
italienischen Physiologen Mosso und beruht auf der Thatsache, dafs geistige 
Ermüdung die Leistungsfähigkeit der Muskeln herabsetzt. Diese Thatsache 
läfst sich mit Hilfe eines von Mosso konstruierten Apparates, des sogenannten 
Ergographen, nachweisen. Mit diesem Apparat haben namentlich Keller nnd 
Kemsies Versuche an Schulkindern angestellt. — Eine zweite Methode be- 
steht darin, dafs man die Schüler am Anfange und Ende der Unterrichts- 
stunden kurze Rechnungen und Diktate ausführen läfst und aus der Zahl der 
Fehler auf die geistige Ermüdung Schlüsse zieht. Mit dieser Methode haben 
Sikorsky, Höpfner, Laser, Burgerstein und Ebbinghaus gearbeitet. 
Die dritte Methode endlich ist von mir eingeführt und von Vannod, Wagner, 
Eulenburg und Schmid-Monnard geprüft und geübt worden. Sie beruht 
auf dem Umstand, dafs geistige Ermüdung die Sensibilität der Haut herab- 
setzt, worüber man mit Hilfe eines sogenannten Ästhesiometerö Aufschlufs 
erhält. 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 11 

seine Entwickelung, seine gesellschaftliche und staatenbildende 
Kraft und seine Ethik stehen. Man hat das im allgemeinen päda- 
gogisch auch anerkannt; nur dafs man bisher in vielen höheren 
Schulen den antiken Menschen als das Menschheitsideal hinstellte 
und ganz yergaJGs; dafs der antike Mensch längst ausgestorben und 
der moderne Mensch an seine Stelle getreten ist. überdies hat man^ 
um von unserem nationalen Standpunkte aus zu reden ^ übersehen 
oder doch zu wenig berücksichtigt, dafs wir Deutsche sind, dafs 
deutsche Denkweise und Sprache, deutscher Idealismus im Jugend- 
unterrichte die erste Stelle einnehmen müssen. Man hat auch bisher 
wenig darauf Rücksicht genommen, dafs es unphysiologisch und 
unhygienisch ist, wenn man den jugendlichen Geist gegen die 
energetischen Vorgänge der Aufsenwelt unempfänglich macht und 
ihn mit abstrakten, schwer verdaulichen Dingen ernährt. Ich meine 
in erster Linie den fremdsprachlichen Unterricht, insbesondere den 
lateinischen Unterricht in den unteren Klassen des Gymnasiums. 
Die Massenhaftigkeit und Schwierigkeit des Stoffes steht in einem 
schreienden Mifsverhältnis zu dem Alter und der geistigen Reife der 
Lernenden. Man versetze sich in die Seele seiner Kinder, man be- 
obachte die psychische und physische Entwickelung in den Jahren 
vor der Pubertät, und dann erwäge man, was es heifst, Sextaner, 
Quintaner und Quartaner mit 8 bis 10 Stunden Latein wöchentlich 
zu traktieren. In Bezug auf den bewufsten Gebrauch der Mutter- 
sprache fehlt diesen jungen Schülern noch vieles. Ihr Wortschatz 
ist gering; ihr Vorstellungskreis beschränkt; an allen Ecken und 
Enden schaut die Unbeholfenheit in der eigenen Sprache hervor. 
Und diese Kinder unterrichtet man in der lateinischen Formen- 
lehre, anstatt sie Anschauung zu lehren und sie auf physiologische 
Erfahrung hinzuweisen. Das Sextapensum der Gymnasien enthält 
wohl in allen Bundesstaaten, in wesentlicher Übereinstimmung mit 
den preufsischen Anstalten, die Deklination und Konjugation, das 
Adverbium, Numerale, Pronomen imd sogar die Präpositionen. 
Sind das Dinge für das Gehirn von i^^eun- und Zehnjährigen? Dazu 
kommt dann das Auswendiglernen von Vokabeln. An den Anstalten 
mit Wesener's Übungsbuch beläuft sich ihre Zahl in der Sexta 
auf 1040. Das macht für den täglichen Schulbetrieb etwa 6 bis 7 
neue Wörter. Es scheint dies auf den ersten Blick zwar gering — 
ist es aber nicht: denn die Wörter sollen auch behalten werden. 
Man sehe sich einmal das Resultat an. Wenn die Schüler nach 
Quinta kommen, hat der FleiTsigste und Begabteste von ihnen fast 
300 dieser Wörter vergessen, und der Klasse, im Durchschnitt be- 



12 Griesbach: 

trachtet; sind weit melu* entfallen. Und was sind das für Vokabeln? 
Der Knabe empfängt ja nur den Wortschall, hat aber kein Ver- 
ständnis für den Sinn, um so weniger, da viele dieser Wörter einen 
doppelten Sinn besitzen. Was soll sich denn der Neun- und Zehn- 
jährige dabei denken, wenn er lernt: Ein Gesetz in Vorschlag 
bringen, Genugthuung fordern, aufwiegeln, entstellen, Leidenschaft, 
Aufwand, Talent u. s. w. Beim Eintritt in die Quinta kommt dann 
ein Heer unregelmäfsiger Verben der vier Konjugationen hinzu und eine 
stattliche Reihe von Phrasen, die mit ihnen gebildet werden, sowie 
weitere Vokabeln aus 50 Übungsstücken. Die lateinische Tages- 
arbeit des Quintaners an Auswendiglernen besteht in folgendem: 
10 — 15 Wörter wiederholen, 6 — 8 neue Wörter aus einer der ge- 
druckten Präparationen zu den 50 Übungsstücken imd endlich noch 
die Wörter der selbst angefertigten Präparation. Dazu Regeln aus 
der Grammatik. 

Zu alle dem setzt nun in Quinta — allerdings nicht in Preufsen, 
aber beispielsweise in den Reichslanden — die zweite Fremdsprache: 
das Französische, ein. Auch hier spielt das Lernen von Vokabeln 
und Regeln die Hauptrolle. 

Li Quarta kommen dann weitere 350 zusammenhangslose latei- 
nische Phrasen hinzu, in Tertia endlich setzt als dritte Fremdsprache 
das Griechische ein und damit erreicht die Belastung der jugend- 
lichen Hirnrinde ihren Höhepunkt, um ihn in der Folgezeit nicht 
wieder zu verlassen. Eine scharfe Kritik an diesem phUologischen 
Unfug übt der Gymnasialprofessor Fahrenbruch in seiner Sch/ift: 
„Auf dem Holzwege", Strafsburg 1899. — Mit den Gesetzen der 
Physiologie und Psychologie, nach denen das Grundelement alles 
bewuTsten Denkens der aus Empfindungen und Vorstellungen sich 
ergebende Begrilßf ist, verträgt sich die philologische Dressur keiues- 
wegs, da sie übersieht, dafs eine richtige Denkmethode sich nur im 
Anschlufs an eine klare und deutliche Begriffsbildung erzielen läfst, 
d. h. durch Übung der die Empfindungen vermittelnden Sinnesthätig- 
keit. Da sich aus Begriffen die Sprache ergiebt, aber nicht aus der 
Sprache Begriffe entstehen, so kann Sprachunterricht kein übungsfeld 
zur Begriffsbildung sein, sondern kann nur dazu dienen, die durch die 
Sinnesthätigkeit erlangten Begriffe klar und deutlich auszudrücken. 
Am geeignetsten zum sprachlichen Ausdi-uck des Gedachten sind 
lebende Sprachen, da unsere Begriffsbildung lediglich aus unserer 
Lebenserfahrung hervorgeht. In der Muttersprache erfolgt der Aus- 
druck des Gedachten naturgemäfs, deswegen ist beim Sprachunter- 
richt auf die Ausbildung der Muttersprache das Hauptgewicht zu 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 13 

legen. Fremdsprachliclier Unterricht ist, wie dies auf den so- 
genannten Reformschulen geschieht, auf das reifere Alter der Schüler 
zu verlegen, um eine Belastung des jugendlichen \ Gehirns zu ver- 
hüten. Unser bisheriges Unterrichtssystem, das laut Vorschrift nicht 
nur in den Gymnasien^ sondern mit entsprechender Abänderung auch 
in den Realanstalten geübt wird, gleicht einer Gehimvivisektion; 
statt verdaulicher geistiger Nahrung reicht es Steine, statt geregeltes 
Denken züchtet es die Phrase und Gedankenlosigkeit. Die philo- 
logische Methode ist für Kinder von 9 bis 14 Jahren, um mit 
Herbert Spencer zu reden, „eine erstaunlich unsinnige Gewohnheit'^, 
sie ist ein schwerer, wenn nicht der schwerste Mangel unseres 
höheren Schulwesens. Sie reibt das jugendliche Gehirn auf und 
verstümmelt die psychische Entwickelung, sie bewirkt, dafs in den 
oberen Klassen vor, während oder nach dem Abiturientenexamen 
nicht selten der geistige und körperliche Zusammenbruch der Schüler 
erfolgt. Die Zahl der Hysteriker, Neurastheniker und an Nervosität 
überhaupt Leidenden ist in der Schule im Zunehmen begriflPen, und 
deswegen schädigt das geschilderte System nicht nur einzelne Bürger, 
sondern den Staat. 

Mit diesem Unterrichtssystem mufs trotz des Widerstandes der 
Altphilologen definitiv gebrochen werden, insbesondere mufs die 
Alleinherrschaft der Altphilologen im Gymnasium in Wegfall kommen. 

Ich gehe nicht soweit wie der bekannte Philosoph Cartesius, 
der, obwohl selbst Latein schreibend, in reifem Mannesalter, ge- 
legentlich seiner medizinischen Studien, den Ausspruch that; „Latein 
und Griechisch zu lernen hat für den Menschen nicht mehr Zweck, 
als etwa Schweizerdeutsch und Niederbretonisch." Aber ich stimme 
überein mit denjenigen, die für eine erhebliche Reduktion des 
altsprachlichen Unterrichtes und für einen gemeinsamen Unterbau 
aller höheren Lehranstalten eintreten, wie ihn die heutigen Reform- 
schulen nach Frankfurter und Altonaer System bereits benützen. 
Ich finde die Worte, welche Alexander von Humboldt im- Jahre 
1860 schrieb, auch für heutige Verhältnisse noch zutreffend. Von 
einem ihm bekannten Knaben sagte er, derselbe werde auf einem 
Berliner Gymnasium so arg geschunden, dafs man für seine geistige 
Entwickelung Besorgnis hegen müsse. Die geistige Uberfütterung 
mache ein selbständiges Denken und eine kräftige Ausbildung des 
Charakters unmöglich.*) 

**) Humboldt fährt dann fort: ,,Ich war 18 Jahre alt und konnte noch so 
gut wie gar nichts. Meine Lehrer glaubten auch nicht, dafs viel aus mir 



14 Griesbach: 

Ebenso wie eine Abänderung der philologischen Methode mufs 
man vom hygienischen Standpunkte eine Verminderung des Unter- 
richtsstoffes, der Unterrichtszeit und eine Herabsetzung der Ziele 
yerlangen. 

Der bekannte bayrische Schulmann Becknagel hat vor kurzem 
statistisch nachgewiesen, dafs in etlichen höheren Lehranstalten, ins- 
besondere in badischen Gymnasien, nur ein Drittel aller Schüler das 
Schulziel erreicht. In sämtlichen höheren preuTsischen Schulen er- 
reichen nur 20 Prozent aller Schüler das Anstaltsziel, vier Fünftel 
scheiden vorher aus und 40 Prozent sogar ohne Berechtigungsschein 
zum einjährigen Heeresdienst. Das sind laut redende Zahlen, die 
bezeugen, dafs irgend etwas faul im Schulstaate sein mufs. Die 
Schul- und Unterrichtshygiene hat ein lebhaftes Interesse daran, 
die Ursachen für diese Erscheinungen kennen zu lernen. Es ist sehr 
leicht gesagt: Die Schuld liegt am Schülermaterial. Aber da mufs 
man mit Recknagel denn doch fragen: Sind die Schüler für die 
Schulen da, oder vielmehr die Schulen für die Schüler? 

Einen sehr wunden Punkt des herrschenden Schulsystems in 
hygienischer Beziehung bilden die Examina und die dafür geltenden 
Vorschriften. Eines dieser Examina, die unglückselige Abschlufs- 
prüfung in der Untersekunda, ist ja neuerdings, dank des energischen 
Eingreifens Sr. Majestät des Kaisers, endgiltig beseitigt worden. 

Aber es erübrigt noch, des Abiturientenexamens zu gedenken. 
Über seine Beibehaltung oder Abschaffung sind die Ansichten ge- 
teilt. Ich kann das Pro und Contra hier nicht erwägen. Aber 
Eines mufs die Schulhygiene verlangen, das nämlich, dafs bei gutem 
Ausfall der schriftlichen Prüfung die mündliche erlassen wird. Dies 
ist in Preufsen die Regel, aber in anderen Staaten, beispielsweise 
in den Reichslanden, fehlt diese Vorschrift. Überdies ist zu ver- 
langen, dafs die Mitteilung von dem Erlasse der mündlichen Prü- 
fung sogleich nach der Feststellung der Ergebnisse des schriftlichen 
Examens erfolge; es ist ein Danaergeschenk für die Kandidaten, 
wenn diese Mitteilung erst am Tage des mündlichen Examens ge- 
macht wird. — Eine weitere sehr wichtige Aufgabe in Bezug auf 
das Unterrichtssystem erblickt die Schulhygiene in der Mitarbeit an 
der Beseitigung des wissenschaftlichen Nachmittagsunterrichtes, der 

würde. Wäre ich der jetzigen Schulbildung in die Hände gefallen, so wäre 
ich leiblich und körperlich zu Grunde gegangen. Der geistige Magen kann 
viel vertragen, aber zu dem, was man jetzt der Jugend zumutet, gehört mehr 
als ein Straufsenmagen. Alle geistige Frische, die zu einem erfolgreichen 
Studium durchaus erforderlich ist, geht verloren." 



, Die Aufgaben der Schulhygiene. 15 

eines der gröfsten Gifte im Schulbetriebe ist. Dafs die Beseitigung 
bei dem jetzigen Stande der Dinge unausführbar ist, läfst sich begreifen. 
Damit sie ausführbar werde, müssen eben die Lehrpensa eingeschränkt, 
die Unterrichtsziele herabgesetzt und die Stunden verkürzt oder an 
Zahl verringert werden. — Der Wahlspruch des weiland preufsischen 
Geh. Oberregierungs- und Schulrates Johannes Schulze: „Arbeiten 
oder untergehen*' ist in dem Sinne, welcher hineingelegt wurde, 
gleichbedeutend mit Arbeiten und untergehen. Schulze's Hand 
lastete schwer auf den Schulen der preufsischen Monarchie zu An- 
fang und in der Mitte des 19. Jahrhunderts, und mancher jugend- 
liche Organismus hat diesen Druck mit seiner Gesundheit bezahlt. 
Dreimal täglich nimmt die Schule den jugendlichen Geist in An- 
spruch: 1) durch den Morgenunterricht, 2) durch den Nachmittags- 
unterricht und 3) durch die häuslichen Schularbeiten, die nicht 
selten in den oberen Klassen bis gegen Mittemacht und darüber 
hinaus dauern. Sieben bis neun und mehr Stunden tägliche Arbeits- 
zeit kommen dabei heraus I Das ist zu viel, das ist der Ruin der 
jugendlichen Gesundheit; solche Treibhauskultur kann kein gesundes 
frisches Leben erzeugen, sie fühi-t zum Stupor scholasticus und legt 
den Keim zur Neurasthenie und zum Siechtum. Der Morgen ge- 
höre der Arbeit, ernster und eifriger Arbeit, der Nachmittag aber 
diene der Erholung. Die häuslichen Schularbeiten müssen auf das 
bescheidenste Mafs herabgesetzt werden, namentlich ist der tote Ge- 
dächtniskram ganz wesentlich einzuschränken. Erziehung zu scharfem, 
gewandtem und schnellem Denken während des Unterrichtes, Lei- 
stungen ex tempore, Geistesgegenwart in des Wortes wahrer Be- 
deutung, alles das ist viel mehr wert, als das Auswendiglernen 
Horazischer Oden, Ciceronianischer Phrasen und hunderter von 
Paragraphen aus der Grammatik, als die Ausführung zahlreicher 
schriftlicher Arbeiten. Durch die Einschränkung der letzteren wird 
nicht nur der Schüler, sondern auch der Lehrer vor geistiger Er- 
mattung bewahrt; denn durch die öde Korrekturarbeit von hundert 
und mehr Heften wöchentlich — ein furchtbares Kreuz unserer 
Lehrer, wie F. Paulsen sagt — erleidet der Lehrer zweifelsohne 
eine erhebliche Einbufse an geistiger Frische und Elastizität für 
seinen Vortrag. 

Gegen den wissenschaftlichen Nachmittagsunterricht ist von 
Seiten der Physiologie und Hygiene aus folgenden Gründen Ein- 
spruch zu erheben. Da feststeht, dafs arbeitende Organe am meisten 
mit Blut versorgt sind, so befindet sich das Blut nach den Mahl- 
zeiten, insbesondere nach der Hauptmahlzeit, zum gröfsten Teil in 



16 Griesbach: 

den Yerdauongsorganen. Da ferner das Oehim nur normal 2u 
arbeiten vermag, wenn es in reichlichem Mafse durchblutet wird, 
nicht aber, wenn es, wie während des Yerdauungsgeschäftes, relativ 
anämisch ist, so folgt, dafs bei der bei uns üblichen Lebensweise ein 
wissenschaftlicher Unterricht bald nach der Mittagsmahlzeit 
gleich schädlich für Nervensystem und Yerdauungsorgane ist. 

Wenn der Nachmittag schulfrei gehalten wird und die häus- 
lichen Aufgaben .nicht den gröfsten Teil desselben in Anspruch 
nehmen, dann bleibt auch Zeit zur Ausbildung körperlicher Kraft 
und Gewandtheit, dann können Turnübungen und Jugendspiele aller 
Art betrieben werden. Das heutige Klassentumen zwischen den 
einzelnen wissenschaftlichen Lehrstunden ist trotz des Widerspruches 
gewisser Herren von der Zentraltumanstalt vom Übel. Wer sich die 
Schüler mit ihrem vom Turnen erregten Gef äfs-, Nerven- und Muskel- 
sjstem und der feuchtwarmen Haut beim Beginne des Unterrichtes 
genau ansieht, wer während desselben die Aufmerksamkeit prüft, und 
wer die Schriffczüge der Hand beobachtet, die kurz vorher gymnastische 
Übungen ausführte, der mufs zugeben, dafs da von einer harmonischen 
Anpassung nicht die ßede sein kann. Noch weniger als ein er- 
müdeter Geist zu körperlicher Anstrengung taugt, eignet sich ein 
ermüdeter Körper zu geistiger Arbeit. Lieber kein Turnen, keinen 
Sport, als solche verfehlte Methode I 

Soviel über die Hygiene des Unterrichtssystems. Ich habe mich 
absichtlich hierbei etwas länger aufgehalten, weil ich gerade dieses 
Gebiet für ein sehr wichtiges Kapitel der Schulhygiene halte. 



Ich wende mich nun zu den Schulgebäuden und deren Ein- 
richtungen. Das Schulhaus soll frei gelegen sein, damit Luft und 
Licht von allen Seiten Zuti'itt haben. Sumpfiger oder feuchter 
Boden darf für den Bau des Hauses nicht verwendet werden, und 
die Nachbarschaft mufs frei von stehenden Gewässern und Abwasser- 
kanälen sein. In den Städten ist für eine freie Lage des Schul- 
gebäudes zu sorgen, damit der Unterricht durch die Strafsengeräusche 
oder durch Fabrikbetrieb nicht gestört werde. 

Ein im Sommer mit genügendem Schatten versehener geräumiger 
Schulhof ist für den Aufenthalt der Zöglinge in den Pausen unbedingt 
erforderlich. Einige Aufmerksamkeit ist der Bodenbeschalßfenheit des 
Hofraumes zuzuwenden, derselbe mufs möglichst staubfrei gehalten 
werden. In Bezug auf die Bauart des Schulgebäudes ist zu bemerken, 
dafs die Bäume im Erdgeschofs mit Luftisolierung zu versehen oder 
zu unterkellern sind. Im letzteren Falle sind zementierte Keller- 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 17 

gewölbe am geeignetsten. ^Wenn das Schulgebäude aus Mangel eines 
geeigneten Grundstückes an der Strafse erbaut werden mufS; so sollen 
die Erdgeschofszimmer mindestens 6 m über der Strafse liegen, um 
Staub, Ausdünstungen der Gossen und das Strafsengeräusch mög- 
lichst zu eliminieren. Die Strafsen, welche am Gebäude entlang 
führen, müssen mit Holzpflaster versehen werden, und der Verkehr 
mit Lastfuhrwerken und Tramways ist seitens der städtischen Be- 
hörde zu untersagen. Korridore und Treppen im Schulgebäude 
müssen in genügender Zahl und Breite vorhanden sein, sich, ohne 
dafs Zugluft entsteht, gut lüften lassen und ausreichende Be- 
lichtung besitzen. Die Gröfse der Klassenzimmer richtet sich nach 
der Zahl der Insassen; nach Feststellung des Yentilationsbedarfes ist 
für die erforderliche Lüftung stets Sorge zu tragen. Für die Her- 
stellung der Treppenstufen und der Fufsböden in den Korridoren 
und Lehrzimmem soUte nur hartes Holz ^Verwendung finden. Eine 
wichtige hygienische Mafsregel ist es, die Fufsböden staubfrei zu 
halten. Um dies zu erreichen, ist es praktisch, dieselben zu ölen. 
Ein Olpräparat, welches neuerdings unter dem Namen „Dustless" in 
den Handel gebracht wird, hat sich bis jetzt gut bewährt. Das 
tägliche Aufwaschen ist kaum durchführbar und man mufs zufrieden 
sein, wenn die Subsellien mit feuchten Tüchern abgewischt werden. 
Die Reinigung der Schulräume läfst in vielen Anstalten allerdings 
viel zu wünschen übrig und nicht selten fehlt es an dem nötigen 
Dienstpersonal, beziehungsweise an dem guten Willen desselben. — 
In allen Schulräumen ist die geeignetste Wandbekleidung Holz- 
täfelung (Paneel) und Leimfarbenanstrich, Tapeten sind ganz unzu- 
lässig. Behufs ausreichender Beleuchtung in den Schulzimmem 
mufs die Fensterfläche mindestens ein Fünftel der Bodenfläche be- 
tragen. Jeder Schüler sollte von seinem Platze aus ein Stück 
Himmel sehen können. Gegen Sonnenbestrahlung sind die erforder- 
lichen Schutzvorrichtungen anzubringen. Zur künstlichen Beleuch- 
tung des Schulgebäudes eignet sich das elektrische Glühlicht am 
besten. Bei Anwendung von Leuchtgas sind Argand- oder Auer- 
brenner zu empfehlen, offene Flammen sollten vermieden werden, 
da sie für das Auge zu unruhig sind. Belästigende Strahlung und 
Glanz der Gaslampen lassen sich durch passende Anbringung und 
Schutzvorrichtungen leicht vermeiden. 

Von grofser hygienischer Bedeutung ist die Frage nach der 
Heizung der Schulgebäude. Vom Standpunkte der Schulgesundheits- 
pflege ist zu verlangen, dafs die Heizanlage den erforderlichen 
Wärmegrad erzeugt, dafs sie die Wärme dem Räume und der Zeit 

Gesunde Jugend. I. Xj^ 2 



\ 



18 Griesbach: 

nach gleichmärsig verteilt; und dafs der Heizbetrieb keine die Ge- 
sundheit beeinträchtigende Wirkung ausübt. Bei der in unseren 
Gegenden üblichen Körperbekleidung ist für Schulzimmer eine 
Temperatur von 17 bis 19° C, in Turnhallen von 13 bis 16° C erforder- 
lich. Hat die Zimmerluft die angegebene Temperatur^ sind aber 
die Wände des Zimmers erheblich kälter^ so fröstelt der Mensch^ 
wegen vermehrter Ausstrahlung nach den Wänden zu. Sind die 
unteren Luftschichten des Schulzimmers erheblich kälter als die 
höheren Schichten^ so giebt es kalte Füfse und heifse Köpfe. Im 
allgemeinen werden Schulgebäude durch eine Niederdruck -Dampf- 
Luftheizung am geeignetsten erwärmt. Nur die TumhaUe, die Aula 
und einzelne abgesondert gelegene Bäume erhalten Niederdruck- 
Dampföfen. Bei der Wahl (Jes genannten Systems geht man von 
der Erwägung aus^ dafs einerseits wegen der Gröfse des Gebäudes 
nur der Dampf als Erzeuger. von Wärme in Frage kommen kann^ 
falls man nicht eine gröfsere Anzahl von Feuerstellen im Gebäude 
anlegen will^ dafs aber andererseits ^ um eine ausreichende und nie 
versagende Lüftung der Räumlichkeiten zu erzielen^ die Luft als 
Träger der Wärme am vorteilhaftesten erscheint. Im Vergleich mit 
einer gewöhnlichen Luftheizung hat das genannte System noch den 
Vorzug, dafs die Luft durchaus rein erhalten und an der Rohrleitung 
nicht versengt wird, d. h. keine Zersetzung des in der Luft stets 
enthaltenen Staubes pflanzlichen und tierischen Ursprunges eintritt, 
wodurch die Luft für die Atmung verschlechtert wird. Gerade in 
Schulgebäuden muTs man, im Interesse der Gesundheit des heran- 
wachsenden Geschlechtes, besonders darauf bedacht sein, reichliche 
Mengen möglichst reiner Luft zuzuführen. Diese hygienische For- 
derung findet leider immer noch nicht genügend Berücksichtigung. 
— Für ein Schulgebäude mittlerer Gröfse genügt eine einzige 
Feuerstelle mit etwa vier Niederdruck-Dampfkesseln. Jeder dieser 
Kessel soll eine wasserberührte Heizfläche von etwa 14 qm haben, 
wobei er eine stündliche Verdampfung von 17 bis 18 kg auf 1 qm 
leistet. Der für die Heizung in Betracht kommende Dampf erhält 
eine Spannung von Yjq bis y^^ Atmosphäre, so dafs man eigentlich 
mehr von Wasserdunst als von Dampf reden kann. Die Bedienung 
der Kessel beschränkt sich auf wenige Tagesstunden, weil sich die 
Feuerung durch zweckmäfsige Vorrichtungen selbstthätig regeln 
läfst. Bei mildem Winterwetter genügt es, nur einen Kessel in 
Betrieb zu setzen, bei kalter Witterung kommen 2 oder 3 Kessel 
zur Verwendung; drei Kessel haben sich selbst bei einer Temperatur 
von — 20 bis — 28® C noch als ausreichend bewährt, so dafs der 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 19 

vierte Kessel als Reservekessel betrachtet werden kann. — Aus den 
Kesseln gelangt der Dampf nach mehreren, etwa fünf bis sechs im 
Keller befindlichen, Luftkammem, in welche die zu erwärmende Luft 
aus dem Freien durch geeignete Kanäle hineingeleitet wird. Der 
Dampf streicht in den Luftkammem durch Rippenröhren. Die zu- 
geführte Luft umspült dieselben und gelangt nach der Erwärmimg 
durch ein sorgfältig gemauertes Kanalsystem in die einzelnen Schul- 
räume. Auf diese Weise lassen sich 25 bis 30 Schulräume, selbst 
bei strenger Kälte, mit 14 Tausend cbm Luft in der Stunde ver- 
sorgen. Die Wärmeregulierung erfolgt einerseits in den Dampf luft- 
kammem durch den Heizer, indem derselbe je nach den Witterungs- 
verhältnissen durch Schaltvorrichtungen ein kleineres oder gröfseres 
Gebiet der Rippenröhren funktionieren läfst, andererseits durch 
passende Verschiebung der in den Schulräumen vorhandenen Klappen 
durch die Hand der Lehrer. Diese Klappen sind so eingerichtet, 
dafs, je nach Bedarf, nur warme oder nur kalte Luft, oder ein be- 
liebiges Gemisch beider in das Zimmer eintritt, oder dafs die Luft- 
zufuhr ganz abgesperrt werden kann. Durch ein besonderes Kanal- 
system im Mauerwerk wird die verbrauchte Luft nach den Speicher- 
räumen geleitet, die ihrerseits durch Deflektoren gelüftet werden 
können. Die beschriebene Einrichtung ist in mehreren deutschen 
Städten eingeführt, beispielsweise in den Schulen Düsseldorfs, wo 
sie sich gut bewährt. Das Wiener Stadtbauamt bezeichnet die 
Niederdruck -Dampf- Luftheizung für Schulen als die beste Heizung. 
Die Anlage derselben ist 50 bis 60 Prozent kostspieliger als die 
aller anderen Systeme, die Betriebskosten sind aber deswegen gering, 
weil Reparaturen selten vorkommen. Li der Dauerhaftigkeit der 
Anlage liegt ein hygienischer Vorteil. Der Austritt von Verbrennungs- 
produkten durch schadhaft gewordene Stellen imd eine dadurch ent- 
stehende Verunreinigung der Luft in den Schulräumen ist aus- 
geschlossen. Im Vergleich zu diesen bewährten Heizanlagen ist die 
Gasheizung ein unentwickeltes Kind zu nennen. Erst in den letzten 
Jahren ist dieselbe in gröfserem Umfange eingeführt worden und 
deswegen kann man darüber noch kein endgiltiges Urteil in Bezug 
auf Brauchbarkeit abgeben. Eine gröfsere Gasheizungsanlage wurde 
zum erstenmal in dem Schulgebäude an der Schulstrafse in München- 
Neuhausen ausgeführt. Diese Anlage umfafst 72 Gasöfen nach dem 
System der Karlsruher Schulöfen. Die Lüftungsanlage der Klassen- 
räume wird teils nach dem System Hendschel imd Guttenberg mit 
dem Ofen direkt in Verbindung gebracht, teils wird sie von diesem 
getrennt selbständig eingerichtet. In den Jahren 1897 und 1898 



o* 



20 Griesbach: 

wurden in München noch zwei^andere Schulgebäude mit Gasheizung 
versehen. Auch in Mülhausen hat man vor kurzem ein neuerbautes 
Schulhaus mit dieser Einrichtung ausgerüstet. Über die Brauchbar- 
keit der Gasheizung sind im Münchener hygienischen Institut Unter- 
suchungen angestellt worden^ die im allgemeinen ein zufrieden- 
stellendes Resultat ergeben haben. — Wo keine Zentralheizung vor- 
handen ist, sollte man die Ofen entweder mit Holz oder mit Koke 
speisen; bei der Verwendung von Steinkohlen entsteht häufig Bauch 
und Schmutz. 

Von Wichtigkeit für die Schulhygiene ist die Einrichtung der 
Subsellien. Nichts erhöht die SkoUosegefahr und die Schädigung 
des Auges so sehr, wie die mangelhafte Beschaffenheit der Tische 
und Bänke in den Schulzimmem. Die Mafsverhältnisse der Sub- 
sellien müssen der Gröfse der Schüler angepafst sein. Der vertikale 
Abstand zwischen Tischplatte und Sitzbank — die sogenannte 
Differenz — soll %, die Höhe des Sitzes über dem Fufsboden %, 
und die [Breite der Sitzbank Yg der Körperlänge betragen. Die 
Tischplatte soll jedem Schüler mindestens ein Flächengebiet von 
55 cm Länge und 40 cm Breite zur Verfügung stellen und gegen 
die Horizontebene um 6® geneigt sein. Die vordere Kante der 
Sitzbank und die ihr parallel laufende^ dem Körper zunächst ge- 
legene Kante der Tischplatte sollen in dieselbe Vertikalebene fallen. 
Der horizontale Abstand dieser beiden Kanten — die sogenannte 
Distanz — ist also gleich Null. Übrigens ist es vorteilhaft, wenn 
der Tisch oder die Bank in vertikaler Richtung verstellbar sind und 
letztere eine geräuschlose Klappvorrichtung besitzt, um das Auf- 
stehen innerhalb des Subselliums zu ermöglichen. 

In Bezug auf die Hygiene des Auges kommen auch die Schul- 
bücher und die Schrift in Betracht. Die Buchstabenhöhe der ge- 
druckten Bücher betrage 1,5 mm, in den unteren Klassen besser 
noch 1,75 mm, die Dicke der Buchstaben 0,25 mm, ihre Approche 
0,5 mm. Die geeignetste Entfernung zweier Zeilen zwischen den nicht 
über die Zeile hervorragenden Buchstaben ist 2,5 mm. Statt der 
Schiefschrift empfiehlt es sich, in den Schulen Steilschrift zu lehren, 
da bei Ausführung der ersteren der Kopf gewöhnlich auf die Seite 
geneigt wird, wodurch die Augenstellung eine mifsliche wird. 



Ich wende mich endlich zu der letzten und nicht minder wich- 
tigen Aufgabe der Schulhygiene, nämlich zu der ärztlichen Aufsicht. 

Die Frage nach der Anstellung von Schulärzten ist in der letzten 
Zeit sehr häufig besprochen worden. Mit theoretischen Betrachtungen 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 21 

hat man sich glücklicher Weise nicht begnügt, sondern man hat die 
Theorie in die Praxis umgesetzt. Heute giebt es amtlich eingesetzte 
Schulärzte in Wiesbaden, Berlin, Charlottenburg, Königs- 
berg, Frankfurt a. M., Nürnberg, Darmstadt, Offenbach, 
Breslau; ferner im Ausland, ich nenne nur Brüssel, Paris, 
Stockholm, Kopenhagen und Budapest. Das Ideal des Schul- 
arztes würde meines Erachtens erreicht, wenn derselbe zum Lehr- 
körper einer Anstalt gehört, der er ganz seine Kräfte widmet und 
an der er das Fach der Hygiene lehrt. So ist es beispielsweise in 
Ungarn. Im übrigen kann jeder praktische Arzt Schularzt werden, 
sofern er sich hygienisch genügend ausgebildet hat. Aber die Schul- 
ärzte dürfen nicht wie die Schatten des Hades, sie dürfen nicht 
wesenlose Gestalten sein. Was nützt es, wenn sie in dem Stadt- 
register stehen, in der Schulkommission sitzen und doch niemals zu 
greifen sind. Auch dürfen sie nicht Werkzeuge in der Hand eines 
eifersüchtigen Bezirks- oder Kommunalarztes sein. Der Arzt, der 
nur den Namen Schularzt trägt, aber keine Initiative besitzt, ist 
weiter nichts als ein Schaustück, um das Publikum zu beruhigen. 
Im Schulorganismus spielt er dann höchstens die Rolle eines Fremd- 
körpers, der nicht organisch verwachsen kann. 

In Bezug auf die Dienstvorschriften des Schularztes sei Fol- 
gendes gesagt. 

Der Schularzt hat alle für die Hygiene in Betracht kommenden 
Einrichtungen der Schulen zu kontrollieren. Den Sitzungen des 
Lehrkörpers und der Schulkommission mufs er, wenn solche Ein- 
richtungen besprochen werden, beiwohnen, um Vorschläge zu machen 
und auf Beseitigung etwaiger Mifsstände zu dringen. Zu Anfang 
und Ende des Sommers und Winters habdh die Schulärzte alle 
Schüler, insbesondere auch die neu eintretenden, auf ihren Gesund- 
heitszustand zu prüfen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind 
in besondere Formulare einzutragen. 

Es wird sowohl über jeden einzelnen Schüler, als auch über 
die Anstalt als Ganzes ein Gesundheitsbericht ausgefertigt. Der 
Gesundheitsbericht über die Anstalt wird klassenweise geführt. 

Femer wird ein besonderer Bericht über die Lehrer der An- 
stalt ausgearbeitet. 

Der Schularzt ist gewöhnlich nicht der behandelnde Arzt der 
Schüler oder Lehrer, es sei denn, dafs dies besonders gewünscht 
wird. Von einer Beeinträchtigung der Praxis der Hausärzte kann 
also nicht die Rede sein, es wird vielmehr durch die Thätig- 
keit des Schularztes die der übrigen Arzte noch gefordert. 



22 Griesbach: 

indem der Schularzt die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung an- 
empfiehlt. 

Jeder Fall einer ansteckenden Krankheit oder der Verdacht auf 
eine solche ist dem Schularzte zu melden. Nach Ablauf der Krank- 
heit hat sich der Schüler mit dem Zeugnis des Arztes, der ihn be- 
handelte, versehen dem Schularzte vorzustellen. Befreiungen von 
einzelnen Unterrichtsstimden, insbesondere vom Turnen, hat nur der 
Schularzt vorzunehmen. Ich kenne Fälle, in denen in Bezug auf 
die genannte Befreiung Unfug getrieben wurde. Wozu hat denn 
die Schule die Schulärzte, wenn ihnen in diesem Punkte nicht Macht- 
befugnis zugestanden wird? Der Schularzt hat in solchen Fällen 
der Schule gegenüber die Verpflichtungen, wie der Militärarzt bei 
den Militärbehörden. Über die Schliefsung einer Schule kann der 
Schularzt allein, ohne Genehmigung der Verwaltung, bezw. der 
Regierung, nicht verfügen. 

Monatlich einmal soll der Schularzt das Gebäude, die Lehrsäle und 
alle Einrichtungen inspizieren und auch darüber einen Bericht ausgeben. 

Der Lehrerschaft gegenüber hat der Schularzt nicht die Befug- 
nis eines Vorgesetzten, er besitzt nicht das Recht, den Schulbeamten 
irgendwelche Befehle zu erteilen. Wäre dies der Fall, so könnte 
mau mit Recht von einer unbefugten Einmischung in die Organi- 
sation der Schule reden, und die vielfach befürchteten Zwistigkeiten 
zwischen Lehrern und Arzt würden nicht ausbleiben. Dagegen 
dürfte es gewifs als richtig anerkannt werden, wenn der Schularzt 
die Schulvorstände und Lehrer auf etwa wahrgenommene Mängel 
aufmerksam macht, ohne hinter ihrem Rücken oder über sie hinweg 
bei der höheren Instanz Klage zu führen. 

Die Resultate, welbhe die schulärztliche Thätigkeit bis jetzt zu 
Tage gefordert hat, zeigen deutlich, dafs unter den Schulkindern 
vielfach Krankheiten vorkommen, von denen weder das Kind, noch 
seine Eltern eine Ahnung haben, Krankheiten, die, wenn sie un- 
beachtet, beziehungsweise imbehandelt bleiben, recht bedenkliche 
Folgen haben können. Ganz besonders dürfte dies für die Er- 
krankungen des Nasenrachenraumes, für die Veränderungen am Skelet 
und die Tuberkulose zutreffen, deren frühzeitige Erkennung und Be- 
handlung nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für dessen 
Umgebung von hohem hygienischen Wert ist. 

Wer eingehend und vorurteilsfrei die Thätigkeit des Schularztes 
in Erwägung zieht, der mufs zugeben, dafs die Anstellung desselben 
einem dringenden Bedürfeusse entspricht und zahlreiche Gefahren von 
der Schule und dem Eltemhause abwendet. 



Die Aufgaben der Schulhygiene. 23 

Bei dem Verständnis, welches breite Schichten der Bevölkerung 
mehr und mehr der öffentUchen Gesundheitspflege entgegenbringen, 
ist zu hoffen, dafs auch für die Schulhygiene das Interesse ein immer 
regeres wird. Gestützt wird diese Hoffiiung durch die rege Beteili- 
gung an unserem erst ror kurzem ins Leben gerufenen Allgemeinen 
Deutschen Verein für Schulgesundheitspflege. Nicht nur Schul- 
männer und Arzte sind es, die demselben als Mitglieder angehören, 
sondern ganze ßemeinden und Personen jeglichen Standes und Be- 
rufes haben sich angeschlossen. Sie alle leben der Überzeugung, 
dafs, wenn die Hygiene das Heil der Jugend in den Schulen aller 
Gattungen ins Auge fafst, sie zugleich auch den Eltern Wohlthaten 
erweist. 



Zur Frage des Nachmittagsunterriclits. 

Von Dr. H. Schotten, Halle a. S. 

Die Frage nach der Unterrichtszeit ist so alt, wie die Einrich- 
tung öffentlicher Schulen. Und das ist ja natürlich, dafs man bei 
der Einrichtung von Massen- Schulen auch über diese Frag^ Über- 
legungen anstellte und sie gemäfs diesen Überlegungen entschied. 

Ursprünglich war es keine schwierige Frage, da sie rein schul- 
m'äfsig entschieden wurde. Aber im Laufe der Zeit ist sie aus 
diesem Rahmen herausgetreten, zu den ursprünglichen Erwägungen 
traten nach und nach immer neue hinzu: und so ist denn die Ge- 
fahr grofs geworden, dafs eine grofse Zahl nebensächlicher Bedenken 
und Rücksichten das innerste Wesen der eigentlichen Bedeutung 
verdunkeln und in den Hintergrund drängen. Aber auch hiervon 
abgesehen, haben sich die Verhältnisse in mancher Hinsicht so ver- 
schoben, dafs das, was ursprünglich oder zu irgend einer späteren 
Zeit mafsgebend gewesen ist, jetzt in anderer Weise auf die Ent- 
scheidung einwirken mufs. 

Ehe wir auf die historische Bedeutung eingehen, möge es ge- 
stattet sein, einige allgemeine Gesichtspunkte zu erörtern. 

Zunächst dürfte wohl anerkannt werden, dafs man auch diese 
Frage nicht ganz allein für sich behandeln darf, dafs Rücksicht zu 
nehmen ist auf allgemeineJ'Verhältnisse, die nach der einen oder 
andern Seite hin ihren Einflufs ausüben. Hier möchte ich nun an 
erster Stelle hervorheben, dafs es auffällt, dafs die Entscheidung 
ganz allgemein für alle Klassen der höheren Schulen getroffen 
worden ist. Und darin liegt vielleicht der Hauptgrund dafür, dafs 
bestehende Verhältnisse angegriffen wurden. Die Schulzeit auf der 
höheren Schule umfafst das Lebensalter von ca. 10 Jahren bis zum 
20. Jahr. Dafs aber das, was nun für die kleinen Schüler mafsgebend 
ist, nicht auch in gleicher Weise für die oberste Stufe zu gelten 
braucht, dürfte wohl allgemein anerkannt werden. Will man also 
die Frage nach der Unterrichtszeit prinzipiell entscheiden, so müfste 
zunächst zu empfehlen sein, sie nach den drei Stufen, untere, mitt- 
lere, obere Klassen, getrennt zu behandeln. Weitere Erwägungen 



H. Schotten: Zur Frage des Nachmittagfiunterrichts. 25 

müTsten sich dann anknüpfen an die klimatischen Verhältnisse — 
abgesehen von den rein lokalen — und an die Lage der Ferien. 
Alle diese Erwägungen möchte ich zur Gruppe der pädagogischen 
zusammenfassen^ ihnen reihen sich dann die Gruppen der sozialen 
und sanitären an. Freilich lassen sich diese Gruppen bei der Be- 
antwortung der Frage nach der passendsten Unterrichtszeit nicht 
immer scharf auseinanderhalten^ es spielen soziale Erwägungen von 
einem ins andre Gebiet hinüber, dafs eine gemeinsame Betrachtung 
sich mit ihnen abzufinden suchen mufs. Immerhin sollen uns diese 
Gruppen das Gerippe für unsere Ausführungen geben, zumal es von 
Bedeutung sein wird, die SteUung der Gruppen untereinander zu 
beachten. 

Dafs die rein pädagogische die wichtigste ist und bleiben mufs, 
wird wohl auch von denen nicht bestritten werden können, die von 
ihrem Standpunkte aus geneigt sind, andere, z. B. sanitäre Inter- 
essen, in die erste Linie zu rücken: und dies dürfte um so weniger 
der Fall sein, als eine gesunde Pädagogik an und für sich auch das 
leibliche Wohl der Schüler im Auge hat. Auch in mancher andern 
Hinsicht ist die Dreiteilung nur eine äufserliche, man gelangte vielleicht 
zu einer noch schärferen Bestimmung, wenn man die Interessenten 
an der vorliegenden Frage aufzählte. Das sind: 1) die Schule als 
Bildungsanstalt mit den Zwecken, die sie verfolgt und verfolgen 
mufs; 2) die Lehrer als Lehrer und Menschen; 3) die Schüler; 4) das 
Elternhaus; 5) die Arzte. (In gewisser Beziehung wären auch noch 
die Geistlichen zu berücksichtigen, insofern, als sie während der Zeit 
des Konfirmationsunterrichtes in bestimmte Beziehung zur Schule 
treten.) Bei dieser Unterscheidung würde ebenfalls eine scharfe 
Trennung nicht immer durchzuführen sein, da 1) und 2) und 2), 4) 
und 5) gar oft zusammenfallen. 

Man kann schon hieraus erkennen, dafs die Sache nicht einfach 
mit dem Worte „Fort mit dem Nachmittagsunterrichte" abgemacht 
ist. Dem steht zunächst noch die positive Unmöglichkeit gegenüber. 
Die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstuiiden beträgt z. B. jetzt in 
den oberen Klassen der Oberrealschulen 38. An 6 Tagen je 5 Vor- 
mittagsstunden ergeben erst 30 Stunden; bleiben also für die Nach- 
mittage noch 8 Stunden; da an Einem Tage nicht mehr als 7 Unter- 
richtsstunden*) in einer Klasse erteilt werden dürfen, so sind noch 
mindestens 4 Tage mit Nachmittagsunterricht zu belegen. 

*) Nach Ansicht der Ärzte ist diese Zahl entschieden zu hoch, verschie- 
dene Ärztekammern waren für 4 Stunden; 5 sollen nach der Ansicht anderer 
noch zulässig sein, für die Oberstufe höchstens 6. 



26 H. Schotten: 

Wir sehen also hier gleich noch eine neue Frage auftauchen^ 
die nach der Zahl der Unterrichtsstunden. Diese Frage würde aber 
im wesentlichen an Bedeutung verlieren, wenn man die Frage des 
Nachmittagsunterrichts nicht einheitlich für die höhere Schule zur 
Entscheidung stellte, sondern nach unserm Vorschlage die drei 
Stufen der unteren, mittleren und oberen Klassen trennte. Es 
können doch in der That nicht dieselben Rücksichten mafsgebend 
sein — besonders in sanitärer Hinsicht — für lOjahrige Kinder 
und 19jährig6 j^^g^ Männer im kräftigsten Alter. 

Übrigens möge gleich hier ein Vorschlag gestattet sein für eine 
andere Verteilung der 38 Stunden: an 4 Tagen je 4 Vormittags- 
stimden und 3 Nachmittagsstunden, am Mittwoch und Sonnabend 
je 5 Vormittagsstunden. Denn darüber müssen wir uns klar sein, 
dafs eine Ermäfsigung der Stundenzahl zur Zeit ziemlich aussichtslos 
erscheint, nachdem ein Hohes Ministerium soeben bei den neuen 
Lehrplänen eine Erhöhung angeordnet hat. 

Diese Stunden müssen dann erteilt werden im Sommer von 
7 — 11 und von 3 — 6, resp. am Mittwoch und Sonnabend von 7 — 12, 
im Winter von 8 — 12 und von 3 — 6, resp. am Mittwoch und Sonn- 
abend von 8 — 1. Bei dieser Einteilung würde zwischen Vormittags- 
imd Nachmittagsimterricht eine Pause von im Sommer 4, im Winter 
3 Stunden fallen: doch gewifs ausreichend, um völlige Erholung zu 
sichern und auch zu vermeiden, dafs allzubald nach dem Mittags- 
mahl Bchon wieder das Sitzen in der Schule anginge. Zwei Nach- 
mittage aber blieben — aufser dem Sonntag — in jeder Woche für 
einigermafsen gröfsere Spaziergänge übrig, was doch wohl auch als 
ausreichend angesehen werden dürfte. 

Die langen Pausen aber zwischen Vormittags- und Nachmittags- 
unterricht könnten von jedem je nach Individualität — die ja sonst 
arg betont wird — verwendet und ausgenutzt werden, oder je nach 
dem Wetter oder nach den Rücksichten auf die Familie, eventuell 
sogar zu leichteren Arbeiten.*) 

Es käme dann weiter bei dieser Verteilung in Betracht, dafs an 
wirklich heifsen Tagen durch Ausfall des Nachmittagsunterrichts je 
3 Stunden wegfallen, die wichtigen am Vormittag aber ungeschmälert 
bleiben würden. Diese Erwägung hängt aber eng zusammen mit 
der Anordnung der Ferien. Man müfste sich wirklich endlich ent- 
schliefsen, 6 Wochen Ferien im Sommer einzurichten**); freilich 

*) Das wäre aber schon nach Ansicht der Ärzte zu verbieten. Man vergl, 
weiter unten. 

**) Nach anderer Ansicht — besser noch — 7 bis 8. 



Zur Frage des NachmittagBiintemchts. 27 

müfste dann das Schuljahr mit Beginn dieser Ferien schliefsen; da- 
mit wäre denn auch endgiltig die Frage der Wechselzeiten — dieser 
crux mancher Anstalten — gelöst. Und noch eine andere fände 
gleichzeitig ihre Lösung: es fiele nicht mehr das Ende des Oster- 
Schuljahres mit dem Ende des Konfirmationsunterrichtes zusammen, 
so dafs die betreflfenden Schüler nicht mehr gleichzeitig von zwei 
Seiten besonders intensiv in Anspruch genommen würden. 

Und noch ein anderes ist hier zu erwägen, das ist die Pausen- 
ordnung.*) Mir will ihre Regelung fast wichtiger erscheinen, als 
unsere Hauptfrage; keinesfalls darf übersehen werden, auch hierin 
Wandel zu schaffen. Schon an anderer Stelle habe ich angefahrt, 
dafs das, was man dem Studierenden zugesteht, eine viertelstündige 
Pause zwischen anstrengenden Stunden, in viel berechtigterem MaTse 
der heranwachsenden Jugend — und zwar auf allen Stufen — zu- 
gestanden werden mufs. Umsomehr mufs dies gefordert werden, 
als der Unterricht heutzutage eine gauz andere Anstrengung für den 
Schüler — und nebenbei gesagt, auch für den Lehrer — bedeutet 
wie früher. Der Gründe sind mancherlei anzuführen, die Entwick- 
lung der Pädagogik, die Regeneration des Lehrertums, die vollen 
Klassen: zum Teil Imponderabilien anderer Art: kurz, die Forderung 
nach viertelstündigen Pausen mufs ganz energisch ausgesprochen 
werden, und mit allen Mitteln müssen alle, die ein Herz haben für 
die Jugend, gerade für die Erreichung einer solchen Pausenordnung 
eintreten.**) 

Nach diesen allgemeinen Betrachtungen, bei denen eine Reihe 
von Fragen, die, wie man sieht, aufs engste mit unserem Thema 
zusammenhängen, gestreift worden sind, sei es mir nun gestattet, 
ehe ich in der Erörterung fortfahre, einen Blick auf die historische 
Entwicklung der vorliegenden Fragen zu werfen. 

6anz allgemein hatte sich — hier früher, dort später — der 
Gebrauch herausgebildet, nachdem anfänglich je drei Vor- 
mittags- und Nachmittagsstunden angesetzt waren, auf den 
Vormittag 4 Stunden, auf den Nachmittag 2 zu legen. Dabei waren 
altem Herkommen gemäfs die Mittwoch- und Sonnabend-Nachmittage 
frei. Diese Einrichtung bestand ganz allgemein und hat sich sehr 
lange erhalten; ein kleiner Unterschied an den verschiedenen An- 
stalten war nur darin zu erblicken, dafs hier der Vormittagsunter- 

*) Inzwischen ist eine neue Pausenordniing verfugt, in der an Stelle von 
45 Minuten jetzt 70 Minuten tägliche Pause sein sollen. 

•*) Der Hygieniker sagt: Anfang der Schule sy^, in Ausnahmefällen 
7y^, des weiteren (Syj, oy^, 10 y^, liy^ etc. 



28 H. Schotten: 

rieht im Sommer von 7 — 11, dort im Sommer und Winter von 
8 — 12 lag. Aber in der Lage des Nachmittagsunterrichts bestand 
Übereinstimmung, er begann überall um 2 Uhr. Es ist geradezu 
höchst auffallend, dafs man sich hiervon nicht frei zu machen ge- 
wufst hat; was der Grund gewesen, läfst sich schwer feststellen: 
einmal mag der Gedanke mafsgebend gewesen sein, den Schülern 
möglichst viel vom Nachmittag für ihre eigene Arbeit zu retten, 
sie möglichst früh wieder von der Schule frei zu machen; dann aber 
ist gewifs auch eine Rücksicht in Betracht gekommen, die jetzt 
wohl nur bei einzelnen Anstalten noch in Frage kommt: die auf 
die Beleuchtung. Doch wie dem auch sein möge, jedenfalls ist als 
Thatsache zu konstatieren, daFs man auf den Gedanken, den Nach- 
mittagsunterricht erst um 3 Uhr zu beginnen, nicht gekommen ist. 
Vielleicht hat auch hier das Beharrungsvermögen, das nirgends 
intensiver beobachtet werden kann, als im Schulwesen, eine Rolle 
gespielt. 

Gegen diesen allgemeinen Gebrauch wurde nun von Berlin aus 
in den sechziger Jahren angekämpft, die Grofsstadt stellte ihre For- 
derungen. Wir können die Gründe für Abschaffung des Nachmittags- 
unterrichts, die geltend gemacht werden, wohl ohne Bedenken als 
soziale bezeichnen, ohne uns durch die pädagogischen Mäntelchen, 
die man der Sache umhing, beirren zu lassen. Freilich entschlofs 
man sich gleichzeitig, wirklich reinen Vormittagsunterricht zu er- 
teilen unter Herabsetzung der Stundenzahl auf 30. Von Berlin aus 
hat dann diese Einrichtung wohl durch alle gröfseren Städte ihren 
Weg gemacht, und man hat auch im Prinzip daran festgehalten, 
als es bei der Zahl der Unterrichtsstimden gar nicht mehr möglich 
war, dieses Prinzip wirklich durchzufahren. Dafs die Einrichtung 
an und für sich im Lehrerstand eine kräftige Unterstützung und 
Verteidigung fand, ist so natürlich, dafs man darüber kein Wort zu 
verlieren braucht; freilich, das möchten wir energisch hervorheben, 
dafs wir uns dabei nicht auf den StMidpunkt derer stellen, die an- 
nehmen zu dürfen glauben, dafs diese Stellungnahme der Lehrer- 
schaft ein Zeichen dafür sei, dafs er sein eignes Wohl über die all- 
gemeinen Rücksichten stelle. Wer je einmal von 2 bis 3 Uhr an 
einem heifsen Sommertage, an dem doch die nötige Anzahl von 
Graden für „hitzefrei'^ nicht vorhanden war, Unterricht in einer gut 
besetzten Klasse erteilt hat, wird den Standpunkt der Lehrer in 
dieser Frage zu würdigen wissen. 

Die Frage der Abschaffung des Nachmittagsunterrichts wurde 
bald lebhaft erörtert, 1867 erschien das Programm der Doroth.- 



Zur Frage des NachiuittagBnnterricht8.{ 29 

Realschule zu Berlin, in dem Direktor Xlaiber sich über dieses 
Thema aussprach, Stadtschulrat Hoffinann widmete dem Gegenstand 
einen Artikel in der Zeitschrift für Gjmnasialwesen (S. 14), und 
es konnte bei dem allgemeinen Interesse für die Sache nicht aus- 
bleiben; dafs auch die Direktoren-Konferenzen das Thema auf ihre 
Tagesordnungen setzten. 

Aus den betreffenden Verhandlungen gestatte ich mir, das 
Wichtigste in extenso mitzuteilen; es bleibt auch unter den ver- 
änderten Verhältnissen von Wichtigkeit. Ich fühle mich umsomehr 
dazu verpflichtet; als ich durch meine Ausführungen dazu beitragen 
möchte; diejenigen; die heute die Frage aufs neue aufrollen und ihr 
eine grofse Bedeutung beilegen; über alles das zu unterrichten; was 
in dieser Sache schon erwogen' worden ist; weil ich Grund habe; 
anzunehmen, dafs sehr viele an die Lösung des Problems heran- 
gehen; ohne sich bewufst zu sein, was ihre Vorgänger gewollt und 
geleistet haben und was von der feindlichen und gegnerischen Seite 
für Urteile und Bedenken geäufsert worden sind. 

Es ist mir leider nicht möglich gewesen; das ganze Material 
herbeizuschaffen, aber dieser Mangel dürffce nicht ins Gewicht fallen; 
da ich die späteren Arbeiten auf diesem Gebiete zur Hand habe 
die auf den früheren aufbauen. 

Hier ist es zunächst die Verhandlung über die Direktoren-Konferenz 
der Provinz Posen vom Jahre 1879. 

Die gestellte Frage lautete: ;;Empfiehlt es sich; sämtlichen 
Unterricht in die Vormittagsstunden zu legen?" 

Zu der Frage sind von sämtlichen Anstalten der Provinz Posen 
Referate und zum Teü Korreferate eingegangen, ein Zeichen dafür, 
für wie wichtig das Thema gehalten wurde. 

Es ist nun charakteristisch, dafs das Hauptreferat mit der 
Wiedergabe der Anfangsworte eines der Referate beginnt, die zu 
bezeichnend sind, als dafs ich nicht auch sie wiederholen müfste. 
Sie lauten: 

;;Die vorliegende Frage hat in der 8. Direktoren-Konferenz der 
Provinz Preufsen (Mai 1877) eine so eingehende Behandlung ge- 
funden^ dafs bei einer wiederholten Erörterung derselben das Wesent- 
liche nicht neu und das Neue nicht wesentlich sein wird." 

Und der Hauptreferent fügt hinzu: ;;Dem mufs ich vollständig 
beistimmen." 

Was sagen dazu diejenigen; die glauben; mit unserer Frage 
etwas Neues in Anregung zu bringen? 

Doch wir wollen uns zu dem Bericht selbst wenden. 



30 H. Schotten: 

Die überwiegende Mehrheit hat sich für die alte Stundenver- 
teilung ausgesprochen^ nur an 3 Anstalten ist eine starke Majorität 
für die Neuerung; an einer einzigen findet sich keine Stimme für 
die alte Einteilung. Manche Referate sprachen sich recht scharf 
über das unberechtigte Festhalten am Alten aus^ ebenso gegen die 
preufsische Direktoren-Konferenz. Es wird bedauerlicherweise auch 
hier Ton vornherein eine Art der Polemik beliebt^ die der sachlichen 
Behandlung der Frage nur schädlich sein kann; freilich wird dieser 
Vorwurf auch der erwähnten Direktoren -Konferenz gemacht^ „in 
deren Verhandlungen die Achtung vor den Ansichten des Gegners 
vermilst wird". 

So ist es denn gekommen^ dafs der gänzlich unberechtigte Vor- 
wurf erhoben werden konnte, die 'Lehrerschaft erwartete von der 
Neuerung für sich imd ihre Bequemlichkeit grofsen Vorteil. 

Mit Recht hebt wohl der Hauptreferent hervor, dafs man prin- 
zipieller [Gegner der Beseitigung ' des Nachmittagsimterrichts sein 
und doch unter gewissen Verhältnissen dafür stimmen könne. Alles 
kommt gerade bei diesen persönlichen Erwägungen auf die Person 
selbst an. Der eine arbeitet lieber hintereinander, um nachher frei 
zu sein, der andere fühlt sich dazu nicht kräftig genug. (Man vergl. 
die analogen Bestrebungen im Geschäfts- und Bureauleben.) Sehr 
zweifelhaft scheint auch zu sein, was schlimmer ist, die fünfte Vor- • 
mittagsstunde oder die erste Nachmittagsstunde — wohlgemerkt, 
unter der allgemein angenommenen Voraussetzung, dafs diese von 
2 — 3 liege. Die beiden Faktoren, die hier in Betracht kommen, 
Lehrer und Schüler, will ein Berichterstatter nicht anerkennen; er 
sagt: „Der Lehrer ist nach dem Essen nicht recht aufgelegt zum 
Unterricht und meint nun, die eigne Unlust an den Schülern wahr- 
zunehmen." Was sagen hierzu die Arzte? 

Es folgt nun die Erörterung selbst. 

1) „Eine Verminderung der Schulstunden so, dafs aller Nach- 
mittagsunterricht wegfallen kann, ist nicht möglich." 

Auch hier ist also auf eine verschiedene Behandlung der Frage 
nach den verschiedenen Altersstufen der Schüler gar nicht geachtet. 

2) „Eine Verminderung in der Weise, dafs die einzelnen Stunden 
verkürzt werden, also so, dafs z. B. in 2 Zeitstunden 3 Schulstunden 
erledigt werden, empfiehlt sich nicht." 

Auch uns will dieses Auskunftsmittel sehr wenig passend er- 
scheinen. Und wie sollte es denn mit den Pausen werden? Wo- 
möglich nur immer nach 2 Schulstunden eine Pause? Dafür kann 
man doch gewifs nicht eintreten. 



Zur Frage des NachnuttagsuntemchtB.^ j ] 31 

3) ^^Es bliebe also nur übrige die Stimdenzaid auf 30 herab» 
zusetzen und täglich 5 Stunden hintereinander zu unterrichten/^ 
y^Dagegen spricht: 

1) dafs die Einrichtung mit Nachmittagsunterricht schon sehr 
lange besteht^ 

2) dafs sie fast überall in Deutschland eingebürgert ist, 

3) dafs die Änderung auf die Lebensrerhältnisse überhaupt ihren 
Einflufs ausüben würde." 

Es wird wohl niemand von der zwingenden Kraft dieser Gründe 
überzeugt sein; wenn eine Einrichtung schlecht ist, so kann sie 
weder durch ihr ehrwürdiges Alter, noch durch ihre Verbreitung, 
noch durch die Rücksicht auf die Folgen einer Änderung gerettet 
werden. 

Die Gründe der Gegner des Nachmittagsunterrichts werden dann 
mitgeteilt. 

„1) Die weiten Schulwege. 
I 2) Viele Väter können zur Mittagszeit nicht zu Hause sein. Die 

schulpflichtigen Kinder, die um 2 Uhr schon wieder in der Schule 
sein sollen, müssen also allein essen; ein besonders wichtiger Teil 
des Familienlebens wird empfindlich gestört." 

(Auch hierin wieder das Festhalten am Schulanfang um 2 Uhr 
Nachmittags.) 

Dagegen führt der Referent an (unter der Voraussetzung, dafs 
die Zahl der Schulstunden nicht auf 30 herabgesetzt sei): 

„1) Die Schulwege nachmittags können doch nicht ganz weg- 
fallen. 

2) Die Schrecknisse der Mittagshitze und des Staubes treffen 
nur für einen kleinen Teil des Jahres zu. 

3) Der Schulweg ist für die überwiegende Mehrzahl der Kinder 
kein allzuweiter. 

4) Die Schulwege haben auch ihr Gutes und tragen zur Ab- 
härtung und Kräftigung des Kindes bei. 

5) Der Einwand gilt überhaupt nur für grofse Städte.'^ 
Hierzu möchten wir Folgendes bemerken, ebenfalls unter der 

Voraussetzung einer höheren Schulstundenzahl als 30, also auch für 
die Klassen von Quarta an aufwärts, während in Quinta und Sexta 
ja der gesamte Unterricht ohne weiteres am Vormittag abgehalten 
werden kann. 

1) Dies ist richtig; aber im Winter ist eine Pause von 12 bis 
2 Uhr zu kurz, und im Sommer ist der Schulanfang um 2 Uhr 
unter allen Umständen verwerflich. Ich komme daher auf meinen 



32 H. Schotten: 

Vorschlag zurück; die Mittagspause im Sommer 4 Stimden, im 
Winter 3 Stunden, d. h. von 11 bis 3, resp. von 12 bis 3; dauern 
zu lassen. Kommen bei einzelnen Schülern selbst dann ungünstige 
Verhältnisse in Betracht, so darf die Rücksicht auf die Minorität 
nicht ausschlaggebend sein gegenüber der überwiegenden Majorität. 
Es ist femer wohl zu beachten, dafs viele Eltern es gerade für 
ein unberechtigtes Verlangen halten, wenn ihre Kinder einer Stunde 
wegen oder weniger wichtiger Stunden wegen den Schulweg noch 
einmal zurücklegen sollen. Auch dieser an und für sich merk- 
würdigen, vom Standpunkt liebender Eltern aber nicht ganz unbe- 
greiflichen Forderung würde unsere Einteilung jede Berechtigung 
nehmen. 

2) Diese Bemerkung trifft vollständig zu; aber es giebt auch 
andere Verhältnisse, wie Regen oder Schnee, die einen erneuten Weg 
zur Schule nicht angenehm und ratsam erscheinen lassen. Und 
gerade diesQ Verhältnisse dürften häufiger eintreten, als die erst er- 
wähnten. Würden denn aber die Schüler, wenn Nachmittags kein 
Unterricht ist, immer zu Hause bleiben? Das ist doch auch nicht 
die Meinung der G^egner des Nachmittagsunterrichts. Aber es ist 
ja sehr beliebt, auf gebotene Schwierigkeiten zu schimpfen, alle 
freiwilligen aber zu preisen. Der erneute Gang zur Schule wird 
als etwas Fürchterliches geschmäht; das Hinauslaufen und Herum- 
treiben aber als ohne weiteres gesund gepriesen. 

3) Ist imter 1) schon erledigt. 

4) Auch hier kann man dem Herrn Referenten für die mittlere 
und obere Stufe, jedenfalls aber für die obere Stufe, beistimmen. 
Dafs die Pflichterfüllung auch Unbequemlichkeiten im Gefolge hat, 
diese Wahrheit schon der heranwachsenden Jugend zum Bewufstsein 
zu bringen, dürfte von hohem, erzieherischem Werte sein. Und der 
Schüler der mittleren und erst recht der höheren Schule dürfte wohl 
kaum noch jede Pfütze aufsuchen, um hineinzutreten, dürfte kaum 
jeden einigermafsen grofsen Schneehaufen aufsuchen, um hindurch- 
zuwaten; für die Schüler, die Nachmittags zur Schule müssen, fällt 
also solche Gefahr des Schulwegs von selbst hinweg. Und erst 
recht werden sich diese Schüler nicht den staubigsten und sonnigsten 
Teil ihres Schulwegs wählen; sie wissen schon ganz genau, was 
ihnen vorteilhaft ist. Man denke nur daran, zu welchen Strapazen 
der Abiturient sofort genötigt ist, wenn er gleich nach dem Reife- 
examen seiner Militärpflicht genügt! Und ein oder ein paar Jahre 
zuvor soll er sorgfältig vor jeder Gelegenheit sich abzuhärten und zu 
kräftigen behütet werden! Ist denn nicht schon unter den Schülern 



Zur Frage des Nachmittagsunterrichts. 33 

derselben Klasse ein gewaltiger Altersunterschied? Giebt es nicht 
viele, die auf der Schulbank sitzen, die älter sind, als diejenigen, 
die ohne obrigkeitliche Bevormundung im Leben stehen oder ihr 
Jahr abdienen? Diese übertriebenen Bücksichten gerade auf die 
ältere Schuljugend dürften nicht geeignet dein, ein kräftiges, ab- 
gehärtetes Geschlecht heranzuziehen. 

5) Auch dieser Einwand gegen den Einwand ist durchaus be- 
rechtigt. 

Aber alle Gründe, die wir jetzt gegen den Nachmittagsunter- 
richt kennen gelernt haben, fallen von selbst in nichts zusamlnen, 
wenn man unsere Verteüung des Unterrichts annimmt. 

Endigt der Vormittagsunterricht im Sommer um 11, im Winter 
um 12, beginnt der Nachmittagsunterricht erst um 3 Uhr, so kommen 
alle die Bedenken, die geäufsert worden sind, ohne weiteres in Weg' 
fall. Auch das Familienleben kann unter diesen Voraussetzungen 
nicht leiden. Es giebt thatsächlich nur wenige Stände, in denen es 
unmöglich ist, das Mittagsessen nicht auf die Zeit zwischen 1 und 2 
zu legen. Und selbst in diesen Ständen sind es wieder Ausnahmen, 
denen es mögKch ist, diese Einrichtung zu treffen. Treten einmal 
Verhältnisse ein, die das gesamte bureaukratische wie Erwerbsleben 
auf die. Zeit von 9 bis 3 Uhr festsetzen, dann freilich müfste die 
Schule auf eine andere wie die vorgeschlagene Zeiteinteilung bedacht 
sein. Vorläufig sind wir aber von solchen allgemeinen Festsetzungen 
noch sehr weit entfernt. Dabei sehen wir ganz davon ab, ob nicht 
die Schule — : dieser wichtigste Faktor für die kulturelle Entwick- 
lung eines Volkes — das Recht hätte, zu verlangen, dafs ihren An- 
sprüchen von allen Seiten die gehörige Berücksichtigung zuteil werde. 

Aber es darf auch nicht vergessen werden, dafs bei unserem 
Vorschlage der Stundenverteilung je 2 Nachmittage der Woche und 
der ganze Sonntag für besondere Ansprüche des Familienlebens offen 
sind; dafs von den 52 Wochen des Jahres 12, also nahezu der vierte 
Teil, völlig frei von jeder Rücksicht auf die Schule sind. 

Und dann vergleiche man doch einmal, was sonst für Ansprüche 
an gleichaltrige Menschen gestellt werden. Fällt es denn einem ein, 
sich über die Einteilung des Geschäftslebens zu beklagen, wenn der 
Lehrling, der sich mit dem Einjährigenzeugnis dem Kaufmannsstand 
widmet, von 7 bis 12 und von 2 bis 6 oder noch länger thätig sein 
mufs? Ja, das ist wohl ganz etwas anderes. Aber die Schule mufö 
drangsaliert werden, sie darf sich nicht Eingriffe erlauben, d. h. Vor- 
schriften, die 2ur Erreichung ihrer hohen allgemeinen Ziele not- 
wendig sind, da wird gleich feindlich losgezogen. 

Chetunde Jugend. I. 1/3. 3 



ä4 H. Schotten: 

Man sollte statt dessen einmal auf den hohen Wert hinweisen; 
den gerade die Schulordnung für das allgemeine Wohl besitzt durch 
den Zwang an Regelmäfsigkeit. Geregeltes Aufstehen^ geregeltes 
Mittagsesseü^ natürlich aber nur^ "wenn auch der Nachmittag der 
Schule gehört; sonst richtet sich zum Schrecken der Hausfrau die 
Stunde des Mittagessens nach — nun z. B. nach der Gemütlichkeit 
des Frühschoppens oder nach der Bücksicht auf ganz nebensächUche 
Geschäftsrücksichten. Die allgemeine Sonntagsruhe, der 8-XJhr- 
Ladenschlufs: das sind Eingriffe von ganz anderer Bedeutung; aber 
da sie gesetzlich rücksichtslos eingeführt werden^ so fügt man sich, 
wenn auch hier und da nicht ohne Murren, aber man fügt sich. 
Gegen die Ordnung der Schule dagegen, dieser allgemeinsten, in 
alle Kreise der Bevölkerung hineinspielenden Anstalt, glaubt jeder 
seine Sonderinteressen geltend zu machen berechtigt zu sein; es 
fehlte nur noch, dafs der allmächtige Juristenstand zu dekretieren 
beantragte, dafs an den Tagen langer Gerichtssitzungen auch die 
Schule ihren Unterricht so lege, dafs die Herren Söhne dem Familien- 
leben nicht verlieren würden. 

Es werden nun noch folgende Gründe für Fortfall des Nach- 
mittagsunterrichts aufgezählt: 

„1) Nach eingenommener Mahlzeit mufs der Körper sich vor- 
zugsweise mit der Verdauung der Speisen beschäftigen; die geistige 
Anstrengung, die Gehimthätigkeit, die der Nachmittagsunterricht be- 
ansprucht, ist unter diesen Verhältnissen nicht blofs unfruchtbar, 
sondern geradezu schädlich; sie verdirbt die Jugend in den Jahren 
ihrer Entwicklung. 

2) Die übergrofse Hitze an vielen Nachmittagen des Sommers 
erzeugt in den Klassen eine unerträgliche Temperatur. 

3) Im Winter ist die Beleuchtung von 3 — 4 unzureichend.'^ 

Zu 1) Der Referent wendet sich hauptsächlich gegen den ersten 
Satz, der ihm als der schwerwiegendste erscheint. Aber selbst unter 
der Voraussetzung einer nur 2 stündigen Pause zwischen Vormittags- 
und Nachmittagsimterricht — von 12 bis 2 Uhr — hält er den 
Einwand für hinfällig. Spätestens kommt der Schüler um Ygl nach 
Hause; sei das Essen bereit, so sei das Mittagsmahl um ein Uhr 
vorüber (spätestens), es bleibe dann eine Pause von mindestens 
% Stunde zur Erholung, dann komme der die Verdauung fördernde 
Gang zur Schule: zum Beginn des Nachmittagsunterrichts (2 Uhr) 
sei also das Verdauungsfieber völlig überwunden und der Schüler 
wohl im Stande, sich geistig anzustrengen. Erspart werden müsse 



Zur Frage des Nachmittagsunterrichts. 35 

dagegen der Naclimittagsimterricht den älteren Lehrern; für die er 
eine gesundheitliche Gefahr bedeute. 

Uns will die Rechnung des Herrn Referenten doch etwas zu 
sanguinisch erscheinen, eine Pause von 2 Stunden ist unter allen 
Umständen zu kurz, zumal da die Präzision des Hauses nicht un- 
abhängig Ton äuTseren Zufällen ist. Dagegen bin ich allerdings der 
festen Überzeugung, dafs eine yierstündige Pause im Sommer (11-^3), 
eine dreistündige im Winter (12 — 3) völlig ausreicht, um den vorliegen- 
den Einwand gegen den Nachmittagsunterricht hinfällig zu machen. 

Zu 2) Dieser Einwand, der an und für sich sehr richtig ist, 
verliert fast alles an Bedeutung, wenn im Sommer eine längere 
Ferienzeit eintritt, wenn die Vorschriften über „hitzefrei^' nicht allzu 
ängstlich oder vielmehr überängstlich befolgt werden. Legt man 
überdies den Beginn des Schuljahres hinter die grofsen Ferien, so 
wird auch erfahrungsgemäfs in der vielleicht noch heifsen Zeit nach 
den Ferien die geistige Anstrengung erträglich sein, nicht minder in 
den allerletzten Wochen vor den Ferien. Freilich das mag nicht 
unerwähnt bleiben, dafs Unterrichten an sehr heifsen Nachmittagen 
in vollen Klassen doch etwas ganz anderes ist, als sonstige geistige 
Arbeit. Die Ansicht also, dafs die Schule ebenso gut ihre Pflicht 
thun müsse an heifsen Nachmittagen, wie dies in allen anderen Be- 
rufsarten auch geschehe, geht von Unkenntnis der Sachlage aus: 
im Interesse der Schüler — wie auch des Unterrichts — mufs doch 
die innere Berechtigung dieses zweiten Einwands gegen den. Nach- 
mittagsunterricht voll gewürdigt werden. 

Der dritte Einwand dagegen bedarf heutzutage gar keiner 
Widerlegung mehr: ist die Tagesbeleuchtung nicht ausreichend, so 
mufs eben für einen passenden künstlichen Ersatz gesorgt werden. 
Dabei mufs natürlich betont werden, dafs bei den Beleuchtungs- 
anlagen nicht gespart werden darf, dafs die neuesten Errungen- 
schaften auf diesem Gebiete in ganzem Umfange ausgenutzt werden. 
Übrigens werden wir am Schlüsse unserer Ausführungen noch einige 
andere Erwägungen in dieser Frage heranziehen müssen. 

Weiter berichtet der Referent, es würden auch Vorteile bei dem 
Wegfall des Nachmittagsunterichts in Erscheinung treten: der Lehrer 
würde zusammenhängender schöne Zeit gewinnen zum Studieren, 
und das würde der Schule zugute kommen. Referent ist der An- 
sicht, dafs die Verhältnisse auch bei Nachmittagsunterricht für 
Privatstudium gleich günstig sind. Auch ich mufs offen gestehen, 
dafs ich der Ansicht bin, wer arbeiten will und Lust dazu hat^ der 
findet auch — so oder so — die erforderliche Zeit dazu. 

3* 



36 H, Schotten: 

Von gröfserer Bedeutung ist der andere Vorteil,, da er sich auf 
die Schüler bezieht: diese würden, so heifst es, Zeit zu allerlei 
Nebenbeschäftigungen (Musik etc:), zu Privatstudien, zu ihren Schul- 
arbeiten finden. 

Dieser Gedanke wird so oft ausgesprochen, dafs wir uns etwas 
eingehender mit ihm beschäftigen müssen. Hören wir unseren 
Referenten. 

„Zunächst kann die Schule gar nicht wünschen, dafs die Masse 
der Schüler viele Nebenbeschäftigungen treibe; diese haben genug 
mit den Schulstunden und den Arbeiten dafür zu thun; der Rest 
der Zeit mag und mufs der Erholung gewidmet sein." 

„Sodann besteht realiter die ganze Zeitersparnis doch nur darin, 
dafs eine Anzahl Schüler einige weite Schulwege weniger zu machen 
haben." 

„Die meisten Schüler müssen auch bei fünf Vormittagsstunden 
-^ denn 6 wird doch wohl niemand befürworten — noch an einigen^ 
Nachmittagen zur Schule. Zu welchem Unterricht? Zu Singen 
oder Turnen. Sind das aber wohl geeignete Beschäftigungen nach 
dem Mittagessen?" 

„Für die Lehrer aber bedeutet die Einrichtung eine Zerfällung 
in zwei Ghnippen: solche, die keinen Nachmittagsunterricht haben, 
und solche, die jeden Nachmittag besetzt sind." 

Referent kommt zu dem Schlufs: „Sind die sanitären Gründe 
für Wegfall des Nachmittagsunterrichts berechtigt, so mufs er 
fallen; sind sie es nicht, so sind es die 'ethischen' und 'päda- 
gogischen' erst recht nicht"; er findet, dafs schon die vierte Schul- 
stunde nicht mehr so viel vermöge, als die ersten: noch weniger 
werde dies der fünften zukommen. Alle Nachteile der ersten Nach- 
mittagsstunde seien in erhöhtem Mafse mit der fünften Vormittags- 
stunde verbunden. 

Nicht kurz von der Hand zu weisen scheint mir folgender Ein-^ 
wurf zu sein: „Wenn faktisch die Schüler mehr und mehr zuneh- 
mende Kurzsichtigkeit aufweisen, so mufs es geradezu wünschens- 
wert sein, dafs das Auge nicht so viele Stunden hintereinander an- 
gestrengt werde, und ebenso dürfte wegen zu befürchtender Krümmung 
der Wirbelsäule ein fünfstündiges Sitzen nachteiliger sein, als wenn 
2 Stunden Zwischenraum gewährt sind, in denen eine körperliche 
und geistige Erfrischung der Knaben sich vollzieht." 

Einige der angegebenen Vorwürfe würden noch an Bedeutung 
gewinnen, wenn man die Mittagspause in der von uns angegebenen 
Weise verlängerte, ander wiegen nicht viel. Direkt abfinden müssen 



Zur Frage des Nachmittagsunterrichts. 37 

wir uns mit der Meinung des Referenten, dafs es nicht wünschens- 
wert sei, dafs die Masse der Schüler viele Nebenbeschäftigungen 
treibe. Dies erscheint mir als ein engherziger Schulstandpunkt. Die 
Schule mufs von den Schülern — leider — sehr viel Zeit in An- 
spruch nehmen, nicht nur für den Unterricht, nein, auch für häusr 
liehe Arbeiten, denn unsere Kinder müssen als Kinder arbeiten 
lernen: wer das nicht als Kind gelernt hat, wer nicht in der Jugend 
sich an stetiges, regelmäfsiges Arbeiten gewöhnt hat, und wem nicht 
in der Jugend der Gedanke in Fleisch und Blut übergegangen ist, 
dafs die Arbeit die Hauptsache im Leben ist — allerdings vielleicht 
noch unbewufst — , der wird später gewifs nur in den seltensten 
Fällen ein fleifsiger Mann werden. Und wo soll er denn hingelangen 
bei den Ansprüchen, die der Kampf des Lebens heutzutage an Jeden 
stellt? und immer mehr stellen wird. Aber freilich, die Schule 
mufs lernen, den Schülern die Arbeit schmackhafter zu machen, sich 
den jeweiligen Kräften der verschiedenen Stufen mehr anpassen, 
kurz und gut dahin streben, ein freudiges Arbeiten zu erzielen, 
Freude am Arbeiten zu erwecken. Also Arbeit und Zeit dafür mufs 
verlangt werden. Daneben aber sollte man sich freuen — und in 
der Schule durch Erweckung des Interesses es geradezu fordern — , 
dafs die Jugend, die Masse der Jugend Nebenbeschäftigungen treibe, 
die gesund für Körper und Geist sind. Dabei sollte man sich auch 
einmal darauf besinnen, ob der viel zitierte Spruch „Mens sana in 
corpore sano" nicht auch in gewissem Sinne umgekehrt werden dürfe. 
Würde es z. B. nicht auch eine Erholung, geistig und körper- 
lich, bedeuten, wenn die vorgeschlagene 4 stündige Mittagspause zu 
musikalischer Nebenbeschäftigung ausgenützt würde oder zu Arbeiten, 
wie sie im Handfertigkeitsunterricht gelehrt werden, oder bei passender 
Jahreszeit und unter günstigen Umständen zu Gartenarbeit oder zu 
häuslichen Hilfeleistungen? Die Erholung, auch die körperliche, 
mufs doch nicht gleich ein Tennispiel oder dergleichen sein! Die 
Prinzen des Hohenzollemhauses müssen nach alter Tradition auch 
ein Handwerk lernen: wäre das nicht vielleicht auch für die Kinder 
des Mittelstandes empfehlenswert? Natürlich müfste es eins sein, 
das nicht auch wieder im Sitzen ausgeübt würde, aber das liefse 
sich doch wohl auch finden. Und gewifs würde eine derartige 
Nebenbeschäftigung nicht nur für den Betreffenden gesund, eine der- 
artige allgemeine Einrichtung würde auch von hoher, sozialer Be- 
deutung sein. Das wäre so eine Art von Nebenbeschäftigung, die 
ich recht vielen Schülern wünschen möchte; aber in höherem Mafse 
diese, die ich schon vorher andeutete, eine künstlerische. Nach 



38 H. Schotten: 

dieser Richtung hin geschieht auf der Schule herzlich wenig, es 
kann auch nicht geleistet werden im allgemeinjen; aber eine Neben- 
beschäftigung dieser Art würde ein hohes Gut für jeden bedeuten. 

und nun glaube ich, dafs gerade eine längere Mittagspause 
solchen Bestrebungen viel günstiger sein würde, als freie Nach- 
mittage. Im letzteren Falle würde die Nebenbeschäftigung zu leicht 
zu ernst genommen werden, zu einer Arbeit werden und den Cha- 
rakter der Erholungsthätigkeit verlieren, einer Herz, Geist und Körper 
erfrischenden Nebenbeschäftigung: sie würde allsjuleicht zum Selbst- 
zweck werden, anstatt eben als Erfrischungsmittßl zu dienen. 

Die freien Nachmittage würden aber auch noch eine grofse 
Reihe anderer Grefahren bergen, nicht zum mindesten die, zu arger 
Bummelei und zu — Langeweile zu erziehen. 

Noch zwei gewichtige Aussprüche gegen täglich fünf aufein- 
anderfolgende Unterrichtsstunden dürfen nicht verschwiegen werden. 

Das Gutachten der „Kgl. Preufsischen Wissenschaftlichen Depu- 
tation für das Medizinalwesen" vom 18. August 1869 sagt: „Indes 
zeigt doch die Erfahrung der Universitäten, dafs selbst der fleifsige 
Student nur schwer 5 aufeinanderfolgende Unterrichtsstunden erträgt, 
und sich zur fünften Stunde kaum noch die volle Frische des 
Körpers und Geistes erhält." Mit Recht wird darauf aufinerksam 
gemacht, dafs hier von Studenten die Rede ist, von fleifsigen Stu- 
denten, bei denen es sich nur an einem oder ein paar Tagen der 
Woche um eine freiwillige Leistung handelt, und dafs es sich bei 
ihnen nur um 5 Dreiviertelstunden handelt. 

Der andere Ausspruch sollte von Virchow herrühren: „Ein 
vierstündiger Unterricht ist ein Unrecht gegen die Jugend, ein fünf- 
stündiger ein Verbrechen." 

Ich gebe gern zu, dafs in diesen Worten eine gewisse Über- 
treibung liegt, aber ich mufs andererseits gestehen, dafs ich mich 
oft gefragt habe , wenn ich die Bestrebungen der Arzte und 
Hygieniker für freie Nachmittage und vollbenutzte Vormittage über- 
sann, ob man nicht hier daran denken müsse: „Gott schütze mich 
vor meinen Freunden I" 

Übrigens hatv Virchow nach seiner Aussage (in einem Briete 
vom 9. Sept. 1878) diesen Ausspruch nicht gethan, aber ausdrück- 
lich gesagt: „für 5 Stunden würde ich mich wohl kaum jemals er- 
klären". Und es heifst in dem betreffenden Briefe andererseits: 
„Man kann den Nachmittagsunterricht zulassen und man kann ihn 
verwerfen, beides mit gleichem Recht." Also ein prinzipieller 



Zur Frage des Nachmittagsunterrichts. 39 

Oegner des Nachmittagsunterrichts ist Virchow auf keinen Fall, 
dagegen verwirft er die fünfte Stunde. 

Und wie haben sich seit damals die Verhältnisse geändert! 
Alle Bedenken, die man in damaliger Zeit gegen die fünfte Yor- 
mittagsstunde hegte, sie gelten in verstärktem Mafse heutzutage. 
Der Unterricht ist viel anstrengender geworden für Lehrer, wie für 
Schüler: Ausruhestunden giebt es gar nicht mehr: Die Aufmerk- 
samkeit wird in viel höherem Mafse in Anspruch genommen: die 
geistigen Kräfte ganz anders angespannt. Selbst die Turnstunden 
bilden durchaus keine Erholungsstunden, wie viele denken, die den 
Betrieb des Turnens nur aus früheren Zeiten kennen. 

All das spricht mit Entschiedenheit dagegen, gerade auch vom 
sanitären Standpunkt, den Unterricht auf den Vormittag zusammen- 
zudrängen, die Nachmittage ganz frei zu lassen« 

Und auch für die Lehrer ist der Vorteil nur ein scheinbarer. 
Das sanitäre Interesse scheint mir aber geradezu ffecren den Weirfall 
de. N^taitt-^unterricht, » .p^ch« 'in ™1 MhLm M^ fber 
sprechen dagegen ethische und pädagogische Gründe. Dies aus- 
führlich auseinanderzusetzen dürfte aber unsere Zeitschrift nicht der 
geeignete Ort sein. 

Die letzte Direktoren-Konferenz, die sich mit der Frage der Be- 
seitigung des Nachmittagsunterrichts beschäftigte, war die der Provinz 
Sachsen vom Jahre 1889. (Im Referat findet sich auch der Hin- 
weis auf die Litteratur-Nachweise in H. Schillers Handbuch der 
prakt. Pädagogik. § 4. S. 34. Note 2.) Der Hauptreferent betont, 
dafs alle Einzelreferate an das Hauptreferat anknüpfen, das wir in 
seinen Grundzügen soeben kennen gelernt: es wird also möglich 
sein, uns hier kurz zu fassen, zumal da es in der Hauptsache nur 
die sanitären Betrachtungen sind, die wir in Erwägung zu ziehen 
haben. 

Wir finden wieder die Bedeutung der Schulwege erörtert, der 
eine lobt sie, will sie nicht entbehren, hält sie für einen Segen; 
der andere beklagt den durch sie bewirkten Zeitverlust, und be- 
dauert die arme Jugend, die durch Staub und Hitze, durch Kälte, 
Nässe, Wind und Wetter sich zur Schule hinkämpfen mufs: 

wir finden wieder die Bedeutung des gemeinsamen Mittags- 
brotes für das Familienleben und die Erziehung der Kinder be- 
sprochen: es werden wieder die Klagen laut, dafs durch den Nach- 
mittagsunterricht die Kinder der Familie entfremdet werden: und 
wir hören auf der anderen Seite viele Eltern seufzen, die nicht wissen, 
was sie alle freien Nachmittage mit ihren Kindern anfangen sollen: 



40 H. Schotten: 

es werden wieder tiefsinnige Erörterungen über Verdauung und 
Verdauungsfieber angestellt und mit den schrecklichen Folgen der 
gestörten Verdauung gerechnet; als wenn nicht beim 3-TJhr- Anfang 
alle diese Mifsstände leicht vermieden werden könnten: 

es wird wieder von der einen Seite auf die Hitze am Nach- 
mittage hingewiesen und von der andern dieselben Bedenken und 
noch gröfsere gegen die fünfte Vormittagsstunde geltend gemacht: 

es wird schliefslich die Dunkelheit am Nachmittage ins Gefecht 
geführt. 

Es geht durch alle diese Erörterungen ein Zug, der charakteristisch 
auch noch in unseren Tagen für die Besprechung von Fragen ist: 
was hier und da einmal eintreten kann und auch wirklich eintritt, 
das soll von bestimmendem Einflufs für das Ganze sein: die Rück- 
sicht auf Minoritäten führt zu einer Vergewaltigung der Majoritäten. 
Und man verschliefst sich förmlich gegen die natürlichen Heil- und 
Auskunftsmittel und sucht künstliche, widernatürliche auf. 

Der Hauptreferent für Sachsen weifs übrigens auch 10 ethisch- 
pädagogische Gründe gegen den Wegfall des Nachmittagsunterrichts 
resp. gegen die fünfte Vormittagsstunde anzuführen. Bei dem letzten 
kommt er auch auf die weitere Seite unserer Frage zu sprechen 
und hebt hervor, dafs es ein direkter unlösbarer Widerspruch sei, 
auf der einen Seite für möglichste körperliche Schonung zu sprechen, 
auf der andern eine Einrichtung zu empfehlen, die ohne Zweifel 
eine arge Zumutung an den jugendlichen Körper bedeute. 

Wesche, Klencke, Löwenthal werden zitiert (auch Virchow), 
desgl. V. Krafft-Ebing: ihre Aussprüche enthalten eine entschiedene 
Verurteilung der Bestrebungen, die gesamte Schularbeit auf die Vor- 
mittage zusammenzudrängen: sie sind als Hygieniker, als Arzte 
dagegen. 

Das war der Stand unserer Frage vor etwa 10 Jahren; in praxi 
haben eine grofse Anzahl von Schulen, besonders in den grofsen 
Städten den sogenannten Vormittagsunterricht eingeführt, d. h. fünf 
Vormittagsstunden. Für die unteren Klassen Sexta und Quinta 
werden dadurch sämtliche Nachmittage frei; schon in Quarta ist es 
nicht mehr möglich und in den drei obersten Klassen haben wir 
neben den sechsmal 5 Vormittagsstunden noch an mindestens vier 
Nachmittagen je 2 Stunden. Das nennt man aber immer noch 
Wegfall des Nachmittagsunterrichts! 

So ist es denn gekommen, dafs die Frage nach dem Wegfall 
des Nachmittagsunterrichts von neuem auf die Tagesordnung gesetzt 
worden istj freilich — wie es mir fast scheinen will — ohne dafs 



Znr Frage des Nachmittagsunterrichts. 41 

man hinreichende Bekanntschaft mit den früheren Erörterungen über 
diesen Gegenstand, noch ausreichende Kenntnis der Schulverhältnisse 
überhaupt besitzt. Es geht mit dieser wie mit allen Schulfragen, 
jeder fühlt sich berechtigt, von seinem Standpunkte aus, d. h. in 
diesem Falle nur unter Berücksichtigung einer Seite der Frage 
Urteil und damit verbundenen Verurteilung anzupassen. Aber selbst- 
verständlich darf auch unsere Frage nur beurteilt werden, wenn man 
alle Rücksichten erwägt: nicht nur die sanitären, nicht nur die 
pädagogischen, ethischen, sozialen; sondern es mufs sich um einen 
Kompromifs handeln, der so geschlossen wird, dafs wenigstens in 
keiner Hinsicht ein direkter Schaden angerichtet wird. 

Und da mufs zunächst vom gewissenhaften Arzte unparteiisch 
entschieden werden, ob nicht die Zusammendrangung alles Unter- 
richts auf den Vormittag körperliche und geistige Schädigungen bei 
den Schülern herbeizuführen geeignet ist. Uns will es scheinen, 
dafs die Gefahren in geistiger Hinsicht noch gröfser sind, als in 
körperlicher. 

Fünf Stunden hintereinander aufmerksam zu sein, ist sehr 
schwer; es kommt hinzu, dafs bei der Menge verschiedenartiger 
Unterrichtsgegenstände auch leicht Verwirrung eintreten kann. Das 
war früher anders, als z. B. beim Gymnasium der Stundenplan eines 
Vormittags lautete: Religion, Latein, Latein, Cäsar (oder Ovid). 

Es ist weiter zu bedenken, dafs der Unterricht heutzutage ein 
wesentlich anderer ist als früher; mehr wirklicher Unterricht; 
während früher die Schulstunden in erster Linie zur Kontrolle der 
Einzelleistungen, zum Abhören des Aufgegebenen verwendet wurden, 
werden sie jetzt vorwiegend zu gemeinsamer wirklicher Arbeit ver- 
wendet: anstelle der rezeptiven Thätigkeit der Schüler ist die pro- 
duktive getreten. Für den Erwachsenen freilich ist die produktive 
Thätigkeit als die anregendere die weniger ermüdende; ob auch die 
weniger anstrengendere? Für die Schüler ist aber ganz gewifs der 
heutige Unterricht anstrengender als früher, zumal da — wie ich 
noch einmal hervorheben möchte — die vielen Ausruhstunden, die 
früher zwischendurch vorkamen, wie Religion, Naturgeschichte, Erd- 
kunde u. a., bei dem jetzigen Zustande unserer höheren Lehranstalten 
nicht mehr existieren, vielmehr in diesen Stunden und Fächern die- 
selben Anforderungen an den Geist und die Aufmerksamkeit der 
Schüler gestellt werden wie in den früher sogenannten Hauptfächern. 

Das ist Ein Bedenken: ein anderes ist, dafs auch innerhalb der 
einzelnen Fächer viel mehr als früher alle Schüler zur Mitarbeit 
gezwungen sind, während früher beim Abhören ein Schüler, der 



42 H. Schotten: Zur Frage des NachmittagsunterriclitB. 

^,dran gewesen war'', sich oft für Wochen sicher fQhlte und sich 
ganz gewifs oft ganze stunden lang ausruhen konnte. 

Und alle Nachmittage frei, trägt das nicht auch sehr viel des 
Bedenklichen in sich?: die Schüler sind doch noch keine selbstän- 
digen und selbstverantwortlichen Naturen, sie bedürfen doch — mit 
wenigen Ausnahmen — des Zwanges, müssen erst zur regelmäfsigen 
Arbeit und Zeiteinteilung erzogen werden. Wie soll das anders als 
durch Gewöhnung auf der Schule geschehen? Es wird nicht ohne 
Interesse für die vorliegende Frage sein, mitzuteilen, dafs erst vor 
wenigen Wochen ein Vater zugleich im Auftrage mehrerer bei dem 
Verfasser war, um die Einrichtimg von Ferienschulen nach Schweizer 
Art zu befürworten, d. h. eine völlige Beschäftigung der Schüler 
während der Ferien in der Schule, natürlich nicht mit geistigen 
Arbeiten, wenigstens nicht vorwiegend, sondern die Einrichtung war 
als Kleinkinderbewahranstalt gedacht. Würden nicht alsbald ähnliche 
Forderungen erhoben werden, wenn alle Nachmittage «chulfrei wären? 

Wenn alle Eltern von sich aus für das geistliche und leibliehe 
Wohl ihrer Kinder besorgt wären in der Weise, wie es von der 
Schule ohne weiteres verlangt wird: es wäre vielleicht nie zu An- 
klagen gegen die Schule in dieser Hinsicht gekommen. Wenigstens 
ist es auffallend, dafs die Klagen sich häufen mit den Zeiten, wo in 
den Schulen in jeder Beziehung angesehene hygienische Fortschritte 
gegen früher nachweisbar sind. 

Und zum Schlufs noch eins: Ist die Speisung des Geistes denn 
thatsächlich so ganz anders geartet als die des Leibes, dafs man 
alles Futter hintereinander zu verabreichen für richtig hält, während 
man doch bei der leiblichen Speise eine Verteilung über den Tag 
für gut erachtet und lange Pausen zwischendurch der Gesundheit 
zuträglich sind? 

Der vorliegende Artikel soll seiner ganzen Anlage nach den 
Charakter des Orientierenden tragen; Verfasser hat es dabei für richtig 
gehalten, auf die vielen Punkte aufmerksam zu machen, die gegen- 
über einigen wenigen in Vergessenheit geraten zu sein scheinen. 
Wenn dabei manches Persönliche vielleicht zu sehr in den Vorder- 
grund getreten ist, so möge es entschuldigt werden: jedenfalls weifs 
sich Verfasser frei von subjektiven Motiven, es ist ihm allein um 
die Sache zu thun, zum Heile der Jugend, zum Wohl des Vater- 
landes. 



Die Lnxferprismen und ihre elektrolytische Bindimg. 

Von F. S. Archenhold, Direktor der Treptow-Sternwarte. 

Die grofse Bedeutung, welche die richtige Beleuchtung der Schul- 
plätze für die Erhaltung der Sehkraft der Schüler hat, ist mafsgebehd 
für die ganze Herstellung der Schulbauten geworden. Nicht immer 
wird es aber, besonders in grofsen Städten mit ihren engen Strafsen 
und Höfen und dicht bebauten Flächen, möglich sein, für alle Räume 
und alle Plätze ein gleichmäfsig gutes Licht zu erzeugen. I)urch 
Anwendung vo^ Spiegeln läfst sich wohl manche Verbesserung her- 
stellen. Die Prinzipien hierfür sind sehr einfach. Kürzlich ist 
jedoch ein neues Hilfsmittel, die sogenannten Luxferprismen, vom 
Deutschen Luxferprismen-Syndikat*) geschaffen worden, die berufen 
erscheinen, die Beleuchtung eines Baumes über und unter der Erde 
in ganz bedeutender Weise zu verbessern und zwar dadurch, dafs 
jeder zur Verfügung stehende Lichtstrahl nach Belieben gelenkt 
werden kann. Der Lichtstrahl kann nach unten wie nach oben — 
unter die Decke wie auch auf den Fufsboden — auch ebensowohl 
nach links wie nach rechts mit einer Abweichung von 2278, ^^V2 
und 75 Grad geleitet werden. Daraus ergiebt sich also eine vollständige 
Bewegungsfreiheit bei der Anordnung. Das Licht kann im Zimmer 
beliebig verteilt und auch auf einen Platz konzentriert werden. 

Literessant ist es nun, in erster Linie zu erfahren, dafs die 
technische Wissenschaft bisher eine merkliche Lücke bei Fenster- 
berechnungen gezeigt hat. Es ist heute kein Architekt im Stande, 
genau zu sagen, welche Fenstergröfse bei dem zur Verfügung stehen- 
den Himmelslicht, bei den verschiedenen Strafsenbreiten, verschiedenen 
gegenüberliegenden Haushöhen erforderlich ist. In der Praxis hilft 
man sich heute so, dafs man Fensteröfl&iungen gleich Yg bis Vs der 
Bodenfläche des Zimmers macht. 



*) Die Mitglieder des „Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesund- 
heitspflege" haben am 20. Februar 1901 die Luxferprismen- Ausstellung, Berlin S., 
Ritterstr. 26, besucht. Die Gesellschaft ist gern bereit, jedem Mitglied des 
„Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege", welches Berlin 
passiert,' die Ausstellung jederzeit zu zeigen. 



44 F. S. Archenbold: 

Besonders beim Bau des Reichstagsgebäudes, bei den Erörterungen 
über die Beleuchtung des Sitzungssaales soll die Unzulänglichkeit 
dieser Ermittelungen empfindlich zu Tage getreten sein. Es sei da- 
mals sogar von einer Seite der Vorschlag gemacht worden, zur 
Prüfung des Tageslichtes ein Modell des Beichstagsgebäudes nebst 
Aufbau in natürlicher Gröfse herzustellen. Endlich habe man den 
Entschlufs gefafst, die Kuppel gänzlich vom Sitzungssaal fort auf 
die Halle zu rücken. Professor Mohrmann hat auf Grund der in 
Betracht kommenden optischen Gesetze Formeln festgestellt, um für 
eine Berechnung feste Resultate zu gewinnen. Es ist interessant, 
dafs Professor Mohrmann auf demselben Wege sich befunden hat, 
wie die amerikanischen Professoren, die schliefslich durch die Er- 
findung und Berechnung der Luxferprismen die ganze bedeutungs- 
voUe Sache in die Praxis gebracht haben. Wie aufserordentlich 
wichtig es für viele Fälle ist, die genauen Lichtmengen bestimmen 
zu können, bedarf wohl kaum der Erörterung. 

Das neue Verfahren beruht auf Lichtbrechung, bei der noch 
eine weitere Erscheinung eine Rolle spielt. Das direkte Himmels- 
licht ist stets weifs, selbst wenn es durch einen Körper mit paral- 
lelen Oberflächen, wie z. B. gewöhnliches Fensterglas, geht; durch 
ein Prisma gebrochen, zerlegt sich dieses weifse Licht in die Regen- 
bogenfarben. Durch viele nebeneinanderliegende Prismen vereinigen 
sich die Farben dann wieder zu weifs; dieses erfordert Gleichmäl'sig- 
keit der Prismen, die in einem zu diesem Zweck konstruierten 
Apparat Stück für Stück kontrolliert werden, was verhältnismäfsig 
viel Ausschufs bei der Herstellung bringt. 

Die Erfindung wurde infolge eines Preisausschreibens der 
amerikanischen Regierung von zwei Professoren der Physik gemacht. 
Während jeder der vier Jahreszeiten wurde die Helligkeit des 
Himmels gemessen und eine mittlere Helligkeit von 966 Normal- 
kerzen pro qm festgestellt; die Leuchtkraft dui'ch eine 1 qm grofse 
Offiiung durch die Decke eines Zimmers betrug 242 Normalkerzen. 
Es ist hier die deutsche Paraffinkerze von 2 cm Durchmesser und 
5 cm Flammenhöhe bei stündlichem Verbrauch angenommen. Nach- 
dem man diese Einheit geschaffen, berechnete man jedes einzelne 
Prisma und kontrollierte das dann in der Praxis unter genauester 
Berücksichtigung der schattenbringenden Umgebung. Es giebt 
Prismen für 276 Abweichungswinkel. Das direkte Himmelslicht 
nun, welches innerhalb einer Strafse in ein Zimmer fällt, beleuchtet 
fast stets nur einen kleinen Teil des Fufsbodens und der Wände in 
der Nähe des Fensters. Fufsboden, Wände und Möbel saugen dann 



Die Lnxferprismen und ihre elektrolytische Bindnng. 



45 




Fig. 1. 



einen grofsen Teil dieses Lichtes anf ; dementgegen lenken die Luxfer- 
prismenfenster das Licht so ab^ dafs kein Lichtstrahl yerloren geht. 
Um die für jedes Fenster geeigneten Prismen zu bestimmen, 
ist es nötig, die Richtung ausfindig zu machen, in welcher das Licht 
in das Fenster tritt. Je höher das 
gegenüberliegende Haus, je schmäler 
die Strafse, je kleiner also dieser 
Winkel ist, ein desto steileres Prisma 
ist zu verwenden, wenn trotz des 
höheren gegenüberliegenden Hauses 
das Licht parallel zum Fufsboden 
beibehalten werden soll. Je mehr 
im Grundrifs seitliche Schatten vor- 
handen sind, ein desto schärfer ablenkendes Prisma ist mit zu ver- 
wenden. Je schärfer nun aber die Ablenkung, je steiler das Prisma, 
desto geringer ist die Leuchtkraft. Die richtige, in jedem 
Falle verschiedene Zusammensetzung für das relativ beste 
Licht erfordert eine genaue Kenntnis der Sache und daher 
eine regelmäfsige Übung. 

Die hier beigefügte kleine Skizze (Fig. 1) stellt den 
Schnitt eines Fensters, die Strafse und das gegenüberliegende 
Gebäude dar. Die diagonal schraffierten Linien zeigen uns, 
wie weit das gegenüberliegende Haus, dem Lichte Zutritt 
in den Baum gewährt, während die wagerechte Schraffierung 
andeutet, dafs der gröfsere Teil des Raumes unzureichend 
erhellt ist. Die Aufgabe, den Räumen ein gleichmäfsig ver- 
teiltes Licht zuzuführen, ist nun dadurch gelöst worden, 
dafs man durch prismenartige Gläser (vergleiche den bei- 
gegebenen Schnitt eines solchen Fig. 2) die auf die Glas- 
fläche auffallenden Lichtstrahlen zwingt, in nahezu wage- 
rechter Richtung in das Innere zu gelangen und dort ein 
diflFiises Licht zu verteilen. Durch Konstruktion einer grofsen 
Anzahl untereinander verschiedener Prismen ist man sogar 
in der Lage, je nach Erfordernis dem Lichte einen ver- 
schiedenen Auafallwinkel zu geben, es also einem bestimmten 
Platz mehr, einem anderen weniger zuzuführen. Eine sprechende 
Illustration für die überraschenden Wirkungen, die sich so erzielen 
lassen, geben die hier reproduzierten Verkleinerungen einer photo- 
graphischen Aufnahme des Maschinenraumes der Königl. Münze mit 
und ohne Luxferprismen. Eine Statistik des physikalischen Staats- 
Laboratoriums in Hamburg ergiebt eine durch Luxferprismen erzielte 



Fig. 2. 



46 F. S. Atchenhold: 

ErhöhuBg der effektiven LicLtmenge bis zu 18,2 mal, doöh 
wird dieser Prozentsatz sich mit zunehmender Tiefe des zu erhellen- 



Plg. S. Der UAMhingimaiii der Ktuüsl MUnze la BerUn ohiu Luxiaipriimen, 



Der MMdiinenrai 



den Baumes noch tteigem lassen. Der Wert der Erfindung beruht 
nicht nur iu der grofsen materiellen Ersparnis an künstlichem 



Die Lniferprigmen nod ihre elektroljtiBche Bindnng. 47 

Lichte, sondern vor allem in ihrer hygienischenfBedeutung für 
alle Zweige der Wissenschaft und des BemfelebenB und in der Möglich- 
keit intensiver Ausnutzung bisher brachliegender Räume und 
Keller. Die Herstellung der Scheiben geschieht nun folgendermafsen: 
Die kleinen quadratischen PrismenfiSchen (Fig. 5) werden auf 
einem flachen Tische zu der erforderlichen Form vereinigt, nur 
durch flache Kupferstreifen von einander getrennt. Die Kreuzungs- 
stellen dieser Kupferstreifen werden 
leicht verlötet, um der Seheibe den 
ersten Halt zu geben; alsdann kommt 
selbige in ein Kupferbad. Durch 
elektrischen Strom wird eine Kupfer- 
lösung erzielt, die sich nach und nach 
zwischen Glas und Kupferstreifen ab- 
sondert und die kleinst« Fuge voll- 
kommen dichtet. Dieses Verfahren 
hat den groben Vorteil, dafs nicht 
wie bei der Bleiverglasung breite 
Streifen über die Glasfläche laufen '' 

und einen empfindlichen Lichtverlust verursachen, sondern daTs die 
volle Scheibe das Licht wiedei^lebt und bedeutend stabiler ist 
als in Bleivei^lasung, obgleich eine solche Kupferfassung nur 1 — 2 mm 
stark ist. For^esetzte Versuche mit dieser elektrolytiscben Kupfer- 
&8sung haben aber ein zweites überraschendes Hesultat gezeitigt, 
insofern die damit erzielten sogen. „Elektroglas-Scheiben" die 
E^enschaft der Feuers icherbeit haben. Während bisher nur 
dickes undurchsichtiges Drahtglas als feuersicherer Abschlufs für kleine 
Offnungen Verwendung finden konnte, ist man jetzt in der Lage, aus 
jeder nur denkbaren Glasart feuerfeste, lichtdurchlässige Abschlüsse 
herzustellen, die einen Brand lange Zeit auf seinen Herd be- 
schränken und der Feuerwehr ermöglichen, Menschenleben und 
wertvolles Material aufser Gefahr zu bringen. Beruht also der 
innere Wert des „Elektroglaaes" hauptsächlich auf Lösung einer schwie- 
rigen bautechnischen Frage, so ist den Luxferprismen allseitiges Interesse 
sicher, weil sie auf jedem Gebiete des öffentlichen Lebens von ein- 
schneidender Bedeutung sind, sei es dem Arzte für seine Untersuchungen 
und Operationen, dem Geschäftsmann für seine materiellen Interessen 
mit Bezug auf sanitäre Bücksichten für seine Angestellten und Aus- 
nutzung seiner Häume etc. Besonders aber wird auch der Staat zu er- 
wägen haben, inwieweit die Erfindung der Schulhygiene, den Krank eu- 
häusern und Öffentlichen Instituten nutzbar zu machen ist. 



Sitzung des Allgemeinen Deutschen Vereines 

für Sclinlgesnndlieitspflege anf der 72. Versammlnng 

deutscher Naturforscher und Ärzte in Aachen. 

Die Sitzung fand am 16. September 1900, morgens von 9 bis 
1 Uhr, in der Aula der Obdrrealschule in Aachen statt. Der Arbeits- 
ausschufs trat bereits am Vorabend im „Karlshause" zu einer Ge- 
schäftssitzung zusammen, in welcher die letzten Vorbereitungen für 
die allgemeine Sitzung getroffen wurden. Zu dieser hatten sich 
Mitglieder und Gäste, insbesondere auch aus Aachen und der Provinz 
eingefunden. Professor Dr.. Schüller- Aachen eröffnet als Einführender 
bei der Naturforscher- und Arzte -Versammlung die Sitzung, heifst 
den Verein, dessen Tendenz die Wahrmachung des Sprichwortes: 
„Mens Sana in corpore sano" sei, herzlich willkommen, beglück- 
wünscht ihn zu dem schönen Unternehmen, und spricht zugleich die 
Hofinung aus, dafs die Beratungen von Erfolg gekrönt sein möchten. 
Bürgermeister Hertzog- Aachen begrüfst die Vereinsmitglieder namens 
der Stadt Aachen und ihres am Erscheinen amtlich verhinderten 
Oberbürgermeisters, betonte ^ dafs es ganz richtig sei, was vorher 
schon Professor Dr. Schüller hervorgehoben, dafs man nämlich hier 
in Aachen ein Herz für Schulwesen und sein Gedeihen habe. Eine 
grofse Anzahl guter, allen Anforderungen der Hygiene entsprechender 
Schulen sei hier vorhanden. Redner entrollte dann ein übersicht- 
liches Bild über die Aufgaben, welche von Seiten des Vereines an- 
zustreben und zu erledigen seien. Insbesondere weist Bürgermeister 
Hertzog auf die Schularztfrage hin, sowie auf die Frage der Schaffung 
von Plätzen für Jugendspiele u. s. w. Inbezug auf Aachen ist Redner 
der Ansicht, dafs auch hier grofse Plätze in der Peripherie der Stadt 
für Jugendspielzwecke zu beschaffen seien. Mit dem Wunsche, dafs die 
heutigen Verhandlungen dem Vereine wie der Allgemeinheit zu 
reichem Nutzen gereichen möchten, schliefst Herr Hertzog seine mit 
Beifall aufgenommene Begrüfsungsansprache. Es folgte sodann der 
Vertreter der Kaiserstadt im Landtage, Herr Lehrer Sittard, welcher 
den Verein des besonderen Interesses der Landesvertretung in deä 



Sitzung des Allgemeinen Deutschen Vereines für Sclinlgesiindlieitspflege. 49 

parlamentaiisclien Körperschaften yersicherte. Sowohl die Gesund- 
heit der Lehrerschaft^ als auch die der Lernenden sei bei den Be- 
strebungen des Vereines ins Auge zu fassen. 

Kedner sieht die Schuld, dafs in vielen Fällen nicht viel mit 
lernenden Kindern erreicht wird, in einer Überlastung der Kinder 
mit LehrstoflP. Die Lehrerschaft müsse zu den Medizinern flüchten, 
um sich dort Rat zu holen, wie zu verfahren sei. Schliefslich ver- 
sichert Herr Sittard den Verein des vollsten Interesses von Seiten 
des Kultusministeriums und der besonderen Abteilung desselben, 
welche dem in Frage stehenden Gegenstande ihre Aufmerksamkeit 
und besondere Pflege angedeihen lasse. „Wir vertrauen voll und 
ganz auf Sie, haben Sie auch Vertrauen zu der Volksvertretung.^^ 
Die Mittel, deren der Verein zur Förderung seiner Absichten be- 
dürfe, würden bewilligt werden, wie denn überhaupt das regste 
Interesse für die Vereinsbestrebungen bei den Volksvertretern vor- 
liege. Redner wünscht reichsten Erfolg der Beratungen. Ptofessor 
Dr. Kalle, Stadtrat aus Wiesbaden, begrüfst die Versammelten im 
Namen der in gesundheitlichen Fragen mit an der Spitze der 
hygienischen Bestrebungen stehenden Kurstadt Wiesbaden und teilt 
mit, dafs Wiesbaden das Schularzt-Institut bereits durchgeführt habe. 
Prof. Dr. Kalle sieht die Zukunft des Vereines in der Erstrebung 
der praktischen Durchführung der Ideen, und der Verein solle sich 
hierbei auf die Kommunalverwaltungen stützen. Namens der Stadt 
Wiesbaden ladet Prof Dr. Kalle den Verein ein, die nächste Haupt- 
versammlung in Wiesbaden abzuhalten. Dort würden die Vereins- 
mitglieder schöne Schulen mit geräumigen Klassenzimmern, allen 
Anforderungen der Hygiene entsprechende Schulbäder, Haushaltungs- 
schulen u. s. w. vorfinden. 

Professor Dr. Griesbach-Mülhausen begrüfst die Mitglieder und 
Gäste in seiner Eigenschaft als Obmann des Arbeitsausschusses des 
Allgem. Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege, dankt den 
Vorrednern für ihre herzlichen Willkommensgrüfse und das grofse 
Interesse, welches sie dem Vereine entgegenbrächten, dankt 
der Sektion für mathematisch -naturwissenschaftlichen Unterricht, 
welche dem Vereine in Aachen die Wege ebnete, dankt der 
Direktion der Oberrealschule für ihr bewiesenes Entgegenkommen 
bei Wahl des Versammlungsraumes und betont, dafs der Verein die 
Aufmerksamkeit der staatlichen und städtischen Behörden, der Arzte- 
und Lehrerwelt auf sich gelenkt habe. Es gelte aber nicht nur, 
das Interesse der Behörden, der ärztlichen und pädagogischen Kreise 
zu erwerben, sondern auch das grofse Publikum zu gewinnen, ins- 

Gesunde Jagend. I. 1/ä. 4 




50 Sitzung des Allgemeiiu^j£|^iito&e]i(ji^reineB füij Scliulge&iindheitspflege. 

besondere hoffe \M Verein auf das Vertrauet der Eltern schulpflich'^ 
tiger Kinder. Nk^tIB?- A?^'' 

,^Leider^^, so fuhr ReSier fort, ^ind es nicht nur wohlwollende, 
sondern auch mifsgünstige Augen, welche die Schritte verfolgen, die 
der Verein zu unternehmen gedenkt. Es giebt immer noch Ele- 
mente, welche schulhygienischen Untersuchungen abgeneigt sind; es 
giebt Elemente, welche sich durch unsere Bestrebungen in ihren 
Sonderinteressen geschädigt glauben und uns deswegen befehden. 
Der Mifsgunst, Nörgelei und Befehdung aber werden wir energischen 
Widerstand entgegensetzen. Das Wohlwollen und. die Freundschaft 
immer weiterer Kreise hoffen wir zu erlangen^^ Der Verein erfreue 
sich augenblicklich einer Mitgliederzahl von 250 Personen, wovon 
viele den Verein materiell und finanjziell unterstützten. Da die 
Schulhygiene von Jahr zu Jahr an Wichtigkeit zunehme, sei ein 
Wachsen der Mitgliederzahl ebenso lebhaft zu wünschei^i wie sicher 
vorauszusehen. 

Was die Ziele betrifft, so bliebe die Hauptsache, dafs der Verein 
durch energische Wirksamkeit greifbi^e Erfolge erreiche. Nament- 
lich nnüTsten die Stadtgemeinden und das grofse Publikum für die 
Schulhygiene gewonnen werden. Die von Berlin ausgehenden An- 
regungen, Zweigvereine zu gründen, bedürften dringend der Befür- 
wortung. Femer müsse der Allgemeine Deutsche Verein für Schul- 
gesundheitspflege sich der Volksschulen annehmen, deim dort lägen 
die hygienischen Verhältnisse oft noch trauriger als in den höheren 
Lehranstalten. Der Vortragende führt ein Beispiel an. Aus einer 
süddeutschen Stadt haben Volksschullehrer ein Hilfsgesuch an den 
Verein gerichtet, da Schüler und Lehrer durch die unhygienischen 
Verhältnisse der Anstalt erkrankten. Der Vortragende empfiehlt 
auch, Vertreter der Volksschule, Kreisschulinspektoren und Volks- 
schullehrer in den Vorstand zu wählen. 

Sodann wird der Entwurf der Satzungen des Allgem. Deutschen 
Vereines für Schulgesundheitspflege einer Revision unterzogen. Zum 
Ehrenpräsidenten des Vereines wurde Graf Douglas in Ralswyk bei 
Berjgen auf Rügen, der bekannte freikonservative Abgeordnete, zum 
Ehrenmitglied der Oberbürgermeister Dr. Veitmann- Aachen gewählt. 
Dr. Korman-Leipzig giebt sodann den Kassenbericht des Vereins; 
den Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 531 M. in diesem Jahre stehen 
331 M. Ausgaben gegenüber. Schulden sind in Höhe von 500 M. 
vorhanden. Dr. med. Gerhardi-Lüdenscheid sprach über „Psychologie 
inbezug auf Pädagogik und Schulhygiene", seinem Vortrage das 
yv&d't 6edvx6v, die uralte Inschrift am Tempel zu Delphi: „Erkenne 



Sitzung des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege. 51 

Dicli selbst I" zu gründe legend. Dr. Gerhardi verbreitete sich über 
WillensHandlungen^ die Lösnng des Problems vom Willen, stellte 
den Grundsatz auf: „Ohne Gehirn keine Seele!" sprach über Willens- 
Entscheidungen und -Entschliefsungen, Ursache und Wirkung, 
wünscht, dafs das „Nachsitzen^' der Schüler an freien Nachmittagen 
aufgehoben werde, verbreitet sich über Seelenthätigkeit, Sprache, 
Denkoperationen, hält den altsprachlichen Unterricht für eine über- 
flüssige Quälerei und bezeichnet als köstlichstes Gut des Menschen 
die Gesundheit. 

Dr. med. Korman - Leipzig verbreitete sich über Samariter- 
einrichtungen im Dienste der Schule (mit Demonstrationen), betonte, 
dafs es in den Schulen bei plötzlichen Unfällen in der Regel an 
Notverbandsmaterial fehle, dafs die erste Hilfe oft über das Schicksal 
der Verletzung entscheide, von Esmarch, der Vater der Samariter- 
einrichtungeii, hätte zwar verlangt, dafs jeder Mensch Samariter werden 
müsse, aber das sei aus inneren und äufseren Gründen nicht durch- 
zuführen. Auch seien die Verletzten keine Versuchskaninchen für 
Theoretiker. -Der Mediziner und kein anderer müsse Lehrer für die- 
jenigen sein, welche Samariter werden wollten. Trotz der Menge von 
Schulunfällen sei eine Statistik derselben noch nicht festgestellt. 
Redner ist als Vorsteher einer Sanitätswache über die Menge der 
Unfälle erstaunt, die in Leipzigs Schulen vorkommen, und erwähnt den 
Fall einer Pulsaderverletzung eines Schülers, bei dem der Lehrer 
nicht in der Lage war, einen zweckentsprechenden, die Blutung 
hindernden Verband anzulegen. Dr. Korman demonstriert sodann 
den Anwesenden die Zusammensetzung eiaes neuen Verbandskastens. 
Dr. Korman's Wünsche gehen dahin, dafs kein Samariter-Unterricht 
in der Schule gelehrt werde, dafs jedoch der Samariter-Unterricht der 
Lehrer obligatorisch gemacht werde, dafs in jeder Schule ein Ver- 
bandkasten nach der neuen Form gehalten, dafs eine Statistik über 
Schulunfälle eingeführt werde und eine Zusammenstellung der- 
jenigen Mittel erfolge, die ein Lehrer bei Schulwanderungen bei 
«ich zu führen habe. Die Versammlung folgte mit hohem Interesse 
den Ausführungen des Redners. 

Über die Ursachen der Minderbegabung von Schulkindern 
sprach Dr. Schmid-Monnard, Kinderarzt in Halle. Der Redner hat 
die 126 Kinder der HaUe'schen Hilfsschule für Schwachbefähigte 
untersucht, mit Unterstützung der Lehrerschaft, der Armenverwal- 
tung und eines Nerven-, eines Ohren- und eines Augenspezialisten. 
Schwachbefähigte Schulkinder sind solche, welche zwar unterrichts- 
fähig sind, aber nicht beanlagt zur erfolgreichen Mitarbeit mit 



52 Sitzung des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege. 

normal, beanlagten Kindern. Sie waren in Deutschland 1898 in 
über 7000 sogenannten Hilfsklassen nntergebraeht mit einem ge- 
ringeren Lehrziel. Die gröfsere Hälfte dieser Kinder wird durch 
diesen Sonderunterricht nach ihrer Entlassung erwerbsfähig. Es 
fand sichy dafs alle nicht nur geistig^ sondern auch körperlich 
minderwertig sind und in denkbar ungünstigsten äufseren Verhält- 
nissen leben. Sie stehen den normalen Altersgenossen an Länge 
*und Gewicht im Durchschnitt um 1 bis lYg Jahr zurück, in einzelnen 
Fällen sogar um 4 bis 5 Jahre. Geistig stehen sie auf der Stufe 
eines 2- bis 4 jährigen Kindes und nur bei einem Drittel der schwach- 
begabten Schüler findet man leidliche Leistungen. Für die mangel- 
hafte körperliche Entwickelung sind die traurigen häuslichen Ver- 
hältnisse (Armut, hohe Kinderzahl, Kränklichkeit der Eltern) ver- 
antwortlich zu machen. 40 Proz. der Eltern waren moralisch zu 
beanstanden und es ist charakteristisch, dafs aus Trinkerfamilien 
fast nur schlechte Schüler hervorgehen, während der gröfste Pro- 
zentsatz wenigstens mittelmäfsiger Schüler ordentlichen Familien 
entstammt. Das Hörvermögen war nur in einem Zehntel aller 
Fälle normal, etwa ein Viertel verstand Flüstersprache nur unter 
vier Meter Entfernung. Wichtig ist die ungemeine Häufigkeit der 
Nasenrachenwucherungen, die meist in recht ansehnlichem Umfang 
bei vier Fünftel aller Kinder nachzuweisen waren. Erfahrungs- 
gemäfs wird durch deren Vorkommen die Fähigkeit aufzumerken, 
und damit die geistige Leistung herabgesetzt. Schmid-Monnard 
schlägt vor, bei solchen Kindern die Nasenrachenwucherungen 
operativ zu entfernen, um die geistige Leistungsfähigkeit zu heben. 
Natürlich hat dies nur Aussicht auf Erfolg bei Kindern, deren 
Nervensystem nicht durch Abstammung von sittlich entarteten 
Eltern bereits unheilbar krankhaft verändert ist, also bei den Kin- 
dern ordentlicher Familien. Der Anfang mit diesen Operationen 
ist bereits in Halle gemacht worden. Schliefslich sind mit Hilfe 
eines Nervenarztes die immer noch darunter vorkommenden völlig 
blödsinnigen Kinder aus dem Kreise der Schwachbefähigten zu ent- 
fernen. Dr. Schmid-Monnard schliefst mit den Worten: „Man sieht, 
welch ein krankhaft geborenes und krankhaft gewordenes Kinder- 
material in unseren Hilfsschulen existiert, dessen geistige Leistungs- 
fähigkeit zum Teil noch zu verbessern ist, und wie notwendig hier 
eine ärztliche Untersuchung und Beratung, wie notwendig hier die 
Anstellung eines Schularztes ist." 

Aus der Versammlung treten während der Verhandlung 25 neue 
Mitglieder dem Verein bei. Als Ort der nächsten Versammlung, 



Sitzung des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege. 53 

welche zu Pfingsten stattfindet, wurde auf Einladung seitens der 
Stadt Wiesbaden gewählt. 

Prof. Dr. Griesbach schliefst uüter Dank an die Erschienenen 
und Gäste die allgemeine Sitzung um 1 Uhr, worauf eine Vorstands- 
sitzung des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheits- 
pflege folgte. 

Wir geben in Nachstehendem den Wortlaut der in Aachen 
festgesetzten Satzungen und die Zusammensetzung des Vorstandes. 



Satzungen des Allgemeinen Deutschen Vereines für 

Schnlgesundheitspflege. 

§1- 

Unter dem Namen: Allgemeiner Deutscher Verein für 
Schulgesundheitspflege hat sich ein Verein gebildet, der infolge 
3er bevorstehenden Eintragung in das Vereinsregister des Leipziger 
Amtsgerichtes die Rechte einer juristischen Person geniefst und sich 
am 16. September 1900 seine Satzungen gegeben hat. 

§2. 
Der Verein bezweckt: 

1. Die Verbreitung der Lehren der Hygiene in den Schulen 
des Deutschen Reiches. 

2. Die Verhütung der durch die Schule verursachten gesund- 
heitsschädigenden Einflüsse auf Lehrer und Schüler. 

§3. 

Alljährlich findet eine Versammlung in einer dafür geeigneten 
Stadt innerhalb des Deutschen Reiches statt. Die Wahl des nächst- 
jährigen Versammlungsortes bleibt dem Vorstande überlassen. 

§4. 

. Die leitenden Organe des Vereines sind: 

1. Der Vorstand 

2. die Geschäftsführer. 

§5. 

Der Vorstand besteht aus mindestens 20 Mitgliedern und zwar 
dem Vorsitzenden und 3 Stellvertretern, dem Schriftführer und 
2 Stellvertretern, dem Schatzmeister und 2 Stellvei-tretem, sowie aus 
mindestens 10 Beisitzern. 



Satzungen des Allgem. Deutschen Vereines für Schnlgesundheitspflege. 55 

§6. 

Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung mit einfacher 
Melrrheit durch Stimmzettel oder, wenn kein Widerspruch erfolgt, 
durch Zuruf gewählt. Dem Vorstande sollen angehören: 
Arzte, 

Vertreter der höheren Lehranstalten und der Volksschulen, 
Verwaltungsbeamte, 
Techniker, 
sonstige Personen. 
Die Amtsdauer des Vorstandes beträgt 3 Jahre. Er verteilt die 
Amter unter sich und giebt sich selbst eine Geschäftsordnung. Der 
Vorstand hat das Recht der Ersatz- und Zuwahl von Vorstands- 
mitgHedem. 

§7. 
Der Vorstand hat in allen Vereinsangelegenheiten zu entscheiden, 
die nicht der Beschlufsfassung der Mitgliederversammlung ausdrück- 
lich vorbehalten sind. 

§8. 
Zwei Geschäftsführer werden für jede Jahresversammlung vom 
Vorstande neu ernannt und gehören demselben während der Dauer 
ihrer Thätigkeit an. 

Sie sind an dem Orte der jeweiligen Jahresversammlung wohn- 
haft, und haben dieselbe im Einverständnisse mit dem Vorsitzenden 
des Vereines vorzubereiten und das Programm zu entwerfen und 

festzulegen. 

§9. 

Der Vorstand tritt mindestens einmal im Jahre vor jeder all- 
gemeinen Versammlung zu einer Vorstandssitzung zusammen, in 
dieser ist der vorbereitete Geschäftsgang zu regeln. 

Der Vorstand ist beschlufsfähig, wenn mindestens fünf Vor- 
standsmitglieder anwesend sind. Die Beschlufsfassung erfolgt mit 
einfacher Stimmenmehrheit der erschienenen Mitglieder; bei Stimmen- 
gleichheit entscheidet bei Beschlüssen der Vorsitzende, bei Wahlen 

das Los. 

§10. 

Der Mitgliederversammlung liegt es ob: 

a) einen Ehrenpräsidenten und Ehrenmitglieder zu wählen, 

b) alle drei Jahre die Neuwahlen der Vorstandsmitglieder vor- 
zunehmen, 

c) zwei Rechnungsprüfer für die am Schlüsse des Vereinsjahres 
vorzunehmende Prüfung der Jahresrechnung einzusetzen, 



56 Satzungen des AUgem. Deutschen Yereinea für Schulgesundheitspflege. 

d) die Erstattung des Geschäftsberichtes von dem Schriftführer 
und des Berichtes über die Ergebnisse der Rechnungsprüfung 
von den Rechnungsprüfern entgegenzunehmen und dem Vor- 
stande Entlastung zu erteilen. 

e) über sonstige Angelegenheiten zu beschliefsen, deren Er- 
ledigung ihr durch Yorstandsbeschlufs im Einzelfalle unter- 
breitet wird, 

f) über Anträge — insbesondere auch in Bezug auf Satzungs- 
änderungen — welche von Vereinsmitgliedem spätestens 
4 Wochen vor der Versammlung beim Vorsitzenden an- 
gemeldet worden sind, BeschluTs zu fassen. 

§11. 

Die Mitgliederversammlung beschliefst, insbesondere auch bei 
Wahlen, mit einfacher Mehrheit der Abstimmenden. Bei Stimmen- 
gleichheit giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag, handelt 
es sich jedoch um Wahlen, so entscheidet bei Stimmengleichheit 
das Los. 

§12. 

Der Schriftführer beurkundet die Beschlüsse der Versammlung 
und der Vorsitzende hat das Protokoll zu genehmigen. 

§13. 

Mitglied des Vereines kann jede volljährige, unbescholtene Person 
werden, die für schulhygienische Dinge Interesse besitzt, die Zwecke 
und Ziele des Vereines billigt, ihren Beitritt unter Angabe von 
Namen, Wohnort und Stand dem Schatzmeister schriftlich oder 
während einer Versammlung mündlich anzeigt und einen jährlichen 
Beitrag von drei Mark entrichtet. Vereine und Körperschaften, ins- 
besondere auch städtische Gemeinden, können gegen einen ent- 
sprechenden Beitrag die Mitgliedschaft erlangen. 

§14. 

Die Mitgliedschaft erlischt durch eine dem Vorsitzende ein- 
gereichte schriftliche Austrittserklärung, durch Verlust der bürger- 
lichen Ehrenrechte, durch Unterlassung der Beitrittszahlung nach 
dreimaliger Mahnung. 

§15. 

Der Verein hat seinen Sitz in Leipzig; er wird gerichtlich und 
aufsergerichtlich vertreten durch den I. Vorsitzenden und den 
I. Schriftführer. 



Satzungen des Allgem. Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege. 57 

§ 16. 

Während der allgemeinen Versammlung soUen Vorträge und 
Referate aus dem Gesamtgebiete der Schul- und Unterrichtshygiene 
gehalten werden. 

§17. 

Der Verein besitzt als amtliches Organ eine Zeitschrift, welche 
in zwanglosen Heften erscheint und aus dem Vorstande heraus 
redigiert wird. Das Organ enthält die ausführlichen Berichte über 
die Mitgliederversammlungen und die Verhandlungen, femer alle 
Vereinsangelegenheiten , Mitgliederverzeichnisse , Mitteilungen des 
Vorstandes, Veröffentlichungen von Korrespondenzen, welche im 
Interesse des Vereines geführt werden, Beiträge von Mitgliedern u. s. w. 
Dieses Organ wird als Gegenleistung für den gezahlten 
Beitrag von 3 Mark jedem Mitgliede des Vereines kosten- 
los zugestellt. 

§18. 

Das Rechnungsjahr des Vereines läuft vom 1. Januar bis zum 
31. Dezember. Die Rechnung wird samt dem Prüfungsberichte in 
dem Organe veröffentlicht. Aus den Jahreseinnahmen werden die 
Versammlungskosten und die dem Vereine erwachsenden Druckkosten 

99 

gedeckt. Überschüssiges Geld wird von dem Schatzmeister verzins- 
lieh angelegt. 

§ 19. 

Die Auflösung des Vereines seitens der Mitglieder kann nur 
von zwei Dritteln derselben beschlossen werden, nachdem von min- 
destens einem Drittel bei dem Vorsitzenden ein diesbezüglicher 
schriftlicher Antrag eingebracht und vom Vorstande als gerechtfertigt 

anerkannt wurde. 

§20. 

Im Falle der Auflösung des Vereines seitens der Mitglieder 
Ji)eschliefst die letzte Versammlung der anwesenden Mitglieder über 
das Vermögen des Vereines. 

Aachen, den 16. September 1900. 

Der Vorstand 
des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schiügesuiidheltspflege. 



58 ZnBanunenBetzimg des deizeitigen Yontandes. 

Züsammensetzimg des derzeitigen Vorstandes. 

Vorsitzender: Professor Dr. med. u. phil. Griesbach^ Mülhansen 

i. Eis. 

1. Stellvertreter: Geheimer Medizinalrat Professor Dr. A. Eulenburg^ 

Berlin. 

2. Stellvertreter: Oberrealschuldirektor Dr. Schotten, Halle. 

3. Stellvertreter: Bürgermeister Hertzog, Aachen. 
Schriftführer: Direktor Dr. Bey^r, Leipzig. 

1. Stellvertreter: Dr. med. Korman^ Arzt, Leipzig. 

2. Stellvertreter: Reichstags- und Landtags -Abgeordneter Sittard, 

Aachen. 

Schatzmeister: Direktor F. S. Archenhold, Sternwarte Treptow- 
Berlin. 

Stellvertreter: Dr. med. Schmid-Monnard, Kinderarzt, Halle. 

Beisitzer: 

Professor Dahn, Herausg. des Pädagogischen Ai-chivs, Braunschweig. 

Wirklicher Geheimer Rat Professor Dr. v. Esmarch, Excellenz, Kiel. 

Dr. med. Gerhardt, praktischer Arzt, Lüdenscheid. 

Dr. med. Hartmann, Ohrenarzt, Berlin. 

Königlicher Reallehrer Dr. Herberich, München. 

Stadtrat Professor Dr. Kalle, Wiesbaden. 

Lehrer Lauche, Halle. 

Oberbürgermeister Müller, Kassel. 

Geheimer Hofrat Professor Dr. Ostwald, Leipzig. 

Geheimer Regierungsrat Pabst, Oberbürgermeister,' Weimar. 

Professor Dr. Recknagel, Rektor des Königlichen Realgymnasiums, 

Augsburg. 
Städtischer Schulinspektor Rinkel, Wiesbaden. 
Lehrer Schubert, Leipzig-Gohlis. 
Professor Dr. Schüller, Aachen. 
Landtagsabgeordneter Oberlehrer Wetekamp, Breslau. 



Mitglieder - Yerzeiclmis. 



A. Ehrenmitglieder. 

Graf Douglas, Mitglied des preuTsiscben Abgeordnetenhauses, Balswiek 

bei Bergen auf Bügen, Ehrenpräsident. 
Dr. Veitmann, Oberbürgermeister, Aachen. 

B. Ordentliclie Hitglieder. 

Ab egg, H., Geh. Medizinalrat Dr., Wiesbaden, Frankfurterstr. 20 a. 

Ab egg, Richard, Prof. Dr., Abteil. -Vorst. am ehem. Universitäts- Labo- 
ratorium, Breslau, Kaiser Wilhelmstr. 70. 

Abraham, Geh. Sanitätsrat Dr., Berlin W., Bendlerstr. 31. 

Ahlers, Dr. med., Schularzt, Gera/R., Marktstr. 12, 

Archenhold, F. S., Direktor der Sternwarte, Treptow bei Berlin (im 
Vorstand). 

Arntz, W., Rentner, Wiesbaden. 

von Aschen, Fr., Prof., Braunschweig, Wolfenbüttlerstr. 40. 

Baltzer, Prof., Realgymnasium, Eisenach. 

Barnay, L., Hofrat, Wiesbaden. 
loBatthanj, Gräfin Marianne, Zala-szent-Lasslo, Ungarn. Beitrag f. 1900 
84 Kronen. 

Bauer, K. L., Prof. Dr., Karlsruhe, 

Baum, Stadtphys. und Sanitätsrat Dr., Aachen, Heinrichs-Allee 32. 

Baumann, G., Dr. med., Generalarzt, München. 

Baur, Alfred, Dr. med., Hausarzt und Lehrer der Schulhygiene am 
k. Schullehrer-Seminar, SchwäÜisch-Gmünd, Schmidthor. 

Bayerthal, Dr., Worms/Rhein. 

Beckmann, E., Prof. Dr., Direktor des Laboratoriums für angewandte 
Chemie, Leipzig, Brüderstr. 34. 

Ben dt, August, Lehrer, Wiesbaden. 

Berberich, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Bergas, J., Dr. jur., Justizrat, Wiesbaden. 
20Berlein, M., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Berna, Dr., prakt. Arzt, Wiesbaden. 

Berndt, Geh. Baurat Prof., technische Hochschule, Darmstadt. 

Bernheim-Meyer, Sylvain, Kaufmann, Mülhausen/EIs. 

Berninger, Johannes, Lehrer, Wiesbaden. 

Besser, L., Dr. med., Irrenarzt, Bonn-Poppelsdorf, Villa Victoria. 

Beyer, Dr., Schuldirektor, Leipzig -Eutritzsch, Petzschauerstr. 8 (im 
Vorstand). 



60 Mitglieder -Verzeichnis. 

Bienstock, Dr., Ohrenarzt, Mülhausen/Els. 

Blind, A., Dr., Köln a./Rhein, Bismarckstr. 101. 

Blumenfeld, F., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 
30 Böhm, Eugen, Holzhändler und Stadtrat, Mülhausen/Els., Oranstaden 8. 
Beitrag f. 1900 M. 10. 

von Born, Wilh., Rentner, Wiesbaden. 

Böttcher, G., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

von Bracht, Friedrich, prakt. Zahnarzt, München, Briennerstr. 14. 

Brandt, P., Berlin. 

Brazis, L., Dr. med., Mülhausen/Els., Illzacherstr. 4. 

Brenske, Ernst, Stadtrat, Potsdam, Kapellenbergstr. 3. '^ 

Brie g er, 0., Dr., Primär- Arzt am AUerheilig-Hospital, Breslau, Königspl. 2. 

Brinkmann, Kapitän zur See a. D., Wiesbaden. 

Brix, J., Ingenieur, Stadtbaurat a. D., Wiesbaden. 
40Bröcking, Dr. phil., Wiesbaden. 

Büdingen, Wolfgang, Wiesbaden. 

Burger st ein, Prof. Dr., Wien. 6/2 Gfromergasse 2. 

Burghardt L, Fabrikant, Mülhausen/Els., Sennheimerstr. 7. 

Cahn-Brach, Dr., Frankfurt/M., Neue Mainzerstr. 71. 

Christ, Dr., prakt. Arzt und Zahnarzt, Wiesbaden. 

Christa, P., Prof., Oberlehrer am Kgl. Gymnasium, Siegburg, Königstr. 

Claus, Josef, Dr. med., Sanitätsrat und Kreisphys., Warburg/ Westfalen, 
Stemstr. 106. 

Clouth, Dr., Sanitätsrat, Wiesbaden. 

Coburg, Verein der wissenschaftl. Lehrer an den höheren Schulen zu 
Coburg, gez. Prof. Nemnann. 
öOCoester, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Cohn, Heinrich, Dr. jur., Rechtsanwalt, Berlin W., Unter den Linden 11. 

Cohn, Hermann, Prof.. Dr. med und phil., Augenarzt, Breslau, Schweid- 
nitzer Stadtgraben. 

Cr am er, Dr., Sanitätsrat, Wiesbaden. 

Cron, W., Banquier, Wiesbaden. 

Cuntz, F., Dr. med., Schularzt, Wiesbaden. 

Dahn, E., Prof. Hersgeb. des pädag. Archivs, Braunschweig (im Vorstand). 

Diepenbach, L., Glas-Manufakt. und Assekuranz, Mainz, Bahnhofstr. 9. 

Dörr, F., Direktor der Liebig-Realschule, Frankfurt/M. -Bockenheim. 

Dreyer, Dr. L., Rentner, Wiesbaden. 
60 Dreykorn, Johannes, Kgl. Gymn.-Rektor, Landau /Pfalz, Gymnasial-Gebäude. 

Duncker, Frau Caecilie, Schulvorsteherin, Berlin. 

von Ebmeyer, Major a, D., Kurdirektor, Wiesbaden. 

von Eck, Rechtsanwalt, Wiesbaden. 

Edel, A., Dr. prakt. Arzt, Berlin NW., Dorotheenstr. 22. 

Edinger, Prof. Dr., Nervenarzt, Frankfurt/M., Leerbacherstr. 27. 

Ehret, Dr., Mülhausen/Els., Illzacherstrasse. 

Eichen, F., Direktor, Wiesbaden. 

Eichhorn, Johannes Peter, Schulrektor, Höhr, Reg. -Bez. Wiesbaden, 
Kirchbergstr. 31. 

Eiber feld, Bürgermeisteramt. 
TOErismann, Prof. Dr., Zürich. 



Mitglieder -Verzeichnis. 61 

von Esmarch, Wirkl. Geh. Eat, Prof. Dr., Excellenz, Kiel (im Vorstand). 
Eulenburg, A., Geh. Med.-Eat, Prof. Dr., Nervenarzt u. Hrsg. der Deutschen 

medic. Wochenschrift, Berlin W., Lichtenstein- Allee 3 (im Vorstand). 
Falkenheim, Prof. Dr., Königsberg/Pr. 
Feigel, Apotheker, Mülhausen/Els., Dornacherstr. 94. 
Feld mann, Bürgermeister, Saarbrücken. 
Fischenich, Dr., Spezialarzt, Wiesbaden. 
Fischer, Lehramtsassistent, Ansbach. ' 

Fischer, M., Direktor der höheren Töchterschule, Mülhausen/Els. 
Fiat au, Theodor S., Dr. med., Berlin W., Potsdamerstr. 113. 
80 Flechsig, P., Geh. Med.-Rat, Prof., Direktor der psychiatrischen Klinik, 

Leipzig. 
Frank, Georg, Dr., Dozent und Abteilungsvorsteher am chemischen 

Laboratorium Fresenius, Wiesbaden. 
Frenkel, H. S., Dr. med., Heiden, Kanton Appenzell, Schweiz. 
Fresenius, Anton, Dr. med., Arzt, Frankfurt/M. 
Fresenius, Dr. H., Professor, Wiesbaden. 
Fresenius, Dr. W., Professor, Wiesbaden. 
Friedländer, E., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 
Frühwald, F., Dr., München. 

Gärtner, A., Prof. Dr., Geh. Hofrat, Jena, Marktelstieg 2. 
Gasser, Aug., Lehrer a. D., Eppenheim i. Taunus, Post Königstein. 
90 G ebb, Carl, Dr. med., Augenarzt, Worms/Rh., Steinstr. 3. 
Geiershöfe r, Anton, Fabrikbesitzer, Allersberg bei Nürnberg. 
Gentsch, Dr., Eealgymnasium, Eisenach. 
Genzmer, F., Stadtbaumeister, Königl. Baurat, Wiesbaden. 
Georgi, M., Baumeister, Mügeln bei Oschatz, Bezirk Leipzig. 
Georgii, Adolf, Kgl. Dir. des Progymnasiums, Kusel. 
Gerhardi, Dr. med., prakt. Arzt, Lüdenscheid (im Vorstand). 
Gerloff, 0., Dr. med., Augenarzt, Wiesbaden, 
von Gizycki, Paul, Dr., Stadtschul-Inspektor, Pankow /Berlin, Amalien- 

park 5. 
Glück, Carl, Lehrer, Naurod i. Taunus bei Wiesbaden. 
100 Gott Schalk, Dr., Eealgymnasium, Eisenach. 

Gräfe, Dr. phil., Prof. an der technischen Hochschule, Dannstadt, Soder- 

strafse 75. 
Greve, Prof. Dr., Aachen, Crefelderstr. 17. 
Greve, Sanitätsrat Dr., Aachen, Harskampstr. 31. 

Griesbach, H., Prof. Dr. med. und phil., Mülhausen/Els. (im Vorstand). 
Grofs, Mittelschullehrer, Wiesbaden. 
Grub er, Carl, Pfarrer, Wiesbaden, 
von Gülpen, Frau, Wiesbaden. 
Guttmann, Max, Eechtsanwalt, Wiesbaden. 

Gystrow, Ernst, Dr. (Pseudonym für Dr. Willy Hellpacb), Heidelberg. 
110 Haberkorn, Med.-Eat Dr., Grofsherzogl. Kreisarzt, Giefsen, Moltkestr. 5. 
Hack, C, Geh. Eeg.-Eat, Bürgermeister a. D., München. 
Haedicke, Max, Dr. med., prakt. Arzt, Leipzig, Kaiser Wilhelmstrafse. 
Haensler, August, Fabrikant, Mülhausen/Els., Dornacherstr. 118. 
Hagen, Dr., Landrat, Schmalkalden. 



62 Mitglieder -Yerzeicbnis. 

von Hagen, A., Rentner, Wiesbaden. 

Halberstadt, Bürgermeisteramt. 

Hannemann, Eisenbahngeometer, Mülhausen/Els. 

Hartmann, Arthur, Dr., Ohrenarzt, Berlin NW., Boonstr. 8 (im Vorstand). 

Hartmann, Prof. Dr., Leipzig, Fechnerstr. 2. 
120 Hasenmeyer, Ernst, Nienburg/Weser, Georgstr. 18. 

Hees, E., Stadtverordneter, Wiesbaden. 

He gar. Geh. Rat Prof. Dr., Direktor der Frauenklinik, Freiburg/Br. 

Helm, Georg, Prof. Dr., Technische Hochschule, Dresden. 

Hemme, A., Oberrealschul-Direktor, Hannover. 

Hempfing, C, Ober-Reg.-Rat, Wiesbaden. 

Henneberg, Geh. Ho&at, Prof. Dr., technische Hochschule, Darmstadt. 

Herb er ich, G., Kgl. Reallehrer, München, Theresienstr. 38 (im Vorstand). 

Hersing, Sanitätsrat Prof. Dr., Augenarzt, Mülhausen/Els. 

Hertzog, Beigeordneter der Stadt Aachen, Bismarckstr. 88 (im Vorstand). 
130 Herz, B., Dr. jur., Justizrat, Wiesbaden. 

Hefs, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Hefs, S., Stadtverordneter, Wiesbaden. 

Hessling, Klara, Frau ßchulvorsteherin, Berlin SW., Schönebergerstr. 3. 

Heubach, Dr., Realgymnasium, Eisenach. 

Hezel, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Hillebrandt, L., Geh. Regier.-, Schul- und Eonsistorialrat, Wiesbaden. 

Hintzmann, Dr., Oberrealschuldirektor, Elberfeld, Weststr. 7. 

Hochhuth, L., Gymnasialoberlehrer, Wiesbaden. 

Hockmayer, Eugen, 1. besoldeter Gemeiaderat, Stuttgart, Rathaus. 
140van't Hoff, Prof. Dr., Charlottenburg, Uhlandstr. 2. 

Höhn, Prof. Dr., Realgymn., Eisenach. 

Hölper, Ph. W., Rektor, Wiesbaden. 

Holzach, Karl, Generalagent, Mülhausen/Els., Belforterstr. 2. 

Honigmann, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Höpker, Dr. med., Sanitäts-Rat, Bünde/Westfalen, Philippstr. 4. 

Hörle, Hermann, Lehrer, Wiesbaden. 

Huthj Dr. med., Arzt, Prenzlau. 

Jacoby, F., Kaiserl. Baurat, Montigny bei Metz. 

Jaeth, Marie, Lehrerin, Wiesbaden. 
150 Jäger, Dr. med., Oberarzt am Bürgerspital, Mülhausen/Els. 

Jonas, D., Kreisschul-Inspektor, Berlin NW., Schleswiger Ufer 7. 

Jung, L. D., Kaufmann u. Handelsrichter, Wiesbaden. 

Kalle, Prof. Dr., Stadtrat, Wiesbaden (im Vorstand). Beitrag f. 1900 M. 30. 

Kammeyer, E., Dr. med., Arzt, Berlin W. 50, Joachimsthalerstr. 37. 

Kaselowsky, R., Landtagsabgeordneter, Berlin W., Rankestr. 13. Bei- 
trag für 1900 M. 20, unterstützt den Verein jährlich mit 20 M. 

Katzmaier, Oberreallehrer, Cannstatt, Olgastr. 20. 

Kaufmann, Prof. Dr., Mülhausen/Els. 

Keller, A., Dr. theol., Prälat, Geistl. Rat und Stadi^farrer, Wiesbaden. 

Kellner, Direktor der Gaswerke, Mülhausen/Els. 
160 Kessler, Dr. med., Stabsarzt, Mitglied der Ortsschulkommission, Mannheim. 

Keupp, Ernst, Pfarrvikar, Reallehrer an der k. Kreisrealschule, Augs- 
burg, Maximiliansplatz A 111. 



Mitglieder -Yerzeiclmis. 63 

Xexel, Josef, Lehrer, Wiesbaden. 

Kitt 1er, Geh. Rat Prof. Dr., Technische Hochschule, Darmstadt. 

Klar, Max, Dr., Schömberg, O.-A. Neuenburg, Württemberg. 

Klein I, Edm., Prof. Dr., Diekirch, Luxemburg. 

Klein, Dr. phil., Oberlehrer an- der Oberrealschule, Wiesbaden. 

Klug, Aug., Stadtrat, Bechtsanwalt und Mitglied des Landesausschusses 
für Elsafs-Lothringen, Mülhausen i. Eis. 

von Knapp, Mitglied des preufs. Abgeordnetenhauses, Barmen. Beitrag 
f. 1900 M. 50. 

Knöpfel, L., Prof. Dr., Worms a./Bh., Humboldtstr. 5. 
170 Koch, Adolf, Dr. med., Marine-Stabsarzt a. D., Schömberg, O.-A. Neuen- 
burg, Württemberg. 

K e p p e , Hans , Dr. med., Kinderarzt und Dozent für Kinderheilkunde. Giefsen. 

Kopp 1er, W., Eektor, Wiesbaden. 

Korman, Max, Dr. med., prakt. Arzt, Leipzig, Bofsplatz 8 (im Vorstand). 

Kraufs, Frl. Klara, Berlin N., Grünthalerstr. 30. 

Kr ekel, Aug., Landesrat, Wiesbaden. 

Kremser, E., Dr. med., Chefarzt des Sanatoriums für Lungenkranke, 
Sülzhagen a./H. bei Nordhausen. 

Kronfeld, A., Dr., städt. Arzt und emer. Assistent des k. k. allgem. 
Krankenhauses Wien: Wien X. 1, Porzellangasse 22. 

Kühne, Dr., Oberstabsarzt, Gharlottenburg, Leibnizstr. 88. 

Kümmell, Dr., Hamburg, Am Langenzug 9. ' 
18oKuntzenmüller, Otto, Dr., polit. Bedakteur der Aachener Allgem. 
Zeitung, Aachen, Aureliusstr. 29. 

Kuppler, Georg, k. Bektor, Weifsenburg am Sand, Eichstätterlandstr. 697. 

Lackner, 0., Bankier, Wiesbaden. 

von Lade, Ed., Generalkonsul, Schlofs Monrepos, Geisenheim a. Bh. 

Laederich, E. L, Mülhausen/Els., Lavoisierstr. 4. 

Laquer, B., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Lassar, 0., Prof. Dr., Berlin NW., Karlstr. 19. 

Lauche, Lehrer, Halle (im Vorstand). 

Leder, Dr., Kreisphysikus, Lauban, Schlesien. 

Leman, Alfred, Oberlehrer, Mülhausen/Els. 
leoLemann, 0., Hofrat Prof. Dr., Technische Hochschule, Karlsruhe. 

Lentz, Prof. Dr., Bastenburg, OstpreuTsen. 

Leonard, Dr., Krakau. 

Leubus eher, Prof. Dr., Beg.- und Med.-Bat, Med. Beferent im Herzogl. 
Staatsministerium, Meiningen. 

Liebe, Dr., Braunfels. 

Lieber, Carl, Pfarrer, Wiesbaden. 

Limacher, Mittelschulrektor, Mülhausen/Els. 

Linz, Verwaltungsgerichtsdirektor, Wiesbaden. 

Lippert, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Lotz, A., Dr., Herzogl. Sachs. Schulinspektion, Coburg. 
200Lugenbühl, E., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Malachowsky, E., Dr., Breslau, Tauentzienplatz 1. 

Mangold, E., Beigeordneter des Magistrats, Wiesbaden. 

Maurach, E., Polizeirat, Mülhausen/Els., Magentastr. 5. Beitrag f. 1900 M. 6. 



64 ' Mitglieder -Yerzeichnis. 

Maurer, Dr., Oberrealschuldirektor, Saarbrücken. 

Meininger, Ernst, Stadtrat, Chefredakteur des „Exprefs^^, Mülhausen/Els. 

Merkens, B., Kaiserl. Bentmeister, Mülhausen/Els. 

M eurer, Dr. Carl, Augenarzt, Wiesbaden. 

Meyer, Dr., Gustav, Arzt, Wiesbaden. 

Meyer, W., Stadtbaurat,' Stettin. 
210 Michaelis, Geh. Sanitätsrat Dr., Bad Behburg. 

Mitscherlich, Alex., Prof. Dr., Freiburg/Br. Beitrag f. 1900 M. 30. 

Mollath, A., Stadtverordneter, Wiesbaden. 

Montandon, H., Bentner, Wiesbaden. 

Morgenstern, Adolf, Berlin NO., Wiesenstr. 31, II. 

Moses, Julius, Dr. med., prakt. Arzt und Stadtarzt, Mannheim. 

Mühlheim, Stadt, am Bhein. 

Müller, Oberbürgermeister, Cassel (im Vorstand). 

Müller, K. F., Lehrer, Wiesbaden. 
. Müller, Fr., Stuttgart. 
220 Müller, Johannes, Professor an der Kgl. Kreisrealschule, Augsburg. 

Müller, Th., Kais. Bauinspektor, Strafsburg/Els. 

Müller, Bektor, Wiesbaden. 

Münch, Prof., Bealgymnasial-Direktor, Darmstadt, Grünerweg 19. 

München-Gladbach, Stadtkasse. 

Neu, W., Bektor der k. Industrieschule und der Kreisschule, Augsburg, 
Katharinengasse B. 156. 

de Niem, Landgerichts-Direktor, Wiesbaden. 

Nietzschmann, Dr., Direktor der Elektrizitätswerke, Mülhausen/Els. 

Nölting, E., Prof. Dr., Direktor der Chemieschule, Mülhausen/Els. 

Oberstadt, Dr. med., Sanitätsrat, Königl.Kreisphysikus,Langenschwalbach. 
230 0bertüschen, G., Dr. med., Sanitätsrat, Wiesbaden. 

Oebecke, Dr., Stadtarzt, Breslau, Wallstr. 17, Bureau XV, als Ver- 
treter der Stadt Breslau. 

Ohlert, A., Königsberg/Pr., Tragheimer-Kirchenstr. 37. 

Ortweiler, Dr., Frauenarzt, Wiesbaden. 

Oschmann, Albert, Direktor, Mülhausen/Els. 

Ost ermann, Dr., med. Augenarzt, Mülhausen/Els. 

Ostwald, W., Geh. Hofrat Prof. Dr., Direktor des physik.-chem. Insti- 
tutes, Leipzig (im Vorstand). 

Pabst, Geh. Beg.-Bat, Oberbürgermeister, Weimar (im Vorstand). 

Pagel, Prof. Dr. med., Berlin N., Chausseestr. 85. 

von Parseval, Landgerichtsrat, Ansbach. 
240 Pauli, Dr. med., prakt. Arzt, Lübeck. 

Peerenboom, Oberlehrer, Aachen, Lousbergstr. 19. 

Pfeiffer, Jena, Löbdergraben 8. 

Pfeiffer, Stadtschulrat, Weimar. 

von Pfeil, Joachim Graf, Friedersdorf, Kr. Lauban, Schlesien. 

Pfersdorff, F. G., Spitaldirektor, Mülhausen/Els., Belfortervorstadtstr. 4. 

Pietzker, Professor, Nordhausen. 

Pistor, Geh. Ober-Med.-Bat Dr., Berlin W., Augsburgerstr. 59/60. 

Poehlmann, Margarete, Vorst. der höh. Priv.-Mädchenschule, Tilsit/Ostpr., 
Gartenstr. 38, 






Mitglieder -Verzeichnis. . 65 

Plefsner, Dr., Arzt, Wiesbaden. 
250 Posen, Magistrat. 

Pres 1er, 0., Oberlehrer, Hannover, Lindenstr. 47. 

Preufs, Fr., Dr., k. Gymnasial-Direktor, Culm, Westpreufsen. 

Proebsting, A., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Quad flieg, Kreisschulinspektor, Mülhausen-Land. 

Radziejewski, Max, Dr. med:, Augenarzt, Berlin W., Kleiststr. 42. 

Batibor, Magistrat der Stadt. 

Becknagel, Prof. Dr., Bektor des Bealgymn., Augsburg (im Vorstand). 

Beichlin, Albert, Weinhändler, Altkirch, Oberelsafs, Kornhalleplatz 3. 

Beinert, F., Bechtsanwalt Dr. jur., Direktor der Internat. Baugesell- 
schaft, Frankfurt a./M., Beethovenstr. 67. 
260 Beinicke, E., i. F. Verlagsbuchhandlung Wilhelm Engelmann, Leipzig. 

Beusch, Hugo, Landesbank-Direktor, Vorsitzender der Stadtverordneten- 
versammlung, Wiesbaden. 

Beusch, Joseph, Dr., Oberlehrer, Aachen, Marienplatz 4. 

lleuther & Beichard, Verlagsbuchhandlung, Berlin W., Köthenerstr. 4. 

van Bey, Dr. med., Aachen, Harskampstr. 12. 

Bey-Schervier, L G., Dr., Kinderarzt, Aachen, Annastr. 19. 

Biedler, Geh. Beg.-Bat Prof. Dr., Bektor der technischen Hochschule 
Charlottenburg, Berlin W., Bauchstr. 2. 

Biefser, Justizrat Dr., Berlin W., Lichtenstein- Allee 4. 

Biffel, A., Dr., prakt. Arzt, Prof. der Hygiene an der techn. Hoch- 
schule und Lehrer des hyg. [Jnterrichts an den beiden Lehrersem., 
Karlsruhe, Friedenstr. 17. 

Bimann, F., Sanitätsrat Dr., Hirschberg/Schlesien, Warmbrunnerstr. 34 
270Binkel, Gustav, Stadtschulinspektor, Wiesbaden (im Vorstand). 

Bintelen, Dr. med., Oberstabsarzt, Mülhausen/Els. 

von Bitgen, Hugo, Beg.- und Baurat, Wetzlar. 

Bitschi, Dr. med.. Prof. der Chirurgie, Freiburg/Br. 

Bitter, Karl, Buchdruckereibesitzer, Wiesbaden. • 

Boeder, A., Chefredakteur des Bhein. Kurier, Wiesbaden. 

Bomeifs, Dr., Justizrat, Wiesbaden. 

Bömer, N., Institutsdirektor, München, Kaulbachstr. 31, Gartenhaus. 

Boscher, Gamisonsprediger, Mülhausen/Els. 

Bofs, Dr. phil., Geh. Beg.- und Schulrat, Wiesbaden. 
280Bückert, Julius, Bauunternehmer, Mülhausen/Els., Illzacherstr. 122. Bei- 
trag f. 1900 M. 10. 

Bummel, Dr., Potsdam, Kgl. Gr. Militftr- Waisenhaus. 

Buthe, W., Kurhausrestaurateur, Wiesbaden. 

Sachs, A., Dr. med., prakt. Arzt u. Frauenarzt, Mülhausen/Els. 

Sachs, Wilhelm, Prof. Dr. med., Breslau, Tauentzienstr. 3 a. 

Sachs, Willy, Dr. med., prakt. Arzt u. Spezi alarzt für Chirurgie, Mül- 
hausen/Els. 

Schaper, Dr., Direktor des Herzogl. Bealgymn asiums, Meiningen. 

Scheele, Dr., Geh. Sanitätsrat, Wiesbaden. 

von Scheibner, Dr., Bad Lippspringe. 

Schellenberg, Dr., Arzt, Wiesbaden. 
290 Schellenberg, Alfred, Architekt, Wiesbaden. 

Qesiinde Jugend. I. 1/2. 5 



66 Mitglieder -Verzeichnis. 

* 

Schlesinger, Josef, Dr., prakt. Arzt, Spezialarzt für Augenkranke, 
Breslau, Kupferschmiedestr. 48. 

Schlumberger, Dr. med., Stadtrat, Oberarzt am städt. Erankenhause, 
Mülhausen/Els. 

Schlumberger, Fabrikbesitzerund Keichstagsabgeordneter,Mülhausen/El$, 
Beitrag f. 1900 M. 20. 

Schmid-Monnard, Dr. med., Kinderarzt, Halle a./S (im Vorstand). 

Schmidt, Stadtbaurat, Weimar. 

Schmidt, Dr., Stadtschul-Inspektor, Elberfeld, Strafsburgerstr. 25. 

Schmidt, F., Dr., Direktor der Oberrealschule, Hanau. 

Schmidt-Rimpler, H., Geh. Med.-Bat Dr., Univers.-Prof., Halle a. S. 

Schmithuisen, Dr. med., Aachen, »Allexianergraben 18. 
300 Schmölze, Kais. Landgerichts-Präsident, Geheimer Justizrat, Mülhausen/Els. 

Schneider, Prof. Dr., Direktor des Herzogl. Realgymn., Altenburg, S.-A, 

Schneider, Hand Werkskammerpräsident, Wiesbpiden. 

Schneider, W:, Hauptlehrer, Wiesbaden-Sonnenberg. 

Schnell, Marie, Lehrerin, Wiesbaden 

Schoen, G. A., Mülhausen/Els. 

Schönherr, Oswald, Lehrer, Wiesbaden. 

Schotten, Dr., Oberrealschul-Direktor, Halle a./S. (im Vorstand) 

Schrank, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Schrey, Sanitätsrat Dr., München-Gladbach. 
310 Schröder, Georg, Dr. med., dirig. Arzt der neuen Heilanstalt für 
Lungenkranke, Schömberg, O.-A. Neuenburg, . Württemberg. 

Schubert, Lehrer, Leipzig- Gohlis, Marienstr. 14 (im Vorstand). 

Schulte vom Brühl, Chefredakteur des Wiesb. Tagebl., Wiesbaden. 

Schüller, Prof. Dr., Aachen (im Vorstand). 

Schürmeyer, Dr. med., Hannover. 

Schütz, R., Dr. med., Spezialarzt, Wiesbaden. 

Schwabe, Prof. Dr., Direktor des Realgymnasiums, Krefeld. 

Schwarz, Amtsrichter, Langenschwalbach. 

Schweitzer, Ludwig, Dr. med., Aachen. 

Seit er, Dr., Solingen, Friedrichstr. 41. 
320Serres, C. M., Dr. med., k. Gymnasial-Professor, Culm/Westpreufsen. 

Sittard, Lehrer, Mitgl. d. Abg--H., Aachen, Waelserstr. 146 (im Vorstand). 

Sonnenburg, Rudolf, Dr., Direktor des Grofsherz. Realgymn. Ludwigs- 
lust i. M. (nebst Kollegium der Anstalt). 

Solch, J., Dr. med., bezirksärztl. Stellvertreter, Bahnarzt, Lauingen, Bayern. 

Spancken, Dr., Sanitätsrat, Meschede a./Ruhr. 

Spiegelberg, Joh., Dr. med., Kinderarzt, München, Kobelstr. 1:5. 

Spies, Apotheker, Mülhausen/Els., Zeughausstrafse. 

Spieseke, Dr., Arzt, Oberstabsarzt a: D., Wiesbaden. 

Stähle, Dr., Direktor d. Realgynm. in Schwerin i. M. und Kolleg, der Anstalt. 

von Starck, Prof. Dr., Kiel, Hospitalstr. 4. 
330Staadt, H., Buchhändler, Wiesbaden. 

Stechele, Prof. Dr., Realgymnasium, Eisenach. 

Steinheim, Dr., Sanitätsrat, Augenarzt, Wiesbaden. 

Stempfer, Jacques, Kaufmann, Mülhausen/Els., Strafsburgerstr. 62. Bei- 
trag f. 1900 M. 10. 



Mitglieder -Verzeichnift. 67 

Stettner, Kais. Baurat, Miühausen/Els. 

Stricker, August, Dr., Arzt, Wiesbaden, Adelheidstr. 7. 

Stumpff, Oberregierungsrat a. D., Wiesbaden. 

Teubner, B. G., Verlagsbuchhandlung, Leipzig, Poststr. 3. 

Thaer, A., Prof. Dr., Direkt, d. Oberrealsch. v. d. Holstenthor, Hamburg. 

Thiele, Johannes, Dr., Arzt, Charlottenburg/Berlin, Pestalozzistr. 87a. 
340Thilenius, Dr., Sanitätsrat, Bad Soden. 

Thon, Chr., Stadtrat, Wiesbaden. 

Touton, Carl, Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Tschop p, E., Mülhausen/Els., Ensisheimerstr. 24. 

Ulrich, Gustav, Stuttgart, Reinsburgstr. 48. 

Ungewitter, J., Kgl. Gymnasiallehrer, Dillingen. 

Veesenmeyer, E., Pfarrer, Wiesbaden. 

Victor, W., Prof. Dr., Universität, Marburg i. H. 

Viereck, L., Prof. Dr., Braunschweig. 

Vietor, Gustav, Mittelschullehrer, Wiesbaden. 
SöoVofs, Leopold, Verlagsbuchhandlung, Hamburg. 

Wagner, Ludwig, Dr. med., Arzt u. Gymnasiallehrer, Greiz i.V., Elsterstr. 56. 

Wallach, H., Fabrikbes. u. Stadtrat. Mülhausen/Els. Beitrag f. 1900 M. 6. 

Walter, Gymn.-Dir., Frankfurt a./M., Hermesweg 36 (Musterschule). 

Wann er, Paul, Prokurist, Mülhausen/Els., Sennheimerstr. 1. 

Weddigen, August, Rentner, Wiesbaden. 

Weigert, Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Frankfurt a./M. 

Weintraud, W., Dr. med., Oberarzt, Wiesbaden. 

Weismann, Dr. jur., Wiesbaden. 

Wermbter, H., Dr., Oberlehrer am Kgl. Gymnasium, Rastenburg. 
360Wetekamp, Oberlehrer, Landtagsabgeordneter, Breslau (im Vorstand). 

Wewer, Johannes, Rektor, Wiesbaden. 

Weygandt, Theod., Banquier, Wiesbaden. 

Weyl, Dr., Privat-Dozent, Charlottenburg/Berlin, Carmerstr. 5. 

Wick-Spoerlein, Bürgermeister, Mülhausen/Els., Zimmerleutstr. 19. 
Beitrag für 1900 M. 6. 

Wiesbaden, Stadtmagistrat. 

Wild, Professor, Mülhausen/Els. 

Wilhelm, Otto, Oberreallehrer, Feuerbach bei Stuttgart. 

Wilhelmi, L., Oberstleutnant a. D., Wiesbaden. 

Winckler, Dr., Arzt, Wiesbaden. 
370 Witkowski, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Witt gen, P., Lehrer, Wiesbaden. 

Witt gen, Wilhelm, Lehrer, Wiesbaden. 

Worms, Ortsverein akademisch gebildeter Lehrer, z. H. des Professors 
Kleinen, Worms a./Rh. 

Wrobel, E., Dr., Direktor des Gymnasiums und Realgymn., Rostock, 
St. Georgstr. 75. 

Würzburg, Bezirkslehrer- Verein, Stadt IT, gezeichnet Emil Fufs. 

Wüst, Hauptlehrer, Naurod i. Taunus b. Wiesbaden. 

von Ziegler, Karl, Hauptmann, Rummelsburg bei Berlin. 

Zumkby, Gymnasial-Professor, Eupen. 



Ans den Zweigvereinen. 

Auf der letztjährigen Versammlung des Allgemeinen Deutschen 
Vereines für Schulgesundheitspflege in Aachen wurde die Bildung 
von Zweigverei^ien (Ortsgruppen) geplant. Mittlerweile ist ein 
solcher Verein in Mülhausen i. E. unter dem Namen: „Verein für 
Gesundheitspflege in Schule und Haus'^ auf Anregung von Professor 
Griesbach ins Leben gerufen worden. Auch in Berlin und Leipzig 
wird bereits an der Bildung von Ortsgruppen gearbeitet und wir 
hofiFen, darüber im nächsten Hefte Näheres berichten zu können, 
Der Vorstand des Mülhauser Vereines setzt sich wie folgt zusammen: 

Vorsitzender: WiCK, Bürgermeister der Stadt Mülhausen, 1. Vor- 
sitzender der Schulkommission für den höheren 
Unterricht. 

1. Stellvertreter: Wirth, Direktor der Oberrealschule, Regierungs- 

kommissar bei der Schulkommission für den 
höheren Unterricht. 

2, Stellvertreter: Dr. med. Schlümberger, Oberarzt, Stadtrat, Mit- 

glied der Schulkommission für den höheren 
Unterricht, der städtischen Schulkommission und 
des Kreis- Gesundheitsrats. 
Schriftführer: Meininger, Stadtrat, Mitglied der städtischen Schul- 
kommission. 

1. Stellvertreter: Dr. med. Brazis, Arzt, Stadtrat, Mitglied der Schul- 

kommission für den höheren Unterricht und der 
städtischen Schulkommission. 

2. Stellvertreter: Dr. jur. Helmer, Beigeordneter der Stadt Mül- 

hausen. 
Kassenwart: Dr. med. Ostermann, Augenarzt. 

1. Stellvertreter: Dr. med. Bienstock, Ohrenarzt. 

2. Stellvertreter: Limacher, Mittelschulrektor. 

Beisitzer: 
Feigel, Apotheker. 

Fischer, Direktor der Höheren Mädchenschule. 



Aus den Zweigvereinen. 69 

Prof. Dr. med. und phil. Guiesbach, Vorsitzender des ^^Allgemeinen 
Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege". 

H.ENSLER, Bauunternehmer. 

Dr. med. Hedrich, Arzt. 

Prof. Helmbold, Direktor des Gymnasiums, Regiei-ungskommissar 
bei der Schulkommission für den höheren Unterricht. 

Dr. med. Jjeger, Oherarzt. 

Klug, Rechtsanwalt, Stadtrat, Mitglied der städtischen Schulkom- 
mission, des Orts-Schul Vorstandes und Landesausschufs- Abgeord- 
neter. 

Prof. Dr. phil. Ncelting, Direktor der städtischen Chemieschule, 
Mitglied des Kreis-Gesundheitsrats. 

QuADFLiEG, Kreis-Schulinspektor für Mülhausen-Land. 

ScHWARTZ, Stadtrat, Mitglied des Orts-Schulvorstandes. 

Wallach, Stadtrat, 2. Vorsitzender der Schulkommission für den 
höheren Unterricht und Mitglied der städtischen Schulkommission. 

Erwählt wurden zum Ehrenpräsidenten: 
ScHLUMBERGER (Theodor), Reichstagsabgeordneter und Fabrikant, 

zu Ehrenmitgliedern: 
Dr. jur. DiECKHOFF, Kreisdirektor von Mülhausen, 1. Vorsitzender 

des Kreis-Gesundheitsrats. 
DoLLFUS (Aug.), Stadtrat, Präsident der Industriellen Gesellschaft 

und Mitglied der städtischen Schulkommission. 
Dr. med. K(ECHLIX, Oberarzt, Mitglied des Kreis-Gesundheitsrats. 
ScHLUMBERGER (Albert), 2. Vorsitzender des Kreis-Gesundheitsrats. 
Schmölze, Landgerichts-Präsident und Geheimer Ober-Justizrat, Mit- 
glied der Schulkommission für den höheren Unterricht. 

Die Satzungen des Vereins lauten wie folgt: 

Unter dem Namen: „Verein für Gesundheitspflege in 
Schule und Haus" hat sich für Mülhausen und Umgegend ein 
Zweigverein des „Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesund- 
heitspflege" gebildet, welcher sich am 4. März 1901 folgende Satzungen 
gegeben hat: 

§1- 

Der Verein hat seinen Sitz in Mülhausen. 

§ 2. 
Der Verein bezweckt die Verbesserung der gesundheitlichen 
Verhältnisse und die Verbreitung der Lehren der Gesundheitspflege 
insbesondere in den Schulen. 



70 Aus den Zweigvereinen. 

§3. 

Der Verein wird von einem Vorstande geleitet. Die Amtsdauer 
des Vorstandes beträgt zwei Jahre, Wiederwahl ist zulässig. Der 
Vorstand setzt sich zusammen aus: 

einem Vorsitzenden, einem Schriftführer, einem Kassenwart, je 
zwei Stellvertretern derselben und zehn bis zwanzig Beisitzern. 

§ 4. 

Der Vorstand verteilt die Amter unter sich, hat das Recht 
Ehrenmitglieder vorzuschlagen und aufserhalb des Vereines stehende 
Sachverständige zu den Beratungen heranzuziehen. Der Vorstand 
tritt mindestens viermal im Jahre zu einer Vorstandssitzung zu- 
sammen. 

§5. 

Der Generalversammlung liegt es ob: 

a) Die Neuwahl des Vorstandes vorzunehmen, 

b) Aus ihrer Mitte zwei Rechnungsprüfer für die Prüfung der Jahres- 
rechnung zu ernennen und dem Vorstande Entlastung zu erteilen, 

c) Über sonstige Angelegenheiten zu entscheiden, deren Erledigung 
ihr durch Vorstandsbeschlufs im Einzelfalle unterbreitet wird, 

d) Anträge, insbesondere auch auf Satzungsänderungen, vorzubringen 
imd darüber zu beschliefsen, 

e) Über die Wahl der vorgeschlagenen Ehrenmitglieder zu ent- 
scheiden. 

§6- 

Vorstand und Generalversammlung beschliefsen mit einfacher 
Mehrheit der Abstimmenden. Bei Stimmengleichheit giebt der Vor- 
sitzende den Ausschlag; handelt es sich jedoch um Wahlen, so ent- 
scheidet bei Stimmengleichheit das Los. 

§ 7. 

Der Vorstand ist beschlufsfähig, wenn mindestens ein Drittel 
seiner Mitglieder anwesend ist. Die Generalversammlung ist bei 
jeder Anzahl der Anwesenden beschlufsfähig. 

§8. 

Der Schriftführer beurkundet die Beschlüsse der Versammlungen 
und der Vorsitzende hat das von der Versammlung genehmigte Pro- 
tokoll zu unterzeichnen. 



Aus den Zweigvereinen. 71 

§9. * 

. „Mitglied des Vereines kann jede volljährige Person ohne An- 
sehen des Geschlechts werden. Wer jährlich mindestens 2 M. an 
die Vereinskasse entrichtet, ist Mitglied des Zweigvereines; wer 
jährlich mindestens 5 M. - entrichtet, ist Mitglied sowohl des Zweig- 
vereines als auch des „Allgemeinen Deutschen Vereines für Schul- 
gesundheitspflege", dem von diesem Betrage 3 M. zufliefsen. Die 
znletzt genaniitön Mitglieder erhalten, als Gegenleistung fiir den ge- 
zahlten Beitrag, die vom Allgemeinen Vereine herausgegebene Zeit- 
schrift für Schulgesundheitspflege franko zugesandt. 

Gemeinden, Vereine etc. können die Mitgliedschaft erwerben 
gegen einen vom Vorstand festzusetzenden Beitrag. 

§ 10. 

Mindestens zweimal im Jahre findet eine Generalversammlung 
unter der Leitung des Vorstandes statt, in welcher Vereinsangelegen- 
heiten erledigt werden. 

§ 11. 

Auf Veranlassung des Vorstandes werden jährlich mehrere, jeder-* 
mann zugängliche Vorträge in deutscher oder französischer Sprache 
aus dem Gebiete der Gesundheitspflege gehalten. 

§ 12. 

Das Geschäftsjahr des Vereines endet mit der ersten General- 
versammlung eines jeden Kalenderjahres; dieselbe mufs im ersten 
Vierteljahr stattfinden. Am Schlüsse dieser Versammlung wird die 
Rechnungsprüfung vorgenommen und der neue Vorstand (alle zwei 
Jahr) in geheimer Abstimmung gewählt. 

§ 13. 

Die Mitgliedschaft erlischt durch eine dem Vorsitzenden ein- 
gereichte schriftliche Austrittserklärung, sowie durch Verweigerung 
der Beitragszahlung, 

§ 14. 

Die Auflösung des Vereines kann nur in einer Generalversamm- 
lung beschlossen werden, wenn mindestens drei Viertel der Mit- 
glieder sich mündlich oder schriftlich dafür erklären; im Falle der 
Auflösung wird das Vermögen des Vereines nach Ermessen der 
letzten Generalversammlung einem wohlthätigen Zwecke in Mülhausen 
überwiesen. 



72 Aus den Zweigvereinen. 

Die Mitgliedskarten haben nachstehende Form erhalten: 

Verein für Gesundheitspflege in Schnle nnd Hans 

Mülhausen (Elsass) 



Mitgliedskarte auf das Jahr 1901 



für 



Jährlicher Beitrag: 
für den Zweigverein. . . . M. 
für den Central verein . . . „ 



M. 



Der Kassenwart: 



Diese Karte dient als Quittung für den gezahlten Jahresbeitrag. 



Besprechungen. 

Banr, IJ.^ Dr. med., Seminararzt in Gmünd: Die Hygiene der Leibes- 
übungen. Anleitung zu gesundheitsmäfsigen körperlichen Übungen. 
Für Turnlehrer, Lehrer und Arzte. Mit 43 Abbildungen im Text und 
2 Tafeln. Stuttgart,Muth'sche Verlagsbuchhandlung, 1901. (200Seiten.) 

Bereits in der Einleitung wird das Interesse des Leders in Anspruch 
genommen und mit einer gewissen Spannung tritt man in die Lektüre 
der einzelnen Abschnitte ein. Der 1. Abschnitt beschäftigt sich mit der 
Anatomie und Physiologie des Körpersystems in populärer Darstellung. 
Die meisten Abbildungen für diesen Abschnitt sind dem bekannten ana- 
tomischen Atlas von C. Heitzmann entnommen. Einiges ist zu berich- 
tigen: S. 9 Zeile 21 — 24 enthält Unverständliches; gemeint ist die 
Pulpahöhle des Zahnes mit ihrer bindegewebigen, Gefäfse und Nerven 
führenden Pulpa. — Mit der auf S. 20 in der Fufsnote gegebenen Er- 
klärung des Wortes Muskel können wir uns nicht einverstanden erklären. — 
Wenn man anatomisch einmal daran festhält, den minderbeweglichen 
Skeletteil, zu welchem ein Muskel in Beziehung steht, als den Ursprung 
des Muskels zu bezeichnen, so dürfte die Angabe über Ursprung und 
Ansatz des „Kopfnickers" — S. 27 — besser umgekehrt lauten. Statt 
des Wortes „allein" in Zeile 11 von unten sollte es deutlicher 
heifsen „einseitig" (unilateral); hinsichtlich der Wirkung des Muskels 
wäre noch ein Zusatz am Platze gewesen. S. 45 ist der Vergleich der 
Aorta mit einem Gigerlstock wohl wenig zutreffend Gigerlstöcke sind 
doch entweder besonders dünn oder übertrieben dick. Seite 47 Z. 3 
von unten ist der Druckfehler qmm zu beseitigen. Statt Hämaglobin 
S. 48 sagt man gewöhnlich Hämoglobin. Die auf S. 49 in Klammem 
gesetzte Angabe muTs auf den Laien den Eindruck machen, als ob 
Nasenmuscheln und Ohoanen dassiBlbe wären. Die Abbildung auf S. 49 
und die zugehörige Darstellung auf S. 50 könnten unseres Erachtens zu 
irrtümlicher Vorstellung Veranlassung geben. — Den Unterschied im 
männlichen und weiblichen Eespirationstypus — - S. 51 — lediglich 
durch Anpassung zu erklären, halten wir doch nicht für statthaft. — 
Zeile 17 auf S. 57 bitten wir den Autor nochmals zu lesen und gestatten 
uns, für den Schlufs der Seite auf die drahtlose Telegraphie hinzuweisen. 

Der zweite und dritte Abschnitt des Buches beschäftigt sich^mit 
dem Einflufs der Leibesübungen auf die Thätigkeit der Organe im all- 
gemeinen imd auf die einzelnen Organsysteme. Bei der Besprechung des 
Nervensystems entwickelt der Verf. ein klares Bild der En&üdungd- 
zustände, betont, dafs das Arbeiten in der Ermüdimg besonders angrei- 
fend wirkt, und weist auf das Unhygienische der Lage von Turnstunden 



74 Besprechnngen. 

zwischen wisseiischaitlichen Unterrichtsstunden hin. Becht belehrend für 
den Laien sind die Mitteilungen über den EinfluTs der Gymnastik auf 
Gefäfssystem und Atmung — S. 80 Zeile 32 ist Alveolen zu lesen — 
sowie insbesondere die Leitsätze auf S. 81. Der vierte Abschnitt ist 
betitelt: Wesen und Schaden der Körperübungen im allgemeinen. Ähn- 
lich wie man bei der Ausbildung der Bekruten — durch Fortschreiten 
vom Einfachen zum Komplizierteren — verfährt, mufs auch der Turn- 
unterricht in der Schule geregelt werden, doch ist dabei auf Lidividuali- 
tät der Schüler streng Bücksicht zu nehmen, wenn man nicht schaden 
will. Ln 5. Abschnitt widmet der Verfasser den verschiedenen Arten 
der Körperübungen eingehende Betrachtungen. Freiübungen verdienen 
vom hygienischen und pädagogischen Standpunkte aus die wärmste Em- 
pfehlung. Bei der Beschreibung der einzelnen Freiübungen und der 
später folgenden Übungen an und mit Geräten erhält man zugleich eine 
Anleitung zur Ausführung der Übungen, sowie eine Übersicht über die 
dabei in Betracht kommenden Muskeln. Ein kaltes Bad (S. 106) wäh- 
rend des Marsches oder kurz nach demselben halten wir bei den nißht 
unbedeutenden Erregungszuständen der verschiedensten Gewebe und 
Organe für ungeeignet. Wir können uns auch nicht der Ansicht — 
S. 109 — anschliefsen, dafs nur derjenige Tourist, welcher der Er- 
schöpfung nahe ist, von der sogenannten Bergkrankheit befallen 
wird. TreflFlich ist der Abschnitt über Jugendspiele geschrieben, imd 
sehr zu beherzigen ist der Hinweis auf das Gute des englischen Ver- 
fahrens. Wenn aber der Verf. S. 120 meint, das gestörte Gleichgewicht 
zwischen Arbeit und Erholung liefse sich ohne „Herabsetzung der Unter- 
richtsziele und Verringerung des Unterrichtsstoffes" erreichen, so ist dies 
unseres Erachtens nicht möglich. In den höheren Schulen liegen die 
Verhältnisse derartig, dafs für Jugendspiele keine oder doch nicht ge- 
nügend Zeit bleibt. Der Verf. sagt ja selbst auf S. 196 „der Morgen 
dem Geist, der Nachmittag dem Körper^'. Wo soll denn der arbeitsfreie 
Nachmittag zur Ausübung von Tum- und Jugendspielen aller Art her- 
kommen, wenn Stundenzahl, Stoff und Ziele statt vermindert immer 
noch vermehrt werden? Im 6. Abschnitt werden wichtige Dinge über 
Beziehungen zwischen Alter und Leibesübungen, über das Turnen des 
weiblichen Geschlechtes, sowie über VorsichtsmaTsregeln und Unglücks- 
fälle lehrreich erörtert. Der 7. Abschnitt beschäftigt sich mit den 
Körperübungen bei Krankheiten verschiedener Organe. Der 8. Abschnitt 
bespricht die Hygiene der Tumobjekte, der 9. Abschnitt die ärztliche 
Tumauf sieht. Dafs die Turnhallen allen Anfordenmgen der Hygiene 
entsprechen müssen, kann nicht genug betont werden. Hierin wird 
leider noch häufig gesündigt. Referent hat viele Turnhallen auf ihre 
hygienische Brauchbarkeit revidiert und verhältnismäfsig wenige gefunden, 
die in gutem Zustande gehalten wurden. Der 10. Abschnitt endlich 
bringt recht zu beherzigende Schlufssätze. Eine Tabelle nach Art der 
des Verf. über den Nutzeffekt der einzelnen Leibesübungen in den ver- 
schiedenen Altersstufen sollte in jedem Tumsaale angebracht werden. 
Allgemein gesprochen ist das Buch ein durchaus brauchbares zu nennen 
und man kann es den Schulbehörden empfehlen. Griesbach. 



Besprechungen. 75 

Baur^ U.^ Dr. med., Seminararzt in Gmünd: Die Gesundheit in der 
Schule. Ban und- Thätigkeit des menschlichen Körpers. 
Allgemeine Gesundheitslehre. Schulgesundheitspflege im be- 
sonderen. Für Schulvorstände, Lehrer und Schulamtskandidaten. 
Mit 37 Ahbildungen im Text und 7 farbigen Tafeln. Stuttgart, 
Muth'sche Verlagsbuchhandlung, 1901. (380 Seiten.) 
Der* erste Teil beschäftigt sich mit der Gesundheitspflege im all- 
gemeinen. Die Einleitung ergeht sich über statistische Beobachtungen, 
um die Wichtigkeit und Notwendigkeit des tieferen Eindringens der 
Hygiene in das Volk hervorzuheben. Der erste Abschnitt behandelt den 
Bau und die Thätigkeit des menschlichen Körpers. Die Angabe, dafs 
das Nagelbest keine Papillen besitze (S. 19), ist unrichtig. Die Be- 
zeichnimg „acinöse" Drüsen (S. 20) sollte durch „alveoläre" Drüsen er- 
setzt werden. Die Beschreibung des Bückenmarkbaues bleibt für den 
Laien unverständlich. Was soll sich dieser dabei denken, wenn es S. 21 
heifst: „die graue Substanz ist doppelhomartig angelegt"? Dafs die 
Arachnoidea am Bückenmarke fehle, beruht auf Irrtum. Die Genese der 
Cerebrospinalflüssigkeit, insbesondere beim Wasserkopf, einfach auf eine 
Abisonderung der Hüllen zurückzufahren (S. 24), halten wir für gewagt. 
S. 36 Z. 12 von oben soll es statt Centimeter Millimeter heilsen. — Die 
auf S. 37 gemachte Angabe über die Pflanzen führt notwendig zu einer 
irrtümlichen Auffassung — auch ohne wissenschaftliches Beiwerk hätte 
recht gut von Bespiration und Assimilation gesprochen werden können. 

— Bei der Mitteilung (S. 41) „die Ausscheidung der Kohlensäure in 
24 Stunden beträgt ca. 1000 Gramm" hätte wohl hinzugefügt werden 
müssen: zwischen dem 18. und 24. Lebensjahre, denn die Menge steht 
in Beziehung zum Alter. — Die Angabe (S. 42) über die Zahl der Atem- 
züge ist zu korrigieren; selbst wenn wir das Wort „täglich" als Druck- 
fehler betrachten und „stündlich" dafür setzen, stimmen die Zahlen nicht. 

— Die Zahl 450 qcm S. 42 Z. 14 ist im Druckfehlerverzeichnis durch . 
150 ersetzt, darunter wäre dann das Areal der Alveolenkapillaren zu 
verstehen. S. 49 Z. 7 ist unklar. — Der 2. Abschnitt behandelt die 
Körperpflege im allgemeinen. Ernährung, Kleidung und Wohnung, Buhe 
und Arbeit, ansteckende Krankheiten und deren Verhütung, Erkältung 
und Abhärtimg werden lehrreich besprochen. — Der 3. Abschnitt be- 
schäftigt sich mit den speziellen Begeln der Gesundheitspflege: Pflege der 
einzelnen Organe. Daran schliefst sich das Verhalten bei Krankheiten 
mit einer Aufzählung von allerhand Hausmitteln, wobei leider einige 
Fehler in der lateinischen Nomenklatur auftreten. Unseres Erachtens 
hätten die zum Teil obsoleten Droguen, über deren Zubereitung dem 
Laien nichts gesagt wird, wegbleiben können. Es folgt eine Besprechung 
über Hilfeleistungen bei Unglücksfällen und über Krankenpflege. Auf 
S. 148 sollte ein Minutenthermometer, namentlich bei der Messung an 
Kindern, dringend empfohlen werden. — Der 2. Teil ist der „Schul- 
gesundheitspflege im besonderen" gewidmet und zerfällt in einen Ab- 
schnitt über subjektive Schulhygiene, die sich mit den Schulkindern und 
Lehrern in gesunden und kranken Tagen beschäftigt, in einen Abschnitt 
über objektive Hygiene, die sich auf die Einrichtungen der Schule be- 
zieht, und in einen Abschnitt über die ärztliche Aufsicht in den Schulen. — 



76 Beflprechungen. 

Was der Verf. S. 165 ff. von der Kinderarbeit sagt, betrifft in erster 
Linie natürlich die Zöglinge der Volksschulen, unter den Schulkrank- 
heiten werden die Veränderungen am Skelet in Zusammenhang mit der 
Subsellieneinrichtung und den Schriftarten eingehend besprochen. In 
dem Kapitel: Beschädigungen des Nervensystems imd Überbürdimg hätten 
sich ganz passend die Wirkungen der verschiedenen Unterrichtssysteme 
und die Frage, ob der Unterricht auf konkreter oder abstrakter Basis 
aufzubauen ist, einreihen lassen, denn diese Dinge stehen mit der Schul- 
hygiene im innigsten Zusammenhange. Auch das Eingehen auf die Be- 
ziehungen des Vor- und Nachmittagsunterrichtes zur Hygiene hätte man 
wohl erwarten dürfen. — Was die Methoden zur Messung der Ermüdung 
anbetrifft, so glaube ich doch darauf hinweisen zu müssen, dafs die von 
mir und später von Vannod und Wagner angestellten ästhesiometrischen 
Untersuchungen im wesentlichen übereinstimmende und auch konstante 
Ergebnisse lieferten. Auch bin ich noch heute der Ansicht, dafs dieses 
Verfahren, wie ich schon in der Zeitschrift für Schulgesundheitspflege, 
Jahrg. 10, S. 659, betonte, den Ebbinghaus' sehen Methoden vorzuziehen 
ist. — Was der Verf. über Pausen und Hausarbeiten sagt, ist sehr zu 
beherzigen. — Auf S. 266 hätten wohl die Niederdruckdampfluftheizung 
imd die Gasheizung in erster Linie erwähnt werden dürfen. — Den auf 
S. 273 geäufserten Ansichten des Verf., dafs Blutstauungen der Schüler 
mit Unrecht der Schule in die Schuhe geschoben würden, können wir 
uns nach eingehenden Untiersuchungen an Schülern höherer Lehranstalten, 
die durch Hausindustrie überhaupt nicht belastet waren, nicht anschliefsen. 
Bei sechs- bis achtstündigem Sitzen in der Schule und drei- und mehr- 
stündigem Sitzen behufs Anfertigung der häuslichen Schulaufgaben darf 
man sich nicht wundem, wenn Blutstauungen und die damit verbundenen 
Folgezustände eintreten. Mit dem Kapitel über Schulstrafen S. 276 f. 
können wir ams nicht einverstanden erklären. Schulstrafen, die auf 
Strafarbeiten und körperliche Züchtigung hinauslaufen, sind Aus- 
flüsse tyrannischer Willkür oder traurigen Unvermögens der Lehrer. — 
Die Art der Behandlung und Darstellung der psychopathischen Minder- 
wertigkeiten für den in Betracht kommenden Leserkreis verdient alle 
Anerkennung. — Fassen wir unser Gesamturteil über das Buch kurz, so 
lautet es: Das Buch füllt insofern eine Lücke in der Litteratur aus, als 
es den behandelten Stoff in durchaus populärwissenschaftlicher Form 
giebt. Für Hygieniker und Arzte ist es nicht geschrieben, wohl aber 
pafst es für Schulvorstände, Lehrer und Schulamtskandidaten. Diesem 
Leserkreise bjetet es in übersichtlicher Weise an der Hand eines reichen, 
mit Fleifs und Geschick zusammengetragenen Materials eine Fülle des 
Wissenswerten, es regt zur selbständigen Beobachtung an und wird ge- 
wifs dazu beitragen können, dafs die Lehren der Hygiene mehr Berück- 
sichtigung in den Schulen finden und aus dem Munde der Lehrer in das 
Volk dringen. s . Griesbach. 



Besprechungen. 7 7 

Wermbter, H., Dr., Oberlehrer am Königl. Herzog -Albrecht- Gym- 
nasium zu Bastenburg (Ostpr.)^ Die höhere Sohiillaufbahn in 
PreiifBen, statistisch beleuchtet. Schalke, Verlag von E. Kannen- 
giefser, 1901. (66 Seiten.) 
Der Verfasser hat in dieser kleinen Schrift den Versuch unter- 
nommen, „in möglichster Knappheit und unter Vermeidung polemischen 
Beiwerkes die statistischen Thatsachen darzulegen, die bisher über die 
höhere Schullaufbahn verbreitet sind". Er geht dabei von der Vor- 
bereitung auf die höhere Schullaufbahn aus; diese beginnt mit Ablegung 
der Reifeprüfung im Durchschnitt in der zweiten Hälfte des 20. Lebens- 
jahres; das durchschnittliche Mindestmafs des Studiendauer für 
den Philologie- Studierenden beträgt mit Einschlufs der für die Lehramts- 
prüfung erforderlichen Vorbereitungszeit 11 Semester, bei 60 — 70 Proz. 
aber 14 — 15 Semester -^ an welchen Verhältnissen nach der Meinung 
des Verfassers auch durch die neue Prüfungsordnung von 1898 nichts 
Wesentliches geändert werden wird. Mit Einbeziehimg der praktischen 
Vorbereitungszeit für die Kandidaten des höheren Schulamts erhöht 
sich das Mindestmafs auf 1^^ bis 8 Jahre, resp. auf 9% bis 10 Jahre, 
d. h. die „Begünstigten" erreichen die Anstellungsfähigkeit im Laufe 
des 28., die „Verspäteten" erst gegen Ende des 29. oder im Laufe des 
30. Lebensjahres. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt 4 Jahre, so 
dafs eine endgiltige Anstellung für den Philologen (wie für den Richter) 
erst gegen Ende des 33. Lebensjahres zu erwarten ist. — Ln zweiten 
Hauptschnitt zieht Verf. die Lage der höheren Lehrer im Amte in 
nähere Betrachtung, während zunächst die Validitätsverhältnisse auf 
Grund statistischer Ermittelungen (nach Knöpfel) im Vergleich zu anderen 
akademisch gebildeten Beamtenklassen übersichtlich zusammengestellt 
und als für den Lehrer besonders ungünstig dargethan werden (sie haben 
das niedrigste Ausscheidealter und daher auch die kürzeste 
definitive Dienstzeit). Der Lehrerberuf ist, wie W. in überzeugender 
Weise entwickelt, eben keineswegs* ein ruhiger, die Kräfte schonender, 
„vielmehr der anstrengendste, die Kräfte weitaus am frühesten aufreibende 
Beruf unter allen höheren amtlichen Laufbahnen". Die Beförderungs- 
aussichten für die höhere Schullaufbahn — Direktoren, Provinzial- 
schukäte u. s. w. — sind sehr gering (noch nicht jeder Fünfzehnte kann 
in eine höhere Stellung gelangen, während bei den Juristen jeder Sechste 
bereits avanciert). Hinsichtlich der „ideellen Bewertung der höheren 
Schullaufbahn" ergiebt sich, dafs das dem höheren Lehrerstande zu- 
gemessene Mafs von Titeln und Würden „äuTserst dürftig" ist. Der Verf, 
vermifst hierbei ansprechende, den modernen Verhältnissen Rechnung 
tragende Titulaturen und solche, die dem Stande wirklich ganz allein 
zugehören und diese Zugehörigkeit zum Stande bis in die höchsten Stel- 
lungen hinein zum Ausdruck bringen (nicht aber, wie z. B. durch den 
„Regierungsrat" geschieht, verwischen). Endlich hinsichtlich der mate- 
riellen Bewertung der höheren Schullaufbahn sind die Resultate (wie 
Verf. zum Teil im Widerspruch mit den Angaben von Lexis festzustellen 
sucht) noch ungünstiger. Verf. schliefst sich hier ganz und gar den von 
Hoofe formulierten Sätzen an, wonach die Oberlehrer von allen höheren 
Beamten das niedrigste Anfangsgehalt, die ungünstigsten Aufrückungs- 



78 Besprechungen. 

Verhältnisse hahen, das Höchstgehalt am spätesten erreichen und dem- 
zufolge auch unter den ungünstigsten Pensionsverhältnissen laborieren. — 
Zum Schlufs wiederholt und begründet der Verf. die schon oft erhobene 
und bisher seitens der ünterrichtsverwaltung stets zurückgewiesene For- 
derung, die höheren Lehrer den Bichtern unterster Instanz 
gleichzustellen — ; als eine Maisregel, die nicht länger hinausgeschoben 
werden darf, soll nicht der jetzt schon fühlbar hervortretende Mangel an 
jüngeren Lehrkräften in der höheren Schullaufbahn zur Kegel werden 
und somit unserem höheren Schulwesen überhaupt eine schwere Gefahr 
drohen. A. Eulenburg (Berlin). 

Schröder, Heinrich, Dr., Ferioulnm in mora. Weiteres zur Ober- 
lehrerfrage Schalke i. Westf., Verlag von E. Kannengiefser, 1901. 
(51 Seiten.) 

Der durch seine früheren Schriften und sein (vom Regierungstische 
als „agitatorisch" bezeichnetes) Wirken in der Oberlehrerfrage seit Jahre be- 
kannte Verfasser weist hier den im Abgeordnetenhause gegen seine Dar- 
stellung gerichteten Vorwurf der Übertreibung zurück. Er weist die 
Ursache der schon seit längerer Zeit bestehenden, nicht erst durch seine 
Schriften hervorgerufenen und stetig anwachsenden Unzufriedenheit der 
Oberlehrer in einer Beihe von Thatsachen nach, die sich mit den in der 
Wermbter'schen Brochüre hervorgehobenen vollständig decken, und ge- 
langt auch bei dem Vergleiche der Gehalts- und Beförderungsverhältnisse 
der Oberlehrer mit Oberförstern, höheren Technikern, Archivaren, Biblio- 
thekaren u. s. w. zu einem für den Oberlehrerstand durchaus ungünstigen 
Ergebnis. Die Forderung der Oberlehrer, den Richtern im Gehalt und 
Rang gleichgestellt zu werden, ist auch von richterlicher Seite (Amts- 
gerichtsrat Dr. Weihe im Abgeordnetenhause) neuerdings als „durchaus 
berechtigt" anerkannt worden. A. Eulenburg (Berlin). 

«. 

Starck, Panl^ approb. Arzt aus Stralsburg i. E., Selbstmord' in der 
Sohiile. Inaugural-Dissertation. Strafsburg 1900. 

In dieser auf Anregung und unter Leitung von Prof. Levy in Strafs- 
burg gearbeiteten Dissertation hat der Verf. ein ziemlich reichhaltiges 
Material über Schülerselbstmord zusammengestellt, und aus der von ihm 
beigebrachten Statistik eine Reihe beachtenswerter Folgerungen abgeleitet. 
Um die zum Selbstmord führenden Schädlichkeiten nach Möglichkeit zu 
beseitigen, empfiehlt er ein „Zusammenarbeiten von Lehrer und Arzt", 
d. h. mit anderen Worten die Einführung von Schulärzten auch an den 
höheren Schulen. Auf die Erziehung im Eltemhause läfst sich leider 
nicht viel einwirken; doch sollten auch hier alle Hebel in Bewegung 
gesetzt werden, um auf eine einfache und nicht modern überreizte Er- 
ziehung hinzuwirken. Die Überbürdung, die zwar kein direktes, aber 
doch ein „letztes, gewissermafsen auslösendes" Moment mancher Selbst- 
raordfälle bildet, zu beseitigen, ist „Sache unserer leitenden Schulmänner'^. 

A. Eulen bürg (Berlin). 



Besprechungen. 79 

Laquer^ Leopold^ Sr.^ Die Hilfasohulen für sohwachbefähigte 
Kinder, ihre örtliche und sosiale Bedeutung. Wiesbaden, J. F. Berg^ 
mann, 1901. (64 Seiten.) 

Unter vorstehendem Titel veröffentHoht Laquer die weitere Aus- 
führung eines auf der 25. Wanderversanmilung süd westdeutscher Neuro- 
logen und Irrenärzte zu Baden-Baden gehaltenen Vortrags. Dem gehalt- 
vollen Schriftchen geht ein Vorwort von Kraepelin als verdiente und in 
diesem Falle besonders berechtigte Empfehlimg vorauf. Der von Laquer 
näher durchgeführte Plan der Einrichtung ärztlich überwachter 
Hilfsschulen knüpft ja in der That an üühere von Kraepelin selbst 
ausgehende Anregungen an, die Schüler nach ihrer Begabung mög- 
lichst zu trennen und so einerseits auch die schwächeren Kräffce zur 
Entfaltung zu bringen, andererseits die Klassen von dem Bleigewicht der 
Unbegabten und Zurückbleibenden zu entlasten. Die von Laquer für 
diesen Zweck anempfohlenen, in einer Beihe von Schlufsergebnissen zu- 
sammengefafsten Gesichtspunkte verdienen unzweifelhaft die ernsteste Be- 
achtung aller, die ' sich f&r diesen bedeutsamen Zweig der Unterrichts- 
hygiene vom pädagogischen und ärztlichen Standpunkte aus interessieren. 
Möchte ihm diese Beachtung auch seitens der mai'sgebenden und leitenden 
Kreise imserer Unterrichtsverwaltung in gebührendem Mafse zu Teil 
werden! A. Eulenburg (Berlin). 

Lobedank^ E., Dr., Oberarzt in Strafsburg i. E., Die Gesundheits- 
pflege der Jugend im sohulpflichtigen Alter. 1900. Strafsburgi.E., 
Bull. (195 Seiten.) 

Das Buch ist, wie sich aus dem Vorworte ergiebt, für Lehrer und 
Eltern geschrieben. Es beginnt mit der Besprechung der Krankheiten 
in ihren Beziehungen zur Schuljugend und erörtert im 1. Kap. 
zunächst die Infektionskrankheiten. Zu S. 4 ist zu bemerken, dafs 
die Malariaparasiten keinen FaUs auf totem Material in unserer Um- 
gebung leben, sondern lediglich in verschiedenen Organen gewisser 
Mückenarten und im Blute des Menschen. — Gegen den Ölfarbenanstrich 
der Schulzinmierwände (S. 11) sind deswegen Bedenken zu erheben, weil 
darunter die natürliche Ventilation Einbufse erleidet: Täfelung (Paneel) 
und Leimfarbenan strich sind vorteilhafter. — Man kann die Vorsicht 
auch übertreiben: Was hat es denn für einen Zweck, wenn jedes Kind 
(S. 21) mit einem Löffel antritt, um sich von dem Lehrer in den Eachen 
schauen zu lassen? Der Lehrer möge getrost einen und denselben für 
diesen Zweck bestimmten Löffel verwenden und ihn nach jeder Benutzung 
in der Spiritus- oder Gasflamme erhitzen. — „Sie küfsten sich auf eines 
Kindes Mund^\ sagt der Dichter. Derartige Liebesbezeugungen sind zwar 
sehr poetisch aber — darin hat der Verf. auf S. 22 durchaus recht — 
ganz unhygienisch. Nur hätte der Verf. seine Bedenken den zärtlichen 
Verwandten in etwas milderer Form ausdrücken können. — Der Kriegs- 
zug gegen die Impfgegner (S. 24) ist in einem für das Publikum ge- 
schriebenen Buche freudig zu begrüTsen. 

Das 2. Kapitel beschäftigt sich mit der Skoliosegefahr und nimmt 
in dankenswerter Weise auf die obligatorische Einführung der Steilschrift 



80 Besprechuiigeii. 

sowie auf erhöhte Vorsichtsmafsregehi im Elternhause als wichtige Ver- 
hütungsmittel Bedacht. 

Im 3. Kapitel werden Accommodations- und Befractionsano- 
malien in einer f&r den Laien interessanten und verständlichen Weise 
abgehandelt. 

Im 4. Kapitel werden Nervenkrankheiten besprochen. Sehr lesens- 
wert für den Laien ist das 5. Kapitel, welches sich mit Ohren-, Nasen- 
und Mundkrankheiten befaXst. Bei gewissenhaftem Bürsten der Zähne 
nach der Mittagsmahlzeit und vor der Nachtruhe genügt es, die Mund- 
höhle Morgens mit £rischem Wasser auszuspülen, dem eine kleine Menge 
eines geeigneten Besinficiens zugesetzt wird. Das Beinigen der Zähne 
mit Seife (S. 84) ist unappetitlich. Der stete Gebrauch eines 2iahn- 
stochers ist ebenso unappetitlich und kann auch das Zahnfleisch beschä- 
digen. 

Der II. Abschnitt des Buches ist der Hygiene der Arbeit gewidmet. 
Scheint es nur so, dafs die geistige Ausbildung vor der körperlichen in 
den Schulen den Vorzug hat? (S. 86.) Unseres Erabhtens ist es wirk- 
lich so. Dadurch, dafs man, wie auf S. 87 angeraten wird, bei den 
Klagen über Überbürdung, wo solche besteht, eine gewisse Enthaltsamkeit 
bewahrt, wird die Sache nicht besser. Auf S. 94 meint der Verfasser, 
wir könnten mit Becht zu den Schulmännern das Vertrauen haben, dafs 
sie überflüssigen Ballast aus den Lehrplänen entfernen. Man sehe sich 
einmal die neuen Lehrpläne an oder nehme an einem Abiturientenexamen 
teil, da wird man bald gewahr, dafs man nicht allzu vertrauensselig sein 
darf. Die Zugeständnisse, welche der Verf. auf S. 94 dem Auswendig- 
lernen als Strafmittel macht, können wir nicht billigen. Ein derartiges 
Strafmittel sollte überhaupt nicht angewandt werden, jedenfalls ist es 
entbehrlich, gehört also nicht zu dem unentbehrlichsten Mafs, auf welches 
aller Memorierstoff nach des Verf. Forderung auf S. 97 einzuschränken ist. 
Betreffs der Mitteilungen auf S. 97 und 98 halten wir es für irrtümlich, j 

wenn der Verf. glaubt, dafs zum Besuch des Gymnasiums ein intelligenterer, [ 

besser begabter Schüler gehört, als zum Besuch einer Bealanstalt. Daraus, I 

dafs ein Schüler für die Antike kein Interesse, bezw. kein Verständnis 
zeigt, vielleicht aber für exakte und moderne Wissensgebiete, die in den 
Bealanstalten im Vordergrunde stehen, darf man gewifs nicht auf eine 
minderwertige Begabung schliefsen. Was der Verf. auf S. 99, 100, 103, 
104, 106, 108 über die Nörmietnng der Arbeit, insbesondere über das 
Memorieren, femer über die Verkürzung der Unterrichtszeit im Sinne von 
Zimmermann und Falk, sowie über die Zusammenziehung des ganzen 
Unterrichtes auf den Vormittag sagt, ist unseres Erachtens sehr richtig 
und den Schulbehörden dringend ans Herz zu legen. Auf S. 103 spricht 
der Verf. über Experimentaluntersuchungen, welche die Ermüdung be- 
treffen. Nach dem Satze: „Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiete 
sind wünschenswert'^ könnte man auf den Gedanken kommen, dafs dem 
Verf. die zahlreichen Untersuchungen, die nach 1891 angestellt wurden, 
unbekannt geblieben sind. 

Der m. Abschnitt handelt von der körperlichen Hygiene der Schul- 
jugend. Im 1. Kapitel wird die Ernährung besprochen. Die einzelnen 
Nährstoffe, die Bedeutung derselben füi* den Körper und ihr Verhalten 



Besprechnngen. 81 

unter einander, sowie die chemische Zusammensetzung der Nahrungsmittel 
werden erläutert. Es folgt dann die Besprechung der einzelnen Nahrungs- 
und Genufsmittel. Dafs das Räuchern des Fleisches eine fast voll- 
kommene Sicherheit gegen etwaige mit dem Fleischgenufs verbundene 
Gefahren gewährt — wie auf S. 129 behauptet wird — , müssen wir 
nach eigenen Untersuchungen bezweifeln. Finnen und Trichinen werden 
durch diesen Vorgang in vielen Fällen nicht abgetötet. Was der Ver- 
fasser auf S. 125 f. über den OenuTs des rohen und halbgaren Fleisches 
sagt, wird leider, selbst in besseren Gesellschafkskreisen, viel zu 
wenig berücksichtigt. Die Beefsteaks a Tanglaise und das Filet seignant 
spielen an der sogenannten feinen Tafel immer noch eine grofse Eolle. 
Die Gefahren, welche der Genufs roher odel: mangelhaft gekochter Milch, 
sowie alkoholischer Getränke und verunreinigten Wassers mit sich bringt, 
hat der Verf. eindringlich geschildert. Die Darstellung der Ursache von 
der schweren Verdaulichkeit zu fiischen Brodes (S. 133) könnte zu Irr- 
tümern Veranlassung geben. — Das 2. Kapitel des ILI. Abschnittes 
beschäftigt sich mit der Bekleidung, das 3. mit den Leibesübungen. 
Den Mitteilungen über Bekleidung pflichten wir im allgemeinen bei, 
können, aber der unbedingten Bevorzugung der Wollbekleidung nicht zu- 
stimmen. Den wollenen Unterkleidern haften mancherlei Mängel an, die 
vom Verf. nicht erwähnt werden. Warum unter den Baumwollstoffen 
die von Lahm an n besondere Vorzüge verdienen, vermögen wir nicht 
einzusehen. Wir kennen baumwollene Stoffe, die den Lahmann'schen 
sogenannten Eeformstoffen an Güte nicht nachstehen und dabei noch 
etwas wohlfeiler sind. — Bei der recht übersichtlichen Besprechimg der 
Leibesübungen weist der Verf. S. 168 nochmals darauf hin, wie vorteil- 
haft es wäre, den gesamten wissenschaftlichen Unterricht auf den Vor- 
mittag zu legen. — Der letzte Abschnitt des Buches ist betitelt: Ein 
Kapitel aus der Wohnungshygiene, und es werden darin die Luft und 
ihre Veränderungen im Schulzimmer, sowie die Beschaffenheit der Sub- 
sellien besprochen. Den SchluTs des Buches bildet eine Tabelle nach 
schulärztlicher Vorschrift zur Eintragung des Gesundheitszustandes der 
Schulkinder. L.'s Buch ist klar und für den in Aussicht genommenen 
Leserkreis durchaus zutreffend geschrieben und kann demselben daher auf 
das Wärmste empfohlen werden. Griesbach. 



Gesunde Jugend. X. 1/2. 6 



Bibliograpliie. 



Achelis, Dr. Thom.: Die Wandlungen der Pädagogik im 19. Jahrb. (Vill, 
204 S.) 1901. Berlin, J. Cronbach. M. 2. 

Altenbnrg, Gymn.-Dir. Dr. Oskar: Die Arbeit im Dienste der Gemeinschaft. 
Eltern imd Erziehern unserer deutschen Jugend gewidmet. ,gr. 8^ (X, 
212 S.) 1901. Berlin, Beuther & Beichard. geb. M. 3,50. 

Archiv, pädagogisches. Monatsschrift für Erziehung u. Unterricht an Hoch-, 
Mittel- und Yolksschulen, zugleich Centralorgan für die gesammten Inter- 
essen des Bealschulwesens , herausg. u. red. v. Prof. E. Dahn. 43. Jahrg. 
1901. 12 Hefte, gr. 8^ (1. bis ö. Heft.) Braunschweig, F. Vieweg & Sohn. 

Vierteljährlich M. 4. 

Baker, J. H.: Education and life. London, Longmans. 1901. 4 sh. 6 d. 

Bleicher, Dir. Dr. H. : Frankfurter Erankheitstafeln. Untersuchungen über 
Erkrankungsgefahr und Erkrankungshäufigkeit, nach Alter, Geschlecht, 
Givilstand und Beruf auf Grund des Materials der Ortskrankenkassen zu 
Frankfurt a. M. Mit 5 graph. Tafeln (56 u. LXXXI S.) im 4. Heft der 

. . „Beiträge zuf Statistik der Stadt Frankfurt a. M.^^ Herausg. durch . das 
statistische Amt. Frankfurt, J. D. Sauerländer. M. 2^50. 

Bosse, Dr. Rob.: Die Hohenzollem als Volkserzieher. Herausg. voni Vater- 
lands-Verein, gr. 8°. (22 S.) Berlin 1901 (Schriftenvertriebsanstalt). 

' M. 0,60. 

Centralblatt für die gesammte Unterrichts -Verwaltung in Preufsen. Hersg. 
in dem Ministerium der geistl., Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten. 
Ergänzungsheft. gr. 8®. Berlin, Besser. M. 1,80. 

Filatow, Prof. Dr. N.: Klinische Vorlesungen über Einderkrankheiten. Deutsch 

. V. G. Türk, E. Rohr u. L. Martinson. 1. Heft. gr. 8^ (V, 212 S.) 1901. 

Wien, F. Deuticke. M. 5. 

Friese, Dr. Carl: Haut und Haare. Die Krankheiten der Haut und der 
Haare, ihre Pflege und Behandlung. 3. Aufl. gr. 8^ (91 S. m. Abbildgn.) 
1901. Berlin, H. Sternitz. M. 1,50. 

Fritsch, A.: Das Beformgymnasium mit besonderer Beziehung auf Hamburg. 
Vortrag. 1901. Hamburg, Herold. M. 0,60. 

Geiser, A.: Neuere städtische Schulhäuser in Zürich. (16 S. mit 24 Tafeln.) 
Zürich, Zürcher & Furrer. M. 2,40. 

Hesse, Otto: Untersuchungen über das Dienstalter und das Lebensalter der 
preussischen Oberlehrer und Richter, gr. 8^ (38 S.) Schalke, E. Kannen- 
gie&er. 1901. M. 0,60. 

Hildebrandt, Geh. Reg.- u. Schulr. : Verordnungen, betr. das Volksschulwesen, 
die Mittel- und höhere Mädchenschule, sowie die Fortbildungsschule in 
Preufsen. 1 Nachtrag zur 5. Aufl. der Sammlung v. „Verordnungen" von 
Giebe-Hildebrandt. gr. 8^ (VH, 334 S.) 1901. Düsseldorf, L. Schwann. 

M. 6, geb. in Halbfrz. M. 7,60. 

Jahrbuch für Kinderheilkunde und physische Erziehung. Herausg. unter 
Red. V. 0. Heubner, A. Stefien, A. v. Widerhofer. Red.: 0. Heubner. 



Bibliographie. "SS 

55. u. 54., der 3. Folge. 3. u. 4. Bd. Jahrg. 1901. 12 Hefte, gr. S^). 

(53. Bd. 1. Heft. 124 S.m. Abbildung.) Berlin, S. Karger. M. 36. 

Jahrbnch der schweizerischen Gesellschaft f. Schulgesundheitspflege. 1. Jahrg. 

1. Teil. gr. 8«. (106 S. m. 24 Taf.) Zürich,- Zürcher & Fnrrer. 

Tl. 1 n. 2. M. 5,60. 
Jahresbericht,- 31., des Landes -Medicinal- Kollegiums über das Medicinal- 

wesen im Königreich Sachsen auf das Jahr 1899. gr. 8^ (383 S.) 1900. 

Leipzig F. C. W. Vogel. M. 4. 

Jugendfürsorge,' die. Centralorgan für die gesammten Literessen der 

Jugendfürsorge, mit besond. Berücksicht. • der Waisenpflege, der einschläg. 

Gebiete des Annenwesens, sowie der Fürsorge für die schulentlassene 

Jugend. Hrsg. v. Frz. Pagel. 2. Jahrg. 1901. 12 Hefte, gr. 8<>. (1. Heft, 

64 S.). Berlin, Nicolai's Verlag. M. 10, einzelne Hefte M. 1. 

Kaemmel, Gymn.-Bekt. Otto: Der Kampf um das humanistische Gymnasium. 

Aufsätze zur Beform des höheren Schulwesens. 8^ (96 S.) 1901. Leipzig, 

F. W. Grunow. M. 1,20. 
Knopf, Dr. S. A.: Die Tuberkulose als Volkskrankheit und deren Bekämpfung. 

Gekrönte Preisschrift, gr. 8^ (48 S.) 1900. Berlin W., Wilhehnspl. 2. 

M. 0,30. 
Kries, J. y.: Über die materiellen Grundlagen der Bewufstseinserscheinungen. 

(VT, 54 S.) Tübingen, Mohr. M. 1. 

Kuhn-Kelly, Insp.: Das sogenannte „verwahrloste'^ Kind. gr. 8^ (16 S.) 

Bern, C. Sturzenegger. M. 0,30. 

Lahrssen, Hauptlehrer a. D. Frdr.: Sammlung der Gesetze, Verordnungen, 

Bekanntmachungen etc., welche das evang. Volksschulwesen des Herzogt. 

Oldenburg betreffen. 5. Aufl. gr; 8«. (IV, 430 S.) 1901. Oldenburg, 

G. Stalling. " M.. 8,50. 
Lentz, Sem.-Dir. Hofr. Ferd. : Lehrbuch der Erziehung und des Unterricht«. 

2. Teil: Die Unterrichtslehre. 4. Aufl. gr. S^. (VH, 388 S.) 1901. Karli- 
ruhe, J. Lang. geb. M. 5,60. 

Lipps, Thdr.: Das Selbstbewufstsein ; Empfindung und Gefühl. (V, 42 S.) 

1901. Wiesbaden, J. F. Bergmann. M. 1. 

(Aus: Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens.) 
Lüdemann, Prof. Dr. Herm.: Individualität und Persönlichkeit. Rektorats- 

rede. gr. Ö<». (24 S.) Bern, A. Benteli & Co. M.~0,90. 

Mauthner, Fritz: Beiträge zu einer Kritik der Sprache. 1. Bd. Sprache u. 

Psychologie. (XE, 657 S.) Stuttgart, Cotta Nachf. geb. M. 14. 

Mertz, Georg: Das Schulwesen der deutschen Beformation im 18. Jahrh. 

(In 10 Lfg.). 1. Lfg. gr. 8^ (S. 1—64.) 1901. Heidelberg, C. Winter. 

M. 1,20. 

Messer, Max: Die moderne Seele. 2. Aufl. gr. S^. (Vm, 123 S.) 1901. 
Dresden, C. Beifsner. M. 3, gelr. M. 4. 

Mey, Oberlehrer Dr. Oscar: Frankreichs Schulen in ihrem organischen Bau 
und ihrer historischen Entwickelung, mit Berücksichtigung der neuesten 
Reformen. 2. Aufl. gr. 8^ (XH, 222 S.) 1901. Leipzig, B. G. Teubner. 

Möbius, P. J. : Stachyologie. Weitere vermischte Aufsätze, gr. 8^ (VH, 
219 S.) ' 1901. Leipzig, J. A. Barth. M. 4,80, geb. in Leinw.' M. 6. 

Mbnti, Dir. Prof. Dr. Alois: Kinderheilkunde in Einzeldarstellungen 2. Bd. 
(Vn u. S. 633—742.) 1901. Wien, Urban & Schwarzenberg: M. 3. 

Nöhl, Ol ein.: Lehrbuch der Reform-Pädagogik f. höhere Lehranstalten. 2. Bd. 
Die Methodik der einzelnen Lehrgegenstände. 2. Aufl. gr. 8®. (V, 607 S.) 
1901. Essen, G. D. Baedeker. M. 7. 3. Bd., 1. Teil: Die Vorbildung 
wissenschaftl. Lehrer auf ihren Beruf. 2. Teil: Schulaufsicht, Prüfungen, 
Zeugnisse, Berechtigungen. 2. Aufl. gr. 8^ (IV, 322 S.) Daselbist. M. 4. 

6* 






84 Bibliogrftphie. 

Otto, Berth.: Die Zukunftsschule. Lehrgang, Einrichtungen und Begründung. 
1. Teil: Lehrgang der Zukunftsschule nach psychologischen Experimenten 
f. Eltern, Erzieher u. Lehrer, gr. 8^ (X, 219 S.) 1901. Leipzig, K. G. 
Th. ScheflFer. M. 6. 

Pick, Priv.-Doz. Dr. Friedel: Sport u. Gesundheit. Vortrag. (29 S.) M. 1. 
Aus Sammlung gemeinnütziger Vorträge. Hrsg. vom deutschen Vereine 
zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in Prag. No. 266, 266. 

Poore, Dr. George Vivian: Essays über Hygiene auf dem Lande. 2. Aufl. 
Aus dem Englischen übersetzt durch A. t. W. gr. 8. (VH, 260 S.) 1901. 
Wiesbaden, Bechthold & Co. M. 3,60. 

Rittershaus, Frau Dr. Adeline: Ziele, Wege u. Leistungen unserer Mädchen- 
schulen u. Vorschlag einer Reformschule, gr. 8^ (V, 42 S.) 1901. Jena, 
G. Fischer. M. 0,80. 

Schi dar: Die moralischen Aufgaben des XX. Jahrh. (In russ. Sprache.) 
(61 S.) Berlin, Steinitz. M. 1,60. 

Schöne, Töchtersch.- u. Sem.-Dir. Dr.: Der Stundenplan und seine Bedeutung 
f. Schule u. Haus. (37 S.) Aus: „pädagog. Magazin^^ 1901. Langensalza, 
H. Beyer & Söhne. M. 0,60. 

Schreiber, Lehrer Heinr.: Beiträge zur Theorie und Praxis des gesamten 
Elementarunterrichts, gr. 8^ (84 S.) 1901. Altenburg, H. A. Pierer. 

M. 1,60. 

Schröder, Dr. Heinr.: Periculum in mora. Weiteres zur Oberlehrerfrage, 
gr. 8^. (61 S.) 1901. Schalke, E. Eannengiefser. M. 0,80. 

Schulhaus, das. Zentralorgan f. Einrichtung und Ausstattung der Schulen 
u. verwandten Anstalten im Sinne der neuzeitl. Forderungen. Hrsg. von 
L. K. Vanselow. 3. Jahrg. 1901. 12 Hefte, gr. 8®. (1 Heft: 68 S. mit 
Abbildungen, 1 Taf.) Berlin -Tempelhof, Schulhaus- Verlag. halbj. M. 3. 

Schulze, Reg.- u. Schulrat G.: Geschichte der Volksschulpädagogik. 8. Aufl. 
(46 S.) gr. 8^ 1901. Breslau, F. Hirt. 

Stauracz, Frz.: Völkische Erziehung. 12^ (132 S.) 1901. Wien, Mayer & Co. 

M. 0,60. 

Stötzner, Dr. Paul: Das öffentliche ünterrichtswesen Deutschlands in der 
Gegenwart (168 S.) aus: Sammlung Göschen. Bd. 130. 1901. M. 0,60. 

Studien, pädagogisch -psychologische. Hrsg. v. Dr. Max Brahn. 2. Jahrg. 
1901. 12 Nrn. gr. 4^ (No. 1: 8 S. mit Abbildgn.) Leipzig, E. Wunder- 
lich. M. 2. 

Verhandlungen über Fragen des höheren Unterrichts. Berlin 6. bis 8. VI. 
1900. Nebst einem Anhang von Gutachten. Hrsg. im Auftrage des 
Ministers der geistl., Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten. Lex. 8®. 
(XVI, 414 S.) 1901. Halle, Buchhandl. des Waisenhauses. geb. M. 6. 

We gener, Gymn.- u. Realsch.-Dir. Dr. Ph.: Das Verhältnis der Realschule 
u. Mittelschule in Preufsen. gr. 8®. (20 S.) 1901. Leipzig, B. G. Teubner. 

M. 0,60. 

Weifsenfeis, Gym.-Prof. Dr. Oskar: Kernfragen des höheren Unterrichts, 
gr. 8^. (XVI, 362 S.) 1901. Berlin, R. Gaertner. 6 M. 

Wermbter, Gymn.-Oberlehrer Dr. H.: Die höhere Schullaufbahn in Preufsen, 
statistisch beleuchtet, gr. 8^ (TU, 66 S.) 1901. Schalke, E. Eannen- 
giefser. M. 1. 

Wolf: Alfr.: Lebendige Bildung u. ihre wahren, ernsten Grundgesetze. Bei- 
trag zur Volkserziehung, gr. 8**. (160 S.) 1901. Leipzig, J. Elinkhardt. 

M. 2,40, geb. M. 3. 

Zillig, Pet.: Wahre Bildung des Kindes und Dr. Kerschensteiner's Schullehr- 
pläne etc. (Aus: Zeitschr. f. Philosophie u. Pädagogik.) gr. 8®. (V, 68 S.) 
Langensalza, H. Beyer & Söhne. M. 1. 



Verhandlnngen 
der n. Jahresversammlimg des Allgemeinen Dentschen 

Vereines ftlr Sclinlgesnndlieitspflege 
am Freitag, den 31. Mai 1901 im Weifsen Saale des 

Enrhanses zn Wiesbaden« 

Vorstand: 

Professor Dr. med. u. phil. öriesbach, Mülhausen i. E., Vor- 
sitzender. Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. A. Eulenburg, Berlin, 
1. Stellvertreter. Oberrealschuldirektor Dr. Schotten, Halle, 2. Stell- 
vertreter. Bürgermeister Hertzog, Aachen, 3. Stellvertreter. Direktor 
Dr. Beyer, Leipzig, Schriftführer. Dr. med, Korman, Arzt, Leipzig, 
1. Stellvertreter. Reichstags- und Landtags-Abgeordneter Sittard, 
Aachen, 2. Stellvertreter. Direktor F. S. Archenhold, Sternwarte 
Treptow-Berlin, Schatzmeister. Dr. med. Schmid-Monnard, Kinder- 
arzt, Haue, Stellvertreter. 

Beisitzer: Prof. Dahn, Herausg. des Pädagogischen Archivs, 
Braunschweig. Wirklicher Geheimer Rat Prof. Dr. v. Esmarch, 
Excellenz, Kiel. Dr. med. Gerhardi, praktischer Arzt, Lüdenscheid. 
Dr. med. Hartmann, Ohrenarzt, Berlin. Königlicher Reallehrer 
Dr. Herberich, München. Stadtrat Prof. Dr. Kalle, Wiesbaden. 
Lehrer Lauche, Halle. Oberbürgenneister Müller, Kassel. Ge- 
heimer Ho&at Prof. Dr. Ostwald, Leipzig. Geheimer Regierungsrat 
Pabst, Oberbürgermeister, Weimar. Prof. Dr. Recknagel, Rektor 
des Königlichen Realgymnasiums, Augsburg. Städtischer Schul- 
inspektor Rinkel, Wiesbaden. Lehrer Schubert, Leipzig- Gohlis. 
Professor Dr. Schüller, Aachen. Landtagsabgeordneter Oberlehrer 
Wetekamp, Breslau. 

Wiesbadener Ortsausschufs: 

Sanitätsrat Dr. Obertüschen, Vorsitzender. E. Mangold, Bei- 
geordneter. 
W. Arntz, Rentner. Dr. jur. Bergas, Justizrat, Stadtrat. Brink- 
mann, Kapitän zur See a. D. Jos. Brix, Stadtbaurat a. D. 

Oeüunde Jugend. I. 8/4. 7 



98 Terhandl. d. H. Jabresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Dr. W. Bröcking; Verlagsbuchhändler. Prof. Dr. Brunswick. 
W. Büdingen, Hotelbesitzer. Dr. Christ, Arzt und Zahnarzt. 
Dr. E. Coester, Arzt. Dr. Gramer, Sanitätsrat. Dr. F. Cuntz, 
Schularzt. Dr. L. Dreyer, Rentner, von Ebmeyer, Kurdirektor. 
F. Eichen, Direktor. Dr. H. Fresenius, Professor. Dr. W. Fre- 
senius, Professor. Genzmer, Baurat. Dr. Gerloff, Augenarzt. 
Pfarrer Gruber. Guttmann, Rechtsanwalt. H. Haeffner, Hotel- 
besitzer und Stadtverordneter. E. He es, Stadtverordneter. H em- 
pfing, Ober-Regierungsrat. S. Hefs, Stadtverordneter. Dr. Hezel, 
Arzt. L. Hillebrand, Geh. Regierungs-, Schul- und Konsistorialrat. 
L. Hochhuth, Oberlehrer am Kgl. human. Gymn. L. D. Jung, 
Kaufmann und Handelsrichter. F. Kalle, Professor, Stadtrat. 
Dr. theol. Keller, Prälat, geistlicher Rat u. Stadtpfarrer. Dr. Klein, 
Oberlehrer a. d. städt. Oberrealschule. Dr. Klinkert, Oberlehrer 
am Realgymnasium. Krekel, Landesrat. 0. Lackner, Bankier. 
Dr. B. Laquelr, Arzt. Lieber, Pfarrer. Linz, Verwaltungsgerichts- 
Direktor. Mensirig, Vizeadmiral a. D. A. Mollath, Stadtverord- 
neter. H. Montandon, Rentner. Müller, Rektor, de Niem, 
Landgerichts-Direktor. C. Petri, Eisenbahn- und Betriebsinspektor. 
H. Rausch, Landesbank-Direktor, Vorsitzender der Stadtverordneten- 
Versammlung. G. Rinkel, Stadtschulinspektor. A. Roeder, Chef- 
redakteur. Dr. jur. Romeifs, Justizrat. Dr. Schellenberg, Arzt. 
W. Schulte vom Brühl, Chefredakteur. Stumpff, Ober-Regie- 
rungsrat a. D. Veesenmeyer, Pfarrer. Joh. Wewer, Rektor. 

Wilhelmi, Oberstleutnant a. D. 

Präsenz-Liste. 

Dr. Grieabach, Professor, Mülhausen i. E. 

Dr. Obertüschen, Sanitätsrat, Arzt, Wiesbaden. 

H. Montandon, Rentner, Wiesbaden. 

Jung, Rektor, Wiesbaden. 

Mangold, Beigeordneter, Wiesbaden. 

Th. Witry, Oberschulinspektor, Luxemburg, Delegierter der Regierung von 

Luxemburg. 
P. Biwer, Staats -Architekt, Luxemburg, Delegierter der Regierung von 

Luxemburg. 
Gaertner, Schulrat, Nordhausen. 

Dr. Riedel, Physikus, Lübeck, Delegierter der Stadt Lübeck. 
10 Frau Dr. Benda, Berlin. 
Dr. Benda, Arzt, Berlin. 
W. Köppler, Rektor, Wiesbaden. 
Wewer, Rektor, Wiesbaden. 
L. Stamm, Lehrerin, Wiesbaden. 
M. Hillebrandt, Lehrerin, Wiesbaden. 

F. S. Archenhold, Direktor der Treptow-Sternwarte, Treptow. 
Dr. B. La quer, Arzt, Wiesbaden. 



Verhandl, d. IL Jabresverßammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 99 

R. Quelle, Verlagsbuchhändler, Leipzig. 

Hillebrand, Geh. R«g.- u. Schulrat, Wiesbaden. 
2oHochhuth, Oberlehrer, "Wiesbaden. 

Dr. Lotz, Herzogl. S. Schulinspektor, Ooburg. 

Dr. Gramer, Arzt, Wiesbaden, Delegierter der Ärztevereine von Wiesbaden. 

Lackner, Bankier, Wiesbaden. 

Wilhelmi, Oberstleutnant a. D., Wiesbaden. 

Dr. Oertel, Axzt, Wiesbaden. 

Kalle, Professor, Wiesbaden. 

Paul Hartmann, Kaufmann, Eilenburg. 

Genzmer, Egl. Baurat, Wiesbaden. 

Dr. Beyer, Schuldirektor z. D., Leipzig-Eutritzsch. 
30 Eichen, Direktor, Wiesbaden. 

Gerloff, Augenarzt, Wiesbaden. 

Walter Schubert, Lehrer, Leipzig-Gohlis. 

Dr. Klinkert, Oberlehrer, Wiesbaden. 

Sinz, Verwaltungsdirektor, Wiesbaden. 

Dr. Caester, Arzt, Wiesbaden. 

von Ebmeyer, Kurdirektor, Wiesbaden. 

Adam Röder, Chef-Redakteur, Wiesbaden. 

Ernst Maafs, Verlagsbuchhändler, Hamburg. 

Erismann, Prof. Dr., Zürich. 
40 Schotten, Direktor Dr., Halle a. S., Delegierter des Vereins zur Förderung 
des lateinlosen Schulwesens und des Vereins zur Förderung des naturw. 
Unterrichts. 

Bornmann, Stadtschulrat, Kassel. 

Grimm, Amtsgerichtsrat, Wiesbaden. 

W. Wetekamp, Oberlehrer, Zwickau. 

B ehrend, Verlagsbuchhändler, Wiesbaden. 

Dr. Gerhardi, prakt. Arzt, Lüdenscheid. 

Simon Hefs, Stadtverordneter, Wiesbaden. 

Gerber, Bürgermeister, Chemnitz, Delegierter der Stadt Chemnitz. 

Dr. Abel, Physikus, Hamburg, Delegierter der Stadt Hamburg. 

Dr. Hecker, Arzt, Wiesbaden. 
50 M. Gaertner, Oberlehrer, Coblenz-Pfaffendorf. 

Dr. Pröbsting, Augenarzt, Köln a. Rh., Delegierter des niederrh. Vereins für 
öffentl. Gesundheitspflege. 

Prof. Dr. Leubuscher, Medizinalreferent im Ministerium, Meiningen, Dele- 
gierter des Herzoglichen Staatsministenums in Meiningen. 

Geh. Reg.-Rat Pabst, Oberbürgermeister, Weimar, Vertreter der Stadt Weimar. 

Prof. Schaar Schmidt, Schul direktor. Braunschweig. 

Dr. Heitmann, Oberlehrer, Mitglied der Reg. zu Birkenfeld, Birkenfeld, Dele- 
gierter der Regierung. 

M. B. Schmidt, Stadtbaurat, Weimar. 

Marie Schnell, Lehrerin, Wiesbaden. 

Valerie Fischer, Lehrerin, Wiesbaden. 

Marie Jaeth, Lehrerin, Wiesbaden. 
60 Dr. Brazis, Arzt, Mülhausen i. E., Delegierter der Stadt Mülhausen und der 
Industriellen Gesellschaft daselbst. 

Frau Dr. Brazis, Mülhausen i. E. 

A. Kunz, Lehrer, Wiesbaden. 

N oll au, Bürgermeister, Remscheid, Delegierter der Stadt Remscheid. 

V. Weltzien, Geh. Oberbaurat, Vorstand des Verbandes Deutscher Archit.- u. 
Ing. -Vereine, Darmstadt, Delegierter des Verbandes. 

7* 



100 Yerhandl. d. TL. JahreBverBammlung d. Allgem. Deutsch. Yereines etc. 

Kinkel, gtädt. Schulinspektor, Wiesbaden. 

Heinz, Lehrer, Nastätten. 

Meyrich, Lehrer, Leipzig. 

von Knapp, Landtagsabgeordneter) Bannen. 

P. J. Eezel, Lehrer, Wiesbaden. 
70 Dr. L aquer, Arzt, Frankfurt a. M. 

Dörr, Direktor, Frankfurt a. M., Delegierter des Frankfurter Zweigvereins des 
Allgemeinen Deutschen Bealschulmänner -Vereins. 

Mifs Harcourt, Institutsvorsteherin, Wiesbaden. 

C Uppers, Schulrat, Direktor der Prov.- Taubst. -Anst., Trier, Delegierter des 
Landeshauptmanns und der Taubstummenanstalt der Bheinprovinz. 

Julius Wolff, Hygieniker, Wiesbaden. 

Dr. F. Wehmer, Frauenarzt, Wiesbaden. 

Dr. Fr. Wehmer, Arzt, Schömberg. 

Dr. F. Cuntz, Schularzt, Wiesbaden. 

Dr. Liebe, Leiter der Heilanstalt Waldhof, Elgershausen. 

Endris, Rektor, Büdesheim a. Rh. 
80 Wanger, Schulinspektor, Ludwigshafen a. Rh., Delegierter der Stadt Ludwigs- 
hafen. 

Stockmayer, Stadtrat, Stuttgart, Delegierter der Stadt Stuttgart. 

Dr. Eisenach, Sanitätsrat, Stadtrat, Hanau. 

Dr. Schirlitz, Direktor, Frankfurt a. M. 

Dr. Lahn, Direktor, Grofs-Umstadt. 

Dr. Wagner, Oberlehrer, Worms. 

E. Dahn, Professor, Braunschweig. 

Dr. Eoeniger, Kreis- Ass.- Arzt, Giefsen. 

Dr. Wutzdorff, Regierungsrat, Berlin, Delegierter des Kaiserl. Gesundheits- 
amtes. 

Josef Deckelmann, Kaufmann, Frankfurt a. M. 
90 Gull, Lehrer, Wiesbaden. 

H. Schlosser, Rektor, Wiesbaden. 

Gabel, Rektor, Biebrich. 

Linker, Rektor, Frankfurt a. M. 

Seivers, Professor, Wiesbaden. 

Dr. Cahen-Brach, Arzt, Frankfurt a. M. 

E. Hees, Stadtverordneter, Wiesbaden. 

J. Jacob i, Lehrer, Wiesbaden. 

Haas, Redakteur, Wiesbaden. 

Dr. Boodstein, Beigeordneter u. Schulrat, Elberfeld, Delegierter der Stadt 
Elberfeld. 
100 Dr. Arnold Samter, Arzt, Schöneberg bei Berlin. 

Max Heyne, Oberlehrer, Biebrich. 

Prof. Dr. Beck, Oberlehrer, Mainz. 

Dr. Seit er, Kinderarzt, Solingen. 

Dr. Stadtfeld, Arzt, Winkel (Rheingau). 

Prof. üebel, Oberlehrer, Mainz. 

Dr. Richter, Medizinalrat, Dessau, Delegierter des Herzoglichen Medizinal- 
kollegiums Dessau. 

Kotowski, Gymnasial-Direktor, Lyck, Ostpr. 

Hoelper, Rektor, Wiesbaden. 

Dr. Walter, Gymn.-Dir., Worms. 
110 P. Wittgen, Lehrer, Wiesbaden. 

Dr. Schellenberg, Arzt, Wiesbaden. 

Dr. Altdorfer, Arzt, Wiesbaden. 



Verhandl. d. ü. JahresYersammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 101 

J. Berninger, Lehrer, Wiesbaden. 

Dr. Keller, Stadtpfarrer, Wiesbaden. 

Dr. Christ, Arzt und Zahnarzt, Wiesbaden. 

Dr. Schröder, Stadtarzt, Altona (Elbe), Delegierter der Stadt Altona. 

Dr. Klein, Oberlehrer, Wiesbaden. 
Th. Schmidt, Arzt, Ulriohstein. 

A. Merttens, Bentnerin, Wiesbaden. 
120 Dr. Berlein, Arzt, Wiesbaden. 

A. Bendt, Lehrer, Wiesbaden. 

Brenn, Gymn. -Direktor, Wiesbaden. 

Weddigen, Privatier, Wiesbaden. 

P. Müller, Lehrer, Wiesbaden, 

M. Walter, Realgymn.-Direktor, Frankfurt a. M., Delegierter des Allgemeinen 
Deutschen Realschulmänner- Vereins. 

G. Schmitt, Lehrerin, Wiesbaden. 

Dr. Feechtenmacher, Arzt, Kronstadt, Siebenbürgen. 

K. Werner, Lehrer, Wiesbaden. 

Nodnagel, Geh. Oberschulrat, Darmstadt, Delegierter der Grofsherzoglich 
Hessischen Ministerialabteilung für Unterrichtswesen. 
130 Dr. Zwiebel, Stadtschulinspektor, Breslau. 

Dr. Stricker, Schularzt, Wiesbaden. 

Brink, Oberbürgermeister, Offenbach a. M., Delegierter der Stadt Offenbach. 

Prof. Dr. Blind, Oberlehrer, Köln. 

Dr. Bai er, Gymn. -Direktor, Frankfurt a. M. 

Zimmermann, Rektor, Frankfurt a. M. 

Lack, Lehrer, Frankfurt a. M. 

Dr. H. Fulda, Arzt, Frankfurt a. M. 

Stadtarzt Dr. Spiefs, Geh. San.-Bat, Frankfurt a. M. 

Dr. Lömgen, Stadtschulrat, Wiesbaden. 
140 Dr. Schulz, Arzt, Wiesbaden. 

Dr. AlthauBse, Arzt, Wiesbaden. 

Dr. Palm, Professor, Bochum. 

Dr. Gleitsmann, Kreisarzt, San.-Rat, Wiesbaden. 

Voiges, Geheimer Baurat, Wiesbaden. 

L. Herbor, Syndikus der H.-K., Wiesbaden. 

Schneider, Hauptlehrer, Gr. Hess. Realschule, Sonnenberg. 

Dr. Schneider, Direktor i. P., Wiesbaden. 

de Niem, Landgerichtsdirektor, Wiesbaden. 

Dr. Balz er, Kreisarzt, Mainz. 
150 Dr. Baumert, Arzt, Radebeul-Dresden. 

H. Kühn, Lehrer, Frankfurt a. M. 

Dr. Koenig, Kgl. Kreisass.-Arzt, Wiesbaden. 

Dr. Gustav Meyer, Arzt, Wiesbaden. 

Adolf von Hagen, Rentner, Wiesbaden. 

Dr. Israel, Spezialarzt für Chirurgie, Berlin. 

Dr. Böttcher, Arzt, Wiesbaden. 

W. Wüst, Lehrer, Naurod. 

Dr. Lippert, Arzt, Wiesbaden. 

Richter, Oberingenieur, Wiesbaden. 
160 Grub er, Pfarrer, Wiesbaden. 

Dr. Plefsner, Arzt, Wiesbaden. 

B. Hof mann, Lehrerin, Wiesbaden. 

Dr. Witkowski, Arzt, Wiesbaden. 

Dr. Proebsting, Arzt, Wiesbaden. 



102 Verhandl. d. IE. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Dr. Blumen feld, Arzt, Wiesbaden. 

J. Brix, Stadtbaurat a. D., Wiesbaden. 

Dr. Berna, Arzt, Wiesbaden. 

Dr. Ohlemann, Augenarzt, Wiesbaden. 

J. Lund, Augenarzt, Neubrandenburg i. M. 
170 Dr. Paetsch, Oberstabsarzt, Wiesbaden, Delegierter des Kriegsministeriums. 

Dr. Weintraud, Arzt, Wiesbaden. 

Stieren, Zahnarzt, Wiesbaden. 

Dr. Bröcking, Buchhändler, Wiesbaden. 

Dr. Blachstein, Hygieniker, Göttingen. 

Dr. P'ähler, Provinzialschulrat, Kassel, Delegierter des Königl. Provinzial- 
Schulkollegiums von Hessen-Nassau. 

H empfing, Oberregierungsrat, Wiesbaden, Vertreter der Regierung. 

Dr. von Ibell, Oberbürgermeister, Wiesbacfen, Vertreter der Stadt Wiesbaden. 

Müller, Professor, Frankfurt a. M., Delegierter des Vereines akad. gebildeter 
Lehrer in Frankfurt. 

Dr. Rofsmann, Wiesbaden, Delegierter des Vereins für Schulreform. 
180 Geheimer Medizinalrat Dr. A. Eulenburg, Professor, Berlin. 

Dr. Vietor, Professor, Marburg i. H. 

Hertzog, Bürgermeister, Aachen. 

Grieben, Stadtschulinspektor. 

Pohl, Vorschullehrer. 

E i b a c h , Konsistorialrat. 

Leider ist die Präsenzliste nicht ganz vollständig, weil etliche 
der anwesenden Personen — es wurden etwa 230 gezählt — sich 
nicht eingetragen haben. 

Tages-Ordnung: 
I. Begrüfsungsansprachen. IL Geschäftliches. IIL Vorträge. 

1. Die neue preufsische Schulreform in Beziehung zur Schulhygiene. 
Referenten: Oberrealschuldirektor Dr. H.Schotten-Halle. Dr. med. 
Kor man, prakt. Arzt, Leipzig. 

2. Über Einführung einer einheitlichen Schreib- und Druckschrift. 
Referenten: Rektor Müller-Wiesbaden. Augenarzt Dr. Gerloff- 
Wiesbaden. 

3. Die schulhygienischen Einrichtungen der Stadt Wiesbaden. Refe- 
renten : Stadtschulinspektor R i n k e 1 - Wiesbaden. Schularzt 
Dr. F. Cuntz -Wiesbaden. Baurat Genzmer-Wiesbaden. 

4. Schulhygiene xmd Schwindsuchtsbekämpfung. Referent: Sanitäts- 
rat Dr. Obertüschen-Wiesbaden. 

Nachträglich angemeldete Referate: 

5. Schulhygiene und Schwindsuchtsbekämpfung. Referent: Dr. med. 
Franz Wehmer, dirigierender Arzt der nassauischen Lungenheil- 
stätte Naurod. 

6. Die Schwachbefähigten in den höheren Schulen. Referent: 
Dr. med. Ben da, Berlin. 



Verhandl. d. 11. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 103 

7. Einige optische Gründe für die Vermeidung des Rot in Schule 
und Haus. Referent: Direktor F. S. Archenhold, Treptow-Berlin. 

IV. Gemeinsames Mittagsmahl mit Damen im Kurhause 5 Uhr 

abends. 
V. Gartenfest im Kurhause 8 Uhr abends, zu Ehren der Versamm- 
lung gegeben von der städtischen Kurverwaltung. 

Samstag, den 1. Juni: 
Besichtigung städtischer Schulen; Führung: Königl. Baurat Genzmer, 
Stadtbaumeister, Wiesbaden. Oy^ Uhr: Höhere Mädchenschule; Ver- 
sammlungsort: Portal am Schlofsplatz. 10*/^ Uhr: Blücherschule; 

Versammlungsort: Blücherplatz. 

Beginn der Verhandlungen 9y^ Uhr Vormittags. 

Der Vorsitzende, Herr Professor Dr. med. et phil. Griesbach- 
Mülhausen i. E., eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten: 

Hochverehrte Anwesende! Im Namen des Allgemeinen Deutschen 
Vereines für Schulgesundheitspflege und im Namen des Wiesbadener 
Ortsausschusses erkläre ich die zweite Jahresversammlung für er- 
öffnet. — Ich habe die Ehre, die Versammlung seitens des Vorstandes 
zu begrüfsen. Es gereicht mir zur Freude, unsere Verhandlungen in 
Wiesbaden leiten zu dürfen, in derjenigen Stadt, die in schulhygienischen 
Dingen seit Jahren an der Spitze marschiert, und heute, dank der auf- 
opfernden und rührigen Thätigkeit des Ortsausschusses, bestrebt sein 
wird, unseren Verhandlungen einen allseitig befiiedigenden Verlauf und 
Abschlufs zu geben. — Femer möchte ich meiner Freude darüber Aus- 
druck verleihen, dafs so viele Gäste und Mitglieder der Einladung des 
Vorstandes und Ortsausschusses gefolgt sind. Ich lasse meine Blicke 
durch den Saal -schweifen und sehe zahlreiche Vertreter der hohen 
Regierungen und Magistrate, ich sehe Vertreter der verschiedensten Ge- 
biete der Medizin, der höheren Lehranstalten und der Volksschulen, Dele- 
gierte von Vereinen und Gesellschaften. Ja, ich glaube nicht irre zu 
gehen, wenn ich annehme, dafs sich Männer aus allen gebildeten Ständen 
hier zusanmiengefunden haben. Dafs Sie, hochverehrte Anwesende, in 
so grofser Zahl und aus den verschiedensten Ki'eisen unserer Einladung 
gefolgt sind, bezeugt, dafs das Interesse an schulhygienischen Einrichtungen 
in Deutschland ein grofses und in stetiger Zunahme begriffenes ist, be- 
weist zur Genüge, dafs die Schulhygiene eine der aufrichtigsten Ver- 
treterinnen wahren Idealismus und echter Humanität ist, dafs 
sie sich aller Schulen, aller Stände in gleicher Weise annimmt, und 
dafs sie in ihren Bestrebungen, seien sie aufklärender oder reformatorischer 
Art, das Propter invidiam nicht kennt, welches in manchen Schul- 
fragen, sowie in Standes angelegenheiten leider oft eine grofse Rolle spielt. 
Wir, meine hochverehrten Anwesenden, gehen ohne Neid ans Werk, Sie 
Alle sind dazu berufen, daran mitzuarbeiten, damit wir eine gesunde 
Jugend behalten und damit unser Werk gedeihe zum Segen der Nation. 
(Lebhafter Beifall.) 



104 Verhandl. d. 11. Jahresyersammlaiig d. Allgem. Deutech. YereineB etc. 

Zu weiteren BegrüfBungsansprachen erhalten das Wort folgende 
Delegierte: 

Provinzialschulrat Dr. Pähler-Eassel: 

Hochgeehrte Herren! Seine Exellenz der Herr Oberpräsident, 
Graf von Zedlitz-Trützschler, hat mich beauftragt, die Versamm- 
lung zu begrüfsen. Er läfst dabei zugleich seinem Bedauern darüber 
Ausdruck geben, dafs es ihm, einer Abhaltung wegen, nicht möglich sei, 
zu erscheinen. 

Ich habe sodann die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dafs ich das Pro- 
vinzialschulkollegium in Kassel heute hier zu vertreten habe. Als 
wir Ihre Einladung erhielten, haben wir uns der Ehre, die Sie uns da- 
mit erwiesen, aufiichtig gefreut. Wir konnten der Einladung um so 
bereitwilliger und freudiger Folge leisten, als die Ziele, welche der 
Allgemeine Deutsche Verein för Schulgesundheitspflege sich nach § 2 
seiner Statuten gestellt hat, von dem Pro vinzialschulkollegium durchaus 
gebilligt werden; wenigstens hat der allgemein und vorsichtig abgefafste 
Wortlaut des Paragraphen nicht die geringsten Bedenken hervorgerufen. 

Sie wollen die Verbreitung der Lehren der Hygiene in den Schulen 
des Deutschen Beichs fördern imd die Verhütung der durch die Schule 
verursachten gesundheitschädigenden Einflüsse auf Lehrer und Schüler 
anstreben. Man kann ja die Frage aufwerfen, ob denn zu dem ersten 
Punkte ein Bedürfnis vorliegt, ich glaube in der That, dafs die Verbreitung 
der Lehren der Hygiene in den Schulen des Deutschen Beichs einer 
weiteren Förderung bedarf. 

Man Wird fragen, wie hängt es denn zusammen, dafs die Schul- 
hygiene, insbesondere in den Kreisen der Schulmänner, wie offen ein- 
gestanden werden muTs, noch nicht die Beachtung gefunden hat, die sie 
verdient. Ich glaube, dafs dies, von anderen Ursachen abgesehen, zimi 
Teil wenigstens, darauf zurückzuführen ist, dafs man davor zurückschreckte, 
sich mit den unzähligen in Betracht kommenden Fragen näher zu be- 
fassen. Die Gefahr einer gewissen Einseitigkeit ist ja aufserordentlich 
grofs bei der sehr umfangreich gewordenen schulhygienischen Litteratur. 
Dazu kommt, dafs man, wie ich glaube, eben in dieser Litteratur Einzel- 
beobachtungen verallgemeinert und Schlüsse gezogen hat, die in diesem 
Umfang kaum vollständig berechtigt waren. 

Sodann ist, das bezieht sich auf den zweiten Punkt, gerade in den 
Kreisen der Schulmänner darauf aufmerksam gemacht worden, dafs in 
den schulhygienischen Schriften häufig die Schule allein verantwortlich 
gemacht würde für Verhältnisse, wo gerade andere Faktoren mit zu be- 
rücksichtigen seien. So kommt es, dafs Schulmänner sagen: Wir sind 
es nicht, die für die Mifsstände verantwortlich sind; das ist das Haus, 
das Gesellschaftsleben, das nervöse Hasten unserer Zeit; damit steht die 
Sache im Zusammenhang. Noch vor kurzem sagte mir ein wackerer 
Schulmann, mit dem ich über die Angelegenheit sprach: Wir woUen 
alles, aber den „Schuldoktor" wollen wir nicht (Heiterkeit); bei Bevisionen 
wird ohnebin schon immer gesehn, ob die Luft gut ist und die Bander 
gesund sind. Es herrscht eben ein Mifs Verständnis in Bezug auf das, 
was der Schularzt soll und will. 



Yerbandl. d. ü. Jahresversammlung d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 105 

Ein weiterer Gesichtspunkt ist der, dafs in der schulhygienischen Litte* 
ratur Forderungen so radikaler Natur gestellt werden, dafs manche Schul- 
männer sich die Frage vorlegen, ob die Erfüllung dieser Forderungen nicht 
eine Schädigung der geistigen Interessen der Schule herbeiführen würde. 

Schliefslich kommt eine Frage in Betracht, welche insbesondere in 
den Schulverwaltungen häufig besprochen worden ist; so mancher Stofs- 
seufzer bei der Lektüre von Schriften über schulhygienische Fragen war 
der: Ja das ist alles sehr schön, aber was kostet das, woher sollen wir 
die Mittel nehmen und nicht stehlen. Man hat sogar gesagt, die Schul* 
reformfrage ,sei in erster Linie eine Finanzfrage. Ich glaube, in dem 
Sinne ist das wohl zu viel behauptet, ich bin aber der Meinung, dafs 
die Finanzfrage hier eine sehr wichtige Bolle spielt. Es ist . deshalb gut, 
wenn man nicht blofs sagen kann: „Thue Geld in deinen Beutel", son- 
dern es auch durchsetzt. 

Kein Verein ist, schon der Zusammenhang seines Vorstandes nach, 
so geeignet, alle die erwähnten Mifsverständnisse zu beseitigen, als der 
Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege. Ich begrüfse es 
mit Freuden, dafs in dem Vorstande dieses Vereines nach § 6 der 
Statuten vertreten sein sollen: Arzte, Vertreter der höheren Lehranstalten 
und der Volksschulen, Verwaltungsbeamte, Techniker und sonstige Per- 
sonen. Ich halte es für einen ganz aufserordentlich glücklichen Griff, dafs 
Sie so die Faktoren zusammengebracht haben, die zusammenwirken 
müssen, wenn etwas Gutes geleistet werden soll. Unter diesen Umständen 
wird manches Gute erkannt werden, manche Forderungen, die nicht an- 
gebracht sind, werden dagegen zurücktreten müssen. Man wird sich auf 
das wirklich Erreichbare beschränken und nicht radikal, sondern im An- 
schlufs an das geschichtlich Gewordene refonnieren wollen. Bei der 
guten Zusanmaensetzung des Vorstandes würde es mir zur Freude ge- 
reichen, wenn Sie auch den Herrn Finanzminister in denselben aufnehmen 
könnten. (Heiterkeit.) 

Meine Herren! Um Mifsverständnissen vorzubeugen, bemerke ich, 
dafs meine Ausführungen nicht etwa den Zweck haben sollen, Ihnen Bat- 
schläge zu erteilen; ich bin nur hierher gekommen, um über die ge- 
wonnenen Anregungen meiner Behörde zu berichten und im Provinzial- 
schulkollegium darauf hinzuwirken, dafs denselben auch entsprochen wird. 
In diesem Sinne gestatte ich mir, Sie nochmals herzlich zu begrüfsen; 
ich wünsche Ihren Verhandlungen besten Erfolg und hoffe, dafs der alte 
Satz: „mens sanain corpore sano" auch in den höheren Schulen immer mehr 
Berücksichtigung findet, denn das Wort: „wir wollen eine gesunde Jugend 
schaffen" findet ein Echo in jeder deutschen Männerbrust. (Grofser Beifall.) 

I Oberregierungsrat H empfing- Wiesbaden: 

Im Auftrag des Herrn Begierungspräsidenten Dr. Wentzel, der 
leider am Erscheinen verhindert ist, ebenso im Auftrage der Begierung, 
Abteilung für Kirchen- und Schulwesen, heifse ich Sie herzlich 
willkommen. Wir begrüfsen es dankbar, dafs sich Männer aus allen 
Lebenskreisen, Fachmänner und Nichtfachmänner, in diesem Verein zu- 
sammengefunden haben, um ihre Ansichten auszutauschen und die An- 
sichten zu klären darüber, was auf dem Gebiete der Schulhygiene not- 



106 Verhandl. d. ü. Jahresyersammltuig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

wendig und zweckmäfsig ist. Die Schulen, welche der von mir vertretenen 
Behörde unterstellt sind, sind, wie Sie wissen, keine Staats-, sondern 
öemeindeanstalten, bei denen allerdings der Staat eine weitgehende Auf- 
sicht übt. Ich habe dies hier deshalb hervorgehoben, um darauf hinzu- 
weisen, dafs bei der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse ein schroffes 
Schabionisieren auf keinem Gebiete weniger angebracht sein würde, als 
gerade auf dem Gebiete der Schulhygiene. „Eines schickt sich nicht for 
Alle", dieser Grundsatz gilt hier in hohem Mafse. Das, was wir z. B. 
von den Gemeinden Frankfurt a. M. oder Wiesbaden verlangen können, 
verlangen müssen, das wird in vielen Fällen, etwa einer kleinen Gemeinde 
auf dem Westerwald, zu erfüllen unmöglich, vielleicht sogar schädlich 
sein. So kann z. B. die Frage des Nachmittagsunterrichtes immer nur 
unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse erledigt werden. 
Wenn ich das erwähne, so will ich noch darauf hinweisen, dafs wir 
Ihren Beratungen nicht nur aufmerksam folgen, sondern, so weit mög- 
lich, Ihren Beschlüssen auch Rechnung tragen werden. Ich heifse Sie 
nochmals willkommen und wünsche Ihren Bestrebungen besten Erfolg, im 
Interesse der Schule und der Eander. (Beifall.) 

Oberbürgermeister Dr. von Ib eil -Wiesbaden: 

Es gereicht mir zur besonderen Freude imd Ehre, Ihre hochansehn- 
liche Versammlung im Namen der städtischen Körperschaften und 
im Namen der gesamten Einwohnerschaft der Stadt Wiesbaden 
herzlich willkommen zu heifsen. Es mufs ja den Bestrebungen Ihres 
Vereins in weitesten Kreisen das gröfste Interesse entgegengebracht 
werden, wenn man sich vergegenwärtigt, dafs Ihre Bestrebungen darauf 
hinzielen, eine gesunde Jugend zu schaffen, dafs also Ihre Bestrebungen 
der Zukunft des Vaterlandes in hohem Grade dienlich sind. 

Wir haben hier in erster Linie mit der Volksschule zu thim und 
sind vor allem darauf bedacht, dafs dem Schulzwang das Korrelat, die 
Schulfreiheit, gegenüberstehen, d. h. dafs die Gemeinde darauf Rücksicht 
nehmen mufs, auch für das körperliche Wohl der Kinder zu sorgen. 
Wenn nun eine Vereinigung, die sich aus allen Kreisen zusammensetzt, 
auf dem Gebiete der Schulhygiene wirken und den Behörden mit ihrem 
Rat dienen will, so begrüfsen wir das mit Freuden. Deshalb dürfen Sie 
auch versichert sein, dafs wir Ihren Verhandlungen guten Erfolg wünschen. 

Ich hoffe jedoch, dafs Sie auch aufserhalb dieses Saales Eindrücke 
gewinnen, die unserer Stadt Ihr Andenken sichern, und heifse Sie auch 
in diesem Sinne nochmals herzlich willkommen. (Beifall.) 

Regierungsrat Dr. Wutzdorff-Berlin, Abteilungsvorsteher im 
Kaiserlichen Gesundheitsämter 

Hochverehrte Anwesende! Im Auftrage meines Herrn Chefs, des 
Wirklichen Geheimen Oberregierungsrats Dr. Köhler, habe ich, unter 
verbindlichstem Dank für Ihre freundliche Einladung, seinem Bedauern 
darüber Ausdruck zu geben, dafs er verhindert ist, Ihren Beratungen bei- 
zuwohnen. Eine Versammlung, welche aus Ärzten, den beruf smäfsigen 
Hygienikern, aus Schulmännern, den treuen Pflegern der Jugend, aus 
andereji sachverständigen Freunden und Freundinnen der Sache zusammen- 



Verhandl. d. II. Jahresversammlxing d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 107 

gesetzt ist, bietet gewifs eine Garantie für eine erspriefsliche Verhandlung 
der vorliegenden Tagesordnung. 

Wie im allgemeinen die Arbeitsteilung immer mehr und mehr ein 
Zeichen unseres modernen Lebens geworden, in welchem es dem einzelnen, 
ia*otz aller Befähigung, nicht möglich ist, bei dem Ausbau eines be- 
stimmten Gebietes universelle Leistungen aufzuweisen, so hat sich auch 
von der Hygiene als jüngster Sprofs die Schulgesundheitspflege abgezweigt, 
welche trotz ihrer Jugend eine grofse Bedeutung hat. 

Wer reformieren will, mufs bei der Schule anfangen — in diesem 
Sinne äufserte sich einmal unser allverehrter kaiserlicher Herr. Ganz 
ähnlich verhält es sich mit der Gesundheitspflege: um den Lehrern der 
Hygiene eine allgemeine, segensreiche Anwendung zu sichern, mufs man 
sie dem Verständnii^ der Jugend nahe bringen. Nur dann gelingt es, ein 
Volk heranzuziehen, welches for die Fragen der Gesundheitspflege volles 
Verständnis besitzt, wenn die betrefi'enden Lehren schon der Jugend ein- 
gepflanzt werden. Möge der Allgemeine Deutsche Verein für Schul- 
gesundheitspflege die hohen Ziele, die er sich gesteckt hat, erreichen, dem 
Vereine, der Volkswohlfahrt und der Jugend zum Besten. (Beifall.) 

Oberstabsarzt Dr. Paetsch-Wiesbaden: 

Ich habe dem Vorstand des Allgemeinen Deutschen Vereines für 
Schulgesundheitspflege den Dank des Herrn Kriegsministers zu über- 
mitteln für die Aufforderung, einen Vertreter hierher zu entsenden. 

Die Schulgesundheitspflege ist ja von jeher ein besonderer Zweig 
der Heeresverwaltung gewesen und wird in den Kadettenschulen und 
Militärwaisenhäusem seit langen Jahren gehandhabt. Das Kriegs- 
ministerium bringt daher den Bestrebungen des Vereins das gröfste 
Interesse entgegen und es ist gerne bereit, alle neuen Gesichtspunkte, 
die sich aus den heutigen Verhandlungen ergeben, zu berücksichtigen, 
zum Segen auch der militärischen Jugend. 

Geheimer Oberregierungsrat Nodnagel-Darmstadt: 

Die Grofsherzoglich Hessische Ministerialabteilung für 
Unterrichts wesen spricht ihren herzlichen Dank aus für die Einladung 
imd bietet der Versammlung ihren freundnachbarlichen Grufs. 

Auch wir sind durchdrungen von der hohen Wichtigkeit der Be- 
strebungen, die auf die Wahrung der Gesimdheit unserer Schuljugend 
gerichtet sind, und sind gerne bereit, die Pflichten, die daraus entspringen, 
zu erfüllen. Wir haben in der jüngsten Zeit veranlafst, dafs in den 
Lehrerseminaren durch Mediziner geordnete Kurse für Schulgesundheits- 
pflege eingerichtet werden und dafs später geeignete, für den Lehrer 
verständliche Vorti'äge in de:- Schule gehalten werden, damit den Lehrern 
das Erlernte nicht verloren geht. Soviel geschah in letzter Zeit, um auf 
dem Gebiete der Volksschule für die Verbreitung der Gesundheitslehre zu 
wirken. Auch in Bezug auf die höheren Schulen unterliefsen wir nichts, 
was zu thun nötig war. Darüber, was hier noch geschehen mufs, wird 
auf den Direktorenkonferenzen diskutiert. Auf einer solchen demnächst 
stattfindenden Konferenz wird z. B. über die Frage der Alistellung von 
Schulärzten und über die Eeinigung der Schulräume beraten werden. 



108 Verband!, d. n. Jahresversammlmig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Sie sehen, meine verehrten Anwesenden, dafs wir nach Kräften 
bestrebt sind, auf dem Gebiete der Schulhygiene etwas zu leisten. Ich 
kann Ihnen deshalb die Versicherung geben, dafs es mich freudig berührt 
hat, die Aussicht zu haben, auf Ihrer Versanmilung neue Anregimgen zu 
empfangen. Aus diesem Gesichtspunkte heraus und nicht ganz frei von 
Egoismus wünsche ich Ihren Verhandlungen besten Verlauf. (Beifall.) 

Geh. Regierungsrat Pabst, Oberbürgermeister der Stadt Weimar: 

Im Namen imd Auftrag der Stadt Weimar habe ich die Ehre, 
den Kongrefs namens der städtischen Behörden zu begrüfsen und zu- 
gleich die Bitte an Sie zu richten, Ihre nächste Jahresversammlung in 
unserer Haupt- und Residenzstadt abzuhalten. Verehrte Anwesende! 
Wenn wir Ihnen auch im allgemeinen nicht das bieten können, was 
Ihnen Wiesbaden zu bieten vermag, so werden wir Sie nichtsdestoweniger 
mit echt bürgerlicher Gastfreundschaft empfangen, Ihnen auf der anderen 
Seite aber doch wieder manches bieten, was viele andere Städte nicht 
bieten können, ich meine die Stätten der Erinnerung an die gröfsten 
Geister der Nation, die im Anfang des vorigen Jahrhunderts, unter dem 
Schutz eines verständnisvollen Fürsten in Weimar gewirkt, die das gesamte 
geistige Leben auf eine seltene Höhe gebracht und die geistige Einheit 
des deutschen Volkes in der trübsten Zeit geschaffen haben. (Beifall.) 

Wir leben aber nicht nur als Epigonen von der Erinnerung an 
frühere Zeiten, sondern wir wissen ebenfalls den Anforderungen unserer 
Zeit gerecht zu werden. So gedenken wir z. B. auch imser Schulwesen, 
das einst ein Herder geleitet und entwickelt hat, in einer allen gerechten 
Anforderungen entsprechenden Weise imizugestalten. 

Ich bitte Sie also, Ihre Jahresversammlung das nächste Mal in 
Weimar abzuhalten, und sichere Ihnen eine gastfreundliche Aufnahme zu. 
(Lebhafter und anhaltender Beifall.) 

Sanitätsrat Dr. Cramer-Wiesbaden: 

Im Namen der beiden hiesigen ärztlichen Vereine hqifse ich 
Sie herzlich willkommen. Wir Ärzte, die wir von jeher die Verhütung 
von Krankheiten als unsere höchste Aufgabe betrachtet haben, müssen es 
immer mehr als unsere Aufgabe betrachten, die Jugend über hygienische 
Fragen zu belehren. Es wird damit ja nicht nur für die Jugend ge- 
wirkt, sondern es wird in der heranwachsenden Generation Interesse 
geweckt für das, was sie in späteren Jahren vor Krankheit schützen soll. 
Nirgends ist aber mehr zu wirken nötig, als auf dem Gebiete der Aus- 
breitung des Verständnisses für die Lehren der Gesundheitspflege. Wir 
Ärzte kommen am ersten in die Lage, einschlägige Mafsnahmen ver- 
ordnen zu müssen. Leider konnten wir uns aber schon sehr häufig da- 
von überzeugen, dafs verständnisloses Handhaben von Mafsnahmen schä- 
digend wirkt. Wir haben deshalb alle Ursache, Ihre Bestrebungen mit 
Freuden zu begrüfsen und Ihren Verhandlungen besten Erfolg zu wünschen. 
(Beifall.) 

Direktor Walter-Frankfurt a. M.: 

Im Namen des Allgemeinen Deutschen Realschulmänner- 
Vereins erlaube ich mir, Sie zu begrüfsen imd Ihren Verhandlungen 



Yerhandl. d. ü. Jahresversammlang d. Allgem. Dentscb. yeieines etc. 109 

besten Erfolg zn wünschen. Wir fOhlen uns zu "dem Verein wegen seiner 
Bestrebungen sehr hingezogen, indem gerade der Allgemeine Deutsche 
Bealschulmänner -Verein auch das Verständnis für Schulgesundheitspflege 
zu fordern bestrebt ist. 

Wenn wir an der Schwelle des Jahrhunderts einer besseren Zukunffc 
entgegengehen, so haben wir das in erster Linie der gemeinsamen Arbeit 
der Lehrer imd der Allgemeinheit zu verdanken. Es bleibt aber noch 
manches zu thun übrig, und da ist vor allem der Allgemeine Deutsche 
Verein für Schulgesundheitspflege an seinem Platze, dessen Bestrebimgen 
ich deshalb besten Erfolg wünsche. (Beifall.) 

Direktor Dörr-Frankfurt'a. M.: 

In Namen des Frankfurter Zweigvereins des Allgemeinen 
Deutschen Bealschulmänner -Vereins erlaube ich mir, die besten 
Wünsi^ SU überbringen. Unser Verein hat sich die Förderung der Ge- 
sundheit der Jugend und die Herbeiführung der Gleichberechtigung der 
Schulen zur Aufgabe gemacht. Wir betrachten uns nicht nur als Zweig- 
verein des Allgemeinen Deutschen Eealschulmänner -Vereins, sondern auch 
als Zweigverein anderer Vereine, die ebenfalls auf dem einen oder 
anderen dieser beiden Gebiete wirken. In diesem Sinne möchte ich mir 
erlauben, den Frankfurter Verein auch als einen Zweigverein Ihres 
Vereins vorzustellen. 

Es ist erfreulich, dafs auch viele Personen, die nicht Schulmänner 
sind, den Fragen der Schulgesimdheitspflege inmier gröfseres Interesse 
entgegenbringen, denn nur so können wir weiter kommen; aber es wäre 
wünschenswert, nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen zur 
Mitwirkung auf diesem Gebiete heranzuziehen. Die Beihilfe der Herren 
Ärzte ist von grofser Wichtigkeit, aber mindestens ebenso wichtig ist 
auch die Beihilfe der Mütter. Eine Schule zu schaffen, die vom Geiste 
alter Idealität erfüllt, aber im Geiste der neuesten Anforderungen refor- 
mirt ist, das ist der Wunsch unseres Zweigvereins. (Lebhafter Beifall.) 

Professor Müller-Franfcfart a. M.: 

Hochverehrte Anwesende I Meine Damen und Herren 1 Wenn das 
Grundschema in dieser Weise weiter durchgeführt wird, so konmien wir 
nicht zu dem Thema selbst. Ich will mich deshalb kurz fassen und damit 
eine neue Serie der Begrüfsimgsreden eröffnen. (Heiterkeit.) Wir Frank- 
furter Lehrer nehmen das gröfste Interesse an den hier zur Beratung 
konmienden Fragen und da hat mich der Verein akademisch gebil- 
deter Lehrer Frankfurts hierher geschickt und mir den Auftrag ge- 
geben, ihm über verschiedene Fragen, die Sie zu beraten gedenken und 
auf die ich vielleicht bei dem betreffenden Punkt der Tagesordnung näher 
zurückkommen werde, Bericht zu erstatten; doch ich wollte kurz sein: 
mit einem kurzen Grüfs Gott! begrüfse ich die Versammlung. (Beifall.) 

Professor Dr. Vietor-Marburg: 

Wenn ich mir erlaube, Sie im Namen der Universität Marburg 
zu begrüfsen, so mufs ich bemerken, dafs ich das nicht im Auftrag der 



110 VerhandL d. 11. Jahresyersammlung d. Allgem. Deutseh. Verfeines etc. 

Universität thue; ich hätte leicht einen solchen Auftrag erhalten können, 
wenn ich mich mit der üniversitätsleitimg oder dem Dekan in Ver- 
bindung gesetzt hätte, aber das habe ich versäumt. Ich wollte — ohne 
dabei zu vergessen, dafs die kurze BegrüTsungsserie (Heiterkeit) begonnen 
hat — als einer der unbedeutendsten Vertreter der Universität Marburg 
darauf hinweisen, dafs man die Schulgesundheitspflege nicht bis zu der 
Grenze der einen Schulart fuhren und sagen kann, damit hört es auf; 
auch wir von der Universität fühlen, dafs wir mit zu Ihnen gehören, wir 
sind mit an Ihren Bestrebungen interessiert, lassen Sie also wenigstens 
mich diesen Standpunkt vertreten. (Beifall.) 

Oberrealschuldirektor Dr. Schotten-Halle: 

Ich erlaube mir, die Versammlung im Namen des Vereins zur 
Förderung des lateinlosen Schulwesens und im Namen des Ver- 
eins zur Förderung des naturwissenschaftlichen Unterrichts 
zu begrüfsen. Die beiden Vereine haben mich beauftragt, Ihren Ver- 
handlungen besten Erfolg zu wünschen. (Beifall.) 

Dr. Rofsmann-Wiesbaden: 

Ich gestatte mir, die Versammlung namens des Vereins für 
Schulreform und des hiesigen Zweigvereins desselben herzlich 
zu begrüfsen und Ihnen die besten Wünsche zu übermitteln. (Beifall.) 

Schulrat C Uppers -Trier: 

Hochverehrte Herren vom Vorstand, hochansehnliche Versammlung! 
Der Herr Landeshauptmann der Eheinprovinz hat verfugt, dafs die sämt- 
lichen Taubstummenvereine dem Verein beitreten sollen; er hat femer 
veranlafst, dafs zu den Versammlungen ein Vertreter entsandt werden 
soll, dem die Verpflichtung zur Berichterstattung obliegt. Wenn, wie zu 
hoffen ist, die anderen Staaten und Provinzen diesem Beispiel folgen, so 
steht diesem jungen Verein eine ganz beträchtliche Erweiterung, eine 
grofse Zukunft bevor. 

Gestatten Sie mir ein kurzes Wort! Die rheinische Provinzial- 
verwaltung steht den Bestrebungen dieses Vereins nicht nur nicht gleich- 
giltig gegenüber, sondern sie fördert dieselben nach Kräften. In unserer 
Anstalt wird das Turnen in sehr ausgiebiger Weise gepflegt, nicht nur 
das Knaben -Turnen, sondern seit mehr als fünfundzwanzig Jahren auch 
das Turnen der Mädchen, also seit einer Zeit, wo die Frage des Turnens 
der Mädchen im allgemeinen kaum gewürdigt wurde. Unser Anstalts- 
arzt besucht mehrmals im Jahre die sämtlichen Klassen der Anstalt; da 
werden die einzelnen Kinder auf ihren Gesundheitszustand untersucht, da 
wird für diejenigen, welche wegen Blutarmut eine besondere Verpflegung 
nötig erscheinen lassen, gesorgt, und da werden diejenigen, welche vom 
Turnen entbunden werden müssen, ausgesondert. Zweimal im Jahre findet 
eine augenärztliche Untersuchung sämtlicher Kinder statt. Aufserdem 
werden den Kindern die Ohren, die Nase und der Rachenraum von einem 
Spezialisten untersucht. Aufser den gewöhnlichen und gröfseren Früh- 
stückspausen haben wir zwischen jeder einzelnen Unterrichtsstunde eine 



Verhandi. d. 11. Jahresyersamiulung d. Allgem. Deutsch, yereines etc. Hl 

Pause von zehn Minuten, wodurch die Kinder, namentlich deiähalb, weil 
die Pause auch noch durch Turnübungen ausgefallt wird, geistig erfrischt 
werden. 

Sie sehen also, dafs wir schon vieles thun, was sich mit Ihren Be- 
strebungen deckt. Wir hoffen aber, in Ihrem Verein noch manche An- 
regung zu bekommen. In dieser Voraussetzung sind wir dem Verein, 
dessen Existenx die Taubstummenanstalt und die Taubstummen -Vereine 
von Herzen willkommen heifsen, beigetreten. Möchten Ihre Verhandlungen 
vom besten Erfolge gekrönt sein. (Lebhafter Beifall.) 

Vorsitzender: V 

Damit wären wir mit den Begrüfsungen zu Ende. Wir treten in 
die eigentliche Tagesordnung ein. 

Es ist in unserer gestrigen Vorstandssitzung beschlossen worden, ein 
Huldigungs-Telegramm an Seine Majestät den Kaiser abzuschicken ; ist die 
Versammlung damit einverstanden? (Lebhafte Zustimmung.) Dann bitte 
ich Herrn Kurdirektor von Ebmeyer, dasselbe zu verlesen. 

Kurdirektor Major von Ebmeyer-Wiesbaden: 
Das Telegramm lautet: 

Seiner Majestät dem deutschen Kaiser, Berlin! 

Euerer Majestät, dem mächtigen Schirmherm einer gedeihlichen und 
gesundheitsfördernden Jugend-Erziehung, sendet der im schönen Wiesbaden 
tagende Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege in dem 
Gefühle unwandelbarer Treue und Ergebenheit seine unterthänigsten 
Huldigungen. 

Der Vorsitzende des Vereins: Professor Dr. Griesbach. 

Der Vorsitzende des Ortsausschusses von Wiesbaden: 
Sanitätsrat Dr. Obertüschen. 

Auf das Telegramm lief folgende Antwort ein: 

Seine Majestät der Kaiser lassen für den Huldigungsgrufs und die 
treue Arbeit für die Gesundheit der deutschen Schuljugend bestens 
danken. 

Auf Allerhöchsten Befehl: von Lucanus, Geh. Kabinetsrat. 

Vorsitzender (fortfahrend): 

Sodann habe ich zu bemerken, dafs sich die Notwendigkeit einer 
Eevision unserer Statuten herausgestellt hat. Herr Landgerichtsdirektor 
de Niem hatte die grofse Liebenswürdigkeit, diese Statuten in der Weise 
zu ändern, dafs sie dem Bürgerlichen Gesetzbuch entsprechen, da es da- 
durch dem Verein ermöglicht wird, ein „Eingetragener Verein" zu werden. 
Die Statuten liegen in der neuen Form, schon vor, doch empfiehlt Ihnen 
der Vorstand, mit der Annahme derselben noch bis zur nächstjährigen 
Versammlung zu warten, wo doch ein neuer Vorstand gewählt werden 
mufs. Sind die Herren damit einverstanden? (Allgemeine Zustimmung.) 
Dann wäre diese Frage erledigt. 

Ich bitte um Erstattung des Kassenberichts. 



112 Verhandl. d. II. JahresverBainmlmig d. Allgem. Deatsch. Vereines etc. 



Schatzmeister Direktor F. S. Archenhold-Treptow: 



Einnahme (1900) 
Beitr. f. 183 Mitgl. k M. 3.— M. 649.— 



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3 
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3 
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6.— 
« „10.- 
» „20.- 
„ „30.- 
„ „50.— 
„ „ 13. — 
„ „ 67.72 



Kleine Mehrbetr. b. Postanw. 



1» 
„ 

„ 
„ 
„ 
»1 



18.— 
60.— 
60.— 
30.— 
ÖO.— 
13.— 
67.72 
10.01 



An Bestand . 



M. 857.73 
M. 417.02 ^ 
„ -28 1 
M. 418.02 



Ausgabe (1900) 
laut Eassebncli I . . . M 

>1 w 11 . . . 

„ y* Hl ... 

Bestand 



11 



11 



1» 



„ 



315.61 
91.47 
32.73 

417.74 \ 
—.281 



M. 857.73 



Vorsitzender (fortfahrend): 

Wünscht jemand zu dem Bericht das Wort? — Wenn es nicht der 
Fall ist, müssen wir zur Wahl des nächsten Versammlungsortes schreiten. 
Sie haben alle die liebenswürdigen Worte des Herrn Oberbürgermeisters 
von Weimar gehört. Ich möchte seinen Antrag unterstützen und dafür 
eintreten, dafs wir uns im nächsten Jahre in Weimar wiedersehen. Darf 
ich hoffen, dafs der Antrag durch Akklamation angenommen wird? (Eufe: 
Jawohl!) Dann wäre also Weimar als nächster Versammlungsort gewählt. 

Ich habe nun der Versammlung noch mitzuteilen, dafs wir gestern 
beschlossen haben, Herrn Beigeordneten Mangold -Wiesbaden mit in den 
Vorstand zu wählen. Des weiteren schlägt der Vorstand vor, einige 
Ehrenmitglieder neuerdings zu ernennen. Ich habe die Ehre, die Namen 
der betreffenden Herren zu verlesen. Es sind vorgeschlagen: Se. Excellenz 
der Herr Öberpräsident Graf von Zedlitz-Trützschler- Kassel, Herr 
Oberbürgermeister Dr. von Ib eil -Wiesbaden, Herr Sanitätsrat Dr. Ober- 
tüschen -Wiesbaden, Herr Stadtrat Professor K alle -Wiesbaden, Herr 
Generalkonsul a. D. Freiherr von Lade-Schlofs Monrepos bei Geisenheim, 
Herr Eegierungspräsident Dr. Wentzel -Wiesbaden, Seine Durchlaucht 
der Herr Königliche Polizeipräsident Prinz von Eatibor-Wiesbaden imd 
Herr von. Schenkendorf f, Mitglied des Hauses der Abgeordneten, 
Görlitz. Ist jemand da, der sich gegen unsere Vorschläge aussprechen 
will? — Dann darf ich annehmen, dafs Sie einverstanden sind. (Zu- 
stimmung.) Nun möchte ich noch fragen, ob aus der Mitte der Ver- 
sanmilung heraus, vielleicht noch jemand vorgeschlagen werden soll? — 
Das scheint nicht der Fall zu sein! — 

Wenn niemand mehr das Wort verlangt, so sind wir jetzt mit dem 
geschäftlichen Teil fertig und kommen zu den Vorträgen. Gestatten Sie 
mir jedoch vorher noch einige Worte: Sie sehen, dafs ein sehr reiches 
Material zur Beratung vorliegt, wir werden uns also möglichst kurz 
fassen müssen, um damit zu Ende zu kommen. Bezüglich Punkt 1 der 
Tagesordnung habe ich Ihnen zu erklären, dafs Herr Dr. med. Kor man 



Yerhandl. d. II. JahresverBauunliing d. AHgem. Deutsch. YereineB etc. 113 

erkrankt ist. Der ihn behandelnde Arzt schickt ein Telegramm, wonach 
es Herrn Dr. Eorman uximöglich ist, zu kommen, es ist jedoch soeben 
das Manuskript seines Vortrags eingetroflfen. Dasselbe kann nicht ver- 
lesen werden, aber die Leitsätze können im AnschluTs an das Beferat 
des Herrn Direktor Schotten zur Verlesung kommen. 

Ich erteile Herrn Direktor Dr. Schotten das Wort. 

Die neue preufsische Schulreform in Beziehung zur 

Schulhygiene. 

Referent: Oberrealschuldirektor Dr. H. Schotten- Halle. 

Hochverehrte Anwesende! 

Der Allgemeine Deutsche Verein ftir Schulgesundheitspflege hat als 
ersten Glegenstand der Besprechung auf der diesjährigen Hauptversamm- 
lung die neue preufsische Schulreform in ihrer Beziehung zur 
Schulhygiene auf die Tagesordnung gesetzt. 

Es ist damit der Stoff des mir übertragenen Referates in an- 
genehmster Weise auf ein enges Gebiet eingeschränkt; und doch will 
ich mir erlauben, zimächst einiges Allgemeine über die Bewegung der 
Schulreform zu berichten, da — nach meiner Ansicht — auf dem Ge- 
biete des Schulwesens bedeutende Fragen nicht ganz für sich allein 
betrachtet, nicht aus dem Zusammenhang mit dem Ganzen des Schul- 
wesens herausgerissen werden dürfen. 

Zunächst ein kurzer historischer Bückblick: Sie müssen ihn mir 
verzeihen, h. A.; aber ich bin der Meinung, dafs gerade bei den Fragen, 
die uns heute beschäftigen, viel Überflüssiges vermieden werden kann, 
wenn die Interessenten — und wer gehörte nicht auf irgend eine Be- 
rechtigung hin dazu? — wenn, sage ich, die Interessenten durch ein 
historisches Studium der Fragen sich ein sachkundiges Urteil ver- 
schafften, sich mit den Vorarbeiten auf dem betreffenden Gebiete be- 
kannt machten; ich will niemandem zu nahe treten, aber es ist wirklich 
Thatsache, dafs sehr viele doch nur auf Grund allerpersönlichster 
Erfahrungen, die notwendigerweise einseitig sind, und aus übervollem 
Herzen heraus an die Beurteilung der wahrlich nicht leichten Fragen 
herangehen, deren Beantwortung nicht nur ein warmes Herz, sondern 
auch einen klaren Kopf imd eine gewisse Kenntnis der einschlä- 
gigen Gesamtverhältnisse verlangt. 

Die preufsische Schulreform, die speziell den Gregenstand unserer 
heutigen Diskussion bilden soll, ist nicht ohne Beispiel; ja genau ge- 
nommen wird fortwährend reformiert schon seit der Einrichtung höherer 
Schulen überhaupt; im Jahre 1837 kamen die hygienischen Ver- 
hältnisse mit in Frage durch die Schrift Lorinsers. Seitdem haben 
diese Bestrebungen nicht geruht, freilich sind sie nicht immer offen zu 
Tage getreten, aber ihre Bedeutimg ist immer mehr von allen Kreisen 
anerkannt worden. 

Als im Jahre 1890 auf die Initiative Sr. Majestät die erste 
preufsische Schulkonferenz zusammentrat, wurden ihr im ganzen 
14 Fragen vorgelegt, von denen insbesondere für uns die 9. von 

Gesunde Jagend I. 3/4. 8 



114 ^erhandl. d. IT. JahreBvörs&mmltmg d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Interesse ist: „Was hat zur weiteren Hebung des gegenwärtig meist in 
2 Wochenstunden und vielfach an grofse Abteilungen erteilten Turn- 
unterrichts zu geschehen, und welche sonstigen Einrichtungen zur körper- 
lichen Ausbildung der Jugend sind zu pflegen?^' 

Aber neben dieser spielen nicht wenige andere auf unser Gebiet 
hinüber, z. B. Frage 7 nach den Maximalfirequenzen in den einzelnen 
Klassen, Frage 10: „Kann die Reifeprüfung entbehrt werden ?^^ und ins- 
besondere Frage 8: „Inwieweit ist es, auch bei Verminderung der Ge- 
samtzahl der Schulstunden, möglich, durch intensiven methodischen 
Unterricht die Hauptarbeit in die Schule zu verlegen, namentlich in den 
unteren Klassen ?^% eine Frage, die bei den Verhandlimgen gemeinsam 
mit der neunten diskutiert wurde. Ja die imif angreichen Verhandlungen 

— der Bericht umfafst einen stattlichen Band von 800 Seiten — zeigen, 
dafs kaum eine der vorgelegten Fragen ohne Berücksichtigung des körper- 
lichen Wohles der Schuljugend beantwortet werden kann, mag sie auch 
noch so wenig Bezug darauf zu haben scheinen. 

Die 90er Konferenz hatte eine Teilnehmerzahl von 44, darunter 
22 Schulmänner und 3 Arzte resp. Mediziner. Die letzteren haben be- 
sonders bei Frage 8, ob eine Verminderung der Schulstunden ohne Ver- 
mehrung der häuslichen Arbeitszeit möglich sei, mitgewirkt. Dr. Graf 
war einer der Berichterstatter und hat unter seinen 9 Thesen 5 wesent- 
lich hygienischer Natm*, in denen der Nachmittagsunterricht, der 
Turnimterricht, die Pausen, das Schulgebäude, der Schularzt be- 
handelt werden. 

Wesentlich zahlreicher und umfangreicher sind die Thesen von 
Dr. Göring, dem Verfasser der Schrift „Neue Deutsche Schule"; es sind 
26 von denen z B. die neunte wieder 11 Unterthesen umfafst. Auch 
in seinen Thesen findet die Gesundheitspflege gebührende, zum Teil 
mehr als gebührende Berücksichtigung. 

Zu der für uns wichtigsten Frage 9, die direkt das körperliche 
Element des Schulunterrichts behandelte, hatten von den Berichterstattern 

— der ersten Konferenz — der eine 15, der andere 5 Thesen aufgestellt. 
Die Zeit erlaubt nicht, sie hier aufzufahren; ich mufs mich darauf be- 
schränken, die aus den Verhandlungen herauskrystallisierten 
Thesen der Konferenz mitzuteilen, ohne auf die Verhandlungen selbst 
näher eingehen zu können; ich empfehle aber ihr Studium dringend 
allen denen, die sich für diese Fragen interessieren, ganz besonders aber 
denen, die auf diesem Gebiete schriftstellerisch thätig zu sein das unüber- 
windliche Bedürfnis fühlen. Ihre Darstellung umfafst in dem Bericht 
weit über 100 Druckseiten und weckt entschieden die Erinnerung an 
den guten alten Ben Akiba. 

Die von der 90er Konferenz angenonmienen Thesen, die zum 
Teil dem Inhalt und der Form nach die Geburt am grünen Tische nicht 
verleugnen können, lauten: 

„l) Die von der Konferenz vorgeschlagene Verminderung der wöchent- 
lichen Lehrstunden darf nicht eine Vermehrung der häuslichen Arbeit 
zur Folge haben. 

2) Die hierdurch bedingte Verlegimg der Hauptarbeit in die Schule 
erfordert eine Verbesserung der Lehrmethode. 



Verhandl. d. Ü. Jahresyersammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. Il6 

3) Zur Erfailung der an Lehrer und Schüler zu stellenden For- 
derungen sind unerläfsliche, wenn auch in ihrer Verwirklichung nach 
den örtlichen Verhältnissen zu bemessende Vorbedingungen (aufser der 
wünschenswerten Verminderung der Frequenz von Klassen und An- 
stalten): 

a. pädagogische Vorbildung der Lehrer; 

b. bessere Stellung des Lehrerstandes in seinen gesamten äufseren 
Verhältnissen; 

c. Beschränkung des Fachlehrertums, gröfsere Verantwortlichkeit des 
Lehrers für körperliches und geistiges Gedeihen seiner Zöglinge; 

d. Pflege der Spiele und körperlichen Übungen, welche letztere als 
tägliche Aufgabe zu bezeichnen sind, insbesondere also Verstärkung 
und Hebung des Turnunterrichts, Erteilung desselben womöglich durch 
Lehrer der Anstalt; 

e. Begünstigung der Pflege des Körpers und der Erfüllung der 
Forderungen der Schulhygiene, Kontrolle der letzteren durch einen Schul- 
arzt, Unterweisung der Lehrer und Schüler in den Grundsätzen der 
Hygiene, sowie in der ersten Hilfsleistung bei Unglücksfällen. 

4) Der Unterricht im Freien ist für die Naturkunde, sowie für die 
geographische und geschichtliche Heimatkunde auf alle Weise zu fördern." 

Wenn wir nun nachforschen, was von diesen Forderungen erfüllt 
worden ist, so zeigt sich, dafs das Ergebnis für die eigentlichen hygie- 
nischen Forderungen ein klägliches war und ist; ihre Verwirklichung 
scheiterte in erster Linie am Geldpunkt, denn das ist nicht abzuleugnen, 
die Berücksichtigung der hygienischen Forderungen kostet Geld, viel 
Geld. Sonst wären wir sicherlich auf diesem Gebiete viel weiter und 
müfsten uns nicht mit der Versicherung wohlwollender Berücksichtigung 
abspeisen lassen. Aber im übrigen ergab sich doch als praktisches 
Eesultat der 90er Konferenz eine grofse Reihe von Änderungen. Sie 
wissen alle, sehr verehrte Anwesende, dafs trotzdem die Klagen über das 
höhere Schulwesen, ich meine jetzt über das System, nicht verstumimten, 
imd dafs gerade von den neuen Bestimmungen und Einrichtungen viele 
sehr abfällig beurteilt wurden. 

Das hat denn Se. Majestät bewogen, von neuem in die Speichen 
des Formalismus einzugreifen, eine zweite Schulkonferenz zu berufen, die 
im Juni voriges Jahres getagt hat. 

Zwei sehr erfreuliche Änderungen hat diese Konferenz zur Folge 
gehabt: die Abschaffung der sogenannten Abschlufsprüfung und die Ver- 
längerung der Pausen. Die Freude an einigen andern Beschlüssen wird 
uns vorläufig noch durch den Widerstand, den mächtigen und vielleicht 
erfolgreichen Widerstand, den gewisse Kreise ihrer Ausführung entgegen- 
stellen, vergällt; aber Optimisten sehen doch mit froher Zuversicht in 
die Zukunft — vielleicht ist es unserm Vereine beschieden, gerade durch 
die Objektivität, die ihm die Mitgliedschaft aus den verschiedensten 
Kreisen sichert, in hervorragender Weise mitzuarbeiten. Die „älteren" 
Mitglieder unseres ly^ Jahre alten Vereins werden sich erinnern, dafs 
wir auf unserer vorjährigen Versammlung eine Eesolution gegen die Ab- 
schlufsprüfung beschlossen; wir können nur wünschen, dafs alle imsere 
Beschlüsse von solch überraschendem Erfolg begleitet sein mögen, wie 

8* 



116 Verhandl. d. 11. Jabresversaminliiiig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

dieser; wir muTsten uns beeilen, die Resolution einzureichen, sonst wäre 
man unseren Wünschen zuvorgekommen. Lassen Sie ims das, hochver- 
ehrte Anwesende, als ein gutes Omen für unsere Bestrebungen auffassen. 

Was neben den beiden erwähnten Änderungen als ein Erfolg der 
Schulkonferenz von 1900 zu begrüTsen sein wird, verbirgt uns zur Zeit 
noch ein dichter Schleier; selbst die Erläuterungen zu den neuen Lehr- 
plänen, nach denen wir seit Ostern unterrichten, sind noch imter der 
Presse. 

Aber die Verhandlungen sind inzwischen im Druck erschienen, und 
an der Hand dieses Berichtes läfst sich ein Überblick über die neue 
preuüsische Schulreform in Beziehimg zur Schulhygiene geben. 

Was zunächst die Zusammensetzung der Schulkonferenz betrifft, so 
waren dazu einberufen 34 Teilnehmer, darunter 6 Schulmänner ni}d ein 
Arzt, unter den Schulmännern wiederum ein Vertreter der Naturwissen- 
schaften. Sie gestatten, dafs ich mich mit der Konstatierung dieser 
Thatsachen bescheide, ohne mich in Betrachtungen darüber zu vertiefen, 
wie wohl die Stimmung z. B. in militärischen Kreisen sein würde, wenn 
über eine Reform im Müitärwesen eine Konferenz von 34 Teilnehmern 
beriete, von denen nur 6 dem Militärstand angehörten. 

Freilich wird es auch Stimmen genug geben, die eine solche Zu- 
sammensetzung gutheifsen, wie z. B. Herr Dr. v. Lade in Oeisenheim, der 
nach der ersten Schulkonferenz schrieb: ,.Die Enttäuschung im Publikum 
ist eine gewaltige, obgleich man von einem Tribunal, in welchem der 
Mehrzahl nach die Beschuldigten in ihrer eigenen Sache zu Gericht 
safsen, andere Entscheidungen nicht wohl erwarten konnte." 

Wie 1890, so waren auch der neuen Konferenz Fragen zur Be- 
ratung gestellt, im ganzen 10, von denen die sechste unserem besonderen 
Gebiete galt. Sie lautete: „Inwieweit können an den höheren Schulen 
die körperlichen Übungen (Turnen, Jugendspiele, Wassersport u. s. w.) 
noch weiter gefordert werden?" 

Sie ist als Frage 7 behandelt worden und hat folgende Beant- 
wortung gefunden: 

„1) Zur Förderung der körperlichen Uebungen empfiehlt es sich: 

a. die Jugendspiele zu pflegen und ihre Ausübimg durch Einführung 
von Spielstunden und vermehrte Beschaffung von Spielplätzen zu heben; 

b. dem Sport, namentlich dem Wassersport, auch fernerhin besondere 
Aufmerksamkeit zu schenken, imd 

c* die bestehenden Vorschriften über den Turnunterricht durch wei- 
tere Beschaffung von Turnhallen und Turnplätzen, durch Gewinnung einer 
genügenden Zahl geprüfter Turnlehrer und durch Belebung des Interesses 
von Lehrern imd Schülern am Turnen zur Durchfahrung zu bringen. 

2) Es empfiehlt sich, in den höheren Lehranstalten Unterweisungen 
über die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen einzuführen." 

AuTserdem gehören hierher noch aus der Beantwortung von Frage 9 
die Thesen 3 , 4 und Ö , von denen die dritte über die Pensionierung 
kranker Lehrer Wünsche äufsert; die vierte sagt: „Die Beschlüsse der 
Dezemberkonferenz von 1890 über die Beschränkimg der Höchstzahl der 
Schüler in den einzelnen Klassen werden in Erinnerung gebracht"; die 
fiinfte lautet: „Der KgL Staatsregierung wird empfohlen, anzuordnen, dafs 



Verhandl. d. Ü. Jahresversammlung d. AUgem. Dänisch. Vereines etc. 117 

in den höheren Lehranstalten Unterweisung in der Hygiene unter Be- 
nutzung geeigneten Unterrichtsmaterials erteilt wird." 

Vorbereitet war diese Konferenz durch gutachtliche Äufserungen über 
die vorgelegten Fragen, von denen diejenige über die Pflege des Turn- 
unterrichts und was damit in Zusammenhang steht, von dem Oberlehrer 
Wappenhans am Luisenstädtischen Bealgymnasium zu Berlin eingefor- 
dert war. 

Ehe ich auf dieses Gutachten und die Verhandlungen selbst eingehe, 
gestatten Sie mir wohl, sehr verehrte Anwesende, einige allgemeine Ge- 
sichtspunkte zu berühren. 

Zunächst kann ich es nicht für richtig halten, dafs man die Schul- 
reform auf die sogenannten höheren Lehranstalten beschränkt hat. Gerade 
die hygienischen Forderungen müssen dazu fuhren, auch die Vorschulen 
— so lange sie noch bestehen — mit in den Kreis der Untersuchungen 
zu ziehen. Hier ' bei den Kindern im zartesten Alter müssen die Vor- 
schriften der Hygiene besonders beachtet werden, zumal da das Kind 
mit dem Eintritt in die Schule gemssermafsen den ersten Schritt in die 
Öffentlichkeit thut. Zunächst mülste der Schularzt jedes in die Schule 
eintretende Kind — selbstverständlich auch auf den Volksschulen — unter- 
suchen, und aufserdem den Eltern auferlegt werden, einen Fragebogen aus- 
zufällen, der u. a. etwaige erbliche Belastung erkennen liefse; das müfste 
sich wohl durchfahren lassen, eine ähnliche Einrichtung besteht ja wohl beim 
Kadettenkorps. Die ärztliche Untersuchung müfste beim Übergang in die 
höhere Lehranstalt wiederholt werden; ich glaube bestimmt, dafs die viel- 
beklagte Nervosität unserer Schulkinder weniger auf den höheren Lehr- 
anstalten selbst, als bei den zarten Kindern in den ersten Schuljahren her- 
vorgerufen, zum wenigsten der Grund dazu gelegt wird; auch auf die 
Haltung beim Sitzen, auf die Schonung der Augen, auf geeignete Schul- 
räume, Schulutensilien und Schulhöfe mufs nach meiner Ansicht in den 
ersten Schuljahren am meisten geachtet werden, die noch zarten 
Organe sind für gesundheitsschädliche Einwirkungen doch wohl 
am empfänglichsten. Deshalb mufs auch die Überwachung der Schul- 
räume, der Schulutensilien und der Schulhöfe der Aufsicht des Schul- 
arztes unterstehen. Zugleich würden aber die Fragebogen Anlafs geben, 
zweifelhafte häusliche Verhältnisse von vornherein in sorgfältige Be- 
obachtung zu nehmen. 

Nur ein Beispiel: Wieviele Jungen kommen schon kurzsichtig oder 
gar mit der Brille in die Schule! Späterhin wird das dann auf Bechnung 
der höheren Schulen geschrieben. 

Freilich, das am schwersten wiegende Bedenken scheint mir zu sein, 
dafs auf den Vorschulen in drei Jahren geleistet werden mufs, was auf 
den Bürgerschulen und Mittelschulen in vier Jahren erreicht wird; das 
fahrt von vornherein zu einem nervösen Vorwärtsdrängen, das gewifs 
nicht geeignet ist, die gesundheitlichen Bücksichten in hinreichendem 
Mafse zu beachten. 

Wie aber die Schulreform den Unterbau berücksichtigen mufs, so 
mufs auf der anderen Seite das Verhältnis zur Universität geregelt 
werden, die Universitäten und technischen Hochschulen müssen ihre An- 
sprüche den unter Beachtung der hygienischen Forderungen aufgestellten 



118 Yerhandl. d. TL. JahreBversammlimg d. Allgem. Dentscli. Yereines etc. 

Zielen der höheren Schulen anpassen, wobei sie nicht aus den Augen 
verlieren sollen, dafs die höheren Schulen allgemeine Bildungsstätten 
sind, und dals nicht jeder Abiturient und Studierende späterhin ein 
Förderer der Wissenschaft zu werden berufen ist. 

Ein zweiter Punkt, der mir ernster Erwägung wert zu sein 
scheint, ist der, dafs in den Eragen des Unterrichts imd besonders auch 
in den hygienischen Eragen viel zu viel generalisiert wird. Dieses Ver- 
allgemeinem führt dazu, dafs Eorderungen aufgestellt werden, die sich 
in der That allgemein nicht verwirklichen lassen, die aber auch in der 
Allgemeinheit, mit der sie befürwortet werden, gar keine innere Berech- 
tigung haben. Dadurch wird weiterhin leider bewirkt, dafs auch viele 
berechtigte Eorderungen nicht zur Anerkennung gelangen. Vieles z. B., 
was in grofsen Städten beachtet und geregelt werden mufs, ergiebt sich 
in kleinen Städten aus den natürlichen Verhältnissen ganz von selbst; 
dies dürfte gerade für viele hygienische Eorderungen gelten. Das hat 
auch Dr. Güfsfeldt auf der 90er Konferenz zugegeben; er sagte: „Ich 
möchte Gelegenheit nehmen, um mein Bedauern darüber auszusprechen, 
dafs wir, wenn wir uns schriftstellerisch mit solchen Sachen beschäftigen, 
sehr leicht in eine gewisse Einseitigkeit verfallen imd von den grofsen 
Städten auf kleine exemplifizieren." 

Dieses Verallgemeinern, dieses Schematisieren hat weiter noch den 
Nachteil, dafs Eorderungen erhoben werden, deren Beachtung einer ver- 
schwindenden Minorität zugute kommen würde, während die grofse 
Majorität geradezu darunter zu leiden hätte. Es ist das überhaupt ein 
sehr bedauerlicher Zug unserer Zeit, das Eecht der Minorität in den 
Vordergrund zu stellen; dabei darf nicht vergessen werden, dafs die Zu- 
friedenen schweigen, die Unzufiiedenen aber reden, meist sehr laut reden. 

Drittens ist davor zu warnen, allzuviel Eeglement einzuführen; es 
bleibt zu bedenken, dafs alles, was offiziell von der Schule ausgeht, doch 
mehr oder weniger als ein lästiger Zwang empfunden wird; ich kann 
wenigstens nicht finden, dafs die Lust am Spielen, seit es von der Schule 
aus betrieben wird, sich sonderlich entwickelt hätte. Ereilich, Zeit und 
Gelegenheit und Anregung — auch zu freiwilligen körperlichen 
Übungen — mufs den Schülern geboten werden, aber dann soll man 
ihnen die notwendige Ereiheit gewähren, die nun einmal dazu gehört, 
wenn man etwas mit Lust und Liebe betreiben soll. 

Und da möchte ich gleich die Gelegenheit benutzen, um noch auf 
das Entschiedenste dafür einzutreten, dafs die Lehrerschaft von der weit- 
gehenden Verantwortlichkeit befreit wird, die ihr jetzt aufgebürdet wird 
und vielleicht in erster Linie die Lehrer abgeneigt macht, freiwillige 
Leistungen in dieser Hinsicht zu übernehmen. Nicht nur die Eltern, 
nein, auch die vorgesetzten Behörden erschweren durch die Verantwor- 
tung, die sie dem Lehrer aufladen, die Eörderung der Spiele, freiwillige 
Tumübimgen, Schul-Spaziergänge ungemein. Als wenn nicht der Lehrer 
selbst schon alles thun würde, was in seinen Kräften steht, um Unglücks- 
fälle zu vermeiden; als wenn es ihm nicht selbst schon peinlich genug 
wäre, wenn etwas passiert; nein, da mufs auch noch ein Bericht geliefert 
werden, und wenn der Bericht auch noch so sehr die Schuldlosigkeit des 
Lehrers erweisen würde, ganz sicher würde in der folgenden Verfügung 



Veriiandl. d. n. Jahresyersaminlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 119 

ein Passus kommen, der anfinge: „Jedoch mufs bemerkt werden u. s. w." 
Das ist für einen gewissenhaften Menschen nicht erfreulich, und er geht 
lieber der Gelegenheit, sich bei allem guten Willen auch noch der Gefahr 
eines Tadels auszusetzen, ganz aus dem Wege. 

Zum Schlüsse meiner eigenen Betrachtungen, die ich mir einzuschalten 
erlaubt habe, möchte ich mich dann an den Verein selbst wenden und 
die Bitte aussprechen, nicht zu viel auf einmal zu unternehmen und zu 
verlangen, sondern sich vielmehr jedesmal auf die Erreichung eines be* 
stimmten Zieles zu beschränken, und dabei immer im Auge zu behalten, 
was als allgemeine Forderung ftir alle Verhältnisse aufzustellen und was 
im einzelnen zu verlangen ist: und zu vermeiden, dafs aUzuviele Vor- 
schriften die gute .Wirkung des Gewollten wett machen. 

Als die nächste Aufgabe för unseren Verein möchte ich persönUch 
— neben der Schularztfrage — die Regelung der Ferien anempfehlen, 
damit in Verbindung die Verlegung des Beginnes des Schuljahres nach 
den grofsen Ferien, also etwa Mitte September. Das ist eine eminent 
wichtige Frage, aber auch eine solche, bei der sich wirklich ein Erfolg 
erzielen läfst, denn — ich mufs das noch einmal hervorheben — sie 
würde sich ohne Kosten durchführen lassen; man würde also hier den 
hygienischen Forderungen ein weitgehendes Entgegenkommen zeigen können, 
sich nicht nur auf die Versicherung einer wohlwollenden Berücksichtigung 
zu beschränken brauchen. 

Doch zurück zum Berichte über die Schulreform. 

Der Vor -Berichterstatter geht in seinem Referat auch von der 
90er Konferenz aus, vergleicht die Thesen der Konferenz, die ich Ihnen 
am Anfang mitgeteilt habe, mit dem Erfolg und beklagt, dafs nur wenig 
erreicht worden ist: nämlich nur die dritte Turnstunde, die Pflege der 
Jugendspiele und die Begünstigung des Sports. 

Er spricht sich dagegen aus, dafs Tumstimden zwischen wissenschaft- 
liche Stunden gelegt werden — was ja wohl jetzt allgemein als unrich- 
tig anerkannt wird — , verlangt, dafs auch in dieser dritten Stunde wirk- 
lich geturnt wird, und dafs neben den 3 Turnstunden noch besondere 
Spielstunden eingerichtet werden. Dazu müssen geeignete Spielplätze 
geschaflFen, Spielvereinigungen unter den Schülern auf jede Weise gefordert 
werden. 

Die Zurückhaltung der Lehrerkollegien scheint ihm nur mit der 
Entschädigungsfirage eng zusammenzuhängen, ich habe schon auseinander- 
gesetzt, dafs sie mir zimi guten Teil mit der übergrofsen Verantwortlich- 
keit zusammenzuhängen scheint. 

AUe Arten Sporte will er neben den Spielen gejpflegt wissen: Rad- 
fahren, Rudern etc. Ich will hier gleich bemerken, dafs in den Ver- 
handlungen auch der Segelsport sehr empfohlen wurde; ich möchte den 
betreffenden Herrn bitten, doch jeder Stadt einen hinreichend grofsen 
See und die nötigen Segelboote, Bootshaus und was sonst noch dazu ge- 
hört, zu stiften. 

Sehen Sie, sehr verehrte Anwesende, das ist so ein Punkt, wo man 
von mafslosen Forderungen sprechen kann. Ist irgendwo Gelegenheit 
zum Segelsport, ist die nötige Anzahl reicher Jungen resp. Eltern da, 
so ist es ja recht schön und gut, wenn es auch wirklich zur Ausübung 



120 Yerhandl. d. II. Jahresversammlimg d. Allgem. Dentsch. Yereines etc. 

dieses Sports koimnt; die Schule wird gewlfs keinen Einspruch erheben. 
Aber etwas, das doch nur unter ganz auTsergewöhnlichen Verhältnissen 
möglich ist, das darf man doch nicht in ein allgemeines Programm mit 
aufnehmen; ich wenigstens kann das weder fEkr sachlich, noch überhaupt 
für anregend halten. 

Das Beferot fordert femer die Anstellung von Schulärzten; dem 
stimme ich durchaus zu und ich habe Ihnen auch schon mitgeteilt, wie 
ich mir einen Teil der Thäügkeit dieser Ärzte denke. 

Femer wird gefordert: 

Unterweisung der Lehrer in der Hygiene — und zwar auf der 
Universität, natürlich auch eine Prüfung darin; 

Ausbildung der Lehrer in der ersten Hilfe bei. Unglücksfällen — 
und zwar auf der Universität, natürlich auch eine Prüfung darin. 

Li beiden Beziehungen liefse sich durch Kurse während des Seminar- 
oder Probejahres wohl alles Wünschenswerte auch ohne Prüfung er- 
reichen. 

Schliefslich werden verlangt: 

Beseitigung des Pachlehrerturnens, 

tägliche Pflege der Leibesübungen, 

zahlreiche Fufswanderungen, 

mindestens alle 4 Wochen ein gröfserer Ubungsmarsch, Veraustal- 
tung von sportlichen Wettspielen mit Preisen. 

Diesen Forderungen, in dieser Allgemeinheit aufgestellt, kann 
meiner Überzeugimg nach die Schule nicht nachkommen, oder die 
wissenschaftlichen Ziele müfsten ganz bedeutend eingeschränkt werden, 
wozu schwerlich die mafsgebenden Kreise ihre Zustimmimg' geben werden. 
Man sollte deshalb im Eahmen der heutigen wissenschaftlichen Lehrpläne 
mit solchen Forderungen auch nicht kommen; sie erwecken nur Unzu- 
friedenheit imd — wie das vorhin erwähnte Beispiel, das durchaus nicht 
vereinzelt dasteht — noch weiter gehende Wünsche, die über jedes ver- 
nünftige Ziel htuausschiefsen. 

Ein derartiges Beispiel möchte ich mir erlauben noch anzufahren. 
Auf der 90er Konferenz verlangt Dr. Gröring: 

„Jeder Lehrer muTs wissen, wie Ermüdung des Gehirns, Nerven- 
überreizung, Blutarmut, Muskelschwäche und Sinnesschädigung bei den 
Schülern zu verhüten ist." 

Ich erlaube mir einen leisen Zweifel, ob alle Ärzte das wissen; 
einen grofsen Zweifel, ob dieses Wissen irgend einen Zweck hat, wenn 
nicht auch die Mittel gewählt werden, z. B. Blutarmut zu verhüten. 
Und dann dürfte das doch wirklich Sache des Hauses und nicht der 
Schule sein. Man mufs doch bei aller idealen Auffassung seiner Vor- 
schläge die Möglichkeit ihrer Bealisierung nicht aus dem Auge lassen. 

Über die Verhandlungen selbst auch nur in einigermafsen orientie- 
render Weise zu berichten, verbietet die knapp bemessene Zeit; wie leicht 
man gerade auf dem Gebiete der hygienischen Fragen im Laufe einer 
Diskussion ins Uferlose gerät, dafür ist ein anmutiges Beispiel der 
Teilnehmer, der versichert, er werde seinen Dank dafür, dafs er zu 
Worte gekommen, durch die Kürze seiner Worte darbringen, und nach 
30 Minuten mufs er durch die Glocke des Präsidenten erinnert werden, 



Verhandl. d. ü. Jahresversainixiluiig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 121 

dafs er die zulässige Zeit überschritten habe, was ihn nicht abhält, noch 
einiges mehr zu sagen. Die am Anfang meiner diesbezüglichen Ausfüh- 
rungen mitgeteilte Antwort der Konferenz enthält ja auch den Extrakt 
dieser Verhandlungen. 

Hochverehrte Anwesende, nur in ganz grofsen Zügen habe ich 
Ihnen ein Bild von der Stimmung der letzten Konferenz in Bezug auf 
hygienische Fragen geben können; die Diskussion wird ja gestatten, 
manche Einzelheiten noch weiter zu erörtern. Aber dafs Interesse für 
diese Frage vorhanden ist, dafs von Sachkundigen und Laien alles er- 
örtert wird, was in Betracht kommt, geht aus den Thesen der 90er Kon- 
ferenz nicht minder, wie aus denen der vorjährigen klar hervor. 

Gestatten Sie mir zimi Schlufs nur noch einmal die Bitte aus- 
zusprechen, bei der Erörterung weniger persönliche Wünsche, persönliche 
Einzelerfahrungen vorzubringen, solche nicht zu generalisieren, damit 
nicht allzuviel, ja unmögliches verlangt wird, sondern unter Berücksich- 
tigung aller einschlägigen Verhältnisse sich auf die Forderungen zu be- 
schränken, die in der That Aussicht auf Verwirklichung haben. 

Wenn femer unser Verein die Schulgesundheitspflege auf seine 
Fahne geschrieben hat, so darf doch nicht vergessen werden, dafs gerade 
hier die Schule ohne das Haus machtlos ist. Die Schule mufs es ent- 
schieden ablehnen, allein verantwortlich gemacht zu werden; gerade in 
dem Übermafs der Verantwortlichkeit, die man der Schule zumutet, ist 
ein Grund für die Überbürdung — falls sie besteht — zu suchen. 

Nicht nur bei der Regierung und der Lehrerschaft, nein, auch in 
Haus und Familie müssen Interesse und Verständnis für die Gesund- 
heitspflege der Jugend geweckt werden. 

Ernährung, Kleidung, Reinlichkeit, Abhärtung, überhaupt gesund- 
heitsgemäfse Gewöhnung gehören zur häuslichen Gesundheitspflege, dafür 
ist die Familie verantwortlich. Wenn dafür gesorgt wird, dafs diese 
Dinge in Ordnung sind, werden viele Forderungen an die Schule von 
selbst zum Schweigen kommen; man darf nicht alles Heil von der Schul- 
gesundheitspflege erhoffen. 

Ich schliefse mit dem Wunsche, dafs unser Verein es verstehen 
möge, alle Kreise für seine Bestrebungen zu gewinnen, und dafs wir alle, 
die wir in der körperlichen und geistigen Pflege einer in Kraft und 
Gesundheit heranwachsenden Jugend unsere vornehmste Pflicht sehen, 
in einmütiger Arbeit zusammenwirken zum Wohle der Jugend, zum Heil 
des Vaterlandes. 

Vorsitzender: 

Der Vorstand des Verbandes Deutscher Architekten und Ingenieur- 
vereine läfst sein Nichterscheinen entschuldigen; er hat gebeten, Herrn 
Geheim. Oberbaurat Welzin als seinen Vertreter hier anzunehmen. Ich 
erteile dem Herrn das Wort. 

Geheim. Oberbaurat von Weltzien: 

Ich habe den Auftrag, namens des Verbandes Deutscher Architekten- 
und Ingenieurvereine für Ihre Einladung zu danken und Ihnen zu ver- 
sichern, dafs wir die Ziele Ihres Vereins voll zu würdigen wissen und 



122 Verhandl. d. 11. JahreBversammlnng d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 

Ihre Beschlüsse, soweit sie in das Gebiet unseres Vereins fallen, vollauf 
berücksichtigen werden. (Beifall.) 

Vorsitzender: 

Ich habe mitzuteilen, dafs Begrüfsulifgstelegramme von Herrn Haupt- 
mann von Ziegler -Rummelsburg bei Berlin, Herrn Rektor Professor 
Dr. Recknagel -Augsburg und Herrn Reichstags- und Landtagsabgeord- 
neten Sittart- Aachen eingetroffen sind. 

Ehe wir zur Diskussion des soeben gehörten Vortrags schreiten, 
möchte ich die Herren Redner bitten, die Redezeit von zweimal fEinf 
Minuten nicht zu überschreiten. Dem Herrn Referenten steht nach Be- 
endigung der Diskusssion eventuell ein kurzes Schlufswort zu. 

Landtagsabgeordneter Oberlehrer Wetekamp-Brelau: 

Ich möchte bitten, erst die Thesen des Herrn Dr. Kor man zu ver- 
lesen und dann erst zur Diskussion zu schreiten. 

Vorsitzender: 

Ich bitte den Herrn Schriftführer, Direktor Dr. Beyer, die Thesen 
zu verlesen. 

Direktor Beyer: 

Die Thesen des Herrn Dr. Kor man lauten: (Zu vergleichen den 
Anhang zu Dr. Eormans Vortrag.) 

Referat des Herrn Dr. med. Korman^ prakt. Arzt^ Leipzig. 

Hochansehnliche Versammlung! 

Wenn ich als Arzt über das vorliegende Thema spreche, so scheue 
ich mich nicht, gleich von vornherein zu erklären, dafs ich die 12 bis 
13 Schuljahre unserer Kinder etwas einseitig nur mit dem Auge des 
Arztes ansehe; hat doch die Schule bisher auch ihrerseits diese Jahre 
nur zu einseitig mit den Augen des Schulmannes angesehen. Wir Ärzte 
sind sowohl den Eltern, wie dem Staate gegenüber gerade so verant- 
wortlich für das uns anvertraute Gut, wie die Schule, und wie diese auf 
ihrem Rechte besteht und bestehen mufs, so wir auf dem unsern. Es 
ist zu hoffen, dafs diese beiden, scheinbar jetzt oft gegensätzlichen Par- 
teien sich nach und nach finden und gemeinsam den Schulwagen vor- 
wärts ziehen werden. Vorläufig gelten wir Ärzte — das dürfen wir 
uns nicht verhehlen — als unbequeme Mahner und Eindringlinge in 
wohlumhegte Gefilde, die einzig vom Schulmann beansprucht werden; so 
alt wie die Schule ist, so lange haben die Ärzte einen Einflufs auf diese 
erstrebt, die Schule ihn aber zurückgewiesen. Bezeichnete doch eu). sonst 
hochgeschätzter Schulmann diese Bestrebimgen als Dilettantismus und die 
Beteiligten als nicht recht zurechnungsfähig. Aber gerade seine Bezug- 
nahme auf das Heerwesen hätte ihn darüber belehren sollen, dafs die 
selbstbewufste und rücksichtslose Heeresleitung sich in hervorragender 
Weise der Mitwirkung der Hygieniker versichert hat und diesen einen 
£Tofsen Einflufs auf ihre Entschliefsimgen und Einrichtungen gestattet 
Überall sucht man den Rat des ärztlichen Sachverständigen; die für ihre 



Verhaoidl. d. IT. Jabresversannnliing d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 123 

Eechte so empfindlichen Stadtverwaltungen gestehen offen, dafis sie ohne 
die Mitarbeit der Hygieniker nicht die Aufgaben hätten lösen können, die 
die riesigen Anforderungen der Zeit an sie stellten, und man versteht 
eigentlich nicht recht, wanmi einzig die Schule den Hygieniker nur als 
lästigen Fremdkörper empfindet und in eiue Art von Nervosität gerät, 
wenn dieser seinen Platz an der Schulsonne verlangt — hat doch 
nirgendwo der Hygieniker die Sucht zum Alleinherrschen und zum Ein- 
griff in die Eechte anderer hervorgekehrt. Und sollte die Schule sich 
nicht von einer schweren Bürde entlastet fühlen, wenn sie die Verant- 
wortung für die Gesundheit der Schüler auf die Schultern abwälzt, die 
sie zu tragen vermögen? Und dafs es nicht unfruchtbare Nörgelei und 
vielgeschäftige Wichtigthuerei ist, was die Ärzte zum Eingreifen zwingt, 
das lehrt ein Blick in ein Lehrbuch der Schulgesundheitspflege, es zeigt, 
welch eine Summe von positiver Arbeit auf diesem Spezialgebiet ärzt- 
licher Beobachtung imd wissenschaftlicher Thätigkeit geleistet wird. 

Und warum trage ich Ihnen denn all diese hinreichend bekannten 
Thatsachen vor? Man hatte unbegreiflicher Weise für die vorjährige 
Schulkonferenz, zu der man Vertreter der verschiedensten Berufe geladen 
batte, keinen einzigen Arzt und Hygieniker von Fach hinzugezogen. Und 
doch kamen Fragen zur Erörterung, die ohne diesen sachverständigen 
Beirat überhaupt nicht zu klären und zu entscheiden waren, so imter 
anderm Frage VI: Inwieweit können an den höheren Schulen die 
körperlichen Übungen (Turnen, Jugendspiele, Wassersport u. s. w.) noch 
weiter gefordert werden? Bei der ErtJrterung über den Antrag des 
hygienischen Unterrichts kam es schliefslich dahin, dafs ein Chemiker 
nur deswegen sich über diese Materie zu äufsem bereit erklärte, weil ein 
berufener Sachverständiger in der Konferenz nicht zugegen wäre. Schon 
allein der Umstand, dafs man glaubt, eine Schulkonferenz ohne Zuziehung 
von ärztlichen Sachverständigen machen zu können, läfst die Notwendig- 
keit der Gründung unseres Vereins gerechtfertigt erscheinen. Man hat 
den Eindruck, als fürchte man, unangenehme Wahrheiten von ärztlicher 
Seite zu hören und die Öffentlichkeit über gesundheitliche Schäden an 
den Schulen aufzuklären. Ich denke, dafs die Thätigkeit des Vereins 
diese Vogel-StrauTs-Politik unmöglich machen wird, und dafs die verant- 
wortlichen Berater der nächsten Schulkonferenz — und diese wird 
kommen — eine Beiseitesetzung der Hygieniker verhüten werden. 

Ich kann bei der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur 
einige der auf der Jimikonferenz erörterten Fragen herausgreifen und sie 
daraufhin prüfen, inwieweit sie den hygienischen Wünschen entsprechen. 

Das Gynmasium mit seiner Konzentration um die alten Sprachen 
hatte mehr und mehr dem Andrängen derer Bechnung getragen,, die ein 
Anpassen an die modernen Zeitbedürfnisse verlangten, und von diesen 
neuen Lehrstoffen hatte es immer mehr zwischen seine wenigen Lehr- 
fächer eingeschachtelt; so war die Höhe der Wochenstunden schliefslich 
auf 320 angeschwollen. Sie wurden nach dem epochemachenden Aufsatz 
Lorinser's in der Medicinischen Zeitung vom 8. Januar 1836 „Zum 
Schutze der Gesundheit in den Schulen" auf 270 verringert; trotzdem 
kamen die Klagen wegen Überbürdung in Eltern- und Arztekreisen nicht 
zur Euhe. Sie wurden als berechtigt anerkannt und in den Lehrplänen 



124 Yerhandl. d. n. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsch. Yereines etc. 

von 1892 wurde die wöchentliche Stundenzahl auf 262 verkürzt — eine 
Operation, die das überbürdete Schülergehim wenigstens von dem 
schlimmsten Blutandrang befreite. Eine endgiltige Lösung der Über- 
bürdungsfrage brachte diese mechanische Zahlenkur freilich nicht. An 
die Stelle der Quantitätsüberbürdung trat nun die der Qualität. 
Bisher waren, wie oben schon erwähnt, die alten Sprachen das Zentrum, 
um das sich als Unterrichtsgegenstände 11. Ordnung die übrigen Fächer 
gruppierten. Jetzt sind die alten Sprachen nicht mehr Über-, sondern 
nebengeordnet, es können minderwertige Leistungen in ihnen durch gute 
Leistungen in anderen Fächern kompensiert werden — was früher nicht 
anging. 1856 enthielt der Lehrplan noch 128 lateinische und griechische 
Unterrichtsstunden, 1882 117 und 1892 nur noch 98 Stimden; der 
heutige Gymnasiast hat demnach 1200 Stunden weniger in alten 
Sprachen während der Schulzeit abzusitzen, als sein ehemaliger Kom- 
ndlitone. Andererseits hatte er früher in Deutsch, Französisch und Ge- 
schichte nur 62 Stunden, jetzt 71, also 360 Stunden mehr während 
seiner Gymnasialzeit, ebenso sind den Naturwissenschaften und der 
Mathematik in dieser Zeit 8 Stunden, d. h. 320 in neun Jahren, zugelegt. 
Die alten Sprachen sind von den neuen Lehrfächern langsam erstickt 
worden. Aus dem multum ist das gefährliche multa geworden. Das 
aufkommende Fachlehrertum machte diese zerstreuende und zersplitternde 
Unterrichtsmethode nur noch gefährlicher, jeder verlangt gerade für sein 
Fach volle Hingabe und Anstrengung, und gerade die besten Lehrer be- 
anspruchen die höchste Anspannung. Das alte Gymnasium mit seiner 
geringen Zahl von Lehrfächern und seinen oft schlechten Lehrern, bei 
penen man träumen, ausruhen oder Unfug treiben konnte, gestattete dem 
Einzelnen, wie der ganzen Klasse geistige Euhepausen und körperliche 
Entspannung; würde man heute wieder die Ermüdungsimtersuchungen 
nachprüfen, so würde man kaum eine Skala von Unterrichtsstunden auf- 
stellen können, die in ihrer Ermüdungsfähigkeit sich abstufen. Dieser 
— wenn ich sie so nennen soll — multiplen Überbürdung sucht man 
zu begegnen durch eine Verbesserung der Unterrichtsmethoden, man will 
einen Nürnberger Trichter erfinden, durch den die Lehrstoffe mühelos in 
das Schülerhim hineingegossen werden. Es ist ja zu bewundem, wie 
weit man schon in diesen Methoden gekommen ist: Kommentare, Spezial- 
vokabularien, Geschichtsauszüge u. s. w. geben in fertig vorgekauter Zu- 
bereitung, was der Schüler sich früher durch eigenes Nachdenken selber 
erarbeiten mufste und sich so zum bleibenden Eigentum erwarb. Jetzt 
läfst die mechanische Gedächtnisarbeit mehr und mehr die Seele des 
Schülers verstummen und verdummen. Drei Jahre lang z. B. mufs er 
Vokabeln, grammatikalische Regeln, Deklination, Konjugation und Syntax 
pauken, sinn- und zusammenhanglose Sätze aus dem Deutschen ins 
Lateinische und umgekehrt übertragen, ehe er, müde und gleichgiltig 
geworden, mit der Lektüre beginnen kann; so wandert er in dürrer 
Geistes wüste, und nur eine wesenlose Fata morgana narrt das gequälte 
Gehirn. 

Und wozu diese ganze antike Dressur und Frisur? Sind wir noch 
dieselben Deutschen, wie vor einem Menschenalter, denen Homer und 
Horaz das Herz füllte? Was ist uns heute Hecuba? Lnmer weniger 



Yerhandl. d, Ü. Jahresversammlting d. AUgem. Deutsch. Yeremes etc. 125 

verfangen die stolzen Beden von der allein seligmachenden Kraft klassisch* 
ästhetischer Bildung und vom unersetzlichen Wert der grammatikalisch- 
formalen Schulung, eine Los-von-Bom-Bewegung ist überall im Wachsen: 
die bildende Kunst wandte dem klassizistischen Epigonentum zuerst den 
Bücken — eine yölHg moderne und nationale Kunstanschauung, die 
nichts mehr mit dem antiken Stü verbindet, rang sich wildbefehdet in 
die Höhe; die dramatische Litteratur wandte sich von der aristotelischen 
Schablone zu neuen ästhetischen und technischen Idealen; der Architektur 
wurden Aufgaben gestellt, die mit dem alten Schema nicht zu lösen 
waren. So sehen wir, trotzdem das moderne Greschlecht durch das Gym- 
nasium hindurchgegungen ist, nach und nach ein langsames Hinwelken 
der alten Ideale. Gefühlvolle Seelen mögen es bedauern, dafs manch 
goldener Schimmer, an dem das Herz so lange gehangen hat, verblafst, 
aber für das Verlorene tauschen wir aus dem nationalen Mutterboden 
neue Kräfte ein. 

Wie eine reife Frucht mufste unter diesen Verhältnissen die Gleich- 
berechtigung der humanistischen und realen Schulen vom Baume der 
Entwicklung fallen. MiCstrauisch und ängstlich zugleich beobachteten die 
Vertreter der klassischen Bichtung diese Wandlung der Geister und die 
weitschauendsten ahnten wohl schon die nahende Götterdämmerung. Um 
überhaupt das Gymnasium vor der neuen Zeit zu retten, wählte man, 
vor die Wahl gestellt, entweder die traditionelle Organisation oder die 
traditionell privilegierte Stellimg des Gymnasiums aufzugeben, das letztere; 
der Gymnasialverein, die Vertretung der humanistischen Orthodoxie, 
stimmte am 5, Juni 1900 in Braunschweig der Gleichberechtigung zu 
und ebenso einstimmig nahm am nächsten Tage die Schulkonferenz den 
Antrag an: „Wer die Beifeprüfung einer neunklassigen Anstalt bestanden 
hat, hat damit die Berechtigung zimi Studium an den Hochschulen und 
zu den entsprechenden Berufszweigen für sämtliche Fächer erworben." 

Freilich, noch sind aus den Konferenzbeschlüssen keine Thaten ge- 
worden, fast scheint es, als ünge man an, den schnellen Entschlufs zu 
bereuen, das alte Versteckspiel beginnt wieder; nur gleichwertig, nicht 
gleichberechtigt sollen die Bealanstalten sein — aber eines vergifst 
man bei dieser Taktik des Fabius Cunctator:- die Eltern, — ihnen hat 
man das gelobte Land gezeigt, und sie werden sich nicht 40 Jahre in 
der Wüste herumführen lassen, sie wird man nicht wieder mit ab- 
schwächenden Verordnungen und Vertröstungen abspeisen können, nach- 
dem der Kaiserl. Erlafs vom 26. November vorigen Jahres bereits für 
den jüngsten Ostertermin volle Gleichberechtigung hoffen liefs. 

Man weifs, dafs die Juristen, in der Sorge um ihre allmächtige 
Stellung, die Hauptseele des Widerstandes sind, liest man aber ihre Gut- 
achten über die Gleichberechtigung, so staunt man über die fadenschei- 
nigen, wortreichen Gegengründe, durchschlagende Gegenbeweise vermögen 
sie nicht vorzubringen; können die Pandekten wirklich nur in der Ur- 
sprache gelesen werden, so lasse man die Studierenden das bischen 
dazu nötige Latein lernen, wie der Mediziner erst auf der Universität 
Ajiatomie und Physiologie lernen mufs, ehe er an den kranken Menschen 
herantreten darf. Und dafs man Jura studieren kann, ohne die 
Verba in fit gelernt zu haben, dafür giebt es Beispiele. Und die 



126 Verhandl. d. II. JahreBv^rsammlang d. Allgem. Dentscli. Vereines etc. 

Mediziner? Sie müfsten ja gegen ihr eigen Fleisch und Blut wüten, 
wenn sie den Bealanstalten die Gleichberechtigung absprechen wollten, 
ihre Zukunft liegt auf diesen Schulen; nur die übergrofse Angst vor der 
Überfallung des Standes und die berechtigte Sorge vor einer Minder- 
wertung, wenn die Juristen allein das Gyninasialmonopol behalten, hat 
die ärztlichen Standesvertretungen zu einer Stellungnahme gegen die 
Gleichberechtigung gezwungen. 

Auch wenn man noch einige Bleigewichte an die Gleichberechtigungen 
hängt in Form von Ergänzungsprüfungen oder Vorseminarien, wird man 
niemanden von den Realanstalten abschrecken, man wird nur eine neue 
Belastung und Examensquälerei einführen, ohne durch diesen lateinischen 
oder griechischen GedächtnisdriD eine Kenntnis der Antike oder Liebe zu 
ihr zu erwecken. Ist es notwendig, dafs der Mediziner die alten Fach- 
schriftsteller kennen lernt — und eine historische Grundlage kann diesem 
Studium nur nützen — , so genügen gute Übersetzungen und Kompendien, 
für Studienzwecke sind diese dem Lesen in der Ursprache sogar vorzu- 
ziehen; und wenn man meint, der Mediziner verstände dann seine eigenen 
lateinischen imd griechischen Fachausdrücke nicht mehr, so ersetze man 
diese meist völlig veralteten Namen durch deutsche Bezeichnungen, wie 
es z. B. Prof. Strümpell in seinem Lehrbuch der inneren Krankheiten 
bereits erfolgreich versucht hat. 

Im übrigen überlasse man es doch den Universitäten, wie sie sich 
mit dem verschieden vorgebildeten Studentenmaterial abfinden werden, sie 
werden schon Mittel und Wege für diese neuen Anforderungen finden. 
Einen Beweis der zu erwartenden Anpassungsfähigkeit haben bereits die 
technischen Hochschulen gegeben; ihre Vertreter haben erklärt, dafs selbst 
im Zeichnen nach einigen Semestern keine Unterschiede zwischen Gym- 
nasiasten und Realschülern zu finden sind. Sollten aber diese Ergänzungs- 
prüfungen doch angeordnet werden, so werden sie, nachdem sie ihre 
Schuldigkeit als Abschlagszahlung an die Verlustträger der klassischen 
Richtung gethan haben, das Schicksal der jüngst beseitigten Abschlufs- 
prüfungen teilen — sie werden wieder verschwinden. 

Die Frage der Prüfungen führt mich auf eia Thema, das zwar auf 
der Junikonferenz noch nicht erörtert wurde, das aber bis zur nächsten 
Schulkonferenz reif zur Ernte sein wird; ich meiue die Beseitigung der 
Abiturientenprüfung. Wie bekannt, ist diese durch das Königl. Edikt 
vom 23. Dez 1788 eingeführt; ausdrücklich bezeichnet es als seine Ver- 
anlassung, dafs sehr häufig die für das Studium bestimmten Jünglinge 
ohne gründliche Vorbereitung, unreif und unwissend zur Universität eilen. 
Sie ist demnach eingeführt worden, weil eine grofse Zahl damaliger 
Schulen, die nicht unter dem Protektorate staatlicher Behörden standen, 
nicht die Sicherheit gleichmäfsiger Leistungen und genügender Lehr- 
kräfte boten. Sie diente also zur Kontrolle der Schulleistungen und der 
Lehrerschaft. Darum fafste das Edikt das Resultat der Prüfung als 
nicht verhängnisvoll für den Schüler auf, sondern es bestimmt: „Keines- 
wegs soll Unreifen der Zutritt zur Universität verboten werden, sondern 
nur auf seine Schwächen soll er aufmerksam gemacht werden, um ihn 
von unüberlegten Schritten abzuhalten und zu gröfserem Fleifse zu er- 
muntern." Zum grofsen Teile hat auch heute noch die Abiturienten- 



Verhandl. d. 11. Jahresversammlting d. AUgem« Dentsch. Vereines etc. 127 

prüfung den Charakter einer Schulkontrolle. Sagt doch das vom 
12. Januar 1856 datierte Reskript über die Abiturient enprüfung ganz 
offenherzig: „Die Prüfung hat nicht mehr auszumittehi, ob der Abiturient 
den Grad der erforderlichen Schulbildung erreicht hat, darüber muTs das 
Urteil der Lehrer bereits feststehen; das Examen ist nur dazu da, dieses 
Urteil vor dem Kommissar der Aufsichtsbehörde zu rechtfertigen." Der 
Aufsichtsbehörde stehen aber noch andere Wege offen, sich ein Bild von 
den Schulleistungen zu machen; man möge eine gröfsere Zahl von Kom- 
missaren anstellen und diese zu häufigeren Schulbesichtigungen verpflich- 
ten; oder sollte das aus finanziellen Gründen schwer angängig sein, so 
möge die Schule sich gerade so wie die anderen höheren Berufsstände 
an die Zuziehung des Laienelementes gewöhnen. Die Juristen haben ihre 
Schöffen- und Schwurgerichte, die Theologen ihre Synoden und Kirchen- 
vorstände, die Arzte ihre Gesundheitskonmussionen, warum sollten die 
Schulmänner nicht auch Laienausschüsse dulden? 

Es würde das nur dazu fahren, zwischen Schule imd Elternhaus 
Beziehungen anzuknüpfen, die jetzt leider vielfach fehlen, und ein Ver- 
ständnis filr die beiderseitigen Wünsche anbahnen und manche Ver- 
bitterungen beseitigen. 

Man hat die pädagogischen imd hygienischen Schäden des Abi- 
turientenexamens auch anerkannt, man hat Erleichterungen der verschie- 
densten Art angeordnet, obschon z. B. die Dispensation von der münd- 
lichen Prüfung so lange hygienisch wertlos ist, als man dem Abiturienten 
das erfreuliche Besultat erst am Tage der Prüfung selbst mitteilt. Trotz 
dieser Erleichterungen*) bleibt dies Examen eine unnütze, für viele nicht 
ungefährliche Quälerei; das jugendliche Nervensystem ist der gewaltigen 
Anspannung, die die wochenlangen Vorbereitungen imd die Prüfungen 
selbst verlangen, oft nicht gewachsen; Schlaflosigkeit, Appetitmangel, 
Kopfdruck, zimehmende Blässe, Gewichtsabnahme sind die uns Ärzten 
wohlbekannten Symptome der Abiturientenkrankheit, Brom, Antipyrin 
und Eisen müssen verordnet werden und schliefslich ist ein verbummeltes 
erstes Semester die natürliche Reaktion des gemifshandelten Gehirns. 
Und alles das, obschon auch ohne Examen die Schule zu beurteilen ver- 
mag, ob ein Schüler, den ein ganzes Lehrerkollegium neun Jahre lang 
täglich und stündlich hat beobachten können, mit hinreichendem Erfolg 
die Schule verlassen kann. Dafs man bereits das Zwecklose dieser Schlufs- 
prüfungen einzusehen beginnt, beweist die neue Bestimmung über den 
Wegfall der bisherigen Schlufsprüfung an den sechsklassigen Realschulen. 
Hoffen wir baldigst ein Gleiches auch von den neunklassigen ScKulen. 

Ich wende mich wieder der Schulkonferenz zu. An jede dieser 
Konferenzen tritt, entsprechend den Zeitströmungen, die Anforderung, 
neue Lehrfächer einzuführen, z. B. Stenographie, Handfertigkeitsunterricht, 
Bürgerkunde, Geographie. Auch die Junikonferenz hat zunächst die Ein- 
führung eines Hygiene- tmd Samariterunterrichtes vorgeschlagen imd an- 
genommen. Es ist unbestreitbar, dafs die Anforderungen an die Arbeits- 
kraft des heutigen Kulturmenschen ungeheuer gestiegen sind, dafs nur 



*) In den Eeichslanden giebt es eine Befreiung von der mündlichen Prü- 
fung nicht» 



128 Verbandl. d. TL, Jahresvenaminlnng d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

ein völlig gesunder Körper diesen Anforderungen gewachsen sein kann. 
Dieses kostbare Gut zu schaffen und zu erhalten, dazu sind zunächst die 
Eltern berufen; sie werden sich naturgemäfs von ihrem Hausarzt beraten 
lassen und die soziale Yersicherungsgesetzgebung gestattet es heute dem 
Ärmsten, sich ärztlichen Beirat zu sichern. Aber die ärztliche Arbeit 
wird so lange eine halbe bleiben, als der Arzt nicht auf ein williges 
Verständnis und einen vorbereiteten Ackerboden stöfst, denn er wird erst 
gerufen, wenn bereits Krankheit und Siechtum ausgebrochen ist; die ärzt- 
liche Wissenschaft sucht aber mehr die Krankheiten zu verhüten als zu 
heilen; imi diese Prophylaxe erfolgreich durchzufOhren, dazu gehört die 
verständnisvolle Mitwirkung jedes einzelnen. Wie nahe dem Nullpunkt 
jedoch die Kenntnis der einfachsten hygienischen Begriffe ist, das be- 
weist die wachsende Zahl und die zunehmende Dreistigkeit der Kur- 
pfuscher. Das dmnmste und albernste Zeug wird wie eine Offenbarung 
angestaunt, wie z. B. Gesichtsausdrucksdiagnose, Reibesitzbäder, Erkennung 
aller Krankheiten aus ausgerupftien Haaren. Die zunehmende Trunksucht 
unter den Gebildeten, die Furcht vor der Erkältung, die gesundheits- 
widrige Frauentracht, die Wasserscheu würden nicht den Umfang an- 
genommen haben, wenn nur einige wenige hygienische Grundsätze in 
aller Fleisch und Blut übergegangen wären. Die Erfolge der sanitäts- 
poUzeilichen Gesetzgebung würden noch viel grölser sein, wenn sie nicht 
blofs als lästige Zwangsmafsregeln empfunden, sondern als zweckmäfsige 
Einrichtungen verstanden würden. 

Bei der riesigen Zunahme der Verkehrsmittel, der Reiselust, der 
Maschinen in Stadt und Land wächst die Zahl der plötzlichen Ver- 
unglückungen immer mehr und es ist notwendig, diese Verunglückten bis 
zur Ankunft des Arztes so zu versorgen, dafs ihnen einesteils unnötige 
Schmerzen erspart, und sie andemteils nicht durch kunstwidrige Mafs- 
nahmen des Nothelfers mehr geschädigt werden, als durch die Verletzung 
selbst. Diese Samariterhilfe verlangt Wissen und Können. Ich war be- 
reits auf imserer vorjährigen Versammlung in der Lage, eingehender über 
die Grundsätze des Samariterunterrichtes mich auszulassen. Dafs dieser 
Samariterunterricht notwendig ist, und dafs er zweckmäfsig nur in den 
oberen Klassen einzufuhren ist, darüber sind wohl alle einig. Aber auf 
der Schulkonferenz ist man der Beantwortung der Frage aus dem Wege 
gegangen, wer diesen Hygiene- und Samariterunterricht erteilen soll. 
Vergessen wir nicht, dafs hier Kenntnisse gelehrt werden sollen, bei deren 
Ausübung es sich um Tod und Leben eines Verunglückten handeln kann; 
die Verantwortung ist also eine sehr -grofse und nur ein vollkommen ge- 
schulter Fachmann wird die Verantwortung eines solchen Unterrichtes 
tragen können. Einige Stunden Kolleg auf der Universität oder ein 
Fortbildungskurs können weder die Befähigung, noch die Berechtigung 
für einen derartigen Unterricht geben. Die Ärzte haben bereits in 
tausenden von Samariterkursen ihre Lehrbefahigung erwiesen, und wenn 
es auch zunächst ein Novum sein mag, sie in den Lehrkörper der Schule 
einzufügen, so hat sich eben die Schule neuen Anfordeningen ebenso an- 
zupassen wie jeder andere Organismus. 

Als zweiter neuer Unterrichtsgegenstand für das Gymnasium wurde 
der obligatorische Unterricht im Englischen vorgeschlagen. , Zunächst 



Verhandl. d. II. Jaliresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 129 

hielt man es für ausgeschlossen, an Stelle des Griechischen Englisch 
wahlfrei zuzulassen ,• weil das das Gymnasium zerstören würde, man he" 
schlofs yiehnehr, mit Bücksicht auf die Seestädte: es soll den einzelnen 
Gymnasien gestattet sein, den Unterricht in der englischen Sprache für 
alle Schüler hestimmter Erlassen obHgatohsch zu machen; wo dies nicht 
geschieht, ist die bisherige Einrichtung des fakultativen Unterrichtes iib 
Englischen mit Nachdruck zu beleben und ihre Benutzung durch die 
Schüler in jeder Weise zu fördern. Am fakultativen Unterricht werden 
zunächst nur die begabtesten und gesündesten Schüler teilnehmen können, 
und auch für diese kommt bei der jetzigen Art des freiwilligen englischen 
Unterrichtes nicht überall etwas Genügendes heraus, weil er eben als 
nebensächlich behandelt wird. Will man ihn aber als verbinjdlich dem 
überbürdeten Gymnasium aufpacken — und einer der Herren meinte 
ganz naiv, man brauche nicht einmal andere Stunden wegzulassen, „wenn 
man die jimgen Leute etwas mehr anstrengt" — , daim geraten wir wieder 
in den circulus vitiosus der Überbürdung. 

Leider fehlten, wie eingangs erwähnt, der Konferenz die sachver- 
ständigen Hygieniker, die gegen diese Mehrbelastung Widerspruch erhoben 
haben würden. Zu verwundem ist es, dafs niemand auf den Ausweg 
verfallen ist, im Gymnasium die Bollen von Englisch imd Französisch 
zu tauschen, d. h. das Englische verbindlich und das Französische wahl^ 
&ei zu machen. Vergleicht man die beiden Sprachen nach den drei 
Gesichtspunkten, aus denen überhaupt Fremdsprachen gelernt werden: 
aus dem utilitarischen, dem idealen und dem pädagogischen Gesichts* 
punkte, so wird man zu folgenden Schlüssen kommen müssen. Bei der 
Entwicklung unserer Handels- und Kriegsmarine, und bei der Thatsache, 
dafs in 90% der grofsen Seehandelsplätze das Englische Geschäfts- und 
Umgangssprache ist, .und bei der erheblich gröfseren Bedeutung der 
englisch geschriebenen Fachlitteratur in Indujstrie, Maschinenfach, Medizin, 
Nationalökonomie vor der französisch geschriebenen, kann wohl nicht der 
heute viel gröfsere Nutzen der englischen vor der französischen Sprache 
bestritten werden. Femer ist die englische Litteratur^ sowohl die 
klassische — ich erinnere nur an Shakespeare — wie die neuzeitliche, 
uns Germanen in ihrem ideellen Gehalt unendlich verständlicher und 
unserm Herzen näher, als die französische, die ihre gallisch -romanische 
Abstammimg nirgends verleugnen kann. Da ich nicht Fachmann bin, 
vermag ich den pädagogischen Wert beider Sprachen nicht abzuwägen, 
vielleicht werde ich später aus der Versammlung heraus über diesen 
Punkt aufgeklärt. Jedenfalls, glaube ich^ ist dieser Tauschvorschlag wohl 
zu erwägen, da er die Einführung eines notwendigen Lehrfaches ohne 
Mehrbelastung ermöglichen würde. 

Bevor ich auf die Frage VII der Schulkonferenz eingehe: Inwiefern 
können auf den höheren Schulen die körperlidhen Übungen noch weiter 
gefördert werden? möchte ich zimächst meinen Standpunkt in der Frage 
des Nachmittagsunterrichtes festlegen. Seine Nachteile sind kurz fol- 
gende: Geistige Arbeit zu kurz nach der Hauptmahlzeit, im Sommer 
geistige Anspannung in den heifsesten Tagesstunden, im Winter An* 
strengung der Augen während der Dämmerzeit bezw. . bei oft unvoll- 
kommener künstlicher Beleuchtung; die weiten und mehrmaligen Schul- 

Oestmde Jugend. I. 9/4 9 



läO Verhandl. d. U. Jaliresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

wege sind nur bei Eegen- und Tauwetter und in den heifsen Mittags* 
stunden hygienisch zu beanstanden^ sonst sind sie eher ein Vorzug; der 
Übel gröfstes ist jedoch das übermäfsige Zusammenschrumpfen der für 
die körperliche Bethätigung des kindlichen Organismus unbedingt not-r 
wendigen Zeit. Dem plenus venter sucht der Vorschlag Schottens da- 
durch zu begegnen, dafs er den Unterricht um 3 Uhr beginnen lassen 
will; in den höheren Klassen ist dielser mehrmals dreistündig, es würden 
demnach an diesen Tagen die Schüler um 6 Uhr die Schule verlassen; 
wo bleibt dann, wenn noch 2 — 3 Stunden Hausarbeit hinzukommen, die Zeit 
zum Atemholen in freier Luft? Denn die heifsen Mittagsstunden können im 
Sommer nicht zur Erholung im Freien, sie können auch nicht zu Schul- 
arbeiten verwendet werden, da vor dem Mittagessen ein mehrstündiger 
Schulunterricht vorhergegangen und nach dem Mittagessen dieses voran- 
gegangen ist und neue Unterrichtsstunden ihm wieder folgen. .Um einen 
fünfstündigen Vormittagsunterricht zu umgehen, der, auch wenn die 
Zwischenstundenpausen nach dem Vorschlage Eulenburg's in steigender 
Skala Angeordnet werden, eine geistige Überanspannung ist, wird der 
einzige Ausweg der sein, dafs man zwar im Winter die bisherige Unter-^ 
richtserteilung beibehält, dafs man aber im Sommer den wissenschaft- 
lichen Nachmittagsunterricht ganz wegfallen läfst, ohne dem Vorr 
mittag fünf Stunden Unterricht aufzupacken. Die verbesserten Beleuch- 
tungsmethoden lassen jetzt im Winter eine Gefährdung der Sehorgane 
vermeiden, und. für den Sommer mögen die Schulmänner Lehrpläne auf^ 
stellen, die mit einem vierstündigen Vormittagsunterricht auskommen, 
denn die Ärzte werden nicht aufhören zu betonen, dafs es eine Sfchwere 
Versündigung der Schule ist, im Sommer die Kinder Nachmittags in die 
heiDsen Schulstuben ' zu sperren und ihr Hirn mit trockner Geisteskost 
zu füttern, während draufsen die Sonne, der Wald, Wiese und Spielplatz 
und das Schwinmibad locken. 

Die gesundheitssphädlichen Folgen des Schulbatriebes — stundenlanges 
Sitzen in überfüllten Bäumen und vor dem häuslichen Arbeitstisch — 
müssen durch den Zwang zu körperlicher Thätigkeit wieder ausgeglichen 
werden. Darum gehört es in den Bereich der Pflichten der Schule, 
Zeit tmd Gelegenheit und die rechte Anweisung für die körperliche Aus- 
bildiing zu geben. Kommt das doch der Schule selber wieder zugute-r 
Arlseitsfreudigkeit^ Ausdauer, Gewandtheit, frisches imd fröhliches Wagen, 
giebt nur ein gesunder Körper. Bisher ist die Schule dieser Verpflich- 
tung nur in . ganz unzulänglicher Weise nachgekommen: in Preufsen 
3 Turnstunden und 1 Spielstunde —~ das ist alles.. Und dieser Turnunter- 
richt selbst wird hygienisch nutzlos, wenn er, wie so häufig, zwischen 
die wissenschaftlichen Unterrichtsstunden eingeschoben- wird. Auch hier 
ist das Fachlehrertum neben oft vorzüglichen Leistungen im einzelnen 
für das Ganze ein Unglück. Es ist sehr zu wünschen, dafs jeder Lehrer^ 
sofern nicht ärztliche Bedenken dagegen sprechen, diie Lehrbefähigung 
zum Jugendtumen und Jugendspiel haben muls, eine rege Tum-, und* 
Spielthätigkeit würde der. Gesundheit der Lehrer selbst nur förderlich 
sein, Daiin würdp dem Turnunterricht sicher auch gröfsere Bedeutuiig 
beigelegt werden, .um so mehr, wenn gute Tumleistungen gleichfalls zum 
Kompensieren dienen würden. Aber die Schule soll sich nicht allein. 



Verhandl. d. II. Jahresversammlung d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 131 

auf Turnen und Jugendspiel beschränken, hier ist ein multa empfehlens- 
wert; so würde der Schwimmunterricht durchaus in ihren Pflichtenkreis 
fallen, Gelegenheit dazu wird jetzt in vielen Städten vorhanden sein; die 
ausgiebige Lungenthätigkeit befördert die Entwicklung des im Wachstum 
befindlichen Brustkastens, kein gesunder Schüler dürfte die Schule ver- 
lassen, ohne sich freigeschwommen zu haben. Mehr als bisher soll auch 
das Rudern gefördert werden, dieses steigert die Blutzirkulation, wird in 
staub&eier Luft betrieben und beseitigt Appetitmangel, Kopfschmerz, 
Neurasthenie und Blutarmut; das Eadfahren hingegen ist ein gutes 
Gegenmittel gegen die durch langes Sitzen verursachte Darmträgheit und 
ünterleibsstauung. Femer liefse sich daran denken, Schulschiefsstände 
einzurichten, vielleicht könnte man bei den Militärbehörden auf ein 
gleiches Entgegenkommen rechnen, wie bei der Mitbenutzung von Exerzier- 
plätzen zu Spielplätzen. Durch die Einführung von Schiefsübungen hätte 
man ein Mittel, die Augen, besonders die der Grofsstadtkinder, wieder für 
weite Entfernungen einzustellen, die Sehschärfe mufs in den Schulstuben 
und den Strafsen der Stadt verkümmern, da die Augen hier nur für das 
Nahesehen benutzt werden. Schliefslich liefse sich auch der in einigen 
Schulen bestehende Fechtunterricht mehr verallgemeinem. 

Aber eine blofs freiwillige Teilnahme läfst erfahrungsgemäfs die an- 
fänglich rege Beteiligung, wenn nicht ein besonders frischer und befähigter 
Lehrer die Organisation in die Hand ninmit, schwächer und schwächer 
werden, deshalb können Sport und Jugendspiele nur dann im grofsen 
Stile durchgefElhrt werden, wenn sie fttr alle Schüler verbindlich gemacht 
und der Nachmittag ihnen frei gegeben wird. Jetzt wird im Sommer 
doch nur mit halber Kraft gearbeitet, benutzt man aber diese verlorene 
Zeit hierfür, so wird der erfrischte und gestählte Körper durch lebhaftere 
und nachhaltigere Arbeit im Winter die verlorene Vormittagsstunde 
wieder einbringen. 

Neben Spiel und Sport können auch planvolle Schulwanderungen 
hygienischen amd pädagogischen Zwecken dienstbar gemacht werden. Ich 
meine nicht die übliche Tumfahrt, die zum Zweck von Wettkämpfen und 
fröhlichen Pokulierens alljährlich imtemommen wird, sondern die Wan- 
derung als die vollkommenste Gelegenheit zum Anschauungsunterricht. 
Die abstrakte Schulstubenweisheit mufs ergänzt werden durch die Be- 
obachtung des Lebens, der in jeder Kindesseele schlummernde Sinn für 
die Natur darf nicht verschüttet werden — eine grofse Gefahr bei 
unserer Grofsstadtkultur. Nur die Fufswanderung macht empfänglich für 
die Schönheit und Gröfse der Natur, sie lehrt beobachten und vergleichen 
und über das Beobachtete nachdenken, den Gründen der Erscheinungen 
nachspüren und Folgenmgen und Nutzanwendungen ziehen. Diese 
Spaziergänge erhalten die Frische und Fröhlichkeit des kiudlichen 
Herzens und sie lenken den Gesichtskreis auf Wesen und Entwicklung 
alles Lebendigen. Nicht nur die tote Pflanze und das ausgestopfte Tier 
sollen dem Kinde gezeigt werden, sondern es soll selber den Ursachen 
ihres Werdens und Vergehens nachspüren. Heimatkunst, Ortsgeschichte, 
Bäuemleben, Volkssprache, Erd- und Himmelskunde — allös kann, je 
nach der Individualität des Lehrers, in den Bereich dieser Wan- 
derungen einbezogen werden; an Regentagen können Handwerksbetriebe, 

9* 



132 y^rliandl. d. Ü. Jahresyersaminlang d. Allgem. Beutech. Vereines etc. 

Fabriken, Buohdruckereien, Museen unter kundiger Führung besichtigt 
werden. 

Hat die Schule erst einmal auf diese Weise die Wanderkunst, das 
beobachten und die Selbstbeschäftigung gelehrt, dann könneoi auch die 
Ferieu richtig angewendet und ausgenutzt, und brauchen nicht zTiTecklos 
verbummelt zu werden. Jetzt wird von den Eltern oft das Ende der 
Ferien herbeigewünscht, weil die Kinder nichts Bechtes mit ihrer Zeit 
anzufangen' wissen. Am zuträglichsten werden sie sich in den Sommer- 
ferien beschäftigen können, weil da der Aufenthalt in freier Natur un- 
beschränkt ist; an der See, im Wald, auf den Bergen, auf dem Lande 
— eine unendliche Auswahl je nach Neigung und Greschmack. Aber 
wie verkehrt hat man die Zeit und die Dauer der Schulferien ein- 
gerichtet. Das Schuljahr hat im ganzen 11 — 12 Wochen Ferien: 
2Vj Wochen Weümachts-, 2 Wochen Ostern-, 1 Woche Pfijigst-, 4 Wochen 
Sommer- und 2 Wochen Herbstferien.*) Die Weihnachts- und Osterzeit 
gestarttet wegen der klipiatischen Verhältnisse Deutschlands nur in ver- 
schwindenden Ausnahmen die Freiluftspiele, oft machen schon in den 
Michaelisferien die Herbststürme Spiel und Sport unmöglich, die Schüler 
sind also auf das Stubenhocken angewiesen. Kürze man doch diese 
wenig ausnutzbaren Ferien und lege die so gewonnene Zeit den Solnmer- 
ferien zu; von Mitte Juli bis Mitte September sind es 8 Wochen, da 
bleiben immer noch Sy^ bis 4 Wochen für das übrige Schuljahr. Bei 
dieser Anordnung fällt die heifseste Jahreszeit überhaupt nicht mehr in 
die Schulzeit und der Nachmittagsunterricht brauchte nur ^Yj Monate 
lang auszufallen. AuTserdem würde das Schuljahr, wenn sein Anfang 
an de^ Schlufs der Sommerferien gelegt würde, nicht mehr durch eiue 
grofse Ferienpause zerhackt werden. Viele, wohlhabende Familien würden 
sich bei dieser . Ferienordnung zum Erwerb eines eigenen Sommersitzes 
entschliefsen, da dessen achtwöchige Benutzung einer leidlichen Verzinsung 
entsprechen würde. Die Jugend würde sich in die Buhe und Schlicht- 
heit des Landlebens eingewöhnen, seine stillen Freuden würden Stim- 
mungen, und Träume in der Kindesseele wecken, die in der Gfofsstadt- 
luft erstickt werden. Können wir hoffen, dafs diese dem Pädagogen wie 
dem Hygieniker einleuchtenden Wünsche bald Erfüllung finden werden? 
Prof. Diels erzählt folgenden Ausspruch des Geheimrats Bonitz: „Man 
kann die Schulreform zum 2iiele führen, man kann die Kirchen einigen^ 
aber die Herren über die Ferien zu einigen, das ist nicht möglieh; darum 
reden Sie darüber nicht!" Ich glaube aber, dafs die Zeit gekommen ist, 
dieses Schweigen zu brechen. 

Fassen wir zum Schlufs das Ergebnis der Junikonferenz zusammen: 
Erfreulich ist zunächst die widerspruchslose Anerkennung der Gleich- 
wertigkeit der realen Anstalten mit dem Gymnasium ; geben die Juristen 
ihren Widerstand auf, dann ist die Gleichberechtigung aller neunklassigen 
Schulen sicher bevorstehend und damit die Monopolstellung des Gym- 
nasiums , beseitigt. Etwaige Ergänzungsprüfimgen können die Freude 



. *) Lage und Dauer der Ferien sind in den, verschiedenen Bundesstaaten 
leider immer noch verschieden -^ am zweckmäfsigsten sind sie bis jetzt in 
Bayern und den Eeichslanden. 



Verhandl. d. II. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 133 

über diesen Erfolg nicht abschwächen. Bei dem Wohlwollen, das man 
den Schulen mit gemeinsamem unterbau entgegenbringt, läfst sich deren 
ruhige Weiterentwicklimg erhoffen und damit die Möglichkeit, dafs erst 
drei Jahre später als bisher die Eltern die Entscheidung der für ihr 
Kind passenden Schulgattung zu treffen brauchen., Erfreulich ist ferner 
die allseitige Zustimmung zur Einführung des Englischen und des Hjgiene- 
und Samariterunterrichtes. Ein Rückschritt ist es, dafs das Gymnasium 
wieder neun, und das Eealgymnasium zwei Wochenstunden zugelegt er- 
halten soll, damit wird die Gefahr der überbürdung wieder eine akute. 
Zwar sollen bei dem verbesserten Unterrichtsverfahren die Ansprüche an 
die häuslichen Arbeitsleistungen immer geringer werden — nous verrons! 

Für die Förderung der körperlichen Übungen ist man aus den 
wohlwollenden Erwägungen nicht herausgekommen, man will wohl dort, 
wo sie fehlen, Turnhallen, Turn- imd Spielplätze einrichten und für eine 
vermehrte Zahl von Turnlehrern Sorge tragen, aber in gröfserem Stile, 
für alle verbindlich Sport und Jugendspiele einzuführen und für sie den 
Nachmittag frei zu geben, dazu hat man sich noch nicht entschliefsen 
können. Recht wohlwollend, aber praktisch nutzlos ist es, wenn die Be- 
schlüsse der Dezemberkonferenz von 1890 über die Beschränkung der 
Höchstzahl der Schüler in den einzelnen Klassen nur in Erinnerung ge- 
bracht werden; auch hier war schmerzlich die Gegenwart eines Arztes 
zu vermissen. Wenn man sich im Kastanienwäldchen zehn Jahre lang 
nicht an diese Beschlüsse erinnert hat, so wird man wohl gegen diesen 
erneuten sanften Wink auch wieder den Schwerhörigen spielen. 

Ein hygienisch durchaus wertvoller Beschlufs, der hoffentlich nicht 
in den Akten liegen bleiben wird, ist der, dafs Lehrer, deren Verbleiben 
im Amt die Gesundheit der ihnen anvertrauten Schüler durch Ansteckung 
gefährdet, beurlaubt oder in den Ruhestand versetzt werden können. 

Eine Schulreform wird man also das Resultat der Junikonferenz 
nicht nennen dürfen, wenn auch die Gleichberechtigung als ein Fort- 
schritt zu bezeichnen ist. Sie haben gehört, wie grofs noch allein der 
ärztliche Wunschzettel ist. Die Berechtigung dieser Wünsche wird 
hoffentlich bis zur nächsten Schulkonferenz von den mafsgebenden Stellen 
anerkannt und ihre Erfüllung in die Wege geleitet werden. 

Leitsätze. 

I. Eine zeitgemäfse Schulreform kann nur unter Mitwirkung von 
ärztlichen Sachverständigen erfolgen; zu den Vorberatungen einer solchen 
Schulreform sind diese mit hinzuzuziehen. 

II. Die Gleichberechtigung aller neunklassigen Schulen ist die 
logische Folge davon, dafs in der Entwicklung der Gymnasien der alt- 
sprachliche Unterricht seine zentrale Stellung nach und nach verloren 
hat und die Realfächer ihm als gleichwertig beigeordnet worden sind. 

III. Ergänzungsprüfimgen sind eine neue unnütze Belastung; es 
wird Aufgabe der Universitäten sein, sich dem verschieden vorgebildeten 
Zuhörermaterial anzupassen. 

IV. Das Abiturientenexamen dient den staatlichen Aufsichtsbehörden 
mehr zur Kontrolle der Leistungsfähigkeit der Lehrer als der Schüler; 
auch . obne Examen kann nach einem neunjährigen Schulbesuch das 



134 Verhandl. d. n. JahreBverBammlimg d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 

Lehrerkollegium die Reife eines Schülers beurteilen; wegen seiner Zweck- 
losigkeit iind der oft nicht unbeträchtlichen Gesundheitsstörungen ist das 
Abiturientenexamen wieder aufzuheben. 

V. Das durch einen geregelten Unterricht gewonnene Verständnis 
in den Grundanschauungen der Gesundheitslehre ist die Vorbedingung 
für eine Mitarbeit an der vorbeugenden ärztlichen Thätigkeit imd für 
eine Unempfänglichkeit für das Kurpfuschertum; der Samariterunterricht 
lenkt das dem Menschen innewohnende MitleidsgefÜhl auf eine dem Ver- 
letzten nutzbringende Thätigkeit. Nur Ärzte können die Verantwortlich- 
keit dieses Unterrichtes übernehmen. 

VI. Der englische Sprachunterricht ist als verbindliches Fach dem 
Lehrplan der Gymnasien ohne Vermehrung seiner Stundenzahl einzufügen. 
Es ist deshalb zu erwägen, ob nicht die Rollen des französischen und 
englischen Sprachunterrichtes zu vertauschen und ersterer zu einem wahl- 
freien Lehrfach zu machen wäre. 

Vn. Sport und Spiel und planvolle Wanderungen können nur dann 
im grofsen Stile betrieben werden, wenn wenigstens während des Sommers 
der wissenschaftliche Nachmittagsunterricht wegfällt; für den Winter 
dürfte es genügen, wenn die Knaben angeleitet werden, den Sonntag und 
die bisherigen freien Schulnachmittage für den Wintersport zu benutzen. 

Vin. Die Ferienordnung ist so zu regeln, dafs die Mehrzahl der 
Ferienwochen in die für den Unterricht unfruchtbarere und in die für 
die Erholung und Beschäftigung der Schüler fruchtbare Sjommerzeit 
fällt. Das Schuljahr hat am besten nach dem Ende der Sommerferien 
zu beginnen. 

■ 

Der Vorsitzende eröffiiet die Diskussion. 

Professor D ahn -Braunschweig: 

Wir haben hier eine furchtbar schwere Aufgabe. Wir sollen die 
Gesundheitsschädigung der Kinder vermeiden und doch die Schule auf 
dem bisherigen Standpunkt halten. Wenn nun Vorschläge gemacht werden, 
so müssen diese zwei Bedingungen erfüllen, erstens, sie müssen Hilfe bringen, 
zweitens, sie müssen erreichbar sein. Ich kann mich nun mit den Vor- 
schlägen bezüglich der Regelung der Ferien und dem Beginn des Schul- 
jahres insofern einverstanden erklären, als dies erreichbare Angelegen- 
heiten sind. Es wird sich aber in der Diskussion noch zeigen müssen, 
ob die Vorschläge wirklich Hilfe bringen. . 

Wenn aber von einer Verbesserung der Lehrmethode gesprochen 
wird, so muTs ich fragen: Was heifst denn Verbesserung der Lehrmethode? 
Das heifst einfach intensivere Ausnützung der Zeit, aber gerade dadurch 
wird doch eine gesundheitliche Schädigung hervorgerufen. Früher ^ab 
es Ausruhstunden, es gab auch Ausruhminuten, aber heute . ist nur 
derjenige ein guter Lehrer, der die Schüler gehörig ausnützt. Aus den 
Untersuchungen über Ermüdung geht genau hervor, dafs die guten Lehrer 
die gröfste Ermüdung der Kinder veranlassen. Wenn wir also eine Ver- 
besserung der Lehrmethode ohne eine gesundheitliche Schädigung herbei- 
führen sollen, dann müssen wir Engel vom Himmel herunterholen. 



Verhandl. d. E. Jahresversammlnng d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 135 

Ich sagte, die einzuföhrenden Mafsnahmen müssen erstens Hilfe 
bringen, zweitens aber auch durchfOhrl^ar sein. Ein Punkt, der diese 
beiden Bedingungen erfiült, ist z. B. die Abschaffung der Vorschule. Ich 
habe mich gefreut, dafs die Frage vom! Herrn Vorredner angeschnittea 
wurde. In den Vorschulen werden die Kinder einfach abgerichtet. Die 
Hauptsache ist die Eechtschreibung. Wepn die gut ist, wird der Schüler 
in die höhere Schule aufgenommen, wenn er auch sonst dar gröfste Horn- 
ochse von der Welt ist. (Heiterkeit.) Unsere Volkstehulen sind so aus- 
gezeichnet, dafs wir dieser Vorschulen nicht bedffcrfen. Das Interesse der 
Herren Direktoren ist dabei auch in Betracht zu ziehen. Ich halte es 
für eine Tierquälerei, wenn man «ine^l Schuldirektor eine Vorschule, 
die 1100 Schüler hat, aufliftrdet. Wenn auch noch ein Subdirektor 
vorhanden, so ist das ^ch keine wesentliche Entlastung für den Direktor. 

Was daa Unterricht in fremden Sprachen anbelangt, so möchte ich 
dafiar eintreten, dafs auf den Gymnasien im Anfang keine fremden 
Sprachen gelehrt werden. Das Latein, wie überhaupt jede fremde Sprache, 
mufs aus der Sexta heraus. Auch in den Eealschulen mufs der Unter- 
richt im Französischen auf spätere Klassen verlegt werden, denn für die 
jungen Realschüler ist er eine entsetzliche Quälerei. Das Französische 
macht diesen Schülern noch mehr Schwierigkeiten, als den Sextanern im 
Gymnasium das Latein. In den Eealschulen in Berlin hat man den 
Unterricht im Französischen in den betreffenden Klassen bereits abgeschafft. 

Wenn wir die Nervosität beseitigen wollen, dann müssen wir dem 
Vorgehen gegen die selige früher unselige Abschlufsprüfung auch das 
Bestreben folgen lassen, die Schüler nicht zu /früh mit fremden Sprachen 
zu überbürden und die Vorschule zu beseitigen, (Lebhafter Beifall.) 

Professor Müller: 

. Hochverehrte Damen und Herren! Ich wollte speziell auf die 
Ferienfrage zu sprechen kommen. Es ist das ein auTserordentlich 
wichtiger Punkt. Wir in der Provinz Hessen-Nassau, auch wir Ober- 
lehrer, leiden unter dem jetzigen Zustand, aber es wird schwer sein, eine 
Einigung herbeizufahren. Es wird ja vielleicht, wenn der Verein dafür 
eintritt, entweder in den östlichen oder in den westlichen Provinzen 
eine Änderung herbeizuführen sein, aber es dürfte schwer fallen, eine 
unbedingte Einigkeit zu erzielen. 

Ein Beispiel dafärl Vor zwanzig Jahren kam ein junger Schulmann 
ins Ministerium. Er sagte dem Minister: Die ganze Schulreform hängt 
mit der Ferienordnung zusammen. Der Minister antwortete ihm jedoch: 
Man kann Staaten, Kirchen, Schulen vereinigen, aber mit einer .Ferien- 
ordnung, damit lassen Sie mich in Ruhe. — Unser Hauptziel wird es 
also sein müssen, die Ferienfrage mit Ei^cksicht auf die Verhältnisse der 
einzelnen Bezirke zu lösen. (Beifall.) 

Professor Vietor-Marburg: 

Der Herr Vortragende und Herr Professor Dahn haben' auf die 
Schwierigkeiten verwiesen, mit denen wir um die vorgeschlagene Eeform 
zu kämpfen haben würden, und es ist uns der Eat erteilt worden, nicht 
iu. '^el zu verlangen. Ich glaube, Wir können überhaupt nichts erreiche^n, 



136 Verhandl. d. ü. JahresverBammlnng d. Allgem. Deutsch. Yereines etc. 

wenn wir uns nicht vergegenwärtigen, dafs in der Schule zu viel in 
Bezug auf sogenanntes „Wissenschaftliches^^ verlangt wird. Die sogenannten 
wissenschaftlichen Leistungen müssen herabgesetzt werden, das ist das 
Ziel, was uns vorschwebt: Diese wissenschaftlichen Leistungen soUen 
aber bereits in der Vorschule vorhanden sein. Es ist vorhin gesagt 
worden, das Latein müsse in den Gymnasien, das Französische in den 
Bealschulen in den Unterklassen fortfallen; ich gehe noch einen Schritt 
weiter und sage: auch die Grammatik mufs heraus. Was braucht der 
Schüler schon so früh etwas vom Subjekt und vom Prädikat zu wissen? 
Seien wir uns also klar: so lange diese wissenschaftlichen Anforderungen 
nicht fallen, so lange können wir auch keine rechten Resultate erzielen. 
(Beifall.) 

Dr. Laquer-Frankfurt a. M.: 

Gestatten Sie auch einem Arzt das Wort. Der Schuldoktor ist 
Ihnen heute als etwas ganz Fürchterliches dargestellt worden. Es sind 
Äufserungen darüber gefallen, dafs er der reinste Beelzebub sei und dafs 
er Forderungen stelle, die nicht zu erreichen seien. Ich gehöre zu den 
Schulärzten und mufs bemerken, wir haben sehr viel von den Herren 
Lehrern gelernt und die Herrn Lehrer haben viel von uns gelernt. Es 
haben sich, insbesondere in Frankfurt, gar keine Mifsstände ergeben. 
Von beiden Seiten wird allerdings stets ein gewisser Takt gewahrt 
werden müssen. 

Das, was heute hier gesagt und als ärztliche Forderung aufgestellt 
wurde, ist nicht" zu viel. Vor allem wollte ich die Frage der Einschulung 
der Kinder, auf die schon andeutungsweise hingewiesen worden ist, berühren. 
Ich glaube, die Einschulung der Kinder mufs in gleicher Weise von 
Schulmännern und von Ärzten vorgenommen werden. Es müssen Frage- 
bogen aufgestellt werden, auf Grund deren die krankhafte Vererbung, 
Nervenkrankheit, Geisteskrankheit, .Alkoholismus etc. festzustellen ist. 
Die durch solche Übel herbeigeführte Minderbegabung von Schülern ist 
eine schwere Fessel für das ganze Schulwesen. Die betreffenden Schüler 
sitzen auch vielfach in den böheren Schulen und bringen uns jene 
psychische und moralische Entartung, über die wir so viel zu klagen 
haben. Schon in den ersten Jahren sollte man deshalb in der Schule 
versuchen, die Minderbegabung zu erkennen. Das geschieht aber absolut 
nicht, das geschieht insbesondere nicht in den höheren Schulen. Da 
sitzen die Schüler zum Schaden ihrer selbst und ihrer Mitschüler, ohne 
dafs jemand die Gefahr erkennen oder daran denken würde, sie zu ent- 
fernen. Deshalb ist es dringend notwendig, dafs Fragebogen über den 
ganzen Gang der Entwicklung des Kindes vom ersten bis zum sechsten 
Lebensjahr aufgestellt werden, auf Grund deren der Arzt dann beim 
Beginn der Schulzeit seine Entscheidung darüber zu treffen hat, ob das 
Kind aufzunehmen ist oder nicht. Wenn die minderwertigen Kinder aus 
den Schulen herauskommen, so wird das ein grofser Vorteil für die Ent- 
wicklung des ganzen Schulwesens sein. 

Da ich gerade der minderwertigen Kinder gedachte, so möchte ich 

noch darauf hinweisen, dafs es verkehrt ist, wenn man immer das Wort 

, „Nervosität" braucht. Mit diesem Begriff wird so . vieles abgethan,. daüs 



Yerhandl. d. 11. Jahreaversammliiiig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 137 

man hier schön mehr von einem „diagnostischen/ Faulheitspolster^^ (Heiter- 
keit) reden kann. Die nervösen Kinder in den höheren Schulen sind 
einfach in den höheren Schulen nicht am Platze; sie würden auch nicht 
nervös geworden sein, wenn man Lehrer und Eltern zeitig über ihren 
Zustand unterrichtet und die Kinder zeitig aus der Schule entfernt hätte. 
Ich möchte deshalb bitten, die Mitwirkung der Arzte in dem gedachten 
Sinne anzustreben. (Lebhafter Beifall.) 

Landtagsabgeordneter Oberlehrer We tek am p -Breslau: 

Meine Herrn! Bezüglich der Ferienfrage ist vorhin gesagt worden, 
eine gleichmäfsige Regelung würde nicht zu erzielen sein. Es kommt 
aber gar nicht darauf an, wie die Ferien liegen, es mufs vielmehr das 
Schuljahr anders gelegt werden. Ein ^grofser Teil des Jahres geht bei 
der heutigen Einrichtung nutzlos vorüber. Bei uns in Ostpreufsen schliefst 
das Schuljahr zu Ostern. Dann kommen zunächst die Osterferien. Bald 
nach dem Schulbeginn ist Pfingsten. Da sind abermals Ferien. Nun 
richtet man sich wieder ein mit den Schülern, dann kommen aber die 
Sommerferien, da geht so ziemlich alles wieder verloren, was vorher 
gewonnen worden ist. Darauf kommen vielleicht wieder fünf Wochen 
Schule, es müssen Zensuren erteilt werden, und daran schliefsen sich 
dann abermals Ferien. Nun kommt die Winterszeit, aber nach 
Schlufs des langen Winterhalbjahres, nach der heftigen Winterarbeit 
kommen nur zwölf Tage Ferien zu Ostern. Die Folge davon ist, dafs 

-der Schüler noch erschöpft von der angestrengten Thätigkeit in das neue 
Schuljahr hineinkommt. Deshalb mufs eine bessere Verteilung der Schul- 
zeit stattfinden. 

Es ist auch vorhin die Rede gewesen von der Regelung der Pausen. 
Allerdings sind ja die Pausen etwas verlängert worden, man müfste aber 

,vor allem festsidtzen, von welcher Zeitdauer die Unterrichtsstunden sein 
sollen. Das Wesentliche würde sein, die Dauer der Unterrichtszeit auf 
y^ Stunden herabzusetzen; Unterrichtsstunden von fünfzig Minuten, früher 
gab es s'ogar solche von sechzig Minuten, sind entschieden zu lang. Bei 
einer Unterrichtszeit von y^ Stunden ergeben sich von selbst lange 
Pausen. 

Sodann möchte ich darauf hinweisen, dafs es ein Irrtum war, wenn 
der Herr Vorredner erklärte, der Schularzt sei heute schon als Beelzebub 
hingestellt worden; es wurde nur behauptet, man hätte gefürchtet, der 
Schularzt würde sich als Beelzebub entpuppen. 

Femer hat der Herr Vorredner festgestellt, dafs die nervösen Kinder 
der höheren Schulen nicht nervös geworden wären, wenn man sie nicht 
in die höhere Schule hineingesteckt hätte. Ich glaube jedoch, dafs schon 
die Vorschule als Pflanzstätte der Nervosität angesehen werden mufs; 
gerade die Vorschule halte ich für ein böses Übel. Es ist ja nicht mehr 
nötig, den kolossalen Stoff durchzuarbeiten, den imsere Vorschulen 
bewältigen sollen. Deshalb schliefse ich mich dem von anderer Seite 
vorgebrachten Wunsche nach Beseitigung der Vorschule an. 

( Es bleibt uns nichts anderes übrig, als mit der Vergangenheit endlich 

zu brechen: wir müssen die Sinne der Kinder ausfüllen, die Kinder sollen, 

v.ehe' sie zu anderen Unterrichtsfächern übergehen, ihre Hände üben im 



138 Verhandl. d. n. Jahresyersammlaiig d. Allgem. Deutsch. YereineB etc. 

Zeichen- und Handfertigkeitsuntenicht. Diese beiden ünterrichtszweige 
sollten nicht nur an den übrigen Unterricht angegliedert werden, sondern 
die Hauptgrundlage des Unterrichts bilden. Mit solchen Kindern werden 
wir später auch mit gutem Gewissen und in der Hoffnung, dafs das ftir 
sie keine Nachteile mit sich bringt, in den rein theoretischen Unterricht 
eintreten können. (Lebhafter Beifall.) 

Oberrealschuldirektor Dr. Schotten-Halle a. S.: 

Ich ergreife nur mit Widerstreben das Wort, um im Anschlufs an 
Herrn Oberlehrer Wetekamp ebenfalls noch einmal festzustellen, dafs 
ich nicht gegen die Schulärzte gesprochen habe. Weiter wollte ich Herrn 
Dr. Laquer sagen, dafs ich mich darüber gefreut habe, ärztlicher gewesen 
zu sein, als die Ärzte selbst. - Es scheint mir überhaupt Brauch zu 
werden,, dafs der Arzt mehr das pädagogische und der Padagog mehr 
das ärztliche Moment in Betracht zieht. (Heiterkeit.) 

' Sodann möchte ich ein kleines Beispiel bezüglich der Pausen 
erwähnen: ich habe ausgerechnet, dafs in Sachsen bei einer Pause von 
ein«r Viertelstunde im Jahr sechs Wochen mehr Schulunterricht gt^geben 
wurde, als in Preulsen, wo 45 Minuten Pause gerechnet werden müssen. 
Auch das spricht für eine Begelung der Pausen bezw. der Unterrichts- 
dauer. 

Femer ist der Konfirmandenunterricht in Betracht zu ziehen. Was 
in diesem Unterricht verlangt wird, ist eine kolossale Gedächtnis- 
arbeit und das ist auch eine Thatsache, welche die Verlegung des Be- 
ginns des Schuljahres von Ostern weg erforderlich macht. (Beifall.) 

Professor Dr. Leubuscher, Medizinalreferent im meiningischen 
Staatsministerium : 

Sehr geehrte Anwesende 1 Ich möchte besonders darauf hinweisen, 
wie sehr es notwendig ist, bei der Anstellung der Schulärzte stets die 
besonderen Verhältnisse eines Bezirks in Betracht zu ziehen. Wir haben 
auf diesem Gebiet bereits Material gewonnen. Es handelt sich bei uns 
nicht um die Bevölkerung grofser Städte — wir haben iin Lande nur 
vier Städte, welche über 10 000 Einwohner haben — , sondern um die Ein- 
wohnerschaft von gröfseren und kleineren Dörfern, wo die Hausindustrie 
eine grofse Rolle spielt. Aber gerade durch die weit verbreitete Haus- 
industrie haben wir ganz besondere Verhältnisse. Wenn man Waldhof 
aufsucht, wo der Christbaumschmuck hergestellt wird, wenn man Sonne- 
berg besichtigt, wo die Einwohnerschaft die Spielwarenfabrikation betreibt, 
oder wenn man schliefslich in dem Griffelindustriebezirk Umschau hält — 
überall wird man finden, dafs . nicht nur die Erwachsenen , sondern auch 
die Kinder, vom Kleinsten, das* kaum laufen kann, bis zum gröfsten, das 
eben aus der Schule entlassen, in der Hausindustrie thätig sind. Eben 
dadurch sind wir genötigt, ganz anders vorzugehen, als man z. B. in 
Wiesbaden oder in Nürnberg vorgehen mufs. Vor allem sind "wir zu 
der Überzeugung gekommen, dafs es bei uns angebracht ist, den Schul- 
ärzten möglichst kleine Bezirke zuzuteilen, da unsere ursprünglichen, 
2000 Kinder umfassenden Bezirke sich als viel zu grofs erwiesen. 

- Wenn man. von den Lehrern mehr Verständnis für hygienische 



Verhandl. d. ü. Jahresversaminliiiig d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 139 

Fragen beansprucht, so ist es aber auch am Platze, die Lehrer auf 
hygienischem Gebiete besonders auszubilden. Bei uns werden, und zwar 
in Hildburghausen, seit drei Jahren hygienische Vorträge für Lehrer 
gehalten. Die Einrichtung hat sich sehr gut bewahrt. Von der Abhaltung 
eines Exame&s haben, wir abgesehen, denn man kann dasselbe ganz gut 
dadurch ersetzen, <dars man Repetitionsstunden abhält, in denen die Lehrer 
selbst Vorträge halten. 

Zu der Schularztfrage h§he ich noch zu bemerken, dafs dieselbe in 
erster Linie eine Finanzfrage ist. Sie ist eine Finanzfrage nach zwei 
verschiedenen Richtungen hin: zunächst k?osten die Schulärzte selbst Geld; 
aber das ist nicht der Schwerpunkt, denn wenn die Schulärzte nicht nur 
statistisches Material sammeln sollen, so müssen ihre Anregungen auch 
befolgt werden und das kostet noch viel mehr Geld. Nicht die wenigen 
Tausende für die Schulärzte selbst, sondern die Hunderttausende für die 
Befolgung der Ratschläge dieser Arzte sind das Notwendigste. (Beifall.) 

Direktor Dörr -Bockenheim : 

. * 

Unsere Debatte verlängert sich imimer mehr und es treten dabei 
fortwährend neue Gesichtspunkte zu Tage; es erscheint mir deshalb 
wünschenswert, die einzelnen Punkte einmal im Zusammenhang durch- 
zugehen: 

Das eine steht wohl unzweifelhaft fest, dafs wir Schulärzte überall 
für erforderlich halten, nicht nur in den höheren Schulen, sondern auch 
in den Volksschulen. 

Sodann soll die Ferienfrage geregelt werden, wobei allerdings nicht 
zu verkennen ist, dafs dies Schwierigkeiten verursachen wird. 

Weiter ist vorgeschlagen worden, die Vorschule abzuschaffen und 
den fremdsprachlichen Unterricht auf spätere Klassen zu verlegen — 
zwei Punkte von groDser Wichtigkeit. 

Aufserdem hat man sich für frühzeitige ärztliche Untersuchung der 
Kinder und Feststellung eventueller Minderbegabung ausgesprochen. Durch 
die Schaffung einer solchen Einrichtung würden weite Kreise dazu geführt 
werden, ihre Kinder in die Schule zu schicken, in. welche sie gehören, 
und das ist von grofser Bedeutung. Wenn alle diejenigen Kinder, deren 
Minderbegabung den Besuch einer höheren Schule für sie nicht ratsam 
erscheinen läfst, in eine Volksschule geschickt werden, dann haben wir 
schon viel erreicht. Wir äehen das in Bayern und auch anderwärts. 
(Beifall.) 

Ein anderer wichtiger Punkt wäre die Herabsetzung der Zahl der 
Unterrichtsstunden. Als Ideal würde es mir vorschweben , 30 Stunden 
wöchentlich festzusetzen. Vor allem müfste aber der wissenschaftliche 
Unterricht vermindert werden; wenn man in Österreich mit 24 Stunden 
„Wissenschaftlich" auskommt, wird es auch bei uns möglich sein. Diese 
Anregung möchte ich nicht nur im Interesse der Schüler, sondern auch 
im Interesse der Lehrer geben. 

Schlief slich möchte ich empfehlen, wie das Abiturienten-Examen 
an Vollanstalten auch die Reifeprüfung an Nichtvoll anstalten abzuschaffen. 
(Lebhafter Beifall.) 



140 Yerhandl. d. n. JahresTerBammlnng d. Allgem. Deutsch. Yereines etc. 

Lehrer Pohl: 

Verehrte Anwesende: Ich möchte mir erlauben, zu der Frage der 
Abschaflfung der Vorschule Stellung zu nehmen. Ich bin selbst Vorschul- 
lehrer, aber nicht unbedingter Verfechter der Vorschule. Es wurde 
bedeutet, dafs der Verein sich auf alles das beschränken soll, was nicht 
viel Geld kostet; die Beseitigung der Vorschule würde ab^r viel Geld 
kosten. Unsere Städte sowohl, als auch die umliegenden Dörfer tragen 
schon schwer an den Schullasten und solange wir noch keine Normal- 
schule und keine Normalschülerzahl haben, solange können wir auch nicht 
an die AbschaflEung der Vorschule denken. Wollten wir die Vorschule 
abschaflfen, ohne alle Schulen wirklich normal zu gestalten, dann würden 
die Leute ihre Kinder in Privatlehranstalten schicken. (Vereinzelter 
Widerspruch.) 

Ein besonders wichtiger Punkt wäre es jedoch vor allem, die Lehr- 
pläne so zu gestalten, dafs sie nicht so hohe Anforderungen an das 
Abstraktionsvermögen der Schüler stellen. Wenn man sich, die Lehrpläne 
der Vorschule ansieht, so wird man vielfach zugestehen müssen, dafs die 
Erreichung des Lehrziels nur durch eine sehr starke Pression auf die 
Schüler angestrebt werden kann. Will man etwas bessern, so mufs man 
den gesamten Lehrplan der höheren Schulen (und dann auch wohl den 
Anschlufs an die Universität) ändern; beide Dinge scheinen meiner An- 
sicht nach in enger Verbindung zu stehen, kann das nicht geändert 
werden, so kann man auch auf der anderen Seite nichts ändern, wenigstens 
nicht in Hessen, ob in Preufsen, weifs ich nicht. (Beifall.) 

Stadtschulinspektor Dr. Grieben: 

Hochverehrte Anwesende! Ich kann nur meiner grofsen Freude 
darüber Ausdruck geben, dafs hier in dieser Versanunluhg ein Wider- 
spruch erhoben worden ist gegen die Vorschule in ihrer heutigen Form. 
Ich will auf diese Frage nicht näher eingehen, ich will nur auf die 
Bedeutung der Hygiene in der Schule im allgemeinen verweisen. Da 
komme ich nun auf den Schularzt; ich stimme hier mit einem der Herren 
Vorredner überein und bitte, den Antrag zum Beschlufs zu erheben, dafs 
die Ärzte nicht nur für die Volksschulen, sondern für alle Schulen 
berufen werden sollen. Ich begrüfse das Institut der Schulärzte mit 
Freuden. Nachdem wir uns beim Bau der Schulen die Errungenschaften 
der Hygiene vielfach schon zu nutze gemacht und für ausreichende Zu- 
führung von Luft und Licht, für zweckentsprechende Beleuchtung gesorgt 
haben, fehlt uns nur noch der Schularzt. Er soll willkommen sein als 
direkter Vertreter der hygienischen Wissenschaft; die Gerechtigkeit ver- 
langt aber, dafs nicht nur der Lehrer in hygienischer, sondern auch der 
Schularzt in pädagogischer Hinsicht unterwiesen wird. Wenn dann der 
Schüler erst einmal ein halbes Jahr in der Schule ist und mit Ja und 
Nein zu antworten vermag, dann kann der Arzt Hand in Hand mit dem 
Lehrer arbeiten. Werden diese Vorschläge berücksichtigt, dann wird auch 
die Abneigung gegen den Schularzt da, wo sie etwa noch vorhanden 
sein sollte, schwinden und dann werden auch keine Konflikte zwischen 
dem Arzt und dem Pädagogen zu befürchten sein. (BeifalL) 



Yerhandl. d. IL Jahresversammliuig d. Allgem. Deutsch. Yereinea' etc. 141 

Dii^ktor Dörr-Bockenheim (zur Geschäftsordnung): 

Meine Herren! Wir nähern uns der dritten Stunde unserer Ver- 
handlungen. Wenn wir die 15 Minuten Pause, die wir für jede Stunde 
haben sollen, beanspruchen, dann kommt uns jetzt eine Pause von 
45 Minuten zu. Ich beantrage Schlufs der Debatte. 

Vorsitzender: 

Es ist Schlufs der Debatte beantragt, ich bitte die noch angemeldeten 
Herren Bedner sich möglichst kurz zu fassen. 

Direktor Dr. Beyer-Leipzig: 

Ich will mich ganz kurz fassen: ich möchte nur an alle diejenigen 
Herren Bedner^ welche hier, wegen der Kürze der ^eit, das eine oder 
andere nicht sagen konnten, die Bitte richten, ihre Gedanken auszuarbeiten 
und in unserer Zeitschrift zu veröffentlichen. (Lebhafter Beifall.) 

Oberbürgermeister Geheimer Regierungsrat P ab st -Weimar: 

. Ich möchte mir nur wenige Worte erlauben. Ich bin weder Arzt 
noch Pädagog, sondern Verwaltungsbeamter, wollte aber trotzdem hier 
eine Frage anregen, die gerade in Bezug auf die Verhinderung der 
Nervosität, der Blutarmut und dgl. von grofser hygienischer Bedeutung 
sein dürfte. Der Verein möge vor allem einmal erwägen , ob unser 
heutiges schulpflicTitiges Alter nicht zu früh gelegt ist und ob man die 
Schulzeit nicht lieber erst nach zurückgelegtem siebenten Lebensjahr 
beginnen lassen soll. Ein Jahr macht sehr viel in der Entwicklung des 
Kindes; das Gehirn, wie überhaupt der ganze Körper entwickeln sich in 
diesem Zeitraum noch sehr wesentlich, es handelt sich also, wie gesagt, 
um eine für die Gesundheit der Kinder sehr wichtige Frage. Ich weifs, 
dafs Bedenken dagegen obwalten — der eine will sein Kind möglichst 
bald konfirmiert haben, der andere will, dafs es niöglichst früh eine 
Lebensstellung erbält u. s. w. — , aber das ist mir gleichgiltig bei einer 
Frage, wo es sich um die Gesundheit der Kinder, um die Gesundheit 
des ganzen Volkes handelt. (Beifall.) 

Hinsichtlich der Überbürdungsfrage mufs man Volksschule und 
höhere. Schule trennen. Ich glaube, bei den Volksschulen ist eine Über- 
bürdung nicht vorhanden (Rufe: Oho!); bei den höheren Schulen haben 
sich, jedoch die Anforderungen, gegen früher, ganz bedeutend gesteigert. 
Man hat nicht nur die alten Sprachen beibehalten, sondern es werden 
auch in Bezug auf die neuen Sprachen, sowie in der Mathematik und in 
der Naturwissenschaft grofse Ansprüche gestellt. Zu der Zeit, als ich 
das Gynmasium besuchte, wurde man wohl viel mit alten Sprachen, 
weniger aber mit Mathematik und Naturwissenschaft überlastet. In 
unserer Zeit würde es in erster Linie am Platz sein, der grofsen An- 
strengung des Geistes durch vermehrte Gelegenheit zum Turnen und 
Spielen ein Gegengewicht zu schaffen. Allerdings kann auch dus Turnen 
seine Nachteile haben, wenn es, wie dies heute der Fall ist, in Hallen 
mit mehr oder minder schlechter Luft, stattfindet und nicht mehr im 
Freien und nicht freiwillig, sondern mit Drill. Als ich die Schule 
besuchte, turnten wir im Freien und zwar unter Aufsicht von Vorturnern, 



142 Verhandl. d. 11. JahreBversaminlang d. Allgem. Dentsch. Vereines etc. 

aber nur im Sommer, nicht im Winter. Das heutige Turnen mit seiner 
strengen Disziplin ist sehr anstrengend: eine Viertelstunde stramm und 
still stehen ist z. B. sehr angreifend; Sie wissen, wie es den Soldaten 
angreift. Das Turnen darf nicht Dressur sein, es darf nicht wie jede 
andere Unterrichtsstunde behandelt werden oder gar zwischen den ein- 
zelnen Unterrichtsstunden stattfinden, sondern es mufs, ebenso wie das 
Spielen und das im Freien Umhertummeln überhaupt, freiwillig sein. 
Vor allem ist es ein grofser Fehler, dafs man von allen Kindern das- 
selbe verlangt und nicht auf schwächliche Kinder Bücksicht nimmt. 
(Lebhafter Beifall.) 

Stadtrat Professor Kalle-Wiesbaden: 

Ich möchte vorschlagen, dafs diese Frage noch einmal auf die 
Tagesordnung der nächsten Versammlung gesetzt wird. Es genügt nicht, 
wenn wir sagen, es sollten Schulärzte eingeführt werden; wir müssen 
auch, wenn wir dies sagen, hinzufügen, wie es gemacht werden soll. 
(Beifall.) 

Vorsitzender: 

Damit sind wir mit der Debatte dieses hochinteressanten Vortrags 
zu Ende. Ich hätte selbst einige Worte hinzugefilgt, doch will ich in 
Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit darauf verzichten; ich bemerke nur, 
dafs ich im 1./2. Heft der Zeitschrift „Gesunde Jugend" eingehend über 
„Die Aufgaben der Schulhygiene" berichtet habe. 

Ich stelle Ihnen nun anheim, darüber zu entscheiden, ob wir die 
folgenden Vorträge noch hören oder eine Pause eintreten lassen sollen. 
Ich würde das erstere für besser, halten. (Rufe: Pause!) Dann wollen 
wir die Verhandlungen hier abbrechen; ich bitte Sie um 1 Uhr wiöder 
hier zu erscheinen. 

Schlufs der Vormittagsverhandlungen kurz nach 12 Uhr, 

Kurz nach 1 Uhr eröffnet Herr Professor Dr. Griesbach die 
Nachmittagsitzting und übergiebt das Präsidium dem stellvertretenden 
Vorsitzenden, Herrn Oberrealsehuldirektor Dr. Schotten -Halle. 
Es wird vorgeschlagen, zunächst die unter Punkt 3 der Tagesordnung 
vorgesehenen drei Vorträge über die schulhygienischen Einrich- 
tungen der Stadt Wiesbaden entgegenzunehmen, womit sich die 
Versammlung einverstanden erklärt. 

Vor Beginn dieser Vorträge erbittet uad erhält Fräulein Hill e- 
brandt-Wiesbaden das Wort und erklärt: 

Ich habe aus den bisherigen Verhandlungen entnommen, dafs im 
allgemeinen nur von den höheren Schulen, und zwar ganz besonders von 
den höheren Knabenschulen, die Rede ist, und ich möchte mir des- 
halb die Frage erlauben, ob nicht auch die Mädchenschulen, und 
zwar auch die höheren Mädchenschulen, bei den Bestrebungen des Ver- 
eins berücksichtigt werden könnten. 



yerhandl. d. Ü. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsdi. Vereines etc. 143 

Herr Oberrealschuldirektpr Dr. H. Schotten-Halle^ sowie Herr 
Professor« Dr. Griesbach-Mülhauseii, erwidern, 

dafs der Verein selbstverständlich, wie ja auch schon sein Name 
besage, die Sehniges iindheitspflege im allgemeinen zu fördern bestrebt sei. 
sich also nicht einseitig auf die Knabenschulen beschränken werde. Die 
Jugend als solche im ganzen genommen solle gesund und kräftig 
herangezogen werden. Um dies aber zu eireichen, dazu gehören doch vor 
allen Dingen gesunde und kräftige Mütter, imd aus diesem Grunde schon 
inüfste der Verein sein Bestreben auch den Mädchenschulen voll und 
ganz zuwenden. Bei der Jugend des Vereins und bei der Fülle der in 
Betracht' komnienden Fragen sei es noch nicht möglich gewesen, sich 
mit jeder einzelnen Frage so eingehend zu beschäftigen, wie es wünschens- 
wert wäre. 

Direktor Archenhold-Treptow-Berlin: 

Da ich nicht sicher bin, ob ich heute noch zum Wort komme, oder 
vielmehr, da ich weifs, dafs ich sicher nicht mehr zum Wort kommen 
wefde mit meinem Vortrag, möchte ich bemerken, dafs ich in meinem 
Vortrag auch der Mädchenschulen gedacht und auf verschiedene Punkte 
hinsichtlich der Kleidung, Korsage, Schirme, Hüte, Stickereien, Turnen u. s. w. 
Kücksicht genommen habe. (Beifall.) 

Herr Oberrealschuldirektor Dr. H, Schotten -Halle bringt hierauf 
folgendes, während der SitzAing eingegangenes Schreiben der 
Generalinspektion des Militärbildungswesens zur Verlesung: 

Dem geehrten Vorstand dankt ganz ergebenst die General-Ipspektion 
für die heute eingegangene freundliche Mitteilung des Programms der 
diesjährigen Versammlung des Vereines, sowie für die an dem Unter- 
zeichneten unter dem 27. d. M. gütigst übersandte Ehrenkarte. 

Es bedarf wohl nicht der Versicherung, dafs allen, eine Förderung 
der Schulhygiene bezweckenden Mafsnahmen die General -Inspektion ein 
lebhaftes Interesse entgegenbringt» Von Entsendung eines Vertreters 
mufs aber zu diesseitigem aufrichtigen Bedauern wegen dienstlicher Be- 
hinderung der hierbei in Betracht konpienden Persönlichkeiten abgesehen 
werden. 

Mit ausgezeichneter Hochachtung Frh. v, Funck. 

Nunmehl' besteigt HeiT Stadtschulinspektor Rinkel-Wiesbaden 
die Rednertribüne und eröffnet die Vorträge über die schul- 
hygienischen Einrichtungen der . Stadt Wiesbaden vom 
Standpunkt eines Schulmannes aus mit folgenden Darlegungen: 

Hochgeehrte Anwesende ! 

Der zweite Gegenstand unserer Tagesordnung, die schulhygienischen 
Einrichtungen, der Stadt Wiesbaden, wird von dr:ei Rednern behandelt 
werden: einem Schulmann, einem Schularzt und ^inem Schulbaunaeister.. 
Selbstverständlich wird jeder von ihn^ die' Sache von seinem Stand- 
punkte, von der pädagogische!), medizinischen, bautechnischen Seite aui^ 



144 Yerhandl. d.' II. Jahresversaminlang d. Allgem. Deatsch. Vereines etc. 

betrachten. So werden sich die Vorträge gegenseitig ergänzen. Der 
naheliegenden Gefahr unliebsamer Wiederholungen ist durch vorgängige 
Verständigung der Äedner vorgebeugt worden; dagegen ist nicht aus- 
geschlossen, dafs nun gerade bei der Besorgnis des einzelnen, auf das 
Gebiet des andern überzugreifen, leicht manches Wichtige ungesagt bleibe. 
Allein das wäre wohl das kleinere Übel. Etwaige Lücken lassen sich 
am Schlüsse der Vorträge oder im Laufe der Debatte leicht ausfallen. 

Ich möchte femer vorweg bemerken, dafs bei ünsem Ausführungen 
es sich im wesentlichen nur um Volks- und Mittelschulen handeln wird,' 
Mittelscnulen im norddeutschen Sinne des Worts. Nui* diese beiden 
Schulgattungen unterstehen, abgesehen von den Privatschulen, meiner 
Aufsicht; nur für diese sind Schulärzte angestellt. Höhere Schulen 
werden also nicht in Betracht kommen, soweit es sich nicht um all- 
gemein schultechnische Dinge, namentlich bautechnische, handelt. 

H. A. ! Bei den in neuester Zeit überall in gesitteten Ländern 
hervortretenden Bestrebungen, die Wohlfahrt des Volks durct Besserung 
der gesundheitlichen Zustände zu heben, ist unsere Kurstadt Wiesbaden 
nicht zurückgeblieben. Von der Ansicht ausgehend, dafs die Gesundung 
des Volks mit der Jugend beginnen müsse, hat sie es sich besonders an- 
gelegen sein lassen, die Gesundheit der Schuljugend zu pflegen. Auf 
diesem Gebiete hat sie, wenigstens in einer Beziehung, der Anstellung 
von Schulärzten, unter den preufsischen Städten die Führung genommen. 
Von der dringenden Notwendigkeit einer wirksamen Schulgesimdheits- 
pflege überzeugt, erkennt sie diese als eine unabweisliche Pflicht der 
Gemeinde an. Mag, theoretisch betrachtet, diese Verpflichtung in erster 
Linie dem Staate obliegen, der die Kinder zum Besuch der Schule 
zwingt, die praktische Ausführung wird doch immer der Gemeinde zu- 
fallen, der der Staat die Sorge für das Schulwesen überträgt. 

Die Aufgabe der Schulhygiene erblicken wir nicht nur in dem 
Schutze der Schüler und Lehrer vor Schädiguiäg ihrer Gesundheit in der 
Schule und durch dieselbe; weitergehend erstreben wir auch eine Kräf- 
tigung der Gesundheit der Schüler, soweit dies möglich ist, durch ge- 
eignete Körperpflege: durch Turnen und Bewegungsspiele der Mädchen 
wie der Knaben, durch Schulbäder, auch durch die Verpflegung mangel- 
haft ernährter oder schwächlicher Kinder. 

Was hat nun unsere Kurstadt im einzelnen gethan, um den heutigen 
Forderungen der Schulgesundheitspflege gerecht zu werden? 

Von der städtischen Behörde ist hauptsächlich dreierlei geschehen. 
Sie hat Schulhäuser erbaut, die wohl den weitestgehenden Anforderungen 
der Neuzeit, hygienischen und schultechnischen, genügen dürften; sie hat 
Schulbäder eingerichtet; sie hat Schulärzte angestellt. 

Die Behörde wird in diesen Bestrebungen durch Privatpersonen und 
Vereine unterstützt, welche zur Pflege der Gesundheit der Jugend die ver- 
schiedensten Veranstaltungen getroffen haben: Verabreichung eines warmen 
Frühstücks an unbemittelte Kinder während der Wintermonate, Kinderhorte, 
Sommerpflege armer schwächlicher und kranker Kinder auf dem Lande 
und in Badeorten u. a. 

Der Magistrat fördert derartige Wohlfahrtsbestrebungen mit B^at 
und That; die Leitung und Ausführung überläfst er gern den privaten 



Verhandl. d. Ü. Jahresversammlung d. Allgem. Beutsch. Vereines etc. 1 45 

Personen und VOTeinen. Weifs er doch, dafs die freie Liebesthätigkeit 
der Einzelnen solche Werke mit gröfserer Hingabe und Freudigkeit und 
oft mit besserem Erfolge ausführt, als dies auf amtlichem Wege ge- 
schehen kanü. 

Die Stadt Wiesbaden ist in der günstigen Lage, bei der. Fürsorge 
für ihre Schuljugend einen gewissen Luxus entfalten zu dürfen, nicht 
nur wegen des Wohlstandes ihrer Bewohner, sondern auch wegen der 
verhältnismäfsig geringen Zahl ihrer Schulbevölkerung. Bei etwa 
90000 Einwohnern zählt Wiesbaden kaum 11000 schulpflichtige Kinder, 
also 12% der Bevölkerung gegen 15% und mehr in den meisten 
anderen Orten. Von diesen Kindern besuchen nur 60% die Volks- 
schulen, 40% mittlere und höhere Lehranstalten. Dieser Umstand er- 
klärt sich, nebenbei gesagt, aus den eigenartigen Verhältpissen der Kur-^ 
Stadt, die bei sehr geringer Fabrikthätigkeit wenig Arbeiter zählt, da- 
gegen viele Familien von Eentnem und Pensionären, deren Kinder das 
schulpflichtige Alter bereits überschritten haben. Dementsprechend zeigt 
Wiesbaden eine jährliche Geburtsziffer von 26 pro mille, während andere 
Städte eine solche von 36, reine Industriebezirke gar eine solche von 56 
aufweisen. So vermag Wiesbaden für den Unterrichtsbetrieb seiner 
Volksschulen eine jährliche Ausgabe von 60 Jl für jedes Kind ohne 
Überlastung zu tragen, und daneben noch prächtige Schulbauten aufzu- 
führen. 

Über die bautechnischen und schulhygienischen Grundsätze, welche 
unser Stadtbaumeister, Herr Baurat Genzmer, bei der Errichtung zweier 
neuer Schulhäuser — ein drittes ist eben begonnen — , sowie bei dem 
sehr glücklichen Um- und Aufbau eines älteren Schulhauses befolgt hat, 
wird, dieser Herr Ihnen nachher eingehende Mitteilungen machen; denen, 
die sich besonders für Schulbauten interessieren, wird er morgen bei 
Besichtigung der beiden neuen Schulhäuser die nötigen Erläuterungen 
geben. 

Ich als Schulmann habe zu diesem Gegenstände nur einzelne Be- 
merkungen zu machen. Zunächst drängt es mich, meiner Freude Aus- 
druck zu geben über die Schönheit und Zweckmäfsigkeit der monumen- 
talen Bauten. Dabei erkenne ich gern an, dals die Stadt Wiesbaden bei 
dem Bau von Schulhäusem (auXser der früheren höheren Mädchenschule) 
niemals gespart hat. Schon das im Jahre 1817 erbaute, 1897 nieder- 
gelegte Schulhaus am Markte war für die damalige Zeit sicher ein her- 
vorragendes Gebäude; ebenso die in späteren Jahrzehnten errichteten 
Schulhäuser. Ich bin freilich überzeugt, dafs es auch damals nicht an 
Nörgelem gefehlt hat, denen die Schulhäuser viel zu schön und kost- 
spielige waren. Die Herren bedenken eben nicht, dafs solche Bauten noch 
einem weiteren Zwecke dienen als dem Unterricht. Sie sollen Zierden 
sein für die Stadt; sie sollen Zeugnis ablegen von der Opferwilligkeit 
und dem Ktmstsinn ihrer Bürger, ebensogut wie die prachtvollen kirch- 
lichen Bauten. Zur Abhaltung eines erbaulichen Gottesdienstes genügt 
auch ein schlichter reformierter Betsaal. Aber doch schauen wir mit 
stolzer Freude hinauf zu den herrlichen Gotteshäusern alter und neuer 
Zeit und scheuen kein Opfer, imi sie schön und herrlich zu gestalten. — 
Aber abgesehen davon, hat die Schönheit des Schulhauses noch eine hohe 

(Hfunde Jugend. I. S^ 10 



146 Yerhandl. d. n. Jahresyenammlung d. Allgem. Dentech. Vereines etc. 

pädagogische Bedeutung. Sie 'bildet bei den Kindern den Sinn für 
Schönheit, Ordnung und Sauberkeit. Lehrer und Schüler arbeiten doppelt 
gern in den schönen Bäumen. Sie fühlen sich verpflichtet, dieselben 
sauber und neu zu erhalten. Von Seiten der Stadt geschieht ja alles 
zur Reinhaltung der Schule. Die geölten Fufsböden werden täglich mit 
feuchtem Sägemehl gekehrt, Tische und Bänke mit feuchtem Tuche ab- 
gewischt. Turnhallen und Aborte werden aufserdem wöchentlich, Lehr- 
säle, Gänge, Treppen monatlich einmal gründlich aufgewaschen. Vor der 
Thüre sind Kratzeisen, in den Gängen Drahtmatten zur Reinigung der 
Schuhe angebracht. Sache der Lehrer ist es nun, sorgfältig darauf zu 
achten, dafs diese Reinigungsmittel auch gehörig benutzt werden, damit 
kein Schmutz in die Schulräume getragen werde, der, wenn trocken ge- 
worden imd zertreten, nachher zu dem gesundheitsschädlichen Staube wird. 
Sache der Lehrer ist es, dafOr zu sorgen, dafs die Einrichtungen för 
Lüftung, Abhaltung des zu grellen Lichtes u. dgl. nun auch voll aus- 
genutzt und in gutem Zustande erhalten werden, dafs in den so zweck- 
mäfsigen zweisitzigen Subsellien die Kinder auch eine gute Körperhaltung 
bewahren. Die zweisitzigen Schulbänke, mit denen allmählich alle unsere 
Schulhäuser, auch die älteren, ausgestattet werden, sind aufserordentlich 
zu empfehlen, schon deswegen, weil sie eine Überfullung der Lehrsäle 
unmöglich machen. Da in einem Klassenzimmer von 60 qm Bodenfläche 
sich nur 30, ausnahmsweise 32 Bänke aufstellen lassen, so können hoch-* 
stens 64 Kinder in einer Klasse untergebracht werden. Es ist dies auch 
— nebenbei bemerkt — die höchste Schülerzahl, die wir zur Zeit in 
einzelnen Klassen haben, während die niedrigste 40, die mittlere 56 be- 
trägt. Nach der Eröffnung der im Bau begriffenen Gutenbergschule in 
der Südstadt wird sich der durchschnittliche Klassenbestand voraussicht- 
lich auf etwa 50 stellen. Nach den ministeriellen Vorschriften gilt eine 
Klasse erst als überfüllt, wenn sie von mehr als 70 Kindern besucht 
wird. Von einer Uberfällung unserer Volksschulen kann demnach nicht, 
die Rede sein. Auch nicht von einer Überbürdung der Lehrer und 
Schüler. In unseren Schulen mit acht aufsteigenden Klassen wird un-* 
gefähr derselbe Lehrstoff . verarbeitet wie anderswo in sechs- und sieben- 
klassigen Schulen. Bei uns hat der Lehrer es immer nur mit einem 
Jahrgange von Schülern zu thun, kann diesem also immer seine volle 
Kraft widmen. 

Die Klassenfrequenz liegt weniger günstig an unseren Mittelschulen^ 
wo besonders in den Klassen V bis VII die zulässige Schülerzahl von 
50 Knaben bezw. 40 Mädchen nicht unbedeutend überschritten ist. Durch 
einen noch im laufenden Jahre vorzunehmenden Erweiterungsbau wird 
hier Abhilfe geschaffen werden. 

Die zweite der von der städtischen Behörde ins Dasein gerufenen 
schulhygienischen Einrichtungen ist das Schulbad. Seit dem Jahre 1894 
sind an unseren 5 grofsen Volksschulen 4 Bäder eingerichtet worden. 
Sie, h. A., werden morgen bei der Besichtigung der Blücherschule Ge- 
legenheit haben, das bei dem Neubau dieser Schule, also unter den 
günstigsten Bedingungen, eingerichtete Schulbad in Augenschein zu 
nehmen. — Um denjenigen unter Ihnen, die die Einrichtung und tien 
Betrieb eines Schulbades aus eigner Anschauung nicht kennen, eine Vor- 



Yerliandl. d. 11. Jahresyerflammlnng d. AUgem. Dentsch. Vereines etc. 147 

Stellung davon zu geben, erlaube ich mir, den Bericht zu verleseii, den 
ich im Jahre 1895 über unser erstes Schulbad erstattete, der im wesent- 
lichen auch noch ftir unsere neueren Schulbäder zutrifiPt: 

„Das Schulbad befindet sich in zwei nach Süden gelegenen, geräumigen 
Zimmern des Kellergeschosses. Das mit Bänken und Kleiderhaken ver- 
sehene, wohlgeheizte vordere Zimmer dient als Aus- und Ankleideraum, 
das zweite als Baderaum. Hier sind an der Decke starke Brausen an- 
gebracht; der Boden unter denselben ist mit einem Lattenrost belegt; 
unter diesem sammelt sich das ablaufende Wasser in einer Vertiefung, 
aus welcher es durch Bohren abgeleitet wird. 

Das Baden geschieht während der Schulzeit und zwar in den für 
Schreiben, Zeichnen, Handarbeit und Turnen bestimmten Stunden. Etwa 
20 Schüler treten gleichzeitig zum Baden an, während die übrigen in 
ihren Klassen weiter arbeiten. Die Gruppe der Badenden begiebt sich 
in geordnetem Zuge in den Keller: die Schüler entledigen sich im Aus- 
kleideraum auf Kommando schnell der Kleider und treten, ebenfalls auf 
Kommando, zu dreien, kleinere auch zu vieren auf den Lattenrost. Der 
Hahn wird geöffnet, und der Brause entströmt etwa eine Minute lang 
das auf 32 — 35® C. erwärmte Wasser. Darauf reiben die Kinder den 
ganzen Körper mit der ihnen gelieferten Seife ein. Es erfolgt eine 
zweite Brause, worauf der Körper gehörig abgerieben und mit einer 
Wurzelbürste bearbeitet wird. Eine dritte Brause, die durch Zuführung 
kalten Wassers allmählich auf 25 — 20® C. abgekühlt wird, nimmt Seife 
und Schmutz fort. Die Kinder eilen in den Ankleideraum zurück, trocknen 
sich ab, legen schnell die Kleider wieder an und kehren in ihre Klasse 
zurück, worauf die zweite Gruppe zum Baden antritt. Der ganze Vor- 
gang dauert, wenn die Kinder erst an das Baden gewöhnt sind, bei 
Knaben etwa 15, bei Mädchen 20 Minuten, so dafs eine Klasse von 
60 Kindern in einer Stunde gebadet werden kann. 

Die Aufsicht beim Baden der Knaben führt der Schuldiener (jetzt die 
Klassenlehrer), bei den Mädchen dessen Frau. Die Überwachung des 
Ganzen leitet der Hauptlehrer (Rektor), der hierbei von den Lehrern und 
Handarbeitslehrerinnen (nach Anstellung von Lehrerinnen auch durch 
diese) unterstützt wird. 

Selbstverständlich wird alles vermieden^ was die Schamhaffcigkeit 
der Kinder verletzen könnte. Die anfängliche Scheu einzelner Knaben, 
sich in Gegenwart ihrer Mitschüler, des Klassenlehrers und des Schul- 
dieners zu entkleiden, hat sich bald gelegt. Der Gebrauch von Badehosen 
wird den Knaben gestattet, aber nicht für notwendig erachtet.- Den 
Mädchen werden Badeschürzen und Kappen geliefert, einzelne haben auch 
ihre eigene Badewäsche. Handtücher müssen von Hause mitgebracht 
werden; doch werden sie Unbemittelten auch von der Schule geliehen. 
Jedes Stück der Badewäsche wird nach Gebrauch sorgfältig abgespült 
und getrocknet. — 

Im Winter wurden nur die Schüler der oberen fünf Klassen, im 
Sommer auch die der sechsten Klasse zum Baden herangezogen; die 
Kinder der unteren beiden Klassen sind noch zu ungeschickt beim Aus- 
und Ankleiden. Die Beteiligung am Bade ist eine freiwillige, war aber 
schon von Anfang an recht befriedigend. Von der Eröffnung des Bades 

10* 



148 Yerhandl. d. II. Jähresyersainmlnng d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

am 14. Januar bis zum Ende des Schuljahres am 6. April nahmen, ob- 
wohl bei der strengsten Kälte vom 1. bis 16. Februar das Baden aus- 
gesetzt wurde, 1272 Knaben in 79 :6ruppen und 937 Mädohen in 

49 Gruppen an demselben teil. Im Sonmier ist die Beteiligung erheblich 
gestiegen; sie betrug durchschnittlich 56% bei den Knaben, 37% ^^^ 
den Mädchen. Sie würde noch gröfser gewesen sein, wenn nicht manche 
Eltern ein ganz unbegrflndetes Vorurteil, gegen diese segensreiche Ein^ 
richtung hegten, und wenn sich manche Kinder nicht schämten, ihre 
wenig präsentablen Unterkleider zu zeigen. — ; 

Der Nutzen des Schulbades ist unleugbar ein sehr grofser. Die 
Kinder lernen das GefQhl des Behagens kennen, das einen durchströmt, 
wenn der Körper gründlich von Schmutz und Schweifs gereinigt, wenn 
die gesamte Hautthätigkeit durch das Brausebad lebhaft angeregt Ivird. 

50 wird ihnen ein gewisses Badebedürfhis anerzogen, das sie auch nacli 
■der Schulzeit zu befriedigen suchen werden, wo inmier sich ihnen die 
Gelegenheit bietet. Eine sehr wohlthätige Einwirkung übt das Schulbad 
auch auf die Sauberkeit der Unterkleider aus. Die Badenden erschienen 
durchweg mit sauberer Leibwäsche." 

Seit jener Zeit sind in drei weiteren Volksschulen Bäder eingerichtet 
worden; auch die jetzt erstehende Gutenbergsohule wird mit solchena 
versehen . sein. Nur einer unserer älteren Volksschulen fehlt das Bad, da 
die Einrichtung desselben aus bautechnischen Gründen dort nicht mög- 
lich war. 

Aber immer noch ist es leichter, Schulbäder einzurichten, als die 
Kinder hineinzubringen: Bei den Eltern, von denen manche seit ihrem 
ersten Bade durch, die weise Frau keines wieder genommen haben, finden 
wir wenig Unterstützung. Bei manchen Kindern wirkt schon das Bei- 
spiel älterer Geschwister. Aber bei dem meisten müssen die Lehrer noch 
fortwährend treiben, ihnen Mut machen, sie auf den heilsamen Einfluüs 
des Badens hinweisen, ehe die Kinder dahin gebracht werden, einmal 
versuchsweise mitzubaden. So kommt allmählich di« Lust, das Bad wird 
zur Gewohnheit. 

Es ist erfreulich, dafs mit jedem neuen Bade die Benutzung des- 
selben zunimmt. Zahlen beweisen. So gestatten Sie mir, Ihnen das 
Ergebnis einer statistischen Erhebung vorzufahren, die ich vorigen Herbst 
in der Woche vom 8. bis 13. Oktober über die Teilnahme der einzelnen 
Klassen am Baden anstellen Hefs. 

Es badeten 

1. in einer Mädchenschule: 24 bis 67%, durchschnittlich 45% der 
schnlanwesenden Kinder; . 

2. in einer Knabenschule:. 50 bis 98%, durchschnittlich 79%; 

3. in einer gemischten Schule mit 1 Knaben-, 2 Mädchensystemen: 
:71 bis 957o, durchschnittHch 857o; * 

4. in einer gemischten Schule mit 2 Knaben- und 1 Mädchensystem: 
61 bis 96%, durchschnittlich 83%; 

in den 4 Schulen zusammen: 24 bis 98%, durchschnittlich' 73% 
der' schülanwesenden Kinder. 

Mit diesen Zahlen könnte man zufrieden sein; aber leider fehlen 
gerade diejenigen Kinder beim Baden, welche es am nötigsten hätten; 



Yerhandl. d. 11. Jahres verBammlung d. Allgem. Deutsch. Verißines etc. 149 

Wir haben versucht, für gesunde Kinder die Teilnahme am Baden ver- 
bindlich zu machen, dauernd nur auf schulärztliches Gutachten hin, 
vorübergehend durch den Klassenlehrer vom Bade zu dispensieren. — 
Warum auch keinen Badezwang? Scheut sich doch der Staat nicht, 
Zwang auszuüben, wo es das allgemeine Wohl erheischt! Kennen wir 
doch die Schulpflicht, die Impfpflicht, die Militärpflicht! Warum nicht 
auch die Badepflicht? Allein unser Versuch ist fehlgeschlagen, da er bei 
den staatlichen Behörden nicht die Unterstützung fand, die wir glaubten 
erwarten zu dürfen. 

Ich kann nicht umhin, noch eines Widerstandes zu erwähnen, 
den unser Schulbad auf einer Seite fand,, wo wir ihn nicht erwarteten. 
Viele Eltern, namentlich solche katholischer Konfession, selbst 
Lehrer und Geistliche, erklären das gemeinsame Baden, Aus- und An- 
kleiden für eine Verletzung der Schamhaftigkeit, für unsittlich, gottlos. 
Sie verlangen ein Schulbad mit Einzelzellen. Wir haben, um dieser 
Prüderie Eechnung zu tragen, den Badehosenzwang in den drei obereli 
Klassen eingeführt; den Mädchen wurden von vom herein Badeschürzen 
und Kappen geliefert, zum grofsen Teil haben sie eigene Badekostüme. 
Der Einrichtung von Badezellen, die uns als eine Verschlechterung unsers 
Bades erschien, konnten wir nicht zustiinmen. — 

Die dritte von den städtischen Behörden getroffene schulhygienische 
Einrichtung, die viel besprochen, angefochten und anerkannt wurde, war 
die Anstellung von Schulärzten im Jabre 1895. Über die Thätigkeit 
derselben wird unser ältester Schularzt, {lerr Dr. Cuntz, gleich das Wort 
nehmen. Ich erlaube mir nur, bezüglic)i der Stellung der Lehrerschaft 
zu dieser neuen Einrichtung einige Worte zu sagen. 

Unsere Lehrer standen anfänglich der Neuerung ziemlich kühl, ja 
mifstrauisch gegenüber; sie befürchteten Eingriffe in ihre Befugnisse, 
Vermehrung der Arbeit, Störungen des Unterrichts. Erst, als sie erkannten, 
dafs ihre Befürchtungen, wenig begründet .waren, als sie einsahen, dafs 
ihnen die Schulärzte wirklich . Helfer bei der Schularbeit waren und für sie 
selber manches erwirkten, da befreundeten sie sich mehr und mehr mit 
der neuen Einrichtung. Und es ist gut, dafs ein solches Verhältnis 
besteht; denn ohne die willige, treue Mitarbeit der Lehrer würden die 
Schulärzte wenig ausrichten. Wirken beide einmütig zusammen, so 
können sie Grofses vollbringen. Nur bin ich mit dem Vorsitzenden 
unserer Versammlung der Meinung, dafs die Machtbefugnisse der Schul- 
ärzte erweitert werden sollten. Wenigstens sollte es ihnen allein über- 
lassen bleiben, Gutachten auszustellen für Schüler, die von einzelnen 
Unterrichtsfächern dispensiert oder aus gesundheitlichen Gründen längere 
Zeit vom Schulbesuch befreit werden wollen. Ich weifs von manchen 
Ärzten, dalJs sie es freudig begrüfsen würden, wenn ihnen als Hausärzten 
die Ausstellung solcher Zeugnisse abgenommen und den Schulärzten über- 
wiesen werden könnte. — 

H. V.! Sie werden von mir nicht erwarten, dafs ich auch noch 
über die segensreiche Thätigkeit der Privatvereine, welche auf dem 
Gebiete der Jugendgesundheitspflege arbeiten, ausführliche Mitteilungen 
mache. Sie finden solche in den Jahresberichten, welche diese Vereine 
^herausgeben. Ich beschränke mich daher auf einige zahlenmäfsige An- 



150 Verhandl. cL II. JahiesyerBammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

gaben. An dem warmen Frühstück, das, aus Hafergrützsuppe und Brot 
bestehend, von Mitte Dezember bis Ende März unbemittelten Volks* 
Schülern auf Kosten der privaten Wohlthätigkeit gespendet wird, nehmen 
etwa 500 Kinder teil-, sie essen die Speise gern, und sie bekommt 
ihnen ausgezeichnet. Der Damenverein für Mädchenhorte nimmt etwa 
200 Schülerinnen von 4 — 7 Uhr unter seine schützende Obhut. Die 
Kinderbewahranstalt ninmit etwa 120 Schulkinder teils als Hauskinder, 
teils als Tageskinder auf. Der Verein für Sommerpfiege gedenkt in 
diesem Jahre gegen 150 schwächliche Schulkinder aufs Land oder auch 
in Bäder zu schicken; der Verein zur Pflege kranker Kinder entsendet 
jährlich etwa 50 Wiesbadener Schulkinder in die Bäder, meist nach 
Kreuznach und Nauheim. — 

Und nun, h. A., werden Sie mich wohl fragen: „Welche Erfolge 
habt Ihr denn mit Euren schulhygienischen Bestrebungen und Ein- 
richtungen, namentlich mit der Anstellung von Schulärzten erreicht?** 
Ich erwidere: Um eine abschliefsende Antwort zu erteilen, dazu ist 
das Institut der Schulärzte noch zu jung. Wenigstens wollen wir warten, 
bis wenigstens eine Schülergeneration unter ärztlicher Überwachung durch 
die Schule gegangen ist. Aber soviel dürfen wir schon sagen: Manches 
ist besser geworden in unsern Schulen, die Beinlichkeit der Kinder an 
Körper und Kleidung, die Schullufb. Es kommt mir, wenn ich in eine 
Klasse trete, wo fleifsig gebadet wird, der mufßge Menschen- und Kleider- 
geruch nicht mehr so eütgegen wie früher. Manches Gebrechen, das 
früher verborgen blieb, wird jetzt bei der Aufnahme der Kinder in die 
Schule entdeckt, den Eltern mitgeteilt, beim Unterricht berücksichtigt. 
Für die Feststellung solcher Schäden sind wir Schulmänner den Ärzten 
besonders dankbar. Wenn die Gebrechen nicht geheilt werden, wenn sie 
im Laufe der Schulzeit mehr und mehr zu Tage treten, so kann doch 
jetzt nicht mehr, wie dies früher oft genug geschehen sein mag, der 
Schule ein Verschulden beigemessen werden, das sie nicht trifft. — Einige 
unserer Rektoren wollen es sogar der besseren Schulgesundheitspflege 
zuschreiben, dafs die Zahl der Kinderkrankheiten und der Schulversäum- 
nisse abgenonmien hat. Die Thatsachen sind statistisch festgestellt. Die 
schlimmeren Kinderkrankheiten, Scharlach und Diphtherie, traten in den 
letzten Jahren nur sporadisch auf; die Masemepidemie, die alle zwei Jahre 
regelmäfsig über unsere Stadt von Südwesten nach Nordosten hinweg 
streicht, verlief harmlos. Aber es erscheint mir doch gewagt, diese 
Besserung den schulhygienischen Einrichtungen zuzuschreiben. Es mögen 
da andere Ursachen mitgewirkt haben. Überhaupt möchte ich wamwi, 
sich von der Schulgesundheitspflege allzuviel zu versprechen. Eine gesunde 
Jugend werden uns auch die Schulärzte nicht in die Schule bringen. 
Dazu liegen die Schäden unseres Volkslebens zu tief und zu weit zurück. 
Sie fallen schon in die Zeit vor der Geburt des Kindes und in dessen 
erste Lebensjahre. Es erfafst mich oft ein Grauen und ein tiefes Er- 
barmen, wenn nach der Aufnahme der Schulneulinge ich unter ihnen so 
manches elende, verkümmerte und verkommene Kind erblicke, dem kein 
Schularzt helfen kann, für das es keine Gesundung mehr giebt. Um diese 
Zustände zu heilen, da müfste die Sozialhygiene mit allem Nachdruck 
eintreten. So lange noch Kinder geboren werden, die von schwächlichen, 



Verhandl. d. II. Jabresversamnilimg d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 151 

kranken, erblich belasteten, von Alkohol vergifteten Eltern abstammen, 
Kinder, die Yon gewissenlosen Eltern in den ersten Lebensjahren geistig 
und leiblich vernachlässigt und verwahrlost werden, so lange wird es 
eine gesunde Schuljugend nicht geben. 

Schaffet uns gesunde Kinder in die Schule, so werden wir mit allen 
Kräften dafür sorgen, dafs sie gesund erhalten, dafs sie mit Gottes Hilfe 
vor jeder Schädigung Leibes und de» Seele in der Schule bewahrt 
bleiben. — 

Vom Standpunkte des Schularztes aus spracli sodann Herr 
Schularzt Dr. F. Cuntz-Wiesbaden, indem er ausführte: 

Meine Herren! 

Es ist mir die Aufgabe gestellt, Ihnen vom ärztlichen Standpunkte 
aus über unsere schulhjgienischen Einrichtimgen zu referieren, nachdem 
Sie über die Entstehung derselben, über die Thätigkeit des Schularztes 
vom pädagogischen Standpunkte aus soeben durch meinen verehrten Vor- 
redner unterrichtet wurden. Sie haben gehört, wie sich unsere Thätig- 
keit in den Betiieb des Volksschulwesens eingereiht hat, wie sie dort 
aufgenommen und was sie dort bis jetzt geleistet hat. 

Wenn ich auch bei der grofsen Anzahl der hier anwesenden „Fach- 
genossen" voraussetzen darf, dafs sie mit unserer Thätigkeit schon be- 
kannt sind — sind ja gerade unsere Einrichtungen s. Z. durch mini- 
sterielles Bundschreiben zur Nachahmung bezw. als Vorbild empfohlen 
worden — , so glaube ich doch, meine Aufgabe am besten und kürzesten 
zu erledigen, schon im Hinblick auf die anwesenden Laien, wenn ich an 
der Hand unserer Dienstordnung und eines Gesundheitsscheines die Art 
und Weise unserer Thätigkeit bespreche. 

Es wird sich dabei auch Gelegenheit fbden, an dem einen oder 
anderen Punkte Kritik zu üben, unsere Erfahrungen über Durchführbar- 
keit und Wirksamkeit der oder jener MaTsregel hervorzuheben. 

Ich kann hierbei nur auf das verweisen, was ich bereits Ende 1898 
in der Deutschen Medicinischen Wochenschrift kurz veröffentlicht habe. 

Vorausschicken will ich, dafs hier für etwa 8600 Kinder in 9 Schul- 
gebäuden 6 Schidärzte angestellt sind; es konmien also durchschnittlich 
1483 Kinder auf den einzelnen Arzt! Ich halte diese Ziffer für zu hoch, 
und wird Wiesbaden nicht umhin können, demnächst mit Fertigstellung 
der neuen Schule einen weiteren Schularzt anzustellen. Je mehr Schüler, 
desto weniger vermag der Arzt sie zu übersehen, desto schwieriger wird 
es, Veränderungen an einzelnen Kindern zu erkennen imd zu verfolgen, 
desto schablonenhafter und oberflächlicher werden schliefslich die Gesamt- 
untersuchungen ! 

Wenn jede Klasse mit dem Durchschnittssatz von 50 Köpfen besetzt 
ist, so wird auch bei 24 -klassigem System die Gesamtsumme von 1200 
nicht überschritten werden. Noch besser natürlich, wenn es nur 16-klassige 
Schulen sind! Deswegen können wir auch vom schulärztlichen Stand- 
punkte der Forderung der Pädagogen nach kleineren Klassen und kleineren 
Schulen nur zustinunen! 

Der § 1 imserer D. -0. sagt — auf den genauen Wortlaut ver- 



152 Verhandl. d. ü. Jahresversainmlung d. Allgem. Deutsch. VereineB etc. 

ziehten Sie wohl, da hiemeben eine Anzahl Exemplare derselben, wie 
unserer sämtlichen gebräuchlichen Formulare, und des letztjährigen Be- 
richtes „a discretion" aufliegen — : 

„Die Schulärzte haben die Aufgabe, den Gesundheitszustand der ihnen 
zugewiesenen Schüler zu überwachen und bei der ärztlichen* Bevision 
der zur Schule gehörigen Bäumlichkeiten und Einrichtungen mitzuwirken!^ 

Demgemäfs gliedert sich auch unsere Thätigkeit in 2 Hauptabtei- 
lungen, in 1) die Überwachung der Kinder, bestehend in der sogenannten 
Erstuntersuchung mit Yorrevision, .in der Abhaltung der Sprechstunden 
und in den späteren Nachuntei'suohungen, 2) die hygienische Überwachung 
der Bäumlichkeiten und Einrichtungen. 

Die Erstuntersuchung, d. h. Untersuchimg der in die Schule neu 
eintretenden 6 jährigen Kinder besteht in einer äufserlichen Bevision inner- 
halb der ersten drei Tage des Schulbeginnes, welche bezweckt, wenn 
irgend möglich, die Einschleppung von ansteckenden Krankheiten und 
von Ungeziefer zu verhüten. 

Um diesen Zweck ganz zu erfüllen, müTste diese Untersuchung 
eigentlich vorgenommen werden, ehe die Kinder überhaupt die Schule 
betreten, was aber aus äuTseren Gründen nicht wohl durchführbar sein 
dürfte. 

Gleich hierbei muTs ich erwähnen, dafs wir hier in Wiesbaden aufser 
einigen verdächtigen Fällen einen wirklichen „Missethäter^^ eigentlich noch 
nicht entdeckt haben. 

Innerhalb der ersten 4 — 6 Wochen folgt dann eine genaue Unter- 
suchung sämtlicher aufgenommener Kinder, mit Eintragung des Befundes 
in die sogenannten Gesundheitsscheine. 

Vor der Vornahme dieser Untersuchung werden die Eltern der 
Kinder benachrichtigt und ihnen anheimgestellt, durch Vorlage eines 
hausärztlichen Zeugnisses nach bestimmtem Formular ihr Kind von der 
Untersuchung durch den Schularzt zu befreien. Wie sehr die Zahl 
dieser „Befreiungen" mit den Jaliren abgenommen hat, ergeben die 
Zahlen unserer Berichte, 

in 1896/189V waren es bei etwa 1690 Kindern 35, 
„ 1898/1899 „ „ „ „ 1300 „ 15, 
„ 1899/1900 „ „ „ „ 1220 „ nur 7. 

Die Gesundheitsscheine tragen am Kopfe die erforderlichen Per- 
sonalien des Kindes, Schuleintritt etc., das Datum der Impfung und 
Wiederimpfung; bei diesen wird die Zahl der noch sichtbaren Impfnarben 
notiert. 

Femer führen sie Spalten für die allgemeine Konstitution, die 
als „gut, mittel oder schlecht" bewertet wird; dabei sollen auch die 
gefundenen krankhaften Störungen der Gesamtkonstitution, die zu einer 
Minderbewertung Veranlassung gegeben, notiert werden; z. B. schlechte 
Entwicklung, Blutarmut, Bhachitis etc. 

Es sind bei uns Zweifel entstanden, ob man die Einteilung in „gut, 
mittel und schlecht" festhalten, soll bei der grofsen Schwierigkeit der 
Abschätzung derartiger allgemeiner Werte und bei der Verschiedenheit 
der subjektiven Auffassung. So lange man aber den Typus des nor- 
malen Schulkindes nicht in bestimmten Werten ausdrücken kann, so 



Verhandl. d. II. JahresversammlfiBg d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 153 

lange man nichts Besseres hat, wird man mit dem weniger Guten sich 
begnügen müssen. Übrigens haben wir, um möglichste Gleichmäfsigkeit 
in der Beurteilung dieser Gesamtkonstitution herbeizuführen, anfangs 
wiederholt gemeinsam eine gröfsere Zahl von Kindern untersucht. 

Die als „schlecht'^ befundenen konmien unter „ärztliche Kontrolle^' 
und erhalten einen diesbezüglichen Vermerk am Kopfe des Scheines. 

Die nächsten Spalten dienen dem Gewicht, der Gröfse und dem Brust- 
umfang; die ersteren werden in jedem Semester durch den Lehrer gemessen 
und zwar bei allen Kindern, der letztere durch den Arzt, jedoch nur bei den 
„schlecht'^ befundenen und bei vorhandenen Krankheitserscheinungen der 
Brust. 

Dann folgen die Bubriken für Brust und Bauch (Unterleibsbrüche), 
für Hauterkrankungen (Ungeziefer), Wirbelsäule und Extremitäten, Augen 
und Sehvermögen, Ohren und Gehör, Mund, Nase und Sprache. 

Aufser diesen Bubriken für die gefundenen Krankheiten steht auf 
den Scheinen eine solche für „besondere Bemerkungen und Vorschläge 
für den Unterricht". Hierin wird angegeben, ob der Arzt durch die ge- 
fundenen Krankheitserscheinungen eine besondere Berücksichtigung des 
Kindes für angezeigt hält, ob eine vorhandene Anlage zur Bückgrats- 
verkrümmung besondere Aufmerksamkeit auf Sitz und Haltung erfordert, 
ob Sehstörungen und Ohrenleiden Sitzplätze in den vorderen Bänken, 
ob Unterleibsbrüche, Herzfehler Dispens vom Turnunterricht, Sprachfehler 
besondere Beachtung der Aussprache erfordern! 

Es sind dies, wie niemand bestreiten wird, im Interesse des Schul- 
kindes, wie auch für den Lehrer, hochwichtige Feststellungen. 

Eine weitere Spalte der Scheine dient zur Notiz über die Erteilung 
und die Erfolge der sogenannten „Mitteilungen". Es sind dies ge- 
druckte Formulare, in denen den Eltern mitgeteilt wird, welche wich- 
tigeren Krankheitserscheinungen bei den Kindern gefunden wurden, mit 
gleichzeitigem Hinweis auf die Notwendigkeit ärztlicher, spezialärztlicher 
Behandlung, auf Bescha£Pung von Bruchbändern, Brillen etc. 

Schliefslich ist ein Baum vorgesehen für Eintragungen seitens der 
Lehrer über stattgehabte Erkrankungen der Schüler, deren Natur und 
Dauer, je nach den vorliegenden hausärztlichen Zeugnissen; auch die 
eigenen Beobachtungen des Lehrers über Veränderungen im Wesen des 
Kindes sind da zu vermerken. 

M. H.I Diese Gesundheitsscheine folgen dem einzelnen Kinde durch 
seine ganze Schulzeit, event. auch beim Übertritt in andere Schulen 
nach; sie werden, wenn sie gewissenhaft geführt werden, und wenn alle 
bemerkenswerten Gesundheitsstörungen, die der Schularzt, sei es in den 
Sprechstunden, sei es bei den von Zeit zu Zeit vorzunehmenden allge- 
meinen Untersuchungen, entdeckt, ebenso wie die Beobachtungen der 
Lehrer genau eingetragen werden, ein übersichtliches Bild über die körper- 
liche Entwicklung des Kindes geben können. 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs das in unserer D.-O. 

für das letzte Schuljahr bei der Entlassung vorgeschriebene ab- 

schliefsende ärztliche Urteil über die Gesamtentwicklung und den Ge- 

"sundheitszustand des Kindes nicht nur für dieses selbst, für sein späteres 

Leben, für die Wahl eines Berufes von grofsem Nutzen sein wird, son- 



154 Yerhandl. d. n. «Tahresyersaminluiig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

dem dais dies Urteil auch als Unterlage dienen kann, durch Vergleiclie 
mit andern Schulen, für Bückschlüsse auf den Einflufs der lokalen Ver- 
hältnisse und auf Art und Weise der Unterrichtserteilung. 

Ich verkenne nicht die grofse Schwierigkeit, die in einer Beurteilung 
der hierbei doch auch, zu berücksichtigenden sozialen und FamiHenverhält- 
nisse liegt. 

M. H.! Ich darf nicht unerwähnt lassen, wie ich dies in der Medi- 
cinischen Wochenschrift s. Z. schon bemerkt habe, daüs aucb in unserer 
Mitte Bedenken geltend gemacht wurden gegen die ZweckmäTsigkeit, die 
Bedeutung und Wirksamkeit dieser Gesundheitsscheine! 

Sie machen gewifs viel Arbeit, langwierige Schreibereien für 
Schularzt wie fär Lehrer; viele bleiben aufser den ersten Eintragungen 
ein leeres Blatt; ihre ziffemmäfsige Besultate mögen, wie bei jeder 
Statistik, Fehlerquellen und Trugschlüsse in sich bergen, — so lange 
man aber an der körperlichen Untersuchung der Schulkinder, als einem 
wichtigen Postulat der gesamten Schulgesundheitspflege, festhält, — so 
lange können wir eben Aufzeichnungen über die Besultate dieser Unter- 
suchungen nicht entbehren! Mag auch die Form der Scheine eine 
Änderung erfahren, mag man einzelne Bubriken streichen oder andere 
einfügen! 

Ob z. B. die von Schmid-Monnard mit seiner bekannten Gründ- 
lichkeit bei Schülern höherer Lehranstalten durchgeführten Ermittelungen 
von nervösen Störungen, Kopfweh, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und 
allgemeiner Nervosität — den eigentlichen Schulkrankheiten — auch für 
Volksschulen geeignet sind, und ob sie bei der grofsen Schwierigkeit und 
Unsicherheit diesbezüglicher Angaben beweiskräftig durchgeführt werden 
können, mufs ich sehr bezweifeln. 

Wie bei dieser an der Hand der Gesundheitsscheine Ihnen geschil- 
desten Erstuntersuchung, so wird auch bei den angeordneten „Nach- 
untersuchungen" im 3.,. 5. und 8., letzten Schuljahre verfahren. Die- 
selben werden bei uns stufenweise durchgeführt und wird der diesjährige | 
5. Jahrgang im Jahre 1904 zum ersten Male mit einem vollständigen, 
die gesamte Schulzeit begleitenden Gesundheitsscheine entlassen werden 
können. Um noch mit einigen Worten auf die äufseren Umstände bei 
diesen Untersuchungen zurückzukommen, so werden diese in einem dafür 
reservierten Zimmer vorgenommen. Die Kinder kommen partienweise 
und werden durch die Lehrerin, Frau des Pedellen und einige mithelfende 
ältere Schülerinnen resp. Schüler entkleidet und angekleidet. Eine Ent- 
blöfsung wird, wenn irgend angängig, nur auf den Oberkörper beschränkt, 
und Schuhwerk, wie Hosen und Unterröcke können, wenn auch auf- 
geknöpft, anbehalten werden. 

Ein weiterer Teil unserer Thätigkeit besteht in der Abhaltung so- 
genannter „Sprechstunden" in der Schule, d. h. alle 2 — 3 Wochen 
besucht der Schularzt nach vorgängiger Vereinbarung mit dem Bektor 
die ihm unterstellte Schule. Diejenigen Kinder, die den Lehrern einer 
Untersuchung bedürftig erscheinen, werden auf einem in den Klassen 
tagsvorher zirkulierenden Laufzettel notiert. 

Der Schularzt besucht zunächst diese Klassen während des Unter- 
richtes, sieht sich die betreffenden Kinder an und giebt dem Lehrer 



Yerhandl. d. n. JähresYersaminlung d. AUgem. Deutsch. YerlBiiies etc. 155 

sclion in der Klasse die gewünschte Auskunft über die Natur, Ansteckungs* 
gefahr etc. der beobachteten Erkrankung; erscheint dabei aber eine ge- 
nauere Untersuchung erforderlich, Prüfung der Hör- oder Sehschärfe etc., 
so geschieht dies in dem reservierten Zimmer. 

Bei diesem Klassenbesuch hat der Arzt Gelegenheit, die Haltung 
der Kinder beim Lesen und Schreiben zu kontrollieren, er kann die 
GrÖfsenverhältnisse der Kinder zu ihren Subsellien prüfen, bestimmt 
Ändenmgen der Sitzplätze etc. Diese Besuche dienen auch zur Kontrolle 
über, die Zustände und Handhabung der Heizungs-, Beleuchtungs- und 
Ventüationsvorrichtungen. 

Dafs hierbei jedesmal die unter „ärztlicher Kontrolle" stehenden be- 
sonders schwächlichen Kinder durch den Arzt inspiziert werden, ist 
selbstverständlich. 

Nach unserer D.-O. soll jede Klasse mindestens zweimal im Semester 
besucht werden^ rechnen Sie dazu noch zwei weitere gelegentlich er- 
forderliche Besuche, so wird der Unterricht an etwa 4 Tagen eine kurze 
Störung von je 10 — 15 Minuten erleiden; Sie haben vorhin gehört, dafs 
von pädagogischer Seite keine begründeten Bedenken oder Klagen da- 
gegen erhoben werden. 

M. H.I Wenn es leicht begreiflich und erklärlich war, dafs uns an- 
fangs alle möglichen harmlosen Sachen, * vorübergehende Unpäfslich- 
keiten etc. gemeldet wurden, und wenn auch jetzt noch bei der Frage eines 
Lehrers: „morgen kommt der Herr Doktor, hat einer was zu klagen??" 
schon des Zeitvertreibs halber eine ganze Anzahl Kiader mit allen mög- 
lichen und unmöglichen Klagen sich zur Untersuchung meldet, — so 
kann ich doch konstatieren, dafs hierin eine Änderung zum Bessern ein- 
getreten ist. Die Lehrer haben allmählig gelernt, die Aufgaben des 
Schularztes auch in diesem Teil seiner Thätigkeit richtig zu erfassen; es 
ist ja nicht so leicht, einem Laien auseinanderzusetzen, welche Er- 
krankungen dem Schularzte vorzuführen sind! 

Da hier, wie überall in Deutschland, erae ärztliche Behandlung der 
Schulkinder dem betreffenden Schularzte nicht zusteht, so beschränken 
wir uns, wie oben schon erwähnt, darauf, erforderlichen Falls den Eltern 
die sogenannten „Mitteilungen" zustellen zu lassen. 

Über den Erfolg dieser „Mitteilungen" lauten die Berichte noch nicht 
viel erfreulicher I Wenn derselbe auch bei den Erstuntersuchungen im 
ganzen befriedigend genannt werden kann, vermutlich weil die Mütter 
über ihre 6 jährigen Schulrekruten noch ängstlicher und besorgter wachen, 
— so ist er bei den älteren Kindern sehr gering. 

Wie ich aus verschiedenen Berichten weifs, scheint dies so ziemlich 
überall der Fall zu sein; auf die Gründe hierfür näher einzugehen, dürfte 
hier zu weit führen. 

Erwähnen will ich aber den Vorschlag von Thiersch in Leipzig, 
der die Erstuntersuchungen in Gegenwart der Mütter der Kinder vor- 
zunehmen wünscht und dies auch probeweise durchgeführt hat, mit 
durchaus zufriedenstellendem Erfolg für Kind — und Arzt! Ich fürchte, 
dieser Vorschlag wird auf vielfachen Widerstand stofsen. 

Leider noch recht oft haben wir mitzuwirken bei Bekämpfung der 
Läuseplage. Wie Ihnen das aufliegende Formular zeigt, greifen wir 



156 Verbandl. d. II. Jahres versaminliuig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

hier direkt in die Behandlung ein, indem wir den Eltern Weg und Mittel 
zur wirksamen Bekämpfung des Ungeziefers angeben. 

Nach unseren letzten Berichten (die ich leider noch nicht vorlegen 
kann) scheint wieder ein Bäckschritt eingetreten zu sein! Die Zahlen 
zeigen bei den Erstaufnahmen, wie bei den Sprechstunden und Nach- 
untersuchungen wieder eine Zunahme. 

Wie bekannt, steht uns die Polizeibehörde hierbei thatkräftig zur 
Seite, indem sie erforderlichen Falles zwangsweise Reinigung im Hospital 
vornehmen läfst. 

Eine weitere hygienische Einrichtung ist durch die Schulärzte hier 
getroffen worden, indem an sämtlichen Schulen kleine Verbandkästen 
angeschafft und eine grÖfsere Anzahl Lehrer und Lehrerinnen in einem 
Samariterkurs in der ersten sachgemäfsen Hilfeleistung unterrichtet wurden, 

Li allen Schulen und fast in jedem Semester hat sich diese Ein- 
richtung des öfteren schon bewährt. 

Erwähnen mufs ich hier auch die Anschaffung von gröfseren Des- 
infektionskasten für Schwefelkohlenstoff zur eventuellen Desinfektion von 
Wäsche, Kopftüchern — und der Schulutensilien! 

Wenn ich noch hinzufüge, dafs wir nach unserer Dienstordnung auf 
Antrag des Schulleiters auch einzelne Kinder in ihrer Wohnung zu 
untersuchen haben, um festzustellen, ob andauernde Schulversäumnisse 
gerechtfertigt sind, — falls kein anderweitiges ärztliches Zeugnis bei- 
gebracht wird; dafs wir femer gemeinsame kollegiale Besprechungen, 
eventuell unter Zuziehung des Kreisphysikus, abhalten, dafs wir geeig- 
neten Falles in den Lehrerversammlungen Vorträge über Schulhygiene 
halten, — dafs es zu unseren Obliegenheiten gehört, am Schlüsse des 
Schuljahres schriftlichen Bericht zu erstatten, — so dürfte, hiermit der 
ärztliche Teil unserer Thätigkeit erschöpft sein. 

Vergessen darf ich dabei nicht der Teilnahme eines Schularztes mit 
Stimmberechtigung an den. Sitzungen der städtischen Schuldeputation, 
sowie der im Auftrage der letzteren übernommenen Verpflichtung zur 
Begutachtung des Gesundheitszustandes neu anzustellender Lehrer und 
Lehrerinnen und event. längerer Urlaubsgesuche und Pensionierungen. 

M. H.l Mit dem zweiten Hauptteil unserer Thätigkeit, mit der 
hygienischen Überwachung der zur Schule gehörenden Bäumlichkeiten 
und Einrichtungen, kann ich mich kurz fassen, da Sie durch den dritten 
Referenten, Herrn Baurat Genzmer, über unsere Einrichtungen, über 
die Prinzipien und Art der praktischen Ausführungen in hygienisch- 
technischer Hinsicht nachher belehrt werden. 

Ich habe oben schon kurz erwähnt, dafs wir während unserer 
Sprechstunden, d. h. bei den Klassenbesuchen auf die Wirksamkeit und 
richtige Handhabung von Heizung, Beleuchtung, Ventilation und Rein- 
lichkeit zu achten haben; dabei giebt es immer ab und zu Gelegenheit 
zu Ausstellungen imd Verbesserungen. 

Nach § 6 unserer D.-O. haben wir aber auch mindestens zweimal 
im Jahre eine gröfsere Revision des gesamten Schulgebäudes vorzuneh- 
meji; aufserdem beteiligen wir uns an der von einer Magistratskommission 
unter Leitung des städtischen Bauamtes einmal jährlich abzuhaltenden 
Gesamtrevisipn bezüglich gröfserer baulicher Veränderungen. 



Terhandl. d. Ü. Jahresversaminlung' d. Allgem. Deutsch. Vereines' etc. 157 

Unsere Ausstellungen und Wünsche in bautechnischen Angelegen^ 
heiten schreiben wir in ein in der Schule aufliegendes „Hygiene buch" 
ein, von .wo sie durch den Eektor der zuständigen Baubehörde weiter 
gemeldet werden. 

Da. durch sofortige mündliche Bücksprache und Meinungsaustausch 
vieles sich. rascher erledigen läfst als durch lange umständliche Berichte 
und den Instanzenweg durch die Bureaus, so müssen wir die Forderung 
^smarchs, dafs diese hygienischen Revisionen mit dem Baubeamten 
gemeinsam vorzunehmen sind, als durchaus berechtigt anerkennen; 

Eine Mitwirkung, d. h. ein Kecht zur hygienischen Eontrolle des 
Unterrichts selbst steht uns hier nicht zu; dafs wir aber die allseits 
erhobene Forderung nach einet solchen ärztlichen Kontrolle ' ebenfalls für 
berechtigt halten und sie imterstützen, sei nur nebenbei bemerkt. 

Trotz der vorgerückten Zeit gestatten Sie mir noch ein Wort über 
unsere dienstliche Stellung der Schule, den städtischen imd. staatlichen 
Behörden gegenüber, § 7 der D.-O. sagt, dafs wir „kein Recht haben 
zu selbständigen Anweisungen an Schulleiter,. Lehrer, Pedellen und 
sonstige Schulbedienstete". 

\ M. H.I Das klingt schärfer als es in Wirklichkeit ist. Wenn wir 
unsere Anweisungen in die Form eines guten Rates, eines Vorschlages 
kleiden, so ist man uns stets in der bereitwilligsten Weise entgegen- 
gekommen. 

Begründete Beschwerden sind in dieser Hinsicht meines Wissens 
nicht- vorgekommen; ein im vorjährigen Berichte ausgesprochener Tadel 
gegen die Lehrer einer hiesigen Schule wegen Agitation gegen das 
Schulbad beruhte gröfstenteils auf irrtümlichen Zahlenangaben und war 
demnach in seiner Schärfe nicht berechtigt, — was ich auch an dieser 
Stelle anerkennen muTs. 

Im Gegenteil muls ich hier hervorheben, wie. sehr wir Schulärzte 
fast in jedem Zweige unserer Thätigkeit auf die sachgemäfse Mitwirkung 
und Unterstützung durch die Lehrer angewiesen sind. Eine bessere 
Schulung in Hygiene auf den Lehrerbildungsanstalten Wird der gesamten 
Schulhygiene nur. Vorteil bringen! 

Eine Zwischenbehörde zwischen Schularzt und dem Magistrat bil^ 
dete die bis jetzt hier bestehende „Schulhygienekommission", be- 
stehend aus 2 Mitgliedern des Magistrats, 2 Stadtverordneten, dem 
städtischen . Schulinspektor und einem. Schularzte, deren Sitzungen aber 
auch der Regierungsmedizinalrat, der Kreisphysikus und erforderlichen 
Falles sämtliche Schulärzte beiwohnten. . 

Sie prüft die schulärztlichen Angelegenheiten, Anträge, Vorschläge etc. 
und übermittelt sie dem Magistrat, bezw. besorgt deren Ausführung; mit 
der Einsetzung der neuen „Gesundheitskommissionen" werden wohl auch 
diese schulhygienischen Aufgaben auf sie übergehen. 

Ob es sich empfiehlt, unserer Stellung einen definitiven amtlichen 
Charakter zuzulegen, möchte ich hier nicht weiter; ausführen; betonen 
will ich nur, dafs wir bei den polizeilichen wie Regierungs- Behörden 
nicht. nur wohlwollendes Entgegenkommen, sondern auch wirksame Unter- 
stützung gefuaden haben. 

Das kollegiale Verhältnis unter den Schulärzten beruht auf dem 



158 Yerhandl. d. 11. Jahresyenammltuig d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Prinzip der Gleichberechtigung, wenn auch eine gewisse Unterordnung 
Unter eine Leitung gefordert werden mufs. Dafs hierzu nicht das amt- 
liche Kommando eines Ej-eisarztes nötig ist, dafs vielmehr jedem Schul- 
arzte Gelegenheit zu freier, selbständiger Initiative gegeben werden mufs 
— diese Forderung unseres verehrten Vorsitzenden im I. Hefte der 
„Gesunden Jugend ^^ wird jeder nur unterschreiben können. 

M. H.! Ich bin am Schlüsse! Ich habe versucht, Ihnen ein Bild 
unserer schulärztlichen Thätigkeit zu geben; möge es mir gelungen sein, 
und mögen Sie die Überzeugung gewonnen haben, dafs auch die Wies- 
badener Schulärzte die hohe Aufgabe einer rationellen Schulgesundheits- 
pflege erkannt haben und bestrebt sind, nach ihrem besten Wissen und 
Können an deren ErflÜlung mitzuarbeiten! 

* 

Als dritter Referent ergriflf Herr Baurat Genzmer-Wiesbaden 
als Schultechniker und Schulbaumeister das Wort za folgendem 
Vortrag (im Saal sind Grundrisse und andere Zeichnungen eraiger 
Wiesbadener Schulen ausgestellt): 

Im Anschlufs an die Ausführungen meiner verehrten Vorredner, des 
Herrn Stadtschulinspektors Binkel und des Herrn Stadtschularztes 
Dr. Cuntz, fällt mir die Aufgabe zu, die hygienischen Einrichtungen 
der Wiesbadener städtischen Schulen in baulicher Beziehung zu schildern. 

Den Bestrebungen in Bezug auf gesundheitlich gut eingerichtete 
Schulhäuser ist namentlich in neuerer Zeit erhöhte Aufmerksamkeit zu- 
gewendet worden. Es erscheint deshalb vorteilhaft und im Interesse der 
Kürze der mir zugemessenen Zeit notwendig, dafs ich mich lediglich auf 
die Mitteilung der betreffenden Verhältnisse einiger neuerer Schulgebäude 
beschränke. 

Ich habe drei von mir erbaute Schulgebäude herausgegriffen: 

1) die Blücherschule, 

2) die höhere Mädchenschule und 

3) die Gutenbergschule. 

Die erstgenannte, eine 24-klasssige Volksschule, wurde in den 
Jahren 1896/97 erbaut. Die höhere Mädchenschule, die ich als Beispiel 
einer höheren Schule vorführen möchte, ist in den Jahren 1898/1900 
erbaut worden. Die Gutenbergschule ist eine doppelte 16 -klassiga Volks- 
schule, von der die zunächst niu* zu errichtende Hälfte sich noch in der 
Ausführung befindet. 

Die hier ausgestellten Pläne geben die wesentlichsten fär uns in 
Betracht kommenden Gebäudeteile; an der Hand dieser Pläne werde ich 
mir gestatten, auf die Einzelheiten einzugehen. 

Als erste Forderung in gesundheitlicher Beziehung kommt die Lage 
des Schulhauses zur Himmelsrichtung in Frage. Die Ansichten über 
die vorteilhafteste Lage, d. h. die Bichtung der Fensterseite der Klassen- 
räume, gehen noch vielfach auseinander. Viele bevorzugen Nordlage für 
die Schulzimmer wegen der Kühle im Sommer und des gleichmäfsigen 
Lichtes; andere wollen die gesundheitfördemden Strahlen der Sonne 
nicht entbehren. Für Bäume, bei denen es auf gute gleichmälsige 
Belichtung ankommt, wie z. B. bei Zeichensälen, mufs die Nordlage 



Verhandl. d, ü. Jahresveraammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 159 

als beste und allein richtige anerkannt werden. Der wenigen heifsen 
Sonunertage wegen, die meistens in die Sommerferien fallen, möchte 
ich im übrigen aber die wohlthuenden Eigenschaften der Sonne nicht 
missen. Die volle Süd- und namentlich die Südwestlage, letztere wegen 
des tiefen Standes der heifsen Nachmittagsonne, sind möglichst zu ver- 
meiden. In den meisten Fällen wird aber hierbei nicht der freie Wille 
allein mafsgebend sein können, sondern die Lage und Gestalt des ver- 
fügbaren Platzes werden Beschränkungen auferlegen. 

Für die Blücherseh ule ist eine Lage gewählt worden, bei der 
die bei weitem • gröfste Zahl der Klassen nach Osten und nur einige nach 
Westen gerichtet sind. Bei der Gutenb ergschule liegen einige Klassen 
nach Norden, die gröfste Zahl nach Osten und einige nach * Süden. 
Für diese an der Peripherie der Stadt auf freien unbeschränkten 
Grundstacken errichteten Schulhäuser konnte Gestalt des Gebäudes und 
Lage der Bäume beliebig gewählt werden, während die in der Stadt- 
mitte, am Schlofsplatz, erbaute höhere Mädchenschule sich den bereits 
vorhandenen Verhältnissen anpassen und einfügen mufste. Trotzdem ist 
es auch hier gelungen,, die gröfste Zahl der Schulräume nach Nordost 
und Südost, einige nach der immerhin noch guten Lage Nordwest zu 
richten, während nur wenige nach der nicht günstigen Südwestseite ge- 
richtet angelegt werden miifsten. 

Die Gröfse der Sohulräume richtet sich nach der Anzahl der in 
einer Klasse zu vereinigenden Schüler nnd nach dem für jeden Schüler 
erforderlichen Flächen- bezw. Bauminhalt. Pädagogische Gründe und 
Bücksicht auf entsprechende Luffcemeuerung haben dazu geführt, die 
Klasse in Volksschulen in der Begel mit nicht mehr wie etwa 
jßO Schülern, in höheren Schulen und zwar in Unterklassen mit nicht 
mehr wie 50, in Mittelklassen mit nicht mehr wie 40, in Oberklassen 
mit nicht mehr wie 30 Schülern zu besetzen. Bechnet man, wie es 
üblich ist, fiir jeden Schüler 1,0 bis 1,2 qm, so ergiebt sich hieraus die 
Gröfse der Zimmerfläche. Bei einer durchschnittlichen Zimmerhöhe von 
etwa 4 bis 4,5 m ist für jeden Schüler ein Luftraum von etwa 4 bis 
4,Ö cbm vorhanden. 

In unseren Volks-Schulgebäuden, deren Klassen, für 60 Schüler be- 
rechnet, im Durchschnitt mit 56 Kindern besetzt sind, verfügen wir bei 
einem Flächeninhalt von etwa 60 qm und einer durchschnittlichen Höhe 
von 4 bis 4,5 m über den angegebenen Kubikraum Luft für jeden 
Schüler. 

Die Schulhöfe, die dazu dienen, den Kindern während der Zwischen- 
pausen Gelegenheit zu geben, sich in frischer Luft zu bewegen, müssen 
durch Baiunpflanzung beschattet, möglichst staubfrei und so bemessen 
sein, dafs die Gesamtzahl der in der betr. Schule vorhandenen Kinder 
sich gleichzeitig dort tummeln kann, Verordnungen geben 2,5 bis 3 qm 
Flächenraum fiir jeden Schüler an. 

Bei der Blücherschule, die 1344 Schüler fafst, sind für 744 der- 

2339 
selben 2339 qm abgeschlossener Hofraum, also -«jj- = 3,14 qm für einen 

Schüler vorhanden; die übrigen 600 Schüler bewegen sich auf dem freien 
Blücherplatz. Bei der Gutenbergschule ist für 960 Schüler ein mehrere 



160 Verhandl. d. II. Jahresversammliing d. Allgem. Deutsch. Veröines etc.' 

1000 qm grofser Platz yorhanden^ über dessen AbMedigung Beschlüsse 
noch nicht gefafst' sind. Mit weniger hat sich die höhere Mädchen- 
schule in Bücksicht auf die bereits erwähnten Verhältnisse des Bauplatzes 
abfinden müssen. Für etwa 650 Schülerinnen sind 1120 qm, also 
etwa 1,7 qm für jede Schülerin, yerfQgbar. Bei.Zimahme der Schülerzahl 
kann ein Teil' des Schlofsplatzes zur Benutzung herangezogen werden. 

Bei der Oröfsenbemessimg der Schulzimmer ist bereits erwähnt 
worden, dafs für jeden Schüler etwa 4 cbm Bauminhalt vorhanden sein 
sollte. Dieser Luftraum genügt, um jedem Schüler, die für ihn er- 
forderliche Luftmenge während einer Stimde zu gewähren, nach deren 
Verlauf durch öffnen der Thüren und Fenster eine völlige Erneuerung 
der Luft des Klassenraumes angenommen werden kann. 

Der Orad der Luftverderbnis ist bis jetzt noch nicht wissenschaft- 
lich festgestellt worden. Es fehlt für die Theorie der „Selbstgifte", die 
sich aus den menschlichen Ausscheidimgen und Ausdünstungen entwickeln, 
noch an festen Grundlagen. Man begnügt sich deshalb, die Verunreinigung 
der Luft nach dem Verhältnis der Beimischimg von Kohlensäure zu be* 
urteilen. Nach Pettenkofer soll diese Beimischung 0,8 %q nicht über-, 
steigen, wobei 0,4 ^g als natürliche Beimischung vorausgesetzt ist. Die 
Ausatmung von Kohlensäure nimmt mit dem Alter der Menschen erheb* 
lieh zu; ein 10 jähriges Kind bedarf nach Pettenkofer stündlich einer. 
Luftmenge von 17,1 cbm und ein 16 jähriges einer solchen von 29 cbm. 
unter Zugrundelegung der oben entwickelten Baummafse muTs also eine^ 
mehrfache Erneuerung der Luft des Schulzimmers in jeder Stunde er- 
folgen. Man ist jedoch nicht so weit gegangen, wie sich theoretisch 
nach der Pettenkofer'schen Begel ergiebt, sondern hat sich mit einem 
etwa dreimaligen stündlichen Luftwechsel begnügt. Hiemach werden in^ 
den weitaus meisten Fällen die künstlichen Belüftungseinrichtungen an- 
gelegt imd man darf wohl annehmen, dafs eine weitergehende Luft- 
emeuerung thatsächlich infolge der Luftdurchlässigkeit von Wänden, 
Fenstern und Thüren vor sich geht. Bei nicht zu kaltem Wetter wird 
man wohl auch, stets Teile der Fenster etwas offien halten. Hierzu em- 
pfiehlt sich der um seine untere wagerechte Kiinte drehbare Oberlichtflügel.. 

Auch bei unseren Schulen ist mit diesen Verhältnissen gerechnet 
und es sind die, Einrichtungen hiemach getroffen worden. 

Betreffis der Versorgung der ünterrichtsräume mit Licht beziehe ich 
mich zunächst auf das bezüglich der Stellung des Schulhausea zur 
Himmelsrichtung Ausgeführte. Das Tageslicht soll dem Schulzinamer stets, 
nur von einer Seite zugeführt werden. Die Fenster sind hoch hinauf, 
bis unter die Decke zu führen. Um den der Fensterwand am fernsten 
Sitzenden ein gutes Licht zu geben, wird die Breite (oder Tiefe) des 
Baumes im wesentlichen von seiner Höhe abhängig gemacht werden müssen. 
Man kommt bei der schon früher erwähnten Höhe der Bäume von 
4 bis 4,5 m und einem Lichteinfallwinkel von 30^ auf eine Tiefe ypn 
6,5 bis 7,5 m. Es empfiehlt sich, die Fensterbrüstungen etwa 1 bis 1,2 m 
hoch anzulegen, um nicht zu grofse Fensterhöhen zu erhalten und den 
Kindern in sitzender Stellung den Ausblick auf die Strafse zu hindern. 
Im allgemeinen gilt die Begel, dafs die Fensterfläche ^5 der Grundfläche 
des ünterrichtsraimies betragen soll. 



Verhandl. d. II. Jatiresvei^aiiimlnng' d. Allgem. Deutscti. Vereines etc. Ißl 

Für die Versorgung mit Luft und Licht eines Schulgebäudes ist die 
Anordnung der Gänge, die zu den Schulräumen fahren, von wesentlicher 
Bedeutung. Der beiderseitig mit Schulklassen belegte Gang ist weniger 
vorteilhaft wie der mit einer Seite an der Aufsenwand liegende. Diese 
letztere Anordnung führt aber zu gröfserer Ausdehnung des Schulhauses 
und damit zu gröfseren Kosten. 

Wir haben deshalb neuerdings hier auf eine zwischen beiden An- 
ordnungen vermittelnde Lösung Bedacht genommen. Bei der Blücher- 
schule ist der Korridor nur an beiden Enden, wo er infolge des Fensters 
auf der Kopfseite gut beleuchtet ist, beiderseitig mit Schulklassen belegt. 
Bei der höheren Mädchenschule ist der eine Flügel in gleicher Weise 
ausgebildet, während der andere in Eücksicht auf Raumersparnis beider- 
seitig mit Schulzimmem belegt wurde. Bei der weniger ausgedehnten 
Gutenbergschule befinden sich die Schulräume ausschliefslich auf einer 
Seite, während — wie im mittleren Teile der Blücherschule — auf der 
anderen Seite des Korridors die Kleiderablagen, Treppenhäuser und Be- 
dürfnisanstalten liegen. 

Hier möchte ich einschalten, dafs die Ablagen für die Überkleider 
auTserhalb der ünterrichtsräume angeordnet sind. Auch in den älteren 
Schulgebäuden sind die Einrichtungen dafür, die Hut- und Mantelhaken, 
nachträglich auf die Korridore verlegt worden. Nichts macht die Luft 
in geschlossenen Bäumen rascher ungeniefsbar, wie die Ansammlung von 
Kleidern, namentlich wenn diese durchnäfst sind. 

Für die künstliche Erwärmung der Schulräume kommt neuer- 
dings fast ausschliefslich Sammelheizung in Frage. Unter den vielen 
Systemen dieser Heizart hat sich die Niederdruckdampfheizung wohl das 
gröfste Feld erobert. An Annehmlichkeit wird sie zwar von der Warm- 
wasserheizung übertroffen, diese ist aber sehr teuer. Auch die Gasheizung 
hat viele Vorzüge. Wir sind aber hier über einige kleinere Versuche mit 
letzterer noch nicht hinausgekommen. 

Li den Gebäuden, deren Einrichtungen ich Ihnen vorführe, ist Nieder- 
druckdampfheizung angewendet worden bezw. wird dieselbe (in der Guten- 
bergschule) angewendet werden. Die Bedienung der in den Klassen- 
räumen aufgestellten Heizkörper erfolgt von aufsen, d. h. von den Korri- 
doren aus Zu diesem Zwecke befindet sich, in der Regel neben der 
Klassenthür, ein vom Korridor sichtbares Thermometer. Der die Heizung 
bedienende Mann hat. sich auf Rundgängen durch das Haus von der 
Wärme in den Unterrichtsräumen zu überzeugen und sodann nach Be- 
darf durch Stellung der Ventile an den Heizkörpern, was ebenfalls von 
aufsen möglich ist, dem betr. Raum mehr oder weniger Dampf — also 
Wärme — zuzuleiten. 

Jedem Heizkörper wird frische Luft, die von aufsen entnommen 
wird, mittelst Kanälen zugeführt und zwar, wie erwähnt, in dem Mafse, 
dafs eine dreimalige Luftemeuerung stündlich erfolgt. Diese fiische Luft 
erwärmt sich am Heizkörper und kommt dann erst in den Schulsaal. 
Li Verbindung mit den Abluftkanälen, die wir bei unseren Bauten im 
Dachboden endigen lassen, sehen Sie hierin zugleich die Einrichtungen 
för die bereits erwähnte Luftemeuerung in den Schulsälen. 

Wenden wir uns nun zu den übrigen Einzeleinrichtungen der Schul- 

Gesunde Jugend. I. 8/4. 11 



162 Verhandl. d. 11. JaHTesyersanmilung d. Allgem. Deutsch. Yereines etc. 

klasse, so sei zuliächst auf die Lage der Thür hingewiesen. Sie soll für 
Lehrer und Schüler „im Gesicht" liegen. Hieraus ergiebt sich ihre Lage 
gegenüber der Fensterwand, einmündend auf den Gang zwischen Lehrer- 
und Schülersitzen. Diese Forderung ist keineswegs zu unterschätzen. 
Hervorragende Pädagogen haben mir gesagt, dafs die Schüler in Klassen, 
in denen die Thür im Bücken der Schüler liegt, viel unaufiuerksamer 
sind als solche, wo dies nicht der Fall ist. Erstere seien nervöser und 
insofern ist auch die richtige Lage der Thür, abgesehen von dem 
Nutzen in Bezug auf leichte Entleerung des Baumes, eine hygienische 
Mafsregel. 

Ein groDses und wichtiges Kapitel ist . femer die Schulbankfrage. 
Der Schülersitz soll der Körpergröfse thimlichst angepaüst sein. Er 
soll femer den Schüler möglichst in diejenige Lage bringen, die ihm bei 
sitzender Haltung, insbesondere auch beim Lesen und Schreiben, gesund- 
heitlich vorteilhaft ist. Man hat erkannt, dafs es hierfür zweckmäfsig 
ist, wenn die vordere Tischkante die vordere Bankkante etwas übeerdckt 
oder — bei gröfseren Schülern — beide wenigstens in einer senkrechten 
Ebene liegen. Andererseits muTs der Schüler auch aufrecht stehen können. 
Da beides ohne Weiteres unvereinbar ist, hat man die Sitze bewegüch 
eingerichtet. Diese Beweglichkeit der Sitze hat ihre grofse Schattenseiten. 
Ungenügende Dauerhaftigkeit, Störung durch Geräusch etc. sind die im 
Gefolge sich einstellenden Mängel Man ist deshalb zu zweisitzigen Sub- 
sellien mit unbeweglichem Sitz übergegangen, bei denen die Schüler seit- 
lich heraustreten, sobald sie aufzustehen haben. 

Auch in unseren Schulen bilden diese zweisitzigen festen Bänke 
jetzt die BegeL 

Die Wandtafeln sollen tieüschwarz sein und dürfen keinen Glanz 
haben, um die Augen der Schüler nicht zu schädigen. 

Jeder Baum, wenn er mit seinen Fenstern nicht nach Norden ge- 
legen ist, bekommt zu bestimmten Zeiten unmittelbares Sonnenlicht. Dies 
muXs abgehalten werden können. Die vollkommenste Einrichtung hierfür 
ist unstreitig der äufsere haubenartige Vorhang, die sog. Marquise. 
Sie stellt sich, da sie dem Wind und dem Wetter ausgesetzt ist, aber 
so theuer, dafs man von ihrer Anwendung fast überall abgesehen hat 
und sich mit inneren Zugvorhängen begnügt. Diese sollen im Literesse 
der Augen der Kinder aus einem nicht ganz weiTsen, auch nicht zu 
dichten, einfarbigen — nicht gestreiften — dauerhaften Stoff bestehen. 

Betreffs der Lage der Bedürfnisanstalten sei erwähnt, dafs in Orten, 
wo keine Schwemmkanalisation vorhanden ist, die Unterbringung der 
ersteren in einem besonderen Gebäude auf dem Hofe, das mit dem Schul- 
haus durch gedeckte Gänge verbunden ist, als zweckmäfsig bezeichnet 
werden mufs. 

Wir haben bei unseren neuen Schulgebäuden, da wir über eine gute 
SchwemmkanaHsation verfügen, die Aborte in besonderen Anbauten in 
den Geschossen des Schulhauses imtergebracht. Die anfänglich hieraus 
zuweilen erhobenen Bedenken sind geschwunden, nachdem die Erfahrung 
gelehrt hat, dafs Mifsstände nicht entstanden sind. Die erste derartige 
Anlage erhielt die Blücherschule. Der hier gemachte Versuch hat eine 
weitere Ausbildung bei der höheren Mädchenschule und ferner bei der 



. Verhandl. d. Ü. Jahresversaminlang d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 163 

Gutenbergsclmle erfahren. Bei ersterer ist der betreffende Anbau auf die 
Nordost -Ecke verlegt und durch eiinen abgeschlossenen Korridorteil zu 
gänglich und bei letzterer ist ein offener loggienartiger Vorraum geschaffen 
worden. Diese Anordnungen geben volle Gewähr dafür, dafs jede Gefahr, 
sogar die Übertragung belästigenden Geruches in die übrigen Räume des 
Hauses ausgeschlossen ist. Ein Vorteil dieser Lage der Aborte ist aber 
jedenfalls noch darin zu erblicken, dafs die an die Lage der Aborte im 
durchwärmten Privathause gewöhnten Kinder vor Erkältungen, die bei der 
Lage der Bedüifnisanstalten aufserhalb des Schulgebäudes leicht eintreten, 
geschützt sind. 

Eine weitere hygienisch bedeutungsvolle Einrichtung sind die Schul- 
brausebäder. Eine einigermafsen eingehende Besprechung derselben würde 
aber allein die Zeit erfordern, die mir heute hier im ganzen zur Ver- 
fügung steht. Ich beschränke mich deshalb darauf, mitzuteilen, dafs wir 
nicht nur in den neueren Schulgebäuden solche Bäder angelegt haben, 
eingebaut worden sind. Die betreffenden Anordnungen in der Blücher- 
und Gutenberg-Schule sind durch die ausgestellten Pläne veranschaulicht. 

Auch die Einrichtung von Räumen für die Verabreichung warmen 
Frühstückes an unbemittelte Schüler kann ich nur kurz erwähnen. 

Es erübrigt nun zum Schlufs noch, ein kurzes Wort auf die bau- 
lichen Einrichtungen zu verwenden, die dazu dienen, das Schulhaus rein 
zu halten. In der Reinlichkeit liegt die beste Gewähr für gesundheitliche Be- 
schaffenheit der Schulräume. Durch Anwendung zweckmäfsiger Konstruktion , 
geeigneter Formen und entsprechender Farbe kann die Reinlichkeit aufser- 
ordentlich gefordert werden, während unzweckmäfsige Konstruktion, un- 
geeignete Form und Farbe die Reinlichkeit geradezu hindern können. 

Zunächst ist für entsprechende Einrichtungen zum gründlichen 
Reinigen des Schuhwerks beim Eintritt in das Gebäude zu sorgen. 
Die Korridore werden am besten mit einem steinernen Fufsboden 
sondern dafs solche nachträglich auch in einer Reihe älterer Schulgebäude 
(Thonplättchen, Terrazzo) oder Linoleum versehen. Die Fufsboden in 
den Schulklassen können ebenfalls mit Linoleum oder aber mit Holz be- 
legt werden. In letzterem Falle sind sie gut im ölanstrich zu erhalten, 
um Staubansammlung zu hindern. 

In unseren Schulen werden die hölzernen Fufsboden in den Turn- 
hallen und Korridoren jedes Jahr, in den Schulklassen alle zwei Jahre 
geölt. Mit der Anwendung der staubmindernden öle sind bisher nur 
einige Versuche gemacht worden. 

Die Wände werden auf etwa 1,5 m Höhe mit einem dauerhaften 
Zementputz versehen, um sie vor Beschädigung zu schützen. Hierin 
liegt eine hygienische Mafsregel, denn die beschädigten Stellen (Löcher etc ) 
sind die Herde zur Ansammlung von Schmutz und Ungeziefer. Diese 
mit Zement geputzten Sockelflächen werden mit Ölfarbe gestrichen, um 
sie leicht reinigen zu können. Weniger empfehlenswert sind die Holz- 
vertäfelungen (Paneele); sie sind teuer und bieten dem Ungeziefer Unter- 
schlupf. Die Thürleibungen (Thürumrahmungen) werden zweckmäfsig 
mit Verblendziegelsteinen bekleidet. In der höheren Mädchenschule haben 
wir glasierte Steine angewendet. Diese Stellen müssen, da sie von den 

11* 



164 VerhÄndl. d. II. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Händen der Kinder am meisten berührt werden, auch am leichtesten zu 
reinigen sein. 

Betreffs der Anwendung architektonischer und der Wahl konstruk- 
tiver Formen bemerke ich, daXs namentlich in den ünterrichtsräumen 
Kanten und Profilierungen, die leicht beschädigt werden können und 
schlechter zu reinigen sind, vermieden werden sollen. Reichere Stuck- 
verzierungen eignen sich nicht für Schulen, empfehlenswert erscheint 
vielmehr eine farbige Dekoration, soweit Dekoration überhaupt anzu- 
wenden ist. / 

Die Schulsäle und namentlich auch die Aborte sind mit hellen 
Farben anzustreichen, um erstens das Licht, die Helligkeit, des Baumes 
nicht zu beeinträchtigen, namentlich aber auch die gründliche Reinigung 
kontrolieren zu können. Die Anwendung dimkler Farben mit der Be^- 
gründung, sie schmutzen nicht so, ist verwerflich, denn thatsächlich 
schmutzen sie gerade so wie helle, man sieht den Schmutz nur nicht 
und gerade hieriri liegt eine Gefahr, die vermieden werden mufs. 

Aus diesen kurzen Mitteilimgen geht wohl hervor, dafs auch der 
Bautechnik ein nicht unwesentlicher Teil an den Aufgaben der Schulhygiene 
zufällt. Dem Techniker obliegt es, die für die Jugenderziehung erforderlichen 
Gebäude zu errichten, aber dies soll stets nur im engsten Einvernehmen 
mit dem Lehrer unter Berücksichtigimg der Erfahrungen desselben ge- 
schehen. Techniker und Lehrer können aber wiederum den Rat des 
Arztes nicht entbehren. Des letzteren Sache ist es, zu beobachten imd 
nachzuforschen, ob die getroffenen Einrichtungen der körperlichen und 
geistigen Entwickelung des Kindes nicht schädlich sind. Seinen auf 
diese Beobachtung gestützten Vorschlägen und Anregungen wird zu folgen 
sein. Um es kurz zusammenzufassen, erachte ich in jedem Falle ein ver- 
ständiges Zusammenwirken zwischen dem Schulmann, dem Arzt und dem 
Techniker für notwendig, um Schulhäuser und deren Euirichtimg in 
einer der Anschauung unserer Zeit entsprechenden ViTeise herzustellen im. 
Literesse einer „gesunden Jugend". 

Zum Schlufs seiner Ausführungen ladet Herr Baumeister 
Genzmer, unter Hinweis auf das Programm, die Teilnehmer der Ver- 
sammlung zu einer Besichtigung der höheren Mädchenschule und der 
Blücherschule am Sonnabend Vormittag lOYg bezw. lOy^ Uhr ein. 

Die Versammlung war den Vorträgen mit vielem Literesse gefolgt 
und zollte namentlich am Schlufs derselben den Herren Referenten 
lebhaften Beifall. 

Den Vorsitz hat Herr Professor Dr. Griesbach wieder über- 
nommen; er richtet an die Versammlung folgende Worte: 

Verehrte Anwesende! Wir müssen uns nun entscheiden, ob wir in 
eine Besprechung der gehaltenen Vorträge eintreten oder ob wir sofort 
die unter Punkt 2 der Tagesordnung angemeldeten Vorträge hören 
wollen. Ich glaube nicht, dafs wir heute zu einem erfreulichen Endziel 
auf Grund der drei Vorträge kommen werden, da ja ein jeder derselben 
so äufserst interessant war und so viele offenstehende Fragen darlegte, 
dafs eiae Debatte hierüber zu viel Zeit beanspruchen würde.' 



Verhandl. d. 11. Jahresversamnilung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 1 65 

Die Versammlung stimmt den Torstehenden Ausführungen zu 
und verzichtet auf eine Debatte. 

Herr Oberrealschuldirektor Dr. H. Schotten-Halle bringt hier- 
auf den telegraphischen Dank des Herrn Generalkonsuls Freiherm 
E. vonLade auf Monrepos in Geisenheim aus Anlafs seiner Ernennung 
zum Ehrenmitglied des Allgemeinen Deutschen Vereines für Schul- 
gesundheitspflege zur Verlesung. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung, die „Einführung einer ein- 
heitlichen Schreib- und Druckschrift^^, erteilt der Vorsitzende 
Herrn Rektor Müller -Wiesbaden das Wort zu folgendem Vortrag. 

Hochansehnliehe Versammlung ! 

„Sprache, schön und wunderbar, 
Ach, wie klingest du so klar!" 

so singt Max von Schenkendorf in seiner Begeisterung für den aus dem 

Innersten der Seele hervorquellenden Klang, der sich ebensowohl zur 

„Heldensprache" wie zum „Liebesworte" zu verkörpern vermag. Gewifs 

sprechen wir es ihm alle aus vollem Herzen nach und rufen mit 

Eückert aus: 

„0 Wunder sondergleichen, wie im Laut 
Sich der Gedanke selbst das Haus gebaut! 
Nicht Willkür schuf das Wort, sonst war es hohl, 
Es ist des Geists notwendiges Symbol." 

Wir können auch dem Dichter nicht widersprechen, wenn er fortfährt: 

„0 zweites Wunder, wie dem Blick die Schrift 
Den Laut versinnlicht, der das Ohr nur trifft! 
Und forschst du weiter, ist der Buchstab nur 
Des flüssigen Lautes feste Elangfigur." 

Fassen wir nun aber diese Klangfiguren ins Auge, m. a. W., prüfen 
wir das Kleid oder richtiger die Kleider unserer Muttersprache, die 
Mannigfaltigkeit der Zeichen für einen Laut, dann will nicht mehr „die 
Liebe überfliefsen in lautem, jubelndem Preise", dann möchten wir eher, 
voll gerechten Zornes, in Glutbuchstaben ein Epigramm schreiben mit 
dem Wunsche, dafs sie die Luxusnummem jener sonderbaren Livrei ver- 
zehrten. 

Müssen sich doch unsere sämtlichen Schüler, die schwächsten nicht 
ausgeschlossen, auf der Schulbank 2 oder, wenn man genau zusieht, gar 
8 Alphabete, 200 Buchstaben, einprägen, nämlich deutsche Schreibschrift 
klein und grofs, deutsche Druckschrift klein und grofs, lateinische Druck- 
schrift klein und grofs und lateinische Schreibschrift klein und grofs. 
Man stellt an ihre Auffassungskraft und an ihr Gedächtnis in dieser 
Beziehung doppelt so hohe Anforderungen als an die Kinder der andern 
Kulturvölker, die sich sämtlich mit einem Alphabet begnügen. 

Da drängen sich uns denn die Fragen auf: Spielt sich vielleicht in 
den Köpfen deutscher Kinder der Lemprozefs rascher und leichter ab? 
Oder verfügen sie vielleicht ausnahmsweise über eine solche Fülle der 
Gedanken, dafs ein Alphabet zur Fassung derselben nicht ausreichte? 
Wer wollte diese Fragen bejahen? Wer kann einen vernünftigen Grund 



166 Verhandl. d. II. Jahresvergaminliing d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 

ftir jene Gewohnheit angeben, die längst als unberechtigte Unsitte ge- 
geifselt worden ist? Darf aber die Schule Zeit und Kraft ftir Nutzloses, 
Überflüssiges einsetzen? 

Aber, höre ich einwenden, die Volksschule ist ja bisher mit den 
beiden Alphabeten fertig geworden und wird es gewifs auch fernerhin! 
Darauf antwortet der Schulmann: Allerdings sind wir damit zustande 
gekommen, doch fragt mich nur nicht wie! 

Ohne Zweifel trägt die Notwendigkeit, so viele Lautzeichen einzu- 
prägen, viel dazu bei, dafs auch heute noch der Vorwurf nicht ganz 
unberechtigt erscheint, den unser Altmeister Pestalozzi vor 100 Jahren 
gegen den ersten Schulunterricht erhob, der schwere Vorwurf, dafs er 
der jungen Menschenknospe die 5 Sinne ohne Mafs verenge und beson- 
ders die allgemeinen ViTerkzeuge der Anschauung, die Augen, auf die 
Buchstaben und die Bücher so einschränke, dafs sie zu Buchstabenaugen 
und die Kinder selbst zu Buchstabenmenschen gemacht würden. 

Beseitigen wir die „Doppelwährung" in unserer Schrift, und es fällt 
eine schwere Versuchung hinweg, die Kleinen von den ersten Schultagen 
an in eine ihnen vollständig fremde Welt zu versetzen und ihnen im 
ewigen Kreislauf vom Schreiben zum Lesen und vom Lesen zum Schreiben 
die Schule zu verleiden. Wir gewinnen dann mehr als bisher die Zeit, 
iu genügendem Mafse die Fäden aufzimehmen, die das Elternhaus in den 
Kleinen gesponnen hat, und die wir sorgfältig pflegen und weiter ent- 
wickeln müssen, wenn unsere Arbeit eine feste Grundlage gewinnen und 
nicht die Schulbildung als etwas Fremdes neben die Lebensbildung treten 
soll. Wir können dann mehr als bisher mit unsem Kleinen „Ausflüge 
in die Welt ihrer Heimat" machen und sie veranlassen, sich in munterem 
Spiele zu tummeln und uns in fröhlichem Plaudern ihre Innenwelt zu 
offenbaren. 

Aber nicht blofs auf den Beginn, sondern auch auf den Fortgang 
des Unterrichts übt der Gebrauch zweier Alphabete der Druck- und 
Schreibschrift einen schädigenden Eiuflufs aus. Zur Erzielung und Er- 
haltung der notwendigen mechanischen Lese- und besonders der Schreib- 
fertigkeit müssen wir bis in die Oberstufe hinauf besondere Übungs- 
stunden ansetzen und erreichen trotzdem kaum, dafs die meisten Kinder 
beim Abgang aus der Schule eine feste, geläufige imd regelmäfsige Hand 
schreiben. 

Sieht man genauer zu, so wimdert man sich gar nicht über diesen 
geringen, zur angewendeten Zeit und Kraft im Mifsverhältnis stehenden 
Erfolg des Schreibunterrichts. Die Ursache liegt darin, dafs wir die 
Schüler nötigen , sich an zwei Schriftformen zu gewöhnen, die in ihrem 
ganzen Wesen grundverschieden sind, ja sich geradezu widersprechen, 
„üben wir die deutsche Schrift," so führte Kollege Klämer vor einigen 
Jahren im ,yAJlgem. Schulblatt" ganz richtig aus, „so verlangen wir 
Ecken und Winkel und tadeln das Streben der Kinder, die Buchstaben 
oben und unten abzurunden; schreiben die Schüler dagegen lateinisch, so 
verbieten wir jede spitze Form. Auf diese Weise reifsen wir gleichsam 
in der einen Stunde wieder ein, was wir in der vorausgegangenen müh- 
sam aufgebaut hatten. Die Schrift imserer Kinder kann nicht besser 



Verhandl. d. ü. JahreBversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 167 

werden, so lange sie sich an zwei so verschiedene Formen gewöhnen 
müssen." 

Sodann darf wohl behauptet werden, dafs wir mit der Beschränkung 
auf ein Alphabet einige hundert Stunden für jedes Kind gewinnen 
würden, eine höchst kostbare Zeit, die dem übrigen Unterrichte zugute 
käme. Wir könnten dann, um nur einiges anzudeuten, im Lesen und 
Schreiben ^früher und in ausgedehnterem Mafse erreichen, dafs mit der 
Form auch der Inhalt der Sprache erfafst würde imd so Uhland's Mah- 
nung noch mehr Beherzigung fände: 

f^Yerpflanz auf uns're Jugend 
Die deutsche Treu und Tugend 
Zugleich mit deutschem m)rtl*' 

Wir kämen dann, zumal wenn auch auf anderen Gebieten eine 
weise Beschränkung auf das .wirklich Notwendige und Bildende einträte 
und wir endlich zu einer Vereinfachimg unserer Orthographie gelangten, 
aus dem die Nerven zerrüttenden Hasten in der Einprägung des Unter- 
richtsstoffes heraus. Eine ruhigere Vertiefung der Schüler in den Unter- 
richtsstoff, eine bessere Assimilation seines geistigen Gehaltes wäre er- 
möglicht, und hiermit erreichten wir zugleich eine intensivere Stärkung 
der kindlichen Geisteskräfte, wie wir andererseits auch die gewonnenen 
Vorstellungen, Anschauungen und Begriffe mit haltbareren Tinten dem 
Geistesleben der Schüler einschrieben. 

Vergegenwärtigen wir uns endlich noch, dafs die in ewiger Ent- 
wicklung begriffene Grofsmacht Leben und die gewaltigen Fortschritte in 
allen Zweigen der Wissenschaft stets neue und erhöhte Anforderungen 
an die Schule stellen, dnnn tritt uns wohl auch klar vors Auge, yne es 
unsere heilige Pflicht ist, auf jeden Luxus in der Schule zu verzichten 
und uns also auf ein Alphabet zu beschränken. 

Damit stehen wir vor der Frage: Für welches Alphabet sollen wir 
uns entscheiden, fiir Fraktur oder Antiqua, die sogenannte deutsche oder 
die lateinische Schrift? 

Ich denke, wenn irgendwo so kann hier die Wahl keine Qual be- 
deuten. Heute, wo wir im Zeichen des Verkehrs stehen, wo ein unab- 
sehbares Netz von Eisenschienen, Kabeln und Dampferlinien sich um den 
Erdball schlingt, wo sich die entferntesten Völker näher gerückt sind, 
wo Handel und Verkehr unzählige Bande zwischen den verschiedenen 
Nationen geknüpft haben, wo also auch die Schrift nicht einem, nein, 
allen Völkern den Schall der Sprache versinnlichen soll, — darf man 
sich bei der Entscheidung für diese oder jene Schrift nicht von persön- 
lichem Belieben, nicht von der Macht der Gewohnheit, sondern allein 
vom praktischen Bedürfiiis, von der Frage nach dem, was „vernünftig 
und gut^' ist, bestimmen lassen. 

Nun ist Thatsache, dafs die Antiqua Weltschrift geworden ist, dafs 
ihrer sich mehr als 250 Millionen ausschlief slich bedienen, dafs sie fast 
auf dem ganzen Erdenrund verstanden wird. Hiefse es da nicht eine 
Scheidewand zwischen den Kulturvölkern und uns aufrichten, wenn wir 
sie aufgäben? 

Könnten wir uns dagegen entschliefsen , auf unsere Eckenschrift zu 
verzichten, so erleichterten wir damit ganz bedeutend das Vordringen 



168 Verhandl. d, n. Jahresversammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

deutscher Sprache und Litteratur zu den anderen Nationen. Zum Be- 
weise dafür, dafs gerade das Fremde imd Unverständliche der Fraktur 
so manchen Ausländer vor dem Erlernen der deutschen Sprache zurück- 
geschreckt hat, möge ein Ausspruch der „Paily News" dienen. Bas Blatt 
schrieb: „Die deutsche Schrift giebt der Versuchung, an der deutschen 
Wissenschaft vorbei zu gehen, eine besondere Stärke. Die Druckbuch- 
staben sind knorrig, verzwickt, spitzig und abstofsend. Jeder hat seine 
Familienähnlichkeit mit irgend einem anderen, und wie viele sind so 
vollgespickt mit kleinen Domen, dafs sie dem Auge wirklich weh thun! 
Das kleine f z. B. ist so zackig wie die Keule eines Südsee -Insulaners, 
das kleine f und f kosten dem Ausländer, der deutsch lernt, manche 
mühselige Eeise durchs Wörterbuch. S3 und SS führen • zu verhängnis- 
vollen Verwechslungen. Natürlich lernt durch beständige Übung der 
Fremde seinen Weg ins Alphabet, aber auf Kosten seiner Zeit, seiner 
Augen und wohl auch seiner guten Laune." 

Thatsache ist femer, dafs alle unsere Kinder, die fremdsprachlichen 
Unterricht treiben, wohl die Fraktur, nicht aber die Antiqua entbehren 
können. 

Weiter weisen die Mitglieder des Vereins für Lateinschrift mit 
vollem Eechte darauf hin, dafs die runden imd daher weiten, lichten 
Formen der Antiqua sich durch gröfsere Deutlichkeit vor den verschnör- 
kelten der Fraktur auszeichnen. Daher schreiben wir die Namen- auf 
den Adressen und Firmenschildern mit lateinischen Lettern, die wir auch 
aus demselben Grunde auf unseren Münzen, Postwertzeichen und auf 
allen geographischen Karten finden. 

Femer ist noch anzuführen, dafs ein Meister auf dem Gebiet der 
Schreibkunst, Sönnecken, die gröfsere Schreibflüchtigkeit der Buchstaben 
der Antiqua bewiesen hat. Durch gründKches Studium mehrerer an- 
erkannter Normalalphabete stellte er fest, dafs das Alphabet der Ecken- 
schrift 107, das der runden Schrift nur 68 Takte zählt, das Verhältnis 
also wie 11:7 ist. Desgleichen hat man dargethan, dafs die Wegelänge 
der Fraktur die der Antiqua um 36 % übersteigt, woraus sich auch für 
erstere ein ganz bedeutendes Plus von Hand- und Augenarbeit ergiebt 
— ein Punkt, der nachher von berufener Seite näher beleuchtet werden 
wird. (Näheres siehe Bolff, Die Doppelwährung in der Schrift.) 

Wenn ich, rückblickend, noch einmal das Angedeutete erwäge, dann 
kann ich nicht anders, ich mufs mich rückhaltslos für den ausschlief s- 
lichen Gebrauch der Antiqua aussprechen. 

Angesichts der erwähnten, längst in weiten Kreisen anerkannten 
Thatsachen läfst sich die Frage nicht mehr unterdrücken, wie es komme, 
dafs unser deutsches Volk, das doch schon seit Jahrzehnten eine Über- 
bürdung seiner Jugend beseufzt, nicht längst zur Einführung einer ein- 
heitlichen Schreib- und Druckschrift geschritten ist. Unsere Verwunderung 
darüber wächst noch, wenn wir hören, dafs bereits vor 16 Jahren ein 
Wiesbadener Schulmann und Schriftsteller, Dr. Fr. W. Frikke, im Bunde 
mit Dr. Jul. Lohmeyer in Cassel den Verein für Lateinschrift gründete 
und dafs dessen Bestrebungen schon wenig Jahre nachher von etwa 
7000 Lehrern aller Kategorien und von mehr als 100 Professoren unter- 
stützt wurden. Wohl sind wir seitdem, wenn auch sehr allmählich, 



Verhandl. d. 11. JahresverBammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 169 

vorwärts gekommen: mit jedem Jahr ist die Zahl der Bücher und Zeit- 
schriften, die in Antiqua gedruckt werden, gewachsen. Aber viel, sehr 
viel bleibt noch zu thun, bis der letzte Widerstand besiegt ist, und wir 
müssen deshalb auch fernerhin an Frikke's Wahlspruch festhalten: „Auf 
rechtem Wege — das Ziel im Auge — rastlos vorwärts!" 

Doch nicht nur das Ziel, sondern auch die aus dem Wege zu 
räumenden Hindemisse sind scharf ins Auge zu fassen. Da ist es denn 
nun aufser der Macht der Gewohnheit — der Mensch läfst ja bekannt- 
lich sehr ungern vom Letzten seiner äufseren und inneren Habe — 
namentlich die Befürchtimg, mit der sogenannten deutschen Schrift eine 
wesentliche Seite und Stütze unseres Volkstums aufzugeben, die sich 
bisher mit grofser Energie imd nicht ohne Erfolg den Bestrebungen für 
den Gebrauch der Antiqua entgegengestemmt hat. 

Ist diese Befürchtung berechtigt? Die Grundlage für die Prüfung 
der Frage kann die Kulturgeschichte unseres Volkes geben. Daraus er- 
sehen wir, dafs die erste deutsche Allgemeinschrift die lateinische war. 
Es konnte dies auch gar nicht anders sein, da ja das deutsche Volk 
seine Kultur von den Römern erhielt. Es nahm, namentlich bei und 
mit der Einführung des Christentums, die Antiqua als Nationalschrift 
an. Alle Sprachdenkmale der althochdeutschen imd mittelhochdeutschen 
Periode bis zimi 12. Jahrhundert sind rein lateinisch geschrieben. 

Als sich aber im 12. Jahrhundert, in Nordfrankreich zuerst, die 
gotische Baukunst entwickelte, fing man auch an, die bisherige Schrift 
umzugestalten. Sie sollte fernerhin nicht mehr blofs die Laute versinn- 
lichen, sondern zugleich auch Ornamente darstellen. Die damaligen 
Schreibmeister, die Mönche, setzten den einfachen, runden Formen der 
Antiqua oben gotische Köpfchen, unten gotische Füfschen an und ver- 
banden die einzelnen Teile der Buchstaben durch kaum sichtbare Haar- 
striche. So entstand, wohlgemerkt durch französische Mönche, die ge- 
brochene und verschnörkelte Fraktur. Dafs auch die Druckschrift in 
Mitleidenschaft gezogen wurde, wird ims nicht befremden, wenn wir be- 
denken, dafs die Schreibmeister die Lettern für die Formenschneider her- 
stellten. 

Von Frankreich aus verbreitete sich die Fraktur über Spanien, 
Portugal, Italien, Deutschland, die Niederlande, England, Dänemark, 
Schweden und Norwegen. Während aber fast alle anderen Völker all- 
mählich wieder zu den einfacheren und praktischeren Formen der Antiqua 
zurückkehrten, zögert unser Volk noch immer, dies voll und ganz 
zu thun. 

Kein Geringerer als Jakob Grimm hat dargethan, dafs die Ecken- 
schrift keine nationale Eigentümlichkeit ist, und seine Ausführungen in 
dem bekannten Worte gipfeln lassen: „Es geschieht ohne jeden vernünf- 
tigen Grund, dafs man diese verdorbene Schrift deutsch oder gotisch 
heifst. Man könnte sie mit gleichem Fug böhmisch nennen." 

Und nun soll gar das Verzichten auf jene verschnörkelten Formen 
der Antiqua unser Volkstum in Gefahr bringen! Wer einmal tiefer in 
die Vergangenheit imserer Nation geblickt hat, der weifs recht wohl, 
dafs ihrem nach Innen gerichteten Wesen mit der urkräftigen, tiefen 



170 Verhandl. d. ü. Jahresyersaminlnng d. AUgem. Deutscli. Vereines etc. 

Gemütsanlage gerade alles Gekünstelte und Unnatürliche^ jedes Leben in 
Äufserlichkeiten zuwider ist. 

Schneiden wir daher getrost jenen mittelalterlichen Zopf ab! Lassen 
wir die schwarzen Schrift- und Druckbuchstaben inunerhin international 
sein! Sorgen wir aber, jeder an seinem Teile, dafiir, dafs sie allezeit 
Zeugnis abzulegen vermögen von deutschem Pleifse und deutscher Gründ- 
lichkeit, von deutscher Selbständigkeit im 'Denken, wie von deutscher 
Gemütstiefe, deutscher Charakterstärke imd deutschem Idealismus. 

Als Korreferent führt hierauf Herr Augenarzt Dr. Gerloff- 
Wiesbaden folgendes ans: 

Meine Damen und Herren! 

"Wenn Sie erfahren, dafs in irgend einem Lande eine Krankheit 
ausgebrochen ist, die, ohne ansteckend zu sein, die Gesundheit und Er- 
werbsföhigkeit zahlreicher kräftiger Menschen beeinträchtigt imd ihnen 
schweren Schaden zufügen kann, so werden Sie von einer einsichtsvollen 
Regierung fordern, dafs sie energische Mafsregeln gegen die Weiter- 
entwicklung dieser Krankheit treffe. Das erscheint so selbstverständlich, 
dafs es kaum besonders erwähnt zu werden braucht. Und doch kennen 
wir alle ein solches Land und kennen die Krankheiten, die darin 
herrschen, ganz genau, und trotzdem kostet es immer neue Kämpfe mit 
der Regierung dieses sonderbaren Landes, sie auszurotten. Ich meine 
die Schule und die verschiedenen, gerade durch sie hervorgerufenen 
Schädigungen des Körpers. Und da möchte ich gleich von vornherein 
meinen Standpunkt wahren. Wir Ärzte, die wir uns um Schulschäden 
kümmern, stofsen nicht allein sehr häufig auf lebhaften Widerstand 
seitens der Schulmänner, sondern wir werden sogar als Feinde der Schule 
hingestellt, während wir doch nichts weiter wollen, als der Schule in 
ihrer vornehmsten Aufgabe helfen, ein körperlich und geistig treffliches 
Geschlecht grofszuziehen. Ich weifs wohl, dafs dieser Widerstand in den 
letzten Jahren nachgelassen hat, ja dafs sogar einzelne Pädagogen Mit- 
kämpfer in unseren Reihen geworden sind, aber im grofsen und ganzen 
werden wir noch als unbefugte Eindringlinge im Reiche der Schule be- 
trachtet, die überflüssige Neuerungen bringen. Denn früher ging es ja 
herrlich ohne Schulärzte, warum nicht auch jetzt und in Zukunft? Nun, 
wer die Herrlichkeit der alten Schulen durchgemacht hat, wer an gänz- 
lich verkehrten Schulbänken sich krunmi gesessen, dicht neben einem 
eisernen Ofen geschmort und bei mangelhafter Beleucbtimg seine Augen 
gründlich verdorben hat, der wird es mit Freude begrüfsen, wenn seinen 
Kindern die geistige Nahrung unter besseren Bedingungen geboten wird. 
Der Augenarzt insbesondere wird wünschen, dafs die Nah -Arbeit mög- 
lichst auf das durchaus notwendige Mafs eingeschränkt werde. Denn es 
ist durch vieltausendfache Untersuchungen nachgewiesen und Ihnen allen 
bekannt, dafs durch die Nah -Arbeit eine Krankheit des Auges, die 
Kurzsichtigkeit, in so bedenklichem Grade gefördert wird, dafs schliefslich 
auf einzelnen Gymnasien über die Hälfte der Primaner als Brillenträger 
entlassen wurde, also als Augenkranke. Zu heüen ist diese Krank- 
heit nicht. Es tritt daher an uns die weit vornehmere Aufgabe heran. 



Verhandl. d. 11. Jahresversammlnng d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 171 

sie zu verhüten. Zur Erreichung dieses Zweckes bieten sich uns mehrere 
Wege dar: Einmal sollen die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird, 
den Anforderungen der Hygiene entsprechen. Sodann soll der Lehrstoff, 
der bewältigt werden muTs, den Schülern beigebracht werden, ohne dafs 
sie ihre Augen unnötig anstrengen. Endli^ werden wir den Lehrstoff 
selbst daraufhin zu prüfen haben, ob er Überflüssiges enthält, und in 
solchem Falle diesen Ballast über Bord werfen. 

Von solchem Ballast haben Sie soeben gehört, imd wenn auch die 
Gründe, die mein Herr Korreferent Ihnen mitgeteilt hat, vollkommen 
ausreichen, Sie davon zu überzeugen, dafs die sogenannte deutsche 
Schrift ein Unding ist, so habe ich als Augenarzt noch einige hinzuzu- 
fügen: 

Da die Kurzsichtigkeit, die wir verhüten wollen, nach dem über- 
einstimmenden Urteil aller Augenärzte durch Nah -Arbeit entsteht und 
zunimmt, ist von vornherein jede Yerminderung dieser Nah-Arbeit mit 
Freude zu begrüfsen. 

Des weiteren werden wir zu untersuchen haben, ob die Beschäftigung 
mit der sogenannten deutschen Schrift für das Auge besondere Schäd- 
lichkeiten aufweist. 

Herr Sönneckeji behauptet, die Antiqua von der Gröfse 1 — 3 könne 
in ca. 143 cm gelesen werden, die gleich grofse deutsche Druckschrift 
erst in 115 cm. Die letztere zwinge also das Auge, sich der Schrift 
um etwa 28 cm zu nähern, und trage auf diese Weise zur Beförderung 
der Kurzsichtigkeit bei. Bei aller Anerkennung der sonstigen Verdienste 
des Herrn Sönnecken kann ich seine Ansicht auf Grund eigener Beob- 
achtung nicht teilen. Die deutsche Schrift wird bei gleicher Gröfse ge- 
nau so weit erkannt, wie die lateinische. Wir benutzen zur Bestimmung 
der Sehschärfe beide Schriftarten in gleicher Gröfse, und ich habe nie- 
mals einen Unterschied des Erkennens weder für die Feme noch für 
die Nähe feststellen können. Ich habe diese Versuche an mir selbst und 
anderen für diesen Vortrag noch ganz ausdrücklich wiederholt und kann 
versichern, dafs der Einwand des Herrn Sönnecken hinfällig ist. Es 
handelt sich nur darum, dafs man dem Auge Zeit läfst zum Erkennen 
der Buchstaben. 

Die Schädlichkeit gerade der Frakturschrift für das Auge beruht 
also auf einem anderen Umstand: Sie ist weniger übersichtlich. 
Man braucht mehr Zeit, sie zu lesen und zu schreiben, und das ist ein 
ungemein wichtiger Punkt. 

Wenn wir Erwachsenen etwas lesen, so überblicken wir das ganze 
Wort, ohne uns bei einem Buchstaben aufzuhalten. Daher ist Korrektur- 
lesen besonders anstrengend, weil wir dabei auf das Fehlen oder die 
Vertauschimg einzelner Buchstaben achten müssen. Das Kind liest die 
einzelnen Buchstaben und bildet sich aus diesen erst das Wort, es mufs 
also mit den Augen erst jeden Buchstaben abtasten, und ohne weiteres 
ist klar, dafs seine Arbeit eine viel gröfsere imd zeitraubendere sein 
wird, je unübersichtlicher, je verschnörkelter der Buchstabe ist. Sie 
können sich einen Begriff von der Arbeit des Kinder -Auges machen, 
wenn Sie auch nur eine einzige Druckseite lesen wollen, die aus grofsen 



172 "Verhandl. d. ü. Jahresversaminliing d. Allgexn. Deutsch. Vereines etc. 

Frakturbuchstaben besteht.*) Sie werden sich dafür bedanken, auf diese 
Weise ein Buch lesen zu sollen, trotzdem Ihnen allen ja diese Buch- 
staben aus der täg^chen Lektüre wohlbekannt sind. Aber die Kinder 
werden nicht gefragt — die müssen! 

Sie können übrigens diese Unübersichtlichkeit der Buchstaben auch 
künstlich hervorrufen, wenn Sie nämlich im Eisenbahnzuge während der 
Fahrt lesen. Sie können dann beobachten, wieviel mehr Zeit Sie brauchen, 
eine Seite zu lesen, und werden nachher an Ihren eigenen Augen ver- 
spüren, was es heifst, unübersichtliche Schrift zu lesen. Sie werden da- 
bei aber noch eine Beobachtung machen: Ganz unwillkürlich, und um 
dem Auge das Abtasten der Buchstaben zu erleichtern, werden Sie das 
Buch dem Auge nähern und so Akkommodation und Konvergenz an- 
spannen. 

Und nun sehen Sie sich ein Kind an, das lesen lernt. Es macht 
die Sache genau ebenso. Wenn es einen Buchstaben nicht gleich weifs, 
nähert es sein Auge dem Buch, trotzdem es aus der ursprünglichen 
Leseweite ihn gerade so gut erkennen kann. Je unübersichtlicher daher 
die Schrift ist, um so mehr wird das Kind hierzu veranlafst, um so 
gröfser die Wahrscheinlichkeit, dafs es kurzsichtig wird. 

In noch höherem Grade als durch Lesen, wird durch Schreiben der 
Frakturschrift die Entwicklung der Kurzsichtigkeit begünstigt. Der 
Augenarzt Dr. Weber in Darmstadt hat hierüber umfassende Unter- 
suchungen**) angestellt, deren Resultat die weiteste Verbreitung verdient, 
und ich schüefse mich daher bei der Betrachtung der Schreibarbeit im 
wesentlichen Weber's Untersuchimgen an. 

Beim Schreibenlemen benutzen die Kinder Hefte und Tafeln, auf 
denen die Gröfse der zu schreibenden Buchstaben durch Linien angegeben 
ist. Es mufs also innerhalb dieser Linien Anfangspunkt, Weg und End- 
punkt des Buchstabens von dem Kinde genau überwacht werden. Das 
eigentliche Seh -Objekt ist daher nicht der Buchstabe selbst, auch nicht 
die schreibende Spitze, sondern der Zwischenraum zwischen dieser und 
den vorgezeichneten Linien. Auf diese Weise besteht nicht nur ein 
Fixierakt, sondern es mufs aufserdem auch noch visiert werden. Nun 
ist das erste Erfordernis beim Visieren, dafs die die beiden Visierpunkte 
verbindende Linie senkrecht auf die Verbindungslinien beider Augen - 
Zentren falle. Da nun die Strichelemente unserer deutschen Schrift fast 
sämtlich von links unten nach rechts oben verlaufen, so neigen die Kinder 
genau wie beim Zielen mit einem Gewehr die Stirn nach rechts abwärts 
und schauen mit einer Blickerhebung von etwa 30 Grad in der Richtung 
des Federzuges. 

Zu dieser äufserst gezwungenen Kopfhaltung tritt nun noch 
der weitere tjbelstand, dafs die Gröfse der einzelnen Buchstabenstriche 
genau abgemessen werden mufs. Bei deutscher Schrift erfordert dies 
aber ein geradezu punktförmiges Zusammentreffen der Spitze des Buch- 



*) Solche Druckseiten stehen zur Verfügung durch den Referenten. 
**) Über die Augenuntersuchangen in den höheren Schulen zu Darmstadt. 
Referat und Memorial von Dr. Ad. Weber. Darmstadt 1881. Druck von 
H. Brill (im Buchhandel vergriffen^ 



Verhandl. d. Ü. JahreBversammlung d. Allgem. Dentsch. Vereines etc. 173 

stabens mit der Linie, wenn anders die Arbeit löblich sein soll. Und 
dies genaue Erkennen des punktförmigen Treffens bringt zweifellos wieder 
eine äufserst schädliche Annäherung der Augen. 

Ganz anders verhält sich die Sache mit der lateinischen Schrift: 
Zunächst hat diese weniger Haarstriche, und die leicht geschweifte Form 
derselben verlangt ebensowenig wie die vorwiegende Eichtung der Grund- 
striche jene oben erwähnte Neigung des Kopfes. Das Zusammentreffen 
der leicht abgerundeten Linien mit den vorgezeichneten erfordert bei 
weitem nicht die Fixier -Arbeit der deutschen Schrift und infolgedessen 
ist auch die Haltung der Kinder beim Schreiben lateinischer Schrift eine 
ungleich bessere. 

In wie hohem, fast erschöpfendem Grade der Visierakt die einzelnen 
Funktionen des Auges in Anspruch nimmt, und wie er alle Schädlich- 
keiten, welche auf die Ausbildimg der Kurzsichtigkeit hinarbeiten, in 
erhöhtem Grade in sich birgt, erhellt aus folgender Betrachtung: „Die 
Erhebung des Blickes über die horizontale Visierebene, welche zur Fest- 
stellung des Auges notwendig ist, verlangt die dauernde Beanspruchung 
von Muskeln, welche für gewöhnlich nur zu ganz vorübergehender Arbeit 
benutzt werden. Und nicht allein den stellimggebenden Muskeln gehen 
hierbei Kontraktionsimpulse zu, sondern, da eine vollständige Lnmobili- 
sierung der Augen bezweckt wird, auch allen Antagonisten. Diesem 
Zwecke und dieser Anordnung gemäfs steigt die Energie der Kontraktionen 
auf einen Grad, welcher um ein noch ungekanntes Vielfache diejenigen 
för die gewöhnlichen, orientierenden Augenbewegungen übersteigt. Pro- 
portional der Dauer dieser tetanischen Kontraktionen mufs aber auch, 
einem physiologischen Gesetz gemäfs, die ßeizintensität wachsen und 
sehr bald ihr Maximum erreichen. 

Unter solch mächtigem Zusammenziehen aller äufseren Augenmuskeln 
steigt nun der Druck im Tunern des Auges, der ohnedem schon durch 
die Erhebung des Blickes, wie tonometrisch nachgewiesen ist, um mehr 
als das Doppelte erhöht ist, nahezu auf einen Grad, wie man ihn sonst 
nur bei ausgesprochenen Krankheitszuständen findet. Die starke Kon- 
vergenz, welche zur genauen Einhaltung der Linien erforderlich ist, 
kompliziert noch die Wirkung des el:höhten Druckes imd die notwendige 
Folge ist Verlängerung der Glaskörperaxe , also Kurzsichtigkeit und 
Störungen der intraocularen Zirkulation, deren reichliche Spuren wir mit 
dem Augenspiegel entdecken. 

„Diese, die Gesamtfimktionen des Auges ausbeutende Anstrengung, 
welche sich durch unangenehme Spannung im Auge, belästigenden Dn^ck 
in der Augenhöhle, Kopfschmerz u. s. w., die deutlichen Zeichen der 
Übermüdung, dem Erwachsenen fühlbar macht, wird von dem leichten 
heiteren Sinn der Kinder nicht hoch angeschlagen, mit dem Schlüsse der 
Stunde vergessen, oder, wenn geklagt, nicht geglaubt, — geschrieben 
mufs doch werden." 

Ich denke, die hier entwickelten Gründe gegen die Frakturschrift 
sollten ausreichend sein, jeden von Ihnen zu ihrem energischen Gegner 
zu machen. Die Mittel und Wege anzugeben, auf denen die Abschaffung 
dieses Undinges erreicht werden kann, liegt nicht im Eahmen dieser Be- 
trachtung. Es konnte uns nur daran gelegen sein, Sie zu Mitkämpfern 



174 Verhandl. d. II. JahresverBaniTnliing d. Allgem. Deutsch. Vereines etc 



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Verhandl. d. IT. Jahresyersamtolung d. Allgem. Deutsch Vereines etc. 175 

ACHTUN! 



JEDER EINTRETENDE WIRD DRINGEND ERSUCHT, 

VOlf PMiiSEM BliOCK 

EINEN ZETTEL ABZUREISSEN. 



1. ES IST IM INTERESSE UNSERER JUGEND DAHIN ZU 
STREBEN, DASS IN ZUKUNFT IN DER SCHULE NUR 
EIN SCHREIB- UND EIN DRUCKALPHABET GELEHRT 
WERDE. 

2. DIESES KANN HEUT, WO WIR IM ZEICHEN DES VER- 
KEHRS STEHEN, NUR DAS LATEINISCHE SCHREIB- 
UND DRUCK - ALPHABET SEIN, DA ES WELTSCHRIFT 
GEWORDEN IST UND IHM DIE EIGENSCHAFTEN DER 
DEUTLICHKEIT UND SCHREIBPLÜCHTIGKEIT IN BE- 
SONDEREM GRADE ZUKOMMEN. 

3. DIE BEFÜRCHTUNG, DASS WIR MIT DER SOGENANN- 
TEN DEUTSCHEN SCHRIFT EINE WESENTLICHE SEITE 
UND STÜTZE UNSERES VOLKSTUMS AUFGEBEN, IST 
UM SO WENIGER BERECHTIGT, ALS DIESE SCHRIFT 
NICHTS ANDERES IST, DENN EINE VON FRANZÖSI- 
SCHEN MÖNCHEN VORGENOMMENE BRECHUNG UND 
VERSCHNÖRKELUNG DER RUNDEN FORMEN DER 
ANTIQUA. 

4. JEDE BEFREIUNG UNSERER JUGEND VON ÜBERFLÜS- 
SIGEM LEHRSTOFF IST MIT FREUDE ZU BEGRÜSSEN, 
DA SIE ZUR VERMINDERUNG DER KÜRZSICHTIGKEIT, 
EINER UNTER ALLEN UMSTÄNDEN ERNSTEN ERKRAN- 
KUNG DER AUGEN, BEITRÄGT. 

5. IN GANZ BESONDEREM GRADE IST LESEN UND SCHREI- 
BEN DER FRAKTURSCHRIFT GEEIGNET, KURZSICHTIG- 
KEIT HERVORZURUFEN UND ZU VERMEHREN, EINE 
EIGENSCHAFT, DIE DER KLAREN LATEINSCHRIFT NICHT 
IN DEMSELBEN MASZE INNEWOHNT. 

6. MAN VERGLEICHE DIE ARBEIT, DIE DAS LESEN DER 
AUS DURCHWEG WOHLBEKANNTEN BUCHSTABEN 
BESTEHENDEN DRUCKSÄTZE BEIDER SEITEN DIESES 
BLATTES ERFORDERT. 



176 Yerliandl. d. IT. JabresverBanmilang d. AUgem. Üentsch. Vereines etc. 

für die Einführung der lateinischen Schrift, der Weltschrift, zu gewinnen, 
und sollte uns dies gelungen sein, so ist unsere Aufgabe für heute 
erfüllt. 

um Ihnen schliefslieh selbst einen MaTsstab an die Hand zu geben, 
welche Schrift übersichtlicher ist, habe ich am Eingang zu diesem Saal 
zwei Abreifskalender aufhängen lassen. Jeder trägt die Aufschrift: 
„Achtung I Jeder Eintretende wird dringend ersucht, von diesem Block 
einen Zettel abzureifsen", und zwar auf beiden Seiten. Auf der einen 
in Fraktur-, auf der anderen in Antiqua -Lettern, Von dem Block, der 
die Antiqua-Seite Ihnen zuwandte, haben 162 Eintretende ihren Zettel ab- 
gerissen, von dem, der die Frakturschrift auf der Stirn trug, 90 Ein- 
tretende.*) Damit haben Sie selbst das Urteil über Lesbarkeit und Über- 
sichtlichkeit der beiden Schriften gefällt imd mit dieser „Demonstratio 
ad hominem^^ uns ein weiteres schätzbares Material für die Zukunft ge- 
liefert, für das ich Ihnen meinen besten Dank ausspreche. 

In der sich anschliefsenden Diskussion erhält zuerst das Wort 
Herr Landtagsabgeordneter Oberlehrer Wetekamp: 

Ich glaube, man kann dem Vorstand und den beiden Herren Eefe- 
renten nur dankbar sein, dafs sie eine so wichtige Frage auf die Tages- 
ordnung gestellt haben, denn es ist in der That eine Vergeudung der 
Kraft, die wir durch die Beibehaltung der Frakturschrift begehen, so- 
dafs es die allerhöchste Zeit ist, dieselbe abzuschaffen. Ebenso ist der 
zweite Vorschlag der Herren Referenten freudig zu begrüfsen, das ist 
die Frage einer einfacheren Orthographie. Wenn aber hier eine 
Änderung herbeigeführt werden soll, dann soll man gleich eine für jeder- 
mann gleich schreibbare Orthographie schaffen, und nicht verlangen, dafs 
die Schüler eine Orthographie schreiben, die — ich kann dreist be- 
haupten — selbst von den Lehrern nicht einmal geschrieben werden 
kann. Und wir haben eine solche bereits. Tausende und Abertausende 
haben sie und schreiben sie bereits: das ist die Orthographie der 
Stenographie, welche den weitaus meisten Bedürfnissen genügt; kein 
überflüssiger Buchstabe ist da, mit wenigen kleinen Ausnahmen wird 
alles so geschrieben, wie es ausgesprochen wird. Betreffs der schlechten 
Handschrift bei uns ist gewifs das Schreiben von mehreren 
Alphabeten das weitaus gröfste Hindernis. Wenn auch hierdurch 
hauptsächlich die schlechte Handschrift hervorgerufen wird, so haben 
wir doch noch ein zweites Hindernis zu überwinden, um zu einer schönen 
Handschrift zu gelangen, und das sind die falschen Schönschrift - 
formen, wie sie in der Schule gelehrt werden und die man später bei 
fliefsendem Schreiben nicht anwendet. Die Schönschrift, wie sie in der 
Schule gelehrt wird, legt die Eundungen nach oben, die Spitze nach 
unten, bei jeder fliefsenden Schrift ist es genau umgekehrt, da liegen die 
Spitzen nach oben und die Rundungen nach unten. Die taktische Frage 
ist nun: Wie kommen wir endlich weiter? Das einzige Hindernis 



*) Diese 90 haben aber durchaus nicht etwa deswegen den Zettel ab- 
gerissen, weil sie die Aufforderung dazu aus der Aufschrift entnahmen. 



Terhandl. d. It. Jahresversammlung d. Allgem. ^beutscb. Vereines etc. 177 

fiir die Aufhebung der deutschen Schrift war bekanntlich Fürst 
Bismarck, der sich entschieden dagegen wehrte, obwohl in den Unter- 
richts -Vereinigungen der einzelnen Länder bereits Stimmung dafür 
war, die Frakturschrift abzuschaffen. Dieses Hindernis besteht jetzt 
nicht mehr, und wir können jetzt eher darauf rechnen, Erfolg zu 
haben. Hierzu gehört aber, dafs die gröfsere Öffentlichkeit, und be- 
sonders die Volksvertretung, die Sache etwas kräftiger in die Hand 
nimmt. Nun weifs man aus den Verhandlungen, und zwar besonders aus 
den im preufsischen Abgeordnetenhause beim Etat des Kultusministeriums, 
wie sich da eine ungeheure Masse Stoff zusammenhäuft, und wie alles 
darauf hindrängt, dafs der Etat nur rechtzeitig fertig wird, weshalb auch 
keine Stimmung fär solche Einzelheiten da ist. Ich habe selbst die 
Frage schon zweimal angeschnitten, und in dem Hause sowohl, als auch 
aufserhalb desselben sehr viel Beifall gefunden, aber in eine Diskussion 
darüber einzutreten, mangelt es den Leuten an Zeit. Ich halte deshalb 
für den einzigen Weg, den wir gehen können, den, uns mit Eingaben 
an die Regierungen und, an die Landesvertretungen zu wenden. 
Auf diese Weise würde die Frage in der Kommission gründlich behandelt 
werden und käme dann auch wohl vorbereitet vor das Plenum, hoffent- 
lich geht es dann in diesem Fall ebenso wie in diesem Jahr mit der 
Eingabe betreffend die Abschaffung der Abgangsprüfungen. 

Der Vorsitzende unterbricht hier die Diskussion und verliest 
folgende, soeben eingegangene Depesche Sr. Excellenz des Oberpräsi- 
denten der Provinz Hessen -Nassau, Grafen Zedlitz-Trützschler: 

Ich nehme die Aufnahme als Ehrenmitglied mit herzlichem Dank 
an und will mich bemühen, diese Ehrung durch werkthätige Teilnahme 
an den wichtigen Aufgaben des Vereins zu verdienen. 

Zedlitz, Oberpräsident, 

Gleichzeitig ist mitzuteilen, dafs die übrigen zu Ehrenmitgliedern 
erwählten Herren teils mündlich, teils schriftlich die Ehrenmitglied- 
schaft angenommen haben. 

In der fortgesetzten Diskussion erklärt Rektor Zimmermann: 

Unserer Jugend wird gerade in den ersten Jahren zu viel zugemutet, 
am allermeisten aber im ersten Jahre. Wir muten unsern Kindern zu, zu 
schreiben, wo es ihnen thatsächlich noch an Kraft gebricht, den Griffel 
oder die Feder regulär zu halten und zu führen. Wir muten unsern 
Kindern zu, zu lesen, wo sie noch kein Verständnis für die Muttersprache 
mitbringen! (Sehr richtig!) Lehren wir es doch erst die Muttersprache 
richtig verstehen, sie richtig zu sprechen! Lehren wir das Kind erst 
Formen üben, mit Zeichnen, Freihandzeichnen; lehren wir es, sich an 
seiner Umgebung zu erfreuen und sie richtig aufzufassen, sei es im 
Zimmer, sei es auf Spaziergängen, und wenn so dem Kinde seine Sinne 
geöffnet und seine Zunge gelöst ist, dann wollen wir es auch schreiben 
lehren. (Lebhafter Beifall.) Das Schreiben mufs also um ein halbes, 
vielleicht um ein ganzes Jahr zurückgedrängt werden, wir müssen das 
Endziel summarisch auffassen und nicht nach Jahrespensen abpassen (Sehr 

Gesunde Jugend L 8/4. 12 



178 Verliandl. d. H. Jabre^versaniinluiig d. Allgem. Deutsch. Vereinee etc. 

richtig 1), so daJjs das Kind am Ende seiner Schulzeit sechs verschiedene 
Alphabete erfafst hat, aber doch noch keinen geübten Fonnensinn hat. 
Will der Verein wirkliche Schulhygiene treiben, und das auf diesem 
Gebiete ergänzen, was unsere Kommunen in splendider Art schon seit 
Jahren ausüben, müssen wir auch an die Hygiene des Unterrichts denken 
und an die innere Methodik. Durch eine glückliche Bearbeitung der 
Lehrpläne, die leider inmier noch als eine göttliche Offenbarung 
angesehen werden, obwohl sie doch auch nur Menschen gemacht haben 
(Sehr gut!), würde die Frage bald entschieden sein ohne Antiqua oder 
Fraktur. Jedermann wird sieh für die senkrechte, unserer deutschen 
Druckschrift ähnliche Lateinschrift entscheiden, nicht aber für die schwere 
deutsche Schreibschrift. Übergänge müssen aber geschaffen werden, da 
die Regierung nicht zugeben wird, auf einmal mit einem kühnen Salto- 
mortale von der deutschen auf die lateinische Schrift überzugehen. Man 
kann diese alte Sitte nicht auf einmal stürtzen. 

Professor Vietor-Marburg: 

Das Gefühl, aus dem die Herren Vorredner gesprochen haben, teilen 
wir hier alle miteinander. Wie recht haben wir, dafs wir uns ,yAll- 
gemeiner Verein für Schulgesundheitspflege^' nennen, und nicht etwa für 
Schul- oder Lehrerhygiene; der Patient ist die Schule, sie leidet! 
In der Orthographie-Frage mufs von uns etwas geschehen Wir 
müssen Petitionen einreichen und dürfen bei dieser so klar liegenden 
Angelegenheit nicht wieder sagen, sie bleibt bis zum nächsten Jahr. 
Sollte dieser Vorschlag aber doch nicht die Majorität erhalten, dann 
richte ich an alle einzelnen Unterrichtsvereine die Bitte: Thun Sie doch 
selbst etwas dafür, dafs es besser wird! Schreiben sie nicht mehr Fraktur, 
sondern Latein! Ich selbst thue das seit dreifsig Jaliren und jeder hat 
mich verstehen können. Ich stelle daher hiermit den Antrag, an die 
Regierungen und die Volksversammlungen diesbezügliche Petitionen ein- 
zureichen. (Zustimmung.) 

Stadtrat Professor Kalle-Wiesbaden: 

Ich wollte nur gegenüber den Worten des Herrn Oberlehrers Wete- 
Iramp darauf aufmerksam machen, dafs es wohl rationeller und richtiger 
ist, wenn wir uns mit unsem heutigen Ausfiihrungen zunächst an die 
Schulbehörden wenden. Wenn wir mit vernünftigen Gründen kommen, 
werden diese wohl das Ihrige thun, ohne dafs erst ein Druck ausgeübt 
zu werden braucht. Die Einführung eines anderen Alphabets ist doch 
nicht Sache der Gesetzgebung, sondern der Verwaltung, und wenn man 
sich an die parlamentarischen Körperschaften wendet, ist es doch ganz 
richtig, wenn die Verwaltimgsbehörden, denen die Entscheidung an erster 
Stelle zusteht, nicht nachkommen. Ich bin aber sicher, dafs sie es thun 
wollen. Die Sache ist bisher gescheitert an dem Widerwillen unsers 
allverehrten, grofsen Reichskanzlers Bismarck, dem es auf seine alten Tage 
imbequem war, ein neues Alphabet zu benutzen imd von der alten 
Orthographie abzugehen. Aber heute lebt Fürst Bismarck nicht mehr, 
wir schädigen ihn nicht mehr, und deshalb ist es besser, zuerst an die 
Verwaltimgsbehörden zu gehen. An die Volksvertretung sollten wir uns 



Verhandl. d. II. Jähreßversammlung d. Allgem. Beutsch. Vereinee etc. 179 

erst dann wenden, wenn wir sehen, dafs wir auf dem ordnungsmäfsigen 
Wege nicht yorankommen. 

Vorschullehrer Pohl: 

Ich kann die Ansicht nicht teilen, dafs unser grofser Eeichskanzler 
das einzige und das Haupthindernis gewesen ist. Er war ein Hindernis, 
gewifs, und die Sache war in der preufsischen Verwaltung auch schon 
ziemlich weit gediehen, aber das andere Haupthindernis ist das Phlegma 
des Erwachsenen gegenüber Dingen, die er als Knabe auf der Schul- 
bank erlernt. Der Erwachsene vergiTst eben den Schweifs, den ihn das 
Erlernen gekostet hat. Ich kann den Deutschen den Vorwurf nicht ersparen, 
dafs es ihnen geht wie den alten Marktweibern im Jahre 1875, als die 
neuen Münzen, Mafse und Gewichte eingeführt wurden. Damals konnten 
sich die alten Damen auch nicht dayon trennen, die Eier nach Batzen 
zu berechnen. Ich mufs gestehen, dafs ich einen der am Eingang an- 
gebrachten Zettel mit Frakturschrift abgerissen habe. Ich wollte ihn lesen, 
da dachte ich, was ist nur derjenige, der solches Zeug hindruckt. Es 
wurde mir zu langweilig und ich drehte darauf den Zettel herum, um die 
andere Seite zu lesen. Da merkte ich, was beabsichtigt war, und rifs 
den Zettel ab. Ich möchte aber einen praktischen Vorschlag machen: Wir 
werden so wenig die beiden Schriftsysteme auf einmal und plötzlich aus 
der Welt schaffen, wie damals die alten Mafse und Gewichte, sondern nur 
allmählich, und deshalb schlage ich yor, an die mafsgebenden Regierungen 
in Deutschland Petitionen zu richten dahingehend, das Verhältnis zwischen 
der Fraktur- imd der Lateinschrift doch einmal umzukehren, das heifst: 
zu beginnen mit dem Unterricht in der Lateinschrift, imd die 
Frakturschrift erst später allmählich als Nebenschrift einzuführen. 

Dann wird es uns gelingen, dafs unsere Kinder die lateinische 
Schrift sicher und gut lesen und schreiben, die Kenntnis der anderen 
Schrift aber yollständig hinreicht, um Zeitungen oder amtliche Verord- 
nungen, die noch während oder nach dem Übergang konservativ in der 
alten Schrift weitergedruckt werden sollten, zu lesen und zu verstehen. 
Es ist der einzige Weg, die Regierung für ims zu gewinnen, zu sagen: 
Das ist unsere Schrift, die andere ist ein Notbehelf. Ich beantrage daher, 
die heutige Versanmalimg möge beschliefsen, an die Regierungen der 
deutschen Bundesstaaten eine Petition zu richten, auf dem Wege der 
Schulverwaltung dahin zu wirken, dafs der Unterricht gleich mit der 
lateinischen Schrift beginnt und diese als Hauptschrift anzusehen 
ist,, und dafs die sogenannte deutsche Schrift als Notbehelf an- 
zusehen ist. 

Oberlehrer Wetekamp: 

Ich stimme mit dem Herrn Vorredner darin überein, dafs die ge- 
samte deutsche Schreib- imd Druckschrift nicht auf einmal aus der 
Welt geschafft werden kann, doch können wir auf einmal das Schreiben 
in den Schulen aus der Welt schaffen. Die früheren Generationen 
würden ihre Schrift ruhig weiterschreiben, welche von den jüngeren 
Generationen, welche dieselbe ja lesen gelernt hat, verstanden würde. 
Auf diese Weise würde mit dem Aussterben der älteren Generationen 

12* 



180 Verhandl. d. 11. Jaliresveraammluiig d. Allgem. Deutsch. Vereinea etc. 

auch die Frakturschrift völlig verschwinden. Bezüglich der Ausführungen 
des Herrn Professor Kalle möchte ich bemerken, dafs sein Vorschlag 
meinen Antrag gar nicht ausschliefst. An die Verwaltungen können wir 
uns sofort wenden, und haben, falls es nötig werden sollte, bis zum 
Winter noch vollauf Zeit, dann noch an die Landesvertretungen zu gehen. 
(Beifall.) 

Lehrer Schubert-Leipzig: 

Der eigentliche Grund, weshalb ich ums Wort gebeten habe, war 
der, denselben Antrag zu stellen, wie Herr Vorschullehrer Pohl es bereits 
gethan hat. Veranlafst bin ich dazu worden dadurch, dafs die sächsische 
Lehrerschaft in ihrer letzten Versammlung zu ähnlichen Anträgen 
gekommen ist. Die Anträge, die die sächsische Lehrerschaft bei ihrer 
Regierung einbringen wird, gehen auf zweierlei hinaus: die Regierung 
wird gebeten, nach und nach, je nach Befinden, die Fraktur soweit als 
möglich zurückzudrängen, zunächst aber den Unterricht im Schreiben mit 
der Lateinschrift, der sogenannten Antiqua zu beginnen und die Übung 
des Fraktur-Lesens und -Schreibens auf die Oberstufe zu verlegen. Ich 
würde Sie also bitten, diese beiden Gedanken auch wieder zu verschmelzen 
und eine diesbezügliche Eingabe zu machen. Unter den Gründen, die uns 
bestimmt haben, diesen Ant^-ag einzubringen, ist besonders der hervor- 
zuheben, dafs in den Unterstufen die Schwierigkeit der Einprägung der 
grofsen und kleinen Buchstaben besondere Mühe macht. Dieselben sind 
so verschieden voneinander, dafs das Kind sich zwei ganz verschiedene 
Gesichtsbilder einprägen mufs. Ln Gegensatz hierzu ist bei der Antiqua 
der grofse imd der kleine Buchstabe sich in den meisten Fällen so ähnlich, 
dafs man blofs zu sagen braucht: „Das ist derselbe Buchstabe, er ist 
blofs gröfser und wird zu Anfang eines Wortes geschrieben. Das würde 
den Elementarunterricht wesentlich erleichtem und eine grofse Entlastung 
herbeiführen. 

Professor Müller-Frankfurt: 

Meine Herren! Ich habe neulich Gelegenheit gehabt, mit Herrn 
Professor Duden zu reden, der in der Kommission sitzt, die die Ortho- 
graphiefrage lösen soll. Diese Lösung ist sehr nahe, und vielleicht 
werden wir schon in Jahresfrist eine gemeinschaftliche Orthographie 
für das ganze Deutsche Reich haben. Die Grundlagen sind vor- 
handen und voraussichtlich wird das ganze Deutsche Reich sie annehmen, 
ja es ist begründete Aussicht, dafs auch die Schweiz und Österreich, 
welche der Frage wohlwollend gegenüberstehen, dieselben annehmend Viel- 
fach wurde die Orthographie des Neuen Bürgerlichen Gesetzbuches 
als Musterorthographie vorgeschlagen, die Postbehörde war sogar schon mit 
der Annahme derselben vorangegangen, da fand man bei näheren Nach- 
forschungen, dafs diese Orthographie eine der sechs war, die bisher in 
der Reichsdruckerei gebraucht wurden, dafs es also eine ganz alte Ortho- 
graphie sei. 

KonsistoriaLrat Eibach: 

Ich glaube, die Sache verdient, auch von der anderen Seite beleuchtet 
zu werden. Auf mich machen die Verhandlungen, je länger sie sich hinziehen, 



Verhandl. d. ü. Jahresversammlung d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 181 

nicht den Eindruck, als ob ich mich im „Allgemeinen Deutschen Verein flir 
Schulgesundheitspflege", sondern in einer Versammlung deutscher Schreib- 
oder Orthographielehrer befinde (Widerspruch), wenigstens war das erste 
Referat nichts weiter als eine Agitationsrede für diesen Verein. (Lebhafter 
Widerspruch.) Was die Sache selbst betriflPt, so ist es ganz unmöglich, 
auf alle Einzelheiten einzugehen. Die Antiqua- Schrift hat angefangen, die 
Leute zu beschäftigen und Freunde zu werben, ich glaube hauptsächlich 
durch die Gebrüder Grinmi. Sie ist ausschliefslich auf die Gelehrtenkreise 
beschränkt geblieben. Sehen Sie sich zum Beispiel die deutsche Presse 
an! Vor zwanzig Jahren hat einmal eine deutsche Zeitung den Versuch 
gemacht, in Antiqua-Lettern zu erscheinen, hat dies aber alsbald wieder 
eingestellt, und keine politische Zeitung hat sich bisher dazu entschliefsen 
können, zur Antiqua überzugehen. Dagegen sind die gelehrten Zeitungen 
in der Regel mit lateinischen Lettern gedruckt. Worin hier ein Schaden 
liegen soll, ist mir unbegreiflich. Das deutsche Volk hat einfach eine 
eigene Art von Schrift entwickelt, die für dasselbe von grofser Bedeutung 
ist, mit seiner ganzen Geschichte in Verbindung steht und nicht wie ein 
alter Rock ausgezogen werden kann. Ich möchte daher unsem all- 
verehrten ersten Reichskanzler in Schutz nehmen, der ein deutliches 
Gefühl hatte für das, was in unserm Volk lebendig ist. Dieser eigen- 
tümliche nationale Zug, diese nationalen Gefühle, das nationale Gewissen 
ist bei ihm heimisch gewesen, und ich bin fest überzeugt, dafs er sich 
nur aus diesen Gefühlen, die auch die wirklichen Gefühle des Volkes sind, 
für die Puttkamersche Orthographie entschied. Wenn der Herr Referent 
Bilder gebrauchte, die die Schule so darstellten, als ob sie nicht einmal 
erreiche, dafs wenigstens gut Deutsch geschrieben wird, so kann ich das 
nicht finden. In unsem Schulen wird bezüglich der Schrift Glänzendes 
geleistet, was auch die Behörden anerkennen. Was die Vorzüge der 
Antiqua angeht, so ist sie allerdings viel klarer, ich habe aber in meinem 
Leben schon viel Briefe aus England und Amerika in die Hand be- 
kommen, und diese lateinische Kursivschrift bei Engländern und Ameri- 
kanern ist so schwer zu lesen, dafs ich die deutsche Schrift viel lieber 
lese.^ Ich bitte daher dringend, sich nicht mit irgend einer Partei im 
Schulwesen zu identifizieren, sondern hauptsächlich die Schulhygiene in 
den Vordergrund zu stellen und sich mit spruchreifen, nicht aber mit 
solchen Fragen zu beschäftigen. Ich hatte die Absicht, meinen Beitritt 
zu dem Allgemeinen Deutschen Verein für Schulgesundheitspflege zu er- 
klären, würde dies aber zu meinem gröfsten Bedauern nicht thun können, 
wenn heute die vorgeschlagenen Petitionen angenommen werden sollten. 
(Bewegung.) 

Direktor Walther-Frankfart: 

Ich halte die vorliegenden Fragen wohl für eng zusammenhängend 
mit den Zielen unserer heutigen Versammlung. Wir müssen uns die 
Frage stellen, wie können wir und wie sind wir in der Lage, die Zeit 
und die Kraft zu sparen, die jetzt noch unnötig vergeudet werden? 
Sehr viele, die bisher kein Interesse nahmen an der Anwendimg der 
Antiqua, werden sich durch die eingehenden, hier verfolgten Mitteilungen 
veranlafst sehen, dieser so aufserordentlich wichtigen und bedeutsamen 



182 Verhandl. d. 11. JahreBversammliing d. Allgem. Deutecli. Vereines etc. 

Frage ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwend^i. Es unterliegt keinem 
Zweifel, dafs unnötig Zeit vergeudet wird, weil wir daran festhalten 
woUwi, was wir ererbt von unsem Vätern. Wir geben indes nichts 
Deutsches auf, wir werden auch den Ruhm des Altreichskanzlers nicht 
schmälern, wenn wir sagen: wir wollen allmählich zur früheren Schreib- 
weise zurückkehren und unsem Kindern, die schon mit sechs Jahren so 
überlastet werden, eine Erleichterung schaffen. Uns selbst, die wir die 
damaligen Qualen ja schon längst vergessen haben, ist es gleichgiltig, 
aber wir müssen stets daran denken, ob es nicht möglich ist, den Kleinen, 
die nachkommen, eine Erleichterung zu verschaffen. Hier gilt es nicht 
der Vertretung der Antiqua oder einer bestimmten Orthographie, sondern 
wir haben den dringenden Wunsch, gegenüber den Fortschritten der 
Stenographie auch mehr und mehr eine phonetische Schrift für die 
deutsche Sprache zu schaffen. Als ich einmal einen Vater auf diö 
schlechte Schrift seines Sohnes aufmerksam machte, antwortete er mir, 
sein Sohn brauche später überhaupt nicht mehr mit der Hand zu schreiben, 
da werde er selbstverständlich die Schreibmaschine benutzen. Wer Ge- 
legenheit gehabt hat, als Lehrer im Ausland thätig zu sein, wird gefunden 
haben, dais die Schüler daselbst viel schneller zu einer ausgeschriebenen 
Handschrift kommen als unsere Schüler, eben weil diese nur eine Schrift 
schreiben. An geistigen Fähigkeiten gebricht es dabei den Schülern 
nicht, sie dringen vielmehr schneller hinein in die Sprache und Formen, 
was bei uns jetzt alles noch zurücktreten mufs wegen der sechs Alpha- 
bete. Diese müssen als unnützer und schädlicher Ballast über Bord 
geworfen werden und dafür hat, nach meiner Ansicht, die Schulhygiene 
zu sorgen! (Lebhafter, anhaltender Beifall!) 

Konsistorialrat Eibach: 

Ich möchte nur noch kurz bemerken: Verlangen wir vom Kind, 
dafs es schon mit sechs Jahren zur Schule gehen soll, dann sind mancherlei 
Störungen in seiner Entwicklung ganz unvermeidlich. Ln übrigen sollte 
natürlich aller unnötiger und überflüssiger Ballast entfernt werden, aber 
diese Frage ist denn doch noch nicht spruchreif. 

Direktor Archenhold, Sternwarte Treptow-Berlin: 

Ich möchte auf den Punkt hinweisen, dafs doch eine gewisse kleine 
Dankbarkeit auch der Wissenschaft gegenüber durch die Annahme dieses 
Vorschlages geleistet wird, wenn wir bedenken, dafs viele deutsche Zeit- 
schriften dazu übergehen mufsten, über Wissenschaften, die nicht direkt 
in Deutschland gepflegt werden, auch fremdländische Beiträge anzunehmen, 
um die Führung zu behaupten. Amerika wendete z. B. viele Millionen 
für alle möglichen idealen Zwecke auf, um das ganze Bildungsfeld nach 
dort zu verlegen, und da das, was wir aufgeben wollen, gar nicht die 
ursprüngliche deutsche Schrift ist, und da wir durch die Aufgabe der 
Fraktur die XJberlastung der kleinen Kinder vermeiden können, gleich- 
zeitig aber das Ziel erreichen, dafs dem Ausland die deutschen Geistes- 
thaten schneller zugänglich oder überhaupt nur zugänglich gemacht 
werden, was ja unter den jetzigen Verhältnissen so schwer ist, dürfen 
wir über solche kleine Hindemisse nicht straucheln. Aus Dankbarkeit 



Verhandl. d. n. Jabresversammlung d. AUgem. Deutsch. Vereines etc. 183 

gegen das, was die Wissenschaft dem Volke giebt, müssen wir das 
angestrebte Ziel verfolgen, das neben der Entlastung unserer Kinder 
auch der Wissenschaft wieder zugute kommen würde,, indem es den 
internationalen wissenschaftlichen Verkehr erleichtert. Von diesem Ge- 
sichtspunkt aus unterstütze ich diese Sache auf das Wärmste, denn 
gerade wir, nur etwa 100 Personen zählenden deutschen Astronomen 
sind fast ausschliefslich auf den Verkehr mit dem Ausland angewiesen 
und deshalb gezwungen, immer Antiqua zu schreiben. Ich thue dies 
seit Jahren und wüfste nicht, dafs in irgend einer Weise mein Gewissen 
wegen des Nichtgebra,uchs der sogenannten „deutschen" Schrift belastet 
ist. Ich fühle mich viel eher entlastet und bitte daher dringend um 
Annahme des Antrages. Auch hoffe ich, dafs Herr Konsistorialrat Eibach 
nach Annahme der Anträge und wenn diese Frage hier nicht mehr er- 
örtert werden kann, kein Hindernis mehr findet, unserm Verein beizutreten. 
(Beifall!) 

Professor Dahn-Braunschweig: 

Bis vor einiger Zeit bin ich aus nationalem Gefühl Anhänger der 
Frakturschrift gewesen, weil auch ich der Meinung war, dafs wir uns 
diese nationale Eigenart bewahren müfsten. Seit einem Jahr bin ich 
hiervon bekehrt worden, und zwar insofern, als bei einem Kongrefs von 
deutschen Ausländern und deutschen Ansiedlem in fremden Ländern, die 
lange Jahre hindurch die Verhältnisse im Ausland kennen gelernt haben, 
ganz übereinstimmend mitgeteilt wurde, dafs diese Schrift der Verbreitung 
der deutschen Sprache, der Verbreitung des Deutschtums entgegenstehe. 
Es würden alle Leute unsere Sprache leichter lernen, wenn sie nicht 
schon oft bei der kleinen Arbeit, die für sie fremde Schriftsprache zu 
lernen, scheiterten. Deshalb bin ich aus Nationalgefühl zu der Ansicht 
gekommen: Verzichten wir auf das kleinere nationale Element und 
führen wir Antiqua ein, aus Nationalgefühl, zur Ausbreitung des Deutsch- 
tums und der deutschen Sprache über die Erde! (Lebhafter Beifall.) 

Professor Vietor-Marburg: 

Ich möchte noch einmal auf die nationalen Bedenken zurückkommen. 
Wir habenjetzt schon verschiedentlich gehört, dafs unsere, angeblich deutsche 
Schrift eigentlich gar nicht deutsch ist, ich möchte aber noch einmal 
betonen, dafs unsere deutsche Schrift durch Verschnörkelungen der 
lateinischen Schrift seitens der Mönche entstanden ist. Es hat eine Zeit 
gegeben, in der unsere Schrift als französische Schrift bezeichnet 
wurde im Gegensatz zu der lateinischen. Das Latein hat ja alle unsere 
modernen Schriften geliefert. Vor ganz kurzer Zeit hat ein Ire im eng- 
lischen Parlament angefangen, irisch zu sprechen; natürlich haben ihn 
aber nur die Iren verstanden, er hat ein Schreiben an den Präsidenten 
einer Liga in Amerika in irischer Sprache und irischer Schrift abgefafst 
und in einer verbreiteten Zeitschrift mit irischen Lettern reproduzieren 
lassen. Er bildet sich nun viel darauf ein, dafs er nicht nur die irische 
Sprache, sondern auch die irische Schrift gebraucht, die aber so gut wie 
tein Mensch mehr lesen kann. Dabei ist das eine lateinische Schrift, 
die sich vor 500 bis 600 Jahren in Irland ausgebildet hatte, von dort 



184 Yerhandl. d. 11. Jabresversamiiiluiig d. AUgem. Deutscb. Yereinee etc. 

hierher kam und als angelsächsische bezeichnet wurde. Die alten angel- 
sächsischen Werke sind -alle in dieser Schrift geschrieben. Sollen wir 
daher nicht ebensogut national sein können, wenn wir die einfache Schrift 
an die erste Stelle in der Schule setzen, und die verschnörkelte Form, 
die sich erst später herausgebildet hat, an die zweite Stelle schieben und 
erst nachher lernen lassen?! Zum Schlufs möchte ich noch anfiihren, 
dafs man in Norwegen, Schweden und Island heute noch zum Teil aus 
deutschgedruckten Gesangbüchern singt. 

Vorsitzender Professor Griesbach: 

Da die Mehrzahl der Anwesenden sich fiir die Anträge erklärt hat, 
frage ich die Versammlung, ob dieselben sofort formuliert werden sollen, 
oder ob dies dem Vorstand überlassen bleiben soll. 

Die Versammlung erklärt sich einverstanden^ die Formulierung 
dem Vorstand zu überlassen, und ermächtigt ihn auch, bezüglich der 
Weitergabe derselben das nötige zu veranlassen. 

Vorsitzender Professor Griesbach: 

Unsere Zeit ist aufserordentlich weit vorgeschritten, und doch haben 
wir noch zwei sehr interessante Vorträge auf der Tagesordnung stehen, 
ich weifs, dafs eine grofse Anzahl der Anwesenden hauptsächlich dieser 
Vorträge wegen gekommen ist. Sie sehen daraus, dafs bei dem enormen 
Interesse für Schulhygiene schon jetzt ein Tag für unsere Verhandlungen 
nicht mehr ausreicht, und ich stelle deshalb anheim, ob es nicht ge- 
raten ist, für die Zukunft zwei Tage anzusetzen, und vor allen Dingen 
dann darauf Bücksicht zu nehmen, dafs die Vorträge, die hier gehalten 
werden sollen, mindestens vier bis fünf Wochen vorher eingereicht werden. 

Sanitätsrat Dr. Obertüschen-Wiesbaden erklärt in seinem 
Namen sowie für Herrn Dr. Wehmer, den angekündigten Vortrag 
über Schulhygiene und Schwindsuchtsbekämpfung im nächsten Jahr 
in Weimar halten zu wollen. 

Da sich weitere Redner nicht melden, auch gegen die Aus- 
dehnung der nächsten Jahresversammlung in Weimar auf zwei Tage 
kein Einspruch erhoben wird, schliefst der erste Vorsitzende Herr 
Professor Griesbach die IL Jahresversammlung um 4 Uhr 10 Minuten. 

Oberlehrer Wetekamp bringt hierauf dem Vorstand den Dank 
für die im ersten Vereinsjahr geleisteten grofsen Verdienste zum 
Ausdruck. 

Um fünf Uhr schlofs sich an den wissenschaftlichen Teil der 
Versammlung ein Festmahl mit Damen, woran sich über hundert 
Personen beteiligten. Kurdirektor Major von Ebmeyer hielt fol- 
gende Ansprache: 

Meine verehrten Damen und Herren! 

Wenn ich an dieser stattlichen Tafelrunde zuerst das Wort ergreife, 
so verdanke ich diesen Vorzug dem Umstände, dafs ich in meiner Eigen- 



Verhandl. d. n. Jahresversammlung d. Allgßm. Deutsch. Vereines etc. 185 

Schaft als Kurdirektor die schöne Aufgabe und die angenehme Pflicht 
habe, Sie in den Bäumen dieses gastlichen Hauses begrüfsen und von 
Herzen willkommen heifsen zu dürfen. 

Ganz Wiesbaden, von jeher eine bevorzugte Stätte für die Abhaltung 
derartiger Kongresse, ist erfreut darüber, dafs sich die Mitglieder des 
Allgemeinen Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege, wie es bei 
den ebenso zeitgemäfsen als populären Bestrebungen desselben wohl nicht 
anders zu erwarten war, in so zahlreicher Vertretung hier eingefunden 
haben. Wenn auch bei den vorwiegend hygienischen und pädagogischen 
Rücksichten in erster Linie der Arzt und Lehrer berufen sind, sich zu 
wechselseitiger Arbeit die Hand zu reichen, so ist doch jeder, welcher 
im praktischen Leben steht und einen freien Blick hat für die bestehenden 
Schäden, namentlich auch die Frau mit ihrem Verständnis für häusliche 
Verhältnisse und für die gesundheitlichen Bedürfnisse eines Kindes, be- 
rechtigt, sich an diesem wissenschaftlichen Verein, der zugleich ein Liebes- 
werk ist, zu beteiligen. Ein Dienst, welcher nicht nur unserer heran- 
wachsenden Jugend, sondern der Allgemeinheit geleistet wird, denn von 
der ungeschwächten Kraft unserer Jugend, von der ungetrübten Geistes- 
frische derselben ist die Zukunft das Staatslebens, unsere nationale Ent- 
wickelung abhängig. 

Möge der heitere Verlauf dieser Geselligkeit einen würdigen Ab- 
schluTs unserer heutigen ernsten Arbeit bilden, und möge dies Fest mit 
dazu beitragen, die erhabenen Ziele, welche sich der Verein gesteckt hat, 
zu fördern und zu befestigen. 

Li diesem Sinne fordere ich die hier versammelten Wiesbadener 
Damen und Herren auf, mit mir einzustunmen in den Ruf: 

Unsere Gäste, sie leben hochl 

Professor Dr. Griesbach brachte das Hoch auf den Kaiser mit 
folgenden Worten aus: 

Hochverehrte Festgenossen, meine Damen und Herren! 

Wo auch immer Ernst oder Frohsinn Deutsche und PreuTsen zu 
einer festlichen Gelegenheit vereinigt, da gedenken sie in erster Linie 
und in unwandelbarer Treue und höchster Verehrung Sr. Majestät des 
Kaisers und Königs. — Wenn ich Sie beim Festessen der schulhygienischen 
Versammlung bitte, ein Gleiches zu thun, so ist es aufser einem mit 
Ihnen patriotisch empfundenen sursum corda noch eine andere Ursache, 
welche mich dazu veranlafst. — Ich meine die bedeutungsvolle Stellung, 
welche Se. Majestät in der Entwicklung des deutschen Schulwesens ein- 
nimmt, eine Stellung, die weit über die Grenzen unseres Vaterlandes 
hinaus in allen zivilisierten Ländern bewundert wird. Aus eigener An- 
schauung und Erfahrung mit den Licht- und Schattenseiten der Wege und 
Ziele fiir die Heranbildung der deutschen Jugend bekannt, verfolgt unser er- 
habener Monarch mit weitschauendem und klarem Blick teilnahmsvoll 
das gesamte Schulwesen, und greift mit dankenswerter Initiative in das- 
selbe ein. Schon im Jahre 1890 war es so und neuerdings tritt das 
kaiserliche Eingreifen noch in stärkerem Mafse hervor. — In dem Aller- 
höchsten Erlafs vom 26. November vorigen Jahres wird ein versöhnender 



186 Verhandl. d. U. Jahresyerpammlung d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 

Ausgleich zwischen realistischer und humanistischer Bildung angestreht. 
Ein derartiger Ausgleich geht nicht nur den Pädagogen, sondern auch 
den Hygieniker an, denn dadurch, dafs der Ausgleich bislang noch nicht 
völlig erreicht wurde, sind manche imterrichtshygienische Forderungen 
unerfüllbar. 

Fem er wird in dem kaiserlichen Erlafs hervorgehoben, dafs die 
körperlichen Übungen ausgiebiger zu betreiben seien, und die Anordnung 
des Stundenplanes der Gesundheit mehr Rechnung zu tragen habe. Das 
sind Forderungen, in welchen unsere schulhygienischen Bestrebungen 
eine wesentliche Stütze finden. — Noch einen Punkt kann ich nicht un- 
erwähnt lassen, ich meine die durch Se. Majestät veranlaTste Beseitigung 
der Abschlufsprüfung, und damit die Befreiung der Schüler von einem 
ungesunden Alp. 

Wer den Allerhöchsten Erlafs ohne vorgefafste Meinung studiert, 
der wird sich sagen, dafs derselbe nicht nur in pädagogischer, sondern 
auch in hygienischer Hinsicht segensreiche Änderungen bewirken will. 
Und deswegen, meine hochverehrten Anwesenden, hat die Schulhygiene, 
die uns hier in Wiesbaden zu gemeinsamer ernster Arbeit vereinigte, 
alle Ursache, Sr. Majestät, unserem erhabensten Kaiser und Könige, 
dankbar zu sein. Ich glaube, wir können unseren Dank dadurch kund- 
geben, dafs wir, eingedenk des obersten Grundsatzes der Hygiene : Gesund- 
heit ist das höchste Gut, uns in einem Hoch auf stetes Wohlergehen 
unseres kaiserlichen Herrn vereinen. Ich bitte Sie, verehrte Festgenossen, 
nach alter deutscher Sitte Ihr gefülltes Glas zu erheben und mit dem 
heifsen Wunsche: Gott schütze den Kaiser, ein dreifaches Hoch auf 
Se. Majestät erschallen zu lassen. Se. Majestät, unser geliebter, unser 
allverehrter Kaiser und König lebe hoch — hoch — hoch! — 

Die Musik spielte die Kaiserhymne. Darauf begrüfste Stadtrat 
Professor Kalle die Tischgesellschaft in Vertretung des Oberbürger- 
meisters namens der Stadt Wiesbaden. Er führte etwas Folgendes aus: 

Es sei zwar nicht zu leugnen, dafs der Vereine viele seien, imd dafs 
bei manchen von ihnen Opfer und Mühe nicht im Verhältnis zu den er- 
zielten Erfolgen ständen, dennoch sei das in einer gemeinnützigen Vereins- 
thätigkeit sich aussprechende Streben nach Selbstvervollkommnung eine 
der schönsten Blüten des modernen nationalen Volkslebens und zeige, 
dafs wir uns durch die vor einem Menschenalter errungenen kriegerischen 
Erfolge nicht verblenden und zu eitler Selbstbespiegelung verleiten liefsen, 
sondern dafs wir vielmehr bemüht seien, unser Volk in allen Schichten 
so zu heben, dafs es befähigt werde, den aus der sicheren Stellung 
Deutschlands ihm erwachsenden Ansprüchen dauernd zu genügen. Be- 
sonderen Dank dürften diejenigen Vereine beanspruchen, welche sich die 
Verbesserung der Jugenderziehung zur Aufgabe machten. So viel nun 
auch bei uns bereits für das öffentliche Schulwesen geschehen sei, so 
bleibe doch noch manches zu wünschen übrig. Nicht überall schenken 
unsere Schulen dem körperlichen Wohle der ihnen anvertrauten Jugend 
die gebührende Aufmerksamkeit und deswegen war die Bildung unseres 
Vereines, der sich die Aufgabe stellt, die Lehren der Hygiene in den 



Verhandl. d. 11. JahresverBaininlang d. Allgem. Deutsch. Vereines etc. 187 

Schulen zu verbreiten und gesundheitsschädigende Einflüsse durch die 
Schule zu verhindern, mit Freude zu begrüfsen. 

Die Stadt Wiesbaden, welche bereits seit einer Reihe von Jahren 
in dieser Richtung thätig ist, steht den Bestrebungen des Allgemeinen 
Deutschen Vereines für Schulgesundheitspflege besonders wohlwollend 
gegenüber. Schlief slich brachte Redner auf die Referenten des Tages 
und auf das Wachsen und Gedeihen des Vereines ein Hoch aus. 

Unter mehreren nichtoffiziellen Toasten verlief dann das Fest- 
mahl in gelungenster Weise. Am Abend begaben sich die Gäste 
zu dem von der Kurverwaltung arrangierten Gartenfest, welches, 
von der prachtvollsten Witterung begünstigt, tausende von Besuchern 
angelockt hatte. 

Am 1. Juni fand morgens unter der Führung des kgl. Baurates 
Genzmer und unter Beteiligung einiger sechzig Personen die Be- 
sichtigung der städtischen höheren Mädchenschule und der Blücher- 
schule, einer Knabenvolksschule, statt. 

Besonders die erste erregte wegen ihrer hygienischen Voll- 
kommenheit und ihrer geschmackvollen Einrichtungen die Bewun- 
derung aller Besucher. 

Auch die Blücherschule machte auf den Hygieniker im all- 
gemeinen einen günstigen Eindruck, noch befriedigender wäre der- 
selbe aber wohl dann gewesen, wenn die Brausebäder und Speise- 
hallen nicht im Souterrain untergebracht worden wären. 



Verzeiclmis neuer Hitglieder. 



Bünde, Westf., Lehrer- Verein (Rektor Muenk). 
380Cassel, Stadt. 

Chemnitz, Bat der Stadt. 

Colmar i. Eis., Stadtmagistrat. 

Dresden, Rat zu, f. d. evgl. Schulgemeinde. 

Freiberg i. S., Stadtrat. 

Giefsen, Grofsherzogl. Realgymn., Realschule. 

Hamburg, Kuratorium der Reformschule, Paulstr. 25. 

Hanau, Magistrat der Stadt. 10 Mark Jahresbeitrag. 

Horde i. Westf., Magistrat. 

Königshütte O.-S., Stadtrat. 
390 Leipzig, Rat der Stadt. 

Nürnberg, Magistrat der Stadt. 

Realschule (E. Fritzsche) in Balmke b. Schalke. 

Rektorat der Schulen zn Gemrode a. H. 

Ruhla^ W.-A., Schulgemeinde. 

Stade, Rektorat der Kn.-Mittelschule 

Stuttgart, kgl. öffentl. Bibliothek, Heckerstr. 8. 

Verein Tumerschaft, München, Nordenstr. 55, Vereinshaus. 

Verein akad. geb. Lehrer, Wiesbaden. 

Verein, ärztlich-hygienischer, von Elsafs-Lothringen. 

400 Abend, L., Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Abel, Dr., Physikus, Hamburg. 

Althausse, Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Altdorfer, Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Anacker, Oberl. a. d. höh. Töchtersch., Wiesbaden. 

Bach, J., Rektor, Kassel, Sommerweg 1. 

Back, Dr. med., Strafsburg i. E., Alter Weinmarkt 9. 

Bai er, Dr., Gymn. -Direktor, Frankfurt a. M. 

Balz er, Dr., Kreisarzt, Mainz. 

Baumert, Dr., Arzt, Radebeul-Dresden 
410 Beck, Prof. Dr., Oberlehrer, Mainz. 

B ehrend, Verlagsbuchhändler, Wiesbaden. 

Ben da, Dr., Berlin W, Dömbergstr. 1. 

Bendt, A., Lehrer, Wiesbaden. 

Bennstein, Alexander, Dr., Wilmersdorf-Berlin, Wilhelmsaue 101 

Bickel, E., Lehrerin, Wiesbaden. 



Yerzeichnis neuer Mitglieder. 189 

Biwer, R, Staats- Architekt, Luxemburg. 

Blachstein, Dr., Hygieniker, Göttingen. 

Blumen feld, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Boodstein, Dr., Beigeordn. u. Schulrat, Elberfeld, Schlieyerstr. 2. 
420 Bornmann, Stadtschulrat, Kassel. 

Bosse, Dr. phil., Oberl. am Kgl. Gymn., Wiesbaden. 

Brand, Sanitätsrat Dr., Saarburg, Lothr. 

Breidenstein, Eektor, Wiesbaden. 

Breithaupt, Oberst a. D., Wiesbaden. 

Brenn, Gymn.-Direktor, Wiesbaden. 

Brink, Oberbürgermeister, Offenbach a. M. 

Brunswick, Dr. phil., Prof., Wiesbaden. 

Brüssow, Eektor u. Schulinsp., Fiddichow. 

Buhlmann, W., Lehrer, Wiesbaden. 
430Capauner, Dr. med., Augenarzt, Mülhausen i. E. 

Cossmann, Dr., Duisburg. 

Cüppers, Schulrat, Direktor der Prov.-Taubst.-Anst., Trier. 

Dankwarth, Dii*ektor, Untersachsenberg-Georgenthal . 

Dapprich, R, Lehrer, Wiesbaden. 

Deckelmann, Josef, Kaufmann, Frankfurt a. M. 

Decker, Eektor, Komthal i. Württemb. 

Dettweiler, P., Dr., Geh. Sanitätsrat, Cronberg. 

E i b a c h , Konsistoriakat. 

Eisenach, Dr., Sanitätsrat, Stadtrat, Hanau. 
440Eldena i. Pomm., Dr. W. Eohde, Direktor der Landwirtschaftsschule. 

En giert, Ferdinand, Dr., Eeg.-Eat i. bayr. Staatsministerium d. Innern, 
München, Sophienstr. 5 b. 

Endric, Eektor, Eüdesheim a. Eh. 

Epting, M., Höchst a. Main. 

Feechtenmacher, Dr., Arzt, Kronstadt, Siebenbürgen. 

Fertig, Medizinalrat Dr., Worms. 

Fischer, G., Lehrer, Wiesbaden. 

Fischer, Valerie, Lehrerin, Wiesbaden. 

Fischesser, Alfr., Fabr., Lutherbach b. Mülh. i. Eis. 

Fleischer, Eichard, Chefredakt. d. Deutschen Eevue, Wiesbaden. 
460 Frenz el, Emil, Eealschullehrer, Dresden- Striesen, Ermelstr. 5. 

Friedländer, Moritz, Berlin W., Hohenzollemstr. 13. 

Fulda, Dr. H., Arzt, Frankfurt a. M. 

Funke, Egon, Eektor, Dortmund, Heroldstr. 41. 

Gabel, Eektor, Biebrich. 

Gaertner, Schulrat, Nordhausen. 

Gaertner, M., Oberlehrer, Cöblenz-Pfaffendorf. 

Geis, W., Lehrer^ Wiesbaden. 

Gerber, Bürgermeister, Chemnitz. 

Germ an, Dr., Höchst a. Main. 
46oGleitsmann, Sanitätsrat Dr. med., Kreisarzt, Wiesbaden. 

Goldmann, Fritz, Baumeister, Berlin. 

Graef, Kgl. Baurat, Steglitz, Albrechtstr. 113. 

Graupner, Herm., Lehrer, Dresden- A., Wittenbergerstr. 58. 



190 Verzeiclinis neuer Mitglieder. 

Grieben, Stadtschulinspektor. 

Grimm, Amtsgerichtsrat, Wiesbaden. 

Gull, Lehrer, Wiesbaden. 

Gütter, J., Schuldirektor, Bodewisch. 

Haas, Karl, Eedakteur, Wiesbaden. 

Hackl, Dr. Max, prakt. Arzt, SoUn b. München. 
470Haeffner, Hotelbes. u. Stadtverordn., Wiesbaden. 

Hagemann, Dr. phil., Archivrat a. D., Wiesbaden 

Handel, Otto, Prof., Beichenbach i. Schi. 

Hanschke, Templin (Uckermark). 

Harcourt, Mifs, Institutsvorsteherin, Wiesbaden. 

Harmsen, Dr., Stabsarzt des Eadettenhauses Oranienstein 

Hartmann, Paul, Kaufmann, Eilenburg. 

Heck er, Dr. med., Arzt, Wiesbaden. 

Heil, B., Dr. phil., Oberl. am Kgl. Gymn., Wiesbaden. 

Heinz, A., Lehrer, NastÄtten b. Wiesbaden. 
480Heitmann, Dr., Oberlehrer, Birkenfeld. 

Herbor, L., Syndikus der H.-K., Wiesbaden. 

Herz, Ottilie, Frl., Wiesbaden. 

Herz er, Dr. med., Generalarzt und Korpsarzt d. XVI. Armee-K. Metz, 
Gr. St. Vincentstr. 4. 

Hefs, Ed., Dr. med., Oberarzt in der Bez. -Irren -Heil- u. Pflege -Anst. in 
Stephansfeld i. Eis. 

Hefs, Frau, Fulda. 

Heyne, Max, Oberlehrer, Biebrich. 

Hild, E., Lehrerin, Wiesbaden. 

Hillebrandt, M., Lehrerin, Wiesbaden. 

Hillengafs, C, Hotelbes., Wiesbaden. 
490 Hirsch, L., Rektor, Dessau, f. d. Volksschule DI. 

Hofmänn, B., Lehrerin, Wiesbaden. 

Holthausen, Gustav, Fabrikbes., Krefeld. 

Hut z er, C, Dr. med., Köln a. Rh., Kl. Neugasse 8. 

Israel, Dr., Spezialarzt für Chirurgie, Berlin. 

Jacobi, J., Lehrer, Wiesbaden. 

Jahn, Stabsarzt Dr., Mülhausen i. E., Weidemannstr. 

Jessen, Ernst, Dr. med., Privatdoz. f. Zahnheilkunde u. prakt. Zahnarzt, 
Strafsburg. 

Jordy, Dr. med., Bern, Schweiz. 6. Bemastr. 

Jung, G., Rektor, Wiesbaden. 
500 Kaiser, Carl, Wiesbaden. 

Kalle, W., Dr., Konmierzienrat, Biebrich. 

Kautel, Reg.-Rat, Wiesbaden. 

Kaufmann, Dr. med., Schularzt, Aachen, Karlsgraben 31. 

Kays er, Karl, Rentner, Wiesbaden. 

Kempner, J., Dr., Augenarzt u. Sanitätsrat, Wiesbaden. 

Kilian, J., Lehrerin, Wiesbaden. 

Klink ert, Dr. phil., Oberl. am Realgymn., Wiesbaden. 

Klett, H., Kapt.-Lieut. a. D., Stadtverordn., Wiesbaden. 

Klofs, Dr. phil., Oberl. am Kgl. Gynm., Wiesbaden. 



Verzeichnis neuer Mitglieder. 191 

ÖloKluge, Dr., Kreisarzt, Höxter. 

Klügel, Adolf, Prof. a. Herzogl. Braunschw. Gymn., Blankenburg a. H. 

Konitz, Kgl. Gymnasium. 

Koenig, Dr., Kgl. Kreis- Ass.- Arzt, Wiesbaden. 

Koeniger, Dr., Kreis-Ass.-Arzt, Giefsen. 

Kotowski, Gymn. -Direktor, Lyck, Ostpr. 

Kuborn, Dr. med., Augenarzt, Diedenhofen, Lothr. 

Kühn, H., Lehrer, Frankfurt a. M. 

Kunz, A., Lehrer, Wiesbaden. 

Kuny, A., Lehrer, Wiesbaden. 
520 Lack, Lehrer, Frankfurt a. M. 

Lahn, Dr., Direktor, Grofs-Umstadt. 

La quer, Dr., Arzt, Frankfurt a. M. 

Lehmann-Hohenberg, Professor Dr., Kiel. 

Leubuscher, Prof. Dr., Medizinalreferent im Ministerium, Meiningen. 

Levy, L., Dr. med., Arzt, Metz, Totenbrücke 14. 

Linker, Rektor, Frankfurt a. M. 

Lohr, Dr., Prof. am Kgl. Gymnasium, Wiesbaden. 

Lömgen, Dr., Stadtschulrat, Wiesbaden. 

Lund, J., Augenarzt, Neubrandenburg i. M. 
630 Ma als, Ernst, Verlagsbuchhändler, Hamburg. 

Magirius, Schuldirektor, Niederwürschnitz i. E. 

Matthes, Franz, städt. Lehrer u. Schriftsteller, Berlin SW 29, Marien- 
dorf erstr. 2. 

Mensing, Vizeadmiral z. D., Wiesbaden. 

Mertens, Agathe, Frl., Wiesbaden. 

Mertens, Dr. med., Augenarzt, Wiesbaden. 

Merzbach, Dr. 

Meyer, E., Zahnarzt, Wiesbaden, Rheinstr. 38. 

Meyrich, Lehrer, Leipzig. 

Müller, Oberbürgermeister, Eisenach. 
540 Müller, Professor, Frankfurt a. M. 

Müller, P., Lehrer, Wiesbaden. 

Müller, Peter, Rektor, Wiesbaden. 

Nake, Th., Wiesbaden. 

Nelson. Franz, Buchhandl., Neuenburg, W.-Pr. 

Nodnagel, Geh. Oberschulrat, Darmstadt. 

N oll au, Bürgermeister, Remscheid. 

Oertel, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Ohlemann, Dr., Augenarzt, Wiesbaden. 

Overbeck, Dr. med., Stabs- u. Bat.- Arzt, Metz-Montigny, Chausseestr.il. 
ööoPähler, Dr., Provinzialschulrat, Kassel. 

Palm, Dr., Prof., Bochum. 

Paradis, Melanie, Frl., Wiesbaden. 

Patzig, Direktor, Hohenstein-Emstthal. 

Petri, F., Eisenbahnbau- und Betriebsinsp., Wiesbaden. 

Peters, Dr. med., Stahlhelm, Lothr. 

Pfeiffer, E., Dr., Geh. Sanitätsrat, Wiesbaden. 

Pawollek, Dr., Sanitätsrat u. Kreisarzt, Bolchen, Lothr. 



192 Veizeichnis neuer Mitglieder. 

Pohl, VorschuUehrer. 

Pröbsting, Dr. med., Augenarzt, Köln, Zeughauptstr. 9. 
560 Quelle, E., Yerlagsbuchhändler, Leipzig. 

Range, 0., Prof. am Kgl. Gymn., Wiesbaden. 

Bichter, Dr., Medizinalrat, Dessau. 

Richter, Oberingenieur, Wiesbaden. 

Richter, P. V., Dr. med., Augenarzt, Hamm i. Westf. 

Ritter, Kaiserl. Baurat, Mülhausen i. E. 

Rohrbach, Carl, Dr. ph., Realschuldirektor, Gotha, Galberg 11. 

Rohwedder, H., Dr. med., Oldesloe. 

Rosenheim, F., Verlagsbuchhändler, Frankfurt a. M. 

Rofsmann, Dr., Wiesbaden. 
570 Roth, E., Schuldirektor f. Schulkasse, Oberfrohna i. S. 

Samt er, Arnold, Dr., Friedonau b. Berlin, Fregestr. 74 A. 

Scharff, A., Flensburg, Bauerlandstr. 7. 

Seh aar Schmidt, Prof., Schuldirektor, Braunschweig. 

Scheffen, Oberl., Ruhrort. 

Schirlitz, Dr., Direktor, Frankfurt a. M. 

Schlitt, Oberlehrer, Wiesbaden. 

Schlosser, H., Rektor, Wiesbaden. 

Schmidt, J., Berlin, Genthinerstr. 3, Luxferprisraen-Syndikat. 

Schmidt, Th., Arzt, ülrichstein. 
OSO Schmidt, Robert, Dr., Farbenfabr., Eberfeld. 

Schmitt, G., Lehrerin, Wiesbaden. 

Schneider, Dr., Direktor i. P., Wiesbaden. 

Schert er, B., Colmar, Schulstr. 2. 

Schrick, Dr., Sanitätsrat, Metz. 

Schroeder, Dr. med., Stadtarzt, Altena. 

Schüler, H., Lehrerin, Wiesbaden. 

Schulz, Dr., Arzt, Wiesbaden. 

Schüler, Heinr., Rektor, f. Schulkasse, Harzgerode. 

Schwartz, L., Fabrikant u. Stadtrat, Mülhausen i. E. 
590 Schweigmann, Dr med., prakt. Arzt, Busendorf, Lothr. 

Seivers, Dr., Prof. am Kgl. Gymnasium, Wiesbaden. 

Sieb er, Bez.-Schulinsp., Grofsenhain, Elsterwerderstr. 7. 

Sieb er, Herzogl. Bjreisschulinspektor, Meiningen. 

Sinz, Verwaltungsdirektor, Wiesbaden. 

Spam er, C, Oberl. am Kgl. Gymnasium, Wiesbaden. 

Spiels, A., Dr., Geh. Sanitätsrat, Frankfurt a. M. 

Stadtfeld, Dr. med., Arzt, Winkel a. Rh. 

Stach von Goltzheim, Dr. med.. Kantonal- Arzt, Dieuze i. Lothr. 

Stahl, Pfarrer, Bad -Soden a. Taunus. 
600 Stamm, L., Lehrerin, Wiesbaden. 

Stieren, Zahnarzt, Wiesbaden. 

Stockmayer, Gemeinderat, Stuttgart, Hasenbergsteige 100. 

Stöhr, Paul, Kaufmann, Offenbach a. M., Ludwigstr. 2. 

St ob er, Dr. jur., Rechtsanwalt, Mülhausen i. E. 

Stritter, L., Realschuldirektor, Biebrich. 

T ach au, Dr., Prof., Direktor der Samson-Realschule, Wolfenbüttel. 



Verzeichnis neuer Mitglieder. 193 

Thimann, Dr. med., Arzt, Leipzig-Neustadt, Eisenbahnstr. 51. 

Tietze, L., Lehrer, Wiesbaden. 

Uebel, Prof., Oberlehrer, Mainz. 
610Voiges, Geh. Baurat, Wiesbaden. 

Voigt, Bektor, Zehdenick. 

Vüllers, Dr. med., Oberstabsarzt z. D., Köln, Lindenthal. 

Vos seimann, C, Dr. med., Bahn- u. Kantonallarzt, Brumath, Eis. 

Wagner, Dr., Oberlehrer, Worms. 

Wagner & Münz, München, Karlsstr. 7. 

Wanger, Schulinspektor, Ludwigshafen a. Rh. 

Walter, Dr., Gymn.-Direktor, Worms. 

Wehmer, Franz, Dr., Arzt, Schöneberg i. Württ. 

Wehmer, Paul, Dr., Frauenarzt, Wiesbaden. 
620 Weiser, Direktor, Otto, Zimdorf b. Nürnberg. 

Weitzel, Dr., Rektor der höh. Mädchenschule, Ulm. 

Wenz, Buchdruckereibes., Mülhausen i. E. 

Weldert, C, Schulrat, Direktor d. höh. Töchterschule, Wiesbaden. 

Werner, Prof. Dr., Alfred, Zürich, Universität. 

Werner, K., Lehrer, Wiesbaden. 

Wick, Dr., Oberstabsarzt u. Regimentsarzt i. Magdeburgischen Dragoner- 
Regiment 6, Diedenhofen, Lothr. 

Wickel, J., Rektor, Wiesbaden. 

Wildfeuer, Schuldirektor, Glauchau. 

Winter, F., Hamburg, Osterstr. 16. 
630 Wintermeyer, L.,^ Stadtverordn., Reichstags- u. Landtagsabgeordneter, 
Wiesbaden. 

Witry, Th., Oberschulinspektor, Luxemburg. 

Wolff, Julius, Hygieniker, Wiesbaden. 

Wutzdorff, Regierungsrat, Berlin. 

Zander, Karl, Dr. med., Arzt, Berlin NW., Altmoabit 131, 

Zimmermann, Rektor, Frankfurt a. M. 

Zwiebel, Dr., Stadtschulinspektor, Breslau. 

Herr Generalkonsul Freiherr von Lade auf Schlofs 
Monrepos in Geisenheim, Ehrenmitglied des Vereines, hat der 
Vereinskasse hundert Mark zufliefsen lassen, wofür dieselbe 
ihren verbindlichsten Dank ausspricht. 



Gesunde Jugend. I. 3/4. 13 



BerichtigTUigeiL 

znm Artikel Schotten in Heft 1/2. 

Seite 24 Zeile 18 lies: „Entwicklung"' statt „Bedeutung''. 

„Boviele** statt „soziale". 



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„Wechselzöten" statt „Wechselzeitei^". 

„ausgeführt" statt „angeführt". 

„Frage" statt „Fragen". 

„Samstag-Nachmittage" statt „Sonnabend-Nachmittage". 

„(XXn, S. 14)" statt „(S. 14)". 

„freundlichen" statt „feindlichen". 

„sprechen" statt „sprachen". 

„dann" statt „denn". 

„weniger-wichtiger" statt „weniger wichtiger". 

„Stufe" statt „Schule". 

„wenn es unmöglich" statt „denen es möglich". 

„wurden, so fügte" statt „werden, so fügt". 

„fügte" statt „fügt". 

„entrissen" statt „verlieren". 

„komme" statt „kommt". 

„zusammenhängende" statt „zusammenhängender". 

„fördern" statt „fordern". 

„die" stritt „diese". 

„vollbesetzte" statt „voUbenutzte". 

„jenen" statt „diesen". 

„sanitäre" statt „weitere". 

„verbunden" statt „verbundenen". 

„auszusprechen" statt ^^anzupassen". 

„war mehr" statt „war". 

^fgeistige" statt „geistliche". 

„ungeheuere" statt „angesehene". 

„jedesfalls" statt , Jedenfalls". 



Znsammensetzniig des derzeitigen Vorstandes. 

Professor Dr. med. u. phil. Griesbach, Mülhausen i. E., Vorsitzender. 

Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. A. Eulenburg, Berlin, 1. Stell- 
vertreter. 

Oberrealschuldirektor Dr. Schotten, Halle, 2. Stellvertreter. 

Bürgermeister Hertzog, Aachen, 3. Stellvertreter. 

Direktor Dr. Beyer, Leipzig, Schriftführer. 

Dr. med. Korman, Arzt, Leipzig, 1. Stellvertreter. 

Reichstags- und Landtags -Abgeordneter Sittard, Aachen, 2. Stell- 
vertreter. 

R. Quelle, Vertreter der Verlagsbuchhandlung B. 6. Teubner, Schatz- 
meister. 

Direktor F. S. Archenhold, Sternwarte Treptow-Berlin, 1. Stell- 
vertreter. 

Dr. med. Schmid-Monnard, Kinderarzt, Halle, 2. Stellvertreter. 

Beisitzer: 

Prof. Dahn, Herausg. des Pädagogischen Archivs, Braunschweig. 

Dr. med. Gerhardi, praktischer Arzt, Lüdenscheid. 

Dr. med. Hartmann, Ohrenarzt, Berlin. 

Königlicher Reallehrer Dr. Herberich, München. 

Dr. med. F. Hueppe, ordentlicher Professor der Hygiene an der 

deutschen Universität in Prag. 
Lehrer Lauche, Halle. 

Bürgermeister-Beigeordneter Mangold -Wiesbaden. 
Oberbürgermeister Müller, Kassel. 
Geheimer Hofrat Prof. Dr. Ostwald, Leipzig. 
Geheimer Regierungsrat Pabst, Oberbürgermeister, Weimar. 
Professor Dr. Recknagel, Rektor des Königlichen Realgymnasiums, 

Augsburg. 
Städtischer Schulinspektor Rinkel, Wiesbaden. 
Lehrer Schubert, Leipzig- Gohlis. 
Professor Dr. SchüUer, Aachen. 
Landtagsabgeordneter Oberlehrer Wetekamp, Breslau. 



Gesunde Jugend I. 5« 14 



BerUner Aufruf! 

Die gedeihliche und glückliche Entwickelung unseres Volkes ist 
an die gesunde Gestaltung unserer Jugend geknüpft. Darum haben 
aUe auf die Hebung des Yolkswohles gerichteten Bestrebungen bei 
der Jugend den Hebel anzusetzen. Die häusliche Erziehung der 
Kinder gesundheitsgemäfs zu gestalten, wird vielfach durch die so- 
zialen Verhältnisse verhindert; Einflufs auf dieselbe kann nur in be- 
schränktestem MaTse geübt werden. Anders dort, wo, wie in der 
Schule, unter der Einwirkung des staatlichen Zwanges, Gemeinde 
und Staat die Einderwelt wenigstens in einem bestimmten Zeitmafse 
in ihre Obhut nehmen. Hier kann es gelingen, durch zweck- 
mäfsige Einrichtungen und sorgsame Überwachung Nachteilen vor- 
zubeugen und entstandene Schäden zu beseitigen. 

Theoretisch sind die Grundlagen der Schulgesundheitspflege durch 
die Mitarbeiterschaft hervorragender Kräfte aus allen Berufskreisen, 
insbesondere aus denen der Arzte und Lehrer, festgestellt. Ihre 
praktische Durchführung steht indes noch weit aus. Noch sind 
trotz der vielfachsten Bemühungen die äuTseren Einrichtungen der 
Schulen recht sehr verbesserungsbedürftig; Bauart, Beleuchtung, Hei- 
zung, Lüftung, Reinhaltung der Schulen, Beschaffung normaler Sub- 
seUien sind noch nicht in wünschenswerter Weise gefordert; aber 
auch die Schulpläne und die Ausgestaltung des Unterrichts harren 
selbst in dem Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der Verbesse- 
rung; vor allem harrt die so wichtige Frage der geistigen Über- 
bürdung unserer Schuljugend der endgiltigen Lösung. Auch die ärzt- 
liehe Überwachung der Schule ist erst eben in Angriff genommen. 
Haben in früherer Zeit nur einzelne hervorragende Männer auf allen 
diesen Gebieten gearbeitet und ihre Stimme erschallen lassen, so 
wenden jetzt immer weitere Kreise den verbessernden Bestrebungen 
ihr Augenmerk zu. Was uns hierbei fehlt, ist die Zentralisation 
dieser Bestrebungen, um durch dieselbe den sich ergebenden For- 
derungen der Schulgesundheitspflege nachdrücklichst Geltung zu ver- 
schaffen und dieselben endgiltig zur ErfüUu^ig zu bringen. 



Berliner Aufruf. 19Ö 

Einen solchen Zentralpunkt soll für Berlin der neu zu be- 
gründende Verein für Schulgesundheitspflege schaffen. Ein 
Erfolg ist umsomehr zu erhoffen, als dieser Verein trotz der Selb- 
ständigkeit, die die Eigenart der Berliner Verhältnisse verlangt, nicht 
isoliert steht, sondern innerhalb des Verbandes des „Allgemeinen 
Deutschen Vereins für Schulgesundheitspflege" wirken wird 
und auf diese Weise ein gemeinsames Vorgehen aller Gleichgesinnten 
in ganz Deutschland gewährleistet ist. 

Wir richten an alle, denen das Wohl des heranwachsenden 
Geschlechts am Herzen liegt, die Interesse an der gesundheitlichen 
Reform der Schule nehmen, die Bitte, sich uns anzuschliefsen und 
jeder in seinem Kreise für die gute Sache zu wirken.*) 

*) Hoffentlich werden recht bald viele andere Städte dem Beispiele Mül- 
hausens und Berlins folgen und Zweigvereine des Allgemeinen Deutschen Ver- 
eins für Schulgesundheitspflege ins Leben rufen. Möge dieser Aufruf dazu 
beitragen, die Bestrebungen der Vereine in alle Schichten der Bevölkerung zu 
tragen und auch dem Allgemeinen Deutschen Vereine recht zahlreiche neue 
Mitglieder zuzuführen. (Die Red.) 



14' 



Hamburger Reformsclml-Bank. 

Von Dr. L. Bornemann, Hamburg. 

Für die vom Verein Frauenwohl in Hamburg geplante ,,Reform- 
schule" ist ein neues Bankmodell gewählt worden, das von einer 
Frau ausgearbeitet ist und gewifs Beachtung verdient. 

Seltsam, wie weit man sich neuerdings von dem eigentlichen 
Kerne des Schulbankproblems entfernt hat und kunstvolle Seiten- 
sprünge macht. Im laufenden Jahrgange (1901) der Zeitschrift für 
Schulgesundheitspflege wird in längeren Ausführungen und mit viel 
Eifer darüber debattiert, ob die Rettigsche patentierte Klappvor- 
richtung zum seitlichen Umlegen der Bank eine bessere Reinigung 
der Klassen ermögliche oder eine in Nürnberg kürzlich ausgeführte. 
Selbstverständlich mufs die mit Bänken angefüllte Klasse sorgsam 
gereinigt werden können, und wenn die Bänke das hindern, so taugen 
sie nicht; aber der Kern der Bankfrage liegt doch ganz anderswo. 

Wer die erwähnte Zeitschrift von ihrem Beginn (1888) bis 
heute durchblättert, wird in den ersten Jahren einer mächtig an- 
schwellenden Hochflut von Schulbank -Versuchen begegnen, die nach 
Verlauf eines Jahrzehnts wesentlich zurücktritt. Da finden wir denn 
im XL Jahrgang (1898) S. 126 f. folgendes unseres Erachtens sehr 
beachtenswerte Resume des Herausgebers Prof. Erismann: „Die zahl- 
reichen Spitzfindigkeiten in der technischen Konstruktion der Sub- 
seUien, welche die Verschiebbarkeit der einzelnen Teile zum Zwecke 
haben, sind für den Hygieniker entweder absolut wertlos oder be- 
sitzen nur einen sehr beschränkten und bedingten Wert. — Im 
wesentlichen handelt es sich doch darum, dafs sie durch ihre Kon- 
struktion den Kindern die Möglichkeit gebe, beim Schreiben eine 
gesundheitsgemäfse Körperhaltung zu bewahren, leicht und ohne 
Geräusch aufzustehen und aus der Bank hinaus- oder in dieselbe 
hineinzutreten, dafs sie nicht allzuviel Raum einnehme, möglichst 
einfach gebaut sei und nicht zu teuer zu stehen komme. Das Aller- 
wichtigste aber sind unter allen Umständen die Mafsverhältnisse und 
die Konstruktion der Lehne. . . . Wenn eine Bankkonstruktion in 



L. Bomemann: Hamburger Reformschul-Bank. 201 

technisclier Beziehung auch noch so sinnreich wäre — sie ist zu 
verwerfen, wenn ihre Mafsverhältnisse nicht demjenigen entsprechen, 
was wir im Interesse einer gesunden Körperhaltung beim Schreiben 
fordern müssen." 

Nun befand sich in demselben Jahre (1898) auf der Ausstellung 
in Bergen ein von Fräulein Sophie Möller und Einar Sörensen aus- 
gearbeitetes Bankmodell, von dem sich nur sagen läfst, dafs es ge- 
rechtfertigten Forderungen völlig zu entsprechen scheint. In allen 
Grundzügen hat es, unter freundlicher Bewilligung der Erfinder, für 
die Bänke der Hamburger Reformschule als Vorlage gedient. 

Über Fräulein Sophie Möller sind wir in der Lage, allerlei in 
Kürze zu berichten, was einerseits ihre Befähigung bezw. ihre 
Grundsätze für Schulbankkonstruktionen ins rechte Licht stellt, 
andererseits aber auch von sachlichem Interesse für jeden sein müfs, 
der etwas weiter denkt. 

Ein von der norwegischen Regierung eingesetzter Ausschufs^ 
den Schreibunterricht betreffend, hat nach eingehenden theoretischen 
wie praktischen Untersuchungen unter dem 30. Oktober 1894 ein 
ausführliches, sehr interessantes Gutachten abgegeben (Christiania 
bei T. 0. Brögger 1894), das in einer deutschen Bearbeitung von 
Dr. L. Bomemann (u. d. T. „Sollen wir Steilschrift treiben?^^ Ham- 
burg, Hefold 1896) deutschen Lesern zugänglich ist. In diesem 
AusschuTs ist, wenn wir recht sehen, die Schriftführerin Fräulein 
S. Möller die eigentlich treibende und alles durchdringende Kraft 
gewesen. Langjährige Studien, speziell auch in Deutschland, Öster- 
reich und in Frankreich, haben sie dazu befähigt. Später sind von 
ihr erschienen: 1. Eine schrifttechnische Studie „Ist Steilschrift lot- 
rechte Schrägschrift?" (norwegisch) als „praktisches Hilfsmittel zu 
sachlicher, selbständiger Beurteilung der jetzt gebräuchlichen Schrift-, 
Schreib- und Schreibunterrichts-Methoden", 48 S. Christiania, Aschen- 
houg & Co., 1896; 2. Steilschriftvorschriften mit begleitendem Text 
(norwegisch), Christiania bei Rieh. Andvord: ein mit der minutiösesten 
Sorgfalt und Überlegung ausgearbeitetes Vorschriftenwerk. Auf die 
einzelnen Vorzüge dieser Arbeiten gehen wir hier nicht ein; die 
Anführung der Titel genügt, um zu zeigen, dafs Fräulein Möller als 
„Schriftkundige" unter die Autoritäten zählt, also vermutlich doch 
auch in der Schulbankfrage zu einem mafsgebenden Urteil gelangen 
mufste, sobald sie sich darauf warf. 

Möller-Sörensen's Modell beruht teils auf sorgsamer Erwägung 
der modernen hygienischen, pädagogischen und praktischen For- 
derungen, teils auf speziellen Messungen an gegen 600 Kindern und 



202 I^' Bomemann: 

Erwachsenen. Eine besondere . Bolle spielte dabei der Eörperdurch- 
messer von vom nach hinten in Ellbogenhöhe bei herabhängendem 
Arm: Messungen^ die früher nicht vorgenommen sind, von denen 
aber der richtige Abstand zwischen Tischkante und Lehne in der 
Schreibstellung abhängt, während gleichzeitig die Tischkante selber 
in Ellbogenhöhe, nicht höher, angesetzt wird. Dafs der Körper auch 
in Schreibstellung durch die Lehne gestützt wird und weder Rücken 
noch Kopf übermäfsig vorgebeugt werden, ist eins der wesentlichsten 
Erfordernisse. Wie bei dem Kunze -Typus ist die Tischplatte ver- 
schiebbar (wenn Erismann a. a. 0. eine einfache Klappvorrichtung 
nach Parow vorzieht, so erscheint diese Meinungsverschiedenheit ge- 
ringfügig); aber um die Kinder wirklich zu der erforderlichen 
Schreibstellung zu zwingen, ist das Tintenfafs so angebracht, dafs 
es nur bei vollständiger Ausziehung der Platte zu erreichen ist. Die 
Platte ist sehr breit (40 und 45 cm) und um 15 cm vorzuschieben. 
Li der Lesestellung dient eine obere Leiste der Lehne als Stütze 
der Schulterblätter, eine Fufsleiste den Beinen, während der Körper 
auf ausgeschweiftem, recht breitem Sitz ruht. Sämtliche Mafse sind 
für acht Körpergröfsen (zwischen 102 und 184 cm) berechnet. 

Als das Kuratorium der Reformschule in eine Prüfung der 
Banksysteme eintrat, war gerade der hamburgischen Oberschul- 
behörde durch eine Kommission der Schulsynode die Rettigbank mit 
besonderer Wärme empfohlen worden. Das Kuratorium konnte 
trotzdem aus mehrfachen Gründen sich nicht dafür erwärmen; in 
allererster Linie, weil es eine sogenannte feste Minusdistanz für un- 
möglich hält (trotz Erismann) mit Rücksicht auf die Änderungen 
in der Körperhaltung beim Wechsel zwischen Stehen, Schreibsitz 
und Sitzruhe. Dafs bei beschränkter, Bodenfläche, wie sie in den 
hamburgischen Volksschulen vorzuliegen scheint, nur ein schmales 
Banksystem zulässig sei, konnte für die Wahl seitens des Kura- 
toriums der Reformschule kein bestimmender Grund werden; denn 
da liegt der Fehler offenbar im Vordersatz: entweder die Bodenfläche 
ist zu klein oder die Schülerzahl zu grofs — und auf derart ver- 
fehlter Basis läfst sich eben kein zureichendes Banksystem wählen. 

Lnmerhin hat das Kuratorium auch nicht in allen Stücken das 
norwegische Modell angenommen. Das Wesentliche, was wir oben 
angeführt haben, und in erster Linie die speziellen, gründlich be- 
rechneten Mafsverhältnisse standen fest; aber in geringfügigeren 
Stücken sind Abweichungen vorgenommen, die noch kurz berührt 
werden müssen. Wohl die wichtigste ist, dafs der Neigungswinkel 
der Tischplatte am ursprünglichen Modell 15® beträgt, an der 



Hamburger ReformBchal-Bank. 203 

Refonnschulbank nur 8^ Ferner ist die letztere zweisitzige nicht 
einsitzig konstruiert; ihre Platte läuft in zwei an den AuTsenseiten 
angeschraubten Eisenschienen; ftir die Tintengläser sind keine 
Öffnungen in die Platten eingeschnitten, sondern jene sind ganz 
unter die Platten verschwunden und an der rechten inneren Tisch- 
wand für jeden Platz angebracht; an die Stelle des von Fräulein 
Möller vorgeschlagenen Tischkastens für Bücher u. s. w., der nur 
von oben nach Verschiebung der Platte zugänglich sein sollte, ist 
wieder das gebräuchliche Bücherbrett getreten; ein Fufsbrett (aufser 
der erwähnten, vorderen Fufsleiste), welches bei Fräulein MöUer 
nebenbei auch dazu dienen soll, die Tischhöhen von Gröfse 1 — 5 
und 6 — 8 gleichmäfsig zu gestalten, ist nicht angebracht. Wir 
hoffen, dafs die vortrefflich durchdachte norwegische Vorlage damit 
keineswegs an Einfachheit und Einheitlichkeit verloren hat, wie wir 
denn auch keinem Widerspruch seitens der norwegischen Freunde 
begegnet sind. Auch glaubt das Kuratorium damit nicht blofs den 
Schülerinnen der Beformschule eine gute Bank zu liefern, sondern 
es möchte gleichzeitig in dieser wichtigen äufseren Einrichtung 
sichtbar darlegen, was es im ganzen Schulaufbau und Lehrverfahren 
betont: das Einfache, aber auf dem Grunde exaktester 
Überlegungen, und zugleich das Praktische, d. h. das dem 
Zöglinge in den verschiedensten Stellungen Dienliche, 
aber ohne unnützes Prunken mit technischen Nebendingen. 



streit der Meinungen in Hamburg über sexuelle 

Belehrung. 

Von Dr. L. Bornemann, Hamburg. 

I. 

Ein Augenblicksbild will dieser Bericht liefern. Nicht ein 
Bild, wie man sie als neuestes von der Woche anschaut, um weiter- 
zublättem. Vielmehr giebt es, wie bekannt, auch Augenblicksbilder, 
die zu eindringenderen Studien die Unterlage geboten haben, und 
wir dürfen hoflfen, dafs es der „Gesunden Jugend" weiterhin ge- 
lingen wird, die Meinungen über sexuelle Belehrung sachgemäfs 
klären zu helfen. 

Immerhin will die Frage nicht einseitig, etwa nur hygienisch 
angefafst sein. Sie betrifft den ganzen Menschen und geht zugleich 
ebensosehr die Familie wie den Staat an. Auch der besondere 
Hintergrund, auf dem das Augenblicksbild erscheint, nämlich die 
allgemein pädagogischen und die schulpolitischen Ansichten, zwischen 
denen die Frage zur Erörterung gekommen ist, müssen wenigstens 
angedeutet werden. So wird man zuletzt wohl die Empfindung 
mitnehmen, wie schwierig unsere sich überschlagende Kultur gerade 
den natürlichsten Dingen gegenüber sich benimmt, und wie unsere 
Schule, die mit Prüfungen und Berechtigungen glänzt, vielfach den 
eigentlich menschlichen Fragen aus dem Wege geht. 

Der Hamburger Zweigverein der Internationalen Föderation 
hatte es unternommen, der schulentlassenen Jugend, den Knaben 
wie den Mädchen, aufklärende Vorträge über das Geschlechtsleben zu 
bieten. Über den von einer Arztin Ostern 1900 für Mädchen gehaltenen 
Vortrag, den dieselbe 1901 zu wiederholen gedachte, hatte der Verein 
inzwischen das Urteil des hiesigen Volksschullehrerinnenvereins er- 
beten: der Vortrag weckte bei diesem in mehr als einer Beziehung 
Widerspruch. Infolgedessen hat sich die Vorsitzende jenes Zweig- 
vereins, Fräulein L. G. Heymann, selber der Sache angenommen 
und ihrerseits am 22. März d. J. im Volksschullehrerinnenverein, 



L. Bomemanii : Streit der Meinungen in Hamburg üb. sexuelle Belehrung. 205 

am 1. April vor schulentlassenen Mädchen gesprochen, von vorn- 
herein ohne den Anspruch, etwas Musterhaftes zu bieten, das sich 
von allen und überall einfach nachmachen liefse. 

Der Vortrag liegt gedruckt vor unter dem Titel „Aufklärung 
über das sexuelle Leben und hygienische Batschläge für die heran- 
wachsende Jugend^^ und ist bei der Verfasserin, Hamburg, Paulstr. 25, 
erhältUch. (Einzeln M. 0.15, 25 Expl. M. 3.—, 50 Expl. M. 5.—, 
100 Expl. M. 9. — . Der Erlös ist für die Kasse des Zweigvereins 
bestimmt.) 

Darin werden die aus dem botanischen und dem zoologischen 
Unterricht den Kindern bekannten Erscheinungen in ebenso ein- 
facher wie feiner Weise in dem Zusammenleben der Eltern auf- 
gezeigt, unter Verurteilung der beliebten Geheimniskrämerei. Da 
aber „jede Mutter sich sagen sollte, dafs sie gesunde und brauch- 
bare Menschenkinder erziehen mufs^', so knüpft sich die praktische 
Frage daran, wie die Mädchen gesunde und brauchbare Menschen 
werden können, und so folgen Ermahnungen über Reinlichkeit, 
Kleidung und Ernährung, sodann die Aufforderung, fröhliche Ge- 
selligkeit zu suchen, und die nüchtern eindringliche Warnung vor 
den häfslichen, Gesundheit und Geist vergiftenden Dingen, die fürs 
Leben die traurigsten Folgen haben und manche arme Wesen 
schliefslich in öffentliche Häuser, „die Brutstätten alles Lasterhaften, 
Widerlichen und Gemeinen", geführt haben. 

Ich füge an dieser Stelle die Zwischenbemerkung ein, wie über- 
aus erfreulich es ist, wenn sich Laien über Erziehungsfragen ein 
gründliches Urteil bilden und damit hervorzutreten wagen. Ins- 
besondere erscheint die Frauenbewegung ganz dazu angethan, Mög- 
lichkeiten zu schaffen, dafs an Stelle oder vielmehr neben den Fach- 
leuten, also in unserm Falle neben Ärzten und Lehrern, auch das 
Laienelement selbständig auftritt. Ebendeswegen sollte aber auch 
eine Zeitschrift wie die „Gesunde Jugend" nicht blofs als Sprech- 
saal für Fachleute angesehen werden, sondern überall auch von 
denkenden Laien eifrig benutzt werden. Eine Menge von Rat und 
Anregung könnte auf diese Weise unter das Volk kommen. Wollen 
wir vorwärts, so müssen wir durchaus auf selbstbewufste Teilnahme 
der Laien rechnen. 

In der That hat nun die Nichtärztin und Nichtlehrerin 
Fräulein Heymann mit ihrem Vortrage Ehre eingelegt. Der Ver- 
lauf ihrer Darlegungen (um von der Tendenz zunächst abzusehen) 
ist von Pädagogen und Hygienikern als sachgemäfs und zweck- 
entsprechend bezeichnet worden. Im Lehrerinnenverein wurde 



206 L. Bomemann: 

ihr reicher Beifall gezollt, und die an der regen Besprechung be- 
teiligten Frauen, etwa zwanzig, traten sämtlich für Aufklärung der 
Kinder, sei es seitens der Schule, sei es durch die Föderation, ein; 
nur eine Rednerin bezeichnete dies als einen Eingriff in die Eltern- 
rechte. Ohne die aufserordentlichen Schwierigkeiten sich zu ver- 
hehlen, forderten mehrere eine Aufklärung der Jugend schon in 
früheren Jahren als zur Zeit der Schulentlassung und zwar teils in 
den naturgeschichtlichen Stunden, teils lieber in privatem Gespräch. 
Von früh auf aber sei jeglichem Kichern, Tuscheln, jeder Geheimnis- 
krämerei mit energischer Warnung und Aufklärung entgegenzutreten. 
Jedenfalls stand der Verein völlig unter dem Eindrucke, es mit 
einer Frage zu thun zu haben, an der (wie der Vorstand es später 
ausgedrückt hat) „keiner, dem das Wohl der Jugend, ja der Mensch- 
heit am Herzen liegt, achtlos vorbeizukommen vermag, sondern mit 
der man sich abzufinden hat, so oder so'-. 

Es leuchtet ein, dafs dieses die Teilnehmerinnen jener Ver- 
sammlung beherrschende BewuTstsein durchaus in Kollision kommen 
mufs mit der — man mufs leider sagen — heutzutage herrschenden 
Auffassung von den Aufgaben der Schule, einer Auffassung, die zu- 
nächst vor allem unter den Lehrern im Schwange geht, die aber 
auch längst bei dem entmündigten Eltempublikum um sich gegriffen 
hat und zweifelsohne von der staatlichen Schulpolitik mit ihren 
Berechtigungen und was dahin gehört nur gefördert wird. Am 
kürzesten läfst sich diese Auffassung, die übrigens auch auf der all- 
gemeinen Schleswig - holsteinschen Lehrerversammlung von 1900 
deutlich hervortrat, zeichnen durch Wiedergabe der Leitsätze eines 
Vortrages, die im Dezember v. J. dem gröfsten hiesigen Lehrer- 
vereine vorgelegt und von diesem einem besonderen Ausschusse zur 
Erörterung überwiesen sind. Sie werden, auch abgesehen von unserer 
speziellen Frage, den Lesern nur zu bezeichnend erscheinen. Thema: 
Wie weit geht die Aufgabe der Schule bezüglich der 
körperlichen Erziehung? Thesen: 1. Die Schule ist Unter- 
richtsanstalt, und nur soweit sie Unterrichtsanstalt ist, 
steht sie im Dienste der Erziehung. 2. Die Schule mufs 
jede Schädigung der Gesundheit vermeiden, aber jede 
positive Einwirkung auf die Entfaltung des Körpers liegt 
aufserhalb ihres Gebietes. 3. Öffentliche und private Ver- 
anstaltungen zur Förderung der körperlichen Erziehung 
sind selbständig und unabhängig von der Schule zu organi- 
sieren. 4. Die Familie ist der Mittelpunkt der gesamten 
Erziehung. 



Stareit der Meinungen in Hamburg über sexuelle Belehrung. 207 

Die letzte, leicht mifsverständliclie These will, wie schon der 
Zusammenhang lehrt, nur negativ sagen, alles, was nicht Unterricht 
sei, geht nicht die Schule an. Sie steht, trotz des gleichen Wort- 
lautes, himmelweit ab von der durch eine kleinere, Dörpfeldisch ge- 
sonnene Schar hiesiger Lehrer und Bürger vertretenen Überzeugung, 
dafs die Schule eine Hilfsanstalt der Familie sei und dafs dem 
Familienverbande (Schulgenossenschaft) ein wesentlicher Anteil an 
ihr im Sinne der Interessenvertretung und Selbstverwaltung gebühre. 
(Vgl, des Referenten „Schule, Familie, Freiheit", Hamburg 1900, und 
„Das Familienprinzip in der Schulverfassung^^, Gütersloh 1901.) 

Für die strengen Schüler des Dogmas „Schule ist Unterrichts- 
anstalt" ist die Frage nach sexueller Belehrung natürlich hinfällig; 
denn bei der Belehrung, die hier gemeint ist, wird etwas ganz 
anderes bezweckt als abfragbares Wissen, und jene werden sich 
hüten, mit unserer Frage sich zu behelligen. Schwerlich auch wird 
bei ihnen Fräulein Heymanns Bevorwortung verfangen, dafs Wissen 
und Aufklärung der beste Schutz gegen Gefahr sei; oder wie es 
bereits im Hamb. Corresp. vom 17. Februar 1898 von einer Frau 
ausgesprochen wurde: „Wissen ist der erste Schritt zur Gesundheit, 
zum Wohlergehen, zur Kraft zur Lebensfreude, zur Immunität gegen 
Krankheit und Siechtum." Unterricht und Belehrung sind äugen- 
scheiiüich in ganz Terschiedenem Sinne gefafst. Ob der ganze 
Mensch der Pflege der Schule übergeben ist oder nur sein Kopf, 
und ob Schule und Familie getrennt ihres Weges ziehen sollen oder 
in Gemeinschaft, das ist die Frage. Man sieht, wie die Gegensätze 
klaffen. 

Trotz dieser weitgehenden Meinungsverschiedenheit bereitete es 
allen Kreisen die gröfste Überraschung, als in der Versammlung 
des Lehrerinnenvereins vom 3. Mai die Vorsitzende mitteilte, der 
Herr Bürgermeister und Präses der Oberschulbehörde habe gegen 
sie sein Mifsfallen geäufsert über die in dem Vortrage von Fräulein 
Heymann und in der Diskussion ausgedrückten Ansichten und habe 
ausgesprochen, dafs diejenigen Lehrerinnen disziplinarische Mafs- 
regeln zu gewärtigen hätten, die in der erwähnten Weise vorgehen 
würden. 

. Die Hamburgische Schulzeitung vom 15. Mai, welche diese Mit- 
teilung brachte, enthielt gleichzeitig zwei Beiträge zu unserer Frage. 
Erstens das ablehnende Votum einer Schulvorsteherin, für welche 
das Heymannsche Vorgehen nur dazu beiträgt, die infolge der 
„Verwahrlosung in der Familie", infolge der „Aufklärung durch die 
Tagespresse" bereits erzeugte „Schamlosigkeit grofszuzüchten", 



208 L. Bornemann: 

zumal der ^^Respekt" und „TaW jedwedes Belehrenden nicht ein- 
wandfrei sei; vielmehr wären die erforderlichen Mittel folgende: 
Achtsamkeit auf die Individualität, direkte Einwirkung, sobald der 
Augenblick dies erfordere, Gewöhnung an geregelte Thätigkeit, Ein- 
pflanzung von gesunder Moral, Erziehung zu wahrer Religiosität, 
endlich Hinleitung zu einfachen Freuden. (In einer kurzen Er- 
widerung hierauf hat Fräulein Heymann beiläufig ausgesprochen, sie 
könne nur wieder und wieder betonen, dafs sie die Aufklärung in 
der Schule als notwendiges Übel betrachte; selbstverständlich sei 
die von der Natur dazu Ausersehene die Mutter selbst, die meisten 
Mütter aber seien heutzutage dieser Aufgabe nicht gewachsen.) 
Zweitens enthielt jene Nummer der Schulzeitung die Bemerkung 
seitens des Schriftleiters, er verstehe die Aufserung des Bürger- 
meisters als Warnung vor einem Experimentieren, ehe die Sache 
hinreichend klargelegt sei, und er bitte Frauen, Lehrerinnen, Mütter 
und Väter um Meinungsäufserungen über diese „für deutsches Em- 
pfinden für eine öfltentliche Erörterung fast zu zarte Frage". Gleich- 
zeitig verwies derselbe auf eine Erklärung, welche Pastor Mahling, 
der Inspektor der hiesigen Stadtmission, also ein Mann von wesent- 
lich anderer Weltanschauung als Fräulein Heymann, zwei Tage vor 
deren Vortrage abgegeben hat. Sie stammt aus den Auseinander- 
setzungen zwischen dem Goethebunde und dem hiesigen Verein zur 
Hebung der öffentlichen Sittlichkeit und hat (nach der Broschüre 
„Der Kampf um das christliche Sittlichkeitsideal", Hamburg 1901) 
folgenden Wortlaut: „Ich bin in dieser Beziehung durchaus für 
rückhaltlose Offenheit und trete auch vollständig für die Aufklärung 
der Jugend in geschlechtlichen Dingen ein; ja ich halte es geradezu 
für ein grofses Kunststück des Verführers, das er zu Wege gebracht 
hat, dafs unter ernsten Leuten ein offenes Gespräch über geschlecht- 
liche Dinge für verpönt gilt; gerade dadurch hat er es erreicht, 
dafs im geheimen, unter der Decke der Verborgenheit, die Ver- 
wüstung um so gröfsere Fortschritte macht. Ich bin der festen 
Überzeugung, dafs durch eine ernste Aussprache noch nie jemand 
verdorben worden ist, im Gegenteil, dafs ein geheiligtes, offenes 
Wort in dieser Beziehung nur den gröfsten Segen stiften kann und 
gestiftet hat. Also wollen wir die Jugend auch in dieser Beziehung 
offen aufklären. Aber freilich nicht auf das Dafs kommt es an, 
sondern auf das Was und Wie." 

Ende Mai trat die zweite hiesige Lehrerzeitung, die Pädagogische 
Reform, mit „ernsten Betrachtungen" über die vom Bürgermeister 
ausgesprochene Drohung hervor und verfocht, gegenüber den formell 



Streit der Meinungen in Hamburg über sexuelle Belehrung. 209 

berechtigten amtlichen Eingriffen mittelst Dienstanweisung, ihrerseits 
die Freiheit des pädagogischen Gewissens, etwa in dem Sinne einer 
bekannten Auslassung des Bremer Bürgermeisters Gildemeister (ab- 
gedruckt in „Mafsgebliches zur Schulverfassung'^, Hamburg 1900). 
Sachlich aber setzte die ersterwähnte Schulzeitung, gemäfs der Ein- 
ladung der Schriftleiters, die Diskussion fort, welche bei Abfassung 
des vorliegenden Berichtes noch nicht abgeschlossen ist. 

Zuerst nahm Referent Stellung mit „Sechs Sätzen^' in der 
Nummer vom 29. Mai. Sie lauten: 1. Irgendwo und irgendwie 
haben die verantwortlichen Erzieher, um der Einzelnen und um der 
Gesamtheit willen, Offenheit über geschlechtliche Fragen zu üben. 
2. Bei besonderen Vorfallen ist es geradezu unabweisbare Pflicht, ein- 
gehend und auch öffentlich, zuweilen schon vor sehr jugendlichen 
Klassen davon zu sprechen. 3. Bequemer freilich ist es, die Augen 
zu schliefsen und selbst bei offenbarer Fäulnis sich keine Affären 
zu schaffen. 4. Sollte es wirklich die Absicht der Schulverwaltung 
sein, auch in diesen besonderen Fällen, kraft ihres Rechts zu Dienst- 
anweisungen, Disziplinarmafsregeln anzudrohen, so müfsten Päda- 
gogen und Eltern, Bürger und Volksfreunde mit allen Mitteln dem 
entgegentreten. 5. Allgemeinhin jedoch ist die öffentliche Schule 
von heute ungeeignet für die gewünschten theoretischen Belehrungen. 
Denn a) die Einführung dieser Belehrungen in den Lehrgang ist 
unthunlich, da die oberen Klassen nicht von allen Kindern erreicht 
werden, also eine Erörterung übermäfsig früh eintreten müfste; 
b) in' den kasemenhaften Schulsystemen ist allermeist jene Stim- 
mung familiären, elterlichen Eingehens ausgeschlossen, die für die 
fördersame Belehrung nötig ist; c) nicht blofs unter den Schul- 
beamten von heute, sondern auch bei manchen Lehrern und Eltern 
wird nicht auf viel Verständnis zu rechnen sein, soweit nämlich 
das Dogma gilt, die Schule sei nur Unterrichts halber, d. i. zur 
Mitteilung von Wissensstoffen da; d) Einzelmafsregeln und Einzel- 
vorträge sind zwecklos, wenn nicht der Gesamtgeist der Schule in 
ihrer sittlichen, wissenschaftlichen und natürlichen Grundlegung den 
Boden für eine fruchtbare Erörterung bereitet. 6. Soweit das 
Schulwesen also dem thatsächlich vorliegenden Bedürfnisse nicht 
entspricht, haben einsichtige Eltern und Volksfreunde anderweitige 
Veranstaltungen zu suchen (Elternabende, ärztliche Vorträge, Sitzungen 
bürgerlicher Erziehungsräte u. dgl.), um die Familien des Bezirkes 
zu angemessener Belehrung anzuregen, vielleicht auch unmittelbar 
auf die Kinder einzuwirken. 

Während einem Teil dieser Sätze ein Anonymus in Nummer 25 



210 1^. Bomemanfi: 

(19. Juni) nackten Widerspmcli ohne Begründung entgegenstellte, 
wurde daselbst in einer bereits oben benutzten Darstellung seitens 
des Vorstandes des Lehrerinnenyereins unter anderm noch der Ge- 
danke beigebracht; dafs ein einmaliger Vortrag yon Seiten einer den 
Kindern ganz femstehenden Persönlichkeit unmöglich die Wirkung 
haben könnte wie eine andauernde Beinflussung seitens derjenigen^ 
von deren Sorge um ihr Wohlergehen die Kinder ohne weiteres 
überzeugt sein dürften. Gleichzeitig berichtete eine Mutter von 
einem handgreiflichen Falle, wo ein 13 jähriges Mädchen auf die 
Ermahnung zum Fleifse erwidert habe, den brauchte sie als Mädchen 
nicht, sie würde später Freudenmädchen, und knüpft daran die Frage, 
ob nicht die betreffende Lehrerin disziplinarisch bestraft werden 
müsse, wenn sie das Kind nicht über die fürchterliche Existenz 
eines Freudenmädchens aufklärte. 

Auch ein Tageblatt, der vielgelesene Generalanzeiger, hat unsere 
Frage wenigstens gestreift. Während ein paar „Eingesandt" für 
Ausdehnung der Schulzucht zur Unterstützung der Familie und für 
Belehrung im Heymannschen Sinne eintreten, findet sich im redak- 
tionellen Teile am 6. Juni ein kurzer Artikel, der die Überschrift 
trägt „Ein Auswuchs in der Frauenbewegung in Hamburg'^ Der 
Artikelschreiber kommt zu folgendem Schlüsse: „Wir halten es für 
durchaus gerechtfertigt, dafs die Oberschulbehörde durch ihren 
Präses gegen einen solchen Mifsbrauch der Schule sehr entschieden 
Stellung genommen und mit eventueller disziplinarischer Bestrafung 
derjenigen Lehrerinnen gedroht hat, welche solchen Zumutungen «ich 
fügen würden. Derartige Belehrungen sind, wenn und soweit sie 
gegeben werden müssen, nicht Sache der Schule, sondern der 
Familie, und die Mutter allein ist die geeignete Persönliehkeit für 
derartige Anweisungen. Es ist aber das ein Grundfehler einer 
ganzen, in vielen anderen Dingen ganz gesunden Bichtung in der 
Frauenbewegung, dafs sie der Familie nicht die ihr zukommende 
Stellung giebt, sondern in vielen Stücken sie in ihren Rechten be- 
einträchtigen und schmälern will. Dem mufs gegenüber getreten 
werden. Es ist bedauerlich, dafs die sozialen Verhältnisse dazu 
führen, den Familienzusammenhang zu lockern. Aber ganz gewifs 
soll man nicht künstlich nachhelfen, um die Aufgaben der Familie 
in die Schule zu übertragen und damit der Familie ihre sittliche 
Berechtigung zu rauben oder zu schmälern." 

Der Generalanzeiger ist ein Blatt, dessen Leitung schon oft in 
wärmster und überzeugendster Weise für die Bedeutung der Familie 
für das Volksleben eingetreten ist; aber an der Schwelle des Schul- 



streit der Meinungen in Hamburg über sexuelle Belehrung. 211 

lebens und der Schulyerfassung huscht die Schriftleitung, soweit das 
Famüienprinzip in Frage kommt, vorüber, und es pflegt eine andere 
Stimme das Wort zu nehmen, welche im obenerwähnten Sinne der 
Lehrermehrheit nur für Trennung von Schule und Familie Ver- 
ständnis hat. Aus der übrigen Tagespresse, besonders aus den in 
bevorzugten Klassen gelesenen Blättern sind mir keine wichtigeren 
Beiträge bekannt geworden. 

Inzwischen wurde ein von der Oberschulbehörde bereits am 
14. Mai gefafster Beschlufs veröffentlicht (Schulzeitung 3. Juli), der 
folgenden Wortlaut hat: „Die Oberschulbehörde habe von einem — 
von Fräulein Hey mann — gehaltenen Vortrage, die Belehrung von 
Kindern im Schulunterricht über die Fortpflanzung des Menschen 
betreffend, Kenntnis erhalten; sie mifsbiUige sowohl die Tendenz des 
Vortrages im allgemeinen als auch die bei dieser Gelegenheit den 
Lehrerinnen empfohlene Behandlungsweise des Gegenstandes in der 
Schule und nehme daher Veranlassung, ihnen speziell zur Nachach- 
tung aufzuerlegen: 1. eine direkte Belehrung der Schülerinnen über 
geschlechtliche Verhältnisse während des Unterrichts zu vermeiden; 
2. wo beim Unterricht sexuelle Verhältnisse berührt werden müssen, 
solche in dezentester Weise zu behandeln; 3. Agitationen, die den 
Zweck haben, Schülerinnen zu dem Besuche von Vorträgen über 
geschlechtliche Verhältnisse zu veranlassen, niemals durch die Schule 
zu vermitteln.^' 

In derselben Nummer ist endlich ein Aufsatz wiedergegeben, 
den der Herausgeber des Evangelischen Schulblattes, Pastor 
Dr. von Rohden, gerade in seiner Juninummer gebracht hatte, ohne 
den bei uns entfachten neuesten Streit der Meinungen zu kennen. 
Gegen einen im wesentlichen philanthropinischen Versuch ernster 
und dezenter Art, der schon längere Zeit in seiner Redaktionsmappe 
schlummere, habe er gewisse Bedenken bezüglich der Ausführung, 
obwohl er Grundidee und Tendenz billige. Habe ein Lehrer seine 
Klasse ganz in sittlicher Gewalt, so läge die Sache anders; aber im 
allgemeinen müsse von Rohden, wie in seiner Preisschrift über das 
sechste Gebot, die ernste Frage für eine Familiensache erklären. 
Freilich sei die Mehrzahl der Eltern gewifs zur Belehrung kaum im 
Stande; aber während manche vielleicht einem vertrauenswerten 
Lehrer dankbar sein würden, so würden sich doch viele solche Ein- 
mischung verbitten. Thäten sich eine Anzahl Familien zu einem 
hygienischen Kursus zusammen, so bleibe dies ein Notbehelf. Ein- 
facher und natürlicher geschehe das Erforderliche im Schofse der 
einzelnen Familie durch Vater und Mutter. Als Antwort auf die 



212 li* Bomemannt Streit der Meinungen in Hamburg üb. sexuelle Belehrung. 

Frage ;,Wie soll ich das aber anfangen r^' empfehle er das Büchlein 
des Württemberger Arztes Direktor Eoch über „Die Vermehrung 
des Lebens^'^ wo väterlich und anschaulich auseinandergelegt werde^ 
wie man stufenweise seinen Kindern die geeignete Anfklärung nahe 
bringen soll. Einer falschen Prüderie könne nicht wirksamer ent- 
gegengearbeitet werden als durch solche in ihrer verblüffenden Ein- 
fachheit und Natürlichkeit so sympathische Darlegung. 

Soweit die hiesigen Veröffentlichungen vor den Sommerferien, 
womit dieser erste Bericht abschliefst. 



Der Gesundlieitszustaiid der ElementarscMler 
in den Dresdner Yolksschnlen nnd die Schnlarztfrage. 

Von G. Schanze. 

Eine möglichst genane Kenntnis über den Gesundheitszustand 
unserer Volksschulkinder liegt nicht allein im hygienisch -wissen- 
schaftlichen Interesse, sondern solche Kenntnis hat ror allem für 
den Volksschullehrer als Erzieher und Methodiker eine wesentlich 
eminent praktische Bedeutung. Es genügt dem Pädagogen nicht, 
wenn durch die schulärztlichen Ermittelungen bestimmt werden kann, 
welche Gröfse der Schulbänke und Tische die geeignete ist und 
welchen Platz im Zimmer betreffs der Nähe der Wandtafel, des 
Fensters oder — des Lehrers gewisse Kinder einzunehmen haben. 
Neben diesen mehr äufseren Rücksichten ist es für den Pädagogen 
hoch bedeutsam, zu erfahren, welche Individualitäten während des 
Unterrichts und bei erzieherischen Mafsnahmen besonders 
zu berücksichtigen sind, und aus welchem Grunde dies zu geschehen 
habe. Sehr wichtig ist es für den Lehrer endlich auch, zu erfahren, 
welche Kinder vermöge ihres körperlichen Zustandes den vollen 
Ansprüchen an ihre Leistungsfähigkeit zu genügen im Stande sind. 

Aus diesen Gründen müssen dem Lehrer alle Einrichtungen 
willkommen sein, die geeignet sind, die Individualität des Kindes 
erkeimen und beurteilen zu können. 

Die Stadt Dresden hat seit dem Jahre 1893 die Institution der 
Schulärzte mit einer Dienstordnung für die letzteren, die — auch 
vom Standpunkt der Schule aus gesehen — befriedigen mufs. So 
schreibt diese Dienstordnung betreffs der schulärztlichen Unter- 
suchungen in § 3 vor, dafs die Schulärzte insbesondere die neuein- 
tretenden Schüler daraufhin zu prüfen haben, ob ihre körperliche 
Beschaffenheit und ihr Gesundheitszustand beim Schulunterrichte 
eine besondere Berücksichtigung erfordern. 

Des weiteren werden seit 1898 die Eltern schulpflichtig wer- 
dender Kinder durch das Schulamt aufgefordert, die Kinder bei der 

Gesunde Jagend. I. 5. 15 



214 Gr. Schanze: 

Anmeldung persönlich vorzustellen, damit jene über den Gesundheits- 
zustand ihrer Kleinen, nach überstandenen Krankheiten u. s. w. vom 
Direktor befragt werden können. 

Auch diese Einrichtung ist mit Freuden zu begrüfsen, voraus- 
gesetzt, dafs ihr allenthalben in der rechten Weise nachgekommen 
wird, und für den Fall, dafs man sie nur als eine ergänzende 
Einrichtung ansieht. Denn die Thätigkeit des Schularztes zu er- 
setzen, dazu ist diese Einrichtung nicht im Stande und zwar aus 
drei Gründen: 1. verschweigen die Eltern sehr häufig wichtige 
Dinge, in der Meinung, dafs es etwas auf sich habe, wenn sie die 
Wahrheit über ihr Kind oflFenbaren, 2. wissen viele Eltern nicht, 
dafs ihre Kinder leidend sind, oder wollen sich selbst dies nicht 
zugestehen, und 3. fehlt dieser Art der Ermittelung die unter gewissen 
CTmständen sehr nötige fachkundige Autorität. 

Leider besteht seit dem Jahre 1898 die Pflicht für die Schul- 
ärzte nicht, dafs sie die zu Ostern jeden Jahres neu aufgenommenen 
Kinder zu untersuchen und den Befund in ein für jedes Kind von 
der Schule anzulegendes Aktenstück einzutragen haben, welches 
Ergebnis durch spätere Nachtmge ergänzt werden soll, wie eine 
aufgehobene Verfügung vom 13. April 1898 anordnete, sondern es 
sind seitdem nur diejenigen neuaufgenommenen Kinder schulärztlich 
zu untersuchen, die entweder seitens der Eltern bereits bei der An- 
meldung dem Schuldirektor als kränklich, gebrechlich oder sonst 
als anormal bezeichnet worden sind, oder die dem Lehrer bei Er- 
teilung des Unterrichts aufgefallen sind, sei es, dafs sie unaufmerk- 
sam, teilnahmlos, zerstreut, unruhig, matt, blafs siud oder sich eigen- 
tümlich betragen. Das Ergebnis der schulärztlichen Untersuchungen, 
sowie die von den Herren Direktoren und Lehrern gemachten Be- 
obachtungen sollen in ein von dem Herrn Stadtbezirksarzte ent- 
worfenes Formular eingetragen, und es soll dieses dem Aufuahme- 
bogen (des Kiudes) beigefügt werden. Dieses Formular heifst „Bei- 
lage zum Aufnahmebogen" und hat folgende Rubriken: l.-Gröfse, 
2. körperliche und g'eistige Gebrechen, 3. Gesicht, 4. Gehör, 5. Haut- 
krankheiten, 6. Besondere Bemerkungen. — Bemerkungen des Schul- 
arztes. 

Die Einführung eines solchen Formulars, welches ja wohl er- 
weiterungs-, bezw, vervollkommnungsfähig wäre, ist im Interesse 
der Einheitlichkeit der Untersuchungsergebnisse gleichfalls an sich 
als ein Fortschritt zu betrachten, nur bleibt zu bedauern, dafs damit 
statt der allgemeinen nur die Untersuchung einzelner Kinder ver- 
bunden wurde. 



Der Gesundheitszustand d. Elementarscliüler i, d. Dresdner Volksschulen etc. 215 

Dafs dadurcli die so gut gewollte Einrichtung der Schulärzte 
nicht mehr vollauf zweckentsprechend ist, soll durch mehrere 
Tabellen, die gleichzeitig einiges Licht über den Gesundheitszustand 
der Dresdner Elemehtarschüler*) verbreiten, bewiesen werden, 

I- 

Um sich über die Gesundheitsverhältnisse der Elementarschüler 
(Knaben imd Mädchen) in den Dresdner städtischen Bürger- und 
Bezirksschulen zu informieren, erbat sich der Verfasser vorliegenden 
Aufsatzes vom Schulamtvorstande die Erlaubnis zur Einsichtnahme 
in die oben erwähnten Beilagen zu den Aufaahmebogen, welche die 
Notizen über die Beobachtungen der Direktoren, sowie die schul- 
ärztlichen Bemerkungen über die untersuchten Kinder enthalten, 
welche Erlaubnis in dankenswerter Weise in Berücksichtigung des 
wissenschaftlichen Zweckes bereitwilligst erteilt wurde. 

Es kommen 11 Bürger- und 27 Bezirksschulen mit zusammen 
6277 Kindern (Kiiaben und Mädchen) in Betracht. Wir haben das 
Gesamtergebnis der Beobachtungen in Tabelle I niedergelegt und 
bemerken dazu, dafs sich die Ergebnisse auf das Schuljahr 1900 bis 
1901 beziehen. 

Tabelle L 

Gesamtergebnis der Beobachtungen an sämtlichen 3i8 Schulen 

mit 6277 Schülern. 





1 


2 


3 


4 


5 


6 


7 


8 


9 


10 


11 


12 


13 


14 


15 






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216 


111 


198 


133 


126 


67 


66 


53 


110 


59 


144 


123 


200 


20 


112 


1737 


1167 


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3,44 


1,77 


3,15 


2,11 


1,99 


1,06 


l,Oö 


0,84 


1,75 


0,93 


2,29 


1,96 


3,18 

• 


0,31 


1,78 




18,59 



Wegen der ünvollständigkeit und verschiedenartigen Beschaffen- 
heit des Materials kann die Tabelle . nicht vollen Anspruch auf 
wissenschaftlichen Wert erheben (nebenbei bemerkt — sind ihre 
Ziffern viel zu niedrig [s. Tabelle V]), sie mufste indessen aufgestellt 
werden, um mit später auf Grund zuverlässigen Materials gewonnenen 
Zahlen Vergleiche anstellen und darthun zu können, welcher Unter- 
schied besteht zwischen den Ergebnissen einer schulärztlichen Unter- 

*) Unter Elementarschülem sind hier die neu aufgenommenen im 1. Schul- 
jahr stehenden Kinder der städtischen Volksschulen zu verstehen. 

15* 



216 



G. Schanze: 



suchimg^ die sich auf alle Kinder erstreckt; und einer solchen^ die 
nur eine Auslese von Kindern berücksichtigt^ bezw. auf Beobach- 
tungen Yon Schulmännern beruht. 

Was die Rubrizierung anlangt^ so stellt sich dieselbe dar als 
ein Ergebnis des sehr vollständigen und zuverlässigen Materials aus 
dem in. Dresdner Schularztbezirk^ in welchem sämtliche Kinder zur 
Untersuchung gelangten, trotzdem diese Yerpflichtung nicht besteht. 
Wir fanden ; dafs diese Rubriken für alle andern Schularztbezirke 
typisch sein konnten. Die zu einigen Rubriken nötigen Bemer- 
kungen sollen weiter unter folgen. 

Wir lassen als notwendige Ergänzung zu Tabelle I Tabelle 11 
folgen, welche zeigt, wie oft die Lehrer der Handreichung zur Er- 
forschung der Individualität entbehren müssen. 



Tabelle H. 

Anzahl der Schulen, an denen sich für die einzelnen Rubriken 

keine Angaben vorfanden. 





1 


2 


3 


4 


5 


6 


7 


8 


9 


10 


11 


12 


13 


14 


15 


Es fehlten 

Angaben 

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11 


23 


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18 






7 


16 


4 


1 


6 


13 




an Schulen: 


4 


6 


19 19 


5 



Schon auf Grund vorstehender Aufstellungen läfst sich bei all 
ihrer Lückenhaftigkeit sagen, dafs der Gesundheitszustand der 
Dresdner Elemenjtarschüler kein günstiger sein kann; denn !wenn 
z.B. iichi uniter iden bestehendeii Ermiitelungsverhältnlissen 
ergiebt, dafs rund 3,50 7o d^r Kinder mit Sprachgebrechen behaftet 
(Stanxmel^i und Stottern zusammengerechnet), 2,29 7o augenkrank 
und 3,15 7o körperlich schwach befunden werden, so sind dies doch 
recht bedenkliche Anzeichen. 

Es ist hier der Ort, einige erklärende Bemerkungen zu den 
einzelnen Rubriken einzuflechten. 

Was ihre Reihenfolge betrifft, so soll damit keine logische Anord- 
nung gegeben sein. Es kam uns nur darauf an, das unserer Meinung 
nach auch für die Wissenschaft bedeutsame Material dem Aktenstaube 
zu entreifsen, einfach darüber zu referieren und so zum Heile der Schule, 
der Kinder, Eltern und Lehrer der Öffentlichkeit zu übergeben. 

Rubrik 2 enthält die Kinderzahl mit vorzugsweise cariösen 



Der Gesiindlieitsznstand d. Elementarschüler i. d. Dresdner Volksschulen etc. 217 

Zähnen. Die 5. Rubrik enthält die chronischen Krankheiten; unter 
ihnen befinden sich auch die meisten Hautkrankheiten, weil die Aus- 
schläge — fast durchgängig Gesichtsausschläge — als chronisch be- 
zeichnet waren. Die wenigen andern Hautkrankheiten, z. B. fand 
sich einmal Scabies vor, sind in die 15. Rubrik unter „Sonstige 
Leiden'^ verwiesen worden. Im übrigen sind unter die chronischen 
Krankheiten alle Katarrhe, als Nasen-, Hals- und Kehlkopfkatarrhe 
aufgenommen, auch die Ohren- und Augenkatarrhe (z. B. Mittelohr- 
und Bindehautkatarrh), so dafs sich in den Abteilungen 11 und 12 
nur die Leiden verzeichnet finden, die das Seh- und Hörvermögen 
beeinträchtigen, ohne katarrhalisch zu sein. In Rubrik 15 sind alle 
andern Krankheiten und Gebrechen enthalten, die wegen vereinzelten 
Auftretens nicht besonders rubriziert wurden. Am verhältnismäfsig 
öftersten war Blasenschwäche, femer waren Leistenbrüche, Krüm- 
mungen der Wirbelsäule, Steifheit oder Verkrüppelung von Glied- 
mafsen, endlich auch Nieren- und Lungenleiden festgestellt. 

In Tabelle I, dem Gesamtergebnis, sind auch die Ergebnisse aus 
2 Schularztbezirken, deren es im ganzen 8 in Dresden giebt, mit 
enthalten, in denen sämtliche, bezw. % der Kinder zur schulärzt- 
lichen Untersuchung gelangten. Schliefst man diese Bezirke, welche 
8 Schulen (2 Bürger- und 6 Bezirksschulen) umfassen, aus, so dafs 
nur diejenigen Schulen verbleiben, in denen entweder nur eine ganz 
geringe Zahl besonders auffälliger und dem Arzte vorgestellter Kinder 
untersucht wurde, oder wo schulärztliche Bemerkungen ganz fehlten 
und dafür die bereitwilligst zur Verfügung gestellten, bei der An- 
meldung der Kleinen auf Befragen der Eltern hin von den Direk- 
toren, bezw. deren Beauftragten gemachten Notizen das Material 
bildeten: so gestaltet sich das Bild wesentlich anders, und wir er- 
halten dann erheblich niedrigere Ziffern. 



Tabelle HI. 

Ergebnisse von 30 Schulen mit 4945 Kindern auf Grund der elter- 
lichen Befragung, bezw. teilweiser ärztlicher Untersuchung. 





1 


2 


3 


4 


6 


6 


7 


8 


9 


10 


11 


12 


13 


14 


15- 


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22 


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20 


64 


28 


100 


98 


131 


15 


83 


957 


738 


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1,29 


0,72 


2,60 


1,67 


1,46 


0,44 


0,34 


0,40 


1,29 


0,56 


2,02 


1,98 


2,64 


0,30 


1,67 




15,92 



218 



G. Schanze: 



Selbstverständlich bedeuten diese niedrigen Ziffern nicht, dafs 
der Gesundheitsznstand an diesen 30 Schulen ein guter sei; sondern 
sie bedeuten leider nur, wie sich noch herausstellen wird, dafs die 
ErmittelungsTerhältnisse nicht geeignet sind, die nötige Klarheit über 
den Gesundheitszustand zu yerbreiten. . Die Befunde in den übrigen 
beiden Schularztbezirken, in denen Aufzeichnungen der Direktoren 
unberücksichtigt bleiben konnten, weil ausreichendes schulärzt- 
liches Material vorlag, haben folgendes ergeben. 



Tabelle IV. 

Ergebnisse von 8 Schulen mit 1332 Kindern, von denen rund 1100 

ärztlich untersucht wurden. 





1 


2 


3 


4 


5 


6 


7 


8 


9 


10 


11 


12 


13 


14 


15 






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Kinder: 


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75 


69 


55 


53 


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49 


33 


46 


31 


44 


25 


69 


5 


29 


780 


429 


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11,40 

1 


5,63 


5,17 


4,12 


3,97 


3,37, 


3,67 


2,47 


3,45 


2,32 


3,30 


1,87 


5,18 0,37 


2,17 




32,20 



Zu dieser Tabelle sei bemerkt, dafs es sich hier um eine Mischung 
von 2 Schularztbezirken handelt, die, was Zustand und Lage der 
Schulgebäude, wie die Wohnungsverhältnisse anbetrifft, recht wesent- 
liche Unterschiede aufweisen, von denen man annehmen könnte, dafs 
sie in den Gesundheitsziffem alleuthalben zum Ausdruck kämen. 
Der eine (III.) Bezirk liegt inmitten der Stadt, wo sich in engen, 
dunklen und dumpfigen Gassen und Höfen ohne Zweifel die ärm- 
lichsten und ungesundesten Wohnungsverhältnisse vorfinden, und 
in welchem gleichzeitig zum Teil die ältesten und ungesundesten 
Schulgebäude vorhanden sind, für die Neubauten bereits in Aussicht 
genommen sind. Der andere Bezirk, der VIII. Schularztbezirk, am 
Nordwestrande der Stadt in verhältnismäfsig gesunder Lage auf der 
Höhe, in der Nähe des Waldes gelegen, hat neue Schulgebäude und 
entschieden bessere Wohnverhältnisse. Trotzdem steht er — wie 
wir sehen werden — in mehrfacher Beziehung gesundheitlich un- 
günstiger da, als der IH. Bezirk, was seinen Grund einesteils in der 
Beweglichkeit des Schulpublikums, andernteils in dem Umstände 
haben kann, dafs für jeden Bezirk je ein besonderer Schularzt die 
Angaben gemacht hat. Immerhin weist uns die merkwürdige 
Thatsache darauf hin, dafs Schul- und äufsere Wohnverhältnisse, 



Der Gesundheitszustand d. Elementarschüler i. d. Dresdner Volksschulen etc. 219. 

denen durchaus nicht ihre Bedeutung abgesprochen sein soll, nicht 
die den Gesundheitszustand der 6- und TJährigen wesentlich be- 
dingenden Faktoren sind. 

Die jetzt in Frage kommenden schulärztlichen Zeugnisse geben 
uns vielmehr Auskunft über die Art der Pflege in den ersten Jahren 
der Kindheit; sie sind der Ausdruck der Erwerbs-, Emährungs-, 
Familien- und Erziehungs Verhältnisse grofser Bevölkerungsschichten, 
die in allen Teilen der Stadt die Gesundheitsziffem ungünstig be- 
einflussen müssen, weil diese Erwerbs-, Familien- und Erziehungs- 
verhältnisse in der ganzen Stadt dieselben ungünstigen sind. Es hat in 
Dresden jeder Schularztbezirk mehr oder minder seine berüchtigten 
Strafsen, die der Schule Schmerzenskinder auch iu gesundheitlicher 
Beziehung liefern. Kurz gesagt: Der Gesundheitszustand der 
Kinder wird im wesentlichen mit bedingt durch die soziale, 
bezw. wirtschaftliche Lage der Eltern* 

Tabelle V, welche die Ergebnisse aus den Schularztbezirken HI 
und Vm mitteilt, stellt beide Bezirke, gleichzeitig mit einander in 
Vergleich. Der erstere umfafst 3 Bezirks- und 1 Bürgerschule mit 
zusammen 587 Kindern, im zweiten kommen gleichfalls 3 Bezirks- 
und 1 Bürgerschule mit zusammen 745 Kindern in Frage, von denen 
jedoch Yg ununtersucht blieb, da sich die allgemeine Untersuchung 
nur auf 2 Schulen erstreckte, während in den beiden andern Schulen 
nur besonders vorgestellte Kinder untersucht wurden. Die Berech- 
nung bezieht sich aber auch hier der Konsequenz halber auf die 
Gesamtzahl der Kinder. 

Tabelle V. 

Die Ergebnisse aus dem IU. und VIII. Schularztbezirk in Vergleich 

gestellt. 



5 



8 



10 11 12 13 14 16 



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Kinder im 

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4 

24,87 
0,53 



74 
1 



12,57 



0,13 



54 



15 



9,19 
2,01 



28 
27 

4,77 
3,62 



38 



16 



6,47 



2,01 



41 



6,98 
0,53 



43 



6 



7,32 



0,80 



26 



4,42 
0,93 



22 

24 

3,74 
3,22 



19 
12 

3,23 
1,61 



18 
26 

3,06 



3,48 



8 
17 

1,36 

2,28 



39 
30 



6,64 



4,02 



3 
2 



0,61 



0,26 



19 



10 



3,23 



1,34 



580 



200 



299 



130 



50,93 
17,44 



220 G. Schanze: 

Die Tabelle zeigt^ abgesehen Ton Blutarmut und Zahnkrank- 
keiten, welche Leiden im VIQ. Bezirk augenscheinlich keine Berück- 
sichtigung fanden, im übrigen eine gewisse Übereinstimmung in den 
Befunden. Betreffs der Augenkrankheiten und Ohrenleiden hat Be- 
zirk VJLLL sogar etwas höhere Ziffern als der III. Bezirk. Diese Über- 
einstimmung würde noch deutlicher werden, wollten wir auch in 
Bezirk Yill nur die allgemein untersuchten Schulen berücksichtigen 
oder die Berechnungen nur auf die untersuchten Kinder anstellen. 
Indessen lehrt der Vergleich jetzt schon, dals die gesundheitlich 
günstigere Lage des Stadtteils nicht allein bessere Gesundheits- 
rerhältnisse erzeugen kann. 

Von unschätzbarem Werte halten wir die jedenfalls der Wahr- 
heit sehr nahe kommenden Zahlen aus dem UL Bezirk. Auch sie 
bleiben yielleicht noch hie und da aus yerschiedenen Gründen hinter 
der Wirklichkeit zurück. Im aUgemeinen aber basieren sie auf 
einem so vollständigen und zuverlässigen Material, dafs mit ihnen 
gerechnet werden kann, ja gerechnet werden mufs. Sie sind nicht 
eine sporadische Erscheinung. Wir haben guten Grund anzunehmen, 
dafs in allen andern Schularztbezirken mindestens ähnliche trübe 
Gesundheitsverhältnisse bestehen. Auch war das Ergebnis nicht 
blofs in dem Schuljahr 1900/1901 ein so trübes. Wir sind in der 
Lage, auf Grund des Materials vom Schuljahr 1899/1900 zu be- 
weisen, dafs im Schuljahr vorher ganz dieselben Krankheitszustände 
festgestellt werden konnten (s. Tabelle VI). Vom Schuljahr 1896/97 
teilt K. Dankwarth in der Festschrift zur XL Generalversammlung 
des Allgem. Sachs. Lehrervereins in Dresden, 26., 27. u. 28. Sept. 1897 
(„Beiträge zur Schulgesundheitspflege unter Zugrundelegung der 
Dresdner Schulverhältnisse'^) S. 57 aus demselben IQ. Schularzt- 
bezirk mit: Untersucht wurden 284 Knaben und 296 Mädchen = 

580 Kinder. Darunter waren: 

Knaben Mädchen 

blutarm imd schwächlich 39 Prozent 55 Prozent 

geistig schwach ... 4 „ 2 „ 

kurzsichtig 1 „ 0,3 „ 

Stammeln und Stottern . 10 „ 6 „ 

schwerhörig 0,3 „ 1 „ 

Das Vorgeführte genügt, um behaupten zu können, dafs der 

Gesundheitszustand unserer Elementarschüler ein sehr ungünstiger ist. 

n. 

Wenn die Ungunst der Gesundheitsverhältnisse in andern 
Schularztbezirken nicht ziffemmäfsig so sicher festgestellt werden 



Der Gresundheitszustand d. Eleinentarscilüler i. d. Dresdner Volksschulen etc. 22 1 

konnte wie im III. Bezirk, 8o hat dies — wie bereits bemerkt — 
nicht darin seinen Grund, dafs es nichts festzustellen gäbe, sondern 
es liegt dies an der eigentümlichen Gestaltui^ der Ermittelungs- 
weise. LäTst man sich an den Beobachtungen der Direktoren und 
Lehrer, die wir deshalb nicht unterschätzt wissen wollen, sowie an 
einer beschränkten Untersuchung durch die Ärzte genügen, so werden 
kaum 16 Prozent kranker Kinder ermittelt. Bei einer ausnahms- 
losen Untersuchung seitens des Arztes nach vorhergegangener Be- 
fragung der Eltern durch den Schuldirektor aber werden mindestens 
37 Prozent kranker Kinder ermittelt. Im ersteren Falle bleibt eine 
grofse Zahl Krankheiten, z. B. die vielen verschiedenen Hals-, Mund- 
und Nasenleiden, unermittelt; die Behandlung der betreffenden Kinder 
durch den Lehrer mufs eine falsche werden, was für Gemüt und 
Charakter des Kindes geradezu die unheilvollsten Polgen nach sich 
ziehen kann. 

Der Dresdner Lehrerverein hat deshalb den Wunsch aus- 
gesprochen, dafs die erste schulärztliche Untersuchung des körper- 
lichen Zustandes der Kinder kurz nach Ostern, allgemein und nach, 
einheitlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden möchte. Weiter 
ist gewünscht worden, dafe die oben erwähnte Beilage zum Auf- 
nahmebogen mit dem Gesundheitszeugnis des Arztes für jedes Kind 
durch die ganze Schulzeit hindurch gefülirt werde. Das schulärzt- 
liche Zeugnis sollte das Kind auch bei einer etwaigen Ausschulung 
wie das Entlassungszeugnis begleiten. Die Bemerkungen des Schul- 
arztes gehören sodann schon um event. unbilliger Forderungen der 
Schulaufsichtsbeamten willen behufs sofortiger Auskunfbserteilung 
in die Versäumnis- und Zensurtabellen unter die Rubrik „Bemer- 
kungen"; hier bilden sie den Kommentar zum Ausfall der Zensur, 
dort die tägliche Mahnung an den Lehrer zur richtigen Behandlung 
des Schülers und zur richtigen Beurteilung seines Verhaltens und 
seiner Leistungen während des Unterrichts. Endlich darf nicht ver- 
säumt werden, die Eltern von dem Ergebnis der schulärztlichen 
Untersuchung in Kenntnis zu setzen, damit sie nötigenfalls für die 
Herstellung der Gesundheit Sorge tragen. 

Nun darf es aber bei der ersten schulärztlichen Untersuchung 
keinesfalls bewenden. Der Zustand des Kindes kann sich bessern, 
er kann sich auch verschlimmem; es können Krankheiten in der 
Schule auch erworben werden. Das prüfende Auge des Arztes 
soll daher auch auf den späteren Klassenstufen auf dem Kinde 
ruhen, wo nach unseren Erfahrungen der Gesundheitszustand gesund 
in die Schule eingetretener Kinder oftmals zurückgeht. 



222 



6. Schanze: 



Wie nötig ein Verfolgen der Kinder durch den Schidorzt auf 
höheren Elassenstufen ist^ sollen uns Tabelle VI und ein Beispiel 
aus einer Y. Mädchenklasse zeigen. 

Tabelle VI enthält die Zusammenstellung des schulärztlichen 
Materials derjenigen Kinder aus dem III. Dresdner Schularztbezirk^ 
die Ostern 1900 aus der 8. in die 7. Klasse yersetzt worden waren, 
582 Kinder kamen in Frage. 

Tabelle VL 

Das Ergebnis der schulärztlichen Untersuchung im ID. Schularzt- 
bezirk aus dem Schuljahr 1899/1900 nach den noch in Klasse 7 

Yorhandenen Zeugnissen. 









1 


2 


3 


4 


6 


6 


7 


8 


9 


10 


11 


12 


13 


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15 




eBamtzahl der 
Kinder 


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234 


40,20 


62 


88 


33 


12 


26 


12 


18 


12 


16 


14 


16 


9 


47 


4 


16 


383 








10,66 16,12 


6,66 2,06 


4,29 2,06 


3,09 


2,06 


2,67 


2,40 


2,74 


1,64 


8,07 


0,68 


2,74 










% 


% 


% 


% 


% 


% 


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7o 


% 


% 


% 


% 


% 


% 


% 





Im Jahre 1897 fanden sich nach eigner sorgfaltiger Beobach- 
tung (das Gehör wurde mit der Taschenuhr in der Hand geprüft) 
in einer 5. Mädchenklasse unter 43 Schülerinnen 7 schwerhörige 
(meist linksseitig) = 16,27 % und 13 kurzsichtige Kinder = 20,23% 

Die Entscheidung der Frage, nach welchen Gesichtspunkten, die 
aber möglichst einheitlich sein möchten, die erste, wie die folgenden 
Untersuchungen vorgenommen werden sollen, steht wohl am besten 
bei den Schulärzten selbst. Vorschläge hierzu finden sich neuer- 
dings in der Nr. 38 der Leipziger Lehrerzeitung vom 10. Juli d. J. 
unter „Neue Gesichtspunkte für die Untersuchung der neu in die 
Schule eintretenden Kinder, von Justus Thiersch, Schularzt in Leipzig'^ 
(Abdruck aus der Zeitschrift für Schulgesundheitspflege.) 

Weitere Wünsche — z. B. betreflFs der Versorgung chronisch 
kranker Kinder, Einrichtung von Schulbädem — , die gleichfalls der 
Dresdner Lehrerverein auszusprechen beschlossen hat, wollen wir 
hier nicht wiederholen; wir verweisen in dieser Beziehung auf 
unsem Artikel in der Leipziger Lehrerzeitung. Nur sei es noch 
gestattet, die Frage aufzuwerfen, ob nicht von jenen 7 ohrenleidenden 
Mädchen einer 5. Klasse eine Anzahl zu heilen gewesen wäre, wenn 
beispielsweise die Bekämpfung der Ohreiterung und Zerstörung des 



Der GeBnndheitszuBtand d. Elementarscliüler i. d. Dresdner Volksschulen etc. 223 

Trommelfelles im zarteren Alter von 6 Jahren in Angriff genommen 
worden wäre. Alte Schäden sind bekanntlich schwerer — wenn 
überhaupt — zu heilen als Leiden jüngeren Datums. 

Bedenken und Schwierigkeiten, die der Gestaltung der Schul- 
arzt-Institution im angedeuteten Sinne zu "einer wirklich erst wohl- 
thätigen Einrichtung entgegenstehen sollen, können nicht anerkannt 
werden. Läfst sich's mit den gegenwärtig dafür ausgeworfenen 
Mitteln nicht ausrichten, so müssen höhere Aufwendungen dafdr aus- 
geworfen werden. Es liegt ein öffentliches Interesse vor. Vor allem 
haben — wie bereits einleitend bemerkt wurde — Schule und 
Pädagogik ein lebhaftes Interesse daran, die volle Wahrheit über 
den Gesundheitszustand unserer Kleinen, in denen ja die Zukunft 
ruht, zu erfahren, und Schule und Pädagogik werden ihrerseits die 
«ich ei^ebenden Konsequenzen zu ziehen wissen. 



Der Dresdner Lehrerverein erbittet Schulb&der. 

Von OberbürgermeiBter Paul am Ende, Dresden. 

unlängst hat ein Lehrer an der 10. Bezirksschule^ Herr Gustay 
Schanze^ im Dresdner Lehrerverein einen sehr beachtenswerten Vor- 
trag gehalten über ^,Die Gesundheitsyerhältnisse unserer 
Elementarschüler und die Schularztfrage" (siehe den vor- 
hergehenden Aufsatz dieses Heftes S. 213 ff.). Redner hatte das 
Material aus sämtlichen Fragebogen der Dresdner Elementaristen 
zusammengetragen^ nachdem ihm die Einsichtnahme gestattet worden 
war. Die ärztliche Untersuchung der Kinder, die sich teilweise auf 
die Beobachtungen des betreffenden Direktors oder Lehrers stützt, 
war noch nicht in allen Schulen vorgenommen, auch nicht nach ein- 
heitlichen Gesichtspunkten durchgeführt worden. Daher mufsten die 
vom Redner gefundenen Prozentzahlen hinter der Wirklichkeit zu- 
rückbleiben. Die festgestellten Krankheiten der Schüler xmd Schü- 
lerinnen hatte Herr Schanze in die folgenden 15 Rubriken gebracht: 
Blutarmut, Zahnkrankheiten, körperliche, geistige Schwäche, chro- 
nische Krankheiten, vergröfserte Mandeln, vergröfserte Halslymph- 
drüsen, Skrofulöse, Nervosität, Rhachitis, Augenkrankheiten, Ohren- 
leiden, Stammeln, Stottern und sonstige Leiden und Gebrechen. 
Das Krankheitsbild, welches Redner von unseren Kindern ent- 
warf, ist geradezu ein erschreckendes. Nicht nur, dafs ein 
grofser Teil der Schüler mit drei bis vier Krankheiten oftmals be- 
haftet ist, die Zahl der Krankheiten also bei weitem die Anzahl 
der Leidenden übersteigt, sondern auch, dafs gut die Hälfte der 
Kinder, nicht, wie man gewöhnlich annimmt, ein Drittel, als anormal 
bezeichnet werden mufs! Auffallend ist, dafs sich nicht etwa be- 
sonders kranke oder besonders gesunde Schulen fanden, obschon die 
Lage der einzelnen Stadtteile dies hätte vermuten lassen. Es schei- 
nen somit in den verschiedenen Teilen Dresdens einander ähnliche 
Verhältnisse vorzuliegen in Bezug auf Ernährung, Wohnung und 
Pflege der Kinder, sowie hinsichtlich der Familienverhältnisse, in 
denen sie aufwachsen. Wie aber kann ein krankes Kind den An- 



Paul am Ende: Der Dresdner Lehferverein erbittet Schulbäder. 225 

forderungen gerecht werden, die Unterrielit und Hausaufgaben stellen! 
Herr Lehrer Schanze kam daher zu folgenden Leitsätzen: 

1. Der Gesundheitszustand unserer Elementarschüler ist nach 
den im Torigen Jahre stattgefimdenen Untersuchungen ein sehr un- 
günstiger und yerlangt daher fortgesetzt die gröfste Aufinerksamkeit. 
— 2. Es ist wünschenswert, dafs die erste schulärztKche Unter- 
suchung des körperlichen Zustandes kurz nach Ostern und allgemein 
nach einheitlichen Gesichtspunkten vorgenommen wird. Das Schul- 
amt soll gebeten werden, zu veranlassen, dafs die Untersuchung 
sämtlicher Elementarschüler für das laufende Jahr noch geschieht, 
damit eine eigehende Statistik zum Besten der Schulgesundheits- 
pflege aufgestellt werden kann. — 3. Es ist weiter zu wünschen, 
dafs die Beilage zum Aufiiahmebogen, die das ärztliche Zeugnis ent- 
halt, für jedes Eind durch die ganze Schulzeit geführt werde. — 
4. Die mit chronischen Krankheiten behafteten Kinder sind im 
Sommerhalbjahre so lange als nötig zum Gebrauche einer Kur zu 
beurlauben. Bei gänzlicher Mittellosigkeit hat die Stadt für Unter- 
bringung in eine Heilanstalt Sorge zu tragen. — 5. Die beiden 
iN^achhilfeschtden für geistig schwache Kinder sind zu dezentralisieren. 
Die Errichtung von Nachhilfeklassen für jede gröfsere Schulgruppe 
ist ein dringendes Bedürfnis. — 6. Zur Förderung des gesund- 
heitlichen Zustandes unserer Kinder empfiehlt sich die 
Errichtung von Schulbädern. 

Die Badegelegenheiten für die Bezirksschulkinder der Stadt 
Dresden durch eigentliche Schulbäder zu ergänzen wurde zuerst 
in der Monatsversammlung des ärztlichen Bezirksvereins Dresden- 
Stadt vom 4. Dezember 1894 angeregt, und zwar auf Grund eines 
Vortrags des Herrn Dr. med. Paul Seifert über Volks- und Schul- 
brausebäder. Der einstimmig gefafste Beschlufs der Versammlung 
lautete: „Der ärztliche Bezirksverein Dresden-Stadt hält die Ein- 
führung nicht nur von Völksbädem, sondern auch von Schulbädern 
für sehr wünschenswert und ersucht den Rat, in Volksschulen Schul- 
bäder zu errichten." Mit Rücksicht auf die von der Stadt Dresden 
bereits in Aussicht genommene Einrichtung von Schulbrausebädern, 
welche zugleich zur Benutzung für die Schuljugend dienen sollten, 
hielt man damals die Einrichtung besonderer Bäder für zur Zeit 
noch nicht angezeigt. Der ärztliche Bezirksverein erneuerte aber 
sein Gesuch unter dem 1. Februar 1898 an den Rat zu Dresden, 
welcher nunmehr alsbald beschlofs, in der zunächst zu errichtenden 
neuen Bezirksschule versuchsweise Brausebäder einzurichten. Eine 
diesbezügliche Vorlage des Rates an die Stadtverordneten Dresdens 



226 Pft^ am Ende: 

ist aber in der Sitzung Yom 27. April 1899 mit allen gegen sechs 
Stimmen abgelehnt und seit dieser Zeit meines Wissens nicht er- 
neuert worden. 

Aber was nützt es^ fär die Gesundheit der Gesamtheit zu sorgen^ 
so lange -der einzelne nicht dahin gelangt^ an eigener Person sein 
Teil zum Ganzen beizutragen. Darin liegt ja neben dem direkt sani- 
tären der ethische und erziehliche Charakter der ganzen Angelegen- 
heit und giebt ihm weit über den nachstgelegenen Zweck hinaus eine 
allgemeine Bedeutung. 

Unsere Schulen sind den modernen Anforderungen entsprechend 
ausgestattet und oft wahre hygienische Musteranstalten. Man sorgt 
für geräumige und helle Zimmer^ für möglichst reine Luft in den- 
selben durch Ventüationsanlagen, durch häufiges Reinigen der Zimmer, 
durch Kleiderablegen aufserhalb der Kkssen, für reines Trinkwasser, 
für Zentralheizung, Kanalisation u. s. w. Wenn man bedenkt, was 
nach dieser Richtung geschehen ist, welche bedeutende Summen da- 
für vom Staate und Ton den Gemeinden freudig geopfert werden, 
so mufs man sich wundem, dafs die Frage der körperlichen Rei- 
nigung der Schulkinder bisher verhältnismäfsig wenig Beachtung 
gefunden hat. Und doch müssen wir uns sagen, dafs alle diese 
schönen Einrichtungen und hygienischen Verbesserungen in den Schu- 
len erst dann zur vollen Geltung gelangen können, wenn in die ge- 
sunden Räume nicht mehr schmutzige Kinder mit allen möglichen 
Infektionsstoffen am Körper und in den Kleidern hineinkommen. Die 
Errichtung von Schtdbädem ist eine einfache Konsequenz der Volks- 
bädereinrichtungen. Was für die Erwachsenen in dieser Frage gilt, 
findet in noch höherem Grade Anwendung auf unser heranwachsendes 
Geschlecht. 

Wo Schulbrausebäder bestehen, w^ird nach den mir vor- 
liegenden Nachrichten ihr überaus wohlthätiger Einfiufs gerühmt. 
Die Kinder selbst baden so gerne, dafs die Drohung des einmaligen 
Ausschlusses vom Bade sich bereits als wirksames pädagogisches 
Zwangsmittel erweist. 

Den gröfsten Nutzen hat das Schulbad in hygienischer 
Beziehung gezeitigt, indem es den Gesundheitszustand der Schul- 
jugend in vortrefflicher Weise forderte. Die wohlthätigen Wirkungen 
des Badens zeigten sich an der frischeren und gesunderen Gesichts- 
farbe der Kinder und traten auch bei dem nachfolgenden Unterricht 
in hohem MaTse zu Tage. Auch auf die Eltern der Kinder ist in- 
sofern eine günstige Wirkung zu konstatieren, als deren viele durch 
das Baden der Kinder veranlafst werden, diesen bessere und saubere 



Der Dresdner Lehrerverein erbittet Schulbäder. 227 

Wäsche und Unterkleider mitzugeben, als bisher, um die Kinder vor 
ihren Lehrern und Mitschülern und sich selbst nicht blofs zu stellen. 
Dafs dies wiederum einen bemerkenswerten Einflufs auf die Oberr 
kleidung . ausübt, ist nicht in Abrede zu stellen. 

Seit dem Jahre 1888 sind Schulbäder und zwar fast ausschliefs- 
lich bei Neubauten von einer stetig wachsenden Zahl gröfserer Schul- 
gemeinden in Deutschland, Oesterreich, der Schweiz und Dänemark 
eingerichtet worden. Nach den aus verschiedenen Orten, wie München, 
Magdeburg, Erfurt, Prankfurt a. M., Leipzig, Chemnitz, Glauchau, 
Plauen i. Vogtl., gegebenen amtlichen Berichten oder brieflichen Mit- 
teilungen über mehrjährigen Schulbäderbetrieb ist man ausnahmslos 
von den Versuchen befriedigt und läfst weiterhin neue Schulen mit 
Bädem ausstatten. 

Die Verbreitung und Anerkennung, welche die Schulbäder ge- 
funden, beweisen zur Genüge, dafs diese Einrichtungen sich allmäh- 
lich zum Heile unserer Schuljugend immer mehr einbürgern. 
Li keiner Stadt ist man von der Schulbädereinrichtung wieder zurück- 
gekommen. Anfangs, zur Zeit der ersten Versuche, wurden besonders 
von Berlin, München und Leipzig aus eine Anzahl von Bedenken 
gegen die Schulbäder geltend gemacht. Diese Bedenken sind nun- 
mehr durch die in den Jahren gewonnenen Erfahrungen teils als 
bedeutungslos erkannt, teils durch allerlei Verbesserungen der Ein- 
richtung gehoben worden. — 

Wer jemals Gelegenheit gehabt hat, ein Schulbad und dessen 
Betrieb zu schauen, und weifs, welche trefflichen Einwirkungen eine 
solche Wohlfahrtseinrichtung auf das gesundheitliche Gedeihen 
eines Gemeinwesens, besonders seiner heranwachsenden Jugend, aus- 
übt, wird den Wunsch in sich wachsen fühlen, so oft er daran 
zurückdenkt, auch seiner Gemeinde eine solche Quelle der Kraft und 
Gesundheit erschlossen zu sehen. 

Die von mir im Vorjahre bearbeitete und herausgegebene kleine 
Schrift*) über das Schulbad ist von mehr als 600 deutschen Ge- 
meinden und Staatsbehörden bezogen worden. Auf Grund meiner 
Ausführungen wurden eine Anzahl Schulbäder ins Leben gerufen. 
Aus den vielen Zuschriften und Anfragen habe ich aber ersehen 
können, wie lebhaft das Interesse in allen Teilen Deutschlands für 
die Schulbäderfrage ist und welche Würdigung man dem Schulbade 
angedeihen läfst. Das Kgl. Württembergische Staatsministerium ver- 



*) am Ende, Das Brausebad in der Volksschule. 1900. — Kommissions- 
verlag der Königl. Sachs. Hofbuchhandlung (H. Burdach) in Dresden. 



228 V9»xA am Ende: Der Dresdner Lehrerverein erbittet Schulbäder. 

anlafste die Yerteilimg meiner Schrift an die Oberschulbeliorden des 
Landes; eine ähnliche Verfügung traf die Grofsherzoglich Olden- 
burgische Regierung. 

Der im Spätsommer des Jahres 1899 verstorbene Kgl. Bezirks- 
schulinspektor in Dresden, Schulrat Eichenberg, hatte sich über 
Schulbäder unter dem 2. November 1898 wie folgt geäufsert: 

„1. Bei Einrichtung von Schulbädem wird ein besonderes Augen- 
merk darauf zu richten sein, dafs durch ihre Benutzung der in 
unseren Grofsstädten auch sonst häufig genug gestörte Schulunter- 
richt möglichst wenig beeinträchtigt wird; denn wenn es auch kaum 
möglich ist, die Badezeit ganz auTserhalb der Unterrichtszeit zu ver- 
legen, so läfst sich doch in vielen Klassen die Einrichtung treffen, 
dafs eine unterrichtsfreie Vor- und Nachmittagsstunde zum Baden 
benutzt wird, jedenfalls ist aber während des Unterrichts in Reli- 
gion, Deutsch und Rechnen von der Klasse das Brausebad nicht zu 
benutzen. 

2. Die Verbindung des Brausebades mit dem Bassinbade hat ja 
unstreitig manches für sich, aber neben beträchtlich höheren Kosten 
bedingt sie eine . längere Unterrichtsunterbrechung und ist auch in 
sanitärer Beziehung nicht ganz unbedenklich, da die gleichzeitige 
Benutzung einer stehenden Wassermenge durch eine gröfsere Anzahl 
zum Teil kränklicher Kinder für die übrigen Ansteckungsgefahren 
mit sich bringen kann." 

Wer sich den Blick für Volkswohlfahrt durch nichts beengen 
läfst, der wird die Einrichtung der Schulbäder segnen als das wirk- 
samste Mittel, unser Volk wieder an das seit dem 30jährigen Kriege 
fast verlernte Baden zu gewöhnen, ja, der wird das Baden in Schulen 
um so freudiger begrüfsen, als es zunächst, dem Körper dienend, 
ein gewichtiges Gegenmittel bildet gegen die überlastenden Anfor- 
derungen an unsere Kinder auf geistigem Gebiete. 

Die Ausführungen des Herrn Schanze im Dresdner Lehrer- 
verein geben Veranlassung zu ernstem Nachdenken. Aufrichtiger 
und freudiger Dank ist aber diesem Vereine zu zollen, dals er in 
Förderung des gesundheitlichen Zustandes unserer Kinder die Er- 
richtung von Schulbädem in Sachsens Residenzstadt empfiehlt und 
damit eine wichtige Frage von neuem anregt. Möge dieses Vor- 
gehen von bestem Erfolge begleitet sein zum Wohle unserer Schul- 
jugend, zur Gesundung und Kräftigung des Volkes I. 



Fünfter Deutscher Kongrefs für Volks- und Jugendspiele. 

Von Dr. med. J. Steinhardt, Kinderarzt und städt. Schularzt in Nürnberg, 

Am 7. und 8. Juli d. J. tagte in Nürnberg der V. Kongrefs 
zur Förderung der Volks- und Jugendspiele in Deutschland. Die 
stattliche Zahl von 370 Teilnehmern, welche die Präsenzliste auf- 
wies, ist ein deutlicher Beweis für das Interesse, welches man allent- 
halben den Bestrebungen des Kongresses entgegenbringt; das Gleiche 
lehrte auch die Zusammensetzung der Versammlung, indem staat- 
liche und städtische Beamte, Arzte, Offiziere, Lehrer, Privatleute, 
sogar auch einzelne Damen den Sitzungen beiwohnten. Der Geist 
der Verhandlungen, sowohl bei den Vortragenden wie bei den Dis- 
kussionsrednern, war getragen von der Erkenntnis, dafs der Zentral- 
ausschufs für Volks- und Jugendspiele, an der Spitze der hochver- 
diente Freiherr von Schenckendorff, mit Stolz auf die Erfolge 
zurückblicken kaim, welche er in zehnjähriger Arbeit erreicht hat, 
dafs er aber trotzdem keineswegs stillstehen will oder stillstehen 
darf, da es noch gar vieles zu thun giebt, selbst heute, wo, wie der 
Vorsitzende ausführte, fast 4000 Lehrer und 2000 Lehrerinnen nach 
den Absichten des Zentralausschusses als Spielleiter ausgebildet sind, 
und die Fläche der Spielplätze nach privater Schätzung 18 Millionen 
Quadratmeter beträgt. 

Die Sitzungen Wurden erÖffiiet und weiterhin geleitet von Frei- 
herm von Schenckendorff. Nach der üblichen Begrüfsung der 
Vertreter verschiedener Behörden ging er sofort auf seinen angekün- 
digten Vortrag: „Zehn Jahre unserer Arbeit'^ über und führte 
etwa folgendes aus: 

Es unterliegt keinem Zweifel, dafs mit der Zunahme der Kultur 
die Erhaltung der körperlichen Kräfte, von deren Rüstigkeit meist 
auch die geistige Leistungsfähigkeit abhängt, schwieriger geworden 
ist. Dies haben schon vor 100 Jahren Gutsmuts und Jahn erkannt 
und geregelte körperliche Übungen zum Ausgleich jener kulturelleil 
Schäden für nötig gehalten und gefördert. Der deutschen Turner- 
schaft gebührt das Verdienst, die Ideen jener Männer verbreitet und 

Gesunde Jugend. I. 5. 16 



230 j. Steinhardt: 

weiter entwickelt zu haben. In diesen Bestrebungen trat aber seit 
den siebziger Jahren eine einseitige Bevorzugung der Geratübungen 
beim Turnen ein; und das führte gelegentlich des bekannten 
preufsischen Ministerialerlasses im Jahre 1891 zur Bildung des 
Zentralausschusses für Volks- und Jugendspiele^ dessen Ziel es ist^ 
die Leibesübungen mehr ins Freie zu yerlegen und die Spiele als 
Ergänzung des Turnens zu fördern, wobei natürlich auch dem 
Schwimmen, Rudern, Radfahren, Eislauf u. s. w. die gebührende Be- 
deutung zuerkannt wird. Die Öffentlichkeit suchte man durch Ver- 
sammlungen und Schriften verschiedener Art, durch Aufstellen von 
Spielregeln und Ausbildung besonderer LehrkriLfte (s. o.) von der 
Notwendigkeit der körperlichen Übungen und Spiele zu überzeugen 
und für die angegebenen Ziele zu gewixmen; ebenso bemühte sich 
der Zentralausschufs, durch Anregung bei den Behörden zu wirken, 
und fand reiche Unterstützug. Aber die Bewegung steht erst in 
ihren Anfangsstadien, und es giebt noch manches Hindernis zu be- 
seitigen. Denn weite Kreise verschliefsen sich der Einsicht, dafs die 
Spiele wesentlich mit zur Gesundung und Entwicklung des Geistes 
beitragen und eine nicht zu vernachlässigende Vorbedingung für 
eine harmonische Entwicklung des Geistes und Körpers bilden; auch 
halten sich die gebildeten Kreise vielfach gesundheitfordemden Be- 
strebungen fern. Der Zentralausschufs ist deshalb u. a. an die 
studierende Jugend herangetreten, neuerdings sogar mit bestem Er- 
folg, und hat einen neuen „Ratgeber" an Studierende und Pro- 
fessoren gesandt. Femer ist ein Wehrausschufs gebildet worden, 
der nicht der militärischen Ausbildung vorgreifen, sondern diejenigen 
Anlagen und Kräfte besonders pflegen und entwickeln helfen will, 
welche für den Heeresdienst erforderlich sind. Auch der Pflege des 
Volksliedes wird Aufmerksamkeit gewidmet. „Lassen Sie uns alle," 
schlofs Redner unter dem Beifall der Versammlung, „die wir das 
Ziel der Volksverjüngung und Volksgesundung im Auge haben, treu 
zusammenhalten zur Gröfse und zum Ruhm des Vaterlandes." 

Es folgten die Erwiderungen der verschiedenen Regierungs- 
vertreter, sowie des I. Bürgermeisters der Stadt Nürnberg, welche 
alle ihre, bezw. ihrer vorgesetzten Stellen Sympathieen für die Be- 
strebungen des Kongresses zum Ausdruck brachten. 

Alsdann sprach Hofrat Dr. med. Stich-Nürnberg über „Wert 
und Bedeutung der Leibesübungen". Er wies in längerem, 
eingehendem Vortrag darauf hin, dafs die obligatorischen zwei Turn- 
stunden wöchentlich noch lange nicht genügten, um die schädlichen 
Einwirkungen der Schule auf den jugendlichen Körper zu paralysieren, 



Fünfter Deutscher Kongrefs für Volks- und Jugendspiele. 231 

und es sei ein bedenkliches Mifsverhältnis; wenn unsere Schüler 
wöchentlich 50 Stunden geistig und nur 2 Stunden körperlich zu 
arbeiten hätten. Die Folgen einer solch einseitigen Ausbildung, die 
zu einer Reihe der sog. Schulkrankheiten führe, müfsten beseitigt 
werden; dazu genüge aber das Turnen allein nicht, es müfsten viel- 
mehr noch Schwimmen, Eislauf, Radfahren und die obligatorischen 
Spiele hinzukommen — nicht blofs für Knaben, sondern auch für 
Mädchen. Der Einwand, dafs Zeit, Lehrkräfte und Plätze für die 
Jugendspiele mangeln, sei nicht stichhaltig: bei gutem Willen der 
malisgebenden Stellen könnten die nötigen Mittel leicht beschafft 
werden. In Nürnberg z. B. bestehen jetzt 9 Spielplätze, auf denen 
'gleichzeitig 1000 Schüler spielen können, und es sei begründete 
Aussicht vorhanden, dafs die Zahl der Spielplätze demnächst bedeu- 
tend vermehrt werde. Das aufgewendete Kapital sei sicherlich nicht 
als wertlos zu betrachten. 

Auch der nächste Redner, Dr. med. Schmidt-Bonn, welcher 
die Frage behandelte: „Inwiefern tragen die Bewegungsspiele 
zur Bekämpfung der Volkskrankheiten, vornehmlich der 
Tuberkulose, bei?", spricht sich für die obligatorische Ein- 
führung der Jugendspiele in die Schule aus. Vortragender erörtert 
die Verbreitung der Tuberkulose, wobei er erwähnt, dafs stets gegen 
226000 Personen in Deutschland gerade im arbeitsfähigen Alter 
von dieser Krankheit befallen sind, geht kurz auf die verschiedenen 
Mafsnahmen ein, welche zur Bekämpfung der Tuberkulose empfohlen 
worden sind, und verlangt als prophylaktisches Mittel, welches die 
Entstehung der Volkskrankheiten verhüten soll, neben vernünftiger 
Ernährung, Körperpflege und Wohnungshygiene vor allem energische 
Förderung der Leibesübungen und Jugendspiele. Er fühi*t aus, dafs 
die Kräftigung der Muskulatur und des Knochengerüstes von körper- 
lichen Übungen abhängig sei und für die Verhütung der Lungen- 
tuberkulose grofse Bedeutung habe. Wichtig seien möglichst tiefe 
Atembewegungeu, wie sie besonders durch Streckübungen gefördert 
werden; durch die Spiele werde auch die Zirkulation und die Neu- 
bildung des Blutes günstig beeinflufst infolge der Einwirkung des 
Tageslichtes und des Einatmens frischer Luft, lauter Momente, welche 
geeignet sind, eine gesunde Entwicklung des Körpers zu begünstigen 
und widerstandsfähige Gesundheit zu erhalten. Aber nicht blofs für 
die Mittelschulen, sondern auch für die aus der Volksschule ent- 
lassenen Knaben sei das Jugendspiel zu fordern; und wenn es zur 
Einführung der obligatorischen Fortbildungsschule komme, möge 

man ihr zui-ufen: Gebt der Jugend auch Gelegenheit zur obliga- 

16* 



232 J. Steinhardt: 

torischen Ausbildung der Kräfte gleichwie der gleichalterigen Jugend 
der Mittelschulen! 

Damit waren die Yerhandlungsgegenstände des ersten Tages 
erschöpft und es folgten Nachmittags Tum- und Spielvorfährungen, 
von welchen weiter unten die Rede sein wird. 

Die Sitzungen des zweiten Kongrefstages^ an welchem sämtliche 
Nürnberger Schulen geschlossen waren, um den Lehrern die Teil- 
nahme an den Verhandlungen zu ermöglichen, wurden eingeleitet 
durch einen Vortrag des Tuminspektors Hermann-Braunschweig: 
„Sind die Bewegungspiele der Mädchen künftig noch ent- 
schiedener zu fördern, und nach welchen Grundsätzen sind 
sie zu leiten?*' Redner, der seit 40 Jahren Unterricht in Mädchen- 
schulen erteilt, hat oft eine durch Leiden verschiedener Art bedingte 
Hinfälligkeit bei den Mädchen bemerkt; aber nicht in der Natur der 
Frau liege die minderwertige Entwickelung begründet, sondern in 
der falschen Erziehung. Zu einer besseren Erziehung gehöre passende 
Ernährung, ausgiebige Körperübungen, besonders Bewegungsspiele, 
und ein richtiger Ausgleich zwischen Geistes- und Körperarbeit und 
Ruhe. Allein darin fehle es noch sehr, zumal die Schulbehörden 
die Verpflichtung der Mädchen, an den Spielen teilnehmen zu 
müssen, noch nicht angeordnet haben. Die Spiele in den Mädchen- 
schulen haben sich bisher unverhältnismäfsig gering entwickelt, und 
das sei der Grund, warum der Zentralausschufs immer wieder anf 
eine energische Förderung der Spiele bei den Mädchen hinarbeiten 
müsse. Thatsächlich ist schon 1894 auf dem Kongrefs in Berlin 
und 1899 in Königsberg dieser Punkt eingehend erörtert worden. 
Vortragender rückt dann der unzweckmäfsigen Frauenkleidung, be- 
sonders dem Korsett, energisch zu Leibe und wünscht, dafs die 
moderne Frauenbewegung ihr Augenmerk einmal auf die Beseitigung 
dieser Übelstände richten solle; es sei selbstverständlich, dafs an 
Turnspielen die Mädchen nur in natürlicher, ungezwungener Klei- 
dung teilnehmen sollen. Schliefslich werden die Grundsätze ent- 
wickelt, welche den Mädchenspielen, namentlich hinsichtlich des 
Betriebes und der Anordnung, zu Grunde zu legen sind, und die 
Forderung aufgestellt, so viel als nur irgendwie möglich im Freien 
zu turnen. 

An der lebhaften Diskussion, die sich hieran schlofs, beteiligte 
sich u. a. auch die bekannte Frauenrechtlerin Frau Helene 
von Förster-Nürnberg. Sie betonte, dafs sie alles gut heifse, was 
der Redner über die körperliche Ausbildung der Frauen gesagt 
habe, und verwies auf die Thätigkeit der Frauenvereine, welche 



Fünfter Deutscher Eongrefs für Volks- und Jugendspiele. 233 

gleichfalls die körperlichen Übungen der Mädchen wünschen, und 
wiederholt in diesem Sinne an die Parlamente petitioniert haben, 
leider nicht immer mit dem gewünschten Erfolg; die Bestrebungen 
für vernünftige Reformkleidung, namentlich bezüglich AbschaflPung 
des Korsetts, fänden immer mehr Anklang, wenigstens könne man 
auf Frauenkongressen bemerken, dafs die Mehrzahl der Teil- 
nehmerinnen Reformkleider tragen. 

Es folgt det angekündigte Vortrag des Stadtschulrats Platen- 
Magdeburg über den Satz: „Was kann auch der Zentralaus- 
schufs für Volks- und Jugendspiele zur Fürsorge für die 
schulentlassene Jugend thun?" Unter warmer Anerkennung 
der Erfolge, welche der Zentralausschufs in den zehn Jahren seines 
Bestehens erzielt hat, wünscht Redner, dafs sich das Interesse des- 
selben nunmehr auch der körperlichen Weiterentwickelung der 
schulentlassenen Jugend zuwenden möge, in ähnlicher Weise, wie 
Fortbildungsschulen, kirchliche und andere Vereine, das preufsische 
Fürsorgegesetz in geistiger und sittlicher Hiasicht wirken. Wenn 
derartige Spieleinrichtungen bisher nur wenig Verbreitung gefunden 
haben, so liege das nur in der fehlenden Anregung; denn die Be- 
dingungen seien überall in gleicher Weise vorhanden. Arbeitgeber, 
Gewerbetreibende, Gemeinden, Fortbildungsschulen, die gesamte 
Lehrerschaft haben das gröfste Interesse an einer tüchtigen, körper- 
lich kräftigen Jugend. Es wäre vielleicht rätlich, Deutschland in 
Bezirke einzuteilen und einen nach dem anderen vorzunehmen. 
Wenn von der autoritativen Stelle des Zentralausschusses ent- 
sprechende Anregungen kommen, so sei der Erfolg schon im vor- 
aus sicherer, als wenn sie von einer Stadt selbst ausgingen, wo doch 
Eifersüchteleien und kleinliche Rücksichten bestehen. Aber man 
dürfe nicht dem Zentralausschufs alles aufbürden, sondern jeder, der 
es mit der Jugend gut meine, habe die Pflicht mitzuhelfen. 

Den letzten Vortrag hielt Dr. Koch-Blankenburg a. H.: „Über 
die Notwendigkeit der weiteren Schaffung von Spiel- 
plätzen in Deutschland, und welche Anforderungen sind 
an dieselben zu stellen?" Obwohl sich die Gesamtzahl aller 
Spielplätze im letzten Jahrzehnt bedeutend vermehrt hat, haben 
doch, wie eine Umfrage ergeben hat, von 800 Städten 350 noch 
keinen Spielplatz; namentlich die norddeutschen Grofsstädte sind im 
Spielleben weit zurück. Wo Mangel der nötigen Bodenfläche be- 
steht, soll man Waldspielplätze errichten; auch die Schulhöfe sind, 
trotz mancher ihnen anhaftenden Mängel, zu benützen, wenn andere 
Plätze nicht zur Verfügung stehen. Wichtig ist eine Spielinspektion, 



234 J. Steinhardt: 

eine Oberleitung, die in keiner Stadt fehlen sollte. Zur Bestreitung 
der Kosten, die der Stadtsäckel nicht allein tragen kann, möge man 
die reich gewordene Industrie heranziehen. Einen Beweis, wie ge- 
sundheitsfördernd die Spiele wirken, liefert die Thatsache, dafs in 
englischen Städten, wo die Bevölkerung wirklich spielt, die Tuber- 
kulose intensiv und extensiv zurückgegangen ist. 

Im Anschlufs daran berichtet noch Oberlehrer Dr. Witte- 
Blankenburg über Gröfse, Lage und Beschaffenheit der Spielplätze: 
Nur grofse Plätze sind wirklich von gutem Einflufs. Auf 1 Hektar 
können mit Pufsball 50, mit Schlagball 150 Jungen zugleich be- 
schäftigt werden, im Winter 250 Schüler. In einer Stadt von 
100000 Einwohnern müfsten also 16 Hektar Spielplätze hergestellt 
werden. So schön es ist, wenn Anlagen herum sind, so unbedingt 
zu verwerfen sind alle Anlagen auf dem Spielplatz selbst. Was den 
Boden betrifft, so hat die Praxis gezeigt, dafs Rasenplätze unbedingt 
das Beste seien. 

Nach einer ziemlich lebhaften Diskussion über die beiden letzten 
Vorträge schlofs der Vorsitzende den Kongrefs, wobei er unter den 
üblichen Danksagungen der Hoffiiung Ausdruck gab, dafs die ge- 
gebenen Anregungen die in schöner Entwicklung befindliche Spiel- 
bewegung weiter fordern mögen. 

Es erübrigt noch, ein Wort zu sprechen über die Spielvor- 
führungen in den Nachmittagsstunden der Versammlungstage. 
Sonntag (7. Juli) führten auf der Deutschhermwiese 500 Turner, 
welche sich aus 24 Nürnberger Turnvereinen zusammensetzten, unter 
Leitung des Gymnasialturnlehrers imd Gautumwarts Günzler sehr 
gut klappende Freiübungen auf. Daran schlofs sich ein Riegentumen 
an über 50 Geräten, bei welchem man manche ganz hervorragende 
Leistung bewundem konnte. Es folgten dann Spiele in 46 verschie- 
denen Abteilungen und unter Beteiligung von Männer-, Frauen-, 
Knaben- und Mädchenriegen. Zum Schlufs kam noch ein Stafetten- 
wettlauf auf 800 Meter Gesamtentfemung und je 100 Meter Ent- 
fernung zwischen den einzelnen Läufern, sowie Seilziehen zwischen 
verschiedenen Männertumvereinen. 

Am Montag (8. Juli) traten auf dem geradezu idealen, grofsen 
städtischen Spielplatz an der Johannisbrücke je 67 Mädchen- und 
Knabenklassen der Volksschulen, 23 Klassen von den höheren 
Mädchenschulen, 21 Klassen von den Mittelschulen, sowie der Turn- 
lehrer- und Tumlehrerinnen-Verein, im ganzen etwa 7000 Teil- 
nehmer zur Vorführung von Jugendspielen an. Es giebt wohl kaum 
ein Spiel, das hier nicht zu sehen gewesen wäre, und man hatte 



Fünfter Deutscher KoDgrefs für Volks- und Jugendspiele. 235 

reichlich Gelegenheit, sich von dem belebenden Einflufs zu über- 
zeugen, welchen das Jugendspiel auf Körper und Geist ausübt. 

Die üblichen geselligen Veranstaltungen füllten die Mittags- und 
Abendstunden des Kongresses aus, mit welchem auch eine kleine 
Ausstellung von Spielbüchem und Spielgeräten verbanden war.*) 



*) Da Ref. aus bemfliclien Gründen nicht allen Verhandlungen hatte 
beiwohnen können, ein offizielles Prefsbureau des Kongresses aber nicht be- 
steht, 80 mufste bei Anfertigung des vorliegenden Berichtes mehrfach auf 
andere bereits erschienene Referate zurückgegriffen werden. 



Leipzig, im Juli 1901. 

Auf der Aachener Versammlung wurde nachstehende Petition 
beschlossen. 

Petition 

des 

Allgemeinen Dentschen Vereins für Schnlgesundheitspflege an das 
Eaiserl. Staatsministerinm von Elsars-Lothringen, . 

betreffend die Einführung von Realgymnasien in den 
ßeichslanden und die Erleichterung der Reifeprüfung an 

dortigen höheren Lehranstalten. 

Im Hinblick auf die erfolgte Neuerung des Berechtigungswesens 
der höheren Lehranstalten und in Anbetracht dessen, dafs die 
Arbeitsverteilung des Lehrstoffes auf mehrere höhere Schulen ohne 
Einschränkung des Berechtigungswesens von Seiten der Hygiene 
dringend zu befürworten ist, bittet der Allgemeine Deutsche Verein 
für Schulgesundheitspflege: 

Die Einführung von Realgymnasien in Elsafs-Lothringen, dem 
einzigen deutschen Lande, in welchem sie nicht bestehen, veranlassen 
zu wollen. 

Li Anbetracht dessen, dafs in Preufsen und in anderen Bundes- 
staaten weitgehende Erleichterungen bei der Abiturientenprüfung 
vorgesehen sind, die darin bestehen, dafs die Prüflinge bei zufrieden- 
stellenden Leistungen in der Klasse und in den schriftlichen Prü- 
fungsarbeiten vom mündlichen Examen befreit werden, und in An- 
betracht dessen, dafs dieser Modus wesentlich zur Erholung der 
durch die Vorbereitungen zur Prüfung und durch die Anfertigung 
der schriftlichen Aufgaben ermüdeten Schüler beiträgt, glaubt der 
Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege seiner Über- 
zeugung dahin Ausdruck geben zu sollen, dafs es durchaus den 
Rücksichten der Billigkeit entsprechen würde, wenn das Abiturienten- 
examen auch in den Reichslanden im Sinne der preufsischen Vor- 
schriften geregelt würde. 

Mit Ehrerbietung 

Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Vereins 

für Schulgesundheitspflege, 
gez. Griesbach, Schotten, Eulenburg, Hertzog, Pabst, Korman. 



Wünsche, betreffend die Einfiilirnng von Realgymnasien 

in Elsafs -Lothringen. 

Am 17. Juli fend in Mülhailsen im hinteren Bathaussaale unter 
dem Vorsitze des Herrn Stadtrats Louis Schwartz eine von etwa 
40 — 50 Familienvätern, Fabrikanten, Kaufleuten, Offizieren Rechts- 
anwäiten, Ärzten, Professoren, Lehrern u. a. besuchte Versamm- 
lung statt, die sich mit der Einführung des Lehrpläns des 
Realgymnasiums in Parallelklassen des Gymnasiums von 
der Untertertia ab bis zur Oberprima beschäftigte. Der 
Vorsitzende eröffnete die Sitzung, dankte den Anwesenden für ihr 
Erscheinen, setzte kurz den Zweck der Versammlung auseinander 
und erteilte Herrn Dr. Kaufmann das Wort. Dieser legte eingehend 
den Stand des Gymnasiums, der Oberrealschule und des Realgym- 
nasiums dar. Letztere Lehranstalten wurden 1883 im Reichsland 
aufgehoben, wären aber gerade für unsere Verhältnisse nötig.. Gym- 
nasium und Oberrealschule' seien überlaufen und die Errich- 
tung eines Realgymnasiums, d. h. in dem geforderten Mafsstabe, wäre 
ein Mittel, sie zu entlasten. Viele junge Leute besuchten das Gym- 
nasium nur, um den Schein zum einjährigen Dienst zu erhalten. 
Für diese sei das Griechische durchaus unnütz; not thäte dagegen 
die Kenntnis des Französischen und Englischen. Redner ersuchte 
dann die Anwesenden, die an die Regierung zu sendende Petition 
zu unterschreiben und für dieselbe Propaganda zu machen. Was es 
in anderen Bundesstaaten gebe, sollte Elsafs-Löthringen auch haben. 
(BeifaU.) 

Herr Prof. Dr. med. u. ph. Griesbach beleuchtete die Sache vom 
hygienischen Standpunkte. Er teilte auch mit, dafs der Allgemeine 
Deutsche Verein für Schulgesundheitspflege eine Petition an die elsafs- 
lothringische Landesregierung gerichtet habe, worin er dasselbe er- 
bitte, was in dem vorliegenden Gesuch gefordert werde. — Seitens des 
Herrn Professors Dr. Faber wnrde geäufsert, dafs jeder Vater seinem 
Sohne etue bessere soziale Stellung zu verschaffen suche und ihn 
in die höhere Schule schicke. So käme der Zudrang zur Oberrealr 



238 Wünsche, betr. die EinfQhrong von Realgymnasien in ElsaTs-Lotlmngen. 

schule von unten herauf. Notwendig wäre die Errichtung 
einer zweiten Realschule. Hierauf verlas Herr Professor Kauf- 
mann, da niemand mehr das Wort verlangte, das an die Regierung 
abzusendende Gesuch, dasselbe lautet: 

„An das kaiserliche Ministerium des Innern, AbteUung für Unter- 
richt. StraTsburg. 

Die unterzeichneten Bürger von Mülhausen und insbesondere 
Väter von Söhnen, welche die unteren Klassen des hiesigen Gym- 
nasiums besuchen, richten an das kaiserliche Ministerium des Innern, 
Abteilung für Unterricht, das Gesuch: Im kommenden Schuljahr 
neben der Untertertia des Gymnasiums eine zweite Untertertia mit 
dem Lehrplan des Realgymnasiums errichten und in jedem folgenden 
Jahre bis zur Oberprima weiter führen zu wollen. 

Die Gründe, von denen die Unterzeichneten sich dabei leiten 
lassen, sind folgende: 

1. Der zuständige Ausschufs des Bundesrates hat im Mai d. J. 
die Abiturienten des Realgymnasiums zum Studium der Medizin und 
zur Erwerbung der ärztlichen Approbation ohne Vorbehalt berechtigt. 

2. Eine ähnliche Entscheidung ist für das Studium der Juris- 
pmdenz in naher Zukunft zu erwarten. 

3. In PreuTsen und anderen deutschen Bundesstaaten ist auch 
das Studium der Philosophie den Abiturienten des Realgymnasiums 
geöffnet. 

4. In ganz Elsafs-Lothringen giebt es zur Zeit kein Realgym- 
nasium, die Bürger dieses Landes sind daher, imd zwar als die ein- 
zigen im ganzen Reiche, von den Vorteilen der Entscheidimg des 
Bundesrates so gut wie ausgeschlossen. 

5. In der Errichtung eines Realgymnasiums erblicken die Unter- 
zeichneten das beste Mittel zur Entlastung der seit langem über- 
füllten hiesigen Oberrealschule, zugleich aber auch des Gymnasiums, 
von solchen Schülern, die dort nichts suchen als die Berechtigung 
zum Einjährigen-Schein.*) 

6. Da die Teilung der Untertertia und meistens auch der Ober- 
tertia in je zwei Abteilungen bereits seit langem hier vorgenommen 
wird, so kann es wenigstens für die nächsten Jahre an den nötigen 
Lehrkräften für das von uns Vorgeschlagene nicht fehlen. In dem 
Umstand endlich, dafs später die Anstellung eines oder zweier Lehrer 

*) Anmerkung der Redaktion, um die höheren Lehranstalten von solchen 
Elementen zu befreien, die nur den Einjährigen-Schein erwerben wollen, wäre 
eine siebenklassige Realschule oder eine Bürgerschule mit der hierauf bezüg- 
lichen Berechtigung am Platze. 



Wünsche, betr. die Einführung von Realgymnasien in Elsafs-Lothringen. 239 

für die neuen Sprachen oder die naturwissenschaftlichen Fächer nötig 
werden dürfte, können die Unterzeichneten keinen genügenden Grund 
erblicken, die von ihnen — besonders auch mit Rücksicht auf die 
örtlichen Verhältnisse — als dringend notwendig erkannte Reform 
zu verweigern oder hinauszuschieben." 

Die Anwesenden erklärten sich damit einverstanden und unter- 
schrieben das Gesuch. Dem Gemeinderat wurde eine Abschrift des 
Gesuches zugestellt, damit derselbe es unterstütze. 



Besprechungen. 



Schiefferdecker^ Paul^ Professor an der Universität Bonn: Indikationen 
und Eontraindikationen des Badfahrens. Leipzig, Verlag yon 
S. Hirzel, 1901. (83 Seiten.) Preis: 1,20 M. 

Die Ausführungen des Verf. sind filr den Arzt bestimmt und geben 
einen Überblick über die gesamte bisher erschienene medizinische Litte- 
ratur über das Eadfahren. Aus den Abschnitten, die das Badfahren 
jugendlicher Personen berühren, sei hier kurz das wesentliche mitgeteilt: 

Die Übersetzung ist bei Kindern zwischen 50 und 60, später zwischen 
60 und 70 zu wählen. Tagesleistungen von 40 — 50 km sind vollkommen 
genügend, eventuell schon mehr als genügend. Vor Übertreibung ist 
sehr zu warnen. „Wer nach vollendeter Tour ordentlich essen kann, sich 
allgemein wohlfühlt, kein unmittelbares Schlafbedürfnis zeigt und die 
folgende Nacht hindurch gut, ohne unruhige Träume schläft, der hat 
sich nicht übernommen, gleichgiltig, wie grofs die Tour war." (Alt- 
schul.) Man soll gerade auf dem Ead sitzen und mit beiden Händen 
die Lenkstange halten; sonst können Verkrümmungen der Wirbelsäule 
herbeigeführt, resp. bereits bestehende Verkrümmungen verschlimmert 
werden. Durch das beim Radfahren nötige tiefe Atemholen wird der 
Brustkorb sich besser entwickeln. Die Sattelhöhe mufs sorgfältig aus- 
probiert werden, um eine Schädigung der noch nicht vollkommen ent- 
wickelten Gelenke der Kinder zu vermeiden. Der Radfahrer darf nur 
durch die Nase atmen; genügt die Nasenatmung nicht, so ist das ge- 
wöhnlich ein Zeichen für eine vorhandene Nasenkrankheit, die ärztlicher 
Behandlung bedarf. Damian warnt davor, jugendliche weibliche Lidi- 
viduen von 11 — 16 Jahren fahren zu lassen wegen Gefahr der Blut- 
kongestion zu den Geschlechtsteilen. Verfasser teilt diese Befürchtung 
nicht, sondern nimmt im Gegenteil an, „dafs durch das Radfahren das 
Blut von den Geschlechtsteilen nach den Beinen hin abgeleitet wird. 
Diese Ableitung wird femer nicht nur während des Fahrens wirken, 
sondern auch sonst, da die Beinmuskulatur sich stärker entwickelt und 
somit dauernd mehr Blut brauchen wird. Aber auch die Gesamtmusku- 
latur wird zunehmen und bei häufigem Radfahren eben auch weit stärker 
arbeiten, als es sonst namentlich bei Mädchen der Fall sein würde Nun 
ist aber die Entwickelung der Geschlechtsorgane bekanntlich als eine 
Art von Luxusproduktion aufzufassen, welche erst eintritt, wenn der 
übrige Körper eine solche Entwickelung erreicht hat, dafs er die zu- 
geführte Nahrung nicht mehr in so grofser Menge verbraucht. Auf die 
stärkeren Anforderungen, die der übrige Körper stellt, ist ja wahrschein- 



Besprecliungen . 24 1 

lieh doch auch die spätere Entwickelung der auf dem Lande lebenden 
Mädchen zu einem wesentlichen Teile wenigstens zurücli zuführen. Durch 
das Radfahren werden also für die Stadtbewohnerin wenigstens in ge- 
wissem Mafse ähnliche Verhältnisse geschaffen wie für die Landbewohnerin, 
so dafs eher eine Verzögerung des Eintritts der Menstruation wahrschein- 
lich wird. Meiner Meinung nach würde also das Radfahren gerade bei 
Mädchen im herannahenden Pubertätsalter, also vielleicht vom 12. Jahre 
an, zu empfehlen sein, um den Eintritt der Menstruation möglichst 
hinauszuschieben." Für die Militärfahrer ist während der Lernzeit vor- 
geschrieben, dafs regelmäfsige Untersuchungen des Herzens vorgenommen 
werden sollen; das gleiche ist bei Kindern zu verlangen, wie denn über- 
haupt kein Kind sich dem Radfahren widmen dürfte ohne vorausgegangene 
gründliche ärztliche Prüfung. Eduard Hefs (Stephansfeld i. E.). 



Baer^ A,, Dr., Geh. Sanitäts-Rat in Berlin: Der Selbstmord im kind- 
lichen Lebensalter. Eine sozial - hygienische Studie. Leipzig, 
Georg Thieme, 1901. (84 Seiten.) Preis: 2 M. 
Unter Kinderselbstmord versteht B. den Selbstmord, der im Lebens- 
alter bis unter 15 Jahren ausgeführt wird. Die Anzahl der Kinder- 
selbstmorde ist in einer ansteigenden Progression begriffen und zwar un- 
abhängig von der Selbstmordfrequenz der Erwachsenen. Ausführliche 
statistische Beläge. Verf. beschreibt kurz 25 Fälle von Kinderselbst- 
mord in Berlin und Umgebung aus den letzten Jahren. Ungemein 
schwierig und unsicher sind die Urteile und selbst auch nur die Ver- 
mutungen über die Deutung des Selbstmordmotivs. Die lückenhaften 
Kenntnisse über die Eigenschaften und Beschaffenheit der Eltern und 
Verwandten, über das* Vorleben, die Entwicklung und Eigenschaften 
des kindlichen Selbstmörders selbst machen die Schlüsse, die wir aus 
dem mangelhaften Material ziehen wollen, unzuverlässig und zweifelhaft. 
Der Umstand, dafs sehr viele Eigenheiten und Eigenschaften des Kindes, 
die schon aufserhalb der Grenzen des geistig Gesunden liegen, von vielen 
gar nicht beachtet, von anderen nicht richtig gewürdigt und nicht ver- 
standen werden, bringt es zuwege, dafs der Selbstmord bei solchen Kin- 
dern ebenso rätselhaft und unerklärlich gefunden als unrichtig gedeutet 
wird. Ein grofser Teil der Selbstmorde im kindlichen Lebensalter wird 
vollzogen von Kindern, die psychisch krank oder mindestens zu psy- 
chischen Krankheiten disponiert sind. Der gröfsere Teil der Selbstmorde 
bei Kindern wird jedoch durch die sozialen Verhältnisse, in denen die 
Kinder aufwachsen und sich entwickeln, bedingt und wesentlich auch 
durch Fehler der Erziehung mit verursacht. Den Einflüssen der Familie 
und Schule ist die Schuld an dieser trübseligen Erscheinung des modernen 
Kulturlebens zuzuschreiben und hauptsächlich dem Umstände, dafs in 
allen Klassen der Gesellschaft den Kindern durch die Erziehungsmethode 
eine zu einseitige Verstandesbildung gewährt und sie zu einer Frühreife 
ausgebildet werden, welche ihnen zur Ursache vielen Übels wird. Die 
Frühreife des modernen Kindes ist auch mit daran schuld, dafs die Zahl 
der jugendlichen Verbrecher in allen Kulturstaaten eine so bedenkliche 
Höhe erreicht. Man hat geglaubt, dafs die Kinderselbstmorde in Gegenden 



242 Besprechungen. 

mit ausgedehnter Industrie und in- den St&dten häufiger Torkommen und 
hier auch mehr zunehmen als in landwirtschaftlichen Bezirkmk und auf 
dem flachen Lande; dies stimmt jedoch nicht. In Preufsen hat xwar 
die meisten Kinderselbstmorde die ungemein, industriereiche Provinz 
Sachsen, die wenigsten die industriearme Provinz Posen; aber Ost- und 
Westpreufsen sind ebenso industriearm wie Posen uud haben doch dreimal 
so viel Kinderselbstmorde als dieses. Schlesien hat dreimal so viel 
Kinderselbstmorde als die Bheinprovinz imd ist weniger dicht bevölkert, 
hat weniger Stadtbevölkerung als diese. Die Zahl der Lebenden auf 
einen Kinderselbstmord ist in den Provinzen Sachsen, Schlesien, Branden- 
burg geringer als in Berlin. Auch wenn man die Zahl der Kinder, die 
erwiesenermafsen im schulpflichtigen Alter gewerblich beschäftigt werden, 
mit der Zahl der Kinderselbstmorde vergleicht, läfst sich kein Zusammen- 
hang und keine Abhängigkeit zwischen beiden finden. Da die Selbst- 
morde und Selbstmordversuche im kindlichen Lebensalter fast durch- 
gehends Kinder betreffen, die im Alter des Schulbesuchs stehen und auch 
die Schule besuchen, so liegt es nahe, den Selbstmord mit der Schule 
in einen engen, ursächlichen Zusanmienhang zu bringen imd in dieser die 
besondere, vielleicht einzige Ursache für das traurige Ereignis zu suchen. 
B. weist diese Anschauung zurück: die Ansicht, dafs die überhand neh- 
mende Nervosität der Schuljugend ihre Ursache ganz besonders in dem 
Schulunterrichtssystem habe, dafs die Anforderungen der modernen Schule 
den Fähigkeiten der grolsen Mehrzahl der Schüler nicht entsprächen, dafs 
eine Überbürdung der Schuljugend bestehe, und dafs die Schule fiir das 
Vorkommen und die Zunahme des Irrsinns und des Selbstmords verant- 
wortlich zu machen sei, könne nur zu einem kleinen Teile als eine rich- 
tige und der Wahrheit entsprechende angesehen werden. Es müsse viel- 
mehr anerkannt werden, dafs die wesentliche und wirkliche Ursache vor- 
zugsweise in den Abstammungs Verhältnissen, in dem degenerativen Cha- 
rakter, in der Konstitution, in den sozialen Verhältnissen der Kinder und 
in den Einflüssen der häuslichen Erziehung zu suchen sei. Auf S. 56 fl". 
stellt B. aber doch eine wesentliche indirekte Schuld des Unter- 
richtssystems in der höheren Schule an den Kinderselbstmorden 
fest. Unter 62 Schülern der höheren Schule, bei denen die offizielle Statistik 
den Beweggrund zum Selbstmord angiebt, waren 15, welche diesen aus 
„Examensfurcht", wegen „Nichtversetzung'*, „nicht bestandenen 
Examens^' ausgeführt haben, d. i. in 24,2 Prozent aller Fälle, während 
bei 104 Kindern der niederen Schule dieses Motiv nur einmal angeführt 
wird. „Hier scheint die höhere Schule mit den häufigen, bisweilen ganz 
überflüssigen Zensuren, dem Inspizieren und Examinieren eine grofse 
Schuld an den Nervenstörungen, an dem Irrsinn und auch an den Selbst- 
morden der Schüler zu haben." „Die Examen sind — nach Ignatieff 
— in ihrer Wirkung auf den jugendlichen Organismus einer schweren 
Krankheit vergleichbar, die bedeutende Störungen der Ernährung und der 
Gewebe zur Folge hat und jedenfalls auch dasjenige Organ nicht un- 
berührt läfst, welches während der Examinationsperiode am angestreng- 
testen arbeitet, das Gehirn." Neben der Examensfurcht ist unter den 
Selbstmordmotiven der höheren Schüler der „gekränkte Ehrgeiz" ein 
wichtiger Faktor. Von den 65 Selbstmorden waren hier 11 aus diesem 



Besprechungen. 243 

Grunde geschehen (17,7. Proz.), während unter 104 Selbstmorden bei 
männlichen Schülern der niederen Schule nur in 7 Fällen dieses Motiv 
angegeben wird (6,7 Proz.). „Harte, bezw. unwürdige Behand- 
lung" findet sich als Selbstmordursache in einer viel gröfseren Zahl bei 
den Schülern der niederen als der höheren Schulen, weil die Zuchtmittel 
in diesen in nicht so intensiver und wohl auch nicht in so roher Weise 
angewendet zu werden pflegen. Die „Furcht vor Strafe" war bei 
den 62 Knaben der höheren Schulen nur einmal die Ursache zum 
Selbstmord, während von den 104 Knaben der niederen Schule 45 aus 
diesem Grunde sich das Leben nahmen (43,2 Proz.), von 35 Mädchen 
gar 23 (65,7 Proz.). „Eltern und Lehrer sollten sich der Mäfsigung im 
Strafen befleifsigen; denn die Kinder erwerben in der abhängigen Stel- 
lung, die ihnen bei starkem Selbstgefühl zukommt, einen feinen Instinkt 
für das Gefühl von Recht und Unrecht, welches ihnen geschieht . . . 
Züchtigungen sollten im Kindesalter überhaupt nicht mehr 
stattfinden, bei frühreifen Kindern müssen sie ganz weg- 
bleiben." (Emminghaus.) 

Man kann in manchen Punkten, anderer Meinung sein als B., der 
ja selbst verschiedentlich auf die Vieldeutigkeit seines Materials hinweist. 
Alles zu erwähnen, würde zu weit führen. Nur eine Sache sei kurz be- 
rührt. Wenn B. glaubt, der gröfsere Teil der Kinderselbstmorde werde 
durch die sozialen Verhältnisse u. dgl., der kleinere Teil durch psychische 
Krankheit u. ähnl. verursacht, so kann ich dem nicht zustimmen, son- 
dern halte das Gegenteil für richtig. Wenn die Statistik für B. zu 
sprechen scheint, so beweist das gar nichts, derartige Statistiken sind in 
psychopathologischen Dingen stets äufserst mangelhaft, was B. ja selbst 
betont. „Auffallende Frühreife" gehört nicht unter die sozialen Verhält- 
nisse, sondern ist in der Begel ein Symptom der Degeneration. 

Die anregende Broschüre verdient, viel gelesen und eingehend stu- 
diert zu werden. Eduard Hefs (Stephansfeld i. E.). 



Breitung, Max, Dr., Koburg, Schulhygiene, Volksgesundheitslehre 
und Tagespresse. Sonderabdruck a^us der „Deutschen Zeitung^^ 1899, 
Nr. 7 u. 8. (12 Seiten.) Berlin 1899. Eugen Grofser. 

Der bekannte Verfasser hat in dem kleinen, aber gedankenvollen 
Aufsatz die gegen den Schlufs zu ausgesprochene These aufgestellt: 
„Hygienische Ideale erfordern die ständige Mitarbeit der Frauen, der 
Lehrer und der Presse." Diesem Satz wird schon im voraus jeder im- 
befangen Denkende zustimmen, aber der Leser findet ihn von B. hier 
auch eingehend und einleuchtend begründet. Die Presse, eingeschlossen 
die „Familienjoumale", soll der gestellten Aufgabe direkt durch Ver- 
breitung hygienischer Lehren, indirekt durch Aufklärung über das Kur- 
pfuschertum u. s. w. gerecht werden. Therapeutische Aufsätze im engeren 
Sinne des Wortes aber gehören nur in die Fachzeitschriften. — Die 
Lehrer sollen hygienisch (besonders schulhygienisch) gebildet sein und 
zur Hygiene erziehen. — Die Frauen mögen in ähillicher Weise, als 
Mütter wie auch als Hygieniker von Beruf, wirken. 

In zwei Punkten kann ich mich mit dem Verfasser nicht einver- 



244 BegprechnngBü. 

standen erklären. Erstens, wenn er in Bezug auf das ärztliche Studium 
der Frauen die Anschauung, dafs Mann und Frau „gleichwertig" seien, 
einen „groben Denkfehler*' nennt. Das dürfte wohl nicht berechtigt sein, 
denn das Wort „gleichwertig" ist doch mit einer gewissen Prägnanz auf- 
zufassen imd will ausdrücken, dafs Mann und Frau anderswertig und 
doch gleichwertig seien, ähnlich wie Engländer und Franzose, Marmor- 
statue und Ölbild. — Ob die Frau tauglich ist' zimi Arzt oder nicht, 
kann meines Erachtens durch keine theoretische Erörterung, sondern nur 
durch — wenn ich mich so ausdrücken darf — den „geschichtlichen 
Versuch" entschieden werden, wie er sich, wohl am grofsartigsten in 
der ganzen Kulturgeschichte, bei der deutschen Gesetzgebung der staat- 
lichen Krankenversicherung bethätigt hat. Denn darüber hinaus giebt es 
keine Appellation und Diskussion mehr. — Sodann meine ich im Gegen- 
satz zu B., dafs die indirekte Förderung der Hygiene, die Bekämpfung 
des Kurpfuschertums, nicht allein durch Aufklärung imd Belehrung des 
Publikums von Seiten der Ärzte möglich, sondern dazu vielmehr gerade 
der verpönte Schutz durch das Gesetz unerläfslich ist. Zunächst die 
Fragen: Wieviel Menschenalter und Jahrhunderte sollen wir denn noch 
aufklären und belehren, wieviel Tausende und Zehntausende sollen den 
Kurpfuschern noch zum Opfer fallen, bis das Ziel erreicht ist, oder auch 
nicht? Was nützt Aufklärung der Masse, wenn akademisch gebildete 
Richter in gänzlicher Verständnislosigkeit für den Geist des Gesetzes nach 
dessen Buchstaben einen Louis Kühne freisprechen? — Weshalb nicht 
einen Federzug der Gesetzgebung statt einer unermefslichen Summe von 
vielleicht ganz vergeblicher Arbeit? Wenn auch geheime Kurpfuscherei 
bleiben wird, die haarsträubende Ausdehnung wie jetzt die offene wird 
sie doch nicht behalten können. — Dazu kommt, dafs heutzutage in 
allen möglichen Berufen, vom Juristen bis zum subalternen Post- 
beamten^ Werkmeister und Kellner, ein Befähigungsnachweis verlangt 
wird, nur gerade da nicht, wo es einerseits sich- um das kost- 
barste menschliche Gut handelt und einmal angerichteter 
Schaden schwerer als irg,endwo sonst oder gar nicht gut ge- 
macht werden kann und wo andererseits der Betrug am alier- 
leichtesten ist. Wenn irgend etwas auf der Welt, so schreit die 
„Ausübung des Heilgewerbes" geradezu nach einem Befähigungsnachweis. 
Weshalb müssen ihn denn die Hebammen erbringen? Dazu kommt 
schliefslich die empörende, logisch geradezu ans Pathologische streifende 
Art der Rechtsprechung, welcher zufolge der Kunstfehler des Arztes, 
„weil der es wissen mufs", unendlich viel strenger geahndet wird, als der 
verheerende Unfug des Kurpfuschers, „der es ja nicht besser weifs". 

Die beiden genannten Punkte, in denen ich mit B. nicht einer 
Meinung bin, machen von dessen Schrift aber nur einen kleinen Teil 
aus. Sie bleibt für jedermann sehr lesenswert. 

Gerhardi (Lüdenscheid). 



^^j 



Besprechungen. 245 

Lade^ Ed. Freiherr von: Ein Wort zur Scbiulfirage. Eine ernste 
und dringliche Mahnung zu einer zeitgemäfsen Beform unserer 
höheren Schulen, namentlich der Gymnasien. 3. Aufl. Wies- 
baden 1901. 

Der Verfasser vertritt in beredter Sprache die Ansicht, dafs in 
allen Lehranstalten hygienische und ethische Pflichten itn Vorder- 
grunde der Erziehung stehen miifsten. In allen Klassen sollte die 
Hygiene stufenweise gründlich und ausfuhrlich gelehrt werden und zwar 
im Anschlufs an die Kenntnis über den Bau und die Verrichtungen des 
menschlichen Körpers. 

Dafs hierfür, insbesondere in den oberen Klassen, der Arzt (Schul- 
arzt) die geeignetste Persönlichkeit ist, hat der Eef. in Übereinstimmung 
mit dem Verf. schon öfters betont. 

In der Mädchenschule dürfen passende Unterweisungen nicht fehlen, 
wenn die Frau fähig sein soll, die ihr von der Natur zugewiesene 
Stellung als Gattin und Mutter vollkommen auszufüllen. „So lange die 
Prauen für ihren Beruf nicht anders vorgebildet werden, so lange wird 
es nur wenige glückliche Ehen geben, un,d so lange wird die Mensch- 
heit körperlich und geistig in ihrer naturgemäfsen Entwickelung zurück- 
bleiben." 

In Betreff der Familienverhältnisse und der Gesundheit der Frauen 
und Mädchen erteilt der Verf. der Geistlichkeit einige beherzigenswerte 
hygienische Winke. Alsdann tritt der Verf. für eine Kontrolle der 
Mädchenschulen durch staatlich angestellte Arzte ein imd wendet sich 
gegen die in neuerer Zeit aufgekonmienen Mädchengymnasien. 

Die hygienische Unterweisung der Schulkinder kann um so weniger 
aufser Acht gelassen werden, als den Eltern, namentlich in den unteren 
Volksklassen, klare Begriffe in dieser Hinsicht fast ausnahmslos fehlen. 

Behufs Entlastung der Schüler an den höheren Lehranstalten und 
behufs Vorbeugung drohender Überbürdung ist es unbedingt erforderlich, 
dafs die Zahl der Lehrstunden herabgesetzt wird. Selbst die dankens- 
werte Einrichtung einer gröfseren Anzahl von Tumstimden würde nichts 
im Stande sein, bei dem heutigen System Erholung zu bewirken. „Die 
fortwähi'ende Zunahme der körperlichen Leiden, die geringe Willenskraft 
und Ausdauer eines Teiles unserer Jugend und die Untauglichkeit so 
vieler Jünglinge zum Militärdienste — das alles sind Folgen gesund- 
heitswidriger Erziehung in der Schule und im Hause." 

Eine der wichtigsten Aufgaben der Schule ist es, dem Schüler 
Pflichterfüllung um ihrer selbst willen anzuerziehen. Hierzu eignet sich 
die Ethik in praktischer und greifbarer Form. Sie gewährleistet sogar, 
dafs jemand bei einer von der Eeligion unabhängigen Charaktererziehung 
doch ein moralischer Mensch bleibt. 

Nach einer satirischen Bemerkung über die Zusanmiensetzung der 
Berliner Schulkonferenz wendet sich der Verf. alsdann mit scharfen 
Worten gegen den Umfang und die Herrschaft des altsprachlichen Unter- 
richts \md seine geistabstumpfende Wirkung. Er ist der Ansicht, dafs 
durch das pedantische Studium der alten Sprachen schon auf der Schule 
der Grund zu der Zeitvergeudung und den unnützen Weitläufigkeiten 
gelegt wird, womit so viele Bureaukraten sich und andere quälen I 

Gesunde Jugend. I. 5. 17 



246. Besprechangen. 

Mathematik und Naturwissenschaften in genügend eingehender Be- 
handlung, Ethik und Geschichte „bieten in ihrer Fülle und Mannigfaltig- 
keit an entwickelungsiähigem und meist imentbehrlichem Stoff reichliche 
Gelegenheit zur Vorbereitung des Menschen för jede seiner harrende 
Lebensthätigkeit^S Beseitigung des Gjmnasialmonopols, Luft und Licht 
für alle Arten höherer Schulen! 

Der Verf. kommt zu folgenden Schlüssen: 

„Vor allem soll der Schule die hygienische und sittlich religiöse 
Erziehung obliegen. 

Hieran soll sich zunächst der Unterricht in der Muttersprache, der. 
vaterländischen Geschichte und der deutschen Litteratur anschliefsen. 

Der Hauptteil der übrigen Schulzeit gebührt dem Unterricht in den 
Naturwissenschaften, sowie der Mathematik in Lehre imd Anwendungen. 

Der Best bleibt dem Latein und den modernen Sprachen. 

Das Griechische wird nur noch für die künftigen Theologen und 
klassischen Philologen fakultativ gelehrt. 

Neben allen diesen Disziplinen soll das freie Beden geübt werden." 

Das „Nachwort" ist des Kaisers thatkräffcigem Eingreifen in die 
Organisation der Schule gewidmet. 

Die Broschüre des schon durch seine „hygienischen Winke" in den 
weitesten Kreisen bekannt gewordenen Verf. bildet für die schulreforma- 
torischen Bestrebungen in hygienischer und pädagogischer Hinsicht einen 
um so wertvolleren Beitrag, als ihr Verf. aufserhalb der Zunft steht. 

Griesbach: 



Hueppe, Ferd., Prof. Dr. : über die Körperübungen in den Schulen 
und über die Anforderungen des modernen Lebens. Nach 
einem am 4. April 1900 im deutschen pädagogischen Verein in Prag 
gehaltenen Vortrage. Monatsschrift für das Turnwesen. 1900. 
Heft 8. 

Der um die Hygiene der Leibesübungen hochverdiente und selbst 
als eifriger Turner bekannte Verf. giebt in seinem Vortrage eine vor- 
zügliche Anleitung, wie das Schulturnen sein soll und wie es nicht 
sein soll. 

Was hilft alles Wissen, was helfen die edelsten Charakterzüge, 
wenn nicht ein leistungsftlhiger Körper dahintersteht? 

In. den Schulen wird die Zeit in überwiegendem Mafse für blofse 
Sitzthätigkeit ausgebeutet, für den Körper bleibt fast keine Zeit übrig. 
In Bayern faUen auf 1 Turnstunde 25, in Preufsen 17^ in Frankreich 
15 Stunden Sitzarbeit. In Österreich ist der Turnunterricht nur fakul- 
tativ. Als leuchtendes Beispiel darf England genannt werden, wo auf 
1 Stunde gymnastischer Übungen nur 3 — 4 Stunden Sitzarbeit kommen. 
— Woher sollen die Schulen Zeit für körperliche Übungen, für Ruhe 
und Schlaf nehmen, wenn nicht eine Herabminderung der geistigen An- 
forderungen, wenn nicht eine Änderung der Methodik erfolgt? 

Darf man sich wundern, wenn namentlich in den oberen Klassen 
der höheren Lehranstalten bis zu 70% der Schüler nervös werden und 
gelegentlich zum Selbstmord schreiten? 



Besprechungen. 247 

'Für das Schulturnen ist in Deutschland/ eine viel zu geringe Stunden- 
zahl angesetzt. Auch entspricht der Tumbetrieb den Anforderungen, 
welche der Hygieniker an ihn stellen mufs, äufserst wenig. — Der Verf. 
wendet sich hauptsächlich gegen die Spiefs'sch'e Methode und gegen das 
schwedische Turnen. Eine harmonische Ausbildung des Körpers ist nur 
unter Berücksichtigung der wechselnden Entwickelungsmomente des jugend- 
lichen Organismus und seiner natürlichen Form und Bewegungsweise 
möglich. Unser Schulturnen nimmt auf die Entwickelung der inneren 
Organe wenig, auf das Herz imd die Lunge fast keine Rücksicht. — 
Durch langjährige Beobachtung und Erfahrung hat der Verf. die Über- 
zeugung gewonnen, dafs das Hallenturnen die Körperübungen im Freien 
leider ganz bedeutend überwiegt. Bei der Erteilung des Turnunterrichtes 
kommt es darauf an, dafs dafür eine Zeit gewählt wird, die den physio- 
logischen und psychologischen Bedürfnissen entspricht. Überhaupt hat 
die zeitliche Stellimg jedes einzelnen Unterrichtsgegenstandes sich in 
erster Linie nach den besonderen Anforderungen zu richten, welche der 
Gegenstand an das jugendliche Gehirn stöUt. 

. Wenn das Schulturnen für die körperliche Erziehung wirklich von 
Wert sein soll, so mufs es auch eine gewisse Ermüdung hinterlassen. 
Daher ist Turnunterricht zwischen wissenschaftlichen Stunden physiologisch 
und hygienisch vom Übel! Würde die Schule das Turnen auf den 
Vormittag verlegen, so würde sie sich in ihren wissenschaftlichen Be- 
strebungen selbst schaden, denn zu dieser Zeit ist das Nervensystem im 
allgemeinen so ausgeruht, dafs der Geist zur Aufnahme schwieriger Auf- 
gaben befähigt ist. 

In Bezug auf Aneignung feiner Koordinationsthätigkeit der Mus- 
kulatur ist das deutsche Gerätturnen ein vorzügliches Mittel. Aber wenn 
es sich recht bewähren soll, so darf es nur Mittel zum Zweck bleiben. 
Gerätturnen als Selbstzweck, wie es im Gipfeltumen als Sport geübt 
wird, ist einer der wenigst erfreulichen Sports. Freiübungen mit Hand- 
gerät, Eisenstabübungen, Weitwurf und besonders das Keulenschwingen 
gestatten eine gute Durcharbeitung des ganzen Körpers und sind auch 
als Massenübung sogar für Mädchen angelegentlichst zu empfehlen. 
„Eine Bewegungsschule mit Klassenzielen erfordert Klassenzimmer, in 
denen der Lehrer seine Schüler schön überwachen kann. Solche Klassen- 
ziele erfordern einen schönen logischen Aufbau am grünen Tisch, der 
die genaue Einteilung des Materials auf die Schulperiode gestattet. Des- 
halb finden wir die ganz einseitige Bevorzugung der Hallen auch nur 
in Deutschland; selbst in Schweden ist es darin nicht so schlimm wie 
bei uns. Damit wird aber den gesundheitlichen Anforderungen nicht im 
geringsten Rechnung getragen und das natürliche Bewegungsbedürfnis der 
Kinder wird gewaltsam in sein Gegenteil verkehrt." — Das Hallenturnen 
sollte nur bei nassem Wetter in Betracht kommen. An klaren kühlen, 
selbst an kalten Tagen kann der ganze Turnunterricht im Freien ge- 
geben werden. Das Einatmen staubhaltiger Luft in den Hallen, insbe- 
sondere bei gesteigerter Lungenthätigkeit, ist überaus schädlich. — Weit 
mehr als das gewöhnliche Schulturnen nützen Spiel und Sport der Gesundheit 
und der Ausbildung des Charakters, namentlich wenn sie in reichlichem 
Mafse betrieben und den Altersstufen der Schüler angepafst werden. Dafs 

17* 



248 BeBprechongen. 

die Anregung hierzu zufällig von England ausging, ändert nichts an der That- 
Sache, daXs die Deutschen schon früher jahrhundertelang Sport getriehen hahen. 
— Das Schulturnen giebt die Grundlage für die allgemeinen Bewegungs- 
möglichkeiten. AnzuschUefsen sind \mbedingt diejenigen Übungen, welche 
durch Abhärtung, Schnelligkeit und Kraftentfaltung den Übergang zur 
militärischen Tüchtigkeit entfalten. Das sind die sportlichen Übungen 
im Marsch, Laufen, Springen, Werfen, Eingen, von den Turnübungen 
besonders die des gemischten Sprunges, dann Schwimmen, Budem, Schlitt- 
schuh-, Schneeschuhlaufen, Bingen, Fechten. Dazu kommt noch, dafs 
durch Spiel und Sport — Verf. denkt namentlich an das Ballspiel, an 
das Schlagen, Verfolgen, Fangen und Werfen des Balles — das Auge in 
hohem Grade geübt wird. Dafs Ballspiele die Kurzsichtigkeit in den 
Schulen herabsetzen, hat man schon zahlenmäfsig festgestellt. 

Der Verf. schliefst mit den Worten: „Wenn die Schule für das 
Leben vorbereiten soll, so müssen auch die Körperübungen in der Schule 
nicht blofs vom erzieherischen oder gar blofsen Unterrichtsstandpunkt 
ins Auge gefafst werden, sondern auch von der volkswirtschaftlichen, 
nationalen und gesundheitlichen Seite." Griesbach. 



Stricker^ Oeorg^ Prof. Dr. med.: Gesundheit und Erziehimg. 

Giefsen, Bicker. 1900. 

Dafs der Arzt auch Philosoph sein mülste, wird uns beim Lesen 
dieses Buches klar, und wenn wir es zu Ende gelesen haben, möchten 
wir ausrufen: Die Jugenderziehung wird nicht eher vollkommen, als bis 
die Lehrer Ärzte und die Ärzte Lehrer sind! Das Buch besteht aus 
einer Einführung, 9 Kapiteln und zahlreichen Anmerkungen und Belegen. 
Ein eingehendes Beferat würde aufserhalb des Bahmens dieser Zeitschrift 
fallen. Auf einiges soll jedoch hingewiesen werden. Auf S. 14 ff. führt 
der Verf. Klage, dafs Schule imd Haus Wahrheit und Aufklärung über 
Zeugung und Entwickelung, Herkunft und Bestimmung des Menschen 
vorenthalten. In der Anmerkung 2 zu S. 19 wendet sich der Verf. 
gegen die abstrakte Methode der Schule und das sinnlose Auswendig- 
lernen, durch welches bei der Jahresprüfung dem Schulrat eine Freude 
bereitet wird. Das 3. Kapitel nebst den zugehörigen Belegen ist der 
Gleichwertigkeit geistiger und körperlicher Ausbildung gewidmet. Im 
4. Kap. werden allerhand Mängel der Sinnesthätigkeit und der Sprache, 
sowie die Unterweisung und Erziehung der damit Behafteten besprochen. 
Das 5. Kap. führt dieses Thema weiter und stellt fest, wie alles Geistige 
und Sittliche im Gehirn seine körperliche Grundlage hat. In Bezug auf 
die Sinnesempfindungen der Blinden möchte der Bef. auf seine verglei- 
chenden Untersuchungen über die Sinnesschärfe Blinder und Sehender 
(Archiv f. d. ges. Physiologie Bd. 74 u. 75, 1899) und die Bestätigung 
derselben durch Ferrai (Sul compenso sensoriale nei sordomiti; Bivista 
sperim. di freniatria, 1901, Vol. 27, Fase. 2) hinweisen, worin die An- 
nahme, dafs Blinde in Bezug auf Hörweite, auf Lokalisationsvermögen 
für Schall und auf Tasteindrücke den Sehenden überlegen sind, als un- 
haltbar zurückgewiesen wird. Diese Schrift des Bef. scheint dem Verf. 
entgangen zu sein. — Wenn der Verfasser im 6. Kap. die Schule von 



BesprecliTingen. 249 

der Schuld an körperlichem Siechtum des Menschen am liebsten frei- 
sprechen möchte, so können wir ihm in dieser optimistischen Anschauung 
leider nicht völlig beistimmen. Zahlreiche Untersuchungen der Neuzeit 
haben gezeigt, dafs die Schulen in hygienischer, insbesondere auch in 
unterrichtshygienischer Hinsicht immer noch manches zu wünschen übrig 
lassen. Wolü aber können wir uns mit des Verf. Vorschlägen (Anm. 4, 
S. 211, Anm. 9, S. 214) zur Verhütung der Überbürdung des Geistes 
und der Verkünmierung des Körpers befreunden. Auf S. 124 finden 
sich u. E. einige physiologische Unmöglichkeiten. Dafs der abgetrennte 
Arm eines Seestems zu einem vollkommenen Stern auswächst und eine 
dekapiüerte Schnecke einen neuen Kopf bekommt, dürfte denn doch wohl 
Fabel sein. Soweit geht das Reproduktionsvermögen nicht. In Kap. 8 
und 9 werden Tuberkulose und Syphilis, Alkohol und andere Gifte als 
Ursachen für die Minderwertigkeit der Kinder behandelt, und Reinlichkeit, 
Keuschheit und Nüchternheit als Erhalterinnen des Menschengeschlechts 
bezeichnet. — Das geistvoll geschriebene Buch bietet eine anregende 
Lektüre und kann allen, denen das Wohl des heranwachsenden Geschlechts 
am Herzen liegt, warm empfohlen werden. Griesbach. 



Biber^ Amad.: Sohaxlaoh und Schule. Inaug.-Diss. Strafsburg 1901. 

Verf. findet, dafs ein Abfall des Scharlachfiebers, welches die Sterb- 
lichkeit, namentlich der Schulkinder, sehr erhöht, seit 1870 in England 
bemerkbar sei, dafs dagegen in anderen Ländern ein Rückgang nicht 
konstatiert werden könne. — Verf. bespricht die Wege der Infektion 
und die Verbreitung der Krankheit in der Schule. Es ist keineswegs 
richtig, dafs Scharlach, wie gewisse andere Infektionskrankheiten, haupt-' 
sächlich die Kinder der ärmeren Bevölkerung heimsucht. — Das In- 
kubationsstadium beträgt im Mittel 4 bis 5 Tage. Übertragung ist in 
allen Stadien der Krankheit möglich. Zur Verhütung der Verbreitung 
durch die Schule ist dem Auftreten der ersten Fälle besondere Aufmerk- 
samkeit zu widmen und für Ausschlufs der Geschwister der Patienten 
von der Schule während der Inkubationsdauer zu sorgen. Nach Ablauf 
dieser ist den Geschwistern der Schulbesuch nur dann zu gestatten, wenn 
eine ärztliche Bescheinigung über völlige Isolierung des Patienten bei- 
gebracht wird. Nach, beendeter Krankheit ist eine Desinfektion des 
Zimmers und der in Betracht kommenden Effekten vorzunehmen. Die 
Arbeit bringt zwar nicht viel Neues, kann aber als fleifsiger, auch für 
aufserärztliche Kreise lesenswerter Beitrag zur Schulhygiene bezeichnet 
werden. Griesbach. 



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Berlin, H. Steinitz. M. 1,50. 

Fritsch, Prof. Dr. A. : Das „Reform -Gymnasium" m. besond. Beziehung auf 
Hamburg. Vortrag, gr. 8^ (16 S.) 1901. Hamburg, Herold. M. 0,50. 

Gas 8 er, Aug.: Über die Gesundheitspflege der Schüler in Wiesbaden. Lim- 
barth 1881. (Wenn diese ältere Schrift hier genannt wird, so geschieht 
es, weil sie als Vorläufer für manche heutige Anschauungen betrachtet 
werden kann und weil sie auf der Wiesbadener Jahresversammlung dem 
Allgem. Deutsch. V. f. Schulgesundheitspflege unterbreitet wurde.) 



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Monatsblätter f. die Schulaufsicht. Begründet v. dem Vereine stand. Kreis- 
schulinspektoren der Prov. Schlesien. Schriftleitung: Kreisschulinspektor 
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