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ZEITSCHRIFT
FÜE
SCHÜLGE8ÜNDHEITSPFLEGE.
EEDIGIEET
VON
De. med. et PHIL. L. KOTELMANN
«
IK HAHBnBO.
AOHTEE BAND.
1895.
HAMBURG UND LEIPZIG,
VEELAfi VON LEOPOLD VOSS.
1895.
Druck der Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschalt
(vorm. J. F. Richter) in Hamburg.
Inhalt.
Originalabhandlungeu.
Seite
Die danklen Punkte in der Myopielehre. Von J. Stilung 1
Becknagels Kontrollapparat für Ventilationsanlagen in Schulen. Von
£abl Hiktbaosb. (Mit 4 Figuren.) 18
Die Zahnpflege in den Schulen. Von Karl Röse 65
Über das Befeuchten der Matratzen in Tumsälen. Von Klaba
Speruoh 87
Die Steilschrift während der letzten fünf Jahre. Von Paul Sohubebt.
(Mit einer Tafel.) 129. 193
Goetzes Sitz- und Stehschulbank. Von Fb. Dobnblüth 154
Eine FerienfuTswanderung mit Schülern an den Bhein. Von Prilifp
ZlMMEBMA.inr 210
Berufswahl und Sehkraft. Von F. Eaüffmakn 257
Nochmals meine Steh- und Sitzschulbank. Von W, Götze 271
Professor Angelo Mossos Urteil über das deutsche Schulturnen. Von
F. A. Schmidt 321
Die Schule für schwachsinnige Kinder in Wien, 18. Bezirk (Währing).
Von Emanuel Batb 331
Zur Kritik des deutschen Turnens vom physiologischen Standpunkt.
Von Akgelo Mosso 385
Das Ehrlichsche Stift in Dresden mit besonderer Rücksicht auf die
schulhygienischen Einrichtungen desselben. Von Konbad Sghubebt.
(Mit 3 Planen.) 389
Anweisungen zur Erhaltung und Pflege des Sehvermögens der Zög-
linge der Militärerziehungs- und -Bildungsanstalten. Von B. G.
VON Medem 449
Versuche zur Acolimatisation der erziehlichen Knabenhandarbeit in
Ungarn. Von Viktob Demek 465
Mein zum Sitzen und Stehen eingerichtetes Schnlpult mit aufklapp-
barem Tischblatt, Sitz- und Fulsbrett. Von Aüoust Hebmann.
(Mit 2 Figuren.) 513
Die hygienischen Untersuchungen in einer Anzahl höherer Schulen
Norwegens. Von M. K. RLkonbon-Hansen 520
172749
IV
Seite
Die Schulgesundheitspflege in Japan. Von M. Mishima 677
Abbildungen für den hygienischen Unterricht in Schulen. Von Otto
. Jankb 579
Über die durchgeführte Impfung und Wiederimpfung der Schul-
kinder in 16 städtischen Schulen Wiens. Von Emanubl Bayb . 690
Der Gesundheitszustand der Schülerinnen in der Madcheubürger-
schule zu Halle a/S. Von Schmid-Monnard. (Mit 2 Tafeln im Text) 667
Zur Schulhygiene in Rumänien. Von J. Felix 667
Aus YersammluDgen und Vereinen.
Nachtrag zu dem Bericht über die Thätigkeit der schulhygienischen
Sektion des VIII. internationalen Kongresses *fur Hygiene und
Demographie in Budapest. Von Heinrich Schusohnt 23
Aus der Vereinigung für Schulgesundheitspflege des Berliner Lehrer-
vereins. Von £. üertel 25. 91. 157
Der Handfertiffkeitsunterricht auf der Weltausstellung in Chicago.
Vom Berliner Hauptverein für Enabenhandarbeit 26
Verhandlungen der Pariser Akademie der Medizin über Steilschrift. . 30
Die Ausstellung des VIII. internationalen Kongresses für Hygiene
und Demographie in Budapest. Von Heinrich Sohuschny .... 89
Jahresbericht des Vereins für gesundheitsgemäfse Erziehung der Jugend
in Berlin. Von 0. Janke 93. 159. 216
Über die Wärmestrahlung künstlicher Lichtquellen. Aus einem Vor-
trage Professor Rübners, gehalten auf der 66. Versammlung
deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien 97
Gegen überreichliche Ernährung der Jugend. Aus dem Verein für
innere Medizin in Berlin 162
Die Thätigkeit des Ortsturnlehrervereins zu Hannover im Jahre 1894.
Von G. Elsner 2V2
Thesen über die ärztliche Schulaufincht, aufgestellt im kollegialen
Verein der Ärzte der Friedrich- Wilhelmstadt zu Berlin 219
Über den Bau und die innere Einrichtung ländlicher Sohulgebäude
vom gesundheitlichen Standpunkte aus. Vortraff, gehalten in
der 23. Hauptversammlung des preufsischen Medizinalbeamten-
Vereins 221
Eine neue Theorie über die Entstehung der Myopie. Aus den Ver-
handlungen des Vereins deutscher Ärzte in Prag. Bericht von
Theodor Altschttl 275. 346
Die Hebephrenie. Aus dem naturhistorisch-medizinischen Verein zu
Heidelberg 282
Ein Verbandkasten für Schulen. Vortrag gehalten im ärztlichen
Verein zu Elberfeld 282
Die seitlichen Verkrümmungen des Rückgrats und deren Verhütung.
Vortrag, gehalten im Berliner Verein für gesundheitsgemäÜBe
Erziehung. Von Leopold Ewer 344. 408. 471. 537. 596. 677
Über Absonderung und Desinfektion bei Masern. Diskussion in der
Pariser Akademie der Medizin 348
Resolution des internationalen zahnärztlichen Kongresses in Kopen-
hagen, betreffend die Zahnpflege der Jugend 350
Der hygienische Unterricht in den Schulen. Autöreferat eines in
der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung gehaltenen
Vortrages. Von Th. Weyl 406
Seit«
Braunschweigische Landschnlen in hygienischer Beziehung. Nach
einem Bericht, erstattet im ärztlichen Landesverein Brannschweig 411
Die Sitzungen der Kommission für Schulgesundheitspflege in Nürn-
berg. Von G. AüTENBiBTH 469. 539
Der hygienische Unterricht in den Schulen. Autoreferat ^ines in
der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung gehaltenen
Vortrages. Von 0. Janke 474
Zur Verbesserung mangelhaften Qehörs auf einem Ohre bei Schülern.
Ans dem Wiener medizinischen Klub 477
Schulhygienisches vom Oeschäfteausschufs der Berliner ärztlichen
Standesvereine 541
Bericht über die Sitzungen der Abteilung für Schulgesundheitspfiege
im Leipziger Lehrerverein. Von W. Schitbert 593
Über Herzbeschwerden der jungen Mädchen zur Zeit der Geschlechts-
reife. Aus dem ärztlichen Verein in Prag 598
Die körperlichen Übungen im Lichte der Hy^ene. Verhandlungen
der Zürcher Gesellschaft für wissenschaftliche Gesundheitspflege 600
Zur Verhütung der Ohrenkrankheiten, insbesondere bei Schulkindern.
Aus der medizinischen Sektion des Kongresses der gelehrten
Gesellschafben in Paris 602
Über die Notwendigkeit einer höheren Würdigung der Zahn- und
Mnndhygiene der Schuljugend. Vortrag im Verein für innere
Medizin zu Berlin 603
Steilschriftvorlagen in Frankreich. Mitteilung Professor Javals in
der Pariser Akademie der Medizin 604
Bescheid des deutschen Tumlehrervereins über das Ergebnis der
Rundfrage, die Reinigung der Turnhallen betreffend 605
Resolution zu Gunsten des Handfertigkeitsunterrichtes im Öster-
reichischen Abgeordneienhause 607
Die Überbürdungsfrage im Königlich ungarischen Landesunterrichts-
rate. Von fisiNRICH SCHUSOHNT 671
Über periodische Untersuchungen des Gesichtssinnes der Schuljugend.
Verhandlungen der ophthalmologischen Gesellschaft des verei-
nigten britischen Königreichs 680
Die Gefahren übermäfsiger Sportübungen für Kinder. Mitteilung
in der französischen Gesellschaft zur Förderung der Wissen-
schaften 681
Kleinere Mitteilungen.
Die Thätigkeit der Schulärzte in Leipzig 81
Schulhygienische Untersuchung zur Beurteilung der Überbürdungs*
frage 33
Zusammengesetzte Photographien für anthropologische Studien an
Schülern 35
Zur Zahnpflege der Schu]|jugend 36
Über den Einflufs des elektrischen Lichtes auf die Augen 36
Die Ermüdung 98
Über angebliche Impfschäden 98
Die ersten Masern auf den Samoainseln 99
Zur Sterblichkeit der Kinder .in Österreich 99
Gegen die akademischen Trinksitten 100
VI
Seite
Sohulsanatoriam für Mädchen in Davos 101
Desideriua Erasmus Roterodamus über Jugendspiele . . .^ 102
Zur Desinfektion durch Sonnenlicht 103
Augenentzündungen in Schalen 164
Über unterirdische Kinderarbeit in Italien 165
Das Körpergewicht der Stadt- und Landkinder 165
Aus dem amtlichen Leitfaden für das Schulturnen in Frankreich . . . 165
Wider das Korsett 167
Über die Sterblichkeit im schulpflichtigen Alter 224
Psychische Störungen bei Kindern 225
Ein Fall von hysterischer Nahrungsverweigerung bei einem elQ ährigen
Schulmädchen 226
Schulferien in Hellas 226
Aufruf des Centralausschusses zur Förderung der Jugend- und Volks-
spiele an die deutsche Studentenschaft 226
Das französische Seehospiz für skrofulöse und rhachitische Kinder
in Banyuls 229
Betriebskosten verschiedener Heizsysteme in Schulen 229
Die Schulaborte in Frankreich 230
Zur Frage der Kohlenoxydproduktion durch das Auersche Gasglüh-
licht 230
Eine Volksschule in Rom 284
Zur Frage von der psychischen Entwickelung der Lernenden und
von den physischen Übungen in den Schulen 290
Erklärung für die Häufigkeit der Rhachitis bei neapolitanischen
Kindern in Amerika 290
Zum Schutz der Kinderaugen vor Verletzungen mit Spielgewehren. 291
Über die Einwirkung der gebräuchlichsten Mundwässer auf die Zahn-
substanz 291
Wanderungen, Tumfahrten und Schülerreisen 291
Die Nasenkrankheiten der Schulkinder 351
Über die Alkoholfrage in ihrem Verhältnis zur Jugend und zur Schule 355
Die Kosten einer Schulepidemie von Scharlach 355
Zur Temperatur der Bäder für die Jugend 356
Der Einflufs des Radfahrens auf das Herz 358
Die Desinfektion der Schulen bei Epidemien 415
Operative Entfernung einer Erbse aus dem äufseren Gehörgang eines
Schulmädchens 417
Hypnotische Behandlung der Onanie bei einem sechsjährigen Knaben 418
Über Indikationen und Kontraindikationen für Seebäder bei Kindern 418
Der Wert des Wettlaufs 419
Über eine typische Fuisballverletzung 420
Haushaltungsschulen in der französischen Schweiz 420
Zum Übergang der Sechsjährigen aus dem Hause in die Schule.... 477
Eine Schulepidemie von hysterischem Zittern '. . . . 480
Vererbung und Erziehung 481
Die ÜberFüllung der Volksschulklassen in Preufsen 482
Über die Gewichtsverhältnisse des Körpers und der Organe bei Tuber-
kulösen im jugendlichen Alter 482
Öffentliche Bedürfnisanstalten für Eander 483
Gesundheitsregeln für die Schuljugend 542
Beiträge zur sogenannten Schulmyopio 546
Über die Behandlung junger und alt^>r- Psychopathen 547
VII
Stite
Zur Prophylaxe der -Maaem 548
Heredität and Idiotismus 548
Die Sprache eines taaben und blinden yierzehigiUirigen Madcüliens . . 548
Zar Übeitragang von Infektionskrankheiten darch Hefte und Bacher 549
Die neue Beleuchtung der Universitätsauditorien in Halle a. 8 550
Griffel ans Bein 550
Die Befraktionaentwickelang des menschlichen Auges 607
Zur Sterblichkeit der Lehrer 608
Der Alkoholismus bei Kindern • ^ 609
Gegen die Vivisektion in Schulen 610
Sexuelle Verirrungen im Kindesalter 610
Zur Pathologie und Therapie des Schreibkrampfea 611
Über die Ursachen und körperlichen Merkmale der Idiotie 611
Fragebogen für die hygienische Untersuchung von Schulgebäuden. . 614
Zum Augenschutz bei abendlicher Nahearbeit 612
Vergleiche der verschiedenen Beleuchtungsarten 61 7
Unrichtige FuTsbekleidung der Schüler 61T
Nachteile des Korsetts 619
Über die Gesundheit der Gymnasiasten 682
Die schulhygienischen Verhältnisse im alten Rom 682
Ein Lehrer der Erfinder der Schatzpockenimpfung. . . . c 684
Plötzlicher Tod von Schulkindern 685
Zur Psychologie des Diktats 685
Einfluij der Ferien auf den Gesundheitszustand der Schulkinder . . . 685
Ein amerikanisches Urteil über die Steilschrift 686
Schulbücher und Infektionskrankheiten 686
Schulen für Kinder, welche an herpes tonsurans leiden 687
Zur Beschäftigung jugendlicher Personen in Tabaksfabriken 688
Eiweifs im Uam junger Fufsballspieler 688
Ein Spielplatz auf dem Sohuldach in New York 688
Tagesgesohiohtliohes.
Über Fenstervorhänge in Schulen 37
Die Augen kalifornischer Studenten 39
Gesundheitspässe für Schaler , . . 39
Schädelabnormitäten bei Schulkindern 40
Über die Leibesübungen an den Universitäten der Zukunft 40
Die Zunahme jugendBcher Verbrecher 41
Anormale Kinder in einer englischen Schule 41
Ein Todesfall beim Schalspiel 41
Zur Verhütung der Diphtherie in Schulen 42
Erziehung epileptischer Kinder 42
Kasselei^erienkolonie und Suppenanstalt 42
Das Seehoepiz Kaiserin Friedrich in Nordemey 43
Die Vorbereitungen auf den IX. internationalen Kongrefs für Hy-
S'en,e und Demographie in Madrid 103
lygienisches aus dem achten Bericht über die öffentliche Ge-
sundheitspflege in Bremen 104
Verlegung des vormittägigen Unterrichtes in einem Wiener Bezirke 104
Warnung der Schüler vor sexuellen Verirrungen 105
VIII
Seite
Eine Epidemie von Tinea tondens im Kindeneehospis yon Berck-
sur-Mer 106
Die Einrichtung und Entwickelung der ünterrichtskone für stotternde
Schüler in Breslau 106
Heim für Schwachbegabte Knaben in England 107
Schulbibliotheksbücher und Infektionskrankheiten 108
Über den Bakteriengehalt der Luft in Schulräumen 109
Nordamerikaniscbes Schulbad 109
Gründung eines österreichischen Schulmuseums mit Abteilung für
Schidhygiene 170
Internationaler Kongrefs für das Kinderwohl in Florenz 173
Über die Einführung hygienischen Unterrichts in die Volksschule . . 174
Schulhygienisches aus dem k. k. obersten Sanitatsrat in Wien 174
Sektion für Schulgesundheitspflege im Leipziger Lehrenrerein 175
Kurse für Lehrer und Lehrerinnen in den Jugend- und Volksspielen
für 1895 175
Vergiftung eines Schulmädchens mit Stechapfelsamen 176
Eine nachahmenswerte Verordnung in Bezug auf das Feilbieten von
Blumen^ Streichhölzern und sonstigen Verkaufsgegenständen
durch schulpflichtige Knaben und Mädchen 176
Der IX. internationale Kongrefs für Hygiene und Demographie in
Madrid 231
Besprechung schulhygienischer Fragen im ärztlichen kollegialen
Verein der Friedrich- Wilhelmstadt zu Berlin. 231
Vergünstigung für die französischen Schulärzte 232
Der neugegründete Verein für öfientliche Gesundheitspflege in Frank-
furt a. M 232
Zum Schutze der Schulkinder gegen Diphtherie 232
Verwahrloste Kinder in Preufsen 233
Pockenimpfung in den städtischen Elementarschulen Moskaus 233
Ablehnung von Volksschulbädem in Dresden 234
Über die Fürsorge für geistesschwache Kinder in Niederösterreich . . 284
Der Einflufs des Turnens auf die körperliche Entwickelung 235
Buderübungen des deutschen Kaisers 236
Die gymnastischen Wettkämpfe auf der Pariser Ausstellung im
Jahre 1900 236
Handarbeitsunterricht im Karlsruher Gymnasium 237
Barmer Ferienkolonie für arme, kranke und schwächliche Schul-
kinder 237
Der IX. internationale Kongrefs für Hygiene und Demographie in
Madrid 292
Die XX. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Ge-
sundheitspflege 293
Hygienischer Kongrefs in Bordeaux 1895 293
Eine internationale HygieneauBstellung zu Paris 293
Über die Notwendigkeit, von Diphtherie geheilte Kinder vor itfem
Wiedereintritt in die Schule auf LöFFLEBsche Bacillen zu unter-
suchen 293
Die Erfolge der obligatorischen Impfung und Wiederimpfung in
Ungarn 294
Infektion von 29 Studenten mit Typhus nach dem Genüsse von
Austern 295
Änderung des Alters für den Beginn der Kinderarbeit in England . 295
IX
Seite
Die Verbreitniig von Infektionskrankheiten darch Schiefertafeln in
Schulen 295
Angebliche üngesnndheit der Schulen Ton Genevilliers wegen Nach-
barschaft der Bieselfelder yon Paris 296
Seminar far Handarbeitsunterricht in Jena 297
Rundschreiben des deutschen Tumlehrervereins, betreffend die Bein-
haltung der Schultumhallen 297
.Tngendspiele am Königlichen B^algymnasium in Bromberg 298
Ferienapaziergänge yon Erlanger Volksschülem 299
Baden und Schwimmen der Schüler in Frankfurt a. M 299
Kinderheilstatte in Arcachon 300
Die Lehrerbildungsanstalt des deutschen Vereins für Enabenhand-
arbeit in Leipzig *. 359
Allgemeine Ausstellung für Sport, Spiel und Turnen in Berlin 359
Die jüngste Tnfluenzaepidemie in Wien mit besonderer Bücksicht auf
die Schu^ugend 3(>0
Errichtung eines Lehrerheims in Schreib'erhau im Biesengebirge ... 861
Die hygienische Abteilung der Schweizerischen Landesausstellung in
Genf 1896 361
Nordamerikanische Gesetzesvorlage wegen Abschaffung der Lebens-
versicherung von Kindern unter 10 Jahren 361
Tod eines Knaben durch Unvorsichtigkeit eines Fortbildungsschülers
beim Steinstofsen 361
Eine Stiftung für Ferienkolonien in Drontheim 362
Wie verhält sich das Kind, freigelassen, im Schulhofe und beim
Nachhausegehen? 362
Das neue Gebäude der Bealschule HI zu Hannover. (Mit 3 Tafeln) 363
Eöstners Schultafel aus Glas 864
Noch einmal die angebliche Gefährlichkeit des Auerschen Gasglühlichts 365
Gründung eines Vereins französischer Gesundheitsingenieure und
-architekten 421
Die Erziehung nervöser Kinder 422
Zur Bevision der in Österreich bestehenden Vorschriften über den
Bau und die Einrichtung von Volksschulen 423
Die Sehschärfe englischer Schüler 424
Verbot für ungarische Schulkinder, die Hände von Lehrpersonen zu
küssen 425
Die Steilschrift auf der Naturforscherversammlung in Wien 425
Über die hygienische Zukunftssohule 426
Vom Verein f%lr Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten 426
Die Vni. Konferenz für das Idiotenwesen 427
Errichtung von Kinde^ärten für taubstumme Kinder in Berlin .... 427
Ferienkolonien armer Schulkinder in London 427
Die neue Prüfung für englische Sanitätsbeamte 485
Ferienkurse für Lehrer in Jena 486
Die Mäfsigkeitssaohe bei den Studenten 487
Die Agitation der Impfgegner gegen die Schutzpockenimpfung 488
Jugendliche Selbstmörder in Frankreich 489
Die englische Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeit gegen
Kinder 490
Ein neues Ferienheim für Baseler Schüler 490
Das erste Berliner Schülerwettrudem 491
Kreisschülertumfeste in Ungarn , 492
X
Seite
Die zwanzigste Venammlung des deutsohen Vereins für öffentliche
Gesundheitspflege 551
Eine ärztliche Untersuchung der Schüler des Kommunaluntergjm-
nasiums in Aussig 552
Schulhygienische Ausstellung im medizinischen Warenhause zu Berlin 555
Der Verein der ärztlichen Schulinspektoren Englands 556
Die Steilschrift in HoUand 556
Denkmal für Wilhelm Meter 557
Eine Schülerreise nach der ehemaligen römischen Eolonie Oarnuntum 557
Ferienkolonien in den Vereinigten Staaten 558
Blitzschlag in einer Schule 558
Vergebliche Aufstellung ron Spucknäpfen in der Berliner Universität 559
Schulhygienisches aus 'dem letzten Jahresbericht des königlich säch-
sischen LandesmedizinalkoUegiums 620
Die Sonderausstellung für Schulgesondheitspflege in Berlin 622
Schulhygienische Verhandlung des XII. internationalen medizinischen
Kongresses in Moskau 623
Der Gesundheitszustand in den Londoner Armenschulen 628
Kinderarbeit in der preufsischen Industrie 624
Verbreitung der Masern in den städtischen Kinderbewahranstalten
zu Namur 624
Eine Vergiftung zweier Schulkinder mit Stechapfelsamen 624
Die Meistorschaftswettkämpfe des Amateurathletenverbandes au den
Universitäten Oxford und Cambridge 625
Nächtliche Wanderungen der Gymnasiasten in Kremsier zum Zwecke
astronomischer Studien 626
Das Ende der Schalerbataillone in Frankreich 626
Sanatorium für keuchhustenkranke Kinder 627
fVanzösische Ferienkolonien 627
Jugendhorte in Bayern 628
Zum Einwickeln des Schulfrühstücks 628
Das Schulbrausebad zu Itzehoe in Schleswig-Holstein 628
Für und wider die Gasheizung in Schulen 630
Die HauBau%aben der Schüler vor der württembergischen Kammer
der Abgeordneten 689
Die Sonderausstellung für Schulgesundheitspflege in Berlin 690
Ein naturwissenschaftlicher Ferienkursus für Lehrer an höheren
Schulen 691
Die Frage der Schulhygiene auf dem Lehrerkongrefs in Böhmen ... 691
Die diesjährig^e Hauptversammlung des deutschen Vereins ftir Knaben-
handarbeit 691
Körperliche Beschäftigung fär nervenkranke Kinder 692
Die Thätigkeit der Schulärzte zu Leipzig 693
Zur Hygiene des Unterrichts in den französischen Gymnasien 694
Eine Massenvergiftung in einem Pensionate für junge Mädchen in
Limerick 694
Beitrag zu Schuluntersuohungen des Gehörorgans 695
Blitzschlag in eine Lehreroompagnie 695
Ein Pflegehaus för rekonvalescente Kinder 696
Die Mädchenhaushaltungsschule zu Neurode in Sohlesien 696
Pavillonbauten für Schulen in Ludwigshafen 696
XI
Amtliclie Verfügungen.
S«it«
Verordnang des k. k. österreichischen Ministeriums für Kai tos and
Unterricht vom 7. Jali 1894, Z. 2843, an alle Landeschefs als
Vorsitzende der Landesschalräte, betreffend die Impfang der
Zöglinge ron Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten 43
ErlaTs des Königlich preufsischen ünterrichtsministers wegen Un-
zulässigkeit der Abkärzung der vorschriftsmäfsigen Unterrichts-
zeit in der Volksschule anläfslich der Einführung der mittel-
europäischen Zeitrechnung 44
Bestimmungen des Magistrats und der Königlichen Lokalschul-
kommission in München über die A^nlage, Instandhaltang und
Benutzung der Eislaufplatze in den Schulhöfen 44
Randschreiben des Erziehungsrates des Kantons Zürich an die Primär-,
Sekundär- und Bezirksschulpfleger bezüglich des Turnunterrichts
an den Volksschulen 47
Bestimmunffen des Königlich preufsischen Unterrichtsministers, be-
treffend die Aufnahme in die Königliche Turnlehrerbildungs-
anstalt zu Berlin 109
Bestimmungen des Königlich preuisischen Unterrichtsministers, be-
treffend die Aufnahme in die an der Königlichen Turnlehrer-
bildungsanstalt in Berlin abzuhaltenden Kurse zur Ausbildung
von Tumlehrerinnen 112
ErlaTs der k. k. Landesregierung in Salzburg vom 18. Oktober 1894,
Z. 10357, an alle unterstehenden k. k. Bezirkshauptmannschaften
bezüglich der bezirksärztlichen Untersuchung der nicht normal
entwickelten Schulkinder 114
Verfügang der Königlichen Regierung zu Sigmaringen vom 22. No-
vember 1894 wegen Tuberkulose in den Volksschulen 115
Zwei Erlasse des k. k. niederösterreichischen Landesschulrates,
Z. 4918, betreffend die Bekämpfung der Trunksucht durch die
Schule 177
Verfügung der k. k. Statthalterei von Böhmen wegen Lüftung der
Schnlräume 178
Bescheid des Bezirksschulrates der k. k. Reichshaupt- und Residenz-
stadt Wien, betreffend die Verhütung der Weiterverbreitung
übertragbarer Krankheiten bei den Impfungen in Schulen 179
Amtliches Formular für Turndispensationen an der Realschule bei
St. Johann in Strafsburg i. E 180
Erlafs des Königlich preufsischen Unterrichtsministers wegenErwerbung
und Pflege einer guten, auch für die Hygiene des Auges wich-
tigen Handschrift durch die Schüler höherer Lehranstalten 237
Verordnung des Regierungsrates des Kantons Schaff hausen, betreffend
die Verhütung der Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten
durch Schulen 238
Verfügung des Bezirksschulrates der Stadt Wien bezüglich Heizung,
Lüftung und Reinigung der Schulzimmer 240
Erlafs des k. k. österreichischen Ministers für Kultus und Unterricht,
betreffend die Schalgesundheitspflege an den Mittelschulen .... 300
Verfügung des Königlich preufsischen Unterrichtsministers bezüglich
des Haashaltungsunterrichts für Mädchen 304
Zar Bewilligung des Eintritts in die Volksschule für Kinder unter
6 Jahren. Aus dem Rundschreiben des Bezirksschulrates der
k. k. Reiohshaupt- und Residenzstadt Wien, G. Z. 6053 305
xn
Seite
Bekanntmachung des Scbalyorstandes der Stadt Zürich über die
Erholungsstation für Schulkinder auf dem Schwäbrig 306
Allerhöchster Erlaüs, betreffend die Hebung des Rudersports an den
höheren Schulen Berlins 366
Ausschreiben des Königlich preuTsischen Unterrichtsministers für das
Wettrudern der Schüler höherer Lehranstalten Berlins im
Jahre 1895 366
Erlafs des Königlich italienischen Ministeriums des öffentlichen
Unterrichts bezüglich der Infektionskrankheiten in Schulen 368.
428. 495. 560. 638
Rundschreiben des Königlich prenfsischen Ministers der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten wegen Einrichtung von
Kursen in den Jugend- und Volksspielen an den Universitäten
für die Studierenden 370
Verfügung der Berliner Schuldeputation^ betreffend Gesundheitslehre
in den städtischen Schulen 371
Rundschreiben des Königlich prenfsischen Ministers der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, betreffend Schüler-
yerbindungen an höhe ren Lehranstalten 429
Aus der Verfögung der Bukowinaer k. k. Landesregierung vom
27. Februar 1895, Z. 1752, an alle unterstehenden politischen
Behörden wegen M^fsnahmen gegen die ägyptische Augen-
krankheit (Trachom), besonders in Schulen 431
Verordnung des Königlich prenfsischen Unterrichtsministers, betreffend
Einführung eines neuen Leitfadens für den Turnunterricht in den
Volksschulen 492
Empfehlung des vom Kaiserlichen Gesund hei tsamte herausgegebenen
Gesundheitsbüchleins durch das Königlich preufsische Ministerium
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten .... 496
Tabelle zur Statistik der Erkrankungen und sonstigen Dienstver-
säumnisse der Lehrpersonen. Vom Bezirksschulrate der Stadt
Wien, Schuljahr 1894—95 498
Mitteilung des Königlich preufsischen Unterrichtsministers, betreffend
die Förderung freiwilliger Spielstunden an den höheren Lehr-
anstalten 559
Bescheid des Königlich preufsischen Ministers der geistlichen u. s. w.
Angelegenheiten über die Zuziehung der Kreisphysiker bei
Schliofsung der Schulen anläislich des Ausbruches ansteckender
Krankheiten 562
Verfugung des Bezirksschulrates der Stadt Wien wegen Ermittelung
der schwachsinnigen Kinder in den dortigen Volks- und Bflrger-
schulen 562
Rundschreiben des k. bayerischen Staatsministeriums des Innern für
Kirchen- und Schulangelegenheiten gegen den Zudrang zu den
humanistischen Studien 632
Verfügung des Königlich un^rischen Unterrichtsministers an den
Landesunterrichtsrat, die Revision des Gymnasial- und Realschul-
lehrplanes betreffend 634
Bekanntmachung des Königlich preufsischen Ministers der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten über den Kursus zur
Ausbildung von Turnlehrern im Jahre 1895 639
Fahrpreisermäßigungen für mittellose, kranke, blinde, taubstumme
und verwaiste Kinder. Aus dem deutschen Eisenbahnpersonentarif 640
XIII
Seit«
Bandschreiben des Eöniglieh preufsischen Ministers der geistlichen,
Unterrichts und Medizinalangelegenheiten an die Provinzialschul-
koUegien, betreffend die Verhütung von Unglücksfällen bei
Schülern 697
Maiaregeln gegen Diphtherie and Scharlach. Verordnung des GroDs-
herzoglich badischen Ministeriums des Innern 699
Bescheid des Königlich preufiiischen Unterrichtsministers an den Cen<
tralausschnis zur Förderung der Jugend- und Volksspiele bezüglich
der Anlage von Spielplätzen 706
Personalien.
47. 116. 181. 242. 806. 372. 435. 601. 564. 641. 707.
Litteratur.
1. Besprechungen.
E. TON ScHENOKENBORPF uud F. A. ScHHiDT, Jahrbuch für Jugend-
und Volksspiele. Von Eabl Febd. Kümmbb 49
HBRXAirN CoBN, Was kann die Schule gegen die Masturbation der
Kinder thun? Von Hsbmann Schilleb 52
OsKAB Schmidt, Die (iesundheitslehre als Lehrgegenstand an der
höheren Mädchenschule. Von Stephan Nbumann 55
Maximilian Bbbsoen, Die Ursache des nervösen Kopfschmerzes der
Schulkinder. Von Viktob Lange 68
Max Sohneideb, Katechismus des Wintersports. Von 0. Janke .... 118
H. ScEKBEB, Der Handfertigkeitsunterricht in der Volks- und Fort-
bildungsschule. Von Geobo Vollebs 120
Gustav Hebgel, Praktische Anleitung zum Schlittschuhlaufen. Von
Kabl Otto 122
M. Bunel, Bapport sur l'hygidne des öcoles. Von Kabl HintbIgeb 124
Thbodob Altsghül, Die Frage der Überbürdung unserer Schuljugend
vom ärztlichen Standpunkte. Von J. Kollmann 183
Kabl Weitzel, Zur Schulgesundheitspfiege. Von Kabl Wöboken. . 185
B. Che. Nussbaum, Günstigste Lage der Schulzimmer. Von Kabl A.
BOMSTOBFEB 187
Ebnst S. BeynoldS) Primer of Hygiene. Von L. Ingebmann 189
F. Kboegeb, Wer kennt die Wunder seines Ich? Von J. Felix 245
Extrait du rapport de gestion de la municipalit6 de Lausanne au
conseil communal pour VannSe 1893. Direction des ecoles.
Service m^ical. Extrait du rapport present6 par M. le Dr. Combe,
m^decin des Ecoles. Von Pebbachon 247
Wilhelm Bodb, Zum Schutz unserer Kinder vor Wein, Bier und
Branntwein. Von Viktob von Kbaüs 250
Henbt W. Hubbard, DeafMutism: a Brief Accourt of theDeaf and
Dnmb Human Bace, from the Earliest Ages to the Present
Time. Von William Smith 252
Mahgenot, L'examen individuel et le buUetin sanitaire des 6coliers.
Von Kabl Girabd 308
XIV
8«ite
ADBI.1N0 QARBim, Evoluzione del senso cromatico nella infanzia. Von
H. Magnus i 310
Elaba Hkssliko, Das Mädchentumen in der Schale. Von G. H.
Wbber 812
ii. Mehleb und Joseph Hess, Anleitung zur ersten Hilfeleistung bei
plötzlichen UnföUen. Von 0. Janke 314
CoNSTAiTTiNo GoRDTi, Contrlbuto alla qaestione dei banchi da scuola
a proposito della esposizione intemazionale d'igiene dell' H&yre
1893. Von Antokino Carini 374
G. Broesike, Der menschliche Körper, sein Bau, seine Verrichtungen
und seine Pflege, nebst einem Anhang: Die erste Hilfe bei
plötzlichen Unfällen. Von F. Dohnblüth 37S
C. Narbel, Becherches sur l'6clairage naturel dans les öcoles de
Neuchatel. Von Combb 378
Manoenot, Essai d'hjgidne des constructions scolaires. Von Karl
HlNTRlOBR 438
J. BoLLiNGBR-AuBR, Bewcgungsspielc für Mädchen. Von Aügüst
Hermann 440
PlAhn und 0. Gbrlacb, Erziehungsanstalten und Handfertigkeits-
unterricht. Von E. Höhn 442
Paul am Ende, Die Aufnahme des haus wirtschaftlichen Unterrichts
in den Lehrplan der Volksschule. Von 0. Jakkb 444
L. KoTBLMANN, Über Schulgesundheitspflege. Von Hermann
Schiller 504
H. Schüschny, Beiträge zur Nervosität der Schuljugend. Von Leo
Burgerstein 505-
E. VON Schenckendorff und F. A. Schmidt, Allgemein unterrichtende
Mitteilungen zur Einfuhrung in die Jugend- und Volksspieb.
Von Theodor Schmidt 507
Gustav Behnke, Die Gasofenheizung für Schulen. Von Heinbioh
Mbidingbr 608
WoLDEBfAR GoETZE, Der Handfertigkeitsunterricht an den Lehrer-
seminaren. Von Josbph Gugler 565
Vktor von Kraus, Wie kann durch die Schule dem zur Unsitte
gewordenen Mifsbrauche geistiger Getränke entgegengewirkt
werden? Von A. Smith 670
A. Hermann, Beigen für Schulturnen. Von Fbrdinand Marx 672
Fletcher Beagh, The treatment and education of mentally feeble
children. Von L. Inoermann 673
H. Griesbach, Über Beziehungen zwischen geistiger Ermüdung und
Empfindungsvermögen der Haut. Von Leo Burgerstbin 643
Bobert Zimmermann, Gesundheitsregeln für Schule und HauB. Von
Fb. Dornblüth 647
E. Koch, Die Geschichte des FuDsballs im Altertum und in der Neu-
zeit. Von H. Wickenhagen 650
B. Marcus, Zur neueren schulhygienischen Litteratur. Von L.
KOTELMANN 662
Thomas Chesterton, The theory of pbysical education in eleroentary
schools. Von Wiliam Browne , 653
Leo Burgerstbin und August Nbtolitzry, Handbuch der Schul-
hygiene. Von C. Ströhmberg 710
Skrivekomiteens indberetning dateret 30te Oktober 1894 angaaende
Skriveundervisningen i bameskolen. Von Axel Hebtel 712
XV
Seit«
Hugo Bühl, Entwickelun^geschichte des Turoens. Von Franz
Wilhelm 713
Viktor ton Woikowskt-Biedaü, Das BeweguDgsspiel in der deutsohen
Volkflhygiene und Volkserziehung. Von E. Koch 715
Bibliographie.
60. 126. 189. 258. 316. 382. 445. 509. 574. 654. 717.
Bei der Redaktion eingegangene Schriften.
62. 127. 191. 255. 318. 383. 447. 511. 575. 655. 719.
m
Berichtigung 512
Sachregister 721
Namenregister 741
1
leitfilirifi fit ^ilinliieMlieitay^^^^^
Vm. Jahrgang. 1895. No. 1.
<9ri0itialiili^iiiibltttti)ett«
Die dunklen Punkte in der Myopielehre.
Von
Dr. med. J. SxiLLiNa,
Professor der Ang^nheilkonde an der UniTerrität Stralsbiirg i. E.
Die Frage der Abhängigkeit der Myopie yom Sokädel-
nnd Angenliölilenbane dürfte dnroh die YeröfiFentliclinng der
üniersuolinngeny welche in der Bemer Angenklinik nnter
Professor Pflügeb^ ansgeführt worden sind, in ein nenes
Stadium getreten sein.
Es ist durch diese an einem greisen und sorgfältig aus-
gewählten Material zweifellos bewiesen worden, daJs das von
mir aufgefundene Gesetz, nach welchem die Myopie in der
Begel mit niedrigem, die Emmetropie mit hohem Augenhöhlen-
baue yerknüpft ist, auf sicherer Grundlage ruht. Weiter hat
Pflüqeb durch diese Untersuchungen feste Stützen für den
Ton mir vertretenen Satz geschaffen, dafs die erbliche An-
lage für die Entstehung der Kurzsichtigkeit der
Hauptsache nach in nichts anderem zu suchen sei,
als in der Vererbung des Schädel- und Augenhöhlen-
baues.
PFLÜaEB stellt sich denn auch ganz offen insofern jetzt
auf meine Seite, als er die Chamäkonchie, die er, wie ich, von
* Mitteihmgen aus KUmken und medieiimchen InsUiuten der Schweig,
1898, 1. Beihe, 2. Heft.
8ohiiltatii]idh«itspfl«ge ym. 1
dem Index 85 ab rechnet, aU den wichtigsten Faktor für die
Genese der Myopie erklärt.
Die, wie ich mehrfach betont habe, ganz notwendigen
und naturgemäisen Ansnahme&lle von dem allgemeinen Gesetz
fallen, wie der Genannte meint, noch anderen Faktoren als dem
Augenhöhlenbaue zur Last. Sie bilden nach ihm noch einige
„dunkle Punkte^ in der Lehre von der Myopie. Es lasse
sich zwar die greise Menge der Falle, aber noch nicht alles
und jedes durch Wachstum des Augapfels unter Muskeldruck
erklären.
Ich könnte mich bei der mir durch Pflügek zu teil
gewordenen Anerkennung recht wohl in dem Gedanken zu-
frieden geben, dals es genug sei, wenn eine Untersuchung,
die neue Wege einschlägt, dazu führt, die Hauptsache des
Gegenstandes ins klare zu setzen, mögen dann auch immerhin
noch einige untergeordnete Punkte späterer Aufklärung vor-
behalten sein. Allein da ich im stände zu sein glaube, gerade
die von Pflügeb noch angenommenen „dunklen Puiikte^ in
helles Licht zu setzen, so sehe ich nicht ein, weshalb ich dies
unterlassen sollte.
Ich hoffe, ohne groUse Schwierigkeiten nachweisen zu
können, dals nahezu sämtliche Ausnahmefälle von dem all-
gemeinen Gesetze, nach welchem die Entstehung der Myopie
im wesentlichen vom Baue der Augenhöhle abhängt, trotz des
gegenteiligen ersten Anscheines sich ganz vortrefflich ebenfalls
unter dieses Gesetz unterordnen lassen. Das will sagen, wenn
auch bei diesen Fällen der Augenhöhlenbau nicht in Betracht
kommt, so entstehen sie doch nichtsdestoweniger so gut, wie
die übrigen, durch Wachstum unter Muskeldruck, und der
Verlauf des oberen schrägen Augenmuskels und seiner Sehne
spielt hier dieselbe ausschlaggebende Bolle wie dort.
Pflügebs erste Frage lautet, „wie es zu erklären sei,
dafs nicht immer der Grad der Myopie dem der
Chamäkonchie, resp. Mesokonchie entspricht^.
Die Antwort ist, dals meiner Lehre zufolge das Zustande-
kommen der bei anstrengender Nahearbeit sich bildenden
Ennsiclitigkeit von nicht weniger als vier Faktoren abhängt,
nämlich 1. von der Höhe der Trochlea, 2. vom Verlaufe der
Obliqunsaehne, 3. von der Homhautkrümmnng, 4. von der
Wachstamstendenz des Anges.
Es mnfs also ganz naturgemäfs eine anfiserordentlich grofse
Anzahl von Fällen geben, in welchen diese Faktoren ungleich,
und nur eine kleinere, in denen sie annähernd gleich sind.
Die Trochlea liegt allerdings in der Begel bei niedriger
Orbita niedrig, kann aber auch bei hoher Orbita niedrig liegen.
Die Obliquussehne kann bei jeder Form der Orbita und
bei jeder Lage der Trochlea so verlaufen, dafis der Bulbus
nur wenig oder gar nicht komprimiert wird, wenngleich in der
Mehrzahl der Fälle bei niedriger Orbita der Augapfel durch die
Muskeln im myopischen Sinne zusammengedrückt werden muTs*
Folglich kann bei zwei Augenhöhlen mit myopischem
Orbitalindex in derjenigen, die den niedrigeren Index hat,
doch die Trochlea höher liegen, als in der, die den höheren
Index aufweist, oder falls dies nicht zuträfe, kann im ersteren
Falle die Obliquussehne so verlaufen, dals sie eine geringere
Kompression ausübt, ak im zweiten Falle.
Wenn aber auch in zwei Augen mit niedrigem Orbital-
index diese Faktoren ganz gleich wären, so würden in einer
beträchtlichen Anzahl von Fällen die gewöhnlichen Ver-
schiedenheiten der Homhautkrümmung einen wesentlichen
Unterschied in der Refiraktion bedingen. Ich habe hier keines-
wegs abnorm starke Homhautkrümmungen von 6 oder 7 mm
im Sinne, wie sie seltener vorkommen und dann schon an und
für sich bei sonst ganz normalem Wachstum des Auges ohne
allen Muskeldruck die myopische Refraktion bedingen können.
Jedoch bereits fär gewöhnlich weist der Hornhautradius
Schwankungen zwischen 7,5 und 8,5 mm auf. Dies entspricht
aber schon einem Refiraktionsunterschiede von etwa 6 Dioptrien,
so dafis, wenn zwei Augen unter ganz gleichem Augenhöhlenbau
und ganz gleichem Muskeldruck wachsen, dieselben, sobald
ihre Homhautkrümmung nicht dieselbe ist, notwendig auch in
reiBchiedenem Grade kurzsichtig werden müssen.
Aber wenn anob die drei ersten Faktoren gleich wären,
so bliebe doch noch der mächtige, vielleicht mächtigste vierte
Faktor übrig, die Wachstamstendenz des Anges selbst. Diese
ist natürlich bei verschiedenen Individuen sehr verschieden,
nnd sie allein würde die Erklärung dafür liefern können,
warum der Grad der Myopie nicht genau dem Orbitalindex
entspricht.
Die zweite Frage PFLÜaEBS lautet, ^warum bei vielen
Individuen mit ungleichen Orbiten der Myopiegrad
gerade auf Seite des höheren Index gröfser sei^.
Diese Frage ist im Grunde ganz identisch mit der
ersten. Wäre sie das nicht, dann müJste eben in jedem
Falle der Grad der Myopie in direkter und einziger Ab-
hängigkeit vom Orbitalindex stehen, und das Prokrustesbett
wäre fertig, in das sich allgemeine Gesetze nimmermehr pressen
lassen.
Es war aus allen angeführten Gründen a priori gar nicht
zu erwarten, dafs sich zwischen der Höhe des Myopiegrades und
der des Orbitalindex ein ganz strikter Zusammenhang werde
finden lassen. Meine Meinung war lediglich die, dals ein
solcher Zusammenhang für viele Fälle anzunehmen sei. Diese
Annahme gründete sich auf zahlreiche Beobachtungen, in denen
bei ungleicher Myopie sich der höhere Grad auf Seiten des
niedrigeren Index befand. Ich habe mich jedoch beeilt, hin-
zuzufägen, dals auch das Gegenteil nicht selten vorkäme, schon
wegen der Verschiedenheit der Homhautkrümmung. Daus meine
Beobachtungen richtig sind, ist von Pflügeb selbst bestätigt
worden. Es war für mich dabei eine Art Beruhigung, dafs
derselbe angibt, seine Messungen bestätigten den Zusammenhang
zwischen dem Myopiegrad und der Orbitalhöhe „einigermaisen^.
Es wäre in der That im anderen Falle viel zu viel bewiesen
worden, denn ein allgemeines Gesetz kann erst dann als wirk-
lich feststehend angesehen werden, wenn auch die Ausnahmen
gefunden und erklärt sind.
Dafs sich aber überhaupt nur ein gewisser Zusammenhang
zwischen der Höhe der Myopie und deijenigen des Orbital-
index herausgestellt hat, hildet, wie mir scheint, einen änfserst
bündigen Beweis für die Richtigkeit der hier vertretenen Lehre.
Es ist damit konstatiert, dafs für den znr Myopie führenden
Mnskeldmck die Höhe der Trochlea der wichtigste Faktor ist
und die übrigen angeführten zwar immerhin eine bedentende,
aber doch keine so groüse KoUe spielen, wie jener. Oeteris
paribns hängt der Grad der Myopie von der Orbital-
höhe ab, aber anch nnr ceteris paribns.
Es ist hier der Ort, anch den mir bekanntlich von ver-
schiedenen Seiten gemachten Einwnrf zn besprechen, dals das
Gesetz für die Anisometropen nicht gestimmt habe.
Unter Anisometropie versteht man gewöhnlich den Znstand,
bei welchem anf der einen Seite Emmetropie nnd anf der
anderen Myopie oder Hypermetropie vorhanden ist. Diese
Fälle bilden die groüse Masse der Anisometropen, soweit
davon überhaupt gesprochen werden darf, denn so sehr häufig
kommt die Anisometropie nicht vor, daüs man im buchstäb-
lichen Sinne des Wortes von greisen Massen reden könnte.
Die eigentliche Anisometropie, der Zustand, in welchem auf
der einen Seite Hypermetropie, auf der anderen Myopie
besteht, ist im ganzen jedenfalls seltener.
Was nun die „grolse Menge^ der Fälle angeht, so ist viel-
fach, wohl sogar meistenteils die Anisometropie nur eine
scheinbare. Untersucht man solche Fälle genauer, so findet
man, dalis, wo angeblich einerseits Emmetropie und andererseits
Myopie besteht, das emmetropische Auge einen, wenn auch sehr
schwachen Grad von Myopie aufweist, 0,5 Dioptrien oder
noch weniger. Ebenso ergibt sich, dais, wenn auf der einen
Seite Emmetropie, auf der anderen Hyperopie vorhanden sein soll,
das emmetropische Auge einen ganz geringen Grad von Hyper-
metropie, 0,75 Dioptrien oder noch weniger, zeigt. In anderen
Fällen, wo dies sich nicht herausstellt, lassen sich Unterschiede
in der Homhautkrümmung nachweisen, die den Befraktions-
unterschied erklären. Wenn also in der greisen Mehrzahl der
Fälle die Orbitalindices auf beiden Seiten gleich gefanden
werden, so ist dies ganz natürlich, weil meistens eben
6
anoh die Refraktion qualitativ auf beiden Seiten die
gleiche ist.
Wäre bei dieser Art Anisometropen der Index nicht in
der Regel gleich, so müfste man folgerichtig verlangen können,
dafs die Höhe des Myopiegrades direkt von der Höhe des
Orbitalindex abhinge, ein Verlangen, welches den oben
gegebenen Auseinandersetzungen gemäls ein ganz unwissen-
schaftliches sein würde.
Es ist wohl hauptsächlich die Unkenntnis dieser Ver-
hältnisse gewesen, welche verschiedene Autoren veranlagst hat,
auf Ghrund der Befände an Anisometropen meine Lehre anzu*
greifen. Sucht man übrigens aus dem vorliegenden Material
die eigentlich ausschlaggebenden Fälle heraus, so ergibt sich
ein ganz anderes Resultat.
Fälle von wirklicher Anisometropie, solche nämlich, in
denen auf der einen Seite Myopie, auf der anderen schwache
Hypermetropie vorhanden ist, würden eher etwas beweisen
können. Hochgradige Hypermetropie mü&te selbstverständlich
ausgeschlossen werden, denn das hochgradig hypermetropisohe
Auge ist ein solches, welches im Wachstum zurückbleibt und
trotz allen Muskeldruckes nicht myopisch werden kann.
Diese Fälle sind nun nicht häufig. Bei Kibchneb finden
sich 9 Schüler der Art verzeichnet. Nicht weniger als 7
davon hatten den niedrigeren Index auf Seiten des myopischen
Auges.
Pflüoes weist derartige wirkliche Anisometropen nur 2
auf. In beiden Fällen war auch hier auf Seiten des myopischen
Auges der niedrigere Index.
Auch die dritte Frage Pflügebs, „warum sich Myopie
an Augen mit hohen Augenhöhlen entwickeln und
Normalsehen bei niedriger Orbita bestehen könne^,
ist nicht schwer zu beantworten. Es ist nicht im mindesten
notwendig, nach anderen Faktoren zur Erklärung dieser
Ausnahmefälle zu suchen; das Wachstum unter Mnskeldruok
erklärt alle in der befriedigendsten Art.
Die Obliquussehne komprimiert in der Regel bei hoher
Orbita den Augapfel niolit. Allein es gibt von dieser Regel
mindestens gerade so viel Ausnahmen, als nötig sind, um die
Myopie auch bei boher Orbita durch Wachstum unter Muskel-
druok — und um diese bestimmte Form der Myopie handelt
es sich ja hier ausscblielslich — vollkommen begreiflich zu
machen.
Ich habe mit meinen Schülern, Dr. Oohen, Dr. Romano-
Catania und Dr. Kbotoschin, um die Abhängigkeit der
Muskelkompression vom Orbitalindex festzustellen, 208 Orbitae
geö&et. Unter 146 hohen Augenhöhlen fehlte die Kompression
98 mal, also in 67 % der Fälle. Immerhin blieben noch 33 %,
in denen sie nachgewiesen werden konnte, und es wurde auch
in jedem einzelnen Falle der anatomische Grund festgestellt,
weshalb trotz des hohen Index die Kompression dennoch
eintreten muiste. Entweder lag die Trochlea niedrig, oder,
wenn sie dem Index entsprechend hoch lag, verlief die Sehne
trotzdem so, dals sie den Augapfel schläfenwärts umgriff und
ihn in myopischem Sinne zusammendrücken mufste, wie denn
selbstverständlich in diesen Fällen stets die Schnürfarche
hervorgebracht war.
Zum Überflufs habe ich dies an den beiden
myopischen Augen eines mir bei seinen Lebzeiten
bekannten Arztes in situ anatomisch nachweisen
können. Es war eine Myopie von 6 Dioptrien während des
Lebens vorhanden gewesen, welche sich durch anstrengende Nahe«
arbeit gebildet hatte. Dies erwies auf das unzweideutigste die
eingehende anatomische Untersuchung, denn die Augen zeigten
trotz des hohen Myopiegrades keinerlei pathologische Ver-
änderung. Sie waren nur im Längsdurchmesser ein wenig
grölser als die meisten Augen, 25 und 26 mm, im übrigen
völlig normal; es bestand nicht einmal ein geringer Conus. Die
Untersuchung der Orbita an der Leiche zeigte einen sehr
hohen Index, 100 und darüber. Ebenso lag die Trochlea
beiderseits sehr hoch, und die Obliquussehne kam steil von
ihr zum Augapfel herunter. Dort angelangt, legte sie sich
aber an den Bulbus an und schlang sich temporalwärts um
8
ilin hemmy so daTs die Schnürfarohe anf das bestimmteste
hervortrat und also Kompression in myopischem Sinne trotz
des abnorm hohen Index und der hohen Lage der Trochlea
stattgefunden hatte.
Warum endlich Normalsehen auch bei niedriger
Orbita bestehen könne?
Weil 1. die Trochlea auch bei niedriger Orbita hoch
liegen kann; 2. auch bei tief liegender Trochlea der Obllquus
so verlaufen kann, daiSs er keine Kompression auszuüben
vermag; 3. die Hornhaut hin und wieder verhältnismäfsig zu
flach ist, als dals das Auge unter den gegebenen Verhältnissen
myopisch werden könnte. Auch hier hat man keineswegs an
abnorm flache Hornhäute mit einer Krümmung von 9 mm zu
denken, die nur selten vorkommen, sondern an die, welche in
der Mehrzahl der Fälle zu finden sind. Trifft man bei
Emmetropie eine Krümmung von 8,5 mm, so würde die
Substitution von 8,0, einem ebenfalls sehr häufig vorkommenden
Werte, schon eine Myopie von etwa 3 Dioptrien ergeben;
4. weil trotz der Kompressionswirkung das Auge nicht
genügend wächst, um myopisch werden zu können.
Nimmt man zu allem dem noch, dals bei hoher Orbita
Vorliegen des Auges, bei niedriger Orbita Tiefliegen desselben
die Kompressionswirkung da zu stände kommen lä&t, wo sie
Qonst ausbleibt, und umgekehrt, so sind f&r alle Ausnahmen
von dem allgemeinen Gesetze, mögen sie noch so zahlreich
gefunden werden, Erklärungsgründe in der befriedigendsten
Zahl vorhanden. Daus Vor- und Tiefliegen des Auges, sowie
abnorme Homhautkrümmungen im einen und anderen Sinne
nur seltene Ausnahmen erklären, gebe ich gern zu, habe auch
niemals etwas anderes angenommen.
Dagegen sind die übrigen anatomischen Ausnahmen^ die ab-
norme Lage der Trochlea und die Verschiedenheiten im Verlaufe
der Sehne des oberen schrägen Augenmuskels, so häufig, daTs
sie allein vollständig ausreichen, um die ganze Hauptmasse
der Abweichungen von meinem Gesetze — soweit der Ausdruck
Masse bei einem gut ausgewählten anthropologischen Material,
wie bei PFLÜaEB nnd mir, überhaupt in Betracht kommt —
durchaus verstehen zu lassen.
Es ist dies sogar zahlenmä&ig zu erweisen, wenn ich die
Besultate der anatomischen Untersuchungen über die Abhängig-
keit der Kompressionserscheinungen vom Orbitalindex mit den
Resultaten der Messungen PFLÜaBBS an Erwachsenen — und
die letzteren haben doch ausschlieislich Bedeutung, weü erst bei
diesen das volle Material der Myopen sich findet — vergleiche.
Ich fand bei 146 hohen Augenhöhlen in 33 7o der Ffille
Ausnahmen von der Regel: die Kompressionserscheinungen
waren vorhanden.
Bei 62 niedrigen Augenhöhlen fehlte hingegen die
Kompression aus anatomischen Gründen 6 mal; also fanden
sich hier etwa 10% Ausnahmen von der Regel.
Pfltjger konstatierte Myopie bei hohen Augenhöhlen in
14 %, dagegen Emmetropie, resp. Hypermetropie bei niedrigen
Augenhöhlen in 8% der Fälle. Dabei ist die Augenhöhle
mit hohem Index schon von 85 an gerechnet.
Demnach sind die anatomischen Befunde in
diesen Reihen mehr als hinreichend, um die Ausnahme-
fälle zu erklären. Sie dürften am lebenden Erwachsenen
noch viel zahlreicher sein, ohne dals man nach anderen
Erklärungsgründen zu suchen brauchte, als denjenigen, welche
die Lehre von der Genese der Arbeitskurzsichtigkeit —
Wachstum unter Muskeldmck — an die Hand gibt. Mir
scheint, Pflügeb hat die Resultate der anatomischen
Bestimmung nicht genügend in Rechnung gezogen, widrigen-
falls ihm die auffallende Übereinstimmung zwischen unseren
Zahlen nicht entgangen wäre.
Aber selbst wenn ich, um alle möglichen Konzessionen
zu machen, nicht nur die Erwachsenen, sondern das Gesamt-
material Pflügebs berücksichtige, ist die Übereinstimmung
zwischen den Resultaten der anatomischen und der anthropo-
logischen Untersuchungen beweisend genug. Für die Myopie
erhält Pfi/Ügeb alsdann 20 Vo» Air die Emmetropie, resp.
Hypermetropie 16% Ausnahmen.
10
Für die Entstohang der Myopie bei hoher Orbita hätte
FFLÜa£B noch 13% Ansnahmen mehr finden können, ohne
dalB man darum — den Resultaten der anatomischen Be-
stimmungen entsprechend — einen anderen Faktor für die
Genese der Myopie aufzusuchen nötig hätte, als den Verlauf
der Oliquussehne.
^io gröJsere Differenz von 15% für die niedrigen Orbitae,
in denen Normalsehen bestand, erklärt sich sehr natürlich
dadurch, dafs es sich zu einem grolsen Teile noch um wachsende
Individuen handelt, von denen doch wohl mindestens der
dritte Teil im Laufe der Zeit noch myopisch werden dürfte.
Gerade der Umstand aber, dais sich die wichtigere Differenz
in den Ausnahmen auf die niedrigen Orbitae bezieht, steht
wieder in der besten Übereinstimmung mit dem allgemeinen
Gesetze. Bei einem jugendlichen Material müssen selbstredend
die Ausnahmen bei den niedrigen Orbitae häufiger sein, als
bei den hohen, weil eben die letzteren im allgemeinen die
Entstehung der Myopie verhindern.
Ich komme nunmehr zu dem einzigen wichtigen
Punkte, in welchem Pflügbb und ich noch ver-
schiedener Anschauung sind.
Ich nehme in Übereinstimmung mit anderen Forschern,
unter denen ich nur Hippel, Tschebning, Lanbolt nennen
will, ganz verschiedene Formen von Myopie an. Die eine
Form entsteht durch Wachstum unter Muskeldruck bei an-
strengender Nahearbeit, die andere durch eine krankhafte
Dehnung des Auges, eine Art Hydrophthalmie. Diese beiden
Formen haben in allen wesentlichen Funkten nichts mitein-
ander zu thun, besitzen durchaus verschiedene Grundursachen
und können niemals ineinander übergehen.
Pflügkb bemüht sich, die frühere Ansicht aufrecht zu
erhalten, und betont, ebenso wie Seggel, dais die klinischen
Beobachtungen ganz unzweifelhaft Übergangsfälle zwischen den
beiden Formen erkennen lieJsen. Das Bedürfius, derartige
Fälle zu erklären, veranlalst ihn, trotz seiner vollkommenen
Anerkennung des Gesetzes, dafs die Myopie in der groüsen
11
Mehrzahl der Fälle yom Schädel- und Angenhöhlenbaue ab-
hängt, für die Ansnahmen von diesem Gesetze nach ander-
weitigen Faktoren zn suchen.
Ich mols gestehen, dab es mir bis vor kurzem niemals
recht klar gewesen ist, was für Fälle Seogel, Pflügeb und
andere Forscher zn diesen snpponierten Übergangsformen
rechnen wollen. Ich habe nur vermutet, dais sie hierunter
deletäre Fälle yerstehen, die aber schon in einem früheren
Stadium der Krankheit zur Beobachtung kommen.
Diese Vermutung ist mir vor einiger Zeit bei einem Be-
suche in München zur Gewifsheit geworden.
Dort demonstrierte mir nämlich Kollege Seogel einen
Fall, den er als Übergangsform zwischen der unschädlichen
Arbeitsmyopie und der deletären Myopie bezeichnete.
Es bestand in diesem Falle bereits ein gro&er ring-
förmiger Conus und auJBerhalb desselben schon stark atrophische
Ghorioidea, die Lamina cribrosa zeigte ein bedeutend ver-
gröfsertes Augenspiegelbild. Demnach waren alle charak-
teristischen Zeichen einer pathologischen Dehnung vorhanden.
Dennoch betrug die Myopie nur 4 Dioptrien.
Solche Fälle hat ofifenbar auch PFLÜaEB im Auge.
In der That erscheint es auf den ersten Blick ein Rätsel,
daCs der Grad der Myopie so gering und die krankhaften Ver-
änderungen so beträchtlich sind. Allein ich darf behaupten,
dals ich dieses Rätsel bereits in meinem ersten Buche über
die Entstehung der Kurzsichtigkeit durch anatomische Unter-
suchung kranker Augen im allgemeinen und hochgradig
myopischer im besonderen vollständig seiner Lösung entgegen-
geführt habe.
Ich habe nämlich dort nachgewiesen, dais die Form der
hochgradig myopischen Augen im Gegensatz zu den übrigen,
die nur durch Muskeldruck verändert sind, eine sehr wechsel-
volle ist. Nicht nur, dafs statt der temporalen die nasale
Hälfte die vorwiegend erweiterte sein kann, es ist nicht einmal
notwendig, dafs ein solches hochgradig kurzsichtiges Auge die
allgemeine längliche Eiform des myopischen Auges besitzt.
12
sondern es kann geradezu die Form des hypermetropiflohen
Auges aufweisen: der Querdnrohmesser übertrifft be-
trächtlich den Längsdurchmesser.
Die erwähnten Befunde an myopischen kranken Augen
stimmen nun vollkommen überein mit solchen an anderen Augen,
welche an verschiedenen sonstigen Formen der Hydrophthalmie,
der krankhaften Dehnung, leiden« Insgesamt bilden diese Augen
ein anatomisches Material, welches ganz stattlich ist. Auch
bei ihnen ist die Form nicht konstant, sie richtet sich nach
dem Muskeldruck. Verläuft die Obliquussehne so, daCs sie in
myopischem Sinne drücken mufs, so erhält ein solches an
Staphylom, Sekundärglaukom u. dgl. erkranktes Auge die
myopische Eiform, im entgegengesetzten Falle entstehen die
verschiedensten anderen Formen. So kann ein derartiges Auge
in monströser Weise in die Höhe wachsen. Ich habe ein
solches beschrieben, in welchem der Querdurchmesser und der
Längsdurchmesser nur 23 und 27 mm, der Höhendurchmesser
dagegen 30 mm betrug.
Alle diese Formen sind auch bei normalen Augen von
mir nachgewiesen worden. Die Gestalt eines Auges, ob
gesund oder krank, hängt immer vom Muskeldruck
ab. Bei der Arbeitsmyopie ist die Form mit dem Wesen der
Sache identisch. Solche Augen haben immer einen relativ
grolsen Längsdurchmesser, und die temporale Hälfte ist um^
fangreicher, als die nasale.
Bei der deletären Myopie ist die FormNeben-
Sache und daher sehr wechselvoll.
Diejenigen Augen nun, welche Pflügeb und SsaaEL
als Übergangsformen zwischen der, wie auch sie zugeben,
meistenteils unschädlichen Arbeitsmyopie und der deletären
Kurzsichtigkeit betrachtet wissen wollen, sind Augen mit dele-
tärer Myopie in einem relativ frühen Stadium, deren Quer-
durohmesser stärker gedehnt ist, als der Längsdurchmesser.
Zwar ist die Dehnung des Auges schon eine recht beträcht-
liche, allein der Querdurchmesser müst vielleicht 28 mm und
mehr, während der Längsdurchmesser erst 26 mm oder weniger
13
betrftgt. Daher ist der Grad der Myopie ein relativ so ge-
ringer. Er ninunt später zu, wenn die Dehnung des Auges
weiter geht, so dafs schliefslich auch der Längsdurchmesser
27 mm und mehr miist.
Man wird mir schwerlich einwerfen können, dals ich alle
diese Ausftlhrungen nur auf relativ wenige Befunde stütze.
Denn erstens siud die Befunde an pathologisch erkrankten
Augen im allgemeinen zahlreich genug, femer aber beträgt
die Zahl der myopischen Augen, die ich bisher anatomisch
untersucht habe, etwa anderthalb Dutzend. Ich gebe zu, dals
dieselbe, obwohl für einen einzelnen Autor beträchtlich,
doch an und fOr sich nicht grois ist. Ich habe deshalb auch
die Untersuchungen an normalen und an hydropisch erkrankten
Augen zu Hilfe genommen.
Allein man bedenke, dafs Befunde an myopischen Augen
aus bekannten äulseren Gründen sehr selten sind. Findet man
aber schon bei einer geringen Anzahl von Augen, die so
sebwer zu bekommen sind, gleich so viel verschiedene Formen,
wie dies bei mir der Fall war, so scheint mir gerade dadurch
bewiesen zu sein, dafs alle diese Formen häufig vorkommen
müssen; sonst würden sie nicht schon bei einer an und für
sich kleinen Reihe anatomischer Untersuchungen zu finden ge-
wesen sein.
Aber selbst den Einwand geringen anatomischen Materials
bin ich gern bereit, vollständig gelten zu lassen, weil man
die Richtigkeit des Gesagten am Lebenden ohne grofse
Schwierigkeiten wird nachweisen können.
Man messe an solchen Augen, wie Pflügeb und SsaaBL
sie als ibrer Übergangsform angehörig betrachten, den Winkel
zwischen Gesichtslinie und fiomhautachse, den Winkel Alpha.
Hau wird dann sicher finden, dafs dieser Winkel, statt, wie
bei der groJsen Mehrzahl der myopischen Augen, verkleinert
zu sein, eine Yergröfserung aufweist. Es ist anzunehmen,
dab in solchen Fällen in der Regel auch die Orbita einen
hohen Index zeigt.
Jedenfalls wäre eine solche Untersuchung von höchstem
14
Interesse, und für manohe zweifelhafte Fälle von progressiTer
Knrzsiclitigkeit Heise sich mit der Bestimmung des Winkeb
Alpha ein diagnostisch wie prognostisch wichtiges Zeichen
gewinnen.
Es scheint mir nach diesen Ausführungen klar zu sein,
dafs die Notwendigkeit der Annahme von Übergangsformen
auch Yon dem klinischen Standpunkte Pflügers aus weg&llt.
Auf die Refraktion kommt im wesentlichen nichts an, wenn
es sich darum handelt, ob ein kurzsichtiges Auge krank oder
gesund und nur unter Muskeldruck verändert sei. Es ist
natürlich, dals krankhaft gedehnte Augen in der grofsen Mehr-
zahl der Fälle einen hohen Grad von Myopie zeigen müssen,
während unter Muskeldruck gewachsene, durch anstrengende
Nahearbeit kurzsichtig gewordene Augen meistenteils nur einen
relativ niedrigen G-rad erreichen, weil der Muskeldruck und das
Wachstum engere Gf^renzen haben, als sie der hydropischen
Dehnung gezogen sind.
Dies hindert nicht, dalis auf beiden Seiten Ausnahmen
vorkommen. Wächst bei sehr niedriger Orbita mit ent-
sprechendem Obliquusverlauf , bei starker Homhautkrümmung
und endlich starker WachstumsfiÜiigkeit ein Auge unter dem
Einflüsse anstrengender Nahearbeit in die Länge, so kann die
Myopie ausnahmsweise einen sehr hohen Grad, bis zu 10 Diop-
trien etwa, erreichen, ohne dals dasselbe darum die geringsten
krankhaften Veränderungen zu besitzen braucht. Andererseits
kann ein im hinteren Abschnitt bereits sehr stark gedehntes,
also hydropisches Auge eine relativ geringe Myopie zeigen,
weil das Auge nicht die Form des myopischen Auges, sondern
nur dessen Länge hat, oder mit anderen Worten, weil der
Quer- imd auch der Höhendurchmesser der krankhaften Deh-
nung hauptsächlich unterworfen sind, der Längsdurchmesser
dagegen in geringerem Mause. Ein solches Vorkommen hängt
von der Form der Augenhöhle und dem Muskelverlauf ab.
Untersucht man eine grofse Beine derartiger Fälle, so wird
man finden, dais bei ihnen die Hypsikonchie die Kegel ist.
BiS gehört an diese Stelle noch eine merkwürdige, mir
15
frttlier völlig rätselliafte Beobaolitiing, deren Erklfinmg ich erst
jetzt auf Gnmd der hier angefahrten Dinge zu geben im
stände bin.
loh habe nämlich einmal bei einem alten Manne, dessen
Angen nicht myopisch, sondern hypermetropisoh waren, oph-
thalmoskopisch dieselben Veränderungen gesehen, die sonst nur
bei hochgradiger Myopie vorkommen.^ Mich setzte das so in
Erstaunen, dafs ich den Fall lange untersuchte, um mich zu
überzeugen, ob ich nicht etwa in der Zerstreuung eines Augen-
blicks das umgekehrte Bild des Augenspiegels für das aufrechte
genommen hätte. Es traf dies aber nicht zu. Aller Wahr-
scheinUohkeit nach waren die Augen in diesem Falle hoch-
gradig hypermetropisoh gewesen, dann wurden sie durch den
pathologischen Prozeß gedehnt, so dals die bekannten Er-
scheinungen eintreten mufsten. Der Längsdurchmesser war
aber viel weniger gedehnt, als die übrigen Durchmesser, und
die myopische Refraktion konnte daher nicht zu stände kommen.
Es bleibt noch ein anderes klinisches Moment, wenn auch
ein untergeordnetes, zu besprechen, welches Pflügeb offenbar
ebenfalls den Wunsch hat, zu Gunsten der Existenz seiner
Übergangsformen zu verwerten, nämlich der Conus.
Pflügeb erkennt zwar ausdrücklich die Richtigkeit der
Ton mir gefundenen Erklärung der atrophischen Sichel als
eines perspektivischen Phänomens, bedingt durch die Ver-
ziehung des Sehnervenkanals, an. Er meint aber, ich sei zu
weit gegangen, wenn ich diese Erklärung auf alle Fälle aus-
dehnen wolle, während sie thatsächlich nur einer grofsen Zahl
zukomme.
* DaiÜB bei hydropisohen Augen die Refraktion auch Hypermetropie
sein kann, beweist ein mir vor einiger Zeit zur Untersuchung gekom-
mener weiterer Fall. Bei einem jungen Mädchen bestand in einem
hydropischen Auge, das wegen eines Ciliarstaphyloms enukleiert werden
mniste, eine Hypermetropie von ungefähr 2,0 Dioptrien. Der Bulbus
war 80 mm lang. Ich werde die Beschreibung an einem anderen Orte
geben. Die hypermetropische Refraktion verdankte ihre Entstehung einer
auffidlend geringen Homhautkrümmung.
16
Anatomisohe Beweise hat er nicht, sondern nnr ophthal-
moskopisohe Beohachtongen. Er ist der Ansicht, daüs man
fiir die Fälle, in welchen die perspektivische Verziehnng der
Sehnervenscheide mit dem Augenspiegel nicht deutlich zu
konstatieren sei, der älteren Ansicht entsprechend, eine Ohorio-
idealatrophie annehmen müsse.
Ich muis daher daran erinnern, dafs ich selbst für die
schmalen sichelförmigen Coni durch anatomisohe Untersuchung
zwei verschiedene Formen nachgewiesen habe. Bei der ersten
Form ist die ganze Seitenwand des Skleralkanals verzogen, so
dals sie ophthalmoskopisch von der Lamina cribrosa an bis
zum Niveau der Chorioidea sichtbar wird. Bei der zweiten
Form dagegen, bei querverzogener Papilla optica, kommt durch
die Yerziehung nicht die ganze Seitenwand des Kanals zu
Gesicht, sondern nur dasjenige Stück derselben, welches der
Lamina cribrosa zunächst liegt. In dem letzteren Falle muis
die parallaktische Verschiebung im Augenspiegelbilde kaum zu
sehen sein, und im aufrechten Bilde, in dem Pflüqeb unter-
suchte, kann der Niveauunterschied gar nicht wahrgenommen
werden, weil eben die ausgezogene Skleralpartie fast in einer
Ebene mit der Lamina cribrosa liegt.
In der aUergröisten Zahl der Fälle ist daher der Conus in
Halbmondform durch die Yerziehung der Seitenwand des Seh-
nervenkanales erzeugt, indessengibt esvonjederBegel Ausnahmen.
Jene seltenen Fälle nämlich, in welchen man innerhalb der Sichel
noch ganz normales Chorioidealstroma, die greisen rautenförmig
angeordneten Gefäiüsstämme mit den pigmentierten Intervaskular-
i'äumen, wahrnimmt, beruhen nicht auf dem Sichtbarwerden
der Seitenwand des Skleralkanals, sondern auf einer Atrophie,
zwar nicht der Chorioidea selbst, aber des Pigmentepithels
der Netzhaut.
Ich habe mit Dr. Aomano-Catania, in dessen Sektions-
reihe zwei solche Fälle vorkamen, — gewifs ein sehr
glücklicher Zufall — diese anatomisch untersucht. Es
fand sich die sichelförmige Atrophie des Pigmentepithels genau an
der Stelle, an welcher bei der Obduktion Zerrung durch die
17
Obliqanflsehne nachgewiesen weiden konnte. Kompressions-
ersoheianngen waren nioht yorhanden, das Auge erwies sich
ganz kngelig nnd mab in jedem Dorchmesser nnr 23 mm.
Die Sehnervenscheide war anisergewöhnlich stark nnd die Pa-
pilla optica qneroval gestaltet. Die Dicke der Scheide hatte offen-
bar eine Verziehnng der Seitenwand nicht zu stände kommen
laasen. Infolge der Zerrung beim Nahesehen war das
Pigmentepithel atrophisch geworden, aber keineswegs die Chorio-
idea selbst. Es w&re ja auch bei wirklicher Atrophie nicht
möglich, dafs gerade diese seltene Form des Conus zu stände käme.
Man könnte einwenden, dafe dann, wenn schon das Pigment-
epithel Atrophie zeige, die eigentliche Chorioidea später auch
noch atrophisch werden könne.
Diese a priori sehr plausible Annahme wird indessen
durch die Thatsache widerlegt, daüs die Augen, von denen
soeben die Bede war, einem achtundachtzigjährigen
Manne angehört haben.
Dafs auch in einem solchen Falle die atrophische Stelle
die Sichelform hatte, beweist schon, dafs hier keine entzünd-
lichen Veränderungen den Conus bedingten, ganz abgesehen
davon, dala die mikroskopische Untersuchung das vollständige
Fehlen derselben aufwies. Die Obliquussehne führt
durch Zerrung am Sehnerven immer zur Sichelform
des Conus.
Weiss hat zwar gesagt, er habe niemals gesehen, dafs die
von Zerrung betroffene atrophische Fläche eine halbmond-
fonnige gewesen sei. Das hat jedoch offenbar an zufälligen
M&Dgeln in der Beobachtung gelegen. Denn wenn eine
runde oder ovale Öffnung in einem Q-ewebe auf einer
Seite gezerrt wird, wie soll denn das Gebiet, in
welchem die Zerrung stattfindet, anders sein, als
Halbmondförmig?^
^ Es ist merkwürdig, wie man die einfachsten Sachen immer am
Bfehwersten sieht. Tschuuono hat gesagt: „Es bedarf all anseres Soharf-
tmnes, and fast will es mich bedünken, dals es nioht ausreicht", um die
Gennsbildung za erklären.
SehBlgwBdhtttoplIep» VIII. 2
18
Der Wnnsoh PFLÜaEBS, ftlr eine gröfsere oder geringere
Anzahl von Ooni atrophisohe Yerändeningen der Chorioidea
zu finden, erklärt sich gewüfl auch aus dem Bestreben, seine
Übergangsformen festzustellen. Wenn man jedoch bedenkt,
dab gerade bei der hochgradigen Myopie, ganz nnbeschadet
der weitgehenden Atrophie der eigentlichen Chorioidea, die ja
ftlr die krankhafte Form charakteristisch ist, der Conus selbst,
sogar der ringförmige, auch auf dem ophthalmoskopischen
Sichtbarwerden der Seitenwände des Sehnervenkanales beruht,
so ist gar nicht einzusehen, wie es zu Gunsten der Existenz
von Übergangsformeu sprechen könnte, wenn man wirklich bei
schmalen Sicheln eine Atrophie der Chorioidea &nde. Dals
übrigeus bei den schmalen Coni sich infolge der Zerrung in
der nächsten Umgebung des Sehnerven eine geringe Atrophie
der Chorioidea ausbildet, habe ich selbst anatomisch sehr genau
nachgewiesen. Diese Atrophie ist aber natürlich nicht durch patho-
logische Dehnung entstanden, wie in hochgradig myopischen
kranken Augen.
BE0KKAQEL8 KontroUapparat Ar VentUationsanlageii
in Schalen.
Von
Karl Hintbägeb,
diplomiertem Architekten in Wien.
(Mit 4 Figuren.)
In den meisten gesetzlichen Bestimmungen, betreffend den
Bau und die Einrichtung von Schulgebäuden, finden sich An-
gaben über die Gröfse des stündlichen Luftwechsels in den
Lehrzimmem.
Bei Projektierung von Lüftungsanlagen für Schulgebäude
19
irird sla Uinitnom «in zveimaliger Lnftweolisel pro
Stunde aDgenonimen. Id Wirklichkeit ist dieses Mtüs bei
natOrlicher, snf Temperaturdüferenz beruhender, aber auch bei
kanstlicher Tentilation nicht immer vorhaDden. £ine beständige
EoDtrolle hierfür erscheint daher anbedingtnOtig and kann mittelst
dM ein&chen patentierten Apparates von H. Kkoknaqel erzielt
werden. Ohne Melsvorriehtangen nftmlioh ist ein annfthemd rich-
tige« urteil über die Beaohaffenheit der Klassenlnft, anber bei sehr
hoohgradiger Loftverderbnis, nnmöglich, zamal wenn die Laft-
Temhlechternng, wie dies in Sohnlränmen der Fall ist, allmählich
beiooserer Anwesenheitim Lokaleerfolgt. Diese Thateache fordert,
dafe, ähnlich wie Thermometer bei Heizungen, aufib bei Ventila-
tionen Apparate verwendet werden, welobe über den Grad der Lo^
20
emeaenmg Anfschlniig geben, um dae Lnftquantam zn er-
mitteln, welches wfthrend einer Stunde ans dem Lehrzimmer
ansströmt, branoht nur die Geschwindigkeit bestimmt zu werden,
mit welcher die Luft entweicht, da der Querschnitt des
Lüftungskanales bekannt ist.
Der REGKNAGhELsche Kontrollapparat kann entweder an
Sofuuil s^nJcrec/U kut Drehaoce
den Ausströmgittem oder im Lüftungskanale selbst eingesetzt
werden und läTst sich überall nachträglich einführen.
A. Der Apparat zur Anbringung an Ausström-
gittern ist in der Gesamtansicht in Figur 1 und im einzelnen
in Figur 2 dargestellt. Derselbe besteht aus einem Träger K S
(Fig. 2), dessen eines Ende zur Befestigung an jeder Art von
Gittern eine Klemmachraube S besitzt, während das andere Ende
21
snr Au&alime von Kömerspitzen eingeriohtiBt ist. Ein nur
imten und vorne offener, sonst allseitig geschlossener Kasten
schützt die Lager vor Staub. Zwischen den Kömerspitzen ist
sehr leicht drehbar der Flügel F (Fig. 2), yergl. c, a und h
(Fig. 1) zur Aufnahme des Winddruckes aufgehängt. Um dem-
selben jede gewünschte Empfindlichkeit geben zu können, besitzt er
eine auf einer Spindel verschiebbare Ausbalancierung A Q (Fig. 2),
welche neben der Yergröiserung des Trägheitsmomentes die Ein-
stellung des Apparates derart gestattet, dafs er für die richtige Aus-
strömungsgeschwindigkeit (in Schulen höchstens 1,50 m per Se-
ANSICHT BEI OFFENEM GiXSDECKEL
RuMsVeilung
künde) einen Ausschlag von 45® mit der Vertikalen hervorbringt.
Es genügt die geringste Änderung in der Luftgeschwindigkeit,
um den Flügel aus dieser Lage, welche durch einen fest-
stehenden Zeiger markiert ist, zu bringen. Bleibt der Flügel
hinter dem Zeiger zurück, so ist die Luftgeschwindigkeit
und somit die gelieferte Luftmenge zu gering, wird der Zeiger
überschritten, zu grois.
B. Von dem Kontrollapparat zum Einsetzen in
Lüftungskanäle geben die beiden Figuren 3 und 4 ein Bild.
Dieser Apparat besteht aus einem cylindnschen gufiseisemen Gre-
hätue, velotes den Lagerstttnäer L (Fig. 4) an&imint. Zwischen
den KOmerspitzeniTiEbefindetsidileiotit drehbar eine horizontale,
ectapreoheiid gekröpfte, für variable WindsfArken anziebbare
Welle W, deren eines finde den io der Bnhela^ senkreoht zur
Windrichtnogatehendea Flttgel F trfigt, während anf der anderen
Seite des Lagers die Flügelansbalanciemng A R nnd das kom<
biDierte Hebegewioht A nnd R angebracht sind. An einer
Zeigerplatte spielt der Zeiger Z und lä&t erkennen, ob die
LeistuDgeverhältnisse normal sind oder nicht.
^^7
Ein GHaerersohlnik, der znm Zwecke einmal vorzunehmender
Jostiemng geöffnet werden kann (Fig 3), bildet in der Front, ein
Stanbabdiobtnngsdeokel am anderen Ende des Gehänses einen
vollkommenen Schutz gegen Veistäuhnng der Idiger.
Diese KonstmktioD besitzt noch den Vorteil der Ver-
wendbarkeit sowohl für AbzngBSohäohte wie für Znfnhr-
kanftle, gestattet das beqneme Ablesen des Zeigeratandes
in At^enhfibe ond wird anch f(lr elektrische Fernttbei^
23
tragnng durch Signalisienmg mittelst akoBtisoher oder optifloher
Iiustramente ausgeführt.
Die Apparate werden in der meohaniEMdien Werkstätte von
Q Haki zn Winterthur in der Schweiz hergestellt and vor
der Versendung einer Prüfung von Seiten des Konstrukteurs,
Ingenieur H. Reokkaobl, unterzogen. Die Kosten eines
Skemplares betragen: 1. zur Befestigung an Ausströmgittem 8 Mk.,
2. zum Einsetzen in Lüftungskanäle 28 Mk., 3. desgleichen
mit Platinkontakt für elektrische Femübertragung 36 Mk.
linB DerfamtnUttgen titt) Dereinen«
Nachtrag sn dem Bericht ftber die Thätigkeit der achui-
hygienischen Sektion des VIII. internationalen Kongresses
für Hygiene nnd Demographie in Budapest.
Von
Dr. med. Heinbich Schuschnt,
Schularzt und Professor der Hygiene in Budapest.
Yortrftge von schulhygienischer Bedeutung wurden nicht
allein in der Sektion ftlr Schulgesundheitspflege, sondern auch
in anderen Sektionen des Kongresses gehalten. Da sich die
Leser auch f&r diese Vorträge interessieren dürften, so berichten
wir hiermit über dieselben.
In der VU. Sektion der demographischen Abteilung teilte
Ohrenarzt Dr. Sigmund SzENES-Budapest die Resultate der
Untersuchungen mit, welche er an 124 Zöglingen des
Waitzner Taubstummeninstitutes vorgenommen hatte
Eb war unter anderem von ihm gefunden worden, dals Taub-
sbunmheit bei einzigen Kindern sehr selten, um so häufiger
aber in kinderreichen Familien und hier am häufigsten bei Erst-
geborenen vorkommt. Yen eventuell zurückgebliebener geringer
Hörfthigkeit hat er am häufigsten Schallgefähl beobachtet,
24
weniger oft Yokalgehör, am seltensten Silben- und Satzgehör;
dieses Überbleibsel kann kaum verbessert werden.
Dr. EaMONT Baümgabten ans Budapest bebandelte ein
ähnlicbes Thema; er sprach „Über eine wahrsoheinliohe
Ursache der häufigen Taubstummheit in Ungarn.^
Indem er eine grölsere Anzahl taubstummer Kinder im Alter
von 5 — 13 Jahren untersuchte, fand er, dals bei den meisten
die Taubstummheit als angeboren anzusehen war. Wenn auch
vielfach von den Eltern angegeben wurde, daCs die Eander
bis zum 1. oder 2. Jahre gehört hätten, so konnte doch nur
bei einem kleinen Bruchteil erworbene Taubstummheit nach-
gewiesen werden. G^hörreste wurden, anders als bei sonstigen
Untersuchungen dieser Art, nur vereinzelt gefunden, vielmehr
meistens totale Taubheit. In mehreren Fällen ergab die
Anamnese, dals der Vater trunksüchtig gewesen war oder noch
war, weswegen diesem Umstände mehr Aufmerksamkeit ge*
schenkt werden sollte.
Gleichfalls in der demographischen Abteilung trug Direktor
Dr. Eugen KohtblAd aus Hermannstadt über das Ver-
hältnis zwischen geistiger Arbeit und anormaler
Schädelbildung vor und wies auf die Notwendigkeit von
Schädelmessungen in den Schulen hin.
Professor Dr. HüEPPE-Prag legte dem Kongresse zur Be-
schluJsfassung eine Resolution vor, der wir folgende Stellen
entnehmen:
Auch den Technikern, Lehrern und Verwaliungsbeamten
muGsi Gelegenheit geboten werden, sich mit dem Fache der
Hygiene nach Ma&gabe ihrer besonderen Bedürfiiisse vertraut
zu machen.
Zur Verbreitung hygienischer Kenntnisse auf allen Stufen
des Unterrichtes ist die Schaffung von Schulärzten und eine
zweckentsprechende, am besten von solchen Ärzten gegebene
Unterweisung in der Hygiene an den Lehrerbildungsanstalten not-
wendig. In den Volks- und Mittelschulen, sowie in den Fach-
schulen ist ein dem Fassungsvermögen der Schüler und
Schülerinnen angepafister Unterricht in der Gesundheitslehre,
25
der seine Ergftnzung in ausreichendem Tarnen, in Spielen und
der Jahreszeit und Örtliohkeit angemessenen Sports zu finden
hat, im Anschlüsse an den Unterricht in der Naturlehre, be-
ziehentlich in den Naturwissenschaften, zu erteilen.
Aus der Vereinigung für Schulgesnndheitspflege
des Berliner Lehrervereins.^
Von
E. Hebtel,
BtädÜBohem Lehrer in Berlin.
Für die Oktobersitzung des vorigen Jahres hatte Herr
PrpEB, Erziehungsinspektor der städtischen Idiotenanstalt in
Dalldorf, ein Beferat übernommen über die Ursachen der
Idiotie.^ Seine Ausführungen gründeten sich auf statistische
Elrhebungen an der von ihm geleiteten Anstalt. Er unterschied
angeborene und erworbene Idiotie. Ursachen der angeborenen
Idiotie können sein: Geisteskrankheit der Eltern oder Ver-
wandten, Trunksucht des Vaters, Schwachsinn der Eltern oder
Grolseltem, Verwandtschaft der Eltern, Taubstummheit der-
selben, Fall, Schreck, Sorge oder Krankheit der Mutter während
der Schwangerschaft, Unterleibsleiden derselben, Frühgeburt,
Schwindsucht, Syphilis. Als Ursachen der erworbenen Idiotie
gelten: Scharlach, Masern, Bhachitis, Gehirnentzündung, schwere
Geburt, Fall und verschiedene sonstige Umstände. Übrigens
ist die Ätiologie der Idiotie nicht immer sicher.
Diese Meinung kam auch in der Debatte zum Ausdruck.
Auiserdem wurde noch auf die schlimmen Folgen geschlecht-
licher Ausschweifung und schlechter Ernährung hingewiesen.
^ Bei der Redaktion eingegangen am 19. Februar 1894, aber wegen
BanmmangelB verspätet.
* Veigl. diese Zeitechrift 1894, No. 10, S. 570. D. Bed«
26
Die Yereinigimg war yom Berliner Lehrerverein ersucht
worden, in einer Denksolirift die wichtigsten hygienischen
Schäden der Berliner Gemeindeschulen zusammen-
zustellen. Herr Sieoebt übernahm es, die Gnmdzüge der
Denkschrift auszuarbeiten. Dieselben beziehen sich besonders
aaf Schulgrundstück, Schulhans, Schulzimmer^ Heizung, Ven-
tilation, Turnhalle, Aborte, Verwendung der Pausen. Diese
Ausführungen sollen erst dem Vorstande des Berliner Lehrer-
Vereins vorgelegt werden.
In der Dezembersitzung behandelte Herr Janke das
Thema: „Der Eislauf und seine Förderung bei der
Schuljugend." Das Schlittschuhlaufen gewährt physische
Stärkung und geistige Entlastung und bildet daher ein vor-
zügliches Gegenmittel gegen das Stillsitzen. Darum ist es
von der Schale zu empfehlen und nach Möglichkeit durch Be-
schaffung besonderer Eisbahnen für die Eander, durch Er-
wirkung billiger Eintrittspreise auf privaten Bahnen u. s. w. zu
unterstützen. Der Aufenthalt auf dem Eise darf jedoch nicht zu
lange währen; besondere Vorsicht ist bei strenger Kälte oder
scharfen Winden notwendig. Als Erfrischung für Schüler
soll nur Thee oder Kaffee auf der Eisbahn verabfolgt werden.
Die Vereinigung erledigte auch im verflossenen Jahre die
Besprechung einer greisen Anzahl schulhygienischer Neuheiten.
Der Abdruck der Besprechungen erfolgt fortlaufend in der
Litterarischen Beilage der Pädagogischen Zeitung,
Die in der Dezembersitzung statutenmäfsig vorzunehmende
Vorstandswahl ergab keine Veränderung.
(Fortsetzung in No. 2.)
Der Handfertigkeitsnnterricht auf der Weltansstellung
in Chicago.
Vom Berliner Hauptverein ffir Knabenhandarbeii
Der als Reichskommissar nach Chicago entsandte Direktor der
Königlichen Elisabethschale in Berlin, Dr. Stephan Waetzolbt,
jetzt Regienmgs- und Schalrat in Magdeborg, hielt im Berliner
27
Haaptrerein fOr Knabenhandarbeit einen Vortrag über die Er-
zeugnisse des Handfertigkeitsnnterrichts auf der WeltaussteUnng za
Chicago, dem wir folgendes entnehmen.
Frankreichs Ansstellang war klein, aber sehr sorgfältig
ausgewählt. Ich habe den Eindruck bekommen, dafs Frankreich
unser sch&rfster Eonkorrent in der Schule, namentlich auch im
Yolksschulwesen, ist; im Handfertigkeitsunterricht ist es uns sicher
Qberlegen. Ja, es beginnt in Amerika die Schätzung und Meinung
über französische und deutsche Schulen sich umzukehren. Ein
hervorragender amerikanischer Pädagog, Dr. Monroe, hat es
geradezu ausgesprochen: „Die neuen Ideen in der Pädagogik kommen
jetzt weniger von Deutschland als von Frankreich; wir müssen uns
nach Frankreich wenden, um uns mit dem Geist emer neuen Zeit
za erftUlen, um uns neue Anregungen zu verschaffen. '^ Es war
eigentlich nur eine Stimme: Im Zeichnen sind die £coles secondaires
in Frankreich allen anderen Schulen überlegen. Dabei kommt iu
Betracht, dafe die Zeichnungen viel grOiser angelegt sind; auch die
Zeichenvorlagen sind bedeutend grölser und gehen z.B. bei Säulen-
kapitftlen und Säulenstümpfen bis zur natürlichen Gröfse. Die
besten Arbeiten waren die der Schulen von Poitiers. Eine eigene
Aasstellung hatte die Stadt Paris im Pavillon de France von den
Arbeiten ihrer Handfertigkeits- und Fortbildungsschulen eingerichtet.
Es zeigte diese, einen wie vorzüglichen Griff Frankreich gethan,
indem es das Fortbildungswesen systematisch an die Yolksschule
angeschlossen hat, und damit in der Lage ist, den Schüler nach
seiner Begabung in einen fttr ihn passenden Beruf einzuführen.
Was Rufsland betrifft, so sagten die Amerikaner: In der
Handfertigkeit steht Rufsland an der Spitze aller Nationen. Nach
der grofeen Zahl der Schulen, in denen Handfertigkeit getrieben
wird, ist dieses Lob berechtigt. Ich kenne das russische Unterrichts-
wesen nicht aus persönlicher Anschauung, deshalb enthalte ich mich
des eigenen Urteils. Man kann die russische Technik der Holz-
schnitzerei, namentlich die Arbeit aus verschiedenen Hölzern, die
Arbeiten der Banemschulen nur loben. Es fanden sich auch Uniformen
ausgestellt, die in Waisenschulen gearbeitet waren. Die von der
Kaiserin Maria gegründeten Mädchenschulen wiesen ganz aus-
gezeichnete Nadelarbeiten auf. Femer waren zu sehen Metall-
arbeiten, Gravierungen in Silber und Kupfer, nicht in Specialschulen
gearbeitet, sondern zur Handfertigkeit gehörend.
Ganz wie das Land es braucht, ist vernünftigerweise auch der
Handfertigkeitsunterricht in Ägypten eingerichtet. Neben Koran-
ausgaben und Rohrfedem lagen Holzarbeiten aus Cedemhobs, wie
sie in Kairo in den Schulen gefertigt werden, und eingelegte Arbeiten
28
in Perlmutt und Holz, die man im Orient schon von Knaben
herstellen sieht.
Die Schulen der Alliance isra61ite, deren Wirkungskreis in den
Ländern am östlichen Mittelmeerbecken liegt, hatten Kupfer-
treibarbeiten im Stile des Landes aus den israelitischen Schulen
in Tunis ausgestellt.
Von England war wenig zu sehen. Nur die Schulbehörde
von London hatte Arbeiten aus den Elementarschulen in Holz und
Pappe ausgestellt. Dab England aber nicht niedriger steht, mag
man daraus ersehen, dab dort, wie in Amerika, eine gute Hand-
arbeit sehr hoch geachtet wird. Da &llt hinweg die Geringschätzung
der Handfertigkeit gegenüber der geistigen Arbeit; Handarbeit gilt
nicht als erniedrigend. Ein französischer Beobachter, Max Lecle&c,
der die Verhältnisse neuerdings studiert hat, bemerkt, dais fast auf
allen englischen Schulen, Yon der Elementarschule bis zur Yomehmen
Public school, Handfertigkeitsunterricbt erteilt wird; er weist auf
die grofse Bedeutung hin, die dieser Unterricht für die Fortschritte
in Technik und Industrie haben mufe.
Während der AussteUung in Chicago fanden auch in der Woche
Yom 17. — 24. Juli Kongresse fOr Erziehung statt, wobei mehr als
120 Sitzungen abgehalten wurden. Darunter befand sich auch ein
Kongrefs für den Handfertigkeitsunterricht, der in
geschickter Weise mit einem Kongrefs der künstlerischen Erziehung
der Jugend yerbunden war. Dieser Kongrefs hat zwölf Sitzungen
abgehalten, drei davon gemeinschaftlich mit dem Kindergartenkongreis ;
er war sehr reich besucht, das Interesse für den Gegenstand trat
lebhaft bervor. Aus der grofsen Anzahl you Vorträgen will ich
nur die wichtigsten heryorheben : 1. Professor Richabds vom Pratt-
Institute in Brooklyn sprach über „Die erziehliche Aufgabe
des Zeichen- und des Handfertigkeitsunterrichts'',
2. Präsident Waltbb Hebwey vom New Yorker College for the
Training of Teachers „Über Handfertigkeit im System
der amerikanischen Schulen''. Das College hat eine eigene
Abteflung zur Heranbildung Yon Handfertigkeitslehrem. 3. Dr.
Emil Hirsch in Chicago trug über „Die ethische Bedeutung
des Handfertigkeitsunterrichts" Yor, 4. Professor Gustav
Sellebgsen aus Stockholm über „Die Geschichte der Werk-
zeuge", 5. Professor Babnes Yon der Stanford-UniYersity zu Palo
Alto in Kalifornien über „Das spontane Zeichnen der Kinder".
Dieser Vortrag war sehr interessant durch die Vorführung zahl-
reicher Kinderzeichnungen, wie auch wir sie an Mauern, Zäunen
oder in Schulheften finden; an ihnen wurde die Eigentümlichkeit
der Kindesseele in Auffassung und Wiedergabe des Charakteristischen
29
der Form and der Bewegung dargelegt. 6. Dr. Gabus in Chicago,
Heraasgeber der philosophischen Zeitschrift „The Mamst" , sprach ttber
^Die Philosophie des Werkzeages", 7. Miss Mary Thompson
Chopebn aas Boston über „Die Aasschmückang der Schnl-
raume darch die Schüler selbst^, 8. Dr. Leipziger aas
New York Aber „Die Physiologie des Handfertigkeits-
nnterrichts in den Hoch schalen^, 9. Miss Doba Higks
aus Boston über „Den Farbensinn des Kindes**.
Gestatten Sie mir nnn noch mit einem Worte aaf die eigen-
tümliche Handfertigkeitsschale in Chicago zarückzakommen, aaf die
„£nglish High and Mannal Training School** in der Monroe Street.
Ich habe den Besach in dieser Schale mit Geheimrat Bertbam
gemacht. Wir waren, glaabe ich, beide der Ansicht, dafs das, was
wir sahen, in seiner Art sehr löblich and nea war. Diese Mannal
Training School warde 1883 darch den Commercial Clnb gegründet
mit dem aasgesprochenen Zweck, Handfertigkeit als ein Element
allgemeiner Bildnng zn fördern, and zwar in den Hochschaljahren
vom 14. bis 18. Lebensjahre. 1890 übernahm die Stadt die Schale,
welche zaletzt etwa 260 Schüler zählte. Im Norden and Süden
Chicagos sind zwei andere solche Mannal Training High Schools in
der Bildnng begriffen. Alle Kosten dieser Schalen bis aaf einen
kleinen Betrag für die Materialien werden von der Stadt getragen,
der Unterricht ist grnndsätzlich frei, der Lehrgang dre^ährig.
Die Last dieser Knaben an der Handarbeit war ganz angen-
scheinlich. Es waren da solche von 15, 16, 18, ja 19 Jahren.
Die meisten hatten schon die . ersten nenn Schaljahre hinter sich
und verwandten nnn den gröfsten Fleils aaf die Holzbearbeitang,
die- Eisenbearbeitang and die Händhabnng der Maschinen. Die
jangen Leate führten die Arbeiten eifrig and geschickt ans, es war
fast eine fieberhafte Arbeitslast, namentlich an der langen Reihe
der Schmiedefener. Material and Werkzenge sind dieselben, wie
in den Werkstätten im greisen, nichts wird im verkleinerten
Ma&stabe gebrancht oder hergestellt. Eine ziemliche Anzahl von
den Schülern geht in einen kanfmännischen oder sonstigen praktischen
Beraf über, allerdings die grölste Zahl von ihnen zu einem techni-
schen Berafe.
Die Kosten,, welche der Stadt Chicago darch diese Hand-
fertigkeitshochschale erwachsen, sind recht beträchtlich. Das Schnl-
grandstück repräsentiert einen Wert von 50000 Dollar, die Ge-
bftade kosteten 27800 Dollar, die Inneneinrichtung 1500 Dollar.
Im Jahre 1891/92 wurden für den Unterricht in dieser einzigen
Schale 24865 Dollar oder 104006 Mark ausgegeben, und zwar
kostet jährlich der einzelne Schüler 250 Mark. Das Gehalt des
30
Direktors Robinson beträgt 2600 Dollar, das Gehalt der Lehier
durchschnittlich 1800 Dollar pro Jahr.
Die Amerikaner haben hier auf dem Grande des Handfertigkeits-
nnterrichtes eine dorchaos eigentttmliche neue Schnlgattong gescha£fen,
ganz im Sinne ihrer P&dagogik, die das Praktische, Verwendbare
in den Vordergrund stellt, und nach ihrem Worte: „To know and
to do*', d. h. etwas wissen, aber auch etwas machen können.
Verhandlungen der Pariser Akademie der Hedirin
Aber Steilschriit.
In einer der letzten Sitzungen der Akademie der Medizin zu
Paris, so berichtet der „Temps*^, wies der bekannte Augenarzt
Jayaxi auf eine firOher von ihm TerfaCste Abhandlung ttber die Ur-
sachen hin, welche die Kurzsichtigkeit in Deutschland h&ufiger als
in anderen Ländern machen.
Unter diesen Ursachen befindet sich eine, so äuberte der
Redner, von der wir heute ohne Umstände sprechen können, da
unsere Nachbarn selbst mit ihrer Beseitigung umgehen. Es ist das
die Schrägschrift. Schon im Jahre 1881 hat eine im Ministerium
des öffentlichen Unterrichts versammelte Kommission, deren Bericht-
erstatter Herr Gabiel war, ihr Urteil dahin abgegeben, dafe bei
dem ersten Schreibunterricht eine jede Neigung der Schrift zu ver-
meiden und nach der zuerst von Geoboe Sand aufgestellten Regel
zu verfahren sei: „Heft gerade, Schrift gerade, Körper gerade*'.
Der Grund, welchen man in Frankreich gegen die Steüschrift
anführt, ist die gröbere Langsamkeit ihrer Ausführung. Indessen
hat der Vortragende schon 1881 gezeigt, dafs man die Kinder in
einem Augenblick lehren kann, von der Steilschrift zur Schrägschrift
ttberzugehen.
Auch ist von ihm ein wenig später eine physiologische Er-
klärung der Hand- und Fmgerbewegungen während des Schreibaktes
gegeben worden. Aus diesen Studien erhellt, dab es zwei Arten
zu schreiben gibt, die mit aufgelegter und die mit erhobener oder
flttchtiger Hand. Das Schreiben mit aufgelegter Hand vollzieht sich
ausschlie&lich mit Hilfe der Finger, während bei der Schnellschrift
der Daumen eine wichtige Rolle spielt. Nur bei letzterer ist die
Neigung der Schrift von Vorteil. Es muls nun als verkehrt be-
zeichnet werden, sagt Jayal, Kinder sofort im Schnellschreiben
unterrichten zu wollen, da man ihnen das Schreiben mit dem Daumen
noch nicht beibringen kann. Man soll sie zunächst in der Schrift
mit aufgelegter Hand unterweisen und zu der Schnellschrift erst
in der Zeit fibergehen, wenn sie anfangen auf Papier ohne Linien
31
m schreiben. Sie braachen dann nur das Heft mit dem oberen
Band nach links hin zu drehen, nnd die Neigung der Schriftzüge
ergibt sich von selbst.
Will man sich übrigens von dem natürlichen Hange junger
Kinder, steü zu schreiben, überzeugen, so hat man nur nötig, sie
Vorlagen mit SchrSgschrift nachschreiben zu lassen. Sobald sie
sieht beeinfiuist werden, ahmen die meisten die Neigung der Vor-
schrift nicht nach, sondern führen ihre ersten Schreib versuche in
Steilschrift aus.
Zum Schlüsse wies Herr Jayal auf die Bedeutung eines guten
Sehvermögens für die nationale Wehrkraft des Volkes hin. Gerade
jetEt, wo die Schuiswaffen viel weiter trügen als früher, sei das
Auge des Soldaten ein wichtiger Faktor. Nicht mit Unrecht habe
DiSBASU im englischenParlamente erklärt: „Bei einem Kriege ge-
hört der Sieg dem kräftigsten, dem zahlreichsten und dem gebildetsten
Volke."
In der Diskussion bemerkte Herr Gautieb, dab man in einer
Pariser Schule, welche er anfahrte. Versuche mit Steilsehrift vor-
genommen habe, aber nach einigen Jahren von der steilen wieder
zn der schrägen Schrift zurückgekehrt sei.
Herr Jayaii erwiderte, die Schrift in jener Schule sei keine
stefle, sondern eine etwas geneigte gewesen, die dort gewonnenen
Erfahrungen bewiesen also nichts gegen die Steilschrift.
kleinere Jtitieiiitttgeit*
IHe ThStigkeit der Sehnlärzte in Leipzig. Der uns
freundlichst übersandte 24* Jahresbericht des Land esmedizinal-
kollegiums über das Medizinalwesen im Königreich
Sachsen enthält unter anderem folgende Mitteilung: Nach
den Vorschlägen des Bezirksarztes hat im Berichtsjahre zu
Leipzig die Anstellung von Schulärzten stattgefunden.^ Es sind 15
sdiulärztliche Bezirke mit je 2 bis 4 Schulen und 3000 bis 4000
Kindern gebildet und für dieselben je ein Arzt angestellt worden.
Der katholische Schulausschufs hat für die ihm unterstellte Schule
den Schularzt des betreffenden Bezirks gewählt. Für die höheren
Schulen sind keine Schulärzte vorgesehen. Der Stadtbezirksarzt hat
die neuerwählten Schulärzte am 18. Mai zum ersten Male ver-
» Vergl. diese Zeitschrift, 1892, No. 2, S. 78—79. D. Eed.
32
J
sammelt und ihnen Anweisung über die Art ihrer Thätigkeit erteilt.
An dieser and den weiteren Yersammlnngen nahm auch das Ton der
Bürgerschaft erw&hlte arztliche Mitglied des Schnlaosschnsses teil.
Znr Geschäftsführung erhielt jeder Schularzt eine Begistrande, in
welcher die vorkommenden Auftrage, sowie die sonstigen Eingänge und
was darauf geschehen ist, einzutragen sind, und ein BoTisionstagebuch
zur Au&ahme der Ergebnisse der in den ScJiulen vorzunehmenden
Bevisionen und der aus ihnen hervorgegangenen Anträge. Die
Herren Schulärzte wurden veranlaüst, sich zunächst mit den ihnen
zugewiesenen Schulgebäuden genau bekannt zu machen und zu dem
Zwecke von jedem eine topographische Beschreibung anzufertigen.
Es wurden dann die hauptsächlichsten Bichtungen der schulärztlichen
Thätigkeit besprochen, als eine Hauptaufgabe die Bdi[ämpfang viel-
facher bezüglich der Schulhygiene zur Zeit noch bestehender Übel-
stände bezeichnet, hierfür aber ein zwar zidbewuTstes, jedoch nicht
zu schroffes Vorgehen empfohlen und zu dem Zwecke die Über-
einkunft getroffen, dab vor Einreichung der ftLr nötig gehaltenen
Anträge an den Schulansschufs in der Begel eine Beratung der An-
gelegenheit in den gememsamen Konferenzen stattfinden solle. Solche
Konferenzen haben nach der ersten konstituierenden noch vier im
Laufe des Berichtsjahres stattgefunden. Es sind in denselben die
verschiedensten Fragen des schulärztlichen Dienstes beraten, eine
Beihe von besonders hervortretenden Übelständen in der Beschaffen-
heit der Schulzimmer, Schulaborte, Turnhallen und anderer Bäume
mitgeteilt und besprochen und die erforderlichen Abänderungsanträge
festgestellt worden. Insbesondere wurde den Lüftungseinrichtungen
der Fenster die allgemeine Aufmerksamkeit zugewendet, von den
einzelnen Schulärzten ein Bericht über die in den verschiedenen
Schulen vorhandenen Stellvorrichtungen der Fenster erstattet und
auch hier die erforderliche Abhilfe vorbereitet. Eingehende Be-
handlung erfuhr die Frage des Offenhaltens der Fenster in der
schulfreien Zeit. Besonders in den Schulen von Alt-Leipzig geschah
in dieser Bichtung seither sehr wenig. In der Instruktion für die
Schulhausmänner ist bestimmt, dads dieselben die Fenster nach An-
ordnung des Direktors bei Tage zu öffnen, bei Nacht geschlossen
zu halten haben. Bei der sehr grofsen Anzahl von Fenstern in den
umfilnglichen Schulgebäuden war es aber mit Bücksicht auf die
Witierungsverhältnisse als kaum durchfährbar anzuerkennen, dafs
dieselben während der ganzen schulfreien Zeit offen stehen. Es
wurde beschlossen, von einer allgemeinen Begelung dieser Angelegen-
heit und einem bezüglichen Antrage an den Schulansschufs zunächst
abzusehen, vielmehr bei den Direktoren dahin zu wirken, dafs
während der Sommermonate mindestens zweimal wöchentlich 4 Stunden
33
lang sämtliche Fensterflügel, ferner täglich zor Zeit des Vor- and
Nachmittagsanterrlchts in jeder Klasse während der Pause einzelne
Flfigd geOffiiet werden. Insbesondere empfahl man, dafs mit dem
öffnen der Fenster am Schlosse des Vormittags- and demSchliefsen der-
selben beim Beginne des Nachmittagsunterrichts in jeder Klasse ein Schüler
für jede Woche beauftragt werde. Für das Fensteröffnen während
der Heizperiode, und wie dasselbe mit den Centralheizungen ver-
einbar ist, blieben weitere Beobachtungen vorbehalten. Femer ge-
langte die Frage der Doppelfenster zur Besprechung, welche in der
lou^pen Hälfte der Schulen noch fehlen und, wo sie vorhanden
sind, im Sommer nicht herausgenommen werden; man trat im Principe
Ar das Herausnehmen während der warmen Jahreszeit, als die natürliche
Ventilation fördernd und das öffnen erleichternd, ein. Auch die schon
froher im Gesundheits- und im Schulausschusse behandelte Frage der
Spucknäpfe in denKlassenzimmemund deren zweckmäfsigste Einrichtung
kam zur Verhandlung. £s waren zufriedenstellende Versuche mit
einer neuerdings von einem Hünchener Arzte empfohlenen Füllung der-
selben mit Holzwolle^ vorgenommen worden. Die von den Schulärzten
beim Schulausschusse gestellten Anträge, welche meist Aufwand für
Nenberstelliingen beanspruchten, haben zum TeO bereits im Berichts-
jahre den gewünschten Erfolg gehabt, und sind eine Reihe von
Verbesserungen der Fenster, Abtritte und andere Erneuerungen den
gemachten Vorschlägen gemäfs erfolgt. Sonstige Forderungen, besonders
solche, welche Neueinstellungen in das Schulbudget nötig machen,
können erst im folgenden Jahre Erledigung finden ; andere, namentlich
die auf den Neubau von Turnhallen für einige Vorortsschulen an
SteDe der gesundheitlich nachteiligen, seiner Zeit von dem Bezirks-
arzte bekämpften Souterraintumhallen gerichteten, sind auf günstigere
Finanzperioden verschoben worden.
Sehnlhygienisclie Untersuchuni; zur Beurteilung der
Oberbfirdniigsfrage. Unter dieser Überschrift veröffentlicht
Stabsarzt Dr. H. JAEaEB zu Stuttgart in der „Dtsch. Vierte^ahrs-
sehr. f. öffenÜ. Qsähispfig.^ eme Abhandlung, deren Ergebnisse
er in folgende Sätze zusammenfafst. 1. Die Schule hat die Pflicht,
sich von dem ungestörten Verlauf der körperlichen Entwickelung
ihrer Schüler dauernd unterrichtet zu halten. Dies wird erreicht
durch regelmäfsige Messungen und Wägungen der
Schulkinder. Solche Messungen und Wägungen sollen mindestens
halbjährlich einmal, und zwar stets zu denselben Jahres- und
Tageszeiten, also z. B. am Schlüsse jedes Schulsemesters, vorgenommen
werden. Die Resultate sind für jede Klasse gesondert in Listen
' S. diese ZeiUchrift, 1892, No. 3, S. 130. D. Bed.
SehalgetondheiUpflere VIIL
34
einzutragen nnd der Durchschnitt zu berechnen. Das Ergebnis der
jedesmaligen Messung und Wägung ist den £ltem mitzuteilen, was
z. 6. durch Aufnahme ins Zeugnis geschehen kann. Auf auffslliges
Zurückbleiben einzelner an Längenwachstum oder Körpergewicht
mögen gleichfalls die Eltern hingewiesen werden. Aus den gefundenen
Durchschnitten ist in jeder Schulanstalt für jede Altersklasse je eine
Wachstums- und eine Gewichtskurve anzulegen, welche bis zum
Verlassen der Anstalt fortgefOhrt wird. Der normale Entwickelung&-
gang der Schulkinder, wie er durch Axel Key, Bowbitch u. a.
hisher festgestellt wurde, ist gleichfalls in Form Ton Kurven als
Anhaltspunkt zur Beurteilung etwaiger Abweichungen dem Lehrer
in die Hand zu geben. 2. Eine möglichst zuverlässige Kranheits-
statistik ist im Interesse der Schulgesundheitspflege aufs dringendste
anzustreben. Am Schlüsse des Schulsemesters sind die sämtlichen
Erkrankungsfälle zusammenzuzählen und die Erkrankungsziffem in
Prozenten der Schüler auszurechnen. Von einer statistischen
Zusammenstellung der einzelnen Krankheitsgruppen kann vorläufig
Abstand genommen werden, doch wären die die Krankheits-
bezeichnungen enthaltenden Listen für solche Zusammenstellungen
durch etwa vorhandene Schulärzte au&ubewahren. 3. RegelmäMge
Untersuchungen der Augen auf Kurzsichtigkeit sind schon
längst als dringendes Bedür&is erkannt und sollten angesichts der
erschreckenden Zunahme dieses Übels um so mehr zur allgemeinen
Durchführung gelangen, als bei frühzeitiger Erkenntnis desselben
eine entsprechende Brille vor weiterem Fortschreiten des Leidens
Schutz zu gewähren vermag. Eintritt oder Zunahme von Myopie
sind daher gleichfalls den Eltern mitzuteilen. 4. Den Hans-
aufgaben fUlt erfahmngsgemäfs ein greiser Theü der durch die
Schule gesetzten Gesundheitsschädigungen zur Last, und zwar gerade
neuerdings vielleicht relativ mehr als früher, da jetzt in den Schulen
auf gute Subsellien, reine Luft, hinreichendes Licht und dergl. viel
mehr geachtet wird, als sonst, wogegen die häuslichen Arbeitsplätze
der Ednder mit solchen Verbesserungen häufig noch nicht bedacht
sind. Die Hausaufgaben überwuchern aber sehr häufig die durch
die Vorschriften gesteckten Grenzen. Um dem möglichst vorzu-
beugen, ist zu wünschen, daüs unter jede gefertigte Hausaufgabe
vom Schulkinde selbst, in jüngeren Jahren von den Eltern die
Zeit bemerkt wird, welche das Kind zur Anfertigung der Arbeit
gebraucht hat; dies hätte zu geschehen sowohl bei obligatorischen
als bei etwaigen freiwilligen Arbeiten. Derartige Notizen haben zugleich
den Vorzug, die Kinder an konzentriertes Arbeiten zu gewöhnen.
5. Unter den Strafmitteln müssen die Strafarbeiten gänzlich in
Wegfall kommen. Zulässig sind dagegen das Herausstellen, das
35
Nachsitzen, jedoch nur unter Aufsicht des Lehrers, und als schwerste,
selten anzuwendende Strafe die körperliche Züchtigung. Wichtige
Disciplinarmittel, welche Strafen häufig yermeidbar machen, bleiben
die Lokationen und öftere £rteilung von Zeugnissen auch ftkr
Einzelleistungen.
Znsammengesetcte Photographien f&r anthropologisehe
an Schfilern. In der ri^ature"" vom 23. Mai 1878
machte Francis Oalton den Vorschlag, durch Vereinigung der
Photographien einzelner Individuen typische Porträts ganzer Gruppen
zu beschaffen. Seitdem hat H. P. Bowditch sich bemüht, dem
Verfahren mehr Eingang zu verschaffen, zumal es namentlich für
anthropologische Zwecke Nutzen verspricht. Eine Anzahl von Photo-
gn^hien einzehier Individuen deijenigen Qruppe, von welcher man
ein typisches Porträt zu erhalten wünscht, werden nacheinander
auf einer und derselben Platte photographisch reproduziert. Die
Expositionszeit wird so kurz gewählt, dafis jede einzehie der pri-
mären Photographien auf der nicht sehr empfindlichen Platte nur
ein sehr schwaches, kaum sichtbares Bild geben würde. Indem sich
aber die auf gleichgelegene Punkte der Platte fallenden Wirkungen
addieren, entsteht ein Bild, welches alle Züge, die den Einzelbildern
gemeinsam sind, deutlich wiedergibt, während die besonderen Eigentüm-
lichkeiten der Einzelporträts nur schattenhaft bleiben und kaum
sichtbar sind. Selbstverständlich muTs Sorge getragen werden, dais
gewisse Hauptpunkte, namentlich die Augen, der in gleicher Gröise
anfgenommenen Einzelbilder stets auf dieselben Stellen der Haupt-
platte fallen. Als Beispiel der Anwendung des Verfahrens gibt
BowBiTOH in „Jlfb Clures Magaa,*' für September 1894 Komposit-
photographien von Soldaten der sächsischen Armee deutscher und
wendischer Abstammung. Je 12 Einzelbilder wurden zu einer
typischen Photographie zusammengesetzt. Von solchen Typen sind
2 deutsche und 2 wendische nebst den entsprechenden Einzelbildern
wiedergegeben. Während die je 2 derselben Nationalität sehr
ähnlich sind, unterscheiden sie sich von den beiden anderen deutlich
durch bestimmte Charaktere, besonders in der Form der Unterkiefer
und der Stirn. Daraus folgt, dais 12 passend gewählte Individuen
schon genügen, um ein typisches Bild zu geben. Man wird dies
Verfahren, zusammengesetzte Photographien herzustellen, auch bei
Schülern benutzen können, z. B. um einen etwaigen Unterschied im
Schädelban der kurzsichtigen und nicht kurzsichtigen festzustellen,
um gewisse Rasseneigentümlichkeiten derselben zu ermitteln u. s. w.
Gute Dienste könnten dabei die jetzt zo zahlreichen Amateur-
photographen leisten, denen auf diese Weise zugleich ein neues
Feld nützlicher Beschäftigung geboten würde. jfi
3^
36
Znr Zahapflege der Schuljugend. Da jetzt der Zahnpflege
der SchOler, namentlich auch in Internaten, eine gröfsere Sorgfalt
als früher zugewandt wird, so teilen wir eine Notiz des y^J&wm.
of the Bfit dmt. Assoc." mit, welche die Anänerksamkeit auf die
billigen Sorten von Zahnbürsten lenkt, durch deren leicht ausfaUende
Borsten Unglücksftlle herbeigeführt werden können. Während im
aUgemeinen nur geringe Beschwerden durch solche Borsten verursacht
werden, wenn sie sich in oder zwischen den Zähnen festsetzen, oder
wenn sie in den Kehlkopf oder Rachen geraten, kommt zuweilen
ein schwererer Fall vor. Von einem solchen wird aus New York
berichtet, wo der Chirurg wegen einer Blinddarmentzündung zu
operieren hatte und im Wurmfortsatz als Ursache der Entzündung
Borsten aus einer Zahnbürste vorfand. Es wird daher der Rat
gegeben, nur solche Zahnbürsten zu verwenden, deren Borsten mit
Draht und nicht ausschlieMich mit Leim befestigt sind.
Über den EkflnÜB des elektrischen Lichtes anf die Augen
hat M. GoüLD in den „Med. News^ ausführliche Beobachtungen
veröffentlicht und deren Resultate in eine Anzahl Sätze zusammen-
gefafst, die folgendermaisen lauten: 1. Das elektrische Licht ist die
Beleuchtungsmethode der Zukunft und in hygienischer Beziehung
dem Gaslicht nach jeder Richtung vorzuziehen. Das Publikum mufs
daher darauf sehen, dafs in allen Yereinssälen, Theatern, grölseren
Hallen, Kirchen, Schulen, Lesezinmiem nur diese Beleuchtung An-
wendung findet. 2. Das Vorurteil mancher Personen gegen die
dektrische Beleuchtung ist nicht gerechtfertigt. Nachteile haben
sich bis jetzt nur bei wissenschaftlichen Beobachtern und bei den
mit elektrischem Licht beschäftigten Arbeitern eingestellt, welche
längere Zeit und sehr nahe, ohne sich durch gef&rbte Brillengläser
zu schützen, ihre Augen diesem Lichte ausgesetzt haben. Das
Bogenlicht in geschlossenen Räumen ist durch das bisher nicht ganz
beseitigte Flackern unbequem und steht in dieser Beziehung dem
verbesserten EDisoNschen Glühlicht nach. 3. Die Nachteile des
unbedeckten elektrischen Lichtes für das Auge bestehen nicht in
dem Vorwiegen der chemisch wirkenden violetten oder ultravioletten
Lichtstrahlen, sondern in der grölseren Intensität der Lichtwellen.
4. Zu den Augenerkrankungen, welche durch dasselbe hervorgerufen
werden, gehören zeitweilige, vorübergehende Netzhautlähmung, Lid-
krampf, centrale Skotome, Farbensehen, Nachbilder; innerhalb vier-
undzwanzig Stunden tritt starke Lichtscheu, Thränenflufs, Augen-
schmerz, die Empfindung, als seien Fremdkörper zwischen den
Augenlidern, Rötung und Blutüberfüllung der Bindehaut ein. 5. Diese
Erscheinungen dauern zwei bis drei Tage, geben eine gute Prognose
und sind durch Kokain- und Atfopineinträufelungen, sowie durch
37
lauwarme Wasseramschlftge leicht zn beseitigen. 6. Arbeiter und
wissenschaftliche Experimentatoren, welche längere Zeit und in der
Nähe sich mit elektrischem Licht beschäftigen, mflssen stets gefärbte
Brillengläser tragen. In Schmelzwerken ist dies gleichfalls erforder-
lich nnd nicht minder darauf zn achten, dafs die Arbeiter das
Ctesicht, den Hals nnd die Hände der Einwirkung des elektrischen
Lichtes entziehen, indem sie die genannten Teile durch geeignete
Bekleidung schtttzen ; bei Unterlassung dieser Vorsichtsmafsregel kann
sich leicht Entzündung der Haut einstellen.
tta%tt^tf^iü^üxifts.
über Fenstervorhlnge in Schalen hat unser Terehrter
Mitarbeiter, Herr Professor Dr. Hermann Cohn, in Gemeinschaft
mit seinem Assistenten, Dr. B. Jüngmann, photometrische ünter-
sachungen angestellt und die Resultate vor kurzem in der „Dtsch. med.
Wochschr,^ veröffentlicht. Die Messungen wurden an sonnenhellen Vor-
mittagen zwischen 9 und 12 Uhr, entsprechend der meistens üblichen
Zeit des Yormittagsunterrichts, in einer Klasse vermittelst Webebb
Photometer ausgeführt, aber sofort abgebrochen, sobald Wolken,
selbst die kleinsten, am Himmel erschienen. Die Fenster waren
mit Ausnahme der beiden unteren Flflgel des einen, vor welclie die
ZQ untersuchenden Stoffe gehängt wurden, vollstILndig verdunkelt.
Auf diese Weise ergab sich die umstehend mitgeteilte Tabelle.
COHN teilt nach derselben die 18 untersuchten Vorhänge in 4 Gruppen
ein: 1. gute, die noch 44— 66Vo rotes und 21 — 45 7o grttnes
Licht durchlassen. Dahin gehören die Vorhänge No. 3, 4, 5, 7
der Tabelle: weifser, f einfädiger Shirting, ^crufarbiger und cr6me-
ÜBurbiger, dtknnfädiger Köper und weifser Dowlas; 2. mittelmäfsige,
welche 6 — 24% rotes und 4—16% grünes Licht durchlassen;
das sind No. 8 und 9: dichtes £cruleinen und hellgraues Leinen;
3. schlechte, die nur 2— 4 7© rotes und 1 — 6 7o grünes Licht
durchlassen; dazu zählen No. 7 — 15: Brahmtuch, Futterleinen,
dmikelgrau gestreiftes Leinen, blauer Satin, blaustreifiger Leinendrell
imd Segelleinen; 4. miserable, welche nur 0,3 — 1,2 Vo rotes und
0,1 — 0,5^0 grünes Licht durchlassen; als solche sind die Nuxnmem
16 — 20 und 22 zu bezeichnen: rotes Elötzelleinen, dunkehroter,
grüner und blauer Satin, imprägniertes Segelleinen und starkfädiger
Leinendrell. Für Schulzimmer sollten nur die als erste Gruppe
mit »gut*' bezeichneten Vorhänge angeschafft werden, die aber
38
No.
1
2
7
4
6
6
7
8
10
11
12
13
14
16
le"
17
18
19
20
21
22
23
Art des Vorhanges
Weifse Mattscheibe, 2,5 mm dick . . .
Graues Eathedralglas, gegossen, 3 mm
dick
Weifser Shirting, feinfadig
^crufarbiger Köper, dünnfadig
CrSmefarbiger Köper, dünnfadig
Grüne Holzjalousie, wagerecht gestellt
Weifser Dowlas, starkfadig
Ilcrafarbiges Leinen, dicht, m. weifsen
Streifen
Helles, graues Leinen, dicht, mit
dunkelgrauen Streifen
Hellgelbes, leinenes Brahmtuch, ganz
starkfadig
Gelbliches, rohes Futterleinen, starkfad.
Dichtes, hell u. dunkelgrau gestreiftes
Leinen
Hellblau gestreifter, baumwollener,
dichter Satin
Leinendrell, ganz dicht, starkfadig,
grau mit dunkelblauen, breiten
Streifen
Botfarbenes, grobes, starktädiges
Segelleinen
Schmutziger Schulvorhang, rohes
Futterleinen, gelblich, starkfadig .
Bordeauxfarbiger, gestreifter, dichter
baumwollener Satin
Hellgelbes, starkfadiges, wasserdicht
imprägniertes Segelleinen
Dunkelgrün gestreifter, baumwollener,
dichter Satin
Bohfarbener, starkfadiger Leinendrell
Grüne Holqalousie, unter 45 ^ gestellt
Dunkelblau gestreifter, dicker, baum-
wollener Satin
Grüne Holzjalousie, senkrecht gestellt
Preis
pro
Meter
InMk.
Lichtdaroli
lässigkeit
fOr
Bot Grfln
Geordn.
nach
GTtB-
dnroh-
läggig-
keit
3,00
73
68
2
4,00
64
70
1
0,80
56
37
5
0,90
52
21
7
0,90
50
35
6
20,00
48
50
3
0,95
44
45
4
1,35
24
15
8
1,36
6
4
12
1,30
3,8
0,9
16
0,75
3,6
1,7
13
1,10
3,0
4,5
11
1.60
2,8
5,7
9
1,15
2,5
1,0
15
0,90
2,0
0,6
17
0,75
1,2
0,3
19
1,50
1.0
0,6
18
1,58
0,7
0,2
20
1,50
0,7
5,7
10
1,10
0,6
0,2
21
20,00
0,6
1,5
14
1,50
0,3
1,0
22
20,00
0,1
0.1
23
39
mehrmals im Jahre zu waschen sind; ihr Preis ist gering, indem
er blofs 80—90 Pfennige pro Meter bei 104—130 cm Stoff-
breite beträgt.
Die Augen kalifornischer Studenten. Dr. Southabd hat
soeben die Aogen der Studenten in San Francisco untersucht und
dabei 68 Prozent Brechungsfehler gefanden. Die meisten bestanden
in Hypermetropie oder Astigmatismus; Myopie kam nur bei 6 Prozent
vor. Dr. Southabd verlangt, dafs alle Kinder in der ersten Zeit
ihres Schalbesuches an den Augen untersucht werden sollen. Etwa
vorhandene Hypermetropie sei durch Gläser zu korngieren und auf
diese Weise Asthenopie, Augenschmerz und Kopfweh zu beseitigen.
Zu einem ähnlichen Schlüsse kommt Dr. Pischl auf Grund seiner
in den Grammar schools von San Francisco vorgenommenen Unter-
snchungen, über die er in dem „Jaum» Amer. Med. Assoc.^,
September 1894, berichtet.
Gesundheitspässe fBr Schflier. Unser verehrter Mitarbeiter,
Herr Dr. Mangenot zu Paris, veröffentlicht in der „Eev, d^hyg,^,
1894, No. 3, einen Aufsatz: L'examen individuel et le
bulletin sanitaire des 6coliers. Nach seiner Kenntnis finden
Einzeluntersuchungen von Schülern regelmäfsig und offiziell nur in
Brüssel und Stockholm statt und bewähren sich vollkommen, besonders
wenn man von anthropologischen Messungen u. dergl. absieht und
lediglich das Interesse der Kinder im Auge behält. Das Schulkind
wird, mögen die Einrichtungen der Schule in hygienischer Hinsicht
aach noch so vollkommen sein, nur dann wirklichen Nutzen vom
Unterrichte haben, wenn es demselben nicht nor geistig, sondern
aach körperlich gewachsen ist. Gewisse körperliche Fehler beein-
flassen überdies die intellektuellen Fähigkeiten in hohem Grade. Es
ist daher Aufgabe des Schularztes, die allgemeine Konstitution des
Schülers, seine körperliche und geistige Entwickelung zu prüfen und
auf Krankheiten und körperliche Fehler zu fahnden; insbesondere
ist den Sinnesorganen, vor allem den Augen und Ohren, femer der
Nase, dem Rachen und den Zähnen sorgfältige Aufmerksamkeit zu
schenken. Von grofser Wichtigkeit erscheint es, das Ergebnis der
Untersuchungen festzulegen. Während nach den gegenwärtigen
Bestimmongen der Schularzt gehalten ist, den Eltern des Kindes
von dem üntersuchungsresultate Kenntnis zu geben, wUl ein neuerer
Vorschlag dieses Resultat in eine Art von Gesundheitspais einge-
tragen wissen, von welchem das Kind während seiner ganzen Schul-
zeit, auch in verschiedenen Schulen, begleitet sein soll. Den
Einwand, dafs die Anlage der Gesundheitskarten zu viel Zeit erfordere,
wideriegt Verfasser durch seine eigenen Erfahrungen. Er gebrauchte
für die Untersuchung von 50 — 55 Schülern und für die betreffende
40
Eintragung in die Karten, welche von den Lehrern nach Möglichkeit
Torbereitet waren, nur 60 — 70 Minuten. Allerdings war diese
Untersuchung blofs eine oberflächliche. Die der Augen und Ohren
beschränkte sich z. B. auf flüchtige Seh- und Hörprüfungen. Zu
allen eingehenderen Untersuchungen wurden die Schüler an Poli-
kliniken u. dergl. verwiesen. Unter 312 Kindern, welche
Dr. Mangenot auf diese Weise prüfte, fand er 211 konstitutionell
krank, und zwar 162 lymphatisch, 47 skrofulös, 2 rhachitisch;
nur 101 Kinder konnten als gesund und kräftig bezeichnet werden.
Femer waren 35 kurzsichtig, 29 harthörig, und 185 hatten schlechte
Zähne. Bei 20% der Augen- und Ohrenkranken erwiesen sich
die Afifektionen der Art, dab sich durch geeignete Behandlung
Heilung oder wesentliche. Besserung erzielen liefs.
Sch&delabnormitäten bei Schulkindern. Dr. E. Konbäd
in Hermannstadt untersuchte vor kurzem über 100 gleichalterige
Schulkinder und fand, dals diejenigen unter ihnen, welche Schädel-
abnormitäten zeigten, im allgemeinen leichter geistig ermüdeten.
Die Ermüdung gab sich durch Abnahme der Qualität der geistigen
Arbeit, welche in der Lösung einfacher Rechenaufgaben bestand, zu
erkennen. Sollte sich das angeführte Verhalten auch auf breiterer
statistischer Basis bestätigen, so böten die Schädelabnormitäten^ einen
praktisch nicht unwichtigen Anhaltspunkt für die Beurteilung der
geistigen Leistungsfähigkeit der Schüler.
Über die Leibesfibangen an den Uniyersitäten der Zukunft
äufsert sich der Göttinger Professor der Pädagogik Dr. Baümann
in seinem vor einiger Zeit erschienenen Buche über Volksschulen,
höhere Schulen und Universitäten folgendermafsen: Das erste
bei einer Uniyersität ist in Zukunft, dafs gro&e schattige und je
nach Bedarf auch sonnige Plätze für Turnen und körperliche Spiele
vorhanden sind, den ganzen Tag geöffnet. Fechten und Tanzen
wird allgemein gelehrt. Eine Badeanstalt Sonmiers und Winters
(20^ C.) ist stets in Gebrauch. Im Reiten wird gegen besonderes
Entgelt unterrichtet, es wird aber auch als Prämie bewilligt, wenn
jemand freiwillig zu diesem Behufe aus den Ferien eine Arbeit
liefert, deren Thema er selbst gewählt hat, und über deren wissenschaft-
liche Vorbedingungen er sich nachträglich ausweist. Wie auf den
vorbereitenden höheren Schulen der Handfertigkeitsunterricht überall
dargeboten wurde, so ein Analogen desselben auf den Universitäten
in Gelegenheit zu feineren künstlerischen oder mechanisch-technischen
Arbeiten, die doch Erholung sind und zugleich Ableitung von ab- ,
straktem Denken nach Sinnen und Muskeln. Die jungen Leute auf
» Vergl. diese ZeiUchnfi, 1891, No. 11, S. 669—672. D. Red.
41
der Uniyersit&t wissen meist gar nicht, was sie mit ihrer Muskel-
kraft anfangen sollen, die doch zugleich infolge des Wachstums als
Reiz ihnen zum Bewulstsein kommt.
Die Zunahme jugendlicher Verbreeher. In Deutschland
ist, wie Landgerichtsrat Dr. Fblisch mitteilt, während des letzten
Jahrzehnts das jugendliche Verhrechertum stark angewachsen. Im
Jahre 1882 wurden hier nAmlich 30000 Jugendliche, zehn Jahre
sp&ter aber schon 46000 verurteilt. Während die Steigerung der
ZaiA der gesamten Verbrecher 28 Prozent beträgt, macht die der
jagendlichen Verbrecher 51 Prozent aus. Auch in anderen Ländern
wachsen die Verbrechen von Kindern erheblich an. Nur in einem
einzigen Lande sind die Zustände besser, in England. Was ist der
Grund? Die grofsartig ausgebaute Zwangserziehung. Dr. Felisgh
befürwortet angesichts dieser Erfolge die letztere auch für die jugend-
lichen Verbrecher Deutschlands. Die Strafmündigkeit soll femer vom 12.
auf das 14. Jahr hinaufgerückt werden. Bis zu diesem Alter
müssen die Kinder noch erzogen werden, dürfen aber nicht ins
Gefängnis kommen. Mangelhaft ist auch die Bestimmung, wonach
dieselben erst nach Begehung einer Strafthat in zwangsweise Er-
ziehung genommen werden können. Letztere ist vielmehr auch aui
gefUirdete Jugendliche auszudehnen. Endlich dürfen Kinder aus
dem Gefängnisse nicht mehr zur Schule zurückkehren. Man wird
diesen Vorschlägen auch vom hygienischen Standpunkte nur bei-
pflichten können.
Anormale Kinder in einer englisehen Schnle. „2^ Brit
Med. Journ," berichtet: Dr. James Kerb hat der Schulbehörde in
Bradford einen vorläufigen Bericht abgestattet über .1332 Kinder,
welche unter 10759 als nach irgend einer Richtung anormal aus-
gewählt waren. Von diesen zeigten 6,1% Brechungsfehler der
Augen, doch waren nur 1% derselben mit Gläsern versehen. Mangel-
haftes Gehör wurde bei 2,2% festgestellt, gewöhnlich in Verbindung
mit Rachenleiden und von der Art, dafs es durch Behandlung geheilt
werden konnte. 117 Kinder waren unzweifelhaft geistesschwach,
und 113 litten an Sprachgebrechen von leichtem Stammeln an bis
zu starkem Stottern, welches das Gesprochene unverständlich machte.
Ein Todesfall beim Schnlspiel. Aus Sogndal in Norwegen
schreibt man der „So^ns Tidenäe" : An Notsaeters Schule hierselbst
waren kürzlich Kinder mit einem Spiele beschäftigt, welches in
hohem Grade Schnelligkeit von den Teilnehmem fordert. Dabei
stolperte ein Mädchen im Konfirmationsalter in vollem Sprung und
fiel mit dem Kopf auf einen Treppenstein, wo es bewufsüos liegen
blieb. Trotz ärztlicher Hilfe starb dasselbe innerhalb weniger Tap:e
an Gehirnerschütterung.
42
Zar Verhfltnng der Dipbtherie in Schulen. Als kürzlich
zu Goildford in England eine Diphtheritisepidemie herrschte, unter-
suchte der dortige Medizinalbeamte Dr. Lake, wie „The Brit Med,
Jwifm,^ berichtet, den Hals sämtlicher Schulkinder. Er bediente
sich dabei zweier vernickelter Zungendepressoren, einiger reiner Hand-
tücher, eines Kehlkopfspiegels und eines Gefälses, in dem sich oft
gewechseltes kochendes Wasser befand. Während der eine Depressor
benutzt wurde, lag der andere in diesem Wasser. Alle Kinder, bei
welchen sich der leiseste Verdacht einer Halskrankheit zeigte, wurden
Tom Schulbesuche ausgeschlossen, und zwar meistens so lange, bis
der Hals wieder normales Aussehen zeigte. Dr. Lake bemerkt:
Wenn die Schulen nur von Kindern mit gesundem Bachen und
Kehlkopf besucht würden, so wäre die Gefahr einer Infektion mit
Diphtherie bedeutend verringert. Falls der Medizinalbeamte nur
irgend Zeit hat, sollte er daher ein jedes Mal nach den Ferien und
in gewissen Zwischenräumen auch während der Schulzeit eine Unter-
suchung des Halses der Kinder vornehmen.
Erziehung epileptischer Kinder. Bücksichtlich der Frage,
auf welche Art für die Erziehung epileptischer Kinder, welche vom
Besuche öffentlicher Schulen femgehalten werden müssen, vorgesorgt
werden solle, betonte der niederösterreichische Landessanitätsrat
neuerdings die Notwendigkeit der Errichtung eines Asyls, in welchem
denselben Pflege und ärztliche Behandlung, sowie Unterricht in den
Elementargegenständen und in Handfertigkeiten zu teil werden möge.
In eine derartige Anstalt wären in erster Linie epileptische Kinder
armer Eltern, nach Mafsgabe des Platzes aber auch zahlungsfähige
Zöglinge aufzunehmen. Geistesschwache oder geistesgestörte epilep-
tische Kinder müfsten dagegen von der Aufnahme ausgeschlossen
und in Irrenanstalten, bezw. in den diesen angegliederten Siechen-
anstalten untergebracht werden.
Kasseler Ferienkolonie nnd Snppenanstalt. Die Zahl der
Pflege und Nahrung suchenden armen Kinder ist in Kassel mit dem
Wachstum der Stadt immer grö&er geworden. Als vor 11 Jahren
die ersten Kolonien ausgesendet wurden, hatte dieselbe etwa 58000
Einwohner, heute zählt sie deren 78000. Welchen Berufekreisen
aber der wesentliche Teil dieses Zuwachses angehört, zeigt die
rasch steigende Frequenz der Yolksschulen. So hatte der Kasseler
Verein für Ferienkolonien und Speisung armer Schulkinder im
letzten Berichtsjahre eine rege Thätigkeit zu entfalten. Die Suppen-
anstalt gab auf Karten 14 871 Liter Suppe aus, nämlich 5802 ganze
und 18 138 halbe Portionen. Während firüher die Kinder selbst
einen kleinen Beitrag zahlen mufsten, 4 Pfennige für die
ganze und 2 Pfennige für die halbe Portion, wurde im vergangenen
43
Winter dayon abgesehen. Die Kosten beliefen sich trotzdem nicht
höher als auf 663 Mark. — Im Sommer gingen 65 Ferienkolonisten
unter Ftthrung des Lehrers W. Heckmank nach Bad Soden
a. d. Werra. Nur ein Knabe hat den halben und ein Mädchen
den ganzen Pensionspreis fdr die Kinderheilanstalt gezahlt. Die
Vereinskasse trag demnach die Kosten für 63 Kolonisten und
▼erwendete darauf 2748 Mark. Von den Kindern wurden 11 Knaben
nnd 22 Mädchen in der Heilanstalt selbst untergebracht ; 19 Knaben
und 13 Mädchen dagegen bildeten die eigentliche Kolonie. Pflege nnd
BekOsügnng, welche die Anstalt gewährte, waren yorzttglich, so dafs
anch die Erfolge der Kur sich recht erfreulich gestalteten. Das
schöne Werrathal und die waldreichen Berge boten reiche Gelegen-
heit zu erquickendem Aufenthalte in freier Luft. Als daher die
kleine Schar heimkehrte, zeigte das gesunde Aussehen und der
muntere Blick der Kinder, wie wohlthnend und kräftigend die
Ferienreise fflr sie gewesen war. Ihr gutes Yerhalten während der
ganzen Zeit aber zeugte davon, dafe auch Herz und Gemüt nicht
leer ausgegangen waren.
Das Seeh^spiz Kaiserin Friedrieh in Norderney hat am
15. Oktober y. Js. seinen Sommerbetrieb abgeschlossen. Es wurden
vom 1. April bis 15. Oktober aufgenommen 715 Pfleglinge mit
32305 Yerpflegungstagen gegen 678 Pfleglinge mit 30053
Yerpflegungstagen im Sommerbetrieb des Yoijahres. Mit dem
15. Oktober ist die Winterkur eröffnet worden, zunächst mit einem
Bestände von 55 Kindern. Anmeldungen für dieselbe sind zu
richten an die Verwaltung des Seehospizes „Kaiserin Friedrich'^ in
Nordemey, die auf Wunsch eine gedruckte Auskunft über die Anstalt
Tersendet.
^mtlic^e D.etfugttngen.
y«rordBimg des k. k. Ssterreichisehen Ministeriums fftr
Kidtns und üntemeht vom 7. JnU 1894, Z. 2843, an alle
Laidesehefs als Vorsitzende der Landesselinlr&te, betreffend
die Impfting der Zöglinge yon Lehrer- und Lehrerinnen-
bUdnngsanstalten.
Da ein ungeimpfter Lehrer durch seine erhöhte Disposition
ZOT Blatternerkranknng den Gesundheitszustand der ihm anyertrauten
Kinder gefthrden kann, ersuche ich Ew. u. s. w., in geeigneter Weise
dahin zu wirken, dafs die Zöglinge der Lehrer- und Lehrerinnen-
44
bildungsanstalten sich während ihrer Studienzeit oder doch wenig-
stens bevor dieselben nach Abschlofs ihrer Stadien die betreffendt>
Anstalt yerlassen, einer Impfung, bezw. Wiederimpfung unterziehen.
In dieser Eichtung wird es insbesondere die Aufgabe der mit
dem Unterrichte in der Schulhygiene an den Lehrer- und Lehrerinnen-
bildungsanstalten betrauten Docenten sein, die Vorteile der Kuh-
pockenimpfung auseinanderzusetzen und richtige Begriffe hierüber
in den Kreisen der heranwachsenden Lehrer zu verbreiten, wobei
auch darauf hinzuweisen sein wird, dafs in Anbetracht des von der
k. k. Impfstoffgewinnungsanstalt in Wien mit Beachtung aller Vor-
schriften erzeugten tadellosen animalen Imp&toffes Befdrchtungen
wegen eventueller Impfschädigung vollkommen unbegründet sind.
Erlafs des KSniglieh prenfsischen Unterrichtsministers
wegen Unznlässigkeit der Abkfirznng der Torschriftsmäfsigea
Unterrichtszeit in der Volksschule anläfslich
der Einf&hrnng der mitteleuropäischen Zeitrechnmig.
Berlin, den 12. Juli 1894.
Auf den Bericht vom 21. Juni d. Js. erwidere ich der König-
lichen Regierung, dafs eine Abkürzung der vorschriftsmäikigeii
Unterrichtszeit in der Volksschule anlä&lich der Einführung der
mitteleuropäischen Zeitrechnung nicht zulässig ist. Es wird auch in
den Wintermonaten für die ordnungsmäfsige Stundenzahl in einer
den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Weise, unter Umständen
durch Hinzunahme eines sonst schulfreien Nachmittags, gesorgt
werden können.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) In Vertretung: von Weybauch.
An
die Königliche Regierung zu N.
U. in. A. 1676.
Bestimmungen des Hagistrats und der Königlichen Lokal-
scholkommission in Hflnchen fiber die
Anlage, Instandhaltung und Benutzung der Eäslanfj^lätze
in den SchulhSfen.
Vorbemerkungen.
a. Im Winter 1886—86 wurden die ersten Versuche mit der
Anlage von Eislaufplätzen in den Schulhöfen gemacht. Nachdem
dieselben in befriedigender Weise ausgefallen waren, erfolgte durch
EntschlieCsung der Kgl. Lokalschulkommission vom 10. Januar 1887
45
und Bescblnfs des Magistrats vom 14. Januar 1887 eine vorlänfige
Regelung der Anlage and der Benutzung.
b. Gegenwärtig bestehen Eislaufplätze bei folgenden Schulen:
1. Simultanschule 11 seit 1885 mit ungefähr 650 qm Flächeninhalt;
2. in. protestantische Schule seit 1885 mit ungefähr 500 qm Flächen-
inhalt;
3. St. Ludwigsschule seit 1887 mit ungefähr 550 qm Flächeninhalt;
4. Innere St. Bonifazschule seit 1888 mit ungefähr 500 qm Flächen-
inhalt;
5. Marsplatzschule seit 1890 mit ungefähr 900 qm Flächeninhalt;
6. n. protestantische Schule mit Handelsschule seit 1891 mit
ungefähr 760 qm Flächeninhalt ;
7. Schule in Neuhausen seit 1893 mit ungefähr 150 qm Flächeninhalt;
8. Schule an der Schwindstrafse seit 1894 mit ungefähr 700 qm
Flächeninhalt;
9. Schule in Schwabing seit 1894 mit ungefähr 300 + 440 qm
Flächeninhalt;
10. Schule an der Tumblingerstrafse seit 1894 mit ungefähr 1100 qm
Flächeninhalt.
§ 1.
Die Anlage der Eislaufplätze bei den Schulen erfolgt durch die
Schulhausmeister und Heizer gegen angemessene Yergtttung, und zwar
anf Grund einer Anordnung des Yerwaltungsrates der Schule, welcher
über di^ Zeit der Anlage mit dem betreffenden Schulvorstande ins
Benehmen tritt.
§ 2.
Das erforderliche Wasser wird von der städtischen Wasser-
leitung unentgeltlich hierzu geliefert. Die etwa nötigen Standrohre
werden durch das Stadtbauamt beschafft.
§3.
Die Instandhaltung der Eislaufplätze (Abkehren, Bespritzen etc.)
ist Sache des Schulhausmeisters, welcher hierin gleichfalls vom Heizer
imterstfltzt wird.
§4-
Die Schulhausmeister erhalten für diese Arbeitsleistung eine
Tergfltung von je 50 Pf. f&r ein yollständiges Herrichten der Bahn.
Die Rechnung unterliegt vor der Einweisung durch den
Verwaltnngsrat der Prüfung durch den Schulvorstand.
46
§5.
Die zur Instandhaltnng erforderlichen Gegenstände (Schneeräumer,
Besen, Schläuche etc.) werden von dem Yerwaltungsrate der Schule
auf Rechnung des demselben zur Verfügung stehenden Betrags
(Yerwaltnngskredit) beschafft und in das Bestandverzeichnis der
Schule aufgenommen.
§6.
Die auf Kosten der Gemeinde hergestellte Eisbahn wird den-
jenigen Kindern der betreffenden Schule, deren Eltern die Benutzung
derselben gestatten oder wünschen, während der schulfreien Zeit
unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
%"'■
Die Ordnung fiir die Benutzung der Eisbahn festzustellen und
deren AusfOhrung zu überwachen, ist Sache des betreffenden Schul-
Vorstandes (Oberlehrers).
Ebenso wird durch den Schulvorstand im Benehmen mit der
Lehrerschaft der Schule festgestellt, ob und in welcher Weise ein
Wechsel zwischen Knaben und Mädchen einzuhalten sei, ob besondere
Abteilungen ftr die Benutzung zu bilden und ob und wann Fort-
bildungsschüler, bezw. Feiertagsschülerinnen zur Benutzung der Eis-
bahn zuzulassen seien.
§ 8.
Die Schule sorgt zwar für eine entsprechende Beaufsichtigung
der Kinder während der Fahrzeit, übernimmt aber keine Verant-
wortlichkeit gegenüber etwaigen Unglücksfällen.
§9-
In welcher Weise die Aufsicht während der Benutzung zu er-
folgen hat, wird durch die Schulvorstände im Benehmen mit der
Lehrerschaft der Schule geregelt.
§ 10.
Die Eisbahn ist zunächst für die Schüler deijenigen Schule
bestimmt, bei welcher sie angelegt ist. Ob und inwieweit Schüler
einer benachbarten Schule zur Benutzung zuzulassen seien, bleibt
dem Benehmen der beteiligten Schulvorstände vorbehalten.
§ 11.
Die Eislanfplätze stehen auch dem Lehrpersonale der betreffenden
Schulen unentgeltlich zur Verfügung. Die Benutzung durch andere
Erwachsene ist ausgeschlossen.
47
§ 12.
Die Oberlehrer sind gehalten, alljährlich über die während der
Benntznngsdaner gemachten Wahrnehmungen und Erfahrongen einen
fibersichtlichen Bericht an die Königliche Lokalschnlkommission zn er-
statten.
Dieser Bericht ist gleichzeitig mit dem allgemeinen Jahres-
bericht, aber in einem besonderen Schriftstück am Ende des Schul-
jahres in Vorlage zn bringen.
München, den 21. März 1894.
Magistrat und Königliche Lokalschulkommission.
Der I. Bürgermeister.
(Gez.) BOBSCHT.
Bnndselireiben des Erziehnngsrates des Kantons Zttricli
an die Primär-, Sekundär- und Bezirkssehnlpfleger
bezüglieh des Tnmnnterriehtes an den Volkssehnlen.
Zürich, den 1. September 1894.
Die bundesrätliche Verordnung über die Einführung des Turn-
unterrichtes für die männliche Jugend vom 10. bis 15. A^lter^ahr
sieht ein Minimum von 60 Turnstunden per Jahr vor.
Der Kanton Zürich figurierte nun in den letzten Jahren in der
Keihe deijenigeu Kantone, welche den Bundesvorschriften in der
bezeichneten Richtung nicht nachgekommen sind, indem in einer
Reihe von Schulgemeinden ohne Turnhallen nur im Sommer geturnt
und bei zwei wöchentlichen Turnstunden das in 4er dtierten Ver-
ordnung verlangte Minimum nicht erreicht wurde. Um den Vor-
scbriften des Bundes gerecht zu werden und den Turnunterricht
intensiver und im ganzen Kanton wenigstens quantitativ gleichmälsiger
za gestalten, ladet der Erziehungsrat die Schulbehörden ein, dafür
zn sorgen, da(s an den Schulen, an welchen nur im Sommer geturnt
vrird, eine Erhöhung der lehrplanmäisigen Stundenzahl für das Fach
des Turnens eintritt
^ttftnaVxtn.
Der Leiter des preufsischen Tumwesens und Direktor der
Königlichen Tumlehrerbildungsanstalt in Berlin, Geheimer Regiemngsrat
Dr. KÖPKE, wurde zum GFeheimen Oberregierungsrat ernannt.
48
Dem a. 0. Professor der Kinderheilkunde Dr. Soltmann in
Leipzig ist der Charakter als Medizinalrat beigelegt worden.
Der Ereisschnlinspektor a. D., Schnlrat Binkowsky in Ino-
wraclaw, erhielt den Adler der Ritter des Haasordens von Hohen-
zollem.
Der Rang der Räte IV. Klasse wnrde verliehen: dem Direktor
Dr. Baltzeb am Progymnasinm in Schwetz; dem Direktor Dr.
Flebbe an der Realschale in Flensburg und unserem verehrten
Mitarbeiter, Herrn Professor Dr. Mehmel am Realgymnasium in
Altona.
Bei dem Königlich preufsischen Ministerium der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten sind ernannt worden: der
Geheime Regierungsrat und vortragende Rat Mülleb zum Geheimen
Oberregierungsrat ; der Regierungsrat Steikhausen in Mtlnster zum
Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat ; der Provinzialschulrat
Geheimer Regierungsrat Gbxjhl in Berlin zum vortragenden Rat.
Der Professor der Hygiene Dr. Calois hat die Lehrkanzel der
Histologie an der medizinischen Schule zu Caens und der Professor
der Hygiene Leudet die gleiche Lehrkanzel an der medizinischen
Schule zu Ronen erhalten.
Dr. Benjamin Rodbiotjez wurde zum Professor der Hygiene
an der medizinischen Fakultät in San Salvator ernannt.
Unserem geschätzten Mitarbeiter, Herrn Professor der Ophthal-
mologie Dr. Rittbb von Reüss, ist die interimistische Leitung
der H. Augenklinik an der Universität Wien übertragen worden.
Es wurden ernannt: Kreisschulinspektor Schnlrat Hans Heckebt
in Bromberg zum Regierungs- und Schulrat daselbst ; Kreisphysikus
Sanitätsrat Dr. Schleussneb in Rawitsch zum Regierungs- und
Medizinalrat in Arnsberg; der bisherige interimistische Leiter der
gro&en Stadtschule (Gymnasium und Realgymnasium) in Rostock
Dr. Julius Kippeb zum Direktor derselben; der Kreisschulinspektor
Dr. Ranck zu Garthaus in Westpreufsen zum Seminardirektor in
Homberg; der Kreisschulinspektor Paul Reimann in Guttstadt zum
Direktor des Seminars in Peiskretscham in Oberschlesien.
Dr. Lange hat sich far Kinderheilkunde an der Universität
Leipzig, Dr. Hans Hammeb für Hygiene und Bakteriologie an der
technischen Hochschule in Brttnn habilitiert.
Der Geheime Oberregierungsrat und vortragende Rat im
Ministerium der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten Polenz in
Berlin und der Realgymnasialdirektor Dr. Schusteb in Hannover
sind in den Ruhestand getreten; bei dieser Gelegenheit erhielt der
erstere den Kronenorden IL Klasse mit dem Stern, der letztere den
roten Adlerorden HI. Klasse mit der Schleife.
49
In Paris sind gestorben: Dr. Maillot, früher Präsident des
GesQodheitsrates der französischen Armee; Dr. A. LEaBOUX, a. o.
Professor der Medizin nnd Arzt am Trousseankinderspitale ; Dr.
Antonin Jean DAsormeaüx, Chirorg am Lyc6e Louis-le-Grand.
Zu Lahr in Baden verschied Schaldirektor a. D. M. G. W. Brandt.
tiütxainr.
Besprechungen.
£. VON SCHENCKENDOBFF, Mitglied des Hanses der Abgeordneten,
mid Dr. med. F. A. Schmidt, Mitglied des Ansschnsses der
deutschen Tumerschaft. Jahrbnch fflr Jugend- und Volks-
spiele. Dritter Jahrgang 1894. Leipzig, 1894. R. Yoigtländer
(309 8. 8^)
Das Jahrbuch, welches gegentlber den Yoijahren an Umfang
bedeutend zugenommen hat, was nicht bldfs auf Rechnung des im
Jahre 1894 abgehaltenen ersten deutschen Kongresses fOr Jugend-
und Volksspiele zu setzen ist, bietet ein recht erfreuliches Bild von
der Fortentwickelung und Ausbreitung der Spielbewegung in Deutsch-
land und den Nachbarländern.
Der reiche Stoff zerfällt in drei Hauptteile: I. Die Jugend-
nnd Volksspiele in Theorie und Praxis, gegliedert in
12 Abhandlungen allgemeinen und 12 besonderen Inhiüts, sowie einen
Abschnitt Aber Schulkurse; IL Über den Stand des Jugend-
nnd Volksspiels in Deutschland 1892—1893 von Dr.
ViKTOB VON WoiKOWSKT-BiBDAU; III. Die Verhandlungen
des Centralausschusses und des I. deutschen Kongresses
für Jugend- und Volksspiele zu Berlin am 3. und
4. Februar 1894 mit 6 Berichten.
Indem wir die einzelnen Abteilungen des I. Hauptteiles
korz besprechen und das Bemerkenswerteste daraus hervorheben,
werden die Leser dieser 2jeitschrifl am besten eine Vorstellung von
der Fülle des Stoffes und den Anregungen des diessjfthrigen Bandes,
sowie Yon dem Stande des Spielbetriebes, seinen Zielen und Aus-
sichten erhalten.
Aus der ersten Abteilung verdienen besondere Erwähnung
No. 2: Die neuesten amtlichen Bestimmungen in Frank-
reich über die Jugendspiele von Dr. H. Rühl, sodann No. 3:
Bas Bewegungsspiel in den Lehrerbildungsanstalten von
S^vlgMimdheitspflaffe VHI. 4
50
Dr. C. EüLEB. Hier werden sehr fruchtbare Gesichtsponkte über die
BedeatuDg des Spieles für diese Pflanzstätten der Jagendbildner
entwickelt und schätzbare Winke über die Art des Betriebes in
der Übungsschule und im Seminar gegeben. In No. 4 macht
Direktor Dr. Eitneb, einer der Begründer des deutschen Jugend-
spiels, eine Beihe wertvoller Vorschläge zur zweckmäfsigen
Einrichtung der Jugendspiele mit schönen ethischen Gesichts-
punkten und einer sehr guten Auswahl von Spielen für die ver-
schiedenen Stufen. Die Frage 5: Welche Bewegungsspiele
dürften am ehesten volkstümlich werden? beantwortet
H. ScHBÖEB mit einer auf Jahns Grundregeln beruhenden Aus-
wahl; indem er dem Barlauf und dem sogenannten deutschen
Fufsball den Preis zuerkennt, macht er über den unterschied volks-
tümlicher Spiele und des klubmäfsigen Betriebs sehr beherzigenswerte
Bemerkungen. In No. 8 setzt Direktor H. Ratdt die hygienischen
Vorteile des Schwimmens in knappster Form auseinander: „Die
rhythmischen Bewegungen des Schwimmens, die nach allen Richtungen
hin frei und mit nacktem Körper in einem stetig und gleichmäfsig
abkühlenden Medium vollzogen werden, dürften nicht mit unrecht
a]s das Ideal einer gymnastischen Übung zu bezeichnen sein. Sie
nehmen den ganzen Körper in Anspruch, erhöhen ohne jeden Nach-
teil den Kreislauf des Blutes, weiten die Lungen, zwingen sie zu
tiefer Ausatmung und füllen sie bis in die äufsersten Spitzen hinein
mit wasserdampfhaltiger, ozonreicher, gesunder Luft. Sie schärfen
den Appetit, regeln in bester Weise die Verdauung und erhöhen
das allgemeine Wohlbefinden des Körpers.*' In Berlin hat sich in
den letzten Jahren ein Centralverein fOr das Schulschwimmen gebildet.^
Als Ideal schwebt demselben vor, dafs jede gröfsere Schule, wie sie
jetzt Turnhalle und Spielplatz besitzt, so auch eine Sommerbade-
anstalt und eine Winterschwimmhalle zur Verfügung haben soll.
No. 11: Sind Fufsball und Lawn Tennis deutsche
Spiele? von Dr. Koch tritt der nationalen Empfindlichkeit gegen
angeblich fremdländische Spiele mit sehr vernünftigen Gründen ent-
gegen, die auf Seite 64 ihre willkommene Ergänzung finden.
In No. 12: Die Spiellitteratur des Jahres 1893 von Dr. H-
Schnell begegnet uns als das umfassendste und verbreitetste Werk
das Buch von Zbttleb: Die Bewegungsspiele, ihr Wesen, ihre
Geschichte und ihr Betrieb, Wien, Pichler, 314 S., daneben Guts
MUTHs: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes^
8. Aufl., besorgt von J. C. Lion.
' Vergl. diese Zeitschrift, 1898, No. 3, S. 152—153 und 18d4, No. 8
u. 9, S. 473-475. D. Bed.
51
In den Abhandlungen besonderen Inhalts, welche die
zweite Abteilang bilden, wird anter anderem anter No. 2 aas
Dresden berichtet, dafe die Stadtgemeinde dem Gemeinnfltzigen
Verein, welcher sich der Pflege dieser Spiele widmet, jährlich
7000 Mk., sowie jeder höheren Schale za demselben Zwecke
2000 Mk. gibt, dafs femer die Militärkommandos den höheren
Schalen die Benotzong der Exerzierplätze gestatten and dafs endlich
an diesen Schalen eigene Spielvereine bestehen. Sehr bemerkens*
wert ist femer No. S: Jagendspiele in Posen wegen der grofeen
Beteflignng and der namhaften Spende der Stadtgemeinde. Nach
No. 4: Ans Schwaben nimmt anch Stattgart eine hervorragende
Stellang ein. Allerdings hat es kein so hohes Beteiligangsprozent,
wie Posen, aber einige Einrichtangen, welche Beachtung verdienen:
vier öffentliche Spielplätze und einen von einem Privaten eingerichteten,
Fortdauer der Spiele in allen Jahreszeiten, eine I>>iisbällvereinigung
der ScfatQer der höheren Anstalten, Beteüignng der Mädchen am
Spiel unter EntfBll von zwei nachmittägigen Unterrichtsstunden, femer
Spiele der Lehriinge in zwei Lehrlingshorten.
Die dritte Abteilung: Spielkurse für Lehrer und
Lehrerinnen enthält eine statistische Zusammenstellung der im
Jahre 1893 abgehaltenen 16 Spielkurse für Lehrer und 6 für
Lehrerinnen mit 602 männlichen und 297 weiblichen Teilnehmern,
ein erfreulicher Fortschritt gegen 1892 und eine Vorstufe für das
Jahr 1894, für wdches 24 Kurse in Aussicht genommen waren.
Während das Jahrbuch sonst auf Staaten mit deutscher Be^
völkemng außerhalb Deutschlands wenig Bücksicht nimmt, abgesehen
von der Schweiz, aus der sich sogar Yolksschauspiele in das Jahr-
buch für Jugend* und Yolksspiele verirrt haben, erscheint in dieser
Abteiluiig auch ein interessanter Aufsatz über den ersten Jugend-
spielkursus in Ungarn. Im übrigen muls sich Österreich, wo
doch das Jugendspiel so blüht und in den Organismus der Mittel-
schulen eingefügt ist, nur mit gelegentlichen Notizen oder Fufsnoten
begnügen; vergl. S. 64, 150 ff., 162.
Der n. Hauptteil stellt zunächst den greisen Aufschwung des
Jugendspiels an den Gymnasien, dann an den höheren Mädchen-
schulen fest, denetk gegenüber die Volksschulen noch stark zurück-
bleiben. Als Gmndlage der Statistik dienten ^ederum Fragebogen,
die hn Jahre 1893 durch die deutsehe Tumerschaft besorgt wurden,
und deren 866 von 802 Städten und 51 Landgemeinden eingelaufen
sind gegenüber 587 des Jahres 1892. Nach denselben besitzen 533
Städte Spielplätze. Unter den 1923 Städten des deutschen Beiches
wird überhaupt in 543 gespielt; das ergibt gegen 1892 einen Zü*<
wachs von 267. In 175 Städten wird nicht gespielt. Über den
4*
52
Rest fehlen Auskünfte. Einzelne Städte zeigen einen erfireulichen
Aofschwang, so namentlich Breslau, Nürnberg, Leipzig, Stra&burg
und Hamburg.
Am wenigsten haben sich noch die Volksspiele eingebürgert, in
den Arbeiter- und BtLrgerkreisen herrscht noch fast allgemeine Ab-
neigung dagegen. Doch gibt es immerhin 347 Städte, in welchen
das Yolksspiel gepflegt wird; der Löwenanteil, nämlich 335, entfällt
allerdings auf die Turnvereine. Daneben sind es gewisse Feste, wie
Kirchweih, historische Gredächtnistage, vor allem der Sedantag, an
denen zum Teil lokale Yolksspiele oder allgemein verbreitete geübt
werden.
Auch über Ausbreitung des Schwimmens und des Eislaufs
enthält die Statistik Mitteilungen: 319 Städte besitzen Schwimm-
anstalten, 459 Eisbahnen im Winter.
So erfreulich dies Bild an und für sich ist, so eröfbet es doch
einen fast unendlichen Ausblick auf die noch zu bebauende Fläche.
Wie viele von den 1923 Städten über 5000 Einwohner fehlen noch,
wie viele Städte, Märkte, Dörfer mit geringerer Einwohnerzahl sind
noch gar nicht in den Bereich der Fragestellung gezogen worden!
Datis noch außerordentlich viel zu thun bleibt, bis das Jugend- und
Yolksspiel eine allgemeine Einrichtung Deutschlands sein wird, darüber
ist sich der Gentralansschuls vollständig klar.
Im YoUbewuistsein des Ernstes seiner Aufgabe ist er an die Arbeiten
seiner letzten Hauptversammlung und des von ihm einberufenen ersten
Kongresses für Jugend- und Yolksspiele in Berlin «am 3. und 4. Februar
1894 gegangen, deren Ergebnis den Inhalt des lU. Hauptteils bfldet.
Da hierüber bereits in dieser Zeitschrift, 1894, No. 4, Seite 231
bis 233 von einem KongreCsmitgliede, Professor Dr. Koch in Braun-
schweig, berichtet worden ist, so gehen wir nicht weiter darauf ein
und schlieisen daher mit dem Wunsche, dafs die Jugend- und Yolks-
spiele, wie in England, so auch in Deutschland und Österreich
inuner mehr zu einer nationalen Sitte werden mögen.
K. K. Landesschulinspektor Dr. phil. Kabl Fesd. Kummeb
in Wien.
Heuhamn Gohn, Dr. phiL et med., Professor der Augenheilkunde
an der Universität zu Breslau. Was kann die Schnle gegen
die Masturbation der Kinder thnn? Referat, dem achten
internationalen hygienischen Kongresse zu Budapest erstattet.
Berlin, 1894. Richard Schoetz. (40 S. Gr. 8^^. ü. 1.)
Die Schrift enthält ein von dem Yerfasser auf dem YHI. inter-
nationalen hygienischen Kongresse zu Budapest erstattetes Referat.
• 53
Der erste Abschnitt behandelt die Verbreitung der Onanie, der
zweite ihre Folgen, wobei namentlich den Augenleiden Aufmerksam-
keit zugewandt wird. In § 3 kommt die Frage zur Erörterung,
ob die Onanie schädlicher sei als der Coitns. Der Verfasser ent-
scheidet sich f&r die größere Schädlichkeit der Onanie, weil der
Beginn viel früher eintritt, die Gelegenheit znr Ansflbung unbegrenzt
ist und daher auch ttberm&fsig ausgenutzt wird. In § 4 werden
die Zeichen der Onanie besprochen, in § 5 die Gelegenheitsursachen
in der Schule. Alle diese Abschnitte enthalten für den Kenner
kaum Neues, sollten aber von jedem Lehrer und Arzte gelesen und
beherzigt werden, da unter diesen beiden Berufskreisen recht häufig
eine sehr geringe Kenntnis der Sache und daher ein schädlicher
Optimismus anzutreffen ist, der dem bekannten Verhalten des Vogels
Straufs auffallend gleicht.
§ 6 untersucht die Frage, was die Schule gegen die Onanie
thun könne. So sehr ich mit dem Verfasser bezüglich der von ihm
vorgesi^ilagenen, von mir seit langen Jahren praktisch durchgeführten
Mafsregehd der Prophylaxe übereinstimme, so wenig vermag ich mich
mit zwei weiteren Thesen desselben zu befreunden.
Die erste lautet: „Der Lehrer mufs die Schüler von der Schäd-
lichkeit der Autoonanie und der mutuellen Onanie in Kenntnis setzen."
Ich bezweifle nicht und weifs aus langer Erfahrung, dafs eine Warnung
unter vier Augen durch den Vater, den Hausarzt, einen kundigen
Lehrer manches Opfer dem Laster entrissen hat; ich könnte freilich
ebenso zahlreiche Fälle gegenüberstellen, in denen ein solcher
Schritt ohne Erfolg blieb. Auch ist nach meinen Erfahrungen der
Schüler regelmäfsig, namentlich in dem Alter, wo die eigentliche
Gefahr eintritt, wenn es zur Ijaculatio seminis kommt, weder über
die Unsittlichkeit noch über die Schädlichkeit seines Thuns im un-
klaren; er ist auch leicht zu guten Vorsätzen zu bewegen. Aber
alle diese Thatsachen halten nicht stand vor dem Reiz, dem das dem
Augenblick hingegebene Alter mit gröfserem oder geringerem Wider-
stände erliegt. Die eigentümliche Willensschwäche, die man bei
Onanisten regelmäfsig findet, wird als Folge und Ursache des Lasters
gleich verderblich. Kann ich also von einer Warnung und Aufklärung
unter vier Augen schon nicht einen sicheren Erfolg erwarten, so
mufs ich eine al^ährlich wiederkehrende, öffentliche Belehrung in
einer bestimmten Klasse oder auch in mehreren für geradezu nach-
teilig halten. Zweifellos würden manche Schüler erst aufmerksam
gemacht, bei allen aber würde sich bald die Tradition bilden, dafs zu
einer gewissen Zeit im Jahre einmal die interessante Stunde kommt,
wo der Lehrer sich windet und dreht, um etwas und doch nicht
54
zu viel za sagen, während sie doch viel mehr wissen, als er ihnen
sagen kann. Man betrachte einmal, namentlich in Beligionsstonden,
wo noch die vollständige Bibel gebraucht wird, das verständnisvolle
Lächeln, das über die Züge geht, wenn gelesen wird : und sie gebar
danach etc. Wie würde es erst bei dieser Belehrong werden I
Und der Erfolg?
Noch bedenklicher ist die andere These: „Straflosigkeit ist
denjenigen Schüler zu versprechen, der die mataelle Onanie zar
Anzeige bringt." Es kommt ja vor, dafis Schüler von solchen Dingen
Anzeige machen; in der Begel ihren Eltern, selten einem Lehrer.
Stets geschieht das aber nur in Mhkindlichem Alter, nnd es ist
fast immer ein Beweis, dais sie selbst noch ganz intakt nnd zu Hanse
gnt gewöhnt sind. Ganz anders liegt die Sache, wenn Kronzeugen
gewonnen werden sollen. Wer sich dazu hergibt, handelt nach den
Begriffen der Schüler ehrlos; mögen diese Begriffe berechtigt sein
oder nicht, sie sind da, sie gelten, und keiner kann sich ganz ihrer
Wirkung entziehen. Es tritt also nach der Schülerauffassung za
einer geringeren Unsittlichkeit — dafür gilt ihnen die Onanie —
eine gröfsere. Sie verkehren ohne Bedenken mit Onanisten, aber
nie mit einem Angeber, weil ihnen der zu der Beurteilung seitens
der Erwachsenen erforderliche Mafestab nicht zur Verfügung steht.
Ich bin also überzeugt, dals eine solche Bestimmung regelmä&ig ohne
Erfolg bliebe, und wenn sie Erfolg hätte, von anderen gleichfeUs
schlimmen Folgen begleitet wäre. Den Teufel mit Beelzebub aus-
zutreiben, galt aber zu keiner Zeit für eine weise Maferegel.
Herr Cohn erwartet aber selbst von diesen Ma(sregeln ohne
häusliche Aufeicht und ohne häusliche vorbeugende Ermahnungen
keine Verringerung des Lasters. Denn, so bemerkt er sehr richtig,
„die Schule kann ja nur verhindern, dals in der Schule onaniert
wird". Ich glaube daher, dafs der längst von mir empfohlene
Weg eines engen Zusammengehens von Schule, Haus und Hausarzt
am ehesten zum Ziele führen wird. Der Verfasser schlägt gedruckte
und mündliche Belehrung der Eltern zu diesem Zwecke vor. Ich
halte es für das richtigere, wenn die Hausärzte es als eine regel-
mäfsige Pflicht erachteten, die Eltern, welche Kinder haben, über
diese Frage zu belehren. Denn auf gedruckte Belehrungen hin
werden sich die Eltern, vollends die Pensionshalter sicherlich erst
dann zu einer Thätigkeit entschliefsen, wenn sie den Feind im Lager
glauben. Immerhin kann man den Versuch machen; denn es darf
hier nichts unversucht bleiben. Aber man umgebe ihn mit allen
Vorsichtsmaisregeln und lasse ihn nur durch einen Schulmann oder
durch ein Kuratorium unternehmen, die eine schwerwiegende Auto-
rität und ein grofees Vertrauen besitzen; sonst können, ja werden
55
ünzntrftglichkeiten eintreten, die von vornherein allen Erfolg in
Frage stellen.
Geheimer Oberschnlrat Dr. phil. Hermann Schilleb,
Direktor des Gro&herzoglichen Gymnasiums und
0. Professor der Pädagogik in Giefeen.
Dr. OsKAB Schmidt, wissenschaftlicher Lehrer. Die Gesand-
heitslelire als Lehrgegenstaiid an der höheren Mädchen-
schale. Dritter Bericht der städtischen höheren Mädchenschule
zu Charlottenborg für das Schu^'ahr 1892 — 93. Charlottenburg,
1893. Adolf Gertz. (37 S. 4^)
Dafs die Kenntnis der Grundlehren der Gesundheitswissenschaft
für jedermann ein wichtigstes praktisches Bedürfiiis sei und daCs
die Gelegenheit zur Aneignung dieser Kenntnis in der Schule, und
zwar in Verbindung mit dem naturwissenschaftlichen Unterricht zu
nehmen sei, dürfte zur Zeit als allgemein anerkannte Forderung
gelten. Die vorliegende inhaltreiche Schrift erhebt in ihrem ein-
leitenden Teil diese Forderung mit besonderem Nachdruck für die
höhere Mädchenschule. Es geschieht dies zunächst im Interesse der
Pflege der eigenen Gesundheit der Mädchen. Dieselbe ist durch
zahlreiche Forderungen der gesellschaftlichen Sitte weitaus mehr
gefährdet, als die der Knaben; und sie [ist überdies, da es sich
hier um die Mütter der zukünftigen Generation handelt, für
das Gesamtwohl des Volkes Ton höchster Wichtigkeit. Einen
weiteren durchschlagenden Grund für die erhöhte Bedeutung der
Gesundheitslehre in den höheren Mädchenschulen erblickt der Ver-
üasser mit Recht in dem späteren, für die gesundheitlichen Verhält-
nisse ihrer Umgebung verantwortlichen Lebensberuf der Schülerinnen
dieser Anstalten. Und gerade diese hygienische Verantwortung scheint
die leitenden Gesichtspunkte für den eigentlich ausführenden Teil
der Schrift abgegeben zu haben, für die FeststeDung des wesent-
lichsten Wissensstoffes, welcher den Mädchen aus dem Gebiete der
Gesundheitslehre während ihrer Schulzeit zugänglich gemacht werden
solL
Dieser Wissensstoff wird unter 4 Rubriken gebracht: Luft,
Kleidung, Wohnung und Ernährung, wobei weitaus der Hauptanteil
dem letzten Kapitel zufällt.
Es ist wohl nicht zu verkennen, daCs vieles von den die Pflege
des eigenen Körpers angehenden Forderungen in den beiden ersten
jener 4 Kapitel seinen Platz gefunden hat. Aber die Wichtigkeit
der Sache hätte doch ein eigenes Kapitel hierfür verlangt, was dann
auch mit sich gebracht hätte, da& manches Wesentliche nicht über-
gangen worden wäre : so, um nur einzelnes hervorzuheben, die Haut-
56
pflege, die Hygiene der Nerven in ihrem Zusammenhang mit Wechsel
von Arbeit nnd Erholung, mit MaTshaltung in zerstreuenden,
erregenden Vergnügungen, mit Sorge für ausreichenden Schlaf n. a.
Vielleicht hätte die HinzufQgung eines derartigen Kapitels von selbst
der überm&fsigen Stofffülle des von der Ernährung handelnden Ab-
schnittes gewehrt.
Das in dem 4. Kapitel Gebotene geht nämlich nicht nur quantitativ
weit über das Mafs des in der Schule Zulässigen hinaus, sondern es
entbehrt zum groJsen Teil auch des allgemeinen geistigen Nährwerts,
den doch alles, wenn auch auf die zukünftige Lebenspraxis Zu-
geschnittene in der Schule haben mu£s; ja, es ist sogar nicht ein-
mal immer von praktischem Nutzen.
Der erste dieser drei Einwände wird sich im Rahmen der vor-
liegenden Besprechung allerdings schwer nachweisen lassen; denn es
bedürfte dazu einer Art Aufrechnung des an sich groben gesamten
Pensenumfangs der höheren Mädchenschule und einer Abwägung der
Bedeutung der vorgeschlagenen Materialien gegen die einzelnen Be-
standteUe dieses Gesamtpensums. Die beiden anderen Einwendungen
aber finden in des Verfassers eigenen Äußerungen und Auffassungen
ihre Begründung.
Derselbe sagt mit Recht in dem einleitenden Teile der Schrift :
„Ebensowenig wird durch die blo&e Darbietung von Thatsachen aus
dem V\rissensgebiet der Hygiene für das Verständnis ihrer Grund-
sätze etwas gewonnen. Das, worauf es für die Schule allein an-
kommt, ist aber gerade das verstandesmäfsige Erfassen der Grund-
lehren der Gesundheitswissenschaft; und der Weg, der zu diesem
Ziele fuhrt, liegt nun einmal auf keinem anderen Gebiete, als auf
dem der Beobachtung, des Experiments und der logischen SchluCs-
folgerung aus bekannten Thatsachen.*^ Wie sich mit diesen Auf-
fassungen die Aufnahme von zahlreichen langen Tabellen über den
Gehalt aUer denkbaren Nahrungsmittel an Cellulose, an Kali und
Natron, an Trockensubstanz, Wasser, Fett etc. etc. in den Unter-
richtsstoff der Gesundheitslehre an allgemeinbildenden Lehranstalten
verträgt, ist schwer ersichtlich. Noch weniger, wie sich den der
Praxis des Haushalts noch femstehenden Schulmädchen ein Interesse
an diesen Namen- und Zahlenreihen abgewinnen lassen wird. Und
ist es denkbar, dafs sie davon irgend Erhebliches für die spätere
Verwertung in ihrem eigenen Haushalte behalten werden, aufser der
aUgemeinen physiologisch -chemischen Thatsache, dass EiweLb, Fette
und Kohlenhydrate die wesentlichsten Bestandteile unserer Nahrungs-
mittel smd und daher der Gehalt an diesen den Wert der letzteren
bedingt? Und genügte es nicht, das an einzelnen wenigen Bei-
spielen darzulegen, statt den ganzen Bereich der Nahrungsmittel in
57
extenso heranzuziehen? Endlich aber, warum reden wir denn und
der Verfasser mit uns der Gesundheitslehre in der Schule das Wort?
Doch weil sie unsere Zöglinge dermaleinst aufmerken lassen soll
auf die unzähligen versteckten Gefahren, die uns in unserer äulseren
Lebensführung drohen. Im allgemeinen aber ist unsere Em&hrung
nicht 80 tadelnswert, dafs die Mädchen in der Schule lernen sollen,
womit der Verfasser sein Kapitel über die Nahrung gewissermaisen
abschlielst: ^Als rationell zusammengesetzte Mahlzeiten mOgen noch
hervorgehoben werden: Brot, Butter und Wurst; Käse und Brot;
Speck und Brot; Schwarzbrot und Butter; Ei und Brot; Ei und
Zucker ; Braten, Fett (Sauce) und KartoffeUi ; Pökelfleisch, Sauerkohl
und Kartoffeln ; Kartoffeln und Hering ; Erbsen und Speck ; Büchsen-
fleisch und Zwieback u. s. w.". Ja, wie unnötig und damit doch
zum mindesten mancher wichtigeren Erkenntnis den Raum nehmend
das ist, bestätigt der Verfasser, wenn er gleich dahinter hinzufügt:
„Wenn wir die vom Standpunkte der Hygiene als rationell erkannten
Mahlzeiten uns noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen, so muls es
ans auffallen, dafs die theoretischen Ergebnisse der Wissenschaft uns
eigentlich nichts anderes bieten, als was wir durch jahrhundertelange
Erfahrung bereits längst besessen haben. Diese Wahrnehmung darf
uns jedoch nicht beirren. Vielmehr kann sie dazu dienen, uns
gewissermafsen darüber zu beruhigen, dais wir — obwohl uns selber
unbewuist — eigentlich von jeher ganz vernünftig uns ernährt
haben/^ Dem ist mit Nachdruck zu entgegnen, dafs die
Hygiene, wenigstens soweit sie in der Schule betrieben
werden soll, nicht dazu da ist, uns zu beruhigen in
dem, was wir schon ohnehin verständig und zweck-
mäfsig thun, sondern uns aufzuschrecken aus der Ruhe
und Gedankenlosigkeit, wo uns versteckte Gefahren
drohen.
Es schien erforderlich, bei aller sonstigen Zustimmung zu den
Aufihssungen und Vorschlägen der verdienstvollen Schrift, den
Einwendungen gegen einen Teil derselben so viel Ausdehnung zu
geben gerade im Interesse des Gesamtzweck^ der Arbeit, der Ge-
sundheitslehre in den höheren Mädchenschulen in dem für das weib-
liche Geschlecht und seinen besonderen Beruf zuträglichen und er-
forderlichen Umfange nachdrücklichste Beachtung zu gewähren.
Durch nichts kann die Erreichung dieses Zweckes ernster gef&hrdet
werden, als durch die Hineinziehung von übermäfsigen , aufser-
lial des thatsächlichen praktischen Bedürfnisses liegenden For-
derungen.
Direktor der Viktoriaschule Dr. phil. Stephan Neumann
in Danzig.
1
68
Dr. Maximiliak BBEsasN in Frankfart a. M. Die UrsMbeii
des nervSsen Eopfiscluiierzes der Sclmlkinder. Vortrag, ge-
halten in der Sektion fQr Schnlhygiene des VHI. internationalen
Kongresses für Hygiene und Demographie in Budapest. Separat-
ahdrnck ans der Wiener medizinischen Presse, 1894, No. 37.
Wien, 1894. Urban & Schwarzenberg. (9 S. 8®.)
In dem obengenannten Vortrage sucht der durch seine Be-
mflhungen um die Schulgesundheitspflege rühmlichst bekannte Frank-
furter Arzt auf den bei Schulkindern so häufig vorkommenden ner-
vösen Kopfschmerz nochmals die Aufmerksamkeit der Lehrer zu
lenken. Den meisten Lesern dieser Zeitschrift wird seine Petition
an den preufsischen Unterrichtsminister, „er möge die Lehrer ver-
anlassen, bei zurückbleibenden Kindern auf Kopfechmerzen u. dergl.,
sowie insbesondere auf die Durchgängigkeit der Nasenhöhle zu
achten und ihre diesbezüglichen Beobachtungen den Eltern mitzu-
teilen **, bekannt sein.^ Zur Motivierung derselben bemerkt Dr.
Bbesgek in der Einleitung seines Vortrages: „Nichts vermag dem
denkenden, lernenden und besonders dem werdenden Menschen bei
seinen Bemühungen, den an ihn gestellten Aufgaben gerecht zu
werden, hinderlicher zu sein, als Kopfschmerz.^ Auch anderswo
hat die Frage genügende Berücksichtigung gefunden. So führt
der Autor an, dafs nach HAkokson- Hansen in Christiania
bei wenigstens 40 % der Schülerinnen der 10. Klasse Kopfweh
konstatiert worden sei; bezüglich der Knaben heilst es in dem
betreffenden Berichte: ^Während die übrigen Krankheiten eine
wenig hervorragende Rolle spielen, trägt der Kopfschmerz in ganz
besonderem Grade zu dem Krankheitsprozente der Schüler bei.'
Die Ursachen für den nervösen Kopfschmerz der Schulkinder
teilt Dr. Bresgen in vier Gruppen.
1. Zu der ersten Gruppe zählt er die Krankheiten des Gehirns
und seiner Häute. Bei erheblicher nervöser Belastung ist oft
eine geringfügige, äufsere Ursache genügend, um den Kopf-
schmerz hervorzurufen; vor allem gilt dies zur Zeit der
Geschlechtsreife.
2. Zu der zweiten Gruppe rechnet der Verfasser allgemeine
Körperschwäche, welche nicht am wenigsten durch unpassende
Ernährung hervorgerufen wird, sei es dafs die Nahrungsmittel
nicht kräftig genug sind, sei es dafs das Kind zum Essen
nicht Zeit genug findet, woraus ein Verschlingen der Speisen
resultiert. Dafs unregelmäfsige Mahlzeiten und mangelhaftes
* S. diese Zeitschrift, 1889, No. 5, S. 231—235. D. Bed.
* S. diese Zeiischnft, 1894, No. 4, S. 210. D. Bed.
59
Kaaen die Verdaanng wesoDtlich stören und damit attf den
gesamten Organismus einen schädlichen £influis ausüben,
leuchtet ohne weiteres ein.
3. „Die dritte Gruppe von Ursachen fQr die Entstehung von
Kopfschmerz beträft im wesentlichen die Schule, das Eltern-
haus nur zum kleinsten Teile.'' Dr. Bbesgen meint nämlich,
dab der Unterricht zu Mh des Morgens anfängt. Auf diese
Weise erfahren die Körperpflege und der Stuhlgang Yemaoh-
lässigung; auch das Frühstück wird heruntergestürzt. Die
Lektionen sollten daher nicht vor 8 Uhr beginnen. Oft
resultiert Kopfschmerz auch von Überanstrengung der Augen,
welche dadurch erzeugt wird, da& die Beleuchtung in der
Schule nicht ausreichend ist oder Flammen ohne Cylinder und
Schirme Verwendung finden. Der Geist erfährt besonders durch
unregelmäüsige Yerteilung des Lehrstoffes auf das Jahr Über-
anstrengung, was gleichfalls zu Kopfweh Veranlassung gibt. Die
Lehrmethode mufs femer so entwickelt sein, dafs die Kinder
sich mit gröfserer Lust den Stoff anzueignen im stände sind.
Einen Unterricht, der sich bis auf 6 Vormittagsstunden er-
streckt, findet Bresgbn für die Gesundheit nachteilig, weil
ermüdend und erlahmend; er fordert daher geteilte Schulzeit.
Das Gedächtnis darf nach ihm etwas mehr, als es heute im
Gegensatz zu früher geschieht, bei den häuslichen Arbeiten
in Anspruch genommen werden, damit später keine Über-
anstrengung desselben eintritt. Die Kinder soUen endlich
nicht zu früh mit Unterricht in der Musik und in fremden
Sprachen geplagt werden; vielmehr sind Bewegungen im Freien,
Turnen, Tanzen u. s. w empfehlenswert.
4. Gewisse Erkrankungen der Nase, der Bachenhöhle, der Ohren,
der Zähne rufen nicht minder häufig Kopfschmerz hervor.
Besonders übt die durch krankhafte Zustände in der Nase
oder im Nasenrachenräume behinderte Nasenatmung sehr
schädliche Wirkungen aus. Die recht häufigen Katarrhe in
diesen Höhlen ziehen, wie bekannt, oft Leiden des Gehöres
nach sich, welche wieder beim Unterrichte hinderlich werden,
die Kinder zu Überanstrengung zwingen und so zu Kopfweh
Veranlassung geben.
Dr. Bbesgen schliefst seinen interessanten Vortrag mit den
folgenden Worten : „Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes mufs ich
es für empfehlenswert halten, wenn die obersten Schulbehörden
überall Untersuchungen anordineten, bei welchen vornehmlich be-
sonders berufene, durch ihre Sonderkenntnisse und Erfahrungen
am meisten geeignete Ärzte den ärztlichen Teil zu übernehmen
60
hätten. Erforderlich wäre hierbei noch zur Erzielong einer gleich-
mäCsigen Benrteilong, dafs alle Untersuchnngen nach einem vorher
vereinbarten Gnindrisse vorgenommen würden.^
Specialarzt für Ohren-, Nasen- and Halskrankheiten
Dr. med. Yiktob Lange in Kopenhagen.
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Asnfwü/mmngtn hei der Errichhing moderner Sckulgebäude. Ztschr.
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MiTTELSTAEDT, A. VON. Worum 8oU wiä in welcher Weise kann
die Ermehwng swr praktischen Hausfrau durch den Unterricht in
der höheren Mädchenschule gefördert werden? Progr. Charlotten-
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MoNTEüUis. Les enfants aujc havns de mer. Paris, 1889, J. B.
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Iritfdirifi fä SdinlgeMliettayflrg^^
VIII. Jahrgang. 1895. No. 2.
0ri$titaUli^iiilttii)e«
Die Zahnpflege in den Schnlen.
Von
prakt. Arzt und Zahnarzt Dr. med. Karl Robe,
Privatdocenten an der Uniyersitat Freibarg i. B.
Über den Nutzen und die Notwendigkeit gesunder Zfthne
herreohen in weiten Beyölkeningskreisen die wunderlichBten
Anaobauungen. Viele Leute betrachten das mensohliohe Gebifs
als ein notwendiges Übel, über dessen gänzlichen Verlust sie
sieh leicht trösten. Man hat ja künstliche Gebisse, deren
Perlenzfthne oft schöner aussehen, als die verschwundenen
eigenen!
Die Erkenntnis, dals gesunde Zähne fär eine gute Elr-
nährung des ganzen Menschen yon unersetzlicher Be-
deutung sind, hat bisher erst bei einem sehr geringen Bruch-
teile unserer deutschen Bevölkerung Platz gegrifien. Sehr
viele Zahnärzte und Zahnkünsiler geben sich nicht die geringste
Mühe, ihre Zahnleidenden über die Wichtigkeit einer geord-
neten Mundpflege aufzuklären, weil sie wissen, dafs ihre Mühe
vielÜMh umsonst ist. Künstliche Zähne werden, ähnlich wie
die natürlichen, in weiten Bevölkerungskreisen lediglich für
ein Verschönerungsmittel gehalten. Häufig bringt man für die
Iirhaltung der sichtbaren Vorderzähne jedes Opfer, während
die viel wichtigeren Mahlzähne rettungslos zer&Uen. Oft
genug wird der Wunsch geäulsert, nur die Vorderzähne
8«h«itMWid]Mit«pa«ffe vm. 5
66
möekten künatlieh ersetzt werden, die hinteren Mahlzfthne seien
ja dock nicht siehtber.
Die Zähne sind die ältesten Hartgebilde des Wirbeltier-
körpers. Die Haifische besitzen noch heutzutage keine Knochen,
wohl aber gut ansgebildete Zähne in der Sehleimhaat des
Raoheneinganges. Die Kieferknochen sind erst in zweiter
Linie entstanden als feste Stützpunkte für die Zahngebilde.
Wenn die Wirbeltiere im Kampfe ums Dasein den Sieg über
die übrigen Lebewesen davontrugen, so haben sie diesen Sieg
nicht zum kleinsten Teile ihren Zähnen zu verdanken, der
furchtbarsten Angrifiswaffe, welche sie besitzen. Auch die
Entstehung und weite Verbreitung pflanzenfressender Säuge-
tiere auf der Erde war nur möglich im Anschlüsse an die
Erwerbung vorzüglich gebauter, immerfort wachsender Mahl-
zähne.
Die verschiedenartige äuüsere Gestalt der Zähne ist ent-
standen durch Anpassung an die besondere Lebensweise ihrer
Träger. Nach dem Aussehen seines Gebisses muTs der Measoh
im allgemeinen zweifellos, ebenso wie unter den Tieren die
Affen und Halbaffen, als Früohteesser angesehen werd^o.
Nun wissen wir aber, daCs mehrere wildlebende Arten vou
Halbaffen auf Madagaskar sich nachträglieh an Meischnahrang
gewöhnt haben und dafs auch die Affen in der Gefangenschaft
sich leicht an Fleischkost gewöhnen lassen. BSs ist darum
durchaus ungerechtfertigt, wenn von gewissen Seiten aus gerade
die Fleischnahrung der Menschen als widernatürlich ver-
schrieen wird. Nur durch Anpassung an die omnivore
Lebensweise war der Mensch im stände, seine Hemohaft
über die ganze Erde zu verbreiten. Es ist aufeerordentlicli
wahrscheinlich, dais die Wurzel des menschlichen Stammes in
viel ältere Zeitabschnitte der Erdgeschichte zurückreicht, aU
man im allgemeinen annimmt. Unsere Vor&hren waren
zweifellos Waldbewohner in den wärmeren Erdteilen, die sich
von Früchten nährten. Gewisse eingesessene Yolksstftmme
warmer Erdstriche leben heute noch meistenteils von Früchten,
die ihnen mehr oder minder mühelos in den Sehols &llea.
67
In ge«Al«igteo mid kalten Striehen ist eine derartige NahruBiBfS«
weise ans rein ftuüserliolien Gründen nnmöglicb. Ehe der
Iteaeok in kalte Gegenden vordringen konnte, mnlste er sich
also aa Fleisuhnahmng gewöhnt haben. AUe Fnnde ans der
alteren Steinzeit weisen darauf hin, dab unsere Vorfahren
damals anssehlielslioh von den Ertragnissen der Jagd lebten.
Erst epfttar lernten sie es, Haustiere zu züchten, und ganz
zuletzt wufsten sie aueh den Boden gemftfsigter Gegenden durch
Aokarban ertragreich zu gesteiten. Körnerfrüchte kann der
Mensch ohne vorherige Zubereitung nicht hinlänglich verdauen.
Die Erfindung des Mahlens und Backens der Getreidefrüchte
mub darum der weiteren Verbreitung des Ackerbaues voraus-
gegangen sein.
Aus dieser kurzen stennnesgeschichtlichen Übersicht
geht unzweifelhafki hervor, dalis keineswegs das Fleisch,
sondern vielmehr das Brot die widernatürlichste und
künstlichste Nahrung des Menschen darstellt. Sieht
man von der nur in warmen Gegenden durchführbaren £r-
nflhnmgsweise mit Banmfrüchten ab, so sind die natürlichsten
Lebensmittel des Menschen in fallender Beihenfolge: zähes
Fleisch jagdbarer Tiere; Hülsenfrüchte, Gemüse, Brot; Fleisch,
Milch« Butter, Fett der Haustiere. In ganz derselben, aber
steigenden Reihenfolge sind unsere Nahrungsmittel für den
Verfidl des menschlichen Gebisses im allgemeinen verantwortlich
zu machen.
Die häufigste und gefthrlichste Krankheit der mensch«-
liohen Zähne ist der Zahnfirafs oder die Zahnfäule (Caries),
das Hohl werden der 2iähne. Diese Krankheit kommt dadurch
zu Stande, dals an gewissen schwer zugänglichen Stellen, be-
sonders in den Zwischenräumen und auf den Kaufiächen,
pflanzliche Speisereste liegen bleiben und eine saure Gärung
eingehen. Die gebildete Säure entkalkt die Oberfläche der
harten Zahngewebe an gewissen umschriebenen Stellen. Dann
wandern Keimpilze ein und lösen das entkalkte Gewebe
vollends au£ Dadurch entsteht ein Loch im Zahne, worin
sieh wiederum Speisereste besonders leicht festsetzen können.
6*
68
Durch rascheres oder langsameres Vorwärtsschreiten der Krank-
heit geht dann der Zahn früher oder später zu Grande.
Unter den menschlichen Nahmngsmitteln sind es nun
Torzngsweise die stärkehaltigen, welche durch Gä-
rung Milchsäure erzeugen und damit den Zahnfrafs
hervorrufen. Am allergefährlichsten sind die höchsten
Erzeugnisse der menschlichen Lebens Verfeinerung, Brot und
Kuchen.
Durch ihren gleichzeitigen Gehalt an eiweilaartigem Kleber
sind diese Nahrungsmittel besonders geeignet, an schwer zu-
gänglichen Stellen der Zähne so fest zu haften, dalB sie
durch Bewegungen der Zunge und der Lippen nicht entfernt
werden können. Demgegenüber ist die Fleischnahrung viel
weniger gefährlich. Wenn Fleischreste sich im Munde zer-
setzen, so beginnen sie sehr bald zu faulen und reagieren
dann nicht sauer, sondern alkalisch. Es haben darum hervor-
ragende Zahnärzte mit Recht die reine Fleischnahrung als
das beste Schutzmittel gegen Zahnfrals empfohlen. That-
sächlich hat sich gezeigt, dafs einige ausschliefslich von Fleisch
lebende Völkerstämme, wie die E2skimos u. s. w., fast gänzlich
von Zahnerkrankungen verschont werden.
In weiten Kreisen unserer Bevölkerung wird vorzugsweise
der Zuckergenufs für den Verfall der Zähne verantwortlich
gemacht. Ln reinen Zustande freilich wird der Zucker vom
Speichel leicht gelöst und dann verschluckt. In den Fällen
dagegen, wo der Zucker in Verbindung mit
stärkehaltigen Stoffen genossen wird und zu-
sammen mit diesen in den Zwischenräumen der
Zähne haften bleibt, entfaltet er seine volle ver-
heerende Wirkung. Darum werden bekanntlich Bäcker
und Konditoren häufig von Zahnerkrankungen heimgesucht.
Auch der häufige Genu6 von Weintrauben, sauren Früchten,
stark angesäuerten Speisen, Getränken und Arzneimitteln kann
gelegentlich schädigend auf die Zähne einwirken.
Es ist eine bekannte Thatsache, dafs im Durchschnitte
die unteren Schneide- und Eickzähne am seltensten vom Zahur
69
firalae angegriffen werden, nnd zwar darnm, weil sie beständig
Tom Speiebel der ünterzungen- nnd Unterkieferspeioheldrüsen
omspült sind. Im Gegensatze znm stark alkalischen Speiohel
der meisten wild lebenden Tiere ist der frisch abgeschiedene
menschliche Speichel nnr schwach alkaUsch oder nentral.
Trotzdem bildet er das wirksamste Schutzmittel gegen den
Zahnfirab, indem er die gebildeten Mnndsänren verdünnt nnd
hänfig völlig nnwirksam macht. Bei gewissen krankhaften
Znstftnden des menschlichen Körpers reagiert schon der frisch
abgesonderte Speichel schwach sauer nnd wird nach kurzem
Verweilen im Munde stark sauer. Dies ist z. B. bei der
Zuckerkrankheit der Fall. Femer nimmt der Speichel diese
Eigenschaft an bei öfterem saurem Aufstofsen, wie es häufig
in den Entwickelungsjahren bei bleichsüchtigen Mädchen, sowie
während der Schwangerschaft auftritt. In derartigen Fällen
beanspruchen die Zähne eine ganz besonders sorgsame Pflege.
Es gibt nun aber eine kleinere Anzahl von Menschen,
die allen den genannten Schädlichkeiten ebenso ausgesetzt sind,
wie ihre Mitbürger, und welche trotz des Fehlens jeglicher
Mundpflege von Zahnkrankheiten verschont werden. Der be-
kannte Mann von 80 Jahren, der nie eine Zahnbürste besafs
und trotzdem alle seine Zähne mit ins Grab nahm, spielt bei
allen den Leuten eine grolse Rolle, welche die Ausgabe für
eine Zahnbürste scheuen. Andere Leute sehen dagegen ihre
Zähne trotz sorgsamster Pflege rasch dahinschwinden. Diese
Thatsache erklärt sich daraus, dafs die Zähne verschiedener
Personen sehr verschiedenartig gut gebaut sind.
Wir wissen, dals wildlebende Tiere fast nie an Zahn-
krankheiten leiden« Wohl aber finden wir den Zahnfrals gar
nicht allzu selten bei unseren Haustieren, besonders bei Hunden
und Pferden. Wir würden ihn vielleicht noch viel häufiger
finden, wenn, der Speichel dieser Tiere nicht so stark alkalisch
wftre, und wenn die Haustiere ein höheres Alter erreichten.
Für wildlebende Tiere sind gute Zähne eine unumgängliche
Lebensbedingung.
Die wildlebenden Tiere leiden darum nicht an Zahnfrafs,
70
weil die sobleoht besahnten im Kampfe um« DaseiB m Grande
gehen und sich nicht fortpflanzen. Der mit achleobten Zfthnea
▼ersehene Knltarmensoh geht deshalb nicht en Gronde, weil er
im stände ist, dnrch feinere 2iabereitang der Speisen in der
Küche eine Zeit lang die natttrliche Verrichtang der Zahne
teilweise zu Beeteen. Erat im zunehmenden Alter stellen
sich ernstere Emfthrnngsstörungen ein. Inzwischen sind jedoch
die schlechter gebauten Zähne duf die Dachkommen vererbt
worden. Sobald der Verfall der Zahne so weit Torgesohritten
ist, dals dieselben den schädlichen Mundsäuren nicht mehr sm
widerstehen yermögen, tritt eben Zahnfrafs auf.
Ungebildete Völkerschaften gebrauchen ihre Zähne weit
kräftiger und unterliegen in viel höherem Grade der natdrlichen
Auslese, als der hochgebildete Europäer. Als natttrliche Folge
dieser Verhältnisse ergibt sich eine geringere Häufigkeit dm
Zahnfralses bei denselben.
In einem gewilsen Grade ist selbstverständlich auch die
Art der Nahrung bestimmend fttr die Häufigkeit des Zahn-
frafses. Volksstämme, wie die Eskimos, Isländer, Lappen etc.,
welche fast ausschließlich tierische Kost geniefsen, sind yiel
weniger von Zahnfrals heimgesucht, als allesessende und
früchteessende Volksstämme. Man darf aber nicht vergessen,
dafs jene fleischessenden Völkerschaften zugleich auch ihre
Zähne recht kräftig gebrauchen müssen, da ihre Koohkunsi
gering ist und ihre Nahrung an Zähigkeit unser Mastochsen-
fleisch weit übertrifft. Nach den ADgaben MuMinBBT's eollen
die Gauchos aus den Pampas von Südamerika fast frei von
Zahnfrab sein. Sie lebten früher fast ausschlieMieh von dem
Bähen Fleische der Pampasrinder, welches sie über dem Feuer
rösten und dann nur mit Hilfe ihrer Zähne zerkleinem. Heut*
lutage essen diese Hirten auch ein derbes abgelagertes Sohwam-
brot. Die Gauchos sind ein Mischvolk yoq Indianern und
Spaniern. Benachbarte Indianerstämme in Chile, die vom
Pflanzenkost leben, leiden au ungefähr 20 vom Hundert an
Zahnfrals, die Spanier sicherlich in noch viel höherem Gbade.
Wenn nun die heutigen Gauchos der Pampas fast frei von
71
Zahnfinfii sind, flo ifli dies «in spieehmder Beweis dalbr, dab
Anreh kräftigen Gklmiiioh in mehreren aufeinanderfolgenden Gte-
eohleehtem der Ban der Zahne eo weit gebessert werden kann,
da/s dieselben yon Zahnfrab rersehont bleiben.
Oesnnde, kräftige Zähne werden nioht allein
bei den gebildeten, sondern anch bei nngebildeten
Völkern für eine Zierde gehalten. Lediglich diesem
Umstände ist es zu danken, dafs bereits hente ein gröfserer
Teil der Berülkerang einer sorgsamen Zahnpflege sieh be*
lleifeigt. Die üiatsaohe, dafii gesonde, kräftige Zähne aneh
filr das Wohlergehen des ganzen Menschen von nicht zn
«nterschätsender Bedentang sind, wissen nicht einmal alle
Ärzte, geschweige denn die grofsen Massen der Berölkernng
hinreichend zn würdigen. Die zielbewn&ie Pflege der Zähne
ist erst ein Ergebnis der neueren und neuesten Zeit. Sie
steckt noch in den Eanderschuhen , wird aber voraussichtlich
denselben bald entwachsen. Gerade auf dem Gebiete der
Zahnpflege werden sich bei gründlicher Belehrung der Be*
Tölkemng ohne Zweifel grofae Erfolge erzielen lassen , weil
die Maisnahmen der Getiundheitslehre zugleich den Bedürfnissen
der Schönheit entsprechen.
Heutzutage üben manche ungebildete Völkerschaften eine
Tiel sorgsamere Zahnpflege, als die hochgebildeten Europäer.
Wenn wir an den Negerschädeln unserer anatomischen Samm-
famgen die wohlerhaltenen, glänzenden Zähne bewundem, so
dürfen wir nicht vergessen, dals die Neger nach jeder Mahlzeit
ihre Zähne mit au%efiiserten Holzstäbchen so lange bearbeiten,
Iris alle Speisereste entfernt sind. Demgegenüber erzählte mir
ein hervorragender Professor und Arzt, daCs ihn öfters Patienten
der besseren Gesellschaftskreise wegen Mundkrankheiten befragen^
denen er den Gebrauch einer Zahnbürste erst dringend ans
Herz legen mub.
Es gibt genug Leute, welche meinen, dals fär den
Meiiachen gute Zähne keineswegs nötig seien. Sie glauben,
unsere Kochkunst sei so weit vorgeschritten, dals wir ruhig
der Köchin die Speisezerkleinerung überiassen könnten, welche
72
früher die Zahne hesorgten, dails der Magen doreh diese Maß-
nahme nicht geschädigt, sondern im Gegenteile ihm ein Teil
der Arbeitslast abgenommen werde^ Diesem gründlichen Irr-
tnme kann nicht kräftig genug entgegengetreten werden. Eis
ist für den Magen durchaus nicht gleichgültig, ob er nngekantes,
wenn auch feinst zerteiltes Fleisch nnd Kartoffelbrei erhält^
oder ob diese Speisen zuTor von den Zähnen zn derselben
Feinheit zerkleinert worden sind. In letzterem Falle
ist der Speisebrei innigst mit Speichel dnrchmengt,
in ersterem nicht. Der Speichel übt an und für sich
auf die stärkehaltigen Speisen eine verdauende Wirkung aus. Yor
allen Dingen aber wird durch den E!auyorgang gleichsam eine
Emulsion der genossenen Speisen mit dem Muudspeichel erzielt.
Jedes feinst zerkaute Speiseteilchen ist von einer dünnen Speichel-
Schicht umgeben. Infolgedessen kann sowohl der saure Magen-
saft, als auch der alkalische Pankreassaft leichter die genossenen
Speisen durchdringen. Wir wissen nun, daTs die Absonderung
eines kräftig wirkenden Speichels zum gröüsten Teile reflek-
torisch infolge der Kauthätigkeit erfolgt. Sobald wir auf eine
ausgiebige Kauthätigkeit verzichten und die Speisen in der
Küche mehr oder weniger fein zerkleinem hisssen, wird zunächst
eine geringere Menge unwirksameren Speichels abgesondert.
Eine innige Durchmengung desselben mit den genossenen
Speisen findet nicht statt. Die Mundverdauung ist also aulser-
ordentlich stark beeinträchtigt, und es wird dem Magen zu-
gemutet diesen Ausfall zu deckeu. Dazu ist er nicht im stände.
Stärkehaltige Speisen werden vom Magensafte überhaupt nicht
und auch Eiweiiskörper nur unvollständig verdaut, sobald sie
nicht mit Speichel völlig durohmengt sind. Es geht also ein
grüÜBerer Teil der Nahrung unverdaut in den Darm über und
wird hier nicht aufgesogen, sondern ohne Nutzen für dea Körper
wieder ausgeschieden. Durch erhöhte Nahrungsaufnahme ver-
sucht man unwillkürlich diesen Ausfall zu decken. Eine
Beihe von Jahren hindurch ist der Magen wohl im stände
durch vermehrte Thätigkeit den übertriebenen Anforderungen
nachzukommen. Mit zunehmendem Alter tritt aber einmal ein
78
Zettptmkt ein, wo dies nicht mehr der Fall ifit. Dann ent*
wickeln sich Magenkatarrh, Magenerweiterung und im An-
adünase an die mangelhafte Emähmng Blutarmnt, Nerrositftt etc.
Die geschilderten Zustände treten natürlich um so früher auf,
je schwächer der Magen eines Menschen von Anfang an war,
und je mehr er anlserdem noch belastet wird durch Zufuhr
▼on faulenden Stoffen, die in den Zahnstümpfen
eines ungepflegten Mundes durch fortwährende Zer-
setzung Yon Speiseresten entstehen.
Eine nsanbere Mnndhthle ist die beste Brutstätte Ar
ImMikMMhende Spaltpilie jeder Art. Besonders in den Hohl-
räumen abgestorbener Zahnstümpfe und Wurzeln zersetzen sich
die zurückbleibenden Speisereste sehr rasch und verpesten
den Atem der Zahnleidenden. Die Krankheitserreger
der Diphtherie, der Lungenentzündung, der Tuberkulose u. s. w.,
sie aUe sind schon in unsauberen Mundhöhlen gesunder Leute
nachgewiesen worden. Es bedarf dann oft nur einer un-
scheinbaren Gelegenheitsursache, und jene Krank-
heitserreger entfalten ihre verderbliche Wirkung.
Anlserdem bilden die Spaltpilze durch Zersetzung der Speise-
reste verschiedenartige Zersetzungsgifte, sogenannte Ptomaine,
deren andauernde Einführung in den Magen beim Verschlucken
von Speichel und Speisen unmittelbar die Entstehung chronischer
Magenleiden begünstigt
Abgestorbene Zahnreste und Wurzeln bleiben selten
Iftngere Zeit hindurch schmerzfrei, am wenigsten dann, wenn
sie von einer Sjtutschukplatte überdeckt sind. Immer und
immer wieder treten, besonders bei na&kaltem Wetter, leichtere
und schwerere Schmerzanflälle auf, die sich bis zum Bilde des
ausgeprägten Gesichtsreiisens steigern können und durch eine
EintzünduDg der Wurzel- oder Knochenhaut bedingt sind.
Zahnfleischfisteln, Wangenfisteln, Eiterungen am Zahnfleische
und in der Kieferhöhle, sie alle werden unmittelbar hervor-
genifen durch abgestorbene Zähne und Zahnreste. Das Zahn-
fleisch ist im ganzen umfange der Kiefer hochrot, geschwellt
und entzündet. Infolge der andauernden Schmerzen, der schlaf-
74
loMn Näöhte und der mangelhafiben Nahmngsaufiiahiiie leidel
die Gesundheit des Gesamtkörpers in eihebliehem Mafse.
Es liegt auf der Hand, dalii die eben geschilderten
Folgeerscheinungen schlechter Zähne auf den
Karten Körper eines heranwachsenden Kindes noch
viel yerderblicher einwirken müssen, als auf den
ausgewachsenen Menschen.
Die Zahnverderbnis ist keineswegs über die ganze Erde
gleichmäfsig verbreitet. Im grofsen und ganzen Iftlst sich
feststellen, dab beim Menschen die Häufigkeit der Zahn-
erkrankungen in gleichem Verhältnisse zunimmt, wie
die Lebensverfeinerung. Nach den Angaben vonMuianiBT
u. a. leiden unter den Eskimos etwa 2,5 vom Hundert an
Zahnfirab, unter den Indianern 3 — 10%, unter den Malayen 3 bis
20%, unter den Chinesen 407e, unter den Europäern 80—96%.
Diese Ergebnisse wurden gewonnen durch Untersuchung der in
Europa vorhandenen Sammlungen von Rassenschädeln und
dürfen demnach nicht als unumstöMich betrachtet werden.
Demungeachtet zeigen sie sehr schön das allmähliche Ansteigen
der Zahnerkrankungen von den ungebildeten bis zu den
höohstgebildeten Völkerschaften.
In denjenigen Ländern, welche allgemeinen Schulzwang
haben, lä&t sich die Häufigkeit der Zahnerkrankungen aufs
genaueste durch die Untersuchung der Schulkinder feststellen.
Dabei hat man natürlich zu berücksichtigen, dafs Kinder
von 6 — 14 Jahren in geringerem Mafse an Zahnfrafs
leiden, als Erwachsene, weil ihre Zähne kürzere Zeit den
krankmachenden Schädlichkeiten ausgesetzt sind.
Auch die Untersuchung der Rekruten bei Gelegenheit der
Musterung dürfte geeignet sein, zuverlässige Ergebnisse zu
erzielen.
In jüngster Zeit haben nun in der That vereinzelte Zahn*
ärzte sich der grolsen Mühe unterzogen, eine grö&ere Anzahl
von Rekruten oder Schulkindern auf den Zustand ihrer Zähne
zu untersuchen.
OuNNiKaHAM untersudite 1886 zuerst in England 100 Re-
76
tcraten. Davon besa&en nur 4 völlig gesunde Zskne; etwa
S6^/« aller Zäkne waren erkrankt.
Ottoft stellte 1889 fest, dab bei 628 Solinlkmdmi
ans Dakota und Illinois mit insgesamt 14000 Zähnen 80^/»
dler Zftline an Zahnfrals erkrankt waren. (Bei 317 Knaben
»7,33%, bei 806 Madehen 32,67%.)
Im Jahre 1893 y«rOffentliohte Pbblbt in Bngland dk
Eitfammenslelhmg seiner Zahnuntersuchungen, welche 8146
Kinder mit etwa 70000 Zähnen um&fiit. 707 Kinder,
d. h. 22,57o, besaisen tadellose Gebisse, 77fi% hatten er-
kxankte Zähne. Von sämtlichen Zähnen waren insgesamt 8963,
«bo 12^8 vom Hundert erkrankt (3649 bleibende, 5314 Milch-
aähne). Es hätten durch Füllungen gerettet werden können
S860 Milchzähne und 2777 bleibende, also zusammen 6187
Zähne. PbbiiET hält es unter solchen umständen
für dringend notwendig, dafs filr jede Schule
Zahnärzte mit ausreichendem festen Gehalte an-
gee tollt werden. Thatsächlich ist diese Forderung in
London e^t einiger Zeit erfttllt.
Im gleichen Jahre erschien die VerOffentlioihung des un-
garischen Zahnarztes ÜKeHvlsi, welcher in Szegedin 1000
Schulkinds im Alter Ton 6 — 12 Jahren untersuchte. Daron
besaften 87|8 vom Hund^ erkrankte Zähne. Von sämtlichen
88906 Zähnen waren 3691, also 15^4 yom Hundert erkrankt
(S2,57c der Milchzdine, 7,75% der bleibenden Zähne).
Die soeben angeführten Ergebnisse müssen noch als günstige
baseichnet werden gegenüber denjenigen, wetohe seither in
Deutschland festgestellt wurden. Zahnarzt Fenchel ÜEind unter
SSö Waiaenkindem Hamburgs 9^94% mit erkrankten Zähnen.
Einem aufmerksamen Beobachter kann es nicht entgehen,
daft die Häufigkeit der Zahnerkrankungen in den yerschiedenen
Gegenden Deutnhlands auÜBerordentlich wechselt. Es lieb sich
Ton Tomherein vermuten, dals für diese Erscheinung die
VQiaohiedene fimährungsweiBe in erster Hinncht verantwortlich
sein würde. Durch meine eigenen mühsamen Zahnuntov
eoebungen von 18667 Sdiulkindwn mit insgesamt 288889
76
Zähnen und von 268 erwachsenen Männern wnrde einerseiti
zahlenmäfsig dargethan, dals der Oeniifs eines weieheSi
kAlkarmen Wassers und kalkaniier Nahrung den Bsa der
Zfthne un^nstig beeinflnfst, so daüs sie den Angriffen des Zahn-
fraüses leichter erliegen. Andererseits lieJs sich feststellen, dafii
der Qennfs Ton Knchen und weiekem Weisenbrote besonders
geeignet ist, die Zaknyerderbnis unmittelbar heryorznrafen,
während ein derbes, dickrindiges abgelagertes Beggenbrot den
ZUinen am wenigsten sehftdiieh ist.
Die Ansicht, wonach der schädigende Einflofs ron yer-
schiedenen Brotarten aufserordentlich wechselt, ist keineswegs
neu. Schon der berühmte Justüs y. Lmsia führte die aneor-
kannt vorzüglichen Zähne der west&lischen Landbevölkerung
auf den G-enuls des derben Schwarzbrotes znrück. Je weicher
und klebriger ein Brot ist, um so eher bleiben Beste desselben
zwischen den Zähnen liegen und bilden dort die schädlichen
Mundsäuren. Ein aus grobem Boggenmehle gebackenes, ab-
gelagertes Schwarzbrot mit fingerdicker Binde ist an und
für sich nicht sehr klebrig. Zu seiner Zerkleinerung bedarf es
einer kräftigen Kauthätigkeit. Infolge des damit verbundenen
starken Speichelzuflusses werden alle Beste des Schwarz-
brotes so viel als möglich von den Zähnen hinweg-
gespült. Überall dort, wo ein derbes Schwarzbrot gegessen
wird, findet man eine straffe gesunde Mundschleimhaut
trotz der mangelhaftesten Mundpfl^e. Der Q-enufs des
derben Schwarzbrotes ersetzt die Zahnbürste,
putzt die Zähne blank und erhält das Zahn-
fleisch gesund.
um sichere Aufschlüsse über die ESmäbrungsverhälfausae
zu bekommen, habe ich, abgesehen von der Stadt Freiburg i. B., in
Baden und Thüringen fast aussehlieislich Dörfer und kleinere
Landstädtchen untersucht, in denen die Lebensgewohnheiten
leicht zu übersehen sind.
Ganz auffiüilig sind die Unterschiede in der Häufigkeit
der Zahnerkrankungen zwischen Gegenden mit hartem (kalk-
reiehem) und weichem (kalkannem) Wasser. Bei der Zusammen-
77
st^ttng der von mir in Baden untersuchten Volksschulen
ergeben sich folgCDde Zahlen:
Zabl der luter- ProsMite der an Zalin- Prozente aller
raefatan Kinder fr«ft erkrankt Kinder ertrankt. ZUne
1. Freiburg 3460 98,7 35,0
2. Kalkarme Laudorte 747 98,7 35,3
3. Kalkhaltige Landorte 911 79,0 16,1.
In Thüringen fand ich folgende Ergebnisse:
Zahl der nnter- Pros, der an Zahn- Proiente aller
saehtea Rinder frafterkrankt.Kiad. erkranktZUine
1. Kalkarme Ortschaften 2973 98,0 34,9
2. Kalkhaltige Ortschaften 2708 82,8 16,7.
Die Übereinstimmung vorstehender Ergebnisse mit den
in der Umgebung Freiburgs gefundenen ist geradezu erstaun-
lich. Der Übersichtlichkeit wegen stelle ich dieselben nach-
folgend einander gegenüber:
L Kalkarme Landorte:
Protente der an ZahnftaA Prosente aller
erkrankten Kinder eriLrankten ZlJine
Baden 98,7 35,3
Thüringen 98,0 34,9.
U. Kalkhaltige Landorte:
Baden 79,0 16,1
Thüringen 82,8 16,7.
In Thüriugen und Baden weist der mit den schlechtesten
Gkbiasen behaftete Ort des Kalkgebietes immer noch bessere
Zahne auf, als der bestbezahnte Ort des kalkarmen Grebietes.
Beiderseits gibt es in den kalkarmen Orten mehr
als doppelt so viele schlechte Zähne, wie in den
kalkreichen. Gegenüber von 1,3% — 2% in kalkarmen
Gegenden finden sich in kalkhaltigen 17,2% — 21 7o Kinder mit
tadellosem Gebisse.
Die Ursache dieser Erscheinung kann nur darin liegen,
dals in kalkarmen Gegenden infolge der geringen Kalk-
78
aufnähme det Körpers während der Entwiokelung di«
Zähne weniger gut rerkalki sind und dämm den Einftöflsea
der weichen pflanzlichen Nahmng viel rascher erliegen, als
g«t verkalkte Zähne. Ben endgiltigen Beweis fär die
Richtigkeit dieser Annahme bietet die in Thüringen durch«
geführte Bestimmung der Zahnfarbe. Bs überwiege]»
nämlich in den kalkhaltigen Orten bei weitem
die gut gebauten glänzend gelben, in den kalk-
armen Orten dagegen die schlechter gebauten weifs-
gelben und blaugrauen Zähne.
Über die Zahnj^ge der Kinder gewinnt man den sieher*
sten Auftchlufe, wenn man die Anzahl der yorgefondeneft
Füllungen betrachtet. In Thüringen besalsen unter 630S unter-
suchten Schulkindern nur 27 Kinder insgesamt 63 Füllungen.
Dabei ist die Realschule in Sondershausen mit 11 Schülern
und 22 Füllungen einbegriffen.
In den Yolksschulen der Stadt Freiburg i. fi. waren Ton
den untersuchten 81036 Zähnen 28348 erkrankt. Davon hätten
21719 durch Füllungen gerettet werden können. Thatsächlioh
waren aber nur 5S Zähne gefüllt.
In den höheren Schulen ist die Zahnpflege naturgemäls
eine bessere. Aber auch im Freiburger Oymnasium waren
unter 4428 erkrankten Zähnen nur 727 , also V<9 durch
Füllungen vor dem Untergänge gerettet worden.
Nicht allein unter den Laien, sondern auch unter den
Ärzten und Zahnärzten herrscht vielfach der Glaube, dafe die
Landbevölkerung stets bessere Zähne besitze, als die Stadi-
bevölkerung. In den Städten wiederum sollen die ärmeren
Kreise besser bezahnt sein, als die wohlhabenden. Naeh
meinen Untervachungen ist diese Anschauung durchaus niohk
überall zutre£Eend. In den beiden Städten Freibuig i. B« und
Sondershausen hatten die wohlhabenderen Gymnasiasten und
Realschüler im Gegenteile bessere Zähne, als die ärmeren
Volksschüler.
Von allen untersuchten Orten ergaben die aner-
,nt armen Dörfer und Städtehen des Schwarzwaldea
79
vnd ThtlriBgevwaldeB die aohleehieaten Zahnyerhältaitte ;
80 8. B.
Proiente der «n Zafanfral» Prosente aller erkrankten
erinmikteii Kinder Zahne
Waldkiieh 99,2 7* ^\0 %
V«hlifl 98,9 % 36,4 7o
Zelk St. Blasii 98,4 % 38,0 7o
Kenstadt a. Bennetieg 99,0 % 39,6 %.
Wenn freilioh unter gleichen Boden- und Wasser*
▼erliftltnissen die Städter yiel Weifsbrot und Kuchen,
die Bauern aber derbes Schwarzbrot essen, dann
haben letztere eioherlioh bessere Zähne.
Aus Torstehenden Darlegungen ergibt sich mit genfigender
Sicherheit, dab die Zahnverderbnis eine je nach den OTtlichen
Verhältnissen mehr oder weniger verbreitete endemische Krank-
heii ist, die bereits unter den Schulkindern eine ganz un-
geahnt grolse Verbreitung erreicht hat. Wie aber will man
aine kräftige Bevölkerung heranziehen, wie soll sich ein Kind
geistig und körperlich genügend entwickeln, wenn es tage-, ja
woekenlang von Zahnschmerzen geplagt ist, wenn seine ganze
Ernährung infolge der schlechten Mundverdauung leidet, wenn
bis nahezu 40% seiner Zähne erkrankt sind?
In England hatten nach den Angaben von Pbdlbt durch-
eehnittlich nur 77,5% aller Stadtkinder kranke Zähne.
Dieses verhältnismälsig günstige Verhalten rührt daher, dab
es in England fast überall hartes Wasser gibt und dafs dort
viel Fleisch gegessen wird. Trotzdem hielten es die englischen
Behörden für nötig, eigene Schulzahnärzte zur Überwachung
der Zahnpflege anzustellen. In Deutschland fand ich in den
bestbez&hnten G^enden mit ländlicher Bevölkerung durch-
•ehnittlich 79%, in kalkarmen Gegenden aber bis zu 99,87»
Kinder mit erkrankten Zähnen. Sollte es da nicht dringend
Müg sein, geeignete Maisnahmen zur Besserung der Zahn-
und Kundpflege in den deutschen Schulen zu treffen?
Ich bin nicht so leichtgläubig, um anzunehmen, dab
80
unsere deutschen OrtsbehOrden in absehbarer Zeit, dem
englischen Beispiele folgend, Schalzahnärzte anstellen werden.
Aber der einen dringenden Pflicht können sich die dentsohen
fiegiernngen nicht entziehen: es miifs Ar eine erfind-
liche Belehning der Schulkinder fiber den Nutzen guter
ZShne j^esorgt werden! Die Lehren, welche ein heran-
wachsendes Menschenkind in der Schule von seinem Lehrer
empftüigt, haften am festesten in seinem Qedächtnisse.
Selbst wenn sämtliche Ärzte, Zahnärzte und Zahnheilkttnstler
den besten Willen hätten, weitere Bevölkerungskreise durch
öffentliche Vorträge u. s. w. zu belehren, so würde sich doch
die Kenntnis von der Wichtigkeit einer guten Mundpflege
nur sehr langsam verbreiten. Ganz anders liegen die Ver-
hältnisse, sobald sich die Schule in den Dienst der öffentlichen
Gesundheitspflege stellt. Schon heute achten die Volksschal«
lehrer in ausgedehntem Mafse auf saubere Kleidung und
äufsere Beinlichkeit ihrer Pflegebefohlenen, schon heute werden
hie und da beim Anschauungsunterrichte die notwendigsten
MaTsnahmen der allgemeinen Körperpflege besprochen. Wie
leicht kann da innerhalb des jetzigen ünterrichtsrahmena
auch auf eine bessere Mundpflege der Schulkinder hingewirkt
werden I
Die erste gesundheitliche Fürsorge beim Neubau einer
Schule erstreckt sich heutzutage bekanntlich auf die Beschaf-
fang einer guten Ventilation, also einer möglichst gesunden
Luft. Jeder Zahnarzt kennt den entsetzlichen Geruch, den
nur ein einziger Mensch mit unsauberen Mundverhältnissen
auszuatmen vermag. Man denke sich nun 50 bis 80 derartige
pestiaUsche Düfte aushauchende Schulkinder in einem mehr
oder weniger engen Raum mit mangelhafter Ventilation zu-
sammengepfercht, und man hat die Verhältnisse, wie sie in
vielen der von mir untersuchten Dorfschulen, besonders in den
kalkarmen Gregenden, zutreffen. Selbst mir als Zahnarzt, der
ich an unangenehme Mundgerüche gewöhnt bin, wurde hin und
wieder der Aufenthalt in derartigen Schulzimmem unbequem,
und ich habe oft genug die Lehrer und Kinder bedauert,
81
welche tftglich sechs Standen lang eine solche verpestete Lofl;
einatmen müssen. Sicherlich werden die Herren Lehrer gerne
bereit sein, für eine bessere Mundpflege ihrer Schutzbefohlenen
an sorgen, wenn man sie von Seiten ihrer yorgesetzten Behörden
dasn ermuntert. Die Anforderungen, welche ich im Interesse
einer guten Mundpflege in den Volksschulen aufstelle, sind
folgende :
1. Man belehre zunächst die Lehrer und die ZSglinge
der Seminarien Aber den Nutzen einer geordneten Zahn- und
Mundpflege durch Verbreitunj; einer allgemein verständlichem
Schrift Aber Zahngesundheitspflege.
2. Man nehme in die Lesebücher der Schnlkinder einem
kurzen Aufluitz Aber Zahn- und Mundpflege auf.
3. Man hänge in jedem Schulzimmer eine Tafel mit der
Abbildung des menschlichen fiebisses, einer Zahnbfirste und
eines Zahnstechers auf (fflr die Zwecke des Amschauumga-
mmterrichtes).
4. Mau ermuntere die Lehrer durch Aewährumg vom
Prämien fttr die bestgeleitete Mundpflege.
Die den Zahnen sohftdlichen Lebensgewohnheiten lassen
sich so rasch nicht ändern. Ein Gaumen, der an Weüsbrot
gewöhnt ist, kann nur allmählich an den Genuls von Schwarz-
brot gewöhnt werden. Auch der häufige Kuchengenuis läist
sich nur allmählich einschränken. Sehr kräftig aber sollte
der weitverbreiteten Naschhaftigkeit unserer Schulkinder
emtgegemgetreten werden.
In kalkarmen Gegenden dürfte es sich sehr empfehlen,
wenigstens das Brotmehl und die Hülsenfrüchte aus kalkreichen
Gtq;enden zu beziehen und viele derartige Nahrungsmittel
zu geniefsen, welche bekannterweise einen greisen Kalkgehalt
besitzen.
Je nach dem Ealkgehalte des Bodens wechselt auch der
Kalkgehalt der Boden&üchte in weiten Grenzen. Die kalk-
haltigsten und aschereichsten aller pflanzlichen Nahrungsmittel
des Menschen sind die grünen Gbmüse, Kohl, Kraut, Salat,
Möhren, Zwiebeln u. s. w. Diese Gemüse gedeihen aber auf
8«li«lfanniAMitipfl«f« Vm. 6
83
kalkarmem Bodetn nicht besondera. Solchem Übelstande Iftbt
sich abhelfen durch Kalkdüngung oder durch Mergeln der
Gftrten und Gemüseäcker. Kalkreicher Mergel ist ein
billiges, überall leicht zu beschaffendes Düngemittel. In ganz
armen Gegenden, wie z. B. auf den Höhen des Thüringerwaldes,
werden voraussichtlich die betreffenden B.egierungen gern die
Meigellieferung in die Hand nehmen. Einige Gemüsearten
werden sicherlich auch in den höohstgelegenen Waldorten ge-
deihen. Es ist Sache der Herren Volksschullehrer und der
Gütlichen, in dieser Hinsicht praktische Versuche anzustellen.
Abgesehen von den grünen Gemüsen, besitzen alle Hülsen-
früchte, Erbsen, Bohnen, Linsen, einen ziemlich grolsen Kalk-
gehalt. Der häufige Genufs von Hülsenfrüchten
kann auch den wohlhabenderen Bevölkerungs-
schichten nicht dringend genug angeraten werden.
Da diese Nahrungsmittel aber im Verhältnisse zu ihrem
billigen Preise zugleich einen sehr hohen Eiweilsgehalt auf-
weisen, so dürften sie vorzugsweise als Nahrung des armen
Mannes sehr geeignet sein. In armen Gegenden, in denen teils
einzelnen Familien, teils ganzen Dörfern aus öffentlichen Mitteln
oder durch private Mildthätigkeit Lebensmittel angewiesen
werden, versäume man ja nicht, verhältnismäfsig viele Hülsen-
früchte beizufbgenl Unter den tierischen Nahrungsmitteln
sind besonders Milch und Eier reich an Kalk.
Wenn man den Müttern und den hera&waehsenden Klnden
kalkreiche, kräftige Nahrung verabreicht, dann wird nicht
allein der Bau der Zähne, sondern auch der Bau
des ganzen Knochengerüstes aufs günstigste beein-
flufst. Nicht ohne Grund trifft man in kalkarmen Q^
genden mit weichem Wasser vorwiegend eine Bevölkerung mit
zartem Knochenbau, krummen Beinen und sonstigen häufigen
Yerkrüppelungen.
Durch eine vernünftige Lebensweise kann ein besserer
Bau der menschlichen Zähne immerhin erst nach mehreren
Menschenaltem erzielt werden. Mit Hilfe einer gut geleitetm
Zahnpflege lassen sich aber auch die schlechtest gebauten
83
Zilme auf riekt Jahre hinaiia gesund erhalten. Wenn nach
jedem Essen alle Speisereste ans den Furchen und
Zwischenrftnmen der Zähne voUst&lldig entfernt
werden, dann kann der yerderbliohe Zahnfrafs
überhaupt nicht auftreten. Freilich ist es trotz aller
Bemühungen nicht immer möglich, eine yoll ständige
Säuberung der Mundhöle su erzielen, aber man möge sidi die
Mühe nicht yerdrieisen lassen, soweit als möglich mit
Zahnbürste, Zahnstocher und dünnen Fäden die
Zähne nach jedem Esaen gründlich zu reinigen I Wer
nur einmal täglich die Zahnbürste anwenden kann, der putze
abends vor dem Schlafengehen, damit die Zähne wenigstens
während der Nacht sauber sind. Wer nur morgens die
Zähne putzt und sie gleich nachher beim Genüsse des ersten
Frühstückes wieder verunreinigt, übt eine sehr unzweckmässige
Zahnpflege aus.
Was zunächst die Zahnbürste betrifft, so soll dieselbe
eine kleine, 3 Vi cm lange und 1 cm breite Bürstenfläche
beeitzen, welche dem Zahnbogen entsprechend bogenförmig
ausgeschnitten ist. Die Borsten sollen nicht allzu hart sein
und müssen imbedingt festsitzen. Die meisten der im Handel
käuflichen Zahnbürsten haben eine viel zu grofse Bürstenfläche.
Man kann damit nicht in jeden Winkel der Zähne eindringen.
Die billigen käuflichen Zahnbürsten lassen aulserdem gern ihre
Borsten &hren. Durch das Verschlucken dieser Borsten kann
gelegentlieh einmal Blinddarmentzündung entstehen.^ Die
Firma Bd. Flemming & Co. in Schönheide in Sachsen liefert
▼orztigliche Zahnbürsten mit festsitzenden Borsten nach meinen
Angaben sum Preise tou 4,80 JL fürs Dutzend. Auf dem
Lende dürfte es sich empfehlen, da& etwaige Konsumvereine
oder die Herren Lehrer sich eine gröfsere Anzahl dieser Zahn«
bürsten anschafften und dieselben dann zum Unkostenpreise,
also etwa zu 45 —50 Pfennigen das Stück, an die Schulkinder
ablielsen.
^ Yergl. diese ZmtMlurill^ 1895, No. 1, 8. 36. D. fied.
84
Vor der Bescha£Fang billigerer und schlechter Zahnbürsten
kann nicht eindringlich genng gewarnt werden.
Beim Bürsten der yorderen Zahnfläohen soll die Zahn-
bürste hauptsfichlich senkrecht, von oben nach nnten geführt
werden. Dann pntze man die hinteren Flächen der Vorder*
Zähne. Ganz besondere Sorgfalt mnfs anf die Reinigung
der breiten Mahlzähne verwendet werden. Dieselben
sollen von vom, von hinten und anf der Kanfläche gebürstet
werden. Sind bereits Zahnlücken vorhanden, dann soll man
anch die Seitenflächen der Zähne putzen.
Sodann kommt ein Zahnstocher an die Reihe, welcher
am einfachsten und besten aus einer weichen Federspule
zurech tgeschnitten wird. Den Zahnstocher soll man stets in
der Tasche bei sich tragen. Zu dem Zwecke führt man im
Handel schon lange Zeit passende Nickelhülsen, welche zugleich
eine geeignete Handhabe für die Federspule geben. Derartige
Federspulenzahnstocher in Nickelhülsen liefert die Metall-
warenfabrik von Metz und Kuntzsch in Tambach (Thüringen)
zum Preise von 67« ^ fürs Gros. Mit dem Zahnstocher
sucht man die Speisereste aus den engen Zwischenräumen der
Zähne gründlich zu entfernen.
Stehen die Zähne so eng gedrängt, dafs der Zahnstocher
nicht eindringen kann, dann führt ein gewachster Seiden- oder
Zwimfaden zum Ziele. Einen solchen Faden zwängt man
von der Kaufläche der Zähne aus in die engen Zwischenräume
hinein bis zum Zahnfleischrande. Durch Hin* und Herziehen
desselben können alle in den engen Zwischenräumen liegenden
Speisereste sicher entfernt werden.
Zum Schlüsse spült man den Mund recht kräftig mit
gewöhnlichem Wasser oder mit irgend einem parfümierten
Mundwasser aus. Ein trotz der damit getriebenen übermäTsigen
Reklame ganz empfehlenswertes Mundwasser ist das „Odol^.
Nur baue man nicht zu sehr auf seine bakterien
tötende Kraft und versäume nicht darüber die
mechanische Reinigung! Wenn ein Dunghaufen vor
dem Hause unangenehme Düfte verbreitet, dann entfernt
85
man ihn am besten und veniichtet nicht etwa seine den
Oemoh erzeugenden Fäninispilze durch fiegieisen mit anti-
aeptischen Lösnogen. Genau ebenso yerhftlt es sich mit den
Speiseresten zwischen den Zähnen. Werden dieselben auf
meehanisehem Wege entfernt, so können sie sich nicht
zersetzen und Säure erzeugen. Die Spaltpilze, welche aus den
Speiseresten durch Gärung Säure erzeugen, sucht man mit
antiseptischen Mundwfissem abzutöten. Trotz aller anti^
septischen Ausspülungen wuchern aber diese Pilze nach kurzer
Frist von neuem recht kräftig; und wenn die Speisereste nicht
mechanisch entfernt worden sind, werden von neuem die den
Zähnen yerderblichen Säuren gebildet.
Bei gewissen krankhaften Zustanden des Zahnfleisches
können freilich selbst stark antiseptische Idundwfisser gelegentlich
sehr zweckdienlich sein. Man yerweode dieselben jedoch nur
auf besondere Vorschrift des Arztes oder Zahnarztes!
Ganz mit Unrecht wird noch heutzutage vielfach den Zahn-
pulvern und Zahnseifen ein günstiger Einflufs auf die Erhaltung
der Zähne zugeschrieben. Zahnpulver sind lediglich Polier-
mittel, welche häufig genug sogar Echädliche Säuren u. s. w.
enthalten. Die schwach alkalische Reaktion der besseren Zahn-
pulver wird von den Mundsäuren bald neutralisiert. Oberreste
des Pulvers bleiben zwischen den Zähnen sitzen und ver-
mengen sich mit den Speiseresten. Will man überhaupt Zahn-
pulver gebrauchen, dann nehme man die unschädlichsten der-
selben, feinste Schlämmkreide oder präcipitierten Kalk, und
gebrauche hernach den Zahnstocher und Seidenfäden recht
sorgftlltig, um die f Überbleibsel des Zahnpulvers zu entfernen.
Yor den scharfen Zahnpulvern, welche die Zähne
in kurzer Zeit blendend weifs machen, kann nicht
eindringlich genug gewarnt werden.
Die ZahBbflrste befeuchtet man am besten mit etwas
Seifenschaum eder mit dem zum Spülen verwendeten Mund-
wasser.
Ist ein Zahn erst einmal vom Zahnfraise ergriffen und hat
er ein Loch, dann gehe man schleunigst zum Zahnarzte und
86
und lasse eine Fttllang (Plombe) einlegen. Leider kommen
die meisten Lente erst daan xnm Zahnarzte, wenn der Zahn
BJL schmerzen beginnt. Dann aber ist der beete Zeitpunkt anm
EHlUen bereits versäumt. Es mnfii dann das Zahnmark (der Ntrr)
abgetötet werden, und die Füllung kommt wenigstena doppelt
so teuer zu stehen. Ist das Zahnmark abgestorben und der
Zahn bereits so weit verfallen, dafs man weder eine FftUung
legen, nodh eine künstliehe Krone auf der antiseptiaoh be-
handelten Wurzel anbringen kann, so lasse man die Wurzeln
ausziehen und nach geschehener Abheilung kttnatUche ZAhne
einzetzen.
Es ist ein grober Kunstfehler, wenn eine künst-
liche Gebifsplatte über nicht gefüllten, abgezwick-
ten, faulenden Zahnwurzeln angebracht wird. Die
immer wiederkehrenden Schmerzanfillle, der beginnende Magen*
katarrh und andere unangenehme Folgeerscheinungen belehren
den Trfiger derartiger Gebisse bald über den begangenen
Fehler. Der ekelhafte Mundgeruch verrät der Umgebung
sofort die faulenden Wurzeln unter den künstlichen Perlen*
Zähnen. Leider haben die meisten Leute noch heutzutage eine
ganz ungerechtfertigte Angst vor dem Zahnansziehen. Leider
geben ferner nicht allein die meisten Zahntechniker und Den*
tiaten, sondern auch viele Zahnärzte den Wünschen eined un-
verständigen Publikums nach und vernachlässigen die ein&chsten
Bßgeln der Mundpflege.
Abhilfe läfst sich nur dadurch schj&ffeu, da& der Zahn*
leidende selbst zuvor belehrt ist und das Auszieheu nicht mehr
füllbarer fauler Wurzelstümpfe verlangt, auch wenn sie zur
Zeit gerade nicht schmerzen.
Die heutige Zahnheilkunde ist häufig im stände, selbst
sehr schlechte Wurzeln noch antiseptisch zu füllen und mit
künstlichen Kronen aus Gk>ld, Porzellan, Zinn u. s, w. zu
versehen. Ein derartig behandelter Zahn thut dann Qoeli
viele Jahre hindurch dieselben Dienste, wie ein gesand<ff.
Freilich ist diese Art der Behandlung wegen ihrer Um-
ständlichkeit nicht ganz billig. Wer ab^ irgend in der
87
Lage ist, sioh die Aufig^be gestetteuL zu ktfimen, der lasse
seine ZAhne mid Wurzeln nicht ziehent» sondern mit Füllnngen
und künstlichen EJronen versehen. Die allgemein übliche Art
des Ersatzes künstlicher Zähne durch Befestigung an Eautschuk-
oder Gt>ldplatten ist nur ein Notbehelf. Die schlecht
testen eigenen Zahne sind für das Kaugeschäft im
allgemeinen immer noch geeigneter, als die besten
künstlichen Zahnplatten.
Zum Schlüsse wende ich mich an sämtliche Lehrer,
Lehrerinnen, Institutsvorsteher und Geistliche mit der drin-
genden Bitte, fiti die Verbreitung einer besseren Zahn- und Mund-
pflege unter der heranwachsenden Jugend nach Kräften bei-
steuern zu wollen. Ein altes Sprichwort sagt mit Recht:
yGut gekaut ist halb verdaut^. Und eine gute Ver-
dauung ist bei Kindern eine unumgängliche Vor-
bedingung für die kräftige Entwickelung von Leib
und Seelei
Über das Befeaohten der Matratien in TumsitaiL
Von
EliABA SpBBLIOH,
städtiioiier Lehnrin und geprfifter Tomlehvsein ük Lshrarinne&bikliiag«-
BiMtolten in Wien»
Der gesundheitliche Wert des Schulturnens scheitert nur
zu oft an dem Umstände, daTs die Tumräume und Geräte den
hygienischen Anforderungen nicht entsprechen. Ein forciertes
Atmen, wie es das Turnen mit sich bringt^ in dumpfer, stau-
biger Luft läTst statt der angestrebten Vorteile nur Gefahren
erwarten. Daher sollen Beinhaltung und Lüftung der Tum-
säle mit peinlicher Sorgfalt überwacht werden, was behördliche
Vorschriften und Weisungen denn auch immer wieder fordern.
88
Besondere Aufmerksamkeit yerdienen in dieser Hinsicht
die Matratzen, weil gerade sie sich bei nnriohtiger Behandlung zu
förmlichen Staub- und Bakterienherden entwickeln können.
Naturgemäls werden dieselben durch das Springen etc. von
den Schuhen der Turnenden — Turnschuhe sind in wenigen
Volksschulen eingeführt — verunreinigt, und jeder Niedersprung
wirbelt eine Staubwolke aus ihnen auf. TTm diesem Übel-
stande zu wehren, kommt gewöhnlich Wasser in Anwendung,
und ein kräftiger Regen flutet aus der GieJskanne zur Dämpfung
des Staubes. Während der einen Turnstunde staubt es nun
allerdings nicht mehr. Das wiederholte Befeuchten bringt
aber den meist aus Seegras bestehenden Inhalt zur Fäulnis,
und während einerseits Fäulnisbakterien die Luft der Turnhalle
dumpfig und übelriechend machen, yerliert andererseits die
Pflanzenfaser ihre Festigkeit, wird brüchig und zerkrümelt.
So enthält schliefslich die ganze Matratze das, was beim
Turnen Tor allem vermieden werden soll, Spreu und Staub.
Aus diesen Gründen sollte der Gebrauch der
Giefskanne im Turnsaale sanitätsbehördlich verboten
werden. Vom Staub befreit werden die Matratzen in
rationeller Weise nur durch fleifsiges Klopfen im
Freien.
Der Seegrasfüllung weit vorzuziehen ist die Haarfüllung.
Solche Matratzen sind leichter, dauerhafter, elastischer und
besser zu reinigen, und es sollte daher mindestens die „Sprung-
matratze^ eine Haarpolsterung besitzen. Der höhere PniB ist
nur ein scheinbarer, wie die folgende Zusammenstellung zeigt:
AnschaffuDgskoBten Gebraochsdauer
Matratze mit Seegrasfüllung 25 fl. ungefähr 4 — 6 Jahre
^ „ Haarfüllung 45 fl. „ 12—16 „
Das thatsächliche Eostenverhältnis ist also 20 : 9, woraua
man ersieht, dais der alte Satz: „Wer sparen will, darf nicht
nach der Billigkeit kaufen^ auch hier Recht behält.
89
lius D(rfaiit«l««9eti «tib ^tttintn.
Die Auastellang des VIIL internationalen Kongresses
Ar Hygiene und Demographie in Budapest.
Von
Dr. med. Heinbich Schuschny,
Schularzt und Professor der Hyi^^ene in Budapest.
Die genannte Ausstellung, welche sich im König-Josephs*
Polytechnikum, also mit den KongreMokalitäten unter einem
Dache be&nd, machte einen vorzüglichen Eindruck. Man
kann getrost sagen, dals die deutsche Kollektivausstellung den
Glanzpunkt derselben bildete. Dies ist vor allem ihrer Reich-
haltigkeit zuzuschreiben und diese wiederum dem unermüd-
lichen Eifer des Berliner Hygienikers Dr. Wetl, welcher die
Seele der betrefifenden Abteilung war.
Trotz des grolsen Reichtums fanden sich jedoch Verhältnis-
mäfing sehr wenig Gegenstände, welche das specielle Interesse
des Sohn 1 hygienikers hätten fesseln können.
Wir sahen ein Bild des Kinderspielplatzes an der
Grolsen Allee in St. Georg zu Hamburg, der mit seinem
Schutzhause nicht nur greisen, sondern auch kleinen Städten
zum Vorbilde dienen könnte.
Von dem hygienischen Institute der Berliner Universität
war der Plan der Baderäume des Joachimsthalschen
Gymnasiums ausgestellt, ebenso ein Modell für ein Brause-
bad und 12 Bilder, welche das Sitzen auf der Schulbank
veranschaulichen.
Der Breslauer Optiker Adolf Heidbich jun. hatte
mehrere optische Gegenstände ausgestellt, u.a. durchsichtige
Tafeln zur Bestimmung der Sehschärfe, ebenso eine Vor-
richtung zur schnellen Ermittelung der Brechkraft
der Augen, beide nach Professor H. Cohn. Letztere be-
steht aus einem Holzbrette von der Form eines Lineals, in
90
welchem konvexe, bezw. konkave Linsen befestigt sind. Dorok
Heben und Senken des Breites vor dem zu nntersaobenden
Auge eispart man das fortwährende Hervorholen der Linsen
aus dem Brillenkasten.
Von Dr. Küznitzkt in Breslau rührte eine hygienische
Schultasche her, von Gottlieb Gbeutz in Graz ortho-
pädische Apparate.
Sehr interessant waren die Pläne von Schnlbauten,
welche die Wiener Architekten M. und K. Hintbageb aus-
gestellt hatten. Die Zahl dieser Pläne belief sich auf un-
gefUir 8| und der Sinn fär schulhygienische Ansprüche trat
deutlich an ihnen hervor.
Dr. Gottueb Bouoek in Podiebrad (Böhmen) hatte
Tabellen eingesandt, auf denen die Gewichtszunahme von
800 Schulkindern während eines Jahres verzeichnet wfir.
Auf einer anderen Tabelle konnte man die Ergebnisse der
vom Aussteller an Schulkindern vorgenommenen Sehädel-
messungen sehen.
Von dem Buchhändler Juijub Eühkopf iu Eomeubui^
waren Schreibhefte und Federn für Steilschrift
ausgestellt.
Prächtig nahmen sich die Pläne von Mittelschul-
gebäuden aus, welche das Königlich ungarische
Unterrichtsministerium eingeschickt hatte. Dieselben
lassen auf Musterbauten schlielsen, deren Zahl sich jährlich
um mehrere vergröfsert. Dasselbe Ministerium legte auch das
Statut für die Ausbildung, Befähigung und An-
stellung der Schulärzte und Professoren der Hygiene
an den ungarischen Gymnasien und Bealschulen samt
der Instruktion für dieselben vor. Aufgestellt wsren
femer von demselben noch Normalpläne für Turnhallen
und Schulmobilien, schliefslich die Verordnungen,
welche sich auf die Einderbewahranstalten beziehen.
Die ungarische Torf- und Eunstdüngerindustrieaktieii-
gesellsohaft hatte Bohtorf, Torfmull und Torfmull-
klosette mit automatischer Vorrichtung geliefert.
91
Von d«r Sdndkankfabrik Lboppld Fhwslb waren
Scknlbftnke nnd ein Hausarbeitspalt eingegangen, bei
welehen die Minnsdistans doioh das Zoradcsohidien deeSitiea
oder das Umlegen der geteilten Tischplatte in eine Plnsdistani
nmgewnndelt werden kann. Diese Bänke, welche den Liok«
Borasohen ftbneln, sind in vielen Schulen Ungarns eingeführt.
Die Bnohhandlnng Bobebt Lamphl hatte Bücher nnd
Vorlagen, die auf Steilschrift Besng haben, eingesandt,
u. a. auch die Illustrationen aus dem Buche der Herren
KIbpIti und BönoAbfft.
Die Papierhandlung Joseph Edüabd Bieuu stellte gleidi*
£dla Hefte und Vorlagen für Steilschrift aus, ebenso
Federhalter gegen Sohreibkrampf.
Dr. Dbltaille in Bayonne hatte einen Leitfaden
der Hygiene für Lehrer ausgestellt, der ron ihm inGe-
neinschaft mit Dr. Bbeucq yerfEibt war.
Sohlielslioh müssen wir noch den selbstthfttigen Ven*
tilationskontrollapparat des Ligenieurs Hbbmank Bbqk-
NAGEL in Winterthur hervorheboi, welcher in der Tortgen
Nummer di»9it Zritsehnft auf Seite 18 — 28 beschrieben ist.
Ans der Vereinigung Ar Sehnlgesimdheitq^flege
des Berliner Lehrervereins.
Von
E. Hbbtel,
BtadtiBchem Lehrer in Berlin.
(Vortsetznng.)
Sitsung am 25. Januar 1894. Dr. Ebusibs sprach
ftber die Tendens seiner Schrift: ^SocioiUsUscke u$ul dhiscke
JErHAmg im Jahre JSOOO^, Während im ernten Teile d«i
92
Yortrages allgemein pädagogische Ideen ansgeftüurt wurden,
ging der Bedner im zweiten Teile speciell auf die Schnl-
geenndheitspflege ein. Es wurden für die Schüler gefordert:
Bade- nnd Schwimmeinriditnngen, Tnmen, Fechten, Eislaufen
und andere körperliche Ühungen, helle, luftige Klassenräume,
groise Schulhöfe, Schulgftrten, richtige leibliche und geistige
Diftt, Schulärzte u. s. w.
In der an den Vortrag sich anschlieisenden äuüserst leb-
haften Debatte feinden namentlich die Anforderungen Be*
rücksichtigong, welche an eine hygienische Musterschule zu
stellen sind. Dieselben wird Dr. Kbmsibs in einem besonderen
Vortrage bestimmt feststellen.
In derselben Sitzung trug der Schriftfiihrer E. Hehtbii
über „Die Schultasche in gesundheitlicher Be-
ziehung^ vor. Seine Ausfährangen gipfelten in folgenden
Sätzen: 1. Das seitliche Tragen der Schultasche ist wegen der
einseitigen Belastung des Körpers nachteilig und darum ver-
werflich. 2. Die Benutzung der Bückentasche ist you be-
sonderem Vorteile für die Gesundheit der Kinder.
Die Versammlung war mit den Ansichten des Referenten
einverstanden.
Sitzung am 8. März v. Js. Dr. Keesebiteb behandelte
das Thema: „Mund zul^ Es wurden die ästhetischen, gei-
stigen und physischen Nachteile, welche das gewohnheitsmäisige
Offenhalten des Mundes mit sich ftlhrt, erläutert.
Bei der Diskussion machte sich der GMianke geltend, durch
geeignete Lesestüdse den Kindern über die Wichtigkeit der
Nasenatmung Aufklärung zu geben. Zu diesem Zwecke wurde
Bedner in die von der Vereinigung niedergesetzte Kommiasion
für Auswahl von Lesestücken aus dem Gebiete der Gesundheits-
pflege gewählt.
Sitzung am 12. Juni v. Js. Herr Otto sprach über
jyDiätetik und Lebensregeln für geistig Beschäftigte.*^
Zuerst betonte derselbe die Schwierigkeit der Au&tellung einer
Hygiene für geistig Arbeitende, sodann beleuchtete er die
Mittel der Diätetik und ging endlich auf die Sekretionen und
93
Ezkretionen, sowie die Leidensohaften in ihrer Beziehung znm
körperlichen Wohlbefinden ein.
In den beiden letzten Sitzungen verhandelte die Yer«*
emigang auiaer über obiges noch über ein Plagiat der von
ihr herausgegebenen Oesundheitsregeln fOr die Schuljugend.^
Dasselbe ist von den Betre£fenden inzwischen zugestanden
worden.
Am 26. Juni y. Js. veranstalteten die Mitglieder einen
Ausflug nach Friedrichshagen, wo sie unter kundiger Führung
eines der Baumeister die Wasserwerke am Müggelsee be-
sichtigten.
Der Eintritt von vier Damen in unsere Vereinigung be-
weist, dals die Schulgesundheitspflege auch in den Kreisen
der Lehrerinnen an Einfluis gewinnt.
(SchlalB in No. 3.)
Jahresbericht des Vereins für gesundheitsgemäflie
Ersiehung der Jugend in Berlin.
Von
O. Jankb,
städtisohem Lehrer in Berlin.
Der Verein für gesundheitsgemäfee Erziehung der Jugend
wurde im Oktober 1893 begründet. In den Vorstand wurden
gewühlt Direktor Professor Dr. Schwalbe (1. Vorsitzender),
prakt Arzt Dr. Jaoübibl, Lehrer W. Sieobbt, Lehrer O. Janke
(1. Schriftführer), prakt. Arzt Dr. Sommebfbld, Taubstummen-
lehrer A. OoTZMANN (Schatzmeister), Frau Professor Angeb-
STxni, Frau Sanitätsrat Sohwebin und Buchdrucker M. Boss.
Über die vorbereitenden Arbeiten ist in dieser Zeitsehrifly Nr.
' 8. diese Zeitschrift, 1894, No. 10, S. 576-^677. D. Bed.
94
11, ISftS beriditet. Der Yontand erliefe sogleteih einen ebefr
daselbet, Nr. 1, 1894 yeröffentlioliten Aufraf, welcher von
einer beträehtlielien An«ahl anf dem Ghebieie dw Jngend-
eiBiehnng wirkender Damen nnd Herren nnteneielmet
nnd dem Vereine aogleioh eine bedeutendere Zahl yon
gliedern anführte.
Die praktische Anfifähmng seiner umfassenden Aufgaben
begann der Verein mit grOÜBeren öffentlichen VTereammlnngen,
die, filr die weitesten Sjreise der Berölkemng bestimmt, dea
Zwedk yerfolgten, die notwendigeten Kenntnisse über wichtige
Gebiete der Jugenderziehung in allen Volksschichten au yer-
breiten. Für zwei dieser Versammlungen war seitens der
atltdtisohen Behörden der Bürgersaal des Bathauses zur Vei^
fügung gestellt, während die übrigen in gröfseren Privatsfilen
abgehalten wurden.
In der ersten Versammlung sprach Direktor Professor
Dr. Schwalbe über die „Ziele des Vereins" und Professor
Dr. Akgbbstein über „Schäden und Mängel in der
Erziehung unserer Jugend*^. Man lese darüber den
Bericht in Nr. 10, 1894 dieser Zeitschrift. In derselben
Sitzung wurde nach einem Referate des Lehrers Seboebt die
Einrichtung einer Sektion zur Förderung des Eislaufes
beschlossen.
Die zweite Versammlung erledigte mehrere Anträge
seitens gleichstrebender Vereine, bezw. Einzelpersonen. Ein
Berliner Unternehmer hatte bei der städtischen Behörde den
Antrag eingelmicht, dafis ihm gröfsere Flächen der innerhalb
des Weichbildes gelegenen Flufeläufe und Häfen zur Anlage
Ton Eisbahnen pacht&si zur Verfägung gestellt würden.
Auf diesen Bifil>ahnen sollten die Kinder der Gemeindeschulen
fireien Zutritt haben, während für &wachsene und Schüler der
höheren Lehranstalten ein geringes Eintrittsgeld in Auasielii
genommen war. Der Verein beBchlofs, durch eine Petition
an den Magistrat das bezeichnete Unternehmen zu unterstüiien.
Der Verein Octavia-HUl, der die Fürsorge für Kinder
aus den ärmsten Volksschichten durch Einrichtung
95
Ton Bewabranstalten» HanshaltnngsBoIiiileii und Be-
«ehftf tignngsklaBsen entrdbt, hatte sich an unseren Verein
mit dem Ersuchen gewandt, seine Bemühungen zu fordern.
Vrau Stadtrat Oohn berichtete Aber die Ziele derselben. Eis
irnrde beschlossen^ zunächst zu prüfen, ob und eyent. in wel-
cher Weise wir den Aufgaben jenes Vereins dienen konnten.
In Anbetracht des ümstandes, dals der I. Deutsche Kon-
greß filr Jugend- und Volksspiele im Februar hier zu tagen
beabsiehtigie und an den Verein eine Einladung zur Beteiligung
eigangen war, sprach der Verfasser dieser Zeilen über
die gesundheitliche Bedeutung der Spiele im Freien
fllr unsere Kinder, insbesondere für die Madchen,
und forderte zur regen Beteiligung an dem Kongresse auf.
Auf Anregung des PrSsidenten desselben, Herrn von Sohemcken-
DOBiT, der als Vereinsmitglied anwesend war, wurde beschlossen,
dab der Verein sich offiziell auf dem Kongresse vertreten lalse.
In der dritten Versammlung hielt Dr. Jagüsuel einen
Vortrag: „Vorschläge für die Musterung der schul-
pflichtigen Jugend^. In unserem Schulwesen, so fbhrte
der Bedner aus, ist, vor allem auch in hygienischer Beziehung,
noch manches zu bessern, und solange der Staat hierzu
nicht die Initiatiye ergreift, bleibt es Pflicht berufener Per-
sonen, bezw. Vereinigungen, nach bestem Können zur Hebung
4er G^undheit unserer Jugend mitzuwirken. Auch ftar
noeem Verein bietet sich eine treffliche Gelegenheit, einen
Stttn zum Fundament dieses Gebäudes hinzuzufügen. In
enter Beihe wird es sich empfehlen, die Musterung Aer
aelinlpflichtigen Kinder anzustreben, damit einerseits geistig
und körperlich Zurückgebliebene von dem Schulbesuch fern-
gehalten, andererseits die Lehrer in die Lage versetzt werden,
nachdem sie Kenntnis von den Gebrechen der jungen Zög-
linge erhalten, auf diese die erforderliche Rücksicht zu nehmen,
um den Behörden die obwaltenden Verhältnisse mit einem
beweiskräftigen Zahlenmaterial vor Augen führen zu können,
«mpfiehlt der Vortragende, eine Abteilung zur Musterung der
eehnlpflichtigen Kinder einzurichten und die nach einem vorher
96
genau festgesetzten Plane vorzunehmenden ünterauobungea
fürs erste auf einige Gemeindeschulen zu beschränken. Es
seien festzustellen Gewicht, Länge, Brustumfang, Ejiochenhaa
und allgemeiner Ernährungszustand, femer Beschaffenheit der
Sinneswerkzeuge und der Intelligenz. Aulserdem seien die
häuslichen Verhältnisse der Schulkinder zu prüfen und danach
zu entscheiden, wem Ton ihnen die Lehrmittel unentgeltlich
zu liefern, welche zu speisen und welchen etwa Biäume zur
Anfertigung der Schularbeiten anzuweisen seien. Endlich
habe man noch zu untersuchen die Zahl der in einer Klasse
unterrichteten Kinder, den Kubikraum der Klasse, die Art
der Beleuchtung, Ventilation und Heizung^ die Dauer dee
Unterrichts.
In der sehr regen Debatte sprachen sich die meisten
Bedner zustimmend zu dem Vorschlage des Vortragenden aus
und betonten, dafs mit der Einführung dieser Musterung eine
schon lange schmerzlich empfundene Lücke in der Schulhygiene
ausgefüllt würde. Wenn schon in einzelnen Fällen die Eltern
auf Gebrechen ihrer Kinder hinwiesen, so wären dies eben nur
Ausnahmen. In der Mehrzahl der Fälle hätten dieselben Ton
den körperlichen Fehlem ihrer Kinder gar keine Kenntnis,
und es würden nur allznhäufig kränkliche Knaben und Mäd-
chen eingeschult, die entweder infolge von Kurzsichtigkeit,
Schwachsichtigkeit, Schwerhörigkeit, Wucherungen im Nasen-
rachenräume u. s. w. im Unterrichte zurückblieben, oder wegen
der mangelhaften körperlichen Entwickelung bei der Ein-
schulung an ihrer Gesundheit dauernden Schaden nähmen. Der
Verein beschlols die Einrichtung einer Sektion zur Musterung
der schulpflichtigen Eander.
(Fortsetiang in No. 8.)
97
über die W&rniestrahliuig kflBstUoher LichtqaelleB.
Aas einem Vortrage Professor RufiNERS, gehalten auf der
LXVL Yersammlnng deutscher Naturforscher und Ärzte
* in Wien.
Es ist bekaimt, daüs die Schttler, wenn sich Flammen, nament-
lich Gasflammen, zu nahe über ihrem Kopfe befinden, Ton der
^traUffliden Wärme zu leiden haben.
Zuerst empfindet man bei einem gewissen Abstand der künst-
lichen Lichtquelle nur ein unbestimmtes Gefühl der Bestrahlung,
dann deutliches Wärmegefühl, darauf Hitze, besonders an Stime,
ICasenwurzel und Augenlidern, später thrftnen die Augen, schlieblich
▼ersiegt auch der Thränenflub. Diese Erscheinungen sind übrigens
nicht immer bei der gleichen Entfernung der Wärmequelle zu
beobachten, da die Temperatur der Luft als wesentlicher Faktor
einwirkt; hohe Temperatur derselben vermehrt ungemein die Em-
pfindlichkeit gegen Wärme« Es gibt also keinen allgemein gültigen
Grenzwert für den Abstand, den das Beleuchtungsmaterial von uns
haben soll.
Professor Rubneb hat weiter mit Thermoelementen die
Temperatur der bestrahlten Teile untersucht und gefunden, dais die
Erhöhung der Hauttemperatur die stOrende Empfindung der strah-
lendfai Wärme nicht erklären kann, denn diese beträgt bei starker
Belästigung oft nicht mehr als 2,7^ G. Die absolute Temperatur
der Haut spielt auch keine wesentliche Bolle, nur muts bemerkt
werden, dafs bei hoher Luftwärme die störende Steigerung der
Hanttemperatur noch weit geringer ist und bloCs etwa 1,1^ C. aus-
macht.
Vermutlich wirkt neben der Temperatur die Austrocknung der
Haut mit und die bei künstlichen Lichtquellen mehr als bei Be-
sonnung hervortretende ungleichmäßige Verteilung von Licht und
Schatten.
Der Vortragende erläuterte weiter die Notwendigkeit direkter
Messungen der strahlenden Wärme bei den verschiedenen Beleuchtu^s.-
methoden und gab Zahlenbelege für Kerzen- und Gaslicht. Ult
doch die Wärmestrahlung einen erheblichen Einfluß auf die Aus-
Jintzung des Lichtes unserer gebräuchlichen Lichtquellen.
B^v]fMiiildIi«Ltspfl«gtt VIU.
98
Aieittete Jtitieii«tt|ett.
Die ErmfidnBg, so betitelt sich eine von J. Gunzeb ans dem
Italienischen Obersetzte Schrift des bekannten Physiologen, Professor
Dr. A. MO88O in Tnrin, der wir folgendes entnehmen : Jede Ennadnng
ist nnter normalen Verhältnissen eine nervIVse. Die geistige, ii>ie di»
körperliche Arbeit erschöpfen das Gentralnervensystem, das dann za
beiden Thätigkeiten nnbranchbar wird. Demnach ist es ein phymo-
logischer Lrrtnm, wenn man die Schnlstonden der Kinder dvrdi
Tnmttbnngen nnterbricht, in der Absicht^ dadurch die Gebim-
erschöpfnng zu yermindem. um die dnrch intellektnelle Aiiwit
geschwftchten Kräfte des Organismus wiederherzustellen, gibt es
kein anderes Mittel als Stillsitzen und Ausspannung. Zwingen wir
das Nervensystem zu einer Muskelanstrengung nach einer Gehirn-
anstrengung, so finden wir die Muskeln weniger aibeitstttchtig, imd
wir fügen damit der Gefaimanstrengung noch eine andere An-
strengung hinzu, welche gleicher Art ist und das Nervensystem
ebenso schädigt. Angesehene Pädagogen urteilen freilich ander», al»
M088O. So versichert Geheimrat Sohillbb, dais die jflngereA
Schtller, nachdem sie in den Pausen leichte Turnübungen ausgeführt
hatten, geistig frischer und leistungsfähiger waren, als vorher.
Über angebliclie ImpftobXdeA wird* von dem Hambvffer
Oberimpfarzt Dr. Voigt berichtet. Der Genannte hat den Eifelg
von einer Yiertelmillion Yaccinationen kontrolliert und die an-
geblich vorgekommenen Impfsdiäden nicht nur gebudit, sondertt
andi polizeiärztlich verfolgen lassen. In den letzten 6 Jüan»
traten bei annähernd 100000 Impfungen auf: 35 Fälle allgemeiner
Vaccine, und zwar 17 Fälle des fleckigen, 18 Fälle des papolösen
und pustulösen Ausschlages. Dann folgen einzelne Fälle stärkeveF
Reaktion um die Impfpusteln, welche namentlich RevaiceBimt&
betrafen, und endlich 69 Fälle sogenannter Impfschäden. Yim
letzteren waren: 11 Nesselsucht (Urticaria), 8 nässender Grind
(Impetigo), 27 Ausschlag (Eczema), 2 Psoriasis, 2 Purpura, 1 MftBeB-
ausschlag (Pemphigus), 3 Mundfhule (Stomatitis aphthosa), 1 Fwnn-
culosis, 2 Abscesse, 1 eitriger Bubo in der Adiselhöfale, 5 €le-
schwttre der Imp^usteln, 2 Rose (Erysipelas) und 4 Augenevl-
zflndmigen. Fast in jedem dieser 69 Fälle liefe sidi nachweisen^,
dats die Kranken binnen kurzer Zeit hergestellt waren und dafe
eine von der Impfung unabhängige Ursache den Schaden angeriditet
haben mutste. Der einzige Todesfall ereignete sich bei einer Yer-
Bchwärung, die erst in der zweiten Woche nach der Impfung als
99
nachtrflgjiche Wiinderkrankmig begaim. Diese der Wirklichkeit ent-
sprechenden ZaUen beweisen, da(s das Not- and Impfmord-
geschrei der Impfgegner dreiste Wahrheitswidrigkeit ist.
Welchen Sogen dagegen die Impfimg stifket, darfiber möge folgende
Statistik ans Italien Anfschlnb geben, zu der wir nnr bemerken,
dafe im Jahre 1888 dort die obligatorische Sdratzpockenimpfnag
eiagefahrt wurde.
Zahl der Erkrankungen nnd Todesfälle an Pocken
in Italiea wahrend der Jahre 1888—1892.
Jahr
Zahl der Pocken-
Zahl der Fookea
erkranknngien
todesiälle
1888
64070
18110
1889
39730
13416
1890
22207
7120
1891
13840
2728
1892
9206
1453.
Naeh diesen Angaben, die ein fortwüirendes Sinken sowohl der
PeAe&eikrankongCB, als der Pock^lodesfiUle nach EinfBhmng der
Impfcng zeigen, wkd es schwer yerstaadlidi, wie auch noch Lehrer
InawefleD gegen die Impfiing agitieren können.
IHe ersten Maaem anf den Samoninseln. Bis vor einiger
Zeü sind die Masern anf dem angenblicklieh so Tiel besprochenen
Andiqiel der 8amoainse]n imbekannt gewesen. Im Jnni v. Js. wnrde
diaKffankheit durch einen Dampf» anf den Tongainseln eingeschleppt,
wo sie groiae Verheemngen anrichtete. Drei Monate später brachte
dm gleiche Dampfer den Anstecknngsstoff nach Samoa. Ähnlich
wie hei froheren Gel^enheiten, wo bis dahin nicht dnrchsenchte
Inaalgr^^pen (FarOr, Fidjünsdn) infiziert wurden, ergriffen die Masern
anch hier in kmrzer Zeit die gesamte Be^Olkenmg. Yon den 34500
Binwehnem der Inaelgruppe starben nach emem Bericht von S. B.
DawuiB in jfThe Brit, Med, Jeum.*^ bis E^de Dezember etwa 1000,
seitdem noch mehrere Hunderte, damnter die gröfeere Hälfte Kinder.
Die hohe SterbMchkeit jBült weniger der Heftigkeit der Epidemie aia
dam wnTemltaiftigasi Yerhalten der Erkrankten zur Last. Neun
Zehntel der Todesftlle hätten nach ftrztiicher Ansicht vermieden
werden kOmien. Fast alle Todesftlle erfolgten an Homplikntionen,
weranler soldw des Darmkmiab, wie Dysenterie u; s. w., die
htaigsten waven.
Zvr StorUiekfceit der Klnier in daterreieh. Das „dsAw.
StmUätswes.'^ bringt ein Ywzeichnia der in sftmt^hen Kronlftndräi
wifarenä des Jahrea 1893 vorgekommenen Sterbeflffle, nach Todes-
uMuehen geor^hiet. Wir heben diejenigen dieser FaUe hervor, bei denen
100
Schulkinder wesentlich mitbeteiligt sind. Es starben 1893 an
Blattern 5819 Personen, an Masern 7495, an ScharUich 12689,
an Kenchhnsten 15402, an Krapp nnd IMphtherie 28517. Die
Gesamtzahl der natflrlichen TodesMe betrag 650388. Danach
haben Krapp nnd Diphtherie die größten Verheerangen anter den
Kindern angerichtet, nächstdem Kenchhnsten nnd Schailach.
Gegen die akademischen Trinksitten wendet sich eine An-
sprache der katholischen Bischöfe in der Schweiz, ans der die
„Ztschr, d. deiUsch. Ver, geg. d. Mifsbr. geist Qretrßnk.** nachstehendes
heranshebt. Einer der bedenklichsten Aaswftchse der Trinksitten ist
der Trinkzwang der Akademiker. An höheren Stndienanstalten
können die Mitglieder gewisser Vereine statatenmftisig genötigt werden,
sich zn betrinken. Sie müssen trinken, anch wenn das Bedflrfiüs
za trinken fehlt, anch wenn ihre Gresandheit gegen das Übermafs
protestiert, anch wenn sie sich damit anter das Tier erniedrigen.
Alle Rücksichten aaf Menschenwürde, Moral nnd Oesnndheit müssen
da verstommen nnd zarüdcweichen vor dem sinnlosen Trinkzwang.
Es ist in diesen Kreisen nicht genng, daCs es jedem frei steht, nn-
mäbig za sein, nicht genng, dals die ünm&lsigkeit nicht mehr als
Schande gilt, sie wird sogar statatarisch Yorgeschrieben. Weiter
kann wohl der Widersprach gegen das Sittengesetz nicht mehr ge-
trieben werden. Dieses Joch eines nnsittlidien Zwanges legen die
onvemünftigen Trinksitten aof den Nacken der meisten jongen Stu-
denten, um letztere, die Blüte anserer Jagend, die Hoffnung unseres
Vaterlandes, an Leib und Seele zu yerderben. Diese Unsitte ist
bereits so eingewurzelt, dais es dem einzelnen Studierenden kaum
za verargen ist, wenn er bisher dem Zwange sich fügte. Um so
dringender ist es, dafs man mit vereinten Krftften gegen denselben
vorgehe. Wir verlangen an dieser Stelle nicht völlige Enthaltung
von geistigen Getränken, wir reden nicht einmal von M&faigkeit,
wir sagen nur: dieser unsittliche Zwang soll gebrochen werden, es
soll für die jungen Männer die Freiheit zurückerobert werden,
nüchtern und mäbig zu sein, die Freiheit, als vernünftige Menschen
und gute Christen ihre Erholung zu genieCsen, die Freiheit, nicht
selbstmörderisch g^en das eigene Fleisch zu wüten. Wir veriangen,
dab die Hoffnungen von Familie, Kirche und Vaterland nicht in
ihrw schönsten Blüten dorch eine wahnsinnige Unsitte geknickt
werden, welche allzuoft bewirkt, da(s gerade in jenen Fällen die
bittersten Früchte geemtet werden, in welchen die schwersten Opfer
gebracht wurden. — In ähnlichem Sinne spricht sich der bekannte
Professor der Medizin Dr. BiNZ in Bonn ans. Es ist für junge
Menschen, so schreibt derselbe, deren Charakter noch in der Bildung
begriffen ist, eine grolse Gefahr, ein Jahr oder zwei ganz nach
101
eigenem Belieben in trägem Nichtsthnn, mit Kneipereien, Pankereien,
Kartenspielen und Liebeleien hinbringen zu können, ohne dals irgend
ein Drack zn ernster Bemfsarbeit, z. B. dnrch Zwischenexamina, anf
sie ansgeflbt wird. Viele, oft sehr begabte Jflnglinge gehen dadurch
ganz za Grande, sie können später das Arbeiten nicht wieder lernen,
wenn ihre hohe Semesterzahl sie oder die Mtem ängstlich macht,
sie haben sich zu sehr an den Trank and an das liederliche Leben
gew<^t, sie haben die rechten Ideale and aach jene Jagendfrischc
yerloren, die zor Überwindang Ton Prflfangen and anderen Schwierig-
keiten den rechten Mnt verleiht. Eine noch grOAere Anzahl geht
nicht yerloren, besteht die Examina» kommt za Amt and Brot,
bringt aber aas ihren yerbammelten and verschlemmten Semestern
einen praktischepi Materialismus, eine egoistische Oennfssacht mit in
die reiferen Jahre, durch die sie in dem socialen und ethischen
Leben der Nation aulserordentlich viel Schaden stiften. Und gerade
VBter den so einfluisreichen Juristen sind nach allgemeinem Urteil
jene Materialisten des Herzens nicht selten. Mir ist nicht klar,
warum die Yorgesetzte Behörde der Juristen ein solches Zwischen-
ezamen nicht längst eingerichtet hat. Manche Zustände, die ich oft
aus sachkundigem Munde beklagen hörte, hätten dabei gegründete
Aussicht anf Besserung. Auch den Studierenden der yerschiedenen
philosophischen Fächer würden solche Zwischenexamina sehr gut be-
kommen. Je gröiser die Zahl der Arbeitsstunden auf der Uniyersität,
um so kleiner die der FrOhschoppen und Trinkgelage.
SekHlsaiiatoriui flr Midchen in Dayos. Für manche unserer
Leser dürfte es von Interesse sein, zu erfahren, dafs in Dayos-Platz,
Kanton Oraubtlnden, ein von den Fräulein A. und B. Diokes geleitetes
Sehulsamitoriam fOr junge Mädchen besteht. Dasselbe will solchen
SchfUerinn«!, welche schwächlicher Gesundheit oder geyrisser Er-
krankungen wegen die Schule zu Hause überhaupt nicht oder nur
80 besuchen können, daft entweder der Gesundheit oder dem Unter-
richt dadurch Eintrag geschieht, Gelegenheit bieten, eine geeignete
Kur zu gebrauchen und mit dieser eine weitere Ausbildung an
Geist und Leib zu yerbinden. Es finden demnach Au&ahme in der
Anstalt jüngere und ältere Mädchen, und zwar specieU: 1. diejenigen,
bei weldien eine gewisse Disposition und Gefahr gegeben Ist, an
Lungentuberkulose zu erkranken, sogenannte Prophylaktiker. Zu
diesen gehören: a. zarte schwächliche Mädchen, besonders solche,
die aus tuberkolöeen Familien stammen; b. Mädchen, welche infolge
körperlicher oder geistiger Überanstrengung, zu raschen Wachstums,
hygienisch-diätetischer Fehler an Entwickelungsstörungen, Blutarmut,
Bleichsucht leiden; c. solche mit Krankheiten der oberen Luftwege,
besonders der Nase, des Nasenrachenranms und des Rachens, und
102
den damit so häufig Terbnndenen Folgdznstftndeii, i/vie Atmniig durch
den Mond, wiederholte Sdumpfenanfälle und Entzfindnagen der
Gaumen- und Rachenmandel, ferner Asthma; d. Rekontalescenjtan
nach eingreifenden Operationen oder schweren Krankheiten, besonders
Infiuenza, serOsen oder eiterigen Brustfdlentxündnngen, Lm^a-
entzündung, Typhus u. a. 2. An bronchialem oder nervIVsem Asthma,
Rhachitis, Nervosität, leichter Hysterie, Malaria und an atoniscAen
Magen- und Dannerkrankungen Leidende. 3. Skrofulöse und
lungenkranke Mädchen, bei welchen die Erkrankung eine leichte
ist. Kontraindikationen, welche eine Aufnahme in die Anstalt
unmöglich mach^, sind Torgeschrittene Erkrankung an Lungen-,
Kehlkopf-, Darmtuberkulose, Nierenkrankheiten, HerzMüer mit
mangelnder Kompensation, hochgradige Anämie, schwere Hysterie
und schwere Nervosität. Diese Aufnahmebeschiftidtungen mulsten
stattfinden, weil einerseits solche Kranke nicht in das Hochgebirge
gehören, andererseits deren Aufoahme dem Zwecke und der Aufgabe
des Schulsanatoriums, welches eine Heil- und Lehranstalt und keine
Pflegestätte für Schwerkranke sein will, zuwiderläuft.
Desiderius Erasnus Boterodanus fiber JngendsiiMe.
Dieser bekannte Humanist (1465 — 1536) läfst uns in semen Cöiloquia
auch einen Blick auf einen Spielplatz der damaligen Zeit thun. Wir
dürfen wohl annehmen, so schreibt die ^Dtsch.Tum.-Zigf.*^ dab er
seine eigenen Jugenderinnerungen wiedergibt ans seiner Heimat
Rotterdam. In dem Kapitel De lusu treten im Dialog einige Knaben
auf, die beschließen, durch einen Abgesandten dem Pädagogvs, „der
schon ganz vei^essen hat, dafs er auch em Knabe gewesen^, die
Erlaubnis zum Sjnele zu „entwinden". Bei dem Lehrer spricht
dieser Abgesandte: „Deine Einsicht weifs, dafe die Geistesfeisdie
durch mäbiges Spiel geweckt wird, wie Du es uns aus QuiürcriLtAKüS
gelehrt hast.** Nach einigen Einwendungen und guten Emu^img»,
,,in Abteilungen (gregatim) auf dem Anger zu spielen, nicht hinterher
zu kneipen, sondern vor Sonnenuntergang heimzug^en", erhält
Cocles — so heifst der Abgesandte — die Eriaubnis und kehrt
froh zu der harrenden Knabenschar zurOck, die nun in Berfttimg tritt,
was gespielt werden soll. Sie entscheiden sich fttr „Ball^, und
zwar ohne Netz (reticulum) zu schlagen. „Das Hbt*', wie ans
^NicoLAUS'' belehrt, „am meisten von allen Spielen säa^che
Körperteile." Dabei kommen folgende Spielregeln in Anwendung : ]>er
Vorschlag, um einen „Nasenstflber" zu spielen, fUlt durdi^ es wM ml-
mehr zum Beschluls erhoben, dafs die Partei, welche zuerst drei 9fMe
vertiert, an die siegende V« Drachme (1 Drachme = 79 Pfg.) tu soläen
hat, unter der Bedingung, dafs das Oeld zum gemeinsamen „oon-
vivium" verwendet wird. Die Parteien werden durchs „Les** ge-
106
bfldet, die j^idgftsge, im ganzen 105, durch Kreidestriche notiert.
Die Kosten ftr die BAUe, sei es für Neuanschaffimg, sei es für
bki&e Leäigebfihr, sind gemeinsam zu tragen und nicht vom Spi^-
gewinn abzuziehen. Beim Spiel mit den Wurfkugeln (ludus globorum
missüiun) nehmen die sich ein fernes Ziel, das mit Werfen erreicht
irerden mnfs ; sie weifm immer wieder von da, wo die Kugel nieder-
gefallen ist .Der eine sagt zum andern: „Du hast nun genug in
die Lippe gebissen und den Arm gekreist, wirf endlich.*' Die
Spielenden Ifben sich femet im Sprunge, „wie die £idechsen oder
vielmehr wie die Frösche^, im Weitsprunge sowohl auf einem als
auf beiden Ffifsen. Sftab8{>ringen können sie auch. Ebenso wird
d«r Welüaiif nicht vemadiläsngt. Als £rqui^ang soll dann ein
Bad gehemmt werden; sie schwmmien nai6h. Weise der Frösche,
was sie mit Hilfe eines Schwimmgürtels aus Kork erlernten.
Z«r DesinfekitiM durch Somronlicht. In den letzten Jahren
«d wiederfadt Versuche angestellt worden, ob das Sonnenlicht eine
desinfizierende Wii^ung auf Bakterien ausübt. Professor von
ESMABOH in Königsberg verwendete zur Entscheidung dieser Frage
infisierte Leinwalid, Möbelstoffe, Bettkissen und Pelze. Von Bak-
terien benutzte er zu seinen Versuchen diejenigen, welche Eiterung,
Tjfphus, Cholera und Diphtherie erzeugen. Die Stoffe wurden mit
diesen Bakterien verunreinigt und nachher entweder trocken oder
Isucht der Sonnenstndilung ausgesetzt Es zeigte sich nun als
Wirkung, daGs die oberfiftchlichen Teile rasch desinfiziert wurden.
IMeses Resultat verminderte ^h aber schnell, sobald die Bakterien
durch darftbeitiegende Stofflagen geschützt waren. Dunkle Stoffe,
welche bekaantermalsen die Sennenstrahlen in reichlichem Mafse in
ikh, an&ehmen, gewähren einen stärkeren Schutz als helle. Bei
Leinwand zeigte sich dib Desififektionswirkung der Sonne schon nach
UBgefkhr zwei Stunden, bei anderen Stoffen später. Da aber em
Effekt in die Tiefe nur ^hr selten m bemerken war, so eieht
Bbmaboh den ScUuls, es sei in dem Sonnenlicht ein brauchbares
BesmfeMonemittel mcht zu erblicken. Man wird daher auch in den
Sehttlen mdft zu viel auf die desinfizierende Kraft der Sonne rechnen
dflrfen.
ta$tB$tf^\ä^l[ii^ts.
Die VarlmpriWwMigMi «sf Am <X. internatieMleM Kongrefs
At liffieiie und BMegrapUe in Madrid werdön, wie HEian der
104
j^Bisch. med, Wochsd^.*^ von dort berichtet, bereits getroffen. Die
am 16. Oktober v. Js. dorch YerfQgiing des Mmisters des Innern,
Herrn Aguilera, ernannte Kommission hat am 20. Dezember ihre
erste Sitzung unter dem Präsidinm des neuen Ministers des Innern,
Herrn Gapbepon, gehalten. Das Hauptergebnis der letzteren war
die Ernennung eines Ausschusses von sieben Mitgliedern, nftmlidi der
Herren Gimeno, Calleja, Alokso, GastbiuiO, Pülido, MbIiLADO,
Mabtinez Pacheco und Alvabez Capba, zur Ausarbeitung eine»
Beglements fttr den Kongreis und die.damit zu verbindende Ausstellung.
Dieser Ausschuls wurde auch beauftragt, die Verteilung der Kommis-
sionsmitglieder in die verschiedenen Sektionen zu tlbemehmen.
Schnlhy^enisehes ans dem achten Bericht ftber die
Sffentliche Gesundheitspflege in Bremen. Auf den Inhalt des
Berichtes ist nach der „Zsitoc^. /*. Medisrbeamt*' die Organisation
der Medizinalverwaltang von Einflub, insofern diese ein mUndliches
oder schrütliches Zusammenarbeiten der Medizinalkommission des
Senats und des Gesundheitsrates der iürzte verlangt Infolge-
dessen bieten die Mitteilungen, da sich in ihnen vielfach das
Ftlr und Wider der Meinungen abspiegelt, mehr als ein reines
Beferat ttber Ereignisse und Zustande. In dem Kapitel Aber Schnl-
gesundheitspflege z. B. erfahren wir nicht nur, dab sich die Medi-
zinalverwaltung für Anordnung der Schulfenster nach Osten bis
höchstens Südosten entschieden hat, sondern auch, welche Über-
legungen dabei mafsgebend waren. Wir hören femer, wie man in
Bremen dazu gekommen ist, die Fu&böden der Schulzimmer mitLinoleom
zu belegen, „welches durch seine Glätte die sicherste Beinigung gestattet^
warm hält und kein Wasser aufaimmt*', und dafs in den neu zq
erbauenden Schulen die Fufsböden aus Cement hergestellt werden
sollen, da man das Linoleum nicht auf unebene Dielen legen kann»
In gleicher Weise werden weiter erörtert die Einrichtung von Nieder-
druckdampfheizungen für Schulen, die Einführung neuer nach Angabe
des Gesundheitsrates angefertigter Subsellien, die Mabnahmen zur
Verhiltung der Yerbreitung der Tuberkulose in den Lehranstalten und
die Herstellung von Schulbftdem. Die Benutzung der letzteren war
anfangs fakultativ, wurde aber bei dem lebhaften Entgegenkonmieii
der Kinder und ihrer Angehörigen obligatorisch gemacht, so zwar,.
dafs nur ein ärztliches Attest ein Schulkind von der Teilnahme
dispensieren kann. „Wenn auch die Einwirkung auf die Gesundheit
der Schiller", so bemerkt der Bericht, „erst langsam und nicht
gerade augenfüllig sich zeigen wird, so ist doch jetzt bereits dn
erziehlicher Einfiufs auf Beinlichkeit und Ordnung bemerkbar."
Veriej^mg des vermittigigen Uiterriehtes in eine»
Wiener Bezirke. Die „JV: JPV-. iV.^ berichtet: Der Ortsadiulnit
105
des Bezirkes Alsergrond hat in seiner am 19. Dezember y. Js.
imter dem Vorsitze des Obmannes, Gemeinderates Kaiser, abge-
haltenen Sitzung den Beschlofs gefalst, den vormittägigen Unterrichts-
beginn in den zwei untersten Khissen der Yolksschnlen des IX. Be*
zirkes vcmi 2. Januar 1895 an wieder auf 8 Uhr frflh zurttckzu-
veriegen. Motiviert wird dieser Beschluis mit den Erfahrungen,
welche während des vierwöchenüichen Versuches des ünterrichts-
b^ginnes um 9 Uhr an den beiden untersten Klassen der Volks-
schulen dieses Bezirkes gemacht worden sind. Auch die Berichte,
welche von öffentlichen Schulleitern des Bezirkes hierttber eingeholt
worden, und die diesbezflglichen eigenen Wahrnehmungen der Mit-
glieder des Ortsschulrates in den ihrer Aufsicht unterstehenden Schulen
haben in dieser Angelegenheit bestimmend auf die Beschlulsfassung
eingewirkt
WarnvD)^ der Schfiler vor sexuellen Yerirningeii. Der
bekannte Gynäkologe, Professor A. Begab in Freiburg, veröffentlicht
soeben ein Werk : Der GesMechUirieb, eine sociaMeäieimsehe Studk,
dessen erste Hälfte auch den Erzieher und Schulhygieniker angeht.
In demselben schreibt er: „Ein französischer Edelmann gab seinem
das Vaterhaus verlassenden Sohne das Losungswort mit auf den Weg :
Si vons ne craignez pas Dien, cndgnez la veröle. Eine durch einen
Ant, etwa am Ende der Schulzeit, gegebene Belehrung über geschlecht-
liche Verhältnisse und eine von Übertreibungen und Redensarten
freie Schilderung der durch den sexuellen Umgang bedingten Ge-
fahren kann gewifs viel Gutes stiften.*^ Ähnlich spricht sich der in
jflngster Zeit oft genannte schwedische Arzt Seyed RiBBiKa in
seiner „Sexualen Hygiene'* ^ aus. „In dem Unterrichte^, so heifst
es dort, „sollte auch für jedes Entwickelungsstadium so viel, wie
gerade passend erscheint, vom Geschlechtsleben Platz finden. Alles
diesbezllgüdie Wissen süftet mehr Nutzen, wenn es auf dem Wege
der geordneten Unterweisung, als wenn es auf heimlichen Umwegen
erlangt wird. Diesem Unterricht mttlste sich schlie&lich ein Kursus
an menschlichen Leichen demonstrierter Anatomie anschlielsen, eine
Methode, welche meiner Ansicht nach viel von der Neugier beseitigen
wärde» die jetzt einen so schädlichen Einflub ausübt.^ Hierzu
bemerkt Professor F. Baumgabtbk in den ^Sädioestdeutsch. SehnU-
hUUL*^ : „Dieser Appell an die Lehrer verdient jedenfalls die ernsteste
Beachtung. Wie weit ihm Folge zu leisten ist, wird vom einzelnen
Falle abhängen* Im aUgemeinen dürfte eine derartige Belehrung
riditiger dem Takt des Vaters zu überlassen sein, und auch, wo
ausnahmsweise der Lehrer sich dazu berufen sieht, wird eine Warnung
' Vergl. diese Zeitschrift, 1892, No. 1, 8. 38— 40. D. Bed.
im
ttüter Tier Angen den Yorzng yerdienen. Denn glflcklicberweise ist
«Bsere SchfQerwelt trotz der Fflile von Yerfttfarnng noch niciit «o
verdeiH) da& eine solche Ünterweisiüig in pleno nnbeden^oh
«topiohleB werden könnte. Die nnrerdorbenen 6eelen, die dodi gott-
lob'! nodi in jeder Prima sich finden, würden durch eine solche 'Aii^
teitang «nter Umstftndeu mdir gesdiädigt als gefördert werden.
BuskA wie dem sei, die Gewtfeheit wird jeder ans HBäA.Bs Bndi
f^winneD, da& der Erzieher nicht ernst genug auf Mtfsigfing imd
Efeithiültsamkeit unserer Jugend, auch im Garab des Alkohds md
TidiNdcB, nnd besonders auf reine Lefoensftthnmg hinarbeiten kam.
Letztere entspricht nidit nur den altherkömmlichen BVsirde-
niBgen der Sitte und Religion, sie erhftlt nicht nur gmstig -und
gtotttlich gesund, sondern sie bietet auch allein volle GarantK
für das leibliche Wohlbefinden der jetzigen und der folgenden
Oenerationen.**
Eine Epidemie von Tinea tondens im KindeMdehosf in ven
Benßk-snf-Ker. Wie „Z^e Pro^r, mSd." berkhtel;, herrschte ^ror
müg&t Zeit unter den Eindem des Seehospizes in Berc^^-snr-'Mer
l^Üie heftige Epidemie von Tinea tondens. Von den 840 Insassen
i^ren 230 befallen. Der Stadtrat hat auf den YerscUag des ih*.
K&VASRB die kranken isoliert nnd in einer Besitzimg zu 'Moisselles
Atetigebracht, die zum A^l für Greise bestimmt, aber nedi nidit
liezogen war. Nach den Erfahnmgen, welche im KindeAoqiital
Säint-Lonis in Paris gemacht worden sind, nimmt "die Behan<ttnng
didi^r Haarkrankheit 5 bis 6 Monate in Anspruch.
Me Binricktnng nnd Entwiek«Inng der Unteiriiebtolnorw
fBr stotternde Schfiler in Breslnn. Im Sefstember 1886, so te^
richtet Rektor W. Hübnbr, wurden auf Veranlassung des Breslauer
ltiE%istrats in den stidtischen Volksschulen statistische Erheboi^en
ttber die ^hl der stotternden und sonst spraehgebrechlichen Kinder
nnd über die mutmaßliche Ursache dieser Übel angestallt. Bs
-«(Wden S5Ö Sprachleidende ermittelt, nngeMr l7o der die SeMe
IMucheoden Kinder. Nur IS Sohnlen wiesen gar keine fltottepar
«ttf, wthrend in einer Schnle aliein 18 Torhanden wasren. Ais Ot-
eaäie des Übels bezeichneten die Rektoren teils erbllehe A]d«ise,
WU den steten Umgang mit stotternden Geschwistern^ teils tAyor-
dtCMiftene Krankheiten, wie Kenchhnsten, Hasera^ Schaitafcii, Diphtblüe,
tetts Schily, Fall oder plötzlichen Schrecken. Nadrdem ^r eMe
Btellknrsns mit gutem Erfolge in cäner Mftdchehschnle «bgehdten
trar, iNswilligte der IM^tgistrat 600 Mark m dm gleMten (SiMoke
t9st alle Schulbezirke. Znnictist galt es, geeignete Lehitmibs nn
gewinnen. Deshalb yeranlafste die Schulbehörde den Rdctor fien^-
MAtm, der als firttfa^er Lehrer an einer Tanbstnnlnehianitait mit
107
d«ii SpfBchgebreclieii uod deren Heilung nicht unbekannt war, z«r
IMnitang «fines Yorbildnngskursus, der im Oktober 1888 ety^fhot
wvrde, «nd an dem 3 Bektoren und 7 Lehper teänahmen. tm
folgenden Jabre fanden dann 5 Beilkurse «tatt mit snanineii
76 Schfilem and ScMerämoft im Alter von 12 — 14 Jaferen, «die in
tröcbentlicli 2x3^ zusammen in 80 Unterridbtsstonden loiA^rwies^
irarden. Das Sebu^jabr 1880 — 91 brachte einen weiteten Fort-
sebritt. In den stadtiscken Etat wurden 840 Mark f&r dieSteiMeirer-
korse eingestellt, wodurch dieselben auf 7 eili5ht werden konn^.
Zof^eich hatte man im Sommerhalbjahr 1891 wieder einen Särdus
ftr Stotterertelurer eingerichtet, bei welchem die GürrsMAKNSCfaie
Beilmethode zu Grunde gelegt war. An demselben beteiligten «ich
15 Lehipersonen. So iEonnten 95 Kinder unterrichtet werden, und
zwir sehlofe sidi an den Kursus ein Wiederbolnngskursus Iftr die-
edben an. Die Prüfung ergab wiederum ein gflnstiges Resultat.
In Schuljahre 1892—93 wurden 12 Kurse abgehalten. Diesmal
eiinelten auch Kinder aus höheren und Privatscbulen Znlaffe, falls
ibre Eltern einen dahingdienden Antrag stellten. Es Mgten
12 Karse im Schuljahare 1898 — 94. Die statistischen Erbebungen
amfafeten bei dieset Gelegenheit auch die Stotterer und Stannnier
der höheren stadtischen Schulen. Ermittelt wurden aus den letzteren
26 Stotterer, aus den Yolksscbulen 347 Stotterer und 66 Stammler, und
zwar, wie bisher, bedeutend mehr Knaben als Mädchen. Von besonderer
Wichtigkeit war in diesem Jahre das Anerbieten einiger Bre^auer
Specialftrzte fOr Hals-, I^asen- und Ohrenleiden zur tinentgeMichen
Äitersachung der Stotterer, das von der Beii6rde mit Dank an-
geMnunen wurde. ISnaelne Schaler erhielten auch unentgeltliche
ihäicdie Behandlung. Bekannttidi bestehen bd den stotternden
Kindern Tlelfach kraiMafte Veränderungen in den Ittr die Spi^bie
wichtigen Organen. Werden ^iese Zustande rot Beginn des Unter-
ridits beseitigt, so gestattet sich der Erfolg desselben in mandieti
noien unzweiCelhaft ganstiger. Fflr das Schulijabr 1894—95 sind
wiederam 12 Kurse eingeriditet, doch bleibt eine Vermehranig der-
eslben um 2 — 3 zu wttnschen. Die Eimichtmig der BreiAatt^r
ünterriiditskurse ftlr stotternde Schidkinder ist übrigens für 'einige
Stfdte Schlesiens vorbildlich geworden. Mehrere auswärtige Leiter
haben kflrzere od«r längere Zeit dem unterrichte in einzelnen Kursen
Mgawohnt, um sieh sowohl mit der Methode als a«ch mit den
ai(seren wnd inneren Etniichtungen b^annt zu machi^n und zu
Hnie anszultlhren, was sie in Breslau gesehen und gehört haben.
Hein fir schwaeMegabto Kiabeii in Sftgland. We
achMidibegabten KMler, so schreibt ^Tke Brit. Jlföd. Jorn^^, «fesd
tieDekftt beteuemswerter und eine grOfaere Qefabr fn^ den SIbuct,
108
als die vollständig idiotisdien; denn fOr diese ist durch besondere
Asyle gesorgt. Vor allem gut das von den Schwachbegabten
Mädchen, welche später leicht einem unsittlichen Lebenswandel ver-
fallen nnd dann wieder Mfitter von sdiwachsinnigen Kindern werden.
Es bestehen denn aach bereits 6 Heimstätten für solche Mädchen
in England, die sich des besten Erfolges rtthmen dürfen. Fflr
Schwachbegabte Knaben ist dagegen dort bisher so gnt wie nichts
geschehen, nnd doch Heise sich anch bei diesen sehr vieles er-
reichen. Denn wenn sogar die Idioten nnd Imbecillen, wie z. B.
in Lancaster, dahin gebracht werden, dab sie teilweise oder gänz-
lich fOr ihren Unterhalt sorgen, wievid mehr ist dies von solchen m
erwarten, die nur an der Grenze der Idiotie stehen. Es hat sidi
daher in London ein Komitee zur Orflndang eines Heims für
Schwachbegabte Knaben nnd Jünglinge gebildet, dem unter anderen
der Eabsj of Meath, Lady Jeüi9e, der Bischof von WakefieM,
der Abgeordnete und Präsident des Königlichen Albertaqrh John
T. HiBBEBT, der Yicepräsident der Londoner Schulbehörde, Genwal
Mobbbly, der frühere Medizinalinspektor des Albertaayls, Dr.
ShuttiiEWOBTH, und der frühere Medizinalinspektor der Darenth-
schulen für Schwachbegabte Kinder, Dr. Fletoheb Beagh, an-
gehören. Dieselben bitten um Unterstützung ihres Yorhabens, das
nicht nur vom philanthropischen, sondern auch vom nationalökono-
mischen Standpunkt empfehlenswert sei, indem es die schwach*
begabten Knaben erwerbsfähig mache und so verhindere, dab die-
selben dereinst der Gemeinde zur Last fielen.
Sehnlbibliotlieksbfieher und Infektionakrankheiten. Nach
„I%6 Brit Med. Jaum.*^ berichtet Dr. Loyett, Medizinalbeamter
zu St. Giles in England, da(s, sobald in seinem Distrikt irgend em
Haus durch einen ansteckenden Kranken infiziert ist, die öffent-
lichen Leihbibliotheken sofort davon Nachricht erhalten. Sie
leihen dann keine Bücher in ein solches Hans aus, nnd
die, welche von dort zurückkommen, werden durch die Ge-
snndheitsbehörde kostenfrei desinfiziert Ähnliche Einrichtongea
bestehen in dem Bezirke des Medizinalbeamten Dr. Hbnbt
fikENWOOD in Stoke Newington. Dort darf kein Buchhändler
ein in ein infiziertes Hans verliehenes Bach eher wieder zuUck-
nehmen, als bis die Gesundheitsbehörde bescheinigt, dab so-
wohl das Haus als das Buch ausreichend desinfiiziert ist. Inzwiscfaen
ist es auch verboten, in ein solches Haus Bücher auszuleihen. Aus
diesen Anordnungen sollten auch die Schulbibliotheken eine Lehre
ziehen. Bücher, welche an einen Schüler mit ansteckender Krank-
heit verliehen worden sind, dürfen ohne Desinfektion nicht zurfldc-
gegeben werden. Insbesondere gUt di^ in Fällen von Diphtherie»
109
da der betreffende Keim anlserordentlich lange an den Gregenständen,
wekhe mit dem Kranken in BerOhrong gekommen sind, haftet. Bei
dieser Krankheit wird man am besten auch sAmtliche Schalbücher
des Patienten einer Desinfektion unterziehen.
Über den Bakteriengekalt der Luft in Schiilrinmen sind,
wie wir der y,Münch. med, Wochackr.** entnehmen, Untersnchnngen
von Dr. Buetb und Dr. Enooh in Hamburg angestellt worden.
Es wurde dazu die Methode von Hueppe gewählt, bei welcher man
die Luft, nachdem sie eine Flasche mit Wasser passiert hat, in einen
sterilen Kolben leitet, auf dessen Boden die Nährgelatine sich
befindet. Dr. Rüete untersachte die Luft der Schulzimmer
nachmittags um 2V9 Uhr. Seine Resultate variierten sehr. Das
M^Tirnntn der gefundenen Keime betrug über 3 Millionen in einem
Kubikmeter Luft, das Minimum l&OO; als Durchschnitt ergaben
sieh 268000 Keime per Kubikmeter, während Hesse durchschnittlich
nur 9500 fand. Unter den Bakterien wurde auch ein pathogener
Mikroorganismus ermittelt. Derselbe, als Bacillus geformt, besitzt
£igenbewegungen, wächst nicht auf Agar, dagegen auf der Platte,
oud zwar kreisrund mit gezackten Rändern. Ebenso labt er sich
in Milch und auf Kartoffeln züchten. Mäuse, denen Reinkulturen
injiziert wurden, starben nach 24 Stunden. Aus dem Blute der
Mäuse angelegte Kulturen töteten Meerschweinchen und Kaninchen
eben&Ils schnell. Auch die Darstellung von Toxinen aus dem Blute
Yon Tieren, denen Injektionen gemacht waren, gelang.
Nordjunerikanischea Schidbad. Die Göttinger Schulbäder
finden jetzt auch in den Vereinigten Staaten Eingang. Wie „The
San. Imp.^ mitteilt, ist das Gebäude der Sekundärschule (high
flchool) zu Scranton in Pennsylvanien mit einem Bransebade versehen
worden.
J^rnüx^t Derfttj^tttt^en.
BegtiMmmiKen des KSniglieh prenfsiseheu Unterriektaministers,
keirdFend die Anfinahme in die Ktni^liche TnrnlekrerbilduisS'
anatalt zu Berlin«
§ 1.
Die Anstalt ist dazu bestimmt, Lehrer für die Erteilung des
Turnunterrichts an Schulen auszubilden.
116
Zur Teilnahme an den aHjlArHch stattfindenden Korsen, deren
Anfang nnd Dauer im Staatsanzeiger und im Centralblatte ftr die
gesamte UnterrichtSTerwaHnng in Prenlsen, sowie durch die EOnig-
liehen Pre^nzialschulkollegien und Regierungen bekannt gemacht
wird» sind geeignet alle Lehrer höherer Lehranstalten, die Kandidaten
des höheren Lehramtes, welche die wissenschaftliche Prftfang he-
fitanden haben, mit der Mafsgabe, dafe die Zeit der Teduahme am
Kursus auf das Seminar- oder Probejahr nicht angerechnet wird,
und Yofltsschullehrer nach bestandener zweiter Prüfung.
Nur Lehrern in noch nicht yorgerficktem Lebensalter, Tor-
zugswdse unverheirateten, ist die Teilnahme an einem Kursus zu
empfehle.
Lehrer, welche nicht dem preufeischen Staatsverbande angeboren,
können, soweit es sonst die Verhältnisse der Anstalt gestatten, aus*
nalkmsweise airfgenemmen werden, wenn ihre Anmeldung durch Ver-
mittelung ihrer Landesbehörde oder deren diesseitigen Yertreter erfdgt.
§ 3.
Ser Aunaldung, wdche bei der vorgesetzten Dieistbeliftnte
aMDkringen ist, sind beieafllgen:
1. ein anf besonderen Bogen zu schreibender kurzer Lebettdauf,
der besonders auch Aber die turnerische Ausbüdnng de»
Bewerbers Auskunft gibt,
2. «in ftratiiches Zeugnis darftber, dafs der Eörperzustaad «d
die äesoufiieit des Bewerbers diess^ Ausbildung zum Tun-
l^bnac gestatten,
3. das Zeugnis über die abgelegte Lehramtsprüfung,
4. ein von einem Turnlehrer auszustellendes Zeugnis über die
«rlangte tumerisehe Fertigkeit.
Die Anlagen der Anmeldung sind zu einem Hefte vereinigt ein-
zureichen.
§4.
Die zum Kiusns Einberufenen werden von dem Anstaltsarzte
wat ihren Qeaoadheitszustaad untereueht, aneh einer PrüloBg im
Tufnen unterworfen, in weldier ein gewisses Maft ki^rperlidier Knll
und turnerischer Fertigkeit nachznweisen ist (Armbeugen und -strecken
am Reck und Barren, Felganfschwung, Wende und Kehre, Klettern
.und Hangeln an den Tauen, ein mi&ig hoher Sprung u. dergi.).
Yon dem Ergelmisse dieser Ennittelvogen hftDgt die Ent-
scheidung über die endgültige Aufnahme in den Kursus ab.
111
* ...
■ ■ § ^
Der Unterridit in der Anstalt ist unentgeltlich. Die Aubt^
den Aofentllalt in Berlin entstehenden- Kosten sind yon den Tetl-
aehmern am Earsns selbst anftnbringen. Zwar werden in dazn ge-
eigneten Fällen an prenlsische Staatsangehörige Beihilfen gewährt,
jedoch lediglich für den Unterhalt hier, während Beihilfen zu den
Kosten der Her- und Rückreise, der Vertretong im Amte, dea
ünterbaltea der zurückbleibenden Familie oder dergl. nicht bewillig
werden. /.
Die gewährten Beihilfen werden am Ende jeden Monats geziaÜlt.
§ 6.
Um hier sogleich bei der Entschliefenng übev die Einbetafnng
ram Kursus einen zuvwlftssigen Überblick über die ans Staatifcad»
etwa zu gewährenden Beihilfen gewinnen zn können, nmfejedur
Bewerber bei der Anmeldung nach sorgfältiger Prüfung seiner Yer-
hallaiisse besthnmt nadiweisen und unter Umständen amtlich begtanldgeii
hflsen, dalfi ihm für sein^ Unterhalt hier die erforderlichen Mittel,
bei deren Bemessung u. a. das gesteigerte Bedürfnis einer kräftigen
Kost zu berücMehtigen ist, 7ott zur Verfügung stehen, oder .welcher
Beihilfe er dazu bedarf. Jeder Bewerber hat demnach gewissenhaft
anzugeben, wie viel ihm von dem Einkommen seiner Stelle für jeden
Monat der Kursusdauer nach Abzug etwaiger Yertretungskosten, der
z» ütttflghaltnng. dwr Angehörigen erforderlichen Sunme, der in. der
Heimat za zahleanden Abgaben u. s. w, ausschlielslich zur Beatreilmg
der Kosten seines hiesigen Aufenthaltes sicher zur Verfügung
Ueiht, ob und welche Unterstützungen ihm ans der SchoUfiosiste
ete sonst gewährt werden, und wie idd er aus eigenen Mittela
aaftving«!! kann.
Nach Aufbahme in den Kursus Torgd»rachte Unterstützo«^
gesuche können nur in solchen Fällen in Erwägung genommen werden,
in denen das Bedürfiiis einer aulsen>rd6ntlidhen< Beihilfe nachweislich
irfrige unTodiergeaehener Yorkommnisse eingetreten ist.
§7.
Die Teünehmer am Kursus haben sich, ans eigenen Mitteln die
in der Anstalt übliche Tumkleidung zu beschaffen.
Berlin, den 16. Mai 1894.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) BoBSS.
112
Bestimmiingen des Klniglich preufsisehen Unterriclitsiiiiiiistars,
betreffend die Anfiiahme in die an der KSnigliehen Tarn-
lekrerbildnngsanstalt in Berlin abzuhaltenden Knrse cnr Ans-
bildnn^ yon Tnmlehrerinnen.
§ I.
Zur Aosbildang von Turnlehrerinnen werden in der Königlichen
Tomlehrerbildongsanstalt in Berlin alljährlich etwa drei Monate
dauernde Kurse abgehalten, deren Anfang im Staatsanzeiger, in den
Amtsblättern und in dem Centralblatte für die gesamte Unterrichts-
Terwaltung in Preufsen bekannt gemacht wird.
§2.
Zur Teilnahme geeignet sind an erster Stelle Bewerberinnen,
welche bereits die Befähigung zur £rteüung von Schulunterricht
nachgewiesen haben.
Andere Bewerberinnen können, soweit es sonst die Verhältnisse
der Anstalt gestatten, aufgenommen werden, wenn sie das 19. Lebens-
jahr ttberschritten haben und die erforderliche Schulbildung nach-
weisen.
Bewerberinnen im Alter von mehr als 35 Jahren können nur
nnter besonderen Verhältnissen ausnahmsweise zugelassen werden.
§ 3.
Die Gesuche um Aufnahme sind an den ünterrichtsminister zu
richten und von den in einem Lehramte stehenden Bewerberinnen
bei der vorgesetzten Dienstbehörde, von anderen Bewerberinnen bei
deijenigen Königlichen Regierung, in deren Bezirk die Betreffende
wohnt, spätestens bis zu den in den Bekanntmachungen angegebenen
Terminen anzubringen. Die in Berlin wohnenden Bewerberinnen,
welche in keinem Lehramte stehen, haben das Gesuch bei dem König-
lichen Polizeipräsidium in Berlin einzureichen.
Dem Gesuche sind beizufügen:
1. ein auf besonderen Bogen zu schreibender kurzer Lebens-
lauf, in welchem bestimmt anzugeben ist, ob die Bewerberin
bereits turnerische Fertigkeit besitzt und auf welche Weise
sie sich dieselbe angeeignet hat;
2. ein Zeugnis über normalen Gesundheitszustand, welches von
einem zur Führung eines Dienstsiegels berechtigten Arzte
ausgestellt sein mufs;
auüserdem:
3. von solchen, die bereits eine Prüfung als Lehrerin bestandea
haben.
113
a. das Zeugnis Aber diese PrOfong,
b. ein Zeugnis Aber ihre bisherige Thfttigkeit als Lehrerin
oder in Ermangelong eines solchen ein Ton einem
GtoisÜichen oder der Ortsbehörde ansgesteUtes Fohnings-
zengnis;
4. Yon anderen Bewerberinnen
a. der Geburtsschein,
b. ein Nachweis Aber die erlangte Schnlbildong,
c. ein amtliches Fahrnngszengnis.
Die Aber Gesundheit, FAhmng and Lehrthätigkeit beizubringenden
Zeugnisse mAssen in neuerer Zeit ausgestellt sein.
Die Anlagen des Gesuches sind zu einem Hefte yereinigt ein-
zoreicheu.
§4.
Die nach den vorgelegten Zeugnissen fAr geeignet befundenen
und einberufenen Bewerberinnen werden vor Zulassung zum Kursus
erforderlichen Falles einer ärztlichen Untersuchung unterworfen;
auch bleibt es dem Direktor der Königlichen Tumlehrerbildungs-
anstalt TOrbehalten, unter Umstanden behufs Feststellung, ob die
Bewerberinnen die erforderliche Schulbildung besitzen, eine besondere
PrAfnng anzuordnen.
Ton dem Ergebnisse dieser Ermittelungen hängt die Ent«
Scheidung Aber die endgAltige Au&ahme in den Kursus ab.
§6.
Der Unterricht in der Anstalt ist unentgeltlich. Die durch
den Aufenthalt in Berlin etc. entstehenden Kosten sind von den
Teilnehmerinnen am Kursus selbst au&ubringen. Zwar werden in
dazu geeigneten Fällen UnterstAtzungen bis zur Höhe von 90 Mk.
monatlich aus Staatsfonds gewährt, jedoch ledi^ich f&r den Unterhalt
hier, während Beihilfen zu den Kosten der Her- und RAckreise,
der Yertretuttg im Amte u. s. w. nicht bewilligt werden.
Die gewährten UnterstAtzungen werden am Ende jeden Monats
gezahlt.
§6.
Um hier sogleich bei der Entschließung Aber die Einberufung
zum Kursus einen zuverlässigen Überblick Aber die aus Staatsfonds
etwa JEu gewährenden UnterstAtzungen gewinnen zu können, mufs
jede Bewerberin bei der Anmeldung nach sorgfältigster PrAfung
ihrer Verhältnisse bestimmt nachweisen und unter Umständen amt-
lich beglaubigen lassen, dafe ihr fAr ihren Unterhalt hier die
erforderlichen Mittel, bei deren Bemessung u. a. das gesteigerte
8«lnacwniidh«ltepfiafeyiII. 8
114
Bedltarfhis einer kräftigeq Kost sa berfteksichtigea istr, voll zur Yer-
fttgmig stehen, oder welcher Beihilfe sie dazu bedarf. Jede Be-
if^Vorin hat demnach gewissenhaft anzngeben, wie yiel ihr wahrend
ihres hiesigen Aufenthaltes fttr jeden der drei Monale der Eursnsdaner
von dem Einkommen ihrer Stelle verbleibt, ob und welche Unter-
stfltznngen ihr ans der Schnlkasse oder sonst gewUirt werden, und
wie viel sie aus eigenen Mitteln aufbringen kann.
Nach Anfiiahme in den Kursus vorgebrachte Unterstfltznngs-
gesnche können nur in solchen Fällen in Erwägung genommen
werden, in denen das BedQrfois einer aujserordenüichen Beihilfe
nachweislich infolge unvorhergesehener Yorkomsmisse eingetreten ist.
§7.
Eine besondere Tumklmdung wird nicht verlangt, nur dflrfen
die Kleidungsstttcke die freie Bewegung des Körpers, namentlich der
Arme, nicht hemmen. Das Kleid muis die Füise frei lassen; die
Absätze an den Lederschuhen müssen breit und dflrfen, auCsen ge-
messen, nicht über IVs Centimeter hoch sein.
Berlin, den 15. Mai 1894.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
BrUfs der k. k« LaBdesregierug in Salibur;
vom 18. Oktober 1894, Z. 10 367, an alle nnterstekenden
k. k. BerirkshaaptmannsehAflen beziigliek der
kecirkstrxtlieken Untersnehnn^ der nicht normal entwickelten
Sehnlkinde]*.
Laut Mitteilung des k. k. Landesschulrates in Salzbui^ vom
11. d. M., Z. 1587, hat der dortige Bezirksschulrat über Beschlnfr
der die&jährigen Bezirkslehrerkonferenz das Ansuchen gestellt,
dais die k. k. Bezirksärzte verpflichtet werden sollen, aiyährüch
am Schlüsse, beziehungsweise am Beginne des Schu^ahres sich zmr
Untersuchung der nicht normal entwickelten schulpflichtigen Kinder
an jeden einzelnen Schulort zu begeben, und dals die hieraus er-
wachsenden Kosten auf den Landesschidfonds übernommen werden
mögen.
So wünschenswert nun eine derartige regölmäfeige, an jedem
einzdnen Schulorte durch den Bezirksarzt stattfindende Untersnchuag
der vorerwähnten schulpflichtigen Kinder auch sein mag, so ist die-
selbe dennoch aus pekuniären Rücksichten nicht durchfahrbar, wes-
halb der k. k. Landesschulrat in seiner Sitzung am 8. d. M.
beschlossen hat, auf die von den besagten Bezirksschulräten gestellte
116
Bitte. Witt io. Qxtem Tollen UmfEuige einzugehen, jedoch die k. k.
Landesregierung za, ersuchen, den k k. Bezirksarsst zn Terhalten, hei
Qielegenheit seiner anderen Dienstreisen sich am Schlosse
und Beginne dea Schnlijahres, d. i. April und Mai jeden Jahres, die
nicbjb norsKal entwickelten Kinder hehufs Untersuchung, heziehungs-
weise Entscheidung tther ihre Schulhesuchsfthigkeit Torführen zu
lassen.
Hiervon wird die k. k. Bezirkshauptmannschaft mit dem
Bedeuteu in Kenntnis gesetzt, den k. k. Bezirksarzt anzuweisen,
gelegentlich anderweitiger, zu obigen Zeitpunkten erfolgender Dienst-
eeisen ajncii die Untersuchung dieser Kinder in den betreffenden
Schulorten yorzunehmen und innerhalb der ersten Hälfte des Monates
Janner jeden. Jahres ein Verzeichnis der gepflogenen Untersuchungen
mit Angabe des Ortes der Untersuchung und der Zahl der unter-
sachten Kinder, sowie der zum Schulbesuche unfiUiig befundenen
nebst summarischer Bezeichnung ihrer Gebrechen anher vorzulegen.
Yeffkgnng der KSniglichen Ref^ernng lu Sigmarin/^en
Ten 22. Noyember 1894 wegen Tuberkulose iu deu Volks-
schulen.
Um der Yerbreitung der Tuberkulose (Schwindsucht) in den
öffentlichen Volksschulen nach Möglichkeit entgegenzutreten, be-
stimmen wir folgendes:
1. In dei\jenigen Schulen, in denen sich an Tuberkulose er-
krankte Kinder oder Lehrer, bezw. Lehrerinnen befinden, sind nacb
Bedarf ein oder mehrere Spucknäpfe oder Speigläser in der Nähe
der Erkrankten außsustellen.
2. Diese GefUse müssen täglich ausgespült und mit frischem
Wasser gefällt werden. Die Entleerung und Beseitigung des
Inhaltes hat so stattzufinden, dab dabei jede Ansteckungsgefahr
fenaieden wird.
3. Die Entleerung des Auswurfs der Erkrankten darf, solange
sie sich, in der Schule aufhalten, nur in diese Gef&fse erfolgen.
4. In diesen Schulen muls der Fufsboden wöchentlich mindestena
einmal ausgekeihrt und zweimal mit einem nassen Lappen abge-
waschen (aufgezogen) werden. Monatlich mindestens einmal mufs
d^ FoÜBboden mit Bürste und Seife gründlich gescheuert werden.
J^den Morgen Tor Beginn de^ Unterrichts sind Bänke, Tische und.
die sonstigen Schulgerätschaften mit einem feuchten Tuche abzu-
wisdien.
5. Die Herren Lehrer, bezw. Lehrerinnen sind verpflichtet,
jedes an Tuberkulose erkrankte Kind unverzüglich dem Herrn
8*
116
Lokalschnlinspektor anzuzeigen, welcher dem Herrn Oberamts-
physikns sofort weitere Mitteilungen zu machen hat.
6. Ist ein Lehrer an Tnberkniose erkrankt, so hat der Lokal-
schnlinspektor dem Oberamtsphysikns dies unverzflglich anzuzeigen.
7. Die Oberamtsphysiker sind verpflichtet, bei gelegentlicher
örtllicher Anwesenheit den Sachverhalt näher festznstellen und wegen
etwaiger Ergreifung weiterer Schutzmaferegeln dem Herrn Ober-
amtmann Vorschläge zu machen.
8. Der letztere hat hiemach das geeignet Erscheinende zu ver-
anlassen, eventuell an uns zu berichten.
9. Die durch die Maisnahmen ad 1, 2 und 4 entstehenden
Kosten haben die Schulgemeinden zu tragen.
10. Fflr die genaue Befolgung dieser Vorschriften sind die Lehrer
und Lokalschulvorstände verantwortlich und die Herren Kreisschul-
inspektoren, Oberamtsphysiker und Oberamtmänner verpflichtet, die
Befolgung zu überwachen.
{lerfonaüeii.
Der Herzog Michael Georgiewitsch von Mecklenburg-
Strelitz wurde zum Ehrenkurator des klinischen Elisabethkihder-
hospitals in St. Petersburg, der ältere Ordinator dieses Hospitals,
Staatsrat Dr. Anders, zum Mitglied des Kuratorenkomitees des-
selben ernannt.
Die Charkower Gesellschaft für wissenschaftliche Medizin und
Hygiene hat den zum Rektor der Universität Warschau beförderten
Professor Dr. P. J. Kowaleski in Charkow zum Ehrenmitglied
gewählt.
Von der theologischen Fakultät in Rostock wurde dem Ober-
schulrat Lorenz die Doktorwürde honoris causa verliehen.
Kreisschulrat Rapp zu Freiburg i. B. hat den Titel eines Hof-
rats erhalten.
Der Schulrektor Jesnitzer in Zanow wurde mit dem Kronen-
orden IV. Klasse dekoriert.
Es sind ernannt worden: unser verehrter Mitarbeiter, Herr
k. k. Landesschulinspektor für österreichisch - Schlesien Gubtat
Ritter von Zetnek in Troppau, zum Ministerialrat im k. k.
Ministerium für Kultus und Unterricht zu Wien; der Regierungs-
und Medizinalrat Dr. Sohmidtmann in Breslau zum Hilfsarbeiter
im Königlich preufsischen Ministerium der geistlichen, Unterrichts-
117
und Medizinalangelegeiiheiten als Vertreter des erkrankten Geheimen
Obennedizinalrates Dr. Schobnfeld; unser geschätzter Mitarbeiter,
Herr Medizinalrat Dr. Abthub Geisslbb in Dresden, zum Direktor
des statistischen Bureaus des Königlich s&chsischen Ministeriums des
iDnem; der Kreisphysikus Dr. Bobntbaeoeb in Sulingen zum Re-
gierungS'-. und Medizinalrat in Danzig; der Direktor Dr. B. Zieoleb
in Offenburg zum Kreisschulrat in Freiburg i. B. ; der jüngere Arzt
der . ambulatorischen Abteilung des St. Petersburger Nikolaikinder-
hospitals, Staatsrat Dr. Höbschelmakn, zum älteren Arzt dieses
Hospitals; das £hrenmitglied des wirtschaftlichen Komitees desselben
Hospitals, Hofrat Dr. Felbt, zum älteren Arzt der Abteilung für
Mektionskrankheiten an dem gleichen Hospital; der Direktor der
L evangelischen Realschule in Breslau Dr. Richteb zum Direktor
des Gymnasiums zum heiligen Geist daselbst; der Direktor des fürst-
lichen Gymnasiums in Bückeburg Dr. Kabl Heldmann zum Direktor
des Gymnasiums in Rinteln; der Direktor der Realschule Quiehl
in Kassel zum Direktor der Oberrealschule daselbst; der Oberlehrer
Professor Dr. Fbiedrigh am Königlichen Gymnasium in Leipzig
zum Direktor des Gymnasiums in Bautzen; der Oberlehrer Professor
Schabffer am Gymnasium in PreAzlau zum Direktor dieser Anstalt ;
der Professor Stutzer zum Direktor des städtischen Gymnasiums
in Halberstadt; der Professor Breuer in Montabaur zum Direktor
des Realgymnasiums in Wiesbaden; der Oberlehrer Dr. Köhler am
Realgymnasium in Münden zum Direktor des Realprogymnasiums in
^remberg; der Oberlehrer am Gymnasium in Burgsteinfurt G. Witten-
BRIFOK zum Direktor der städtischen Realschule in Unna; der
Realschaloberlehrer Röber zum Direktor der Realschule in Werdau.
Stabsarzt Dr. Erioh Wernioke, Assistent am hygienischen
Institute in Berlin, habilitierte sich als Privatdocent für Hygiene an
der Universität daselbst, Dr. GiARRii als Privatdocent für Pädiatrie
an der medizinischen Schule zu Florenz.
Am 1. Dezember v. Js. feierten Dr. Arnold Schmitz und
Dr. 6. A. Tschosghin das fflnfiindzwanzigjährige Jubiläum ihrer
Thätigkdt als Ärzte am Kinderhospital des Prinzen Ton Oldenburg
in St. Petersburg.
Der Direktor der Oberrealschule in Kassel Ackebmann und
der Direktor des Realgymnasiums in Mannheim Professor R. Schmezeb
haben die erbetene Pensionierung erhalten; dem letzteren wurde aas
diesem Anlafs das Ritterkreuz I. Klasse mit Eichenlaub des Ordens
^m Zähringer Löweu verliehen.
Es sind gestorben: der Regierungs- und Medizinalrat Dr. Bohde
in Stade; der Geheime Sanitätsrat Dr. Abamkibwicz in Berlin,
bekannt durch wertvolle Veröffentlichungen auf dem Gebiete derGe-
IIB
sandheitspflege; der ProfesBor f&r KinderkrankheifeB an dertTniVenitit
von Pennsylvanien Dr. W. Goobsll; der Gymnasiddireirtor {"libfessor
F. Kbbn in Berlin; der frühere Dirdttor des Friedrichsgymnasiams
Professor Dr. K. Kekpf in BertiH; der Direictor a. i>. Dr. ^. A.
Mbteb in Baden; der Direktor des Realprogymnasiants Profl^ssOfr
A. Güxrs in Diez a. L.; der Professor an der Realschifle Dr.
GuMPEBT in Buxtehude; der Kreisschnlinspektör Sdhtflrat BüBRÖTUk
in Ohlan; der Arzt am Westminsterhospital Dr. OKt^ATTüB SrtmOBS
in London, von dem verschiedene Arbeiten ttber Veitstans unft
Lmigenentzflndnng bei Kindern herrflhren: derB^ktor a.D. tiOtaNS
GÖTZ in Neuwied.
£HUtaint.
Besprechungen.
liAX SCHNEIDKB, Herausgeber des „Tourist^. KMktMmM 4M
WiDtersports. Mit 140 Abbfld. im Text. Leipzig, 1994.
J. J. Weber. (160 S. 16«, JK 3.)
Dafs die Pflege der körperlichen Bewegung während dös Wfnters
bei uns noch recht vemachlftssigt wird, niufs t6in Hy^enischen
Standpunkte aus tief bedauert werden. Gerade zu dieser Zeit Aes
Jahres wäre ein mit lebhafter Körperbewegung verbundener Auf-
enthalt im Freien notwendig, da wir alsdann so lange in die Zimmler
mit ihrer schlechten Luft gebannt und zu vielem StBlsftzen ver-
anlagt sind. Was ¥rir in dieser Beziehung zum Besten unserer
Gesundheit zu tiiun haben, zeigt uns das Beispiel der norAischen
Völker. Durch die längere Dauer des Winters in ^en doAigjta
Gegenden, wo Berg und Thal monatelang mit «hier liobMi Sdhn^^-
Schicht und die Gewässer mit einer festen Eisdedce Hberzogen sind,
waren die Bewohner gezwungen, zur Ermöglichung dbs notwendigen
Verkehrs solche Vorrichtungen zu erfinden und zu gebrauchen, 'die
sich für die schnelle Überschreitung weiter Eis- und -SchneeflächeB
eignen. Als derartige Verkehrsmittel sind Sehneeschuhe, 'Schlitt-
schuhe, Schlitten, Schnee- und Eissegel zu nennen. Dienten A\e&%
«mächst auch nur praktischen Zwecken, so ist man dödi im Laufe
der Zeit zu einer sportsmäfsigen Benutzung derselben ferlgeschritteii.
In Deutschland sind in den letzten Jahren einoselne Spoita-
kreise bemüht gewesen, aufser den bisher gebräucMichen wintertichen
KörperQbungen im Freien, als Schlittenfahren «md Schlittschuliaiifeü,
such dem Schneeschuhlaufen und dem Eis- und Sdiüeesegefai weileip^
iie
Verbreimg 211 veraoiiaffen. Dfeson WintetfBport bat mm Max
ScuMJEinxB den vorii^enden Kateehismiis gewidmet. DerYerAwser
Ist als Hovmseber der Zeitschrift „ Tourist^ und ads eifriger FOrdeirer
alleii aaf die körperliche Aasbildang abzielenden Sports sicherlieh
die geeignete POTSOnHchkeit zur Bearbeitong eines sdichen Buches.
Er bespricht in fünf Abschnitten den Schneeschohsport, den Schlitten-
q^rt, das Schnee- nnd Eissegeln, die Eisspiele und den SchUttschnh-
sport. In der Begel wird zuerst eine kurze geschichtliche Ein-
leitung gegeben, worauf die Beschreibung der Ausrüstung zum
Betriebe des einzelnen Sports und die Anleitung zum Erlernen des-
selben folgt. Wahrend die geschichtlichen Kapitel keineswegs auch
nur auf die bescheidenste YoUständigkeit Anspruch machen können,
entsprechen die beschreibenden Abschnitte ihrem Zwecke in bester
Weise. Obgleich behufs Erlernung des Sports die Übungen von
ihren Elementen an beschrieben werden, ist doch das Hauptgewicht,
wie es ja auch die Aufgabe des Buches sein soll, auf den sports-
mafingen Betrieb derselben gelegt. Daher wird bei dem Schlittsohuh-
lanfen besonders das Figurenlaufen berttcksichtigt, und von den
Eisspielen werden das Curling, das Eishockey und das Rinking Ball
besdffieben, weil erst diese zu wirklichen Sports erhoben sind. Die
gesundheittichen Vorteile der einzelnen Übungen smd zwar an-
gegeben, doch wfire eine eingehendere Darstellung derselben erwünscht
gewesen. Da bei tms die bezeichneten Sports weniger aus Wirt-
selurfttichen als ans hygienischen Grfinden ihre Pflege finden werden,
ao hatten namentlich die gesundheitlichen Vorzüge eine ansflkfarlldie
Begründung erfthren müssen.
Der Verfasser wünscht, dafs insbesondere auch das Schneeschuh-
famfien schon von unserer Jugend betrieben werde. Er schreibt auf
Seite 80: „Die Gegenden Skandinaviens und Finnlands, wo die
Kunst des Skilanfens ein nationales Gut ist, lehren uns, dafe die
Jugendzeit auch in diesem Fache die beste Lehrzeit ist, Kinder von
6, ja 5 und 4 Jahren werden bereits mit dem Gebranch der Schn^e-
admhe bekannt gemacht, und es ist nichts seltenes, dafe der 'Sdnd-
neister an der Spitze seiner munteren Kinderschar in die sdmee-
bedeckten Thaler hinabsteigt. So sollte es auch bei uns sein. Dem
Turnlehrer insbesondere erwächst die Aufgabe, die Einführung des
Sdmeeschuhlaufens in die Hand zu nehmen." Recensent glirtibt
mcht, daA diese Eoftiung bald in Erfüllung gehen wird. Da nl^-
lidi die Ausrüstung für das Schneeschuhlaufen kostspielig ist, da
stellt immer geeignete, von Schtüem benutzbare Schneeflachen zur
Terftigimg stehen, und da endlich in gesundheitlicher Bezidhung das
BelilittsAtthliiufen kemeswegs dem Schneeschuhlaufen nachstellt, so
wird der Turnlehrer wohl meistentefls der ersteren Übung den
120
YorzDg geben. Dagegen wird dort, wo keine zweckentsprechenden
Eisflächen vorhanden sind, das Schneeschnhlanfen als geeigneter
Ersatz des Schlittschohlanfens den Schfllem empfohlen werden
können.
Die Abbüdnngen des Bnches sind gnt, Oberhaupt ist die Aus-
stattung desselben eine Yortrefflicbe, wie wir dies bei den Yer-
Öffentlichongen des Weberschen Verlages gewohnt sind.
Städtischer Lehrer 0. Janke in Berlin.
H. SoHSKBB in Worms. Der Handfertigkeitgnnterrieht im der
Volks- und Fortbildugssehnle. Pädagogis^ Zeü- und StreU-
fragen, Fingschriften zur Kenntnis der pädagogischen Bestre-
bungen der Gegenwart. Herausgegeben von Johannes Meybr
in OsnabrUck. 35. Heft (Yl. Band, 5. Heft). Gotha, 1894. Emfl
Bohrend. (22 S. 8<>. M 0,60.)
Trotz Anerkennung der Thatsache, dais es in unserem heutigen
Elementarschulunterricht am Darstellen von Formen durch die Hand
fehlt, sucht der Verfasser in seiner Ausfährung den Nachweis zu bringen,
dab fOr die Volksschulen die obligatorische EinfiBhrung des Werkstatt-
unterrichts weder gerechtfertigt, noch möglich, noch wünschensw^
ist. Aus diesem Grunde wird in der Schrift das Verlangen des
Vereins für Knabenhandarbeit nach wahlfreiem Handfertigkeits-
unterricht als Vorbereitung fär die obligatorische Einführung des-
selben bekämpft und dafür empfohlen, gevrisse Lehrfächer, nament-
lich Zeichnen und Raumlehre, zu ergänzen und die Ergänzung
organisch in den Lehrplan der Volksschule einznfftgen.
An der Hand der Geschichte der Pädagogik zeigt der Ver-
fasser, dab das Princip der Sdbstthätigkeit eine alte Forderung
der wissenschaftlichen Unterrichtslehre bildet, dais aber in der
Praxis dies Princip nicht immer gebtihrend berficksichtigt worden
ist. Die Entwickelung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem
Jahre 1870 brachte im Verein mit den pädagogischen Reform-
bestrebungen die Formenlehre und das Zeichnen in den Lehiplan
der Volksschule. Da diese Unterrichtszweige aber nur lose neben
die Qbrigen Lehrgegenstände gestellt sind, so erfüllen sie nicht die
Forderung, wonach die Schule ftlr das Leben erziehen, für die
spätere berufliche Ausbildung vorbereiten soll. Der Mangel der
deutschen Volksschulpädagogik, dafs sie zu einer einseitigen Ans-
bildung des Menschen nach der geistigen Seite hinneigt, mulste sich
auch im Kulturleben geltend machen. Die Weltausstellungen in
V^ien und Philadelphia liefsen einen ftar das deutsche Handwerk
bedenklichen Rückschritt erkennen, und von den NationalOkonomen
wurde daher an die Schule die Forderung gestellt, mehr zu erziehen
121
f]Br die weridiiätige Arbeit, die Selbstthäügkeit zn pflegen, Auge
und Hand zu bilden.
Bis dabin kann icb dem Verfasser in seinen Ansfttbrangen
durehaDS beistimmen. Wenn er aber im weiteren Verlaufe der
Beweisfftbmng für die Richtigkeit seiner Ansichten nnd VorschlAge
schreibt, dab man nnn in den Fehler verfiel, eine pädagogische
Frage vom ökonomischen Standpunkte zn lösen, indem man den
Zweck nnd die Bearbeitung des Lehrstoffes nach pädagogischen, die
Auswahl nnd Anwendung desselben jedoch nach wirtschaftlichen
Gesichtsponkten gestaltete, so mnfs ich diesen Behauptungen als An-
hänger des Werkstattunterrichtes entschieden entgegentreten. Die Aus-
wahl des Lehrstoffes nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, also die
Anfertigung von Gegenständen des praktischen Gebrauchs,
war auch vom pädagogischen Standpunkt für die deutschen
Schülerwerkstätten vorläufig das einzig Richtige. DieZög-
Unge unserer Werkstätten entstammen den verschiedensten Schulen und
sind Jim ganz verschiedenem Alter. Als Unterrichtsstoff, der Sekun-
daner, Quartaner, Volksschfller u. s. w. gleichmä&ig interessiert,
konnten deshalb bisher nur Gegenstände des praktischen Gebrauchs
gewählt werden, wenn der Lehrgang einigermafsen systematisch ge-
staltet werden sollte. Allenthalben, wo sich in der Werkstatt
Schüler einer Schulgattung, wohl gar einer Schulklasse finden,
vrird auch der einsichtige Leiter sofort den Lehrgang mehr in Ver-
bindung zum Schulunterricht setzen und vorwiegend Gegenstände aus
dem Gebiete der Formenlehre, der Naturgeschichte, der Geographie, der
Völkerkunde u. s.w. heranziehen. Das von Direktor Dr. GÖTZE-Leipzig
kllnllch herausgegebene Werkchen ist schon der erste Schritt zur
Anwendung des Lehrplanes in diesem Sinne. Die Forderung des
wahlfreien Werkstattunterrichts ist daher mit Freuden zu begraben.
Seine Umwandlung in obligatorischen Unterricht wäre höchst
wünschenswert, aber der Verein ftkr Enabenhandarbeit zweifelt zu-
nächst an der Ausführbarkeit wegen der Kosten. Es wäre aber zu
bedauern, wenn das in Deutschland wegen der Geldfrage nicht ge-
lingen sollte, was in nordischen Ländern längst zur DurchfQhrung
gekommen ist.
Ebensowenig kann ich dem Verfasser beipflichten in dem, was
er Aber den Wert des Werkstattunterrichtes bemerkt, z. B. in Bezug
auf die Gesundheitspflege. Wenn man auch den (ürekten gesund-
heitlichen Nutzen der Papparbeiten und Schnitzereien nicht hoch
anschlagen darf, so mufe man doch das Arbeiten an der Hobelbank
ab aulserordentlich gesundheitsfftrdemd anerkennen. Die erhobenen
Vorwitarfe sind schwach ; denn in einer gut geleiteten Schülerwerkstatt
kommt der gerflgte Staub gegenüber den gesundheitsfördernden
122
Momenten kaum in Betracht, nnd dafs ferner die MiükelQbung an
der Hobelbank nnr einseitig sei, ist wohl dem BertifistiscMer, nicht
aber dem Zögling der Schttlerwerkstfttte nachzusagen. Der Berofe-
üschler mnfs stundenlang hobeln oder sägen und bringt dftdiirch
allerdings einseitig viele Muskeln — nicht einzelne, wie der
Verfasser sagt — in Thtttigkeit. Der Knabe in der Schfilerweriortatt
dagegen greift bald zur Säge, bald zum Hobel, zum Meifsel, zur
Feile, arbeitet bald Ton rechts, bald von links und übt also sehie
Muskulatur durchaus nicht einseitig. Den Jugendspielen und den
Arbeiten in der Schülerwerkstatt gegenüber empfiehlt SoHDBSift als
„ernstliches Mittel zur Gesundheitspflege^ die gesundheitsgemäfse Ein-
richtung der Schulgebäude. Aber ich glaube, damit allein „rettet*
derselbe ebensowenig die Gesundheit der Jugend, wie die Freunde der
Jugendspiele und des Werkstattunterrichtes mit ihren Yorschlägen
diese Rettung allein besorgen können und wollen. Da hätte er lieber
als „ernstliches Mittel zur Gesundheitspflege" die Sorge fAr eine
ausreichende und kräftige Ernährung, die gerade den Ydksschltfem
so oft fehlt, betonen sollen.
Der Verfasser will, wie gesagt, den Stoff des Handarbeitsnnterridites
in erster Linie dem Zeichnen und der Formen- und Raumlehre ent-
nehmen. In dem Mabe, wie das Kind in der Handfertigkeit fort-
schreitet, soll es diese auch für die übrigen Lehrgegenstftnde, 2. B.
flkr die Geographie, die Naturkunde u. s. w. anwenden. Leider
spricht sich die Broschüre nicht genauer über den Lehrplan aus.
Es läfst sich also nicht im voraus beurteilen, ob der in Aussicht
gestellte ünterrichtsgang das Interesse der Schüler erwecken und
wieweit er sich dem Lehrplan der Volksschule anschließen wird.
Nnr das scheint schon jetzt hinreichend klar zu sein, da6 dfe
Arbeiten, die von Schebeb vorgeschlagen werden, ebensogut einen
besonderen Werkstattraum und besondere Einrichtungen beanspruchen,
wie diejenigen Arbeiten, welche in der Schülerwerkstatt hergestdft
werden, wenn nicht die ganze Thätigkeit der Schüler in PfnsciMsm
und Spielerei ausarten soll.
Lehrer GEOBa Vollebs in Hamburg.
Dr. Gustav HEBasL, gepr. Turnlehrer. Pnktisehe Anleitmg
Kiim ScUitteebiiUaiifeii. Wien, 1894. A. Rchlers Witwe
& Sohn. (39 S. 16^ M. 0,60).
Dieses kleine Werk behandelt auf Seite 1 — 26 die VoiteHe
des Schlittschuhlaufens, die Vorsichtsmaßregeln, den Schleii^latz mit
einer Eisordnung, die Garderobe, die Schlittschuhe und ihre Befes*
tlgung, die Lernzeit und die Kürperhaltung.
Fast zu ausüahrlich bespricht der V^asser das Drum unA
123
tkna des Eislaufes, doch kann iDan im allgemeinen mit seinen Ans-
fthnmgen einverstanden sein. Wesihalb aber ein gesundes Kind —
nd im diese handelt es sich doch ansscbüefelieh -^ nicht Tor dem
7. Jahr den ScUittschohlanf beginnen soll, ist mir noverst&ndlidh.
Wenn gewisse Übungen zu Hause gemacht werden, so dafe
das KnOchelgelenk die nötige Festigkeit erlangt, dann darf
man Kinder getrost im Alter von 5 Jahren mit auf die Eisbahn
nehmen.
Auch bezflglich des Schlittschuhes bin ich nicht mit den Aus-
fthmngen des Autors einverstanden. Der Halifax ist sicher ein
«guter Schlittschuh, aber er wird vom Elubskat weit fibertroffen,
-und der gefibtere L&ufer wird sehr bald zu diesem fibergehen. Das
Schärfen der Schlittschuhe wird nur beiläufig erw&hnt, und doch ist
es ungemein wichtig, da es unmöglich ist, mit stumpfen Kanten
Figuren zu laufen.
Auch fiber die Handschuhe Heise sich streiten, di^egen gebe
Ml dem Verfasser recht, dafs Schleier und Muff nicht auf die Eis-
bahn gehören, obgleich ich den Satz auf Seite 11 in der dort ge-
ittuucliten Fassung nicht billige: „Durch das Tragen eines Schlders
über das Gesicht erfrOrt man sich leicht die Nase.*' Übrigens
irflrde ich in die Verbannung vom Eisplatz auch den Gylinderliut
^i^nschliefisen.
Die Ausdrucksweise ist nicht immer knapp und klar, auch
-flnden sich eine ganze Anzahl entbehrlicher Fremdwörter, z. B.
minimal, Temperatur, temperieren, auf einer einzigen Seite (10).
Auf Seite 27 — 39 werden uns 3 Hauptregeln, 35 TTbungen
oder Figuren lind einige Spiele geboten. Dieser Teil ist der
sehwftchste im ganzen Werkchen; denn es felillt ihm die systematische
Anlage und die zweckentsprechende Durchffihrung. Auch auf dem
Sise mu6 es heilsen: „Vom Ijoichten zum Schweren, vom Ein-
fachen zum Zusammengesetzten!'' Hier bietet sich aber ein bunter
Weelisd von Figuren, z. B. als vierte Übung der Achter, als
veuBzehnte Übung der Vogelschnabel, als viemndzwanzigste Übung
der Dreier etc. Übung 34 ist falsch beschrieben, worfiber man
HOLLSTSCHEK „Der Mond*^ nachsehe.
Der entschiedenste Mangel des Sclniflxiihens aber ist, dafs ihm
gar keine Zeichnungen beigegeben sind. Dieselben verieihen, auch
#001 sie noch so einfach sind, der Beschreibung erst Klarheit.
Somit bietet das Buch in seinem ersten Teile viele und gute
Batschlftge. Was den zweiten Teil anbetrifft, so wird es von den
annsten Werken, welche sic3i mit dem Eistanf besehftfügen, fiber-
troffen.
Bfirgerschullehrer Kabl Otto In Dresden.
124
H. BuNEii, Rapportenr. Rapport 8iir rbygiine des ^les.
Paris, 1893. Imprimerie Chaix. (32 S. Gr. 4^)
Vom Conseil d'hygi^oe publique et de salnbrit^ dn D^partemeDt
de la Seine wurde infolge eines Ministerialerlasses Yom 29. August
1892 ein Bericht verfafst, welcher nnter wörtlicher Anführung der
gesetzlichen Bestimmungen über den Ban von Kleinkinder- und
Elementarschulen vom 28. Juli 1882 jene wtlnschenswerten Ab-
änderangen angibt, die sich auf Grund der bisher gemachten Er-
fahrungen empfehlen. Diese Abänderungen beziehen sich auf
folgende 11 Punkte:
1. Die Fundamentmauem sind in Bruchstein mit Verputz von
hydraulischem Mörtel herzustellen. In der Höhe des Erd-
geschosses sind ohne Unterschied des verwendeten Baumaterials
die Haupt- und Zwischenmauern ebenfalls mit hydraulischeiii
Mörtel zu verputzen.
2. Der Fufsboden des Erdgeschosses ist gegen das Erdreich durch
Hohlräume zu isolieren und soll entweder auf Kellergewölben
oder auf Gewölben zwischen eisernen Trägem liegen.
3. Die Stiegen sind an den Unterflächen mit Gipsmörtel zu ver-
putzen.
4. Im Falle einseitiger Beleuchtung ist die Orientierung der Lehr-
zimmer nach Norden untersagt. Bei zweiseitiger Beleuchtung
von links und rechts mufe die Achse des Lehmmmers wo-
möglich von NNO. nach SSW. gestellt werden, wobei eine Ab-
weichung bis zu einem Winkel von 40^ in der Nordsttdrichtung
zulässig erscheint.
5. Der in Asphalt verlegte harte Fufsboden ist mit Trockenfimis,
Ölfarbe oder einem anderen undurchlässigen Materiale ein-
zulassen.
6. Die Anwendung von gulseisemen Öfen ohne Mantel ist ver-
boten.
7. Auiser der Lüftung durch bewegliche und stellbare Fenster-
flügel ist für die Sommerzeit eine beständige Ventilation dardi
kräftige Ventilatoren, welche bis über das Dach reichen müssen,
einzurichten.
8. Die gefärbten oder gemalten Innenwände des Schulgebäudes sind
zu glätten und zu lackieren, um waschbar zu sein.
9. Alle Auslaufbrunnen sollen womöglich mit Quellwasser gespeist
und mit einem Filter versehen sein, das wöchentlich zu
reinigen ist
10. Jeder Gang neben den Klassen hat einen Waschtisch mit
filtriertem Wasser zu erhalten.
11. Die Abortaitze nach dem türkischen System werden untersagt.
125
and sind ovale Sitzbretter aas hartem Holz derart anzabringen,
dafs sich die Schfller setzen müssen. Die Pissoiranlagen sollen
eine kontinaierliche Wasserspülung besitzen.
Da znfolge des vorhin citierten Ministerialerlasses vom
29. Aognst 1892 kein Schulgebäade errichtet werden darf, bevor
nicht die hygienische Kommission ihr Gutachten über die Wahl der
Plfttze, sowie über die Plane und Überschläge für das Schalhaas
abgegeben hat, erschien es dem Referenten von Wichtigkeit, auf
jene Momente hinzuweisen, welche bei Prüfung der Schulbau-
elaborate von besonderer Bedeutung sind. In den folgenden neun
Ponkten ist in kurzen Schlagworten das Wissenswerteste zu-
nrnmengefafet:
1. Lage des Schulbaues, trocken und luftig. — Ursachen der Yer-
onreinigung durch die Nachbarschaft. — Friedhöfe (mindester Ab-
stand 100 Meter), unreinliche, belästigende und gefährliche Anlagen
in der Nähe. — Belebte und lärmende Strafen. — Abstand
von Nachbargebäuden, deren Höhe. — Strafsenbreite.
2. Bodenbeschaffenheit, geologisches Profil, ebenes oder
geneigtes Terrain. — Orientierung der Gebäude.
3. Gesamtausmafs des Bauplatzes, der Gebäude, der Höfe und
Spielplätze. — Einfriedigung des Platzes.
4. Bauweise, Mauern (Bruchstein, Haustein, Ziegel oder Holz).
— Durchlässigkeit der Materialien. — Bewurf, Mörtel. —
Unterkellerung, Höhe des Erdgeschosses über dem Boden. —
Bedachung. — Zahl der Stockwerke. — Einteilung. — Stiegen.
— Vestibüle. — Gänge. — Fufsböden.
5. Lehrzimmer. — Form. — Höhe. — Rauminhalt. —
Zahl und Verteilung der öffimngen. — Fulsboden und Decke.
— Verkleidung der Mauern. — Natürliche Beleuchtung, einseitig
oder zweiseitig. — Zahl, Anordnung und Gröfse der Fenster.
— Künstliche Beleuchtung. — Lüftung. — Art der Ventila-
tion. — Heizung.
6. Gedeckter Spielplatz. — Nebenräume desselben. — Turn-
halle.
7. Hof zur Erholung. — Nieveauverhältnisse , Ableitung der
Niederschläge. — Trink- und Nutzwasser.
8. Aborte. — Zahl. — Sitzeinrichtung. — Pissoirs. — Senk-
graben, Tonnen, Schwemmkauftle.
9. Wohnungen des Lehrers und der Hilfislehrer.
Diplomierter Architekt Eabl HiNTBÄaEB in Wien.
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VIII. Jahrgang. 1895. No. 3.
d^rij^ittalab^anblttiigeti.
Die Steilflchrift während der letzten fOnf Jahre.
Von
Dr. med. Paul Sohübebt,
Augenarzt in Nürnberg.
Fünf Jahre sind verfloesen, seit man die gerade Mitten-
lage mit senkrechter Schrift in den Schnlen zu erproben
begonnen hat. Die Beteiligung umfaTste beinahe alle gröfseren
Städte Deutschlands, Österreich-Ungarns und der Schweiz, und
auch in Dänemark, Norwegen, Schweden und Buialand ging
man an die Arbeit. So dürfte es denn an der Zeit sein, Um-
schau zu halten und die Ergebnisse zu sichten. Es können
dabei mit Fug die theoretischen Betrachtungen, in welchen
sich die Steilschriftarbeiten des vorigen Jahrzehntes bewegten,
beiseite gelassen werden. Dergleichen war gut, war sogar
notwendig, bevor gröJsere in der Schule gesammelte Erfahrungen
vorlagen. Nun aber ist es der Versuch, der entscheidet, und
keine mit Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit rechnende
deduktive Erwägung wird die im Schulzimmer während
dieser Jahre gesammelten Thatsachen verdrängen oder wider-
legen können. Der theoretischen Forschung bleibt immerhin
noch die wichtige und in gewissem Sinne entscheidende Auf-
gabe, für sachgemäfse Anordnung der Steilschriftversuche zu
sorgen, mit scharfer und auf das Wesentliche gerichteter
Fragestellung an die Messungen der Körperhaltung heran-
B«balfenmdlh«itopflef« VIII. 9
130
zutreten und Schlulisfolgerungen aus den Ergebnissen zu ziehen.
Die Zeiten aber, in denen das Für und Wider einzig mit
Sätzen aus der Physiologie und Mechanik erledigt werden
wollte, sind endgültig dahin, oder sollten es doch sein.
Als Quelle für die Beurteilung der mit gerader Mittenlage
und Steilschrift erzielten Erfolge dienen, wenn man die Kund-
gebungen der Tagespresse als zu wenig zuverlässig aulser
acht lälst:
1. die Yon Schulmännern verfaTsten oder in Lehrer-
zeitschriften niedergelegten Arbeiten;
2. die ärztliche Litteratur über diesen Stoff;
3. die zumeist der zweiten Grappe angehörigen, aber
durch ihre entscheidende Bedeutung einen besonderen
Bang einnehmenden Kommissionsgutachten und die
Berichte über vergleichende Messungen der Körper-
haltung in Steilschriftklassen und in KontroUklaasen
mit schräger Schrift.
I.
Pädagogische Litteratur.
Die in dieser Gruppe zu nennenden Arbeiten rühren
gröfserenteils von Lehrern her, welche selbst Sohreib-
unterricht geben, zum anderen Teil von Schulvorständen oder
Vertretern der Schulbehörde. Man durfte hoffen, dafs ina-
besondere die von Praktikern geschriebenen Arbeiten ihren
Schwerpunkt in die Wiedergabe der persönlich mit der Steil-
schrift gemachten Erfahrungen verlegen und dadurch die vor-
wiegend von Ärzten geschaffene theoretisierende Litteratur der
vorhergehenden Jahre in willkommener Weise ergänzen würden.
Leider entrollen nicht alle der im Schulzimmer wirkenden
Autoren ein Bild von dem, was sie mit ihren Schülern und
mit der geraden Mittenlage erlebten, und wie sich die Sache
in der Praxis nach der hygienischen und pädagogischen Seite
hin entfaltet hat.. Die meisten konnten dem Beiz nicht
widerstehen, die theoretischen Gründe und Gegengründe immer
wieder zu entwickeln und gegeneinander abzuwägen, um
131
kieraus mit mehr oder minder grofser Entsckiedeiiheit ihre
StellaDgnahme im Widerstreit der Meinongeu zu schöpfen,
unverkennbar gebührt diesen reproduktiven Arbeiten insoweit
Danky als sie neue Elreise für Beteiligung an den Versuchen
gewannen und den Meinungsaustausch in Fluis brachten. Zur
Stande aber bedürfen wir vor allem der Kundgabe des Selbst^
gesehenen und Rrlebten, und die Erklärung eines Autors, er
sei ein Freund oder Gegner der Steilschrift, erhalt ihr Schwer-
gewicht erst dann, wenn er zu beschreiben vermag, wie die
steilschreibenden Kinder in seiner Schule wirklich sitzen,
nicht wie sie aus diesen oder jenen Gründen vermutlich sitzen
würden, falls man sie steilschreiben Heise. Legt man diesen
Mafsstab an, dann schmilzt die Zahl der aus Lehrerkreisen
kommenden Arbeiten erheblich zusammen, so dals die
litterarisohe Ausbeute leider im Mi&verh<nis bleibt zu den
ausgedehnten praktischen Versuchen.
Li dem nunmehr folgenden Verzeichnis der Publikationen
wurden die Namen jener Verfasser fett gedruckt, die ent-
weder auf eigene Erfahrungen ausdrücklich hinweisen, oder von
denen sonst bekannt geworden ist, da£9 ihr Urteil von Ver-
sochen in der eigenen Schule getragen wird. Es sind alle
Arbeiten der letzten Jahre genannt, die sich in dem littera-
rischen Einlauf der vorliegenden Zeitschrift befinden oder
durch freundliche Zusendung mir bekannt geworden sind.^
Als Gegner der geraden Mittenlage mit senkrechter Schrift
sind zu nennen: Schmabje****, Stböbaubb*^ 0. Jauke **' *• '• ",
Langenbbuch *^ PiBiTscH '®, Thoband ^ ^, Haupt VOGEL * *,
Lohb'^, Lukas ^^ ein Anonymus in der rheinisch-westfälischen
Schulzeitung^ und ein zweiter Anonymus in einer bei J. H.
Bon in Königsberg erschienenen Broschüre^.
Zu Gunsten der Steilschrift sprechen sich aus: Ambros^' ^
Anonymus der allgemeinen deutschen Lehrerzeitung ^, Bachleb®,
^ Die vor drei Jahren an die Redaktionen der bedeutendsten pfida-
gogischen Zeitschriften gerichtete Bitte um Übersendung der hierher ge-
hörigen Anfsaüse fand nur wenig Gehör, so dafs das Verseichnis vielleiobt
Inokenbaft geblieben ist.
9»
132
Bayr'' «' •• ^^\ Bravkula^^^, B»llg6^fy"^ Dietrieh^S Elm",
Franges "*, Gban "•, Guglee **, Hackel **, HIkokson-Hansen ^"
« !•*, Henniiigseii", Hertel"'^ *^ Hofmalln<^ Höhn", Jaek-
g^n^i». iw "1, P. Jaiike«*, Jell8ell"^ K4pp4ti"^ KeUer*»,
Leve^till*^ Meissner", W. Meyer", Sophie M»llep"*,
Petersen", Pfeiffer^^ Rotsoh", Rnckert"" *^ Sperling*«,
ScHAPMANN**, Scharf**, Schmidtbaner*^ Sohmibdingbb**,
StandigPo, Sehn Iprogramm Ulm", WalterhBfer", Wiesmann",
Wunderlich"- ", Ziesch^^^ Zimmermann".
Unter den Gegnern bezieht sich allein 0. Jankb**' " ■• ^
auf eigene Schulerfahrongen mit Steilschrifi;, denen er Kontroll-
yersuche mit Schrägschrift in schräger Mittenlage gegenüberstellte.
Leider berichtet er über diese Versuche nur sehr kurz und
widmet den Hauptteil seiner Aufsätze der Darlegung dessen,
was Beblin und Rembold vor Zeiten über dieses Thema
geschrieben haben, aLs noch in keiner Schule in oder aufserhalb
Deutschlands auch nur eine steilschreibende Klasse vor-
handen war.
Über die Versuchsanordnung O. Jankes möge die E2nt-
gegnung des gleichnamigen Rektors F. Jankb**, an dessen
Schule gleichfalls Parallelversuche mit schräger und senk-
rechter Schrift durchgeführt wurden, hier Platz finden:
„Herr Otto Janke hat Versuche angestellt, und zwar
in der Weise, dals er einen Teil der Schüler Steil-, den anderen
Schrägschrift ausführen liels. In einem Semester wurden nur
am Anfang Anweisungen gegeben, wie das Heft zu legen,
Körper, Arm und Hand zu halten, die Feder zu ftlhren seL
Während des Semesters fanden Belehrung und Einwirkung
nur gelegentlich statt, und die Haltung *war in beiden Ab-
teilungen gleich schlecht. Beim zweiten Versuch wurde nicht
nur anfänglich Belehrung gegeben, sondern es wurde wiederholt
und mit Ernst auf die Befolgung der Regeln geachtet. Die
Haltung war in beiden Abteilungen gleich gut. Daraus
folgert Herr Janke, dals nicht das Princip der Steilsohrift
die bessere Haltung erzeuge, sondern nebensächliche Forderungen
über Handhaltung, Federführung u. s. w.
133
loh kann den Ansftüinuigen des Herrn Amtsgenossen
nicht ohne weiteres volle Beweiskraft zuerkennen. DaTs seine
Sdiüler nach dem ersten Versuche , bei dem die fortgesetzte
Belehrung und Einwirkung fehlte, sowohl bei der Schräg-,
wie bei der Steilschrift schlechte Haltung hatten, glaube ich
ihm gem. Wir dürfen solche Belehrung und Einwirkung
nicht fehlen lassen, auch nicht auf gelegentliche Ausübung
beschränken. Gibt es doch nicht wenige Schüler, die nicht
nnr in der Schreibstunde, sondern auch in anderen ünterrichts-
stmiden trotz bestkonstruierter Bänke wieder und wieder in
eine sohlechte Haltung zurückfallen. Weiter scheint mir der
Versuch insofern bedenklich, als er die beiden Abteilungen
nebeneinander in derselben Zeit unterrichtete: wir wissen, wie
leicht unsere Schüler etwas Schlechtes nachahmen, auch in
Beziehung auf die Haltung. Wenn der Herr Kollege nun
aber bei fortgesetzter Belehrung und Einwirkung in beiden
Abteilungen gute Haltung erzielt hat, so ist damit noch nicht
bewiesen, ob es nicht den Steilschreibem wesentlich leichter
geworden ist, den Forderungen bezüglich der Haltung zu
genügen, als den Schrägschreibern. An meiner Schule ist der
Versuch in folgender Weise ausgeführt: Nach eingehender
Besprechung in der Konferenz wurde beschlossen, mit den
Schülern der 5. Klasse die Steilschrift zu üben, während
die Parallelklasse bei ihrer Schrägschrift blieb. Ich muis
sagen, dals mich das Ergebnis sowohl in Beziehung auf Schön-
heit und Korrektheit der Schrift, wie in Beziehung auf die
Haltung befriedigt hat. Bemerkt mag noch werden, dals der
Lehrer, der hier die Steilschrift übte, auch in der Parallel-
klasse den Schreibunterricht erteilte, und daHs er ohne jede
Voreingenommenheit an den Versuch herangegangen ist.*^
Diesen Ausführungen sei nur noch beigefügt, dals die
Versuche von O. Janke nicht genau genug beschrieben worden
sind, um daraus Schlufsfolgerungen ziehen zu köimen. Mit
dem allgemeinen Urteil, dals die schrägschreibenden Kinder
ebensogut salsen, wie die steiUchreibenden, hätte sich ein so
scharfer Kenner der Theorie des Schreibens nicht begnügen
134
dürfen. Nicht alle Anomalien der Schreibhaltnng fallen der
Heftlage und Gmndstrichriohtung zur Last, sondern es leuchtet
aus der gesamten Steilschriftlitteratur mit aller Schärfe jener
rote Faden hervor, dafs dem schrägen Zeilenverlauf bei der
schiefen Mittenlage eine Neigung des Kopfes gegen die linke
Schulter und eine Senkung dieser linken Schulter zuzuschreiben
ist. Eine sorgfältige Beobachtung, wenn nicht Messung nach
dieser Richtung hin hätte man von O. Janke erhoffen dürfen.
Die allgemein gefafste Censur einer gleich guten oder gleich
schlechten Haltung hängt allzusehr von dem subjektiven Er-
messen ab und trifft nicht den Kern der Sache.
O. Jankk erachtet in seiner Hauptarbeit im Pädagogischen
Magazin für erforderlich, den Nachweis zu führen, daJs die
Heftlage es nicht allein ist, auf die es beim Schreiben an-
kommt, dafs vielmehr gutes Licht, gesunde Augen, angepafste
Bänke, normale Muskelkraft, kurze Dauer der Schreibarbeit,
Sachkenntnis und Energie des Lehrers dabei volle Beachtung
verdienen. In diesen Stücken wird ihm jeder Unbefangene
beipflichten. 0. Jankes Schlufssatz: „Wenn es überhaupt
der Fall ist, so ist die Schriftrichtung nur ein einzelnes
Moment unter vielen nicht minder wichtigen Faktoren, welche
die Körperhaltung beeinflussen^, nähert sich sehr dem Stand-
punkt besonnener Freunde der Steilschrift. ^
Den Arbeiten 0. Jankes ist breitere Besprechung gewidmet
worden, weil sie sich auf eigene Schulerfahrung stützen. Alle
anderen in der pädagogischen Litteratur zu Wort gekommenen
Gegner der Steilschrift wiederholen entweder nur die Worte
Berlins, z. B. Stegbaüer*', der Anonymus aus der rheinisoh-
westfelischen Schulzeitung*, Haüptvogel*^ Thoeand** und
LÖHB^^, oder ergehen sich in mehr oder minder geistreiolien
Witzeleien, wie z. B. Pibitsch*', oder gar LANaENBEüOH*®,
der sein Rüstzeug der „Graphologie" entlehnt, indem er be-
^ Wahrend des Dmckea erschien ein neuer AofsatE 0. Javkm in
den Pädagogischen Blättern für Lehrerbildung, No. 6 d. Js. Auch von
dieser Arbeit gilt das eben Qesag^, da sie nur Theorie und keine neue
Sohulerfahrung enthält.
1S5
hanptet, dafs „die Sohrägsehrift den natürlichen, nngezwnngenen,
mit normalem Gefühl begabten Menschen angehört, während
man die Steilschrift bei Lenten findet, die ihrer Natürlichkeit
Gewalt anthaten nnd mit erzwungener Kälte oder Verstellnng
in die Welt guckten!"
Aus keiner dieser Arbeiten ist erkennbar, ob die Verfasser
jemals ein steilschreibendes Kind beobachtet, geschweige denn
eine Klasse auch nur ein Schuljahr hindurch in Steilschrift
üotenichtet haben.
Ernstere Arbeit liegt in der bei Bon in Königsberg er-
schienenen anonymen Broschüre^ vor, die sich durch Klarheit
tmd Selbständigkeit des Gedankenganges auszeichnet. Der
Autor nimmt insofern eine vermittelnde Stellung ein, als er
die von der geraden sehr wenig abweichende Mittenlage mit
einer Heftdrehung von nur 10 bis höchstens 15^ befürwortet,
also genau jene Heftlage, mit deren Empfehlung Gtboss seiner
Zeit die Steilschriftbewegung einleitete.
Es ist bedeutsam und im Sinne der Steilschriftbewegung
erfreulich, dals die zu ihren G-unsten in der pädagogischen
Litteratur laut gewordenen Ansichten nicht nur weit zahl-
reicher sind, sondern, was entscheidend ins Gewicht ÖÜlt, in
der grolsen Mehrzahl auf eigener Anschauung und jahrelanger
Erprobung beruhen. Diese Arbeiten sind zum Teil als Ver-
dichtung der in den Hauptcentren der Steilschriftversuche
gesammelten Erfahrungen von hoher Bedeutung. Dahin sind
zu rechnen die Berichte aus Flensburg (Petebsek'^), Berlin
(Hbrtbl^»'"), Wien (Bayb'''»' »), Prag (Hackel*^), Pest
(KiÄPln und BöNGÄBFT *'^), Breslau (Ziesoh*'^^ und Hof-
MAim*^, Freiburg i./Br. (Kbllbb**), Oldenburg (W. Metbb"),
Leipzig (Sperling**), Nürnberg (Wündeblich** "* **) und
Würzburg (Rückebt»^ •• *<>).
Die meisten Verfasser beschränken sich darauf, im all-
gemeinen festzustellen, dafs die Körperhaltung bei gerader
Mittenlage eine erheblich bessere ist, als bei den bisher üblichen
Hefüagen mit Schrägschrift. Auch in diesen Aufsätzen nehmen
theoretische und aprioristiscfae Darlegungen vielfach einen
136
breiten fiAum ein nnd können hier übergangen werden. Wert-
voll aber sind in allen anf eigener Erfalining foÜBenden Arbeiten»
die immer wiederkehrenden Anssprüohe, daDs von den am
grünen Tisch ersonnenen Bedenken gegen die senkrechte
Schreibweise keines in der Praxis Bestätigung gefunden hat.
Handhaltungy Arm- und Fingerbewegung sind leicht durch-
führbar, und die Behauptung, dals sie ^^unphysiologiBch^ seien
und ^gegen die Bewegungsgesetze der schreibenden Gelenke
yerstieUsen^, zerflieM gegenüber der Schulerfahrung in nichts.
Manche Schriften berichten über Wettschreiben mit senkrechter
und schräger Schrift, welches nirgends zu Ungunsten der Steil-
schrift ausfiel. In der That dürfte ftir jene Grade von
Schreibfiüchtigkeit, welche in der Schule, zumal in der Volks-
schule, in Betracht kommen, die Steilschrift nicht hinter der
alten Schreibweise zurückstehen.
Eigenartigen Beiz gewinnen einige dieser Mitteilungen
durch die Schilderung der Verfasser, mit welchen Vorurteilen
sie an die Steilschriftproben herantraten, wie ihnen zunächst
Mifserfolge begegneten, und wie sie erst dadurch, dafs sie
selbst senkrecht schreiben lernten, zur richtigen Unter-
richtsmethode und damit zu vollem Erfolge vordrangen. Man
lese, was darüber Rückebt ^', S. 8 und HoFMAmr '' Lehrreiches
zu berichten wissen. Letztgenannter Autor sagt sehr treffend,
dafs nach seiner Vermutung ein nicht unerheblicher Teil der
Gegner sich aus solchen zusammensetzt, welche diese Schrift
überhaupt noch nie geübt haben, oder wenigstens nicht über
die ersten Versuche hinausgelangt sind.
In den Lehrerzeitschriften hat man die Steilschrift be-
g reiflicherweise auch vom pädagogischen Standpunkte betrachtet
u nd ihr in dieser Hinsicht Vorzüge nachgerühmt, die zum Teil
in hygienischer Hinsicht nicht belanglos sind. Insbesondere
wird hervorgehoben, dafs der Begriff des Senkrechten dem
Kinde leichter einzuprägen sei, als der einer Schräglage von
bestimmtem Grade, dab die Schrift infolgedessen gleich-
mäisiger ausfalle, dafs der Schreibunterricht schneller
vorschreiten könne, ja sogar, dafs man bei Steilsohnft die
137
eigentlichen Schönschreibstnnden verringern nnd in einem
früheren Jahrgang vom Stundenplan verschwinden lassen
kOnne, als dies bisher bei Schrägschrift möglich war. Dies
wäre allerdings gesundheitlich sehr zu begrüfsen. Dafs ferner
die senkrechte Schrift deutlicher und bei gleicher Gröise
leichter lesbar ist, als die Schrägschrift, dürfte bei Freund
und Gegner kaum noch auf Widerspruch stofsen, da es sich
planimetrisch und optisch nachweisen läfst. Insbesondere
loben Lehrer, welche viel Korrekturen zu lesen haben, dies
als eine wahre Wohlthat der neuen Schreibart. Noch mehr
als bei der Buchstabenschrift tritt der Vorzug gröfserer Deut-
lichkeit und Übersichtlichkeit beim Rechnen hervor, am augen-
ftlligsten bei senkrechter Anordnung einer gröfseren Beihe
vielstelliger Zahlen zum Zweck der Addition.
Oegen ein der Steilschrift von Seiten der Lehrer oft ge-
spendetes Lob möchte ich indessen Einspruch erheben; es ist
das der Baumerspamis. Zweifellos bringt man auf gleichem
Raum bei gleicher Deutlichkeit eine grölaere Anzahl von
Worten in Steilschrift unter, als in Schrägschrift. Diesen
winzigen materiellen Vorteil erkauft man dann aber mit Ver-
zicht auf den für die Hygiene des Auges überaus wichtigen
Gewinn einer gfVfseren Deutlichkeit. Wer die letztgenannte
Frucht der Steilschrift voll ausnutzen will, darf sich nicht
durch falsche Sparsamkeit um einen Teil dieses Gewinnes
bringen lassen.
unter den in pädagogischen Zeitschriften veröffentlichten
Arbeiten gebührt derjenigen von Oberschulrat Dr. v. SALLwn&BK^^
ein besonderer Rang, weil sie durch die Stellung des Autors
an der Spitze des Badenser, in so vieler Hinsicht vorbild-
lichen Schulwesens an Bedeutung den später zu erwähnenden
Kommissionsgutachten gleich erscheint. Man wird aus dem
Umstände, dab v. Sallwübk zuerst in Deutschland für die
Vorzüge der von DntCKX in der Brüsseler Normalschule ein-
geführten stark emporgerichteten Schrift von nur 15^ Rechts-
neigung eintrat,' gewiis keine Voreingenommenheit zu Gunsten
^ Pädagog. Studien von Dr. Rsnr, 1881, 3. Heft.
138
der geraden Mittenlage mit streng senkrechter Schrift herleiten.
Den zur Zeit im Grofsherzogtum Baden allgemein durch-
geführten Schreibduktus von 15^ Rechtsneigung bezeichnet
y. Sallwübk als einen Übergang zur vollkommen senkrechten
Schrift, deren hygienische Vorteile durch Versuche in mehreren
Schulen ins deutlichste Licht gesetzt worden seien. (S. 278.)
Von gleicher Wichtigkeit erscheint das von dem Ge-
heimen Oberschulrat Dr. Schilleb** in dieser Zeitschrift
zu Gunsten der Steilschrift abgegebene, auf eigene Erfahrung
gestützte Urteil.
n.
Ärztliche Litteratur.
Es sollen an dieser Stelle nur die rein theoretischen und
jene Arbeiten aus ärztlicher Boeder besprochen werden, welche
äoh auf allgemeine Urteile über die bei steilschreibenden
Kindern beobachtete K&rperhaltung beschränken. Den Kom-
missionsgutachten und den Berichten über vergleichende
Messungen ist ein eigener Abschnitt vorbehalten.
Der Vortritt bleibe auch hier den Steilschriftgegnem. Es
sind in erster Reibe zu nennen die unter Beblins Leitung
entstandene Arbeit von Ahbens ^® über die Bewegung der
Augen beim Schreiben und der Bericht, den Beblin^' selbst
über diese Untersuchungen in der Sitzung der ophthalmologischen
Gesellschaft zu Heidelberg im Jahre 1891 gegeben hat. Die
Untersuchungen von Ahbens bezogen sich zunächst auf den
EinfluCs des Zeilenverlaufes auf die Kopfhaltung. Nach einer
Methode, die im Original nachgelesen werden möge, gelangte
derselbe zu dem Ergebnis, dals bei schräger Heftlage die Zeile
niemals in die Visierebene aufgenommen, sondern von dieser
in der Richtung von links oben nach rechts unten geeohnitten
wird. Ahrems glaubt, diesen seinen Befund gegen mich Fer-
werten zu können, übersieht aber, dafis meine Messungen^ mit
den seinigen sehr nahe zusammentreffen. Unter 243 Messungen
* Vergl. Graf e8 Archiv, XXXII, 1, 8.66 und Tab. Hla, No. 3 auf
S. 119.
139
fand ich 239 mal, dafs die Visierebene die Zeile nicht in sich
an&iimmt, 1 mal gelangten beide zur Verschmelzung, und
3 mal fand eine Uberdrehung statt, so dals die Zeile von
der Visierebene in umgekehrter Richtung von links unten nach
rechts oben geschnitten wurde. Den Grund suchte ich darin,
dafs der Sohreibakt nicht von einem starren Gesetz beherrscht
wird, sondern dafs eine Reihe von Faktoren dabei zusammen-
wirken und das Gesetz von den bevorzugten Bliokbahnen,
mag man es nun auf die Grundstrich- oder auf die Zeilen-
richtung anwenden wollen, immer nur die Rolle einer der
Komponenten im Parallelogramm der Kräfte spielt.
Statistisch ausgedrückt wurde also bei Ahbens in 100 ®/o,
bei mir aber in 98,4 ?/o der Fälle die Zeile von der Visier-
ebene in der angegebenen Weise geschnitten. Das sieht mehr
einer Bestätigung ähnlich, als einer Widerlegung. Ahbens
freilich folgert daraus, dafs eine Neigung der Visierebene gegen
die Zeile überhaupt nicht stattgefunden habe, und dieser Schlufs
enthält einen Irrtum. Wenn von zwei Wettläufem Ä hinter B
ebe Strecke weit zurückbleibt, darf daraus geschlossen werden,
dab A überhaupt nicht gelaufen sei? Will man am Ende
des Rennens erfahren, welcher Weg Ä zurückgelegt hat,
so wird nicht der schliefsliche Abstand der Wettläufer von-
einander, sondern die Entfernung des Ä von seinem Aus-
gangspunkt zu messen sein. Berlin und Ahbens hätten also
untersuchen müssen, ob die Abweichung der Visierebene von
der PrimärstelluDg bei schräger Zeile sich ändert und mit
dem Grade der Schräglage wächst. Bei dieser Fragestellung
wären die Untersucher in die Lage gekommen, meine im
Jahre 1885 aus 1200 Messungen gewonnenen Durchschnitts-
zahlen zu bestätigen oder zu widerlegen. Ich fand damals:^
bei gerader üittenlage eine Linksneigung des Kopfes
von 2,8® im Mittel;
bei schräger Mittenlage, bei gerader und schräger Rechts-
lage eine Zunahme der Linksneigung des Kopfes bis zu
* A. a. 0. S. 48.
140
7,9<>, 9,9®, 12,7® und 16,6®, im geraden Verhältnis ansteigend
mit dem Waohstnm des Winkels zwischen Zeile imd Polt-
rand, bezw. bei den Rechtslagen zwischen Zeile nnd Stirn-
ebene des Schreibenden.
Aniser der scharfen Fragestellnng wird man in der
Arbeit von Ahbens die Zahlenangaben über seine Messungen
yermissen. Es fehlt jede ziffernmäfsige Darlegung,
sowohl über die Anzahl der vollführten Messungen, als über
die gefundenen Winkelgröfsen, und nicht einmal Mittelwerte
werden mitgeteilt.
ferner wäre es wichtig, zu erfahren, wer die Versuchs-
personen waren. Die Methode beruht auf Doppelbildern, die
durch willkürliches Schielen herrorgemfen werden; sie gehört
somit zu den sogenannten subjektiven Untersuchungsmethoden.
Hierbei ist man nun vollkommen den Aussagen der Versuchs-
person anheimgegeben und steht zwischen Scylla und Charybdis.
Prüfte Ahbens mit Kindern^ so waren Müsverständnisse und
Irrtümer das einzig sichere Resultat. Prüfte er mit natur-
wissenschaftlich geschulten, in Selbstbeobachtung geübten Er-
wachsenen, so erfuhr er im besten Falle etwas ganz anderee,
als für die Zwecke der Schulhygiene wissenswert ist; denn
der Anteil, den das Auge an der zu schreibenden Zeile nimmt,
ist bei fertig und schnell schreibenden Erwachsenen ein ganz
anderer, als beim Kinde. Im ersten Schuljahre ist der Einfiuls
der noch sehr langsam entstehenden Zeile auf das Auge gering;
er wächst in der Schulzeit mit zunehmender Schreibgewandtheit|
schwindet aber im späteren Leben bei Vielschreibern nicht
selten fast ganz, weil die Zeilenführung automatisch wird.
Eine zweite Untersuchungsreihe von Berlin und Ahbens
galt den Bewegungen, mit welchen die Augen den Grund-
strich begleiten. Auf das kokainisierte Auge der Versuchs-
person wurde ein kleines Spiegelchen befestigt, dessen Licht-
reflex jede Blickbewegung in starker Vergröfserung zur
Anschauung brachte. Es zeigte sich, dals für gewöhnliche
Schreibweise und Schrift das der Zeile entsprechende Licht-
bild bei 20- bis SOfacher Vergröfserung „eine hier and
141
da y|on kleinen Höokerohen unterbroohene Linie
aufwies". Das ist alles, was von den nach Beblins Angaben
die Onindstriclie begleitenden und den ganzen Schreibakt be-
herrschenden Angenbewegungen übrig blieb. Fügt man das
Zugeständnis bei, welches Berlin in Heidelberg machte ^'
(S. 186 nnd 137), dafs die Blickbahn in der That der Zeile
folgt, so kann kaum noch ein Zweifel obwalten, dafs selbst
nach den Rostocker Untersuchungen der Einfluls der Zeile
auf das Auge bedeutender ist, als der Einflufs des Grund-
striches, und darauf beruht die hygienische Überlegenheit
der geraden Mittenlage.
Ein dritter ärztlicher G-egner erstand der Steilschrift in
SiSLLWAGt VON Cabion^^®. Seine Einwendungen sind rein theo-
retischer Natur und stehen im Widerstreit zu dem, was die
tägliche Erfahrung in den Steilschriftklassen lehrt. Es ist aus
der Arbeit nicht ersichtlich, ob der Verfasser je ein Kind
beim Senkrechtschreiben beobachtet hat.
Nun folgt ein Verzeichnis der für Steilschrift eintretenden
Ärzte. Die Namen jener Autoren, welche selbst die Steil-
Schrift an Schulkindern beobachtet haben, sind fett gedruckt.
Hermann Colin (Breslau) ••- ^ '^- ^^, Collinbaü (Paris) "*,
€eMbe (Lausanne) ^^^ "* ^^\ Dollinger (Budapest) ^^\ Edel (Ber-
Bn)»<», Fodop (Budapest) "^ Fuchs (Wien) '•"•»», Gelpkb
(Karlsruhe) '\ Girard (Bern) »^^ Max Ornber (Wien) *•«, Heptel
(Kopenhagen) «>• "<> " "^ Hoffa (Würzburg)«», Javal (Paris)»»»
•• "*, Kammerer (Wien ["», Kotelmann (Hamburg) '* ^' '• »»,
Kthner (Frankfurt a/M.)^», Krug (Dresden)»», Laqueub
(Strasburg) »*, Lorenc (Wien) »», Kikulicz (Breslau) »^*, Nieden
(Bochum) »«, V. Beuss (Wien) ««, fiitzmana (Zürich) »^», Sack
(Moskau)»»», ScHBEiBEB (Magdeburg) ^^ Schusehny (Budapest)»®»,
Toldt (Wien) ", Younö (Augusta, Nord- Amerika) »»».
Die Fülle des Stoffes verbietet eine genauere Würdigung
der einzelnen Arbeiten, welche man behufs eingehenderen
Studiums im Original nachlesen möge. Zweck und Umfang
der Au&ätze sind mannigfach. Einige derselben dienten
orientierenden Vorträgen, um die Lehrerkreise der Heimat für
142
Vornahme von Steilschriftproben zu gewinnen (Gelpkb,
ScHKEiBEB, Sack, Nieden) ; demgemälB konnte hier noch nioht
über eigene Erfahrungen berichtet werden, die aber inzwischen
wohl von jedem der Genannten gesammelt worden sind. Die
überwiegende Mehrzahl der Verfasser stützt sich auf eigene, in
Steilsohriftklassen gemachte Beobachtungen. Anlals dazu bot
einem Teile der Autoren ihre schul- oder amtsärztliche Thfttig-
keit (CoMBE, Axel Hebtel, Kakmebes, Ksua» Schuschny),
einem anderen Teile die Mitarbeit in Steilschriftkommissionen
(DOLLINGBB, FODOB, FuGHS, MaX GbUBEB, LoBENZ, Y. BeüSS,
Bitzmann), über deren offizielle Gutachten ein gesonderter
Abschnitt berichten wird, während an dieser Stelle nur auf
die persönlichen Kundgebungen einzelner Kommissions-
mitglieder Bezug genommen werden soll.
Das Wesentliche in den angeführten Veröffentlichungen
liegt darin, dals alle Ärzte, die Gelegenheit hatten, senkrecht
und schräg schreibende Schulen zu vergleichen, über die bessere
Haltung in den Steilschriftklassen einig sind. Diese Bekundung
ist um so höher anzuschlagen, als mit Ausnahme von FTebmank
GoHN und Jayal, welche die Steilschrift mit aus der Taufe
gehoben haben, alle die genannten Autoren erst im Stadium
der praktischen Erprobung an die Frage herangetreten sind,
mithin einer theoretischen Voreingenommenheit nicht gesiehen
werden können.
in.
Kommissionsgutachten und Messungsergebnisse.
In einigen Staaten sind von der Regierung in dankens-
werter Würdigung dieser Frage eigene Kommissionen zur
Überwachung und Begutachtung der Schulproben mit senk-
rechter Schreibweise ernannt worden, oder es haben sich anf
Anregung, die von leitender Stelle ausging, Kommissionen in
mehr zwangloser Weise zu genanntem Zweck gebildet. Die
Zusammensetzung umfafste überall Ärzte und Vertreter der
Schulbehörde, wie dies die Natur des Gegenstandes erfordert.
£inige der Kommissionen haben nach sachgemäfser Prüfung
148
der Körperhaltung in den Steilschriftklassen ein Gutachten
abgegeben und veröfiPentlicht (Wien, München, Basel, Zürich,
Hannoyer), andere haben ihre Untersuchung noch nicht abge-
schlossen (Budapest) oder soeben erst begonnen (Kopenhagen
und Moskau).
Es ist klar, dals die Kundgebungen dieser Kommissionen,
insbesondere wenn sie sich auf eingehende Messungen der
Körperhaltung stützen, von grö&ter, ja ausschlaggebender Be-
deutung sind, dafs in ihnen die Entscheidung der
seit so langer Zeit schwebenden Frage ruht.
In München wurde 1890 vom Obermedizinalausschuis an
das Ministerium ein von C. v. Yoit^^ verfalstes Gkitachten
erstattet, welches die Steilschriffierprobung in Bayern einzuleiten
bestimmt war, sich daher auf eigene Anschauung und ErfahruBg
noch nicht stützen konnte, vielmehr die vorliegende Litteratur
kritisch sichtet und die Entscheidung vom Versuche erwartet.
Das erste auf Schuluntersuchungen in Kontrollklassen
mit senkrechter and schräger Schrift gestützte Gutachten be-
sitzen wir vom k. k. obersten Sanitätsrat in Wien^^ und
zwar aus dem Jahre 1891. Zufolge der in augenärztlicher
Hinsicht von v. Reuss, in orthopädischer Hinsicht von
LoBSNZ erstatteten, die hygienischen Vorzüge der Steilschrift
hervorhebenden Referate und auf Grund eigener Besichtigung
steil schreibender Klassen seitens einer Anzahl von Mitgliedern
des obersten Sanitätsrates fafste diese Körperschaft einstimmig
nachstehenden BeschluCs:^
1. Der oberste Sanitätsrat ist von der Zweckmäisigkeit
der Steilschrift überzeugt.
2. Die Akten werden dem k. k. Unterrichtsministerium
übermittelt mit dem Ersuchen, dasselbe m(}ge die geeigneten
Schritte zur Einführung der Steilschrift unternehmen.
Dann folgte im 'Jahre 1892 der Bericht einer vom Er-
ziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt ernannten Kom-
mission ^^ welche ihr Prüfungsergebnis in folgende Sätze zu-
sammenfafste:
' Vergl. diese Zeitschrift, 1891, S. 299.
144
„In den Klassen mit Steilsohrift war ausnahmslos die
Körperhaltung entschieden eine bessere, als man sie in den
Klassen mit Schrägschrift zu sehen bekommt. Wir haben
nns aber nicht mit diesem allgemeinen Eindruck begnügt, sondern
zahlenmä&ig den Unterschied festzustellen gesucht. Dabei
ergaben sich bei Klassen von übereinstimmenden äuüseren
Verhältnissen auf 48 steilschreibende Kinder nur 2 mit
fehlerhafter Haltung, auf 43 schrägschreibende dagegen 15.
Freilich soll hierbei nicht unerwähnt bleiben, dals auch in den
steilschreibenden Klassen die Haltung des Kopfes bei mehreren
Kindern unrichtig war. Diese Erscheinung ist aber eine Folge
mehrfacher umstände, die mit der Steilschrift in keiner Be-
ziehung stehen. . . . Wir fassen sonach auf Grund unserer
Beobachtungen imd Erwägungen unsere Ansichten in folgende
Sätze zusammen:
1. Die Steilschrift verdient, in der Schule der Schrägschrift
Torgezogen zu werden.
2. Es empfiehlt sich deshalb, die in den Primarschulen
probeweise eingeführte Steilschrift weiter zu lehren.
3. Es sollten aufser den Primarschulen auch andere Schulen
yeranlalst werden, die Steilschrift zu üben."
Die drei Gutachten der Steilschriftkommission München
aus den Jahren 1892, 1893 und 1894, sowie der Züricher
Kommissionsbericht geben ein umfangreiches Zahlenmaterial
und sollen im Zusammenhang mit den anderen Messungen in
Fürth, Nürnberg und Würzburg alsbald genauer besprochen
werden.
Das jüngste der yeröffentlichten Gutachten ist das vom
preu&ischen Kultusministerium eingeforderte und vom König-
lichen ProvinzialschulkoUegium in Hannover erstattete, dessen
Schluissätze lauten:
„Die gerade Mittenlage begünstigt am meisten die auf-
rechte und gerade Schreibhaltung und verdient deswegen den
Vorzug vor den übrigen Heftlagen.
Bei gerader Mittenlage des Heftes und gleichmäßiger
Armhaltung bekommen die Grundzüge der Schrift von selbst
145
«ine annähernd oder ganz senkrechte Richtung, es entsteht also
SteÜBchrift. Die Hauptsache in der ganzen Steilschriftbewegong
ist demnach die Verbesserung der Haltung, nicht die Steil-
riohtung der Schrift; um diese handelt es sich nur insofern,
als sie ein Ergebnis der geraden Mittenlage des Heftes ist.
Die Steilschrift ist kein Universalmittel gegen jede schlechte
Körperhaltung, aber sie bietet in ihrer Ausführung eine viel
gröfsere Grewähr für eine naturgemäCse Haltung, als die Schräg-
aohrift. unter den sonstigen Vorzügen der Steilschrift ist
besonders noch hervorzuheben, dafe sie einfach darzustellen
imd leicht lesbar ist. Der Vorwurf, dafs die Steilschrift nicht
80 schnell zu schreiben und nicht so schön sei, ist nicht
gerechtfertigt.
Die Einführung der Steilschrift bedeutet keine wesentliche
Neuerung und Umgestaltung unseres Schriftwesens, sie erfordert
auch keinen neuen Duktus, sondern lälst sich im Anschluls an
unsere bisherigen Schriftformen sehr einfach vollziehen."
Über die Ergebnisse der in Budapest arbeitenden Steil-
sduriftkommission ist bisher nur so viel in die Öffentlichkeit
gedrungen, als Dollingeb, der ihr angehört, auf dem letzten
internationalen Kongrels für Hygiene und Demographie mit-
geteilt hat. Nach seiner Aussage war auch dort die bessere
Körperhaltung in den Klassen mit senkrechter Schrift offen-
kundig. Die Kommissionen in Kopenhagen (Hebtel} und
Moskau (Eeismaitn) sind erst im Jahre 1894 zusammengetreten.
Die Arbeiten in den genannten Kommissionen eignen sich in
Anbetracht ihrer gleichmäfsigen Resultate dazu, die praktische
Frage, ob gerade oder schräge Mittenlage, ob senkrechte oder
schräge Schrift gesundheitlich vorzuziehen sei, entscheidend
zu beantworten. Wenige hygienische Maisnahmen sind so
lange vorbereitet, so gründlich besprochen, so vielfach und
sorgsam und mit so einhelligem Ergebnis durchgeprüft worden,
als die Steilschrift. Wenn aber die praktische Qesundheits-
pflege sich mit der Feststellung begnügen darf, dafs die
Kinder bei senkrechter Schrift gerader sitzen, so bleibt doch
die wissenschaftliche Frage offen, weshalb sie es thun
8«liiilff«timdheitipfl«f« VUI. 10
146
und ihnn müssen. Dies aber ist aus allgemein gehaltenen
Gutachten nicht zu erfahren und kann nur durch Messungen
der Schreibhaltung aufgeklärt werden.
Den Angelpunkt in der Physiologie des Schreibens bildet
der Einflufs des Zeilenverlaufes auf die Haltung von Kopf
und Schultern. Hier standen bei den YoruntersuchuDgen
während des verflossenen Jahrzehntes die Ergebnisse von
Berlin -Bembold, welche den schrägen Zeilen verlauf für
völlig belanglos in Bezug auf die Kopfhaltung erklärten, und
die von Wilh. Mayeb nachgeprüften Resultate des Bericht-
erstatters, welche für einen sehr mächtigen Einflufs sprachen,
unvermittelt gegenüber, und die Untersuchungen von Ahsens
vermochten, abgesehen davon, dafs sie wahrscheinlich nicht an
Schulkindern vorgenommen sind, zur Entscheidung nichts
beizutragen, weil die Fragestellung, wie gezeigt wurde, nicht
auf den Kern der Sache gerichtet war.
Im Laufe der letzten Jahre sind in fünf Städten in zahl-
reichen steil- und schrägschreibenden Klassen Messungen der
Schreibhaltung vorgenommen worden, von denen eine ab-
schliefsende Beantwortung dieser Frage erwartet werden darf.
Zunächst sind hier die Städte München,»*« »« '• ^^\ Nümbeig**
und Fürth ^ zu nennen, in welchen die schrägschreibenden
Kontrollklassen sich nur der schrägen Mittenlage bedienen
durften, und die Messungen nach gemeinsamem Plan mit dem-
selben Instrument stattfanden.^ Insbesondere seien die von
SfiaGEii in München geleiteten Untersuchungen hervorgehoben,
weil sie drei Jahre nacheinander an einem sehr grolsen Schüler-
material vorgenommen und statistisch nach den verschiedensten
Richtungen hin in wahrhaft mustergültiger Weise doroh-
gearbeitet worden sind. Daran schliefsen sich die unter Hoffaa
Leitung von seinem Schüler Bubckhard in Würzburger Schulen
ausgeführten Messungen»^ und die umfangreichen Unter-
sachungen, welche dem Züricher Kommissionsbericht zu Grande
^ Vergl. die näheren Angaben in der „Münch. med. Wockenschr.*^ y
1889, No. 21.
147
liegen ^^^ Nur insofern wollen die Ergebnisse ans Würzbnrg und
Zürich mit Vorsicht verwertet sein, als sich die Schrägschreiber
nicht alle der schrägen Mittenlage, sondern vielfach anch der
Rechtslagen bedienten. Endlich hat Schenk ^^ Messungen vor-
genommen, die aber für vorliegenden Zweck leider nicht
herangezogen werden können, weil von den nntersnchten
Kindern kein einziges mit gerader Mittenlage schrieb; nur
schräge Mittenlagen und gerade und schräge Rechtlagen wurden
untersacht.
Der durchgreifende Unterschied zwischen Steilschriffc und
Schrfigschrift in Bezug auf die Häufigkeit und den G-rad
der Linksneigung von Kopf und Schultern ist aus folgender
Tabelle ersichtlich:
Tabelle 1.
Linksneigung yon Kopf and Schaltern.
{ liiBlii
liriliri
Firtk
WiRbiri'
ZIrM
PlTMttt
Gnd
(Voient
6nd
Fromt
9nA
Plrowit
Gnd
PiniBBt M
A. Kopf.
ft. Steilsohrift
46,4
11,3
53,3
8,9
13,6
43,5
73,9
9,2
3,5
8,1
18,8
36,7
b. Scbragsohrift . . .
67.4
15,2
72,9
58,0
—
B. Schultern.
a. SteiUohrift
15,0
7,2
7,^
40,5
56,0
6,5
8,2
31,7
«^
8,3
3,6
12,0
b. SchrSgschrift . . .
24,1
65,9
—
28,6
4,9
32,5
—
Ohne jede Ausnahme ist in allen fünf Städten die Links-
neigung des Kopfes erheblich häufiger bei der Schrägschrift
beobachtet worden, als bei der Steilsohrift. Die absoluten
Zahlen zeigen in den Städten München, Nürnberg und Fürth
eine ziemliche Übereinstimmung, da die gröfste Differenz bei
Steilschrift nur 9,8% (Nürnberg 53,3 ^o und Fürth 43,67o),
bei Schrägschrift 6,5 7o (München 67,4% und Fürth 73,9 7o)
* Die Zahlen wurden aas Burokhabds Tabellen durch Bechnang
gefanden.
10*
148
betraf. In Würzburg nnd Zürioh sind sowohl die absoluten
Zahlen wesentlich kleiner, als auch das Verhältnis zwischen
Steil- und Schrägschrift noch weit ungünstiger für die Schräg-
schrift. Die Ursache liegt in den schon erwähnten abweichenden
Veisuchsbedingungen. In Würzburg und Zürich bediente man
sich anderer Untersuchungsmethoden, und die Schrägschreiber
benutzten alle möglichen Heffclagen, während in den erst-
genannten drei Städten durch schräge Pultlinien von 30^
Neigungswinkel und durch strenge Disciplin für die von Bebuh
geforderte Ausführung der Schrägschrift gesorgt wurde. Auch
diese Unterschiede sind lehrreich, weil sie aufs neue darthtm,
was ich schon 1880 mit aller Bestimmtheit aussprach,^ dafe
die Schrägschrift bei rechtsliegendem Heft zu den alier-
schlimmsten Asymmetrien der Körperhaltung führt und in
dieser Form weit nachteiliger ist, als bei schräg medianliegendem
Heffc. Es muls dies gegenüber Schenk, der in jüngster Zeit
für die Beohtslagen einzutreten versuchte, mit Nachdruck
hervorgehoben werden.
Der zwingende Einfiuis der schrägen Zeilenführung auf
die Kopfhaltung spricht sich aber nicht nur in der Häufigkeit,
sondern auch in dem Durchschnittsgrad der Linksneignng
aus. In Nürnberg und München wurde diese WinkelgrölM
bei Schrägschrift gröfser, als bei Steilschrift, in Würzburg fast
2Vi mal so grois gefunden. Fürth und Zürich haben diesen
Winkel nicht gesucht.
Will man den aus dem Zeilenverlauf entspringenden
Unterschied der Kopfhaltung genau würdigen, so darf nicht
die Häufigkeit der Linksneigung und nicht ihr Durchsohnittsgrad
für sich allein, sondern es muls das Produkt beider in Betracht
gezogen werden. Diese Berechnung ergibt, da(s die Steilsohrift
in München 2,0 mal, in Nürnberg 2,1 mal und in Wttrzburg
sogar 14,6 mal der Schrägschrift in Hinsicht auf die Links-
neigung des Kopfes überlegen war.
In gleichem Sinne, und nur dem Grade nach verschieden
^ Protokoü der miudfränk. ÄreUkammer 1880.
149
lauten die Zahlen über den Tiefstand der linken Sohnlter.
Die Häufigkeit desselben tritt in allen fünf Städten bei der
Steilsobrift erheblich gegenüber der Schrägschrift zurück, am
meisten wieder in Würzburg und Zürich. Die absoluten
Zahlen zeigen aber in den Städten München, Nürnberg und
Färth nicht mehr die Übereinstimmung, welche bei den Zahlen
fiber die Kopfhaltung hervortrat. Es geht daraus hervor, dais
biar noch andere Einflüsse ins Gewicht fallen. Man geht
wohl nicht fehl, wenn man die Armhaltung, die mehr oder
minder symmetrische Auflagerung der Unterarme auf den Tisch
und den gleichmäfsigen Abstand der Ellenbogen vom Körper
zum gro&en Teil mit verantwortlich macht. Auch darf nicht
▼ergessen werden, dals die Stellung der Schultern durch die
Kleidung hinduroh nicht mit der Genauigkeit abgelesen und
gemessen werden kann, wie dies bei der Kopfhaltung der Fall
ist, so dafs die Fehlergrenzen weiter gesteckt werden müssen.
Da jedoch alle diese [Imstande bei Steil- und Schrägschrift
in gleicher Weise mitwirken, so ist man berechtigt, für das
von allen Untersuchem festgestellte Überwiegen der links-
geneigten Schulter in den Schrägschriftklassen wiederum den
schrägen Zeilenverlauf verantwortlich zu machen.
Dafe die Häufigkeit der Schultersenkung durchweg geringer
ist, als jene der Kopfneigung, erklärt sich zur Genüge aus
der geringeren Beweglichkeit des Schultergürtels.
Das Gleiche gilt auch vom Grade der Abweichung der
Sehulterlinie von der Horizontalen. Auch hier sind die Zahlen
kleiner, als bei der Kopfhaltung, aber sie lauten mit derselben
Gksetzmäfsigkeit, wie dort, zu Gunsten der Steilschrift.
Betrachtet man auch hier das Produkt aus Häufigkeit und
DnrohsohnittsgrölSse der Schultersenkung bei der Steilschrift
einerseits und bei der Schrägschrift andererseits als Aus-
dnick des Gesamteinflusses der schrägen Zeile auf die
Sdiulterhaltung, so berechnet sich für München eine 1,6 fache,
fma Nürnberg eine 1,7 fache und für Würzburg eine 5,6fache
Überlegenheit der Steilschrift. Diese Zahlen zeigen, ins-
besondere für die erstgenannten beiden Städte, eine gewisse
150
ÜbereiDstimmung mit den entsprechenden Zahlen für die
Linksneignng des Kopfes.
Alles in allem müssen die Zahlengrappen der Tabelle 1
als einwandfreier Beweis dafür anerkannt werden, dafs der
schrägen Zeilenführung eine drehende Einwirkung auf die
Augen- und Schulterlinie des Schreibenden innewohnt, dafs
also in der schrägen Mittenlage ein Anstofs zu asymmetrischer
Körperhaltung liegt, im Gegensatz zur geraden Mittenlage,
welche von diesem üblen Einflüsse frei ist.
Dafs auflser dem schrägen Zeilenverlauf noch andere um-
stände bei der Seitwärtsneigung der Kopf- und Schulterlinie
mitwirken, geht schon aus der Thatsache hervor, dafs diese
Abweichung sich auch bei gerader Mittenlage und Steilschrift
nicht selten findet. Für die Schultersenkung kommt, wie
erwähnt, die ungleichmäfsige Armauflage in Betracht. Für
die Kop&eigung ist sehr oft unrichtige Hand* und G-riffel-
haltung verantwortlich, insofern bei stark abducierter und
dorsal flektierter Hand die Federspitze vom Schreibenden nicht
gesehen werden kann, weil sie vom Daumen und Zeigefinger
verdeckt wird. Dieser Mifsstand wächst, wenn der Federhalter
zu kurz gefafst wird.
Ein nicht geringer Teil aller Abweichungen von der auf-
rechten, streng symmetrischen Haltung kann in einfachster
Weise aus dem Bewegungsdrang und der Lebhaftigkeit des
Kindes erklärt werden. Einzig durch diese jugendliche
Unruhe wird es verständlich, dafs in jeder Klasse, möge sie
senkrecht oder schräg schreiben, eine Anzahl von Rechts-
neigungen vorkommen, die vollkommen unbegreiflich wären,
wenn man alles von dem starren Gesetz der bevorzugten Blick-
bahnen herleiten wollte, mit welchem eine Rechtsneigung des
Kopfes weder bei gerader, noch bei schräger Mittenlage
in Einklang zu bringen ist. Diese Rechtsneigungen bieten
einen sprechenden Beleg dafür, dais das Blickbahngesetz nur
einer der Faktoren ist, welche die Schreibhaltung bestimmen,
und dafs sein Einflufs durch andere Faktoren abgeschwächt
und sogar bis zur ümkehrung vernichtet werden kann. In
151
diesem Sinne verdienen auch die Beohtsneignngen von Kopf
und Schultern Beachtung. Ihre Zusammenstellong gieht
folgendes Bild:
Tabelle 2.
Rechtsneigung von Kopf und Schultern.
Miükii
llnbiri
FIrtI
Vinbii ^
ZIrlsb
ProMt
flnd
Proust
Ond
Proust
9nA
?rouBi
Oral
Proust
M
A. Kopf.
a. SteÜBchrift
22,7
17,6
4,2
3,8
6,3
3.7
0,0
0,0
16,0
b. SchrigBohrift . . .
6,9
2,6
9,6
1,9
7,7
22,9
—
2,3
2.9
13,4
—
B. Schultern.
a. Steilschrift
19,6
7,6
9,7
0,0
0,0
4,8
b. Schrägschrift . . .
23,0
2,81
12,0
6,d
19,2
3,0
3,0
9,5
Im Gegensatz zn Tabelle 1 zeigt diese Tabelle weder
eine Übereinstimmung der absoluten Zahlen gleicher Art in
den einzelnen Städten, noch eine G^etzmälsigkeit in den
Beziehungen zwischen Steilschrift und Schrägschrift, indem
ftbr gewöhnUch zwar die Häufigkeit und der Durchschnittsgrad
der Bechtsneigung bei Schrägschrift gröfser ist, in beiden
Punkten aber auch eine Umkehr des Verhaltens vorkommt.
Es deutet dies auf ungleichmäfsig wirkende, von der Heftlage
und Schriftrichtung unabhängige Ursachen hin, z. B. auf den
erwähnten Trieb der kindlichen Natur zu Unruhe und Lage-
▼eränderung.
Im allgemeinen ist zu sagen, dafs bei senkrechter Schreib-
weise die Linksneigungen von Kopf und Rumpf nicht viel
zahlreicher sind und keine wesentlich höhere Durchschnittsgrölse
erreichen, als die Bechtsneigungen, während bei schräger Schrift
die Linksneigungen sehr erheblich der Zahl und GröDse nach
fiberwiegen. Es ist dies insbesondere von SEaosL aus seinen
* Ans den Tabellen Bubokhards berechnet.
152
Zahlen erkannt und nach der hygienischen Bedeutong gewürdigt
worden. Wenn Seitwärtsbengnngen yon Kopf und Rumpf
bei einer Schreibweise häufig sind, so ist hierin so lange nichts
Gesundheitswidriges zu erblicken, als sie annähernd gleich
oft nach rechts und links erfolgen. Erst wenn Verbiegungen
vorwiegend nach derselben Seite vorkommen, können sie den im
Wachstum begrififenen Organismus nachteilig beeinflussen,
und dies ist nach Ausweis der Messungen in den fünf Städten
bei Schrägschrift in schräger Mitteulage der Fall.
Es bleibt noch die Zusammenstellung der geraden Kopf
und Schulterhaltung zu betrachten.
Tabelle 3.
Gerade Kopf- und Schalterhaltung.
WMn
liriheri
Hrth
Wirzlim*
Zirfil*
tMApnk
nUtifgwad«
Prozent
Prozent
Prozent
Prozent
Prozent
Prozent
A. Kopf,
a. Steilflchrift
8,1
30,9
42,9
47,0
90.8
65,2
b. Schrftgschrift . . .
3,5
15,0
17,5
5,5
39,7
49,9
B. Schultern.
a. Steilschrift
31,8
65,4
67,6
52,6
91,7
88,2
b. Schrägschrift . . .
20,2
52,9
32,0
6,9
68,4
68,0
Zi^ der Tabelle ist zu bemerken, daCs die Münchener Unter*
suchung zwischen absolut gerader Kopf- und Schulterhaltnng
und geringen Abweichungen bis höchstens 5^ unterscheidet;
im Prozentsatz der relativ geraden Haltungen sind die absolut
geraden nochmals mitgerechnet. Bei den übrigen Untersuchungen
wurden nur die relativ geraden Haltungen berücksichtigt. Ohne
jede Ausnahme überwiegen die Zahlen der Steilsohrift über
* Aus den Tabellen Bubckhabds berechnet.
* Aus den Zahlenangaben auf Seite 20 des Berichtes berechnet.
153
die hinzagehörigen der Sdhrttgsohrift, so daCi auch hier der
senkrechten Schrift der Vorzug gebührt.
Bei der Schnlter ist, wie schon ans den vorherigen
Tabellen hervorging, die gerade Haltnng häafiger, als beim
Kopf, der Unterachied zwischen Steil- nnd Schrftgschrift tritt
aber bei beiden zn Gunsten der Steilschrift gleich deutlich
hervor. Von den Unterschieden zwischen München, Nürnberg
und Fürth einerseits nnd Würzburg und Zürich andererseits
gilt das oben Gesagte. Nur Fürth &Ilt durch aulser-
gewöhnlich günstige Zahlen auf.
Bisher wurden Kopf- und Schulterhaltung für sich be-
trachtet. Aus der Zusammenstellung jener Kinder, welche
sowohl Kopf als Oberkörper gerade hielten, gelangt man zu
einer Gruppe guter Gesamthaltung, der dann eine tadelns-
werte gegenüberzustellen ist. In den drei Städten München,
Nürnberg und Fürth wurde femer noch zwischen einer absolut
geraden, in jeder Hinsicht tadellosen und einer befriedigenden,
nor von unwesentlichen Abweichungen begleiteten Gesamt-
haltang unterschieden. Zum Zweck besserer Vergleichbarkeit
mit den anderen Städten sind die absolut geraden Haltungen
bei den relativ geraden nochmals mitgezählt.
Tabelle 4.
Gesamthaltung.
WMm I linliri
1^
•^1
Hm
ä^
Wlnlin lirM
H
a. abiolat gerade
b. abiolat und relativ
g^erade
c. sehlecht
29,6
89,9
11.1
14,2
66,8
33,3
29,6
66,6
33,4
11,9
34,1
66,01
49,8
85,2
14,8
5,1
38,3 81,6
61,7|l8,4
26,2l74,8
73,8125,2
35.7
64,3
Die Zahl der Schlechtsitzenden übertrifft bei Schräg-
sohreibem in Nürnberg 2 mal, in Zürich 2V2 mal, in München
ä mal und in Fürth und Würzburg 4 mal die bei Steilschrift
in der gleichen Stadt gefundene.
154
Es bestehen also örtliche Unterschiede im Grade
der hygienischen Überlegenheit der Steilschrift,
aber voller Einklang zeigt sich überall, wo ge-
messen wurde, in der Thatsache, dafs diese Über-
legenheit auf Seiten der Klassen mit senkrechter
Schreibweise zu finden ist.
(Fortsetzung und Schlaüi in No. 4.)
Ooetzes Sitz- und Stehschulbank.
Von
Dr. med. Fb. Doenblüth,
praktischem Arzt in Rostock.
Daus diese in der j^Zeitschrift für Schtdgesundheitspftege'^^
1894, No. 12, beschriebene Neuerung grofse Verbreitung finden
werde, erscheint zwar schon durch ihren hohen Preis aus-
geschlossen, aber ich habe auch als Arzt ernste Bedenken da-
gegen geltend zu machen.
Erstens kleben nicht dem Sitzen an sich, sondern nur
dem schlechten Sitzen die vielfach geschilderten Nachteile an,
den Unterleib und die Brust einzuengen und dadurch die
Atem- und Herzbewegungen in gewissem Grade zu erschweren.
Im Ruhesitz oder Lehnsitz mit angemessener Unterstützung des
Kreuzes findet solche Erschwerung nicht statt, sondern nur
beim Vorgebeugt- und Ejnmmsitzen, was beides durch richtige
Konstruktion der Subsellien, Lesepult, Steilschrift und gute
Auüsioht, wenn nicht ganz ausgeschlossen, so doch auf ein
sicher unschädliches Mais eingeschränkt werden kann und soll.
Zweitens ist längeres Stehen keineswegs so gleichgültig
oder gar vorteilhaft, wie Herr Dr. Goetzb meint. Bekanntlich
ermüdet Stehen viel rascher und mehr, als Gehen; es muis
155
also doch wohl eine nicht unbeträchtliche Anstrengung erfordern.
Diese besteht in dem Druck der Körperlast auf die tragenden
Gelenkknorpel, in der Spannung gewisser Gelenkbänder und
endlich in der Kontraktion derjenigen Muskeln, welche das
Gleichgewicht und die Streckung der Glieder zu erhalten haben.
Solche gleichmäisige Spannung der Muskeln ist aber sehr an-
greifend, wie der bekannte Versuch, den seitwärts oder vor-
wärts ausgestreckten Arm mit oder ohne Gewichtsbelastung
rahig zu halten, gegenüber dem Versuch, das gleiche Gewicht
mit Heben und Senken zu tragen, schlagend beweist. Dafs
der Rücklauf des Blutes in den Beinen sich beim Stehen schwerer
Yollzieht, als beim Sitzen, folgt aus der fast doppelt so hohen
Blutsäule, die auf den untersten Adern (und LymphgefälüseD)
lastet. Auf diese Weise werden sowohl Anschwellungen der
Fälse, als auch Erweiterungen der Venen mit allen ihren unan-
genehmen Folgen erzeugt, Zustände, die man bekanntlich bei
Tischlern, Schmieden und anderen viel stehenden Handwerkern
sehr oft findet. Aufserdem können Gelenkbänder durch an-
haltende Spannung gedehnt, Knochen durch ungleiche Belastung
in ihrer Form yerändert werden, wie die häufige Entstehung des
Plattfufses und des schiefen Knies mit Xbeinen bei jugendlichen
Individuen gewisser Berufsarten, z B. Bäckern, Kellnern,
Köchinnen u. dergl., beweist.
Stehende Knaben suchen deshalb unwillkürlich und un-
bewuist Buhestellungen und Stützpunkte für ihre ermüdenden
Glieder, die Knie stemmen sich aneinander zum X, die Körper-
last wird zeitweilig mehr auf ein Bein geschoben, wodurch die
entsprechende Hüfte emporgedrängt und die Lenden Wirbelsäule
zur Drehung und Ausbiegung nach derselben Seite gezwungen
wird. Da dies beim Schreiben und vielleicht auch sonst
vorwiegend die linke Seite ist, so bildet sich allmählich eine
bleibende Linkskrümmung der Lendenwirbelsäule und nicht
selten eine durch Höherstellung des rechten Armes beim
Schreiben ohnehin begünstigte Gegenkrümmung der Rücken-
wirbelsäule nach rechts aus. Beobachtet man solche im Stehen
beim Schreiben, Lesen und anderen Beschäftigungen ermüdenden
1
156
Schüler, so erkennt man weiter, dafs sie Anne und Bmst, in-
dem sie dieselben an das Polt lehnen, als Stützen benutzen
und dadurch sowohl die Schultern empordrftngen, als auch die
Atem- und Herzbewegungen erschweren.
Wer sich selber bei Steharbeit genau beobachtet, wird
selbst nach völliger und kräftiger Ausbildung des Knochen-
und Muskelsystems, wo Verkrümmungen der Glelenke und
Knochen sich allerdings nicht mehr bUden, unschwer erkennen,
daiis die nach mehr oder minder langer Zeit eintretende körper-
liche Ermüdung auch seine Gehimthätigkeit ergreift. Dab
solche Ermüdxmg und Abspannung bei Knaben leichter und
früher eintreten mufis, als bei Erwachsenen, liegt auf der Hand,
sowie auch, daCs dieselbe bei schwächeren Schülern sich eher,
als bei stärkeren einstellen wird.
Es ist für den Lehrer fast unmöglich, den Zeitpunkt
wahrzunehmen, wo bei dem einen und dem anderen derselben
diese schädliche Überlastung und Ermüdung anfängt, um darch
rechtzeitige Abwechselung Schaden zu verhüten. Bei Hand-
arbeiten, wo öfterer Stellungswechsel möglich oder sogar ge-
boten ist, darf diese Grefahr geringer geschätzt werden, als
gerade beim Klassenunterricht, besonders beim Schreiben, und
deshalb erscheint mir die von Herrn Gobtze beabsichtigte
Neuerung nichts weniger als empfehlenswert.
Gute Subsellien mit richtiger Haltung, dazu freie Be-
wegung in genügend langen Unterrichtspausen geben jedenfalle
zu geringeren Schädigungen und Bedenken Anlals, namentlioh
dann, wenn eine und dieselbe Sitzhaltung nicht zu lange ein-
gehalten, sondern durch Aufstehen beim Antworten u. dergL
gelegentlich unterbrochen wird.
157
2.ut Derfammlttttgen ttttb ^txtintn.
Ans der Vereinigimg fftr SchnlgeBimdheitspflege
des Berliner Lehrervereins.
Von
E. Hbetel,
städtischem Lehrer in Berlin.
(Sohlals.)
Sitzung am 28. August 1894. Der Schriftführer
Hertsl beantwortete die Frage: „Welche Anforderungen
stellt die Schulgesundheitslehre an die Schul-
h[ücher?^ Die Ausführungen des Vortragenden gipfelten in
folgenden Sätzen: Da das Lesen einen bedeutenden EinfluJb
auf das Sehorgan der Schulkinder ausübt, so ist es nötig, dals
die Sehullesebücher besonderen hygienischen Anforderungen
entsprechen. Diese beziehen sich auf a. die Oröfse der Buch-
staben, b. die Zwischenräume zwischen den Buchstaben und
Wörtern (die Approche), sowie die Zwischenräume zwischen den
Zeilen (den DurchschuGs), c. die Länge der Zeilen und d. die
Art des Papiers. Dementsprechend sind folgende Thesen auf-
zustellen : a. die Oröüse des Druckes sei nicht gerioger als die
des Korpusdruokes. Der Fibeldruck beginne mit einer Höhe
des n von 5 mm und vermindere sich bis zu einer solchen
von 2 mm. Die Form der Buchstaben sei möglichst
einfach, b. Die Approche zwischen den Buchstaben eines
Wortes betrage 0,75 mm, zwischen zwei benachbarten Wörtern
mindestens 2 mm. Der Durchschufs sei nicht geringer, als
2,5 mm. c. Die Zeile habe ungefähr eine Länge von 100 mm.
Zu beiden Seiten des Druckes bleibe ein genügend breiter,
weilser Band. d. Das Papier sei gleichmäfsig weiis, mit einem
168
schwaolieii Ton ins Gelbliclie. Es enthalte mögliolist wenig
HolzstofiP, habe genügende Stärke und sei wenig glänzend.
Mit diesen Forderungen des Referenten war die Yersamm-
lung einverstanden.
In derselben Sitzung rezensierte Herr Jakke die Tafeln
für „Die erste Hilfe bei Unglücksfällen" von Max
EscHNEB.^ Nach eingehender Besprechung des Werkes kam
der Recensent zu dem Urteil: „Esghkebs Tafeln für die erste
Hilfe bei Unglücksfällen werden dem Unterricht im Samariter-
dienst, vor allem aber der hygienischen Unterweisung in unseren
Schulen vortreiBPliche Dienste leisten können und sind deshalb
zur Anschaffung und zu recht regem Gebrauche bestens zu
empfehlen."
Sitzung am 25. September 1894. Lehrer Suck
sprach über »Die Gesundheitslehre im Seminar-
unterrioht^ und kam dabei zu der Forderung: „An allen
Seminarien ist der Unterricht in der Hygiene und besonders
in der Schulhygiene als obligatorischer Unterrichtsgegenstand
einzuführen und der Nachweis des erworbenen Wissens bei
den Prüfungen zu verlangen.^ Für die Reform des Seminar-
unterrichts nach der hygienischen Seite hin sind hauptsächlich
zwei Faktoren mafsgebend: 1. die hygienischen Einrichtungen
des Seminars, 2. der Betrieb des Unterrichts.
Die Vereinigung machte die Forderung des Referenten zu
der ihrigen.
An diesen Vortrag schlofs sich die Behandlung eines
Themas aus dem Gebiete der allgemeinen Hygiene, indem
Herr Janke über Thee und Theebereitung sprach.
Sitzung am 30. Oktober 1894. Professor Maas
erstattete ein Referat über Vereinfachung der Schrift
und des Schreibunterrichts. Im zweiten Teile desselben
legte derselbe die von ihm herausgegebene Universal-
schreibschule vor.
Darauf folgte die Fortsetzung des in der vorigen Sitzung
^ Verlag voz? F. E. Waohsmath in Leipzig.
159
gehaltenen Vortrages von Herrn Janke. In derselben yer-
breitete sich der Redner über Znsätze znm Thee, Yer-
fälsohungen und Ersatzmittel desselben.
Sitzung am 20. November 1894. Auf Wunsch der
Vereinigung gab Herr Janke ein Korreferat zu dem MAASschen
Vortrage in der Oktobersitzung. Der Vortragende unterzog
dabei die Universalsohreibschule einer eingehenden Be-
lenohtung.
Auiserdem legte Herr Janke zwei hygienische Objekte
der Versammlung vor: Wolfes Lampenschirm „Augen-
8ohutz^ und die EiscHEBsche Schreibspirale. Der
Lampenschirm ist in vielen Beziehungen empfehlenswert. Da-
gegen lautete das Urteil über die Schreibspirale nicht günstig.
In der Generalversammlung am 18. Dezember
beschäftigte sich die Vereinigung mit Vereinsangelegenheiten.
Fflr das nächste Jahr wurde Herr Janke zum Vorsitzenden
wiedergewählt. Da der bisherige Schriftführer Hjsrtel eine
Wiederwahl ablehnte, trat Herr Sügk an dessen Stelle.
Jabresbericht des Vereins fttr gesundheitsgemäfse
Eriiehong der Jagend in Berlin.
Von
O. Janke,
städtischem Lehrer in Berlin.
(Fortsetzung.)
^Über das Sonnenlicht und seine Bedeutung für
unsere Gesundheit^ sprach in der vierten Versamm-
lung der Schreiber dieses Berichtes. Er führte besonders
aus, weshalb und in welcher Weise den Kindern der
Groisstädte die Wohlthaten der direkten Sonnenbestrahlung zu
teil werden mülsten.
160
In der fünften Versammlnng hielt der Speoialarzt
für Hantkraukheiten Dr. Blaschko einen lehrreichen Vortrag
üher „Die Hantpflege im jugendlichen Alter^.
Nachdem derselbe die wichtigsten Funktionen unserer Haut
besprochen hatte, wies er auf die Notwendigkeit einer rationellen
Hautpflege hin, bei der ein doppelter Zweck zu erftLilen ist,
nämlich die Reinhaltung der Hautoberflftche von Staub und
darin enthaltenen Keimen und die Abhärtung. Bei der Haut-
pflege im ersten Lebensjahre werden vielfach zwei Fehler
gemacht. Der eine besteht in dem übermäfsigen Grebrauch von
Seife, die noch dazu häufig gefälscht ist. Den zweiten bildet
die zu hohe Temperatur des Wassers. Das Bad wird gewöhnlich
mit einer solchen von 28 — 30^ B. genommen, was nur fftr die
ersten Wochen richtig isi Später soll man tiefer herunter-
gehen. Sehr bald reicht eine Temperatur von 22® aus, nnr
mufs das Bad dann yon kürzerer Dauer sein. Rationell ist
nicht minder, es bei 25® zu belassen, dann abör eine kalte
Übergielsung anzuschliefsen, um das Kind an Temperatar-
schwankungen zu gewöhnen. Für die Abhärtung empfiehlt
der Redner auch das Barfafsgehen. Ein wesentlicher Faktor
der Hautpflege im jugendlichen Alter sind aber die Schul-
bäder, deren weitere Verbreitung im Interesse einer gesundheitB-
gemäüsen Erziehung der Jugend dringend gefordert werden muls.
Die sechste Versammlung war die G-eneral-
yersammlung, die statutenmälsig im letzten Monate des
Vereinsjahres stattfinden mufs. Direktor Schwalbe lehnte
wegen Überlastung mit Arbeit die Wiederwahl zum ersten
Vorsitzenden ab, verblieb aber im Vorstande. An seiner Stelle
wurde Schulrat Professor Dr. Euleb zum Leiter des Vereins
gewählt. Aus dem Vorstande schieden weiter aus Frau Sanitätsrat
Schwerin wegen vieler Vereinsarbeit und Frau Professor
Anöbbstbin und Lehrer SneaEBT wegen Kränklichkeit. Den
Herren Dr. Jacusiel, Dr. Sommebfeld, Gutzmann und Janks
wurde das Mandat erneuert. Neugewählt wurden Frau Dr.
WüBM, Frau Kaufmann Meyebhof und BureauvoiBteher
Pagenkemfeb.
161
Der Verein zählte am Schlosse des Yereinsjahres über
20O Mitglieder. Die Jahreseinnahme betrag 641 JK., die Aus-
gabe 445 ü.
Innerhalb des Vereins bestehen drei Sektionen. 1. Die
fiislanfsektion (Leiter: Lehrer WASSBRMAim, jetzt Turn-
lehrer Thiede). Am Anfange des vorigen Winters erliels
dieselbe in hiesigen Zeitungen folgenden Aufruf: „Schenkt
armen Kindern Schlittschuhe! Der bekannte Pädagog Guts-
HüTS nennt das Schlittschuhlaufen eine Bewegung, die alles
übertrifft, was Bewegung heiilst. Leider kann nur ein kleiner
Teil der groisstädtischen Jugend sich diesem Körper und Geist
kräftigenden Vergnügen hingeben. Vielen Familien fehlen
die Mittel, den Kindern Schlittschuhe anzuschaffen und das
Eintrittsgeld zu den Eisbahnen zu erschwingen. Der Verein
fär gesundheitsgemäise Erziehung der Jugend betrachtet es
als eine seiner nächsten Aufgaben, möglichst vielen Knaben
und Mädchen das Schlittschuhlaufen zu ermöglichen. Er bittet
deshalb Familien, welche Eanderschlittschuhe Übrig haben,
diese dem Verein zur Verfügung zu stellen.^ Turnhallen in
Teischiedenen Stadtgegenden waren als Sammelstellen bestimmt.
Infolge dieser Aufforderung erhielt die Sektion über
600 Paar Schlittschuhe. Von diesen wurden 450 Paeire an
bedürftige Gemeindeschüler verteilt; die übrigen, im Spätwinter
eingelieferten sind in Verwahrung genommen und harren noch
ihrer Bestimmung. Die Verteilung vollzog sich in folgender
Weise: Jedem Bektor ging ein Anschreiben zu mit der Bitte,
der Sektion die Zahl der für die Schule erforderlichen Schlitt-
schuhe anzugeben. Es wurden über 2000 Paare erbeten; doch
konnten nur 40 Schulen mit je 5 — 20 Paaren bedacht werden.
Die Schulleiter erhielten die verlangten Schlittschuhe gegen
Quittung und wurden ersucht, dieselben während des Sommers
vom Schuldiener aufbewahren zu lassen. Das Ziel ist, nach
und nach an jeder Schule ein kleines Depot von 30 — 50 Paaren
einzurichten. Aus den seitens des Vereins bereitgestellten
Kitteln wurden für 65 M. Eintrittskarten zum Eislauf gekauft
und verteilt; sonst aber lieis es sich die Sektion angelegen
8«lnilg«aimdlMltopflefe vm. 11
162
sein, den Kindern ermäXsigte Preise oder freien Eintritt auf
den versoliiedenen Eisbahnen zu ver8clia£Pen. Die Eisbahn-
pächter zeigten dabei durchweg das grölste Entgegenkommen.
Besonders hat sich Herr Siegebt nm die Förderung dieser
Sektion verdient gemacht.
(Schlafs in No. 4.)
Gegen fiberreicUiche Ernähnmg der Jugend.
Ans dem Verein ffir innere Medizin in Berlin.
In einem im Berliner Verein fQr innere Medizin gehaltenen
Vortrage änfserte Professor Dr. N. Zuntz nach der ^Dtsch. med.
Wochenschr. " : Was ich mehr der Erwägung wert halte, sind die
Folgen eines Zuviel auf dem Gebiete der Ernährung in der froheren
Jugend. Vielfach begegnet man dem W^unsche, die Kinder in den ersten
Lebensjahren zu möglichsten Prachtexemplaren herausszumAsten, und
kein Alter ist ja mehr geeignet, übemährt zu werden, als die ersten
Lebensjahre. Aber es zeigt sich hier, wie so vielfach, dafs ein
vorzeitig flberanstrengtes Organ leicht versagt zu einer Zeit, wo man
grOlsere Anforderungen an dasselbe stellen möchte. Allerdings ist
gewife, dals knappe, unzureichende Ernährung in den ersten Alters-
jahren die Emährungsorgane dauernd schädigt und darum später
nie nachgeholt werden kann. Nach dieser Richtung liegen Aber-
zeugende Erfahrungen der Tierzttchter vor, welche gezeigt haben,
dafs man bei Tieren im ersten halben Lebensjahre nicht ungestraft
knappe Ffltterung einführt, dafs, wenn man in der Saugzeit nicht
fOr reichliche, zweckmäßige, eiweifsreiche Ernährung sorgt, am
besten durch lange Darreichung von Muttermich, nachher durch
keine Fütterungsart die Tiere zu kräftigen Leistungen aufgezogen
werden können»
Weiter haben ebenfalls die Erfahrungen der Tierzttchter gelehrt,
dass man in der folgenden Periode, etwa bis zum iBintritt der
Pubertät, durch eine intensive Emähruug, spedell durch eine s^
eiweifsreiche Kost, einen Zustand erreichen kann, der dem Züchter
vielfach erwünscht ist, den man als Frühreife bezeichnet, den Zu-
stand sehr rascher Entwickelung des Organismus mit frühzeitigem
Eintritt der Geschlechtsreife. Bei Rindern z. B., die man zu Milch-
kühen erziehen will, kann dies sehr zweckmäfsig sein, bei Menschen
aber ist nichts unerwünschter, als wenn wir durch die Ernährung
163
einen frObzeitigen Eintritt der Geschlechtsreife erzielen, weil wir
mit der raschen Entwickelang des Körpers nicht eine gleich rasche
Entwickelnng des Geistes bewirken können, and weil wir so za dem
Resultate kommen, dass in einem schon voll entwickelten Körper
sich ein noch allza kindlicher Geist befindet. Dadurch entsteht ein
Müsrerh<nis, welches die harmonische Aosbildong des Menschen
wesentlich schädigt, and ich bin allerdings der Meinung, dals dies
Mibverhftltnis zwischen körperlicher and geistiger Entwickelnng
vielfach dadurch erzeugt wird, dafs man schon in frUhen Stadien
des Lebens, etwa zwischen dem sechsten und zwölften Lebensjahr,
eine allzu intensive, das Wachstum anregende Emfthrung anwendet,
einmal überreichlich eiweifshaltige Nahrung, dann solche Mittel,
welche anregend auf den Appetit und die Verdauung einerseits und
andererseits auf die Entwickelnng des Geschlechtsapparates einwirken
ud damit die Frflhreife noch mehr fördern.
Von diesen Gesichtspunkten aus ist übermäifiige Fleischzufahr
als nicht erwünschtes Reizmittel zu erachten, in noch höherem
Malse die yerschiedenen Genufsmittel aus der Reihe der Alkaloide,
wie Thee, Kaffee u. s. w. Am allerbedenklichsten nach der erwähnten
Richtung hin ist aber der Alkohol in jeder Form, was übereinstimmt
mit der 7on den meisten Kinderärzten geteilten Auffassung, dafs
eine regelmälsige Darreichang von Spirituosen, in welcher Form es auch
sei, bei Kindern nicht zu empfehlen ist, und dafs die Alkoholica
allenfalls als Stimulantien bei daniederliegender Ernährung bedeutungs-
YoU sind. Zu den Reizmitteln gehören auch die Gewürze, Pfeffer,
Zimmet, besonders Vanille. Durch Vermeidang aller dieser Mittel
kann man eine langsamere, aber stetigere Entwickelnng des Organismus
erzielen.
DafQr sprechen auch die Resultate der grofsen Statistik über
Entwickelnng der Kinder, welche Axel Key auf dem Berliner
internationalen Kongreß Yorlegte. Ich verweise auf die von ihm
mitgeteilten vergleichenden Tabellen über das Wachstum der Jugend
der wohlhabenden und der ärmeren Stände. Diese Tabellen zeigen,
daß der Effekt der reichlicheren und anregenderen Ernährung in den
wohlhabenden Ständen sich änfsert in einem erheblich grölseren
Gewicht und einem stärkeren Längenwachstum kurz vor der Pubertäis-
entwickelong, am ausgesprochensten im 16. Lebensjahre bei den
Knaben, im 13. and 14. bei den Mädchen, da& dann aber trotz
der Fortdauer der bescheideneren Ernährung in den ärmeren Ständen
diese vollkommen nachholen, was sie versäumt haben, so dass z. B.
in den auf Amerika bezüglichen Zahlen etwa im 18. bis 1^. Jahre
fast völlige Gleichheit eingetreten ist. Denn in der männlichen
Gmppe findet sich hier ein ganz geringes Minus bei den Ärmeren,
11*
164
in der weiblicheQ dagegen ein kleines Pins, d. h. der Wachstoms-
trieb ist so stark, dafs er die minder gnte Ernfthnmg und den
Mangel an Reizmitteln kompensiert.
Wenn wir also anf allzu üppige Ernfthrong verzichten, wenn
wir wenigstens in der Auswahl der Kost die Verhältnisse bei den
ärmeren Ständen nachzuahmen suchen, so werden wir als wesentlichen
Erfolg der verzögerten Körperentwickelung erreichen, dafe die
Pubertät nicht zu frOh eintritt. Ebenso werden wir der Bleichsocht
und anderen Ernährungsstörungen in der späteren Zeit, namentlidi
bei dem weiblichen Geschlecht, am besten dadurch vorbeugen, dab
wir aus der Diät der für die ganze Zukunft so entscheidenden
Wachstumsperiode alle Reizmittel fernhalten und einfache Ernährung
mit Milch, Brot, Butter, mäfsigen Fleischmengen u. s. w. einfiähren.
kleinere Miütiinn^tn.
AngeneBtzfiBdiugeB in Schulen. Bei den von mir beob-
achteten akuten Schulepidemien in Gymnasien, so schreibt Professor
SOHMiDT-RiMPLEB in der j^Berl. kHn. Wochschr,"^ handelte es sich
nie um ägyptische Augenentzündung (Trachom), sondern um folli-
kuläre Bindehautentzündung oder Schwellungskatarrh. Trachom-
affektionen in Schulen dürften allein in Gegenden vorkommen,
welche von dieser Krankheit durchseucht sind, aber nur selten ah
akute Epidemie. So habe ich im Jahre 1892 in den Dorfschulen
des Kreises Heiligenstadt, wo schon seit vielen Jaliren die ägyptische
Augenkrankheit herrscht, unter 919 Schülern 46 trachomatöse, also
rund 5% gefunden, daneben 56 Schüler mit follikulärer und 79
mit einfacher Bindehautentzündung. In Heiligenstadt selbst fanden
sich in den städtischen Schulen und dem Schullehrerseminar unter 1 151
Schülern 28 trachomatöse = 2,4%, daneben 72 mit follikulärer
und 63 mit einfacher Bindehautentzündung. In dem Gymnasium
waren unter 203 Schülern nur 1 trachomatöser, hingegen 25 mit
follikulärer und 7 mit gewöhnlicher Bindehautentzündung. Es ist
hieraus klar ersichtlich, wie die Zahl der Trachome sich in den ge-
bildeten und besser situierten Ständen verringert; durch gröfsere
Reinlichkeit, Aufmerksamkeit, bessere Wohnnngsverhältnisse u. s. w.
wird die Übertragung der Krankheit vermieden. Hingegen ist die
follikuläre Bindehautentzündung in den höheren Schulen durchaus
nicht geringer, als in den niedrigen. Zu dem gleichen
Resultat kam ich durch meine früheren Untersuchungen in Oym-
165
•
nasieQ, Bealgymnasien nnd Frogymnasien der ProYinz Hessen-Nassau:
unter 1662 Schfllem fand sich ein einziger mit Trachom; hingegen
459, d. h. 27%) hatten FoUikelhildangen, wobei allerdings auch
die vereinzelt auftretenden Bläschen mitgezählt wurden.
Über miterirdiselie Kinderarbeit in Italien mit besonderer
Bfleksicht auf die Schwefelminen Siciliens berichtet das' Minen-
inqiektorat (Ispettorato delle miniere). Danach wirkt diese Arbeit
aniserordentlich nachteilig auf die Gesundheit ein, und der köiper-
liohe Zustand der betreffenden Kinder ist, besonders in der sidlia-
nisdien Provinz Caltanisetta, tief bedauernswert. Hier wurden, wie
Professor M088O berichtet, in den Jahren 1881 — 1884 3672 junge
«solfnrari'' militärärztlich untersucht, aber nur 203 von ihnen
diensttauglich befunden. Ebenso gesundheitsschädlich, wie die
Scfawefelminen Siciliens, sind die Braunkohlenbergwerke in Umbrien,
Toskana, Sardinien, Piemont und der Lombardei, die Blei- und
Zinknunen Sardiniens, die Eisenminen der Insel Elba, die Marmor-
bergwerke gewisser Alpengegenden und die Pozzolanagruben in der
römischen und neapolitanischen Gampagna. Und doch werden hier
alljährlich immer wieder tausende von Kindern unter der Erde be-
schäftigt!
0^ KQrpergewieht der Stadt- nnd Landkinder. Mayeb
hat fUar Bayern festgestellt, dafs auf eine Körperlängeneinheit —
1 bayrischer Fu& — in den Städten 20,17 Pfund und auf den
Dörfern 20,54 Pfimd Körpergewicht Men, dafs also die Land-
bewohner yerhältnismälsig schwerer sind, als die Städter. Dieser
Satz gut auch für Kinder nach Wägun^en, die im Jahre 1889 von
Professor Dr. Emil Sohmidt an Schulkindern des Kreises Saalfeld
vorgenommen sind. Die Stadtkinder beider Geschlechter haben auf
allen Altersstufen ein durchschnittlich um 0,7 kg geringeres Körper-
gewicht, als die Landkinder. Die ersteren nehmen, namentlich
während der Schulzeit, weniger an Gewicht zu, als die letzteren;
beide treten nämlich fast gleich schwer in die Schule ein, die
Landkinder verlassen dieselbe aber schwerer, als die Stadtkinder.
Ana dem amtlichen Leitfaden für das Schnltornen in
Fraikreiell. Vor kurzem ist in Frankreich, wie die „Manatsschr. f.
d. Titmwes,^ mitteilt, vom Unterrichtsministerium ein Leitfaden für
das Schulturnen herausgegeben worden, der über die augenblick-
liche Gestaltung des Turnunterrichts in Frankreich Auskunft gibt.
Interessant ist das Vorwort, in welchem vom Wert und von der
Methode der Leibesübungen gesprochen wird. Es lautet: Von jeher
hat die leibliche Erziehung bei den Kulturvölkern in hohem Ansehen
gestanden. In unseren Tagen, wo alles Arbeiten ein so fieberhaftes,
die Gehimthätigkeit aufs höchste gesteigert ist und die Sitzarbeiten
166
so zahlreich sind, erweist sie sich als das einzige Mittel, um heim
Menschen das Gleichgewicht der physiologischen Funktionen wieder
herzustellen. Far ein Land, wie das unsrige, welches vielleicht
noch auf lange Zeit hin zu fortwährender Wachsamkeit unter den
Waffen verarteilt ist, erscheint sie als eine vaterländische und heilige
Notwendigkeit. In unseren Schulen endlich, in denen das Kind durch
so viele Unterrichtsgegenst&nde heunruhigt und unter so vielen Ge-
stalten in seinem Recht auf seihständige Bewegung beschränkt wird,
ist sie das geeignete Heilmittel für das, was man Überbttrdung
genannt hat, das notwendige Gegengewicht gegen eine Verstandes-
arbeit, welche mancher ttbermäfsig findet, die sicherste Grundlage
jeder gesunden und männlichen Erziehung. Aus diesem Grunde hat
der Gesetzgeber sie unter die Unterrichtsmittel mit gleicher Berech-
tigung wie die intellektuelle und moralische Erziehung aufgenommen.
Zwei Methoden streiten sich um die Ehre, dieser Notwendigkeit
einer kräftigen leiblichen Erziehung zu genügen. Die eine, welche
man die klassische Methode nennen könnte, empfiehlt das im eigent-
lichen Sinne sogenannte Turnen, welches in geordneten Bewegungen
und in Übungen an Geräten besteht. Die andere, in Wirklichkeit
ältere, die, nachdem sie bei uns aufser Gebrauch gekommen war,
jetzt wieder überzeugte Vertreter gefunden hat, rühmt die Wohlthaten
der freien Spiele und der in frischer Luft betriebenen Kraft- und
Geschicklichkeitsühungen. Diese beiden Methoden haben jede ihre
Yorteile; aber jede, für sich allein betrieben, reicht nicht aus, um
das gesteckte Ziel zu erreichen, welches in der harmonischen Ent-
Wickelung aller physischen und moralischen Kräfte zur Erreichung
praktischer Brauchbarkeit besteht. Mit seinen verwickelten Geräten
und seinen schwer auszuführenden Übungen, die leicht in eitle Kraft-
stückchen ausarten, mit seinen eintönigen Unterrichtsstunden, seinen
so schlecht ausgefüllten langen Ruhepausen und mit seinen starken
Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Schüler macht das Turnen,
80 wie es heute in unseren meisten Schulen gelehrt wird, aus einer
Zerstreuung Langeweile und aus einer Anstrengung, die nützlich sein
sollte, eine unfruchtbare Ermüdung. Es ist eine Unterrichtsstunde
mehr zu so vielen hinzu, und der Schüler findet dabei weder Ver-
gnügen noch wahren Vorteil. Auf der anderen Seite würde es ein
Irrtum sein, zu glauben, da(s die freien Spiele vollständig eine wohl
geleitete Turnstunde ersetzen könnten. Wenn sie den unvergleich-
lichen Vorteil haben, da(s sie in frischer Luft ausgeführt werden,
dafs sie den Eifer und Ehrgeiz der Schüler wecken, dais sie ihre
Selbstthätigkeit fördern und sie an schnelles und energisches Handda
gewöhnen, so haben sie den Nachteil, dals sie unvereinbar sind mit
den Unregelmäfsigkeiten der Jahreszeiten und dais sie viel Zeit und
167
Raam erfordern. Überdies liegt ein grolser Mangel der freien Spiele
in ihrer ünzulftnglichkeit and in der Art und Weise ihres Betriebes.
Sie sind unznlftnglich; denn in einer Spielstande wiederholen sich
gewisse Maskelth&tigkeiten sehr yielmal, während andere nicht minder
wichtige Oberhanpt nicht geflbt werden oder nur sehr unvollständig.
Überdies bildet in den freien Spielen jeder Schaler selbständig seine
natflriichen Fähigkeiten aus; er geht, wohin er gerade Lust hat, und
indem er sich bemüht, sich in den Übungen auszuzeichnen, für die
er besonders beanlagt ist, yemachlässigt er die übrigen. Es kommt
sogar vor, dafk in den freien Spielen die kühnsten und kräftigsten
sich alle VorteOe dieser Übungen aneignen, während die schwächsten
und minder entschlossenen sich entweder beiseite halten oder An-
strengungen machen, die ihre Kräfte übersteigen und gerade dadurch
gefthrlich sind. Bei dem freien Spiel liegt ein Mangel der Be-
wegungen auch in der Art ihrer Ausführung. Denn da sie nicht im
Toraos bestimmt sind, so können sie nicht jeden Augenblick vom
Lehrer verbessert werden. Sie werden zu sehr überstürzt und arten
bisweilen in Unordnung aus. Der Schüler vernaohlässigt seine Haltung
ond seinen Oang. Er geht, läuft, springt nach eigenem Gutdünken,
ohne seine Kräfte zu schonen und ohne den festen Willen, den
grülsten Vorteil daraus zu ziehen. Er beutet nicht die Vorzüge aus,
die ein methodischer Turnunterricht ihm sicher gewähren würde, der
ihn verpflichtet, vemunftgemäis und stufenweis die Erziehung seiner
Bew^pmgen vorzunehmen. Mit einem Wort, die freien Spiele sind
eine vorzügliche Ergänzung des eigentlichen Turnens, aber für sich
allein würden sie nicht sowohl hinsichtlich der Erziehung der Be-
wegungen als des praktischen Nutzens Erfolge zu erzielen vermögen.
Ebenso ist es mit der Handfertigkeit, die trotz ihres unbestrittenen
Nntzois eine wirkliche Turnstunde zu ersetzen nicht im stände sein
würde. Jede Art von Handarbeit ist in der That die besondere
Anwendung gewisser Bewegungen, und man weifs, da(s dieselben
Muskelthätigkeiten, lange Zeit wiederholt, endlich eine Ursache der
MUsbüdnng werden können. Die Wahrheit liegt, wie fast immer, in
der Mitte zwischen beiden Systemen, und die Lösung der Aufgabe
besteht darin, dafis man jedem von ihnen das Beste entnimmt, dafs
man sie vereinigt, indem man sie dessen entkleidet, was sie Über-
triebenes oder Willkürliches haben.
Wider das Korsett eröffnet Professor SoHWEKiNaEB in der
„B^ffieia" einen Feldzug. Nach dem Arzt von Hajbn, so schreibt
er, hätte die englische Königin Elisabeth das Korsett eingeführt, um
ihre Miisgestalt weniger auffällig zu machen. Wir brauchen uns
hier mit der Frage nicht weiter zu beschäftigen, wie aus dem alten
Brusttuch im Laufe der spanischen und anderer Moden allmählich
'
168
dos Korsett entstanden ist, and ob es dem schiefen Waehse der
Elisabeth von England oder der Katharina von Medici sein Dasein
verdankt. Es ist immer dieselbe Geschichte: die Eitelkeit erfindet's,
die Modenarrheit nnd Nachäfferei macht's allgemein, einerlei, ob das
Ding nnn Pektorale, Schnttrleib, Korsett, Krinoline oder col de Paris
heilst. Als Hamlet seine Ophelia wegen des Schminkens, T&nzelns
nnd Trippeins abkanzelt, da redet er vom Korsett freiUch nicht,
aber das beweist noch nichts gegen von Haen, denn anch hente
pflegt man im Theater nicht gerade die Modelaster zu geUseln, mit
denen die Damen in den Logen behaftet sind. Eine Korsettlitteratar
gibt es eigentlich kanm, obwohl die Korsettfraf^e nach den ver-
schiedensten Richtnngen wichtig und interessant ist Genau vor
hundert Jahren, 1793, erschien eine Schrift „Über die Wirkungen
der Schnürbrnst*^ von Theodob SÖMMEBina, der schon fünf
Jahre früher ^Über die Schädlichkeit der Schnürbrust'' ge-
schrieben hatte. Seitdem hat nur noch der Münchener Professor
RüDiNGEB einen wertvollen Beitrag zur Korsettfrage geliefert, aber
anch er hat sich auf die anatomischen Wirkungen des Schnürens
beschränkt Für uns handelt es sich aber nicht um das Schnüren.
Was kann sich eine Frau denn wegschnüren? Wenn wir die
Grenzen weit stecken, doch höchstens einige Cenümeter. Das ist
aber schliefslich eine Lappalie gegen die Thatsache des selbst etwa
8 bis 10 Centimeter auftragenden Korsetts, die uns in ihren inneren
Wirkungen hier einen Augenblick beschäftigen soll. Aus der Fülle
von Leiden, bei denen das Korsett eine nicht unbedeutende Bolle
spielt, ergibt sich, ohne dafs man zunächst specieller auf die Art
der Behandlung einzugehen braucht, bei wie vielen Frauen der
drückende Panzer, überhaupt jeder beengende Druck durchaus ver-
pönt werden muls, ehe ein rationelles Heilverfahren begonnen
werden kann. Es wäre unsmnig, in der Entfernung des Korsetts
etwa ein Allheilmittel zu erblicken. Oft gelingt es aber doch^ nur
durch die Beseitigung des von jenem Panzer ausgeübten Druckes
die lästigsten Erscheinungen von Magen- und Leberschmerz aller
Art und namentlich von der so häufigen und gefürchteten Migräne
zu verbannen. Unter allen weiblichen Modenarrheiten ist das Korsett
die gefährlichste, das Korsett an sich, nicht nur das übermäGsige
Schnüren. Wer das ftlr Übertreibung hält, der mag sich durch die
Geschichte der Dachauer in Oberbayem und der schwäbischen Be-
völkerung belehren lassen. Die Dachauerinnen trugen Mieder —
in München sieht man sie noch manchmal auf den Maskenfesten — ,
die sehr hoch hinaufgingen. Da trat dann allmählich ein Schwund
der Brüste ein, die Bäuerinnen konnten ihre Kinder nicht nähren,
und weil sie Ammen, sterilisierte Milch und andere Surrogate nicht
169
bequem zur Hand hatten, starb das alte Dadumer Geschlecht nach
imd nach ans, nnd es konnte nnr durch importierte Frauen, die an
das Dachauer Korsett nicht gewöhnt waren, gerettet werden. Das
ist ein absichtlich grell gewähltes Beispiel, aber es zeigt, wohin die
Widematflrlichkeit in der Kleidung führt. Ein Haupthindernis, das
der natflrlichen Entwickelung im Wege steht, ist jeder Druck auf
die Brust, den Magen, die Leber, den Bauch und die Eingeweide,
mag dieser Druck nun durch einen Schusterriemen, durch zu enge
Hosen, durch ein Taillenband oder durch ein Korsett verursacht
werden. Derselbe wirkt der Natur entgegen, er behindert die
Funktionen der wichtigsten Organe und schafft nicht nur bleibende
anatomische Veränderungen, wie die Schnürbrüste, den Schnürbrust-
korb und die Schnürleber, sondern er bewirkt auch innere Störungen
schädlichster Art. Natürlich ist es dann nicht so leicht, die wahre
Ursache festzustellen, weil stets noch andere mitwirkende Momente,
je nach der individuellen Veranlagung und den äufseren Verhältnissen,
existieren. Der Druck des Riemens oder des Korsetts braucht nun
aber nicht immer und überall die gleich schädliche Wirkung zu
flben, namentlich da nicht, wo er vor dem Magen oder der Leber
noch ein schützendes Fettpolster findet. Ausnahmslos aber wird er da
sdiädlich wirken, wo er den zarten Körper der heranwachsenden
Jugend trifft, durch seine beständige Wiederkehr die falschen Rippen
znsammenprefst und die Frauen, im Gegensatz zu den Männern, die
mehr mit dem Bauche atmen, an ein Oberrippenatmen gewöhnt.
Das alles, es kann nicht oft genug wiederholt werden, bewirkt nicht
nur ein übermäCsiges Schnüren, sondern schon die Thatsache des
vorhandenen Drucks. Eine der wichtigsten gesundheitlichen Auf-
gaben ist die, dafür zu sorgen, dafs der Flüssigkeitsstrom im Körper
unbehindert vor sich geht. Jeder Druck staut denselben, und wie
die Frucht da, wo sie gedrückt worden ist, sofort eine faulige Stelle
bekommt, weil die Säfte stocken, so tritt auch beim Menschen natur-
gemäß durch den Druck eine organische Störung ein, die sich mehr
oder minder empfindlich äufsert, je nachdem das Individuum mehr
oder weniger ifst und trinkt, blutreich oder blutarm, dick oder
dann, stark oder schwächlich ist. Die Cirkulation des Blutes wird
gehemmt, und so entstehen unter sonst dafür günstigen Verhältnissen
Bflckenschmerzen, Kälte der Hände und Füfse, Krampfadem,
Hämorrhoiden u. s. w. Die bedeutsamen Verrichtungen der Brust
und des Leibes werden unterbunden, der Magen wird vorgetrieben
und gezwungen, die Säfte länger als wünschenswert zu bewahren,
die Bancheingeweide werden zum Teil bis in den Brustkorb hinein-
geschoben, und dann verwundert man sich, wenn der so verunstaltete,
Tag ftr Tag in eine widematOrliche Lage hineingezwängte Körper
170
allen erdenklichen Ejrankheiten anheimfällt. Die Franen and Mädchen,
welche flher Kopfschmerzen, Migräne, Bleichsacht, Milzstechen,
gestörte Yerdanang, rote Nasen, Aasschläge, Brast-, Magen- and
Bttckenschmerzen klagen, sollten zanächst einmal mit aller Energie
and anter Verzicht aaf die BOcksichten einer in ihren ästhetischen
Wirknngen übrigens aach noch sehr zweifelhaften Eitelkeit sich die
Panzeraniform abgewöhnen, dem Körper seinen Baam zar natflrlichen
Entwickelang geben and das Tragen eines Korsetts immer nar als
einen vorübergehenden Ansnahmezastand betrachten, der anter keinen
Umständen zar Gewohnheit werden darf. Dann werden sie bemerken,
wie die Natar sich selbst hilft, wenn man ihr nicht die Wege ver-
stopft. Wie viele Franen klagen heute nicht, namentlich in gewissen
Jahren, über allzn beschwerliche and entstellende Verfettung des
Leibes, der Brast and der Hüften. Sie branchten nar ihre Huid
za betrachten, am za sehen, wie die dnrch Binge gedrückten Finger
dicker als die anderen sind, dann würden sie vielleicht erkennen,
dafs mit dem Drack aaf die Brast, den Leib and die Hüften auch
eine Ursache der Verfettung gegeben ist. Wenn man die Frauen
und Mädchen glücklich zum Verzicht auf das Korsett gebracht hat,
dann klagen sie gewöhnlich über Bückenschmerzen and Schwäche,
weil die natürliche Muskulatur, wie nach einem Gipsverband, ohne
genügenden Blutzu- und Abflufs und ohne Übung verkümmert ist
Auch hört mau häutig den jammernden Buf: „Ich friere ohne
Mieder!^ Ja, sie frieren, weil sie sich mit den Bücken- und Bauch-
muskeln keine wärmende Bewegung machen; dafs sie aber durch
das Schnüren des Magens und durch die Blutstockungen kalte
Hände und Fübe bekommen haben, davon wollen sie meistens
nichts wissen.
9a0es9ef4ii(^tlt(^es.
Orfindnng eines Ssterreiehisehen Sehnlmnsenms mit Ab-
teilnng ftr Schulhygiene. Man schreibt uns aus Wien: In der
„Zeiischr. /. d. österr, VolksschtUwes."^ besprach der Wiener Bezirks-
schulinspektor Professor Dr. Kabl Stejskal seinen ausführlichen
Plan, anläfslich des fünfzigjährigen Begierungsjubilänms des Kaisers
von Österreich ein Beichsschulmuseum zu errichten, und stellte am
21. November 1894 im Bezirksschulrate der Stadt Wien folgenden
Antrag: In Erwägung, dafs Wien als k. k Beichshaupt- und
Residenzstadt derzeit weder eine grobe öffentliche Lehrmittel-
171
«unmlirag, noch eine pädagogische Centralbibliothek besitzt, während
fast alle anderen Hanptstädte der europäischen Kolturstaaten, sowie yiele
kleine ProTinzstädte des In- und Auslandes derartige, den örtlichen Be-
dflrfnissen entsprechende Sammlungen aufweisen; in weiterer Erwägung,
da&die Errichtung eines Lehrmittelmuseums schon darum erstrebenswert
ist, weil es nur sothunlich erscheint, einerseits SchQler, Lehramtszöglinge,
Eltern und andere an Schul- und ErziehungsfragenBeteiligte mit den zweck-
entsprechendsten Schulgeräten und Lehrmitteln vertraut zu machen,
andererseits Erfindern, Fabrikanten und Verlegern die sofortige Aus-
stellung ihrer neuesten Erzeugnisse zu ermöglichen; in fernerer Er-
wägung, daCs von seiten der Wiener Lehrerschaft seit Jahren ver-
geblich die Vereinigung der gegenwärtig in Wien bestehenden
kleinen Bezirkslehrerbibliotheken zu einer grolsen Centralbibliothek
angestrebt wird, die k. k. Universitäts- und k. k. Hofbibliothek
aber fllr eine Reihe von pädagogischen Arbeiten nur ganz unzuläng-
liche Behelfe bieten ; in endlicher Erwägung, dafs durch die Errich-
tung eines grolsen, mit einer pädagogischen Bibliothek verbundenen
Schnlmuseums die Anregung zu neuen Ideen und neuen Arbeiten
geboten wäre und so die Fortentwickelung des österreichischen
Erziehungs- und ünterrichtswesens ganz besonders und nachhaltig
gefördert werden könnte, erlauben sich die Unterzeichneten dringlich
zu beantragen, der löbliche Bezirksschulrat richte an den hoch-
löblichen k. k. niederösterreichischen Landesschulrat die Bitte,
dersdbe wolle beim hohen k. k. Ministerium für Kultus und Unter-
richt die Errichtung eines k. k. österreichischen Museums
fflr Erziehung und Unterricht in Wien befttrworten und alle
ihm geeignet erscheinenden Schritte veranlassen, damit das gedachte
Schulmuseum im Jahre des fänüzigjährigen Regierungsjubiläums
Seiner Migestät unseres Kaisers seiner Bestimmung übergeben werden
kann. Dieses Schulmuseum soll enthalten: 1. eine Abteilung fttr
Schulhausbau; 2. eine Abteilung fär Schulgesundheitspflege; 3. eine
Abteilung fttr Krippe und Kindergarten; 4. ein Musterschulzimmer;
5. eine Abteilung für Schuleinrichtung; 6. ständige Lehrmittel-
anssteUnngen fllr Volks- und Mittelschulen, eventuell auch fttr andere
Schnlkategorien; 7. eine Abteilung fttr erziehliche Knabenhandarbeit;
S. eine Abteilung für Turnen und Jugendspiele; 9. — 11. je eine
Abteilung fär den Blinden-, Taubstummen- und Schwachsinnigen-
mterricht; 12. eine pädagogische Centralbibliothek. Mit der
Schaffung eines solchen grofsen Instituts wflrde das österreichische
ÜBterrichtswesen einen mächtigen Schritt nach vorwärts thun.
Welchen au&erordenUichen Nutzen solche Anstalten gewähren, ersehen
wir aus der von A. Bsubisb, Direktor des Mus^e p^dagogique
in Paris, veröffentlichten Broschttre: M^moires et documenü
172
scökures, pubUis par le musee p^dagogique, 2. s^rie, fascicide
No. 16. Bereits Yor 20 Jahren hat das österreichische
Unterrichtsmimsteriom die Ahsicht gehabt, ein grofses Reichssdinl-
mnsenm zn gründen, und wurde hierzu fOr das Jahr 1874 als
Nachtragsforderung ein Posten von 10 000 fl. in das Budget ein-
gestellt. Obwohl der Abgeordnete Professor Dr. Alois EoaEB,
welcher den ersten Plan zur Errichtung eines grolsen Reichsschnl-
museums entwarf,^ sehr warm im österreichischen Abgeordnetenhanse
hierfür eintrat, scheiterte die Angelegenheit hauptsächlich darum,
weil kein detailliertes Projekt vorlag. Bezirksschulinspektor
Dr. Kabl Stejskal hat nun mit grolser Sachkenntnis die Idee
von Eggeb wieder aufgenommen. Sein Antrag, gestützt auf
eine sehr ausführliche Begründung, sowie auf einen gründlich
ausgearbeiteten Voranschlag der Kosten und Angaben zur Be-
deckung derselben, wurde von dem Wiener Bezirksschulräte
einstimmig angenommen. Mit Rücksicht auf das rege Interesse,
welches die Schulbehörde, die Lehrerschaft und die übrigeii
beteiligten Kreise daran hegen, steht zu erwaiten, dafs das
geplante Projekt zur Ausführung gelangt. Gegenwärtig bestehen
folgende Schulmuseen und pädagogische Fachbibliotheken:' 1. Daa
Mus6e scolaire national zu Brüssel, Staatsanstalt; 2. das Dansk.
Skolemuseum zu Kopenhagen; 3. die schwäbische permanente
Schulausstellung zu Augsburg; 4. das deutsche Schulmuseum in
Berlin; 5. das städtische Schulmuseum in Berlin; 6. das Schul-
museum zu Braunschweig; 7. das Museum des Cassianeums zu
Donauwörth; 8. die Sammlung von Lehrmitteln im Kgl. sächsischen
Ministerium für das ünterrichtswesen zu Dresden; 9. die Abteilung
für Pädagogik an der Stadtbibliothek zu Hamburg; 10. das
Schulmuseum der Freunde des vaterländischen Erziehungs- und
Unterrichtswesens in Hamburg; 11. das Museum für Yolksschulwesen
zu Hannover ; 12. das Schulmuseum zu Hildesheim ; 13. das Thürin-
ger Schulmuseum zu Jena; 14. das Schleswig-Holsteinische Schul-
museum zu Kiel; 15. das Schulmuseum des Königsberger Lehrer-
vereins zu Königsberg; 16. die pädagogische Centralbibliothek
^ Industrie und Schule in Österreich» Ein österreichisches SduU-
museum, Wien, 1874, Alfred Holder.
' Man vergleiche auch die vom Direktor der Pädagogischen Central-
bibliothek (Comeniasstiftung) zu Leipzig verfafste Schrift: Die pädago-
gischen Bibliotheken, Schulmtiseen und ständigen Lehrmittelaiusstelhtngen
der Welt mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Central-
UbUothek (Comemusstiftung) eu Leipzig. Leipzig, Zangenberg and
Himly.
173
(GomeniQsstiftang) zu Leipzig; 17. die Lehrmittelausstellung des
Lehrerrereins der Provinz Sachsen zu Magdeburg; 18. die perma-
nente Ansstellnng des Kreismagazins von Oberbayem für Lehrmittel
ond Schnleinrichtangsgegenstftnde za München; 19. das mecklen-
bniigische Volksschnlmnsenm za Rostock; 20. die Abteilang III für
Ldirmittel an der Kgl. wttrttembergischen Gentralstelle für Gewerbe
und Handel zu Stattgart; 21. Soath Eensington Maseum, Edaca-
tional Division, za London; 22. Le Mas^e p^dagogiqae et la biblioth^qae
centrale de Tenseignement primaire za Paris; 23. Nederlandsch
Schoofanoseom za Amsterdam; 24. Schoolmaseam za Rotterdam;
25* die ständige Lehrmittelaasstellang za Bozen; 26. die perma-
nente Lehrmittelaasstellang za Graz; 27. die ständige Lehrmittel-
aosstellong des deutschen Landeslehrervereins in Tirol zu Innsbruck;
28. Orsz&gos Tanszerrnuzeum zu Budapest; 29. Museo pedagogico
monicipal zu Lissabon; 30. das pädagogische Museum für Militär-
schalen zu Petersburg; 31. Pedagogiska Biblioteket zu Stockholm;
92. die schweizerische permanente Schulausstellung zu Bern;^
33. Mns6e p^dagogique zu Freiburg; 34. Exposition scolaire per-
manente du canton de Neuchätel zu Neuenburg; 35. das Pesta-
lozzianum zu Zürich;^ 36. Museo Pedagogico zu Madrid; 37. Mus^e
pMagogique zu Tokio; 38. Educational Museum in Toronto;
89. The United States Bureau of Education, Library and Museum
Division, zu Washington; 40. Museo Escolar Kadonal zu Rio de
Janeiro; 4i. das Schulmusenm zu Melbourne. Diese Aufzählung
ist nicht etwa als eine vollständige zu betrachten; dieselbe soll nur
zeigen , daCs nicht aüein die meisten Kulturstaaten Europas, sondern
anch einige Staaten der übrigen Weltteile in ihren Hauptstädten
Schalmuseen und pädagogische Fachbibliotheken besitzen. Möge
somit die Thätigkeit Dr. StejbkaIiS von Erfolg begleitet sein und
das Jahr 1898 das österreichische Schulwesen mit der geplanten
Anstalt beglflcken.
Interaalionaler Kongrefs Ar das KindervroU in Florenz.
Das Wiener Lokalkomitee des im nächsten Jahre zu Florenz statt-
findenden internationalen Kongresses für das Wohl der Kinder, so
sehreibt die jtAUg. med. Ceniraletg.^ ^ hat sich bereits konstituiert.
Zorn Präsidenten wurde Hofrat Professor Dr. Hermann Wiber-
HOFBB, zum Yicepräsidenten Professor Dr. Aloys Monti, zum
' Vergl. Katalog der Schweizerischen permanenten Schulausstelhtng in
Bern. 2. Aufl. Bern, 1891.
' VergL Statuten und Beglements für das Pestälogtfianum. Zürich, 1892.
Neuneehnter Jahresbericht des Pestaloeeianums in Zürich, Umfassend das
Jahr 1893 Zürich, 1894.
174
SebriftfQhrer Dr. Demetmo Galatti gewählt. Über den Zweck
des Kongresses teilte Professor Monti unter anderem folgendes mit:
Es sei allgemein bekannt, dafs die Versorgung der Kinder fast in
ganz Europa yorwiegend der privaten Wohlth&tigkeit anbeimfalle, so
dafe der Kindheit seitens des Staates und der Gemeinden nicht jener
Schutz zu teil werde, der notwendig sei, um die zukünftige Gene-
ration physisch und geistig kr&ftig heranzuziehen. Der Hauptzweck
des Kongresses bestehe darin, das Interesse der humanitären und
staatlichen Faktoren für jene das geistige und leibliche Wohl der
Kinder betreffenden Fragen wachzurufen, die daselbst zur Erörte-
rung und Entscheidung gelangen würden. Eine specielle Aufgabe
des Wiener Lokalkomitees sei die Schilderung der Vorzüge und
Mängel der einheimischen Institutionen, um auf diese Weise eine
gleichmäisige Erledigung der Angelegenheit zu erzielen. Nach einer
lebhaften Diskussion, in der die grofse Schwierigkeit der Arbeit
allseitig betont wurde, beschlofs man, je nach Bedarf zu Sitzungen
zusanmienzutreten. SchlieGslich wurden auf Antrag Professor Montib
die Referate in folgender Weise verteilt: 1. Kinderspitäler: Dr.
GNÄNDiNasR und Dr. Untebholzkeb ; 2. Taubstummen wesen:
Direktor Lehfelp; 3. Blinde, geistig zurückgebliebene Kinder und
Idioten: Direktor Helles ; 4. Versorgung der skrofulösen und
rhachitischen Kinder, Kinderhospitäler und Kinderasyle: Professor
Monti ; 6. Ferienkolonien und Kindergärten: Dr. Galatti;
6. Waisenpflege und kommunale Kinderversorgung: Magistrats-
sekretär Kienast.
Über die Einffihrung hy^enischen Unterrichts in die
Volksschale sprachen im Berliner Lehrerverein Dr. Th. W^eyl
und unser Mitarbeiter, Herr 0. Janke. Dieselben stellten dabei
nach der j^BerL klin. Wochschr.'^ folgende Thesen auf: 1. Die
Verbreitung hygienischer Kenntnisse durch die Schule entspricht den
Interessen des Individuums und des Staates. 2. Der hygienische
Untericht hat sich auf die wichtigsten Gebiete der privaten nnd
öffentlichen Gesundheitspflege zu erstrecken. 3. In der Gegenwart
sind in der Volksschule die hygienischen Belehrungen im AnschlulB
an das Schnlleben und an die übrigen Lehrgegenstände der Schule
zu geben. 4. Es ist zu prüfen, ob in Zukunft der Unterricht in
der Hygiene die Stellung eines selbständigen Unterrichtsgegenstandee
auf der Oberstufe der Volksschule erhalten soll. 5. In die Fort-
bildungsschule ist die Hygiene als Unterrichtsgegenstand schon jetzt
einzufahren. 6. In die Seminarien ist die Hygiene als obligatorischer
Unterrichtsgegenstand aufzunehmen.
SchnUiy^enisches ans dem k. k. obersten Sanil&tsrat in
Wien. In der Sitzung des k. k. obersten Sanitätsrates vom
175
26. Jaoaar 1895 gelangten, wie wir dem y^Österr. Samtätswes."^
eDtnehmen, unter anderen nachstehende Gegenstände znr Beratung:
Erstattung eines Fachgutachtens über die Zweckmäfsigkeit der
Bereithaltnng yon Rettangskasten in Volks- und Mittel-
schulen, sowie die Brauchbarkeit des dem obersten Sanitätsrate vor-*
gelegten Probeexemplares eines derartigen Rettungskastens mit einer
dazugehörigen Belehrung in Form einer Wandtafel. Referent namens
des hierfOr eingesetzten Specialkomitees war der Obersanitätsrat Pro-
fessor Dr. WEI0H8BLBAÜM. Zum Schlüsse wurden auf den Initiativ-
antrag des Obersanitätsrates Professor Dr. Gbubeb verschiedene Mifs-
st&nde in den Einrichtungen einzelner Unterrichtsanstalten besprochen,
welche den Bemühungen der k. k. Schulbehörden, dem Hange
der Trunksucht schon durch die Schulerziehung und
den Schulunterricht entgegenzutreten, Schwierigkeiten zu
bereiten geeignet sind.
Sektion ffir Sehnlgesnndheitspflege im Leipziger Lehrer-
yereiD« Die Abteilung für Schulgesundheitspflege des Leipziger
Lehrervereins hielt am 9. November v. Js. ihre erste, konstituierende
Sitzung ab. Nachdem die Versammelten sich darüber ausgesprochen
hatten, dals die Gründung einer selbständigen Abteilung für Schul-
hygiene unbedingt notwendig erscheine, da andere Sektionen, auch
die bestehende für Naturwissenschaften, nicht in der Lage seien, den
schnlhygienischen Fragen die gehörige Würdigung zu teil werden zu
lassen, erfolgte die Konstituierung und die Wahl eines Bureaus.
2^ Vorsitzenden wurde unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Metbigh,
zum Schriftführer Herr Sghübbbt gewählt. Das Arbeitsgebiet der neu-
gegründeten Abteilung charakterisierte Herr Metbich nach folgende
Gesichtspunkten: 1. Einrichtung des Schulhauses, der Schulzimmer,
der Schulutensilien. 2J. Unterrichtshygiene (Lehrplan, Lektionsplan
n. 8. w.). 3. Pädagogische Anthropologie. 4. Verhältnis von Sdiule
ond Haus. 5. Die ärztliche Beaufsichtigung der Schulen. 6. Methoden-
lehre für die hygienischen Untersuchungen. 7. Litteratur. Mit der
Aufstellung eines genaueren Planes wird sich die nächste Ver-
sammlung befassen. Die Sitzungen der neuen Abteilung sollen
monatlich stattfinden.
Kurse für Lehrer und Lehrerinnen in den Jngend- und
Velkaspielen ffir 1895. Auch für das Jahr 189Ö sind von dem
Centralausschufs zur Förderung der Jugend- und Volksspiele wiederum
in allen Teilen Deutschlands 20 solcher Kurse in Aussicht ge-
lunnmen, und zwar für Lehrer an folgenden Orten: Altena
im Mai (Oberlehrer Dr. Schnell); Barmen 13. bis 18. Mai
(Oberbürgermeister W^egnbb und Oberturnlehrer Sohböteb^;
Berlin im Mai (Professor Egeleb, Friedrichstrabe 229);
176
Bonn 26. Mai bis 1. Jani (Dr. med. F. A. Schmidt);
Brann schweig 27. Mai bis 1. Joni (Gymnasialdirektor Dr.
EoiiDEWEt); Breslau 29. bis 31. Mai (Obertnmlehrer Krampb);
Danzig im September (Oberlehrer Dr. Bosbünb); Frankfurt
a/M. 24. Mai bis 1. Juni (Tuminspektor Weidenburch); Görlitz
27. August bis 1. September (Gymnasialdirektor Dr. Eitneb|;
Hadersleben 16. bis 20. April (Gymnasialoberlehrer Doicksb);
Karlsruhe im Laufe des Sommers (Direktor Alfbeb MaxtIi);
Königsberg i. Pr. 23. bis 29. Juni (Stadtschuhrat Dr. Tbibukait);
Mttnchen 5. bis 12. Juni (Kgl. wirklicher Bat Webeb); Stutt-
gart im Sommer (Professor Kessleb). Fttr Lehrerinnen werden
nachstehende Kurse stattfinden: Barmen 27. Mai bis 1. Juni
(siehe oben); Berlin 4 Tage, £nde Juni oder Anfang Juli (siehe
oben); Bonn 4. bis 7. Juni (siehe oben); Braunschweig 4. bis
8. Juni (Tuminspektor A. Hebmann); Breslau 8. bis 13. April
(siehe oben); Königsberg i. Pr. 23. bis 29. Juni (siehe oben).
Die eingeklammerten Namen sind die deijenigen Herren, an welche
die Anmeldung zu richten ist. Dieselbe ma^ thunlichst 3 Wochen
^or Beginn der Kurse erfolgen. Letztere sind kostenfrei.
Ver^ftniig eines Sehnlmädchens mit Stechapfelsavem.
In dem ^ Jahrb. f, Einderhlkde. u. phys. Ereiehg,*^ berichtet Dr.
F. H. Fbiebmann über folgenden Fall. Ein neunjähriges Schul-
mftdchen hatte eine unbekannte Frucht, die ihr geschenkt worden
war, gegessen. Nach kaum einer Stunde klagte sie über Schmerzen
in den Beinen, der Blick ¥mrde stier, und es trat Bewulstlosig^eit
ein. Auf ärztlichen Bat wurde Brechweinstein genommen. In dem
Erbrochenen fanden sich 30 kleine Kerne, die jedoch verioren
gingen. Mit auf das höchste erweiterten, völlig reaktionslosen
Pupillen, 140 Pulsschlägen in der Minute, schreckhaften Halln-
cinationen, aber normaler Temperatur kam das Mädchen in die
Leipziger Kinderklinik. Hier wurde zuerst die Diagnose auf Atropin-
Tergiffcung gestellt, bis nach zwei Tagen durch Ricinusöl eine gro&e
Menge der charakteristischen Samen von Datura Stramonii abging.
Patientin genas. Zur sicheren Diagnose dieser Vergiftungsart be-
nutzt man übrigens den Umstand, dafs Atropin, der wichtigste
Bestandteil des Stechapfelgiftes, zum gröfsten Teil unverändert in
den Urin übergeht. Man träufelt daher einer Katze solchen Urin
in den Bindehautsack eines Auges. Es tritt Pupillenerweiterang
ein, und zwar schon bei einem Gehalt von 1 : 130 000 Teilen
Harn; weder Kokain noch Homatropin geben eine ähnliche Wirkung.
Eine nachahmenswerte Verordnung in Be£ag auf dj»
feilbieten von Blumen, StreichhSlzern and sonstigen Yerkavfii-
gegenständen durch schulpflichtige Knaben nud MSdchen hat
177
nach dem ytKnabhori'^ die Polizeibehörde in Forst i. L. erlasse.
lUumch dttrfea schulpflichtige Knaben nach Sonnenuntergnng die im
§ 59 der Gewerbeordnung bezeichneten Gegenstände nicht mehr ver-
kanfen; M&dchen anter 16 Jahren sollen die erwähnten Gegenstände
weder nach Sonnenuntergang, noch von Hans zu Hans feilbieten.
Ferner dflrfen Kinder unter 14 Jahren nur bis 10 Uhr abends mit
Keg^an&eteen in öffentlichen Lokalen beschäftigt werden; den
Wirten und deren Stellyertretem ist eine nanüiafte Strafe fOr etwaige
Obertretangen angedroht.
a^
2lttitlic^e Detfügititgtii.
Zwei Erlasse des k. k. niederOsterreieliisebeB Lrades-
seknlrates, Z. 4918, betreffend die Bek&mpfang der Trunksueht
durf h die Sehule.
An
die Direktionen der Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten.
I.
Anläßlich des Erscheinens der vom Osterreichischen Verein
gegen die Trunksucht herausgegebenen, preisgekrönten Studie von
ViKTOB vonKeaüs: „Wie kann durch die Schule dem zur
Unsitte gewordenen Mifsbrauche geistiger Getränke
entgegengewirkt werden?*^ wird die Direktion aufgefordert,
im Einvernehmen mit dem ärztlichen Docenten Ober die zweckmä&ige
Unterweisung der Zöglinge in der Frage der Gemeinschädlichkeit des
ICi&brauehes geistiger Getränke im Sinne der §§ 55, 69 und 70,
Punkt 9 des Organisationsstatnts vom 31. Juli lb86, Z. 6031, den
Lehrkörper zur Beratung, beziehungsweise Beschlufsfassung zu ver-
anlassen, vornehmlich rttcksichüich des Anteils, den die einzelnen
ünterrichtsgegenstände an der Besprechung dieser fttr den zukünftigen
Lehrer wichtigen Angelegenheit zu nehmen haben.
Wien, am 6. Dezember 1894.
(Gez.) KlBIiMANNSEGG.
n.
An
die k. k. Bezirksschulräte Niederösterreichs.
Der Bezirksschulrat wird auf das Erscheinen der vom öster-
rddiisehen Vereine gegen Trunksucht herausgegebenen, preisgekrönten
B«lialffl«imdlieit*pfleff« VIIL 12
178
Stodie von YiKTOB ton Kraus: „Wie kann dnrch die Schale
dem znr Unsitte gewordenen Mifsbranche geistiger
Getränke entgegengewirkt werden?**, Preis 50 kr., in
Partien billiger, Verlag Ton Karl Oraeser, Wien, 1895, aafmeitoam
gemacht. Bei diesem Anlasse wird der Bezirksschnlrat anfgefordert,
ttber die Abwehr der Tmnksncht in Bezirkslehrerkonferenzen
periodische Vorträge and Besprechungen zu veranlassen nnd anf die
Verbreitung der populären Schriften Aber Trunksucht und ihre
Folgen in den Bezirks- und LokaUehrerbibliotheken zu achten.
Gleichzeitig ist durch den Bezirksschulrat den Lehrern in geeigneter
Weise die Verpflichtung nahe zu legen, in der Angelegenheit der
Bekämpfung der Trunksucht durch gutes Beispiel den Eltern Ihrer
Schüler voranzugehen. Sollten Lehrpersonen durch ihre persönliche
Haltung der Forderung eines stets nttchtemen Auftretens in und
aufser der Schule nicht vollkommen gerecht werden, so wären sie
unter dem Hinweise anf die Bedeutung ihrer Wirksamkeit mit aller
Strenge auf den Weg der Pflicht zurückzufahren; im Falle wieder-
holter Außerachtlassung diesbezüglicher Vorschriften wäre jede auf
den Milsbrauch geistiger Getränke zurückgehende Ausschreitung mit
aller Strenge zu ahnden.
Wien, am 6. Dezember 1894.
(Gez.) KiELMANNSEaa.
VerfBgmig der k. k. Statthalterei von BShmen wegMi
Lüfliing der Schalr&ame.
Die k. k. böhmische Statthalterei hat dem k. k. Landesschul-
rat eröffnet, daüs aus der Mehrzahl der von den Bezirkshaapt-
roannschaften gelieferten Jahresberichte über die sanitären Verhältnisse
der Bezirke im abgelaufenen Jahre 1893 und nicht minder aus dm
Reiserelationen der k. k. inspizierenden Amtsärzte hervorgeht, dab
im allgemeinen die hygienischen Verhältnisse der Schulhäoser in
stets fortschreitender Besserung begriffen sind, dafs jedoch nahem
in allen Schulen die Lüftung der Schulräume beinahe alles zu
wünschen übrig läfst, indem nur in höchst seltenen Fällen die
Bestimmungen der Medizinalverordnung volle Durchführung erfahren,
wodurch alle Vorteile, die eine nach modernen Grandsätzen gebaute
Schule bieten sollte, zunichte gemacht werden. Mit Rücksicht anf
die Zunahme der Tuberkulose, sowie einiger Augenkrankheiten unter
den Schulkindern ist dringend darauf zu sehen, dafs die bezüglichen
Bestimmungen der Ministerialverordnung auch thatsächlich durch-
gefnhrt werden. Das Haupthindernis einer entsprechenden Lüftnng
besteht in der Heizperiode zumeist darin, dafs der Schulleiter mit
179
einem gewissen Betrage für die Beheizung der Schnlräome vom
Ortascholrate pauschaliert ist. Es mag in manchen FftUen dieses
Pauschale gering bemessen sein. Thatsache ist, dafis znmeist das
Bestreben seitens der Schulleiter obwaltet, mit dem Heizmaterial
aber Gebflhr zu sparen und die Heizw&rme von Vormittag thunlichst
fflr den Nachmittag aufzusparen, bei welchem Bestreben natürlich
die Lüftung zu Mittag entfällt. Aus gleichem Grunde wird vielfach
anch des Morgens und des Abends zu wenig gelüftet. Die That-
sache, dab aber auch dann, wenn nicht geheizt wird, faat allerwftrts
80 traurige Beobachtungen mit dem Lüften der Schulräume gemacht
werden, beweist, dafs das Verständnis für die Notwendigkeit und
die Vorteile einer ordentlichen Lüftung der Schuhräume noch viel zu
wenig in die Lehrerkreise eingedrungen ist.
Bescheid des Bezirksschulrates
itf k. k. Beichskanpt- und Residenzstadt Wien, betreffend
die Verhfitnng der Weiterrerbreitnng
IbertraglMurer Krankheiten bei den Impftingen in Schnlen.
Wien, am 5. November 1894.
An sämtliche SchuUeitungen.
Anlftislich der £ingabe eines Ortsschulrates, worin gegen die
Errichtung von Impfstationen für die allgemeine öffentliche Impfung
in den Tumsälen der Schulgebäude Vorstellung erhoben wird, hat
der Bezirksschulrat, in voller Erkenntnis, dafs die derzeitige Vor-
nahme der öffentlichen Impfung in Schullokalen strengen hygie-
nischen Anforderungen nicht entspricht und demnach im Interesse
der Schulhygiene die Verlegung der Impfstationen von den Schulen
angestrebt werden mufs, bei dem umstände, dals derzeit keine zur
Durchführung der öffentlichen Impfung geeigneten Lokalitäten vor-
handen sind, beschlossen, das Wiener Stadtphysikat zu ersuchen, bis
rar radikalen Behebung dieses Übelstandes jene Vorkehrungen zu
treffen, welche bei Vornahme der Impfung in den Tumsälen, sowie
in den Schulen überhaupt der Entstehung, bezw. Weiterverbreitung
übertragbarer Krankheiten vorzubeugen im stände sind.
Hiervon wird die Schulleitung zufolge h. o. Beschlusses vom
31. Oktober 1894 in Kenntnis gesetzt.
Vom Bezirksschulräte der Stadt Wien.
Der Vorsitzende-Stellvertreter
(Gez.) Dr. Reisch.
180
Antliches Formular flr
an der Realsehule bei St. Johann in Strafsbnrg i. E,
Der Schüler der Klasse, '. hat
ans Gesundheitsracksichten um Dispensation vom Tnnranterrichte
nachgesucht und sich anf Ihr ärztliches Gutachten hemfen. Die
nnterzeichnete Direktion ersucht Sie daher ergehenst, die nachstehenden
Fragen beantworten zu wollen. Die Zelt, fttr welche die Dispen-
sation erforderlich scheint, wollen Sie freundlichst genau beatinunen,
die Angabe auf unbestimmte Zeit vermeiden; über die Frist
eines Jahres aber — es sei denn, dafs ein ganz klarer Fall vor-
liegt — nicht hinausgehen.
Der Direktor
der Realschule bei St. Johann
An
den praktischen Arzt,
Herrn Dr. med
zu
Frafe:
Antwort:
1. Ana welchem Grande ist
die DiBpensation not-
wendig?
2. Auf wie lange?
3. Soll sich die Dispensation
erstrecken
nur anf die Frei-
übangen,
nur auf die Gerat-
übuDgen,
oder auf alle Tum-
Übungen?
., den.
189
Der praktiaehe Arkt:
181
^ttftnaittn.
Der frahere österreichische ünterrichtsminister Freihbrr ton
GlUTBCH wurde znm Mitglied des Herrenhauses ernannt.
Der ärztliche Lokalyerein Nürnberg hat den nm die Hygiene^
bodnrerdioiten Gefafiimrat Dr. VOK KiotscHBirSTBiNBB in München
einstimmig znm Ehrenmitgliede gewählt.
Dem Proyinzialscfanlrat Dr. Pilqbr in Berlin und dem Real-
gynnasiaUirektor Dr. Hbilbrmann in Essen wurde der Charakt^
ab Geheimer Regierungsrat, dem Assessor beim Mediziaalkollegium
der ProTinz Sachsen, Oberstabsarzt I. Klasse Dr. Sohattbnbsrg
in Magdeburg, der Charakter als Medizinalrat verliehen.
Der Progymnaaaldirektor Dr. Baltzee in Schwetz hat den
Bang eines Rates IV. Klasse erhalten.
Dr. J. F. ROORON, ärztlicher Schuünspektor des Xm. Arron-
dissements von Paris, wurde zum Offizier des öffentlichen Unterridita
eaannt.
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Dr. W. Mateb, praktischer Arzt
in Fürth, ist zum Ersatzmann des ärztlichen Kollegiums zur Erstattung
▼on Obergatachten in Unfallversichemngsangelegenheiten für Mittel-
franken gewählt worden.
Es erhielten : den Adler der Ritter des Königlichen Hausordeos von
Mienzojlem der Geheime Regierungsrat, Provinzialschulrat Wend-
LAKB in Hannover, die Schulräte, Seminardirektor Klose in Lieben-
thal und Regiemngsrai Dr. Ross in Wiesbaden, sowie der Gymnasial-
direktor Dr. Schultz inCharlottenbuig; den roten Adlerorden III. Klasse
mit der Schleife der Geheime Regierungsrat beim Reichsgesundheitsamt,
Pralessor Dr. Sbll in Berlin, der Direktor des Provinzialechul-
keBq^Bms, Geheimer Regierungsrat Dr. BlBDBNWEa in Hannover,
der Regiemngs- und Schuhrat BOOKLER in Potsdam^ der Gymnasiid-
direktor Dr. Stahlbbbo in Hagen i. W. ; den roten Adlerorden
in. Klasse der Regiemngs^ und Schnhrat Badbb in KObi, die
Kreissehulinspektoren Schwalbe in Posen und Dr. Wbhbhahk in
Hannover« die Direktoren Dr. Wittich in Kassel und Dr. ThomA
in Köln; den roten Adlerorden lY. Klasse der Regiemngsrat beim
Reiehsgeanndheitsamt Dr. Petbi in Berlin, der Regiemngs- und
MedizinaliEt Dr. Ritter in Osnabrück; den Verdienstorden vom
heffigen Michael IV. Klasse der Gymnasialdirektor Dr. Westbr-
xatkr in Erlangen, der Lycealrektor, geistlicher Rat Dr. D aller
182
in Manchen, der Rektor der Realschule Wollingeb in Freising;
das Ritterkrenz des St. Josephordens der inspizierende Amtsarzt,
Sanitätsrat Dr. Yingbnz Slavie in Prag; das Ritterkrenz des
Albrechtsordens II. Klasse der Bflrgerschiüdirektor BÖTTasB in
Werdan ; den St. Stanislansorden III. Klasse der Direktor der Hand-
werkerschnle Kaiser Alexander m, Kollegassessor Dr. Hbbmakm
Wbstphalbn in St. Petersburg.
Das bisherige Mitglied des Medizinalkolleginms der ProviBS
Sachsen, Geheimer Medizinalrat Dr. Hibsoh in Magdeburg, ist zum
Regierungs- und Geheimen Medizinalrat bei der dortigen König^chen
Regierung ernannt worden.
Den durch die Beurlaubung Professor Dr. BBHBlNas wiederum
verwaisten Lehrstuhl der Hygiene in Halle a. S. hat Professor Dr.
E. Habnaok vertretungsweise flbernommen.
Der Professor der Hygiene Dr. W. Pbausnitz in Graz wurde
zum ordentlichen Mitgliede des steiermftrkischen Landessanitttsrates
ftur den Rest des Trienniums 1893—1895 gewählt.
Dem auCserordentlichen Professor Dr. A. Bubkhabdt in
Basel ist die ordentliche Professur der Hygiene daselbst flbertragen
worden.
Nachdem der an&erordentliche Professor der Hygiene Dr.
FiKKLBB in Bonn den Ruf nach Marburg als Nachfolger Professor
K. FbIkkbls abgelehnt hat, ist nunmehr der aulserordentliche
Professor Dr. Alb. Kobsbl, Abteilungsvorstand am physiologischen
Institute in Berlin, als auläerordentlicher Professor der Hygiene dort-
hin berufen worden.
Professor Dr. Anqebmann in Meifsen wurde zum Direktor
des Gymnasiums in Planen i. Y., Professor Dr. M. Zöllbb ib
Mannheim zum Direktor des Realgymnasiums daselbst befördert.
Der Seminaroberlehrer Stbubb zu Löbau i. S. hat daa Di-
rektorat des Sendnars in Borna erhalten.
Oberlehrer Dr. Ruskb am Realgjrmnasium in Neifise und Rektor
Rzbsbitzbk an der 3. Stadtschule in Posen sind zu Kreisachnl-
Inspektoren ernannt worden.
OiüBBPPB Saoabblli, frflher Assistent am hygienischen laatitttte
in Rom, folgt einem Rufe nadi Montevideo.
Der durch seine hygienischen Arbeiten bekannte Direktor des
statistischen Bureaus in Budapest Jobbph Köböbi feierte vor einiger
Zeit das Jubiläum seiner fftnAmdzwanzigjährigen Amtsthätigkeit.
Am 19. Dezember v. Js. beging der um die GrOndung voa
Kinderheilstätten an den deutschen Seekfisten besonders verdioite Ge-
heime Medizinalrat Dr. Mbttbnhbimbb in Schwerin seinen aieben-
Geburtstag.
183
Es sind gestorben: der Professor der Arzneimittellehre und
Gesundheitspflege Dr. Stbohl in Straisbnrg, der Stadtschnlrat Dr.
KxuBSSN in Krefeld, die Gyninasialdirektoren J. Ammank in
Brachsal und Dr. Friokb in Lingen, der Direktor der Hnmboldt*
acfanle Dr. G. Vbith in Frankfurt a. M., der Schaldirektor Wineleb
in BrOnn, der Rektor der Realschule Dr. Fb. Ramslbb in Tübingen,
der Seminardirektor a. D. Schalrat Kühn in Kötzschenbroda, der
Besirksschnlinspektor a. D.. Schalrat Gbuhl in Chemnitz, die Kreis-
acholinspektoren, Schnlrat SohbOtbb in Ohlaa and Dr. Jonas in
K<Hntz.
fitieratnr.
Besprechnngen.
Dr. Thsodob Altsohul, k. k. Sanitätsrat. Die Fraee der
Oberbtrdias «igerer SehBljniceBd tob SrBtliclierstaBd.
pukto. Wien, 1894. Moritz Perles. (44 S. Gr. 8^)
Diese Abhandlang ist gleichzeitig in der „ Wiener meäUmisehen
Wotliemsdtnfi'* erschienen. Man merkt deatlich die gnte Absicht,
die Pädagogen gOnstig za beeinflassen, allein der Grandsatz, „die
Schale sei das Gebiet des Pftdagogen, die Hygiene jenes des
Arztes'' (S. 5), wird nicht befolgt. Der Verfasser fiUlt öfter in
dtak Fehler, den Schalmftnnem darein za reden and noch daza
bekamite Forderangen aafeastellen, woraber sie lächelnd zar
Titgesordnang Bbei^ehen werden. Die Mahnnng: „sie sollen
beim Unterricht eine Abwechselong eintreten lassen*" (S. 14)
heilst offene Thüren einrennen, denn es dürfte wenig Pikdagogen
mehr geben, die von dieser Grandregel nicht Kenntnis
bitten. Was soUen ferner an dieser Stelle Ratschläge ttber
das Individaalisieren in der Schale? »Der Unterricht soll
jedem Individaam angepalst sein, keinem Darchschnitt, der in
Wirklichkeit nicht besteht^, — das ist schneller gesagt, als darch-
geftüirt Wenn der Lehrer seine Anforderangen bei den minder
Begabten ^wesentlich herabstimmen^ soU, so wird er sie bald filr
die ganze Klasse herabstimmen mttssen, and wohin kftme er dann
Bdt seinem Pensam, and wenn es noch so redadert w&re? Femer
▼eriaagt der Yerfssser kategorisch: «Der Lehrer soll die Indiridnalitit
seiner Schiller genan kennen and seine Anforderangen danach
riditen". Das wftre ja sehr schön, wo sind denn aber die Legionen
jener idealen, f&r ihren Bernf so ganz yorzflglich gedgneten
184
Sehnlmänner? Wer sich im Leben nur etwas umgesehen hat,
wei(s doch, wie selten diese Primaqnalitftten in allen Beraftartea,
also anch unter den Lehrern vorkommen. Hfttte man lauter so
vortreffliche Menschen, so wftre den Mängeln der Schnle bald ab»
geholfen. Auf Seite 25 kommt andi noch die Methodik des Unterrichts
an die Reihe. Da stehen z. B. die Worte Die6tebweg8 : „Das
Kind ist nach psychologischen, inneren, geistigen Gesetzen nator-
gem&Ts anzuregen und zu entwickeln u. s. w.'' Das klingt ja^ gans
herrlich, aber müiste doch genauer ausgeführt werden. Dazu fehlt
jedoch einem Arzt die nötige Autorität, das sind interne Fragen
der Pädagogen. Mit solchen fragmentarischen Ausrufen ist nichts
zu erreichen.
Was die hygienischen Erörterungen betrifft, so mögen sie viel-
leicht Ärzten, die noch niemals der Frage der Überbürdung näher
getreten sind, manche Anregung bieten, schon um deswillen, weil
fast alle die mannigfachen Klagen erwähnt und durch Litteraturangabes
noch belegt sind, allein die Darlegung ist doch zu fiflchtig, um
wirksam zu sein. Überdies wird über wertvolle Untersuchungen,
welche gerade auf dem Gebiete der Überbürdungsfrage neue
Bahnen beschreiten, ganz mit Unrecht abfällig geurteilt, wie
z. B. über Kbaepblins Broschüre: j^Über die geistige Arbeit'^}
Andere, aber doch verwandte Angaben, z. B. jene BuBOBBaTBiKB,
werden dagegen mit Wärme betont. So sehen wir das Urteil des
Verfassers bedenklich hin- und herschwanken.
Kaum hat er die Überbürdnng der Kinder durch die Schule
festgestellt, so schwächt er die Thatsache wieder ab. Denn
Seite 35 springt er auf das Thema über von der Schuld des
Elternhauses, die offenbar übertrieben wird. Wie viele Elten
sehen nicht die traurigen Folgen der Überbürdung vor Augen,
ohne doch helfen zu können, weil jeder Versuch an dem
unerschütterlichen Gang der Gesetzesmaschine und der Gewalt der
Rektoren scheitert! Sanitätsrat Altsohul scheint in seiner Pnuda
bisher nur unvernünftigen Eltern begegnet zu sein oder, was noch
schlimmer ist, er kennt all diese Dinge nur aus einseitigen
Berichten. Das wird fast sonnenklar, wenn man das Mittel
Oberlegt, das er zur Abhilfe vorschlägt. Da hat irgend ein
Querkopf den Vorschlag gemacht, man solle in der ElementMVchule
den Kindern Unterricht in der Gesundheitslehre geben. Das fehlte
gerade noch! Aber so abenteuerlich der Vorschlag, er wird von
unserem Verfasser mit Wärme aufgenommen, denn er meint, die
Kinder würden dann den Eltern die hygienischen Erzidbungsregeln
beibringen. Das dürfte eine schöne Hygiene werden 1
* Vergl. diese Zeitschrift, 1894, No. 8 u. 9, 8. 618—622. D. Red
185
Dbr Yoreehlag, die L^irer in den Gnindregeln der Hygiene
20 nnterweisen, birgt einen verstilndigen Kern, obwohl auch dieses
Beginn«! nach meiner Ansicht den erwarteten Erfolg durchaus nicht
haben wird. Was helfen hygienisch noch so gebildete Lehrer, wenn
der Junge über seine Nervenkrftfte hinaus angestrengt wird ? Das
wird denselben Effekt haben, wie so manche andere HeilmitteL
Die beste Schulbank hilft nicht gegen den krummen Rücken und
die Verderbnis der Augen, wenn der Schüler zu lange darin sitzen
nrais. Auch die hygienisch geschulten Lehrer werden nichts bessern,
solange nicht eine Reduktion der Unterrichtsstunden stattfindet, das
FachlehFersystem aufgegeben und weniger yerlangt wird. Man hat-
•08 den Mittelschulen Universitäten im kleinen gemacht. Aus eigener
Überlegung wird nicht abgerüstet, so bleibt schliefslich nur die Hoff-*
song anf irgend einen gewaltsamen Eingriff.
Unser Autor bringt zum Schluis die Überbttrdung der Lehrer
Mch noch aufs Tapet. Wir möchten ihm dringend raten, sich das
Bichste Mal doch einige Beschränkung aofeulegen, wenn er etwas
mehr, als in dieser Schrift erreichen will.
Professor der Anatomie und Entwickelungsgeschichte
Dr. med. J. Kollmann in Basel.
Dr. Karl Weffzel, Rektor. Zur Sehulgesnndheitspflege.
Dreizehnter Jahresbericht der städtischen höheren Mädchenschule
in Ulm a. D. für das Schuljahr 1890—91. Uhn, 1891. J. Ebner.
(Ö4 8. 8^)
Die Teilnehnier der achten Hauptversammlung des Deutschen
Vereins flär das höhere Mädchenschnlwesen in Stuttgart 1882 werden
sich noch mit Freuden des gediegenen Vortrages des Dr. Weitzsl
Aber den Unterricht in der Litteratnrknnde erinnern. Derselbe
Mann, der uns damals als der einsichtige Lehrer entgegentrat, be-
gegnet uns heute als der sorgsame Schulleiter.
Es ist seit etwa dreifsig Jiüiren in deutschen Schulen gewife
manches für die Gesundheitspflege gethan; aber nur zu leicht ge-
sdiieht eSt dais, nachdem bei der Begründung oder Reorganisatioii
TOD Lehranstalten neue Einrichtungen zur Bebütung und Förderung
der Gesondheit der Schüler getroffen sind, nachher die darauf ge-
richtete Aufmerksamkeit in dem Gedanken wieder erlahmt, zuletzt
blieben Unterricht und Erziehung doch die Hauptsache für die
Schde, und man dürfe das fördernde Mittel nicht zum Selbstzweck
machen. In Rektor Weitzel sehen wir dagegen einen Schulmann,
der auch im Laufe der Jahre in der Fürsorge für das leibliche
Wohl seiner Pflegebefohlenen nicht ermattet ist. Er kann sich auf
das Gutachten der Strafsburger ärztlichen Kommission von 1884
186
dafür berufen, „dab fftr die weite Yerbreitang der Frauenkrankbeiteii
nicht allein oder aach nur an erster Stelle die höheren Mftdchensdraleii
verantwortlich zn machen seien^; er möchte anch nicht abwfigen,
welchen der an der Erziehung beteiligten Faktoren die meiste
Schuld beizumessen sei; er will nur an dem Beispiel seiner Anstalt
darthun, ,,wa8 von der Schule, und zwar von einer höheren
Mädchenschule, in der Gesundheitspflege erstrebt worden ist und er-
strebt werden kann".
In dem Gedanken, dafs eine Schulgesundheitspflege eine
Schulkrank he itslehre voraussetze, d. h. die Auüstellung be-
stimmter Krankheitsgruppen, wie sie der Schule nachweisbar zur
Last fallen, hat er den Versuch gemacht, „für jedes Jahr eine
Obersicht der Krankheitserscheinungen seiner Schfllerinnen anzu-
fertigen.^ Zu dem Ende hat er 1. einen Fragebogen für jede
ScfaQlerin zur Feststellung nennenswerter Abweichungen vom Normal-
befinden wfthrend eines Schuljahres ausgegeben und 2. von den
Klassenlehrern in besonders dafftr angelegten Heften Auüseich-
nungen über jede Erkrankung, bezw. deren Art und Dauer machen
lassen.
Die Ergebnisse dieser durch zehn Jahre hindurch gelahrten
Erhebungen finden sich in zwei Tabellen, einer mit den Au&eichnungen
nach Jahren, der anderen mit solchen nach Klassen,^ niedei^^.
Es sind 43 verschiedene Krankheiten, in 12 Krankheitsgruppen
zusammengefalst, beobachtet worden. Von Aufstellungen Aber das
Vorkommen der Rückgratsverkrflmmung ist abgesehen,
weil es hier an der unbedingt erforderlichen Unterstützung von
Seiten des Hauses fehlte. Am Schlüsse der Bemerkungen über diese
Tabellen gibt der Verfasser folgendes Urteil ab: „Nach jahrelanger
Beschäftigung mit den Fragen und Kenntnisnahme von der naeh-
gerade unheimlich angewachsenen Fachlitteratur können wir als Laien
die Überzeugung nicht unterdrücken, dab das bis jetzt gesammelte
statistische Material, die Untersuchung der Augen und Ohren aus-
genommen, nicht hinreicht zu einem objektiven Nachweis der
dem Besuch der Schule zur Last fallenden Gesundhettsstörangen bei
Mftdchen und dafs ferner ein beweiskräftiges Material nur
in den Fällen zu gewinnen sein wird, wo direkte ärzt-
liche Untersuchung in grofsem Umfange sich ermög-
lichen läfst.''
Die wichtigste Aufgabe der Schule bleibt es, den mOglldiea
^ Der norddentsohe Leser hat sich su vergegenwärtigen» dab in
Süddeutschland die Bezeichnung der Klassen nicht bei der obenten,
sondern bei der untersten mit I beginnt.
187
Gttimdlieitsstönmgeii der Jugend durch ihre Einrichtungen zu-
vorzukommen. Wenn Rektor Weitzel uns nun diejenigen der
Dfauer höheren Mädchenschule vorführt, so wird man sagen müssen,
dab hier geschehen ist, was von einer sorgsamen Verwaltung nur
geleistet werden kann rücksichtlich des Spielplatzes, des Gebäudes,
der Gewährung des nötigen Luftraumes, der Heizung, der Reinheit
der Luft von Staub und Kohlensäure u. s. w. In letzterer Be-
aehung ist dieÄufserung bemerkenswert: ,»Das Beste ist nach unserer
Ansicht, nach jeder Stunde auf einige Minuten die Fenster zu
Mben." An psychrometrischen Untersuchungen und Luftprflfnngen
hat es nicht gefdilt. Yon Schulgeräten sind Subseliien nach
KuNZEschem System in neun Gröfsen gewählt. Al^ährlich werden
die Schülerinnen gemessen und bei einem Wachstum von je 8 cm
in eine höhere Pultordnung verwiesen; auch hierüber finden sich
Tabellen geführt.
In Rücksicht auf die Körperhaltung ist die Frage, ob
Kurrentschrift, ob Steilschrift, berührt, aber nicht zur £nt-
aeheidui^ gebracht.
Die Behütuug der gesunden Schülerinnen vor Ansteckung durch
MitBchülerinnen, in deren Häusern ansteckende Krankheiten aus-
gebrochen sind, erscheint nicht auCser acht gelassen.
Auch auf die innere Schul Verfassung, sofern sie den
Forderungen der Gesundheitspflege gerecht zu werden hat, ist endlich
noch ein Blick geworfen, auf die Unterrichtszeit, die freien Nach-
nittage (3), die Pausen, die häusliche Arbeitszeit; in allem ist das
verständige Malshalten anzuerkennen.
Von den Unterrichtsgegenständen werden das Turnen und
die Gesundheitslehre als in gesundheitlicher Beziehung heilsam
wirkend erwähnt. Besonnen vnrd über die letztere geurteilt:
»Wir haben auch in diesem Unterricht stets vieles erreicht, aber
danadi den gröfseren oder geringeren Einflufa auf ein yemünfüges
qiiteres Leben zu ermessen, möchte sehr gewagt sein."
Nach seinem Gesamtinhalt ist der Au&atz von Wbctzbl allen
den Kollegen angelegentlich zu empfehlen, die den Forderungen der
Gesundheitspflege gleich emsüich nachkommen woUen.
Direktor der Cädlienschule Kabl Wöbcken in Oldenburg.
H. Chb. NtJSSBAUM, Architekt und Privatdocent an der technischen
Hochschule in Hannover. OSnstigste Lage der Seholriiuier.
Separatabdmck aus dem „Qtsimdheitsmgmieur*' ^ 1894, No. 16.
München, 1894. R. Oldenburg. (4 S. 4^)
Die Frage, nach welcher Himmelsrichtung hin Schubämmer mit
flurer Fensterfnmt am besten angelegt werden sollen, ist dermalen
188
ato noch nicht gelöst za betrachten, sondern steht seitens der Lehrer-
schaft nnd der Scholhygieniker in lebhafter Diskussion. VoUatändig
diametrale Ansichten — Nordlage oder Sfldlage — befcftaipfen sieh
gegenseitig mid werdea dadurch wohl nach nnd nach eine Kiäning
der Angelegenheit herbeiführen.
Leider kommt der ausführende Architekt, wie ich ans eigener
Erfahrung weifs, nicht allzuhänfig in die Lage, dieser Frage seine
besondere Aufmerksamkeit schenken zn können, denn gewökiiUek
sind der Bauplatz und die Hauptfront gegeben, meist anch die Ans*
vMibe des Platzes und noch hitofiger die Mittel zur Ausftlhnnig des
Baues beschränkt, so dals in Bezug auf die Situierung der Schulzimmer
nur ein geringer Spielraum bleibt.
Womöglich befolgt der Bauleiter indes die alte, you Tedunkem
wohl allgemein als richtig anerkannte Regel, yon Lehrrimmem die
Sonnenlage auszuschliefsen. Ich spreche wi^er aus eigener £r&fanuig,
und zwar als Lehrer, wenn ich behaupte, dafs fttr Schulzimmer,
namentlich aber für ZeichensAle, direktes Sonnenlicht unbedingt
sch&dlich ist, da es die Augen der Schüler blendet, überhaupt ein
unruhiges, ungleichmäfsiges Licht im Räume Terbreitet. Werden
aber die Sonnenstrahlen durch Fenstervorhfinge abgehalten, so genügt
das im Lehrzimmer herrschende Licht, namentlich in den entfernt
von der Fensterwand liegenden Partien, nicht zum Zeichnen,
Schreiben und Lesen und wirkt daher augenverderbend.
Das Schulzimmer soll also eine solche Lage erhalten, dafe
direkte Sonnenstrahlen in dasselbe entweder überhaupt nicht oder
nur ganz kurze Zeit, dann aber womöglich nicht während der
üblichen Unterrichtszeit eindringen können. Um aber trotz einer
solchen Lage die Klasse genügend hell zu erhalten, vergrölsere man
die Fenster, ordne sie bis knapp unter die im Verhältnis zur Tiefe
des Raumes genügend hochgelegene Decke an und wähle die Trakt-
tiefe überhaupt nicht bedeutend. Eine jeder Jahreszeit entsprechende
Erwärmung, sowie gehörige Lüftung und Trockenheit der Lehr-
zimmer läikt sich mit den heatigen Mitteln der Technik ohne
besonders grofisen Kostenaufwand leicht erreichen, und man ist dies-
bezüglich nicht auf den günstigen EinfluCs der Sonnenstrahlen an-
gewiesen.
Diese eben ausgesprochene Ansicht vertritt nahezu völlig gleich-
artig Docent H. Ghb. Nussbaitm in einer im ^Q^mndkeitsmffmiemr* y
1894, No. 16, erschienenen Abhandlung. Derselbe knüpft an eine
fftr den Bürgerausschuls zu Freiburg i. Br. bestimmte Vortage an,
welche Grundsätze für die Lage der Schnlzimmer aufstellt, deren
Begründung er als nicht zutreffend bezeichnet Insbesondere bekämpft
er die in der erwähnten Eingabe enthaltene Forderung, dab während
189
4er Viiterrichtsstiinden nicht nur die licbtgebende Fläche, sondem
der Eanm selbst von der onnittelbaren Bonnenstrahlong getroffen
werden soll, „weil viele Kinder gezwungen seien, ihr Leben in
dumpfen Gassen au yerbringen und ihnen daher in den Schulzimmern
ein sonniger Aufenthalt geboten werden müsse'^. Die Wohlthat
der Besonnung der Jugend kann doch wohl nicht im Schulzimmer
erreicfat werden; für diesen Zweck sind Spiel- und Tumpl&tze yor-
handen, welche nur ausgiebig benutzt werden sollen, wie nicht
ninder möglichst oftmalige Exkursionen ins Freie sehr empfohlen werden
aoAssen. Gewisse Vorteile, welche die Sfldlage bietet, werden ebenso,
wie manche Nachteile der Nordlage, anerkannt. Gleichwohl muls
totzterw, da sich die M&ngel derselben durch die Art der AusfQhmng
und Einrichtung der Schulgebftude völlig beheben lassen, der Vorzug
gegeben werden.
Professor Karl A. Romstobfeb,
Architekt in Gzemowitz.
Ebnst S. Reynolds, M. D. Lond. Primer of Hy^ene. 50
woodcuts. London, 1894. Macmillan and Co. (176 S. 8^ Sh. 1.)
Der Zweck des Buches ist, Schulkinder und überhaupt solche,
welche keine oder sehr geringe Kenntnis der Hygiene besitzen, mit
den widiügsten Sätzen derselben vertraut zu machen. Es werden
daher die grofsen und kleinen Faradten des Menschen, Lufk, Wasser
NabiUDg, persönliche Gesundheitspflege, Hygiene der Wohnung und
Verhütung der Infektionskrankheiten nacheinander behandelt.
Die Sprache ist einfach und dem kindlichen Begriffsvennögen
angepalst; am Schlufee eines jeden Kapitels finden sieh eine Reihe
fon Fragen. In dieser Beziehung erinnert die kleine Schrift an den
Kakehismus der Q^esundheüslehre von Tbzoska. Die Aufgabe, die
sie sich gestellt hat, erfüllt dieselbe.
Professor Dr. med. L. Ingebuann in New York.
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5|-
»1
L.W _^,
l_
• ••
'••
• •• •
• ••
• •••
Vin, Jahrgang. 1895. No. 4
<i^rti|tiialabl^anbtttti9ett.
Die Steilschrift wfthrend der letsten Anf Jahre.
Von
Dr. med. Paul Schubert,
Augenarzt in Nürnberg.
(Mit «iBcr Tafel.)
(Fortsetzung und Sohlufs.)
Weitaus die umfangreiohsten Messungen sind die in
Mflnohen an 5948 Kindern der 1. bis 4. Klasse vorgenommenen.
Sb&0SL hat daraus die bemerkenswerte Erkenntnis geschöpft,
dab die Körperhaltung im allgemeinen im Laufe der vier ersten
Schuljahre sich bessert, vorwiegend dadurch, dals die gerade
Sohulterhaltung häufiger wird, was er in der Kräftigung:
des Körpers und in der grölseren Schreibübung begründet
glauht.
Die Zunahme gerader Kopf- und Schulterhaltung ist aus
der umstehenden nach Seggels Zahlen angelegten Tabelle 5 er-
siohtlioh.
Die Gesamthaltung zeigt gleichfalls ansteigende Besse-
nmg bei Steil- und Schrägschrift. Sie findet sich bei Seggel
nicht nach Schuljahren, sondern nach den drei Untersuchungs-
jähren geordnet, was jedoch nahezu auf dasselbe hinauskommt,
da im ersten Jahre nur 1. und 2. Klassen, im zweiten Jahre
8€k«lcwuidh«IUpfl«ge VUI. 13
t\
194
Tabelle 5.
Gerade Kopf- und Schnlterhaltung,
nach Schu^ahren geordnet.
Kopfhaltung
absolut gerade relativ gerade
absolut gerade relativ gerade
b«1
Schrtg-
■ohrift
2,2%
3,7,
*,7,
bei
BteU-
■ehrift
21,57o
31,2 n
40.0 „
38,3,
• bei
Schrtff-
■ebrlft
Schulterhaltung^
bei
Btell-
■ehrift
8,8»/^
16,6 „
17.6 „
20,8 „
26,9*/o
80,9 „
86,8,
88,2»
M
Sehrlg-
Mhitft
13,17o
19,3«
27,7«
27,9,
bei
Stell-
Mhrift
60,8V#
65.1 «
68,0 „
72,U
Sehrlf-
•ohrlft
46^A
62,4«
58.6,
61.2 „
1., 2. und 3. Klassen, im dritten Jahre nur 4. Klassen unter-
sucht wurden:
Tabelle 6.
Gerade Kopfhaltung in Verbindung mit gerader Schulter-
haltung.
bei Steilschrift bei Schrägschrift
Im 1. Untersuchungsjahr 16,6 Vo. im 1. Untersuchungsjahr 4.0 Vo
2.
3.
24.7 „
29,6 ^
2.
3.
12,4
14,2
Obgleich also die gute Gesamthaltung bei Schrfigschrift
sich im 4. Schuljahre gegen den Anfang um das Dreifache
gebessert hat, erreicht sie noch nicht ganz die Höhe, mit
welcher die Steilschreiber in die ersten Schuljahre eingetreten
sind, und wird noch im 4. Schuljahre um mehr als das
Doppelte übertroffen.
Nur eine Ausnahme von der klassen weisen Besserung
der Körperhaltung konnte Seggel feststellen, und gerade diese
Ausnahme ist überaus lehrreich. Es zeigte sich nämlich, dafs
die Linksneigung des Kopfes bei der Schrägschrift mit den
Schuljahren nicht ab-, sondern zunimmt und nur bei der
^ Aus den absoluten Zahlen der Tabelle la des Miinohener Be-
richtes berechnet.
J
195
Steileehrift sich gleiohmftlBig mit der übrigen Körperhaltung
beesert. Seqgel sagt auf Seite 14: „Die (bei Sohrftgsohrift)
80 häufige und mit dem Alter der Schüler sogar etwas zu-
nehmende Linksneigung des Kopfes muCs eine bestimmte
Ursache haben. Man wird hierbei zu der Anschauung
Schuberts gedrängt, nach welcher das Auge des Schreibenden
der Zeile folgt und hierbei durch das WuND-LAMANSKTsche
Gesetz in seiner Bichtung bestimmt wird.^ und weiter &hrt
er auf Seite 18 fort: „Bei An&ngem im Schreiben folgt
allerdings das Auge nicht der Zeile, der kleine ABO -Schütze
beschäftigt sich noch zu sehr mit den einzelnen Buchstaben,
fafst deshalb den Ansatzpunkt des Grundstriches sowohl als
den des Haarstriches auf der vorgezeichneten Liniatur jedes-
mal ins Auge und folgt dem Zuge des Striches mit dem Blicke.
Hat aber der Schüler einmal einige Übung erlangt ^ so wird
sieher zunächst dem Worte und dann der Zeile die vorher
den einzelnen Buchstaben gewidmete Aufmerksamkeit zuge-
wendet. Der Beweis hierfür würde erbracht werden
können, wenn Linksneigung des Kopfes bei Schräg-
schrift prozentuarisch von der 1. zur 4. Klasse zu-,
bei Steilschrift abnimmt und die Rechtsneigung
des Kopfes sich umgekehrt verhält. Dies ist aber
in der That der Fall, denn nach Tabelle 3 erhielt ich:
Linksneigung d. Kopfes Eechtsneigang d. Kopfes
b«l bei b«l bei
Stellschrift Sohrtgsehrift StelUehrlft Sobrlgichrlft
1891 in den 1. u. 2. Klassen 31,8 Vo, 29,87o, 10,8 7o, 10,07«
1892 „ 1., 2. u. 3. Klassen 28,8 „ 35,4 „ 13,7 „ 8,7 „
1898 in der 4. Klasse .... 23,6 „ 37,8 „ 19,0 „ 8,6 „ *"
Die Abweichungen von Kopf und Schulter nach links
oder rechts, die man als asymmetrische Körperhaltungen zu-
sammenfassen kann, gefährden yorzugsweise die Wirbelsäule.
Neben der Seitwärtsneigung kommt noch die Vor-
beugung des Kopfes und Rumpfes in Betracht, welche in
Kürzung des Abstandes zwischen Auge und Schrift zum
ziffemmäiisigen Ausdruck kommt und bei Entstehung der
Kurzsichtigkeit eine wichtige Rolle spielt. Während der
13*
196
theoietiflohen Yorberatung über die Steilschrift im vorigen
Jahrzehnt war von diesem kurzweg -als Arbeitsabstand zu
bezeichnenden Mab nnr insofern die Bede, als es bei Rechts-
lagen häufig für die beiden Augen des Schreibenden yerschieden
ist. Ein Einfiuls der geraden oder schrägen Mittenlage auf die
Gröfse des Abstandes beider Augen von der Schrift wurde rem
theoretischen Standpunkt meines Wissens von niemandem be-
hauptet und kam nur insofern in Betracht, als bei starker
Linksneigung des Kopfes die strafiFe Haltung schneller verloren
geht und damit sekundär eine Näherung der Stirn an das Heft
erfolgen kann. Man durfte daher gespannt sein, was die
Erfahrung in den Steilschriftklassen in dieser Hinsicht lehron
würde.
Matebs Untersuchungen in Fürth zeigten ein schwankendes
Verhalten. Im ersten und zweiten Kurs war der Arbeits-
abstand bei der Steilschrift um eine Kleinigkeit, dafür aber
im 3. Kurs bei der Schrägschrift nicht unerheblich beseer.
Die Messungen erstreckten sich aber nur auf 374 Kinder.
Bei den Nürnberger Untersuchungen, welche 1408 Kinder
umfaisten, zeigte sich bei Gruppierung der Klassen mit ver-
schiedener Schriftrichtung nach gleichen Schulbänken und naeh
gleicher Helligkeit des Schulzimmers, dals in jedem dieser Fälle
der Arbeitsabstand bei Steilschrift wesentlich gröfser, als bei
Schrägschrift war.
SsaGEL hat diesen Abstand nahezu 6000 mal gemessen
und folgende Zahlenreihen gefunden. Es betrug der Arbeits-
abstand in Centimetem:
Tabelle 7.
u • ax -1 u -A. u • a 1. '*^^\. -Ä DifFerenz su Gunsten
bei Steilschnft bei SohragBchnft der Steüschrift
1. Schuiyahr 24,6 19,2 6,4
2. „ 28,6 24,4 4,2
3. „ 30,1 27,9 2,2
4 „ 30,1 27,1 3,0
Die Züricher Kommission fand einen, wenn auch nicht
sehr erheblich besseren durchschnittlichen Arbeitsabstand für
197
Sleilsebrift, fttgt aber die Bemerkung hinzu, AsSb in dieser
BeBiebnng die Sohreibdisoiplin von grösserer Wichtigkeit sei,
als die fieftlage und Schrifbriohtnng.
Ein gewisser, wenn anoh nicht sehr durchgreifender ESnfiuls
der geraden Mittenlage auf den Arbeitsabetand scheint demnach
Toriwnden zu sein, doch ruht die hygienische Bedeutung der
Sfeiilsohrift, wie dies you Anbeginn immer betont wurde,
TOTsugsweise in der Minderung der asymmetrischen Schreib-
haltung, ist also vorzugsweise auf orthopädischem und erst in
zweiter Linie auf augen&rztlichem Gebiete zu suchen.
Die zahlreichen Unterfiragen, welche in den genannten
Öutachten und Berichten über die Körperhaltung der Kinder
in den KontroUklassen aufgeworfen und zum Teil zifEemmftlsig
beantwortet wurden, können hier nicht alle gewürdigt werden.
Zum Teil fordern sie ja wohl den Widerspruch heraus, wie
B. B. jene Forderung der Züricher Kommission, dafe die Steil-
sehrift eine neue Bankform mit vergrölserter Differenz brauche,
mit anderen Worten, eine Bank, bei welcher das Pult dem
Auge mehr als bisher genähert werde. In der Hauptsache
aber, dals die Kinder bei gerader Mittenlage eine geradere
und vor allem eine mehr symmetrische Haltung bewahren,
sind alle Outaehten und Messungen einig. Die Mttnchener
Kommission hat die Einhelligkeit der Ergebnisse so über-
zeugend auf sich wirken lassen, dafs sie die Untersuchungen
über die Körperhaltung beim Sehreiben für abgeschlossen er-
klärt und nicht fortzusetzen gedenkt.
Den baymsehen Untersuchungen über Steilschrift wurde die
Aufgabe gestellt, nicht nur dem unmittelbaren Einflufs auf die
Sdneibhaltung, sondern auch dem weitergehenden auf Yer-
hfitang von Wirbelsäulenverkrümmung und Kurzsichtigkeit
naekzuibzsohen. Es sind daher in München und Nürnberg seit
1890 alle den senkrecht- und schrägschreibenden Kontroll*
klassen angehörenden E[inder in jedem Schuljahr einmal von
Chirurgen und Augenärzten untersucht worden, und dies soll
bis zum 7. Schuljahre fortgesetzt werden.
Eine Statistik der Veränderungen, welche mit Auge und
198
Wirbelsäule an ein und derselben Generation während des
Besuches der Volksschule vor sich gehen, ist an sich eine
dankbare Aufgabe, denn trotz der überwältigend zahlreichen
Myopieuntersuchungen sind solche fortlaufenden Beobachtungen
derselben Kinder noch nicht in genügender Zahl vorhanden
und fehlen für die Bückgratsverkrümmungen noch vollständig.
Nur mufs dagegen Verwahrung eingelegt werden, das Er-
gebnis als einen Malsstab für Wert oder Unwert der Steil-
schrift anzusehen. Welche schwerwiegenden Bedenken dem
entgegenstehen, hat Mayeb^^ schon beim Beginn der Unter-
suchungen mit aller wünschenswerten Klarheit ausgesprochen.
Weder ist die Schrägschrift die einzige Ursache von Sohief-
wuchs und Kurzsichtigkeit, noch beschränkt sich andererseits
ihr Eiinfluls auf Wirbelsäule und Auge. Die Besorgnis er-
regenden Verdrehungen und Krümmungen der Kinder, welche
noch immer in allen Kulturstaaten die Schreibthätigkeit in
Schule und Haus begleiten, bilden, auch abgesehen von jenen
beiden Organen, einen schweren hygienischen Mifsstand, welcher
während der 5000 — 6000 Schreibstunden, die man dem Unter-
richtsgang der Volksschule nachrechnet, zweifellos die Oi^ane
der Brust- und Bauchhöhle unter ungünstige Arbeits-
bedingungen setzt, wenn sich dies auch nicht mit Zollstab
und Tabelle nachweisen läJst. Für die Wirbelsäule ist die
Bhachitis als fibiuptquelle aller hochgradigen und vieler
geringeren Verkrümmungen nachweisbar, daneben darf aller-
dings, wie insbesondere Schenk gezeigt hat, eine gewohnheiis-
gemälse und stets in gleichem Sinne eingenommene schlechte
Schreibhaltung als Ursache vieler statischer Skoliosen an-
gesehen werden. In Bezug auf die Kurzsichtigkeit ist daran
zu erinnern, dals aus theoretischen Gründen nur stärkere
Belastung des rechten Auges (Anisometropie) der Schrägschrift
zur Last gelegt wurde, und auch dies nur für das Schreiben
mit Bechtswendung des Blickes, also für die Rechtslagen.
Dafs die Steilschrift gegen stärkere Annäherung der Augen
an die Arbeit nicht schützt, wurde schon gesagt. Sollte es
sich gleichwohl zeigen, dafs, wie es nach den genannten
199
Hessimgen den AnBohein hat, der seukrechten Schreibweiae
ein günstiger EinfloiB auf die Vergröberang des Arbeits-
äbstandes innewohnt, so würde ihr auch innerhalb dieser
Ghrenzen eine vorbeugende Wirkung auf die Entstehung der
Eorzsiohtigkeit zugesprochen werden müssen. Ob freilich
diese Wirkuog in einer bestimmten UntersuchuDgsreihe
statistisch zum Ausdruck kommt, hängt so sehr von der Mit-
wirkung der zahbeichen anderen Myopie erzeugenden Faktoren
ab, dads sich bestimmte Erwartungen nicht aussprechen und
aoB dem Untersuchungsergebnis zwingende Bückschlflsse weder
im positiven noch im negativen Sinne ziehen lassen. Findet
sich bei den steilschreibenden Kindern keine Minderung der
Myopie im Vergleich zu den schrftgschreibenden Altersgenossen,
80 kann gleichwohl die senkrechte Schreibweise auf die Ent-
stehung der Kurzsichtigkeit hindernd eingewirkt haben, aber
von anderen Einflüsseo, wie erbliche Belastung, dunkle Schul-
zimmer, schlechte Bänke, mangelhafte Beleuchtung beim An-
fertigen der Hausaufgaben, äugen verderbliche Nebenbeschäftigung
im Eltemhause, überboten worden sein. Zeigen andererseits
die Steilschreiber günstigere Myopieprozente, so wäre es sehr
gewagt, diesen Gewinn ohne weiteres der Steilschrift gut-
zuschreiben. Nur sehr grofse Zahlenreihen vermögen hierüber
in Zukunft vielleicht einigen AufschluTs zu geben.
Die Münchener Augenuntersuchung erstreckte sich auf
7158 Schüler und wurde von den Herren SsaaEL und Oelleb
vorgenommen. Sie ergab ein deutliches Überwiegen der Kurz-
flichtigkeit in den Schrägschriftklassen. Der Prozentsatz betrug:
Tabelle 8.
bei Steilschrift
bei Schrägschrift
Im 1. Schuljahr
2.7
2,9
w *• n
8,8
5.5
1» 3. „
6,9
9,0
n 4. „
8,8
14,8
Die Erwägungen und die Zahlengruppierung, mit welchen
•ioh Sbooel im III. Münchener Bericht vor Trugschlüssen
SU schützen sucht, möge man daselbst nachlesen.
200
Die Nürnberger üntersucihuBgen Ifissen einen wesentUolien
Untereeliied zwischen beiden Gmppen nicht hervortreten.
Da die Befunde noch nicht veröffentlicht sind, so eei die
Tabelle nebenstehend angefügt:
Es dürfte znnächst auffallen, dafe die Prozente der Kux^
sichtigkeit im allgemeinen in Nürnberg erheblich kleiner sind,
als in München. Das rührt davon her, daÜB dort, um alle
nieht zur Steilschriftfrage gehörenden Einflüsse thunlichst aua-
zuechalten, sämtliche Kinder mit angeborener oder erworbener
Sohwachsichtigkeit, z. B. die mit Homhautflecken und Astig-
matismus behafteten, von der Untersuchung ausgeschlossen
und damit eine groise Anzahl von Kurzsichtigen auCaer Rech-
nung gelassen wurden. Femer war man hier genötigt, aulaer
den Gruppen mit reiner Steilschrift und reiner Sohrfigsohrift
eine dritte Abteilung für jene Kinder zu bilden, welche im
Laufe der Schulzeit abwechselnd bald in Steilschrift-, bald in
Sehrfigschriftklassen unterrichtet worden waren. Diese Kinder
kommen in der 1. Klasse nicht vor, hingegen besuchte eine
Anzahl von ihnen die 5. Klasse, so dals die vier Jahrginge
dieser Omppe sich auf das 2. bis 5. Schuljahr erstrecken.
Wenn man einen Unterschied aus den Nürnberger Unter-
suchungen entnehmen will, so ist er nicht zwischen Steil- und
Schrägschreibem, sondern zwischen diesen und den Eondem
mit wechselnder Schreibtechnik, und zwar zu Ungunsten der
letzteren zu finden. In der That befinden sich diese Eänder,
die in zartem Alter von einer Schreibart zur anderen übw-
gehen müssen und daher in keiner heimisch werden, unter
ungünstigen Bedingungen und weisen nicht selten schlechte
Schriften und schlechte Haltung auf.
Die Nürnberger Schiefwuchsuntersuchungen sind aus
besonderen hier nicht näher zu bezeichnenden Gründen zwar
alljährlich an allen Schülern der Kontrollklassen vorgenommen,
aber bisher noch nicht zusammengestellt und bekannt gegeben
worden.
In München ist auch dieser Teil der Untersuchungen sa
Gunsten der Steilschrift ausgefallen, insofern die Steilschrift-
201
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202
klassen 24 Vo, die Sobrägsohriftklassen aber 34 Vo Skolioaen
anfvreisen.
Mit wie groJaer Vorsicht man auch die Beziehungen der
Steilschrift zu Kurzsichtigkeit und Sohiefwnchs beurteilen mag,
über die Schreibhaltung haben die Schulversuche der
letzten fünf Jahre folgendes mit Sicherheit gelehrt:
1. in theoretischer Hinsicht,
dafs durch schräge Zeilentührung ein
Zug auf Kopf und Schulter in der Rich-
tung nach links und unten ausgeübt wird;
2. in praktischer Hinsicht,
a. dafs das Schreiben bei gerader Mittenlage
des Heftes in der Schule irgend welcher
Schwierigkeit nicht begegnet,
b. dafs durch diese Heftlage die schiefe
Schreibhaltung sowohl der Häufigkeit, als
dem Grade nach wesentlich vermindert wird.
Die Steilschrift hat also ihre Probe bestanden. Saohe
der Behörden wird es nun sein, auf diese Prüfungsergebniase
nicht mit einem zaudernden
„Ja, — aberl'^,
sondern mit einem thatkräftigen
„Ja, — also!**
zu antworten.
seit 1890.'
I. Pädagogische Litteratur.
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Letebueh f. österr. aUgem. Volksschulen. Von Dr. Kabl KüMMer. Steil-
aohrift von Eman. Bayb. Wien, 1892, k. k. Schulbticherverlag. Preis
Kr. 25.
208
Lesdmeh /. österr. aUgem. Volkaschulm, Von Vogl und Branet. Steil-
scbrift von Eman. Batr. Wien, 1892, k. k. Schulbücherrerlag. Preis
Kr. 20.
St^eiblesefibel f, d. österr, aUgem, Volksschule. Von Joseph Heimbioh.
Ausgabe für Steilschrift. Wien und Prag, 1891, F. Tempsky. Preis
£r. 26.
Schreiblesefibel f. Volksschiden. Von J. M. Sohustbr. Felixdori^ Nied.
Österr., 1891, Selbstverlag. Preis Kr. 40.
Fibel Von G. Sghlimbach. Ausgabe B für Steilscbrift von A. Wuh-
deruch. Gotha, 1893, Thienemann.
Erstes Schulbuch. Von Schulze und Gigobl. Ausgabe B für Steilschrift.
Gotha, 1893, Thienemann.
Deutsche Fibel. Von J. Dorn. Steilschrift von H. Zische. Breslau,
1892, Franz Görlich.
Sehreiblesefibel. Von C. Metbr. Steilschrift von Thormählbn. Ham-
burg, 1898, Berendsohn. Preis Mk. 0,60.
Steilschriftfibel. Von Ludwig Waoner. Oldenburg, 1893, Schulze.
Föc6tnica za pucke hkole u Hruaiskqj i Slavon^i. Agram, 1893.
Magyar Ä-B-C. Dr. Gööz. Budapest, 1893, Lampel.
La lecture enseigrUe par Vicriture. Par Javal. Paris, Aleide Picard et
Kaan.
y. Sohreibschuleii und Hefte mit Yordruck,
sowie Alphabete für senkrechte Sehrift
Schar ffs Schreibschule. Je 6 Hefte fiir deutsche und lateinische Scbrift.
Flensburg, Huwaldsche Buchhandlung. Preis des Heftes Mk. 0,15.
J. Katjff, Die gerade Schrift bei gerader Körperhaltung. Malmedy
(Bheinpreulsen), Selbstverlag.
C. Adlers Schreibhefte f. Steilschrift. 12 Hefte. Hamburg, Adler, Grofse
fieichenstr. 15.
Nürnberger Vorlagen u. Begdn f. Steilschrift. Entworfen von der Steil-
schriftkommission des Vereins f. Öffentl. Gesundheitspflege zu Nürnberg.
Papierhandlung Schmidt, vordere Insel Schutt. Preis Mk. 0,10.
£. Hertel, Steilschriftalp?Mbet. Berlin, Elsasserstr. 14a, Franz Otto.
Eoths Steilschrifthefte. Giessen, Emil Roth. Ausgabe B. Mit Vor-
schrift;en in senkrechter Schrift, je 7 Hefte für deutsche und lateinieohe
Schrift.
KooH, Die Steilschrift. Kaiserslautem, Aug. Gotthold. Preis Mk. 1.
(Liniatur augenverderblich I)
BvoKEBT, Lernhefte füir deutsche Steilschrift. Würzbnrg, Standing«»
Buchhandlung.
ThobmIlbv, Frl., Deutsches und latein. Alphabet. Hamburg, SelbstverUig.
209
WiiSMAinr, Bentscke und latem. Alphabete. Winterthar, Selbstverlag.
Bäte, Emav., ÜbungshefU f, d. SteOachrift Je 6 Heae für deutsche u.
Utein. Solirift. Wien, Pichlers Wittwe u. Sohn.
BiTB, Ekah., Schriftformmi f. d, deutsehe u, laiein, SteiUehrift. Wien,
1894, k. k. Schulbuohenrerlag. Preis Er. 25.
HiOKiL, Schar ff 8 SchuU für die österr, aUgem. Volksschule. 6 Hefte für
denteohe Schrift. Wien und Prag, Tempsky. Preis Er. 10 für das
Heft
JiOBB, Lehrgang der Steüsehrift Wien bei Msnz und Leipzig • Berlin
bei Klinkhardt. Preis Mk. 3. (Ein für Steilsohrift unzweckmftfsiges
Format yon 30 cm Länge u. 14 cm Höhe.)
SoHWAiOHOFXB, ^eOschriftoorlagen, Wien, Pichlers Witwe u. Sohn.
12 Blatt. Preis Er. 40. (Ähnliches Format wie bei JIgbb: 23 cm
breit n. 13 cm hoch.)
AvBEos, Übungshefte fitr senkrechte Schrift Wien, Pichlers Witwe u.
Sokn.
VuDA, Allo-irae. Budapest, Lampel. In ungarischer und deutscher
Sprache. Preis Er. 40. (Langes Format: 24 cm lang. 15 cm hoch.)
Beform-irka. Budapest, Joseph Bigler. 4 Hefte.
Modsgeres Mintak az dUo ir aehog, Budapest, Joseph Bigler. 10 Blätter
in Ungar. Sprache.
Steiiskrift. Thobsek og Wano. Eristiania, Halvorsen k Larsen. 5 Hefte.
DAiriELeav, Lodrette Skrift Eopenhagen, N. C. Boms Verlag.
SranoiB, Loviai, Lodret Skrift Eopenhagen, Bielefeldts Yerlag.
Josnr, Lodret Hurtigskrift. Eopenhagen, Jacob Erslevs Verlag.
FeavobS, Pisanka, (Hefte.)
FeahobS, Normalalfabet. (Blätter.) Beides in deutscher Sprache (deutsche
und latehiiBohe Schrift), in ungarischer, tschechischer, kroatischer u.
serbisaher Sprache u. Sdirift (cirilische Schrift.) Agram.
Jaoesoks Syslam of upright penmanship. London, Sampson Low. 22 Hefte.
IMs Pence 2.
8«ko]ftMi]idiMitspfl«ff« vni. 14
210
Eine Ferienfafswandemng mit Schftlem an den Bhein.
Von
FHiiiiPP Zimmermann,
städtisohem Lehrer in Frankfdrt a/M.
Habe ich früher aus gesundheitlichen Rücksichten fär
meine Schüler und aus der Notwendigkeit, den abstrakten Unter-
richt durch die sinnliche Anschauung zu ergänzen, häufig Tages-
touren mit meiner Klasse unternommen,^ so wagte ich in
den letzten Herbstferien zum erstenmal eine Fuisreise durch
das Gebirge an den Rhein, die mehrere Tage dauerte. Die
Erfahrungen, welche ich dabei gemacht, sind die denkbar
günstigsten und erstrecken sich sowohl auf den Unterricht,
als auch ganz besonders auf Gefühls* und Willensbildung der
Schüler.
Nachdem mir einige wohlhabende Frankfurter Bürger und
Freunde der Jugend in dankenswerter Weise die Mittel zur
Verfügung gestellt hatten, konnte ich mit meiner kleinen
Schar, den 16 bravsten und fleifsigsten, dabei unbemittelten
Schülern meiner Klasse, in der ersten Woche der Herbstferien
ausrücken. Der Rhein war das Endziel unserer Fufsreise, die
vorerst durch das Taunusgebirge ging. Welch eine Freude,
welch ein Jubeil Mit der Eisenbahn fuhren wir nach Wies-
baden. Das war der Ausgangspunkt unserer Wanderfahrt.
Wir besichtigten die Parkanlagen und den weltberühmten
Kochbrunnen. Diese Augen der Verwunderung, als wir vor
dem heifsen, qualmenden Sprudel standen, der hier freigebig
der leidenden Menschheit seine heilkräftigen Wasser spendet!
Es ging weiter das herrliche Nerothal entlang auf den Schläfers-
kopf (460 m). Hier wurden wir für die Mühen des Aufstieges
> Vergl. diese Zeitschrift 1891, No. 10, S. 627—630.
211
reiohlioli belohnt mit einem prftohtigen Ausblick auf den Rhein,
Wiesbaden, Biebrioh, Mainz und Oppenheim, wo das Silber-
band des Rheinstroms in dem Nebel der Feme zu yersoh winden
schien. ESs geht weiter zur Hohen Wurzel (618 m), und der
Rundblick wird durch den breiten Rücken des Donnersberg,
sowie die Höhen des Hundsrück und der Eifel noch vermehrt.
Ich mufs hier eines herrlichen Augenblickes, eines warmen
Sonnenstrahles für ein Lehrerherz, gedenken: Als wir auf
unserem Wege nach diesen beiden Höhepunkten durch einen
prftohtigen Buchenbestand schritten, das grüne Blätterdach über
uns, die Baumriesen um uns und dicht daneben den murmelnden
Baoh im tiefen Thal, da fing halblaut ein Junge an, fOr sich
Torzutragen:
„Horch, wie es in den Wipfeln rauscht!
Horch, wie's im stillen Thale lanscht!
Dir schlägt das Herz, da merkst es bald,
Der liebe Gott wohnt auch im Wald.
Dein Auge zwar kann ihn nicht sehen,
Doch fühlst du seines Odems Wehen. ^
Und bald trug die ganze Schar im Chor die zweite Strophe
der Eferschen Dichtung „Wo wohnt der liebe Gott?" mit
offenbar tiefem Verständnis und Empfinden yor. In Langen-
Schwalbach, einem in reizender Thalmulde des nördlichen
Taunus gelegenen, yillenreichen Badestädtchen, übernachteten
wir, und der nächste Morgen fand uns bereits um 7 ühr
marschbereit zur Fortsetzung unserer Reise.
Der zweite Tag brachte uns in das arme Oebirgsthal der
Wisper, eines kleinen Nebenflusses des Rheins. Eröffnete sich
gestern unseren Blicken von den Höhen des vorderen Taunus
eine weite Landschaft voll von Städten und Dörfern, welche die
Mutter Natur mit allen Gütern dieser Erde — Wald, Wiese,
Wasser, Wein, Weizen — fast verschwenderisch bedacht hat,
so hatten wir heute eine Gebirgslandschaft vor uns, die an
Gaben der Natur und Erträgnissen des Bodens ebenso arm,
wie sie an Naturschönheiten reich und üppig ausgestattet ist.
Trafen wir doch auf einer Wegstrecke von nahezu 7 Stunden
14*
212
doroh daa Wiaperthal aA&er einigen kleineren Mfthlmflhlen
nur ein einziges armes Gebirgsdl^rfdbien, Grerolstein, am Fuiae
der Ruine Gerolstein, wo ich für meine Jungen noch nicht
einmal ausreichende Milch bekommen konnte. Zu beiden
Seiten des Thaies nichts als Berge und Berge, die oft von
dem Thalgrunde bis au 400 m jah emporsteigen und nur
spHrlieh mit Wald bewachsen sind, und das Thal selbst an
manchen Stellen so eng, dals Bach und VerkehrastralSie sich
hart aneinanderdrängen. Oft erweitert sich das Thal, und
wir blicken in ein tannenumsänmtes Seitenthälchen mit saftigem,
iwimmt^eia Wiesengrttn. Weiter und weiter ging's d«m
Bbeine zu, ohne der Müdigkeit zu achten, die sich naeh
6 Stunden Marsches unangenehm fühlbar machte. Da grülat
endlich die Ruine Nollich von der Höhe, und Lorch, sowie
Vater Bhein, das ersehnte Ziel meiner kleinen Wanderer,
waren erreicht. Da standen wir vor ihm, dem Tielumstrittenen
Strome des lieben Vaterlandes, von Rebenhügeln und Burgen
umrahmt, „genau so, wie in unserem Lesebuche^, sagte ein
Junge. Da war keine Müdigkeit mehr wahrzunehmen, hell
leuchteten die Augen, Freude strahlte aus jedem Angeaioht.
„Der Rhein, der Rhein^, hörte ich immer wieder voll
Staunen und voll Rührung. — »Und wie breit er istl^ — •> Wi®
schnell er flieJsti^ — „Welch schönes Wasserl" — n^^^
drüben Häuser, ein Dorf, eine Stadtl" — „Ein Dampfisohiffl^
— „Noch einsl^ — „Dort drüben die Eisenbahn!^ In dem-
selben Augenblick saust dicht hinter unserem Rücken ein
Schnellzug mit zwei Lokomotiven rheinaufwärts an Lorch
vorüber, der jetzt aller Aufmerksamkeit auf sich zog. Da
gab's zu sehen und zu bewundem, zu fragen, zu besprechen,
zu denken.
„und ernst in all die Herrlichkeit
Die Borg hemiederschant
Und spricht von alter starker Zeit,
Die auf den Feb gebaut.^'
Nie werde ich den Eindruck vergessen, den der über-
rasdbiende Anblick des Rheins bei Lorch auf meine Schüler
213
gweht. Man nnxlB solche herrlichen Augenblicke mit erleben
nnd mit empfinden mit einem Herzen voll Liebe znr Jagend,
und man möchte mit Faust aosmfen: ^Verweile, Augenblick,
da biet ao schön 1*^ Die vorssOf^liche Au&ahme, die wir überall
fittden, und die idi wesentlich dem musterhaften Betragen
meiaer aohninoken Büisohchan acusofareibe, gestaltete die Abende-
siiAi an wahren festen. Lieder und Yaterländisehe Gedichte
folgten auieinaader nnd asogen oft zahlreiche Gtoste an.
Den dritten Tag gelangten wir zu dem neu errichteten
BMehsffdenkmale bei Caub. Wir schauten ihr lange ine
Angesicht, der derben volkstümlichen Heldengestalt, gedachten
der greisen Zeit des VölkerfrühliDgs im Jahre 1813, der
Dichtungen „Blücher am Rhein'' von Auausx Kopisch und
„Ein Wort von» alten Blücher'' von Hesekibl und besuchten
seine im Stile des vorigen Jahrhunderts erhaltene damalige
Wohnung im ersten Stock des Ghisthanses „Zur Stadt Mannheim'^.
Das Unglück der Stadt Oaub, sein Bergrutsch in den sieb^
ziger Jahren, gab Veranlassung, über Schieferlagerungen und
Formation der rheinischen Sehi^ergebirge za reden. Li Caub
Uafaen wir uns ttbonetzen und maisehierten auf dem linken
Bheinufer sfcromaxifwärts bis Bingen. Alldeutsohlands Ehren-
denhmal, die Germania auf dem Niederwald, war am dritten
Tage unser Reiseziel. Gegen 6 Uhr erreichten wir dasselbe.
Vom G-lanze der Abendsonne umfloesen, stand dieses einzige
Kunatwerk in seiner ganzen BiesMihaltigkeit ehrfuxohtgebietend
ver uiB. Es Ift&t sich wiederum nicht beschreiben^ welchen
Eindmok das Nationaldenkmal auf naiv empfindende Jungeu
macht, denen tief in der Brust die Liebe zum Yaterlaude und
dessen GköJse wurzelt. Links vor uns die allegorische Figur
de» Krieges, rechts die des Friedens, in der Mitte der Helden-
kaiser WHiHBLM* L mit seinen Paladinen und da unten der
RhsuistriMn, zu dessen tnnestem Hüter wir jeden deutsehen
Knaben ermehen sollen. Dazu kommt ein patriotischer Saagv
ein vaterlftndisehes Gtodicht, eine kurze von Herzen kommende
und zu Herzen gehende markige Ansprache, — xmd die Schüler
haben in 20 Minuten eine Lektion deutscher Geschichte und
214
eohter Vaterlandsliebe empfangen, der 10 andere Gesohichts-
stunden in dem Sohnlsaale nicht gleichkommen.
Am vierten und letzten Tage traten wir unseren Marsch
durch das wunderschöne Bheingau, die wein- und obstreichen
Orte Rüdesheim, Geisenheim, Winkel, Östrich und Hallgarton
an. Es war ein herrlicher Sonntagmorgen. Halbveischleiert
spiegelte sich die Sonne mit ihren Strahlen auf der Silberflftohe
des Rheins, tiefer Friede lag über der Natur; nur die Kirchen-
glocken riefen ringsum die Gläubigen zu andächtigem Gebete.
Ach, wie empfanden wir da die Wahrheit des Dichterwortes:
„Des Sonntag^ in der Morgenstund',
Wie waiidert*8 sich so schön
Am Rhein, wenn rings in weiter Rand'
Die Morgenglocken gehnl*' *
Der Besuch eines Höhenpunktes, der Hallgartor Zange,
mit einer wunderbaren Aussicht auf das ganze Rheingau von
Mainz bis Bingen bildeto den Schlufs unserer viertägigen
Wanderfahrt; das Ende des schönen Ausflugs war da. Von
Eltville fuhren wir am Abend mit der Eisenbahn nach Frank-
furt zurück, wo ich meine glückseligen Touriston untor lautom
Jubel ihren Eltom und Geschwistom gesund und wohlbehalton
wieder überliefern konnte.
Den Gewinn, den diese Exkursion fdr den Unterricht
gehabt hat, kann ich heute erst ermessen, nachdem ich sehe,
wie Heimatkunde und ganz speciell geographische Begriffe
und yaterländische Geschichte sich auf die unmittelbare An-
schauung gründen und kein leeres Wortgeklingel mehr sind,
wie diesbezügliche Dichtungen ganz anders empfunden werden,
als früher, und wie endlich die Liebe zum Vaterland, die An-
hänglichkeit an Kaiser und Reich durch solche Wanderfahrten«
geweckt und genährt werden. Und der kameradschaftliche
Sinn, das Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit und Zu-
sammengehörigkeit, die bei solchen Ausflügen in den Herzen
der Jugend erwachen, führen zu Tugenden hin, die in unserer
Zeit nicht hoch genug geschätzt werden können. Ja, ich
215
stelle den formalen Bildungswert soloher Klassenwanderungen
nooh höher, als den materialen, und lebe für mein Teil der
fekenfesten Überzeugung, dab mit ihrer grölseren Verbreitung
nicht allein ein gutes Stück Schulhygiene verwirklicht, sondern
aueh dem Vorwurfe, der Unterricht der modernen Schule sei
2n abstrakt und aussohlieislich Bücherweisheit, am erfolgreichsten
begegnet werden wird. Ich kann daher hier nur meinen herz*
liebsten Dank den Gebern, besonders einer Frankfurter
IVeimaurerloge, aussprechen, die meinen kleinen Touristen
und mir diese reinen Naturfreuden bereitet haben.
^UB DerfanttttUngen tttrb Vereinen.
Jahresbericht des Vereins ffir gfesimdheitsgemäbe
Endehnng der Jagend in Berlin.
Von
O. Janke,
städtischem Lehrer in Berlin.
(Schlufs.)
Zu den Sektionen des Vereins gehört :
2. die Schwimmsektion. (Leiter: Oberlehrer Dr.
Ebbsebitbb.) Im Dezember 1893 verband sich der Central-
anssohuls für Schulsohwimmen mit der zu bildenden
Sdiwimmabteilxmg unseres Vereins, da beide die gleichen
Ziele erstreben. Es wurden zunächst 6 Biegen, darunter
1 fbr Mftdohen, 5 für Schüler aus den Gemeindeschtüen,
Bealschulen und Gynmasien gebildet, zu deren Leitung
sich freiwillige Kräfte erboten. Durch mannig&che Um-
stände yeranlalst, war es nicht möglich, weitere unbezahlte
Schwimmlehrer und Sohwimmlehrerinnen zu gewinnen, so
dals sich der Vorsitzende yeranlalist sah. Unterrichtende
216
gegen Zahlung einer beeoheidenen EntBohftdigang beianziuiehan.
Eb konnten nun noch weitere 4 Biegen eingetiohtet werden.
Inageeamt haben 80 Schüler zu eehwimm^i ange&ngiHi, yon
denen cirka 26% Freiflohwinuner wnzden. Die Sektion be-
stritt das Schwimmlehrgeld, während die Schiller in der Begel
das Eintrittsgeld zu den Badeanstalten zahlen mn/sten. Die
Bean£9ichtigang der Schwimmriegen hatten Schnlrat Dr. Küppbbs
nnd Frau Professor Angebstein übernommen. Der Verein
hat besbhlossen, während des Winters das Schwimmen aus-
zusetzen, dagegen im Frühjahre dasselbe wieder rechtzeitig
beginnen zu lassen. Besonders schwierig war die Gewinnung
von Badeanstalten mit billigen Preisen. Die städtischen Yol^s-
badeanstalten lielsen Schwimmriegen überhaupt nicht zu. Nur
einzelne Privatanstalten stellten angemessene Forderungen.
Die meisten wollten von einer Ermäfsigung nichts wissen. So
verlangte die Verwaltung eines groüsen Bades für je eine Biege
von 10 Schülern, bezw. Schülerinnen 280 M.
3. Die Sektion für die Musterung der schul-
pflichtigen Kinder. (Leiter: Prakt. Arzt Dr. Jacusiel.)
Eine Beihe von Ärzten und Pädagogen beteiligte sich an den
Arbeiten dieser Abteilung, die zunächst darauf hinausgingen,
einen allseitig erwogenen Fragebogen aufzustellen. Nachdem
dies geschehen war, wurde in die Ausarbeitung einer Denk-
schrift eingetreten, welche die Begründung der Fragen ent-
halten sollte. Der Sektion kam es namentlich auch darauf
aU) schon im voraus Ärzte zu gewinnen, die si(^ znr kosten-
freien Übernahme der Musterung bereit fitoden. Infolgso einer
diesbezüglichen Anregung hat der Staadesverein der Ärste in
der Friedriohstadt, der ungefähr 90 MügUeder zählt, eiur
stimmig beschlossen: 1. zu, erklären, dafs die Musterang:
der schulpflichtigen Jugend in Beriin notwendig erschemt,
da sie allein geeignet ist, den Bodm zu schaffen, auf
welchem ersprielslichie Malsregeln für die Ghssuadung der
Schüler und d«r Schulen sich, entwickln könnaa; 2. ntiaiw
Mitgliedern zu empfehlen, mk an diesen Müsteimngflaiii
sobald dieselben ins Leben treten, nach MaJ^be ihrw Kräfte-
217
und des Bedarfis zu beteiligen. Andere Ärztevereinigangen
werden aller Wahrsclieinliclikeit nach diesen BeechlüSBen
sich aneclilielsen.
Obwohl der „Verein fbr gesnndheitsgemftfse Erziehnng
der Jngend^ seine Thfttigkeit bisher anf Berlin beschrankt
bat, 80 haben sich doch schon in mehreren Stfidten Dentsch-
knds gleiche^ Beetrebnngen bemerkbar gemacht, wie dies in
yersehiedenen Anfragen über die hiesigen Einrichtungen, in
Gfesachen um Überlassung von Drucksachen u. s. w. kund ge-
worden ist.
Nur bescheidene Früchte sind es, die unser Verein im
eisten Jahre seines Bestehens gezeitigt hat; ab«r aller Anfuig
ist schwer, und erst aus einer Summe von Erfahrungen heraus
I lassen sich die besten Wege zur Erreichung höherer Ziele er^
kesnen. Wer fortbauen will, dem werden vielleicht unsere
Erfidirungen, die gern zur Verfügung stehen, einigen Nutze»
bieten können.
INe Thfttigkeit des Ortsturnlehreirereins ra HaimoTer
im Jalire 1894.
Von
G. Elsnbb,
Lehrer an der Knabenbürgersebnle IX. in Bannover.
Im Jahre 1894, dem siebenzehnten seit dem Bestehen
dee Vereins, fanden 9 V^sammlungen statt, die durchschnittlich
von 14 Teilnehmern besucht waren. Sämtliche Sitzungen
wurden in dem gerilumigen Lehrerzimmer der Bürgerschule I
abgehalten; sowohl dieses Zimmer, wie die zu der genannten-
Schule gehörende Turnhalle sind dem Vereine seit Jahren 27U
kostenfreier Benutzung überlassen.
Die Zahl der Mitglieder belief sich im Vorjahre auf 39.
Praktische Übungen aus dem Schulturnen, zu denen
218
jedesmal eine größere Anzahl Knaben oder Mädchen erschien,
fanden an drei Abenden statt; zweimal wurden Jtigendspiele
vorgeführt.
Die gröfseren VortrSge knüpften sich an die Namen
GuTS-MuTHS {^Crymnastik für die Jugend^, 1793) und Vikth
(„ Versuch einer Encjfklopädie der Leibesübungen*^ , 1794 und 1795).
Eingehend besprochen wurden auch zwei neue Erschei-
nungen, das vom Mlinohener Turnlehrer verein herausgegebene
y^TiMm- und Spidbuch für Volksschulen^ und die vom Stadt-
tuminspektor Böttoheb besorgte Neuausgabe des j^VoUcstum-
huches*^ von Ravbnstbin. Beide Werke gelangten zur An-
schaffung für die Yereinsbibliothek.
Über den ersten deutschen Kongrefs für Jugend- und
Yolksspiele, über das achte deutsche Turnfest, über die ftinf-
zehnte Versammlung des nordwestdeutschen Turnlehrervereins
berichteten Yereinsmitglieder, die an jenen Versammlungen
teilgenommen hatten.
Die Angelegenheiten des deutschen Tumlehrervereins
veranlaisten noch mehrfetche Verhandlungen, bis schlielslich
der Ortstumlehrerverein mit Stimmenmehrheit seinen Beitritt
erklärte.
Durch regelmäfsige Berichte wurden die Mitglieder mit
den vom Verein gehaltenen Zeitschriften, den „Jahrbüchern
der deutschen Tumkunst*^ und der „Zeits(hrift für SckuHgesund-
heitspflege^ bekannt gemacht.
In der Sitzung vom 22. Januar d. J. gelangte der bis-
herige Vorstand (1. Vorsitzender: Seminarlehrer Martbk,
2, Vorsitzender: Hauptlehrer Gaube, Schriftführer: Lehrer
ELS19ER, Kassenführer: Lehrer Quietmbter) mit Ausnahme
des Schriftführers, der eine nochmalige Wahl ablehnte, ein-
stimmig zur Wiederwahl; an Stelle des letzteren trat Lehrer
Bbntb. In derselben Versammlung wurde der Turnlehrer
Franz Wilrelm Metz zum Ehrenmitgliede des Vereins
ernannt.
219
Thesen Aber die iirctiiehe Schnlanfsicht,
atfjgestellt im kollegialen Verein der Ärzte der Friedrich-
Wilhelmstadt zn Berlin.
In dem genannten Ärzteverein hielt Dr. Alexander Edel yor
einiger Zeit einen Vortrag: Der heutige Stand der Schul-
arztfrage, zugleich ein Beitrag zur Lösung derselben.
Redner fafete seine Ausführungen in folgende Thesen zusammen:
1. Über die Notwendigkeit der Anstellung von Schul&rzten kann
ein Zweifel wohl nicht bestehen.
2. Eine ärztliche Schulaufsicht ist ohne die Mitwirkung der Lehrer
nicht durchführbar.
Wir Ärzte sind selbst in der gewöhnlichen Praxis nicht im
Stande, den Familien eine kontinuierliche Aufsicht angedeihen zu
lassen; wir können uns nicht zu jeder Zeit von dem Gesundheits-
zostande der einzelnen Mitglieder überzeugen, sondern wir müssen
uns darauf verlassen, dafs Mütter oder Pfleger es merken, wenn
ein Kind weniger heiter ist, als sonst, wenn es schläfrig ist, wenn
es eme Bötung hat, die ihm für gewöhnlich nicht eigen ist, wenn
es hastet, wenn es sich heils anfühlt. Und da eine Mutter all-
mählich mehr oder weniger lernt, eine Indisposition oder eine be-
ginnende Krankheit zu erkennen und dem sie besuchenden Arzte
ihre Beobachtung mitzuteilen, warum sollte der Lehrer, der die
Kinder seiner Klasse t&glich vor Augen hat, nicht bemerken, ob
em Kind weniger aufmerksam ist, als sonst, ob seine Augen fieber-
haft glänzen, ob es hustet, ob es schläfrig und träge ist? Ein
Lehrer, der ein guter Pädagog ist, wird schon den Unterschied
wissen, ob die Unlust zum Anlassen, die Schläfrigkeit eines Kindes
krankhaft oder von Faulheit diktiert ist, ebenso wie er wissen muls,
ob ein Kind seiner Klasse den Anforderungen des Schulunterrichts
za genügen im stände ist, oder nicht.
Um nun die Lehrer in den Stand zu setzen, den Schularzt in
der Aufsicht zu unterstützen, stelle ich als dritte These auf:
3. Die Schulhygiene mufs ein offizieller Lehr- und Examens-
gegenstand werden, wie die Pädagogik im allgemeinen.
Es soll also auf den Seminarien sowohl, wie auf der Universität
die Hygiene der Schule in den Lehrplan ex officio aufgenommen
werden, wie ja auch die Juristen forensische Medizin hören müssen.
Wenn dann die jetzt amtierenden Lehrer durch geeignete Vorträge
anterrichtet und die jetzt studierenden Philologen auf der Universität
mit dieser Materie vertraut gemacht worden sind, so wird es mög-
lich sein, in den menschlichen Grenzen eine ärztlich hygienische
Sdudaufsicht unserer Jugend zukommen zu linsen.
220
Zar weiteren DarchfQbroiig der Einrichtong stelle ich als
sonstige Thesen auf, dabei auf die städtischen Schulen Berlins
Bezog nehmend:
4. In jeder Schnlkommission mafs ein unbesoldeter Arzt Sitz nnd
Stimme haben.
5. Bei jeder Schnlinspektion mflssen besoldete Schnläczte angestellt
werden, je nach der Gröfse der ihr unterstellten Schalen einer
oder mehrere.
Fttr die Thfttigkeit dieser beiden, natfirlich in kollegialer Weise
einander in die Hände arbeitenden Ärzte möchte ich folgenden
Modns vorschlagen: Dem in der Schnlkommission sitzenden, also
anbesoldeten nnd zum Hanskaratoriam gehörenden Arzte untorstehen
alle hygienischen Fragen, die das Schalhaas als solches b^reffen,
also Baaplan mit Grand- nnd NachbarverhUtnissen, Heizung, Veiir
tilation, Klosetts, Pissoirs, Treppen, Korridore, Turnhallen und die
Reinigung des* Hauses. Es ist dabei zu verlangoi, dafs die Fuls-
böden, Wftnde, Tische, Bänke, Treppen, Korridore, Klosetts, Pissoirs
und Turnhallen jeden Tag gereinigt- werden. Dafe sich Air diesen
unbesoldeten Dienst Ärzte gern bereit erklären, hat sich in BredaiL
gezeigt, wo sieh eine grofse Zahl von solchen der Konmiune zur
Verfügung gestellt hat, aUerdings vergeblieh.
Dem besoldeten Schularzte unterstehen alle Fragen, welche dia
Einwirkung der Schule auf das Individuum betreffen, Schädigungen,
die hervorgebracht werden durch das Zusammenströmen so vieler
Kinder aus den verschiedensten Haushaltungen, durch SubselUenf
durch schlechte Beleuchtung, durch Leiden der Augen, der Ohren
und der geistigen Fähigkeiten. Er hat darauf zu achten, dafis nicht
mehr Kinder in den Klassenzimmern sitzen, als den Anforderungen
der Hygiene entspricht, dafs in den Zwischenstunden gelflftet, daCs
die Temperatur an einem im Zimmer hängenden Thermometer ab-
gelesen und danach reguliert werde a.s. w.
Um die Durchführbarkeit der Aufgaben des Schularztes zu
sichern, stelle ich als 6. These auf:
6. Jedes Kind hat bei seinem Schuleintritt neben dem Tauf- und
Impfscheine ein ärztliches Zeugnis beizubringen, in wachem
über die Konstitution im aUgemeinen, über die bestandenen
Kinderkrankheiten, über die Wirbelsäule, die Augen und Ohren
im besonderen berichtet ist.
Dieses Zeugnis wird durch die Hausärzte leicht zu beschaffen
sein, und diejenigen Familien, welche die Kosten eines solchen Zeng^
nisses, für das ein Normalpreis festgesetzt wird, nicht bestreitai können,
erbauten dasselbe von dem Armenarzte ihres Bezirks. Kinder, die
trotzdem ohne Attest sind, müssen vom Schularzt untersucht werdeoi.
221
Auf diese Weise wird die Forderong 'der Ärzte, date jedes
bei der AnfoaliBie in die Schule nntersaeht werde, ohne grobe
Kasten von selten des Btaates oder der Eominane befriedigt werden
können. Die Ei^bnisse der ftratlichen Zeugnisse mOssen bei dem
Kitionale des betreffenden Kindes vermerkt weiden. Erkrankt ein
Kind an einer Krankheit, die dnrch die Verordnung vom 14. Juli
1864 den Ausschlufs desselben aas der Klasse nötig macht, so
mnb dem beamteten ScholarBte sofort Mitteüong gemacht werden,
namentlich wegen der etwaigen Scfalie&ung und Desinfektion des
Efaesenzimmers etc., Aber die er zu verfftgen hat.
In einem regelmftbigen Turnus hat sich der Schularzt auch
wihrend des Unterrichts Ton dem Aussehen der Kinder, der £bd-
taag und nach dem Berieht des Klassenlehrers von der Einwirkung
der Schule auf Augen und Ohren zu flberzeugen, seine Wahrnehmungen
mit dem Ergebnis der ersten Untersuchung zu vergleichen und Yer-
iademngen zu notieren, femer zu prüfen, ob die Subsellien der
GrOfte der Kinder entsprechen. Wird der Schularzt durch richtige
Beobachtimgen seitens der Kkssenlehrer unterstützt, so kann er gut
bd 2 Standen tftgUcher Arbeit 5—6 Klassen besuchen, da ihm ja
der grOfste Teil der von anderen geforderten, sehr zeitraubenden
Erstnntersuchungen abgenommen ist. Bedmen wir für 100 Klassen
stftdtischen Patroaats einen besoldeten Schularzt, so wären etwa
84 Schulftrzte anzustellen, wenn verlangt wird, dab ein monatlicher
Tmins bei den ärztlichen Besuchen innegehalten werde.
7. Fflr den Dienst der Schulärzte sind Fragebogen auszuarbeiten.
Die fschgem&Tse Beantwortung derselben, welche die Be-
herrschung der ganzen Hygiene erheisdit, ist der beste
Befilhiguagsnachwels filr das Amt des Schularztes.
Cb^r den Bau und die innere Einrichtung Undlicher
Sclmlgebftnde rom gesundheitlichen Standpunkte aus.
Vortrag, gehalten in der XI. Hauptversammlung
des preufsischen Medizinalbeamtenvereins.
Der preuCrische Medizinalbeamtenverein hielt seine XI. Haupt-
versammlung in Berlin unter dem Vorsitze des Medizinalrats I^p-
MUND ab.
In derselben sprach, wie die y,Mänch. med, Woehensdvt.^
■itteflt, Kreisphysikus Dr. LANaBHHASTB aus Celle über den Bau
und die innere Einrichtung ländlicher Schulgebäude vom
gesundheitlichen Standpunkte aus. Im Gegensatz zu anderen
222
Bimdesstaaten hat in Prenfsen der Medizinalbeamte auf die Schnlbanten
80 gat me gar keinen Einflnfs, und es entstehen infolgedessen häufig
Milsgriffe, dnrch welche die Gesondheit der Schulkinder gefthrdet wird.
Namentlich bei der Wahl der Banplätze kommen oft verhängnisTolle
Fehler vor, die nnr dnrch Begotachtnng von seiten der Ereisphysiker
vermieden werden können. Von hoher Wichtigkeit ist eine ausreichende
Gröfse dieser Schnlbanplätze, welche ermöglicht, die verschiedenen Bau-
lichkeiten in genügender Entfernung voneinander zu halten, da der land-
wirtschaftliche Betrieb des Lehrers die Anlage einer Janchgrube and
einer Düngerstätte erfordert« Auch mufs ein weiter Spielplatz freieste
Körperbewegung in den Unterrichtspausen und eine gedeihliche
Gestaltung des Turnunterrichtes gestatten. Im übrigen ist bei der
Wahl des Baugrundstückes auf leichte Zugänglichkeit des Schulhauses
und auf Vermeidung störender Nachbarschaft Bedacht zu nehmen,
doch bleibt die erste und wichtigste Bücksicht immer diejenige auf
freien und ungehinderten Lichteinfall in die Fenster des Schul-
zimmers. Für den ländlichen Schulbau in Preulsen sind die im
Kultusministerium ausgearbeiteten fünf Entwürfe für einfache
ländliche Schulhäuser vom 18. November 1887^ mafsgebend|
welche änfeerst segensreich gewirkt haben. Dieselben enthalte
besonders für die Lage, welche der Fensterwand der Schulstube zu
geben ist, sehr genaue und brauchbare Vorschriften.
Die Erfahrung, dafs sehr oft Erkrankungen in der Lehrer-
familie die Schliefsung der Schulen erforderlich machen, gebietet
dringend vollständige Trennung der Lehrerwohnung von den Schul-
räumen. Es ist daher unter allen Umständen ein eigener als Ein-
gang fUr die Schulkinder und als Garderoberaum dienender Flur
zu verlangen und jeder Grundrifs zu verwerfen, der dieser Forderung
nicht entspricht.
Den hygienisch wichtigsten Teil der Klasse bildet die Fenster-
wand. Der die Gesundheit befördernde Einfluls des Lichtes i^ ein
mannigfacher, und es zeugt von Einseitigkeit, nur die Gefahr der
Schulkurzsichtigkeit zu betonen. Viel wichtiger erscheint der belebende,
die körperliche und geistige Spannung erhöhende Einflufs des Sonnen-
lichtes. Von Bedeutung für die Schulen ist ferner die bakterien-
tötende Kraft des letzteren und vor allen Dingen der enge
Zusanunenhang, welcher allerwärts zwischen Licht und Reinlichkeit
besteht. ^
Zu ernsten hygienischen Bedenken gibt auch in neueren Schulen
gewöhnlich der Fufsboden Anlafs. Es wird zu leichtes, schlecht
ausgetrocknetes Holz verwendet, so dafs bald Ritzen und Spalten
« 8. diese ZeiUcbrift, 1888, No. 11, S. 438—448. D. Red.
223
entstehen, welche direkt in den Fehlboden fahren. Solcher Fafs-
boden ist weder durch trockenes Ansfegen noch dnrch feuchtes
Auswischen gründlich zn reinigen, da der Staub und die in ihm
enthaltenen Spaltpilze sich ans den Ritzen gar nicht entfernen
lassen.
Zur Verhfltung der Tuberkulose sollen nach den YerfQgungen
der Behörden in allen Zimmern mit Wasser gefällte Spucknäpfe
stehen. Erfahnmgsgemäfs werden dieselben aber von den Schul-
kindern fast gar nicht benutzt, da dieselben äuTserst selten an Aus-
wtai leiden. Unter 2400 Tom Redner untersuchten SchOlem und
Schülerinnen litten nur fttnf an Husten und Auswurf. Da die auf
dem Fufsboden aufgestellten wassergeflülten Näpfe zur Durchnässung
desselben und zu anderen Unzuträglichkeiten führen, werden vielmehr
tuberkulöse Kinder vom Schulbesuche auszuschliefsen oder ihnen
andere, zweckmäfsigere Speigefäfse an die Hand zu geben sein.
Auch die Aborte zeigen vielfach arge und bedauerliche Mifs-
stände. Es fehlt meist an einer dichten Abortgrube, an genügender
Beleuchtung und infolgedessen an Sauberkeit. Für ländliche Ver-
hältnisse wird nur ausnahmsweise das Tonnensystem, eventuell in
Verbindung mit Torfstreu in Frage kommen.
Was die Brunnen anbetrifft, so ist darauf zu achten, da(s sie
sowohl von der Abortstelle und dem Düngerplatze, als auch von
dem Eüchenabflufs genügend entfernt liegen. Offene Zieh- und
Windebrunnen und durchlässige Herstellung des Brunnenkessels sind
mistatthaft; als die zweckmäfsigste Konstruktion empfehlen sich
Abessinier- oder Kesselbrunnen aus Cement.
Vortragender stellt schliefslich folgende Thesen auf, welche von
dem Vereine einstimmig angenommen werden:
1. Auf dem Gebiete der Schulgesundheitspflege treten erhebliche
Mängel zu Tage, denen zum Teil schon auf dem Boden der
jetzigen Medizinalverfassung, namentlich dnrch vermehrtes
Heranziehen der Medizinalbeamten, abgeholfen werden kann.
2. Bei einem geplanten Neubau oder gröfseren Umbau von
Schulhäusem- müfste zunächst ein vorläufiger Grundrifs mit
Lageplan und mit Angaben über die in Aussicht genommene
Wasserversorgung, Entwässerung und Abortanlage eingereicht
werden. Diesen vorläufigen Bauplan und das Baugrundstück
müfste der Physikus auf die gesundheitlichen Beziehungen hin
zu begutachten haben, wobei namentlich eine genaue Prüfung
der Grund- und Trinkwasserverhältnisse notwendig wäre.
3. Die Besichtigung des fertiggestellten Neubaus durch den
Physikus, um denselben in Bezug auf die Beziehbarkeit zu
begutachten, ist wünschenswert, aber nicht annähernd so
224
wichtig, wie die Untenuchiuig des Baagnmdstückes yor In-
«agriffiELahme der Banarbeitea.
4. Die ftlnf Entwürfe für einfache ländliche Schal-
gebäude und die zugehörigen Erläaternngen vom
18. November 1887 sind einer Abänderong und ErgänzoQg
bedürftig, wobei auch auf Schnlhftuser geringeren Umfangs
Bflcksicht zu nehmen ist. Es ist namentlich
a. die Mindesthöhe der Schalzimmer aaf 3,75 m, für gröbere
Zimmer aaf 4 m festzusetzen ;
b. die Zeicfanung einer Fensterwand mit genügend groCser Glas-
flache zu entwerfen.
c. Die Entwürfe sind durch Zeichnungen einfachei*, aber
den hygienischen Anforderungen entsprechender Abort-
gebäade zu erg&nzen; besonders muls eine genügende Be-
leuchtung der Aborte und Pissoirs mit Nachdruck gefordert
werden.
d. Die Vorschrift in den Erläuterungen, wonach der
Flur, welcher dem Schülerverkehr dient, zweckmälsig ancfa
als gewöhnlicher Zugang zur Lehrerwohnung benutzt werden
kann, ist dahin abzuändern, dafs unter allen Umständen
ein eigener Eingang für die Schüler zu schaffen ist, welcher
in keinerlei Verbindung mit der Lehrerwohnung steht und
welcher zugleich als Grarderobenraum dient.
e. Der Trinkwasserversorgung ist gröfsere Beachtung zu
schenken, als dies bisher gewöhnlich geschieht. In die
Erläuterungen sind genauere Vorschriften über die
Herstellung der Brunnen aufzunehmen. Dem definitiven
Bauplan ist eine eingehende Beschreibung der geplanten
Brunnenanlage beizufügen, deren Ausführung in geeigneter
Weise zu überwachen ist.
f. Es sind Bestimmungen zu treffen, dals nur geölte, gefimibte
eder gestrichene Fufsböden zur Anwendung kommen dürfen.
5. In die Physikatsregistratur ist von jedem Schulgebäude des
Kreises eine genaue Beschreibung einzuliefern, wozu ein
geeignetes Formular zu verwenden ist.
kleinere MHttiinn^tn.
über die Sterblielikeit im schulpflichtigen Alter «chreibt
Dr. Fbikdbioh Psesl in der „Internat kkn. Bund^ch.*^: Die
225
abnehmende Mortalität and Sterbenswahrscheinlichkeit dauert, wie
in der Zeit vom 2. bis 6. Lebensjahre, so anch noch im schul-
pflichtigen Alter fort, ist aber günstiger bei den Knaben, als bei
den MAdchen. Von 1,2% im 7. Lebenq'ahre fällt die Sterblichkeit
aof 0,4 Vo im 14. Lebensjahre. Während ferner die Sterbens-
Wahrscheinlichkeit im 7. Lebensjahre derart ist, dafs unter 80 Kindern
ein Todesfall zu erwarten steht, ist erst unter 232 yierzehnjährigen
Knaben oder unter 200 ebenso alten Mädchen das Gleiche anzu-
nehmen. Das ungünstige Verhältnis bei den Mädchen erklärt sich
zom Teil aus ihrem schwächeren Körperbau, ihrem frühzeitigen
Angehaltenwerden zu häuslichen und anderen Arbeiten, sowie dem
Eintreten der Menstruation oft schon im 12. I^ebensjahre^ alles
Umstände, welche die Widerstandskraft schwächen und Krankheit
nnd Tod veranlassen können. Den günstigsten Stand erlangt die
Sterblichkeit und Sterbenswahrscheinlichkeit mit beendetem 15. Jahre.
Die Mortalität der Knaben beträgt um diese Zeit kaum 0,4%, ihre
Sterbenswahrscheinlichkeit 1 : 244, wogegen bei den Mädchen beides
wie früher bleibt. In den nun folgenden Jahren der t^ubertäts-
entwickelung, also vom 15. bis zum 20. Lebensjahre, nimmt die
Sterblichl^eit stetig zu, bis auf 0,5, ja 0,8 Vo und dementsprechend
auch die Sterbenswahrscheinlichkeit, indem sie bei den Jünglingen
Ton 1 : 210 auf 1 : 130, bei den jungen Mädchen von 1 : 160 auf
1 : 126 steigt. Die größere Sterblichkeit der letzteren ist yor
allem auf die Tuberkulose zurückzuführen, welche zahlreiche Opfer
unter ihnen fordert. Ob die angeführten Zahlen übrigens allgemeine
Gültigkeit beanspruchen können, müssen erst fortgesetzte weitere
Untersuchungen lehren. Die Statistik Dr. Presls gründet sich nur
auf die Resultate der in den Jahren 1880 und 1890 in Österreich
Torgenommenen Volkszählungen.
Psycliisclie Stdrimgeii bei Kindern, Von J. Moses rührt
eine Inauguraldissertation her: Beiträge zur Kenntnis der Ätiologie
und Chnese psychischer Störungen im EmdescUter. Der Arbeit
liegen 42 Fälle zu Grunde, die in der Strafsburger psychiatrischen
Klinik zur Beobachtung gekommen sind. Dieselben verteilen sich auf
23tKnaben und 19 Mädchen. Bemerkenswert ist der Einflufs, den das
Geschlecht auf die Entstehungszeit der kindlichen Psychosen ausübt,
insofern dieselben bei den Knaben bis auf einen Fall im ersten
Lebensdecennium begannen, während die Mehrzahl der Mädchen
jenseits dieser Altersperiode erkrankte. Der Verfasser macht in
Übereinstimmung mit anderen Autoren das Herannahen der Pubertät
fbr diese Zunahme der Geisteskrankheiten bei Mädchen nach dem
10. Lebensjahre verantwortlich. Unter den Ursachen spielt die
Erblichkeit mit 26,2% die Hauptrolle. Als weitere ätiologische
8«h«]g«iuidh6it«pfleg6yiII. 15
226
Momente liefsen sich Epilepsie, Hysterie nnd Veitstanz konstatieren.
Hirnhautentzündung war in drei Fällen als Veranlassung anzusehen,
Kopfverletzung in einem Falle. Einmal schien die häufige Dar-
reichung von Mohnsaft die Ursache für abnorme psychische Zustände
abgegeben zu haben. In einem Fall wurde Überbttrdung in der
Schule als Ursache beschuldigt.
Ein Fall von hysterischer Mahrnngsverweigerung bei
einem elfjährigen SchnlmSdchen wird von A.Kissel in „Medicinsk.
Ohosrenje"' mitgeteilt. Durch Zurückweisung jeglicher Speise magerte
das Mädchen rasch ab und gelangte zu dem extremsten Grade der
Schwäche. Sein Gewicht betrug nur noch 22 Kilogramm. Im
Hospital wurde es isoliert und gewaltsam gefüttert, worauf voll-
ständige Heilung eintrat.
Schnlferien in Hellas. In der Griechischen Geschichte von
Dr. K. S. Roth findet sich auf Seite 181 folgende Bemerkung:
Dieselbe gehässige Gesinnung gegen Perikles, welche seine Gegner
bei der Verfolgung des Phidias leitete, liefs sie auch den Anaxagoras
als Gottesleugner vor Gericht ziehen. Der Philosoph, welchen sein
Freund nicht mehr im stände war, zu halten, verliefe Athen und
verbrachte seine letzten Tage in Lampsakus an der asiatischen Seite
des Hellesponts, geehrt von den Bürgern dieser Stadt. Als die
Vorsteher von Lampsakus ihn fragten, womit sie ihm geftllig sein
könnten, antwortete er: wenn man nach seinem Tode alljährlich
den Monat, in dem er gestorben, den Kindern zum Spielen frei
gebe. Dieser sein Wunsch wurde erfüllt. Noch im 3. Jahrhundert
n. Chr., also 700 Jahre später, hatte die Jugend von Lampsakus
Ferien in dem Monat, in welchem Anaxagoras gestorben war.
Anfmf des Ceulralanssehnsses znr FSrdemng der Jngend-
nud Volksspiele an die deutsche Studentenschaft;. Kommilitonen!
Zur Mitarbeit an einem vaterländischen Werke richten wir unseren
Ruf an die deutsche Studentenschaft. Ihr für ideale Bestrebungen
empfänglicher Sinn und ihre Vaterlandsliebe haben noch immer jeder
patriotischen Mahnung offenes Ohr und warmes Herz entgegengebracht.
Als im Beginn unseres Jahrhunderts dem korsischen Froherer das
deutsche Reich stückweise zugefallen und bei Jena auch dessen
letztes Bollwerk in Trümmer gegangen war, da erstrebten treue
deutsche Männer gegenüber dem Mangel an deutschem Vaterlands-
geiühle, gegenüber dem Verfall der alten deutschen Kraft die Wieder-
geburt des deutschen Volkes, und vor aUem war es F&iedbich
Ludwig Jahn, der die Jugend auf den Turnplatz rief, um durch
Hräftigende Leibesübungen und durch Willenszucht, sowie durch die
Pflege echten deutschen Volkstums ein neues Geschlecht heran-
zuziehen. Begeistert folgte allen voran die deutsche Studenten-
227
Schaft diesem patriotischen Rufe, und ihr Vorbild wirkte mächtig
anregend auf die gesamte wehrfidiige deutsche Jugend. Kommilitonen !
Heute gilt es nicht einen äufseren Feind zu bekämpfen; denn nach
aufsen steht das geeinte deutsche Reich, dank unserer grolsen
Geistes- und Kriegshelden, so ruhmreich und machtvoll da, wie
noch nie im Laufe der Jahrhunderte. Unserem Vaterlande sind aber
heute gefUirliche innere Feinde erwachsen, und unter diesen ist es
Tornehmlich ein Feind,' der am Marke unseres Volkslebens zehrt
und so manchem anderen Feinde den Boden bereitet, das ist der
entnervende Einflufs des modernen Kulturlebens. Schon die Jugend
wird, um sie auf die Höhe der Kultur ihrer Zeit zu führen, durch
den langjährigen Unterricht in der Schule und durch die flber-
vriegende Inanspruchnahme der geistigen Organe, trotz der vielfach
Terbesserten Schuleinrichtungen, in der freien körperlichen Entwicke-
Inng zurückgehalten. Im späteren Leben wirken Beschäftigungs-
nnd' Lebensweise, wie sie durch unsere Kulturverhältnisse bedingt
werden, leidenschaftliche Kämpfe im öffentlichen Leben und eine
Abermäfeige Genufssucht, die beinahe alle Volksschichten ergriffen
hat, weiter gesundheitsstörend ein. So zeigt sich fast allgemein,
je nach der Widerstandskraft des Einzelnen, eine mehr oder minder
grofse nervöse Hast und Unruhe, welche die Volkskraft und die
Volksfreudigkeit bereits in hohem Grade vermindert hat. Es sind
dies Zeichen einer beginnenden körperlichen Entartung unseres Volkes.
Was ihm fehlt, das ist der Ausgleich aller dieser schädlichen Ein-
fiflsse durch regelmäfsige Leibesflbungen und durch Einfachheit der
Sitten. Seit Jahn ist diese Mahnung oft genug an das deutsche
Volk gerichtet worden, und unausgesetzt wirken Staatsbehörden,
Schulverwaltungen, Ärzte, Volksfreunde, die deutsche Tumerschaft
und andere gleichgerichtete Vereinigungen auf eine Hebung der leib-
lichen und geistigen Gesundheit im Volke hin; aber noch immer
verharrt die grofse Masse jenem entnervenden Einflüsse gegenüber
in schlaffer Trägheit-, noch immer fehlt unserem Volke jene starke
und lebendige Neigung, welche regelmäfsige Leibesübung als ein gern
befolgtes Pflichtgebot erachtet. Auch wir vereinigen uns mit allen
diesen Vorkämpfern zu dem gleichen grofsen Werke, und es zeigen
SDch bereits die ersten Anzeichen dafür, dafs diesem Mahn- und
Weckrufe Folge geleistet wird. Schon wendet man unserem Be-
streben, die Jugend- und Volksspiele allgemeiner zu pflegen und zu
einer lebendigen Volkssitte zu machen, mehr und mehr Beachtung
zu. Auch einige Verbindungen und Vereine an deutschen Hoch-
schulen haben hiermit begonnen. Aber es sind doch nur die ersten
AnfiUige auf diesem wichtigen Gebiete. Wir richten unseren Ruf
jetzt auch an die deutsche Studentenschaft, dais sie, den hellenischen
15*
228
Jünglingen nacheifernd, den Körper zum starken Träger einer ge-
sunden Seele gestalte, um dadorch der eigenen Jogendfriscbe oAd
Kraft sich zn erfreuen and den grofsen Aufgaben gewachsen zu
sein, die Beruf, Familie und Vaterland dereinst an sie stellen werden.
Wir richten diesen Ruf an Euch, Kommilitonen, besonders auch
deshalb, damit, wie einst Eure Väter im Anfange dieses Jahrhunderts
dem äufseren Feinde, so Ihr jetzt dem inneren Feinde des Vater-
landes gegenüber in der Erhebung zu leiblicher und geistiger Frische
wieder der gesamten erwachsenen Jugend vorangeht; damit Ihr mit-
arbeitet an dem heiligen Werke, die gesunde Zukunft des Vater-
landes zu sichern, und damit Ihr, als dereinstige geistige Führer
der Nation, durch das eigene Beispiel und durch unmittelbare An-
spomung auch zu Führern auf dem Gebiete der leiblichen Wieder-
geburt unseres Volkes werdet. Gern bieten wir Euch die Hand
zur Aufnahme dieser Bestrebungen. Schon seit 1890 sind von, ans
in allen Teilen Deutschlands achttägige Kurse eingerichtet, die bisher
Yomehmlich zur Heranbildung von Lehrern für die Jugendspiele an
^en Schulen dienten. Die Zahl der in diesen Kursen Ausgebildeten
beträgt gegenwärtig nahe an 2400. Aber auch für die Studierenden
der Friedrich Wilhelms-Üniversltät in Berlin ist auf unsere An-
regung mit Unterstützung des preufsischen Unterrichtsministermms
und des Rektors derselben im Jahre 1894 ein vierzehntägiger
Kursus in den Jugend- und Volksspielen abgehalten worden, den
wir als einen ersten, aber verheifsungsvollen Anfang bezeichnen
können. - Möchten alle anderen deutschen Hochschulen folgen^
Überall wird sich in der Studentenschaft oder dem Lehrkörper der
Hochschulen ein für diese Bestrebungen begeisterter Mann finden,
der es unternimmt, Vertreter aller Studierenden, welcher Verbindung
oder welchem Vereine sie auch angehören mögen, um sich zu
scharen, um gemeinsam mit ihnen die erste Einübung der geeig-
netsten Volksspiele vorzunehmen. Solche Lehrgänge, bei deren
Durchführung wir Euch mit Rat und That zur Seite stehen wollen,
bilden den Weg, um die Spiele in die Verbindungen hineinzu-
tragen oder um freie Vereinigungen für dieselben zu schaffen. Ja,
wir hegen das Vertrauen zur deutschen Studentenschaft, dafs, wenn
sich in ihr erst die Erkenntnis von der grofsen vaterländischen
Bedeutung dieser Bestrebungen Bahn gebrochen hat, gerade sie
hervorragend zur wirksamsten Bekämpfung jenes inneren Feindes
unserer Zeit beitragen wird. Kommilitonen! Eure Arbeit wird ein
Verdienst um das Vaterland sein. Unsere Zeit bedarf eines an
Leib und Seele gesunden Volkes, wenn das in schwerer Zeit Er-
rungene erhalten werden, wenn der Fortschritt und die weitere
Entwickelung der Kultur gewahrt, wenn die Zukunft unseres
229
Vaterlandes gesichert sein soll. Pro patria est, dnm ludere
Tidemnr!
Das fraBiSsiselie Seehospix für skroftilSge und rhaehitiseke
Kinder in Banjnls wird von GHinoN in „V Union m^.*" be-
schrieben. Dasselbe nimmt Kinder und jnnge Leute im Alter yon
14 bis 18 Jabren fllr unbestimmte Zeit auf; Schwindsüchtige sind
jedoch ausgeschlossen. Die Anstalt besitzt 200 Betten, welche in
luftigen Schlafsälen zu 18 — 20 stehen. Leider fehlt ein
Isolierpavillon. Die meisten der aufgenommenen Pfleglinge leiden
an Skrofulöse, einige an Rhachitis, bezw. Anämie. Der Erfolg der
Kor ist im allgemeinen ein sehr guter; es werden fast 72 Prozent
der Skrofnlösen, darunter viele mit chirurgischer Tuberkulose, und
aDe Kinder mit beginnender Rhachitis geheilt.
Betriebskosten versekiedener Heixsysteme in Scknlen.
Der Yerwaltungsbericht der Stadt Mainz fUr die Zeit vom 1. April
1893 bis Ende Mftrz 1894 enthalt eine Tabelle mit vergleichender
Zusammenstellung der unmittelbaren Betriebskosten der Heizungen in
den gröfseren Schulhäusem der Stadt:
Schulgebfinde
Z«hl d«r
B«trielM-
AnsmaA
dergehttls-
tan RAnmc
obm
Vorbraaeh
ftB Koblta
oder Coaks
Ctr.
OeMmt-
kott«n tt
Brenn-
materUl
Hk.
1 ebm fe-
helstan
BaimiM
pro Hels-
perloda
kostot
Mk.
Ffirttenbergerhofschnle
(Schachtofenfeuernng)
156
4395
600
647,70
14,8
Biigrab8ohale(Niederdnick*
dampf-, zum Teil Gasheizg.)
168
4835
1080 und
6437 date
1242,60
772,40
41,8
Hokstraüsenscbale
(Nicderdruckdampfheizg.)
167
16018
2170
2462,00
16,4
Karmeliterklosterschnle
(gewöhnliche Öfen)
155
4157
1000
1083,20
26,1
Scholstralaenschale
(Wannwaaser- n. Luffcheizg.)
155
8697
1600
1440,40
16,5
LeibnizstrafseDBchule
(gewohnliche Öfen)
148
2045
275
820,45
15,7
Höhere Mfidohenschule
(Naederdmokdampfheizg.)
153
5560
875
1019,46
18,4
Summen
1087
50416
7622
8988,24
Mittelwert
21,4.
230
Beim Ausmafs der geheizten R&ame sind alle Lokale, deren
Temperator auf 4~ ^^ ^* gebracht wurde, voll, die übrigen geringer
geheizten Räume nur reduziert in Rechnung gebracht. Die in der
Eisgrubschule gemachten Versuche mit Gasheizung ergaben bei einem
Selbstkostenpreise Ton 10 Pfennigen für 1 cbm Gas einen Betrag
von 60 Pfennigen per 1 cbm Heizraum und Heizperiode. Sieht
man von diesen Versuchen mit Gasheizung ab, so ergeben sich als
Mittelwerte der Brennmaterialkosten für 1 cbm geheizten Raum und
Heizperiode bei der Ofenheizung 18,9 Pfennige, bei der Central-
heizung 17,1 Pfennige. Kabl HmTBAGEB.
Die Schulaborte in Frankreich. Unser verehrter Mitarbeiter,
Herr Dr. MAxaENOT in Paris, hielt in der dortigen Gesellschaft
für öffentliche Medizin und Gesundheitspflege einen Vortrag über
die Einrichtung der Schulgebäude, wobei er auch auf die Aborte
zu q>rechen kam. Gelegentlich der Diskussion bemericte Herr
Napia.8 nach „Le Frogr, m6d,"^ : Gewöhnlich befinden sich in unseren
Schulen Aborte nach türkischer Art, die keine Sitzvorrichtnngen,
sondern nur einen steinernen Fufsboden mit kleinen runden Löchern
zur Au&ahme der Fftkalien haben. Durch diese Einrichtung erzieht
man die Kinder zur Unsauberkeit. Es ist vielmehr ein Sitz mit
möglichst geringer Berührungsfläche zu fordern. Nur ein solcher,
nicht ein Abort ä la turque ermöglicht gehörige Reinlichkeit. Bei
letzterem bilden sich schlechte Gewohnheiten aus, die dann auch in
guten Aborten beibehalten werden.
Znr Frage der Rohlenoxydprodnktion dnrch das Anersche
Oaaglflhlicht, so ist ein Gutachten überschrieben, das Professor
Renk dem Rektor der Universität Halle erstattet hat. Aus der
französischen Zeitschrift „Za lumih'e elecirigue*^ war die Mitteilung
in deutsche Zeitungen übergegangen, Professor Gb^^hant in Paris
habe bei Untersuchung der Verbrennungsgase von Argand- und
Auerbrennem gefunden, dafs erstere nicht eine Spur von Kohlen-
oxydgas enthielten, die der Auerbrenner aber beträchtliche Mengen
dieses giftigen Gases und überdies noch eine ebenso grofse Menge
nicht giftigen Grubengases. Die mittelst sehr empfindlicher Methoden
bestinmiten Quantitäten von Kohlenoxyd sollten 1 Teil auf 4500 Teile
Verbrennungsgas betragen haben. Dem gegenüber konnte Professor
Renk durch chemische und Tierversuche nachweisen, da(s in den
Verbrennungsprodukten des Auerbrenners keine, wenigstens keine
nachweisbaren Mengen Kohlenoxyd enthalten sind. Er wandte dabei
unter anderem auch die Methode v. Fobobs an, welche auf Ab-
sorption des Koblenoxyds durch Blut, Vertreibung des Gases ans
dem Blute und Absorption durch Palladiumchlorürlösung beruht und,
wenn mit allen Kautelen ausgeführt, noch den Nachweis von 1 Teil
231
Kohlenoxyd auf 20000 Teile Luft mit Sicherheit gestattet. Jeden-
falls sind vom hygienischen Standpunkte die aus den Zahlen
Gri^hants gezogenen Schlufsfolgernngen, der Auerhrenner bedrohe
die menschliche Gesundheit und müsse daher aus allen Wohnräumen
▼erbannt werden, mit Entschiedenheit zurückzuweisen.
Sagesgefc^tttitltdies.
Der TU. internationale Kongrefs fBr Hygiene und Demo-
graphie in Madrid. In Spanien geht man mit der Absicht um,
fOr den im Jahre 1897 in Madrid stattfindenden hygienischen Kon-
grefs nicht weniger als sechs Sprachen, nämlich das Spanische,
Portugiesische, Deutsche, Französische, Englische und Italienische
als offizielle Kongrefssprachen zuzulassen. Dem Erfolge der Ver-
sammlung, 80 bemerkt die „Hyg. Rundsch.^ mit Recht, wird diese
Auferstehung des Turmes von Babel gpwils nicht forderlich sein.
Übrigens dürfte es sich empfehlen, möglichst frühzeitig zugleich
gegen das gewählte Jahr 1897 eoergischen Einspruch zu erheben,
da in demselben Jahre auch der internationale medizinische Kongrefs
in Moskau stattfinden soll. Am besten würde der Madrider KongreCs
auf 1898 hinausgeschoben. Wie verlautet, verharren die Spanier
indessen bei dem Jahre 1897.
Bespreehnng sehnlhygienischer Fragen im ftrztlicheu
kollegialen Verein der Friedrieh - Wilhelmstadt zu Berlin.
Der genannte Verein hat, wie wir in der „Dtsch. med, Wochschr."^
lesen, sämtliche Berliner ärztlichen Bezirks- und Standesvereine auf-
gefordert, Delegierte zu entsenden in eine Kommission, welche über
verschiedene Schulfragen verhandeln soll. Eine Sitznung dieser
Scbolreformkommission fand am 26. Januar unter dem Vorsitz des Dr.
Habtmann statt. Die Mitglieder erklärten sich zunächst gegen
die Zulassung der Realschulabiturienten zum medizinischen Studium.
Zur Behandlung in späteren Sitzungen wurde noch eine ganze Reihe
anderer Punkte in Aussicht genommen, für die erst durch Besprechung
in den Vereinen das nötige Material gesammelt, resp. gesichtet
werden soll. Da es sich dabei um Fragen von grofser allgemeiner
Wichtigkeit handelt, so ist jede sachkundige Mitarbeit erwünscht. Es
wird verhandelt werden über die Notwendigkeit der Anstellung von
Schulärzten, über die neu eingeführte sogenannte Abschlufsprüfimg,
über die Überfüllnng der Schulklassen, über die an Privatschulen zu
232
stellenden hygienischen Mindestforderungen, über die Ordnung der
Unterrichtspansen, über das Mafs der hänslichen Arbeiten, über
Freigabe der Schulhöfe zu Spielen, über Tnmfahrten nnd Förderung
der Jugendspiele, über die Festsetzung der Stundenpläne (in manchen
Schulen beginnt der Unterricht morgens mit Turnen oder mit Hand-
arbeiten] u. s. w. Bezüglich der Musterung der Schulkinder, welche
Yon anderer Seite angestrebt wird,^ verhielt man sich in der Kom-
mission ablehnend, weil der Verein, welcher sich mit dieser Frage
befafst, unter sachkundiger ärztlicher Leitung steht und daher allein
erspriefslich arbeiten kann.
Vergfinstigung fnr die franzSsischen Schnlärzte. Der
^Sem. mid,^ entnehmen wir, dafs die ärztliche Gruppe des franzö-
sischen Parlaments, deren Vorsitzender Herr Labb^ ist, folgenden
Antrag in demselben eingebracht hat: 1. Die Ärzte und Hilfsärzte
aller Lyceen und Colleges sollen als Beamte angesehen werden.
2. Von diesem Gesichtspunkte aus sind sie, was das Schulgeld f&r
ihre Kinder betrifft, den Professoren gleichzuachten und daher
von der Zahlung desselben für das Extemat zu befreien. Der
Minister des öffentlichen Unterrichts, dem dieser Vorschlag durch die
Herren L^on Labb^, Cobnil, Lannelongüe und PiDEBiBOU
überbracht wurde, erwiderte, dafs er persönlich nichts in der Sache
thnn könne. Doch werde er sich nicht widersetzen, dais bei dem
Budget des öffentlichen Unterrichts ein Amendement zur Beratung
gelange, wonach ein Kredit für die erwähnte Befreiung vom Schul-
geld zu gewähren sei. Der im Interesse der Schulärzte gestellte
Antrag ist übrigens abgelehnt worden.
Der nengegrfindete Verein fBr Sffentliche Gesnndlieitg-
pflege in Frankfurt a. M. hat sich nach dem Vorbild der in
Berlin, Hamburg, Hannover, Magdeburg, Nürnberg u. s. w. bestehenden
Vereine zur Aufgabe gestellt, einen Mittelpunkt für hygienische
Bestrebungen zu bilden. Der Vorstand besteht aus den Herren
Sieb, Dr. Homeyeb, Dr. W. Hakaüeb, Dr. NoeedlinGeb und
C. W. KÖNITZBB.
Zum Schutze der Schulkinder gegen Diphtherie« Pro-
fessor Löffleb aus Greifswald legte als Referent des deutschen
Komitees zur Erforschung der Diphtherie dem internationalen Kon-
gresse für Hygiene und Demographie in Budapest unter anderem
folgende Thesen vor: 1. Als eines der wirksamsten Mittel g^en
die Verbreitung der Diphtherie ist eine zuverlässige Schntzimpfong
der in der Umgebung des erkrankten Individuums befindlichen Per-
sonen, namentlich der Kinder, anzusehen. Nachdem die Unschftd-
' Vergl. diese Zeitschrift, 1894, No. 4, S. 218—219. D. Bed.
238
lichkeit des BEHBiNGschen Heilserums durch zahlreiche iDJektionen
zu Heil- und Immunisierungszwecken festgestellt ist, erscheint es
wünschenswert, die Schutzkraft desselben durch möglichst ausgedehnte
Anwendung in Familien, eventueU auch in Schulklassen, in welchen
Diphtherief&lle vorgekommen sind, weiter zu erforschen. 2. Bei
jedem Falle von Diphtherie ist die Desinfektion obligatorisch durch-
zuführen. Dieselbe hat sich auf alle von dem Kranken benutzten
Gegenstände, sowie auch auf den Kranken und das Krankenzimmer
zu mbrecken. 3. Rekonyalescenten von Diphtherie sind nicht eher
nun freien Verkehr, Kinder nicht eher zum Schulbesuche wieder
zuzulassen, als bis durch die bakteriologische Untersuchung das Ver-
schwinden der Bacillen konstatiert ist und der Genesene sich in
einem warmen Bade mit Seife gründlich gereinigt, sowie reine Wäsche
imd Kleidung angelegt hat.
Yerwatrloste Kinder in Prenfsen* Der preufsische Minister
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten ver-
(yffentlidit eine Nachweisung deijenigen verwahrlosten Kinder, welche
in der Zeit vom 1. Oktober 1878, dem Tage des Inkrafttretens des
Gesetzes vom 13. März 1878, bis zum 31. März 1894 in Zwangs-
erziehung untergebracht gewesen sind, bezw. welche sich an dem
letztgenannten Tage noch in Zwangserziehung befunden haben. Die
Zahl derselben betrug in ganzen 23252. Davon sind inzwischen
widerruflich entlassen 476, gemäls § 10, No. 2 des Gesetzes vom
13. März 1878 unvriderruflich entlassen 2229, verstorben 612,
anderweit, insbesondere durch Eintritt des Endtermins der Zwangs-
erziehung, in Abgang gekonmien 9214, so dafs am 31. März 1894
noch 10722 in Zwangserziehung verblieben. Von diesen Kindern
waren untergebracht in Familien 5509, in den vom Kommunal-
▼erbande eingerichteten Anstalten 1261, in Privatanstalten 3952.
Die Ausgaben, welche aus der Pflege aller in Zwangserziehung be-
findlichen Kinder im letztverflossenen Etatsjahre erwachsen sind,
betrugen 1467 290 Mk., und zwar für den Kommunalverband
733936 Mk., ftlr den Staat 733354 Mk. Die Verpflegungskosten
steDten sich pro Kopf für die Dauer eines Jahres bei der Unter-
bringung in Familien auf ungefähr 150 Mk., bei der Unterbringung
in Anstalten aber beträchtlich höher.
Poekenimpfang in den stXdlischeii Elementarschnlen Mos-
kau. Unter dieser Überschrift veröffentlicht N. F. Michailow
in „8hum, nsssk. ohschi. ochran, narodn, sdratvija'^ einen Aufsatz,
dem wir folgendes entnehmen. Im Herbste 1891 wurde in Moskau
angesichts der drohenden Pockengefahr eine allgemeine Eevaccination
der Zöglinge der Elementarschulen vorgenommen. Aus dem hierbei
gesammelten Material ergab sich, wenn man dasselbe in vier Gruppen
234
■
zerlegte, folgendes. Die erste Gruppe enthielt Kinder, welche im
ersten oder zweiten Lebensjahre znm ersten Male geimpft worden
waren. Bei ihnen nahm der Erfolg der Revaccination mit dem
steigenden Alter ab. Es zeigten sich nämlich:
bei 8jährigen unter 1008 Revaccinierten 43,3% Erfolge,
. 9 . r, 1804 „ 41,9 ,
„ 10 „ „ 1981 „ 43,5 „
. 11 . . 1576 „ 40,1 „
1» 12 „ ,* 939 jy 36,6 „ ^
., 13 „ „ •-)78 „ 38,8 „ „
„ 14 „ , 157 „ 27,4,,
Das Geschlecht hatte keinen EinfluTs auf das Ergebnis. Dagegen
war die Eörperkonstitution von Bedeutung, denn es gaben Erfolge:
kräftig entwickelte Kinder 33,9%
Kinder von mittlerem Körperbau 39,7 „
schwache Kinder 41,0 „
Die Zahl der sich entwickelnden Pusteln erwies sich unabhängig
vom Alter und Geschlecht. Zu der zweiten Gruppe gehörten die Kinder
ohne Imp&puren, 200 an Zahl. Diese gaben 85% Erfolge. Die
dritte Gruppe bildeten solche, welche vor höchstens 5 Jahren zum
ersten Male geimpft waren. Ihrer waren 228, und die Bevaccination
hatte bei 11,8% derselben deutliche Wirkung. Bei der vierten
Gruppe endlich, den Kindern, welche die natürlichen Pocken über-
standen hatten, schlug die Wiederimpfung in 34,6% der Fälle an.
Ablehnung von Yolksschnlbldern in Dresden. Man schreibt
uns aus Dresden: Ein Antrag auf Einrichtung von Bädern in den
hiesigen Elementarschulen wurde kürzlich von der maßgebenden
Behörde, dem Rat und den Stadtverordneten, abgelehnt, da man
die Einrichtung von Yolksbrausebädern plant, die dann den Elementar-
schulkindern unentgeltlich zugänglich gemacht werden sollen. So
wird voraussichtlich das Ehrlichsche Stift die einzige Volksschule
mit Schulbad in Dresden bleiben.
Über die Ffirsorge für geistesschwache Kinder in Nieder-
Österreich bringt die ^^Wien. Ztg.^ folgendes: Der Bericht des
österreichischen Landtages wegen Errichtung einer Anstalt für
geistesschwache Kinder im Anschlüsse an die Landesirrenanstalt zu
Kierling-Gugging bei Wien gibt die Zahl der geistesschwachen
Kinder (Idioten) in Niederösterreich mit 540 an, von denen man
die Hälfte als in Privatpflege befindlich annimmt, so dafs ungefähr
für 270 Unterkunft zu schaffen wäre. Von letzteren sind 50 im
Asyl „StephaniestiftuDg'^ in Biedermannsdorf und im Piusinstitute unter-
235
gebracht. Der Landesausschufs wird daher beauftragt, in der nächsten
Session die auf die Organisation der zn errichtenden Anstalt für
geistesschwache Kinder bezughabenden Anträge zu stellen.
Der Einflufs des Turnens auf die kSrperUche Entwieke-
Ivig ist von Dr. H. Fetzeb an 17 Eleven der Königlichen Tum-
lehrerbildungsanstalt in Stuttgart untersucht worden. Die Messung
der Exkursionsweite des Brustkorbes beider Atmung ergab fur
die Exspiration 8 mal eine Zunahme, 4 mal unveränderten Wert
and 4 mal Abnahme. Bei der wichtigeren Inspiration gestaltete
sich das Verhältnis noch günstiger, insofern sich bei 14 Eleven
Zunahme, bei 1 gleicher Wert und nur bei 1 Abnahme konstatieren
liels. Der Rückgang ist blofs ein scheinbarer. Alle Kursisten haben
oämlich zunächst an Fett verloren. Das Ergebnis der Messung des
Brostnmfanges mubte daher durch die Verringerung des Brustfettes
in negativem Sinne beeinflulst werden. Während nun bei den meisten
im Verlauf der Übungen körperlich wieder aufgebaut wurde, verblieb
bei einigen der Körper, insonderheit aber der Brustkorb, magerer.
Da(s dies wirklich der einzige Grund ist, beweisen die Resultate
mit dem Spirometer, bei welchen nur Zunahmen aufzuweisen waren.
Was die Akromialschulterbreite betrifft, so zeigten bei ge-
wöhnlicher Stellung 5 Kursisten eine Zunahme, 7 gleiche
Werte, 5 eine Abnahme, bei zurückgelegten Schultern 10
eine Zunahme, 3 gleiche Werte, 3 eine Abnahme. Diese Zahlen
dürfen unbedingt als sehr günstig bezeichnet werden. Es ist nämlich
wohl zu bedenken, dafs schon eine bedeutende Entwickelung der
Brnstkapadtät dazu gehört, bis gerade in dem oberen Brustgürtel
eine Steigerung der Mafse gefunden wird, dafs also der Umfang
des Brustkorbes bei In- und Exspirationsstellung infolge seiner weit
leichteren Federung schon längst eine erhebliche Vergröfserung
gezeigt haben kann, ehe die MaTse der weniger elastischen oberen
Brustöffnung auch nur etwas zunehmen. Ferner kommt gerade hier
die Fettabnahme sehr in Betracht, sowie endlich die Thatsache,
dafe es sehr viel heiüsen will, wenn Individuen, die meist schon
ihre Militärzeit hinter sich haben und vielfach auch schon zuvor
tornerisch thätig gewesen sind, überhaupt noch Steigerungen in den
Maben der Akromialweite aufweisen. Eng an die bisherigen Er-
gebnisse schlieCsen sich die spirometrischen Resultate an. Nach
denselben ist bei sämtlichen Eleven während der Dauer des Kurses
die Lungenkapacität gewachsen, bei einzelnen sogar in recht
beträchtlichem Grade. Die Atmungsmuskeln, sowohl die Hilfs-
mnskeln für die Inspiration, als auch diejenigen, welche die Luft-
auspressung neben der federnden Kraft des Thorax besorgen, sind
demnach durch die turnerischen Übungen zur gröfseren Kraft-
236
estfaltang beraDgebildet worden, für den Unterricht wieder ein
gutes Zeugnis. Bei mehr als der Hälfte der Kursisten waren
anftnglich gröfsere oder geringere Anstände in Bezug auf die
Herzthätigkeit, namentlich die Funktion der Herzklappen, zu
notieren. Es blieben aber bei keinem Störungen zurück, sämtliche
Differenzen haben sich im Laufe des Kurses ausgeglichen, und das Herz
hat bei allen seine normale Funktion, Festigkeit und Resistenzfähigkeit
wiedererlangt. Ohne Zweifel ist dies den konsequenten und nie in
übertriebener Weise durchgeführten Marsch- und Laufschrittübungen
zuzuschreiben, denen als ergänzender Faktor sich das syatematische
Baden und Schwimmen zugesellte. Die Zahl der Pulsschläge
wies während der Ruhe bei 10 Eleven eine Abnahme auf, bei
3 gleiche Werte, bei 3 eine Zunahme, während der Bewegung
(Laufschritt) bei 15 eine Abnahme, bei 1 gleiche Werte, bei 0 eine
Zunahme. Das Erfreulichste stellen die Abnahmen der Pulszahlen
bei der Bewegung dar, denn sie beweisen eine erhöhte Widerstands-
fähigkeit des Herzens gegen den Reiz gesteigerter Inanspruchnahme
aufs deutlichste. Was die Qualität des Pulses anlangt, so liefe
sich bei der letzten Untersuchung in keinem Falle etwas Anomales
konstatieren. Bei der Körperlänge war von vornherein zu er-
warten, was auch eintraf, dafs sich keine nennenswerten Schwan-
kungen ergeben würden, dagegen kann es bei dem Körpergewicht
nur angenehm berühren, dafs eher Zunahmen als Abnahmen zu ver-
zeichnen waren, zumal die Zunahmen nicht sowohl auf Fettentwicke-
«
lung, als auf erhöhtem Anbau der Muskulatur beruhten.
Bnderfibnngen des deutschen Kaisers. Kaiser Wilhelms
Interesse für den Rudersport ist bekannt. Derselbe hat sich von
dem praktischen Arzte Dr. Eweb in Berlin einen Zinunerruder-
apparat bauen lassen, an dem er täglich Muskelttbungen vorzu-
nehmen pflegt. Eine Beschreibung dieses Apparates findet sich in
unserer Zeitschrift, Jahrgang 1889, No. 7, S. 354. Über
den wohlthätigen Einflufs der so betriebenen Ruderübungen auf sein
Befinden hat sich der Kaiser wiederholt anerkennend ausgesprochen,
so gelegentlich seines Besuches der Berliner Regatta.
Die gymnastischen Wettkämpfe anf der Pariser Ansst^Ilug
im Jahre 1900« Der französische Handelsminister, so lesen wir
im yfBuUet. tnSd.*^, hat soeben eine Kommission eingesetzt, um das
allgemeine Programm für den Wettkampf in körperlichen Übungen
festzustellen, welcher während der allgemeinen Weltausstellung von
1900 in der Gegend von Vincennes stattfinden soll. Obgleidii die
Kommission 75 Mitglieder zählt, befindet sich doch nur ein einziger
Arzt, Dr. Minart, Ehrenvicepräsident des französischen Radfahrer-
vereins, darunter.
237
Handarbeitsunterricht im Karismher Oymnasinm. Das
Gymnasinin in Earlsrahe, so wird in den „Südwestdeuf&ch. Schul-
hläft." berichtet, erfreut sich bereits der Pflege des jüngsten Zweiges
der körperlichen Erziehung, des Handfertigkeitsunterrichts. Durch
das freundliche Entgegenkommen der städtischen Verwaltung ist es
den Schülern ermöglicht, an freien Nachmittagen sich in der Papp-,
Metall-, Hobelbank' und Schnitzarbeit uneDtgeltlich auszubilden.
Und dem so oft erhobenen Vorwurf gegenüber, im Gymnasium ver-
lören die jungen Leute Sinn und Verständnis für das reale Leben,
ist die Thatsache bezeichnend, da& in Karlsruhe das Gymnasium
▼on allen Schulen am Orte die weitaus gröfste TeUnelimerzahl zu
den Handfcrtigkeitskursen entsendet.
Barmer Ferienkolonie fSr arme, kranke nnd schwäch-
Behe Schulkinder. Dem Vorstande des Vereins für Ferienkolonien
Barmens wurden nach dem „Centralbl. f, aUg, Qsdhtspflg,^ im letzten
Berichtsjahre 370 unbemittelte Kinder angemeldet und von diesen
165, welche minder krank waren, ffXv die in den Sommerferien ein-
zurichtenden Stadtkolonien zurückgestellt. Die übrigen ^05 machten
eine vierwöchentliche Kur im Solbade Königsbom durch. Das dem
Verein gehörige Kinderkurhaus vermag 90 — 100 Patienten aufzu-
nehmen. Um dasselbe möglichst vielen Kindern nutzbar zu machen,
wurde es schon anfangs Mai mit dem Beginn der wärmeren
Witterung geöffnet, und so konnten bis Mitte Oktober in 5 aufeinander-
folgenden Kurzeiten 5 Kolonien eingerichtet werden. Zugleich war es
dadurch möglich, die in die Ferien fallende vierte Kurzeit ausschließlich
ftr zahlende Kinder zu bestimmen und auch noch 127 auswärtige
Schüler, namentlich aus Remscheid und Lennep, gegen Entschädigung
in die Kolonien aufzunehmen. Es wurden im Kurhause im ganzen
429 Kinder verpflegt. Die Erfolge waren 224 mal sehr gute,
32 mal befriedigende, 7 mal blieben sie aus.
2.wüi^t tlerfugungett.
Erlafs des KSnigUeh prenfsisehen Unterriehtsministers
wegen Erwerbung nnd Pflege einer gnten, anch fKr die
l7giene des Anges wichtigen Handsehrift dnreh die Schiller
h](herer Lehranstalten.
Berlin, den 5. Januar 1895.
In Würdigung der Wichtigkeit, welche eine gute, leserliche
Handschrift fdr d&s praktische Leben hat, ist die Schule bemüht,
238
auf die Pflege einer solchen auch über die Zeit des eigentlichen
Schreibunterrichtes hinaas bei ihren Zöglingen hinzuwirken. Leider
aber entsprechen die Erfolge, wie auch die ReYisionsbemerkungen
zu den deutschen Abiturientenaufsfttzen von Ostern 1894 beweisen,
noch nicht fiberall der aufgewendeten Mfihe.
Indem ich die Aufmerksamkeit der Königlichen Provinzialschul-
koUegien auf diese Thatsache hinlenke, mache ich insbesondere darauf
aufmerksam, dafs in vielen Fällen eine auf den unteren und mittleren
Stufen erworbene gute Handschrift auf der oberen Stufe bereits
wieder verloren geht. Liegen auch die Grttnde dafür unzweifelhaft
zu nicht geringem Teil in der Flfichtigkeit der Jugend, so wird die
Schule doch bemüht sein müssen, nach wie vor gegen die daraus
erwachsenden Vernachlässigungen anzukämpfen. Viel vermögen die
Lehrer zu deren Beseitigung dadurch beizutragen, dafs sie jede Ver»
lockung zur Flüchtigkeit, z. B. durch zu rasche Diktate, meiden
und dafe sie keinen Aufsatz oder keine Reinschrift aus den Händen
der Schüler annehmen, in welchen Flüchtigkeit und UnordenÜichkeit
der Schrift zu rügen sind.
Indem ich die Königlichen ProvinzialschulkoUegien veranlasse,
die ihnen unterstellten Lehrerkollegien bei Anerkennung ihrer bis-
herigen Bemühungen nach Vorstehendem mit Weisung zu versehen,
erwarte ich in den betreffenden Verwaltungsberichten von 1895 und
1896 eine Äufserung darüber, ob und inwieweit etwa der steno-
graphische Unterricht auf die Handschrift der daran teilnehmenden
Schüler Einflufs übt.
Der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) B088E.
An
sämtliche Königliche ProvinzialschulkoUegien.
ü. II. 3064.
Verordniiiif^ des Regierangsrates des Kantons SehaflhaiiseBy
betreffend die Yerhfitnng der Weiterverbreilnng ansteckender
Krankheiten durch Schulen.
1. Den Vorschriften nachfolgender Verordnung sind alle öffent-
lichen und Privatschulen, Kleinkinderschulen, sowie die kirchliche
Kinderlehre nntersteUt.
2. Die Schulbehörden und Greistlichen haben für richtige Hand*
habung der Vorschriften zu sorgen.
3. Die Ärzte sind verpflichtet, von jedem Seuchenfalle der
Schulbehörde, eventuell dem betreffenden Geistlichen oder Lehrer
Anzeige zu machen.
239
4. Der Schulbesuch und der Besuch der Kinderlehre sind
yerboteii :
a. bei Keuchhusten dem Patienten;
b. bei Scharlach und Diphtherie dem Kranken, sowie dessen
schulpflichtigen Wohnungsgenossen, sofern nicht die vollständige
Absonderung des Kranken ärztlich bescheinigt ist;
c. bei Masern nur auf besonderes Verlangen des Arztes und
bei Ixysartigen Epidemien.
5. Besuche von Kindern in den mit Ansteckung behafteten
Häusern sind nicht gestattet, diejenigen Erwachsener möglichst zu
beschränken.
Den Eltern oder deren Vertretern liegt die Pflicht ob, allftllige
Besuche Ton Kindern abzuweisen und Erwachsene auf den Aus-
bruch der ansteckenden Krankheit aufmerksam zu machen.
Die Ärzte können, wenn es nötig erscheint, zur Vermeidung
der Ansteckungsgefahr den Verkehr mit den kranken Kindern und
ihren Wohnungsgenossen noch in strengerem Grade einschränken.
Von solchen besonderen Mafsnahmen haben sie den Bezirksarzt
sofort in Kenntnis zu setzen.
6. Bricht in der Familie eines das Schulhaus bewohnenden
Lehrers Scharlach oder Diphtherie aus, so ist der Kranke entweder
sofort auszulogieren oder die Schule fttr so lange zu schliefsen, bis
die in Artikel 9 geforderten Bedingungen erfOllt sind.
Dieselbe Mafsregel hat auch einzutreten, wenn in einer das
Schulhaus bewohnenden Privatfamilie Scharlach oder Diphtherie aus-
bricht, sofern nicht besondere Verhältnisse die Ansteckungsgefahr
als ausgeschlossen erscheinen lassen.
7. Erkrankt jemand in der Familie eines auüser dem Sehul-
banse wohnenden Lehrers oder dessen Kostgebers an Scharlach oder
Diphtherie, so darf der Lehrer den Unterricht nur erteilen, wenn
die Tollständige Absonderung gemäfs Artikel 4 Torhanden ist.
8. Bei starker Überhandnähme einer ansteckenden Kinder-
iürankheit kann der Bezirksarzt die Schliefsung der Schulen far
kflnere oder längere Zeit anordnen. Von einer solchen Mafsregel
ist jedoch dem Schulinspektorate zu Händen der Erziehungs* und
Sanitätsdirektionen unverzüglich Mitteilung zu machen.
9. Der Wiederbesuch der Schule ist dem Kranken und seinen
schulpflichtigen Mitbewohnern gestattet, wenn die Heilung und die
richtige Desinfektion durch ein ärztliches Zeugnis bescheinigt sind.
10. Anordnung und Überwachung der Desinfektion ist in Privat-
hänsem Sache des behandelnden Arztes, in Schulgebäuden ebenfalls
eines Arztes.
11. Zuwidei handeln gegen diese Verordnung wird gegenüber
240
allen Fehlbaren mit Bnfsen von 5 bis 100 Fr. bestraft. Treffen
Yoraussetzangen des Strafgesetzes za, so werden die Schuldigen dein
Strafrichter tiberwiesen.
Die Ärzte, Schulbehörden, Lehrer und Geistlichen sind unter
eigener Verantwortlichkeit verpflichtet, von den ihnen zur Kenntnis
gelangenden Übertretungen Anzeige zu machen.
YerAgiing des Bezirksschulrates der Stadt Wien becttgliek
Heizung, Lfiftung and Reinigung der Schnizimmer.
Bezirksschulrat der k. k. Beichshaupt- und Residenzstadt Wien.
G. Z. 8449.
An sämtliche Schulleitungen.
Mit Hinweis auf den § al. 2 der „Schluiäbestimmungen" des
Erlasses des Herrn Ministers für Kultus und Unterricht vom 9. Juni
1873, Z. 4816, und in Befolgung des Auftrages des hochlöblichen
k. k. niederösterreichischen Landesschulrates vom 4. Dezember 1894,
Z. 12101, wonach der Bezirksschulrat im Einvernehmen mit dem
Wiener Magistrate mit allem Nachdrucke darauf zu dringen hat,
daCs in den Schulhäusern fär eine ausreichende Reinigung und
Lüftung Sorge getragen werde, wird die Schulleitung im Sinne der
Bestimmungen des § 21, 22 und 23 der eingangs citierten hohen
Hinisterialverordnung eindringlichst auf die ihr zukommende Obsorge
fOr entsprechende Heizung, Laftung und Reinigung der Lehrziramer
aufmerksam gemacht und aufgefordert, alles zu veranlassen, was
geeignet wäre, einer Überheizung oder schlechten Lüftung der
Lehrzimmer vorzubeugen. Insbesondere hat sie
1. die „Vorschriften fttr Helzungs- und Lüftungs-
betrieb in den Schulen der Stadt Wien^^ in der nächsten
Lokalkonferenz unter genauer Bezugnahme auf alle an der Schule
vorhandenen Heizungs- und Lüftungsvorrichtungen selbst zu be-
sprechen oder durch eine Lehrperson besprechen zu lassen, wobei
Anträge zum Schutze der Kinder und Lehrer, wofeme den gerügten
Mängeln nicht von selten der Schulleitung abgeholfen werden kann,
mittelst Eingabe an die zuständige Bezirkssektion zu leiten sind ;
2. die Lehrpersonen zu ersuchen, um 8 Uhr, 10 Uhr vor-
mittags und 2 Uhr nachmittags die Temperatur des Lehrzimmers
auf einer im Lehrzimmer aufzuhängenden Tabelle (siehe Musterform
auf Seite 241) zu verzeichnen und sämtliche von den Klassenlehrern,
bezw. Klassenvorständen unterzeichneten Tabellen am Ende der
Heizperiode an die zuständige Bezirkssektion einzusenden;
3. dafür zu sorgen, dafs die Vorschriften, betreffend das
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242
öffoen der Fenster nach dem Unterrichte behnfe der nötigen Lüftiing
der Lehrzimmer, genau erfüllt werden, und im Falle yorkommender
NichterfQlInng dieser Vorschriften, sowie nachl&sdger Reinigung der
Lehrzimmer, einschliefslich der Tnms&le, nnnachsichtlich die Anzeige
an die zuständige Bezirkssektion zu erstatten.
Die erforderlichen Tabellen sind in kurzem Wege bei dem
zuständigen Ortsschulrate zu beheben.
Vom Bezirksschubate der Stadt Wien, am 21. Dezember 1894.
Der Vorsitzende-Stellvertreter.
(Gez.) Dr. Reisch.
{lerfonalien.
Bei dem Königlich preufsischen Ministerium der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten ist der Geheime Regienmgs-
und vortragende Rat von Chappüis zum Geheimen Oberregierungsrat
und der Regiemngsrat Schwabtzkopff in Düsseldorf zum Ge-
heimen Regierungsrat und vortragenden Rat ernannt worden.
Die Obersanitätsräte, Hofrat Professor Dr. Ed. Albert and
Hofrat Professor Dr. Hebm. Freiherb von Widebhofer in Wien,
haben eine Berufung als lebenslängliche Mitglieder in das österreichische
Herrenhaus erhalten.
Der Charakter als Geheimer Regiemngsrat wurde unserem ver-
ehrten Mitarbeiter, Herrn Dr. Vogt, früher Direktor des Friedrich-
gymnasiums in Kassel, und dem Regierungsrat im Kaiserlichen
Gesundheitsamte G. Röckl verlieben.
Der ständige Sekretär des deutschen Vereins für öffentliche
Gesundheitspflege, Sanitätsrat Dr. Spiess in Frankfurt a. M., hat
den Titel eines Geheimen Sanitätsrats erhalten.
Die Gesellschaft der Ärzte des Nowgorodschen Gouvernements
wählte unseren geschätzten Mitarbeiter, Herrn Professor der Hygiene
Dr. EBI8MAI4N in Moskau, die deutsche Gesellschaft f&r öffentliche
Gesundheitspflege in Berlin den Professor der Hygiene Dr. von
Fodor in Budapest zum Ehrenmitgliede.
Zum Offizier der französischen Akademie wurde Frau Piqson,
Vorsteherin der Schulen der Salpetri^re in Paris, ernannt.
Dem im Königlich preufsischen Ministerium der geistlichen u. s. w.
Angelegenheiten angestellten Landbauinspektor Ditmar ist der
Charakter als Baurat verliehen worden.
243
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Regierangsrat Dr. Gauster,
Direktor der Landesirrenanstalt in Wien, wnrde in den nieder-
österreichischen Landessanitätsrat fQr das Trienninm 1895 — 1897
berufen.
Es sind verliehen worden: dem Professor Pasteub nnd dem
Professor Roux in Paris, ersterem das Grofskrenz, letzterem die
Kommandeorinsignien des belgischen Leopoldordens; dem Direktor
des hygienischen Institutes in Greifswald, Professor Dr. Löffleb,
das Offizierkreuz der französischen Ehrenlegion; dem Provinzial-
schulrat, Geheimen Regierungsrat Tbosiek in Magdeburg, das
schwarzburgische Ehrenkreuz n. Klasse; dem Geheimen Ober-
regiemngsrat und vortragenden Rat im Königlich preufsischen Mini-
sterium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten
VON Bbbmen der rote Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub; den
Geheimen Oberregierungsräten und vortragenden Räten in demselben
Ministerium Hegel nnd Weveb der rote Adlerorden III. Klasse
mit der Schleife; dem Regierungs- und Schulrat Baüeb in Köln,
dem Gymnasialdirektor Dr. Holstein in Wilhelmshaven, dem Real-
gymnasialdhrektor Dr. Junge in Magdeburg, dem Geheimen Re-
gierungsrat und vortragenden Rat im Königlich preufsischen Kultus-
ministerium TON Moltke, dem Regierungsrat beim Provinzial-
sehulkollegium Dr. Magbb in Koblenz, dem Schulrat und Kreis-
schnlinspektor Schwalbe in Posen, dem Regierungs- und Schulrat
Spbbbeb in Breslau, dem Schulrat und Seminardirektor Dr. Tyszka
in Alfeld, dem Direktor des Leibnizgymnasiums Dr. FbiedlÄndeb
in Berlin, dem Direktor des Realgymnasiums Dr. Wittich in Kassel,
dem Direktor der städtischen höheren Mädchenschule Wenzel in
Hagen und dem Direktor Thome in Köln der rote Adlerorden
lY. Klasse; dem Direktor der städtischen Oberrealschule Dr. Acebb-
MAKN in Kassel, dem Gewerbeschuldirektor a. D. Dr. Wiecke in
Berlin und dem Kreisschulinspektor Schbeieb in Oppeln der Kronen-
orden ni. Klasse; dem Regierungs- und Schulrat Dr. Ross in
Wiesbaden und dem Schulrat und Seminardirektor Klose in Lieben-
thal der Adler der Ritter des Königlichen Hausordens von Hohenzollern.
Der Deputierte, Herr Poincabi^, ist zum französischen Minister
des öffentlichen Unterrichts und der schönen Künste an Stelle des
Herrn Leygues ernannt worden.
Professor Dr. Albebt Kossel, der ursprünglich die hygienische
Professur in Marburg flbemehmen sollte, erhielt nach dem plötz-
lichen Ableben von Professor KÜLZ den Lehrstuhl der Physiologie
daselbst.
Dr. B. Febmi hat sich als Privatdocent fttr Hygiene in Rom
habilitiert.
16*
244
Der Professor am Homboldtgymnasiam in Berlin Dr. Mbusel
wnrde zum Direktor des Köllnischen Gymnasiums daselbst, der Pro-
fessor Dr. Biese in Saarbrücken zum Gymnasialdirektor in Essen,
der Professor am Kaiser Wilhelmgymnasium Dr. ÜEBaiCANN in
Hannover zum Gymnasialdirektor in Lingen, der Gymnasiallehrer
DÖDSRLEIN am Progymnasium in Memmingen zum Direktor dieser
Anstalt befördert.
In gleicher Eigenschaft sind versetzt worden: der Gymnasial-
direktor Kern in Frankfurt a. 0. an das Luisengymnasium zu
Berlin, der Gymnasialdirektor Dr. Menge in Sangerhausen nach
Wittstock, der Gymnasialdirektor Dr. Bbock in Königsnütte nach Geb.
Der Gymnasialprofessor BaEüEB in Montabaur wurde zum Real-
gymnasialdirektor in Wiesbaden, der Professor Held an der Real-
schule in Diez zum Direktor dieser Anstalt, der Professor Kuqel
in Gotha zum Direktor der Gewerbeschule in Eisenach, der kom-
missarische Kreisschulinspektor Dr. Jonas, der Gymnasialoberlehrer
Spilling und der Seminaroberlehrer Sachse zu Kreisschulinspektoren,
der Lehrer an der 4. Bürgerschule in Leipzig Rögeb zum Direktor
der 27. Bezirksschule daselbst ernannt.
An dem neuen Lyceum Gar not in Paris ist Dr. Alphohse
Delage als Arzt, Dr. de Molenes als Hilfsarzt angestellt worden.
Der Realgymnasialdirektor Dr. Hsilebmann feierte sein fünfzig-
jähriges Dienstjubilftum, aus welchem Anlals ihm der Charakter als
Geheimer Regierungsrat verliehen vmrde.
Der Professor der Hygiene an der Universität Dorpat Dr. Bern-
hard KÖRBER hat nach Ansdienung von 30 Jahren die gesetzliche
Entlassung als Professor erhalten.
Unser verehrter Mitarbeiter, Herr Wirklicher Staatsrat Dr.
Alexander von Wirenius Excellenz in St. Petersburg, wurde
auf sein Ansuchen als Direktor des Kinderasyls der GroCsftrstiji
Alexandra Nikolajewna verabschiedet.
Es sind gestorben: in München der Königlich bayrische Unter-
richtsminister Dr. VON MÜLLER, in Dresden der Königlich säch-
sische Obermedizinalrat Dr. Franz Wilh. Koe&ner, in Genf der
Präsident des dortigen internationalen Kongresses für Hygiene und
Demographie im Jahre 1882 Dr. H. Gl. Lombard, in Paris der
hervorragende französische Kliniker Düjardin-Beaümetz, der auch
regen Anteil an hygienischen Fragen nahm und Mitglied des fran-
zösischen Sanitätsrates war, gleichfalls in Paris Dr. REaNAULD,
Honorarprofessor an der medizinischen Fakultät daselbst und Mit-
glied des beratenden Komitees für Gesundheitspflege in Frankreich,
in Aurich der frühere dortige Gymnasialdirektor Dr. DRAEGhEB, in
Kiel der Gymnasialdirektor a. D. Dr. H. Keck, in Königsberg i. Pr.
J
246
der Realschnldirektor Ekdmann, in Brieg der KreiBschulinspektor
Schidrat £beb8TBIN, in Leipzig -Gohlis der Scholdirektor Lotze,
in Kflsnacht der P&dagog H. Wbttbteim.
fttterotnr.
Besprechungen.
F. KROEeEB. Wer keut die Wunder seines Ich? £ine Schnl-
frage. Berlin, 1894. Hirsch wald. (32 S. Gr. 8^.)
Diese Broschttre ist die Arbeit einer hochgebädeten Fran,
welche fttr die VeraUgemeinerong des hygienischen Unterrichtes und
die obligate PrOfinng in der Gesondheitslehre an allen Schalen,
Lehrer- und Lehrennnenbildnngsanstalten eine Lanze bricht. Wir
Hygieniker von Fach und insbesondere jene anter ans, die als
Leiter des Gesondheitswesens ganzer Staaten berafen sind, die
modernen Frmngenschaften der Gesandheitslehre ans der Theorie
in die Praxis zu ttbertragen, nehmen jede kompetente Mitarbeiterschaft
dankbar an, trotzdem können wir jedoch einige Forderongen der
geehrten Verfasserin nicht gat heüsen.
Frau KuOBOEB klagt darüber, dafs in der Schale die Kinder
nicht aber den Bau nnd die Bestimmung der Organe des eigenen
Körpers belehrt werden. Die Klage ist vielleicht zu allgemein
gehalten. Allmählich wird in den meisten Kultnrstaaten die Gesundheits-
lehre auch in die Volksschulen eingeführt, entweder als selbständiger
Unterrichtsgegenstandy oder mit dem naturgeschichtlichen Unterricht
vereinigt, oder es werden in das Lesebach einzelne Kapitel der
Gesundheitspflege aufgenommen, die dem Lehrer Gelegenheit bieten,
den Stoff weiter zu entwickeln. Damit, dafe Lehrer und Lehrerinnen
die Kinder Hygiene lehren, ist jedoch nur ein Teil unserer Aufgabe
erfollt Die Beeinflussung der intem, die Beobachtung der Regeln
der Gesandheitslehre im Hause ist nicht minder wichtig. Allerdings
wird auch hier die Schule mit der Zeit helfen. Ich sage mit der
Zeit, denn die Erkenntnis dessen, was dem Volke not thut, dringt
nur nach nnd nach in die Massen, und wir wären Frau Kboegeb
zu besonderem Danke verpflichtet, wenn sie nicht mit Professor Ebib-
MAN17 in Moskau darauf verzichten wollte, sich auch mit den Fraueu
des Volkes zu befassen, „die in krasser Unwissepheit hinleben, ohne
eine Ahnung von der grofsen Bedeutung ihres natürlichen Berufes
zu haben^. Im Vaterlande der Frau Kboegeb stehen die Ver-
246
hältnisse anders, sXs in jenem meines hochverehrten Kollegen Eris-
ILLNN; was in Rofeland hente noch nicht möglich ist, dtlrfte in
Deutschland schon jetzt thunlich sein. Frau RBOEaEB, der die
nötige Begabung dazu nicht fehlt, sollte deshalb einen Schritt weiter
gehen und die hygienische Erziehung der armen Mädchen und
Frauen dadurch beschleunigen helfen, dals sie den Haushaltungs-
schulen eine gröfsere Wichtigkeit beimifst und in denselben der
Hygiene einen bedeutenderen Platz einräumt. Die Wohlhabenden
haben die Hygiene minder nötig, als die Armen und Unwissenden.
Die geehrte Verfasserin wünscht mit Ebismank, dafs auch die
Lehrer der Volksschulen an Universitäten gebildet werden. Das
sind Ideale, deren Verwirklichung in kurzer Zeit ebensowenig zu
gewärtigen ist, wie jene des Wunsches, dafs an der Elementarschule
ein Arzt Hygiene lehre und dafs in den Mädchenschulen eine Ärztin
diese Rolle übernehme.
Frau Kboegeb wird mir wohl erlauben, hier meine Ansicht
über die Ärztin auszusprechen, die mit der ihrigen nicht überein-
stimmt. Ich sehe mich dazu durch den Ausspruch der geehrten
Verfasserin veranlafst, dafs durch den Unterricht in der Hygiene
manches Mädchen Anregung erhalten würde, sich dem Berufe einer
Ärztin zu widmen. Die Familie ist das Fundament des Staates,
die moderne Oivilisation hat allen Anlafs, die Heiligkeit derselben zu
wahren, somit das Weib nicht ihrem natürlichen Berufe zu ent-
fremden, sie mehr, als notwendig ist, zum selbständigen Broterwerb
hinzutreiben. Es liegt sicher Mangel an Logik darin, wenn wir
einerseits durch die Industriegesetzgebung im Interesse der Familie
und der Kindererhaltung das Weib gegen Überbürdung schützen,
ihr zu gewissen Zeiten das Arbeiten in Fabriken verbieten und anderer-
seits Mädchen zum medizinischen Studium auffordern. Glabstone
äufserte einmal, dafs er den Mann als den gröfeten Wohlthäter
seines Landes preisen würde, welcher eine Erfindung ersönne, die
es jeder Familienmutter möglich machte, etwas zu verdienen, ohne
den häuslichen Herd verlassen zu müssen. Ich will zugeben, dafs
man besonders begabten Mädchen, welche die erforderiiche Vor-
bildung genossen, die, statt Suppe zu kochen und Strümpfe zu
stopfen. Griechisch und Mathematik getrieben haben, die Thüren der
Universität nicht verschliefsen soll. Es ist aber nicht notwendig, dafs
eine Ärztin die Mädchen Hygiene lehre, und wir wollen nicht damit
warten, bis wir über eine genügende Zahl von Medizinerinnen
verfügen.
Die Autorin hält die weiblichen Ärzte für unentbehrlich, weil
viele Mädchen und Frauen Scheu tragen, sich bei gewissen Krank-
heiten männlichen Ärzten anzuvertrauen. Die Zahl dieser von falscher
247
Scham IrregefQhrten verringert sich aber allmählich. Es ist Sache
des gebildeten Arztes, sich das Vertrauen seiner Patientinnen in dem
Habe za erwerben, als es fttr seine Zwecke notwendig ist.
Der geschätzten Verfasserin scheint es unbekannt zu sein, dafs
in einigen Staaten (Frankreich, Rumänien etc.) bereits weibliche Schul-
inspektoren f&r gewisse Fächer der Mädchenschulen bestehen, sonst
wflide sie vielleicht die Forderung fallen gelassen haben, dais im
obersten Schulrate eines jeden Staates eine Frau Sitz und Stimme
liabe. Eine Dame von Wissen und Herz, wie Frau Kboeger, kann
ja nicht fttr die Frauenemancipation schwärmen.
Wir wflnschen, dafs das Schriftchen der Frau Kboegeb in
jenen Kreisen viel gelesen werde, welche der Belehrung ttber die
hier behandelte Frage besonders bedürftig sind, und hoffen, dafs
dieser Erstlingsarbeit bald eine andere folgen werde. Die geehrte
Verfasserin möge uns gestatten, ihr die Haushaltungsschulen als
dankbaren Stoff fttr ihr Studium zu empfehlen.
Professor der Hygiene und Sanitätspolizei, Obersanitätsrat
Dr. med. J. Felix, Generaldirektor des Gesundheitswesens
des Eünigsreichs Rumänien in Bukarest.
Sxtrait du rapport de gestion de la miuielpaliM de Lausanne
an conseil eommimä pour rannte 1893. Direction des
ieoles. Service m^dieal. Extrait da rapport pr^senM par
M. le Dr. Combe, midecin des ^coles. Lausanne, 1894.
Imprimerie Lucien Vincent. (104 S. 8^.)
^Der Magistrat von Lausanne veröffentlicht alljährlich einen
Bericht ttber den moralischen und materiellen Stand der städtischen
ünterrichtsanstalten. Die Frage der Schulhygiene nimmt darin einen
hervorragenden Platz ein. Dieser Teil des Berichts fttr das Jahr
1893, der, wie schon frtther, von Dr. Cobcbe, einem anerkannten
Fachmann, abgefafst wurde, ist besonders interessant.
Der Genannte gibt zunächst eine Statistik der Krankheiten,
Ton welchen die Schttler während des Schuljahres befallen wurden.
Die Gesamtzahl der Erkrankungsfälle betrug 2381, 638 mehr als
im Yoijahr, und 264 im Durchschnitt auf den Monat. Der Ge-
nmdheitszustand ist demnach kein gttnstiger gewesen.
Dann folgt eine Übersicht der ansteckenden Krankheiten, die
bei den Schulkindern vorgekommen sind.
Bei Besprechung der Masern untersucht der Verfasser die in-
fektiOse Natur derselben und zieht seinerseits den Schlufs, den heute
&st alle Kliniker, die sich mit Kinderkrankheiten beschäftigen, an-
^ Ana dem Französischen. D. Red.
248
genommen haben, „dafs die Masern ansteckend sind wfthrend
der Invasionsperiode, wenn sich nur erst Katarrhe der
Augen, der Nase and der Luftröhre ohne Auswurf (?)
zeigen*'. Hieraus ergibt sich die bedeutende Schwierigkeit fOr die
Verhütung dieser Krankheit. Der Autor folgert aus seinen Beob-
achtungen femer, dafs die Ansteckung vier Tage nach dem ErschehMii
des Ausschlages aufhört, und verlangt, dafe man die Absperrungszeit
der Masemkranken verkürze, indem man sie von drei Wochen auf
zwei herabsetzt. Die Geschwister der Masemkranken müssen w&hrend
desselben Zeitraumes von der Schule ausgeschlossen bleiben. Soll
man w&hrend einer Masemepidemie zeitweilig die Schule schUefsen?
Dr. COMBE macht einen Unterschied zwischen Stadt- und Laad-
sdiulen. Während er für eine Spermng der Landschulen ist, hAlt
er sie bei den Stadtschulen für schädlich. In diesen trägt die
Schliefsung zu einer Fortpflanzung der Krankheit bei , indem die
Kinder während der freien Zeit erst recht miteinander verkehre».
In den Dörfern ist das letztere der geringen Kinderzahl wegen weniger
zu fürchten. Im Falle einer Epidemie sind die Feete, welche
mehrere Dörfer vereinigen, und die Zusammenkünfte von Stadt- und
Dorfkindem zu untersagen.
Das Scharlachfieber wütet seit fünf Jahren in Lausaime^
nicht als Schul-, sondern als Stadtepidemie. Nach d«n Verfasser
hat die Fortdauer der Krankheit trotz der angewandten prophylakti-
schen Mittel, der Desinfektion der infizierten Wohnungen u. s. w.,
ihren Gmnd in der ungenügenden Absonderung der Scharlachkranken,
einer Absonderung, die sechs Wochen dauern mufs, also bis zum
Ende der Abschuppung.
Der Bericht meldet nur vier Diphtheritisfiüle in einer Schule.
Die in dem betreffenden Dorfe vorgekommenen Erkrankungelt sind
sehr viel zahlreicher gewesen und haben den Tod mehrerer Kinder
herbeigeführt. Da einer der Söhne des Lehrers an Diphtherie
erkrankt war, wurde die Schule für einen Tag geschlossen und sorg-
fältig desinfiziert. Infolgedessai ist kein weiterer Fall aufgetreten.
Die Pocken haben sich in den Schulen Lausannes seit nenn
Jahren nicht gezeigt. Kein Kind wird in eine Schule aufgenommen,
wenn es nicht ein ärztliches Attest vorlegt, dafs es mit Erfolg geimpft
ist. Aber Dr. Combe sagt uns nicht, ob die Revaccination an-
geordnet ist und in welcher Weise sie ausgeführt wird.
Im Jahre 1893 wurden aufserdem 12 Fälle von Keuch-
husten, 54 Fälle von Mumps und 13 gutartige Fälle von Rose
gezählt.
Der Keuchhusten ist in Lausanne endemisch, doch scheint
er aUmählich abzunehmen.
249
SoU man die Kinder, die eine Geschwulst der Ohrspeicheldrüsen
(Mmnps) haben, ans der Schnle fortschicken? Gewifs! Und im Fall
einer Schnlepidemie mnfs die infizierte Klasse, wie bei den Masern
ond ans denselben Grttnden, zeitweilig geschlossen werden. Die
Sehlieisimg hat drei Wochen zu dauern.
Der Berichterstatter, dem wir eine vortreffliche Studie über die
Influenza in den Lehranstalten Lausannes während des Schu]|jahres
1889 — 1890 verdanken,^ widmet dieser Krankheit einen bedeutenden
Tefl seiner Arbeit. Seit 1889 begegnet man ihr jedes Jahr in den
Schulen; 1893 wurden 601 Fälle gezählt. Fttr Dr. Coube ist die
infektiöse Natur der Influenza unleugbar. Die Ansteckung geschieht
durch unmittelbare Übertragung. „Es scheint erwiesen, *" sagt der
Verfasser, „dafe die Infektion, wie bei den Masern, im Stadium der
Yorzeiehen sich vollzieht. ** Die Schliefsung einer Schnle wegen
Influenza erscheint völlig unntttz.
Bei Besprechung der ansteckenden Krankheiten hebt der Autor
hervor, wie sehr sich in Lausanne die Einrichtungen für die An-*
meidung derselben verbessert haben. Er hat in den Bureaus des
Rathauses eine grofse Wandtafel anbringen lassen, die in so viele
Felder eingeteilt ist, wie es Klassen gibt; jedes dieser Felder trägt
den Namen einer der Klassen der städtischen Knaben- oder Mädchen-
schulen, bezw. einer gemischten Dorfschule. Nahe bei der Tafel
st^en kleine Kasten, die Fähnchen von verschiedener Farbe ent-
halt^; jede Farbe entspricht einer der Infektionskrankheiten. Es
genagt also, dafs die Beamten jedesmal, wenn sie eine Meldung er-
balten, ein Fähnchen, das der angezeigten ansteckenden Krankheit
entspricht, in das Feld der betreffenden Klasse setzen. Der Schularzt
braucht so täglich nur einmal in das Bureau zu kommen und kann
dann mit einem Blick den Gesundheitszustand der Schulen über-
s^nen.
Dem Kapitel über die ansteckenden Krankheiten folgt eine
Reihe von statistischen Angaben über die nicht ansteckenden, nämlich
die Erkrankungen der Verdanungs- und Atmnngsorgane, des Herzens,
der Augen, der Ohren, des Nervensystems u. s. w. und schliefslich
die chirurgischen Affektionen.
Hinsichtlich der Lungentuberkulose, die Dr. Gombe für
^Aschieden übertragbar hält, fordert er, dafs man sie zu den Krank-
heiten rechne, welche die endgültige Ausschliefsung von der Schule
fDr das daran erkrankte Kind nötig machen.
Man findet femer in dieser Studie einen sehr interessanten
Abschnitt über die Einführung der Steilschrift in den Schulen.
^ Vergl. diese Zeitschrift, 1890, No. 9, S. 505—522. D. Red.
250
Der Verfasser ist yon dieser Neuerung Tollkommeii befriedigt. Die
senkrechte Schrift begünstigt eine bessere Haitang, verhindert dxd
ungesunde Verkrümmang des Rückgrates und bildet ein vorzügliches
Mittel, am der Knrzsichtigkeit der Schüler vorzubeogen.
Zum Schlafs fordert der Berichterstatter die Schaffang einer
besonderen Klasse für zurückgebliebene Kinder.
Alle, die sich mit Schulhygiene beschäftigen, werden diese
Arbeit mit Nutzen lesen, da sie sich besonders durch die Klarheit
der Darlegung und die statistischen Mitteilungen über sämtliche in
Schulen vorkommenden Krankheiten auszeichnet.
Die Gewohnheit, einen jährlichen Bericht über den Gesundheits-
zustand eines Schulbezirkes zu veröffentlichen, ist an und für sich vor-
trefflich. Überall sollten die Schulärzte sie nachahmen. Das würde
gewiüs dazu beitragen, die Fortschritte der Schulhygiene zu vermehren.
Ärztlicher Schulinspektor Dr. med. Pebrachon in Paris.
Dr. Wilhelm Bode, Geschäftsführer des deutschen Vereins gegen
den Mifsbrauch geistiger Getränke. Zum Schatz iiBserer
Kinder vor Wein, Bier und Branntwein. Eine Sammlung
von Gutachten über die Einwirkung der geistigen Getränke auf
die leibliche, geistige und sittliche Gesundheit der Kinder. Hildes-
heim, 1894. Gebr. Gerstenberg. (47 S. 8». iL 0,40.)
Die zahlreichen Publikationen, mit denen der rastlos thätige
deutsche Verein zur Bekämpfung des Milsbrauchs geistiger Getränke
als emsiger Förderer gesunder Mälsigkeitsbestrebungen gegen die
Alkoholpest und ihre Verbreiter seit Jahren zu Felde zieht, haben in
jüngster Zeit durch die obige Schrift eine wertvolle Bereicherung erfahren.
Ist das viele Trinken über den normalen Durst hinaus schon
an sich eine gesundheitlich und wirtschaftlich tief beklagenswerte
Erscheinung, so ruft die überhandnehmende Unsitte, unsere Kinder-
welt unter dem Scheine einer rettenden Heil- und Kräftigungs-
methode den Krallen des Trinkteufels zu überliefern, doppelt laut
nach Abhilfe. Es war daher ein treffliches Unternehmen von selten
Dr. BoDEs, sich die Urteile zahlreicher Autoritäten auf diesem Ge-
biete zu verschaffen und sie in seinem Büchlein zu vereinigen.
Unter den siebzig Gutachten rührt die Mehrzahl von Ärzten
her, welche zum Teil in den hervorragendsten Stellungen als Lehrer
an Kliniken, als Vorstände von grofsen Heilanstalten u. s. w.
Gelegenheit hatten, auf dem besprochenen Gebiete eingehende Studien
zu machen. Eine kleinere Zahl stammt von anerkannten Pädagogen,
endlich zwei von Militärs, das eine von dem bekannten Oberst-
lieutenant TON Knobelsdobff, das andere von unserem ruhm-
bedeckten MOLTKE.
251
Alle mit Ausnahme eines einzigen, welches die Gefahr nur in
dem AUzaviel erblickt, vereinigen sich in rückhaltsloser nnd an-
bedingter Yemrteilnng der Verabreichung geistiger Getränke an
Kinder. Die meisten lassen den Alkohol in mäfsigen Gaben nar
als ein in den H&nden des vorsichtig ordinierenden Arztes zulässiges
Mittel .gelten, einzelne sprechen ihm auch in dieser Verwendung
besonderen Wert ab. Dr. Bobe hat ganz recht, wenn er in seiner
instinktiven Einleitung die Unsitte kommunaler Verwaltungen geifselt,
welche Alkoholika zum „Wohle'' ihrer Pfleglinge selbst an Waisenkinder
Yenbfolgen. Ausgehend von Dr. Demme, der die bedeutungsvollsten
StArongen in dem Nervensystem der Kinder durch Spirituosen sich
ToDaehen sah und die Ursachen der zunehmenden Nervosität weniger
in den nachteiligen Einflflssen des Schullebens, als in der ganz
vnzweckm&fisigen, von Vergnfigungssucht getragenen Lebensweise
unserer Jugend sucht, bespricht er die Wirkung des Alkoholgenusses
«nd legt dar, wie sich auf diese Weise ein Bedürfnis nach häufiger
Erregwag und Betäubung als verhängnisvoUes Erbe des Mamies aus
der Jugendzeit einstellt.
Was nun die einzelnen Stimmen der Fachmänner anbelangt,
80 können wir selbstverständlich aus der Fülle des Stoffes nur ein-
2ehie markante urteile herausgreifen. Dr. Eraemeb in München sagt
sehr richtig : „Die alten Trinker bessern wir nicht, bei den Kindern
mftssen wir anfangen.*' Professor Hensch in Berlin meint: „Ge-
sunde Kinder bedürfen überhaupt keiner Spirituosen Getränke.^
Dr. Jacusibl in Berlin beklag bei dem vorhandenen Schaden eine
wissenschaftlich nicht zu rechtfertigende Nachgiebigkeit der Ärzte
gegenüber unverständigen Eltern. Der pädagogische Schriftsteller
Janke in Berlin wendet sich gegen die Unsitte in der Familie,
wekfae die in der Schule arbeitenden Kräfte nicht zu beseitigen
Fennögen, und gegen die Methodik, mit der unsere Jugend zum
Alkoholismus erzogen wird. Geheimrat Laehb wundert sich darüber,
dsfs wir die groben Kinder in Afrika vor dem Gift sorgsam zu
behüten suchen, ohne unserer eigenen kleinen Kinder zu achten.
Otto von Leixnkk behauptet, wer Kindern Bier, Wein oder gar
Schnäpse gebe, mache sich eines Verbrechens an Geist und Körper
der Jugend schuldig. Er sieht in der überhandnehmenden Trunk-
sucht geradezu eine Gefahr für den Bestand des Reiches. Der in
seinen Urteilen so mafsvolle Moltke erklärt den Alkohol als einen
der grOfsten Feinde Deutschlands und bedauert, dafs der Mifsbrauch
desselben im hohen Ma&e stattfinde. Möbius - Leipzig befürchtet
sof diesem Wege die langsame, aber sichere Entartung der Rasse.
Professor Rein in Jena schliefet sein Gutachten mit dem Satze :
^Was namentlich durch übermäßigen Biergenufs in der Jugend
252
unserem Volke an geistiger Kraft nnd Wirksamkeit yerloren gebt,
ist nicht zu sagen. ** Professor Schmidt in Frankfurt leitet ans
seiner Praxis den Satz ab, dafs alkobolgeniefsende Kinder besonders
zn Erkftltnugen neigen. SiEGERT-Berlin bestätigt auf Grand seiner
dreüsigj&brigen Lebrererfahrong, dafs dieselben zn den schl&frigsten
nnd nntflcbtigsten Schtilem geboren. Professor Thomas in Frdbmng
nennt Alkohol in jeder Gestalt, auch als leichtes Bier oder leichter
Wein, ein Gift f^r die Jugend. Ihm schliefet sich Medizinalrat
TuGZBK in Marburg an, der nicht eindringlich genug vor Dar-
reichung von Spirituosen in irgend welcher Form an gesunde Kinder,
sowie an erkrankte ohne bestimmteste ärztliche Verordnung warnen
kann. Professor Zuntz -Berlin vermag nicht zu glauben, dab ein
denkender Arzt den in der Laienwelt so weit verbreiteten (Hanben
teile, Wein und Bier seien als regelmäfsige Stärkungsmittel, nament-
lich far schwache Kinder, geeignet.
Wir haben zur Klarlegung der in den Gutachten niedergelegten
Anschauimgen wohl genügende Proben beigebracht. So bleibt vns
nur noch übrig, dem gewissenhaften Arzte, dem denkenden Päda-
gogen, sowie allen besorgten Eltern eindringlich die Lektüca ^ron
BODEs Schrift zn empfehlen. Wir begrüfsen bei diesem Anlafs die
immer mehr erstarkende Meinung, daCs man der Trunksucht wirksam
nur durch die Schule beizukommen vermag. Die von Bodb auf-
geworfene Frage ist in der That eine ungemein wichtige, und es ist
gut, dafs das deutsche Volk Einblick gewinne in die seinem ehren-
vollen Bestände drohenden Gefahren. Auch wir schliefsen uns dem
Wunsche des Verfassers an, dafs die wachsende Erkenntnis von der
Gefährlichkeit des Alkohols von Mann zu Mann wandere „zum
Schutze unserer Jugend und zum Segen des Vaterlandes^.
Reichsratsabgeordneter Professor Dr. phil. Viktor von Kraus
in Wien.
Henry W. Hubbarb, a Member of the medical Staff of the Stainers'
Homes for Deaf and Dumb Children. Deaf-Mntism: a Brief
Aeeennt ef the Deaf and Dumb Bunan Raee, fron tte
Earliest Ages te the Präsent Time. London, 1894. (12 S.
Kl. 8^ 6 d.)
Die kleine Schrift ist der Wiederabdruck eines zuerst in der
Zeitschrift yfLeisure Hour*^ unter dem gleichen Titel verOfentlicfatm
Aufsatzes. Sie behandelt den Ursprung und das Wesen der Taub-
stummheit, sowie die Art und Weise, in der sich dieselbe fort^
während erhält. Ebenso wird die während der letzten drei Jahr-
hunderte gegen dieses Leiden gerichtete Behandlung angefllhrt. Dabei
macht der Verfasser mit Recht darauf aufinerksam, wie durch das-
253
selbe nicht nur der Geist, sondern auch der Körper der Betreffenden
ia seiner £iitwickeliing eine Henunung erfährt; in Sparta wurden
deshalb die taubstummen Kinder durch Aussetzen getötet.
unter den Ursachen der Taubstummheit finden wir vor allem
die Yerwandtenehen und die Erblichkeit angeführt.
Sehr ausführlich sind die verschiedenen Unterrichtsmethoden
ftr Taubstumme besprochen, die in Frankreich gebräuchliche Zeichen-
sprache, die in Deutschland übliche Lautsprache und die kombinierte
Methode. Als Ziel soll dabei dem Lehrer vorschweben, die Nicht-
roUsinnigen in den Stand zu setzen, mit den YoUsinnigen auf dem
Gebiete der Wissenschaften, der freien Künste, der Industrie und de3
Handels soviel als möglich zu konkurrieren.
Wenn die kleine Arbeit auch nichts wesentlich Neues bietet,
80 ist sie doch geeignet, über die wichtigsten Punkte der Taub-
stommenbildung das gröfsere Publikum aufzuklären.
Professor Dr. med. William Smith in London.
sa^Baassiss^:^ai^H^^
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Vin. Jahrgang. lÜÜ No. 5.
(Driginalab^anMititseii.
Berufswahl und Sehkraft.
Von
Dr. med. F. Kattffmann,
Augenarzt in Ulm.
Allen Augenärzten begegnet es in ihrer Praxis gar oft,
dalfi sie Leute in Bemfsarten thätig finden, für welche die>
selben sich wegen der schlechten Sehkraft ihrer Augen nicht
eignen. Ebenso kommt jedem Ophthalmologen eine Anzahl
Ton Verletzungen und Unglücksfilllen zu Gesicht, welche mit
grolser Wahrscheinlichkeit nicht entstanden wären, wenn der Be-
treffende ein gutes Sehvermögen gehabt hätte, oder, richtiger
gesagt, wenn er mit seinem schlechten Gesichte nicht einen so
schwierigen und gefahrvollen Beruf erwählt hätte. Denn dafs
ein Arbeiter, welcher eine für seine Beschäftigung unzuläng-
liehe Sehkraft hat, Verletzungen seiner Augen sowohl als
seines Körpers überhaupt in erhöhtem Mause ausgesetzt ist,
versteht sich von selbst ; diese Grefahr erscheint namentlich bei
allen maschinellen Betrieben, ferner bei Feuerarbeitem, Eisen-
diehem, Mechanikern u. dergl. aulserordentlich grofs. Daher
ist es ein Unding, wenn ein hochgradig Schwachsichtiger oder
ein Einäugiger einen solchen für sein Sehorgan und sein Leben
gefahrvollen Beruf sich erwählt.
Aber abgesehen von den Verletzungen, besteht für einen,
der mit sehr schwachen Augen eine Thätigkeit ausübt, welche
tn die Sehkraft bedeutende Anforderungen stellt, auch die
8ehalc«ra]i41i«tttpfler« VIII. 17
268
Gefälir, dafs durch Überanstrengung und MÜBbrauoh ein früh-
zeitiger Verfall seines Sehvermögens eintritt, der es ihm un-
möglich macht, seine Aufgabe ganz oder auch nur teilweiae zu
erfüllen.
Die Zahl derer aber, welche, weil sie bei der Berufiiwahl
auf ihre Schwachsichtigkeit nicht Rücksicht genommen haben,
in eine solche mifsliche Lage kommen, ist nicht gering. Oft
sind diese Leute übler, als die Verletzten daran, insofera
letztere eine hohe ünfallrente beziehen, während ersteren nur
eine niedrige Livaliditätsunterstützung in Aussicht steht. Wenn
die Situation eines Mannes, welcher wegen Versagung der
Sehkraft seinem Berufe nicht mehr oder nicht mehr vollständig-
vorstehen kann, in allen Fällen eine betrübende ist, so wird dieser
Zustand natürlich noch besonders hart, sobald es ihm nicht
möglich war, aufser der Invaliditäts- und Altersrente sich noch
sonst etwas zu erübrigen. Wie grofs ist da der Januner und
die Besorgnis für die Zukunft, und doch muüs man sich sagen,
dafs manche von ihnen in glücklicherer Lage, in besseren,
gesicherteren Verhältnissen sein könnten, wenn bei der Berufs-
wahl die geringe Leistungsfähigkeit ihrer Augen mehr beachtet
worden wäre.
Ja, auch diejenigen sind schon schlimm genug daran,
welche wegen unzureichenden Sehvermögens zunächst eine harte
Lehrzeit durchzumachen haben, da die Folgen ihres Leidens
ihnen leicht als Unachtsamkeit und Ungeschicklichkeit aus-
gelegt werden. Sie gehören auch später nie zu den flotten
Arbeitern, und in den besten Jahren, wo sie Meister werden
sollten, müssen sie sich immer noch mit geringem Lohne be-
gnügen, ja, manchmal anstatt Meister Tagelöhner werden.
Bereits 1856 schrieb Ablt in Wien: „Eine besondere
Rücksicht auf die Augen ihrer Kinder sollten die Eltern bei
der Bestimmung des künftigen Berufes nehmen. Die Lage
eineä jungen Mannes, welchem die Augen den Dienst ver*
sagen, kann unter Umständen noch peinlicher sein, als die
eines völlig Blinden. Und in solche Lage würde mancher
nicht gekommen sein, wenn er bei der Standeswahl auf sein
269
Gesicht Rücksicht genommen hätte. Augen, welche am
Graviertiseh, in der ühnnacherwerkstätte n. dergl. binnen
wenig Jahren nnterliegen müssen) können beim Betriebe der
Landwirtschaft, der Gkürtnerei und ähnlicher Geschäfte durch
die ganze Lebenszeit vollkommen genügen. Wer ein gesundes
Auge hat, mag nach Belieben wählen, wer schwach- oder kurz-
sichtig ist, oder wessen Augen sehr zu Entzündungen geneigt
sind, der vergegenwärtige sich so genau als möglich die An*
forderungen, welche der eben zu erwählende Beruf an seine
Sehkraft wahrscheinlicherweise stellen wird, und die ver-
schiedenen Schädlichkeiten, welche diese oder jene Arbeit für
seine Augen notwendig mit sich bringt.^
Wie ist es aber noch heute? Trotzdem der Schulknabe
jedes Vierteljahr an den schwersten Augenerkrankungen zu leiden
hatte, trotzdem man sieht, dais diese Leiden Schwächung der
Sehkraft, oft auch äuTserlich sichtbare Veränderungen am Auge
oder dessen ümgebui^ gesetzt haben, ja sogar, wenn schwere
Verletzungen des Sehorganes stattgefunden haben oder ein Auge
yerloren gegangen ist, bedenkt man bei der Berufswahl nicht,
ob auch die Sehkraft für feine und mit Gefahren verbundene
Arbeiten jetzt und später ausreicht. Die Jugend selbst rechnet
weder mit ihren Kräften, noch geizt sie damit, nicht denkend,
dafe ein Nachlassen derselben eintreten könnte. Beim Auge
aber verringert sich die Leistungsfähigkeit ohnehin schon sehr
bald, die Accommodation bereits in den zwanziger Jahren.
So wird der Beruf denn mit Freude und Eifer ergriffen, und
hat der Meister über imgenügende Arbeit zu klagen, so gibt man
dem Mangel an Übung die Schuld. Hier ist Aufklärung nötig!
Es ist ja gewiis, es lernt sich viel, wenn man ernstlich
will, und Übung macht den Meister, aber seine Grenzen hat
das doch.
Auch bei den Mädchen der niederen Volksklassen steht
es nicht viel besser, als bei den £lnaben. Mit grofsen, un-
heilbaren Hornhauttrübungen behaftet, kaum Vs der nor-
normalen Sehschärfe besitzend, kurzsichtig im aüerhöchsten
Gbade und von schweren, fortschreitenden Augenleiden heim-
17*
260
gesucht, wollen sie Näherinnen, Stickerinnen, Weberinnen
n. dergl. werden. Eine Verheiratung und damit die Aufgabe
des Berufes und die Beschäftigung mit Hausarbeiten ver-
hütet ja oft den weiteren Verfall der Sehkraft, yorausgeeetzt,
dafs die Ehe nicht so ausfallt, dafs der Mann nichts nach.
Hause bringt, als einen guten Appetit, und die Frau sich
dann bei der Erwerbsarbeit, zu der ihre Augen nicht
taugen, doppelt abmartern muis. Es sollte selbstverständUoh
sein, daCs man Mädchen, deren Augen in der Schule beim
Handarbeitsunterrichte leicht ermüden, nicht einen Beruf er-
greifen läfet, der hohe Anforderungen an das Sehorgan stellt.
Schwachsichtige arbeiten fortwährend unter analogen un-
günstigen Bedingungen, wie der Normalsichtige sie nur bei
mangelhafter Beleuchtung hat, d. h. die Arbeit erfordert bei
ihnen andauernd eine gespannte Aufmerksamkeit, und das
Auge selbst ist zu erhöhter Thätigkeit gezwungen, da die
Gegenstände demselben näher gebracht werden müssen. Diese
erhöhte Thätigkeit birgt alle jene Bedingungen in sioli,
welche die Veranlassung zur Entstehung oder zum Fort-
schreiten von Kurzsichtigkeit werden können, mag man nun
der Theorie der anhaltenden Accommodation und Konveigenz,
oder derjenigen der Rollmuskelarbeit, oder endlich deijenigen
der Nervenzerrung den Vorzug geben. Bei Schülern ist dies
um so bedenklicher, als es sich um junge, noch nicht yöllig
erwachsene Individuen handelt. Femer führt übermäüsige An-
strengung der Augen bei Schwachsichtigen und besonders bei
Leuten, deren Augen ungleiche Brechkraft und Sehschärfe haben,
aber auch zu Augenzittern (Nystagmus) und Sohielstellung.
Zu angestrengte und anhaltende Nahearbeit gibt endlich zu
Blutlaufistörungen im Auge, zu Bindehautkatarrh und unter
gewissen Bedingungen vorzeitig zu einer Augenschwäche AnUüb,
wie sie sonst nur bei leicht ermüdenden oder bejahrten Per-
sonen vorkommt (Asthenopie und Presbyopie).
Man glaube nicht, dafs allein unter den Kurzsichtigen sich
viele Schwachsichtige finden, vielmehr trifft man die Schwaoh-
sichtigkeit bei demjenigen Brechungszustand des Auges, der
261
Übersichtigkeit genannt wird, fast noch häufiger an, was
ich hier noch besonders betonen möchte. So hat Schmbot-
RiMPiiEB 3420 Schülerangen anf ihre Sehschärfe untersucht
und dabei folgendes ermittelt: Es hatten Sehschärfe <C ^1% nnter
den Normalsichtigen 2%; nnter den Kurzsichtigen mit einer
Myopie von 1 — 3 Dioptrien 6%, mit einer solchen von 3 — 6
Dioptrien 9Vo, mit einer solchen von >> 6 Dioptrien 19%;
imter den Übersichtigen mit einer Übersichtigkeit von •< 3 Diop-
trien 24%, mit einer solchen von > 3 Dioptrien 50%; unter
den Astigmatikem 47%.
Nehmen wir ferner hinzu, dals nach De Haak die
Sehschärfe vom 40. Lebensjahre an ohnehin stetig abnimmt
und dals Schön nach seiner neuesten VeröflPentlichung die Ent-
Wickelung von Astigmatismus, fiomhautentzündung, ja, von
grauem und grünem Star mit pathologischer Accommodation
und Konvergenz der Augen in Zusammenhang bringt, so liegt
Grund genug vor, hochgradig Schwachsichtige zu warnen,
einen Beruf zu ergreifen, dessen Ausübung hohe Anforderungen
an die Leistungsfähigkeit der Augen stellt. Die Berufswahl
erfolgt aber in den meisten Fällen — von den Ausnahmen
wird später die Bede sein — nach persönlichen Neigungen
und Fähigkeiten, und man darf daher von Vorschlägen und
Mafsregeln, welche diese Selbstbestimmung beschränken wollen,
nicht allzuviel Erfolg erwarten; sie können nur die Form
einee guten Bates haben, und weiter beabsichtige ich auch
nicht zu gehen.
Aus den zahlreichen Untersuchungen von Schulkindern
auf Kurzsichtigkeit und Sehschärfe haben weitere Elreise Ver-
anlassung zur Belehrung in Bezug auf die Berufswahl nicht
genommen. Diese Thatsache mag zum Teil darin begründet sein,
dals die Augenprüfungen meistens mehr in wissenschaftlichem
Interesse vorgenommen wurden. Die Hauptursache davon ist
aber die, dafs Untersuchungen von Gelehrtenschulen ein greises
Publikum wenig berühren, insbesondere jene Stände nicht, aus
welchen die Arbeiter der Industrie, des Handwerks, der
Fabriken hervorgehen. Untersuchungsergebnisse der Volks-
262
and Bttrgerschalen würden siokerlich weitere Kreise inter-
essieren, und ich glanbe, daiSs, wenn man die Schüler der
genannten Schulen auf ihre körperlichen Gebrechen und ün-
Eulftnglichkeiten aufmerksam machte, manches Gute in Bezug
auf die Berufswahl gestiftet werden könnte. Doch will ich
hier nur schildern, wie nach meiner Meinung von Seiten der
Schulau&ichtsbehörden auf Schwachsichtige eingewirkt werden
müfste. Von anderer Seite mögen dann vielleicht Yorschlfige
beigebracht werden, was in betreff sonstiger Gebrechen bei
Schülern in der gedachten Absicht etwa geschehen könnte.
Die Notwendigkeit, die Zöglinge der niederen Schulen auf
ihre Schwachsichtigkeit zu untersuchen und aufmerksam ea
machen, geht aus dem umstände hervor, dafs, wie Oohk in
Breslau und Qelpke in Karlsruhe gefunden haben, sich in
den niederen Lehranstalten mehr Schwachsichtige befinden, als
in den höheren. So fand Cohn mit Hornhauttrübungen behaftet
in den Volksschulen 2,5 Vo, in den Mittelschulen 4,4 Vo, in den
höheren Töchterschulen 1,5%, in den Realgymnasien 0,8%, in
den Gymnasien 1,5%. Er setzt hinzu: „fast alle Fälle hatten
zu Kurasichtigkeit geführt *'. Gelpke ermittelte in den EUementar-
schulen unter 10832 Augen 1013 sehschwache, d. i. 9,3%,
darunter 380, die es durch Homhautflecken geworden waren.
Überall zeigt sich, dafs die Schulen, welche vorzugsweise
von Kindern der ärmeren Bevölkerung besucht werden, mehr
Schwachsichtige, insbesondere mehr an Hornhauttrübungen
Leidende, aufweisen, nnd Hornhauttrübungen sind ja fast immer
ein unheilbares Leiden.
Mein Vorschlag geht deshalb dahin, den von den Volks-
und Bürgerschulen abgehenden Schülern und Schülerinnen ein
Zeugnis über ihre Sehschärfe, einen Sehschein, auszustellm.
Derselbe könnte da, wo ein allgemeines Schulzeugnis er-
teilt wird, demselben angefügt werden und sollte auch noch
einen Fingerzeig enthalten, welche Berufisarten von hochgradig
Schwachsichtigen zu meiden, bezw. zu wählen sind. Der
Breohzustand der Augen, d. h., ob Normalsichtigkeit, Kurz-
sichtigkeit, Weitsichtigkeit, oder Astigmatismus vorliegt, kann.
263
wenn der Untersucher sich die Zeit zu dieser Bestimmung
nehmen will, in besonderen Fällen angeführt werden. Denselben
genau dem Grade nach auszudrücken, ist jedoch überflüssig.
Allgemeine Angaben, wie gering, hochgradig kurzsichtig oder
weitsichtig, genügen, und dürfte die jüngst zu neuem Ansehen
gelangte Skiaskopie dem untersuchenden die Arbeit wesentlich
erleichtern. Auch ob äuisere Augenerkrankungen, z. B.
Homhautflecken, oder innere die Schuld an der Sehschwache
tragen, könnte in einzelnen Fällen angegeben werden, doch
halte ich solche Angaben nicht für absolut nötig; wer sich
hierüber unterrichten wiU, mag mit seinem Kinde zum Augen-
arzte gehen. Wichtig ist es, dafs die Mitteilimgen in leicht-
▼eistftndlicher, volkstümlicher Weise gemacht werden, damit
die Kinder sowohl als auch die Eltern und Lehrherren sich
danach richten können; mit der Mitteilung des G-rades der
Kuizsichtigkeit u. s. w. wissen Laien nichts Bechtes anzufangen,
da sie ihnen zu gelehrt und zu wissenschaftlich ist.
Ich würde raten, drei Bezeichnungen zur Charakterisierung
des Sehvermögens zu gebrauchen: 1. gut für eine Sehkraft bis
zu Vt der normalen herab; 2. genügend für V< — Vs der nor-
malen Sehschärfe; S. ungenügend für die noch geringeren
Grade. Bei dieser Einteilung würden die hohen Grade von
Astigmatismus und Kurzsichtigkeit, welche vielfach Neigung
2Qm Fortschreiten und zu krankhaften Veränderungen des
Auges zeigen, sich wohl hauptsächlich in der zweiten Gruppe
finden und in der dritten Gruppe die nur noch zu groben
Arbeiten tai^lichen Augen. Was die erste Gruppe anlangt,
so ging ich von der Ansicht aus, dafs man mit Sehschärfe ^/s
noch jeden Beruf aufnehmen kann. Wer nur ein Auge od^
nur ein gebrauchs&higes Auge hat, sollte auch bei voll-
kommener Sehkraft dieses einen Auges zur zweiten Gruppe
gestellt, wenn aber das eine Auge eine irgendwie verminderte
Sehschärfe hat, als mit ungenügender Sehkraft behaftet be-
zeichnet werden.
Wie nun die Lehrherren in grofsen Betrieben schon jetzt
die Lehrlinge je nach den Fähigkeiten zu der einen oder anderen
264
Thätigkeit verwenden, so werden dieselben in Znkimfl; auch
auf den Sehschein Rüoksioht nehmen und dem nen eintretenden
Lehrlinge die Arbeit anasnchen, für welche seine Sehkraft aus-
reicht. Die nötige Übung in der Beurteilung des Falles dürften
sie sich schnell aneignen und selbst Ausdrücke, wie äuisere,
innere Augenerkrankung, Hornhautflecken u. dergL bald ver-
stehen. Die Meister des Handwerks aber, die Tischler-,
Schlossermeister u. s. f., werden, wenn sich die Sehscheine erst
einmal eingebürgert haben, es bald vorziehen, nur sehtüchtige
junge Männer einzustellen.
Es liegt nahe, anzunehmen, dafe mancher junge Mann
wegen aUzu ängstlicher Rücksicht auf seine ungenügende Seh-
kraft nicht den Beruf ergreifen und sich nicht die Stellung
erringen werde, welche er vermöge seiner sonstigen Fähig-
keiten einzunehmen berechtigt ist. Dem gegenüber läTst sich
zunächst anführen, dafs ein hochbegabter junger Mann, wel-
cher mit Leib und Seele gern Soldat wäre, nicht Offizier
werden kann, wenn sich bei der Musterung ein geringer Plattfuls,
ein Kropf, oder sonst ein unbedeutender Fehler herausstellt.
Auch die Kandidaten für den Eisenbahn-, Post- und Forstdienst,
sowie für manche andere Anstellungen in öffentlichen Diensten
haben Zeugnisse über ihren normalen körperlichen Zustand
beizubringen, und selbst von der Anstellung als Geistlicher
schliefsen in manchen Ländern gewisse körperliche Gebrechen
aus. Ausserdem steht nichts im Wege, dafs ein junger Mensch,
der in der Lehrzeit sich gröberen Arbeiten widmete, später, wenn
er die nötigen Fähigkeiten besitzt, zu feineren Beschäftigungen
übergeht; dann ist er aber auch älter geworden, und ioh möchte
die Augen insbesondere während der Jugend geschont sehen,
da in dieser Zeit die Gefahren für dieselben am gröisten sind.
Damit jedoch die Schüler nicht erst beim Abgange von
der Schule über die Leistungsfähigkeit ihrer Augen unter-
richtet werden, wo es schon manchem schwer fallen würde,
sich einem vielleicht längst gewünschten Berufe nicht widmen
zu können, sollten die Knaben wenigstens zweimal auf ihre
Sehkraft untersucht werden, das erste Mal im elften Lebens-
265
jalure, das zweite Mal beim Abgange von der Schule. Dann
könnten die sohwachsicbtigen elfjährigen Schüler auf ihren
körperlichen Mangel aufmerksam gemacht und zu leichteren
Berufsarten, wie die Landwirtschaft u. dergl., hingelenkt werden.
Mir ist dies in meiner Praxis schon öfter geglückt, stets zum
Wohle der Betreffenden. Sodann halte ich die erste Unter-
sachung im elften Lebensjahre auch deshalb für wichtig, weil
für die Zulassung zur regelmä&igen Pabrikarbeit als mindestes
Alter bestimmt ist in Deutschland, Frankreich, den Nieder-
landen, Schweden und Norwegen das zwölfte, in Osterreich
und Dänemark das zehnte Lebensjahr.
Femer ist die Einteilung der Schüler nach ihrer Seh-
schärfe so gewählt, dals allzu groise Härten dabei möglichst
vermieden sein dürften. Der Gruppe 3 sind allerdings viele
Gebiete der Thätigkeit verschlossen, aber daran ist wohl nicht
die Einteilung schuld. Ich habe daher, um diesen Schwach-
sichtigen zu zeigen, wie grois das Feld ist, auf dem sie sich
noch bethätigen können, ziemlich ausführlich die Berufsarten,
welche für sie passen, in dem Schema auf Seite 268 — 269 an-
geführt; so sehen sie, dafs sie doch nützliche Glieder der mensch-
lichen Gesellschaft werden können. Zu sehr vielen Berufs-
arten taugt allerdings ein schon in der Jugend mit nur
75 Sehschärfe ausgestatteter Knabe nicht. Auch Zehenpeb
setzt in seinen Tabellen zur Berechnung der Einbulse
an Erwerbsfähigkeit bei Herabsetzung der Sehkraft auf
Vö an beiden Augen diese Einbufse auf 33 — 78 Prozent
fest. Nur kurz berühren möchte ich, dals hochgradig
Schwachsichtige oft auch in der geistigen Entwickelung zurück-
bleiben und dadurch wohl gleichfalls für manche Berufs-
arten nicht geeignet erscheinen. So führt Peblia in seinem
Leitfaden der Hygiene des Auges auf Seite 84 an, dals
Gelpke in Karlsruhe unter den guten Schülern nur 6,7 ^/o,
imter den schlechten 22% Schwachsichtige, und zwar
meist an skrofulösen Augenkrankheiten Leidende gefunden
habe.
um übrigens zu erreichen, dafs die Schwachsichtigen nicht
266
wie gebrandmarkt erscheinen, ist es nötig, dafs alle Schüler
einen Sehschein erhalten.
Für Mädchen hfttten die Zeugnisse auch noch Bedeutung
bei ihrem späteren Eintritt in Handarbeitsschulen. Die
Gruppe 2 sollte die schwersten Fächer in diesen Schulen
meiden, wobei die Einteilung der Handarbeiten nach Cohh,
Hygiene des Auges, Seite 469 zu Grunde gelegt werden
könnte. Die Gruppe 3 wäre nicht oder nur bedingt kuzu*
lassen, jedenfalls dürften diese Mädchen nicht systematisch
und anhaltend mit schwierigen Nahearbeiten beschäftigt
werden.
Die Sehscheine der Knaben würden wohl das Aus-
hebungsgeschäft etwas erleichtem, auch der Kranken- und
namentlich der Invaliditäts- und Unfallversicherung Nutzen
bringen, indem frühzeitige Invalidität durch Augensohwäohe
seltener einträte und manche Verletzungen weniger oft vor«
kämen.
Am meisten aber sollen die Sehscheine ihre Wirkung
zum Besten der arbeitenden Klasse entfalten, und ich glaube,
sie würden bald nicht mehr als Eingriff in die persönliche
Freiheit, sondern als Wohlfahrtseinrichtung empfunden werden,
denn die Hygiene und das Streben nach Verhütung von
Ejrankheiten und Unfällen ist bereits Gemeingut aller Volks-
klassen geworden.
Als Anhang möchte ich hinzufügen, dafs an den Gymnasien,
Realgymnasien und höheren Töchterschulen die ne u eintretenden
Zöglinge auf ihre Sehkraft untersucht und diejenigen, deren
Sehschärfe sich geringer als Vft der normalen erwiese, womöglich
nicht aufgenommen werden sollten. (? D. Red.) Ich bin zu dieser
Forderung gekommen durch einige traurige Fälle aus meiner
Praxis. Sehschärfe Vs macht ja auch militärfrei, und was
ist zu hoffen von einem eventuellen Studium für Augen,
welche schon in so früher Jugend nur Vs Sehschärfe habea?
Auch die Wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesea
in PreulBen wünscht in einem Gutachten vom 24. Oktober 1888 :
„Der Arzt soll jeden einzelnen zum erstenmal in die Schule
267
Bmtretenden besiolitigeii und die etwa vorhandenen Mängel
feststellen.'*
Wie, wo und von wem sind die gedachten Unter-
snohnngen yorznnehmen? Von den Prüfangen an höheren
Lehranstalten abgesehen, möchte ich die Arbeit zwischen
Lehrer nnd Arzt geteilt sehen. Wenigstens, solange die
Ton CoHK geforderten Schulärzte noch nicht vorhanden sind,
sollten die Lehrer zur Unterstützung der Ärzte beigezogen
▼erden. Es könnten dieselben die YoruntersuchuDg ausführen
— vorausgesetzt, dab der Arzt nicht freiwillig die ganze
Untersuchung übernehmen will — , indem sie allen Eündem,
welche Sehsdiärfe > V> — 1 haben, also der Gruppe 1, das
Zeugnis selbst ausstellten und nur die eigentlich Schwach-
sichtigen dem Arzte zuwiesen. Die Zahl der letzteren beträgt
nach den bisher angestellten Untersuchungen etwa Vs der Ge-
samtzahl. In den Dorfechulen brauchten sogar nur diejenigen
Kinder untersucht zu werden, welche sich einem Handwerk
oder der Eabrikarbeit widmen wollen.
Über das Vorgehen bei solchen Untersuchungen will ich
den in dieser Richtung aufserordentlich erfahrenen Professor
OoHN sprechen lassen: „Nehmen wir die Klasse zu 50 Schülern
an. Man hängt da eine Lesetafel an die Wand; jedes Kind
tritt 6 m von derselben entfernt an, sieht hin und liest
3 — 4 Haken oder Buchstaben. In 10 Minuten sind diejenigen
Kinder gefunden, welche ganz normal sehen, und die Ametropen
ausgeschieden. In einem Vormittage also ist diese Vorprobe
bei 1000 Kindern beendet. Man kann dieselbe auch so gut,
wie die Körpermessungen, von einem Lehrer machen lassen.^
Erleichtert wird die Untersuchung dadurch, dafsman es schon mit
älteren, verständigeren Kindern zu thun hat. Jedes Kind hält
sein Formular mit dem von ihm selbst aufgeschriebenen Namen
in der Hand, so dais die Eintragung bei Normalsichtigen sofort
gemacht werden kann. Übereinstimmend hat ja auch Hjbbtel
im Berliner Lehrerverein vorgeschlagen: „Behufs Feststellung
der Sehschärfe der Schulkinder sind dieselben sowohl beim
Eintritte in die Schule, als auch in bestimmten Zwischenräumen
268
während der Schulzeit zu untersuchen; für den Lehrer ist
zu dieser Untersuchung die CoHNsche Hakentafel zu empfehlen/^
Zur Prüfung der Schwachsichtigen dürfte für den Arzt ein
kleiner Kasten mit 6 Gläsern, bezw. Lorgnetten ausreichen.
Die nötigen Konkavgläser wären — 2, — 4, — 8 Dioptrien,
welche bei Kurzsichtigen nacheinander, bezw. kombiniert zu
probieren wären; eine Kurzsichtigkeit von über 14 Dioptrien
in diesem Alter wird, wenn auch mit guter Sehschärfe gepaart,
mit vollem Recht in Gruppe 3 verwiesen. Die Serie Konvex-
gläser könnte sein + IV«, + 3, -|- 6 Dioptrien. Die Ästig-
matiker würden bei dieser Art der Untersuchung, ihnen selbst
nicht zum Nachteil, meist in die Gruppe 2 kommen. Hat
der Arzt Zeit und Lust, so kann er sich die Augen auch
noch ansehen und kurze Bemerkungen, wie äuisere, innere
Augenerkrankung, Homhautflecken, Lidentzündung u. s. f., ein-
tragen, doch ist dies für unseren Zweck nicht unbedingt nötig.
Es folgt hier das Schema eines solchen Sehscheines:
Knabenvolksschule Ulm.
Sehschein
für Karl Maier, 14 Jahre alt, aus Ulm.
1. Sehkraft { i- i \ genügend.
2. Ursache der Sehschwäche
a. äufsere Augenfehler: Homliaut-
trübungen.
b. innere Augenfehler: fortschrei-
tende Kurzsichtigkeit.
Dr. Kauffmann.
1. Bei nur „genügender Sehkraft" sollten Beru&arten,
welche sehr hohe Anforderungen an die Augen stellen,
nicht gewählt werden, wie die als Graveur, Lithograph,
Uhrmacher, Zeichner, Beinschnitzer, Retoucheur — Stickerin,
Liniiererin, Spitzenarbeiterin.
» Zeitschrift für Schulgesundheiispflege, 1893, No. 4, S. 208.
269
2. Bei „ungenflgender Sehkraft^ oder, wenn man nur ein
gebrauchsfähiges Auge hat, sollte man nicht einen
Beruf wählen als Feuerarbeiter irgend welcher Art,
Mechaniker, Schriftsetzer, Schneider, Musiker, Schreiber,
Klavierbauer, Dachdecker — Näherin, Spinnerin, Buch-
halterin.
Es ist dagegen ratsam, sich in diesem Falle zu be-
schäftigen als Landwirt, Gärtner, Bäcker, in Gastwirtschaften,
Molkereien, Käsereien, Fettwaaren-, Malz-, Zucker-, Ci-
chorienfabriken, in Landesprodukten-, -Rohprodukten-, Eisen-,
Brennmaterialienhandlungen, in Ziegeleien, in Wasch- und
Bleiehanstalten, bei Pferde- und Viehzucht, in der Forst-
wirtschaft und bei der Flösserei — in Küche, Haus-
haltung und Landwirtschaft.
Den Distriktsärzten wäre für die Thätigkeit der Unter-
suchung ein fixes Honorar auszusetzen. In der Stadt dürften
Physikus und Augenarzt mit vereinten Kräften diese nicht
allzu groDse Arbeit bewältigen. In Universitätsstädten könnten
noch Assistenten und Praktikanten beigezogen werden. Bei
der Einfachheit der Untersuchungen liefsen sich dieselben
wohl stets in den Schullokalitäten vornehmen, und der Arzt
wäre nur selten veranlaist, ein Kind zu sich nach Hause
kommen zu lassen.
Ich habe gewagt, die Sehscheine vorzuschlagen, trotzdem
iek mir bewuTst war, dafs von Seiten der Schule, der Behörden, der
Miam und Ärzte Einwendungen dagegen erhoben werden können.
Sagt doch beispielsweise v. Hifeel : „Alle Forderungen, welche
regelmälfiige, nur von Specialärzten ausführbare Untersuchungen
der Schüler erstreben, sind unerfüllbar und sollten daher von
vornherein gar nicht gestellt werden^. Die Prüfungen auf
Schwaohaichtigkeit wären allerdings regelmälsige, aber, wie
ich gezeigt habe, von jedem Arzte ausführbare. Und wenn die
Vornahme der vielen anderen vorgeschlagenen Untersuchungen
der Schulkinder, bei welchen ein Dutzend von Fragen be-
antwortet werden muls, möglich ist, wenn selbst die wieder-
270
holte Besichtigung der Zähne der Kinder durchgeführt werden
BoU, 80 glanhe ich, dafs sich die vorgedachte Untersachimg
anch noch ansfbhren läfst.
Und einigen Nutzen verspreche ich mir doch von
dieser Mahnung an Eitern, Vormünder, Kinder und Lehr-
herren; gerade die krassesten Falle von falscher Berufswahl
dürften doch seltener werden. Ich erkenne an, was ein
hochangesehener Herr mir schreibt: ^Die Beru&wahl ist
in der Begel keine reine Yerstandesoperation. Neigung
und Greschick nach der einen oder anderen Richtung
hin — wenn dergleichen vorhanden ist — müssen doch
wohl in erster Linie berücksichtigt werden, dann aber
anch der Beruf des Vaters, der den Kindern sehr oft un-
gewöhnliche, nicht zu unterschätzende Vorteile veraoha£Pt,
endlich noch tausend andere, gar nicht au&ählbare Vorteile,
die aus zufälligen, persönlichen Beziehungen hervorgehen.^
Doch glaube ich, daJB gerade in Arbeiterkreisen, die hier in
erster Linie in Betracht kommen, die angezogenen Vorteile
nicht so schwerwiegend sind, denn von verwandtsohafitlichen
Beziehungen ist hier oft nicht viel zu erwarten, und die
Berufswahl ist leider hier in der That meist reine Verstandes*
Operation, und zwar öfter eine solche der Eltern, als der Kinder.
Erstere fähren ihre jungen Söhne und Töchter derjenigen Be-
schäftigung zu, bei welcher diese sogleich möglichst viel ver»
dienen, weil sie den Verdienst oft zur Erhaltung der nach-
geborenen Kinder dringend bedürfen. Neigung und Geschick
haben übrigens auch bei der durch die Sehscheine gezogenen
Beschränkung noch Raum, sich zu entfalten, und Vorteile aus
zuftlUiger persönlicher Beziehung zu gewinnen, ist keineswegs
ausgeschlossen.
Ich hoffe, im Vorhergehenden gezeigt zu haben, dafe
eine Ermahnung zu reiflicher Überlegung bei der Wahl des
Berufes auch in Bezug auf die Sehkraft notwendig und er-
spriefslich ist, wenn es mir auch nicht möglich war, durch
Zahlen statistisch zu erhärten, wieviel Unglück durch das
Ergreifen eines Berufes, zu welchem der körperliche Zustand
271
nicht taugt, herbeigeführt wird. Auch glaube ich, dafis bei
dem YOJgezeigten Wege die Mühe und der in Bewegung zu
setzende Apparat nicht so grofs sind, dafs sie in keinem Ver*
hältnisee zu dem Erfolge stehen. Es heilst natürlich auch hier:
schnell gedacht imd schwer gethan, aber es ist Pflicht jedes
Arztes, zu trachten, wie er menschliches Elend verringem und
Sehftdigungen der &eeundheit verhüten könne, getreu dem
Wahlspruche meines verstorbenen Lehrers Ablt: „Primum
medici est humanitas.^
Nochmals meine Steh- und Sitzschulbank.
Von
Dr. phil. W. Götze,
Direktor der Lehrerbildungsanstalt fär Knabenhandarbeit in Leipzig.
Ln vorletzten Hefte der Zeitschrift /ür Schuigesundheitspfiege
sind von Herrn Dr. Dornblüth in Rostock gewichtige ärzt-
liche Bedenken gegen die von mir vorgeschlagene Steh- und
Sitzscdiulbank geltend gemacht worden, die es mir wünschenswert
erscheinen lassen, die verehrte Redaktion dieser Zeitschrift um
das Wort zur Verteidigung meiner Idee zu bitten.
Es unterliegt auch mir keinem Zweifel, daüs das Stehen
anstrengender ist, als das Sitzen; ich bekämpfe dies letztere
daher auch keineswegs an und für sich, namentlich nicht,
wenn ordentlich, d. h. gerade und ohne Einengung des Brust-
korbes und des Unterleibes gesessen wird. Wogegen ich zu
Felde ziehe, ist nur die übermäfsig lange Dauer des Schul*
eiizens ohne Wechsel in der Körperstellung, 6 bis 7 und an
löheren Schulen bis zu 8 Stunden am Tage. Und zu den in
der Schule abgesessenen Stunden kommt dann noch die Zeit,
ip^elehe die so bewegungsfrohe Jugend zu Hause über den
Schulaufgaben weiter hockt. Was sind im Verhältnis zu
272
diesen Sitzstonden die kurzen Patisen zwischen den Lektionen?
Das Aufstehen der Schüler beim Antworten ist eine sehr
sporadische, gleichsam nur zuftllige und nur einzelnen Zög-
lingen gewährte Erleichterung. Eis gibt aber bekanntlich auch
Unterrichtsstunden, wo die Wohlthat, einmal aufzustehen,
keinem einzigen der Schüler zu teil werden kann, weil eben
keiner gefragt wird, z. B. in den höheren Schulen bei den
zusammenhängenden Darstellungen des Lehrers in der G^
schichte, der Litteraturgeschiohte, der Beligionslehre u. s. w.
Und können denn, so frage ich, die Kinder in der Volks-
schule bei dem Schreibunterrichte ohne Einengung des Unter-
leibes sitzen? Müssen denn nicht die langanhaltenden
Schreibübungen, bei denen der Unterleib dauernd zusammen-
geprefst und keineswegs durch gelegentliches Aufstehen beim
Antworten ein Wechsel der Körperstellung herbeigeführt wird,
zu Cirkulationsstörungen Veranlassung geben? Beweisen da-
gegen nicht die vielen G-elehrten, Beamten und Comptoiristen,
welche auf ärztlichen Bat am Stehpulte schreiben, dals dieae
Stellung gerade beim Schreiben die dem Körper dienlichere ist?
Ein sehr wichtiger G-rund gegen das anhaltende Sitzen
ist ja in der Thatsache gegeben, dafs die Kinder, je länger
sie sitzen, um so geneigter werden, eine krumme Haltung
einzunehmen. Darin liegt ohne Zweifel eine grobe G«£ahr
für bleibende Bückgratsverkrümmungen.
Wie ich mich nun aber nicht gegen das Sitzen, ins-
besondere nicht gegen das richtige Sitzen, erklärt habe, denn
meine Schulbank ist ja vollkommen für diese KörpersteUnng
der Kinder mit eingerichtet, ebensowenig spreche ich für ein
anstrengendes, langes Stehen, am wenigsten fdr ein fireiee
Stehen ohne Stütze. Nach meinem Vorschlage sollen die
Kinder in halber Grätschstellung mit gestreckten Beinen so
in der Bank stehen, daüs sie die Mitte der beiden Unterarme
auf die Vorderkante der Tischplatte auflegen und eine gerade,
aufrechte Körperhaltung einnehmen. Auf diese Weise wird
der Oberkörper durch die Arme gestützt, und der Unterleib
ist von aller Einengung befreit. Dafs auch das Stehen er-
273
m&dety ist mir wohl bekannt, und ich bin weit davon entfernt,
diese Körperhaitang als die allein richtige zo empfehlen.
Man mag ihre Dauer immerhin nur auf kurze Zeit bemessen;
vielleicht Iftfet man eine Erlasse nicht Ifinger als 10 Minuten
sieh Tom Sitzen erholen. Das mögen die Schulärzte und
Sohulhygieniker entscheiden. Da binnen zwei Sekunden die
Umwandlung meiner Bank für den Steh- oder Sitzunterricht
ToUzogen werden kann, so ist kein Hindernis, die Schüler
wAhrend des Unterrichts die Körperstellung so oft wechseln
zu lassen, wie es ihrer Gesundheit am zuträglichsten ist. Ich
trete also fär den Wechselunterricht ein und habe meine
Auigabe lediglich darin gesucht, mit den einfachsten tech-
nischen Mitteln eine wohlfeile Schulbank zu schaffen, die es
gestattet, dab die Kinder zeitweise das Sitzen unterbrechen
und dem Gange des Unterrichts im Stehen folgen. Wie eine
in der Gemeinnützigen Gesellschaft zu Leipzig mit Schülern
öffentlich angestellte Probe bewiesen hat, ist technisch dieses
Problem gelöst.
Zugleich hat damit aber auch eine ganz andere Frage
ihre Lösung gefunden. Auf den in Brusthöhe der Schüler
emporgezogenen Schultischen kann ohne weiteres Hand-
fertigkeitsbeschäftigung, insbesondere die Arbeit der sogenannten
Vorstufe, femer Papparbeit, Kerbschnitzerei und Modellieren
betrieben werden, was auf Sitzbänken geradezu unausführbar
wäre. Wer aber die ganz erheblichen Schwierigkeiten kennt,
die sich der Einrichtung besonderer Schülerwerkstätten ent-
gegenstellen, und wer wie ich nach fünfzehnjährigen praktischen
Erfahrungen an Tausenden von Ejiaben ein begeisterter Freund
der erziehlichen Knabenhandarbeit geworden ist, der weils
auch aus diesem Grunde die Stehschulbank zu schätzen.
Wenn sodann im Eingange seiner Darlegung Herr Dr.
DoBNBLüTH behauptet, dals eine grofse Verbreitung der neuen
Schulbank schon durch ihren hohen Preis ausgeschlossen sei,
so weils ich nicht, auf welche Angaben er diese Behauptung
gründet. Thatsächlich liegen die Dinge so, dals die Preis-
differenz zwischen einer allein zum Sitzen eingerichteten und
8ehalcwandlMltopfl6f6 VIII . 18
274
der Ton mir fbr den WechBelxiniemohi Torgeschlageneii Scinil-
bank nicht mehr als 8 bis 3,60 Hark beträgt. Nimmt man
die Daner einer fest gebanten Bank anf drei SohtLlergenaraticmen,
also anf 3 X 8 == 24 Jahre an, so beträgt die Preisdflffimns
Air eine Schülergeneration höchstens 1,80 Mark und, da die
Bank zwei Plätze hat, fär jeden Schüler nicht mehr als
60 Pfennige. Es ergibt sich also, daüs man durch Mehr-
anfwendnng ron 50 bis 60 Pfennigen einen Knaben wätktend
seiner ganzen Schnlzeit nnd darüber hinans von den tfblen
Folgen des danemden Sitzens freihalten kann.
Entgegen der Anschauung des Herrn Dr. Dobitbl^h sind
mir gerade ans ärztlichen Kreisen ron Männern, auf deren
Ansi<äit ich unbedingten Wert lege, so energisch zustimmende,
aufmunternde Urteile zugekommen, dafis ich an der Hofihung
festhalte, es werde sich allmählich doch zum Wohle der
deutschen Jugend etwas gegen das übermäfsig lange Schul-
dauersitzen ausrichten lassen.
Im letzten Grunde bekämpft Herr Dr. Dobitblüth aber
auch nicht den Wechselunterricht, für den ich eintrete, sondern
vielmehr etwaige Schädigungen, die der Jugend durch zu
lange anhaltendes Stehen ebenso, oder in noch höherem Qrade
zugefügt werden könnten, wie es jetzt durch die sitzend«
Lebensweise geschieht, zu der das Kind vom sechsten Jahre
an gezwungen wird. Sollte ein solcher Yersuch unternommen
werden, der Gesundheitspflege zuwider das junge Gesohlecht
in dem Sinne zu schädigen, wie es Herr Dr. DoknblüTh
fürchtet, so würde er mich im Kampfe gegen einen derartigen
Milsbrauch an seiner Seite finden. Ebenso bin ich mit ihm völlig
einverstanden, dafa er „gute Sabsellien mit richtiger Haltung,
dazu freie Bewegung in genügend langen Unterrichtspausen'',
fbr notwendig hält. Wenn er aber am Schlüsse seiner Dar-
stellung selbst fordert, dafs ^eine und dieselbe Sitzhaltung
nicht zu lange eingehalten" werden dürfe, sondern dab sie
„durch Aufstehen beim Antworten u. dergl. gelegentlich
tmterbrochen*' werden müsse, so trenne ich mich von ihm
insofern, als ich solche zuftUigen und gelegentiichen unter'
275
tosehmgcp, zumal da foe in manchen Cntemohtsstnnden gw
■iaht YOrkoMmen, fär imgenügend halte, nnd ak ich meüa,
iiiBe Ton ihm seihst gewünsehte, gesunde ünterhrechong ilsr
Süihaltii&g müsse regelmftfsig allen Schülern zu gute
hsiMaen. Das Mittel xn disosm Zweeke ist eben die tob mir
▼oigesehhigene Steh- imd Sitzsohnlhanh.
:A«« l)erfawiKl«ii|cti ititl ^tttintn.
M*^
■iiM arae Thaorie ftber die Bntstahiuig der l^opie.
Ans den Yerhandlnngen des Vereines deuteoher Ärste
in Prag.
Bericht tob
Dr. med. Thbo]>ob Altbchitl,
k. k. Sanitfttirat in Png^.
In dier am 16. Noremher 1894 abgehaltenen Siteung des
geaaimten Yereinee hielt der Prefessor der Angenheilknnde
Dr. Schnabel einen überaus interessanten nnd stilvoUeBdeten
Yertiag über Myopie.
Bedner hat in Gemieinsdiaft mit Dooent Dr. IsmoE
HntBNHBSEB 19 myopische Angen anatomiseh und histologisok
cüigriiend nnteirsncht nnd in allen Fällen angeborene Yer-
indenuigen in der Form nnd Insertion des Chorioidalüberznges
gefonden, die er als Teranlassendes Moment der KurzÄehtigkeit
ansehen zn können glanbt.
Er gibt Tetemt einen geschichÜichen Überbliok über die
Blelinng der Ophthalmologen znr My^^iefrage nnd behandelt
besoBdem eingehend die ersten Untersnohnngen AbiiTs über
das Staphyloma postionm. Man habe sich gewöhnt» die
Myopie als eine Erkrankung aufisufassen, die ron jedem Aage
18*
276
erworben werden könne, wenn dasselbe über Qebfllir an-
gestrengt werde. Das sei aber vollständig anriohtig, das
Staphyloma posticnm komme überaus selten vor, und die Knrz-
siohtigkeit stelle kein^ Erkrankung, sondern eine Bildungs-
anomalie dar. Die ophthalmoskopischen Befunde, der siohel-
formige und der ringförmige Conus, hätten mit dem wahren
Staphyloma posticnm gar nichts zu thun. Die Sichel im
ophthalmoskopischen Bilde entstehe, wenn der Chorioidalübeisng
nicht vollständig sei, der Bing, wenn der Querschnitt der Seh-
nervenendigung im Verhältnisse zum Durchschnitte des Chorioidal-
ringes ungewöhnlich verbreitert erscheine. Diese anatomischen
Substrate fanden sich, eines oder das andere, in sämtlichen
untersuchten Augen.
Man habe mit groisem Pathos von den bedeutenden Ge-
fahren gesprochen, welche durch den Schulbesuch fbr das Auge
der Rinder entständen und der Schule die Schuld an der
Entstehung der Myopie und der Steigerung derselben zu-
geschrieben, beides mit vollem unrechte. In der Schule werde
nur dasjenige Kind myopisch, welches jene angeborenen Ver-
änderungen in dieselbe mitbringe, und ein Übergang geringerer
Grade von Kurzsichtigkeit in höhere infolge der Schularbeiten
könne gar nicht eintreten, weil auch der Grad der Myopie
in den angeborenen anatomischen Veränderungen schon vorher-
bestimmt sei.
Da die schulhygienischen Maisnahmen, welche man zur
Verhütung der Kurzsichtigkeit anempfohlen habe, die ana-
tomische Veränderung nicht beheben könnten, so erscheine es
sehr zweifelhaß;, ob dieselben überhaupt Berechtigung besäfiseh.
Im übrigen sei ein mäisiger Grad von Kurzsiohtigkeit sogar
ein Glück, und Schnabel selbst würde gern etwas darum
geben, wenn er in seiner Jugend myopisch geworden wäre,
weil er dann jetzt als Presbyop des störenden Brillengebraaohes
bei Ausführung von Operationen entraten könnte. Das myopiaeke
Auge sei kein krankes Auge, es entstehe nicht, sondern es sei
durch anatomische Bildungsanomalien von vornherein als solches
präformiert.
277
Auf welche Weise die KnrzBichtigkeit in die Eiseheinung
trete, und wodurch die gefundenen Anomalien Myopie er-
MDgten, darüber könne man nnr Hypothesen aufstellen. Eine
derartige, ihm selbst plausibel scheinende Hypothese, die sich
allerdings nicht greifbar demonstrieren lasse, sei jene, dafs es
im normalsichtigen Auge ein ganz bestimmtes Verhältnis des
Lftngenwachstums desselben zu den Brechungsverhältnissen
gebe. Dieses Verhältnis sei bei der myopischen Anlage ver-
ftndert. Dabei müsse die Länge des Augapfels nicht etwa melk*
bare Anomalien darbieten, nur das Verhältnis des Wachstums
zu den durch dasselbe bedingten Veräaderungen in den licht-
brechenden Medien sei, wie erwähnt, als anormal anzusehen,
mid dieses könne vielleicht durch die gefundenen anatomischen
Bildungsfehler zu stände kommen. Das sei allerdings nur
eine Theorie, aber eine solche, welche die thatsächlichen Ver-
hältnisee bei der Myopie vollständig zu erklären vermöge.
Die schwerwiegenden Momente, welche der Vortragende
gegen die von der Schulhygiene bisher empfohlenen Verhtttungs-
malisregeln vorbrachte, veranlafsten den Erstatter dieses Berichtes,
dieselbe in Schutz zu nehmen und die von Professor Sohnabbl
angefahrten Gregengründe kritisch zu beleuchten. Wegen der vor-
gerOekten Stunde war dies erst in der folgenden Sitzung möglich.
Referent erklärte, die überaus wertvollen anatomischen
Untersuchungen, welche gewils das volle Interesse aller Fach-
genossen wachrufen würden, nicht in die Diskussion ziehen,
sondern sich nur gegen die schulhygienischen Anschauungen
des Vortragenden wenden zu wollen. Er befbrchte nämlich,
dalis die Publikation des Vortrages, welcher die schulhygieni-
Sflhen Forderungen zur Verhütung der Myopie als fast über-
fiüsaig hinstelle, von Laienkreisen und gewissen Gemeinde-
vertretungen zu dem Hinweise benutzt werden könnte, nach
dem Ausspruche eines hervorragenden Gelehrten werde die
KuTBsichtigkeit durch die Schule weder erzeugt, noch ge-
steigert, und es sei also nicht erforderlich, den kostspieligen
Anforderungen der Schulhygieniker zu genügen. Hier gelte
der Ausspruch: Principüs obstat
278
Der H«rf Vortragend« kat angefahrt, 4afi mtm mit groisein
Pathos Ycm, den bedeatenden Gtefiabrea des SekvUbesoohes für
die Sehkraft der Sehöler gesproohMi habe. Daoüt erwftlnt er
eine Zeit» die bereits glüokUoh überwunden ist Es ist rioMg,
dals in den achtziger Jahren von Seiten vieler OphthalmolegeBi,
die der Lehre Ooh&kb von der Ehitstehnng der Sehulmyopi«
snstimmten, die Gefahren der letzteren übendiAitzt wwrden.
aber die eigentlichen Schnlhygieniker haben sich dieses Fehlere
nieht schuldig gemacht, und Büdner selbst hat gelegeotiiah
eunes Vortrages auf dem internationalen Kongresse zn BerUa
über die Schularztfrage bereits erwähnt, dals dieselbe^ welche
doch auch in einem Teile mit den schalhygienischen Forder
rangen zur Verhütong der Myopie zosammenfilUt, deshalb eo
wenig geklfirt erscheine, weil sie bisher mehr vom speeift-
listischen, als von allgemeinen Qesichtspankten aas behimdelt
worden sei, and weiter: „Nnn sind aber die Sohalkindenragea
nnd die Myopie gar nicht der Angelpunkt, am den sich die
ganze Frage dreht, weit wichtigere Aa%aben erwachsen dea
Sehalarzie^ u. s. w.
Aber wenngleich man der Schulmyopie heute nicht
jene fiihrende Bolle innerhalb der Schulschttden zn^
wie früher, so geht dennoch aus dem riesigen statistiseheo
Material, welches durch die Untersuchungen gewonn«i wurde
(nahezu 200000 SchuUdnderaugen), unzwMfelhaft hervor, dalk
die Zahl der Kurzsichtigen mit der Höhe der Klassen sa-
nimmt und dals auch der Ghrad der Kurzsichtigkeit mit der
Dauer des Schulbesuches ansteigt. Ejs hat nicht an Gegnt
gefehlt, welche diese Zunahme als eine zufällige ansahen,
z. B. V. Hippel, der es für ,,erwiesen'' hält, dals sieh unter
vor absolviertem Examen Ausgetretenen unverhftltnismifciy
viele Emmetropen und relativ wenige Myopen befinden, wo-
durch ein starkes Wachsen der Prozentverhftltniase der Myopie
in den obersten Klassen mit Notwendigkeit bedingt ist Dieaem
Aussprache tritt aber SoHMinisKDfPii]» entgegen and wider-
legt denselben nicht nur durch entgegengesetzte üateisaeinngflb-
ergebnisse, sondern auch dureh eine sachliche Kritik der
279
HiPPiLaohw „Zablea, die an sich zu klein sind, um beweis-
kiftftig 2u aein'', was ftbrigens y. Hippel selbst zugibt Aber
selbst diese den Anschauungen Professor Schnabels verwandte
Ansicht V. SawvLß hindert den letzteren nicht, mit allem Nach-
dniflbe «a erkllUen, dals ,es ihm durchaus fem liege, die Ber
deutung der Nahearbeit für das Entstehen und Fortschreiten
der Myopie zu unterschätzen^. Er behauptet nur, dals sie
Biohi allein die hohen Prozentsätze der Kurzaidbitigkeit in den
oberen Blassen reranlasse. Dalis aber der Grad der Kurz-
Ofihtigifeeit Ton SJasse zu Klasse steigt, erkennt v. Hippel an,
obvoiU es ihm früher nicht über jedem Zweifel erhaben schien.
Denelbe gelangt zu dem Schlüsse, dais trotz bester schul-
hf gieniaoher Einrichtungen ein nicht unbetrtfchilicher Teil d^r
Sehfller während der Schulzeit myopisch wird. Den Qrund
hierfilr sucht er in den schlechten hygienischen Verhältnisse«
des Hauaes. Trotzdem erklärt er : „Durch Befolgung richtiger
kygieniaoher Grundsätze läist sich die Häufigkeit der
Myopie erheblich yerriDgern, der Grad derselben in der über-
groiaan Mehrzahl der Fälle in mälsLgen Grenzen halten und
iine Herabsetzung der Sehschärfe meiatens vermeiden«*^
STZLIJN& hat bekanntlich, gestützt anf anatomische Cnter-
•oahnngan, die Theorie aufgestellt, dafs die Schulmyopie auf
Chaipäkonohie beruhe; die Schnlkurzsichtigkeit sei eine durch
Wachstum unter Muakeldruok entstandene unschuldige De-
fenaation des Auges, die wohl Beschwerden yerursachen
könne, ahar keine wirklich krankhafle Veränderung bedinge
and nach ToUendetem Körperwachstum nicht weiter fort-
•ohreite.
Prc^esser Sohvabel ist anf anderem Wege zu ähnlichen
anf die Schulhygiene bezüglichen Schlüssen gekommen, wie
BirsLhnxa^ dessen Theorie unter den Ophthalmologen gewichtige
CUjgnar fand; namenüich hat Sohmidt - BjypTiTüB in einer
wiedeifcoten Polemik gegen STiLUNa dessen Theorie be-
kämpft
Aker irata dieser ISiieoEie hat letzterer zugegeben, daCs die
Sdiuljoyopie infolge anhaltender Nakearbeit, sgpeeiell des Lesens
Ö80
imd Schreibens» entstehe, und die Bekäkapfong derselben be-
fürwortet, wenn man anch die Erwartungen nieht sn hoch
spannen dürfe.
Nnn liegt aber für die Schulhygiene die Hauptfrage nicht
darin, ob die Kurzsichtigkeit ein auf angeborener Form-
yeränderung basierter Zustand sei, oder nicht — darüber
mögen die Ophthalmologen entscheiden — ^ sondern darin, da&
durch die Schule und die Nahearbeit die Kurzsichtigkeit
häufiger in die Elrscheinung tritt und wahrscheinlich auch mit
Zunahme dieser Schädlichkeiten höhere G-rade erreicht. Ist
das der Fall, dann ist man yerpflichtet, gegen diese Nachteile
prophylaktisch Torzugehen. Ob hierzu die bisherigen schul-
hygienischen Forderungen ausreichen, oder ob andere und
schärfere Vorbeugungsmabregeln notwendig werden, ist, soyiel
Wahrscheinlichkeit es auch hat, dais die bisherige Prophylaxis
eine Verminderung der Kurzsichtigkeit in den Schulen herbei-
zuführen geeignet ist, für den Kern der Sache eben&Us nicht
von Belang.
Professor Schnabel behauptet allerdings, dab die gewöhn-
liche Schulmyopie sogar ein erwünschter Zustand sei, weil
dann im vorgeschrittenen Alter die Presbyopie gleichsam para-
lysiert werde, und würde eine grobe Geldsumme opfern» wenn
er myopisch wäre, weil das Femsehen ohne Brille nicht so
nötig sei, wie das Nahesehen ohne Olas. Darauf ist aber zu
erwidern, dais von den Millionen Kindern, welche die Schule
besucht haben und noch besuchen werden, nicht viele in die
glückliche Lage kommen, Operateure zu werden, für welche
allerdings ein geringer Grad von Myopie vielleicht erwünscht
sein mag; denn bei sehr vielen Beru&arten, wie der Militärdienst,
der Beruf des Forstmannes, des Technikers, des Landwirtes,
des Eisenbahnbeamten, ganz zu schweigen von den in der
Industrie beschäftigten Arbeitern, mub gerade der un-
bewaffnete Blick in die Feme als ein Vorzug empfunden
werden.
Dazu kommt aber auch noch ein statistisches Moment.
Mehr als die Hälfte der Menschen erreicht nämlich nicht das
281
Alter, in welohem man preebyopifioh wird. Diese sollen also
die Last der Myopie und die Nachteile des beständigen Brillen-
tngens als eine Wohlthat empfinden, weil sie, wenn sie nicht
80 firüh sterben würden, einmal für die Nahearbeit keine Brille
brauchten, und kann man endlich wirklich den Grad der
Sohnlmyopie sich bestellen, dals er ausnahmslos in vor*
geschrittenem Alter dem Znstande der Presbyopie vorgezogen
SU werden yerdient?
Man mnfs gewiJs Sohmipt-Bimpleb recht geben, wenn er,
nachdem er den oben erwähnten Einwurf, der also ebenfalls
sdion früher von anderer Seite vorgebracht wurde, widerlegt
hat, betont: y,Die Kurzsichtigkeit ist und bleibt ein abnormer
Zustand, ein mehr oder weniger groüses Übel.^
Die von Professor Schnabel gefundenen Veränderungen
können möglicherweise die Ursache der Schulmyopie sein,
aber auf diese Möglichkeit hin, die keine Gewilsheit ist, glaube
ich, ist man nicht berechtigt, die schulhygienischen Mafsnahmen
als minder wichtig hinzustellen und in deren Unterlassung
keinen schwerwi^nden Nachteil fQr die Bekämpfung der
Sohulmyopie zu erblicken. Auch Stilling hat, und zwar auf
Grund von 10000 teils eigenen, teils fremden Messungen
eine anatomische Theorie gegründet, die dennoch nicht von
allen Ophthalmologen als richtig befanden worden ist.
Redner bittet den Vortragenden , bekannt zu geben, welche An-
sichten er über die STiLLiKGsche Theorie habe, ebenso ob er glaube»
dafe nicht auch andere ätiologische Momente der Kurzsichtigkeit
neben den von ihm supponierten wahrscheinlich seien.
Die Forderungen der Schulhygiene würden allerdings
auch dann zu Recht bestehen bleiben, wenn die Untersuchungen
von Sohnabel-Hebbnheibbb mit den daraus gezogenen Schluls-
folgerungen als für alle Fälle von Myopie zutreffend befanden
würden. Denn die Schulmyopie stelle einen Index dar, der
uns auf das Vorhandensein von Schulschäden hinweise, die
nicht nur den Augen, sondern auch der Gesimdheit der Schüler
überhaupt gefährlich werden könnten.
(FortMtzung imd SobliÜB in No. 6.)
Die Bebef iffenie.
Ans dem ■stnritistoriseli-iiiedmitisehes Yerem n BeiMbefif.
In dem genannten Vereine sprach, wie die „Münch. med.
'Wochschr.** berichtet, am 8. Jannar d. Js. Professor Dr. Kbapslin
ttyer die den Jugendalter eigentflnliclie Geisteskrankheit der Hebe-
yhrenie.
Dieselbe ist recht hänfig, entsteht meist in der Entwickelnogs-
Periode, und zwar entweder plötzlich und stürmisch, oder unbemerkt
and sdileichend. Die Intelligenzstömng dabei ist gekennzeichnet
durch die schwere Beeinträchtigung des Urteils bei erhaltenem 6e-
dftditajs. Was das Gemflt anbetrifft, so begegnet man einer aM-
HjlliA waehsenflen 8tan|Kf heit uid Glekhgtttigkeit neben gelegevtr
Wbfm AnäUen you Gereiztheit ond Erregung. Nach Ablauf im
Erankheitsprozesaes bleibt meist typischer Schwachsinn mit den
Gefbhle des Wohlbefindens zurCLck. Zugleich besteht auf dem Gebiete
des Willens völliger Yeriust der zum Arbeiten erforderlichen Energie.
Binfig sind Zwangsbewegungen, am anffiülendaten das blöde lippiadw»
Lacken.
Das Leiden ist nicht erblich, und Professor KbäpwTiTN ist
geneigt, einen ^ bestimmten Zusammenhang desselben mit der Ge-
schlechtsentwickelung anzunehmen.
Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal von der progreesifea
Paralyse liegt darin, dafe die Hebephreme in der zweiten HUAe
des dritten Lebea^ahrzehnts zum Stillstand kmnmt und nur die
fsychieche, nicht die körperliche LeistungsMigkeit vernichtet.
Bin YerbudliLMteii für Sehnlen.
Vertrag, gekalten in irjBtlicken Yereim jbh Elbeifeld.
Der Elberfäder Aizteverein hielt am 5. Febniar d. Js.
Süiamg ab, in welcher Herr Maktzbl folgendes auaillhrte: Die
JJptwendigkeit, durch Überweisung von Verbandkasten an die Schnlen
den Lehrern eine zweckmäßige erste Hilfeleistung in solchen Fftllen
zu ermöglichen, wo Schtiler in den Unterrichtspausen, beim Tumei
e. 8. w. Yerwundnegen defoatragen, ist anscheinend in der Littefiiv
aedi nugends betont worden.^
Vor einiger Zeit berichtete die Tagespresae, dab ein SchtUer,
dem ein Griffel ins Auge gedrungen und darauf vom Lehrer der
Tafelschwamm auf die Wunde gedrückt war, an Blutvergiftung zu
* Doch; vergl. diese Zeitschrift 1892, No. 10, S. 416-426. D. Red.
Gnmde gegangen sei. In Elberfeld wurde einem Knaben die Eopf-
wimde, die er sich beim Spiel in der Pause zugezogen hatte, von
einigen Mttschfllem unter der Wasserleitung mit einem unreinen
Lappen ausgewaschen, worauf sich ein Er3rsipel entwickelte, das
glflcklicherweise gflnstig verlief.
Durch diese Fälle angeregt, hat die städtische Sanitätskommission
Bu Elberfeld beschlossen, sämtliche städtischen Schulen mit einem ein-
gehen Yerbandkästchen auszurüsten. In einem verschlieCsbaren Blech-
kisten fon 20 cm Länge, 10 cm Hohe und Breite befinde» sich
^6 aoMimatgagebänsche und 10 ungestärkte Oazebinden. H<^fitiiü^b<*
YerbandstOcke sind stilisiert und einzeln verpackt. Au&ardeoi e«i-
laut im S^äatcben noch ein dreieckiges Yerbandtnch. Im Deckel
to Kastens ist lotgende GebrauchsajiweisuDg festgeklebt, von d^
jeder Lebrer eiiaen Abdruck erhält:
1. Wer eine Wunde verbinden will, muls vorher seine Hände
grtadMcli mit Seife waschen.
2. Sodann nehme er ein oder mehrere Päckchen SuUümatgaze
Iii3 dor ümlriUlung, drtteke sie auf die Wunde und wickele um den
verktaten Körpertcdl eine Binde.
8. Bei ^(ylseren Verletzungen der Arme und Hände lege man
•DfaUeftlich das kranke Glied in das dreieckige Tuch, dessen lange
Z^fsl vm den Hab geführt und im Nacken zusammengekootet werden.
4. FOr jede nicht ganz geringftgige Verletzung ist baldigst
lisffidie Hufe in Anspruch zu nehmen.
6. Das Beinjgen, Auswaschen und Desinfizieren der Wunden
|oU stets dem Arzte aberlassen bleiben.
6. Keine Wunde darf mit unreinen Gegenständen oder mit den
Fingam berfthrt werden.
Dieee Gebrauchsanweisung setzt voraus, dafs die grofee Mehr-
mU 4er Lehrer mit den Grundsätzen des Samaritertums noch nicht
veitiaal^ ist. Wenn erst, wie v. Esmabch wflnscht^ der Samariter-
tuilArrieht in die oberen Khissen aller Schulen eingefiUurt sein «icdy
fbum mag eine solche Anleitung äherfl(U»ig sein. Einatweilen aher
iit sie ebenaa berechtigt, wie der Verzicht auf die Beigabe irgend
&ßm fltksajgen Antiseptikums, das in der Band des Laien leider
häQ% mehr Schaden als Nutzen stiftet. Der Satz: „Da9 Beinigen,
Auswaschen und Desinfizieren der Wunden soll stets dem Arzte Über-
lüWftn bleiben" kann allerdings ledigiich fUr städtische Schulen volle
<Minng bdbaupten, weil nur in grölseren Städten ärztliche Hil&
stets schnell zu erreichen ist. Für Landschulen dttrfte die. Aufnahme
eines Mittels zur HorsteDung antiseptischer Lösung in den Verband-
kasten und die Edanbnis fOr den Lehrer, diese Lösmg zur Wund-
desinfektion zu verwenden, vielleicht doch das klwnere Übel sam.
284
Jlitteil«iii)eii*
Eine V^lksseknle in Rom. Bei Gelegenheit des XI. inter^
nationalen medizinischen Kongresses in Rom hesnchte nnser geschUzter
Mitarbeiter, Herr Professor Dr. R. Blasxüs ans Brannschweig, eine in
der Nähe der Thermen des Diokletian neu erbaute Elementarschale, von
der er in der „Dtsck, Vieri^ahrsschr. f. OffU. OemnöMspft.** folgende
Beschreibnng gibt: Die Schale zeichnete sich dnrch helle, Inftige,
schöne Klassenzimmer ans. Bei den Schnlbftnken waren die
jetzigen hygienischen Anforderangen erfQllt. Die Knabenabteilong stand
anter Leitang eines Direktors, die Mftdchenabteilang anter deijenigei
einer älteren Lehrerin. Die Schfderinnen hatten in denselben Klassen
gleichmäbiges KostOm, jede ihren Namen Yom anf der Taille auf-
gestickt. Da die Schalzeit nicht dnrch eine Mittagspaase getrennt
ist, bringt sich jedes ELind einen mit seinem Namen bezeichneten
FrflhstQckskorb mit in die Schale. Dieser wird aaf dem Korridore
neben den Httten u. s. w. der betreffenden Kinder an^gehängt and dann
zar FrflhstQckszeit in das Lehrzimmer hineingeholt. Einige Klassen
Oberraschten wir gerade beim Frflhstflck and erfreaten ans an der
masterhaften Ordnnng der Kinder beim gemeinschaftlichen Essen and
an dem vortrefflichen Appetit. Die Methoden des Unterrichts
schienen ähnliche zn sein, wie bei ans; wenigstens mauste man das
aas den Tafeln and Bildern schliefsen, die an den Wänden hingen
and sehr nnseren nach FROBBSLscher Methode^ angefertigten Bildern
ftlr den Anschanongsanterricht glichen. Schalgeld wird in den Yolka-
schalen der Stadt Rom nicht bezahlt, der Unterricht ist frei. Aniser-
ordentlich gefiel mir eine Einrichtang, die ich in nnseren Schalen
bisher nicht gesehen hatte. In jeder Klasse war nämlich eine greise
Tafel aasgehängt, anf der, wie nachfolgend verzeichnet, alle Krank-
heiten anfgefnhrt standen, die dnrch Ansteckang in die Schale über-
tragen and dort eventaell weiter verbreitet werden können. Es ist
daranf angegeben 1. Name der Krankheit, 2. Daner der Inkabatioaa-
zeit, 3. Symptome, 4. Wahrscheinliche Daner der Obertragbaikeit
des Anstednmgsstoffes.
' Wir haben sahlreiobe FnöBiLtche Kindergarten in Italieo, be*
sonders in Sicihen, angetrofien. D. Red.
285
Krank-
hfliten
Inkiibfttions-
periode
Krapp
8—5 Tage
Symptome der Initial- and
AnsbüdnngBperiode
Heiserkeit; bellender Hosten;
schnarohende geränsohyoUe
Atmung, verlängerte pfeifende
Inspiration ; bleiches lividee
Aussehen.
WAhrsohein-
Le Dauer der
jbar-
keit
Kontagiums
40 Tage ron
dem &ginne
der Krankheit*
DiiOi-
theritis
4—7 Tage
Halsschmerzen, in verschiedenen
FäUenHalsentzündung; Schlund
gerötet ; Mandeln entsiindet und
auf ihrer inneren Oberfläche
gelblich weiise Flecken, die,
fest an der Schleimhaut haftend,
dem Abkratcen und Qurgeln
widerstehen.
Desgl.
Pocken
10—14 Tage
Ziehende Schmerzen im ganzen
Körper, namentlich in der
Lendengegend; Übelkeit; Kopf-
schmerzen; Flecken, wie Aus-
schlag,besonders an der inneren
Schenkelgegend j dann Ausbruch
kleiner roter Flecken am Kinn,
auf den Wangen, der Stirn, dem
Halse u. s. w., welche sich in
Papeln und Pusteln verwandeln.
Desgl.
Soharlaoh
4—7 Tage
Halsschmerzen und mehr oder
wenige^ starke Rötung des
Halses, verbunden mit flecken
von gelblich weifser Farbe;
hohes Fieber; nach ein oder
zwei Tagen unzählige kleine
rote Fleckchen auf dem Halse,
der Brust und im Gesicht,
welche sich sehr bald vereini-
gen und grofse scharlachrote
Flächen bUden.
Kaaem
odsr
Roteb
10—12 Tage
Häufiges Niesen; Rötung der
Augen,Thränen ; Husten, rauhe
heisere Stimme; nicht selten
Halsschmerzen ; mäisiges Fie-
ber; am dritten oder vierten
Tage auf der Stirn und den
Wangen gelblich rote Flecken
oder Punkte, flach oder erhaben,
mit dazwischen befindlicher
gesunder Haut.
Desgl.
28 Tage vom
Anfangs*
Stadium der
Krankheit an.
S«6
Srtttk-
heiten
VarioeUen
Waaseiv
Inknbations-
periode
10—14 Tage
Symptome der Initial- und
Anebildnngsperiode
GKedencbmenen ; mSisiges Fie-
ber; kleine rote Flecken, haupi-
•Sdüich amBampfe, imOeeiont,
auf der behaarten Eopfhant,
in deren Mitte sich Blasen yon
Linsengrolise bilden,jrefSlIt mit
einer dnrchnchtigenFinssigkeit.
Waihrschein-
äokeDanar^
Übertragbar-
keii des
Kontaginmfl
20 Tage Tom
Anmngs-
Stadium der
baaUieii
GMchts-
rose
Nicht genan
cn bestmunen
Rötung der Hant, dann
stSrkereRotung mitfiintEnndang
and HitKe; m&isiges Fieber;
N«8e, Backen, Ohrea and Kopf-
haut sind Lieblingsaitz aer
Krankheit; auf der geröteten
Haut erheben sich hfiufig Blasen,
die mit Serum oder Biter ge-
fallt sind.
5 Tage naoh
der Heilung.
Keuch-
husten
10—12 Tage
Anfangs Hustenschauer, wie die
einer einfachen Erkaltung, dann
stärkere Hustenanfalle, unter-
brochen durch tiefes yer-
längertes fferäuschyoUes Ein-
atmen ; häimg Nasenbluten und
Erbrechen; von einem Husten-
anfalle zum anderen sind Pausen,
kursere oder längere, aber
immer in der Nacht künere
Pausen.
20 Tage nach
Aufhören der
charakteriati-
schen Husten-
aniäUe.
Parotitis
(Mumps)
14—16 Tage
Schnelle Anschwellung einer
Backe, dann der anderen, die
sich auf die benachbarten Teile
bis zur Basis des Halses hinab
ausdehnt; bei der sich ent-
wickelnden Krankheit häufig
Fieber, begleitet von Erbrechen
und Nasenbluten.
20 Tage Tom
Anfangs-
stadinm der
Krankheit
Dysen-
terie
»—10 Tage
Häufige Dejektionen eiterigen
Schleimes mit geronnenem
Blute, begleitet von Leib-
schmerzen und schmerzhaftem
Dringen; yielfach Fieber.
28 Tage vom
AnfingB-
stadium der
Krankheit
Krank-
Inkobationa-
periode
Syraptonifl der Initial- nnd
Anibil dnngaperiode
Wahriohein-
keit Aa
Kontagituua
Cholera
3 Tage
riger Exkrement«, die ohne
Schmenen abg^en, dann
ehanücterirtiKhe Beiiwaaaer-
atSUe; hEoSgee Brbreoben;
Bobmenen in den Waden;
boble Stimme; kalte Extremi-
täten.
Naoh dem
Aufhören der
Epidemie.
ÜDter-
leibe-
21 Tage
Zange; ErMshöpfnn^; ängat-
liohea Anseehen; in vielen
40 Tage vom
Attfangi-
ttadiam der
SraBUteitaA. -
LnnDen-
Khvind-
Die >pe-
cillen setzen
üob an «nar
SteUe feet,
mfen eine
VwletBung
de. Orga«.
■tören deaeen
FnaktioD.
Häufiger Huaten mit Auwnrf
Robmercen.
Kann immer
die Quelle von
Aniteokimgen
lein durch die
ExpaUsn-
tionen, «>4M
ipecüiachen Ba'
"SS-
■&
Augenent-
rfndnng)
Ohnelnkoba-
tionaieit 80-
tald der Pa-
rant neb fett-
geaetrt hat,
Termahrt er
Bioh, und Ton
da ab ent-
wickelt dob
dieKnnkhait.
RötnD| der inneren Aogenlid-
aohleunhant nnd det Bandea
der Angenlider, die hünfig
naefa dem Sehlsfen verklebt
lind ; aaeh Bätang de> Weiben
im Auge (der Solerotica).
Bia BOT roU-
Btändigen Hei-
lung.
Scabiea
(Kritje)
Boiwiokelong tob Bläaehen, be-
gleitet von heßigem Jucken,
fläoben, am Handgelenke nnd
am Torderen Teile de« ünter-
armea; ipiiMr entwickeln aioh
Beulen ukd Wanden durah
daa heft%e Erateea wegen de«
JnokenB.
»»gl.
288
Krank-
heiten
Inkabations-
periode
Symptome der loitiai- and
Ausbildungaperiode
Wahrwdkem-
liehe Danar der
Übertragbar-
keit des
Kontaguuna
Famo
—
Furchen siehende tchwefelfar-
bige Schorfe aof den behaarten
Kopfteilen, die beim Grolser-
werden die Form kleiner aus-
gehöhlter Scheiben, wie Näpf-
chen, annehmen; die Haare,
entförbt und zart geworden,
brechen leicht ab, je mehr die
Scheiben sich yergroüsem, die,
wenn sie sich vereinigen, den
grolseren Teil der behaarten
Kopfhaut einnehmen können.
Desgl.
Herpes
tonaorant
Bundliche oder ovale schuppige
Flecken von roter Farbe, auf
denen die Haare haften oder
vielmehr mit staunenswerter
Genauigkeit ein wenig über
der Haarbasis abgebrochen
sind (2 oder 3 mm über der
Hautoberfläohe). An der Peri-
pherie der Flecken sind die
Haare zart, zerbrechlioh,*glanz-
los, grau und aschfarben. Beim
Zunehmen der Krankheit kann
die ganze behaarte Kopfhaut
angegriffSsn werden.
Deagl.
Alopecia
areata
Kleine runde Flecken von hell-
brauner Farbe (wie Kaffee mit
Milch), deren Oberfläche sich
leicht abschuppt und, sich ver-
ffröfsemd, verschiedene Aus-
dehnung annehmen kann, von
Pfennig- bis zu Thalennröfse
und noch mehr. Die Haare,
die sofort die Widerstandskraft
und Farbe verlieren, fallen
^nzlich aus, anstatt, wie bei
Herpes tonsurans, abzubrechen,
und hinterlassen eine weiche
wenig beschädigte weiüse Haut.
Später kann die Krankheit
sich auch auf den Augen-
brauen entwickeln.
Desgl.
289
Krank-
heuen
Inknbations-
Periode
Symptome der Initial- und
Ausbildungsperiode
Wahrschein-
liche Dauer der
Übertragbar-
keit des
Kontagiums
Impetigo
con-
tagiosa
—
Krusten von gelblicher oder gelb-
grüner Färbung, welche die
Haare in sich festkleben lassen,
ohne wesentliche Veränderun-
gen an ihnen heryorzurufen.
Desgl.
Möllns-
cun
oonta-
gioeam
—
Ganz kleine weiche und durch-
sichtige Knoten, die kaum aus
der Haut des Gesichtes, des
Halses, der Uand oder des
Unterarmes henrorragen. Die
Knoten erreichen, indem sie
sich ausdehnen, die Grölse
einer Erbse, selten mehr und
zeigen im Gentrum eine Aus-
höhlung. Von den Seiten zu-
sammengedrückt , lassen sie
einen konsistenten weifslichen
Stoff austreten.
Desgl.
Anhang. Krankheiten, ansteckend durch Nachahmung.
Epilepsie.
Das Kind erbleicht, stölst einen Schrei
ans und verliert die Besinnung. Die
Muskeln werden starr, die Atmung wird
nnterdrflckt, die Empfindung ist auf-
gehoben. Dann beginnen Kriünpfe mit
abwechselnder Anspannung und Er-
schlaffung der Muskeln, w&hrend der
Kranke schwer zu leiden scheint. Das
Gesicht wird bläulich, der Kranke
knirscht mit den Zähnen, Schaum, der
häufig blutig ist, tritt vor die Lippen.
Nach einigen Minuten, selten nach
einigen Stonden. hören die Erschei-
nungen allmählich auf, es folgt ein tiefes
gerftuschYoUes Atmen. Der Kranke
weils später von dem Anfalle nichts.
Wenn man auch nicht mit allen hier gemachten Angaben ttber
Inknbationszeit und wahrscheinliche Dauer der Übertragbarkeit des An-
Sohnlffwaadlwltipitofe YIII. 19
Chorea (Veitstanz).
Krampfartige unwillkflrliche Zu-
sanmienziehungen der Muskulatur,
die aus unzusammenhängenden Be-
wegungen der Streckung, Beugung,
Abduktion und Adduktion bestehen,
mit zuweilen unsicheren tanzenden
Bewegungen, fratzenhaften Yer-
zerrungen des Gesichtes, Drehungen
dea Halses, andauernder Muskel-
unruhe. Es kann auch nur ein
einzehies Glied den &£ui£Edl
zeigen oder eine Körperseite.
290
stecknngsstoffes übereinzustimmen braucht, so ist der Oedanke, eine der-
artige Erankheitstafel in den Schnlklassen ansznh&ngen, doch vortrefflich.
Bei uns in Braonschweig hat man den st&dtischen Schnllehrem auf-
getragen, Kinder mit ansteckenden Krankheiten ans den Klassen za
entfernen, man hat aber nicht dafOr gesorgt, dab dieselben die
Krankheiten auch erkennen. Solange man keine SchnlUrzte allgemem
angestellt nnd den Lehrern keine Ausbildong in der Schulhygiene
hat zu teil werden lassen, sollte man wenigstens in allen Klassen
ähnliche Tafeln, wie die italienischen, anbringen, damit die Lehrer
sich notdflrftig über die ansteckenden Schulkrankheiten orientieren
können.
Zur Frage von der psychischen Entwickelung der Lernen-
den nnd Yon den physischen Übungen in den Schulen ist ein
Aufsatz überschrieben, den unser verehrter Mitarbeiter, Herr Kollegien-
rat Br. W. G. Nbsteroff, in „Shum, russk. obscht. ochran. narodn.
sdrauija"^ veröffentlicht. Der Verfasser hebt hervor, dals die psy-
chische Entwickelnng der Lernenden beeinträchtigt wird nicht nnr
durch die noch öfter vorkommende Überbürdung, sondern auch durch
das herrschende System für die Beurteilung von Schülerleistungen.
Infolge des Brauches, jede Leistung durch Nummern zu censieren,
entsteht eine geistige Anspannung und schliefslich eine psychische
Depression, welche schädigend auf die körperliche Entwickelnng
einwirkt. Bezüglich der gymnastischen Übungen verlangt Nesteboff,
dafs sie nicht schematisch und zwangsweise betrieben werden,
sondern in einer Art, welche einem jeden die Wahl der Be-
wegung nach Geschmack und Bedürfnis ermöglicht. Bis zur
Pubertät seien Bewegungsspiele, Sport und Marschttbungen zu be-
treiben, später aufserdem noch die verschiedenen Arten v<m Gerftt-
tumen. Die sogenannten Freiübungen will er aus dem allgemeinen
Programm ausgeschlossen und nur als Heilgymnastik streng indivi-
dualisiert angewandt wissen. Das psychische Wohlbefinden der Schüler
gilt ihm in allen Fällen als höchster Mafsstab.
Erklärung fBr die HSnfigkeit der Rhachitis bei Beayoli-
taniscken Kindern in Amerika. Alle Ärzte der Vereinigten
Staaten sind von der groisen Häufigkeit der Rhachitis bei den
Kindern der italienischen Eingewanderten überrascht. Die Ursadie
davon sucht man gewöhnlich in der Armut, der ünreinlichkeit, den
ungesunden Wohnungen und der schlechten Ernährung der Betreffenden.
Dr. Ibying SN0V7 gibt nun eine andere Erklärung, unter seiner
Klientel befanden sich 200 Kinder, die noch nicht drei Jahre alt
waren, und zwar 108 italienische und 92 von anderer Nationalität.
Von den ersteren waren 70 — 76% rhacfaitischf von den letiteren nnr
11—12%. Dr. Snow führt dies darauf zurück, dab die i1
291
luider bisher in einem sonnigen Klima gelebt haben, das den
Rhafhltiwios ansschlielist, jetzt aber ihre Tage in einem nebelreichen
Lande verbringen, wekhes denselben begttnstigt.
Z«M Schmix der Kindenugen vor VerietEungen ndt
^ielgewehreiu In dem „Cmtraibl. f. prakt, ÄugMkde^ want
IWessor HiBSCHBE&e eindringlich vor den Kindergewehren, welche
nach Art der alten Gewehre mit Zündhütchen abgefeuert werden.
Yen den letzteren können beim Schieisen Stückchen Knpfer in das
Alge eindringen, was zu den schlimmsten Verletzungen des Seh-
«gans gehört. Solche UnfUle ereignen sich zwar am häufigsten
bei Schfllem, welche kupferne Zündk^>8eln durch Aufschlagen
■it einem Stein oder Hammer knallen lassen; sie kommen aber
ancb beim Hantieren mit schlecht konstruierten Kindergewehren
for. HlBSOHBSBO richtet deshalb eine Aufforderung an die Hauf-
Inte, in Familien, wo ein derartiges Spielzeug von Kindern yer-
wendet wird, auf dessen Abschaffung zu dringen. Es seien nur
wiche Kindergewehre zu dulden, welche einen Remingtonverschlsb
bttitien, so dals die Zündhutpatrone in geschlossener Kammer liegt.
Sehielsflbnngen der Knaben soUten auÜBerdem nur unter Au&icht
von Erwachsenen stattfinden.
Über die Einwirkung der gebriueUielisteii Mudwlaaer
aaf die ZAhnsabatau stellt Hbfblxann in der „Dtsch. Mediß-
Ml§.*', 1894, No. 47 folgende Sätze auf: Die Prüfung eines Mund-
wsflocfo auf Schädlichkeit hat nach zwei Sichtungen hin zu erfolgen,
Dtaüich ob und in welchem Grade es die Zahnsubstanz löst und ob
CS dieselbe färbt. Stark dentinlösend wirken alle Mundwässer,
welche saure Stoffe enthalten, wie Salicylsänre, Benzoesäure, Sac-
charin n. s. w. ; schwächer lösen das Dentin Eukalyptusmundwasser,
Ean de Pierre, Eau de Botet; frei von jeder lösenden Wirkung anf
die Zahnsnbetanz ist das ganz neutral reagierende Odol. Eine grofse
Firbkraft besitzen Eukalyptusmundwasser, Eau de Pierre, Eau de
Bolot; nicht färbend wirkt Odol. Letzteres verdient also trotz der
starken Reklame, die dafür gemacht wird, immerhin Empfehlung.
Wuderugen, Tnnfiüu^n und SehUerreiaei. Unter
diesem Titel veröffentlicht unser verehrter Mitarbeiter, Herr Gymnasial-
direktor Dr. G. Hebgel, in der „Österr. MiitekcM»^ einen Auftatz,
der die in den Werken von Th. Bach und K. Fleibchmann über
Tnmfahrten enthaltenen praktischen Winke kurz und übersichtlich zu-
sammenfalst. 1. Wahl der Ausflüge. Märsche in die Umgebung
des ständigen Aufenthaltsortes sind das Regelmäfsige, weitere Schüler-
reisen lassen sich immer nur in geringerer Zahl ausführen. Man stelle
SB Beginn des Scfauliahres die projektierten Ausflüge und Übungsmärsche
mter folgenden Gesichtspunkten zusammen: A. Übungsmärsche:
19*
292
(Marschzeit fOr einen halben Tag 2 — 6 Standen; nicht immer ist
eine Rast, noch seltener der Besnch eines Gasthauses notwendig;
Nachtmärsche nur mit Knaben ttber 12 Jahren), a. An welchem
Tage? (Auch im Winter und bei minder günstiger Witterong.)
Innerhalb welcher Zeit? (Angabe der Zeit der Rückkunft.) b. Strecke
nach Kilometern. (Natürlich wird nicht die Luftlinie gemessen.)
c. Mit welcher Klasse oder Abteilang? d. Wie oft und wie lange
Dauerlauf? B. Ausflüge: 1. Halbtägige (4 Stunden Marschzeit).
2. Ganztägige (8 Stunden Marschzeit). 3. Mehrtägige (5—14 Tage,
auf je 3 Marschtage zu je 8 Stunden Marschzeit folgt ein Rasttag).
Bei jedem der Punkte 1 — 3 sind wieder zu beachten die Punkte
a — d, femer e. Wo, wann und wie lange Rast (beziehungsweise
Mittagessen, Nachtmahl, Nachtlager)? f. Strecken, welche nicht za
Fuls zurückgelegt werden, g. Besichtigung von Sehenswürdigkeiten,
h. Beiläufige Kostenberechnung. Der Abmarsch täglich möglichst
früh (5 Uhr), Eintreffen im Nachtquartier etwa 8 Uhr, die Rasten
gewöhnlich nicht unter 3—4 Wegstunden. 2. Erste Vorberei-
tungen. Die auf mehrere Tage projektierten Ausflüge werden den
Schülern zu Beginn des Schu^ahres bekanntgegeben unter den all-
gemeinen Gesichtspunkten: Zeit und Dauer des Ausfluges, Ziel,
Kostenüberschlag, damit sich dieselben bei Zeiten zur Reise ent-
schliefsen und das nötige Reisegeld zusammensparen können. (In
Deutschland haben die Schüler an vielen Orten ihre eigenen Reise-
Sparkassen.) Zur Teilnahme an gröfseren Reisen können nur diejenigen
zugelassen werden, welche sich an den Yorangehenden Übungsmärschen
beteiligt und sich die nötige Marschfilhigkeit erworben haben.
3. Weitere Vorbereitungen. 1. Entwurf eines detaillierten Reise-
planes und eines Kostenvoranschlages mit Rücksicht auf die Zahl der
Teilnehmer. 2. Einleitung der Abmachungen mit den Wirten (Be-
sitzern von Sehenswürdigkeiten u. s. w.), der Fahrpreisermäfsigungen.
(Leider haben wir hier in Osterreich noch keinen Tarif für die Be-
förderung von Gesellschaften und Schülerabteilungen wie in Deutsch-
land.) 3. Vorlage des unter 1. genannten Entwurfes an die Eltern
der teilnehmenden Schüler unter einmaligem Beischlusse der in dieser
Zeitschrift, 1894, No. 6, S. 372—375, abgedruckten MitteUnag
„An das Elternhaus."
Saj|es9tf4lt(^tH4ief*
Der IX. internationale Kongrefs (Br Hygiene nnd DeHi%-
grapUe in Madrid wird, wie jetzt festgesetzt ist, in der Woche
293
▼om 11. bis 18. Oktober 1897 stattfinden. Der Mitgliedsbeitrag
beträgt fftr Herren 25 Pesetas (Francs), für Damen 10 Pesetas.
Studenten haben freien Zutritt zn den Verhandlungen. Die für den
Kongrefs zugelassenen Sprachen sind trotz vielseitig ausgesprochener
Wünsche nicht verringert, sondern im Gegenteil noch vermehrt
worden; denn es sollen auch Mitteilungen in lateinischer, sowie in
jeder anderen gebräuchlichen europäischen Sprache entgegengenommen
werden. Referate müssen vor dem 11. August 1897 in die Hände
des „Secretario general del IX. Congreso de Higiene*' zu Madrid
gelangt sein.
Die XX. Versammliiiig des dentsehen Vereins fBr Sffent-
lieke Gesnndlieitspflege wird vom 11. bis 14. September d. Js.
in Stuttgart tagen. Aus der jetzt endgültig festgesetzten Tages-
ordnung heben wir folgende Vorträge hervor: Mittwoch, den
11. September: Hygienische Beurteilung von Trink- und Nutzwasser.
Referent: Geheimer Medizinalrat Professor Dr. FLÜGGE-Breslau.
Donnerstag, den 12. September: Gasheizung im Vergleich zu anderen
Einzelheizsystemen. Referent: Hofrat Professor Dr. Meidinoeb-
Karlsruhe. Freitag, den 13. September: Schädlichkeit der Kanal-
gase und Sicherung unserer Wohnräume gegen dieselben. Referent:
Professor Dr. Kabl FBAENKEL-HaUe a. S. und Stadtbaurat W. H.
LiNDLEY in Frankfurt a. M. Alles Nähere über die Versammlung
wird den Mitgliedern zugleich mit den von den Referenten auf-
gestellten Thesen oder Schlufssätzen Mitte August bekannt gegeben
werden.
Hygienischer Kongrefs in Bordeaux 1895. Der Verwaltungs-
rat der Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege in Bordeaux
bat nach „X« Frogr, mdd,^ in seiner letzten Sitzung beschlossen)
bei Gelegenheit der nächsten, vom Mai bis November 1895 dauernden
Ausstellung daselbst einen nationalen hygienischen Kongrefs zu ver-
anstalten. Eine Kommission, bestehend aus den Herren Dr. Layet,
Dr. Maübiac, Oberingenieur G^nebd und dem städtischen Tierarzt
Baillet, ist mit den Vorbereitungen des Kongresses beauftragt
vrorden.
Eine internationale HygieneanssteUnng zn Paris soll nach
dem ytBüUei, nUd."' in diesem Jahre auf dem Marsfelde im Palast
der „Freien Künste^ stattfinden. Die Eröffnung derselben ist auf
den 15. Mai, der Schluls auf den 18. September festgesetzt. Prä-
sident der Ausstellung ist der bekannte Hygieniker, Professor Dr.
BBOUABDEIi.
Über die Notwendigkeit, von Diphtherie geheilte Kinder
T#r ikrem Wiedereintritt in die Sehnle anf LQfflersclie BaciUen
vntersnelien, äufserte Herr Seyestbe in Paris nach „Le
294
Frogr, m^d."' kürzlich folgendes: Es ist bekannt, welche hervor-
ragende Rolle die Isoliemng and die Desinfektion bei der Be-
kämpfong der Diphtherie spielen. Dank der Bakteriologie ist es
möglich, sehr bestinimt anzugeben, ob ein Rekonyaleecent noch
LösTLEBsche Bacillen mit sich trftgt oder nicht. Diese können
noch wochenlang nach der Genesung bei demselben vorkomnwn.
Ehe man an Diphtherie erkrankt gewesene Kinder wieder zor Scfanle
und überhaupt zum öffentlichen Verkehre zulä&t, sollte daher die
Schleimhaut ihrer Nase und ihres Rachens einer wiederholten Unter*
suchung auf Bakterien unterzogen werden. Zu dem Zwecke si&d
an den Krankenhäusern bakteriologische Laboratorien und au&erdem
besondere S&le für Rekonvalescenten von Diphtherie einzurichtem.
Dieser Forderung hat sich auch die (Gesellschaft für öffentliche
Medizin und Gesundheitspflege in Paris angeschlossen. Mit Rück-
sicht hierauf sind von der französischen Post folgende Vorschriften
für die Versendung diphtheritischer Membranen an bakteriologische
Institute getroffen worden: 1. Die Flasche, welche die Membranen
enthält, mufs von dickem Glase und sorgfaltig mit Kork und Wachs
verschlossen sein. 2. Sie ist, dicht mit Watte umgeben, in eine
Metallkapsel zu stecken und diese wieder durch eine hölzerne Kiste
zu schützen. 3. Jede Sendung soll die AuÜBchrift „Diphtheritische
Membranen^ tragen. 4. Dieselbe darf nur an das Institut Pastear
oder ein sonstiges bekanntes Laboratorium für bakteriologische
Untersuchungen gerichtet sein.
Die Erfolge der obligatorischen Impfting und Wieier-
inpftug in Ungarn. Professor von Fobok in Budapest hat
flür die Besucher des Vni. internationalen Kongresses für Hygiene
und Demographie daselbst einen Aufsatz über die wichtigsten sanit&ren
Einrichtungen und Verhältnisse seiner Heimat veröffentlicht, dem wir
folgendes entnehmen: Die glänzendsten Resultate vermag Bndi^st
und ganz Ungarn in betreff der Bekftmpfung der Blattern auf-
zuweisen. Die Impfung war schon früher daselbst allgemein ein-
gefohrt, das Gesetz von 1887 jedoch ordnete ausser der obligm-
torischen Impfung auch die Wiederimpfung im zwölften Lebensjahre
an. Für das dadurch erzielte Resultat sprechen die nachstehenden
Zahlen:
An Blattern starben in Ungarn in den Jahren:
1886 1887 1888 1889
" w ' ^ u *
vor der obligatorischen Vaccination nach der oblieatoriBchan Vacoination
und Revaccination und iGlevaccination
2477 1760 102 115 Personen.
Während in dem benachbarten Österreich, wo die Revaccination
noch nicht obligatorisch ist, die Blattemmortalität in den Jahreo
295
1886 bis 1889 von 1005 auf 1180 stieg, sank sie in Ungarn seit
EinfahniBg der obligatorischen Yacdnation und Revaccination plötz-
lich auf den swanzigsten Teil. Speciell in Bndapest betrag die 2^ahl
der an Variola Gestorbenen von 1887 bis 1893: 376, 14, 0, 0,
2, 4, 6.
Mekti^a tob 29 Stndeiiteii mit Typhiis nach dem de-
nsge Yon Aasten« In einem College Middletowns in den Ver-
einigten Staaten, so schreibt die r,ÄUg. med, Centraletg,*^^ erkrankten
29 Studenten innerhalb kurzer Zeit an Unterleibstyphus. Als
Infektionsquelle dieser kleinen Endemie konnte der Oenuls von
Ansteni nachgewiesen werden. Weitere Nachforschungen ergabent
daft dieselben längere Zeit in einer Sülswasserbucht aufbewahr,
worden waren, in deren N&he ein Kanal mflndete, der um jene
Zeit mit den Fäkalien zweier Typhuspatienten verunreinigt war.
ÄBAening dea Alters fttr den Begmn der Kinderarbeit
in EBgland« Der Wert des Schulunterrichts fttr die Jugend wird
audi in England immer weiter erkannt, und so mehren sich dort
jetzt die Stimmen, welche eine Hinaufechiebung des Alters fttr den
Beginn der Kinderarbeit in Fabriken und Werkstätten fordern.
\SL Deutschland und Frankreich beträgt dasselbe 14 Jahre, in anderen
Ländern 12, in England nur 11 Jahre. y^The La/ncei^ weist mit
Recht darauf hin, daüs industrielle und merkantile Interessen in
dieser Frage nicht allein den Ausschlag geben dttrfen. Sie werden
auch wenig geschädigt, wenn das Kind statt mit dem 11. erst mit
dem 14. Lebensjahre in die Fabriken eintritt, da es in diesem Lebens-
abschnitt doch nicht viel zu leisten vermag. Fttr die Aneignung von
Kenntnissen und die gesamte Erziehung hingegen ist gerade diese
Periode von aufserordentlicher Wichtigkeit.
IKe Yerbreitnug von Infektionskranklieiten dnreh SeUefer-
tlfefal in Sehnlen. In Perth, so berichtet y^TheBrit.MeA.Jmm.*',
hielt kürzlich Dr. Febouson eine Reihe populärer Vorträge ttber
Gesundheitspflege. Bei dieser Gelegenheit wies er auf eine Gewohn-
heit der Schulkinder hin, welche leicht zur Verbreitung der Tuber-
kulose beitragen kann. Dieselben reinigen nämlich ihre Schiefer-
tafdn in sehr primitiver Weise, indem sie die Hand mit Speichel
benetaen und ttber die Fläche hinfahren. So wandert die Hand
wiederholt vom Munde zur Tafel und umgekehrt. Es ist nun aber
klar, dals, wenn ein Kind an Tuberkulose leidet, durch den ge-
schilderten Vorgang Tuberkelbacillen auf die Schiefertafel und von
da auf ein anderes Kind ttbertragen werden können, welches
hinterher dieselbe Tafel benutzt. Verwechselungen der Schiefertafeln
nftmUcfa kommen in anzischen Schulen aufserordentlich oft vor, da
aum hier nicht streng darauf hält, dafe jeder Schttler seine eigene
296
Tafd benutzt. Noch leichter als die Tuberkulose kann die Diphtherie
auf die gedachte Art weiter verbreitet werden, da der Erreger der-
selben, der bereits öfter erwähnte LÖFFLEBsche Bacillus, eine sehr
lange Lebensdauer besitzt.
Angebliche Ungesnndheit der Sehnlen toh Genevilliers
wegen Nachbarschaft der Rieselfelder yon Paris. Infolge
einer Aufforderung des französischen Unterrichtsministers, so berichtet
y^Le Proffr. mM,^, hat der Pariser Polizeipräfekt den Gesundheitsrat
der Seine von den Klagen in Kenntnis gesetzt, die der Stadtrat
yon Genevilliers über gewisse Unzuträglichkeiten für die Schulen
von Gr^sillons und Villeneuve-la-Garenne erhebt. Diese Unzuträglich-
keiten sollen von der Nachbarschaft der Felder herrfihren, auf
welche das schmutzige Abflufswasser der Stadt Paris geleitet wird.
Ein von Herrn L^on Colin als Berichterstatter des Gesundheitsrates
abgefafstes Gutachten in der fraglichen Angelegenheit hat folgenden
Wortlaut: 1. Die Ableitung des Kanalwassers der Stadt Paria auf
die an die Schulen von Gr^sillons und Villeneuve-la-Garenne an-
grenzenden Felder bringt der Gesundheit der Schttler keine Gefahr.
Allerdings ergeben sich daraus einige Unbequemlichkeiten für das
Lehrpersonal der letzteren Schule, die gute Gesundheit desselben
beweist jedoch, dafs keine wirkliche Ursache .für irgend welche
Schädigung vorliegt. Es wäre freilich zweifellos beäser gewesen
und ist noch jetzt besser, um die Schule eine Schutzzone von etwa
30 Meter Breite frei zu halten und diese auf der Seite der Riesel-
felder mit Bäumen zu bepflanzen ; aus der Unterlassung dieser Mafe-
regel sind indessen bisher nicht irgend welche Nachteile erwachsen.
Von Wichtigkeit ist die Frage, ob die gezogene SchluCsfolgerong
auf die genannten beiden Schulen beschränkt bleiben mufs, oder
yerallgemeinert werden darf. Wird doch die immer weitere Aus-
breitung der Rieselfelder, besonders in der Nähe von Paris, zukünftig
auch anderswo ähnliche Verhältnisse schaffen. An Stelle der
ursprünglich mehr theoretischen Auseinandersetzungen zwischen An-
hängern und Gegnern des Rieselsystems kann man heute thatsächliche^
unter jedermanns Augen gewonnene Gründe vorbringen, welche so
sicher, wie Laboratoriumsexperimente, die Unschädlichkeit der Riesel-
anlagen für die Bevölkerung von Gennevilliers seit einer Reihe von
Jahren beweisen. Andererseits darf man jedoch nicht zu weit-
gehende Schlüsse aus dem, was für die Schulen behauptet vnirde,
ziehen. Bei letzteren handelt es sich um Kinder, die nur einige
Stunden des Tages in den Klassen zubringen und sich außerdem
in einem Alter befinden, wo die in diesem Fall zu fürchtende
Krankheit, der Typhus, nur selten vorkommt. Wenn die Schul-
kinder gesund bleiben, so folgt daraus noch nicht, dals das Gleiche^
297
anch mit zwanzig- bis fünfändzwanzigjährigen IndiTidnen, z. B.
Soldaten, der Fall sein mofs, deren Kasernen in der Nälie von
Rieselfeldern liegen; denn hier kommt nicht ein nnr mehrsttLndiger
Ulglicher Aufenthalt, sondern ein solcher, der Tag nnd Nacht währt,
in Betracht. 2. Andererseits haben sich bei der Untersnchnng
der erwähnten beiden Schulen gewisse Verunreinigungen der
atmosphärischen Luft ergeben, welche jedoch nicht von den Riesel-
feldern, sondern von Schmutzhaufen herrühren. Auch befanden sich
die öffentlichen Wege in einem sehr schlechten Zustande, und auf
mehreren daran anstofsenden Feldern herrschte grofse Unreinlichkeit.
— Diese Sätze des Herrn Colin wurden von dem Gesundheitsrate
einstimmig angenommen.
Seminar IBr Handarbeitsnnterricbt in Jena. Ein an-
gesehener Kreis von thüringischen Männern der verschiedensten Berufe-
arten geht mit dem Plane um, die Gründung einer Lehrstätte für
Handarbeitsunterricht in Jena herbeizuführen. Dieselbe, für ganz
Thüringen bestimmt, soll sich eine allmähliche und freiwillige Aus-
gestaltung dieses Unterrichts nach seiner erziehlichen Seite in be-
ständiger Fühlung mit dem pädagogischen Universitätsseminar in
Jena zur Aufgabe machen. Man hofft für diesen Zweck auf Unter-
stützung durch öffentliche und private Mittel. Die geplante Ein-
richtung will übrigens keinenfalls ein blofses Konkurrenzunternehmen
der in Leix>zig bestehenden grofsen deutschen Anstalt werden, wie
denn zum Ausdruck dessen die beiden Hanptvertreter des deutschen
Vereins für Knabenhandarbeit, die Herren E. von Schencken-
BOBFF und Direktor Dr. W. Götze, von dem thüringischen Komitee
als Ehrenmitglieder kooptiert worden sind.
Rundschreiben des deutschen Tarnlehrerrereiiis, be-
trelTend die Beinhaltnng der Schnlturnhallen. Der geschäfts-
fahrende Ausschufs des deutschen Turnlehrervereins hat unter dem
20. Dezember v. Js. an alle Förderer des Schulturnens, insbesondere
an die deutschen Turnlehrervereine, folgendes Schreiben gerichtet:
Wie bekannt, wird in neuerer Zeit den Anforderungen der persön-
lichen und allgemeinen, der häuslichen und öffentlichen Gesund-
heitspflege ein besonderes Augenmerk zugewendet, was auch auf dem
Gebiete des Turnunterrichts zur Freude der Turnlehrer nicht ohne
Nachwirkung geblieben ist. So wurde an den höheren Lehranstalten
der preufsischen Monarchie eine Erweiterung der Tumzeit durch-
geführt und, wie man hoffen darf, damit eine allgemeine Ver-
mehnmg der Turnstunden angebahnt. Und während zahlreiche Ärzte
und Pädagogen der Hygiene des Unterrichts und der Schuleinrichtungen
ernste Forschungen, eingehende Untersuchungen widmen, um mehr
und mehr die sicheren Grundlagen für die Aufstellung bestimmter
298
Fordenmgen zu gewinnen, legen hohe staatliche Unterrichtsbehörden
und einsichtige Yerwaltnngsorgane zahlreicher Schnlgemeinden bereits
Hand ans Werk, am hygienische Verbesserungen beim Jogend-
nnterricht, insbesondere bei den Leibesttbangen, einzuführen, zn
erweitem und zu befestigen. Hierbei hat die Aufinerksamkeit der
Behörden naturgemftfs sich besonders auf die Turnhallen und ihre
Reinhaltung gerichtet. Durch Geldopfer und gewisse Anordnungen
wird ihrerseits darauf hingewirkt, dafs die Staubentwickeluug in den
Turnhallen, dieses Hindernis für die gesundheitlichen Wirkungen des
Turnens, auf ein möglichst geringes Mafs eingeschränkt werde. An-
gesichts solcher Bemühungen darf eine Vereinigung von Bemfs-
genossen, wie sie der deutsche Turnlehrerverein darstellt, nicht
mflfsig bleiben, und der unterzeichnete Ausschuß hat demgemäfa
beschlossen, znn&chst solche Materialien zu sammeln, durch welche
eine Obersicht der gebräuchlichen Methoden, Mittel und Aufwendung^
znr Reinhaltung der Turnhallen gewonnen werden kann. Im Verfolg
dieser Absicht unterbreitet der nachgeoannte Ausschnfs den Zweig-
yerbänden, bezw. Mitgliedern des deutschen Turnlehreryereins, sowie
allen Fachgenossen und Freunden der schulhygienischen Bestrebungen
die untenstehenden Fragen mit der ergebenen Bitte, sich an der
Beantwortung derselben nach Kräften beteiligen und auch auf solche
Erfahrungen, Vorschriften u. s. w., welche in unseren Fragen etwa
unberflcksichtigt geblieben sind, hinweisen zu wollen. — Die betreffenden
Fragen lauten folgendermafsen : 1. Sind in betreff der Reinigug
und Reinhaltung der dortigen Turnhallen allgemeine oder besondere
Vorschriften erlassen? 2. Wie lauten dieselben? 3. Wie werden
sie ausgeführt? 4. Welche Erfahrungen hat man damit gemacht?
5. Wird ohne besondere Vorschriften im angedeuteten Sinne gewirkt,
wie und mit welchem Erfolge? 6. Wer beaufsichtigt im einzelnen
die Reinlichkeitsverhältnisse der Turnhallen? 7. Welche ungefähren
Kosten erwachsen jährlich aus der Durchftthrung der genannten
Mafsnahmen? 8. Wie stark sind in der Regel die turnenden Ab-
teilungen? 9. Wie stark ist die durchschnittliche Benutzung <tor
Turnhalle täglich a. nach Stunden? b. nach der Zahl der Turnenden?
Jvgendspiele am KtaiglleheB Realfi^nuuisiiira sn Broaberg.
Der „Ztschr. f, Tt*m. u. Jtigdspl.'* entnehmen wir, dafs in Bromberg
ein Yon schützendem Wald im Norden und Osten begrenzter Platz fär
die Spiele der Realgymnasiasten gewonnen worden ist. Sechs Lehrer,
darunter drei Ordinarien und der Turnlehrer der Anstalt, haben je
eine Klasse oder Parallelklasse übernommen, so da& im Laufe dee
letzten Sommers mit fast allen Klassen bis Untersekunda einschließ-
lich ein ziemlich regelmäßiger Spielbetrieb eingerichtet werden
konnte. Für Obersekunda und Prima werden die künftigen Jahr-
299
gänge die Spielneigong mitbringen. Wie zu erwarten war, hat die-
selbe unter den Schillern rasch zugenommen, so dafe jetzt auch
solche auf dem Platze sich einfinden, welche anifangs sich abweisend
rerhalten hatten, und schon etwa 300 Knaben wöchentlich spielen.
Eines besonders regen Besuches haben sich die Sonnabende zu er-
freuen; die Zahl der Spieler an diesem Tage ist bereits auf 200
gestiegen. Es werden Yorzugsweise Schleuderball, Schlagball, Tum-
ball und Sauball, femer von den mittleren Klassen Fufsball mit
greisem Eifer geflbt. Aniser den Leitern finden sich öfter auch
andere Mitglieder des Lehrerkollegiums ein, wohnen den Spielen bei,
oder Tcrsuchen sich wohl selbst mit den Anwesenden im Schleuder-
ball und Fuisball.
FerienipariergiDge von Erlaiger Volksschflleni. Der
Vorstand des Vereins für Volkserziehung in Erlangen trat im Vereine
mit Bürgermeister Dr. von Schuh im Sommer 1886 der Frage
der Errichtung Ton Ferienkolonien näher. Finanzielle Schwierigkeiten
hielten jedoch vorderhand von der Verwirklichung dieses Gedankens
ab, dagegen wurde die Veranstaltung von Ferienspaziergängen be-
schlossen. Sie haben den Zweck, ärmere Volksschüler bei gutem
Wetter hie und da einen Tag lang in die Umgebung der Stadt zu
fuhren, durch Lehrer beaufsichtigen und unterhalten, sowie einfach,
aber gut verköstigen zu lassen. Diese Anregung fiel auf guten
Boden. Noch im Herb^ 1886 konnten zwölf Spaziergänge aus-
geführt werden. . Seitdem wurden jedes Jahr derartige Ausflüge
veranstaltet. Der inzwischen gewählte erste Bürgermeister Dr. Klippel
nahm sich ebenfalls dieser humanitären Einrichtung mit warmer
Hingebung an. Auch im verflossenen Jahre fanden daher acht
Ferienspaziergänge unter der Leitung des Vorstandes des Volks-
erziehungsvereins Dr. Gbassmtjlleb statt. Als Führer der Kinder
wurden die Lehrer Holzinger und Mümmleb gewonnen. Der
Zndrang zu den Spaziergängen war ein sehr grofser. Unter Berück-
sichtigung der zur Verfügung stehenden Mittel — die Spenden be-
tragen 265 Mark — konnten 353 Knaben und Mädchen der
protestantischen und katholischen Schulklassen I — IV zur Teilnahme
2»gelassen werden. Die Verköstigung eines Kindes kam auf 63 Pfg.
pro Tag zu stehen. Die Spaziergänge gingen meist in die schönen
Waldungen des Ratsberges mit Besuch der umliegenden Orte, wo
dann Rast gemacht wurde, um die Kinder, nachdem sie unterwegs
Anschauungsunterricht genossen, auch körperlich zu stärken und zu
laben. Die Ausflüge währten von vormittags 8 Uhr bis abends gegen
7 Uhr.
Baden and SehwimmeB der Schfiler in Frankftirt a. M.
In Frankfurt a. M. haben sich im Schuljahre 1892—93 am Baden
300
und Schwimmen 3144 Schüler der Bürgerschulen beteiligt, von
welchen 2225 Schwimmunterricht erhielten und 1075 sich zu Frei-
schwimmern ausbildeten. Die Schüler wurden je dreimal wöchentlich
von ihren Lehrern in die Schwimmanstalten geführt. Der Schwimm-
unterricht ist Massenunterricht. Das Ziel, dals jeder die Schule ver-
lassende Schüler das Schwimmen erlernt habe, wird fast durchgängig
erreicht Die Ausgaben dafür bestreitet die städtische Kasse ; sie be-
trugen 12140 Mark. Brausebäder wurden in der Franksteiner-
und Willemerschule 23 778, in der zu Michaelis 1892 eröfiheten
Glauburgschule 3421, zusammen 27199 im Berichtsjahre abgegeben.
Beide Schulen sind Bürgerschulen mit Knaben- und Mädchen-
abteilungen. Der Wasserverbrauch stellte sich in der erstgenannten
Anstalt auf 13, in der anderen auf 31,25 Liter pro Bad.
Einderheilstätte in Arcachon. Wie y^Le Brog. mSd." be-
richtet, hat der Stadtrat von Bordeaux 500 Francs für eine Stiftung
zu Ehren des Präsidenten Cabnot bewilligt. Diese Summe soll
dazu verwendet werden, kranke Kinder in das Sanatorium nach
Arcachon zu senden.
Hmüi^t Derfft0tin$ett*
£rlaf8 des k. k. Ssterreiehischen Ministers fBr Knltns
und Unterricht, betreffend die Schnlgesnndheitspflege an dem
Mittelsehulen.
Wien, den 12. März 1895.
In dem Erlasse vom 15. September 1890 wurden jene Mittel
zur Förderung der körperlichen Ausbildung der Jugend bezeichnet,
welche aulser dem Betriebe des Turnens erforderlich sind, um die
physische Erziehung der Jugend an den Mittelschulen zu kräftigen.
Die auf diesem Gebiete seither erzielten erfreulichen Resultate,
welche durch das opferwillige Zusammenwirken von Schulbehörden,
Gemeinden und Schulfreunden zu stände gekommen sind, bestärken
mich in der Hoffnung, dafs auf dem betretenen Wege noch weitere
Erfolge zu erwarten stehen und dafs die Erziehung in dieser Rich-
tung eine den Anforderungen der Zeit entsprechende Ergänzung
erfahren werde.
Während die bezogene Verordnung sich die Aufgabe stellte,
Einrichtungen zu schaffen, durch welche den von Ärzten und Päda-
301
gogen vielfach ausgesprochenen Klagen über die Hintansetzung der
körperlichen Ansbildong der Mittelschuljugend allm&hlich Rechnung
getragen werden sollte, war das Ministerium durch eine Reihe von
Matsnahmen, betreffend die Herabmindemng der Zähl der schriftlichen
Arbeiten, die Unterrichtsmethode in der lateinischen und griechischen
Sprach«, sowie die Maturitätsprüfung, namentlich durch die Yer-
ordnuiig vom 24. Mai 1892, bestrebt, die Oröfee der von der
Jugend zu bewältigenden Schreib- und Lernarbeit herabzumindern,
um ihr für die körperlichen Übungen die erforderliche Mufse zu
gewähren.
Der Inhalt der Gesundheitspflege bei der heranwachsenden
Jugend ist jedoch mit den bezogenen Anordnungen keineswegs er-
schöpft, vielmehr bleibt die schwierige Aufgabe ftbrig, die aus dem
Schulbesuche selbst und aus dem vielstOndigen täglichen Aufenthalte
in den Schulräumen heiTorgehenden schädlichen Einflüsse, soweit
für einzelne Erscheinungen dieser Art nicht schon besondere Yer-
filgungen erlassen worden sind, energischer als bisher zu bekämpfen.
Die in der angedeuteten Richtung wichtigen Verhältnisse wahr-
zunehmen, ist in erster Linie der Lehrer berufen; deshalb obliegt
jedem an einer öffentlichen Mittelschule wirkenden Erzieher die
ernste Verpflichtung, mit den Grundsätzen der Schulhygiene und den
Fortschritten in derselben sich bekannt zu machen. Nur dann ver-
mag er die ihm anvertraute Jugend nach Zulab der Verhältnisse
vor gesundheitlicher Schädigung zu bewahren.
Hierbei verkenne ich die Verschiedenheit der äul^eren Be-
dingongen und die minder günstige Beschaffenheit vieler Schulgebäude
nicht. Die ünterrichtsverwaltung ist zwar darauf bedacht, bei
Herstellung neuer Schulgebäude bessere sanitäre Vorbedingungen zu
schaffen, doch kann diese mit greisen finanziellen Opfern verbundene
Aufgabe, wie es in der Natur der Sache liegt, nur nach und nach
bewältigt werden.
Nichtsdestoweniger bleibt selbst bei weniger zweckmäßigen
Schulgebäuden für die verständnisvolle Handhabung der Schulhygiene
dem Lehrkörper noch ein weiter Wirkungskreis übrig. Insbesondere
werden die Direktionen beauftragt, in dieser Hinsicht auf folgende
Momente ihre stete Fürsorge zu richten:
1. Das direkte oder von einer gegenüberliegenden Wand
reflektierte Licht ist durch geeignete Handhabung der Rouleaux,
die ohne Musterung und mattgrau sein sollen, abzuhalten. Bei
künstlicher Beleuchtung handelt es sich sowohl um ausreichendes,
als auch um ruhiges Licht. Das Flackern wird durch passende
Vorrichtungen zu vermeiden, bei Beleuchtung der Schultafel der
Schutz gegen Blendung zu beachten sein. Die Verwendung offener
302
GasflammeD eignet sich für die Schnlzimmer nicht. Die Leochtkörper
müssen sich in einer angemessenen Entfemnng von den Köpfen der
Schüler befinden, damit die nachteilige Einwirkung der Wärme-
Strahlung hintangehalten werde.
2« Die Temperatur in den Schulzimmem soll in der Heiz-
periode zwischen 13 nnd 16 Grad R^anmnr bleiben. Zn diesem
Behnfe ist die Bedienung der Heizvorrichtongen sorgfiUtig zn über-
wachen, sowie in jedem Schnlzimmer ein Thermometer an passender
Stelle, wo es die mittlere Temperatur des Zimmers anzuzeigen ver*
mag, anzubringen. Die Regulierung der Temperatur hat durch
zweckentsprechende Handhabung der Heizungs- und Yentilations-
apparatej mit deren Einrichtung sich vertraut zu machen jeder
Ldirer yeipfiichtet ist, zu geschehen, oder durch das öffiien der
Fenster. Letzteres kann jedoch w&hrend des Unterrichtes zur
Winterszeit nur mit vorsichtiger Vermeidung direkter Einwirkung
kalten Luftstromes auf die in der Nfthe sitzenden Schüler — etwa
durch aeitweilige ö&ung eines oberen inneren und eines unteren
Aufseren Flügels — ausgeführt werden.
3. Einen Gegenstand fortgesetzter Aufinerksamkeit seitens der
Direktion wie der einzelnen Lehrer muls die Beschaffenheit der
Luft in den Schulzimmem bilden. Sie soll sich in ihrer Mischung
stets möglichst wenig von jener der Auijsenluft unterscheiden, was
nur durch fleükige Erneuerung der Schulzimmerluft erreicht werden
kann. Hierfür reichen erfahrungsgemäb die Yentilationsvorrichtongen
in der Regel nicht aus, weshalb das öffnen der Fenster im Sommer
mindestens während der Unterrichtspausen, im Winter w&hrend eines
entsprechenden Teiles derselben bei Entfernung aller Schüler ans
dem Zimmer, sowie auch nach dem Unterrichte durch eine der
Aulkentemperatur angemessene Zeitdauer unbedingt notwendig er-
scheint. Da die nassen ÜberrOcke und Schirme, im Schulzimmer
abgelegt, zur Verschlechterung der Luft in demselben beitrage,
wird die Direktion diesem Übelstande zu begegnen bestrebt sein,
sei es durch Bestimmung einer eigenen Lokalität für die Garderobe
der Schüler, sei es durch Aufstellung von Garderobeschränkea in
den Korridoren.
4. Die häufig schlechte Haltung der Schüler bei Schreib- und
Zeichenarbeiten erfordert eine unermüdliche Wachsamkeit des Lehrers.
Von grofser Wichtigkeit fOr die Erzielung richtigen Sitzens ist die
Beschaffenheit der SubseUien. Wenn es auch aus finanziellen Rück-
sichten nicht überall thunlich erscheint, ältere, vfeniger zweckmftlsige
Bänke gegen neue, den hygienischen Anforderungen entsprechende
zn vertauschen, so wird es doch jedem mit den Anforderungen an
die Schulbank vertrauten Direktor in kurzer Zdt gelingen, die
303
störendsten Übelstände teils durch Yerbesserangen an den Bänken,
teils durch sorgsame Verteilung derselben in den Schnlzimmem zu
beseitigen. Fur Schiller, welche nm mehr als 12 Gentimeter in dar
Gröfee sich unterscheiden, sind besondere Banknommem erforderlich.
Namentlich ist die Höhe der Bank, welche der Länge des Unter-
schenkels zn entsprechen hat, die Breite des Sitzbrettes, die Hdhe
des Tischrandes und die sogenannte Distanz zn beachten.
Vielfältige ärztliche £rfahrangen haben konstatiert, dais das
Schiefisitzen der Schaler, besonders in den Unterklassen, zu Rfldc-
gratsYerkrflmmnngen fährt, die vorgebeugte Haltung die Lnnges-
thätigkeit beeinträchtigt nnd das andauernde Zunahesehen selbst bei
gesunden Augen Myopie erzeugt. Jeder Lehrer, welcher solche be-
klagenswerten Folgen bei der seiner Obsorge anyertrauten Jugend
sieh gegenwärtig hält, wird gewiCs aus allen Kräften bestrebt sein,
seUechte Angewöhnungen der Schüler nicht aufkommen zu lassen,
und bei Wahrnehmung einer anomalen Erscheinung auf ärztliche
Beratung dringen. Die Schultafel soU entsprechend grols, nach der
Höhe yerschiebbar und zu den Augen der Schtller thunlichst passend
gestellt sein. Auch bei Aufstellung der Wandkarten kommt die
Schonung der Augen in Betracht.
5. Auf die Reinlichkeit des ganzen Schulgebäudes, demnach
der Schulzinmier, Korridore, Stiegen, des Vestibüls und der Anstandsorte,
ist stete Soi^alt zu Terwenden. In dieser Beziehung zähle ich
auf die Energie der Direktionen gegenfiber dem Dienerpersonal.
Ausreichend grofee Scharreisen und Matten zur Reinigung der Schuhe
dürfen nicht fehlen; die Schtller müssen konsequent angehalten
werden, derselben sich zu bedienen und sich die Reinigung der
Beschuhung zur Gewohnheit zu machen.
Die Fufsböden, Stiegen und Korridore erfordern zur Beseitigung
des unvermeidlichen Staubes wöchentiich ein mehrmaliges nasses
Aufwischen und öfteres Scheuern im Jahre. Fttr die Reinhaltung
der Holzfnlsböden ist das Tränken derselben mit heifsem Leinöle
von Vorteil. Zur Verminderung der Gefahr der Verbreitung von
Infektionskrankh^ten erscheint es wichtig, das^ Ausspucken der
Schüler auf die Fufsböden möglichst zu bekämpfen, zu welchem
Zwecke in jedem Schulzimmer eine hinreichende Anzahl von Spuck-
nl^fen anzubringen sein wird. Auch die häufige Reinigung der
Fenster wird schon durch die Rücksicht auf die Stärke der Be-
leuchtung der Zimmer geboten sein.
Zur Verminderung der Stauberzeugung werden auch möglichst
reine Abwischvorrichtungen für die Schultafel beitragen, und es
empfiehlt sich zu demselben Zwecke die Benutzung von mit Papier
flberUebter Kreide.
304
6. Die Klassenyorstände haben die Mängel des Gehörs und der
Augen der Schüler, wo ihnen fachmännische Information erwünscht
ist, durch Empfehlung ärztlicher Beratung wahrzunehmen und bei
der Bestimmung der Sitzordnung dieselben thunlichst zu berücksichtigen.
7. Die Schule ist verpflichtet, die ihr anvertraute Jugend, so-
weit es in ihrer Macht liegt und ihre Aufgabe es zuläfst, nicht
bloDs vor physischen Gebrechen und gesundheitlichen Störungen zu
bewahren, sondern auch in dem Betriebe geistiger Arbeit solche
Einrichtungen zu treffen, welche die Gefahr der Überbürdung mög-
lichst fernhalten. In dieser Beziehung wird bei Verfassung des
Stundenplanes auf eine zweckmäüsige Verteilung der Gegenstände
fOr die Wochentage, sowie auf die richtige Aufeinanderfolge an jedem
einzelnen Tage die thunlichste Rücksicht zu nehmen sein.
Das von der Schule Geforderte wird als geringere Belastung
empfunden, wenn eine wohlthuende Abwechslung in der Beschäftigung
der Schüler zwischen anstrengender Denkarbeit und vorwiegend auf
Anschauung beruhender Beobachtung oder receptiver Thätigkeit
herbeigefährt, wenn femer anhaltende Inanspruchnahme der Augen
(zum Beispiel Schreiben und Zeichnen in unmittelbarer Folge) hint-
angehalten wird.
Unter denselben Gesichtspunkt stellt sich die bestehende An-
ordnung, betreffend die Notwendigkeit gleichmäfsiger Verteilung der
schriftlichen Ausarbeitungen zu Hause und in der Schule, und es
müfete insbesondere als pädagogischer Fehlgriff bezeichnet werden,
mehr als eine Schularbeit an demselben Tage zu verlangen.
8. Um bei Aufführung von neuen Gebäuden für Mittelschulen
in der AusfQhrung eines Bauprojektes die Verwirklichung möglichst
günstiger sanitärer Vorbedingungen zu sichern, wird angeordnet, dafs
jedem zur Leitung und Überwachung eines solchen Baues bestellten
Komitee ein womöglich hygienisch gebildeter Arzt als Mitglied bei-
gezogen werde. Diese Anordnung gilt sowohl für die Gebäude der
Staatsmittelschulen, als für die in anderer Verwaltung stehenden
Lehranstalten gleicher Kategorie.
Dey Minister für Kultus und Unterricht.
(Gez.) RiTTEB VON Mabbtski.
Yerffl^ng des KQniglich preursuiehen UnterrichtsmiiListen
bezAglich des Hanshaltiuissiiiitemehts fBr M&dchen.
Berlin, den 10. Februar 1895.
Aus dem Bericht der Königlichen Regierung vom 24. Januar d.Js.
habe ich ersehen, dafs der dortige Magistrat die Einführung des
hauswirtschafUichen Unterrichts für die ersten Klassen der städtischen
r
305
Hfldcbenschalen in den darch meinen Erlafs vom 9. M&rz 1894 —
ü. m. A. 546 — vorgesehenen Grenzen beabsichtigt.
Ich trage um so weniger Bedenken, zur AnsfUhrnng dieses
Planes meine Genehmigang zu erteilen, als ich den erziehlichen
Wert dieses Unterrichts für die Mädchen der niederen Yolksklassen
Yoll anerkenne nnd in den Bestrebungen auf diesem Gebiete ein
wirksames Mittel zur Befestigong eines geordneten Familienlebens in
den Arbeiterkreisen erblicke.
Allerdings mnfs ich im Interesse der Ziele, welche die Volks-
schule erstrebt, daran festhalten, dafs die Arbeit derselben durch
Yeranstaltongen, die auf die praktische Ausbildung der Jugend ge-
richtet sind, keinerlei Einschränkung erfährt und insbesondere die
Torgeschriebene Unterrichtszeit zu Gunsten dieser Bestrebungen nicht
verkürzt wird.
Ich billige es daher, dals die schulplanmäfsigen Lehrstunden
von 9 — 12 Uhr, vrelche an einem Tage der Woche für den haus-
wirtschafüichen Unterricht in Anspruch genommen werden sollen,
nicht in Wegfall kommen, sondern im Rahmen des Nachmittags-
unterrichts eine andere geeignete Stelle im Lektionsplan der be-
treffenden Schulen erhalten.
Schliefslich veranlasse ich die Königliche Regierung, dem dortigen
Magistrat für den neuen Beweis der sorgfältigen und opferwilligen
Pflege, die er dem städtischen Schulwesen angedeihen läfst, meine
ToDe Anerkennung auszusprechen.
Der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
An
die Königliche Regierung
zu Posen.
U. in. A. 261.
Zur Bewilligung des Eintritts in die Volksschnle
ffir Kinder luter 6 Jahren.
Ans dem Rundschreiben des Bezirksschulrates der k. k.
Beichshanpt- nnd Residenzstadt Wien, G. Z. 605S.
An sämtliche Schulleitungen.
Hinsichtlich des Rechtes der Ortsschulräte, Kindern, welche bei
Beginn des Schuljahres das sechste Leben^ahr noch nicht vollendet
haben, den Eintritt in die Volksschule zu bewilligen, wei:den die
Ortsschulräte mit Hinweis auf die bestehenden Normalbeschlüsse
ersucht, darauf zu achten, dafs auch in jedem einzelnen Falle der
Bestimmung des § 2 der Schul- und Unterrichtsordnnng, wonach
SdnilfMimdhettfpflega VHI. 20
306
diese BewiUigong nnr fftr Kinder erteilt werden darf, welche
physisch nnd geistig reif sind, genau Rechnnng getragen wird.
Vom Bezirksschulräte der Stadt Wien, am 20. Septemher 1894.
FUr den Vorsitzenden:
(Gez.) PaEYEB.
Bekanntmaehiug des Schnlytrstandes der Stadt Zürich
ther die Erholnngsstation ffir Schnlkiiider auf dem Schwttrig.
Die Eltern schulpflichtiger Kinder der Stadt werden darauf auf-
merksam gemacht, dafs die Erholungsstation Schw&hrig hei Grais,
Kanton AppenzeU, Eigentum der Ferienkolonien der Stadt Zürich,
nunmehr das ganze Jahr geöffiiet ist und, soweit der Platz reicht,
jederzeit erholungshedflrftige Kinder im schulpflichtigen Alter aufiünunt
mit Ausnahme solcher, welche an Skrofulöse oder an einer an-
steckenden Krankheit leiden.
Das Kostgeld beträgt Fr. 2 pro Tag. HierfQr erhalten die
Pensionäre Kost, Logis und elterliche Pflege; sie stehen unter be-
ständiger AuÜBicht, und es wird ihnen, sofern es ihr Gesundheits-
zustand erlaubt, Schulunterricht erteilt, wodurch die Möglichkeit
geboten ist, den Aufenthalt auch über die Schulferien hinaus aus-
zudehnen, ohne dafs für die Kinder dadurch hinsichtlich ihres weiteren
Fortkommens in der Schule Nachteile entstünden.
Die Anstalt wird anfangs April laufenden Jahres eröffnet; es
können somit auch schon während der Frühlingsferien Kinder auf-
genommen werden.
Anmeldeformulare und Prospekte sind auf der Kanzlei des
Schulwesens und bei den Schulhausvorständen zu beziehen.
Ptxfouüixtn.
Die Regierungs- und Medizinalräte Dr. Gbcn in Hildesheim
und Dr. Hoelker in Münster wurden zu Geheimen Medizinalräten
befördert.
Der Direktor des Gymnasiums in Plauen, Professor Dr. BüSCH,
hat den Titel Oberschulrat erhalten.
Der ungarische Ltandesverein für Hygiene ernannte aus Anlafo
des vni. internationalen Kongresses für Hygiene und Demographie
in Budapest folgende unserer Mitarbeiter zu Ehrenmitgliedem : Pro-
fessor Dr. Angblo Celli m Rom, Dr. Fbancis Wabneb in London,
307
Professor Dr. Leo Bübgebstbin in Wien, Professor Dr. Julius
Kbattbb in Graz, Eommnnalarzt Axel Hebtel in Kopenhagen,
Professor Dr. Mat Gbubeb in Wien, Dr. Mangenot in Paris,
Professor Dr. Hyacinth Kübobn in Seraing-Lttttich, Dr. Paul
Schubebt in NOmberg, Professor Dr. Hermann Cohn in Breslau,
Generaldirektor Professor Dr. Pagliani in Rom, Professor Dr.
Ebismann in Moskau, Oberarzt Dr. Süssmann in Hermannstadt
und den Herausgeber dieser Zeitschrift.
Der Landessanitätsreferent Dr. Gustav Ivakics in Prag hat
den Orden der eisernen Krone HI. Klasse, der Bealschuldirektor
Debbe in Bremen und der Rektor Heintzeleb in Stuttgart den
roten Adlerorden IV. Klasse, der Professor am Ludwigsgymnasium
La Roche in München das Ritterkreuz IV. Klasse des Verdienst-
ordens vom heiligen Michael und der Oberlehrer am Vitzthumachen
Gymnasium Dr. Giesing in Dresden das Ritterkreuz des Mecklen-
burg-Schwerinschen Greifenordens erhalten.
Es wurden ernannt : der Ministerialrat und Beyollmftchtigte zum
Bundesrat Rttteb von LA2n>MANK zum Königlich bayrischen Kultus-
minister, Herr Bebthelot zum Viceprftsidenten und Herr Liabb
zum Sekretär des Obersten Rates fOr den öffentlichen Unterricht in
Frankreich, der auÜBerordentliche Professor der Kinderheilkunde an
der milit&r-medizinisdien Akademie in St. Petersburg Dr. Bybtbow
zum ordentlichen Professor, der Privatdocent Dr. Bubnow in
Moskau zum ordentlichen Professor der Hygiene in Dorpat, der
Dhrektor des ton SALDEBNschen Realgymnasiums in Brandenburg a. H.
Dr. HoGHHEiM zum ProYinzialschulrat, der Oberlehrer am Kadetten-
corps, Professor Dr. Goetze in Dresden, zum Studiendirektor, der
Regimentsarzt Dr. Schöeeb zum ständigen aulserordentlichen Mitglied
des niederösterreichischen Landessanitätsrates, der Direktor der Real-
schule Dr. QüiEHL in Kassel zum Direktor der Oberrealschule
daselbst, der Gymnasialprofessor Fischeb in Mors zum Direktor
des Gymnasiums in Saarbrflcken, der Gymnasialprofessor Dr. Maxi-
lOLiAN ZÖLLEB in Mannheim zum Direktor des Realgymnasiums
daselbst, der Kreisschulinspektor Dr. Qubhl zu Strasburg i. Wpr.
zum Seminardirektor in Rheydt, der Direktor KsösiNa in Pillan
zum Direktor des Realprogymnasiums in Schlawe, der Lehrer an der
Realschule L. Hilbebband in Memmingen zum Direktor dieser
Anstalt, der Lehrer Dr. Hummel zum Direktor der 11. Bürger-
schule in Leipzig.
Dr. Ludwig CsatIby und Dr. Bj^la RIkosi sind in die
Schulsektion des ungarischen LandesYereins für Hygiene gewählt worden.
Dr. Th. Weyl habilitierte sich an der technischen Hochschule
in Charlottenburg als Priyatdocent für Hygiene.
20»
308
Die Zeitschrift fdr Schulgesondlieitspflege kot den Tod eines ihrer
Mitarbeiter, des Direktors der niederösterreichischen Landesirrenaastidt,
Herrn Regiemngsrat Dr. Moritz Gauster in Wien, sro beklagen.
Der Verstorbene worde 1828 daselbst geboren nnd war hervorragend als
praktischer Psychiater. Er hat sich namentlich durch Einfthmng
eines neuen Systems der Erbauung und Einrichtung von Irren-
hftosem, sowie der Irrenpflege und aufserdem durch mehrere
psychiatrische Schriften verdient gemacht. Auch der Schulhygiene
wandte er sein Interesse zu, indem er nicht nur ein Handbach
derselben verfafete, sondern auch Yortrftge über dieselbe fflr Lehrw
hielt. Bei seinem Tode war er durch das Vertrauen der Änste Wiens
Präsident der dortigen Ärztekammer.
Aufserdem sind verstorben: der vortragende Rat im Königlich
preuCsischen Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medisinal-
ang^egenheiten, Geheimer Obermedizinalrat Dr. Schönfelb in
Berlin, der frtthere Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster
daselbst, Professor Dr. theol. et phil. Fhibd&ich Hofmank, der
Arzt des Gymnasiums zu Starobelsk in Rufsland Xaver Kajlaoo
nnd der Rektor Anders in Strehlen.
fiütxatnt.
Besprechungen.
Dr. MAK0ENOT, M6decin-inspecteur des ^coles de la ville de Paria.
L'examett indiTidnel et le billetin aanitaire dee ^lien.
Extrait de la „BevuectHygi^ne*", 1894. Paris, 1894. G. Masaon.
(12 S. 8^)»
Die gegenwärtig in Krait stehende Verordnung über die ärzt-
liche Inspektion der Pariser Schulen schreibt vor, daCs wenigstens
einmal monatlich jeder Schüler einzeln und genan in Bezug auf den
Zustand der Zfthne, der Augen, der Ohren, sowie auf Konstitutions-
anomalien vom Schularzt untersucht werden solle. Diese Vorschrift
wurde jedoch nicht strikt durchgefllhrt, konnte es überhaupt niefait
werden.
Da die genannte Verordnung revidiert und die schid&iztliche
Orgamsation geändert werden soU, so beschäftigt sich der Verfasser
adt der Frage, wie jene Schuluntersuchungen, deren Nützlichkeit und
> Vergl. diese Zeitschrift, 1895, No. 1, S. 39—40. D. Red.
309
Notwendigkeit anfiser Zweifel steht, nnd welche in anderen Städten,
wie Brüssel nnd Stockholm, bereits existieren, znkfijiftig am besten
nnd zweckmäÜBigsten eingerichtet werden können. Er stellt
zunächst den Grundsatz auf, dals dieselben ausschlielslich im Inter-
esse und zum Vorteile des einzelnen Schttlers zu geschehen haben.
Ausgeschlossen werden daher alle rein wissenschaftlichen oder
statistischen, z. B. anthropologischen, auf praktische Zwecke nicht
abzielenden Untersuchungen, deren Wichtigkeit und Bedeutung im
flbrigen nicht geleugnet wird, welche sich jedoch wegen Mangel an
Zeit nnd zuverlässigem Untersuchungspersonal schwerlich regelmäCsig
durchfahren lassen.
Die Untersuchungen soUen femer möglichst einfach eingerichtet
sein, zu viel zu verlangen erscheine unzweckmäfsig. Man möge sich
ffOac gewöhnlich auf die Feststellung der Beschaffenheit der Augen,
Ohren und Zähne, sowie allfälliger Konstitntionsanomalien beschränken.
Nur da, wo es in praxi sich leicht bewerkstelligen lasse, sei auch die
Bestimmung des Körpergewichts und der Körperlänge vorzunehmen.
Diese £inzeluntersuchungen würden am besten nur zweimal jährlich
ausgeführt und die gewonnenen Resultate auf einem für jedes Kind
aufznstellenden Zettel verzeichnet.
Gegen den letzten Vorschlag könnte eingewendet werden, dafs eine
Verletzung des ärztlichen Geheimnisses dadurch möglich sei. Dieser
Einwand ist jedoch grundlos, da laut obigem Programm nur solche
Verhältnisse der Schtüer in Frage kommen, bei welchen die Eltern
sich kaum beunruhigen dürften. Die Eintragung von Kurzsichtigkeit,
Weitsichtigkeit, Ohrenentzündung, adenoiden Wucherungen im Nasen-
rachenräume und dergl. wird wohl keine Opposition veranlassen. Be-
züglich der Konstitutionsanomalien, wie Skrofulöse, Rhachitis, könnte
man nötigenfalls sich bestimmter Zeichen oder Zahlen, die nur für
die Arzte verständlich wären, bedienen. Übrigens soll von der Unter-
suchung deijenigen Kinder Umgang genommen werden, deren Eltern
oder VormtUider dagegen Einspruch erheben. Verfasser meint,
dats die einzige Krankheit, welche die Befürchtung einer Verletzung
des ärztlichen Geheimnisses begründen könnte, die Syphilis, bei
Sohnlkindem nicht oder nur aufserordentlich selten zu finden sei.
Kinder mit angeborener Syphilis stürben oder würden geheilt, bevor
sie das schulpflichtige Alter erreichten; erworbene Syphilis aber komme
bei Schülern fast niemals vor.
Die Vorteile des individuellen Gesundheitszettels der Schüler
sind klar. Derselbe gestattet nicht nur die Kontrolle über Besserung
oder Verschlimmerung der aufgezeichneten Anomalien, sondern auch
die Möglichkeit, vorbeugende und heilende Mafsregeln für das be-
treffende Kind in der Schule zu ergreifen, z. B. Darreichung von
310
Jodeisensirap, bezw. Leberthran, Behandlung leichterer Krankheitsfälle,
Yerordnong geeigneter Brillen u. s. w.
Um die Frage zu beantworten, welche Zeit eine solche Einzel-
Untersuchung erheischt und welches Verfahren dabei am zweck-
mftfeigsten ist, unternahm MANGhENOT selbst die PrAfong einer
Mädchenschule in Paris mit 6 Klassen und 312 SchOlerinnen.
Jedes Mädchen erhielt eine Karte mit folgenden Rubriken: Name,
Alter, Begabung, Konstitution, Augen, Ohren, Zähne, Körpergewicht,
Körperlänge. Die ersten drei Rubriken wurden von den Lehrerinnen
ausgefflllt. Die Kinder kamen der Reihe nach, jedes mit dem Zettel
in der Hand, zum Arzte, welcher dabei Haltung, Gang, Aussehen
beobachtete und die Konstitution durch Betrachtung des (resichts
und Untersuchung des Halses ohne Auskleiden bestimmte. Mittelst
Leseprobe und Taschenuhr wurden erheblichere Störungen des Gesichts
und Gehörs erkannt, worauf Zähne und Rachen zur Untersuchung
gelangten. Eine Lehrerin schrieb sofort auf den Zettel die ge-
wonnenen Ergebnisse auf. Unterdessen hatte eine andere Lehrerin
Körpergewicht und Körperlänge bestimmt und eingetragen. Für die
Untersuchung einer Klasse von 50 — 55 Kindern genügten 60 — 70 Mi-
nuten.
Die Resultate waren folgende: von den Kindern zeigten sich
lymphatisch 162, skrofulös 49, rhachitisch 2, völlig frei von Kon-
stitntionsanomalien 101. Sehstörungen fanden sich bei 35, Hart-
hörigkeit bei 29, schlechte Zähne bei 185.
Die Mädchen mit Gehör- und Sehstörungen wurden nachträg-
lich einer speciellen Untersuchung unterzogen. Dabei fanden sich
3 Hypermetropen , 3 Myopen, 3 Astigmatiker, darunter 2 mit
hypermetropischem Astigmatismus. Von diesen erhielten 6 sofort
geeignete Brillen auf Kosten der Schulkasse.
Es wurde femer konstatiert, dais auch hier fast aUe als wenig
intelligent bezeichneten Kinder körperliche Abnormitäten darboten.
Professor der Schulhygiene Dr. med. Karl Girabd in Bern.
Dr. Adriano Gabbini. Eyoluione de! senso eromatico iiella
infanzia. Memoria letta il 18. marzo 1894 airAccademia d'Agri-
coltura, Arti e Oommercio di Verona. Verona, 1894. Stabilimento
tipo-lit. G. Franchini. (104 S. .8®.)
Als Referent vor Jahren die von Geigeb aufgestellte Theorie
der allmählichen Entwickelung des Farbensinnes beim Menschen-
geschlechte aufs neue aufnahm und auszubauen versuchte, erhob sich
von den verschiedensten Seiten der erheblichste Widerspruch gegen
dieses Beginnen. Besonders waren es die Ultradarwinianer, welche
sich meiner Theorie gegenüber durchaus ablehnend verhielten.
311
DerGnmd f&r diese Thatsache, welche um so mehr auffaUen mufstey
als doch gerade der Darwinismus die allmähliche Entwickelung unserer
körperlichen und damit anch geistigen Beschaffenheit lehrt, lag nun
aher keineswegs im Danrinismns selbst, sondern einfach darin, dafs die
jeder experimentellen, wie wissenschaftlichen Begrttndnng entbehrenden
Spekulationen der ültradarwinianer durch jene Theorie stark er-
schüttert wurden. Die phantastischen Spekulationen, welche die
ültradarwinianer, Cabüs Stebns (Ebnst Kbaube) an der Spitze,
Aber die biologische Aufgabe der Farben im Tierreiche ersonnen
hatten und nun als wahre Wissenschaft predigen wollten, mufste
durch die Theorie einer allmählichen Entwickelung des mensch-
lichen Farbensinnes einen gewaltigen Stols erleiden, und, um diesen
2u parieren, wurde der Feldzug gegen jene Theorie eröffnet.
Dieser von Garüs Stebne mit besonderer Erbitterung gefochtene
Kampf schien sich gegen mich entscheiden zu wollen, als einzelne Phi-
losophen, wieMABTT, und Philologen, wie Yegkbnstebt, gleichfalls die
allmähliche Entwickelung des Farbensehens bekämpften. Allerdings
konnten die genannten beiden Autoren als unparteiische Richter
kaum gelten, indem ihnen in erster Linie offenbar daran lag, för
die in allen Sprachen nun einmal vorhandenen chromatischen Eigen-
artigkeiten eigene Theorien aufzustellen; und da sich ihre Theorien
auf anderem Boden bewegten, als die meinige, so war ihr Kampf
gegen die letztere mehr ein Kampf fCLr ihre eigenen Interessen, als
filr die Wahrheit. Die Art und Weise aber, in welcher Maety
und Ebkst Kbaüse den Kampf fahrten, konnte auf den Namen
einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung leider am allerwenigsten
Anspruch erheben, und so wurde jede weitere Antwort meinerseits
bald genug unmöglich. Ich konnte auf die Weiterftlhrung des
Streites um so eher verzichten, als ich auf das festeste von der
Wahrheit meiner Theorie, wie ich sie zuletzt in den PBEYEBschen
physiologischen Vorträgen niedergelegt hatte, überzeugt und der
Ansicht war, die betreffende Lehre werde schließlich durch sich
selbst zum Siege gelangen.
Wie richtig diese meine Ansicht war, beweist die vorliegende
Arbeit von Gabbini. Nachdem vor mehreren Jahren bereits Pbbyeb
in einer sehr umfassenden experimentellen Arbeit den Nachweis ge-
liefert hatte, dafs das Kind den Farbensinn nicht mit auf die Welt
bringe, sondern denselben auf Grund einer allmählichen Entwickelung
erst erwerben müsse, veröffentlicht jetzt Gabbini eine höchst sorg-
fiütige Studie, welche keinen Zweifel mehr darüber aufkommen labt,
dab der Farbensinn nicht als fertiges Geschenk dem Kinde bei der
Geburt in die Wiege gelegt wird. Vielmehr hat dasselbe nicht
weniger als die ersten 5 bis 6 Jahre seines Lebens nötig, um
312
diesen Sinn und die sprachliche Yerkörperong desselben anszabilden,
resp. zu beherrschen. Und der Ton Gabbini gefandeae Entwickelnngs-
gang erinnert, wenigstens in seinen Hauptzflgen, nicht allein lebhaft
an den von mir für das Menschengeschlecht geschilderten, sondern
er ftllt in den meisten Pnnkten mit demselben vollstftadig za-
sammen. Wenn daher das allgemeine Entwickelungsgesetz der Phylo-
genie nnd Ontogenie nicht darchlOchert werden soU, so bleibt jetzt
nichts anderes mehr ttbrig, als sich zu dem Gestftndnis zn beqnemen,
dals die Theorie der allmählichen Entwickelnng des Farbensinnes
bei der Menschheit nun einen experimentellen Beweis durch die
Untersnchnngen des kindlichen Farbensinnes gefonden hat. Aller-
dings wird dies Geständnis den Herren Mabty, Ebnbt B[ratj8E,
Yeckenstedt n. a. recht schwer fallen, aber sie werden angesichts
der physiologischen Thatsachen für ihre philosophischen Spe-
kulationen wohl nicht mehr allzuviel willige Gläubige finden.
Nachdem wir die allgemeine Bedeutung, welche die Gabbutx-*
sehen Untersuchungen beanspruchen dürfen, im vorstehenden er-
örtert haben, wollen wir nun auch die wichtigsten Einzelheiten jener
Untersuchungen namhaft machen.
Das Kind besitzt zunächst nur den Lichtsinn; der Farben-
sinn beginnt erst mit dem 16. Lebensmonat sich zu regen, und
zwar mit dem Erkennen des Rot. An die Kenntnis dieser Farbe
schliefst sich die des GrfLn, Gelb, Orange, Blau, Violett. Das
Empfindungsvermögen fttr Farben entwickelt sich zunächst in den
centralen Netzhautpartien und erst später in den peripheren. Dabei
scheinen die Knaben wenigstens ein Jahr früher in den vollen Besits
des Farbensinnes zu kommen, als die Mädchen, während die letzteren
wieder eher Blau und Violett richtig zu percipieren vermögen, als die
Knaben.
Denselben Entwickelungsgang, wie der Farbensinn, nimmt
auch die Farbenbezeichnung, doch fällt die volle Ausbildung beider
nicht sofort zusammen. Vielmehr pflegt noch ein volles Jahr nach
der beendeten Entwickelnng des Farbensinnes zu verstreichen, ehe das
Kind es gelernt hat, die Farbenbezeichnungen mit seinen Farben-
empfindnngen in Einklang zu setzen und sie richtig zu gebrauchen.
Professor der Augenheilkunde Dr. med. H. Magnus in Breslaa.
Klaba Hessling, Vorsteherin einer höheren Mädchenschule und
Leiterin eines Kursus zur Ausbildung von Turnlehrerinnen w
Beriin. Das Mtdehentanien in der Sehnle. Ein Wegweiser
zur Erteilung eines methodischen Turnunterrichts nebst Lehr- und
Wochenstoffplänen. Mit 139 Fig. Berlin, 1894. Hermaim
Heyfelder. (396 S. 8^)
313
Frftfüein Klaba Hesbling hat die Summe ihres Könnens und
ihrer Erfahmngen im Tnmsaal in dem genannten Bnche gesammelt.
Geht dasselbe auch in vielen Dingen, insbesondere in den mehrfach
reeht wertvoUen Sätzen ttber die Gestaltung und den Betrieb des
Mftdchentumens, sowie über die Eingliederung desselben in den
allgemeinen Schulunterricht von norddeutschen, oder richtiger von
Berliner Schulverhältnissen aus, weifs es auch anscheinend wenig
?on dem, wie der Mädchentumnnterricht au&erhalb Preulsens
organisiert ist und gehandhabt wird, so enthält es doch eine lange
Reihe erfreulicher Proben einer tüchtigen, denkenden und begeisterten
Lehrkraft. Und wenn wir in Süddeutschland auf viele kleine, nied*
liehe Sächelchen, die das Buch bringt, Verzicht leisten, so müssen
wir doch zugestehen, dafs uns die Verfasserin für den Unterricht
80 manchen bedeutungsvollen Wink gibt und auf so manche inter-
essante Einzelheiten aus dem Seelenleben und den Gepflogenheiten der
Schulmädchen hinweist, so dafs wir schon um dessentwiUen dem
Werke einen hohen Wert beilegen.
Der Übungsstoff, den das Fräulein in ihrem Buche bearbeitet, ist
aulserordentlich reichhaltig und gut gegliedert, seine Beschreibung klar
und allgemein verständlich, wenn vielen von unseren Tumlehrerinnen
anch einzelne Berliner Ausdrücke, wie Fischen, Engeltragen, Ballfangen
mit Schere oder Tulpe u. a., nicht sofort geläufig sind. Die Bemerkungen
sind aber charakteristisch und mögen deshalb ruhig passieren.
Dafs sich so viele Turngeräte aufgeführt finden, die beim Mädchen-
tumen zur Benutzung kommen sollen, mag den Neid vieler Turn-
lehrer und Tumlehrerinnen erregen, weil ihnen zu Hause kein
solcher Überflufs an Geräten zur Verfügung steht. Es ist unseres
Erachtens aber auch gar nicht notwendig, dafs ein Mädchentumsaal
solche reiche Ausstattung aufweist. Derartigen Aufwand kann sich
wohl die Beichshauptstadt erlauben, die nicht in gleichem Bange
stehenden Städte des Reiches sind meist schon zufrieden, wenn sie
den Mädchentumsaal nur mit der notwendigsten Einrichtung, mit
Leitern, Stangen, Rundlauf, Barren, Hanteln oder Stäben, Bällen,
langem Schwingseil, Springvorrichtung und Spielgeräten, versehen
können. Welches sind aber die Haupt-, welches die nebensächlichen
Turngeräte? Oder haben die in dem HsssLiNGschen Buche auf-
gefthrten alle den gleichen Wert? Und sind alle aufgezählten
Übungsgmppen von derselben Bedeutung? Wir sind gewöhnt, den
Btabübung^ einen viel ausgedehnteren Spielraum zu gewähren, weil
¥rir denselben einen greisen Einflufs auf Körperhaltung und Körper-
entwiekelung beimessen, dagegen schätzen wir die Beugestützübungeii
der Mädchen am Barren nicht halb so hoch, wie das in Berlin der
Fall zu sein scheint.
314
Die VerfasseriB stellt Lehrpläne f&r nenn-, bezw. zehnklaasige
Schulen, für ein sechs- und ein vierklassiges Turnen auf. Mit diesen
Lehrplänen können wir uns im grofsen einverstanden erklären, nur
wollen wir die Turnstunden für die jüngeren zwei Jahrgänge (neunte
und achte Klasse) nicht so ernsthaft gestaltet sehen, sondern lassen
hier nur das Spiel und einen spielartigen Betrieb des Unterrichtes
gelten.
Dais das Buch übrigens auch dem Bewegungsspiele warm das
Wort redet, haben wir mit Vergnügen wahrgenommen. Ob die ge-
gebenen Vorschriften über die Portionen, in denen das Spiel gereicht
werden soll, freilich eingehalten werden oder eingehalten werden
können, bezweifeln wir nach unserer Erfahrung.
Was die geehrte Verfasserin bezüglich der Erteilung des
Mädchentumunterrichtes sagt, was sie von den Tumlehrerinnen
fordert, was sie ihnen gelegentlich in Beispielen zeigt, unterschreiben
wir dagegen mit Vergnügen. Diese Forderungen und Winke gehen
o£Eenbar aus langjähriger, stets beobachtender und überlegender
Unterrichtspraxis, aus einem wahren Lehrerinnengemüte und schöner
Berufsbegeisterung hervor. Oft sind es goldene Worte, die hier mit
Ernst und Nachdruck als die Quintessenz einer echten und rechten
Lehrthätigkeit geboten werden.
Für geübte Mädchenturnlehrer und Turnlehrerinnen ist das
Buch eine reiche Fundgrube von Anregungen uad Belehrungen, für
Anfänger und Anfängerinnen ein zuverlässiger, liebenswürdiger
Führer zu sicheren Unterrichtserfolgen. Wir können dasselbe daher
allen, welche Mädchentumunterricht erteilen und das Wesen des*
selben kennen lernen wollen, aufs allerwärmste empfehlen.
Königlicher Rat 6. H. Webeb in München.
Dr. med. L. Mehleb und Joseph Hess, ehem. Oberlazarettgehiife
der Armee. Anleitung znr ersten Hilfeieistnng bei plSts-
liehen ünjOUlen. Mit 26 Abbüd. Frankfurt a. M., 1894.
H. Bechhold. (97 S. 12^ Gebd. M. 1,80.)
Gleich den übrigen Anleitungen dieser Art will vorliegendes
Büchlein belehren, ^wie bei plötzlichen Unfällen am besten die erste
und nötigste Hilfe zu leisten ist; es soll nicht den Arzt ersetzen,
sondern zeigen, wie bis zu seiner Ankunft zu handeln und was als
schädlich für den Verunglückten zu unterlassen ist^.
Um diesen Zweck zu erreichen, wird im ersten Teile (Seite9 — 27)
der Bau des menschlichen Körpers besprochen. „Die kleiaea
anatomischen und physiologischen Kapitel sollen den Leser mit dem
aUemötigsten Wissen ausrüsten, um den Grund mancher Mafsnahmen
zu erkennen und zu verstehen.^ Dafs aus diesen Zweigen der
315
Menscheokimde bei einem so beschränkten Raame nur die be-
scheidensten Wissenselemente geboten werden können, ist selbst-
Tcrstftndlich. Der genannte Teil hat danun auch nor Bedeutung f&r
diejenigen Leser, welche bis dahin mit dem menschlichen Körper
Dodi nicht irgendwie vertraut gewesen sind. Dazu begehen die
Ver&sser noch den Fehler, über alle Teile unseres Organismus,
auch über solche, deren Kenntnis für die erste Hilfe kaum not-
wendig ist, z. B. die Hamorgane, die Verdauungsorgane vom Magen
abwärts und fast alle Sinnesorgane, kurze Belehrungen zu geben.
Statt aber über vieles nur Mangelhaftes zu bieten, hätte von dem
Notwendigen Ausführlicheres gegeben werden sollen.
Der zweite Teil (Seite 28 — 93) handelt von der ersten Hilfe-
leistung. Berücksichtigt werden alle häufiger vorkonmienden Unfälle,
bezw. Unglücksfälle. Praktisch und mir neu ist die Einrichtung
des Inhaltsverzeichnisses, bei welchem unter den meisten Kapitel-
flberschriften sogleich die allemotwendigsten Hilfsthätigkeiten folgen.
Beispielsweise steht unter „Vergifteten Wunden: a. durch Gifte:
Schnüre das Glied oberhalb ab und brenne die Wunde aus. Schicke
sofort zum Arzt! b. durch Bienen- oder Homissenstich : Salmiak-
geist auf den Stich und kalte Umschläge.^ Jeder Unglücksfall wird
nach Wesen, Kennzeichen und den erforderlichen Maisnahmen be-
sprochen.
Eine schärfer durchgeführte und klarer hervortretende Disposition
wäre empfehlenswert gewesen ; namentlich hätten die einzelnen Thätig-
keiten des Laien durch fetten Druck oder auf andere Weise im
Texte mehr hervorgehoben werden müssen, damit, wenn das Buch
bei einem Unfall noch etwa zur Hand genommen werden mufs, eine
sofortige Orientierung möglich ist.
Die Darstellung ist einfach und auch dem Laien völlig ver-
ständlich. Zur Veranschaulichung sind 26 instruktive Abbildungen
eingefügt Im Texte wäre jedoch an manchen Stellen eine kor-
rektere Sprache notwendig gewesen. So heilst es z. B. auf Seite 59 :
^Ein weiteres Kennzeichen einer Verrenkung ist die veränderte
Form, welche in den meisten Fällen sehr (? Recens.) sichtbar ist,
yresm man mit dem entsprechenden gesunden Gelenke der anderen
Körperhälfte vergleicht.^ Hier fehlt in dem mit ^wenn^ be-
ginnenden Satze das Objekt.
Das seitens des Verlegers gut ausgestattete Buch hat ein hand-
liches Format, so dals man es bequem in der Tasche tragen kann;
die Deckel sind mit Lederüberzug versehen. Der Preis von Jü 1,80
bei 97 Seiten Duodezformat muis als ziemlich hoch bezeichnet werden.
Städtischer Lehrer 0. Janke in Berlin.
816
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|eitf(||ttfl fit S(l|]ilgef]iii)i||eit0y)le|t
HBCaaaBai^BBSK9eaBBBnea^sssaBa*aaaBiBaaBaBB^BB:maHiBsa^a^BBBB^i^B8aa3ia3Kaa^^iB^saa^M=aB^
Vm. Jahrgang. 1895. No. 6.
Professor Angelo Mossob urteil ttber das deutsche
Schulturnen.
Kritisch beleuchtet
von
Dr. med. F. A. Schmidt,
prakt Ant, Mitglied des Aassohnases der deatBohen Taniertoh»ft in Bonn.
y OTBchiedeDe Arbeiten des geschätzten Tnriner Physiologen,
welche wichtige Fragen der Schulhygiene betre£fen, sind in
den letzten Jahren auch in deutscher Sprache erschienen.
Hier ist zuvörderst das treffliche Buch: „Dia Ermüdimg"^
(Leipzig, 1892, S. flirzel; übersetzt von J. Glikzbb) zu nennen,
eine Schrift, die jeder Jugenderzieher kennen und beachten
sollte. Wir haben in derselben für das Gebiet des Schul-
turnens eine beweiskräftige Unterstützung der schon früher ge-
stellten Forderung geftmden, dals ftLr Art und Methode der
Leibesübungen der Schuljugend ein Unterschied zu machen
ist, je nachdem man geistig frische, oder durch eine Anzahl
unmittelbar vorhergegangener Lehrstunden psychisch ermüdete
Schüler vor sich hat. Nur in ersterem Falle sind Übungen,
welche die Aufmerksamkeit anspannen und schwierigere Koor-
dinationsaufgaben stellen — also Ordnungsübungen, zusammen-
gesetzte Freiübungen in vielen Zeiten, Gteschicklichkeitsübungen
au den Geräten — am Platze. Im letzteren Falle, d. h. bei
geistig schon ermüdeten Schülern, ist den Leibesübungen ein
SehvlfMimdheiUpfleflr« VIII. 21
322
mehr erholender Charakter zu geben. Marsch-, Lauf-, Spring-
übungen und namentlich Spiele sind dann zu bevorzugen.
Die neuesten grundsätzlichen Anweisungen für das Mädchen-
tumen in Preufsen tragen dieser Forderung bereits Rechnung.
Ein kleinerer Aufsatz Mossos: „Über die Ausbildung des
weiblichen Körpers*' (Educazione fisica della donna,
1892) erschien im Aprilheft 1893 der von R. Flbibchsb her-
ausgegebenen y^Deutschen Bevue^ (S. 113 ff.). Was diesen sonst
sehr beachtenswerten Aufsatz entstellt, ist der Umstand, dals
der Verfasser hier das deutsche Mädchentumen angreift, ohne
zureichende Kenntnis von dessen Methode und deren Aji-
wendung zu besitzen. So, wenn er in Absatz lU (a. a. O. S. 118)
behauptet: „Die deutsche G^ymnastik, welche ftLr die Soldaten
erfunden worden ist (II), hat auf die Bedürfnisse der Frau
keine Rücksicht genommen*', und wenn er an die Spitze den
Satz stellt: „Es ist ein Irrtum der Turnlehrer, dals sie die-
selbe Methode und dieselben Gerätschaften für beide Geschlechter
brauchen." Möge es sich Mosso gesagt sein lassen, dafs er
sich hier von Leuten, welche das deutsche Mädchentumen nur
vom Hörensagen kennen, hat irrefiihren lassen. In Deutschland
wenigstens findet — das sind für unsere Turnlehrer und Tum-
lehrerinnen durchaus selbstverständliche Dinge — eine ganz
andere Methode Anwendung beim Mädchentumen, als beim
Knabentumen, ebenso wie beim Mädchentumen zum Teil
andere Geräte und an diesen wieder andere, dem weiblichen
Geschlechte angemessene Übungen die bevorzugten sind. Die
beim Mädchenturnen mit Vorliebe angewendeten Geräte, wie
Rundlauf, wagerechte Leiter, Schwebekante, Schrägstangen und
ähnliche, sind für das Knabentumen entbehrlich; Geräte, wie
reichhohes und niederes Reck, niedriggestellter Barren, Schaukel-
ringe, finden zwar im Knaben-, wie im Mädchenturnen Ver-
wendung, aber in letzterem höchstens mit einem andersartigen,
sehr beschränkten Übungsstoff; Geräte endlich, wie Pferd,
Bock, Spmngtisch, Kasten werden selbstredend nur beim
Knabentumen benutzt. Es sind mithin offene Thüren, die
Mosso hier eingerannt hat.
323
Das neueste Bucli Mossos: „Die körperliche Ereiehung der
Jugend^ ^ fahrt die in jenem Aufsatz vertretenen Anschauungen
über die physiologisch richtige Art der leiblichen Erziehung des
weiteren durch. Dals wir in der Schrift mannigfache Be-
lehrung und Anregung finden würden, liels der Name des be-
währten Forschers von Yornherein erwarten. Und in der That
gewinnen wir durch das Lesen derselben manche neue Aus-
blicke und die Aufforderung, Dinge erneut zu prüfen, welche
wir nach dem Recht der äewohnheit als unverbrüchlich fest-
stehend erachteten. Weil dem so ist, gilt uns Mossos Buch
als eine wichtige Erscheinung auf dem Gebiete der Litteratur
der Leibesübungen, als eine Erscheinung, an der wir nicht
achtlos vorübergehen dürfen. Ln Gegenteil steht zu erwarten»
da(s dasselbe noch zu manchem fruchtbringenden Meinungs-
austausch Gelegenheit geben wird. Dabei wird indes der Yer-
fiisser sich nicht wundem dürfen, wenn bei xms der lebhafteste
Widerspruch gegen die herbe Kritik laut wird, welche er an
dem deutschen Turnen oder vielmehr an dem, was er für
deutsches Turnen hftlt, ausübt. Nicht, als ob wir der An-
schauung lebten, das Turnen bei uns stehe in seiner heutigen
Art der Anwendung über aller Kritik erhaben da. Durchaus
nicht. Die leibliche Erziehung der Jugend ist eine so wichtige
Sache, dafs die Aufdeckung von Mängeln in der gegenwärtigen
Form dieser Erziehung und Vorschläge zu einer besseren Ge-
staltung derselben von jedem einsichtigen Freunde der Jugend
und des Volkes nur hoch aufgenommen werden können.
Wenn man aber einer Sache Mängel vorwirft, so mufs
man dieselbe auch gründlich kennen. Leider scheint dies bei
Professor A. Mosso in diesem Falle nicht zuzutreffen. So
erregt es schon MiJstrauen, wenn er in dem Kapitel über
„Die Entwickelung des Turnens^ zwar von Jahn tmd Guts
MuTHS spricht, aber den eigentlichen Schöpfer des heutigen
^ Ahgslo Mosso, Professor der Physiologie an der Universität zu
Tonn: Die körperliche Ernehung der Jugend, Übersetzt von Johanka
GuKZBK. Hamburg und Leipzig, 1894. Leopold Voss. (157 S. 8®.
Ml 3.—.)
21*
324
Sohultumens in Deutschland, Adolf Spibbs, nicht einmal
nennt. Wir müssen femer ganz bestimmt der Behauptung
wideisprechen, dafs das deutsche Turnen einen Stillstand in
seiner Entwiokelung schon länger erfahren habe, weil „es sich
S5U einer Methode für die Körpererziehung als ungenügend e^
wiesen hat." Dieser Satz hfttte seine Berechtigung, wenn die
Unterstellung Mossos zu Recht bestände, da& unser Turnen
lediglich oder ganz vorzugsweise Geräteturnen sei. Nein, Beck
und Barren sind zwar für das deutsche Turnen charakteristisdi,
aber sie machen beileibe nicht das System aus. Marschieren,
Laufen, Springen u. s. w., femer Wanderungen und Spiele sind
TOD Anfang an als dem deutschen Turnen wesentlich zugehörig
betrachtet worden. Weshalb diese Übungen und Bethätigungen
gegenüber den Ordnungs-, Frei« und Geräteübungen des Schul-
turnens lange Zeit in den Hintergrund getreten waren, das des
weiteren auszuführen, ist hier nicht der Ort. Genug, dals die
Bewegung für die Spiele in Deutschland keineswegs, wie Mosso
anzunehmen scheint, das gegenwärtige Schulturnen einschränken
oder gar verdrängen, sondern dasselbe lediglich ergäozen,
in geeigneter Weise erweitern will.
Allerdings ist auch über den Betrieb des Schulturnens
im engeren Sinne die Kritik bei uns rege. Mit Erfolg ist in
den letzten zehn Jahren dafdr gekämpft worden, dafs, wenn
irgend möglich, das Schulturnen im Freien und nicht im ge-
schlossenen Saale stattfinden solle. Es hat eine erhöhte Pflege
des Marschierens und Laufens Platz gegriffen; die Wert-
schätzung von Übungen, welche wenig Bewegung erfordern, aber
Aufmerksamkeit und Gedächtnis allzusehr belasten, wie kom-
plizierte Ordnungsübungen und Beigen, ist gesunken. Auok
umfang und Art des Geräteturnens sind nicht ohne Bekämpfung
geblieben. Die Methode des Schultumens hat sich mithin in
Deutschland durchaus nicht „stationär'^ erwiesen, wenn attoh
die gewünschte Umformung im einen oder anderen manoliem
nicht schnell oder nicht radikal genug vor sich geht.
Einwendungen gegen die Art unseres Schultumens, wenn
sie von einem Manne kommen, der, wie Angelo Mosso, bIa
325
henrorragender Physiologe mit den Lebensvorgängen im mensdi-
lioken Körper besonders vertrant ist, werden wir gerne ohne
Voreingenommenheit prüfen. Wir vermissen aber diese Un-
be&ngenbeit des Urteilens bei A. Mosso nicht nnr, sondern
«ach bei seinen Gewährsmftnnem F. Lag&akgb und Dbmbnt,
wenn sie das schwedische Turnen» dessen Bedentang für heil-
gymnastische Zwecke gerade in Deutsdiland gern und willig
von allen Eachmftnnem anerkannt wird, auch fiir die ezzieh-
Uehe Gymnastik als dem deutschen System überlegen anpreisen.
Denn die betreffende Sache ist bei uns längst praktisch erprobt.
Der mit behördlicher Unterstützung angestellte Versuch
der iünfährung schwedischer Gymnastik in das Schulturnen
Preubens ist so kUglich gescheitert, die ausgeklügelte Art
des dürftigen Übungsstoffes hat sich für eine bewegungsfrohe
Jugend als so langweilig erwiesen, dals hier niemand an eine
Wiederholung eu denken wagt. Wir finden in Moseos Aus-
führungen durchaus keine hinreichenden Gründe, welche uns
veranlassen könnten, Beck, Barren, Binge und Pferd mit der
schwedischen Bippenwand und dem Schemel zu yertausohen,
geschweige denn die Plattform der Franzosen, oder gar nach
HoBSOB Yoisohtag ^ Steinhaufen '^y ,,yorragende Sparrenköpfe ^
und „Giebelbalken'' in unsere Tnmstätten einzuführen. Wollten
wir an solchen primitiTen Geräten von Turnstunde zu Turn-»
stunde, von Schuljahr zu Schuljahr unsere Jugend immer die-
selben Übimgen ausführen lassen, ja, dann würde in der That
die Turnstunde zur „langweiligsten von allen Schulstunden^,
was sie heute in Deutschland trotz Bub0BR8THIN nie und
nimmer ist; denn wie könnte es sonst möglich sein, dals
Hunderttausende junger Leute bei uns^, dalis vor allem ein
groDser, stetig wachsender Bruchteil der studierenden Jugend,
die doch vor ihrer üniversitätszeit neun lange Jahre hindurch
dieee ^^langweiligste aller Schulstunden" genossen hat, regel-
m&Iisig und mit Begeisterung turnerischen Übungen obliegen?
* Die „deutsebe Tamerschaft" zahlt allein über eine halbe Million
Kitglieder.
326
Mit Behagen gibt Mosso das Scheltwort Lagrakges,
der das dentsehe Turnen als ein „Affentnmen^ bezeichnet,
wieder. Nun, es mag ja manche Beck- und Leiterübung an
die Kletterkünste erinnern, welche der Affe in den Bäumen
des Urwaldes erprobt. Solche Kletterkünste sind aber zuweilen
auch für den Menschen nicht zu yerachten. Schon mehr als
ein deutscher Turner, der als Feuerwehrmann bei einem
Brande bestrebt war, Leben und Ghit seiner Mitmenschen zu
retten, hat trefflichen G-ebrauch davon machen können. Das
Klettern an der schwedischen Bippenwand ist aber auch ein
„Affentumen^, nur mit dem unterschied, dals es an die
Künste erinnert, welche der arme Affe in Gefangenschaft an.
der Bippenwand seines Käfigs auszuüben reichliche Mufise
findet.
Mosso rühmt dem schwedischen Turnen nach, dals es
sich auszeichne: 1. durch Einfachheit und Natürlichkeit der Be-
wegungen, 2. durch Bezugnahme auf Physiologie und Hygiene.
Was ersteren Punkt betrifft, so hören wir weiter, dafs
das deutsche Turnen Gewicht lege auf die mit besonderem
Nachdruck in Pausen und ruckweise ausgefährten Bewegungen,
während die schwedische Gymnastik dieselben langsam und
in möglichst grolser Ausdehnung ausführen lasse. ^Es ist dem-
nach nicht die energische Zusammenziehung des Muskels, sondern
die Ausdehnung der Muskelthätigkeit, die man in Schweden
zu erreichen sucht. ^ Und solche Muskellogik soll das richtige»
das physiologische Princip für die leibliche Erziehung der
Jugend sein? Ist es doch Mosso selbst, der es als eine
Einseitigkeit bezeichnet, die Entwickelung der Muskeln
als Zweck der Gymnastik zu betrachten l G^nau dasselbe ist
auch unsere Überzeugung, um so weniger ist aber zu ver-
stehen, weshalb die „langsame Ausdehnung der Muskel*
thätigkeit^, ja selbst die trockene und für erziehliche Gymnastik
doch gänzlich unbrauchbare Widerstandsgymnastik von Mosso
so gerühmt und dem deutschen Turnen entgegengestellt wird.
Ist nicht unser erstes Ziel beim Schulturnen die Beherrschung
des Körpers, die Erziehung zu Anstelligkeit, Geschicklichkeit
L 327
Schlagfertigkeit, Mut? Die G-eschiokliolikeitsübungen des
deatschen Turnens in ihrer reichen F&Ue sind hierzu, wie
kaum irgendwelche anderen geeignet. Wie aber jene wertvollen
Eigenschaften und gymnastischen Ziele durch „langsame Aus-
dehnung der Muskelthätigkeit^ oder gar durch Widerstands-
bewegungen erreicht werden sollen, das muis uns Mosso noch
erst verraten.
Derselbe rühmt dem schwedischen System weiter „Natür-
lichkeit der Bewegungen" nach. Sind denn aber alle natür-
lichen Bewegungsarten mit langsamer Kontraktion der Muskeln
verbunden? Oder kommen nicht eine ganze Aeihe „natur-
gemäfser" Bewegungen, wie der Schlag, der Stofs, der Wurf,
der Sprung, ja auch der Lauf und ähnliche, nur durch ruck-
weise energische Muskelzusammenziehung zu stände? Ein
gymnastisches System, welches nur langsame und in möglichst
groiser Ausdehnung vollzogene Muskelbewegungen gelten lassen
will, wäre ebenso unnatürlich und falsch, wie ein solches,
welches nur in Pausen mit möglichst greisem Nachdruck und
ruckweise ausgeführte Bewegungen bevorzugte. Letzteres be-
hauptet zwar Mosso vom deutschen Schulturnen, ein jedes
neuere Handbuch für dasselbe kann ihn aber belehren, dafs
er im Irrtum ist und dals ein groiser Teil der Frei-, wie der
G-erätübungen bei uns gerade eine langsame Ausführung
verlangt.
Was aber die Bezugnahme auf Physiologie und Hygiene
in der schwedischen Gymnastik betrifft, so darf wohl auf das
herbe Urteil verwiesen werden, welches ein berühmter Fach-
genosse Mossos, Du Bois Betmond, seiner Zeit über LiNa
gefällt hat („ Über das Barrentumen und die sogenannte rationelle
Ghfmnastik.^ Berlin, 1862). Es heiist dort unter anderem:
„Ein Blick in seine (nämlich Linos) Schriften genügt, um zu
erkennen, dafs man es darin mit einem Ausläufer jener ver-
rufenen Naturphilosophie zu thun hat, welche ein Yierteljahr-
kundert lang die deutsche Wissenschaft in Schmach getaucht
hielt. Nur ein Halbgebildeter, dem willkürliche Konstruktionen,
eine hohle Symbolik, ein dürrer Schematismus, eine pedantische
328
Terminologie,^ ein paar anatomisoh-physiologisohe Brocken als
tiefe Wissensohaft erscheinen, und dem die Schnitzer entgehen,
kann sich dadurch imponieren lassen. Wer einen Begriff daron
hat, womm es sich in der Wissenschaft handelt, wird nnr mit
grofser Überwindung jene Schriften nach den wertvollen Einzel-
heiten durchsuchen, die man erwarten sollte, wo ein wohl-
meinender, obschon verwirrter Enthusiast, wie LiNa, dessen
Leben in einem bedeutenden Gegenstande aufging, seine Er-
fahrungen sammelt und niederlegt^ u. s. w. So der deutsche
Physiologe. Gerne sei zugegeben, dais die Nachfolger Likghs
von jenen Vorwürfen nicht getroffen werden. Aber ein System
erziehlicher Gymnastik, welches dem deutschen überlegen wäre,
haben sie uns nicht gegeben.
Das zeigt sich vor allem an dem Beispiel, welches Mosso
zur Kräftigung der Bauchmuskeln so warm empfiehlt. Diese
Übung, welche an deutschen Geräten genau so ausgefkLhri
werden kann, wenn ein Kind sich auf den Book setzt und
die Fülse unter eine Sprosse der senkrechten Leiter steckt,
um den Bumpf hintenüber zu senken und wieder aufzurichten,
erfordert ganz unbedingt, dafis sie von dem Lehrer oder der
Lehrerin überwacht wird. Was soll aber bei einer Turn-
stunde herauskommen, wo von 50 oder 60 Kindern ein
jedes nach der Beihe mit Unterstützung der Lehr-
person diese an sich ja zweckmälsige Übung vornimmt?
Was machen denn derweilen die anderen 59 Kinder? Sollen
sie müfsig herumstehen und gaffen? Und weiter, was thun
wir mit der einen schönen Übung, wo jedes Kind alljährlich
^ Mosso macht sioh wiederholt über unsere Tarnsprache lustig.
Nun, wenn in zahlreichen Turnstunden eine Reihe von Schu^ahren
hindurch vielfache Übungen, von leichteren zu schwereren fortschreitend,
Torgenommen werden sollen, so müssen doch alle diese Übungen benaanl
oder beschrieben werden können! Was sagt aber Mosso zu den eiit>
setsUohen, an chinesische Wortbildung erinnernden Wortungetümen der
schwedischen Heilgymnastik? Findet er etwa „Bechtsfaustlinksstreok«
rechtsgangst ehend'* oder „FalUinksdrehlinksstreckrechtshüftfestreitsitzend"
oder „Linksnackenrechtshüftfestlinkshüftstützstehend'^ schön?
329
an bundert Tnrnstanden hat? Soll sie jedesmal gemacht
werden, oder doch so und so oft im Monat? Denn das müJste
sie doch, wenn thatsächlioh eine Siftrknng der Bauchmuskeln
damit ersielt weiden soU. Ein derartiges Verfahren hiefse ja
die ödeste Langeweile bei der Turnstunde in Permanenz
erklären I Nein, mögen solche Übungen ftlr heilgym-
nastische Zwecke noch so gut ersonnen sein — im yor-
liegenden Falle sind es übrigens nicht einmal die Bauchmuskeln,
sondern der Ileo- Psoas, welcher vorzugsweise angestrengt
wird — , fär die erziehliche Gymnastik kommen wir mit
wenigen dürftigen Formen nicht aus. Wir brauchen die ge-
rühmte Bewegungsform auch nicht. Mosso behauptet zwar
schlankweg: „Es gibt in der deutschen Tumordnung keine
emzige Übung, die dazu diente, die TJnterleibsmuskeln zu
starken und zu entwickeln, und dies ist eine fühlbare Lücke. ^
Darauf antworten wir: Es gibt allerdings „keine einzige^
solche, wohl aber hunderte. Soll ich nur aus dem Gfebiete
der Freiübungen erinnern an Rumpfbeugen vorwärts, rückwärts
und seitwärts, an Rumpfdrehen, an Rumpfkreisen und andere
Übungen, die in viel mannigfaltigerem Grade quere wie schiefe
Bauchmuskeln üben, als es die eine von Mosso so gepriesene
Übung thut? Doch es hie&e einen groJsen Teil des gesamten
Tumstoffss ausschreiben, wollte ich alle die vielen Übungs-
formen des deutschen Turnens hier anführen, welche besonders
auf die Unterleibsmuskeln einwirken.
Vielleicht bietet sich später Gelegenheit, auf diese
und andere Vorwürfe, welche Mosso gegen das deutsche
Turnen, namentlich auch gegen den Barren, erhebt, zurück-
zukommen. Allerdings die Zustände, welche nach seiner Be-
schreibung im italienischen Schulturnen herrschen, erklären
einen grolsen Teil seines Zorns. Indes, wenn beispielshalber
eine Stadt, wie Mailand, solche elenden Tumräume hat, wie
Mosso einen solchen (S. 79) beschreibt, so legt er zu Unrecht
dies dem Systeme des deutschen Turnens zur Last. Oder will
er uns glauben machen, dafs dieser Tumstall auch nur um
ein Haar besser wäre, wenn statt Reck und Barren dort
330
Rippenwand und Schemel in Gebrauch ständen? Und wenn
es in Italien nach Mossos Versicherung Turnlehrer gibt, welche
„im Oberrock und in Handschuhen" Turnunterricht erteilen, es
„unter ihrer Würde halten, die Turngeräte anzufassen", und
„einen Teil des Jahres Experimente mit dem Dynamometer
und Spirometer" vornehmen, so sind das für uns unmögliche
Karrikaturen, für die auf deutscheu Turnplätzen keine Originale
aufzutreiben sind. £s wäre nur zu wünschen, dais Mosso, sollte
er nochmals seinen Wanderstab gen Norden setzen, sich ein
echtes deutsches Schulturnen gründlich anschaute. Er braucht
nicht einmal weit hinauf zu uns. Wenn er bei dem Alt-
meister Direktor Alfbed Maul in Karlsruhe vorspricht und
unterwegs etwa noch in Basel sich das dortige Tum- und
Spielleben ansieht, so wird er finden, dals unser Schul-
turnen viel mehr seinen Anschauungen entspricht, als er
heute glaubt, und dsSs dasselbe vor allem nicht nach dem
manchmal allerdings nach Athletik und Akrobatik schmeckenden
G-erätetumen beurteilt werden darf, welches in Tumgesellschaften
erwachsener junger Leute betrieben wird.
Wir haben im vorstehenden offen Professor Mossos
Urteil über das deutsche Turnen kritisiert. Man würde
aber eine durchaus falsche Vorstellung von seinem Werke
erhalten, wenn man nicht auch die vielen Lichtseiten desselben
beachten wollte. Gleich der Eingang enthält eine fesselnde
Darstellung der körperlichen Erziehung zur Zeit der Re-
naissance in Italien und bringt höchst interessante Nachrichten
über den damals im klassischen Lande der Ballspiele üblichen
Spielbetrieb. Auch die farbenreiche Schilderung der Körper-
ausbildung an den Schulen und Universitäten Englands wird
von jedem mit Vergnügen gelesen werden. Ein weiteres, sehr
interessantes Kapitel handelt von der militärischen Schulung
und den jetzt wohl glücklich überwundenen „bataillons
scolaires". Endlich hat der Verfasser in den letzten Ab-
schnitten „Der Tornister" und „Die Märsche" eine Reihe be-
deutsamer Beobachtungen, die er selbst als Militärarzt anstellen
konnte, eingeflochten, imd wir fühlen uns in der Betonung
der Wichtigkeit des Marsches, wie des Dauerlaufes durchaus
331
mit ihm eina. Ällea in ftllem: Das Bach Mossob darf von
nisioaiidem übeiaehsn werden, der sich mit der Fra^ der
körperlichen Emehung der Jugend beeohaftigt. Wir edieunen
Beine Bedeatong rückhaltlos an, aach da, wo wir ans mit
den Aasflihrongen des Antora in scharfem Widerspruch
befinden.
Die Schule für sehwachBiiuiiffe Kinder in Wien,
18. Bezirk (Wfthring).
Direktor Ehahcbl B&tb ia Wien.
Die Schule (üx schTachBicnige Eander in Wien, Anastasins-
Grrfingasse No. 18, worde am 19. Oktober 1886 aaf Anregung
des k. k. Bezirksscbnlinspektors Max Hintbkwaldner mit zwei
Klassen gegründet, im Jahre 1887 zn einer dreiklaesigen und
1889 za einer rierklassigeD (mit Inbegriff der Vorsohnle) er-
weitert. Sie steht gegenwärtig imter der Leitung des be-
wahrten Fachmannes Hans Hiu).
Die DnteTriohtBzeit dauert in der Vorschole von 9 — 12,
in der ersten Eiasse von 8'/» — 12, in der zweiten und dritten
Klasse von 8V»— 12V» Uhr.
Für jedes einzelne Kind ist ein aosgefilllter ärztlicher
Fragebogen und ein Standeshauptblatt vorhanden. Letzteres
enthält das Nationale desselben und anJäerdem folgende
B,ubriken, in welche auch die jährlichen Veränderungen ein-
getragen werden:
Si 1
1
if
Mg
veriuuisQ
den Eltern,
nnd anderen
Personen
1
HS
J
1
332
Seit der Grründniig der Ansialt haben 603 Kinder die*
selbe besucht. Davon wurden 40 in die OffentHohe Yolks-
schule, und zwar teils in die zweite Klasse (zweites Sohaljahr)^
teils in die dritte Klasse abgegeben. Von diesen erreichten
einzelne die fünfte Klasse, ein Schüler, welcher beim Eintritt
in die Schwachsinnigenabteilong nicht sprechen konnte, sogar
die zweite Klasse der Bürgerschule.
Im Schuljahre 1893—94 wurde die Anstalt von 80 Zög-
lingen, 53 Knaben und 27 Mädchen, besucht.
Von denselben rückten vor:
aus der Vorschule in die erste Klasse 11 Kinder,.
„ „ ersten EJasse in die zweite Klasse .... 10 „
„ „ zweiten Klasse in die Unterabteilung der
dritten Klasse 10 „
„ „ Unterabteilung der dritten Klasse in die
Oberabteilung derselben 9 „
Aus der Oberabteilung der dritten Klasse wurden in die
dritte Klasse der Volksschule 2 Kinder versetzt. Dagegen traten
4 Kinder wegen Nichtbildungs&higkeit aus der Anstalt.
Der Unterricht ist für Knaben und Mädchen gemeinsam.
Um den Bau der Schule hat sich der städtische Bauamts-
ingenieur Karl Bitter Schlag von Sgharhblm wesentliche
Verdienste erworben. Die Klassen haben Baum für 24 Schüler.
In jeder Klasse befindet sich ein Schirmständer. Die Fenster-
vorhänge sind auf wagerechten Stangen angebracht und nach
seitwärts verschiebbar.
Besonders erwähnenswert ist das Vorhandensein eines
eigenen Reinigungszimmers, welches durch Telegraphenleitung
mit den einzelnen Lehrzimmem in Verbindung steht Eüue
besondere Wärterin besorgt daselbst den Dienst. Dieses Zimmer
enthält unter anderem einen Gasofen zur Ehrwärmung des Wassers,
Badewannen, Dusche, Waschbecken und Schwämme.
Eine kleine Hausapotheke nebst Verbandzeug ist gleiohfSBLUa
vorrätig.
Femer erfreut sich die Anstalt einer Schülerbibliothek,
und das Lehrpersonal sieht sehr darauf, dais die Kinder
383
don Inhalt des gelesenen Bibliotheksbuohes auch erfafst
haben.
Ein besonderes Interesse bieten die Handarbeiten der Knaben
imd Mftdchen, ebenso die Lehrmittel. So hat man z. B. zur
AnBbildung des Geruchssinnes Fläschohen, in denen sich ver-
sohiedene Biechstoffe anf Baumwolle befinden. Zur Unter-
statznng Yon Erzählungen dienen Soenenbilder. Als solche
seien angeführt: 1. Bild: Ein Knabe, unter einem Baume
stehend, erblickt ein Vogelnest; 2. Bild: Der Knabe klettert
auf dem Baum; 3. Bild: Der Knabe befindet sich auf dem
Baume und streckt die Hand nach dem Yogelneste aus;
4 Bild: Der Blnabe fUlt vom Baume herab.
Hervorragende Bedeutung fOr eine Schwachsinnigenschule
besitzt natürlich der Lehrplan, und wir teilen denselben daher
ToUstftndig mit:
Lehrplan der Vorschule.
Anschauung. Kenntnis der Farben: weils, schwarz,
rot, grün, gelb, blau, braun. Die Schul-, Wohnungs-, Tisch-
und Küchengeräte. Die wichtigsten Handwerksgeräte. Die
Kleidungsstücke. Die Teile des menschlichen Körpers. Die
bekanntesten Obstgattungen in Bezug auf Farbe, G-eschmack
und OrOJjse. Die gewöhnlichsten Zierblumen.
Qymnastik der Sinne. Ausbildung des Gesichts-,
Gehörs-, Geruchs-, Geschmacks- und G^fÜhlssümes.
A. Gesichtssinn. 1. a. Übungen mit Farbentafeln,
Nennen der Farben, b. Üben der Begriffe: rechts, Unks,
oben, unten, senkrecht, wagerecht, Mitte, hart, weich, eckig,
rund, lang, kurz. c. Aufiuchen derselben an Kleidungsstücken
und Naturgegenständen. Zählen bis 5, Kenntnis der Zahlen-
Jbilder bis 5. 2. Übungen bezüglich der Längenmafse : 5 Stäb-
chen Ton 6 — 18 cm Länge. Bestimmung derselben ihrer Gröfse,
Bichtang, Entfernung und Zahl nach. S. Übungen mit dem
Typenbrette: a. Aus- und Einlegen der Typen, b. Dasselbe auf
Grund der Vorzeichnung derselben auf der Schultafel. 4. Ziehen
▼on senkrechten, wagerechten und schrägen Linien auf der
334
Wand- nnd Schiefertafel mit Bäoksiclit anf die Vorübungen
zum Schreiben.
B. G^ehörssinn. 1. Übungen betreffend die verschiedenen
Empfindungen des Gehörs im allgemeinen, als Ellirren, Geräusch,
Stimmen; femer in Bezug auf a. Nähe, Entfernung, b. Richtung,
c. rücksichtlich ihrer Natur und d. ihres Ursprunges. 2. Unter-
scheidung des Metall- und Glasklanges. 3. Unterscheiden der
Töne ihrer Höhe und Tiefe nach.
C. Geruchssinn. 1. Wohlriechend, übelriechend. 2. Er-
kennen des Greruohes der bekanntesten Zierblumen. (Hierzu
Mäschchen mit den bezüglichen' Stoffen.)
D. Geschmackssinn. Entwickelung deeselben: suis, sauer,
bitter, salzig. (Kosten bezüglicher Flüsisigkeiten u. s. w.)
E. Gefühls- und Tastsinn. 1. Übungen über die Ver-
schiedenheit der Schwere. Üben der Begriffe: schwer, leicht,
mittelschwer. 2. Übungen über die Verschiedenheit der Wärme.
Üben der Begriffe: kalt, warm, lau. 3. Übungen über die
Verschiedenheit der Körperoberfläohen. Üben der Begriffe:
glatt, rauh.
Sprechübungen. Entwickelung der einzelnen Laute,
Sprechen yon einfachen und zusammengesetzten Wörtern,
Sprechen von einfachen kurzen Sätzen, Memorieren kleiner
Gedichte auf Grundlage von Scenenbildem.
Manuelle Fertigkeit, a. öfinen, Schliefsen. b. Aus-
und Einräumen von Gegenständen, c. Übungen mit dem
T3rpenbrette. d. Ziehen von wagerechten, senkrechten und
schrägen Linien. (Siehe A. 4.)
Gesang, a. Versuchsweises Nachsingen eines Tones.
b. Nachsingen eines yorgesungenen oder vorgesprochenen Tones.
c. Singen eines sehr einfachen Liedchens.
Turnen. 1. G^hen: a. einzeln, b. hintereinander, o. neben-
einander. 2. Treten: a. mit dem linken, b. mit dem rechten,
c. mit beiden Füisen im Wechsel am Oi*te. 3. Sitzen und
Au£9tehen. 4. KreisschlieJsen. 6. Gehen und Laufen nach
einem bestimmten Ziele. 6. Fangen. 7. Bewegungen mit
den Armen : Ausstrecken, Einziehen, und zwar a. nach oben»
335
b. nach imteii, c. Dach vome, d. nach hinteD, e. nach rechts,
links, f. Aufheben und Senken der Arme, des rechten, des
linken, bezw. beider Arme, g. Schlielsen und Öffiien der
Hände, Händeklatschen, Händefalten, h. Armekreuzen (nach
Tome), i. Armeschwingen. 8. Bewegungen mit dem Kopfe
und Racken: a. Nicken, b. Drehen des Kopfes nach rechts,
links, sich bücken, sich aufrichten.
Lehrplan der ersten Klasse.
Mit der ersten Klasse beginnt der Volksschulunterricht.
Lesen und Schreiben. Bis zu den G-rolsbuchstaben.
Anschauungsunterricht. Eingehende Wiederholung
des Stoffes aus der Vorschule.
Sprechübungen. Reine und deutliche Aussprache der
einzelnen Laute auf Grundlage der Fibel. Sprechen von ein-
fachen Wörtern mit zusammengesetztem An- und Auslaut.
Sprechen von kurzen Sätzen. Nachsprechen von gr5Ü9eren
Sätzen. Memorieren von Sprüchen und Gedichtchen aus der
Fibel.
Rechnen. Zu- und Wegzählen im Zahlenraum von 1 — 10
mündUch und schriftlich
Formenarbeiten. Stäbchenlegen. Erbsenarbeiten, die
einfachsten Übtmgen. Täfelchenlegen (Mosaik).
Gesang. Nachsingen von Tönen nach Höhe und Tiefe,
Länge und Kürze, Stärke und Schwäche. Singen sehr ein-
facher Liedchen, deren Texte dem Lese- und Liederbuch ent-
nommen sind.
Turnen. Bilden einer Stirn- und Flankenreihe. Auf-
lösen und Wiederherstellen derselben. Richtung der Stim-
und Flankenreihe. Gewöhnlicher Stand. Stampfen Links und
rechts. Treten links und rechts. — Beindrehen in die Schlufs-
stellong und wieder in den Stand. Heben in den Zehenstand
und Senken. Kopfdrehen rechts, links und zurück. Vor- und
Seitbeben der Arme und Senken. Yorhochheben und Seit-
hochheben der Arme und Senken. Rückheben der Arme und
336
Senken. Handstütz anf den Hüften und Strecken der Arme.
Händeklappen. Heben nnd Senken der Schultern.
Tarnspiele. Fangen und Kreisschlielsen.
Lehrplan der zweitem Klasse.
Lesen. Die groüsen Buchstaben. Die Leseübungen über
Dehnung, Schärfang und die mehrfachen Aus- und Anlaute
bis zu den Lesestüoken. Abschreiben der Schreibschrift.
Planmälsiges Abschreiben des Q^druckten. Freischreiben von
einzelnen mehrsilbigen bereits gelernten Wörtern.
Anschauungsunterricht. Die Handwerker, die Haus-
tiere, Waldtiere, Vögel, Fische, Bäume, Amphibien, Insekten,
Blumen, Gemüse, Feldfrüchte. Inhalt: Stoff, Zweck, Form,
eventuell Verfertigung.
Sprechübungen. Einprägen der fünf Sinne und der
Monate. Anwendung des bestimmten und unbestimmten Ar-
tikels. Die Thätigkeiten und Eigenschaften der Ansohauungs-
objekte. Einfache Übungen im Beschreiben. Die drei Haupt-
zeiten in der Ein- und Mehrzahl.
Rechnen. Eingehende allseitige Behandlung des Zahlen-
raumes 1 — 10 mündlich und schriftlich.
Formenarbeiten. Stäbchenlegen. Einfache Formen.
Zeichnen dieser Formen auf die Schiefertafel. Erbsenarbeiten.
Leichte Flach- und Baumformen aus gleich langen Stäbchen.
Flechten. Elementarübungen von zweifarbigen Mustern.
Gesang. Singen Ton Liedern, deren Text dem Lese-
oder Liederbuohe entnommen ist.
Turnen. Kopfwenden links und rechts. Armhebeu
links und rechts, Armhochheben, Armdrehen, Armschwingen
links und rechts, Waghalte der Arme vor- und seitwärts,
links und rechts, Handübungen, Schulterheben, Hüftstütz
und Schulterheben rückwärts, Rumpfbeugen, Bildung einer
Stirn- und Flankenreihe, Fulsdrehen, Fufswippen, Zehenstand,
Vor- und Seitwärtsstellung, Stampfen nach bestimmten Zeiten,
Treten aulser Takt, Treten im Takt, Neben- und Hinterreihen,
Taktgehen am Ort und yom Ort, Ghtnglinien, Stampfgang,
S37
Zehengang, Zweierreihen, Hüpfen auf beiden Beinen, Yiertel-
drehnng. Laufen aniaer Takt, Taktlanfen. Spiele: Haschen,
Schlaglanfen, Plumpsack einlegen, Fang- nnd Zielball.
Handarbeiten. (Siehe den besonderen Lehrplan ftir
dieselben auf Seite 840.)
Lehrplan der dritten Klasse.
Sprachunterricht.
Lesen. Li der Unterabteilung: Behandlun|f der Lese-
stüoke in der Fibel. Lautrichtiges Lesen mit genauer
Beachtung der Satzzeichen. Wort- und Sacherläuterungen.
Wiedergabe des Gelesenen nach gestellten Fragen. Memo-
rieren passender Musterstücke. In der Oberabteilung: Be-
handlung der Lesestücke im Lesebuch der zweiten Yolkssehul-
klasse. Lesen der deutschen und lateinischen Druckschrift mit
genauer Beachtung der Satzzeichen. Wort- und Saoh-
erlftuterungen. Wiedergabe des Gelesenen nach gestellten
Fragen. Memorieren passender Masterstücke.
Orthographie. Li der Unterabteilung ist dieselbe
im ATigrtMnfii an das Lesebuch zu erteilen. Die Dehnung und
Schfirfimg ist nur insofern durchzunehmen als die diesbezüglichen
Wörter in der Fibel eine Besprechung nötig machen. Nieder
schreiben einzelner Wörter mit Angabe der Silben und Buch-
staben. Die Grofsschreibung , und zwar a. der Hauptwörter,
b. der Wörter am Anfange des Satzes, c. nach Punkt, Frage-
und Rufzeichen. Selbstlaute, Mitlaute (Bein-, Um-, Zwielaute).
Wörter xmd Silben. In der Oberabteilung sind ortho-
graphische Übungen mit Bücksicht auf Dehnung und Schärfang,
kleine Diktate und Buchstabierübungen vorzunehmen.
Sprachlehre. Der Lehrstoff fällt zusammen mit dem-
jenigen der zweiten Volksschulklasse (zweites Schuljahr) auf
Grund des Lehrganges für Volksschulen in Wien. Laut-
und Silbenlehre: Selbstlaute, Mitlaute, An- und Auslaut
ein- und mehrsilbiger Wörter. Satz- und Wortlehre: Der
reine, einfache Satz, Satzgegenstand, Satzaussage; a. Haupt-
SehalffwvndhaiUpflere VITI. 22
338
wort (Arükeli Gesohleoht, Zahl), b. Zeitwort (Person, Zahl,
drei Hauptzeiten), c. persönliches Fürwort, d. Eigenschaftswort.
Aufsatz üb nngen* Mündliche und schriftliche Bear-
beitung des grammatischen und orthographischen Stoffes:
1. Niederschreiben von Personen- und Tiemamen, Namen von
Dingen in Zimmer, Haus, Garten, Feld und Wald. 2. Zu gege-
benen Dingen Thätigkeiten suchen. 3. Zu gegebenen Dingen
Eigenschaften suchen. 4. Übungen im Übertragen der Sätze
aus der Einzahl in die Mehrzahl und umgekehrt. 5. Kleine
Beschreibungen in einfachster Form nach gestellten Fragen.
Anschauungsunterricht. Die zu besprechenden Ob-
jekte sind nach den Jahreszeiten zu ordnen und der Torhandene
Lehrstoff im Lesebuch ist entsprechend zu erweitem.
Ln Herbste: Wohnstube, Küche, Keller, Stall, Scheune,
Wohnhaus, Dorf, Gturten, Feld, Wald. Herbstarbeiten in
Garten und Feld: Flachs, Hanf, Obsternten, Weinlese.
Fischfang, Bach, Fluis, See, Teich. Vögel: Botkehlchen,
Star, Sperling. Jagd: Hase, Hirsch, Beb, Fuchs. Natur-
erscheinungen.
Im Winter: Haustiere. Vögel: Babe, Elrähe, Amsel.
Sinneswerkzeuge des Menschen. Stadt, Markt, Hafen. Hand-
werker. Christfest. Naturerscheinungen.
Im Frühling: Frühlingsarbeiten in Gtirten und Feld.
Gemüsebau. Die bekanntesten Frühlingsblumen. Die be-
kanntesten Obst- und Waldbäume. Maikäfer. Frösche.
Naturerscheinungen.
Im Sommer: Arbeiten in Garten und Feld. Heuernte,
Gretreideemte, Getreidearten. Himmelskörper. Himmelsgegenden.
Naturerscheinungen. Sommerblumen. Biene, Fliege, Mücke,
Schmetterlinge, Spinne, Bingelnatter, Kreuzotter.
Bechnen. In der Unterabteilung: Erweiterung des
Zahlenraumes von 10 bis 50. Allseitige Behandlung dieser
Zahlen schriftlich und mündlich. In der Oberabteilung:
Erweiterung des Zahlenraumes von 50 bis 100. Allseitige
Behandlung dieser Zahlen schriftlich und mündlich. ]^ach
Möglichkeit ist der Zahlenraum auch über 100 auszudehnen.
339
Femer werde schriftliches Addieren, Suhtrahieren und Mnlti-
plizieren, soweit es die Zeit gestattet, vorgeführt und ein-
geüht. Münzen, Malse, G-ewichte.
Formenarbeit. 1. Ringelegen: Übnngen mit ganzen
nnd halben Kingen, Zeichnen dieser Formen. 2. Falten:
Leichte ein- nnd zweifarbige Formen. 3. Ansschneiden:
Schneiden von Streifen, Scheiben nnd Zierformen, letztere
nach Schablonenzeiohnnngen. 4. Ansnähen : Einfache Übnngen
mit den gebräuchlichsten Nähstichen. Diese Arbeiten sind für
zwei Schuljahre berechnet, Bingelegen und Ausnähen für
das erste, Falten und Aussehneiden für das zweite Jahr.
Zeichnen. Zeichnen von einfachen Formen, denen die
senkrechte, wagerechte und schiefe Linie zu Grunde liegt.
Stigmen von 1 — 2 cm Entfernung.
Schreiben. Die kleinen und groüsen Buchstaben in
genetischer Reihenfolge nach den Schriftformen der Fibel.
Gesang. Nachsingen von Liedern, deren Text dem
Lese- oder Liederbuche entnommen ist.
Turnen. Die wichtigsten Kopf-, Arm-, Kumpf- und
Beinthätigkeiten (tiefe Kniebeuge und Hocke). Taktgehen,
Taktlaufen. Schrittarten: Zehengang, Fersenhebegang, Nach-
stellung, Schrittwechselgang. Ordnungsübungen: Neben- und
Hinterreihen, Bildung von Zweierreihen, Neben- und Hinter-
reihen im Gehen, Ziehen auf verschiedenen Ganglinien,
Vierteldrehung im Stehen und Gehen, Halbdrehung im Stand.
Stabfibungen: Leichte Übungen mit einem Stab. Lang-,
Schwungseil : Durchlaufen, Laufen, Hüpfen auf beiden Beinen
mit Zwischenhupf im umschwingenden Seile, Laufsprung
über das rnhig gehaltcDe und über das gegenschwingende
Seil. Kletterstangen für Knaben: Kletterschlufs, Klettern an
einer Stange und an zwei Stangen im Seit- und Qnerhange,
Hangarten mit Beinthätigkeiten. Wagerechte Leiter: Hangeln
mit verschiedenen Gri£Pen. Schwebebaum: Auf- und Ab-
steigen vorwärts, Schwebestand, Gehen mit Seitstellschritten,
Gehen vorwärts. Spiele : Katze und Maus, Blindekuh, Ball-
werfen, Ballspiele, Drei Mann hoch.
22*
340
Handarbeiten. (Siehe den naohfitehenden Lehrplan
fiir dieselben.)
Über den
Lehrplan der weibliehen Handarbeiten
heilst es:
Die Einhaltung des normalen Lehrplanes setzt eine nor-
male Entwiokelnng der geistigen Fähigkeiten des Kindes
yorans, welohe jedoch bei sohwachsinnigen Kindern nicht vor-
handen ist, so daTs ein Festhalten an dem Normallehrplan ^
nnmögUch wird. ThatsäcUioh wnrde auch mit keinem von
den Zöglingen ein normales Besultat erzielt. Der Unterricht
kann bei den ungleichen Anlagen femer nicht Massen-
Unterricht sein, und ebensowenig können die dem Normal-
lehrplane beigegebenen Andeutungen über Beginn und Voll-
endung der einzelnen Handarbeiten beachtet werden. Der
Hauptwert ist auf praktische, gut verwendbare und unentbehrliche
Gregenstände zu legen. Bei den einzelnen Handarbeiten ist eine
leichte, anschauliche Darstellung derselben von grö&ter Be-
deutung, und sind daher immer Muster zu wählen, die sich an
der Schultafel, Masche für Masche, gut vorzeichnen lassen; ebenso
dürfen keine greisen Anforderungen an das Bechentalent der
Kinder gestellt werden.
Häkeln auf der ersten Stufe. 1. Lätzchen. 2.Strumpf-
bänder. 1. Am Lätzchen ist die Luftmasche, die feste Masche
mit Einstechen in die ganze Masche in hin- und zurückgehenden
Beihen zu lehren. Das Lätzchen ist aus weilser Baumwolle
No. 6 in Bechtecksform herzustellen und mit Luftmasbhenbogen
von roter Baumwolle zu umhäkeln. 2. Die Strumpfbänder
sind aus Baumwolle No. 6 in Längsreihen zu häkeln, jedoch
mit Eiinstechen in die halbe Masche und mit Anwendung der
einfachen Stäbcheumasche. Einfassung, wie bei dem Lätzchen.
^ Ltihßrgcmg f&r den Unterricht in toeildichen Ha$idarbeitm an den
VoUcs- und Bürgerschulen für Mädchen in Wien, Genehmigt mit dem
Erlasse des h. k. k. niederösterreichischtn Landesschulrates vom
17. Juli 1892, Z. 5911. Wien, 1892, im Selbstverlage des Bearksschulrmtea.
841
Stricken auf der ersten Stufe. Pulswärmer. Dieselben
werden der Lftnge naoli aus Baumwolle No. 8 gestrickt, und ist
daran das Anschlagen (Aufeohleifen), die glatte Masche und die
Kettenmasche su lehren. Das Zusammenstrioken bleibt meistens
der Lehrerin überlassen. Als Abschluis sind einige Beihen fester
Haschen und leichte Spitzen in weiüser oder roter Baumwolle
auszuführen. Breite: 30 Maschen, Länge: nach der GröJse des
arbeitenden Blindes.
Häkeln auf der zweiten Stufe. Einsatz. Ziel: An-
wendung der Stäbohenmasche in Verbindung mit der Lufbociasche
an einem Nutzgegenstande. Dazu wird das einfadiste, leichteste
Muster gewählt, welches an der Schultafel rasch und anschaulidiy
Masche fftr Masche, sich yorzeicbnen labt Baumwolle:
No. 10 — 12. Anschlag: 54 Maschen. Länge: fbr ein kleines
Polster.
Stricken auf der zweiten Stufe. Lätzcben. Ziel:
Erlernung der vedcehrten Masche. Das Lätzchen wird aus
weifter Baumwolle No. 8 auf einem Anschlage von 32 Maschen
ausgeftthrt und mit leichter Spitze umrandet.
Häkeln auf der dritten Stufe. Musterband im An-
Schlüsse an den Einsatz. 4—6 Mustor einfachster und leich-
tester Art. Keine Bttsdbelmasche und keine Doppelstäbohen.
Baumwolle: No. 12, Anschlag: 58 Maschen. Als Umrandung
werden einige Beihen Lufbnaschenbogen ausgefOhrt.
Stricken auf der dritten Stufe. Strümpfe. Das Band«
oben wird durch einige Reihen verkehrter Maschen ausgeführt.
Baumwolle: No. 12.
Häkeln auf der vierten Stufe. Jäckchen. Baum-
wolle: No. 12. Anschlag: 221 Maschen.
Stricken auf der vierten Stufe. Musterband. Das-
selbe enthält drei Piquö- und drei durchbrochene Muster, und
2war je ein quergestreiftes, ein längsgestreiftes und ein versetztes.
Die Muster müssen sich an der Tafel vorzeichnen lassen.
^oUe: No. 16. Anschlag: 44 Maschen. Dasselbe wird mit
zwei Reihen fester Maschen und einigen Luftmasohenbogenreihen
umrandet.
342
Sticken. Merktuoh. Dasselbe wird auf starkem gelb-
lichem Kongrefsstoff in der Glrölse von 40 cm im Quadrate
mit roter Stickbaumwolle No. 16 ausgefäbrt. Es erhält als
Umrandung zwei gerade Reihen und zwischen dieeen eine
Zickzacklinie. Dann die einfachsten geraden Grrolsbuohstabeii
zweier Alphabete, die Ziffern, Jahreszahl und Namen der
Schülerin; wenn möglich, deren Monogramm.
Für Knaben.
Lätzchen, Strumpfbänder, Pulswärmer, wie oben. Hosen*
träger und Waschlappen. Dann je nach Anlagen und Fähig-
keiten Lampenteller und Oylinderhütchen aus weifser und
roter Baumwolle No. 6, Socken aus weiliser Baumwolle
No. 6—8, Geldbeutel aus Häkelgarn in Farben, gestrickte
Fäustlinge aus Schafwolle, gehäkelte Shawls und Mützen ans
Berliner Wolle. (Tunesischer Häkelstich.)
Vom Beginn des Schuljahres 1895--96 an ent&Ut der
Unterricht der Knaben in weiblichen Handarbeiten, imd wird
an dessen Stelle der Handfertigkeitsunterricht (Papparbeiten)
eingeführt.
Allgemeine Onmdgfttze
Ar den Unterricht der Schwachsinnigen.
Lehrgegenstände sind hauptsächlich: Beligion, Lesen,
Sprachlehre, Anschauungsunterricht, B<echnen, Schönschreiben,
Zeichnen und Turnen.
Religion. Zweck und Ziel des Baligionsunterrichtes ist
die religiös-sitÜiche Bildung, den Kindern zur Ahnung des
Göttlichen zu verhelfen, sie mit den wichtigsten Wahrheiten
der christlichen Religion bekannt zu machen, ihnen ihre
Pflichten gegen Gott und Menschen zum Verständnis zu
bringen, überhaupt ein religiöses, sittliches Bewulstsein in
ihnen zu erzeugen und sie womöglich zum Empfange des
heiligen Altarsakramentes fähig zu machen.
Anschauungsunterricht. Derselbe soll an Gegen-
ständen und deren Bildern die Aufmerksamkeit des Kindes
erregen, sein Auge üben, seine Beobachtungsgabe schärfen.
343
sein Urteil erwecken, seinen Vorstellnngskreis erweitern, seiner
Phantasie und seinem Nachahmungstriebe Nahrung geben und
ihm namentiioh zur Ausbildung des Sprachvermögens be-
hilflich sein.
Deutsche Sprache. Der Unterricht im Deutschen ver-
folgt einen doppelten Zweck: a. Lesen mit Geläufigkeit, Ver-
ständnis und Ausdruck und dadurch Aneignung des Gelesenen ;
b. Fähigkeit im mündlichen und schriftlichen Ausdruck. Er
begreift in sich Lesen mit Bechtschreiben und Sprachlehre,
sowie schriftliche Arbeiten.
Rechnen. Durch den Bechenunterricht sollen die Kinder
befUiigt werden, die einfachsten Aufgaben, welche dem Ge-
biete des täglichen Gebrauches angehören, möglichst einsichtig
und sicher berechnen zu können.
Schönschreiben. Zweck des Schönschreibunterrichtes
ist, den Kindern eine einfache, aber deutliche, wohlgefällige
Handschrift zu geben und diese mit Sicherheit und Schnellig-
keit anwenden zu lehren. Geübt werden die deutsche Kurrent-
schrift, die Satzzeichen xind die Ziffern.
Zeichnen. Übungen im Zeichnen verschiedener Formen,
denen die gerade Linie, das Dreieck, das Viereck zu Grunde
liegen. Anwendung dieser Formen auf Gebilde einfachster
Art. Diktatzeichnen.
Formenarbeiten. Der Unterricht im Formenarbeiten
hat die Aufgabe, die Hand der Kinder zu üben und ihnen
Lust und Liebe zur Arbeit einzupflanzen.
Gesang. Durch den Gesangunterricht sollen die Kinder
be&higt werden, Volks- und volkstümliche Lieder (Kinder-,
Natur-, patriotische Lieder) einstimmig richtig, wohltönend und
mit deutlicher Aussprache der Worte aus dem Kopfe zu singen.
Turnen. Der Turnunterricht soll die leibliche Ent-
wickelung fördern, die Kraft, Ausdauer und Gewandtheit des
Körpers vermehren, vornehmlich aber den Sinn für Anstand,
Ordnung und Gehorsam pflegen und Frische des Geistes, Ent-
schlossenheit des Willens und Besonnenheit wecken und fördern.
Die Jugendspiele werden besonders gepflegt.
344
lint Derfttntmltttiieti «nb ^tttintn.
Die Mitlichen Verkrftmmniiffen des Bttekgrata
und deren Verhfttnng.
Vortrag,
gehalten im Berliner Verein &ü[ gesnndheitsgemäfse Erziehung.
Von
Dr. med. Leopou) Eweb,
dirigierendem Arzt eines Institats für Itassage nnd Orthopftdie in BerÜn.
Über die Verkrümmungen des fiüokgrats, besonders die
seitlichen, ist schon unendlich oft gesprochen und noch mehr
geschrieben worden. Zahlreiche Mittel sind zu ihrer Ver-
hfltnng vorgeschlagen, so dafis Idealisten, die von der Widmung
des gesprochenen oder geschriebenen Wortes überzeugt sind»
erwarten könnten, Individuen mit derartigen Gebrechen ge-
hörten zu den grölsten Seltenheiten. Das ist aber durchaus
nicht der Fall. Wir finden trotz der grofsen Fortschritte auf
allen Gebieten der Medizin, trotz der besseren Erkenntnis von
dem Wesen der Erkrankung und trotz aller Vorschläge, die
zur Beseitigung des Übels dienen sollen, keine Abnahme des-
selben. Der Ausspruch Tissoxs, eines berühmten Arztes des
vorigen Jahrhunderts, daÜB von 100 jungen Mädchen 90 ver-
wachsen seien, trifft heute noch zu, wenn wir dasselbe Material,
nämlich Töchter wohlhabender Eltern, in Betracht ziehen«
Wenn nun auch in den weniger gut situierten Familien die
Zahlen nicht ganz so grols sind, so erreichen sie doch immer
noch eine erschreckende Höhe, so dafs sich allen denen, die
ein Herz für ihre Mitmenschen haben, die Frage aufdrängt:
Lädt sich denn gar nichts thun, dem Übel abzuhelfen oder
seine Entstehung zu verhüten?
Wenn ich auch, wie vorher bemerkt, auf die Wirkung
345
yon Vorirftgen im allgemeinen niolit Wel gebe» so liegt doch
in unserer Versammlnng die Sache anders. Ich sehe hier eine
groüse Anzahl ron Lehrern, die schon durch die Zugehi^rigkeit
zu diesem Vereine ihr Interesse für die Gesundheit der ihnen
anvertrauten Schüler und Schülerinnen beweisen. Aus dem-
selben Grunde hoffe ich auch, daCs die anwesenden Damen und
übrigen Herren Yielleicht das eine oder andere aus diesem
Vortrage beherzigen und in ihrer Familie, bei ihnen Nahe-
stehenden, oder den ihrer Obhut übergebenen Zöglingen ver-
werten werden. Ich bringe manchen von Ihnen, nament-
lich den Ärzten, nichts Neues, aber auch schon Bekanntes
wiederum im Zusammenhange zu hören, kann nur von
Nutzen sein.
Verkrümmungen des Bückgrats können aus mannig£Ekchen
Ursachen entstehen und sind je, nach der Art ihrer Ent-
stehung, auch verschieden. Bis zu MonaAaNi (1761) nahm
man an, dab es sich in allen Fällen um eiae Verrenkung der
Wirbelsftule handle, während diese gerade überaus selten vor-
kommt. Pott war es dann, der 1779 darauf hinwies, dafs
Verkrümmungen bestimmter Art durch einen auf Tuberkulose
oder Skroftüoee beruhenden Eiterungsprozeis in den Wirbeln
und den mit ihnen verbundenen Geweben erzeugt werden.
Die nach ihm genannte PoTTSche Kyphose, die in einem nach
hinten oder nach hinten und einer Seite gerichteten
Höcker besteht, kann nicht verhindert werden und muiis, wenn
sie ausgebildet und der sie bedingende Prozeb zum Still-
stand gekommen ist, ein Noli me tangere für die Behand-
lung sein.
Auf die Verkrümmungen, die unter dem Einflüsse gewisser,
gewerblicher Thätigkeiten oder im Alter auftreten, desgleichen
anf diejenigen, welche gichtische Prozesse zur Grundlage haben,
gehe ich hier nicht ein, ebensowenig auf die, welche infolge
von Brustfellentzündung, Lungeneiterung, durch Gkschwülste,
Verbrennung und Narbenzusammenziehuog am Brustkorb oder
dnroh Verletzung entstanden sind. Vielmehr wende ich mich
sofort zu denjenigen, welche ohne eine der soeben angeführten
348
Bohulhygienisohe Fordernngen, die mit der Verhütung roa
Krankheiten nichts zu thnn hätten.
Referent möohte aber an dieser Stelle noch hinzufügen»
dafs man, rein statistisch genommen, nicht berechtigt ist,
aus 19 Fallen, selbst wenn in samtlichen derselben gewisse
anatomische Veränderungen gefunden wurden, den ätio-
logischen Zusammenhang der letzteren mit der Myopie zu
erschlie&en. Dazu sind die Zahlen zu klein, es kann sich
dabei um ein sehr häufiges Vorkommnis handeln, das zu-
fälligerweise in den 19 untersuchten Fällen stets vorhanden
war, das aber vielleicht bei einer weiteren Serie von Unter-
suchungen nicht so ausnalunslos angetroffen wird. Auf die
Möglichkeit hin — die nicht geleugnet werden soll — , dafii
die gefundenen anatomischen Veränderungen immer die
Ursache der Myopie bilden, die ganzen bisher gewonnenen
sohulhygienischen Er&hrungen als irrig zu bezeichnen, scheint
dem fi.eferenten nicht berechtigt, und deshalb kann die Schul-
gesundheitspflege das vernichtende Urteil des bekannten
Ophthalmologen, trotzdem oder gerade weil es von so ge-
wichtiger Seite kommt, nicht ruhig und ohne Widerspruch
hinnehmen.
Über Absondenuig und Desinfektion bei Hasen.
Diskussion in der Pariser Akademie der Medizin.
Auf Anlab eines Gutachtens der Akademie der Medizin zu
Paris über die obligatorische Anzeige der Infektionskrankheiten
entspann sich nach dem „KorrspcUfbl, f. 8chw». Äret** eine leb-
hafte Diskussion darttber, ob die Masern als Infektionskrankheit
ebenfalls anzuzeigen und bei denselben ähnliche Mafsregehi, wie
bei Scharlach, Diphtherie u. s. w., zu ergreifen seien. Die Kom-
mission der Akademie war fttr Anzeige, der bekannte Kinderarzt
Gbancheb dagegen, und seine zahlreichen, in einer meistere
haften Rede auseinandergesetzten Gründe fanden die Zustimmung der
Akademie, welche den fraglichen Artikel verwarf.
Die Inkubationszeit der Masern pflegt ziemlich konstant zu
sein ; zehn Tage braucht gewöhnlich der Keim vom Augenblicke der
Ansteckung bis zum Ausbruche der fieberhaften Symptome und
349
katarrhalischen Erscheinungeii. Der Ausschlag, das einzig charakte-
ristische Zeichen, zeigt sich erst drei oder Tier Tage später. Während
dieser ganzen Zeit bleiht das maserokranke Kind in Bertthning mit
Geschwistern und Frennden und wird erst abgesondert, nachdem die
Diagnose durch das ausgebrochene Exanthem gesichert ist. Diese
Absonderung bleibt aber meist erfolglos; nach und nach werden die
flbrigen Geschwister ergriffen, und die Krankheit verbreitet sich un-
aosgesetzt weiter. Das Kind ist eben zu spät isoliert worden. Zu
dner Zeit, wo die Diagnose noch nicht gestellt werden kann, am
ersten Tage der Inyasionsperiode, sind die Masern schon ansteckend,
und nach gewissen Autoren hört in vielen Fällen ihre Virulenz mit
dem Erscheinen des Hautausschlages auf. Im Ctogensatz zu dem,
was noch vieUach angenommen wird, sind es nicht die Abschuppungen
der Oberhaut, welche am meisten zur Verbreitung der Masern bei-
tragen, sondern hauptsächlich die katarrhalischen Absonderungen der
entzflndeten Schleimhäute. Einimpfungsversuche haben die Gefährlich-
keit dieser Absonderungen au& klarste nachgewiesen.
Wie vollzieht sich nun, um darauf näher einzugehen, die An-
steckung mit Masern? Sie kann eine direkte oder indirekte sein.
Die direkte Ansteckung ist weitaus die häufigste, während die in-
direkte durch infizierte Personen oder Gegenstände viel seltener
vorkommt. Den Grund davon bildet die allem Anscheine nach sehr
geringe Lebensffthigkeit des Masemkontaghims. SeVbbtbe z. B.
glaubt, daTs die Dauer der Virulenz zwei bis drei Stunden nicht
überschreite ; andere nehmen einen etwas längeren 2^itraum an. Im
allgemeinen aber sind die Autoren Aber die schwache Lebenskraft
des Masemgiftes einig.
Aus dem Angeführten ergibt sich, dafs die Absonderung der
Masemkranken zur richtigen Zeit nicht durchzuftOiren ist und erst
dann erfolgt, wenn dieselben nicht mehr oder nur in geringem Grade
fbr ihre Umgebung zu fürchten sind. Die in den grolsen Kinder-
krankenhäusern vorgenommenen Massenisolierungen haben bis jetzt
keine günstigen Resultate ergeben. Die Morbidität innerhalb der
Spitalbevölkerung nahm nicht ab, während im Gegenteil die Mortalität
unter den in grOlseren Räumen gemeinschaftlich untergebrachten
masemkranken Kindern bedenklich wuchs. So stieg z. B. im
«Höpital des enfants malades** die Masemsterblichkeit welche vor der
Isolierung 27— 387o betrug, auf 40— 487oy sobald die Massen-
abaonderung streng durchgeftlhrt wurde. Die Ursache dieses un-
gflnstigen Erfolges liegt in den Komplikationen der Masern, ganz be-
fionders in der Bronchopneumonie. Bei Massenabsondemngen erhöht
sich in sehr bedeutendem Grade die Empfänglichkeit für letztere
Krankheit. Denn wird ein Masemkranker in einem Räume unter-
350
gebracht, in welchem bereits zahlreiche Kinder mit Bronchopnenmonie
liegen, so läuft er groCse Gefahr, auch davon befallen zn werden,
ja derselben zn erliegen. In einer Priyatwohnnng ist bei genügender
Pflege diese Gefahr hinge nicht so grob, was anch die weitaus
besseren Erfolge der Masembehandlnng in der Stadtpraxis gegenüber
denen in der Spitalpraxis erkl&rt, selbst wenn man Ton den Fällen
absieht, welche schon mit Komplikationen behaftet in das Krankenhans
gebracht werden.
Wenn aber bei den gewöhnlichen unkomplizierten Masern eine
Absonderung erfolglos ist, weil sie zu spät vorgenommen wird, und
eine Desinfektion der Gegenstände in Anbetracht der geringen
Lebensfähigkeit des Masemkontagiums nicht notwendig erscheint, so
gestaltet sich die Frage anders, sobald die Masern mit Broncho-
pneumonie verbunden sind. In diesen Fällen ist eine Isolierung der
Kranken, sowie die Desinfektion der infizierten Bänmlichkeiten und
Gegenstände dringend erforderlich. Die Virulenz der Pneumoniekeime
ist verschieden; sie kann aber durch wiederholte Übergänge von
einem Masemkranken auf den anderen hochgradig gesteigert werden.
In Anbetracht der grolsen Neigung der Masemkranken zu
Bronchopneumonie mufs man selbst in den anscheinend gutartigsten
Fällen vermittelst richtiger hygienischer Maferegeln den Ausbruch dieser
gefährlichen Komplikation zu verhindern suchen. Durch häufige
Reinigungen der Nasenhöhle, des Mundes und des Rachens mit
Borsäurelösung oder anderen unschädlichen keimtötenden Mitteln,
durch sorgfältige Lttftung der Krankenzimmer ist in dieser Beziehung
viel zu erreichen. Die erwähnten prophylaktischen Mafsnahmen
aber sollten um so regelmäfsiger vorgenommen werden, als sie sich
selbst unter den ungünstigsten Verhältnissen leicht durchführen
lassen.
Resolution des internationalen zahnärztlichen Kongresses in
Kopenhagen, betreffend die Zahnpflege der Jugend.
Auf dem genannten Kongresse stellte Zahnarzt FencheIj aus
Hamburg an der Hand der Arbeiten des School-Committee oft the
British Dental Association, deren Vorsitzender Dr. Leo CüNNiNaHAM
ist, folgendes fest:
1. Die Zahnverderbnis bei Schulkindern beträgt in civilisierten
Ländern nirgends unter 80%, steigt aber bis auf 98,5%.
2. Mit dem Älterwerden der Kinder nimmt die Prozentzahl
der schlechten Zähne zu. Gesunde Gebisse fanden sich im Alter
von 10—12 Jahren von 13—15 Jahren
bei armen Kindern 11,7 7o 14,3 Vo
bei reichen Kindern 8,1 7o 0,9 Vo.
\
351
Der KoDgrels nahm daher folgende von dem Vortragenden vor-
geschlagene Resolution an:
Der in Kopenhagen tagende internationale zahnärztliche Kongrefis
ist der Ansicht, daTs die Zahncaries hei allen civilisierten Völkern
eisen so progressiven Charakter angenommen hat, dab sie dringende
Gegenma®eln, namentlich im Eindesalter, erheischt.
Der Kongrefs empfiehlt, in allen civilisierten Ländern Kom-
missionen zu bilden, welche es sich znr Aufgabe machen, die Zahn-
verhältnisse der betreffenden Bevölkemng und womöglich deren Be-
ziehungen zum allgemeinen Gesondheitszostande statistisch festzustellen
und die Behörden, welchen die Überwachung der Gesundheits-
pflege ihrer Länder obliegt, darauf aufmerksam zu machen, unter
gleichzeitigem Hinweis auf die zur Bekämpfong der Zahncaries ge-
eigneten Mafsregeln.
Als solche Maisregeln empfiehlt der Kongrefs in erster Linie
die Aufklärung des Volkes Ober geeignete Zahnpflege und die Zu-
gänglichmachung unentgeltlicher zahnärztlicher Hilfe fttr die Kinder
der unbemittelten Klassen.
ftletnere intttetlttn0e!i.
Die Nasenkrankheiten der Selmlkinder. Unter dieser
Überschrift veröffentlicht unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Dr.
Maximilian BBEsaEN zu Frankfurt a. M., in der „Münch, med.
Wochschr.^ einen Aufsatz, dem wir folgendes entnehmen. Die
verbreitetsten Nasenkrankheiten der Kinder sind der Msche und
der Stockschnupfen mit allen ihren gelegentlich auftretenden Neben-
erscheinungen. Mit dem Stockschnupfen etwa auf gleicher Stufe
stehen Hypertrophie der Rachenmandel und hochgradige Ver-
größerung der Gaumenmandeln. An frischem Schnupfen leidet
hin und wieder wohl jedes Kind. Meist und solange er nicht
sehr oft auftritt, ist er von keiner besonderen Bedeutung. Er kann
eine solche aber doch auch in Einzelfällen gewinnen, wenn er
sich lange hinauszieht, mit Krustenbildungen und Blutungen
einhergeht. Die Kmstenbildungen kommen meist an den Nasen-
löchern vor. Durch die Verschleppung der Absonderungsflttssigkeit
in die Umgebung entstehen leicht Pusteln, und man sieht zuweilen
Lippen und Wangen in ekzematöser Weise erkrankt und mit Borken
bedeckt. Abgesehen davon, dafs diese Erkrankung schon an sich
352
sehr übel ist, birgt sie auch noch eine grofse Gefahr fttr die spätere
Gesundheit in sich. Solche Falle sind es zweifeUos hftnfiger, als im
allgemeinen noch angenommen zn werden scheint, in denen spftter
Lnpns der Nase, Wangen oder Lippen auftritt. Längst ist die ab-
geheilte Erkrankung der Haut rergessen, und doch hat sie die
Eingangspforte für das Tuberkelgift abgegeben. In gleicher Weise
kommt bei solchen Kranken auch Rotlauf zu stände, indem von
den Wunden und Einrissen der in der Umgebung der Nase und In
ihren Öffnungen befbdlichen entzündeten Haut aus die Ansteckung
erfolgt. Für besonders wichtig zur Beurteilung des Aussehens der
Kinder, welche an einem mit Kmstenbildung einhergehenden Nasen-
leiden erkrankt sind, halte ich die dabei stattfindenden sehr häufigen
kleinen Blutungen, weil diese schädigend auf die roten Blut-
körperchen wirken und so die Blutbeschaffenheit durch Verminderung
der Sanerstoflträger empfindlich herabsetzen. Bei der sogenannten
Blutarmut der Kinder mufs deshalb auch auf die gewöhnlich wenig
beachteten häufigen kleinen Nasenblutungen die Aufinerksamkeit
Tomehmlich gerichtet werden. Die Dauerform der Nasenentzündung
geht wohl ausnahmslos aus der frischen Form herror, sei dies nun
ein gewöhnlicher, aber besonders heftiger Schnupfen, oder sei es,
dafs ein solcher öfter sich wiederholt, oder sei es, dals gelegentlich
einer infektiösen Allgemeinerkrankung, wie Masern, Scharlach,
Diphtherie, Typhus, Pocken u. dergl., eine Nasenentzündung mit
oder ohne Erkrankung Ton Nebenhöhlen der Nase sich einstellt und
nach Ablauf der Hauptkrankheit nicht wieder yerschwindet. Von
den Dauerformen der Nasenentzündung ist die häufigste diejenige
der Verschwellung der Schleimhaut. Die Nasenatmung wird dadurch
bald mehr, bald weniger behindert und vielfach fast ganz aufgehoben.
Das letztere ist hauptsächlich während der Nacht der Fall, wogegen
bei Tage abwechselnd eine von beiden Nasenhälften für die Luft
noch leidlich durchgängig bleibt. Befindet sich nun im Bereiche der
mittleren Muschel keine bemerkenswerte Schwellung, oder ist die
Nase an sich oder durch Unregelmäfsigkeiten der Nasenscheidewand
nicht verengt, so dafe nicht leicht Kopfschmerz sich geltend macht,
so dauert es oft lange, bevor das Nasenleiden als solches erkannt
wird. Man kann dieses aber, abgesehen von Besichtigung des
Naseninnem, leicht dadurch feststellen, da(s man mehrmals täglich
abwechselnd die beiden Nasenlöcher schlielsen und durch das jedes-
mal offene einige Male ein- und ausatmen läfst; dabei wird ganz
sicher jede Behinderung der Nasenatmung als solche wahrgenommen.
Es ist dies gerade bei Kindern von gröfster Bedeutung, weil eine
gesunde, für ihre Zwecke leistungsfähige Nase eine wichtige Schutz-
vorrichtung gegen das Eindringen schädlicher Stoffe, insbesondere
35S
der so gefürchteten Krankheitspilze, in die Rachenhöhle und die
Loftwege abgibt. Diphtherie- und Tnberkelpilze werden von einer
gesonden, nicht verschwoilenen Nase rasch wieder ausgeschieden,
wahrend bei beständiger oder häufiger Mundatmung dieselben an sehr
geeignete, dem Wachstume und der Vermehrung förderliche Orte
im Halse gelangen. Die bei Verlegung des Nasenluftweges not-
wendige Mundatmung führt aber auch zur Verflachung des Atmens,
zur nngenägenden Auslttftung der Lungen und bedingt dadurch
deren schwache Entwickelung, ein Umstand, der für die Ansiedelung
Ton Tuberkelpilzen gleichfalls sehr günstig ist. Die Behinderung
des Nasenluftweges hat femer bei yielen Kranken ein heftiges
Schneuzen zur Folge, um dadurch den Luftdurchtritt durch die Nase
za erzwingen. Damit aber wird nicht nur das Trommelfell unter
einen häufig wiederholten starken Druck gesetzt, sondern auch des
öfteren Schleim in die Ohrtrompete und das Mittelohr befördert,
so da(s auch dort die Schleimhaut erkrankt. Besonders deutlich
ist dies bei frischen Entzündungen der Nasen« und Bachenhöhle
zu beobachten; gerade im Gefolge heftiger Schneuzversuche treten
in solchen Fällen oft frische Entzündungen des Mittelohres auf,
welche schwere, mit Übertritt der Entzündung in die Schädelhöhle
endigende Ohrenleiden im Gefolge haben können. Die Wirkungen
der Verschwellung der Nase werden in nicht seltenen Fällen durch
eine mehr oder weniger hochgradige, meist einseitige Verkrümmung
and Verdickung der Nasenscheidewand wesentlich yergröisert. Sind
diese, wenigstens in ihrer Anlage, auch häufig angeboren, so erfahren
sie durch äufsere Gewalteinwirkung, wie Fallen auf die Nase, oft noch
eine Verstärkung, besonders wenn nicht sofort eine sachTorständige
Behandlung des verletzten Naseninneren stattfindet. Polypen-
bfldung, die allerdings stets mit Verschwellung der Nasenschleimhaut
einhergeht, kommt bei jüngeren Schulkindern nicht häufig vor, doch
immeiiiin häufiger, als jetzt noch gemeinhin angenommen wird.
Während nun bei der Verschwellung und Verstopfung der Nase die
Absonderung aus dieser oft recht unbedeutend ist, treten bei gleich-
zeitig vorhandener Eiterung die durch diese hervorgerufenen
Störungen ganz erheblich in den Vordergrund. Nicht nur, dais
Nase und Hals beständig von Eiter oder eiterigem Schleime berieselt
werden, es bilden sich auch Eiterkrusten, die, besonders in der Nase,
zu häufigen Blutungen führen. Oft sitzen die Krusten in der letzteren
ganz Yome an der Scheidewand, wo sie mit dem Finger leicht er-
reicht werden können. Die Kinder verletzen sich alsdann mit den
Nägeln die Schleimhaut, so dafs immer neue, gröisere Krusten sich
bilden. Durch fortgesetztes Loskratzen dieser vertieft sich die be-
treffende Stelle der Scheidewand mehr und mehr, so dafs selbst eine
SehuIgMiindiieitspflege VIII. 23
854
DaroblOcheraBg eintreten kann. Am meisten steigern sich die Nasen*
beschwerden, wenn die eiterige Absondemng zu groften knollen-
artigen Knuten sich ansammelt und flUer Gerach sich lünzngeBellty
d. h. wenn das Bild der Stinknase entsteht. Während in den Fftllen
gewöhnlicher Naseneiterang niemals eine gleichseitige Yerschwdliing
der Nasenschleimhant fehlt, ist dies im Yerianfe der Stinknase meist
der Fall. Dennodi tritt bei ihr zeitweise eine behinderte Nasen*
atmung ein, nnd zwar jedesmal so lange, als die angeh&nften und
eingedickten Eitermassen die Nasenwege yerstopfen; mit ihrer
Beseitigung yermindem sidi oder schwhiden anch die oft heftigen
Kopfschmerzen, schwächt sich der dvchdringende ttble Oeroch ab,
nnd yerlieren sich zeitweise noch mancherlei andere örtliche Be*
schwerden. Bei allen Danerformen der Nasenentzflndmig ist meist
anch das Ange nicht beschweidefrei, sei es, dass es h&nfig thrftnt»
sei es, dals es lichtempfindlich ist, leicht ermüdet, schmerzt and
dorch Fnnkensehen u. dergl. gestört wird. In solchen Fftll» hilft
keine augenfirztliche Behandlang; der Gnmd des Übels mafis im
Nasenleiden beseitigt werden. Bei VergrOlserang der Rachenmandel
fehlt niemals Nasenyerschwellnng. Die Beseitigung jener bewirkt
aber noch keine YollstAndige Freflegong des Nasenloftweges. Obgleidi
sofort eine gewisse Erleichterong, auch wohl etwas Abschwellong
der Nasenschleimhaut eintritt, so macht sich doch sehr rasch das
Greftlhl noch bestehender Behinderung der Nasenatmung wieder
geltend. Auch auf die Ohren hat die Vergröfserung der Rachen-
mandel ungflnstigen Einfluis, indem durch Schwellung der Schleim-
haut der Ohrtrompete diese unwegsamer wird nnd das Mittelohr
der notwendigen Auslttftung ermangelt, wodurch das Trommelfell in
eine dauernd eingezogene Stellung gelangt und Schwerhörigkeit
entsteht Die Yerlegung des Nasenluftweges durch hochgradige Ver-
gröfserung der Rachenmandel oder durch sehr starke Yerkrammong
der Nasenscheidewand bedingt aber auch bedeutende Entwickelungs-
hemmungen am Gesichtsschädel bei Kindern. Bekannt sind der kurze
Schläfendnrchmesser und das dabei in die Länge gezogene Geeicht,
weniger bekannt die ungleichmäfsige Stellung der Zähne und die
starke Yertiefung und Yerschmälemng des harten Gaumens. Bei
beträchtlicher Yerlegung der Nase durch einseitig sich geltend
machende Yerkrflmmnng der Nasenscheidewand wird die Schiefstellnng
der Zähne und die Yertiefung des harten Gaumens auch einseitig
beobachtet. In solchen Fällen fehlt niemals eine ungleiche Gröfse
der Augenhöhlen und Augen mit ihren Folgen f&r die Sehiähigkeit
Die Beengung des Nasenluftweges durch starke YergröÜBerung der
Gaumenmandeln verdient deshalb besondere Beachtung, weil
gerade die letzteren Eingangspforte und Entwickelungsboden für
365
gefiUurliche EraaUieitakeime um so Mchter abgeben, je mehr di^
NaseoatmuDg durch Mundatmuiig ersetzt werden mulis. Kinder mit
hAafig«n Balsentztindangea sind stets Mondatmer. Ich glaube, so
scbliebt Dr. Bsbsgsjs seinen An&atz, dafs auch bei dieser sehr
knappen Darstellung die bisher noch so vielfach verkannte Be-
deutung der Nasenkrankheiten für die Entwickelung und Lernfähigkeit
der Schulkinder jedermann genügend deutlich in die Augen springen
wird. £s wftre sehr wünschenswert, dafs allerorts auf diese Verh<nisse
die Au£nerksamkeit deijenigen Kreise gelenkt würde, die einerseits
die Pflicht, andererseits den Wunsch haben, die Kinder vor ab-
wendbarem Schaden durch frühzeitiges ärztliches Eingreifen zu
bewahren.
Über die Alkoholfrage in ihrem Yerlülltiiis zur Jagend
ud zur Schnle hielt Professor Fo&el in Zürich vor einiger Zeit
einen Vortrag, in welchem er folgende Daten anführte: Professor
Demme studierte die Nachkommenschaft von 10 kinderreichen
Familien, bei welchen der Vater und zum Teil auch die Vorfahren
Trinker waren, sowie von 10 anderen Familien, deren Ascendenz,
ohne enthaltsam zu sein, doch nüchtern lebte. Die erste Gruppe,
diejenige der Trinker, erzeugte 57 Kinder. Von diesen starben 12
an Lebensschwäche bald nach der Geburt; 36 waren anormal, und
zwar litten an Idiotismus 8, an Krämpfen und Epilepsie 13, an
Taubstunamheit 2, an Trunksucht mit Epilepsie oder Veitstanz 5,
an körperlichen Mifsbildungen 3, an Zwergwuchs 5; nur 9 ent-
wickelten sich körperlich und geistig gesund. Von diesen letzteren war
bei 7 der Vater trunksüchtig gewesen ; die Mutter und die väterliche
Ascendenz hingegen zeigten bei denselben keine Trunksuchtsanfälle,
während von den 37 Kindern, deren Vorfahren oder Mütter gleichfalls
trunksüchtig waren, nur 2 normal blieben. Die zweite Gruppe,
diejenige der Nüchternen, erzeugte 61 Kinder. Davon starben 3
an Lebensschwäche und 2 an Magen- und Darmkatarrh bald nach
der Geburt, 2 weitere erkrankten an Veitstanz, und 2 hatten körper-
liche MiCsbildungen; 50 dagegen entwickelten sich vollständig normal.
Die Kosten einer Schnlepidemie von Scharlach. Hebbert
Pbck, Medizinalbeamter des Landbezirkes Ormskirk in England,
gibt in seinem Jahresberichte für 1894 die Kosten an, welche durch
eine Schulepidemie von Scharlach entstanden sind. Es waren im
ganzen 72 Fälle dieser Krankheit vorgekommen, die sämtlich in
der Schule ihren Ursprung genommen hatten. Über 52 derselben
konnte der Verfasser nähere Erkundigungen bei den behandelnden
Ärzten einziehen, und aus diesen ergab sich, dafs die Kosten für
Doktoren, Apotheker, Wärterinnen u. s. w. mehr als £ 95 betrugen.
Dies ist allein der pekuniäre Verlust. Dazu aber kamen 3 Todes-
28*
356
fUle nnd manche Sorge und Not, namentlich andi dadurch ver«
anlafst, dab arme Eltern ihrem Verdienste nicht nachgehen konnten.
Dr. Pegk fordert daher, dafs in dem Bezirke Ton Ormskirk ein
Isolierhospital fftr infektiöse Kranke errichtet werde. Die aof diese
Weise entstehenden Ausgaben würden reichlich aufgewogen durch
die Beschränkung der ansteckenden Krankheiten auf ihren ur-
sprünglichen Herd.
Zur Temperatur der Bäder f&r die Jugend ftuTsert
sich Professor Dr. Ebnst BbüCke in einem Yon der „Internat
Min. Btmdsch.'^ veröffentlichten Aufsatze: Wie behütet man
Leben und Gesundheit seiner Kinder? folgendermafsen.
Im 7. Lebensjahre dürfen schon die kalten Bäder beginnen, nachdem
das Kind vorher ärztlich untersucht ist. Es können Anomalien Yor-
handen sein, die bisher zu keinen besonderen Störungen Veranlassnng
gegeben haben, die aber dennoch die Anwendung kalter Bäder Yer-
bieten. Ich verstehe unter letzteren für dieses Alter Bäder im
Freien, die von der Sonne auf 20^ C. = 16^ R. oder höher er-
wärmt sind. Solche Bäder sind auch die besten für das Schwimmen-
lernen, da man die Kinder länger in denselben lassen kann, als in
kälteren. Sie sind endlich auch die geeignetsten, um bei grofser
Sommerhitze abzukühlen; der gewöhnliche Glaube, dals kältere
Bäder hierzu passender seien, ist falsch. Mit wachsendem Alter
nimmt übrigens die Widerstandskraft gegen kühlere Bäder zu, er-
reicht früher oder später, zwischen dem 11. und 16. Lebensjahre,
ihren Höhepunkt, um dann kürzere oder längere Zeit auf demselben
zu bleiben und endlich, je nach der Konstitution und je nach
der Lebensweise, wieder zu sinken. Ich sage je nach der Konstitution
nnd je nach der Lebensweise. Es scheint, dafs der reichliche
Genu& von gegorenen Getränken die Widerstandsfthigkeit schwächt;
schon bei den alten Römern galt das Ausbleiben • junger Leute vom
den kalten Flnfsbädem, welche sie sonst besucht hatten, für ein
Zeichen, dafs sie sich dem Trünke und der Völlerei ergaben. Wie
lange darf man in der Zeit der vollen Widerstandsfähigkeit im
Herbste fortbaden? Wie weit kann die Temperatur des Wassers
gesunken sein, ehe man die regelmäßigen, wenn auch nicht täglichen
Bäder aussetzt? Ich entsinne mich, dafs in Stralsund Schüler des
Obergymnasiums noch bei 10^ R. Wassertemperatur in der See
badeten. Man sprang ins Wasser, machte einige Schläge und beeilte
sich, wieder herauszukommen, sich rasch abzutrocknen und sich
zu bekleiden. Das hatte für die meisten keine üblen Folgen.
Einer oder der andere aber bekam einen Schnupfen oder Schmerzen
beim Schlingen, und dies war denn auch für die übrigen das Signal
zum Abbruch der Saison. Es waren freilich früher auch Fälle vor*
367
gekommen, in denen ein Gymnasiast, wie das auch anderswo
geschehen ist, im Winter ein Loch ins Eis hieb nnd durch das-
selbe ins Wasser stieg« Einen solchen, von dem es mir von Leuten,
die ihn in der Jagend gekannt hatten, erzählt worden ist, habe ich
sp&ter als Mann von etwa 50 Jahren gesehen und kann bezeugen,
dafs er davon keinen bleibenden Schaden genommen hatte. Es sind
ja auch zahlreiche Fälle bekannt, in denen Leute durch Einbrechen
des Eises ins Wasser fielen, viele Minuten darin lagen, bis sie
herausgezogen werden konnten, und ohne Krankheit davonkamen.
Aber ich halte doch dergleichen eiskalte Bäder fOr Ausgeburten
eines frevelhaften Übermutes. Bäder unter 14^ R. = 17,5^ C.
soll man auch mit älteren Knaben nicht aufsuchen, sobald man
besser temperierte finden kann; und wenn man solche aufsucht, so
soll man sie nur sehr kurze Zeit in denselben verweilen lassen.
Das wird freilich manchem als zu weichlich erscheinen, aber die
Ansichten der Ärzte haben sich in diesem Punkte in neuerer Zeit
geändert. In den englischen Nordseebädem wird von den ener-
gischen und abhärtungsfrendigen Landesangehörigen im Herbste noch
bei ziemlich tiefen Temperaturen gebadet. Nun fanden vor einer
Reihe von Jahren dortige Ärzte im Urin einzelner solcher Badegäste
Eiweils und stellten fest, dafs es wieder verschwand, nachdem die
Bäder eingestellt waren. Ich will nun den günstigsten Fall an-
nehmen, dafs die Erscheinung nur Folge der stark veränderten Blut-
verteilung und des dadurch bedingten höheren Blutdruckes in den
Nierengefälsen war; aber der Abgang von Eiweifs mit dem Harn
bleibt doch an und fOr sich etwas so Unhygienisches, dalis kein
Arzt es verantworten wird, denselben mutwillig hervorzurufen. Bei
kalten Bädern mulB man also von Zeit zu Zeit den Harn auf Eiweifs
untersuchen lassen und, falls solches in demselben erscheint, die
Bäder sogleich einstellen. Aufserdem hat man zu beachten, ob die
Knaben im Wasser über Frost klagen und nach dem Bade schwer
und erst durch angestrengte Bewegung wieder warm werden. Solche
Knaben soll man nur kurze Zeit im Wasser lassen, eventuell die
Bäder ganz aussetzen. Ich sage solche Knaben, denn für Mädchen
eignen sich Bäder von so tiefer Temperatur überhaupt nicht. In
dem Alter, in welchem die Knaben die gröfste Widerstandsfähigkeit
erlangen, kann man bei 'den Mädchen schon den Eintritt der
Mannbarkeit erwarten, und das bedingt ganz besondere Vorsicht.
In dieser Zeit sollte man dieselben nie unter 20^ C. = 16^ R. baden
lassen, und wenn die Periode einmal eingetreten ist, so mufs man
schon zwei Tage früher, als sie wieder zu erwarten ist, und noch
drei Tage, nachdem sie vollständig verschwunden ist, die Bäder
aussetzen. Durch unzeitige oder zu kalte Bäder, ja durch blo&es
368
Fnfswaschen ist beim weiblichen Greschlechte schon viel Unheil an-
gerichtet worden.
Der Einflnrs des Badfahrens auf das Herz wird von
GEOBaE Hebschel in „The Lancet" besprochen. Das Bicycle-
fahren ist deshalb gefährlicher, als mancher andere Sport, woü es
öfter in Yersnchnng ftlhrt, die Eörperkrftfte ttberrnftfeig in Ansprach
zn nehmen. So bei dem forcierten Schnellfahren, dem Bergaaf-
fahren u. s. w. Zu warnen sind nur diejenigen Radfahrer, welche
den Sport zn ihrem Vergnügen betreiben, denn die professionellen
Renner opfern einfach ihre Gesundheit. Die schädlichen Folgen,
welche die Übertreibung bei den Bicyclisten für das Herz mit sich
bringt, sind mehrfacher Art. Zunächst einfache YergrOfsernng des
Herzmuskels. Hat dieselbe nicht allzu lange bestanden, so kann sie
sich wieder zurttckbilden. Im entgegengesetzten Falle wird nach
dem Aussetzen der sportlichen Übungen das Herz für die nunmehr
geringeren Arbeitsleistungen sich geradeso, wie beim Athleten, zu
grofs erweisen; es wird zu Störungen in seiner Thätigkeit, zn
Klappenfehlern oder zu Herzfleischdegeneration kommen. Eine zweite
Gruppe von Radfahrern erkrankt an akuter Erweiterung des Herzens.
Ihr sind besonders ältere Personen unterworfen, deren Herz nicht im
Stande ist, die geforderte Mehrleistung aufzubringen. Der Ausgang
kann entweder Genesung oder Bildung eines Klappenfehlers sein.
Die Klappenfehler verlaufen dann in der gewöhnlichen Weise. Endlich
beobachtet man eine Reihe von leichteren Störungen des Herzens,
die sich als rein funktionelle bezeichnen lassen: Herzklopfen, Kurz-
atmigkeit, Empfindung, als ob das Herz plötzlich stille stehe, ein
GefQhl der Schwere in der Magengrube, unterbrochene Herzthätig-
keit, Herzbeklemmung. So kann dieser Sport, der gewifs zu den
gesundesten gehört und mit Recht auch von vielen Schülern gepflegt
wird, verderblich wirken. Als Yerhtttungsmittel hiergegen sind zu
empfehlen: 1. der Gebrauch niedriger Transmissionsräder; 2. auf-
rechte Körperhaltung während der Fahrt ; 3. entsprechende Nahrung
bei derselben und Vermeidung von Muskelgiften, wie Beef-tea;
4. Vermeidung von Kola- und Cocaprftparaten, welche das Geftdil
der Ermüdung verhindern sollen; 5. sofortige Unterbrechung der
Fahrt, wenn Kurzatmigkeit oder unangenehme Empfindungen in der
Brust eintreten.
I
359
Cit0es9ef4|i(^tH(^es«
Die LekrerbilduiigsaiistBlt des deHtschea Vereins Ar
Knabettiandarbeii ia Leipiig soll nach den „BL f. Shabhdarbt ""
unter Belassong der seitherigen Anfiängskorse von 1896 ab zn einer
Centrallehrerbüdnngsanstalt aosgebant werden. Der Rat der Stadt
Leipzig macht das Anerbieten, ein Gebäude hierfür nach den vom
deutschen Verein anzugebenden Bedürfnissen zn bauen, nnd es
wurde ein Vertragsentwurf hierüber von dem Vorstande des Vereins
angenommen. Auch in diesem Jahre werden übrigens wieder eine Anzahl
Ton Kursen zur Ausbildung von Lehrern des Arbeitsunterrichtes in der
Leipziger Anstalt stattfinden. Den Teilnehmern an denselben stehen
folgende Fächer zur Wahl: Arbeiten in der Vorstufe des Hand-
fertigkeitsunterrichts, Papparbeit, Hobelbankarbeit, ländliche Holz-
arbeit, Holzschnitzerei, Metallarbeit, Formen in Thon und Plastilina,
Obst- nnd Gartenbau, Glasbereitung beim Herstellen von physi-
kalischen Apparaten. Der erste Kursus wird vom 27. Juni bis
31. Juli abgehalten, der zweite vom 1. August bis 4. September,
der dritte vom 5. September bis 9. Oktober. Anmeldungen sind
zu richten an Direktor Dr. W. Götzb in Leipzig, An der Pleifse 2 E,
der auch jede nähere Auskunft erteilt.
Allgeraeine Ansatellniig f&r Sport, Spiel nnd Turnen in
Berlin« Vom 1. Juni bis 31. August d. Js. soll im alten Reichs-
tagsgebäude zu Berlin, wie die y^Btsch. lumjsig.** berichtet, eine
Ausstellung für Sport, Spiel und Turnen stattfinden, die einen recht
bedeutenden Umfang anzunehmen verspricht und gewils auf das leb-
hafteste Interesse aller Freunde der Leibesübungen rechnen darf.
Welche Vielseitigkeit die Ausstellung zeigen wird, ist aus nach-
stehendem Gruppenverzeichnisse zu ersehen. Gruppe 1, Turnen:
Geräteturnen, Tumspiele, Heilgymnastik; Gruppe 2, Fechten;
Gruppe 3, Wassersports: Rudern, Segeln, Schwimmen; Gruppe 4,
Radfahren; Gruppe 5, Touristik: Wandern, Bergsteigen u.s.w.;
Gruppe 6, Rasen- und Gartenspiele: Lawn-Tennis, Cricket,
Base-Ball, Foot-Ball, Golf, Croquet, Boccia, Kegelspiel, Rollschuh-
laufen u. s. w. ; Gruppe 7, Wintersports: Eislaufen, Eissegeln,
Schneeschuhlaufen, RennwoLQaufen; Gruppe 8, Reiten und
Fahren; Gruppe 9, Jagd- und Schiefssport (auch Bogen-
8cfaie(sen u. a.), Angelsport; Gruppe 10, Luftschiffahrt
(auch Flugapparate); Gruppe 11, Zimmerbewegungsspiele:
Billard u. a.; Gruppe 12, Sporthekleidung aller Art;
360
Gruppe 13, Sportlitteratur : Bücher, Zeitschriften, Karten u. s.w.;
Grnppe 14, Verschiedenes. Vorsitzender des engeren Komitees
ist Dr. Gebhabdt, dem Priyatdocent Dr. Rbinhabdt nnd Graf
SCHULENBUBG, fflJls dicsc die Wahl annehmen, zur Seite stehen
werden. Dieses Komitee wird durch einen erweiterten Ansschnis,
welcher das Recht der Znwahl besitzt, in seinen Beratungen nnd
Arbeiten unterstützt. Die Gruppe Turnen vertreten im Ausschusse
Rechnungsrat Baueb, Professor Eckleb, Taubstummenlehrer Pülweb,
Studiosus Pfbifeb, städtischer Tumwart Schböeb, Tumgerftte-
fabrikant Zahk und Dr. Eweb; letzterer wird der heilgymnastischen
Abteilung vorstehen. Als Ehrenförderer der Ausstellung haben ihre
Mitwirkung Schulrat Professor Dr. Euleb und Gymnasialprofessor
Wagneb zugesagt. Professor Dr. Ed. Angebstein soll noch als
Ehrenförderer gewonnen werden. Das Komitee beabsichtigt, während
der Ausstellung durch belehrende Vorträge den Wert und die Bedeutung
des Turnens, Spiels und Sports in weiteren Kreisen bekannt zu machen,
sowie auch durch turnerische Sport- und Spielfeste den körperlichen
Übungen eine gröCsere Volkstümlichkeit zu verschaffen.
Die jfingste Influenzaepidemie in Wien mit besonderer
Rflcksicht anf die Scholjngend. Auch in diesem Jahre hat wieder
eine Influenzaepidemie in Wien geherrscht. Wie „D. österr. Sanität»-
toes.**' berichtet, fiel der Beginn derselben auf Ende Februar, der
Höhepunkt auf Mitte März, während das Erlöschen auf Ende März
zu verlegen ist. Das Symptomenbild setzte sich auch diesmal aus
den bekannten Erscheinungen zusammen. Bei weitem überwiegend
waren Katarrhe der Schleimhaut der Atmungswege, die, öfter Ton
einem Schüttelfrost eingeleitet, mit mäfsigem Fieber, heftigem
Kopfweh, Schmerzen im Kreuz, im Rücken und in den Extremitäten
einhergingen ; dabei bestand hochgradige Abgeschlagenheit mit Tölligem
Appetitmangel. Das plötzliche Auftreten und die rasche Steigerung
der Krankheit waren Ton einem ebenso raschen Abfall gefolgt, nur
blieb fast stets während der Rekonvalescenz eine auffallende Mattig-
keit bei sonstigem Wohlbefinden zurück. Die nervös-gastrische Form
trat nicht primär, sondern meist sekundär, und zwar fast aus-
schlieljslich bei Kindern auf. In einzelnen Fällen standen jedoch
die nervösen Erscheinungen im Vordergrund, es kam zu Trigeminus-
neuralgien, Migräne, Himhautreizung und Delirien. Eine Übertragung
von Person zu Person wurde nicht mit Sicherheit beobachtet, da-
gegen das fast gleichzeitige Erkranken von Individuen, die sich unter
denselben äufseren umständen befanden. So kamen in der bekannten
Erziehungsanstalt des k. k. Theresianums 18 Fälle bei den Zög-
lingen vor. Im übrigen trat die Influenza unter den Schulkindem
sehr selten auf, wie dies fast allgemein von den Ärzten hervor-
361
gehoben wurde. Es machte sich auch in der That gar kein Einflnifl
der Krankheit auf den Schulbesach geltend, and Schulschlielsangen
wurden nicht erforderlich; ebensowenig traten Erkrankungen in den
städtischen Waisenhftasem auf. Eelatiy öfter, jedoch meist leicht
erkrankten die Kinder nnter fünf Jahren; bei ilmen handelte es sich
in der Regel nm Erscheinungen Ton selten des Magens und Dann-
kanals.
Erriehtung eines Lehrerheims in Schreiberhan im Biesen-
gebirge«^ Zu Hirschberg in Schlesien beschloß eine Yon zahhreichen
Vereinen beschickte Lehrerversammlnng die Errichtung eines deutschen
Lehrerheims in Schreiberhau. Zugleich wurde die Gründung einer
zweiten ähnlichen Anstalt ün Westen Deutschlands angeregt.
Die hygienisehe Abteilung der Schweixerisclien Landes-
ansstellnng in Genf 1896 wird durch die Gruppe 37 gebildet.
Zu ihr gehört, was sich auf Unterricht, Sanit&tsgesetzgebung, Boden,
Luft, Wasser, Wohnhaus, Kleidung, Hautpflege, Leibesübungen, Er-
nährung, Bekämpfung der Infektionskrankheiten, Hygiene des Kranken,
Gesundheitspflege des Kindes, Schul-, Gewerbe-, Mflitär- und Verkehrs-
bygiene bezieht. Anmeldungen sind an den Präsidenten der Gruppe 37,
I^fessor Dr. Yinoent in Genf, oder an den Yicepräsidenten, Di-
rektor Dr. Schmidt in Bern, zu richten.
Nordamerikaniseke Gesetzesyorlage wegen Absehafhing
der Lebensverrichernng von Kindern nnter 10 Jahren. In
den Legislaturen der Staaten Massachusetts und Kew York ist, wie wir
der j, Manch, med. Wochschr.^ entnehmen, eine GesetzesTorlage
eingebracht worden, welche die LebensTcrsicherung von Kindern
unter 10 Jahren yerbietet. Die Notwendigkeit eines solchen Ver-
botes hat sich dadurch ergeben, dafs das Yersichertsein der Kinder
fast immer einen deletären Einfluis auf dieselben austtbte ; die Yer-
sicherungssunmie war geradezu eine Prämie für die Beseitigung des
yersioherten Kindes. Das Gesetz soll demnach eine verbrecherische,
wie es scheint, jedoch häufig geflbte Mafsnahme abstellen.
Tod eines Knaben dnreh ünTorsiclitigkeit eines Fort-
bUdungssehfilers beim Steinstofsen. Die „Bisch. Tumetg.^
schreibt: Vor einiger Zeit übte sich ein fünfisehigähriger Fortbildungs-
sditüer in einer Stralse von Leipzig-Anger-Crottendorf im Heben
eines Ziegelsteins, den er, wie er es wahrscheinlich von Erwachsenen
gesehen hatte, erst einige Male hoch stemmte, ehe er ihn in die Weite
stiefs. Schlieislich warf er den Stein, ohne sich dabei vorher
ordentlich umgesehen zu haben, und traf unglücklicherweise einen in
der Nähe stehenden zehnjährigen Knaben so an den Kopf, dafe dieser
^ Vergl. diese Zeitschrift, 1893, No. 9, S. 616—517. D. Red.
362
bewoMos hinfiel and, ohne wieder zu sich gekommen zn sein, nach
Yerlaaf weniger Minuten starb. In Leipzig sieht man jetzt öfter
sehr jugendliche „Athleten^ in ganz planloser, thörichter und leicht-
sinniger Weise mit Hanteln, Gewichten und Steinen auf freien Pl&tzen,
in Gftrten u. dergl. ohne jede Anfisicht hantieren. Möchten die
jungen Leute sich lieber einem Tumyerein anschliebai, um dort zu
lernen, ihre überschüssigen Kräfte zu ihrem Nutzen und ohne Gefahr
für andere zu gebrauchenl
Eine Stiftung ffir FerienkoloBien in Drontheim. Der
Generalkonsul Schwedens und Norwegens in Wien, Karl Neupeldt,
der Yor etwas über dreifsig Jahren als GroMändler in Drontheim
ansässig war, hat dieser Stadt die Summe von 10000. Kron^i als
Legat geschenkt, dessen Zinsen, von dem 11. Dezember 1894 an
gerechnet, für den Aufenthalt armer Kinder auf dem Lande während
der Sommermonate angewendet werden sollen. Von Herrn Neufeldt
ist auch früher bei mehreren Gelegenheiten in gleich aufopfernder
Weise gezeigt worden, dafs er ein warmes Herz für seine norwegischen
Landsleute hat. M. K. Hakonson-Hansen.
Wie y«rhftlt sich das Kind, freigelassen, im Sehnlhofe nmi
beim Nachhansegehen? Auf diese Frage antwortete Professor
Dr. Ranke zu München kürzlich in einem über das Spiel nach
seiner physiologischen Bedeutung gehaltenen Vortrage: Es tobt und
tollt, bewegt alle seine Glieder möglichst auf einmal und energisch;
es schreit, lärmt, schlagt und rauft. Darin liegt ein Natui^esetz
verborgen. Die Natur selbst strebt die Schädlichkeiten der Lebens-
führung auszugleichen durch Anreizung zum gegenteiligen Verhalten.
Man mufs nur den Arbeitern zusehen, wie sie ihre freie Zeit ge-
nieisen, welche Vergnügungen sie aufsuchen: Maurer die Ruhe,
Schneider den Tanz. Ganz analog verhält sich das Kind, und es
gelingt ihm rasch, die Schulschädlichkeiten zu beseitigen. Sehen
Sie sich die nach Hause eilenden Kinder an, die roten Gesichter,
die heifsen Backen unter den freudestrahlenden Augen; wie vor-
trefflich sorgen sie durch Geschrei für energisch gesteigerte Atmung/
wie ist jetzt jede Faser in Spannung, und nun zählen Sie die Herz-
schläge und Atemzüge. Wie suchen die Kinder durch energisches»
männliches Auftreten und gute Haltung einander zu imponieren.
Diese Selbsth^luDg des Kindes von den Schulschädlichkeiten hat die
Pädagogik nachzuahmen. Sie hat alle die Heilmomente, die hier
geboten werden, zu benutzen, ohne die eventuellen Schädlichkeiten,
welche ans dem ungezügelten Treiben ungezogener Jungen sich er-
geben können. Das Turnen dient zum grolsen Teil diesem Zweck.
Durch gesteigerte Muskelaktion und methodische Bethätigung der
Muskelleistungen mit möglichst allen Körperteilen werden viele der
363
SchalschftdliGhkeiten bekämpft, aber erst das Tarnspiel ersetzt dem
Kinde alles das, was ihm die Lust der freien, selbstgew&hlten Bewegung,
aber letztere nicht ganz ohne Gefahren, gewährt. Das Tnmspiel
Binfs, wo möglich 1. im Freien stattfinden; 2. unter Gesang und
Geschrei, Hurrarufen; 3. unter voller Bethätigung des Bewegungs-
tiiebes, auch des Triebes zum Schlagen; 4. zur Freude der
Spielenden.
Das neue Gtbäude der Bealsehiito in zu HannoTen
(ffierzu Tafel H, HI, IV.) Das in den Jahren 1 893—94 errichtete,
an der Tellkampfstrafse gelegene Gebäude der Realschule III in
Hannover ist, wie wir dem jüngsten Jahresberichte der Anstalt ent-
nehmen, ein einfacher, aber geschmackvoller Ziegelrohbau von drei
Stockwerken. Ein steinerner, wappenhaltender Löwe bildet die
Bekrönung des Hauptgiebels. Der durch den Haupteingang in den
«twas vorspringenden Mittelbau Eintretende gelangt znierst in eiüe
Eingangshalle, deren Kreuzgewölbe durch zwei Säulen getragen wird,
and von da Aber eine breite siebenstufige Treppe in den Flur des
Erdgeschosses. (Siehe Tafel IL) Die Rückseite des Mittelbaues
wird in allen drei Stockwerken durch das Treppenhaus eingenommen,
das mit einem ein&chen Tonnengewölbe abschlielät und ausreichendes
Licht von dem Schulhofe her erhält. Von jedem Geschofs aus führt
eine 3 m breite Mitteltreppe nach oben, teilt sich in halber Höhe
in zwei Seitentreppen von 2 m Breite und mündet so auf den fol-
genden Flur. Dem Eingang gegenüber liegt der Hauptausgang nach
dem Schulhof, zu dem von dem Flur aus zwei ebenfalls siebenstufige
Treppen hinabführen. Rechts von diesem Ausgange befindet sich die
20 m lange und 10 m breite Turnhalle, die im Gebäude selbst Platz
gefunden hat, aber auch vom Hofe aus durch einen besonderen Ein-
gang erreicht werden kann. Ein kleiner Nebenraum dient zur
Aufbewahrung einiger Geräte und als Ankleideraum für die turnenden
Knaben. Geht man den Flur des Erdgeschosses nach links entlang,
so kommt man an vier Klassenzimmern vorbei zu einem zweiten
Ausgang nach dem Scfaulhof. Er führt zugleich zu den Abort-
anlagen, die sich an der Seite des Schulgebäudes entlangziehen
und durch einen geschlossenen Vorraum mit ihm in Verbindung
stehen. Den Rest des Erdgeschosses nimmt die Wohnung des Schul-
vogts ein. Das erste Obergeschofs (siehe Tafel HI) enthält das
Direktor- und das Lehrerzimmer, fünf Klassenräume und die über
der Turnhalle liegende und daher in ihren Abmessungen mit dieser
übereinstimmende Aula. Die nötige Höhe für dieselbe (6,96 m) ist
dadurch erreicht, dafs man sie bis zur halben Höhe des zweiten
Obergeschosses durchfQhrte. Der im Renaissancestil gehaltene, hell-
farbige Saal mit seinen grofsen Bogenfenstern macht einen überaus
364
freundlichen Eindmck. An der rechten Schmalseite der Aula steht
vor einer gemalten Wandnische eine farbige Nachbildimg der
Hannovera, die am Erweitemngsbaa des alten Rathauses Platz ge-
fanden hat. Bflsten des Kaisers und der Kaiserin schmücken neben
ihr die Wand, von der Decke hängen zwei grobe Gaskronen in
kunstvoller Schmiedearbeit herab, ein Podium mit Harmonium und
Lesepult, sowie geschnitzte Stflhle aus Eichenholz vervollstftndigen
die Einrichtung. Das zweite Obergeschofs (siehe Tafel lY) enthalt
je ein Unterrichtszimmer für Naturbeschreibung, Physik und Chemie,
zwei Sammlungs- und Arbeitsräume für die letzteren beiden und
noch drei Klassenzimmer. Eine einfache Treppe ffthrt weiter hinauf
zu den Bodenräumen und in halber Höhe zum Zeichensaal, der
mit einem kleineren Nebenzimmer, welches als Singzimmer benutzt
wird, zusammen die Gröfse der Aula hat. Ober der er liegt. Das
Bodengeschofs endlich enthält au&er den eigentlichen Bodenräumen
in dem Vordergiebel die Büchersammlung der Anstalt. Die Klassen-
zimmer haben alle eine Höhe von 4,35 m und eine Länge von 8,5, bezw.
9 m bei einer Breite von 7 m. Die Erwärmung geschieht durch
Centralluftheizung, deren 4 Luftkammem und Heizanlagen im Keller-
geschofe untergebracht sind. Die Temperatur wird durch besondere
Signalthermometer reguliert, welche bei zu grofeer oder zu geringer
Erwärmung einen im KeUer angebrachten elektrischen Signu«
apparat in Bewegung setzen. Als Sitzbank für die Schüler wurde
die sogenannte Hannoversche Schulbank (Habbies - Spellicamn)
gewählt, und zwar in zweisitziger Ausfährung. Die Kasseler Schall*
tafel, der KÖNiasche Kartenschoner, sowie ein erhöhter Sitz für den
Lehrer vervollständigen die Einrichtung der Klasse. Das Zeichen
zum Beginn und Schlufs des Unterrichts wird durch elektrische
Glocken gegeben, die auf jedem Flur angebracht sind. Die Gränge
haben eine Länge von 42 m, eine Breite von 3^/s m. Ihr
Licht erhalten sie durch das Treppenhaus und durch grolse Fenster,
die an beiden Enden angebracht sind. Der Bodenbehig besteht
aus hellen und dunklen Mettlacher Fliesen, die Decke ist gewülbt
Trinkwasser ist auf jedem Flur vorhanden. Das Schulgebäude ist
ein sogenanntes zweiseitiges, d. h. die Klassenräume sind auf beide
Seiten eines Mittelganges verteilt. Die Treppen sind in Eisen aus-
geführt; ihr Belag besteht an den Seiten aus Stein, in der Mitte
aus sogenanntem Steinholz (Xylolith). Die Kosten des Baues und
der inneren Einrichtung betragen 300 000 iL
KSatners Schnltafel aus Glas, Köstners Reformschultafel-
aktiengesellschaft in Augsburg bringt demnächst, wie wir der y^Kathol.
Schuljstg.^ entnehmen, eine aus zwei eng miteinander verbundenen
Glasscheiben bestehende Schreibtafel auf den Markt, welche auf den
365
ersten Blick von einer Schiefertafel kaom zu unterscheiden ist.
Diese in vielen Staaten patentierte, nicht teore Glastafel nutzt sich
wegen der Härte des Materials nicht ah, erhftlt dem Kinde angeblich
eine leichte, flüchtige Hand und erleichtert so den Übergang zum
Schreiben mit der Feder, während sie gleichzeitig an eine zarte
StifUbhmng als Vorbereitung zum Zeichnen gewöhnt. Die Liniatur liegt
unter der mattierten Glasfläche und bleibt deshalb unverändert.
Einige tausend Tafeln sind schon seit 8 — 10 Monaten in Grebrauch
und sollen sich gut bewährt haben. Köstnebs Reformtafel wird
vorläufig nur in dunkler Schieferfarbe geliefert, soll aber in kurzem
auch in beliebigen Farben, wie blau, grttn, rot n. s. w., angefertigt
werden; weijse Tafeln werden mit Bleistift beschrieben und mit
Gummi abgewischt. — uns scheint diese Erfindung, soweit wir nach
der Beschreibung urteilen können, wenig praktisch zu sein. Zunächst
ist Glas, falls es sich nicht etwa um Jenaer Hartglas handelt,
ein f&r Schulkinder, namentlich jflngere, viel zu zerbrechliches
Material. Sodann verstehen wir nicht, welchen Zweck blaue, grttne
oder gar rote Tafeln haben sollen. Für das Auge am zuträglichsten
sind noch die weifsen Tafeln, welche mit Bleifeder beschrieben
werden, aber auch bei diesen hebt sich die graue Schrift nicht ge-
nügend von dem Untergrunde ab, und das Wegwischen der letzteren
mit Gummi ist jedenfalls ziemlich umständlich.
Noeh einmal die angebliche Gefihrliehkeit des Aner-
aelieil easgUUlelits. Wie wir in No. 4, 1895, Seite 2S0— 231
unserer Zeitschrift mitteilten, wollte Professor Gb^hant in Paris
gefunden haben, dab die Yerbrennungsgase von Auerlicht beträcht-
liche Mengen des giftigen Kohlenoxydgases enthielten. Nach dem
^Gsdhtsmg,^ hat nun inzwischen der Genannte der französischen
Akademie der Wissenschaften einen Bericht über seine weiteren
Untersuchungen erstattet, der allerdings anders lautet, als der
erste. Hiemach nämlich hat der Pariser Physiolog ermittelt,
daCs die Gefährlichkeit des Aunnschen Gasglflhlichtes keineswegs in
dem Mabe besteht, wie aus dem ersten Berichte vielleicht ge-
schlossen werden könnte, sondern dais dasselbe nicht mehr Gefahren
in sich birgt, als das gewöhnliche Gaslicht, in dessen Yerbrennungs-
produkten ebenfalls häufig Spuren von Kohlenoxydgas nachgewiesen
worden sind. Gb^bhant führte seinen neuen Versuch in der Weise
aus» dais er einen kräftigen Hund sieben Stunden lang in einen
hermetisch geschlossenen Raum einsperrte, in welchem ein AuEBsches
Gasglühlicht brannte. Nach Verlauf dieser Zeit wurden in 100 ccm
Blut dieses Tieres 0,15 ccm Kohlenoxydgas nachgewiesen. Diese
geringe Menge des giftigen Gases entspricht einem Verhältnis von
0,0003% Kohlenoxydgas in der umgebenden, dem Atmungsprozesse
366
dienende Luft uid ist daher ab^olot obae (Gefahr für die Gesund'*
heit. Damit siad woU alle Zweifel sentreut, und der nieder*
österreiohisolie Landessanitfttsrat eiUärt daher mit Recht, dafe yq9
hygieiiacber Seite gegen die Yerwendang des AuEBschen QasglQh^
lichtes ein Einwand nicht zu erheben sei.
!X»tli^( )Qerftt0]tQ9en.
AllerhSchster Erlafs, betreffend die Hebniig des Rudersports
an den hSheren Schalen Berlins.
Nachdem der Ton Mir zur Hebnng des Rudersports an den
höheren Lehranstalten Berlins gestiftete Wanderpreis, bestehend in
einer silbernen altgotischen Kanne nunmehr fertiggestellt worden
ist, lasse Ich Ihnen denselben hierneben zugehen. Um den bei den
Schttlerregatten interessierten Kreisen Gelegenheit zur Besichtigung
des Preises zu geben, wünsche Ich, dals derselbe einige Zeit im
Kunstgewerbemuseum ausgestellt werde. Zugleich veranlasse ich Sie,
Mir wegen der näheren Bestimmungen für das die^äbrige Wettrudem
demnächst Vorschläge zu machen.
Berlin, den 27. Januar 1895.
(Gez.) Wilhelm R.
An
den Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
Ausschreiben des Ktniglieh prenfsiscken IlBterriebtsmimsters
fttr das Wettmdern der ScbÜer hftherer Lehranstalten Berliiia
in Jahre 1895.
Berlin, den 21. März 1895.
Infolge der von Seiner Msjestät dem Kaiser und König mittelst
Allerhöchsten Erlasses vom 16. März d. Js. erteilten Genehmigang
ermächtige ich das Königliche Provinzialschulkollegium auf Aexi
Bericht vom 6. Februar d. Js., das beiliegende Ausschreiben für
das Wettrudem der Schüler höherer Lehranstalten Berlins ia
Jahre 1895 alsbald zu erlassen.
Über den Verlauf des Wettrudems sehe ich dem Berichte des
367
Königlichen ProYinzialschalkollegiiiins bis zum 15. Jnli d. Js. ent*
gegen.
Der Minister der geistlichen n. s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
An
das Königliche Provinzialschalkolleginm
ZQ Berlin.
U. n. 643.
Ausschreiben
fflr das Wettrudern der Schüler höherer Lehranstalten
Berlins im Jahre 1895.
§ 1-
Das Wettmdem findet am 15. Juni 1895 nachmittags in
Gronau statt Die zu durchfahrende Strecke beträgt ca. 1200 m.
§2-
Die Zulassung erfolgt durch das Königliche Provinzial-
schulkollegium für die Mark Brandenburg. Der Meldungsschlufs ist
auf den 15. Mai, der Nennungsschlufs auf den 1. Juni festgesetzt.
§3.
Zugelassen werden Rudervereinigungen an den höheren Lehr-
anstalten Berlins, deren Satzungen vom ProTinzialschulkollegium
gq>rüft und genehmigt worden sind. Sie dürfen nur starten in vier-
rienügen Halbauslegergigs (vergl. Alinea 3, § 3 der Wettfahrten-
bestimmungen des deutschen Ruderverbandes), deren Minünalbreite
am NuUspant, tou Aufsenkante zu Aufsenkante gemessen, 0,85 m
beträgt, deren Maximallänge in der Wasserlinie 10 m nicht über-
schreitet, deren Kiel durchweg 3 cm vorsteht, deren Klinkerplanken
in der Mitte 4 mm vorspringen und in regelrechter Weise verlaufen,
bei denen ein Faden, auCsenbords herumgelegt, sämtliche Planken
berührt, und deren Gewicht 0,4 des Gewichts der Mannschaft ein-
schlielslich des Steuermanns beträgt. Für geringfügige Abweichungen
von diesen Bestinunungen kann vom Schiedsrichter, bezw. von einem
seinerseits damit betrauten Sachverständigen eine entsprechende
Mehrbelastung angeordnet werden.
§4-
Der von Seiner Majestät dem Kaiser und König gestiftete
Pokal ist ein Wanderpreis und geht in die Verwahrung deijenigen
368
Schule über, welcher die siegende Mannschaft angehört. Der Preis
wird in der Aula der betreffenden Schale aufgestellt.
§5-
Die Amter des Starters, Zielrichters, Zeitnehmers '«besetzt der
Vorstand des Berliner Regattavereins. Als Schiedsrichter fangiert
der Vorsitzende des Berliner Regattavereins, Herr G. Büxenstein.
Proteste können nar von den Direktoren, bezw. in deren Auftrage
Yon den Protektoren, niemals von den Schülern selbst bei dem
Schiedsrichter angebracht werden.
Erlars des Ktniglich italieniselien Ministeriiims des OffentlicheB
Unterrichts
bezfiglich der Infektionskrankheiten in Schulen.
1. £3 ist bekannt, dafs das h&ufige Zusammenkommen vieler
Menschen an einem und demselben Orte in verschiedener Weise die
Verbreitung von Infektions- und parasitären Krankheiten begtinstigt.
Die Gefahr ist gröber in Schulen als anderswo, einmal wegen des
zarten Alters der Zöglinge und sodann, weil die Räume nicht immer
den Anforderungen der Hygiene gemäls gebaut und gehalten sind. Es
erscheint daher von gröfster Wichtigkeit, die besonderen Merkmale
der Infektionskrankheiten, sowie die einfachsten Mittel, um deren
Verbreitung zu verhindern, gründlich zu kennen.
Die übertragbaren Krankheiten, welchen die Kinder besonders
unterworfen sind, lassen sich in zwei Gruppen einteilen.
Die erste davon umfafst diejenigen Krankheiten, welche sich
durch Fieber und andere schwere Symptome, wie Kräfteverfall,
heftiger Kopfschmerz u. s. w., äufsem und die Schüler verhindern, die
Schule zu besuchen. Hierher gehören hauptsächlich: Diphtheritis und
Krupp, Scharlach, Masern, Keuchhusten, Blattern und Wasserblattem,
Mumps, Rose, typhöses Fieber und Ruhr.
Die zweite Gruppe schliefst diejenigen Krankheiten ein, welche dem
Schüler den Besuch der Schule gestatten, aber ihn zum Gegenstande der
Gefahr für die anderen mit ihm in Berührung kommenden Schüler
machen. Hier sind zu nennen: die Tuberkulose m ihren verschiedenen
Formen, als Tuberkulose der Lunge, der Drüsen, der Knochen (Skrofeln),
der Haut (Lupus) und der Eingeweide, die ansteckenden Augen-
entzündungen, Grind, Krätze u. s. w.
2. Vorbeugungsmittel oder Schulprophylaxe bei akuten In-
fektionskrankheiten :
Die fundamentale Mafsregel dieser Verhütung ist zunächst der
Ausschlufs derjenigen Schüler und Lehrer vom Schulbesuche, in
deren Familien solche Krankheitsfälle vorgekommen sind.
369
Ansschüelsangeii von der Schule:
A. Jeder Schüler, bei dem die ersten Symptome einer akuten
Infektionskrankheit oder auch nur der Verdacht auf eine solche in
die Erscheinung treten, mu& unverzüglich aus der Schule entfernt
und zu seiner Familie mit der Aufforderung zurückgeschickt werden,
ihn ärztlich untersuchen zu lassen.
B. In allen übrigen Fällen wird der Ausschluß vom Schul-
besuche durch die Anmeldung irgend eines Falles von akuter In-
fektionskrankheit des Schülers oder eines Mitgliedes seiner FamiliCi
sei es bei dem Schulvorstande, sei es, wo eine Schulleitung vorhanden,
bei dem Schulvorsteher oder dem Lehrer begründet.
Die Anzeige bei dem Schulvorstande oder dem Lehrer mu£s
seitens der städtischen Behörde erfolgen, welcher die Ärzte bereits
verpflichtet sind, jeden Fall einer in ihrer Praxis vorkommenden
Infektionskrankheit zu melden.
Es wird die Aufgabe der städtischen Behörde sein, zu er-
mitteln, ob der Befallene eine Schule besucht und ob sich in dessen
Familie Geschwister, welche gleichfalls die Schule besuchen, befinden,
in welchem Falle sofortige Anzeige bei der betreffenden Schulleitung
zu erfolgen hat.
C. Jeder von einer akuten Infektionskrankheit betroffene Schüler
oder Lehrer wird nicht eher wieder in die Schule zugelassen, als
bis jedwede Gefahr einer Übertragung der Krankheit ausge-
schlossen ist.
um daher wieder in die Schule einzutreten, erscheint die Vor-
zeigung eines ärztlichen Zeugnisses nötig, aus welchem sowohl die voll-
ständige Genesung des Erkrankten, als die erfolgte Desinfektion
seiner Person, sowie seiner Kleidungsstücke, seiner sonstigen infizierten
Gegenstände und seiner Wohnung hervorgeht, entsprechend den Ge-
setzen bezüglich der verschiedenen Infektionskrankheiten.
Auf jeden Fall müssen vom Beginne der Krankheit bis zur
Wiederaufoahme in die Schule nach Diphtherie, Krupp und Scharlach
wenigstens 6 Wochen verstrichen sein, 4 nach Masern, 6 nach
Blattern, 3 nach Windblattem, 3 nach Mumps, 6 nach typhösem
Fieber und 4 nach Ruhr. Bei Cholera währt der Schulausschlufs
die ganze Dauer der Epidemie hindurch und bei Keuchhusten
noch 3 Wochen, nachdem die charakteristischen Hustenanfälle ver-
schwunden sind.
D. Konmit ein Fall von einer der angeführten Krankheiten in
der Familie eines Schülers oder Lehrers vor, so müssen die Be-
treffenden von der Schule ausgeschlossen werden. Die Wieder-
zolassung darf erst nach Ablauf einer Zeit erfolgen, welche der
wahrscheinlichen Inkubationsdauer der Krankheit entspricht,
S«hiilg«timdheit«pfl«ffe VIII. ^4
370
a. wenn der Erkrankte ans der Familie entfernt worden ist und
die nötigen Desinfektionen vorgenommen sind;
b. wenn strenge Mabregeln f&r die Absondemng des Kranken
nnd die Desinfektion seiner Wohnung getroffen sind, so dafs
jede Berührung einer anderen Person mit ihm oder seinem
Pfleger und die Möglichkeit einer Übertragung der Krankheit
aasgeschlossen ist.
E. Sollten die beiden Torhergehenden Bedingungen nicht befolgt
worden sein, so wird die Ausschliefsnng von der Schule immerhin
so weit ausgedehnt werden müssen, als die wahrscheinliche Dauer der
Inkubationsperiode der Krankheit beträgt.
Diese Periode wird folgendermafsen festgesetzt: für Diphtheritis
oder Krupp 7 Tage, für Scharlach 6, flLr Masern 10, für Keuch-
husten 10, für Blattern 12, ftlr Wasserblattem 14, für Mumps 16,
für typhöses Fieber 21, für Ruhr 8, für Cholera 3.
(Fortsetzung in No. 7.)
Ruüdsehreibeii des KQniglieli prenfsiacheH Ministers der
geistlichen, Unterrichts- und HedicinalangelegeBlieiteii wegea
Einrichtung Ton Kursen in den Jugend- und Volksspielen
an den Uniyersititeu Ar die Studierenden.
Berlin, den 5. Februar 1895.
Der Centralausschufs zur Förderung der Jugend- und Volks-
spiele in Deutschland beabsichtigt nach einer mir gemachten Mit-
teilung, an den sämtlichen Universitäten Kurse in den Jugend- und
Volksspielen für die Studierenden ins Leben zu rufen, wie dies im
vorigen Jahre mit schönem Erfolge an der hiesigen Universität
bereits geschehen ist, und wird zu dem Zwecke den Herren Rektoren
der Universitäten einen Aufruf an die Studentenschaft übersenden.^
Die in Rede stehenden Bestrebungen des Centralaussdiusses finden
meinen vollen Beifall. Ich entspreche daher der mir von demselben
vorgetragenen Bitte, den Herren Rektoren die Förderung dieser
Kurse anzuempfehlen, gern und ersuche demgemäfs Ew. Hoch-
wohlgeboren ergebenst, den Herrn Rektor der dortigen Universität
hiervon zu verständigen.
Der Centralausschufs hat mir zugleich mitgeteilt, dais für die
an der dortigen Universität eventuell zu stände kommenden Kurse
der Knrsleiter kostenfrei gestellt werden wird.
An
die sämüichen Herren Universitätskuratoren.
Der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
' Yergl. diese ZeitMhrift 1896, No. 4, 8. 226--239. D. Red.
371
Verfilgiiiig der Berliner Schaldepatatioiiy
betreffend fiesnndlieitslehre in den stidtiselien Schulen.
Die wachsende Aosbreitnng einer verständigen Gesundheitspflege
hat schon jetzt fär alt nnd jung sehr wohlthätige Folgen gezeitigt.
Den £rzieheni der Jugend muls es am Herzen liegen, sich mit den
gesicherten Erfahrongen anf diesem Gebiete bekannt zu machen
ond die daraas gewonnenen Regeln ihren Zöglingen eindringlich zu
empfehlen. Eine reiche Litteratnr Aber Gesmidheitslehre ist ent-
standen, und die wichtigeren Schriften stehen im städtischen Schul-
museum zur Yerfaguag. Gerne anerkennen wir, dais Lehrervereine,
wie viele einzelne Lehrer von der Wichtigkeit des Gegenstandes
durchdrangen und eifrig bemüht sind, die gewonnene Erkenntnis für
ihren Wirkungskreis zu verwerten. Dagegen vermögen wir dem von
manchen Seiten ausgesprochenen Verlangen, die Gesundheitslehre als
besonderen Lehrgegenstand in den Gemeindeschulen zu behandeln^
nicht zuzustinunen. Die Erfahrung anderer Länder hat gezeigt,
dafe ein Unterricht, der schon in den ersten Schuljahren Lebenslehre
und Gesundheitspflege behandelt, nur unter ganz besonders günstigen
Verhältnissen einen dem Zeitaufwand entsprechenden Erfolg hat.
Bei der Behandlung der in unseren Volksschulen heimischen Lehr-
g^enstände, der Religion, der Naturgeschichte, der Physik, auch
bei der Besprechung der Lehrstücke findet sich für den Lehrer,
der danach sucht, häufig geeignete Gelegenheit, die dem Bildungs-
grade der Zöglinge angemessenen Gesundheitsr^geln deutlich zu
machen und zur Nachachtung zu empfehlen. In allen Stunden läfist
sich die gesundheitsgemäfse Körperhaltung herbeiführen. In der
Sorge für reine Luft, richtige Temperatur, für ausreichende Be-
lenchtung und Reinlichkeit der Klassen können unsere Vorkehrungen
darch die umsichtige Hilfe der Schulleiter und Lehrer wesentlich
nnterstfltzt werden.
In solcher Weise ersuchen wir, der Gesundheitspflege in der
iiemeindeschule lebhaftes Interesse zuzuwenden, wie dies zu unserer
Befriedigung schon vielfach geschehen ist.
Ein f&r Erwachsene geschriebenes, im höchsten Grade sach-
verständiges, von dem Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeitetes
n&esundheitshüMein^ , welches wir den Bibliotheken der einzelnen
Schulen zugesandt haben, empfehlen wir zur gründlichen Lektüre.
24'
372
))erfoiiolutt.
Es erhielten den Charakter: als Geheimer Begieningsrat die
Provinzialscbnlrftte KANNEaiESSEB in Gassei and Dr. Rothfüohs
zn Münster i. W. ; als Hofrat der Vorsitzende des Landessanitftts-
rates för Tyrol nnd Vorarlberg, Professor a. D. Dr. Anton EbiiBB
TscHUBTBCHENTHALEB VON Helmheim ; als Geheimer Sanitfttsrat
unser verehrter Mitarbeiter, Herr Sanitätsrat Dr. Dübb in Hannover ;
als Professor der durch seine wissenschaftlichen Leistungen auf dem
Gebiete der Kinderheilkunde bekannte Sanitätsrat Dr. Biedsbt za
Hagenau i. E. und der Direktor der Bealschule Dr. LoosE in
Meifsen; als Schulrat der Direktor des Lehrerseminars Dr.
SCHWEBDTNEB in Annaberg, der Bezirksschulinspektor Dr. Böhmr
in Rochlitz und der Direktor der Taubstummenlehranstalt Weiss-
WEiLEB in Köln.
Verliehen wurde: die gro&e goldene MedaiUe für Wiasenschaffc
dem vortragenden Rat im Königlich preuisischen Ministerium der
geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, Geheimen
Oberregierungsrat Dr. Althoff; der von Professor Tiedemann
gestiftete Preis, bestehend in einer gro&en silbemen Medaille und
einer namhaften Geldsumme, von der SENOKENBEBOschen GeseQ-
Schaft zu Frankfurt a. M. dem Erfinder des Heilserums gegen
Diphtherie, Professor Dr. Behbing in Marburg; das Grofskrenz
des italienischen Mauritius- und Lazarusordens dem Geheimen
Medizinalrat, Professor Dr. R. Vibchow in Berlin; das Ritterkreuz
1. Klasse des Königlich sächsischen Verdienstordens unserem ge-
schätzten Mitarbeiter, Herrn Geheimen Medizinalrat Professor Dr.
BiBCH-HiBSCHFELD in Leipzig, und dem Rektor des Vitzthumschen
Gymnasiums, Professor Dr. Bebnhabd in Dresden; der Königlich
preufidsche Kronenorden IL Klasse dem Regierungs- und Schulrat
a. D., Geheimen Regierungsrat Dr. Haupt in Merseburg; der rote
Adlerorden IH. Klasse mit der Schleife dem Gymnasialdirektor a. D.
Sghmelzeb in Hamm und dem Direktor des Berger-Realgymnasiums
Dr. Geist in Posen; der Kaiserlich russische weifte Adlerorden
dem Direktor des Kinderhospitals des Prinzen von Oldenburg, Leib-
Pädiater Geheimrat Dr. Rauchfusb in St. Petersburg.
Es sind ernannt worden: der Professor der Hygiene Dr. A.
J. SsüBAKOW zum Rektor der Universität Tomsk; der Medizinal-
inspektor Dr. Dujabdin-Beaümetz als Nachfolger Dr. ColiiIKs
zum Generalmedizinalinspektor und Präsidenten des technischen
373
Komitees fOr den Gesondheitsdieiist in Paris; Dr. Babb znm Pro-
fessor der Hygiene an der medizinischen Fakultät in Lyon; der
Oberlehrer am Karlsgymnasinm, Professor Dr. Egelhaaf in Statt-
gart, znm Rektor dieser Anstalt ; der Gymnasialoberlehrer, Professor
Dr. Benecke in Bochum zum Direktor des Gymnasiums in Hamm ;
Dr. BoTH zum Direktor des Gymnasium Josephinum in Hildesheim;
der Gynmasialoberlehrer Dr. Kbamm in Bonn zum Direktor des
Progymnasiums in Saarlouis; Professor Hamann zum Direktor des
Andreasrealgymnasiums in Berlin; der Oberlehrer am Elisabeth-
gymnasium Dr. WiEDEMANK in Breslau zum Direktor der eyan-
gelischen Realschule I daselbst; der Oberlehrer an der Oberreal-
schule Dr. L. YOLKMANN in Breslau zum Ereisschulinspektor in
Briesen; unser verehrter Mitarbeiter, Herr Oberlehrer am Real^
gymnasium Dr. Hebmann Hahn in Hamburg, zum Ereisvertreter
der deutschen Tumerschaft auf vier weitere Jahre; Dr. Righaed
Klunzingeb zum k. k. Sanitätsassistenten mit der Dienstzuweisung
bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr; Dr. Geobge Nuttal zum
Assistenten am hygienischen Institute der Universität Berlin.
In gleicher Eigenschaft wurden versetzt: der aufserordentliche
Professor der Hygiene an der Universität Halle Dr. Behbing
an die Universität Marburg; der Direktor der Realschule in
Quedlinburg Dr. Habnisch an die Realschule in Kassel; der
Seminardirektor Biel in Borna an das Seminar in Pirna; die
Kreisschulinspektoren Platsch von Gostyn nach Ostrowo und Dr.
HoFFMANN von Schönsee nach Konitz.
Herr Privatdocent Dr. Roese, der zu unseren Mitarbeitern
zählt, hat seine Lehrthätigkeit an der Hochschule zu Freiburg i. B.
aufgegeben und ist nach München übergesiedelt.
Yor kurzem feierte der G3rmnasialarzt J. J. Goldbtein in
Berdjansk das fOnfundzwanzigjährige Jubiläum seiner ärztlichen
Thätigkeit.
Es sind gestorben : die Gymnasialdirektoren Professor Dr. Hein-
rich Sghneideb in Pforzheim, Dr. Kunze in Lissa und Schmidt
in Dillenburg; die Oberrealschuldirektoren Cbampe in Halberstadt
and Kbügeb in Saarbracken ; der Inspektor a. D. des Pädagogiums
der Franckeschen Stiftungen Dr. Schulz in Halle; der Kreis-
schulinspektor Beckeb in Mors; der Arzt der Realschule Dr. G.
KüDKOWSKi in Tiflis; der italienische Pädagog Dr. Canici und der
Rektor OLTBOaGE in Osnabrück.
374
txttttatut.
Besprechungen.
Ministero delC istnmone pubhlica, Estratto dal Boüettino nfficiale
del 29 marzo 1894. Dottore Gostantiko Gorini in Paria.
Contribnto alla questione dei banchi da scnola a proposito
della esposkione internazionale d'igiene dell' Hävre 1893.
Relazione a S. E. il Ministro. Roma, 1894. Tip. Elzeviriana.
(23 S. Gr. 8®).
Dieser Bericht/ welchen der Verfasser nach seinem Besache
der internationalen Hygieneausstellnng in H&vre dem Minister des
öffentlichen Unterrichtes in Italien abgestattet hat, bezieht sich auf
einen Gegenstand, welcher heate in Wahrheit von hervorragender
Wichtigkeit ist. Es handelt sich nämlich um die verwickelte und
schwierig zu entscheidende Frage der Schulbänke.
Dr. GosiNi föhrt im ersten Kapitel an, da(s zahlreiche Schul-
bankmuster auf den Ausstellungen, welche 1867 in Paris, 1873 in
Wien, 1878 in Paris stattfanden, vorgelegt wurden. Dasselbe war
bei der seitens der Stadt Frankftirt a. M. im Frühjahr 1884 aus-
geschriebenen internationalen Konkurrenz der Fall. Trotzdem aber
ist kein Muster als vollkommen anzusehen. Die Ursache hiervon
liegt dem Verfasser zufolge in der Thatsache, dals bei der Kon-
struktion einer Schulbank nicht immer die elementaren Grundregeln
beobachtet werden, welche die Anatomie und Physiologie in Bezug
auf die Haltung, die der Schüler beim Sitzen einnehmen soll, auf-
gestellt haben.
Aus diesem Grunde studiert GrORiNi die verschiedenen Stellungen
des Schülers beim Sitzen. Gewöhnlich erschöpfen sich die Muskel-
kräfte desselben weniger, wenn er die normale Sitzlage nach vom
innehält, die durch drei Stützpunkte, die beiden Sitzknorren und
das Steilsbein, gebildet wird. Im Gegensatz hierzu steht die Sitzlage
nach hinten, bei welcher Ergänzungsstützpunkte, wie die Schenkel,
in Wirksamkeit treten und der Schüler didier Muskelkräfte zu Hilfe
nehmen mufe. Diese erlahmen allmählich, so dafs derselbe sich genötigt
sieht, mit seinem Rumpfe nach vom zu sinken und sich entweder
mit diesem oder mit den Ellbogen an dem Tische zu stützen.
^ Aus dem Italienischen von B. C. Rooskn.
375
Indem der Verfasser daher die erstere Stellung als die geeig-
neiste und am wenigsten ermüdende bezeichnet, geht er dazu über,
die haHptsflehlichsten Erfordernisse einer rationellen Schulbank zu be-
sprechen. Eßerbei gibt er die Dimensionen des Sitzes, des Tisches
und der Bflckenlehne an und stellt als Grundsatz fQr die beste
Konstruktion eines Subselliums hin, dafe letzteres sich dem Schüler
und nicht dieser sich jenem anpasse.
Demgemäfs behandelt er in einem anderen Kapitel die ver-
schiedenen Banksysteme, welche unter dem zwiefachen Qesichtspunkte
der Hygiene und der Pädagogik zulässig sind, beschränkt sich jedoch
dabei auf die mit fester und die mit beweglicher negativer Distanz.
Er prüft den Wert eines jeden dieser Systeme und kommt zu
dem Ergebnis, dafs die ersteren, nämlich die mit festen Teilen, nicht
nur die einfachsten und billigsten sind, sondern auch in hygienischer
und pädagogischer Hinsicht allen Anforderungen völlig genügen.
Weiter berichtet er über die hauptsächlichsten (Jnzuträglich-
keiten der Bänke mit beweglicher negativer Distanz, unter welchen
ünzuträglichkeiten besonders die der zu greisen Kostspieligkeit, der
bedeutenden Raumerfordernis und der naheliegenden Möglichkeit
einer Verletzung zu erwähnen sind.
Nur einen Fehler sehreibt er den Bänken mit fester negativer
Distanz zu, nämlich den, dafs sie den Schüler, um aufrecht stehen
zu können, zwingen, aus der Bank herauszutreten.
Als Muster einer solchen Bank erwähnt er das Modell von
Buchner mit zwei Sitzen und einer festen negativen Distanz
von ö cm.
Betreffs der Wahl von Bänken mit veränderlicher negativer
Distanz zieht er die Systeme mit beweglichem Tische vor, jedoch muis
die Distanz derartig sein, dafs der Schüler bequem zu schreiben
vermag.
Der letzte Teil des Berichtes ist ebenfalls wichtig, da der Ver-
fasser in demselben die Muster der Bänke, welche in Frankreich
üblich sind, vorlegt. Es nimmt wunder, dafs dort die Subsellien mit
fester Null- und selbst mit geringer positiver Distanz mehrstenteils
in Gebrauch sind, während man in Amerika, England, Deutschland,
Österreich und der Schweiz die mit starker negativer Distanz und
die zweisitzigen gewöhnlich eingeführt findet. Dr. GORINI bedauert,
dafs dieser Zustand der Dinge bei den Franzosen anhält, ungeachtet
des klaren Gutachtens einer besonderen schulhygienischen Kommission,
die im Jahre 1882 ernannt wurde. Zuletzt hat die städtische Ver-
waltung von Paris eine Änderung der Bänke eingeführt, durch
welche der Sitz beweglich gemacht worden ist, was indessen Un-
zuträglichkeiten nicht ausschb'efst. Lobenswerter sind diejenigen mit
376
festen Teilen, jedoch ist die Rückenlehne zu hoch, indem der sakro-
lombare Teil der Wirbels&ole ohne Stütze bleibt.
Zum Schiasse erwähnt der Verfasser die besseren Banl^noster.
für höhere und gewerbliche Schulen, welche er auf der Ausstellung
in Hävre zu beobachten Gelegenheit hatte. Von diesen sind vier
beachtenswert. Zunächst eine Bank mit einem vermittelst Träger sich
hebenden und senkenden Tische von 20^ Neigung und mit einem
Sitze, dessen Bückenlehne sich nach Belieben demselben nähert
oder von ihm entfernt. Eine zweite ist die „table-banc hygi^nique
fixe*^, dazu bestimmt, fehlerhafte Haltungen der Wirbelsäule zu ver-
bessern, und mit einem Schutzapparat gegen Kurzsichtigkeit versehen,
welcher keine gröfsere Annäherung der Augen an das Buch als auf
25—33 cm zuläfst. Ein drittes Muster bildet „la table hygidnique
ä ^levation facultative, manuelle ou automatique", im Jahre 1888
von A. FtBiRT in Paris erfunden; sie hat einen vom Tische unab-
hängigen Sitz, den man nach Wunsch heben oder herablassen kann.
Die letzte Bank endlich ist das „pupitre hygi^nique, syst&me
Mauchain^ mit bewe^icher Bank und beweglichem Tisch, welches
allen Körpergröfsen sich anpaCist und den Schülern gestattet, ebenso
bequem zu stehen, wie zu sitzen. Die Beweglichkeit desselben ist
vermittelst eines Yiertelkreises von Eisen ermöglicht, der mit Zähnen
versehen ist; in diesen greift ein Holzteil ein, welcher gestattet, den
Tisch in der gewollten Lage zu befestigen.
Einderarzt Dr. med. Antonino Carini in Palermo.
Dr. med. 6. Bboesike, Prosektor am Königlichen anatomischen Institut
und vortragender Arzt an der KöniRlichen Tumlehrerbildungsanstalt
zu Berlin. Der menschliche KSrper, sein Baa, seine Ver-
richtnngen nnd seine Pflege, nebst einem Anhang : Die erste
Hilfe bei plStzlichen Unfftllen. Mit besonderer Berücksichtigung
des Turnens gemeinfafslich dargestellt. Mit 116 z. Teil färb.
Abbild. Berlin, 1894. fl. Kornfeld. (458 S. Gr. 8^ M, 8.)
Das Buch soll zunächst den Schülern der Tumlehrerbildungs-
anstalt statt diktierter (!) Hefte dienen und ihnen beim Nach-
stndium helfen, sodann aber auch Jedem Gebildeten dasjenige
geben, was ihm die moderne Wissenschaft über seinen Körper
Wissenswertes und Interessantes bietet **.
Bei aller Anerkennung der klaren Darstellung, die durch gute,
wenn schon etwas kleine Abbildungen reichlich unterstützt wird,
fürchte ich doch, dafs Verfasser teils zu viel, teils zu wenig bietet.
Zu viel, weil die anatomischen Einzelheiten nach meiner Erfahrung
weder genügendes Interesse einflöfsen, noch überhaupt auf solche
Art gelernt werden können, auch von den Zöglingen der Turnlehrer-
377
bildungsanstalt nicht, oder doch nur ganz ausnahmsweise; zn wenig,
weil die Gesondheitspflege wohl maochmal etwas breitere Ans-
f&bmng und tiefere Begrflndang erfordert hätte, om bei den
Lesern volle Teilnahme nnd genügendes Verständnis hervorzurufen.
Die Hygiene, die sich an Ebismanns mit Recht empfohlenes, treff-
liches Buch anlehnt, entspricht flbrigens dem heutigen Stande unseres
Wissens, und „die erste Hilfe*' ist im Texte und in den Abbildungen
vorzüglich gelungen.
Sollte das Buch eine zweite Auflage erleben, was bekanntlich
nicht blols von seinem Werte abhängt, so wünsche ich, dals der
geehrte Verfasser einigen Einzelheiten seine Aufinerksamkeit zuwende.
So ist es doch wohl zu viel behauptet, wenn Jede Zelle ein durch-
aus selbständiger kleiner Organismus'' genannt wird (S. 6). Dafs
die glatten Muskeln, wo sie nur in genügender Menge vorhanden
sind, grobe Kraft entwickeln können, beweist der Uterus. Eine
indirekte Einwirkung auf manche chatten Muskeln steht übrigens
dem Gehirn sehr wohl zu. Nicht die Talgdrüsen „hat man** als
Mitesser bezeichnet (S. 41), sondern ihren Inhalt.
„Der erste Schritt zur Reinhaltung des Körpers besteht in
häutigem Wechseln der Leib- und Bettwäsche'' (S. 45) ist wohl
um so weniger wörtlich zu nehmen, als es gleich darauf heilst : „Jeder
gebildete Mensch weils, dafs im Interesse der Reinlichkeit häufige
Waschungen des ganzen Körpers notwendig sind." Geradezu
unrichtig ist, da(s kalte Waschungen und Bäder die Haut gegen
Temperatureinflüsse weniger empfindlich machen, „weil hierbei dem
Körper bedeutende Wärmemengen entzogen werden" ; denn nicht
letzteres, sondern die Übung der Hantmuskeln bewirkt die Ab-
härtung. „Dals es selbstverständlicherweise sich nicht empfiehlt,
unmittelbar nach dem Essen zu baden", sollte nicht blols „betont",
sondern auch erklärt werden.
Dals die Skoliosen „durch eine einseitige Schwäche der Mus-
kulatur" entstehen, ist eine ganz veraltete und längst widerlegte
Ansicht. Auch was über rhachitische und andere Verkrümmungen
der unteren Extremitäten gesagt wird, entspricht nicht unserer
Kenntnis der Belastungsdeformitäten, die auch beim Bäckerbein
und Plattfofs wesentlich in Frage kommen.
Hindemisse überwindet man auch in der Angst nicht „spielend"
(S. 132), sondern durch ungewöhnliche und sonst unmöglich
scheinende Anstrengung. Bei der wiederholten Ausführung, dafs die
quergestreiften Muskeln, mit Ausnahme des Herzens, nur durch
Willensimpulse in Bewegung gesetzt werden, hat Verfasser die auto-
naatischen und Reflexbewegungen vergessen; S. 138 führt er neben
jenen Impulsen nur elektrische und mechanische Reize auf. Ebenso sind
378
bei Besprechung der Atmung die Elasticität der Danngase and auch
diejenige der Lungen, die doch für die Ausatmung so wesentlich in
Betracht kommen, gar nicht erwähnt.
Ich verzichte auf weitere Einzelheiten, möchte aber meinerseits
scharf betonen, dafs derartige für Laien bestimmte Werke noch viel
sorgfältiger stilisiert und redigiert sein sollten, als wissenschaftliche ;
denn den Lesern populärer Bücher ist es nicht möglich, Irrtümer
und falsche Ausdrücke zu berichtigen oder, wie der Fachmann, mit
Kopfschütteln zu übergehen. In wissenschaftlichen Journalen finden
wir nicht weniger als in politischen Zeitungen oft die deutsche Sprache
erheblich mißhandelt, wie z. B. das wie nach einem Komparativ
geradezu herrschend wird, obwohl meines Wissens die alte Schul-
regel ^Gröfser als, aber ebenso grolis wie** noch nicht aufgehoben
ist. Dergleichen verletzt jedes einigermafsen entwickelte Sprach-
gefühl und sollte in gemeinverständlichen Darstellungen aus wissen-
schaftlichen Gebieten aufs sorgföltigste vermieden werden.
Die Ausstattung des Buches ist vorzüglich. Vom Preise heilst
es in der Vorrede, dafs er nicht übertrieben sei; weitere Angaben
darüber vermisse ich.
Praktischer Arzt Dr. med. F. Dornblüth in Rostock.
C. Nabbel, Ancien M^decin-Acljoint de rH6pital Pourtales. Be-
eherches sur Feelairage natnrel dans les icoles de Nen*
ehateL Dissertation inaugurale, pr6sent6e ä la Facult^ de
M^decine de Beme pour Tobtention du grade de Docteor en
M6decine. Vevey, 1894. Imprimerie A. Roth. (64 S. 8<>.)
^Welchen Einflufs übt eine ungenügende Schulbeleuchtung?
Je dunkler ein Arbeitsplatz ist, desto mehr mufs das Auge der
Schrift genähert werden, und diese Annäherung führt zur Kurz-
sichtigkeit. ^ Dieser Ausspruch, den Professor Cohk vor 28 Jahren
gethan hat, geniefst jetzt allgemeine Anerkennung. Überall streben
die Schulärzte danach, dem Auge des Schülers , welcher einen
wesentlichen Teil seiner Wachstumsperiode in der Schule zuzubringen
hat (in der Schweiz etwa 9(X)0 Stunden), das nOtige Licht zu ver-
schaffen. In manchen Ländern sind schon günstige Resultate auf
diese Weise erzielt worden. Flobschütz hat in den Koburger
Schulen eine wesentliche Abnahme der Myopie von 21% auf 15%
beobachtet, was er der Verbesserung der Lichtverhältnisse zuschreibt.
Von CoHN, SEaGEL und mehreren anderen sind dieselben erfreu-
lichen Beobachtungen gemacht worden.
Auch den Einflufs ungenügender Beleuchtung der Schulzimmer
auf die Haltung der Kinder dürfen wir nicht unerwähnt lassen,
denn schlechtes Licht bewirkt nicht nur eine Annäherung des Auges
379
an die Bacher, sondern auch eine Erflmmang der Wirbebänle find
infolgedessen eine nnyollkommene Entwickelnng der Brost.
Die Schulhygiene hat also Ursache genng, sich mit diesem
Gegenstande zu beschäftigen und eine genflgende Helligkeit schlecht
beleuchteter Schnlzimmer anzustreben.
Allgemein wird allerdings die Grundanfordemng erhoben, dats
solche Räume ein ausreichend helles, möglichst gleichmäfisig auf alle
Arbeitsplätze verteiltes Licht erhalten sollen, allein die zur Durch-
fbhrung dieser Anforderung nötigen Bedingungen sind noch nicht
allseitig angenommen.
Die ersten Arbeiten, welche sich mit diesem Gegenstände be-
schäftigten, wulsten nur von der Zahl der Fenster, von ihrer Höhe
und Breite zu reden — allerdings wichtige, aber wenig präcise
und bestimmte Ansprüche.
Dann wurde das richtige Verhältnis zwischen Fenster- und
Bodenfläche gesucht und ziemlich allgemein in Deutschland und
Frankreich angenommen, dafs die Beleuchtung eine gute sei, wenn
die Fensterfläche den fänften Teil der Bodenfläche ausmache. Einige
Orte, Lausanne z. B., yerlangen noch mehr ; in dieser Stadt ist das
Verhältnis von 1 : 4 gewählt worden.
Aber auch das genflgte nicht, denn mit der grofsen Fenster-
fläche allein ist es nicht gethan. Überall findet man Schulen in
engen Strafeen, wo die gegenüberstehenden Häuser und Bäume den
gröisten Teil des Lichtes wegnehmen, ja, wo die Schüler von ihrem
Platze aus kein Stück Himmel zu sehen bekommen, so dafs trotz
der greisen Fensterfläche die Beleuchtung eine sehr mangelhafte ist.
So mnfste Javal in Paris den Satz aufstellen, dab der Ab-
stand eines Schulhauses Yon den gegenüberliegenden Häusern doppelt
so grols sein solle, wie die Höhe dieser Häuser. So muAte femer
die firanzösische Kommission bestimmen, da(s jedes Kind von s^em
Platze aus ein Stück Himmel Ton 0,36 m Höhe zu sehen im stände sei.
Alles das aber war nur Notbehelf. Erst mit der Erfindung
des WEBEBschen Photometers 1883 kam die Tageslichtfrage der
Schulen aus den Anfängen heraus, und jetzt erst konnte man ein
bestimmtes Mafs festsetzen und angeben, wie viele Meterkerzen
Helligkeit ein Schulplatz haben müsse. Professor Cohn hat, nach
seinen bahnbrechenden Untersuchungen in den Breslauer Schulen,
als geringste Helligkeit eines Arbeitsplatzes eine solche yon 10 Meter-
kerzen gefordert, eine Zahl, die jetzt von den meisten Forschem
angenommen ist. Diese photometrische Methode ist jedoch um-
ständlich. Auch sind die Resultate verschieden und wenig vergleich-
bar bei heiterem und bedecktem Himmel; nur bei trübem Wetter
sollte daher das Lichtminimum festgestellt werden.
380
So kam man dazu, eine einfachere Methode za wfthlen, wdche
sich begnügt, das von jedem Platze ans sichtbare Stack Himmel za
messen; denn die Helligkeit eines Platzes hängt wesentlich von der
Gröfse des Himmelsstückes ab, welches denselben beleuchtet. Diese
Messung ist sehr erleichtert worden durch die Konstruktion des
Raumwinkelmessers Ton Leonhabd Weber. Mit dem genannten
Apparate hat Cohn festgestellt, dafe an Plätzen, welche weniger als
50 Quadratgrade Raumwinkel zeigten, bei trübem Wetter weniger
als 10 Meterkerzen Helligkeit vorhanden waren. Daher wählte er
als Minimum des Raumwinkels für einen Schülerplatz 50 Quadrat-
grade.
Die letzte Methode hat Dr. Nabbel benutzt, um seine sehr
fleifisigen und interessanten Untersuchungen in den Neuenburger
Schulen anzustellen, deren Resultate wir kurz zusammen&ssen
wollen.
I. Ancien Gymnase mit 16 Klassen.
a. Verhältnis zwischen Fensterfläche und Bodenfiäche:
Erdgeschoß 1 : 8
I. Stock 1 : 17.
b. Raumwinkelmessung:
Erdgeschofs 50 7o der Plätze haben ungenügende
Beleuchtung
I. Stock 63% der Plätze haben ungenügende
Beleuchtung.
IL College de la Promenade mit 22 Klassen.
a. Verhältnis zwischen Fensterfläche und Bodenfläche:
Erdgeschofs 1 : 5,4
I. Stock 1 : 7
n. Stock 1 : 8.
b. Raumwinkelmessung:
Erdgeschofs 27% haben ungenügende Beleuchtung
I. Stock 16% „
n. stock 10% „ „ „ .
III. College de Terreaux mit 22 Klassen.
a. Verhältnis zwischen Fensterfläche und Bodenfläche:
Erdgeschofs 1 : 9,6
I. Stock 1 : 9,1
n. Stock 1 : 10.
b. Raumwinkelmessung:
Erdgeschofs 64% haben ungenügende Beleuchtung
I.Stock 24% „
IL Stock 21 7o « „ -
381
rv. NouYeaa College mit 15 Klassen.
a. Yerliftltiiis zwischen Fensterflftche und BodenflAche:
1 :7.
b. Ranmwinkelmessnng :
9,9% haben angenttgende Belenchtang.
Wenn Dr. Nasbel diese Besoltate als sehr wenig befriedigend
bezeichnet, so können wir ihm nnr beistimmen. Jedoch mttssen wir
herroiheben, dab, „wenn man anch den Ranmwinkel bis zu einem
gewissen Grade als Mab der Helligkeit gelten lassen kann, doch
die Norm \on 50 Qnadratgraden als ICinimam keine allgemein
gflltige Bedeutung beanspruchen kann^. (Ebismajin.)
Schon GiLLEBT wandte sich gegen diese Norm, „weil erstens
die Leuchtkraft eines Stackes des Himmelsgewölbes unter dem EinfluCs
des Sonnenstandes groben Schwankungen unterworfen sei und weü
zweitens die Helligkeit eines Platzes nicht nur von dem dhrekten
Himmelslichte, sondern auch Ton dem reflektierten abhAnge. Durch
den Raumwinkel werde nur das erstere gemessen, w&hrend unter
ümstftnden das letztere bei weitem überwiege**.^
£bi8MANn in Moskau hat diese Behauptungen durch sehr
exakte Messungen bestätigen können, indem er folgende Thatsachen
feststellte. Die mittlere Helligkeit bei einem Raumwinkel von 10 bis 20
Quadratgraden übertraf das geforderte Helligkeitsminimum Ton lOMeter-
kerzen um das Drei- bis Vierfache. Bei einem Raumwinkel von 5 bis
10 Graden, ja selbst bei voUstftndiger Abwesenheit des unmittelbaren
Himmelslichtes erreichte die durchschnittliche Papierhelligkeit noch
das verlangte Mindestmab.'
Die Raumwinkelmessung reicht also nicht aus, um eine Beleuchtung
als ungenflgend zu erkl&ren.
Wie dem audi sei, mOssen wir zugeben, dab die Tages-
beleuchtung in den Schulen Neuenbürgs eine wenig befriedigende ist,
und es yerdient nur Lob, dab der Verfasser sich scharf über diesen
Zustand ausspricht. Wir sind überzeugt, dab seine Arbeit und
seine Mühe nicht verloren gehen, sondern dab der Gemeinderat und
die Schulbehörde Neuenbürgs alles thun werden, um dem gerügten
Übelstande ein Ende zu madien.
Schularzt Dr. med. Combe in Lausanne.
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|eitf(lfnft fit <Silinl(efitn)i!iett0y^^^^
VIIL Jahrgang. 1895. No. 7.
(l^riginatab^iiMitiijett.
Zur Kritik
des deutschen Turnens Yom physiologischen Standpunkt.
Offenes Antwortsolireiben
an Herrn Dr. med. F. A. Schmidt in Bonn.
Von
Dr. med. Anoelo Mosso,
Ftt)fe86or der Physiologie an der Universität Tarin.
Rom, den 12. Jnni 1895.
Sehr geehrter Herr Kollege!
Ihre Kritik meines Baohes ^Die körperliche Er-
ziehung der Jugend^ erhielt ich hier in Rom, und ich
beeile mich, Ihnen fär die freundliche Beurteilung desselben
zu danken. Zugleich aber möchte ich mir gestatten^ auf einige
Ihrer Einwände der Reihe nach zu erwidern.
Zuerst sagen Sie, ^es errege schon Miistranen, daCs ich
zwar Yon Jahn und Guts Muths spreche, aber den eigent-
lichen Schöpfer des heutigen Schulturnens in Deutschland,
Adolf Spiess, nicht einuial nenne^. Dies geschah aber nur,
weil es nicht in meiner Absicht lag, eine volLständige Geschichte
des Turnens zu geben. Wie hätte ich es sonst unterlassen,
Spibss anzufahren, der Reck und Barren instinktmälsig bei-
seite schob und die Gbrätübungen zurücktreten lieüs? Nach-
dem ich von Guts Muths und Jahn als den beiden Be-
8«]iii]gitnBdh«lttpfl«ff« VIII. 25
386
gründem der deutschen Tarnkunst gesprochen, machte ich gleich
einen Sprung zu den neuesten Schriftstellern auf dieeem Gebiet.
Der zweite Einwand, den Sie erheben, ist, dafe ieh das
deutsche Tomen nicht kenne. Ich mufs darauf erwidern, dals
ich mein Buch zunächst für Italien schrieb. Ich sprach darin
von dem deutschen Turnen in dem Sinne, wie dasselbe bei
uns geübt wird. Als ich hörte, dals meinem Werke die Ehre
widerfahren sollte, durch den Verlag des Herrn Voss in
Hamburg deutsch veröffentlicht zu werden, hatte ich den leb-
haften Wunsch, dasselbe fdr diesen Zweck zu überarbeiten.
Aber dazu hätte ich eine Reise nach Deutschland machen
müssen, und da mir dies damals nicht möglich war, lielis ich
es lieber so, wie es für italienische Leser bestimmt war. Denn
den Geist der deutschen Tumkunst glaube ich aus den sie
behandelnden Schriften genügend zu kennen, und ihn wollte
ich wissenscbaftlich bekämpfen.
Alle, die nach Rom kommen, studieren bei uns die grie-
chischen Kunsterzeugnisse, denn die Römer hatten ja keine
nationale bildende Kunst. Die griechischen Originale, welche
die Modelle bildeten für die sämtlichen Werke, die heute in Rom
sind, waren sicher noch schöner und vollkommener, als diese
Kopien, die wir bewundem. Ähnlich ist es mir wohl mit dem
deutschen Tumen ergangen. Ich habe die modernen Turn-
lehrer Deutschlands nicht in Thätigkeit gesehen, ich habe nicht
die Originale studiert, aber die Nachahmung, wie sie durch
deutsche und schweizer Tummeister im Süden Europas ver-
breitet wurde, kenne ich gut.
An dritter Stelle glauben Sie betreffs der schwedischen
Gymnastik mir widersprechen zu müssen. Ich mufs dazu
gleich bemerken, dafs Sie mehr in meiner Darstellung gefanden
haben, als ich hineinlegen wollte. Ich bin durchaus kein
solcher Bewunderer der schwedischen Turnkunst, dab ich sie
an Stelle der deutschen setzen möchte. Ich wünschte nur,
dafs einzelne Übungen derselben sich in unseren Turnhallen
einbürgerten.
Die Anerkennung der schwedischen Gymnastik von
387
niiBerer, der Physiologen, Seite ist fireüich anch ein irenig
bedingt dnrdi die Erkenntnis, daCs kein anderes Volk so sehr,
wie die Schweden, sich bemühte, bei der Ansbildnng des
Körpers den Lehren der Wissenschaft zu folgen. Man kann,
wie Sie es thnn, den Wert der schwedischen Gymnastik in
Frage stellen, aber auch Sie werden gewiis mit uns die treff-
liche Ordnung anerkennen, mit der die Schweden im Laufe
jeder Stunde alle Organe des Körpers in den physiologischen
Grenzen zu üben suchen«
Aber es scheint mir weniger an der Zeit zu sein, über
die kleinen Vorzüge der einzelnen Methoden zu streiten. Man
kann auf verschiedenen Wegen zum Ziele gelangen, wenn nur
der Bifer und das Streben ein reges ist. Jedes Volk, ja jede
Provinz einer und derselben Nation mag ihre eigengeartete
Turnschule haben. Athen und Sparta waren kaum weiter als
Berlin und Dresden voneinander entfernt, und doch welcher
Unterschied zwischen der körperlichen Erziehung in diesen
beiden griechischen Staaten! Li Sparta hat sie militärische
Richtung; ihr einziger Zweck ist, den Körper für Anstren-
gungen und Strapazen abzuhärten und die Jugend vorzubereiten,
zum Ruhme des Vaterlandes zu sterben. In Athen dagegen
ist ebenmäfaige Entwickelung des Körpeis, Würde und Anmut»
die Eurythmie, das höchste Ziel der Leibesausbildung.
Unsere wichtigste Aufgabe ist, allgemein das Gefühl der
Verpflichtung zur Ausbildung des Körpers zu verbreiten, und
alle müssen wir dahin wirken, dais die Leibesübungen eine
Hauptaufgabe der Erziehung werden. Die antike Kunst läfet
uns in einem treuen Spiegel die ganze Leidenschaft erkennen,
welche das Volk damals für Gymnastik, für Kraft und Ge^
wandtheit hatte. Li diesen Tagen erst stand ich wieder vor
der Wettläuferin im vatikanischen Museum — verzeihen Si^
diese Abschweifang, aber mich drängt dazu der überwältigende
Eindruck, den in mir immer wieder dies Beispiel vollendeter
Ausbildung des weiblichen Körpers bei dem gröfeten Kultur-
volke der Geschichte zurückläfst. Pausakias erzählt uns von
den Wettläufen der Jungfrauen in Olympia, und wir sehen das
26»
388
Mädchen vor uns stehen, nicht als ob vierandzwanzig Jahr«
hnnderte verflossen wären, seit es Beifall erntete bei den Festen
in Griechenland. Wer versenkte sich femer nicht schon be-
mmdemd in den Diskuswerfer Mtboks, der sich in so vielen
Wiederholungen in den römischen Museen findet? Die Leibes-
übungen der Jugend waren der unerschöpfliche Quell, aus dem
die griechischen Künstler ihre Inspirationen schöpften, und
das Volk betrachtete mit StoUs diese Kunstwerke, die ihm.
darstellten, was es täglich in Wirklichkeit vor Augen hatte.
Die deutsche Tumknnst mit allen ihren Tumpläteen hat
meines Wissens bis heute noch keinen Künstler begeistert.
Die jetzigen Völker empfinden nicht so glühenden Enthusiasmus,
wie die Alten, für die Wettkämpfe der Jugend in Gewandtheit,
Ausdauer und Kraft.
Orsnz besonders hat gerade Spibss dazu beigetragen, das
Turnen weniger beliebt zu machen. Er legte solches Gewicht
auf dief unbedingte Unterordnung des einzelnen und der
Massen, dafs die Gymnastik darüber ihren Wert als Erholungs-
mittel verlor. Es war die von ihm und seinen Nachfolgern
ausgebildete Systematik, welche auch fär das Gtedftchtnis die
ganze verwickelte Technik der Gkrätübungen schwierig
gestaltet hat. Namentlich die SpiBSSsohen Ordnungsübungen
erscheinen der Jugend südlicher Völker geradezu unerträglich.
Vielleicht hat Spibss das Turnen am allermeisten geschädigt,
indem er die fröhliche Freiheit daraus entfernte, welche nötig
ist, damit die Knaben die Leibesübungen lieb gewinnen. Den
Sprung und das Laufen hat er zu sehr vernachlässigt. Wir
müssen zum Ursprung, zu den Idealen von Guts-Müthb und
Jahn zurückkehren, aus dem deutschen Turnen alles entfernen,
was den physiologischen Anforderungen widerspricht, und den
volkstttmlichen Spielen mehr Baum gönnen.
Mit Vergnügen las ich in Direr Besprechung, dals Sie viel-
leicht später einmal Gelegenheit nehmen wollen, auf mein
Buch zurückzukommen. Ich danke Ihnen im voraus fOr die
neue Ehre, die Sie mir zu erweisen gedenken. Wenn ea
nicht zu anraaCsend ist, möchte ich Sie bitten, Ihre Auf-
389
xnerksamkeit dann beeoodeis auf den pkysiologisohen Teil meiner
Schrifi; und anf meine Kritik des deutschen Tnmene vom Stand-
punkte dee Physiologen ans zu richten. Eine der wichtigsten
Fragen ist die, ob die überm&fsige Übung der Arme, wie sie
den Hauptteil des Gerätturnens ausmacht, der Ausbildung zu
einem guten Soldaten mehr nützlich oder mehr schädlich sei.
Verhandeln wir zunächst über diesen Punkt Ich bitte Sie,
der Sie Arzt sind, mit Ihren Kollegen meine Ansicht in Er-
wägung zu ziehen, dals die heutige Tumkunst nicht genügt,
junge Leute für die Beschwerden des Militärdienstes, fiir Dauer«
märsohe und Tomistertragen, vorzubereiten. Es würde mich
fireuen, wenn Sie eine hierauf bezügliche Diskussion eröffiieten,
in der ich, wenn nötig, auch mehr auf Einzelheiten eingehen
könnte betrefiTs der Mängel einiger Übungen, welche heute auf
deutschen Turnplätzen im Schwange sind. Ich gestehe, dais
ich auch befriedigt sein werde, wenn ich auf Grund dieser
wissenschaftlichen Kritik mich bewogen fahlen sollte, einige
meiner Urteile über die deutsche Tumkunst, die Ihnen allzu
hart erschienen, zu modifizieren oder ganz zurückzuziehen.
Ich bin mit herzlichen GrüTsen
Ihr sehr ergebener
A. Mosso.
Das Ehrlichsche Stift in Dresden mit besonderer
Bttcksicht auf die schulhygienischen Einrichtungen
desselben.
Von
Konrad Schubebt,
Lehrer an der höheren Mädchenschule zum Frauenschutz in Dresden.
(Mit 3 Plänen.)
Dem Pädagogen, der England durchreist, fallen yor allem
die grofsartigen Sohulstiftungen auf, die, mit reichsten Mitteln
ausgestattet, ihren Zöglingen alle fbr das Gelingen der Er-
390
liehnng unerlälsliohen hygienischen Wohlthaten bieten. Bei
nns in Deutschland gesohieht es nnr selten, dab zu. Sohnl-
zweoken Stiftungen gemacht werden. Dies ist sehr zu bedauern,
da gerade solche Anstalten vorbildlich für alle anderen werden
können. Das öffentliche Schulwesen hat bei der hochgradigen
Bevölkerungszunahme, besonders der greisen Städte, Mühe, die
Forderungen der Hygiene zu erfüllen, ohne dabei den Steuer-
zahlern unerschwingliche Lasten aufzuerlegen. Wie gern zum
Beispiel würde man hier in Dresden jeder Volksschule einen aus-
reichenden Spielplatz zur Verfügung stellen, aber bei dem hohen
Bodenpreise von durchschnittlich 26 Mark für den Quadrat-
meter lassen sich die für den Kopf erforderlichen 8 Quadrat-
meter nicht schaffen. Wie gern würde man Schulgftrten ein-
richten, in denen die Kinder Beete zur Selbstbearbeitung
erhalten könnten, aber auch dies ist aus dem angefahrten
Grunde nicht möglich. Leider haben die finanziellen Erwfigungen
in Dresden auch zu der Einrichtung von wahren Schulkasemen
geführt, in deren einer bis 2000 Kinder unterrichtet werden,
was man nicht nur vom pädagogischen, sondern auch vom
hygienischen Standpunkte außerordentlich bedauern mufs.
Um so erfreulicher ist es, wenn neben den öffentlichen
Unterrichtsanstalten gut eingerichtete Schulstiftungen, Vereins-
und Privatschulen bestehen. Man sollte sich ja hüten, solchen
Schulen Schwierigkeiten in den Weg zu legen und alles Heil
von den Staats- und Stadtschulen zu erwarten. Wie viel An-
regung gerade von Anstalten, wie Schnepfenthal, Keilhau,
Weinheim (Bendeb), Jena (Stot) und anderen, besonders auch,
was die Körperpflege dei Jugend anlangt, ausgegangen ist,
weils ein jeder. Fast alle der physischen Ausbildung dienenden
Einrichtungen sind zunächst in Privatanstalten oder durch
Vereine erprobt und, nachdem dort ihre Brauchbarkeit erwiesen,
in die öffentlichen Schulen eingeführt worden. So war es
einst mit dem Turnen und den weiblichen Handarbeiten, so
ist es jetzt mit dem Handfertigkeits-, dem Koch- und Haus-
haltungsunterricht. Eis erscheint unbedingt nötig, dab eg
Schulen gibt, an denen man experimentieren kann. Der ge-
391
wiesene Weg ist der, dab die mit den üniTersitätsaeiniQiuiea
yerbimdenen Übimgis<^iüen solche Eixperimente anstellen uad
Mittel besitzen, alle vorgeeohlagenen Neueningen anf ihre
Branohbarkeit hin zn prüfen.^ Unsere Staats- und Stadtsohnlen
sind zn sehr in den Bnreankratismns hineingeraten, dem ein-
zehien Lehrerkollegium ist zu wenig Freiheit gelassen, und
dasselbe rerlttiist sieh durchweg, auch in Kleinigkeiten, auf die
Anordnungen der Sohulbehörde.
Deshalb ist es mit Freude zu begrülsen, daiis es nooh
Schulen gibt, die mit ihren Besonderheiten, sei es. der Orga-
nisation, sei es der Leitung, sei es der pekuniären Mittel, aus
dem Bahmen der Allgemeinheit heraustreten und so manches
zu erreichen im stände sind, was die Staats- und Stadtschulen
in ihrer Gesamtheit aus rerschiedenen, hauptsächlich finanziellen
Gründen nicht leisten können.
Eine solche Schule ist das EHBUCHSche „Q^stifl;^ in
Dresden. Ln Jahre 1 743 begründete Johahn Gsobgb EnnLiCH,
ein Dresdener Senator, seine Schulstiftung, indem er ihr
40 Hektar Grundbesitz und einige Gebäude im Gesamtwert
von 30000 Thalem vermachte. Sie sollte eine Armenschule
sein. Schon damals bestimmte er, daüs die Schülerzahl jeder
Erlasse 35 nieht übersteigen dürfe, eine von auJserordentlichem
pädagogischen Scharfsinn zeugende Anordnung, die auch heute
noch streng eingehalten wird.
Was nun an anderen Stellen beklagt werden muis, die
beträchtliche Steigerung des Bodenwertes, ist hier gerade
äuborst segensreich geworden. Das Stiftsland muiste infolge
der Vergröberung der Stadt nach Osten hin nach und nach
veräulsert werden, da es innerhalb hoher Häuserreihen weder
fbr gärtnmsche, noch für landwirtschaftliche Zwecke zu be-
nutzen war. Ende 1892 betrug der Grundbesitz noch immer
mehr als 28 Hektar, das Barvermögen aber 1 968 431 Mark,
der Wert der Gebäude gegen 300000 Mark. Die gesamte
* Die einzige derartig organisierte Anstalt bildet die Übangsschnle
in Jena; leider ist sie allzu karglich ausgestattet.
392
Zinseneinnalime belief sich Bach dem Hanshaltplane £ür 1893
trotz des bedenteDden Sinkens des ZiDsfnlses auf 88 115 Mark.
Die Anstalt ist eine höhere Volksschule mit Sprach-
nnterricht und enthält 5 £naben- und 5 Madchenkksseu, in
denen 250 zehn- bis fünfzehnjährige Kinder von 13 Lehrkräften
unterrichtet werden. Die Schüler gehören bedürftigen Familien
an, viele sind Voll- oder Halbwaisen, und sie erhalten deshalb
Unterricht, Schulutensilien u.s.w. unentgeltlich. Bedingung
fär die Au£aahme sind aulser der Bedürftigkeit gute Censuren.
Durch ihre reichen Mittel ist die Schule zu einer wahren
Musteranstalt in gesundheitlicher Beziehung geworden, und
Schulmänner, die sich für Hygiene interessieren, sollten nicht
versäumen, bei einem Besuche Dresdens die EHBiiiOHsche
Stiftung zwischen der Blochmann- und Oomeniusstrasse in
Augenschein zu nehmen. Die letzten Ostern bilden insofern einen
wichtigen Abschnitt in der Geschichte der Anstalt, als das
neugebaute Intematsgebände zur vollen Benutzung kam.
1. Der Schulgarten liegt, wie aus dem Situationsplan
auf Seite 401 ersichtlich, innerhalb eines Strafsenvierecks,
welches blofs an einer Seite eine geschlossene Häuserreihe auf-
weist, nach den drei anderen Seiten aber ganz frei ist; nur
wenige Schritte nach Südosten dehnt sich der 2 Quadrat*
kilometer umfassende, mit herrUdhem Laubwald bestandene
Königliche Qrofse Garten aus. So muls die Lage für eine
Grolsstadt als aufserordentlich günstig bezeichnet werden. Die
Entfernung vom Centrum der letzteren beträgt etwa 15 Mi-
nuten, und die Schulwege für die Externen halten sich daher
im allgemeinen in diesem Mittel. Der Schulgarten hat ein
Area] von 10900 Quadratmetern und war im Besitz der Stiftung
seit ihrer Gründung; davon sind abzuziehen 1660 Quadrat-
meter für drei Gebäude, die Schule, das Litemat und die
Turnhalle.
Der eigentliche Spielplatz, mit Kies beschüttet, von
Bäumen beschattet und mit Turngeräten besetzt, umfaTst
3940 Quadratmeter. Zweimal in der Woche finden nach-
mittags von 5—6 Uhr hier Spielstunden aufser dem Tum-
393
unterrioht statt, anschlieiSsend an den von 3 — 5 Uhr liegenden
Nachmittagsunterricht (4 Nachmittage sind schulfrei), und zwar
gesondert für Knaben und Mftdchen. Wenn das Gras ge-
schnitten ist, dürfen auch die grofsen Grasplätase mitbenutzt
werden. An den Spieltagen werden mögliehst wenig Schul-
arbeiten aufgegeben. Im Winter wird der Spielplatz in eine
Schlittschahbahn umgewandelt, die von allen Kindern an
schulfreien Nachmittagen befahren werden darf.
Der Garten dient zugleich dem naturwissenschaftlichen
und dem Kochunterricht. Die Bäume und Strftucher sind alle
mit Namentäfelchen versehen, die Giftpflanzen mit Schutz-
vorrichtungen. Einer der Lehrer hat mit Hilfe der Schüler
ein kleines Bassin für Beobachtung von Algen, Sumpf- und
Wasserpflanzen, sowie von Wassertieren, femer eine Felspartie
zur Kultivierung von Flechten, Alpenpflanzen u. drgl. geschaffen»
um zeigen zu können, wie das Wachstum von der mineralogischen
Beschaffenheit des Bodens abhängt Übrigens befindet sich
nur wenige Minuten vom Schulgarten der groise botanische
Garten der polytechnischen Hochschule mit umfangreichen G^
wächshäusem, der die Anschauung von ausländischen Pflanzen
den Schülern vermittelt
Ein Teil des Schulgartens enthält die Kinderbeete. Jedes
dem Internat angehörige Kind, von Ostern an 50, später 100,
erhält ein solches. Alljährlich findet eine Prämüerung des
schönsten Knaben- und des schönsten Mädchenbeetes statt, und
zwar durch Beschlufs der beetepfiegenden Kinder selbst. Die
Kochschülerinnen ziehen aufeerdem auf besonderen Beeten die
wichtigsten Küchengewächse.
Endlich befindet sich noch im Ghurten ein Glashäuschen
auf EiBengestell für die Winterfütterung der Vögel. Übrigens
lielse sich bei den reichen Mitteln der Stiftung auch dem von
Dr. O. W. Bbxeb in seinem Buche ^Die Naturwissen-
schaften in der Erziehungsschule^ vertretenen Gedanken
nähertreten, einige Tiere, wie Eichhörnchen u. s. w., zu halten,
um dieselben lebend beobachten zu köimen.
Anhangsweise sei hier noch erwähnt, dais auch die Idee
394
der Sclmlreise ihre Yerwirkliohung gefanden hat. Es sind
für einen eintägigen Ansflug aller Kinder jährlich 400 Mark
ausgesetzt. Diese Ausflüge werden nach einem bestimmten
Turnus unternommen, so dals jedes Kind in den fünf Jahren
seiner Zugehörigkeit zum EHBiJOHSchen Stift die landsohaftlioh
schönsten und gesohichtiich interessantesten Punkte der Um-
gebung Dresdens kennen lernt, namentlich die sächsische Schweiz,
Meifsen, Tharandt, Moritzburg, Wesenstein und Pirna.
2. Das Schulhaus ist so gebaut, dals nach den drei
Sonnenseiten die Lehrzimmer liegen, nach der Kordseite da-
gegen die Aula, der Zeiohensaal, das Direktor-, das Sammlungs-
zimmer und die Bibliothek.
Die Blassen, mit LiCKBOTHschen Bänken yerseheUi haben
alle linksseitiges Licht und eine solche Grö&e, dals auf ein
Kind etwas über 6 cbm Luftraum entfallen. Die Q-rundfläche
derselben beträgt je 35 Quadratmeter, also pro Kind 1,4 Qua-
dratmeter. Nach dem sächsischen Schulgesetz vom 26. April 1873
ist auf ein Kind 2,5 cbm Klassenraum zu rechnen, nach den
preussisohen allgemeinen Bestimmungen Tom 15. Oktober 1872
auf einen Schüler 0,6 Quadratmeter Flächenraum.
Selbstverständlich sind auch sämtliche Bestimmxmgen der
Tom sächsischen Kultusminister von Gebbeb am 3. April 1873
erlassenen Verordnung, die gesundheitliche Anlage und innere
Einrichtung der Schulgebäude betreffend, streng innegehalten,
ja, darüber hinaus noch manche hygienische Neuerungen ein-
geführt
Die Klassenzimmer werden durch Mantelöfen geheizt, in
welche unter dem Fufsboden liegende Luftkauäle ausmünden.
Besondere Sorgfalt ist auf die Einrichtung des Zeichensaals,
der Handfertigkeitswerkstätte und des Nadelarbeitszimmers ver-
wendet. Li ersterem Baume sind gute Vorrichtungen zur
Aufstellung der Körpermodelle vor jedem Platz angebracht.
Handfertigkeitsunterricht genielsen die 4 oberen Knabenklassen
(12. bis 15. Lebensjahr) in 8 Abteilungen von 12 — 13 Knaben,
und zwar in Papparbeit, Kerbsohnitt, Tischlerei (an 6 Hobel-
bänken) und ThonmodeUieren. Für die Materialien werden
395
jfthrlioli 250 Mark yerausgabt. Im Nadelarbeitssoal sind aulser
den entspreohenden LiCKBOTHSohen Snbsellien 6 Nähmasobinen
anfgestellt. Dort erhalten besonders die Madoben der Fort*
bildnngs- oder Hanshaltongsklasse (9. Sohnljabr) Unterriebt
im Masebinennilhen, Wäecbeznsebneiden, Weiüssticken n. s. w.
Ebenso erlernen sie Plätten, Mangeln nnd Kooben in den dazn
bestimmten Bäumen des Internats.
Die Lehrmittelsammlnng ist reiob ausgestattet; zur Er-
neuerung und Vervollständigung derselben sind jäbrliob 230 Mark
ausgesetst.
Im Souteirain befindet siob eine Badeeinricbtung.
Der glasüberdeokteLicbthof dient zur Au£Dabme der Mäntel,
Kopfbedeckungen u. s. w. in verscbliefsbare Drabtsobränke.
Die Aborte mit Scbwemmkanalisation sind als An-
bauten an die Schule ausgefflhrt, aber vom Korridor aus zu*
gänglioh.
Die Beleuchtung der Anstalt geschiebt jetzt noch durch
Gus; in den Klassen befinden sich SiEMENSsche Begenerativ-
brenner. Nach der Inbetriebsetzung des städtischen Elektricitäts-
werkes wird, ToraussichtUch noch in diesem Jahre, Grlüblicht
eingerichtet, das bei greiser Helligkeit wenig Wärme und keine
Verbrennungsprodukte erzeugt.
Die Gesamtkosten des Schulgebäudes für 250 Kinder
belaufen sich auf 240 000 Mark.
3. Das Internatsgebäude, 41 m lang und 19,36 m
tief, ist bestimmt zur Au&ahme von 50 Kindern, je 25 ver-
waisten Knaben und Mädchen, welche die Stiftsschule besuchen.
Es wurde am 1. Oktober 1894 mit 25 Kindern belegt und
befindet sich seit Ostern dieses Jahres in voller Benutzung.
Damit ist ein von dem Stifter Ehblich in seiner Fundations-
nrkunde ausgesprochener Wunsch der Verwirklichung um ein
groises Stack näher gerückt. Er sagt daselbst: ^Wie denn dieses
mein sehnlicher Wunsch, dafs mit der Zeit sämtliche 100 arme
Kinder mit Kost, Kleidung, Wohnung und Zucht völlig ver-
sorget und ein besonder Waislenhausf daraus werden möge.^
Man hatte mit der Inangrifihahme dieses Wunsches warten
3»6
müBseD, bis der Reservefonds der Stiftimg durch Azealverlcftiife
und Zinseszins auf die erforderliche Höhe gebracht war.
Das neue G-eb&ude ist unstreitig das besteingeriohtete
Internat Sachsens und hat einen Kostenaufwand von 2&0 000 Mark
erfordert. Bei der 1892 ausgeschriebenen Konkurrenz erhielt
unter 16 Bewerbern Architekt Sghebz den Preis.
um die aus hygienischen und pädagogischen Gründen
gleich verwerflichen grolsen Schlafsäle zu vermeiden und eine
möglichste Annäherung an das Familienleben zu erreichen,
zer£ftllen die Kinder in 4 Gruppen von je 12, resp. 13 unter
je einem Erzieher, bezw. einer Erzieherin. Zu diesem soge-
nannten Familienprinzip hatte der Direktor der Stiftung geraten,
nachdem er im Auftrage der aus der Kgl. Superintendentur
Dresden xmd dem Bat der Stadt bestehenden Inspektion ähn-
liche Musteranstalten, wie in Halle die FEAKOKBBchen Stiftungen,
in Hamburg-Hom das Bauhe Haus und in Berlin die Anstalt
am TJrban, das Johannesstift und das Bummelsburger Waisen-
haus besucht hatte.
In das jetzige Erziehungshaus werden, wie bemerkt, Knaben
undMädchen zugleich aufgenommen, indessen dürfte in absehbarer
Zeit das Anwachsen des Vermögens es gestatten, ein zweites Er-
ziehungshans zu bauen, so dafs dann dieses 50 Knaben und
jenes 50 Mädchen aufnehmen wird*
Entsprechend dem Familienprinzip gestaltet sich der neben*
stehende Grundrüs des ersten Stockwerks, das die Wohn- und
Schlafräume für die Kinder enthält; es ist jetzt die westliche
Hälfte desselben für die Knaben, die östliche für die Mädchen
bestimmt.
Wie aus diesem GrundriJs erhellt, liegen vor allem die
Schlafzimmer sehr günstig, da sie über Eck durchlüftet werden
können; auch haben sie alle Sonne, wenn auch Schlafraum
3 uTir am frühesten Morgen und nachmittags. Indem der
Waschraum sich offen anschlieist, ist der Kubikinhalt der
Schlafräume auf geschickte Weise um ein bedeutendes ver-
mehrt. Da die Höhe der Bäume 4,20 m beträgt, so ergibt
sich mit Hinzunahme des 6 m tiefen Waschraumes ein Luft-
897
kabnfl ron 20 — 22 obm fär jedes Kind. Anoh bei den aller*
günstigsten Wohnungsverbfiltnissen wird man pro Kopf nicbt
mebr Lnftranm znr Verfügung baben. Dnrob vorzügliobe
TentilationBeinricbtungen wird genügend frische Luft, welcbe
rermittelst Sprttbapparat angefencbtet, resp. im Winter vor-
gewftrmt ist, zugeführt.
Die Kinder schlafen in LANGBNBECKSchen Bettstellen mit
dreiteiligen, gegen Ungeziefer und Fenersge&hr imprägnierten
Bolshaarmatratzen. Zwei nebeneinanderstehende Bettstellen
fgn.
_ 7.10 m ^
SMöT-
Ersfer Stock.
WoAn* dl/n.
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Schlaf-
räum 3.
' ' ' '
flind^ durch ein hohes engmaschiges Gitter voneinander getrennt.
Für je zwei Kinder ist ein festeingelassenes Waschbecken mit
Wasserleitung vorhanden.
In dem zwischen zwei Schlafräumen befindlichen Zimmer
schläft die diensthabende Au&ichtsperson; die betreffenden
Thüran sind mit Olasfenstem versehen.
Den vier Schlafräumen entsprechen die vier Wohnzimmer
ftar je eine Kinderfamilie, jedes mit 46,20 qm G-rundfläche. In
denselben stehen drei Tische mit je vier Plätzen, alle mit links-
seitigem, bei den 2,70 m hohen Fenstern sehr günstigem Licht-
einfall. Die Wände der Zimmer sind mit verschiedenfturbigem
w:
398
Anstrich rerselien und mit sinnigen Sprüchen versiert, nm
Eintönigkeit zn Termeiden nnd dem ästhetischen Bedürfnis
Rechnung zu tragen. Der Erzieher, der aniser der Schulzeit
stets mit den Kindern zusammen ist, hat seinen Sckraibtisoli
vor den Tischen der Kinder stehen. An den Wftnden befindet
sich für je ein Kind ein zweiteiliger geräumiger Schrank für
Kleider, Stiefel, Hüte, Bücher und Spielsachen.
Die Klosets besitzen einen bequem zu lüftenden Vorraum,
sind mit starker Wasserspülung versehen und absolut geruchlos ;
dem Wasser ist ein gut desinfizierendes Mittel beigemischt.
Das zweite Stockwerk des Erziehungshauses enthält in
der östlichen Hälfte die helle, geräumige, circa 300 qm Grund-
fläche besitzende Wohnung des Direktors der Stiftung. In
der anderen Hälfte sind zunächst die vier Privatzimmer für
die zwei Erzieher und die zwei Erzieherinnen untergebracht
Die beiden westlichen flckräume bilden die Krankenzimmer
mit vorläufig je zwei Betten, durch eine Thür mit je einemi
Erzieherzimmer in Verbindung gesetzt. An jedem Bette ist
eine elektrische Klingel angebracht. Die beiden Kranken-
zimmer sind durch einen ärztlichen Untersuchungsraum getrennti
in welchem sich auüaer einem Schreibtisch eine gut eingerichtete
Hausapotheke, Verbandzeug, Instrumente, Fieberthermometer,
Hygrometer etc., sowie eine Waschvorrichtung befinden.
Der Hausarzt des Internats, gegenwärtig Dr. med. Reiche,
ist zugleich Schularzt. £iT ist gegen ein jährliches Honorar zu
regelmäbigen Besuchen des Internats und zur Untersuchung
der neuaufzunehmenden Kinder verpflichtet Auch die Extemcfa
werden von ihm auf Kosten der Stiftung behandelt. Endlidl
wird sein Gutachten in allen hygienischen Angelegenheiten der
Schale und des Internats eingeholt.
Eine breite Ghranittreppe mit starken eisernen GreländerA
verbindet die Stockwerke und führt auch hinunter zum Erd-
geschoXs. Dieses dient verschiedenen Zwecken. Es liegen dort
die Wohnungen der festangestellten Kochlehrerin, die zugleich
Wirtschafterin ist, des Hausmanns und des Küchenmädohens,
dann zwei Badezimmer mit fünf Wannen und Duschen für
399
firwachsene und Kinder, ein gröifleres Nähzimmer fCur die
Mädchen mit Nähmaechine, einem Binnreich konstruierten Platt«
ofen nnd seche Plättbrettern, endlioh das grofse Wäsehezimmer
mit einem seohsteiligen Biesenscbranke zor Aufbewahrung der
Wäsche.
Der Hauptraum des Erdgeschosses ist der Speisesaal für
100 Kindermund deren Erzieher. Er erstreckt sich durch die
ganze Tiefe des Hauses, ist also 19,36 m lang und liegt am
westliclien Ende. Von ihm gelangt man durch einen direkten
Ausgang in den schönen Stiftsgarten, so dals die Kinder nach
eingenommener Mahlzeit sofort dorthin sich begeben können.
Neben dem EJssaal liegt das Anriohtezimmer mit dem Speisen-
aufzug.
Letzterer stellt, abgesehen ron einer besonderen Treppe,
die Verbindung mit der dem Speisesaal an Qröise gleichenden
KUcbe her, welche im Souterrain liegt. Diese dient zugleich
als Unterricbtsraum. Ein groiser und sechs kleine Herde sind
in ihr aufgestellt. Hier lernen je zwei Mädchen der Fort-
bildungsklasse das Kochen unter Leitung der Kocblehrerin.
Es ist dies die erste Kochschule der Stadt Dresden. Die
Mädchen stellen einfache Kost her. Das gekochte Essen be-
kommen sie selbst und die Litematskinder. Da für ein Kind
täglich für Frühstück, Mittag, Abendbrot nur 60 Pfennige aus-
gesetzt sind, so versteht es sich von selbst, dals blofs schlichte
Hausmannskost gekocht werden kann. Nur diese entspricht
auch dem, was die Mädchen aus dem Volke dereinst im eigenen
Haushalte brauchen können. Ein besonderer Vorzug liegt noch
darin, dais die Kochschülerinnen nicht mehr schulpflichtig sind.
Das Kochen schon für schulpflichtige Mädchen einzuführen,
also in den Volksschulunterricht einzugliedern, hat seine grofsen
Bedenken. Das Interesse ist sieber bei den Mädchen nach
Beendigung der Schulzeit für alle wirtschaftlichen Dinge ein
regeres. Die Kochschülerinnen erhalten auch Unterweisung
über den Nährwert der einzelnen Spesen und müssen ein
Haushaltungsbucb mit genauer Kostenangabe der verschiedenen
Gerichte führen. Nach dem Essen waschen sie an dem sechs-
400
teiligen Aufwasohtiech auf und bringen die Küohe wieder in
Ordnnng. Zn jedem der Herde, die von allen Seiten zngftngUoh
sind, da sie Ranohnnterftthrang haben, gehört eine kleine Küchen*
einriohtnng. Der Kochraam ist ringsum bis zu Manneehöhe mit
weiisen Steingutflieeen verkleidet, und der FnCsboden besteht aus
Mettlacher Platten, so dafs die gröfste Sauberkeit ermöglicht wird.
Im Kellergesohoüs liegen femer alle die Räume, welche
der Heizung und Ventilation dienen. Die Wohnzimmer er-
halten durch Warmwasserheizung, die Schlaf- und Badezimmer
durch Niederdruckdampfheizung die entsprechende Temperatur.
Die hierzu erforderlichen Kesselanlagen, die Luftkammem, in
denen während des Winters die Luft vorgewärmt, und der
Sprühapparat, mittels dessen dieselbe angefeuchtet wird, befinden
sich hier. Die Lüftungseinrichtungen für alle Bäume des
Hauses, in denen auiserdem nach Begkebs Patent Fenster-
ventilationen angebracht sind, werden vom Keller aus durch
den Heizer bedient.
Auch der Putzraum, in welchem die Kinder ihre Stiefel
und Kleider selbst zu reinigen haben, ist recht praktisch ein-
gerichtet.
Aufser den sonst erforderlichen Wirtschaftsgelassen, wie
Waschhaus mit Wäschemangel, Grerätekammem, Kohlenkeller,
Yorratsräume u.s.w., ist besonders noch zu erwähnen das
schöne, geräumige, mit Steingutfliesen ausgelegte Bassinbad,
in dem 8 — 10 Eonder gleichzeitig baden können, eine in
sanitärer Hinsicht freudig zu begrüfsende Einrichtung. Alle
2&0 Kinder der Stiftsschule nehmen hier nach einem festen
Turnus, die Internen jede Woche, die Externen alle 14 Tage ein
Bad. Letztere gehen zu diesem Zwecke während geeigneter Schul-
stunden abteilungsweise unter Aufsicht des Erziehers, bezw.
der ESrzieherin von der Schule nach dem Erziehungshause,
zwischen denen jetzt noch ein bedeckter und geschützter Ver-
bindungsgang fehlt; diese Verbindung wird aber zugleich mit
dem zweiten Erziehungshause hergestellt werden.
Zur Zeit ist der Situationsplan des ganzen Grundstückes
folgender:
I
l
N
Zeilschrift /ür SehulgMundheitspflege 1895.
6|
Erd
VerUs von Leo pold Voi
; —ammm^ kxEB
SchulvoqU.
jeschoss.
n llaaibarr (und LelpdK)-
ZeiUckrifi für Schutgeaundlieilapflege 1895.
I, Geschos
V«il»g von Leopold Toi
■ In HawbDiK (nnd Letpilg).
i
w V ^ »
402
Später gestaltet er sioh durch den Neubau etwas anders;
die Turnhalle wird weggerissen und in das zweite Erziehungs-
haus miteingebaut (vergL den Zukünftigen Situationsplan auf
dieser Seite). Dann werden auch die drei Gebäude durch kurze
überdeckte Gänge leicht in Verbindung gebracht werden können.
Was endlich die Feuersicherheit des neuen Erziehungs-
hauses betrifft, so ist dieselbe auf alle Weise gewährleistet; in
jedem Stockwerk befinden sich 40 m Schlauch und die zu-
gehörigen Hydranten.
Im Mauerwerk liegeu zahlreiche Eisenkonstruktionea, alle
Mauerecken sind durch abgerundete Eckeisen geschützt.
Zukünftiger Situationsplan .
«•••«•« 4
Khäbenemekiiiffshäus.
"-V
Die Folsböden in den Korridoren und Zimmern bestehen
teils aus Stampfbeton mit Linoleumbelag, teils aus eichenem
Riemenparkett, in Asphalt verlegt, teils aus Meitlacher Platten.
Im Treppenhause ist eine Uhr, die mit einem elektrischen
Läutewerk von ZACHASU-Leipzig in Verbindung steht; dasselbe
kann auf jede beliebige Stunde und Viertelstunde hausordnungs-
gemäfs eingestellt werden uud zeigt an je zwei Stellen im Er-
ziehungshause und in der Schule, aufserd^m an einer Stelle im
Stiftsgarten die Zeit an.
So ist alles geschehen, um den Zöglingen nach dem
GoETHESchen Spruch „Für unsere Kinder ist das Beste gut
genug" ein mustergültiges Heim zu schaffen. Sie fühlen sich
denn auch in den hohen, gesunden Räumen der Schule und
des Alumnats aufserordentlich wohl.
403
Möehten doch aneh in unserer Zeit sieh schulfvenndliche
begüterte Mensohen finden, die ähnliche Stiftungen ins Lebes
ruf»nl Leider erwartet unser G^eschleokt alles vom Staate,
und doeh ist dieser oft nioht im stände, den Forderungen der
hygienischen Pftdagogik zu entsprechen; denn niemand wird
verkennen, dafs der Fortschritt in dieser Beziehung zum greisen
Teil davon abhangig ist, dafs ausreichende finanzielle Mittel
zu Gebote stehen. Dm so mehr muÜB man das Andenken
eines Mannes ehren, der schon vor 150 Jahren, in einer Zeit»
in welcher die hygienischen Verhältnisse unserer Schulen aufr
traurigste bestellt waren, weitvorausschauenden Blicks ftir das
leibliche und damit zugleich für das geistige Wohl der Kinder
gesorgt hat. Mit Beoht ziert auch das EnnLiCBBche Stift der
Spruch, den der grofse Philanthrop A. H. Fbancke als Inschrift
far seine Stiftungen wählte:
Fremdling, was du hier blickst, hat Glaube und Liebe bereitet;
Ehre des Stiftenden Sinn, glaubend und liebend wie er.
Aihaig:
iBstruktieB des Scknlarztes fBr das Ehrlichsche „fiestift^.
Der Schularzt hat zu beobachten:
1. die Dienstordnung für die Schulärzte an den
städtischen Volksschulen zu Dresden, erlassen vom
Dresdener Bäte am 12. Dezember 1893. Dieselbe enthält
12 Paragraphen mit folgendem Inhalt:
In § 1 wird die Aufgabe der Schulärzte dahin festgestellt,
dafs sie den Gesundheitszustand der Schulkinder in den ihnen
überwiesenen Schulen überwachen und den Sohulaussohuib
(Schulvorstand) in der Inspektion der Sohulgrundstücke und
•gebäude, nicht minder auch den Stadtbezirksarzt bei der ge-
sundheitspolizeilichen Beaufsichtigung der Schulen unterstützen
sollen. Letzterer hält mindestens vierteljährlich einmal mit den
Schulärzten gemeinsame Besprechungen ab.
Die Schulärzte müssen nach § 2 wenigstens jeden Monat
einmal ihre Schulen besuchen, mit dem Direktor über die
26*
404
allgemeinen Gresandheitsverliältniase Büokspraohe nehmen und
auf die richtige Handhabung aller fdr die Gesundheit der
Iiehrer und Schüler getroffenen Einrichtungen und Anordnungen
achten. Auch haben sie an den alljährlich ssum Zwecke der
Aufstellung der InstandhaltungSTorschläge stattfindenden Be-
gehungen des Schulgrundstückes teilzunehmen.
Besonders wichtig und erfreulich ist femer die Bestimmung
des § 3, dals die Schulärzte die neueintretenden Schüler
daraufhin zu prüfen haben, ob ihre körperliche Beschaffenheit
und ihr Gesundheitszustand beim Schulunterrichte eine besondere
Berücksichtigung erfordern, z. B. Beschränkung des Unterrichts,
Ausschliefjsung von einzelnen Fächern (Turnen), Anweisung
eines besonderen Sitzplatzes, Vormerkung fär den Heilkursus
der Stotterer u. s. w.
Auch müssen sie auf Antrag des Direktors oder auf An-
ordnung der Schulbehörde einzelne Kinder untersuchen, wenn
es sich handelt um Befreiung vom Unterricht, um zweifelhafte
Berechtigung der Schulversäumnis, um Zuweisung zur Schwach-
sinnigenabteilung, um Feststellung von ansteckenden Ejank-
heiten, wie ägjrptische Augenentzündung u. dergl.
In § 5 wird des Genaueren der amtliche Weg für die
Mitteilungen der Ärzte festgelegt. Es ist gewÜB richtig, dals
eine direkte Anweisung des Arztes an die Lehrer nicht erfolgen
darf, sondern daiSs diese der Schulbehörde vorbehalten bleibt;
nur so werden Kompetenzkonflikte yermieden.
Di® §§ 6—12 enthalten die Angaben über Führung der
Begistrande, über Eingabe eines Berichts, die alljährlich im
Januar erfolgen soll, über ürlaubserteilung und Vertretung,
über das Jahreshonorar, die Dauer der Anstellung (jedesmal
auf drei Jahre mit dreimonatlicher Kündigung) und etwaige
Enthebung vom Amte.
Dieser Verordnung hat auch der Stiftsarzt nachzukonunen,
nur dals an die Stelle des Schulaussohusses die Inspektion der
Stiftung tritt.
Aulserdem ist 2. noch eine besondere Dienstanweisung
für den Stiftsarzt erlassen, betreffend die ärztliche Beauf-
405
siohtigimg und Behandlung der im Erziehnngshanse befind-
lichen Kinder. Er hat sich bei diesen an zwei Tagen der Woche
SQ einer bestimmten Zeit einzustellen, dabei über ihren Gesundt
heitszustand Erkundigungen einzuziehen, Erkrankte zu unter-
suchen und ärztlich zu beraten, wfihrend der Dauer der Elrank-
heit zu behandeln und so oft, als er dies in gewissenhafter
und treuer Berufserfüllung fQr nötig hält, auch auTserhalb der
regelmäfsigen Visitenzeiten zu besuchen. Aufserdem ist er ver-
pflichtet, unyerweilt das Erziehungshaus dann au&usuohen,
wenn dies vom Direktor in dringlichen Fällen verlangt wird.
Auch mufs er mit ärztlichem Rate und ärztlicher Hilfe den-
jenigen Zöglingen des Hauses beistehen, welche mit Ge-
nehmigung oder auf Geheils des Direktors ihn in seiner Woh-
nung darum angehen.
Bei ansteckenden oder schweren Krankheiten erfolgt die
sofortige Überfährung des Patienten ins Krankenhaus, und der
Anstaltsarzt hat alle erforderlichen Mafsnahmen zur Verhütung
der Verschleppung des Ajuteckungsstoffes zu treffen.
Weitere Paragraphen bestimmen die Führung eines
Krankenbuches und dessen Einrichtung, die Art der Aufsicht
im Krankenzimmer und über das Pflegepersonal, die Anordnung
besonderer Krankenkost bei der Wirtschafterin.
Der letzte Paragraph endlich legt dem Stiftsarzt die
wichtige Verpflichtung auf, die im Erziehungshause für die
Zöglinge bereiteten Speisen ab und zu auf ihren Nährwert zu
prüfen.
406
iXtts ^txfanmiun^tn uttb Deretttett.
Der hygienische Unterricht in den Schnlen.
Autoreferat einea in der Geaeilsohaft für Verbreitung yon
Volksbildung gehaltenen Vortrages.
Von
Dr. med. Th. Wktl,
Privatdocenten der Hygiene an der technischen Hochschule
in Berlin -Charlottenburg.
Die XXV. Generalversammlnng der Qesellscliaft für Ver-
breitung von Volkebildung femd in Verbindung mit der Haupt-
versammlung des Verbandes Nordwest am 18. und 19. Mai d. Js.
in Hamburg statt. Nach Erledigung geschäftlicher Angelegen-
heiten wurde in die Verhandlungen eingetreten. Das vierte
Thema betraf den hygienischen Unterricht in den Schulen,
worüber der erste RefercDt, Dr. med. Th. Wetl, nachstehendes
ausführte :
Die Hygiene ist auf einer gröfseren Zahl von Gebieten
BU gewissen abschlieieenden Ergebnissen gelangt, welche einen
bedeutenden Einflufs auf das Leben der Völker auszuüben im
stände sind. Hierher gehört zunächst, dafs sich die soge-
nannten Infektionskrankheiten durch geeignete Vor-
beugungsmafsregeln zum Teil vermeiden, zum Teil
aber in ihrer Ausbreitung begrenzen lassen. Nur wo
Unwissenheit, Nachlässigkeit und Schmutz regieren, finden
diese Ejrankheiten einen günstigen Nährboden.
Weiterhin sind durch Verbindung zwischen Hygiene und
Technik die gewerblichen Unfälle und die gewerb-
lichen Vergiftungen beschränkt, ja aus einzelnen
Betrieben vollständig verbannt worden. So bilden
407
die früher bo geffirohteie Phosphomekroee der Knochen und
die AnilinTergifitiuig in Deutschland jetzt seltene Krankheiten,
nachdem die wissenschaftlichen Errungenschaften der Arbeiter-
hygieae durch Geftetz für das gewerbliche Leben zwingende
QtÜtigkeit «rihalten haben.
Vidlig klargelegt ist auch die Wirkung der grofsen
Volksgifte, von denen ftLr Deutschland besonders der
Alkohol in Betracht kommt. Letzterer» den man den Trost
der Armen genannt hat, yergtölsert die Sterblichkeit aller
Lebensalter. Sein Mißbrauch prädisponiert zu Kinderlosigkeit^
flu Verbrechen und Irrsinn; namentlich sind fast alle jugend-
lichen Verbrecher entweder Trinker oder Kinder aus Trinker-
ehen.
Verdorbene Nahrungsmittel schädigen zwar vorzugs-
weise das Kindesalter, aber auch die höheren Lebensalter
leiden unter einer schlechten Nahrungsmittelkontrolle. Trichi-
nose wild nur in solchen Oegenden beobachtet, in welchen
die barbarische Sitte, halbrohes Scdiweinefleisch zu essen, sich
erhalten hat.
Wie die täglich geübte Nahearbeit in Schule, Haus
und Gewerbe, wie dunkle Schulklassen und Arbeitsräume das
Auge schädigen, wie fidsche Subsellien zu schiefer Körper-
haltung führen und angeborene Verkrümmungen des Bückgrats
verschlimmern, haben Hygieniker und Ärzte gleichfalls nach-
gewiesen.
Auch darüber herrscht kein Zweifel mehr, dals die Nach-
wirkuQgen der mittelalterlichen Scholastik, die Ausschreitungen
des Humatiismus, durch ttbermäfsige Anspannung der
geistigen Fähigkeiten unt^ Vernachlässigung körperlicher
Bew^gungwi dem kindlichen und ebenso dem ausgewachsenen
Körper Nachteil bringen.
Diese Errungenschaften der Hygiene aber dürfen nicht das
Bigentum der Ärzte und einiger höher Qebildeten bleiben, sie
müssen den weitesten Kreisen des Volkes zugänglich gemacht
werden^ Dies ist zu fordern, nicht weil die betreffenden Kennt-
nisse Eur allgemeinen Bildung oder zum guten Tone gehören,
408
sondern weil die Befolgung hygienischer Lehren nur von den-
jenigen erwartet werden kann, welche in denselben erzogen
sind. Die Verbreitung dieser Lehren soll daher der
Schule übertragen werden, um so mehr, als gerade das
£jnd durch Nichtbefolgung hygienischer Grundsätze am meisten
geschädigt wird. Was die Presse fiir den Erwachsenen, das
ist die Schule für den Heranwachsenden. Das Individuum
hat das gleiche Literesse, wie der Staat, an der Verbreitung
hygienischer Bildung. Wer die Ghesetze der Hygiene erftlllt,
schützt sich und die Seinen. Wenn der Staat für die Ver-
breitung hygienischer Grundwahrheiten sorgt, so erzieht er sieh
gesunde Bürger und damit gesunde Soldaten.
(Fortsetcung und Schlafs in No. 8.)
Die seitlichen Verkrümmungen des Bttckgrats
und deren Verhtttiing.
Vortrag,
gehalten im Berliner Verein für gesundheitsgem&be Erziehung.
Von
Dr. med. Leopold Ewbb,
dirigierendem Arzt eines Institnis fcir Massage und Orthopädie in Berlin.
(Fortsetzung.)
Das Sind wird, wenn wir von solchen absehen, die vor
ihrer Geburt von Rhachitis des Brustkorbes be&Uen waren,
immer gerade geboren und bleibt gerade, solange es im Steck-
kissen getragen wird. Wenn es sich aufzurichten beginnt,
entsteht ein nach hinten konvexer Bogen der Brustwirbelsäule,
denn die Rumpfmuskulatur ist noch zu schwach, um den
Stamm aufrecht zu tragen. Fängt femer das Kind an, den
Kopf zu heben, so bildet sich ein Bogen der Halswirbelsäule
mit der Konvexität nach vom. Eine dritte Krümmung in der
Lendengegend macht sich beim Aufrechtstehen imd Ghehen
409
bemerkbar, denn dann stellt sich das Becken steil, d. h. es
senkt sich nach vom und unten, und demselben muis die mit
ibm verbundene Lendenwirbelsäule folgen, so dafs sie einen
mit der Konvexität nach vom gerichteten Bogen, eine sogenannte
Lordose, bildet. Diese drei Verkrümmungen treten bei dem
einen mehr, bei dem anderen weniger hervor, gleichen sich
aber im Liegen wieder aus und werden erst im 6. bis 8. Jahre
dauernd; übrigens sind sie in keiner Weise schädlich.
Die seitlichen Verkrümmungen des Bückgrats, die den
Namen Skoliosen führen, kommen meistens erst mit dem 6. Lebens-
jahre zur Wahrnehmung. Zeigen jüngere Kinder ein derartiges
Leiden, so läüst sich immer mit Sicherheit feststellen, dafs
Rhaohitis, d. h. englische Krankheit, voraufgegangen war.
Zahlreich sind die Ursachen, die man für das Auftreten
der Skoliose anführt Begünstigend wurden gefanden: allgemeine
Körperschwäohe, Schwäche der Gelenkbänder und Muskeln,
Knochenerkrankungen und erbliche Anlage. Was die letztere
betrifft, so wird man hierüber aus leicht begreiflichen Gründen
nicht immer sichere Auskunft erlangen können. Jedoch ver-
mochte ExTLENBUBG festzustellen, dafs unter 261 skoliotischen
Madchen 69, also 23%, Töchter skoliotischer Eltern waren;
bei 67 waren die Mütter skoliotisoh und nur bei 2 der Vater.
Ich füge den begünstigenden Ursachen noch eine hinzu,
und zwar eine solche, die ich fär sehr wichtig halte, deren
rechtzeitige Erkennung vielen Verkrümmungen vorbeugen
könnte, nämlich die Verkürzung eines Beins. Es ist hierauf
bei weitem nicht genug geachtet worden, denn die Ungleichheit
der unteren Extremitäten (meistens ist das linke Bein kürzer
als das rechte) findet sich viel häufiger, als man bisher an-
nahm, wenn auch amerikanische Chirurgen, namentlich Taylob,
die mehr als 70% aller Skoliosen auf diesen Umstand zurück-
führen, zu weit gehen. Um zu erkennen, ob beide Beine gleich
lang sind, mufs man die Kinder, spätestens im 6. Lebensjahre,
völlig entkleidet auf einen hölzernen Stuhl oder auf eine Fufs-
bank stellen und nachsehen, ob die Analfalten beiderseits in
gleicher Höhe stehen. Das sind Falten, die von dem groben
410
Gesttüsmuskel mit der flinterseite des Oberschenkek gebildet
werden. Sind beide Beine gleich lang, so befinden sich die
Falten gleich hoch; ist aber ein Bein kürzer, so steht die
Falte dieser Seite tiefer. Der Höhenunterschied ist gleich der
Differenz der Beinlängen. Bei Verkürzung eines Beins rnnft
nun, um Hinken zu vermeiden, sich die betreffende Becken-
hälfte senken. Die Folge davon ist, dafs die Lendenwirbelsäule
sich mit ihrer Konvexität nach dieser Seite hin richtet und
dafs so eine der gewöhnlichsten Verkrümmungen ihren Anfang
nimmt, die dann mit den Jahren naturgemäfs sich immer
stärker entwickelt.
Hier kann man durch rechtzeitige Untersuchung das
Leiden verhüten und, solange es noch in seinem Beginne ist,
zurüokbilden. Man hat nur nötig, den Stiefel der kürzeren
Seite um so viel zu erhöhen, als der Längenunterschied der
beiden Beine beträgt. Ich lasse in den Stiefel zwischen Brand-
und Gehsohle eine Zwischenlage hineinarbeiten. Das einfache
Unterlegen einer Sohle hat sich nicht so bewährt. Aus ästhe-
tischen Gründen soll man den Unterschied nicht durch ver-
schieden hohe Absätze auszugleichen suchen. Nur dann, wenn
die Sohle zu dick werden würde (ich habe Unterschiede an
sonst gesunden, nicht durch Operation verkürzten Beinen bis
zu 3 cm gefunden), verlege ich den kleineren Teil der Er-
höhung auf den Absatz.
Als sonstige Ursachen für die Verkrümmung der Wirbel-
säule werden angeführt:
1. zu festes Wickeln der kleinen Kinder,
2. zu feste und zu steife Sohnürleibchen,
3. zu enge Kleidung,
4. schlechte Haltung, bewirkt durch:
a. Anlegen des Säuglings stets an dieselbe Brust,
b. Führen des Kindes stets an derselben Hand,
c. Stehen der Kinder vorwiegend auf einem Bein,
d. beständiges Binden der Kinder auf einen Stuhl,
e. zu hohen oder zu niedrigen Tisch beim Schreiben,
Essen u.s.w.,
411
f. krummea Liegen während des Schlafes,
g. Tragen der Sohulbttolier immer unter demselben Arm,
h. Hoherhalten der einen Schulter,
5. Muskelkrämpfe,
6. Krampf der Bänder, welche die Wirbelkörper zu-
sammenhalten,
7. Schwere der Leber,
8. ungleiche Muskelwirkung,
9. ungleiche Belastung der Wirbelsäule.
Es ist hier nicht der Ort, zu untersuchen, ob alle diese
Angaben richtig sind. Aber gesetzt, sie wären es, so würde
es doch zwecklos sein, mit denjenigen Punkten uns zu be*
schäftigen, auf die wir keinen Einflufs auszuüben im stände
sind. Aber wir wollen vorläufig überhaupt die Ursachen der
Verkrümmungen beiseite lassen und einmal ein skoUotisches
Mädchen im Qeiste betrachten.
(Fortsetzang in No. 8.)
Bramsehweigisehe Landschulen in hygienischer Beziehung.
Nach einem Bericht, erstattet im ärztlichen Landesverein
Brannschweig.
In der yierten Yersammlnng des ärztlichen Landesvereins Braun*
schweig hielt Dr. Olof Habtmann ans Ottenstein einen im
^Manatsbh f. öffü, Gsdhispfl^ veröffentlichten Vortrag: „Hygiene
and Sanitätspolizei auf dem Lande^, dem wir folgendes ent-
nehmen.
Bei Privatgebänden ist es immer nur in beschränkten Grenzen
möglich, die Befolgung anerkannter Forderungen der Hygiene durch-
zusetzen. Anders liegt es mit öffentlichen Gebäuden, bei denen
eben wegen ihres öffentlichen Charakters der Staat die Pflicht hat,
auf DmrchfAhmng aller im Sanitätsinteresse erlassenen Vorschriften
za dringen. Leider aber besitzen wir in manchem Dorfe noch
Schalgebäude, auf welche die Errungenschaften der Hygiene gar
nicht oder in ganz ungenügender Weise Anwendung geftinden haben.
Gerade flb* unsere ländlichen Verhältnisse halte ich die Fordening
einer sanitätspolizeilichen Beaufsichtigung der Schulen durch Medizinal-
beamte ftlr durchaus berechtigt.
412
Es ist zunächst zu. konstatieren, dajjs allmählich mit den älteren,
völlig anhygienischen Schnlgebänden anfgeränmt wird. Es ist
aber auch zn fordern, daCs der Medizinalbeamte eine Kontrolle ansfibe,
nicht blofs eine einmalige bei Nenbanten, sondern anch eine fort-
laufende in Bezug auf die Einrichtung der Klassenzimmer und den Ge-
sundheitszustand der Schüler. Bezüglich der Neubauten gestatten
Sie mir, eines Falles Erwähnung zu thun, wo zwar das Klassen-
zimmer allen billigen Anforderungen entspricht, wo aber das eine
Zimmer des Lehrers gerade an der durch den gegenüberliegenden
Berg verdunkelten Seite ein einziges Fenster hat; die nach der frei-
liegenden Seite hin das Zimmer abschliefsende Aufsenwand enthalt
statt des erforderlichen Fensters nur die im Mauerwerk markierten
Konturen eines solchen. Eine nachträgliche Einsetzung des Fensters
lehnte der Gemeinderat einfach ab mit der Motivierung: „Wenn der
Baumeister da ein Fenster hätte haben wollen, würde er es auch
wohl angebracht haben!'*
Was sonst die Beschaffenheit eines solchen ländlichen Schul-
hauses anbetrifft, so glaube ich, Ihnen am besten dienen zu können,
wenn ich Ihnen das Ottensteiner Schulgebäade schildere. Dasselbe
liegt, von allen Seiten durch die Ortsstrafsen begrenzt, mit seiner
Vorderfront am Marktplatz, der in den Zwischenpausen von den
Schulkindem zugleich als Spielplatz benutzt wird. Das Gebäude ist
von Fachwerk und ein zweiteiliges, indem je eine Hausthür links
und rechts von der das ganze Haus durchsetzenden Zwischenwand
zunächst auf einen Flur führt, in welchen vorne die Thüren zu den
Wohnräumen der beiden Lehrer münden. Ganz hinten, neben den
Eingängen zu den Küchen sind die Thüren der Klassenzimmer. Die
Kinder müssen also denselben Hauseingang zu ihrer Erlasse benutzen,
der dem Lehrer für seine Privatwohnung zu Gebote steht; ebenso
unterliegt der Flur der gemeinsamen Benutzung.
Die ziemlich geräumigen Klassenzimmer selbst liegen nach der
Hinterfront zu und empfangen ihr Licht durch Fenster, die im Ver-
hältnis zur Zimmergröfse entschieden zu klein sind. DerSchlufe der
Fenster läfst auch für geringe Ansprüche viel zu wünschen übrig;
ich konstatierte einmal Spalten von 1 cm Breite. Die an dem
betreffenden Fenster sitzenden Kinder leiden also entschieden nicht
Mangel an frischer Luft. Für absichtliche Ventilationszwedce dienen
viereckige Öffnungen über den Fenstern nahe unter der Decke,
welche durch Blechschieber nach Belieben geschlossen werden können,
falls nicht eine Spatzenfamilie den VerschluCs schon vorher besorgt
hat. Die innere Einrichtung der Klasse ist eine ganz verkehrte, indem
das Licht von rechts her durch drei Fenster und von hinten her
durch ein Fenster einfällt. Die Tische und Bänke sind selbst*
413
Terstftndlich recht alt and haben schon manche Generation ttber
sich gesehen; Ton Distanz und Differenz ist da also gar nichts zn
sagen. Kleiderhaken finden sich an den Wänden der Schnlzimmer.
In dem linken Flügel fOhrt eine nicht gerade, sehr schmale
Holztreppe nach oben, wo sich anfser Privatrftumen des Lehrers
noch ein gleichfalls ongenflgendes ünterrichtszimmer befindet.
Eine Lflftnng der Klassen kann ja in den Zwischenpansen dorch
öffiien der Fenster erfolgen; aber da das Gebäade mit der Hinter-
front direkt an der Stralse liegt und unter den Klassenzimmern die
Stallongen für das HaasYieh der Jjehrer sich befinden, so ist es,
namentlich im Sommer, gerade keine bessere Luft, welche durch die
offenen Fenster hineinströmt, und es wird da leicht der Sicherheit
wegen die Lüftung ganz onterlassen. Dicht unter den Klassen-
fenstem befinden sich ferner zwei Abort- und eine Küchenausgub-
grube, und mit deren Ausdünstungen vermischt sich der Dunst des
Mistes, der aus Platzmangel im Keller aufbewahrt werden mu£9.
Dab auch die FubbOden in den Zimmern nicht zweifelsohne
sind, will ich nur nebenbei erwähnen. Die Reinigung erfolgt zwei-
mal wöchentlich^ indem erst mit einem Haarbesen der Staub hübsch
aufgewirbelt und dann mit einem Tuche naTs aufgenommen wird;
eine Stande nach solcher Reinigung läfst sich sehr schön in dem
Staube auf den Tischen schreiben. Dafs alle Yierte^ahre ordentlich
gescheuert wird, betrachten die Lehrer als eine nicht zu unter-
schätzende Errungenschaft.
Ein Abort für die Kinder ist vor Jahren denn auch gebaut;
Ton dem Zustande aber, in welchem ich das ganze Innere zuweilen
gesehen habe, will ich lieber schweigen.
Dals in diesen Klassen die Aufmerksamkeit der Kinder stets
eine ganz ungeteilte ist, erscheint ja selbstrerständlich; denn die
Schnlklassen liegen nach einer sehr belebten Strafse hinaus, die fast
allmorgentlichf abgesehen von so und so viel rasselnden Fuhrwerken,
Yon dem zur Weide getriebenen Vieh passiert wird; blökende Rinder
and Schafe sorgen mit Schweinen und schnatternden Gänsen für
angenehme Abwechselung.
Dafis endlich die Lehrer für ihren Bedarf weder einen eigenen
Brunnen, noch einen Fub breit Hofraum haben, da hinein haben
sie sich längst fügen müssen.
Ähnlich, wenn auch bei weitem nicht so schlimm, sieht es noch
mit manchen anderen Schulhäosem auf dem Lande aus. Ich will
mich jedoch nicht in weitere Einzelheiten yeriieren; das frappanteste
Beispiel aus meinem Physikatsbezirk habe ich Ihnen vorgeführt.
So sehen wir, dais gegen die einfachsten Grundsätze der Hygiene
oft in erheblicher Weise gesündigt wird. Die Lehrer, bei denen
414
ja das Interesse für diese Fragen rege wird, dringen oft genug anf
Abhilfe; aber der Gemeinderat ist ein schwerfiüliger Apparat, nnd
80 bleibt alles beim alten. Anders würde die Sache sein,
ivenn bei Gelegenheit einer in regehn&fsigen Zeitabstftnden vorzu-
nehmenden Schnlvisitation seitens des Medizinalbeamten anch dem
Lehrer die Möglichkeit gegeben w&re, seine Ansicht über etwaige
Mifsstände auszusprechen. Wenn der Physikus darflb^ an die Ober-
behOrde berichtet, so ist durch das Eingreifen der letzteren eine
Garantie für die Beseitigung der Mftngel gegeben, soweit das eben
Menfichenmacht kann. Der fortlaufenden Kontrolle dessdben wttrd^
also zu unterstellen sein die innere Einrichtung der Klassen, die
etwaige ÜberfDllung der Räume, die Yentilations- und Heizungsanlagen,
die Spielpl&tze, die Aborte u. s. w. Femer halte ich es für asfaeT'
ordentlich wünschenswert, dafs dem Physikus auch die Beaufsichtigung
des Gesundheitszustandes der Sdiulkinder übertragen werde. Glück«
licherweise haben wir auf dem Lande von den sogenannten Schill«*
krankheiten ja weniger zu spüren, als in der Stadt, aber hin und
wieder kommen doch solche Fälle vor. AuDserdem handelt es sidi
aber um gewisse parasitäre Erscheinungen, bei denen es darairf
ankommt, sie im Keime zu ersticken, um die Weiterverbreitong zu
hindern. Gerade die Reinh'chkeit der Schulkinder auf dem Lande
läfst so manches zu wünschen übrig, und das einfache Nachhanse*
schicken wegen solcher „Unreinlichkeitserkrankungen'' trifft das Übel
ja doch nicht an der Wurzel. Freilich können wir an die Ein-
ricbtoig von Badeanstalten in den Landschulen nicht denken, aber es labt
sich auf diesem Gebiete unter Mitwirkung der Lehrer noch sehr vi^
thun. Die Reinlichkeit des Leibes, die dem Kinde auf diese Weise
anerzogen wird, fahrt auch zur Reinlichkeit der Bekleidung, der
Nahrung und der Wohnstätte; die reinliche Persönlichkeit wird ferner
anständiger, zur Sittlichkeit geneigter und von manchen Roh«
heiten abgehalten. Und wenn das dem Kinde als kostbares Gut
aus der Schule mitgegeben werden kann, hat der Erwachsene nach-
her die günstigen Wirkungen in erhöhtem Mafse zu geniefsen:
die Reinlichkeit fördert die Behaglichkeit des Hauses und dadurch
die Häuslichkeit. Letztere ist wiederum die Stütze der Spar-
samkeit, des Familienfriedens und der Erziehung der Kinder, und
nebenher wächst durch Erhaltung und Sparsamkeit der Besitz und
der Wohlstand. Das kann der Landarzt bei so mancher Familie von
Generation zu Generation verfolgen, und es ist wahrlich eine schöne
Aufgabe, da mitzuwirken.
Das Schwerere dieser Arbeit würde ja auf den Schultern der
Lehrer ruhen, und deshalb bliebe zu erwägen, ob nicht gerade bei
ihnen das bestehende Interesse an hygienischen Fragen weiter zu
415
pflegen wäre, vielleicht durch Betaligimg an einem Unterweisongsknrs
bei dem zuständigen Physikns. Dafi eine gewisse Eifersucht Lehrer
and Schnlanfisichtsorgane abhalten sollte, ärztlichen Rat einzuholen oder
demselben einen Einfluis zu gestatten, ist do(^ wohl nicht zu befftrchten
bei unbefangener Wflrdigong der Thatsache, dafs auf diese Weise
mancher Übelstand aufgedeckt und manche drohende Schädlichkeit
Temüeden werden kann. Nur das Ziel darf allen Beteiligten vor«
schweben, unseren heranwachsenden Kindern unter dem Zwange der
Schule die Gesundheit zu erhalten.
Die einseitig geistige Beschäftigung der der Bewegung so sehr
bedürftigen Jugend soll aber nicht nur durch geeignete MaTsregehi
kompensiert werden, sondern es ist auch die volle Körperentwiekelung
der Schtder durch Gymnastik des Leibes, vor allem durch obligatorischen
Turnunterricht, anzustreben. Hat man aach seit kurzem in dieser
Beziehung einen erfreulichen Anfang gemacht, indem in den einzelnen
Dörfern zweimal wöchentlich Turnstunden abgehalten werden, so ist
das doch nur ein Anfang. Zunächst fehlt es den meisten Gemeinden
an geeigneten Turnplätzen, sowie an Geräten, selbst den primitivsten,
so da£s das bisherige Turnen sich auf Freiübungen beschränken
mulste. Femer ist das Turnen zwar flELr den Sommer und Winter
in den Schulplan aufgenommen, kann aber nur im Sommer betrieben
werden, da hv den Winter ein geeignetes Lokal fehlt. Vielfach
wird ja auch diese Forderung an der Mittellosigkeit der Gemeinden
scheitern, aber bei einigermafsen gutem Willen, dem eine Anregung
von oben nachhilft, dürfte sich manches in dieser Beziehung bessern
lassen.
kleinere JlitteilttH|ett.
Die DesiBfektiün der Selmleii hei Epidemie! wird von
H. Napias in der „Äw. SHiyg.^ besprochen. Man ist, so referiert
die ytHyg, Rimdsch.** darüber, beim Ausbruch einer Epidemie oft zu
leicht bei der Hand mit der Mafsregel der Schulschliefsung. Es
sollten die vielfachen Inkonvenienzen wohl vor Augen gehalten werden,
welche diese Mafsregel im Gefolge hat. Insbesondere Elementar-
schulen und Kindergärten bilden für ihre Zöglinge wirkliche Bewahr-
anstalten. Während der Schulstunden sind die Eltern, vor allem die
Mtttter, ihrer Kinder ledig, wissen sie in guter Obhut und können
rahig ihrer Beschäftigung nachgehen. Schliefst man diese Schulen,
416
80 bringt das aus den angefahrten Gründen die mannigfachsten Un-
zukömmlichkeiten mit sich. Der Schnlschlnfs ist deshalb anf die
dringendsten Fälle zn beschränken, zumal wir heutzutage über zu-
verlässige Hil&mittel der Assanierung, Desinfektion u. s. w. verfügen.
Es sind bei diesen Mabregeln dreierlei Punkte zu unterscheiden:
erstens allgemeine hygienische Vorkehrungen, welche geeignet sind,
die Entstehung einer Epidemie in der Schule zu verhindern, sodann
Vorkehrungen, die man beim Ausbruch von Epidemien zu treffen hat,
und endlich Specialmafsnahmen bestimmten ansteckenden Krankheiten
gegenüber. Von prophylaktischen MaGsregeln hebt Verfasser folgende
hervor. Es ist für gutes Trinkwasser Sorge zu tragen. Die Ab-
tritte dürfen niemals mit den Klassen direkt in Verbindung stehen.
Wo Gruben vorhanden sind, müssen sie dicht sein und möglichst
weit ab von den Brunnen liegen. Während der Unterrichtspausen
und am Schlufs des täglichen Unterrichts sollen alle Fenster geöffnet
sein. Der Fulsboden ist nicht trocken zu fegen, sondern täglich
feucht aufizuwischen. Wöchentlich einmal mufs derselbe mit anti-
septischer Flüssigkeit gescheuert werden, zweimal im Jahre auch
die Wände. Auf Reinlichkeit der Kinder ist zu achten, nach jeder
Zwischenpause hat sich jedes Kind die üände zu waschen. Beim Ausbruch
einer Epidemie kommt nachstehendes in Betracht. Nur im Falle
einer allgemeinen Epidemie ist die Schule zu schlie&en, sonst ge-
nügen Befreiungen einzelner Schüler vom Unterrichte und die nötigen
DesinfektionsmaCsregeln. Jedes fiebernde Kind mufs unverzüglich aas
der Schule entfernt werden, ebenso natürlich jedes, bei welchem eine
ansteckende Krankheit festgestellt ist. Nach Befinden des Schul-
arztes können auch die Geschwister oder Hausgenossen eines kranken
Kindes vom Schulbesuche ausgeschlossen werden. Die Desinfektion
der Schule, welche entweder zwischen Vor- und Nachmittagsunterricht
oder abends zu geschehen hat, soll folgende Mafsregehi umfassen:
Boden und Wände sind mit antiseptischer Flüssigkeit zu waschen,
Wandkarten und sonstige an den Wänden angebrachte Lehrmittel
antiseptisch mit einem Zerstäuber zu besprengen. Tische und Bänke,
insbesondere das Pult des kranken Schulkindes, müssen antiseptisch ge-
waschen, seine Bücher verbrannt und bei seiner Rückkehr ersetzt werden.
Die Familie desselben erhält eine Belehrung, wie sie sich hinsicht-
lich der Ansteckungsgefahr zu verhalten hat. Ihr wird femer mit-
geteilt, dafe das Kmd erst nach mehrmaliger Seifenwaschung und
nach Desinfektion seiner Kleider, bezw. gründlicher Reinigung der-
selben in kochendem Wasser den Unterricht wieder besuchen darf.
Auiserdem hat das wiedereintretende Kind ein ärztliches Zeugnis bei-
zubringen, dafe es keine Gefahr für seine Mitschüler mehr in sich
schliefst; auch muls die für die einzelnen Krankheitsformen behörd-
417
licherseits festgesetzte Frist abgelanfen sein. Wird bei allgemeinen
Epidemien die ganze Schnle geschlossen, so erhält jede Familie
sofort ein Exemplar einer auf die betreffende Krankheit bezüglichen
Belehrongsschrift. Die Malsregeln der dritten Kategorie, welche
gegen die einzelnen Infektionskrankheiten gerichtet sind, decken sich
natarlich grOfstenteils mit den eben erwähnten gegen ansteckende
Krankheiten Oberhaupt. Hervorzuheben ist jedoch die Wiederimpfung
beim Ausbruch Ton Pocken. Bei Scharhich soll die Schule geschlossen
werden, sobald trotz angewandter Desinfektionsmalsregeln in einigen
Tagen mehrere Erkrankungen unter den Kindern vorkommen. Bei
Masern empfiehlt es sich, die untersten KUissen zu schliefsen, bei
Diphtherie wiederholte Desinfektionen vorzunehmen.
Operative Entfemiiig einer Erbse aus den ftnfserea
OeiiSr^^g eines Seholniftdehens. In der ^St, Feter sb. med.
Wadischr.'* schreibt Dr. F. Herbmann, Kirchspielarzt in Karolen:
Am IS. Februar d. Js. wurde zu mir ein vierzehigähriges Mädchen
ans Hehnet bei Fellin gebracht, welcher eine Schulgefährtin scherz-
weise zwei Erbsen in den linken äufeeren Grehörgang gesteckt hatte.
Die Entfernung der äuiseren dieser beiden Erbsen war bereits zu
Hause gelungen, während die andere Erbse durch die Extraktions-
Tersuche nicht nur nicht entfernt, sondern nur noch tiefer in den
Oehftrgang gedrängt worden war. Bei der Untersuchung konnte
ich die letztere ohne Ohrenspiegel gar nicht sehen, erst nach Zuhilfe-
nahme desselben gelang es mir, sie zu erblicken. Sie safs ganz
tief im äuiseren Gehdrgang, dicht an das Trommelfell geprelst. Über
Schmerzen klagte Patientin nicht, wohl aber über Ohrensausen. Alle
Versuche zur Entfernung des Fremdkörpers, wie Einspritzen warmen
Wassers, Anwendung von stumpfen Häkchen, Ohrlöffeln u. s. w.,
blieben erfolglos. Ich entliefs daher die Schülerin mit der Ver-
ordnung, zu Hause recht fleifsig zu spritzen und am nächsten Tage
wiederzukommen, falls die Erbse noch nicht entfernt wäre. Tags
darauf kam die Patientin von neuem. Die Erbse befand sich noch
im Gehörgang, ja sie schien etwas tiefer geräckt zu sein, und das
Mädchen klagte schon Ober einen leichten Schmerz im Ohr. Es
wurde daher zur Operation geschritten und die Patientin zunächst
chloroformiert. Dann führte ich einen circa 2,5 cm langen Hant-
flchnitt hinter der Ohrmuschel dicht an ihrer Insertion, spaltete den
Ohrknorpel und drang zwischen Knochen und Gehörgang 2 cm in
die Tiefe. Als ich ungefähr an der Verbindungsstelle des knorp-
ligen und knöchernen (Jehörganges angelangt war, durchschnitt ich
den ersteren. Nun hatte ich die Erbse vor mir. Vorsichtig bohrte
ich einen kleinen scharfen Haken in dieselbe hinein und hob sie
heraus. Das nun freiliegende Trommelfell war intakt, nur hatte
S«liiilc6miBdli«ltfpfl«ffe vni. 27
418
sieh eine Wölbung nach innen durch das staike Anpressen der Erbse
gebfidet. Nachdem der Haotschnitt mit ftüif N&hten geBchtossen
war, desinfizierte ich den Gehörgang grllndlidi, stopfte ihn mit Jodo-
fonngaze voll imd legte dann einen antiseptischen Verteid an.
SiAsehn Tage nach der Operation konnte ich die Patientin als
genesen ans meiner Behandlung entlassen. Andi dieser Fall zeigt
wieder, wie verkehrt es ist, wenn Laien Extraktionsvandie an
TVemdkön^em im Ohre Tomehmen, da letztere meist nw noch tiefer
in den Gehörgang hineingetriebai und so gröbere Opea^tsonen not*
wendig werden.
BypMtische BekMdtaiig 4er Onanie bei elMn aeeks-
jährigen Knabeiii. Im „J^wm, de mSd. de AsTts** berichtet
B. B. SiNAM folgenden Fall. Bei einem sechsj&hrigen Knaben,
der sehr stark mastorbierte und anJserdem einen perv^ersen, bös-
artigen Charakter hatte, auch h&ofig Grimassen schnitt, w«vde die
Hypnose mit Erfolg angewendet. Im ganzen fanden 45 Sitasnngen
statt. Im Terianfe der Behandlung änderte sich der Chatrakto*
des Betreffenden gSnzfich. Der vorher nngeberdige, nnfügsaaie
Knabe wurde gesittet und schamhaft; die Masturbation steDle er
ganz ein.
Über Indikatimen ud KontFaindikatioma für Seebider
bei Kindern äufsert sich Jules Simon in Paris nach der „ Wim.
med, Pr.**^ folgendermafsen : Das Seebad ist nicht angezeigt bei ner*
vGsen Kindern, die sehr angeregt sind, bei denen die intelligenz
sehr lebhaft ist und die emen sehr leichten Schlaf haben. Bei
diesen erhöht dass^be die Erregbarkeit, verscheucht den Sdilaf und
macht sie ganz unerträglidi. Man sieht oft bei solchen nach
Gebrauch von Seebftdern heftige Zomausbrttche und selbst hau-
^ge Krämpfe. Auch Kinder, die an Epilepsie, Hysterie oder VeitB«
tanz leiden, werden von Seebädern sehr ungtinstiig bednflnfet; es
treten nicht selten neue Anfälle anf, welche verschwinden, sobald
man die Betreffenden von der See entfernt. Kinder mit Gehirn*
siderose oder Lähmungen befinden sich nicht minder schlecht am
Meeresstrand, und zwar selbst dann, wenn sie nicht baden. Solche,
welche an Rheumatismus mit oder ohne Herzerkrankungen oder an
sogenannten Wachstnmsschmerzen leiden, dfirfen gleicbtfolls nicht aas
die See geführt werden. Auch akute und chronische Angea-
'OntzOndungen , Ohrenkrankheiten, sowie sämtliche Hanterkrsnkongiem
bilden eine Kontraindikation fOr Seebäder. Als weitere Gegenanzeigen
ftlfart SiMOK an: Lungentuberkulose, welche in der EntwicA^elnng
begriffen ist, Emphysem, chronische LufbröhrenentKttnduBg, BBsaHV«
«che Nierenkrankheit, sowie a^ schmerzhalten Erkraninngefi dea
Beckens. Angezeigt sind die Seebäder dagegen bei tnberka&ösea
419
Drttsenschwellfiii^eQy ebeDSolchen KnodienhanteatztUidusgeii, tnberkn-
lAsen Gelenk- und KiiecbenerkraBkiuigea, aber nur dann, wenn
die Kiader berdts auf Krttckea sich bewegen können; aock Kinder
mit tuberknlöser Wirbelentzflndang dürfen Seeanfenthalt nehmen
unter der Bedingnng, dam sie liegend gehalten werden. Dnrehaas
empfehlenswert ist das Verweilen am Meere bei ShachiUs, gegen
wekhe es Wander wirkt. Fflr die See sind üomer geeignet
rekonyalescente Kinder nach schweren Krankheiten, jedoch nicht
nach Scharlach, Masern oder Dipfatberie, weil bei diesen eine £r-
kftltiiBg leicM zn anangenehmen Folgen fuhren kann. Schickt man
ein Kind in ein Seebad, so sind den Eltern folgende Vorschriften
miizogeben: Dasselbe mois zunächst &nf bis sechs Tage im Orte
bleiben, ohne zu baden. Das erste Bad darf kanm länger als
einige Sekunden dauern, am zweiten Tage Pause, am dritten Tage
etwas längeres V^weilen im Wasser und so fort Aber selbst w&an
die Angewöhnung schon stattgefinden hat, soll die Zeit von fttnf
bis seehs Minnten für die Bäder ni^ht ttberschritten werden. Ent-
steht während oder nach dem Bade kdne Beaktion, oder ist
die Erregung eine groDse, so müssen an Stelle der kalten Bäder
warme treten. Nach dreiwöchentlichem Gebrauche sind die Bäder
zn sifitieren und dürfen erst nach einer mehrtägigen Pause wieder
au|g0nommen werden.
Der Wert des Wettlanfs wird von dem früheren Unternchts-
minister «nd jetzigen Oberpräsidenten der Provinz Westpreufsen
VON 6068IjEB in einem an die Berliner Turnerschaft gerichteten
Schreiben hervorgehoben. Dasselbe lautet: Von dem Inhalt Ihres Be-
richtes habe ich mit grofsem Interesse Kenntnis gen<Mnmen und daraus
mit Befriedigung ersehen, dafs das Turnen in Berlin sich innerhalb
der Tumersdliaft noch Auf der gleichen Höbe hält, wie ich sie oft an^
zoerkenneii Gelegenheit gehabt habe. Was die Übungen ajabelangt,
so ist mir als besonders wertv<^ die Thatsache erschienen, da&das
Wettlaufen , wieder zu seinem Rechte gelangt. Ich habe oft bedauert,
dafe die Verlegung des Schwerpunktes des Turnens in die geschlossene
Halle diesen Zweck des Turnens verkümm^n liefs, obwohl dk
Gymnastik des Laufens eine hohe Bedeutung für die Ausbildung
und Kräftigung der Atmungsorgaae besitzt. Meine Erinnerung
reicht bis in die Mitte der vierziger Jahre zurück, als ich auf
einem dimsh die Thatkraft eines Bürgers, des Apothekers Jahn in
Merseburgi geschaffenen Turnplätze regehnäCaig zu turnen anfing.
Auf die j^laamä&ige Ausbildung des Laufens, beginnend mit dem
Dauerkurf, wurde ein besonderer Wert gelegt, und das Laufen mit
geschlossenem Monde bildete die Grundlage für eine durch ander-
weitige Übungen schwer zu ersetzende Ausbildung der Lunge.
27»
420
Laufen mit geöffiietem Monde wurde nicht geduldet und immer
dahin gestrebt, alle Übungen möglichst mit geschlossenem Munde
auszufahren. Das Turnen mit geOffiietem Munde in staubiger Halle
hat schon viel Unheil verursacht, und es wäre wohl Zeit, dals so
erfahrene und auf medizinischem Grebiete so bewanderte Turner,
vrie Professor Anoebstein, sich auch mit der Frage des Atmens
mit geschlossenem Munde, der Lungengymnastik, des Dauerlaufe
(Haften fest) beschäftigen möchten.
Über eine typisehe FufsbaHverletzniif^ berichtet H. Maag
in j^Hospit. Tidende^. Als Arzt an der Erziehungsanstalt „Herlnfe-
holm", wo die Schnler ein recht gewaltsames Fulsballspiel mit grofeem
Eifer treiben, sah derselbe eine groise Anzahl von ganz gleichen Knie-
schädigungen unmittelbar im Anschlufs an das Spiel auftreten. Die-
selben bestanden in einer Entzündung des unter der Kniescheibe
gelegenen Schleimbeutels. Maag sucht die Ursache hiervon in dem
Mifsverhältnisse der GrOfse und Schwere des Balles zu den Muskeln
und Sehnen, welche denselben in Bewegung setzen sollen. Der Ball
wird hauptsächlich durch eine starke Zusammenziehung des Musculus
quadriceps femoris bewegt, welche heftig ruckend am unteren Knie-
scheibenband wirkt. Durch Wiederholung dieser Einwirkung denkt
der Verfasser sich die Entzttndung des Schleimbeutels entstanden,
während es sich nach Th. RovsiNa wahrscheinlicher um kleine
Blutungen in denselben handelt.
Haushaltim^schiileii in der franzSsisehen Sehweu. Die
„8chiü0. BL f. Grsdhtspflg."' schreiben: FOr die praktische Aus-
bildung junger Töchter, welche berufen sein werden, auch einmal
in eigener Person einem selbständigen Hauswesen vorzustehen, sind
gut eingerichtete und zweckmäßig geleitete Haushaltungsschulen sehr
wichtig, obschon der Haushalt der Eltern die nächstliegende und
naturgemäfeeste Schule für zukünftige Frauen sein sollte. Jener
Institute fttr hauswirtschaftliche Mädchenbildung sind in der Schweiz
in den letzten Jahren immer zahlreichere entstanden, ja es haben
einige Kantone sogar besondere staatliche Anstalten ftlr Haus-
haltungs- und Kochunterricht, sowie alles, was mehr oder weniger
damit zusammenhängt, gegründet. Erfreulicherweise wird in solchen
unmittelbar fär das praktische Leben und ftb* die naturgemä&e Be-
stimmung der Jungfrau, als einstigen Hüterin eines eigenen Familien-
herdes, bestimmten Schulen jeweilen auch der Gesundheitslehre ein
Plätzchen im Programm eingeräumt. Während nunmehr die deutsche
Schweiz mit einer ziemlichen Anzahl von gut organisierten Hans-
haltungsschulen ausgerüstet ist, finden sich diese in der fran-
zösischen Schweiz unseres Wissens bisher seltener. Man muls es
deshalb als einen Fortschritt begrüisen, wenn auch in welschen
421
Kantonen solche Anstalten gegründet werden. Fräulein Ida Nib-
BBKSB, ehemalige Vorsteherin der thurgaoischen Haushaltnngsschnle,
SchOlerin der Aead^mie professionelle in Genf, versendet einen Prospekt
über die von ihr in Port-Ronlant, Neuenbürg, ins Leben gerufene
Haushaltungsschule mit Tochterpension. In demselben sagt sie, dafs
der häufig ausgesprochene Wunsch der Eltern, ihren Töchtern neben der
wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Ausbildung auch eine um-
fassende Kenntnis der häuslich-praktischen Arbeiten zu verschaffen, in ihr
den Entschluls gereift habe, eine derartige Schule in der französischen
Schweiz einzurichten. Vor allem soll in der Anstalt auf die Aneignung
einer geläufigen französischen Unterhaltung und auf praktische häus-
liche Ausbildung Wert gelegt werden. Da gerade letzterer Zweig
der Mädchenerziehung in den gewöhnlichen Instituten des Welsch-
landes oft sehr zu kurz kommt, so ist dem von Fräulein Nusdereb
gewagten Unternehmen der verdiente Erfolg zu wünschen. In dem
in firanzösiacher Sprache erteilten theoretischen Unterricht ihrer
Hanshaltungsschule sollen neben Koch-, Haushaltungs- und Lebens-
mittelkunde auch Musterschnitt und Gesundheitslehre berücksichtigt
werden. Das praktische Gebiet der Töchterausbildung in diesem
neuen Institut umfafet die bürgerliche und feinere Küche, Hand-
arbeiten, worunter auch die Verfertigung eines einfachen Kleides,
leichtere Hausgeschäfte u. s. w. Das Haus, in welchem die Anstalt
untergebracht worden, besitzt laut Prospekt einen hübschen, schattigen
Garten, ist schön am See, etwas auiserhalb der Stadt gelegen und
verbindet so die Vorteile des Landlebens mit den Annehmlichkeiten
städtischer Verhältnisse. Auf die Erholung der jungen Mädchen in ihren
täg^chen Freistunden will die Anstaltsleiterin gebührend Bedacht
nehmen durch Spaziergänge in der anmutigen Umgegend, durch
passende Spiele in den Gartenanlagen und im Sommer durch Seebäder.
Der Pensionspreis ist pro Jahr auf 1000 Fr. festgesetzt, worin der
Unterricht im Französischen, in Koch-, Haushaltungs- und Lebens-
mittelkunde, sowie in den Handarbeiten und überdies die Besorgung
der Wäsche inbegriffen ist.
9iü^tsitföfx^iix^t9.
GrüBdimg eines Vereiiis franzSsischer Oesnndheits-
ingeiiieiire lud -arehitekten. In Paris hat sich kürzlich auf
Anregung des Chefredakteurs des „GUnie samitaire*' , Herrn b^Esm^nabd,
ein Verein französischer Gesundheitsingenieure und -arehitekten ge-
422
bfldet. Der Yorstand besteht, wie j^Le ISrogr. med,^ berichtet, ans
folgenden Herren : Vorsitzender: C. Tollbt, Ingenieur and Architekt;
stellvertretende Vorsitzende: Bbchmann,. Oberingeniear für Wege-
itnd Brflekenbav, Vorsteher der Beh&rde Akr die Assaniemng der Stadt
Paris, nnd Mobin -Goustiaxtx, diplomierter Regienrngsbatmeister,
Vicepr&aident der Kommission zur Übenrachimg imgeennder Woh-
nungen in Paris; GeneralsekretSr: £. d'Esmj^kabd, Civilingeniear ;
Sekretftr: EDMrNB Baume, Architekt and Ingenieur; Archivar and
Bibliotiieksverwalter : G. BiCHOtr, Oivilingeniear ; Sehatzmeister:
J. ROBiN Jan., Unternehmer. Wie Artikel 2 der vorlfti^en Sta-
tuten besagt, hat znr Bildung des Vereins der Gedanke geführt,
einen Stand der G^sundheitsingenienre und -architekten zu gründen,
deren Name und Laufbahn bisher in Frankreich unbekannt ist.
Nach Artikel 3 verfolgt die Gresellschaft nachstehende Ziele: 1. die
französischen Ingenieure und Architekten zu vereinigen, wekhe sich
d^m Studium der angewandten Hygiene widmen; 2. durch gemein-
same Arbeit und Verhandlung Fragen, die sich auf die Gesundheits-
lehre beziehen, aufeuhellen; S. jungen Ingenieuren und Archüekten
das Studium sanitärer Fragen und der Mittel zu ihrer Durcb-
fohrung zu erleichtem; 4. die auf die Hygiene der Städte und
Wohnungen bezüglichen Studien, Untersuchungen und Arbeiten zu
unterstützen; 5. mit Hilfe ihrer Mitglieder den Fachunterricht der
Arbeiter und Gewerbetreibenden zu verbreiten; 6. durch Erfahrung
und Anwendung die Entwickelung von Erfindungen, welche das
Gesundheitsingenieurwesen betreffen, zu erleichtem; 7. mit allen
Mitteln den Wetteifer in der Anwendung von Erfindungen und
Apparaten, welche die Lebensbedingungen verbessern, wachzurufen;
8. nach Mafsgabe ihrer Mittel Erfindern neuer Apparate, einsichtigen
Unteraehmem und geschickten Arbeitern Belohnungen zu erteilen ;
9. ihre Mitglieder Ober die sanitäre Bewegung im Auslande durch
Mitteilung aüer geeigneten Schriften auf dem Laufenden zu erhalten.
Bis jetzt zählt der Verein bereits 80 Mitglieder und wird in kurzem
ohne Zweifel noch weiter anwachsen.
Die Erziehung nervSser Kinder war das Thema einer Reihe
von Vorträgen, welche Dr. Blandford nach ^The Hospital^
kürzlich in New York gehalten bat. Bei dem groisen Einflufs,
welchen die Vererbung auf die Entstehung von Nervosität und
Geistesstörungen hat, sollten psychisch anomale Personen keine Ehe
miteinander eingehen. Da aber dies vorläufig nicht zu verhindern
sein wird, so erfordern Kinder aus solchen Ehen besondere Sorgfalt.
Schon in der frühesten Jugend muTs man ihnen reichlich Nahrung
nnd Schlaf gewähren und jede Art nervöser Erregung von ihnen
fernhalten. Hierher gehört vor allem die Erzählung von Gespenster-,
423
R&nber- und fthnlichen Qesöhichten. Ab^r aach die Lehren der
Religion setzen die Kind» bisweilen in Angst ?or Tod und Gericht
und stAren die Buhe ihres Gemtttes. Namentlich die Nacht wird
eine Zeit des Schreek^M für sie, sie verbergen ihr Gesicht voll
Furcht in den SLissen, haben allerlei Visionen, ängstigen sich wegen
nnvergebener kleiner Übertretungen und sehen in natürlichen Er-
scbeuMiBgen dn^ende Strafgerichte. Anch später in der Schale iat
man solchen Kindern besondere Sorgfalt schuldig, wenn anders das
Gleichgewicht ihres Gehirns nicht gestört werden soll. Was geschieht
aber meistens? Sind sie schwachbegabt und bleiben beim Lernen zurttck,
80 werden sie bestraft ; sind sie aufgeweckt und intelligent, so bilden
sie den Stolz ihrer Eltern und Lehrer und erfahren Überanstrengung.
In beiden F&llen findet eine Erregung statt, vor welcher sie gerade
bewahrt Ueiben sollten. Dazu kommen, um einen höheren Beruf
ergreifen zu können, die zahlreichen Prüfungen, die zu bestehen
sind. Dies fahrt auf einen sehr wichtigen Punkt, dafs die Berufs-
wahl den Kräften entsprechen mufs. Der Ehrgeiz der Eltern in
Yerbindung mit den schlecht geleiteten Hoffnungen des Sohnes läfst
letzteren oft eine Laufbahn ergreifen, fttr welche er sich keineswegs
eignet. Jedenfalls mufs er solche BerufBarten vermeiden, bei welchen
grofse Yerlflste und starke Enttäuschungen eintreten können. Aber,
so fragt Dr. Bulndfobd, wird sich ein junger Mann mit glänzenden
Gaben von seinem einmal gefafsten Entschlüsse zurflckhalten lassen?
Und selbst wenn er es wollte, wie wenig solche Berufsarten gibt es!
EJier wird sich fbr nervöse Knaben mit schwacher Begabung und
geringen Schulfortschritten eine passende Beschäftigung finden lassen.
Handelt es sich doch bei ihnen um einen Beruf, fttr welchen keine
grobe Verantwortlichkeit und Umsicht notwendig ist. Freilich sträubt
sich gegen eine solche Wahl oft der Stolz des Vaters, aber man
sollte gegen denselben ankämpfen.
Zur Revision der in Österreich bestehenden Vorschriften
fiber den Ban nnd die Einrichtung von Volksschulen. Der
k. k. oberste Sanitätsrat in Wien hielt nach dem „ÖsUrr. Sanitätswes.^
am 25. Mai d. Js. eine Sitzung ab. Am Schlüsse derselben wurde
auf Verlangen des k. k. Unterrichtsministeriums eine gutachtliche
ÄuCsemng erstattet, betreffend die Notwendigkeit der Revision der
in den einzelnen Königreichen und Ländern bestehenden Vorschriften
über Bau und Einrichtung von Volksschulen. Es handelte sich
dabei namentlich um die Bezeichnung derjenigen hygienischen An-
forderungen, welche nach dem gegenwärtigen Stande der sanitären
Wissenschaften in den bezüglichen Vorschriften zu berücksichtigen
wären. Referent in der Angelegenheit war unser verehrter Mitarbeiter,
Herr Obersanitätsrat Professor der Hygiene Dr. Max Gbubeb in Wien.
424
Die Sehschärfe englischer Schfiler ist yor einiger Zeit Ton
A. St. Claib Buxton, Arzt des Western Ophthalmie Hospital in
London, untersucht worden, der darüber in „The Lancet'^ berichtet.
Die Untersuchungen fanden in den oberen und mittleren Klassen
lateinischer Schulen, sowie in Privaterziehnngsanstalten an zusammen
2493 Zöglingen statt und ergaben folgendes Resultat:
Normal
A
normal
A
B
C
D
£
F
Sehsch&rfe
Sehschärfe
Sehsch&rfe
Sehsch&rfe
auf dem
einen Auge
Sehschärfe
auf dem
auf dem
Sehsch&rfe
auf dem
auf jedem
Auge
— 6/6
einenAuge
= 6/6,
auf dem
anderen
einenAuge
= 6/6,
auf dem
anderen
auf jedem
Auge
— 6/9
einen Auge
= 6/9,
auf dem
anderen
= 6/12,
auf dem
anderen
= 6/12
oder
< 6/12
= 6/9
= <6/9
= <6/9
1584
Knaben
180
Knaben
108
Knaben
189
Knaben
126
Knaben
306
Knaben
= 63,54 <>/•
= 7,22 o/o
= 4,33 %
= 7,58 Vo
— 5,05 Vo
== 12,27 Vo
Im einzelnen bemerkt der Untersucher, dafs Hypermetropie
bedeutend häufiger als Myopie vorkam und dafs sich unter den der
Klasse A Augehörenden, als normal Bezeichneten mindestens 10 bis
15 % Hypermetropen befanden, wefche zwar die Snellenschen Probe-
buchstaben ohne Mühe in der Feme lesen konnten, aber bei Iftngerem
Sehen in der Nähe asthenopische Beschwerden empfanden. In
Wirklichkeit hatten also nur etwas mehr als die Hälfte der Knaben
normale Augen. Diese Thatsache wird auch noch dadurch gestützt,
dafs 360 oder unge^r 15 % der Schüler auf einem Auge, 441
oder mehr als 17 % auf beiden Augen astigmatisch waren. Die
Astigmatiker konnten die Snellenschen Probebuchstaben, welche
auf 6 m gelesen werden sollen, in dieser Entfernung mit jedem Auge
erkennen und sind daher trotz ihres Brechungsfehlers den Normal-
sichtigen zugezählt worden. A. St. Clair Buxton kommt zu dem
Schlüsse, dais das Sehvermögen der heranwachsenden englischen
Knaben und Mädchen als recht mittelmäfsig bezeichnet werden mnfs
und sich immer mehr verschlechtert.
425
Verbot für u^rUeke Sehnlkinder, die Hftiide toh Lelur-
personen xn kfiSMB. Aus Ungam wird dem ^ÄreÜ. Hausfrd.**^
geschrieben: Bei uns herrscht die Unsitte des Hftndekflssens,
namentlich in den Schnlen, wo es Gebrauch ist, den Lehrern nnd
Lehrerinnen beim Kommen nnd Gehen diese Ehrenbezeigung zu
erweisen. Der Schulstnhl des VI. Bezirkes in Budapest stellte daher
den Antrag, der Magistrat möge das Hfindekflssen, das aus erzieh-
lichen Rflcksichten nicht erforderlich, in sanitftrer Beziehung aber
geradezu bedenklich sei, yerbieten. Der Oberphysikus bestätigte die
Auffassung des Schulstuhles, das Küssen der Hände, wie das Kflssen
Oberhaupt, sei geeignet, der Verbreitung ansteckender Krankheiten
Torschub zu leisten. Infolge dieses Gutachtens erliefe der Magistrat
an die Direktoren der hauptstädtischen Schulen ein Cürkular, in
welchem den Lehrern und Lehrerinnen untersagt wird, sich noch
weiter von den Schulkindern kttssen zu lassen.
Die Steilsekrift auf der Natarforsckerversanmliuii^ in
Wien. Auf der letzten Versammlung deutscher Naturforscher und
Ärzte in Wien kam auch die Steilschiiftfrage zur Verhandlung.
Den Vorsitz hierbei fOhrte Professor Dr. Max Gsubeb. Direktor
Emanubl Bayb begrändete den Ton ihm aufgesteUten Leitsatz:
Die obligatorische Einfahrung der Steilschrift in die Schule
ist eine hygienische Notwendigkeit. Der gegenwärtige Schreib-
imterricht mit Schrägschrift, so führte der Redner unter
anderem aus, erscheint nicht naturgemäfs, da das Vorbild auf der
gerade hängenden Schulwandtafel mit dem Nachbilde in dem schräg
liegenden Hefte in keiner Harmonie steht. Die steil schreibenden
Schaler bewahren eine wesentlich bessere Körperhaltung, als die
schräg schreibenden. Durch gleichmäfsiges Auflegen der Arme sind
die ersteren in der Lage, die Rackenmuskehi (Musculi rhomboidei)
leicht zu spannen. Doch ist die Steilschrift kein Allheilmittel gegen
schlechte Körperhaltungen; auch bei ihr mufs der Lehrer thätig
eingreifen. Die Gegner sind der Ansicht, dieselbe eigne sich nicht
zur Schnellschrift ; die Praxis hat aber dieses Urteil nicht bestätigt.
Andere meinen, die Steilschrift sei nicht schön, doch hängt das vom
Geschmack ab, und in der Schule handelt es sich vor allem um
die Gesundheit der Kinder. Professor Max Gbubeb stimmte den
Ausfahrungen des Vortragenden zu. Er habe sich bei wiederholten
Besuchen von steil- und schrägschreibenden Klassen selbst davon
ttberzeugt, dab es bei Steilschrift dem Lehrer aufserordentlich viel
leichter falle, eine gute Körperhaltung der Schaler zu erzielen, als
bei Schrägschrift, und er wOnsche daher lebhaft die EinfOhrung der
senkrechten Schrift in die Schule. Die Mitglieder der hygienischen
Sektion versammelten sich später in der Mädchenvolksschule des
426
VI. Bezirkes, wo Direktor Bayb im Anseblusse an seiBAn Vortrag
eine B^nonstration von steil- und schrägschreibonden Kindem t^-
anstaltote. Unter Fühmng desselben and des k. k. SchoUa^ktors
Dr. STBJSSJLii besuchten die Gftste der Rdbe nach die einzelnen
Klassen. Die Kinder, selbst di^enigen, welche eben erst den
Schreibnnterricht begonnen hatten, safeen in tadelloser Haltung
während des Steilschreibens da. Einhellig sprach man sich daher
zn Gunsten der den hygienischen Anfordenmgen entsprechenden Nene*
rang aus. Bei dem Besuche des Erzherzogs Kabl LuDWie in der
mit der Naturforscherversammlung yerbondenen AossteUong erregten
die Photographien und Schriftproben steilschreibender Kinder aus
der eben genannten Schale das besondere Interesse desselben. Er
miteriiielt sich daher aach bei JEbfe mit dem Direktor Bat& über
die Körperhaltung bei Steibchrift, sowie Aber hygienische Schal-
einrichtungen überhaupt.
Über die hygieniaeke Zakanftssclnde. Unter der Übersehrift :
,, Wohin wir kommen" bringt „The Times and Meg.*" folgende
Mitteilung: öffentliche Schule, I. Klasse, anno 1905. Lehrer zu
einem neu angemeldeten Schüler: „John, hast du einen Impfschein
für Pocken?" „Ja, Herr!" -- „Bist du gegen Krupp in(&uäert?"
„Ja, Herr!" — „Bist du mit Diphtheriesemm behandelt worden?"
„Ja, Herr!" — „Bist du mit Cholerabacillen geimpft?" „Ja, Herr!"
— „Hast du eine schriftliche Garantie, dafs du gegen Keuchhusten,
Masern, Scharlach, Mumps gefeit bist?^ „Ja, Herr!" — „Hast du
dein eigenes Trinkge&b?" „Ja, Herr!" — „Gelobst du, keine
Schwämme mit deinem Nachbarn auszutauschen und niemals einen
anderen Griffel zu benutzen, als deinen eigenen?^ „Ja, Herr!" —
„Bist du damit einverstanden, da& wöchentlich einmal deine BQchw
mit Schwefel ausgeräuchert und deine Kleider mit Chlorkalk
beq>rengt werden?" „Ja, Herr!" — „John, du besitnest alles, was
die modernen Sanitarier verlangen, jetzt kannst du ttber jenen Draht
steigen, einen isolierten Aluminiumsitz ^nehmen und anfiingent
deine P und Q zu malen."
Vom Verein Ar Kinderheilstätten an den deutschen
Seekfiaien. Der unter dem Protektorat der Kaiserin Fbiedaioh
stehende Verein fOr Kinderheilstätten an den deatschen SeekOsten
hielt vor kurzem im Herrenhanse zu Berlin unter dem Vorsitze des
Wirklichen Geheimen Oberregierungsrates Dr. Rösikg- seine fünf-
zehnte Generalversammlung ab. Derselbe hat nach dem vom Vor-
sitzenden erstatteten Bericht im letzten Jahre in seinen vier
Hospizen 1385 kranke Kinder verpflegt, 81 mehr, als im Voijahre
and 252 mehr, als im Jahre 1892. Von den Kindem waren 446
aus Berlin, 86 mehr, als im vorigen Jahre. Die Gesamtzahl
427
der Yerpiegimgstage belief sich auf 49771, diejenige der ver-
abfolgten Bäder aof 24164. Die Betriebskosten betrugen 154374
Mark, davon worden 131 752 Maiic durch die gezahlten Pflege-
gelder gedeckt. Am besuchtesten ist das Kaiserin - Friedricbs-
Hoq[nz in Nordemey gewesen; es z&hlte 809 Pfleglinge, darunter
95 Pensionftre. Da der Besuch des Pensionats erheblidi zurück-
gegangen ist, will man das Knabenpensionat in ein Mftdchenpensionat
yerwandeln. In Nordemey war auch eine Winterkur eingerichtet,
die von 149 kranken Kindern benutzt wurde, gegen 103 Kinder
im Vorjahre. Wesentlich unterstützt wurde die Thätigkeit des
Vereins durch den unter Vorsitz der Frau Geheimrat Leyden
stehenden Franenverein, der für S24 Kinder die Pflegegelder zahlte.
Die Bilanz vom 31. M&rz 1895 schlofe in Einnahme und Ausgabe
mit 911004 Mark. Der £tat für das neue Jahr wurde auf
184900 Mark Einnahme und 161 226 Mark Ausgabe festgesetzt.
An Stelle des verstorbenen Stadtrats a. D. Hostel trat Stadtrat
Dr. Max WEBSR-Charlottenburg neu in den Vorstand.
Die Yin. Konferenz ffir das Idiotenwesen findet vom
17. bis 19. September d. Js. in Heidelberg statt. Fttr den 20. September
ist ein Besuch der Anstalt Mosbach in Aussicht genommen. Buch-
händler WiNTEB in Heidelberg wird schon jetzt auf Anfragen
Auskunft erteilen. Psychiater, Geistliche, Ärzte und Pädagogen
haben die Themata, deren Besprechung sie veranlassen und ein-
leiten möchten, oder die Gegenstände, die sie behandelt zu sehen
wiknschen, bei dem Vorsitzenden der Konferenz, Direktor Dr. Sengel-
KAHif in Alsterdorf bei Hamburg, anzumelden.
EmehiiDig tm Kiidergftrtem Ar tavhstiimBe Kinder in
Berlin. In der „Dtsch. med, Wochenachr.^ lesen wir: Auf die
Anregung von Dr. Th. S. Flatait hat sich in Berlin ein Verein zur
Errichtung von Kindergärten fOr taubstumme Kinder gebildet.^
Der erste derartige Garten ist am 1. April 1894 eröffnet worden,
und ans dem vor kurzer Zeit versandten ersten Jahresbericht des
Vereins geht hervor, wie wohlthätig die Anstalt auf die bisher
in ihr beschäftigten 14 Kinder gewirkt hat. Dem gemeinnfltzigen,
einem wirklichen BedQrfiiis in anerkennenswerter Weise abhelfenden
Unternehmen ist eine Förderung auch aus den Kreisen der Lehrer
and Ärzte dringend zu wünschen.
Perienk#loBieE armer Sehvlkinder ii Loidan. Wie y^The
Lancet' berichtet, hat der Verein fttr Ferienkolonien in London
auch in diesem Jahre wieder zahlreiche Kinder aus den Distrikten
Holbom, Glerkenwell und St. Luke's zur Erholung aufe Land geschickt.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1894, No. 4, S. 238. D. £ed.
428
Seit 1882 haben sich 26 000, im letzten Jahre 3014 Knaben und
Mädchen dieser Wohlthat erfrent. Besonders beliebt als Ferien-
anfenthalt sind Minster in Kent und Stokenchnrch in Oxfordshire;
ersteres war Yon 389, letzteres von 260 Kindern besocht. Die
Zeit, wahrend welcher die ungesunden Höfe und Gassen Londons
mit den grflnen Feldern nnd Heckenwegen seiner Umgebung yertaoscht
werden, beträgt gewöhnlich 14 Tage, nnd die Kinder kehren nicht
nur erfrischt an Leib und Seele, sondern auch mit einem durch Natur-
beobachtang erweiterten Gesichtskreis in die Weltstadt zurück.
ümtlx^t ^txfü^un^tn.
Erlafs des Königlich italienisclieii Himaterianis des Sffentliehei
Unterrichts
bezüglich der Infektionskrankheiten in Schulen.
(Fortsetsnng.)
Unterbrechung des Unterrichts.
A. Wenn während eines yerhältnismafsig kurzen Zeitraumes
sich ein oder mehrere Fälle einer ansteckenden Krankheit bei den
Schülern einer und derselben Klasse zeigen, oder wenn hinreichender
Grund vorliegt, um die Verbreitung der Krankheit durch den gegen-
seitigen Verkehr der Schüler als unausbleiblich zu betrachten, soü
zur Schliefeung der Klasse geschritten werden.
B. Die Schliefsung wird erfolgen, so oft unter den Schülern einer
Klasse sich ein erster Fall von Diphtheritis, Krupp oder Scharlach
zeigt, oder wenn innerhalb eines Zeitraumes von zehn Tagen zwei
Fälle von Masern oder Keuchhusten vorkommen. Aus denselben
Gründen kann sich auch die Schlielsung der ganzen Schule als notr
wendig erweisen. Diese Mafsregel darf indessen nicht getroflfen
werden, ohne vorher die Meinung der Schulbehörde, bezw. der
städtischen Sanitätsverwaltung eingeholt zu haben.
C. In beiden Fällen darf die Wiedereröffnung der Klasse oder
der Schule nur erfolgen, nachdem die Gefahr einer weiteren Ver*
breitnng der Krankheit beseitigt ist und die nötigen Desiniektioneft
ausgeführt sind.
D. Tritt ein Fall von Infektionskrankheit in der Familie einea
Lehrers oder Schuldieners auf, welche im Schulgebäude wohnen, sa
429
mafs der Kranke entfernt und die Schale so lange geschlossen
werden, his die erforderlichen Reinigangs- und Desinfektionsmabregeln
dnrchgefQhrt sind.
£. Wenn in einem Orte eine schwere Epidemie von Infektions-
krankheit herrscht, welche vorzugsweise die Schnlhevölkenmg beftllt
(Diphtheritis, Scharlach, Masern, Eenchhnsten), so kann auch die
SchHeüsong sämtlicher Schulen des Ortes bis zum Erlöschen der
Epidemie angeordnet werden.
F. Was die Cholera, das typhöse Fieber und die Dysenterie
anbetrifit, so hftngt die SchlieCsuag der Klassen oder Schulen noch
mehr, als von der Heftigkeit der Epidemie von den häuslichen Ver-
hältnissen der Zöglinge ab mit RQcksicht darauf, dais dieselben nicht
selten in der Schule geringere Gelegenheit, einer Ansteckungsgefahr
sich auszusetzen, als in den eigenen Familien haben.
Wiederimpfungen.
A. Kommt ein Fall von Blattern unter den Zöglingen einer
Klasse vor, so wird man zur Wiederimpfung aller deijenigen Schüler
derselben schreiten müssen, die seit fünf Jahren weder geimpft üoch
wiedergeimpft worden sind.
B. Wenn sich wiederholte Blattemfillle zeigen, so ist unter den-
selben Bedingungen die Wiederimpfung der Schtüer der ganzen
Schule vorzunehmen.
(Fortsetzung in No. 8.)
Rundschreiben
des KSniglich prenfsisehen Ministers
der geisflichen, Unterrichts- nnd Medijsinalangelegenheiten,
iMtreffend Schfilerverbindnngen an höheren Lehranstalten.
Berlin, den 26. April 1895.
Von dem Yoihandensein dreier Verbindungen, an welchen Mit-
glieder von vier höheren Lehranstalten der dortigen Stadt beteiligt
gewesen sind, habe ich, wie ich dem Königlichen Provinzialschul-
koUegium auf den Bericht vom 10. April d. Js. unter Rücksendung
der Anlagen erwidere, mit um so gröberem Bedauern Kenntnis ge-
nommen, als diese Verbindungen nach mehr als einer Seite sich als
besonders schlimme erwiesen haben. Dies ergibt sich nicht aUein*
aus der Teilnahme sogenannter alter Herren, Kaufleute und sonstiger
früher den betreffenden Schulen angehörender Personen, sondern
namentlich auch aus dem Umstände, dafe die Verbindnngsmitglieder
Sonnabend bis nach Mittemacht und noch an verschiedenen Tagen
430
der Woche ihre Eneipgelage hielten, den Sonntag Yormittag den
Frohschoppen widmeten und anikerdem sich auf Ehrenwort ^er*
pflichtet zu haben scheinen, im Falle der Entdeckung alles zo le4giiea.
Ich bin daher andi mit den ^on den LehrerkoU^ien anerkannten
strengen Strafen einverstanden.
Was die beiden Abiturieiiten N. vom Lycenm I and A. vom
Lycenm II betrifft, so konnte dem ersteren, der sciion vor Ent>
decknng der Yerbindnngen die Reifeprüfung bestand^ hatte, das
Reifezengnis nicht versagt werden. Ich bin einverstanden damit,
dafe ein das nachtrftgliche Betragen des Abkorienten charakterisie-
render Vermerk in das Reifezengnis anfgenommen ist.
Aber obwohl der Fall mit dem Abiturienten A. ftr den letateron
wegen seiner Beteiligung als Leiter einer YerbiAdong und wegen
seines Leugnens ungünstiger liegt, so wird doch anch ilan daa Reife-
zeugnis nicht vorenthalten werden können, da er unmittelbar vor
Entdeckung der Sache die Reifeprüfung unter Entbinduig von der
mündlichen Prüfung bereits bestanden hatte und der Nachweis, daft
er dasselbe erschlichen habe, nicht erbracht ist. Die Prflftmgs-
Ordnung sieht im § 8, No. 6 nur bei Benutzung uneriaabler Hili»-
mittel u. s.w., w«in die Entdecknng erst nach Vollendung der Prü-
fung erfolgt, die Bestrafung durch Yorenthaltuag des Prüfuge»
Zeugnisses vor. Es wird aber auch bei dem A. eine Bemeikung
in das ihm auszuhändigende -Prüfangszeugnis gesetzt werden müssen,
welche den thatsftchlichen Hergang enthält.
Das Erkenntnis des Oberverwaltungsgerichtes vom 16. April 1890
macht es allerdings schwierig, gegen Verbindungen, an welchen auch
Nichtschüler teilnehmen, in durchgreifender Weise vorzugehen, da
die Auslieferung des Inventars der Verbindung und die Durch-
suchung desselben gewöhnlich verweigert wird, weil das Inventar
den Nichtschttlern gehöre. In dieser Hinsicht bin ich mit dem Vor-
schlage des K<)niglichen Provinzialschulkollegiums einverstanden, dab
Schüler, welche Verbindungen angehören, die auch Nichtschüler zu
ihren Mitgliedem zählen, oder welche die Ausliefemng des Ver-
bindnngsinventars aUehnen, mit den strengsten Strafen, namentUdi
mit der Strafe der Ausschliefsnng, zu belegen sind.
Hiemach wolle das Königliche Provinzialschulkolleigium das
Weitere veranlassen.
An
das Königliche Provinztalschulkollegium zu N.
431
Abschrift erliftlt das Königlicke Provinzialschulkoliegiiiiii zur
KenntnifBiahine und Beochtimg des Sckhifspassus vorstehender Yer-
ftlguiig.
Der Minister der geistlichen n. s. w. Angelegenhdten.
(Gez.) Bosse.
Ab
die übrigen EOui^j^icheD ProTinzialschnlkoilegiea.
ü. IL 1016.
Ans der YerfOfiing der Bnkowinaer k. k. Landesregiemng
vom 27. Februar 189S, Z. VJSiy an alle unterstehenden poli-
tiseben itehtrden wegen Mafinahmea n^^en die Sgyytisehe
Angenkraakiieit (l^aelMn), beeendirs in Sehnlen.
— 2. Die Schnlleitangen sind zu verpflichten, jede unter den
Schulkindern auftretende Augenkrankheit der Ortsbehörde anzuzeigen.
— 10. Die Augen der Schulkinder und der Schullehrer sind
vom Gemeindearzte und vom k. k. ßezirksarzte gelegentlich ihrer
Anwesenheit in den einzelnen Gemeinden auf den Bestand infektiöser
Augenerkrankungen zu untersuchen.
Der k. k. Bezirksarzt, bezw. der Gemeindearzt hat zu ent-
scheiden, ob die als augenkrank befundenen Schulkinder am gemein-
schaftlichen unterrichte teilnehmen dürfen oder nicht. Der Besuch
der Schule ist nur bei Fällen einer Augenerkrankung ohne Sekretion
gestattet. Solche Kinder sind in der Schule zu separieren.
Alle an einer infektiösen Augenerkrankung, insbesondere an
Trachom oder Trachomverdacht, leidenden Schulkinder sind einer
rationellen Arztlichen Behandlung zuzuführen. Beim Ausbruche einer
Trachomepidemie unter den Schulkindern ist die Schule nötigenfalls
zu schlielsen.
— 11. Die mit Trachom Behafteten sind über die Gefahren der
Trachomkrankheit, die notwendigen Yorsichtsmafsregeln behufs Ver-
meidung ihrer Übertragung auf die Hausgenossen zu belehren, und
ist im Sinne des § 4, littera a des Sanitätsgesetzes vom 30. April 1870,
B.-6.-B1. No. 68, für die ärztliche Behandlung derselben vorzu-
sorgen.
Populäre Belehrung über das Trachom und dessen
Bekämpfung,
nach den Anträgen des Landessanitätsrates zur Damachachtung be-
kannt gegeben mit dem Erlasse der k. k. Landesregierung
vom 27. Februar 1895, Z. 1762.
Das Trachom, welches auch die ägyptische Krankheit genannt
vnrd, hat diesen letzteren Namen aus dem Grunde erhalten, weil es
432
einerseits in Ägypten sehr verbreitet ist, und andererseits, weil zu
Anfang unseres Jahrhunderts die dort unter Napoleon kämpfende
französische Armee in auTserordenUich heftigem Mause hiervon er-
griffen wurde und dieses schwere Augenttbel bei ihrer Heimkehr nach
Europa verschleppte.
Das Trachom kommt so ziemlich in allen Ländern vor; die
grötste Ausbreitung hat es jedoch unter den Völkern des Orientes,
wo hierfür nur die Armut der niederen Bevölkernngsscfaichten und
der Mangel an Reinlichkeitssinn verantwortlich gemacht werden kann.
Die Merkmale der Krankheit.
Die Erscheinungen, unter welchen sich das Trachom äolsert,
sind sehr wechselnd, je nachdem man es mit einer rasch und heftig
verlaufenden (akuten), oder schleichenden (chronischen) Form des-
selben zu thun hat.
Bei der akuten Form des Trachoms erscheinen die Augenlider
mächtig geschwollen, die Haut derselben von erweiterten Blutadern
durchzogen.
Die Augenbindehaut, d. h. jene zarte Schleimhaut, welche die
vordere Fläche des Augapfels und die Innenfläche der Lider über-
zieht, ist hochgradig gerötet, geschwellt und von eiterigen Massen
bedeckt, welche bei geschlossenen Augen an den Augenwinkeln her-
vortreten.
In diesem Stadium der Krankheit sind die damit behafteten
Personen sehr lichtscheu.
Die akute Form, welche sehr oft zu Erkrankungen der
flbrigen Augengebilde, der Hornhaut, ja des ganzen Auges fahrt und
dann nicht selten Erblindungen der Augen zur Folge hat, kommt
zum Glttck verhältnismäisig selten vor.
Um so häufiger findet sich, insbesondere in unserem Lande, das
chronische Trachom.
Dieses änisert sich in ausgesprochenen Fällen durch folgende
Erscheinungen: Die Lider sind bedeutend verdickt und infolgedessen,
namentlich das obere, schwer beweglich. Die Augenbindehaut hat
ihre normale Glätte verloren, ist uneben, höckerig geworden. Dieses
Aussehen ist bedingt durch zahlreiche, dicht gedrängte, warzenartige
Auswüchse, welche die Innenfläche der Lider bedecken, und welche
dort, wo die Bindehaut vom Lide auf den Augapfel übergeht, die
Form von sulzigen, froschlaichähnlichen, gequollenem Sago gleichenden,
gelblich-grauen Körnern annehmen.
Die entzündlichen Erscheinungen des Auges sind dabei bald
mehr, bald weniger ausgesprochen.
Während es Fälle gibt, welche mit Lichtscheu, starker Rötung
433
dM Auges und Absonderung aus dem Bindehaatsacke yerbunden
sind, sind bei sehr fielen FäUen äolserlich keine Entzfindnngs-
ersdieinungen wahrnehmbar and auch keine Beschwerden yorhanden,
und werden derartige FäUe erst bei einer genauen Untersnchong des
Anges durch einen Arzt entdeckt.
Ein derartiger milder Verlauf der Krankheit ist die Ursache,
warum sie im Beginne vielfach übersehen, bezw. nicht beachtet wird
und warum ärztliche Hilfe erst dann in Anspruch genommen wird,
wenn schon die Krankheit zu einem Grade vorgeschritten ist, wo die
Heilung nur schwer und erst nach langer Zeit zu erzielen ist.
Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, jede auch scheinbar noch
so leichte Augenkrankheit untersuchen zu lassen, bzw. einer fach-
männischen Behandlung zuzuführen, um so mehr, als solche
schleichenden Formen des Trachoms unter Einwirkung von verschiedenen
Schädlichkeiten, wie Staub, Schmutz, unreines Wasser und ähnliche,
sich verschlimmem, akut werden und die übrigen Teüe des Auges
in ICtleidenschafb ziehen können.
Krankheitsursachen.
Es ist bis jetzt der Wissenschaft nicht gelungen, demjenigen
Stoff zu entdecken, durch welchen das Trachom erzeugt wird.
Es ist aber anzunehmen, da(s ebenso, wie andere ansteckende
Krankheiten, z.B. Tuberkulose, Typhus, Cholera u. a., auch das
Trachom durch niedrige pflanzliche Gebilde, sogenannte Bakterien,
hervorgerufen wird. Sicher ist aber, dafs dieser Ansteckungsstoff
an den von der erkrankten Bindehaut abgesonderten schleimigen und
eiterigen Massen (Sekret) haftet und dals das Trachom durch diese
auf gesunde Augen übertragen wird.
Diese Übertragung, welche wohl seltener direkt durch Gelangen
des Sekretes vom kranken Auge in das gesunde einer anderen Person
oder unter besonderen Umständen auch verschiedener Personen,
z. B. bei Benutzung einer gemeinsamen Schlafstätte, zu stände kommt,
findet in der Regel mittelbar durch Gegenstände statt, welche mit
dem Trachomsekrete' verunreinigt sind.
Zu solchen die Ansteckung vermittehiden Gegenständen sind
zunächst die mit dem Sekrete beschmutzten Hände, femer die von
Trachomkranken benutzten Hand- und Sacktücher, die Leib- und Bett-
wäsche, die Schwämme u. s.w. zu zählen; nicht ausgeschlossen ist die
Möglichkeit, dafs das eingetrocknete Sekret sich dem Zimmerstaube
mitteilt und mit diesem auf gesunde Augen gelangt.
Diese Art von Übertragung des Trachoms wird wesentlich dort
gefördert, wo die Menschen dicht zusammen wohnen, wie es in
Kasernen, Massenquartieren und Arbeiterwohnungen der Fall ist.
8thttlg«saiidheltipfl«ffe Vm. 28
434
Es ist nicht weniger natarlich, dafe dnreh mangefiiafte
nfthning, kiirperiiclte Überanstrengung und kanstitntioneBe KraddieftoB,
wie ^rofcüose, T^rberkalose, herabgekommene InAfiAien, welche
nicht die Widerstandsfthigkeit gesnnder nnd gut genflhrter Personen
besitzen, leichter erkranken, als die letzteMi.
Bemetkenswert ist, dafs die KrM&heit yorwiegend Personen im
Alter Ton 20 bis 40 Jahren beflttlt.
Mafsnahmen znr Verhfltnng nnd Bek&mpfnng
des Trachoms.
Den wichtigsten Teil der Mafenahmen, welche man gegen alle
ansteckenden Krankheiten ergreift, bilden diejenigen, welche dahin ge-
richtet sind, die Entstehung solcher Krankheiten zu verhüten. Von
diesen Maßregeln sind in Bezug anf das Trachom ftbr ans haopt-
sftchlich jene von Interesse, mit deren Mfe der einzelne in der Lage
ist, sich Yor dieser Krankheit mit Erfolg zn schlitzen.
Der erste PUtz unter diesen Schutzmafsnahmen Ist unbedingt
der Reinlichkeit einzuräumen. Eine sorgftltige Reinigung des Körpers,
insbesondere des Gesichtes und der H&nde, welche nicht nur regd-
mftfsig zu einer bestimmten Tageszeit, sondern nach Jedesmaliger
zufälliger oder sonst unvermeidlicher Verunreinigung stattfindet, ist
als ein sicherer Schutz gegen die Ansteckung mit Trachom zu be-
trachten.
Die Ethaltung der Reinlichkeit ist aber nicht nur anf den
eigenen Körper, sondern auch auf unsere Umgebung auszudehnen. Na-
mentlich die Reinhaltung der Wohnräume, ihre häufige Ltlftung
während verschiedener Tageszeiten ist als ein weiteres Mittel zur
Verhütung dieser Augenkrankheit zu bezeichnen.
Hat das Trachom aber trotzdem in eine Familie Eingang ge-
funden, dann hei&t es, mit allen zu Gebote stehenden Mittehi dahin
zu wiiken, dafe der Erkrankte nicht zum Ausgangspunkte weiterer
Erkrankungen werde. Dies läftt sich nur dadurch erreichen, dafh
derselbe möglichst von den Übrigen Fämilienmitgliedeni oder Mit-
bewohnern getrennt wird, dafe man ihm eine eigene Lagerstätte
zuweist, die von keinem anderen mitbenutzt werden darf. Ebenso
muls die Verwendung der von dem Erkrankten benutzten Hand- und
Sacktflcher, Badeschwämme n. s. w. sorgfältig vermieden und die
Wäsche des Kranken zunächst durch ein einstflndiges Kochen oder
Übergiefien mit siedender Lauge desinfiziert werden, worauf sie erst
mit der flbrigen Wäsche gewaschen werden kann.
Die vom Kranken zur Reinigung der Augen benutzten Verband-
stflcke, wie Leinwandläppchen, Wattebauschen, sind ebfach zu ver-
brennen.
435
Personen, welche teils mit dem Kranken, teils mit den von ihm
benutzten Wftsche- nnd Yerbandstflcken in BeiiUnmng gdcommen
sindy haben sich jedesmal die Hftnde sorgfiUtig mit lanem Wasser
und Seife zn waschen, wenn sie schon nicht in der Lage sind, si^
mit Karbol-, Lysol- oder anderen Desinfektionsmitteln zu desinfizieren.
Schlielslich mnCs aach die frühzeitige Zuführung der Kranken
zur ärztlichen Behandlung als ein Schutzmittel gegen die weitere
Übertragung des Trachoms angesehen werden, indem sich unter der
sachkundigen Behandlung der ^stand der Aagnt bald bessert, die
Absonderung ans denselben rasch abnimmt und sich damit auch die
M(yglichkeit der Ansteckung in gleichem Mabe verringert.
Schon aus diesem Grunde ist es geboten, y^rd&chtige Augen-
erkrankungen Yon Personen, welche teils ans Unwissenheit, teils aus
Gleichgültigkeit den Zustand ihrer Augen unbeachtet lassen, den zur
Überwachung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung berufenen
Amtspersonen oder B^örden sobald als möglich zur Kenntnis zu
bringen.
pttfonalxtn.
Oeheimrat Professor Dr. von Eshabch in Kiel wurde zum
korreqKmdierendeB MitgUede der Pariser Akademie der Medizio er-
nannt.
Die Wiener Ärztekanuner hat in ihrer Sitzung vom 9. Mai d. Js.
dea bisherigen Viceprftsidenten, Herrn Primarius Dr. Heim, der zu
unseren Mitarbeitem zfihlt, einstimmig zum Prflaidenten gewühlt.
Dem Regierungs- und Schulrat Dr. Bssubb in Goblenz wurde
der Charakter als Geheimer Begierungsrat, den KreisschnUnspektoren
Dr. Stkaubingeb in Hechingen und Dr. Schmitz in Sigmaringen
der Oiarakter als Schulrat verliehen.
Es haben erhalten: den Orden der eisernen Krone HI. Klasse
das mrdei^che Mitglied des Landessanitfttsrates für Böhmen, Pro-
fessor an der deutschen technischen Hochschule Dr. Wilhelm Ginxii
in Prag; den roten Adlerorden IH. Klasse mit der Schleife der bis-
herige Direktor des Andreasrealgymnasiums in Berlin, Professor
Dr. BOLiB in Sdiöneberg; den roten Adlerorden IV. Khisse der
Direktor der stidtiBchen Bealschule, Profossor Dr. Taomi in Köln;
d«a Adler der Bitter des Königlichen Hansordens von Hohenzollem
der Gymnasialdirektor Dr. Bbokhaus in Ostrowo; das Offizierkreuz
28*
436
des Sterns von Ram&nieii der Oberrealschnldirektor Dr. Fiedleb
in Breslaa; das Eommandeurkreoz des serbischen St. Sawaordens
der Professor Dr. A. Lobmayeb in Agram f&r seine pnblicistische
Th&tigkeit auf dem Felde der öffentlichen Gesundheitspflege; das
Ritterkreuz I. Klasse des Herzoglich brannschweigischen Ordens
Heinrich des Löwen der Gymnasialdirektor, Professor Dr. Kou>ew£Y
in Brannschweig; das Ritterkreuz I. Klasse des Königlich sächsischen
Albrechtsordens der Bezirksschulinspektor, Schulrat Müshagke in
Döbeln, und der Rektor, Professor Pachaly in Freiberg i. S.
Bei dem Königlich preuDsischen Ministerium der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten sind ernannt worden:
unser verehrter Mitarbeiter, Herr Geheimer Regienmgsrat und vor-
tragender Rat Bbanbi, zum Geheimen Oberregierungsrat und der
Regienmgsrat Dr. Fbiedbigh Schmidt aus Berlin zum Geheimen
Regierungsrat und vortragenden Rat.
Dr. J. S. BiLiiiNas, der hochverdiente Herausgeber des „Index
Catalogue of the Surgeon-Generals Library*^ in Washington wird
seine Stellung als Kustos der dortigen Bibliothek aufgeben, um die
Professur für Hygiene an der Universität von Pennsylvanien zu über-
nehmen.
Der als außerordentlicher Professor der Hygiene nach Marburg
berufene Dr. BEHBiKa wurde nunmehr zum ordentlichen Professor
befördert.
Es sind ernannt worden: Dr. Mobeau zum Professor der
Hygiene und gerichtlichen Medizin an der medizinischen Schule in
Alger; der Direktor des hygienischen Institutes, Stabsarzt Professor
Dr. Bebnhabb Fischeb in Kiel, zum Oberstabsarzt; der Gymnasial-
direktor OSTENDOBF in Hadersleben zum Direktor der Waisen- und
Schulanstalt, des Gymnasiums und des Schullehrerseminars in Bunzlau;
der Direktor des städtischen Gymnasiums Dr. Feit in Ohlau zum
Direktor des Königlichen Gymnasiums in Königshütte; der Direktor
des Progymnasiums Dr. RoaaE in Schlawe zum Direktor des Gym-
nasiums in Neustettin; der Gymnasialoberlehrer, Professor Dr. See-
LIGEB in Zwickau, zum Rektor des Gymnasiums in Zittau; der
Oberlehrer, Professor Dr. Lenssek in Kreuznach, zum Direktor des
Realgymnasiums in Hagen; der Gymnasialoberlehrer Matsghkt in
Meseritz zum Direktor des Gynuiasiums in Fraustadt; der Seminar-
oberlehrer Dr. DcTMDET in Herdecke zum Seminardirektor daselbst;
der Oberlehrer an der Oberrealschule Dr. Volkmann in Breslau,
der Oberlehrer am Progymnasium Gbimm in Andernach, der Lehrer
am Prinz -Heinrichgymnasium Wasohke in Schöneberg bei Berlin,
der Lehrer an der Oberrealschule Kollbach in Bonn, die Rektoren
ScHLiCHTiNO und PtTDOB, der Seminaroberlehrer Timm, die Seminar-
437
lehrer Todsen und Stein zu Kreisschulinspektoren; Dr. Raymond-
NOGUE zum ärztlichen Schulinspektor des XX. Arrondissements Yon
Paris; Dr. Dhoubdin, Professor an der medizinischen Schule in
Amiens, zum Hilfsarzt des dortigen Lyceums; Privatdocent der
Hygiene, Dr. Kabl Gttnthsr in Berlin, zum Kustos des dortigen
Hygienemuseums als Nachfolger des Dr. Thierfeldeb, welcher die
Leitung der chemischen Abteilung des physiologischen Institutes da-
selbst an Stelle des nach Marburg berufenen Professor Kossel über-
nimmt; Privatdocent Dr. Webnigke zum Dirigenten des bakterio-
logisch-chemischen Laboratoriums der militärärztlichen Bildungsanstalten
in Berlin.
In gleicher Eigenschaft wurden versetzt: der Kreisschulinspektor
VON DRYGAiiSEi ZU Hoheusteiu in den neu eingerichteten Kreis-
schulinspektionsbezirk Lyck, Regierungsbezirk Gumbinnen, der Kreis-
schulinspektor Dr. YOLKMANN zu Brieseu in den neu eingerichteten
Kreisschulinspektionsbezirk Exin, Regierungsbezirk Bromberg, und der
Kreisschulinspektor Pöhlmann zu Orteisburg nach Brieg.
Der Geheime Regiemngsrat Haupt, Regierungs- und Schulrat
in Merseburg, hat die erbetene Pensionierung und gleichzeitig den
Kronenorden H. Klasse erhalten. Ebenso traten der Direktor des
Gynmasiums und Realgymnasiums Stahlbebg in Hagen und der
Direktor des Progymnasiums Thele in Saarlouis in den Ruhestand.
Verstorben sind: der Geheime Oberregierungsrat Reichenau,
Ehrenmitglied des Königlichen Provinzialschulkollegiums in Berlin;
der hochverdiente medizioische Berater des britischen Lokalverwaltungs-
amtes in London, Sir Geobge Bughanan, Präsident des 1891 dort
gehaltenen internationalen Kongresses für Hygiene und Demographie;
Schulrat Lanqs in Lübeck; Gymnasialdirektor a. D. Dr. 0. Nase-
HANN in Halle a. S. ; Realgymnasialdirektor Dr. Cbameb in Mül-
heim a. R.; Oberrealschuldirektor Dr. Meissel in Kiel; der frühere
Direktor der Realschule in Mannheim, Kabl Schmezeb in Karlsruhe;
der Direktor der höheren Mädchenschule Dr. Jakob Kelleb in
Mainz; Kreisschulinspektor a. D., Schulrat Hoffmann in Trier;
Rektor a. D. Hecht in Breslau; Mittelschullehrer Adolf Becker
in Hadersleben, ein eifriger Förderer des Turnens und der Jugend-
spiele.
438
fittemtitr.
BesprechnngeQ.
Dr. Mangenot, MMecin-inspectear des Cooles de la ville de Paris.
Essai d'hygitae des eenstnictions scolaires. Paris, 1895.
G. Masson. (8^)
Dr. Mangenot bespricht in diesem Yersnche, der in der
„Bevue ^hygüne^^ tome XYII, No. 2, 1895 and als Sonderabdmck
bei G. Masson in Paris erschienen ist, mehrere schnlhygienische
Fragen von Wichtigkeit in eingehender nnd geistvoller Art.
Er betrachtet das Schnlhans von zwei Seiten, zuerst als Wohn-
gebände, d. h. als Geb&nde, welches allen Gmndbedingangen
gesunden Wohnens entsprechen muls, nnd sodann als Werkstätte
geistiger Thfttigkeit, wobei besonders die Sinne, Gesicht nnd Geh^r,
^berücksichtigt werden.
Bezfiglidi des Schnlwohnhanses nnd seines Zubehörs
bemerkt der Verfasser, dafs Spielhöfe nur bei durchlässigem
Boden mit Vorteil bekiest werden können, da(s dieselben aber bei
schlecht oder gar nicht durchlässigem Boden gepflastert werden
sollen.
Dr. Mangenot empfiehlt für alle Räume, auch f&r die Klassen-
zimmer die Herstellung von gepflasterten Fufsböden an SteUe
der hölzernen und bemerkt, dafs der Vorwurf, solche Pflasterongen
mit Asphalt oder Beton seien kälter, als Holzböden, keine Berech«
tigung habe. Er hat Versuche angestellt und weist nach, dals mit
Wachs eingelassene Eichenböden genau dieselbe Wänneldtong
besitzen, wie Pflaster. Die Versuche fanden derart statt, dais
zwisdien dem Fufsböden eines Zimmers, der eine Temperatur yotl 10^
hatte, und dem beschuhten Fulse ein Thermometer 15 Minuten
lang gehalten wurde. Die Temperatur des Fufses betrug 32^, und
zeigte sich, dafs das Thermometer folgendermaCsen sank:
bei Eichenboden (uneingelassen) . . .auf 27^,
bei Eichenboden (mit Wachs eingelassen) „ 23^,
bei Pflaster „ 23^
Den Vorteil der Pflasterung sieht der Autor in der geringeren
Staubentwickelung und der leichteren Reinhaltung.
Sehr richtig sind die Bemerkungen über die Förderung der
Reinlichkeit der Schttler durch Anlage von Reinigungszimmem
439
«ad BrMmbftdern« Ftlr letztere empfiehlt der Yer&sser die schiftf
wirkenden Bransen gegentlber den Tertikalen and macht genaue Yor^
seUfige ftber die GrOlseninalse eines Branaebades ftlr SchtUer. Per
Baderaom soll eine quadratische Form von 6 m Seitenlange erhalten
und xwOlf Auskleidekabinen, sowie vi«r Brausen besitzen, so zwar,
dab immer drei Schnlkindergroppen s^eicbzeitig anwesend sind, die
erste sich anskleidend, die zweite badend und die dritte sich an-
Ueidend; auf diese Weise tritt bei der Benutzung der B&der kein
Zeityerlust ein.
Bezttglich der Bedürfnisanstalten entscheidet sich Dr.
Makqenot far die HockabortOi welche vom physiologischen und
pathologischen Standpunkte aus die richtigsten sind. Um eineVer-
nnreinigung zu vermeiden, empfiehlt er die Anbringung einer 10 cm
hohen stohlartigen £rh<Vhung aber dem Band des Brillloches von
einer Form, die bei der Hockstellung eine Berfthrung aosschlieist.
Bei der Besprechung der Heizung hat der Verfasser haupt-
sAchlich die grobstadtischen Volksschulen im Auge und empfiehlt
Niederdruckdampfheizung mit örtlichen HeiskOrpem und
Frischluftzufuhr.
Das zweite Kapitel behandelt das Schalzimmer, wobei durch
Vorf&hrung schematischer Zeichnungen ganz neue Vorschlage erstattet
werden. Manosnot wül, dab die Kinder nach jeder Unterrichts-
stande die Klassenrftnme verlassen und sich in die gedeckten oder
bei gflnstigem Wetter auf die offenen Spielplatze begeben und da(s
während dieser Zeit durch öffiien aller Fenster der Klassenzimmer
und des angrenzenden Korridors eine vollständige Durchltlftang statt-
finde. Die Zwischenwände zwischen den Klassenzimmern und dem
Korridor sind zu diesem Zwecke, wie f<dgt, eingerichtet : Sie bestehen
aus drei horizontalen Teilen, einem oberen 1 m hohen, der aus acht
um horizontale Achsen drehbaren, verglasten Flflgeln besteht, einem
mittleren 80 cm hohen, festen Teil und einem unteren 2 m hohen
Teil, der zur Hälfte aus Wandflaehea, zur Hälfte aus einfiOgeligen
Thflren zusammengesetzt ist, so dafs immer ein ThflrflOgel und eine
gleichbreite Wandflache abwechseln.
Durch diese Anordnung soll zweierlei errricht werden, erstens eine
vollständige und rasche Durchlaftung von so kurzer Dauer,
dafe wahrend der kalten Jahreszeit die Wände nicht auskühlen, und
Bweitens eine bessere Beleuchtung und Durchsonnung der Schul-
zäuner. Die Orientierung derselben hat nur nach NO. und NW,
m erftrigeii, so dab niemals wfthrend des Unterrichts direkte Sonnen*
atraUen auf die linke Fensterwand faU«! und sowohl die Anbringung
Toa Schutzvorrichtungen gegen Sonnenlicht ttberflttssig, als auch eme
gfObere Hitze wfthrend der Sommermonate ausgeschlossen ist. Von
440
der anderen (rechten) Seite gelangen durch die oberen Flttgel der
Scheidewand zerstreate Lichtstrahlen in die Klasse, die eine Ver-
mindening dankler Ecken hervormfen nnd die Belenchtnng der Klassen-
räume wesentlich verbessern.
Nach den dargestellten Skizzen wflrde eine Klasse fftr 50 Kinder,
pro Ekind 1 qm Flftchen- und 4 cbm Luftraum gerechnet, 8 m Länge
und 6,3 m Tiefe erhalten. Die drei Fenster an der linken Seite
ä 2 X 2,50 m geben 15 qm Lichtfläche. Das hohe Seitenlicht
der Scheidewand gegen den Korridor föllt durch eine Fläche von
1 m Höhe und 8 m Länge = 8 qm. Da dasselbe indirekt als zer-
streutes Licht einfällt, wird es nur halb gerechnet, das ergibt also
4 qm. Die gesamte Lichtfläche pro Klasse wäre somit 15 -^ 4
= 19 qm oder mehr als Vs der Fulsbodenfiäche.
Die untere Partie der Scheidewand besteht aus vier festen und
vier beweglichen Teilen von je 1 m Breite und 2 m Höhe. Lüftet
man durch ö&en der oberen Flttgel und der vier Thttren, so wird
eine Fläche von 16 qm frei, woraus ersichtlich ist, dais die Durch-
lüftung achtmal schneller erfolgt, als bei Anordnung einer einzigen
Thüre von 2 qm Gröfse in der Scheidewand.
Der Grundri&skizze in der Broschüre mufis der Yorwurf gemacht
werden, dafs die Flügeltrakte mit je fünf Klassen pro Etage zu lang
sind und dals die Ecklehrzimmer von der vorgeschlagenen Anordnung
abweichen, indem die Korridorwand keine Fenster enthalten kann.
Besser wäre auch die Anlage zahlreicherer Treppen.
Es würde sich sicherlich empfehlen, den Vorschlag Dr. Mangenots
an einem Pariser Schulhausneubau zu erproben. Bei unseren Ver-
hältnissen dürfte es kaum möglich sein, diesen Versuch vorzunehmen.
Diplomierter Architekt Kabl HiKTBlaEB
in Wien.
J. BoLLmaEB-AUEB, Lehrer an der Töchterschule in Basel.
Bewegungsspiele tfoLV Mftdehen. Bearbeitet im Auftrage des
Erziehungsdepartements des Kantons Basel-Stadt. Mit 34 Dlustr.
Zürich, 1894. Grell FüfsH. (96 S. Kl. 8^ Fr. 1,50.)
Als ich in Braunschweig im Jahre 1892 als Vorstandsmitglied
des Centralausschusses fttr Jugend- und Volksspiele in Deutschland
den ersten Lehrgang ftlr Jugendspiele der Mädchen eingerichtet hatte,
war auch der Ver&sser der obigen Schrift nebst noch zwei Lehrern
aus der Stadt Basel im Auftrage des um die dortige Tumsache hodi-
verdienten Erziehungsdirektors, Regierungsrats Dr. Zütt, ein mir
sehr lieb gewordener Teilnehmer an dem Lehrgange. Und heute ist
in der Schweiz vielerorts und ganz besonders in Basel die Spid-
bewegung im besten Flusse zum Segen der heranwachsenden Jugead
441
beiderlei Gescbleohte. Miifs es doch schon als ein gates Zeichen
gelten, wenn eine Schrift, wie die obige, im Auftrage der Erziehnngs-
behörde erscheint.
Dafs der Verfasser ganz besonders daza bemfen war, eine solche
Arbeit abzufassen, konnte man aus seinem „Handbuch für den
Turnunterricht in Mädchenschulen'' (1890) bereits ent-
nehmen.
BoLLiNOEB-AüEB Stellt in einer mit gutem Verständnis
getroffenen Auswahl die Bewegungsspiele für Mädchen im eigent-
lichen Sinne des Wortes zusammen und lädst die grobe Zahl von
Spielen, die man sonst vielfach in ähnlichen Btlchem findet, die aber
ftor die Zwecke des Spielbetriebes so gut wie nichts bedeuten, mit
Recht ganz abseits liegen.
Die kleine Schrift hat im ganzen 27 Spiele aufgenommen,
welche eingeteilt sind in solche, die gespielt werden können 1. im
Freien (10 Spiele); 2. im Freien und im Tumsaale (16 Spiele);
3. nur im Tumsaale (1 Spiel).
Das Ganze ist ttbersichtlich und klar geordnet.
Die Einleitung gibt zunächst Anweisung über die „Bildung
der Spielparteien''. Dem Verfasser stimme ich hier ToUkommen zu,
wenn er empfiehlt, dafs die Parteien, nachdem sie einmal festgestellt
sind, für das ganze Jahr Gültigkeit haben. Auch die Anweisungen,
weldie den Fflhrerinnen der Parteien erteilt werden, zumal die
Aufzeichnungen der Siege (Punkte u. s. w.) seitens der Führerinnen,
zeigen, dab der Verfasser die Erfahrung zu seiner Lehrmeisterin
gemadit hat.
Weiter enthält die Einleitung eine Beschreibung der wichtigsten
Spielgeräte und führt ihre Bezugsquellen an. Mit Recht wird
auf die sehr leistungsfähige Firma von Dolffs & Helle in Braun-
schweig hingewiesen.
Sodann gibt der Verfasser eine gedrängte Anleitung über das
i^Fangen und Werfen des Balles'' unter Anlehnung an die Ton mir
herausgegebene Schrift „Ballübungen^ (2. Auflage 1894). Nicht
oft genug kann betont werden, daüs für die grolse Zahl der Ball-
spiele, die doch immer die wichtigsten und anziehendsten auch filr die
Mädchen sind, eine Vorübung im Werfen und Fangen des Balles,
oder, ganz bestimmt gesagt, eine regelrechte Schulung in der
Handhabung desselben den sichersten Grund legt für einen guten
Betrieb.
Die nach der Einleitung folgenden Beschreibungen der
▼erschiedenen Spiele sind klar, kurs und bestimmt. Die be-
treffenden Abschnitte tragen die Überschriften: der Spielplatz, die
Spielgeräte, Zahl, Einteilung und Aufstellung der Spielerinnen, Spiel-
442
gedaoke imd Gang des Zieles. Diese Anordnang hat sehr viel Ar sieh,
denn äe bietet dem Snchenden sdmell eisen Überblick 9her dm
Ganze des Spieles, das er benntzen will.
Die Spielregeln sind je nach der Oröfse nnd BeBchaflbnheit
des Spielplatzes, nach der Zahl d» Spielerinnen vnd nadi der Alien^
klasse, in welcher sie sich befinden, versdiieden festgestellt worden,
und der Verfasser hat im ganzen anch hierin das Biehtige
getroffen.
Die beigegebenen Figuren haben, besonders flb* die Ein*
richtung des Spielplatzes, sowie fttr die Aufstellung dar Parteien,
grofee Bedeutung; sie sind sehr unterriditmid. Die Figur 7 gibt z. B.
in hödist gelungener Weise die Ausgangshaltung und -Stellung zun
Schleuderwurf, der für die Mädchen, zumal beun Grenzballspiel, sehr
wichtig ist.
Das Gehen auf Stelzen ist wohl eine gute Übung für das
Balancieren des Körpers auf geringer Sttttzflftche, aber es erscheinl
mir ffHr den Zweck der Leibesübung und -bildung ganz un-
wesentlich. In einem Buche über Spiele hätte es füglich fortbleiben
können.
Die Schrift sei hiermit allen, welche sich über die Bewegungs-
spiele für Mftdchen unterrichten wollen, bestens empfohlen.
Herzoglicher Tuminspektor, Gymnasiallehrer AuausT Hebicann
in Braunschweig.
Dr. PlAhn und Dr. 0. Gbrlach. Braiehnn^uistalten mfti
Handfertigkeitsunterricht. Erziehungsanstalt von Dr. Plähv,
Realschule zu Waldkirch i. Br. Freiburg i. Br., 1894. Fr. Wagner.
(17 S. 4».)
Bei der gedeihlichen Entwickelung, in welcher gegenwärtig die
Bestrebungen des deutschen Vereins für Enabenhandarbeit vorwärla«
schreiten, ist' es kaum nötig, der guten Sache der Erziehung zur
Arbeit noch das Wort zu reden. Sie spricht durch ihre Erfolge
deutlich genug fttr sich selbst Audi Behörden und LehrerkoUegteB,
denen durch d^ Verein Denkschriften über den Arfoeitsnnterriokft
zugesandt worden sind, haben in der Mehrzahl ihre Stellung zur Saite
dahin präcisiert, dals sie sich bereit erklären, die bezüglichen Be-
strebungen bei sich bietender Gelegenheit wirioam zu unIttrstütieB.
So sind yon den Handelskammern zu Landeshnt in ScUesien, Mflnster,
Sagan, Sprottau, Hildburghausen, Nürnberg, Thorn, Köln iu n.
Äu&emngen in günstigem Sinne ftlr die Erziehung zur Arbeit ein-
g^angen. Das Ministerium zu Anhalt bereitet die Fiinftthmng des
Arbeitsunterrichts in die Schulen des Landes vor, und noch rielerloi
Kundgebungen zu Gunsten der Sache hegen neuerdings tot.
443
So sehr aber diese Anerkennmig fOr den ArbeitsnntMTickt
spricht, so oft es wiederholt worden ist, wie yorteilhaft derselbe die
Thfttigkeit der Schule nnterstfltzt, so haben doch gerade diejenigen
ünterrichtsanstalten , welche den grO&ten Gewinn ans dem Hand-
fertigkeitsnnterrichte ziehen konnten, sich zumeist noch recht kftfil
dagegen veriialten. Wenn tie höheren Lehranstalten sich die
Vorteile jenes Unterrichts zn nntze machen wollten, so würden sie
ihrem Ziele um yieles nfther kommen. Es ist andi ihnen oft genng
in Wort nnd Schrift gezeigt worden, wie der Handfertigkeitsnnterricht
das Erziehnngswerk der Schnle fordert, indem er durch Ge«
wOhnong der Schttler an Ordnung nnd Sauberkeit, Fleib und
Sparsamkeit sittlich auf dieselben einwirkt, die Beobachtungsgabe
schärft, Auge und Hand übt, körperliche Tüchtigkeit, Geschicklichkeit
und Willenskraft entwickelt. Ebensowenig kann es einem Zweifel
unterliegen, dafs derselbe die Schulbegriffe in die anschauliche Praxis
umsetzt und die Schüler anleitet, sich selbst für solche Yeranschaulichung
die einfachsten HilfiBmittel und Vorrichtungen zu schaffen, dafs
er femei, neben das theoretische Wissen die empirische Erprobung
stellend, die Entwickdung der praktischen Intelligenz fördert nnd
so durch die Begünstigung der Indiyidnalitftt des einzelnen ein
wirksames Gegengewicht bietet gegen den nivellierenden, jegliche
Eigenart unterdrückenden Zwang des theoretischen Unterrichtes.
Um so freudiger ist es zu begrüfsen, wenn eine höhere Schule
den praktischen Beweis für die Richtigkeit jener theoretischen Aus-
einandersetzungen liefert, wie dies die Erziehungsanstalt von
Dr. PlAhk, eine Bealschule zu Waldkirch i. Br., gethan hat.
Der letzte Jahresbericht derselben yon 1894 enthält beherzigenswerte
Dariegungen des Vorstehers Dr. Plähn, sowie des Leiters der prak-
tischen Beschäftigung der Schüler Dr. 0. Grblach über die Einrichtung
und die Ziele des an der Anstalt eingeführten Handfertigkeitsunterrichts.
Dafs derselbe dort aus yölHg freiyrilliger Neigung einzelner nach und
nach sich entwickelt hat, ist Beweis genug für seinen Wert. Ganz be-
sonders aber herrorzuheben ist eine Frucht jener Beschäftigung
nämlich die weitgehende Förderung des chemischen und physikalischen
Unterrichtes durch dieselbe. Hier zeigen die Darlegungen des
Jahresberichtes, wie erst die praktische Beschäftigung gründliche
Bekanntschaft mit den chemischen und physikalischen Apparaten und
damit volles Verständnis ftlr den theoretischen Unterricht ermöglicht,
wie neben der schätzenswerten Erholung von geistiger Anstrengung
die Entfaltung der Neigungen des einzelnen begünstigt, der Drang
nach Selbständigkeit und freier Thätigkeit in die rechte Bahn ge-
leitet und so dem Schulunterrichte dienstbar gemacht wird. Wer als
Lehrer nur einmal den Versuch gemacht hat, seine Schüler in
444.
JL JL JL
diesem Sinne znr praktischen Thätigkeit anzuleiten, der wird von
ihrem Werte überzeugt sein. Und wenn anch zuzugeben ist, dab
in einer geschlossenen Lehranstalt, wie in deijenigen zu Waldkirch,
der Handfertigkeitsunterricht bei weitem leichter und erfolgreicher
betrieben werden kann, als in einer öffentlichen höheren Schule,
welche nur während der Unterrichtszeit yollen Einflufs auf ihre
Schüler hat, so wird doch jeder Versuch nach dieser Richtung
zeigen, dafis auch die öffentlichen höheren Lehranstalten nicht
hinter den Internaten zurückzubleiben brauchen. Möge das Beispiel
der Eealschule zu Waldkirch recht vielseitige Nachahmung finden!
Realgymnasiallehrer Dr. phil. E. HOHN in Eisenach.
Oberbürgermeister Paul am Ende in Dresden. Die Aufnahme
des hauswirtschaftlichen Untemchts in den Lehrplan der
Volksschule. Sonderabdruck aus der „Deutschen Q^memde^
zdUmg^. Berlin, 1894. Selbstverlag und in Kommission von
Wamatz & Lehmann in Dresden. (23 S. 8^. JL 0,80.)
Die Frage nach einer besseren hauswirtschaftlichen Ausbildung
der weiblichen Jugend beschäftigt seit einigen Jahren die weitesten
Kreise in lebhafter Weise. Der Verfasser, früher Oberbürgermeister
in Rudolstadt, ist in Wort und Schrift wiederholt in dieser An-
gelegenheit thätig gewesen.
In vorliegender Broschüre bespricht er zuerst die Not-
wendigkeit der hauswirtschaftlichen Unterweisung, insbesondere des
Kochunterrichts, von dem alle diejenigen Kreise, für die er zunächst
Bedürfnis ist, nur dann Nutzen haben, wenn derselbe allgemein durch-
geführt, also in den Lehrplan der Volksschule aufgenommen wird.
Zwar erheben sich, wie das bei allen Neuerungen im Schulwesen
der Fall ist, manche Stimmen gegen diese Aufnahme in die Volks-
schule, aber die vorgebrachten Gründe sind nicht immer stichhaltig,
so dafs deren Zurückweisung dem Verfasser keine besondere Mühe
macht. Den Schlufs der Broschüre bildet eine Darstellung der ge-
schichtlichen Entwickelung und der gegenwärtigen Verbreitung der
hauswirtschaftlichen Unterweisung, sowie eine Beschreibung der für
diesen Zweck geschaffenen Schuleinrichtungen.
Natürlich kann in einem so kurzen Schriftchen nur alles in
grolsen Zügen ausgeführt sein; aber zur allgemeinen Orientierung-
über diese wichtige Frage ist es — und nicht zum wenigsten wegen
seiner Kürze — wohl geeignet.
Städtischer Lehrer 0. Janke in Berlin.
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d^rijittaUb^ttilttttjttt.
Anweisungen
lur Erhaltung und Pflege des Sehrermögens der Zöglinge
der Militftrersiehnngs- und -Bildnngsanstalten.
Von
Staatsrat Dr. med. B. G. von Medem,
Oberarzt am Peterkadettenoorps zu Poltawa:
In seiner Fürsorge für die WoUfahrt der den Lehranstalten
des Eriegsministeriums angehörenden Zöglinge hat der Chef
dieser Anstalten, Se. Excellenz der General der Infanterie
N. A. Machotik, es für notwendig erachtet, im Anfange des
Jahres 1894 eine Eonunission zu dem besonderen Zwecke ein-
zusetzen, die Ursachen der ungenügenden Sehkraft der Zög-
linge festzustellen und Mittel imd Wege zur Bekämpfung
dieses Übels anzugeben.
In diese Kommission waren folgende Specialisten für
Augenkrankheiten, bezw. Ärzte an Militftrerziehimgs- und -Bil-
dxmgs-anstalten berufen: Professor des klinischen Instituts der
Groisf&rstin Helena Pawlowna Dr. med. Donbebg; Professor
der Kaiserlichen medizinischen Akademie Dr. med. Bellabminow ;
Ehrenleibokulist Sr. Kaiserlichen Majestät Dr. med. Tiohomibow;
Primararzt der Augenabteilung des Nikolaihospitals Dr. med.
Lawbbntiew; Oberarzt des Oharko wachen Militärhospitals Dr.
med. Bjbsch ; Oberarzt des Pagencorps Sr. Kaiserlichen Majestät
Dr. med. JüBaENSOHK; Arzt der Nikolaikavallerieschule Dr.
med. Dehiakowicz; Oberarzt der ersten Paulsmilitärschule
•e1i«]fftnai41i«ltipiegtt fUl. 29
460
Dr. med. Prosoboff; Oberarzt der zweiten KonBtantmmilitftr-
Bchtde Dr. med. Sekkewitsoh; Oberarzt des Nikolaikadetten-
Corps Dr. med. Plinatub; Oberarzt des ersten Kadettencorps
Dr. med. Kokdbatibff; Oberarzt des zweiten £[adettenoorps
Dr. med. Danini; Arzt des Alexanderkadettencorps Dr. med.
Bmibboff; Oberarzt des Peterkadettencorps Dr. med. Mbdek;
Oberarzt des Donschen Kadettencorps Dr. med. Basohekoff.
Das Prfisidiom dieser Kommission war dem Generalmajor
BuTOwsKT, Beamten für besondere Aufträge bei der Ver-
waltung der Militärerzielinngs- und -Bildnngsanstalten, über-
tragen worden; Schriftführer der Kommission war Ho&at
Pbtroff.
Folgende Ausführungen sind ein Auszug aus den um-
&ssenden Arbeiten der Kommission, von Dr. Mkt>km im Auf-
trage der Mitglieder zusammengestellt.
An der Verminderung der Sehkraft der Schüler tragen
hauptsächlich die unzweckmälsigen Klasseneinrichtungen schuld.
Daher nimmt die Kurzsichtigkeit auch bei denjenigen« die sohon
mit dieser Anomalie in die Sdiiule eintraten, während des Be-
suches derselben immer mehr zu. Einige Zöglinge sind bereits
erbUch zu Kurzsichtigkeit veranlagt; in solchen Fällen entwickelt
eich das Übel um so rascher und in desto höherem Q-rade, je
ungeeigneter die Klasseneinrichtungen sind. Aufserdem ver-
anlassen eine Verschlechterung anomaler Sehkraft bei den
Lernenden auch noch andere Ursachen, z. B. da& zu spftt
Malsregeln gegen dieses Übel, welches schon in die Schule
mitgebracht wurde, zur Anwendung kommen, da& Schüler in
die Anstalten angenommen werden, deren Sehschwache un-
ausbleiblich unter dem ü^nflusse der Anforderungen, welche
de jetzige Lehrbetrieb an die Lernenden stellt, zunehmen
muls U.S.W.
Zum Schutze des Sehvermögens der Schüler hat deshalb L
die ünterrichtsanstalt für zweckmäfeige E^lasseneinriohtongen su
sorgen. TL. G^egen Sehfehler, welche in die Anstalt schon
von Hause mitgebraoht sind, müssen Mabregeln getroffen werden^
451
um die Lernenden vor weiterer Yersohleclitenuig des Seh-
yermögens zu bewahren und ihnen die Möglichkeit zu geben,
den Anforderungen der Schule und den Bedingungen, unter
welchen sie in den Militärdienst eintreten können, zu genügen.
in. Bei der ärztlichen Besichtigung neu aufzunehmender
Schäler muis sich die Aufmerksamkeit besonders auf fehlerhaftes
Sehyennögen richten, wobei folgende Funkte klarzulegen sind:
Ist das Übel derart, dafs es sich unausbleiblich in der Schule
Terschlimmem wird? Wenn nicht, bedarf der Aspirant nur
unyerzüglicher ärztlicher Hilfe? Kann diese Hilfe zu dem
gewünschten Aesultate führen, d. h. wird das Übel sich so-
weit heben lassen, dals der Schüler den Anforderungen des
Militärdienstes entspricht?
I. Klasseneinrichtung.
Unter Klasseneinriohtung yerstehen wir Lage und Bau
des Schulzimmers, Baumyerhältnisse, Beleuchtung, Subsellien.
Femer besprechen wir an dieser Stelle Lehrbücher, Art und
Weise der Beschäftigung mit schriftlichen Arbeiten, Verteilung
der Arbeitszeit, Freistunden, körperliche Übungen. Auch Lüf-
tung und endlich Beinlichkeit in den Schulräumen sollen hier
zur Erörterung kommen.
1. Die Bauart des Schulzimmers.
Beim Baue yon Schulhäusem und Arbeitsstätten für Schüler
hat man auf folgende Punkte Rücksicht zu nehmen:
Ldl einem Musterschulzimmer dürfen nicht mehr als
36 Schüler untergebracht sein. Die Zahl und Gröfse der
Fenster, ihre Iiage nach der Himmelsrichtung und in Bezug
auf den Schreibenden, die Farbe der Wände und sogar die
Umgebung des Schulhauses müssen den Anforderungen einer
guten Tagesbeleuchtung entsprechen. Es ist nötig, dafs auf
jeden Schüler wenigstens 6,3 m^ Luft- und 1,6 m* Flächen-
raum komme. Daher muüs das Schulzimmer 8,5 m Länge und
6,4 m Breite bei 4,2 m Höhe haben; eine grölsere Höhe
als 4,5 m darf dasselbe zur Vermeidung störender Resonanz
nicht besitzen.
29*
452
Die Fenster müssen nach 0, S oder S-0 geriohtei und
Kum Schutz gegen Sonnenstrahlen mit Vorhängen aus derher,
ungebleichter Leinewand ^ versehen sein. Die Fenstervorhänge
sollen sich von unten nach oben auMehen lassen und an der
Wand über der Fensteröffiiung, nicht in dieser selbst angebracht
sein. Am besten befinden sich die Fenster zur Linken der Schrei-
benden. Ihr unterster Band kann Ü,9 bis 1 m über dem Fuls-
boden liegen. In letzterem Falle, d. h. bei 1 m Höhe, muis
das Fensterbrett nach dem Zimmer hin geneigt sein, damit
auch die in der Nähe des Fensters stehenden Tische eine aus-
reichende Beleuchtung erhalten. Der obere Band des Fensters
liege so nahe als möglich an der Zimmerdecke; jedenfalls muis
eine Linie von diesem oberen Bande nach dem am weitesten
an der gegenüberliegenden Wand stehenden Tische mit der
Horizontalen einen Winkel von nicht weniger als 30® bilden.
Die Glasfläche der Fenster soll sich zur Bodenfläche wie
1 : 4,5 verhalten. Die Pfeiler zwischen den Fenstern müssen
nach dem Zimmer zu abgeschrägt sein, und zwar um so stärker,
je dicker die Wände sind. Zugleich müssen sie eine so geringe
Breite besitzen, dals keiner der Schultische sich im Schatten
befindet. Womöglich sollen die hölzernen Fensterkreuze duroh
dünne eiserne Stäbe ersetzt werden. Für die Gröise und Zahl
der Fenster könnte, den oben angefahrten Grundsätzen gemftls,
das folgende Schema dienen:
Entfernung der vorderen Wand von der ersten Fenster-
öffiaung 1,0 m
Breite der ersten FensteröflBaung 1,5 „
des ersten Zwischenpfeilers 0,3 «
der zweiten Fensteröffiiung 1,5 „
des zweiten Zwischenpfeilers 0,3 ^
der dritten Fensteröffiiung 1,5 ^
des dritten Zwischenpfeilers 0,3 ^
7)
»
7)
n
7)
^ Solche Vorhänge lassen zu wenig Licht durch; vergl. diese Z«it.
1895, No. 1, S. 87--d9. D. Bed.
453
Breite der vierten Fensterö&ung 1,5 m
Entfemnng zwischen letzter FensteröfiEnnng nnd Wand 0,6 „
Znsammen 8,5 m.
Die beste Tagesbelenohtnng wird erzielt, wenn sich vor
den Fenstern des Schnlgebftndes ein freier Platz befindet.
Liegen aber die Fenster nach einer Straüse zn, so „mnCs der
Abstand der gegenüberliegenden Gebände doppelt so groJs sein,
als die Höhe derselben^ (Javal, H. Cohn); andernfalls sind
die Schnlzimmer in den oberen Stockwerken nnterzubringen.
Für den Fnlsboden der Klassen eignet sich am besten
Eichenparkett.
Die Wände derselben müssen Luftwechsel gestatten.
Daher darf nur ihr unterer Teil, etwa auf 1,5 m Höhe, mit
Ölfarbe gestrichen sein ; die Farbe dieses Teiles soll dnnkelgran,
die des übrigen Teiles der Wand hellgrau, die der Decke matt-
weiJEs sein.
Falls das Schulzimmer keine künstliche Ventilation besitzt,
müssen oben in den Fenstern Klappscheiben angebracht
werden. Die beste Art der letzteren sind solche, deren innere
Klappe sich nach oben und deren äuTsere Klappe sich nach
unten ö£fhen Iftlst. Es empfiehlt sich ein Mechanismus, der
das Öffiaen beider Klappen zu gleicher Zeit ermöglicht.
2. Beleuchtung.
Das angenehmste und für das Auge unschädlichste Licht
ist .das Tageslicht. Das beste erhält man in unseren Himmels-
striolhen bei der oben angegebenen Orientierimg und Bauart
der Schulzimmer.
Alle künstlichen Lichtquellen sind dem Auge mehr oder
weniger nachteilig. Sie erhöhen auiserdem die Temperatur, ver-
brauclien Sauerstoff und yerunreinigen die Luft durch Ver-
brennungsprodukte. Zu denselben gehören Elektricität, Gas,
Petroleum, öl, Kerzen u. a.
Elektrisches Licht kommt dem natürlichen Lichte am
nächsten. Es erwärmt die Luft wenig und verdirbt sie fast
gar nicht.
üine unlängst eingeführte und immer weitere Verbreitung
454
findende Art von Gaslicht, das AüEBSohe Gku^glülilioht, gibt
ein gleiohmäisigeB, bläolich-weilses Licht, ähnlich dem elek-
trischen. Dasselbe erhitzt und verdirbt die Luft mehr als
elektrisches, aber in viel geringerem Ghrade als das gewöhnliche
Gaslicht nnd alle übrigen Lichtquellen.
Öl oder Kerzen gebraucht man wohl in keiner Lehranstalt
mehr, und kaum wird sich die Notwendigkeit, zu ihnen zurück*
zukehren, herausstellen.
Gasbeleuchtung existiert in den Militärbildungsanstalten
auch nicht.
Es bleibt also nur das Petroleum übrig, womit gegen-
wärtig diese Anstalten fast ausnahmslos beleuchtet werden.
Dieser Lichtquelle aber sind alle die oben genannten Nachteile
in hohem Grade eigentümlich. Daher müssen sämtliche Schul-
räume, die Petroleumbeleuchtung besitzen, mit gut angelegten
künstlichen Yentilationsvorrichtungen versehen sein. Dieselbe
Bedingung ist auch bei allen übrigen Lichtquellen unerläblich,
ausgenommen die Elektricität.
Was nun die richtige Anlage einer künstlichen Beleuch-
tung betrifft, so muls sie folgende Grundbedingungen erfüllen:
Als normal kann eine solche von 50 Meterkerzen ^ Helligkeit
gelten. „Wenn wir nun aber auch 50 Kerzen als das
beste, als Ersatz des Tageslichtes bezeichnen, so verlangen
wir doch nichts Unbilliges, wenn wir als Minimum der
hygienischen Forderungen nur den fünften Teil der obigen
Lichtmenge, d. h. 10 Meterkerzen, aufirtellen, bei welchen man
ebensoschnell und ebensoweit, wie am Tage, liest^ (H. Oohk).
Eine Beleuchtung, die eine gröüsere Helligkeit als 50 Meter-
^ „Webbb fübxte als Mafs die Meterkerze ein, d. h. die Helligkeit,
welche ein Blatt Papier zeigt, welche« gegenäber von einer 1 m ent-
fernten Normalkerze aufgestellt wird. Man bestimmt also in jedem
beliebigen Falle, wieviel Normalkerzen (d. h. Spermaoetikerzeti, von
denen 6 auf ein Pfand gehen) 1 m von dem Platze entfernt brennen mfissem,
damit sie ihn gleich hell beleuchten, wie er momentan vom difioaan
Tageslicht beleuchtet wird''. (Lehrbuch der [Hygiene des Äugea roA
H. CoHV, 1892.)
466
kffnen besitzt, ist den Augen sohädlioh. Andererseits wirkt
abei eine sa sohwache Belenohtnng yiel naehteiliger, denn
,i2a hellee Licht können wir immer mäfingen, aber gegen
m wenig Idckt kann man siek nickt sdittteen" (H. Oobv).
Eine Belenohtnng nnter 10 Meterkerzen darf in
keiner gnten Erzieknngsanstalt geduldet werden.
Die Arbeitsplätze müssen femer möglichst gleichmäßig
beleuchtet sein. Nur denjenigen Plätzen im Schulzimmer, wo
die Schüler sich nicht beschäftigen, gibt man besser eine
sehwäohere Beleuchtung, damit das Auge bei Unterbrechung
der Arbeit genügende Erholung yon der fortwährenden Beizung
durch Lichtstrahlen findet. Doch müssen hierbei zu starke
Kontraste vermieden werden.
Die künstliche Beleuchtung der Schulzimmer soll wenigstens
einmal jährlich einer Prüfong unterworfen werden. Dieselbe
wird entweder von den Lehrern allein, oder in Qemeinschaft
mit den Ärzten der Anstalt vorgenommen. Die Besultate der
Prüfangen sind im Dujourjoumal zu vermerken. Am besten
wird die Ldehtstärke vermittelst einee Photometers gemessen;
dasjenige von Petsuschbwskt, welches eine Lichtstärke bis
zu 14 Meterkerzen nachweist, genügt für die betreffenden Zwecke
vollkommen.
Die beste xmd gleichmäfsigste Beleuchtung der Schultische
erhält man, wenn man über denselben eine möglichst grolse
Anzahl nicht starker Flammen, welche mit Liehtschirmen und
Eontrarefiektoren versehen sind, anbringt. Letztere dienen
hauptsächlich zum Schutze vor der schädlichen Wirkung der
unmittelbar aus der Lichtquelle ins Auge fallenden Strahlen.
Entsprechende Gfröfse und Form, sowie richtige Stellung des
Lichtschirmes xmd Kontrareflektors zu einander verstärken die
Beleuchtung der Pulte.
Die genannten Bedingungen sind bei der hygienischen
SohuUampe von Dr. Beich eingehalten. Der Brenner liegt
5 — 6 cm tiefer, als der untere Band des Lichtschirmes, und ist
von unten durch einen stark ausgebogenen Eontrareflektor,
der aus dünnem Milchglase mit glänzender Lmenfläche besteht,
456
yerdeokt. Der grobe konisohe Lichtsoliinii aus Eisenblech,
welcher innen mit weilser, leicht bläulicher Farbe gestrichen
ist, hat folgende Ma&e: der Durchmesfier des greisen Elreisee
betrfigt 1 m, die Höhe 20 — 22 cm, die obere Öffiiung ist gerade
grols genug, mn den Glascylinder durchstecken zu können.
Bei elektrischer Beleuchtung ist natürlich die obere Öff-
nung im Lichtschirme und die untere im Kontrareflektor nicht
nötig.
Der Abstand des Brenners vom Tische darf bei Petroleum
und anderen Lichtquellen, aulser Elektricität, nicht weniger
als 1 m betragen; die elektrische Lampe, als die schwächste
Wärmequelle, kann viel niedriger angebracht werden.
3. Subsellien.
Der Schüler muis gerade beim Unterricht sitzen, eine
gerade Haltung aber ist nur bei rationellen Schultischen mög-
lich. Für die Herstellung solcher Subsellien gelten folgende
B.egeln.
Die Tischplatte soll soweit vom Auge entfernt sein, dafis
ein mit normaler Sehkraft begabter, gerade sitzender Schüler
flie&end lesen, schreiben und zeichnen kann; es ist dies bei
einem Abstände von 36 — 46 cm möglich.
Die Bankbreite mufs für die gerade Haltung bequem sein
und keine Ermüdung erzeugen; sie betrage mindestens 30 cm.
Die Lehne der Bank soll eine passende Stütze darbieten.
Dieselbe hat auch das Becken des Sitzenden so zu fixieren,
dafs das unwillkürliche Zurückweichen des Oberkörpers un-
möglich wird. Zu gleicher Zeit darf sie die freie Beweglichkeit
des Körpers nicht hemmen. Wenn der Schüler sitzt, so sollen
seine Fü&e nicht firei in der Luft herabhängen.
Berücksichtigt man diese Bedingungen, so ergibt sich im
einzelnen nachstehendes:
ai Die Tischplatte mulis aus zwei Teilen bestehen. Der
grölsere Teil derselben, 40 cm breit, habe eine Neigung Ton
1 : 6 (= 9,6^); der kleinere Teil, der von der Brust des Schülers
entfernt liegt, sei 10 cm breit und horizontal.
b. Die senkrechte Entfernung des Tisches von der Bank, d. h.
467
die Differenz, betrage bei Knaben V^ der KörpergrOüse, plus
4—6 cm (fl. Cohn).
c. Die horizontale Entfernung von Tisob nnd Bank mala
eine negative von 4—5 om sein, d. h. eine senkrechte Linie,
vom hinteren Bande des Tisches auf die Bank geMlt, mala
diese in einem Punkte treffen, der vom vorderen Bande der-
selben 4—5 om entfernt ist.
d. Die Bankbreite mnis der Länge der Oberschenkel der
Zöglinge gleich sein nnd, wie bereits bemerkt, mindestens 30 cm
betragen (H. Cohn).
e. Die BankhGhe soll soviel» wie die Länge der Qnter-
sohenkel, d. h. V? der Körperlänge des Schülers, betragen.
Bei solcher Höhe sind die Unterschenkel im rechten Winkel
zum Oberschenkel gebeugt, und der FuGs ruht mit der ganzen
Sohle auf dem Boden oder dem Fuisbrett.^
f. Die Lehne ist am besten eine Kreuzlehne. Sie kann
aus einer 5—7 cm breiten Leiste in Ejreuzhöhe bestehen.
Der Abstand ihrer vorderen Fläche vom Tischrande muGs der
Differenz gleich sein. Es ist eine Fortsetzung der Kreuzlehne
nach oben bis zum Winkel der Schulterblätter einschliefslioh
gestattet, doch nur unter der Bedingung, dafs diese Fortsetzung
eine kleine Neigung nach hinten habe.
g. Die Platzlänge soll ungeMr60cmfarjeden Schülerbetragen,
h. Das Bücherbrett ist in einer solchen Breite und Höhe
anzubringen, daCs es die Kniee des Schülers nicht berührt
Zur Vermeidung der Unbequemlichkeiten, die eine Minus«
distanz beim Aufstehen verursacht, und um eine positive
Distanz zu der Zeit benutzen zu können, wenn der Schüler
nur den Erklärungen des Lehrers zu folgen hat, mufe der
geneigte Teil der Tischplatte beim Schreiben hervorzuziehen,
oder der Länge nach in zwei Hälften geteilt und herunter-
zuklappen sein. Als Modelle solcher Subsellien können Künzbs
Schiebetisch und Pabows Klapptisch dienen.
^ Aus BeinliohkeitBrfloksiohten ist es riohtiger, ein solches nioht
anzubringen.
458
Di« SaVselUen müssen ans liartem, trockenem Holx xmd
Borg<ig gearbeitet sein, so dab sieh die yersohiebbare Tiech-
plaAte ohne Mühe handhaben IaM, andereneitB aber durch ihre
Sehwere nicht von selbst herabgleitet. Die Scharniere dürfen
vitki über die Tischfläche hervorragen nnd müssen genügend
dauerhaft sein. Die Snbsellien können eine helle Farbe er«
halten, ausgenommen die Oberfläche der Tischplatte, die matt-
schwarz sein soll.
Ebensoschwarz mnls andh die Wandtafel sein.
In der Klasse sind die kurzsichtigen Schüler derselben
ntiier zn setzen.
Die Snbsellien müssen dem Wüchse der Zöglinge ent-
sprechen; zn letzterem Zwecke hat die Anstalt nach meinen
Messungen 5 yerschiedene Gröisen derselben nötig.
Einsitzige Schulbänke yerdienen den Vorzug. Dort aber»
wo sie der Baum nicht erlaubt, sind Bänke mit zwei Plätzen
zn benutzen. Subsellien, auf denen eine gröisere Anzahl Ton
Schülern sitzen kann, dürfen in den Ellassen nicht geduldet
werden.
Den Anstalten, in welchen fär Abendbeschäftigungen be-
sondere Bäume vorhanden sind, können die von Dr. Mitkb-
WITSCH vorgeschlagenen achteckigen Tische empfohlen werden.
Bin solcher Tisch hat 1 Faden im Durchmesser, und seine
Platte stellt 8 gleichschenklige Dreiecke dar, deren Spitzen
miteinander znsammenstoJsen. Jede Bandseite des Aohteoka
ist IVs Arschin^ lang. Die vereinigten Spitzen liegen höher
als der Band, so dafs der Tisch eine achtseitige Pyramide
darstelli Die Flächen haben eine solche Neigung, dafii sie
bequeme Arbeitsplätze für die einzelnen Schüler bieten. Die
Pyramide ist an der Spitze abgestumpft und bildet eine hori-
zontale Ebene, auf der die Tintenftsser Platz finden. Über
diesem Tische hängt in der Mitte in passender flöhe eine
Lampe. So ist es möglichi acht Plätze mit einer solchen gleich-
mäfsig zu beleuchten, worin eben der Vorzug des Tisches liegt
^ 1 Arsohin » 71 cm. D. Bad.
469
Pnlte können aneli zugelassen werden, nm an ihnen abends
stellend zu. arbeiten.
Gnte Zugaben zu Sebultisohen sind Lesepulte. Als bertes
üt gegenwärtig Kuokebts^ Lesepult anerkannt. Es wird an
dem Tische gerade vor dem Schüler mit Schrauben befestigt,
und auf ihm ruht in beliebiger Lage und Hohe das Buch,
aus welchem derselbe liest oder abschreibt.
4. Bücherdruck, Papier und Handschrift.
Der Wert der Lehrbücher Tom Standpunkte der Hygiene
des Auges hängt ab von der Güte des Papiers, der Gröise,
Deutlichkeit und Schwärze des Druckes, von den Zwischen-
räumen sowohl zwischen den Zeilen (DurchschuTs), als auch
den einzelnen Buchstaben (Approche) und Worten, von der
Vorbereitung des Papiers in den Buchdruckereien, vom Trocknen
der Bücher, bevor dieselben benutzt werden, und endlich von
der Zeit, wie lange sie in Gebrauch sind.
Das Papier mulüs überall möglichst gleich dick und nicht
durchscheinend sein. Das Durchscheinen des Druckes beruht
auf einem hohen Prozentsatze von Holzstoff im Papier. Dieser
läfet sich durch das Mikroskop nachweisen oder auch durch
einen Tropfen schwefelsauren Anilins, welcher auf dem Papier
eine bräunlichgelbe Färbung hervorbringt. Das letztere soll
femer eine weiise Farbe ohne Beimischung von Blau besitzen
imd nicht glänzend sein. Die gedruckten Bogen müssen gründ-
lioh getrocknet und zwischen Glättpappen einer längeren, starken
Fressung ausgesetzt werden.
Die Höhe der Buchstaben darf nicht weniger als 1,75 mm,
die Dicke der Grundstriche nicht weniger als Vs mm, die
Approche nicht unter 0,75 — 1 mm betragen.
Diese Maise entsprechen dem „Oicero^druck. Da det^
selbe jedoch in den Druckereien bald grölser, bald kleiner ist,
80 dienen am besten Bücher mit bestimmtem Drucke als Muster,
nämlich für die unteren Klassen die im Jahre 1887 erefchi^iene,
von Dr. Mebbm ausgeftihrte russische Übersetzung der y^Bygiene
^ Tergl. diese Zeitschrift 1898, No. 6, 8. 281. D. fied.
460
des Auges in den Schulen^ von Professor H. Cohn und für die
oberen Klassen das ^Lehrlmch der franaösischen Sprache^ toh
MosEB, herausgegeben 1B90.
Die Buchstaben müssen scharfe umrisse haben und tief
schwarz sein. Infolge langen Gebrauches, namentlich wenn
kein genügendes Trocknen statigefnnden hat, und ebenso bei
unachtsamer Behandlung der Bücher verwischen sich die Buch-
staben, werden mehr oder weniger grau und verlieren ihre
scharfen Konturen. Solche Bücher erfordern eine stärkere
Anstrengung der Sehkraft, wirken schädlich auf das Auge und
sind daher auiser Gebrauch zu setzen.
Die Schrift kann entweder steil, oder schräg sein. Bei
steiler Schrift liegt das fleft genau vor der Mitte des gerade
sitzenden Schülers, der untere B^nd desselben und die Zeilen
verlaufen parallel zum Bande des Tisches und zu der sogenannten
Basallinie, welche die Drehpunkte beider Augen verbindet;
die Grundstriche der Buchstaben stehen zur Basallinie senk-
recht. Dies sind Bedingungen, unter denen der Schüler gerade
sitzen kann, ohne viel erinnert zu werden. DaCs dem so ist,
wird auch durch die Erfahrung bekräftigt und bildet den Grund,
weshalb viele Hygieniker für die Steilschrift eintreten.
Von anderer Seite werden jedoch folgende Vorzüge der
Schrägschrift hervorgehoben : sie ermöglicht rascheres Schreiben,
das Schreiben selbst ermüdet weniger, da die Buchstaben durch
unkompliziertere Bewegungen ausgeführt werden, und das
Geschriebene ist überhaupt leserlicher. Bei der schiefen Schrift
kann freilich der Schüler eine unrichtige Körperhaltung an-
nehmen, aber das ist durchaus nicht notwendige Folge der-
selben. Wenn von selten des Lehrers nur die nötige Aufsicht
geübt wird, sitzt der Zögling bei der schrägen Schrift eben-
sogut, wie bei der steilen. Der Schreibunterricht muTs zunächst
dazu dienen, dem Kinde die richtige Haltung beizubringen,
und dann erst ein Schönschreibunterricht sein. Die Lehrer
und Erzieher sind verpflichtet, darauf zu achten, daiis der
Schüler bei allen schriftUchen Arbeiten in und aufser der
Klasse den Körper gerade halte. Eine falsche Körperhaltung
461
während des Schreibens müfiste ebenso als Vergehen gegen die
Disoiplin anfgefabt werden, wie es bei den Elxerzierübungen
geschieht.^
Als Segeln fdr eine gute Haltung bei geneigter Schrift
können folgende aufgestellt werden: Der Schüler sitze gerade,
ohne sich an der Lehne der Bank zu stützen und ohne den
Band des Tisches mit der Brust zu berühren* Die Schultern
dürfen nicht vorgebeugt sein; eine dieselben verbindende Linie
muls dem Tischrande parallel verlaufen. Beide Ellenbogen sollen
symmetrisch auf dem Tische aufliegen, das Heft sich gegen-
über der Mitte des Schreibenden befinden und ein wenig nach
links geneigt sein, wobei die Grundstriche senkrecht zum Tisch-
rande fallen. Der rechte Vorderarm stütze sich auf den Tisch-
rand und bewege sich mit diesem Stützpunkte von links nach
rechts, um die Zeile mit der Feder verfolgen zu können. Die
linke Hand halte das Heft und schiebe es um so weiter hinauf,
je mehr sich die Schrift dem unteren Bande nähert.
Die Höhe der Buchstaben darf, nachdem der Schön- und
Schnellschreibkursus durchgemacht ist, nicht weniger als 3 mm
betragen. Die Länge der Zeilen sei in den unteren Klassen
Va der Breite eines Quartblattes, in den oberen V« der Breite
eines halben Bogens Schreibpapier gleich. Hefte mit Doppel-
linien dürfen benutzt werden; schräge Bichtungslinien und
Linienblätter sind jedoch nicht zulässig. Spiegelglanz des
Schreibpapiers ist schädlich; daher muTs in der Schule Papier
^ Nftohdem diese Abhandlung schon geschrieben und dem Vorsitzenden
der Kommission übergeben war, habe ich an dem YIII. internationalen
Kongresse für Hygiene und Demographie in Budapest und an der
LXYI. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien, wo
unter anderem sehr interessante Vorträge über die Steilschrift gehalten
wurden, teilgenommen. Bei dieser Gelegenheit bin ich auch der freund-
Hohen Einladung des Herrn Direktor B. Batb nachgekommen und habe
die unter seiner Leitung stehende Volksschule, in welcher die steile
Schrift obligatorisch ist, besucht. Dadurch bin ich zu der Über-
leugung gekommen, dais für Bildungsanstalten, wie für die hauslichen
Aufgaben die steile Lateinschrift der schrägen entschieden vorzu-
nehen ist
462
mit etwas rauher Oberflftohe benutzt werden. Es kann ge-
wöhnliehes weilses sein, doch ohne bläulichen Schimmer.
Die Tinte sei schwarz, die Feder weder zn spitz, noch
SU hart.
5. Einteilung der Beschäftigungen.
Arbeiten, welche eine stärkere Anstrengung der Augen
yerlangen, sind möglichst am Tage bei natürlicher Beleuchtung
auszufahren. Schreiben, Lesen und grOfsere Aufinerksamkeit er-
fordernde Thätigkeiten müssen mit leichteren Beschäfiigungea
abwechseln, damit das Auge und Gentralnenrensystem genügende
Zeit zur Erholung finden. Es ist notwendig, dals die Zöglinge
recht lange im Freien zubringen, wo sie sich im Fernsehen üben
können. Zu diesem Zwecke sind Augenmalsbestimmungm
an entfernten Gtogensiänden, Scheibensohielsen, topographiBohe
Arbeiten u. dergl. sehr dienlieh. Besonders dürfen die Schüler
mit geistigen Arbeiten nicht im Frühling, wenn häufigerer
und längerer Aufenthalt im Freien wünschenswert ist« über-
bürdet werden. Es «oipfiehlt sich, wenigstens diejenigen, welche
während des Schuljahres Gfutes geleistet haben, von dem
Examen bei der Versetzung aus einer Klasse in die andere zu
befreien. Die Jahresrepetitionen dürfen durchaus nioht zu
Prüfungen benutet werden.
6. Beschaffenheit der Luft.
Temperatur xmd Feuchtigkeitsgehalt der Luft, Menge der
Kohlensäure, feste in der Luft schwebende Körper, wie z. B.
Staub, Hüls u. dergl., üben einen bedeutenden Einfluls auf
das Auge xmd überhaupt auf die Gesundheit Aer Zöglinge
aus. Die Forderungen bezüglich Reinheit, Feuchtigkeitsgehalt
und Wärme der Luft sind in den Paragraphen 18 und 20 der
Instruktion für die Erzieher in den Kadettenoorps dargelegt.
Es bleibt nur noch übrig, auf die Notwendigkeit hinzuweisen,
die Schüler vor Staub und Rufs eu schützen. Letzterer kann
infolge nachlässiger Behandlung der Petroleumlampen oder bei
Steinkohlenheizung entstehen. Als eine der Staubquellen im
Klassenzimmer ist besonders die unachtsame Handhabung der
zur Schultafel gehörenden Gegenstände heryorzuheben. An der
468
Wandtafel mub in <ttnem Netee an einer langen Schnnr ein
reiner, fenohter Sekwamm «nd daneben ein reines Handtaeh
kftngen, ersterer fsum Abwiaohen der Tafel, letzteres zum Säubern
der Hände nach jedem GTebrauohe von Schwamm nnd KreiAe.
Die Kreidesttloke dürfen nicht leicht zerbrechlich sein und
nicht anderswo, als an dem ftlr sie bestimmten Platze auf-
bewahrt werden.
IL Ärztliche Mafsnahmen in den Militärerziehungs-
und -Bildungsanstalten gegen mangelhaftes Seh-
vermögen.
Zöglingen mit anormaler Breohkrafi; der Augen werden
Brillen, zeitweilig oder beständig zu tragen, verordnet. Diese
haben den Zweck, einesteils die Unbequemlichkeiten, die mit
ungenUgender Sehkraft verbunden sind, zu beseitigen, andem-
teils dem Fortschreiten des Fehlers soviel als möglich vor-
aubeugen. Aulserdem können in bestimmten Fällen zu vorüber-
gehendem Gebrauche auoh Brillen gegeben werden, weldie das
Auge vor zu grellem Lichte schützen.
Folgende Sehfehler bedingen das Tragen von Brillen:
A. Beständig:
1. absolute Hypermetropie (Übersiohtigkeit);
2. alle Formen von Astigmatismus;
3. verschiedene Arten von Schielen und Schwäche der
Augenmuskeln ;
4. starke Kurzsichtigkeit.
6. Zeitweilig:
1. akute Erkrankungen der Augen, wenn sie mit Licht-
scheu verbunden sind (dunkle Schutzbrillen);
2. relative Übersichtigkeit;
3. fakultative Übersichtigkeit mit Asthenopie;
4. Kurssichtigkeit, welche sich bis zur Norm korrigieren
labt, wobei das Sehvermögen in die Feme ohne Kor-
rektion unter ^ ist.
_^ XL
In Fällen, in denen Brillen zum Lesen und Schreiben, oder
Eum Fernsehen verordnet werden, sind sogenannte pantoskopische
464
Brillen yorzuziehen. Solche Gl-lftser empfehlen sich sowohl
Tom pädagogiflchen, als auch vom hygienischen Standpunkte
ans; der Zögling wird sie nicht da gebrauchen können, wo sie
unnütz oder gar schädlich sind.
m. Krankheiten der Augen und Anomalien des Seh-
yermögens, welche die Aufnahme in die Militär-
erziehungs- und -Bildungsanstalten nicht gestatten.
1. Mangel der Lider zum Bedecken des Augapfels;
2. einwärts gewachsene Wimpern mit davon abhängiger
chronischer Entzündung der Augen;
3. vollständige Verwachsung der Lidspalte, Verwachsung
der Lider mit dem Augapfel und Verkürzung der Lid-
spalte, wenn dieselbe am Sehen hindert;
4. Thränenfistel, oder Thränenfluis, hervorgegangen aus
organischen Krankheiten des Thränenapparates;
5. höhergradiges Schielen;
6. Lähmung eines die Lider bewegenden Muskels (Ptosifl
und Lagophthalmus); Lähmung eines oder mehrerer
den Augapfel bewegenden Muskeln (Strabismus para-
lyticus) ;
7« ägyptische Augenkrankheit (Trachom) und Narben der
Bindehaut, welche Augenentzündungen verursachen.
Anmerkung. In zweifelhaften Fällen von Trachom
werden die Aspiranten den Eltern bis zur völligen
Q^nesung zurückgegeben, doch nicht länger, als auf
sechs Wochen.
8. Für Aspiranten, die in Militärerziehungs- und
-Bildungsanstalten eintreten wollen.
a. Herabsetzung der Sehschärfe beider Augen oder
nur des rechten unter ^ (0,2) ohne Brillen.
b. Wenn die Sehschärfe beider Augen oder nur
eines Auges weniger als —- oder 0,5 beträgt, so
muis die Be&aktion durch Gläser, welche nicht
stärker als d= 20 oder dt 2,0 Dioptrien sind,
korrigiert werden können, am rechten Auge bis
465
auf ^ oder 0,5 (Probebuohstaben Ton Snbllen,
DoNBEBG, TiCHOMiBOTF tuid Lawkbntieff), am
linken Auge bis auf Vxny oder *7lxxx (Snellbn,
Reich, Lawrektieff).
9. Für Kadetten, welche in höhere Lehransalten
übergeführt werden.
Sehschwäche, durch Eefraktionsanomalien bedingt,
die sich bis auf -^ oder 0,4 durch Brillen nicht korri-
gieren lassen (Probebuchstaben von Snellen, Donbbbg-
und Tichomiroff).
Versuche zur AccUmatiBation
der erziehlichen Knabenhandarbeit in Ungarn,
Von
Dr. phil. Viktor Demek,
BealschulprofeBBor in Nagyy&rad.
Diese junge DiscipUn der modernen Erziehung, für die
sich bereits, man kann sagen, die gesamte Kulturwelt inter-
essiert, ist auch bei uns nicht mehr ganz neu. Es wurden
nftmlich schon zu Beginn der neunziger Jahre die ersten
Schritte zur Einführung des zunächst theoretisch beliebt ge-
wordenen Slojd in die ungarischen Schulen gethan. und wenn
man in Betracht zieht, dafs die moderne Pädagogik unsere Schul-
mftnner auch auf sonstigen Gebieten sehr in Anspruch nimmt,^
wenn man ferner bedenkt, dafs dieser neue Lehrgegenstand selbst
in seiner Heimat noch immer der Vollendung harrt, so kann man
nioht umhin, zu gestehen, dais bei uns in der kurzen Zeit
aeit den ersten Versuchen gar manches Erfireuliche geleistet
worden ist.
^ Binheitliobe Mittelsohole u. 8. w.
SolnilgMiiiuUialUpflefe Vm. 30
466
Wenn wir hier von den Anfangsversnohen der
nngarisohen Handfertigkeit reden, so dürfen dieselben nur anf
die erziekliche Handarbeit gedeutet werden; denn die
Knabenhandarbeit als Vorbildung fOr die Industrie im all-
gemeinen und als F(yrderin der Hansindustrie im besonderen
ist bei uns beinahe so alt, wie die Bestrebungen Yon Olauson-
Kaab in Dänemark. Unsere Hauptstadt Budapest» sowie auch
die Stadt Sopron haben sich schon in den siebziger Jahren
fbr die nordischen Hausfleiisbestrebungen auf das lebhafteste
interessiert, und infolge der vielfachen Begünstigungen seitens
der Regierung, namentlich des damaligen verdienstvollen
Kultusministers Tb^ort, wurde der y^Husflid^ in kurzer
Zeit nicht nur in alle Staats- und in die meisten konfessionellen
Lehrerpräparandien, sondern auch in zahlreiche Volksschulen
eingeführt. Ja sogar ein eigenes litterarisches Organ unter-
stützte damals diese Bestrebungen.
Aber wie in jener Zeit in seiner Heimat, im Norden, so
wurde auch bei ims das Hauptgewicht auf die nationalökono-
mische Seite dieses neuen ünterrichtszweiges gelegt. Eben darum
aber konnte derselbe nicht ersprieJslich wirken. Er be&iste
sich als Hausindustrieunterricht nur mit den praktisch nütz-
lichen Arbeitszweigen, mit dem Stroh- und Korbflechten, dem
Bürstenbinden und der Holzschnitzerei. Selbstverständlidli
muisten diese unpädagogischen Versuche in die vollständigen
Arbeits- und Kunstindustrieschulen auslaufen, wo sie denn als-
bald auch wirklich angelangt sind.
Erst als auch bei uns die Einsicht sich geltend machte^
daCs man in dem Schüler, ehe er durch seine lüaud sich Brot
verdienen kann, zuvörderst Interesse, Lust und Vorliebe fili
die Handarbeit erwecken mufs, dafs man ihn ferner voiirar
aller der körperlichen, geistigen und moralischen Vorteile teil-
haftig machen muTs, welche die gehörig geleitete KniJmi^
handarbeit zu gewähren vermag, erst seit jener Zeit kann
man bei uns im eigentlichen Sinne des Wortes vom Slojd^
bestrebungen reden.
Entschiedene Verdienste hat sich um diese Saohe der
467
Ldiwt und Leiter einer Slojdsohule in Budapest, Paxtl
GhjrmNBEBO;, der den Norden (Schweden, Norwegen, Dftne-
maxk) und Leipadg bereits öfter besuehle, erworben. Zu
Bnde der achtziger Jahre hat er in der heimatlichen pftdago^
giaohen Presse fiär diesen Gtegenstand die BeveiUe geblasen und
Bugleioh auf den hygienisehen , pädagogischen und socialen
Nutzen dissselben hingewiesen; heute kann er schon auf
errungene Positicmen zurückblicken.
Seih Verdienst ist es, dais nicht nur die aUgemeine Auf-
serksamkeit unserer Pädagogen auf diesen Lehrzweig geleitet,
■ondem auch das Interesse der staatlichen Schulleitung dem^
selben zugewandt wurde. Wie die Jahresberichte der Staats»
oberrealschnle in IMva beweisen, sind daselbst seit 1892,
wenngleich nur die ersten Anflüige (Laubsägearbeiten und
BolBseknitzerei), so doch Knabenhandarbeiten yor«
genommen worden. Die gröiste Lehrerbildungsanstalt des
Landes, das Budapester Pädagogium, hat auch bereits den
alten „Husflid^ durch den pädagogischen Slojd ersetzt.
GuTTBNBHBQS rastlosen Bemühungen ist es femer zuzuschreiben,
Aab^ die hauptstädtischen Waisenhäuser die fakultative Knaben*
hondarbeit mit . wöchentlich 4 Stunden in ihren Lehrplan auf-
genommen und dab auTsor der ungarischen Metropole auch
njooh zwei der ansehnlichsten Komitate, besonders deren Haupt-
städte Debreczin und Arad, die Knabenhandfertigkeit in die
Sehulen eingeftthrt haben. Eben er ist es endlich, der auf
dem letzthin in Budapest abgehaltenen internationalen Kon-
gresse für Hygiene und Demographie durch ausfährliche Vor-
Mge £ür die Slojdangelegenheit auch in der ungarischen
öffmtliehkeit au& beste eintrat.
Ein noch älterer Vorkämpfer des Slojd als QaTTBNBHM^
aber nieht so rührig, wie letzterer, ist der Direktor der So-
proner Handfertigkeitsschule Miohabl Sohbanz, der mit dem
Iidirer dieser Schule R. BOnebr diesbezüglicher Studien
halber Deutsohland und den Norden zu wiederholten Malen
besuabte. Ihren gemeinsehaftlichen Bemühungm ist es ra
:en^ dafe in Sopron neben der von ihnen geleiteten, spedürilen
30*
1
468
Arbeitsschule noch eine Mittelschule den Segen des erzieh*
liehen Slojd verbreitet. Aulserdem bemühen sie sich, auch auf
litterarischem Grebiete diesem wichtigen Erziehungsproblem
Anhänger zu gewinnen.
Der Direktor der höheren Staatsmädchenschule in Buda-
pest W. SzuppiLN und der Budapester Orthopäd, Professor
Julius Dollingbr, sprechen sich in einem dem ünterrichts-
minister erstatteten Berichte über die körperliche Erziehung
der Jugend auch entschieden für die pädagogische Knaben-
handarbeit aus. Ihr Bestreben geht dahin, den Slojd dem
Turnen und den Jugendspielen näher zu bringen und beide
womöglich miteinander zu verknüpfen. Ein treffliches Unter-
nehmen, von dem noch viel Q-utes zu erwarten steht l
Obwohl die Slojdbestrebungen bei uns die Frühjahrs-
firöste bereits glücklich überstanden haben, fehlt es ihnen doch
noch immer nicht an kühlen Winden. Einzelne warnende
Kassandrafitimmen lassen sich noch jetzt gegen die Knaben-
handarbeit vernehmen. Ihren Hauptangriff richten sie gegen
die angeblich „einseitige Bildungskraft des Slojd^ und wollen
statt seiner das Turnen und den G-esang intensiver betrieben
wissen. Die Gegner bedenken aber nicht, dafs sich die eben
genannten Beschäftigungen mit der Eiiabenhandarbeit sehr
wohl vertragen. Oder soll ich mich zum Beweise der Richtig-
keit meiner Aussage auf die fröhlich singenden, fleiisig arbei-
tenden und körperlich, wie geistig gesunden Gewerbetreibenden
berufen?
Schreiber dieser Zeilen versuchte schon zu wiederholten
Malen, in verschiedenen Zeitschriften und Tagesblättern die
Idee der erziehlichen Knabenhandarbeit populär zu machen,
und sobald es war gelingt, die Gesellschaft dafür zu gewinnen,
wird sich auch das ungarische Unterrichtsministerium der
Sache voll und ganz annehmen müssen.
Zwar betreiben erst einige Schulen und auch die nnx
probeweise bei uns die Knabenhandfertigkeit, aber dab sieh
die ungarischen Slojdarbeiten auf der letzthin in Debreosin
abgehaltenen Schul- und Lehrmiitelausstellung zeigten und
469
mit Ehren zeigen durften, dals sich femer bereits eine Landes-
kommission zur Förderung des ungarischen Slojd gebildet hat,
all diese Vorzeichen verheifsen eine schönere Zukunft für
denselben, und diese wollen wir ho&ungSYoll erwarten und
triumphierend empfangen!
^ns Dtrfa»iitltttt9eii ttn) Dettitttn.
Die Sitnmgen der Kommission flLr Schulgesnndheitspflege
in Nürnberg.
Von
Dr. phil. (i. AUTBNRIBTH,
Bektor des Alten GymnaBimns in Nfimberg.
Vin. Sitzung am 4. Dezember 1894.
Der Vorsitzende Dr. Schubert teilt den Anwesenden,
worunter auch der erste Bürgermeister Dr. von Schuh, die
Magistratsräte Forstbb und Galunger und der Architekt
Hboht, mit, dafs 1. die Eingabe der Kommission, betreffend
Bfloherdruck, noch beim Kultusministerium liege, 2. diejenige
über Stottererunterricht erledigt, 3. die wegen Unterrichts der
Schwachsinnigen in Instruktion sei. Geheimrat Dr. von
Kbbschbnstbinbr in München hat brieflich angeregt, die Staats-
regierung zu Erhebungen über die letzteren zu veranlassen.
Auf Vorschlag des Vorsitzenden werden Baurat Wbbhr
und Dr. Dlbich, Inspektor der höheren Töchterschule, in
die Kommission kooptiert.
Dr. Sohubbrt hält dann seinen Vortrag über Speisung
unbemittelter Schulkinder. Er weist auf die diesbezüg-
lichen Veranstaltungen anderwärts hin, in Deutschland, Öster-
reich - Ungarn, der Schweiz, Frankreich, Belgien, Schweden,
England, Dänemark, und vergleicht die Thätigkeit der
470
hiesigen Vereine für Volkskächen, Wftrmestuben nnd Jugend-
horte damit. Die Speisung armer Schulkinder erheische
anderes, als die der Erwachsenen: 1. Man wähle nur die
wirklich Bedürftigen aus, sorge aber ausgiebig für diese; 2. die
Speisung erfolge unter Aufsicht in eigenen Bäumen; 3. diese
seien zweckmä&ig über das Stadtgebiet verteilt. Im allgemeinen
werden die Einrichtungen des Jugendhorts als mustergültig
auch für den in Bede stehenden Zweck bezeichnet.
Bei der allgemeinen Debatte findet Bürgermeister Dr. VOK
ScHüH Anlafs, vor Ausartung, d. h. Mifsbrauch der Wohl-
thätigkeitseinrichtungen zu warnen; femer fehle es an Schul-
ärzten, welche die bedürftigen und auch für Bekleidung m
empfehlenden Schüler auswählten.
Dr. Schubert möchte schon lange das Elapitel der Schul-
ärzte nach ärztlichen, pädagogischen und administrativen
Bücksichten besprochen sehen, wobei allerdings die Abgrenzung
schwer sei.
Dr. VON Schuh erwidert auf eine Anfrage, Armenärzte
könnten nicht zugleich Schulärzte sein; man müsse vor allem
Erfahrungen sammeln, wieviele Schulärzte, in welchen
Sprengein u. s. f. nötig seien.
Herr Hecht wünscht Armenärzte nur als beratende
Organe, die Verpflegstation im Schulhause selbst und die
Möglichkeit, gegen m&Gsige Zahlung Speisen zu bekommen.
Dr. Schubert empfiehlt, Fragebogen an alle Lehrer zu
senden, durch welche über die unordentlich verpflegten und
bekleideten Schüler eine Übersicht ermöglicht werden soll.
Herr DArr erwähnt auch die Schulbäder als förderlidi
fbr Gesundheit und Gewöhnung zur Beinliohkeit.
Gegen sogenannte Familienverköstigung erklären sich die
meisten Mitglieder, und man beschlielist, zur demnäohstigeii
Fortsetzung der Beratung auch den Vorstand des Jugendhorte
einzuladen.
(Fortsetzung und Soblufs in No. 9.)
471
Die «eitlichen V6rkrtt]Bmiiiiflre& des Eückgrate
und deren VerMtong.
Vortrag,
gehalten im Berliner Verein für gesnndheitsgemäiise Erziehung.
Von
Dr. med. Leopold Bwbb,
dirigierendem Artt eines Instituts fcir Massage und Orthop&die in Berlin,
(Fortsetzung.)
Vielleicht f&Ut Ihnen auf, daia ich immer nur von skolio-
tischen Mädchen spreche und nicht von skoliotischen Knaben.
Dies kommt daher, daiis an diesem Leiden das weibliche Ge-
aohlecfat bei weitem stärker beteiligt ist, als das männliche.
So fand EuLEKBUBa unter 300 skoliotischen Kindern 261 Mäd-
oheo, das sind 87%. Andere Beobachter geben noch höhere
Prozentzahlen an. Nach meinen eigenen Untersuchungen, die
ich seit 13 Jahren angestellt habe, würde d^ Prozentsatz etwa
98 betragen, also unter 100 Verkrümmten 93 Mädchen und
7 Knaben sich befindes. Das richtige Verhältnis dürfte dies
aber nicht sein. Von den Eltern wird die Verkrümmung in
ereter Linie für einen Schönheitsfehler gehalten, den sie bei
Mädchen eher, als bei Knaben zu beseitigen suchen.
Eine Mutter kommt mit ihrer etwa zwölfjährigen Tochter
zu mir. Ich möchte diese doch einmal untersuchen, sie hielte
sich so schlecht, und trotz aller Ermahnungen, trotz eines
G^radebalters, ja trotz eines teueren Korsetts, das sie auf
Anraten von Bekannten hätte machen lassen, würde es nicht
besser; jetzt hätte die Schneiderin gesagt, ihre Tochter wäre
schief. Lächeln Sie nicht, meine Damen, es ist so. Die
Sehneiderin ist oftmals die erste, die eine Verkrümmung bemerkt.
Die Taille, welche sie für beide Seiten gleich zugeschnitten
hat, will durchaus nicht passen, da mufs etwas nicht in Ord-
472
nuDg sein. Und in der That, es ist etwas nioht in Ordnung.
Das jnnge Mädohen hat eine Verkrümmung des Rückgrats, die
schon ziemlich weit vorgeschritten ist.
Das sieht der kundige üntersucher auf den ersten Blick,
das sieht jetzt auch, nachdem sie darauf aufmerksam gemacht
ist, die Mutter. Allein sie hätte es schon vor zwei Jahren
oder noch früher bemerken müssen, wenn die meisten Menschen
nicht eine wirkUch bedauernswerte Unkenntnis alles dessen
besäfsen, was auf den menschlichen Körper Bezug hat. Dieser
Vorwurf trifft nicht allein die ungebildete Masse. Selbst von
gebildeten Männern, von begabten und geistreichen Frauen«
von Leuten, die in ihrem Berufe und darüber hinaus die Be-
wunderung ihrer Mitmenschen erwecken, hört man, namentlich,
wenn man als Arzt mit ihnen zu thun hat, zuweilen Äulse-
rungen in Beziehung auf den Körper, seine Organe, oder deren
Verrichtung, die man kaum für möglich halten würde.
Jetzt erkennt die Mutter, daüs beide Seiten des Rückens
grofse Unterschiede zeigen. Die Wirbelsäule, die beim normal
gebauten Menschen keine Abweichung von der geraden Linie
zeigt (auf die sogenannten physiologischen Krümmungen gehe
ich hier nicht ein), ist im Brustteil mit der Konvexität nach
rechts gebogen, im Lendenteil nach links. Diese zweit»
Krümmung, auch kompensatorische Krümmung genannt, mufa
sich notwendigerweise nach der ersten ausbilden, weil sonst
der Körper sein Gleichgewicht verlieren würde. In manchen
Fällen findet sich noch eine mit der Lendenkrümmung gleich-
gerichtete Krümmung des Halsteils, so dafs die ganze Wirbel-
säule eine doppelt S<£5rmige Gestalt hat.
Die Rippen der rechten Seite zeigen einen zweimal so
groJsen Durchmesser, wie die der linken; ihre Krümmung ist
vergröisert. Während die Rippen der linken Seite abgeflacht
sind und sich gegenseitig fast berühren, stehen die der rechten
Seite weit voneinander entfernt. Auf der Vorderseite ist die
rechte Hälfte des Brustkorbes flach oder eingedrückt, die linke
steht vor.
Der in seinem schiefen Durchmesser verlängerte, in den
473
anderen verkürzte Thorax gleicht einem Korbe, dem man dnrch
Draok eine elliptische Gestalt gegeben hat. Sein Oesamt-
nmfang erscheint vermindert, seine Höhe ist ihm dnrch die
Yerhrümmnng der Wirbelsänle zum Teil genommen, nnd auch
sein Fassungsvermögen hat dnrch die nach innen hervorragenden
Körper der abgewichenen Wirbel eine Verringerung er&hren.
Die Schultern folgen den 'Wandungen des Brustkorbes. Das
rechte Schulterblatt, durch die Konvexität der Rippen gehoben
und nach hinten getrieben, vermehrt die Hervorragung, das linke
ist mit den niedergedrückten Kippen nach vom gewichen und
hat eine solche Lage angenommen, dafs sein unterer Winkel
nach innen sieht. Das Schlüsselbein der linken Seite steht
mehr hervor, als das andere, besonders da, wo es mit dem
Brustbein in Verbindung tritt.
Die weitere Untersuchimg ergibt nun folgendes: Die
Wirbel und Kippen haben noch zum Teil ihre Beweglichkeit
behalten. Später tritt eine Verwachsung ein zwischen den
Körpern der Wirbel auf der konkaven Seite, zwischen den
hinteren Enden der Rippen und den Wirbelkörpem, zwischen
dem Halse jener Knochen und den Querfortsätzen u. s. w. Die
Muskeln sind auf der konvexen Seite im Unterschied von
denjenigen der konkaven Seite verdünnt und, wie man aus
Erfahrung weifs, ent&rbt; oft lagert sich Fett in ihnen ab.
Die Verengerung der Zwischenwirbellöcher auf der konkaven
Seite zieht eine Verminderung des Durchmessers der aus ihnen
hervortretenden Rückenmarksnerven nach sich.
Die Lungen nehmen infolge der Raumverkleinerung des
Brustkorbes an Umfang ab, das Herz liegt nach der linken
Seite verschoben, die groüsen Ge&fse der Brusthöhle, die Aorta,
die Vena cava und die Vena azygos folgen der Verkrümmung
in ihrem Verlaufe.
Das Fassimgsvermögen des Unterleibsraumes ist gleichfalls
verringert, die Bauchwand wird durch die Eingeweide hervor-
gedrängt, die Leber oft erheblich gequetscht. Diese, die Milz
und die Nieren zeigen auf ihrer Oberfläche Furchen, welche durch
die Eindrücke der Rippen und der Wirbel hervorgerufen sind.
474
loh habe in diesem Beispiel eine ansgeprttgtere Fonn der
Verkrümmung geeohildert, wie sie etwa dem zweiten Stadium
ScHmDBAGHB entsprechen würde, der folgende Einteilung der
Verkrümmungen aufstellt: Das erste Stadium bildet naoh ihm
diejenige Verkrümmung, bei der ein aktirer Ausgleich nooh
möglich ist, d. h. bei der die Kinder durch Willensanstrengung
auf kurze Zeit den Bumpf noch gerade zu halten yermögen.
Das zweite Stadium ist dadurch charakterisiert, dals die
Wirbelsäule nicht mehr aktiv gestreckt werden kann, aber
noch beweglich ist, und dals die Krümmung sich durch Zug
ausgleichen Ittüst.
Im dritten Stadium endlich ist die Wirbelsäule unbewegtioh.
(FortBotEung in No. 9.)
Der hygienische Unterricht in den Schulen.
Autoreferat eines in der GeaellBchaft für Verbreitung yon
Volksbildung gehaltenen Vortrages.
Von
0. Janke,
städtischem Lebrer in Berlin.
(Fortsetzung und Schlnfs.)
Nach dem Vortrage Dr. Th. Wbyls betrachtete der zweite
Beferent, städtischer Lehrer O. Janke aus Berlin, die Forde-
rung, hygienischen Unterricht in den Schulen zu erteilen, Yom
pädagogischen Standpunkte aus.
In der Schule mufs sich jedes Kind dasjenige Mab all-
gemeiner Bildung aneignen, welches es im späteren Leben
ohne Rücksicht auf seine gesellschaftliche Stellung nötig hat
Die Anforderungen des praktischen Lebens an die körperliche
und geistige Leistungsfähigkeit haben sich aber im Laufe der
Zeit wesentlich geändert. Daher darf die Schule den Umfang
475
ihres LehrgahieteB nicht als etwaa für alle Zeiten Unab&nderliohee
betrachten, sondern sie mnis den jedesmaligen Bedür&uasen
nach Möglichkeit Bechnung tragen. Ansflufs eines solch«!
Bedürfnisses ist ohne Zweifel anoh das Bestreben, die
GesnndhetiBlehre, diesen wichtigen Teil allgemeiner Büdnng,
mm Oegenstande des Unterrichts in unseren Lehranstalten sn
machen. Erst wenn neben anderen Fordemngen auch diese
eiftült ist, werden die Kinder in der Schule in zweckmälsiger
Weise für das spätere Leben vorbereitet werden.
Jedes Unterrichtsfach, das unter die Lehrfächer der Schule
aufgenommen werden soll, muis seine Berechtigung dazu nach-
weisen. Zunächst sprechen f&r die Annahme der Hygiene
der hohe Wert der Gesundheit und die grolse Bedeutung einer
TemOnftigen Gesundheitspflege. Nicht minder wichtig ist aber
auch die formale Seite, der allgemein bildende Wert dieses
Lehrgegenstandes. In dem neuen Unterrichtsfaohe finden alle
Interessen, die bei dem Schulunterrichte in Betracht kommen
können, in bester Weise ihre Pflege, so da& es in dieser Be<
Ziehung den übrigen LehrgegcDständen keineswegs nachsteht;
die Gesundheitslehre ist daher wohlberechtigt, eine selbständige
Stellung in unseren Schulen einzunehmen.
Eine weitere Frage ist die: Für welche Lehranstalten
ist der hygienische Unterricht notwendig? Hier mufs als
Hauptsatz gelten, dais in jeder Schule dieser Unterricht er
teilt werden soll, damit jedes Kind, mag es eine Schule
besuchen, welche es wolle, ein gewisses Mais hygienischer
Belehrung erhalte. Für die Elementarschule ist die Berück-
sichtigung -der Hygiene von besonderer Wichtigkeit; denn
nur auf diesem Wege kann das richtige Verständnis einer
gieeandheitsgemäisen Lebensweise in die weitesten Schichten
des Volkes eindringen; fi^erade diese bedürfen wegen der viel-
fach ungünstigen hygienischen Verhältnisse, die hier herrschen,
einer solchen Belehrung am meisten. Jedoch auch in den
y olkskreisen , welche ihre Kinder in die mittleren und
höheren Schulen schicken, thut hygienische Aufklärung not.
Unkenntnis findet sich hier nicht minder. Wenn in ärmeren
476
Kreisen oft ans Mangel an Mitteln gesündigt wird, so in den
besser sitnierten Familien hänfig genug ans Überflnfs. Erforderlich
ist femer der hygienische Unterricht auch fiLr die Fort-
bildungsschulen. Zunächst kann hier der Stoff aus der
privaten und öffentlichen G-esundheitspflege erweitert werden«
weil die Schüler und Schülerinnen über reichere Erfahrungen
yerfügen; dann aber wird sich in den Fachschulen der Unter-
richt den Verhältnissen der einzelnen Grewerbe entsprechend
gestalten lassen. Insbesondere muls aber hygienischer Unterricht
in den Töchter- und Haushaltungsschulen erteilt werden;
denn nur dann, wenn die Hygiene eine Errungenschaft, ja
Specialität des weiblichen Greschlechtes geworden ist, wenn
die Grundlehren derselben schon in frühester Zeit dem Mädchen
eingeprägt sind, wird es in gesundheitlicher Beziehung besser
werden.
Der Forderung, dafs der hygienische Unterricht unter die
Lehrflächer der Schule aufgenommen werde, stehen die Behörden
und alle beteiligten Kreise durchaus freundlich und zustimmend
gegenüber. Für die höheren Schulen haben die neuesten Lehr*
plane schon den hygienischen Unterricht berücksichtigt; in den
Volksschulen aber können die notwendigsten Belehrungen über
gesundheitsgemäfses Leben blofs im Anschluis an die übrigen
Lehrgegenstände erteilt werden. Da infolge dieses Umstandee
der Umfang der hygienischen Unterweisung nur ein sehr
geringer sein kann, so ist danach zu streben, dais derselben
die Stellung eines selbständigen Lehrgegenstandes zugewiesen,
d. h. fär sie auf der Oberstufe der Volksschulen etwa eine
Stunde wöchentlich vorgesehen werde. Zur Vorbereitung der
Aufiiahme dieses Lehrgegenstandes unter die obligatorischen
Unterrichtsfächer empfiehlt es sich, an einigen Orten durch
probeweise Einführung des hygienischen Unterrichts in die
einzelnen Schulkategorien praktische Erfahrungen zu sammeln,
wie unter den verschiedenen Verhältnissen der Betrieb am
zweckmäisigsten zu gestalten ist.
477
Znr^Verbesserimg mangelhaften OeliSrs anf einem Ohre
bei Schülern.
Ans dem Wiener medizinischen Elnb.
In dem genannten Elnb sprach nach der „Manch, med.
Wochsckr,'' jüngst Dr. Ferdinand Alt über den Ansfall der
Gehörsperception anf einem Ohre, der bekanntlich nicht selten bei
Schnlkindem vorkommt. Sowie beim Schielen allmählich eine mit
Störong des binokularen Sehens yerbnndene Herabsetzung der Seh-
schärfe des schielenden Auges eintritt, welche die Augenärzte als
Schwachsichtigkeit Yon Nichtgebrauch (amblyopia ex anopsia) be-
zeichnen, so kann auch unter umständen infolge von Vernachlässigung
eine hochgradige Schwäche des Gehörs auf einem Ohre eintreten.
Der mit einer katarrhalischen oder plastischen Entztlndung eines
Mittelohres behaftete SchtQer gewöhnt sich mit der Zeit immer mehr
daran, das schlechter hörende Ohr wegzuwenden und nur mit dem
besseren zu hören. So kommt es schlieislich dazu, dais auf jenem
Ohre eine Gehörswahmehmung überhaupt nicht mehr stattfindet,
was auch objektiv durch Ansetzen tönender Stimmgabeln vor dem-
selben und am knöchernen Warzenfortsatze nachgewiesen werden kann.
Die Behandlung solcher Fälle ist naturgemäfs eine sehr ein-
fache. Man sage den Kindern, sie mögen ihr schlechter hörendes
Ohr nicht vernachlässigen, sich vielmehr anstrengen, es beim Hör-
akte zu benutzen. Man stelle mit denselben fünfizehn- bis zwanzig-
mal täglich Hörflbungen in der Weise an, dafs man das gesunde,
bezw. besser hörende Ohr mit Watte oder mit dem Finger ver-
stopfen läfst, damit das gesprochene Wort, die Töne oder Geräusche
das bis dahin gewissermafsen ausgeschaltete unthätige Ohr treffen
and eine Gehörswahmehmung erregen. Der Erfolg wird nicht
ausbleiben.
kleinere J^itteilttttgeit.
Zum Übergang der Sechsjährigen ans dem Hanse in die
Schnle bemerkt unser verehrter Mitarbeiter, Herr Eonbad Sghubebt,
im yfDresd. Angeig. ^, da(s die Schule sich bei dieser Gelegenheit
an die Eltern wenden mttsse. Zuerst sind Mitteilungen physio-
478
logischer Art 7on denselben sehr erwünscht. Der Lehrer mnb wissen,
ob der ihm anvertraute Schfller schwächlichen oder kräftigen Körpers,
ob sein Nervensystem normal, ob seine Angen, sein Gehör n.s.w.
gesnnd sind. Sehr oft wird der ursächliche Zusammenhang zwischen
körperlichen Krankheiten und Charakterfehlem vom Lehrer gänzlich
verkannt, weil er von jenen keine Ahnung hat. Darauf macht Dr.
Scholz, der Direktor der Bremer Irrenanstalt, in seinem Buche
^Die Charakterfehler des Kindes'^ aufmerksam. Viele dieser Fehler,
die man sich als rein seelisch vermittelt darzustellen gewöhnt hat,
entspringen aus dem Übergewicht körperlich - krankhafter Zustände
auf psychische Vorgänge. Unaufmerksamkeit ist oft nur die natfir-
Uche Folge einer übersehenen Schwerhörigkeit, Trägheit nichts anderes,,
als Müdigkeit des Gehirns oder Wirkung von mangelhafter Ernährung
desselben; auch die unreiDlichen Gewohnheiten mancher Kinder ent»
springen lähmungsartigen Zuständen der betreffenden Organe. Begriffs-
stntzigkeit und mangelnde Fassungskraft haben sich in vielen Fällen
als Begleiterscheinungen gewisser Nasenkrankheiten herausgestellt.
So sind alle Mitteilungen über die körperliche Entwickelung des
Kindes erwünscht, über Knochengerüst, Muskelbau, Sinnesorgane und
Nervensystem. Ist die Geburt normal verlaufen? Wie alt waren
die Eltern bei der Geburt des Kindes? (Spätlinge zeigen oft ein»
ganz eigenartige Entwickelung.) Was für Krankheiten hat das Kind
durchgemacht, sind Spuren davon zurückgeblieben? Lernte es zeitig
oder spät gehen, sprechen? Wie ist das Schlafbedürfnis desselben?
Solche und ähnliche Fragen stellt die Schule an das Haus und an den,
der nach dieser Seite hin zu Rate gezogen werden sollte, den Hausant.
Auch Thatsachen der Vererbung könnten, soweit sie in Frage kommen,
angegeben werden. Nicht zum letzten ist das Nervensystem wichtig;
es gibt ja leider schon so viele nervöse Kinder, besonders Mädchen.
Hier liegt nun der Übergang vom Physischen zum Psychischen.
Die einfache Einteilung der Kindematuren, welche Professor Pbbysr
in seinem Werke „Die geistige Entunchehmg in der ersten KindheU^
nebst Anweisungen fikr Eltern^ dieselbe zu beobachten'^ gibt, kann
bei jedem Kinde leicht von den Eltern in Anwendung gebracht
werden. Er fragt: Ist die Erregbarkeit grois, die Nachwirkung
gering (Sanguiniker)? Ist die Erregbarkeit gering, die Nachwirkung
gering (Phlegmatiker)? Ist die Erregbarkeit grofs, die Nachwirkung
grofs (Choleriker)? Ist die Erregbarkeit gering, die Nachwirkung
grofs (Melancholiker)? Betreffs des Vorstellungslebens richtet die
SMiule noch manche Frage an das Hans. In welcher Umgebung wuchs
das Kind auf? Was hat es Wichtiges erlebt (Todesfall, üngiüQkBfeli;
Brand oder dergl.)? Hat es Reisen gemaefat und welche? Ist m
in der Umgebung seines Wohnortes bekamt, wird es oft auf Spazi
479
g&age mitgenommen? Wer hat sich am meisten mit demselben
beschäftigt? Zeigt es Phantasie beim stillen Spielen? Ein Kind,
welches gar nicht spielt, ist geistig und körperlich krank. Hat es
schon Gebete oder Yersdien gelernt, lernt es dieselben leicht? Zeigt
es besondere Befthignngen oder Liebhabereien nach irgend' einei^
Seite? Fragt es gern nnd oft „wamm**? Hat es schon Beweise
logischen Nachdenkens gezeigt? Das Gefühlsleben des Kindes entzieht
sich vorzugsweise der genaueren Beobachtung des Lehrers, weil es
an und fbr sich schon schwieriger zu analysieren ist, und weil alle
Änfeerungen desselben im Interesse der Schuldisciplin unterdrückt
werden. Auch hier können die Eltern auf Grund ihres sechsjährigen
Zusanunenlebens mit dem Kinde mancherlei Aufschluis geben. So
Bind wichtige Fragen fhr die Beurteilung des Gefühlslebens: Zeigt
das Kind jfthe Überg&nge von Freude und Lust zu Schmerz und
Unbehagen? Ist es im stände, sich zu wundem? Ist es iLngstlich
bei Donner und Blitz, hat es Nachtangst? Der bekannte Psychiater,
Professor Ehminghaüs, berichtet in seinen „I^chisch^n Störungen
des Kindesaliers*^ von einem Knaben, dafs er, mit Mühe zu Bett
and in Schlaf gebracht, nach ^/s bis 1 Stunde wieder aufwacht,
unter den Gebärden der Todesangst in die Höhe schnellt und nun
unter gellendem Geschrei, da& man es Häuser weit hört, nach Vater
und Mutter schreit: „Ich sterbe, Papa, teuerstes Mamachen, rettet
inichl'' Ähnliche, wenn auch nicht so krasse Beispiele konunen
gewife in manchen Familien vor, ohne dafs der Lehrer etwas davon
erfUurt. Kinder mit erhöhter Reizbarkeit auf seelischem Gebiete
pflegen es auch auf körperlichem zu sein, d. h. sie bekommen leicht
Fieber und zeichnen sich durch häufige Anfälle von Krankheits-
symptomen aus. Manche sind wiederum überzärtlich, kttssen gern,
also die Frage: Ist das Kind zu Liebkosungen geneigt? Von einem
sech^ährigen Knaben berichtet der obenerwähnte Dr. med. Scholz,
dafs er viele Monate lang beim Crang zur Schule unter Händedrücken,
Kttssen und Weinen jedesmal von den Eltern Abschied nahm und
beim Weggehen vom Hause noch mehrere Male zurückkehrte, um
noch einmal Abschied zu nehmen. Ferner ist die Frage von Wich-
tigkeit: Wird das Kind leicht veriegen, leicht rot? Ist es vor-
wiegend heiter, oder andauernd niedergedrückt? Sind Anzeichen
Yon Launenhaftigkeit zu bemerken? Ist es verträglich gegen Ge-
schwister und Spielkameraden, neckt es gern? Gibt es gern ab?
Ist es gegen Tiere mitleidig, oder quält es dieselben? Ist es hitzig,
trotzig, stampft es mit dem Fuiäe, wirft es sich auf den FuCsboden?
Weint es leicht? Sagt es immer die Wahrheit? Gehorcht es gut,
oder bedarf es mehrmaligen Erinnems? Ist es reinlich in Kleidung
imd Spielsachen? Endlich sind auch fOr die dritte Art der pc^chi-
480
sehen Erscheinungen, für die des Begehrens, AnÜBchlüsse seitens der
Eltern erwünscht. Auch für diese Gruppe bietet die Art unserer
Schule, die vorwiegend Lemschule ist, wenig Gelegenheit zur Beob-
achtung. Die Mutter aber hat in den sechs Jahren der vorscfaul-
pflichtigen Zeit reichlich darauf achten können, wie sich bei dem
Kinde Begehr und Wille entwickeln und sich in Handlungen umsetzen.
Es ist wichtig, zu wissen, ob das Kind starke Begehrlichkeit im
Essen oder Trinken zeigt. Ist irgend welche Schw&che der Mus-
kulatur und infolgedessen linkisches Wesen bei demselben zu be-
merken? Ist es geschickt im Klettern und Turnen? Wie sind die
manuellen Fertigkeiten? Ist es rechts- oder linkshändig? Zeigt es
irgend welche Absonderlichkeiten in Bewegungen, Gang oder der-
gleichen? Spricht es leise oder laut? Beschäftigt es sich gern
selbst, womit am liebsten? Bleibt es gern länger bei einer Sache,
oder will es bald etwas Neues? Setzt es gern seinen Willen durch?
Ist es in praktischen Dingen unbeholfen oder geschickt? Ist es in
seinen Sachen ordentlich? Entschliefst es sich schnell, oder schwankt
es hin und her? Nimmt es früher bevorzugte Beschäftigungen nach
längerer Pause gern wieder auf? Diese Fragen, denen sich natürlich
noch eine grofse Reihe anderer hinzufügen lieijse, sollen die Eltern
anregen, aus dem reichen Schatz ihrer Erfahrungen der Schule beim
Eintritt ihrer £[leinen in dieselbe Mitteilungen zu machen.
Eine Scholepidemie von hysterischem Zittern^ beschreibt
Fb. Aembceb in seiner Baseler Inauguraldissertation und erörtert
dabei auch die Ursache derselben. Sie wurde nach seiner Ansicht
wesentlich durch Nachahmung erzeugt, was er schliefst 1. aus ihrer
konzentrischen Ausbreitung, 2. aus der Verschleppung der Krankheit
von der zuerst befallenen in andere Klassen, 3. aus der Abnahme
während der Ferien und dem Wiederausbruch nach denselben, 4. aus
dem Seltenerwerden oder gänzlichen Ausbleiben der Anfälle, sobald
die Kinder zu Hause behalten wurden, und den Rückfällen, wenn
sie wieder in die Schule eintraten, 5. aus der Thatsache, dab die
Krankheit häufig bei bis dahin gesunden Kindern auftrat, wenn
Erkrankte in ihrer unmittelbaren Nähe Anfälle gehabt hatten, und
dafs sofort, wenn ein Kind einen Anfall bekam, derselbe auch bei
anderen Kindern auftrat. Die Behandlung der einzelnen Fälle war so
lange erfolglos, bis sie durch Anordnungen unterstützt wurde, welche
sich auf alle Erkrankten bezogen. Diese waren folgende : 1. Jedes Kind,
das in der Schule einen Anfall bekam, wurde sofort nach Hause
geschickt und ihm der Schulbesuch erst wieder gestattet, wenn es zu
' Vergl. diese Zeitsohrifi, 1892, No. 12, S. ^56— 557; 1893, No. 4,
S. 225-229; 1893, No. 10, S. 561-563; 1894, No. 6, S. 366-867.
481
Hanse längere Zeit keine Anfälle mehr gehabt hatte. 2. Geheilte
Kinder wnrden in den ersten drei Wochen nach dem Wiedereintritt
in die Schnle vom Tomen, Schreiben und von den Handarbeiten
dispensiert und Überhaupt mit der gröüstmöglichen Schonung
behandelt 3. Man ersuchte die Eltern in einem Rundschreiben, den
Schfllem auch zu Hause eine möglichst schonende Behandlung
angedeihen zu lassen und ihnen soviel wie möglich jede Aufregung
und Anstrengung zu ersparen. 4. Ärmere Kinder wurden auf
Gemeindekosten ernährt. 5. Die Speisung der Kranken wurde über
die Ferien ausgedehnt und mit Spaziergängen und Spielen im Freien
yerbunden. £rst nachdem alles dies längere Zeit konsequent durch-
geführt worden war, konnte eine Abnahme der Epidemie festgestellt
werden.
Yererbuig und Ersiehnng. Bei Besprechung der Werke
Gebhabd Hauptmanns äu&ert sich ein Nervenpatholog in der
jfAUg. Zig,^ folgendermaisen ttber das in der modernen Litteratur
so viel mifsbranchte biologische Gesetz der Vererbung : Es mufs mit
aller Entschiedenheit betont werden, dals keine wie immer geartete
.Schädlichkeit eine absolut sichere Gewähr für die Vererbung bietet.
Denn immer handelt es sich bei dieser Übertragung pathologischer
Zustände um ein bloGses Können, nie um ein unvermeidliches Müssen.
Je mehr der Schädlichkeiten sich häufen, desto wahrscheinlicher ist
freilich ceteris paribus der üble Einflufs auf die Nachkommenschaft ;
aber selbst im ungünstigsten Falle ist noch die Möglichkeit
der Paralysierung durch Gegenkräfte nicht völlig auszuschlieüsen.
Als solche paralysierenden Momente wirken z. B. bei blols ein-
seitiger Belastung die volle Gesundheit des anderen Eltem-
teils, eine vernünftig geregelte Lebensweise und vor allem eine
zwedkentsprechende Erziehung. Denn jede Vererbung ist die
Resultierende eines Kräfteparallelogramms, an dessen einer Seite die
verschiedenen Schädlichkeiten wirken, während an der anderen die
entgegenstrebenden Heilfaktoren ihre Thätigkeit entfalten. Setzen
wir z. B. den Fall, wir hätten den schädigenden Einüuls einer
schweren Hysterie der Mutter bei den Kindern zu berechnen. Eine
solche Krankheit legt allerdings sehr häufig den Grund zu allerlei
Neurosen bei der Nachkommenschaft, allein es ist sehr wohl möglidb,
dals, wenn keine andere Schädlichkeit mehr statthat, die üngesundheit
der Mutter durch die völlige Gesundheit des Vaters und des Stammes
bis zum Versch¥miden ausgeglichen wird. Würde weiter auch der
Erzeuger selbst zur Belastung beitragen, indem er etwa zur Zeit der
Empfängnis schon Säufer war, dann ist es freilich sehr wahr-
scheinlich, da(s auch die Kinder nicht mehr ganz heil davonkonunen
werden. Aber noch immer kann eine scharfsinnig geleitete Erziehung,
SdMüffwoBdlMttopflef« Vni. 81
482
TöUige Trennung von den Eltern und dauernder Aufenthalt in guter
Landluft auch diese Schädlichkeiten hannen. Im schwersten Falle
endlich, wenn nicht blols der Vater und die Mutter neuropathisch
sind, sondern auch die weitere Ascendenz ergriffen war, tritt aller-
dings nahezu ausnahmslos Entartung ein, aber selbst in solchen
verzweifelten Fällen ist immer noch eine aufhebende oder zum
mindesten sehr beschränkende Wirkung der Heilpotenzen denkbar.
Die Überf&llong der Yolkssehalklassen in Prenfsen. Nach
einer kürzlich publizierten Statistik, über welche das „Berl, Tagebl."
berichtet, waren im Jahre 1891 in Preufeen 4916476 'Volksschul-
kinder in 82476 Klassen untergebracht, so dafe jede der letzteren
im Durchschnitt 60 Schulkinder enthielt. Für diese 82476 Schul-
klassen gab es aber nur 70 950 Untemchtszimmer. Es muDsten also
11525 Zimmer von mehr als einer Klasse benutzt werden. Auch
standen für die 82476 Klassen nur 70 856 Lehrpersonen zur Ver-
fügung. Von den 4916476 Volksschulkindem safseu nicht weniger
als 1661182 in überfOUten Bäumen mit mehr als 70, bezw. 80
Kindern. Ja, 1309175 Schulkinder befanden sich in Lehrzimmem
mit 81 bis 100, resp. 71 bis 90 Schülern, 324821 Kinder in
solchen mit 101 bis 150, bezw. 91 bis 120 Schülern und 27 186
Kinder in solchen mit mehr als 150, resp. 120 Schülern.
Über die fiewiehtsyerhältnisse des ESrpers nnd der Or j^ane
bei TnberkiilSsen im jugendlichen Alter teilt K. Oppenheucer
in der y^Münch. med, Wochschr.^ auf Grund von 305 Sektionen
folgendes mit: Anfangs laufen das Körpergewicht des gesunden
und dasjenige des schwindsüchtigen Kindes fast völlig parallel.
Während jedoch beim normalen die Kurve vom 10. bis 18. Jahre
steil ansteigt mit dem höchsten relativen Gipfel im 15. Jahre, erhebt
sich die Linie beim phthisischen allmählich, und das 15. Lebensjahr
befindet sich gerade in der Mitte. Es zeigt also das Körpergewicht
des schwindsüchtigen Kindes vom 12. bis 15. Lebensjahre einen
bedeutenden Rückstand-, bis zum 18. Lebensjahre bleibt es geringer,
und erst von da an laufen beide Kurven wieder ziemlich parallel.
Wenden wir uns zur Körper länge, so fällt bei Betrachtung der
diesbezüglichen Kurven auf, dafs dieselben beim gesunden und beim
phthisischen Kinde bis zum 9. Lebensjahre nahezu zusammenlaufen.
Erst im 14. Lebensjahre macht sich ein bedeutendes Zurückbleiben
des Längenmafses beim Phthisiker hinter dem des Normalen geltend.
Im 15. Jahre ist die Differenz am erheblichsten, gleicht sich aber in
den folgenden Jahren wieder mehr aus, um im 18. Lebensjahre völlig
zu verschwinden. Vom 1. bis 14. Leben^ahre sind also das
normale und das phthisische Kind wohl gleich lang, aber nidit
gleich schwer, vielmehr wiegt das phthisische bedeutend leichter, ab
483
das gesimde. ÜberemBÜmmend und angenfUlig ist jedoch das ganz
bedeutende ZnrQckbleiben sowohl des Gewichts, als anch der Länge
beim Phthisiker zur Zeit der Pabertät. Das Gehirn des schwind-
sttchtigen Kindes verhfilt sich, was das Wachstom anlangt, Ähnlich wie
dasjenige des gesunden. Im Yerhftltnis zum Körpergewicht ist es
schwerer, als das des normalen. Noch mehr Interesse, als das
relative bietet das absolute Himgewicht beim Schwindsflchtigen im
Vergleich zu dem des Normalen. Dasselbe ist kleiner, als beim
Gesunden, und zwar bis zum 16. Leben^ahre; von da an sind die
Gehirne beider Gruppen fast yollst&ndig gleich. Bemerkenswert ist
endlich, daüs das Herz beim Phthisiker zur Zeit der Pubertät
absolut und relativ zum Körper zu klein ist und dafs diese Kleinheit
nicht die Folge der Abnahme des Gesamtkörpers sein kann. Damit
ist denn auch der Beweis erbracht, dais ein kleines Herz zur
Tuberkulose disponiert und dafs aUe Mittel angewandt werden müssen,
ein solches Herz zu kräftigen, und zwar — das ist das punctum
saliens — gerade vor und während der Pubertätszeit.
öflenflielie Bedfirfilisanstalten fBr Kinder. (Mit 4 Ab-
bildungen.) Die Bedflrfnisanstalt der Firma Kulimann & Lina in
Frankfurt a. M., so schreibt die jtDtsch. Batuffg.'^, ist bestimmt, in
erster Linie kleineren Kindern zu dienen, wobei nicht ausgeschlossen
^mm^i^m^ Mw2 W * "^"^ Mb» ^^mv^p^ ■ • «<^ ^>«
Abbüdnog 1.
ist, dals dieselbe auch von grölseren Kindern und selbst von deren
Wärterinnen benutzt wird. Sie stimmt in ihrem äufseren Aufbau
mit den öffentlichen Bedtkrfiüsanstalten für Männer Oberein, und ihre
ganze Anordnung ist darauf berechnet, gleich diesen der öffent-
31*
484
licheD imentgeltlichen Benatzang überwiesen zu werden. Es Ukbt
sich nicht leugnen, dafe das Fehlen derartiger Anstalten in der Nfthe
stark besuchter Kinderspielplätze als ein Mangel bezeichnet werden
mnls. Abbildung 1 zeigt den Gmndrils der Anstalt, welche zwei
Eingänge und zwei Nutznngsstellen besitzt. Man hat hier keinen
Klosettapparat mit Sitz und Brille, sondern nur eine eiserne Gitter-
platte. Aus dem Schnitt A — B (Abbildung 2) ist ersichtlich, dafe
sich unter dieser Platte ein trichter-
f5nniger Behfllter befindet. Wäh-
rend der Benutzungszeit ist der Be-
hälter mit Wasser gefüllt, das einer
am oberen Rande angeordneten
Wasserröhre stetig und regulierbar
entfliefet. Der Wasserstand im
Trichter ist durch ein als Abflufs-
rohr eingerichtetes syphoniertesÜber-
laufirohr geregelt. Der Trichter-
AbbUdang 2.
Schnitt A— B.
AbbUdnngf 8.
Schnitt C— D.
AbbUdnn« 4. Schnitt E— F.
ablauf wird durch ein mit diesem Überlaufrohr verbundenes Ventil
geschlossen. Will man den Trichter entleeren, so hat man nur
nötig, das Überlaufrohr auf kurze Zeit hochzuziehen. Dieses Hoch-
ziehen erfolgt von aufsen durch einen Wärter oder Arbeiter. Im
allgemeinen wird es genügen, wenn diese Entleerung ein- oder zwei-
mal des Tages vorgenommen wird. Um die Anstalt stets rein halten
zu können, ist ein Wasserstutzen mit Schlauch vorgesehen, so da(a
der Fulsboden jederzeit abgespritzt werden kann. Die im Wasser
zunächst verbleibenden Fäkalien werden verdünnt, gelöst und zum
Teil schon von dem Wasser durch den Überlauf mitfortgerissen;
der bis zur Entleerung verbleibende Rest ist in Bezug auf Geruch
und sanitäre Wirkung unschädlich.
485
9.ti^tB%tf^x^iii^tt.
Die neae Prfiftuig Ar englische Sanititsbeamte. Seit
Beginn dieses Jahres, so berichtet die j,Zeit8chr. f. Meäufbeamt** ,
darf in £ngland, wo bisher die Eigenschaft als praktischer Arzt
genügte, nm das Amt eines Gesnndheitsbeamten bekleiden zn können,
in einer Grafschaft oder in einem Bezirke mit über 50000 Ein-
wohnern niemand als Gesnndheitsbeamter angestellt werden, der
nicht ein Diplom in der öffentlichen Hygiene erworben hat, oder
während der Jahre 1889 — 91 Gesnndheitsbeamter in einem Bezirke
Ton nicht weniger als 20000 Einwohnern oder aber drei Jahre
lang Gesnndheitsbeamter, bezw. Sanitätsinspektor im Ministerium
gewesen ist. Das Diplom für öffentliche Gesundheitspflege wird
gemUfs § 21 der Medizinalakte yon 1886 nur auf Grund eines
besonderen, Yon der ärztlichen Prüfung getrennten Examens erteilt.
The Royal College of Physicians of London und The Royal
College of Surgeons of England sind nach der eigenartigen englischen
PrOfungsordnung für Ärste berechtigt, Diplome für öffentliche
Gesundheitspflege zu verleihen, und haben den um ein derartiges
Diplom sich Bewerbenden, die nach dem 1. Januar 1891 als Ärzte
in das Register eingetragen sind, folgende Bedingungen behufs Zu-
lassung zur Prüfung bekanntgegeben: 1. Approbation als Arzt,
Wundarzt und Geburtshelfer vor zwölf Monaten. 2. Nach der
Approbation eine sechsmonatliche praktische Thätigkeit in einem von
der Körperschaft anerkannten Laboratorium. Es werden aber nur
Laboratorien als geeignet angesehen, die einen yon dieser Korporation
genau vorgeschriebenen Lehrplan über Physik, Chemie, Mikroskopie
und Bakteriologie in ihren Beziehungen zur Hygiene innehalten.
3. Ein Alter von mindestens 23 Jahren bei Zulassung zum ersten
TeQ der Prüfung und ein solches von 24 Jahren bei Zulassung
zum zweiten Teil. Die Prüfung zerfällt in zwei Abschnitte und
ist in jedem Abschnitte mündlich, schriftlich und praktisch. Im
ersten Teil wird geprüft: 1. Physik in ihren Beziehungen zur
Gesundheit, und zwar: a. Heizung und Ventilation; b. Wasser-
yersorgung und Kanalisation; c. sanitäre Bauten. 2. Meteorologie
in ihren Beziehungen zur Gesundheit. 3. Chemie unter besonderer
Berücksichtigung der Beschaffenheit yon Nahrungsmitteln, Luft, Boden
486
nnd Wasser. 4. Mikroskopische üntersachnngen von Lnft, Nahrungs-
mitteln nnd Wasser. 5. Geologie und Boden in ihren Beziehungen
zur Drainage und Wasserversorgung. Erst nach hestandenem ersten
Teile erfolgt die Zulassung zum zweiten Teile der Prüfung. In diesem
wird examiniert üher : 1. Entstehung, Entwickelung und Verhütung der
Krankheiten, und zwar : a. specielle Pathologie der epidemischen und
endemischen Krankheiten, einschliefslich der Naturgeschichte der
specifischen Krankheitsorganismen*, h. Einfluls von Klima, Jahres-
zeit und Boden ; c. Folgen von schlechtem Wasser, yerdorhener Luft
und Nahrung; d. Tierkrankheiten in Beziehung zur Gesundheit
des Menschen; e. EinfluDs von Gewerbe und Wohnung; f. Isolierung,
Quarantäne, Desinfektion, Impfung. 2. Handhabung und Verwaltung
des Gesundheitswesens, und zwar: a. gesundheitliche Anforderungen
an H&user, Dörfer und Städte; b. die sanitäre Einrichtung von
Haushaltungen, Anstalten und gewerblichen Anlagen, einschlielslich
des Baues und der Einrichtung von Krankenhäusern; c. die Ver-
hütung und Überwachung von epidemischen und endemischen
Krankheiten. 3. Gesundheitsstatistik. 4. Gresetze, Erlasse und
Verordnungen, die sich auf die Öffentliche Gesundheit beziehen.
5. Pflichten der Sanitätsbehörden und ihrer Beamten. Das prak-
tische Examen des zweiten Teiles kann sich auf die Besichtigung
und Begutachtung ausgewählter Häuser nebst Zubehör erstrecken.
Ferienkurse fftr Lehrer in Jena linden auch in diesem
Sommer wieder statt. Dieselben umfassen A. Naturwissenschaften:
Astronomie, Physik, Zoologie, Botanik; B. Hygiene, Psychologie und
Pädagogik; C. Sprachkurse für Ausländer, Litteratur und Geschichte.
Die Vorlesungen der Gruppe B sind folgende: 1. Schulhygiene:
Infektionskrankheiten bei den Schulkindem, Schulkrankheiten, Anlage
und Bau von Schulhäusem, Beleuchtung, Heizung und Ventilation
Yon Schulen, Einrichtung der Schulzimmer, Subsellien, Hygiene des
Unterrichts: Hofrat Professor Dr. GIrtneb. 2. Physiologische
Psychologie : Parallelismus der physiologischen und psychischen Pro-
zesse, allgemeines Schema der letzteren, Lehre von den Empfindungen,
WEBERsches Gesetz, Lehre von den Gefühlstönen und Affekten,
Lehre von den Erinnerungsbildern oder Vorstellungen, Gesetze der
Ideenassodation, Aufmerksamkeit, Ichvorstellung, Lehre von den
Handlungen, Reaktionszeiten, Ausdrucksbewegungen, Willensvermögen:
Professor Dr. Zielen. 3. Pädagogik: Grundzüge der Lehre Tom
erziehenden Unterricht nach ihren ethischen und psychologischen
Voraussetzungen: Professor Dr. Rein. Aus den geschäftlichen Mit-
teilungen sei hervorgehoben, dafs an den meisten Kursen auch Damen
teilnehmen können. Die Vorleäungen beginnen am 5. Augast nnd
werden teils am 17., teils am 25. August geschlossen. Ein
487
Wohnungsnachweis ist im Botanischen Institut, Erdgeschofs, ein-
gerichtet. Der wöchentliche Preis fOr Miete beträgt durchschnittlich
10 Mark, für volle Pension 25 Mark. Anmeldungen nehmen entgegen
und nähere Auskunft erteilen Professor Detmer und Professor Rein
in Jena.
Die H&fsigkeitssache bei den Studenten. Auch an die
deutschen Studenten wendet sich jetzt der Verein gegen den Mifsbrauch
geistiger Getränke, und augenscheinlich mit Erfolg. Schon vor
einem Jahre hielt der Geschäftsführer desselben, Dr. Bode, einen
Vortrag vor der Universität Kiel, zu dem die gröfsere Hälfte der
Studenten und viele Professoren erschienen waren. Es ging da etwas
lebhaft zu ; manche Zuhörer hatten sich mit der Absicht eingestellt, Länr
zu machen, aber schliefslich war doch der Eindruck ein grofser und
bei manchem ein nachhaltiger. Dr. Bode hat seitdem auch in Jena
und Halle vor Studentenversammlungen gesprochen und hier keinen
Widerspruch gefunden; allerdings waren die Versanunlungen kleiner.
Am 16. Februar d. Js. traten die Hochschulen Mtlnchens in die
Bewegung ein. Eine stattliche Schar Studierender füllte die Aula der
Universität, der bekannte Hygieniker, Geheimrat von Pettenkofer,
präsidierte. Er äufserte unter anderem : Der deutsche Verein gegen
den Mifsbrauch geistiger Getränke geht nicht auf „eine Vertrocknung
des studentischen Lebens aus, sondern auf einen Kampf gegen die
Versumpfung". „Gesunder, froher und fruchtbarer wird die
akademische Jugend, welche der übrigen Bevölkerung voranleuchten,
nicht aber Verführerin sein soll, jedenfalls erst dann werden, wenn
die Bewegung gegen das regelmäTsige und oft übermäßige Trinken
auch in ihren Kreisen eine tiefere wird und sie mitarbeitet, den
Boden für das deutsche Volksleben durch selteneres und mä&igeres
Befeuchten gesunder und ertragsfähiger wieder werden zu lassen".
Die drei übrigen Redner waren der Hygieniker Professor Hans
Buchner, der Nachfolger auf Pettbnkofers Lehrstuhl, der Patho-
loge Professor Bollingeb, der nach seinen klinischen Erfahrungen
den Alkoholmifsbrauch tds einen der schlimmsten Feinde des
Menschengeschlechts bezeichnete, „gefährlicher und heimtückischer,
als Cholera und Pest und zum mindesten gleichzustellen den Erb-
übeln des Menschengeschlechts, der Tuberkulose und dem Krebs",
und Professor Max Haüshofeb, der als Volkswirt sprach. Pro-
fessor Büchner empfahl als Ablenkung von der Kneipe besonders
die körperlichen Übungen und Bewegungsspiele der englischen
Studenten, die ursprünglich aus dem Italien der Renaissanceperiode
stammen und auf die alten Römer zurückgehen, also eine gute
klassische Tradition darstellen. In demselben Sinne rühmte er auch
die italienischen Studenten. „Sie kennen nichts von Trinksitten;
488
ttberhanpt ist Italien ganz frei daTon. Das lebensfreudigste Volk,
dem man die anzerstörte Heiterkeit ttberall dort, wo es nicht wirtr
schafüich geradezu im tiefsten Elend steckt, Yom Gesichte abliest,
geniefst die Segnungen seiner herrlichen Weinknlturen mit angeborener
Mä&igung. Das sind gute klassische Traditionen, in Fleisch und
Blut übergegangen. Wir aber sind immer noch in dieser Beziehung
die alten unmäCsigen Barbaren geblieben. Als barbarisch galt ja
den alten Griechen und Römern alles ÜbermäCsige, Unschöne. Ich
aber habe in Italien immer den Eindruck gehabt, dafs die heutigen
Italiener weitaus leistungsfthigere Nerven haben, als wir Deutsche.
Sie sind ausdauernder bei der Arbeit, ausdauernder bei ihren Ver-
gnügungen, namentlich ihren Spielen im Freien. Immer wieder
mulste ich mir die Frage vorlegen, ob nicht unser vererbter Alko-
holismus einen grofeen Teil der Schuld an diesem Unterschiede
trftgt?" Von ähnlichem Geiste getragen waren die AusfUirungen
Haübhofehs. Sein Schluiswort lautete: „Wer auf der Höhe des
Lebens steht, weils, dafs die edelste Begeisterung, die wunderbarste
Stimmung, deren das Menschenherz f&hig ist, mit dem Alkohol nichts
zu thun hat. Es gibt Menschen genug, die nur dann einer
Begeisterung iSMg sind, wenn sie getrunken haben. Aber es gibt
auch genug andere, welche wissen, dals man weihevolle und frohe
Stunden und Stimmungen haben kann, ohne getrunken zu haben,
und dafs diese Stimmungen nicht verrauchen und nicht mit schnödem
Katzenjammer enden, wie jene, die der Alkohol geschaffen hat. Nicht
trockene und öde Nüchternheit und Freudlosigkeit ist es, was die
Mä&igkeitshestrebung lehren und verbreiten möchte, sondern jene
Klarheit des Geistes, jene Tüchtigkeit des Körpers, jene Spannkraft
des Willens, die den Menschen befähigen sollen, allzeit auf der
Höhe des Lebens zu stehen. Dann wird er die Begeisterung und
die Freude, die er im Kampf ums Dasein braucht, nicht mehr im
umnebelnden Kneipendunst suchen, sondern in der Schönheit der
Natur und im Reichtum des Menschenherzens, in Kunst und
Wissenschaft und in allem, was dauernde Begeisterung verdient!^
Die Ag;iüttio]i der Imptgegnev gegen die SchatEpockeB-
impfting wird seit einiger Zeit wieder mit besonderer Lebhaftigkeit
betrieben und scheint insbesondere auch in ärztlichen Kreisen neuere
dings mehr Unterstützung, als früher zu finden. Die preufsischen
Minister des Kultus und des Innern haben sich daher veranlalst ge-
sehen, folgende, vom Direktor des Kaiserlichen Gesundheitsamts vor-
geschlagenen Mafsregeln den zuständigen Behörden zur Beachtung
und Durchführung anzuempfehlen: 1. In deigenigen Impf bezirken,
in denen verhältnismäfsig zahlreiche Befreiungen von der Impfung
stattfinden, oder die Impfungen der Privatärzte häufig erfolglos bleiben,
489
sind die Ursachen solcher Unzutrftglichkeiten zu ermitteln. In geeig«
neten Fällen ist gemäfs § 2, Absatz 2 des Impfgesetzes dnrch den
Impfarzt festzustellen, ob der Impfpflichtige thatsftchlich ohne Gefahr
fftr sein Leben oder seine Gesundheit nicht geimpft werden kann,
nnd je nach dem Ergebnis dieser Feststellnng anzuordnen, dafs die
letzte Wiederholung der Impfuug durch den Impfarzt vorgenommen
wird. 2. Die Angaben ttber sogenannte Impfschädigungen, deren Ver-
öffentlichung in der Tagespresse, in Fachzeitschriften, Flugblättern,
Petitionen u. dergl. zur Zeit das beliebteste Agitationsmittel der
Impfgegner ist, sind durch die beteiligten Behörden zu untersuchen
und der Thatbestand, sowie die Ursache der behaupteten Gesund-
heiteschädigung in jedem einzelnen Fall mit möglichster Beschleunigung
festzustellen. Sofern sich die verbreitete Nachricht als unrichtig
erweist, ist die öffentliche Berichtigung unwahrer oder entstellter
Angaben herbeizuführen und, wenn dies angängig und für das öffent-
liche Gesnndheitsinteresse förderlich erachtet wird, ein strafrechüichea
Vorgehen gegen die Verbreiter falscher Nachrichten zu veranlassen.
Mit Rücksicht auf die vielfach noch übliche Unterscheidung eines
Impfrotlaufes von dem echten Wundrotlauf, welche geeignet ist, der
Verbreitung unzutreffender Mitteilungen über Impfschädigungen Vor-
schab zu leisten, sind die Impfärzte anzuweisen, gewöhnliche Haut-
entzündungen, welche infolge ausnahmsweise starker Wirkung der
Lymphe oder hochgradiger Empfindlichkeit des Impflings um die
Impfyusteln aufzutreten pflegen, fernerhin nicht mehr in den Berichten
als Rotlauf anzuführen, sondern diese Bezeichnung nur auf Er-
krankungen an echter Wundrose (Erysipel) anzuwenden und die
betreffenden Fälle einzeln eingehend zu beschreiben. 3. Die prak-
tischen Ärzte sind in geeigneter Weise durch Mitteilungen in den
Fach- und Standesvereinen oder durch Veröffentlichungen der Be-
hörden auf die Bedeutung der Impfung hinzuweisen, zumal den
jüngeren unter ihnen die Schrecken der Pockenseuche aus eigener
Anschauung meist nicht bekannt sind.
Jngefldliche Selbstmörder in Frankreieh. Der offizielle
Bericht der Selbstmörderstatistik für Frankreich gibt nach „X^on med,^
für das Jahr 1892 folgende. Daten an. Nachdem die Selbstmorde
in den Jahren 1889 und 1890 etwas nachgelassen hatten, nahmen
sie für die nächsten Jahre wiederum in dem alten Verhältnisse zu.
Von 6638 im Jahre 1890 stiegen sie auf 8884 im Jahre 1891
nnd auf 9285 im Jahre 1892. Dabei wuchs besonders auch die
Zahl der jugendlichen Selbstmörder in erschreckender Weise. Für
1892 zählte man deren 87 unter 16 Jahren, während es 1880 nur
55 waren. Von den 16 bis 21 Jahre alten nahmen sich 267 im
Jahre 1880 das Leben, im Jahre 1890 dagegen 368; bei der
490
letzten Zählang im Jahre 1892 aber stieg die Ziffer sogar bis
auf 475.
Die englische Gesellschaft zur Yerhtttnng Ton Gnu-
samkeit gegen Sander hatte, wie wir dem j^Brü. Med. Jou/tn.^
entnehmen, eine Versammlung ihrer Mitglieder auf den 14. Mai d. Js.
nach Mansion Honse in London berofen, nm über ihre Th&tigkeit
im abgelanfenen Jahre Bericht zn erstatten. Dasselbe ist in jeder
Hinsicht anfeerordentlich erfrenlich gewesen. Die Einnahmen der
Gesellschaft übertrafen diejenigen des Vorjahres am £ 14400»
während die Aasgaben bedeatend abgenommen haben. Die Zahl
der untersachten Fälle war am 3477 gröfser, als im Yorhergehendea
Jahre. Besonders günstig aber and für das urteil der Agenten der
Gesellschaft bezeichnend ist es, dalä nar 4% der Anklagen gegen
Eltern wegen grausamer Behandlang ihrer Kinder mit Freisprechong
endeten. Der Verein hat im Berichtsjahre Korporationsrechte
erhalten. Geklagt wird, dafs manche Juristen das Eltemhaos als
eine Burg ansehen, in die man auch dann nicht eindringen dürfe,
wenn ein pflichtrergessener Vater oder eine unnatürliche Matter
darin schalteten.
Ein nenes Ferienheim fBr Baseler Schfller. In den letzten
elf Jahren hat der Bealschülertumyerein Basel, so schreiben die
„Schwff. Bl, f, Chdhtspflg,^ , unter Leitung des Turnlehrers Ad. GiiAIZ
fünfmal die Sommerferien auf der Alp Schrina an den Kurfirsten
zugebracht. Da indessen die Ferienkolonien immer mehr gewachsen
sind, genügten die primitiven Räumlichkeiten auf jener Alp nicht
mehr. Der Verein „Ferienheim^ in Basel hat deshalb mit der
Gemeinde Niederumen im Glarnerland Unterhandlungen angeknüpft,
um auf der Alp Morgenholz, eine viertel Stunde oberhalb Nieder-
umen, in einer Höhe von drka 1000 m ein eigenes Heim ein-
zurichten. Die Unterhandlungen hatten Erfolg, und die Baseler
Ferienknaben werden nun einen herrlichen Tummelplatz erhalten,
von dem aus sich prächtige kleinere und gröfsere Wanderangen
unternehmen lassen, so auf den Aubrig, den Rautispitz, den Schilt,
den Mürtschenstock, den Speer, den Leistkanmi u. s. w. Über das
geplante Gebäude selbst berichtet Herr Glatz in den „ManaisbL
f. d. Schuliurn.^: Unser Ferienheim wird eine Länge von 14, eine
Breite von 9 und eine Höhe von llVs m erhalten. Längs der
nach Osten gerichteten Hauptfagade wird eine 1 m hohe und 2Vt m
breite Terrasse und auf der nördlichen Giebelseite eine gedeckte
Laube hergestellt, die als Treppenhaus dienen und sämtliche Aborte
enthalten soll. In das Erdgeschofs kommen ein heizbarer Speise-
saal ^ sowie Küche und Keller. Die beiden Stockwerke werden In
zwei grofse und drei kleinere Schlafräume eingeteilt. Mit Ausnahme
491
der Orund- und EeUermauem wird der ganze Bau in Holz, mit
Bogenaonten gestrikten W&nden ausgeführt. Das Dach erhält eine
Bedecknng aus Schindeln, und sämtliche Aufsenwände werden mit
kleinen Schindeln verkleidet. Das Gebäude wird sechzig einfache
Bettstellen mit Seegrasmatratze und Kissen erhalten; die jeweiligen
Bewohner desselben haben Leintücher und Wolldecken mitzubringen.
Die Küche wird mit genügendem Kochgeschirr und den übrigen
Gerätschaften versehen werden; femer soll für Tischgeschirr und
Bestecke, sowie für aUe diejenigen Gegenstände gesorgt werden, die
zur Bewohnung des Gebäudes nötig sind. Der Senne auf Morgen-
holz liefert den Bewohnern des Ferienheims zu jeder Zeit genügend
Milch und Milchprodukte. Alle übrigen Lebensmittel sind in
Niederumen zu beziehen; der Transport derselben bietet keine
Schwierigkeiten, indem der Weg auf die Alp nicht weit und auch
bei Regenwetter nie kotig ist. In unsem Sommerferien, von Mitte
Juli bis August, steht das Ferienheim der Baseler Schuljugend offen ;
für die übrigen Sonunerwochen soll es den Schlüem anderer
Schweizerstädte, event. des Auslandes, deren Ferien nicht mit den
unsem zusammenfaUen, mietweise überlassen werden. Allfällige
Anfragen sind an Ad. Glatz, Turnlehrer in Basel, zu richten.
Das erste Berliner Schfilerwettrndem in Grünau am
15. Juni d. Js. war vom Wetter wenig begünstigt. Am Vormittag
stellte sich ein kräftiger Landregen ein, der auch am Nachmittag
noch anhielt. Trotzdem ging es in Grünau schon vormittags lebhaft
zü. Der Berliner Schülerruderverein „Friedrich Wilhelm" vom
Friedrich -Wilhelms -Gymnasium vollzog feierlich die Taufe seines
dritten Bootes auf den Namen Bismarck. Im Jahre 1892 gab es
in ganz Preuüsen nur zwölf Schülerrudervereine, gegenwärtig zählt
Berlin allein deren acht. Der älteste derartige Verein, derjenige in
Ohlau, stammt aus dem Jahre 1880. In demselben Jahre wurde
der Gymnasialruderverein zu Rendsburg gegründet, 1882 der in
Neuwied. In Berlin ist der älteste Gymnasialruderverein der des
Friedrich- Wilhelms-Gymnasiumfi, ,,Friedrich-WUhelm^, 1884 aus den
Turnern hervorgegangen. Die Geldmittel wurden dadurch gewonnen,
dafs man von den den Turnplatz in der Hasenheide besuchenden
Eltern und Angehörigen der turnenden Schüler ein kleines Eintritts-
geld erhob. In der Zeit von zehn Jahren sind 140 Schüler im
Rudern ausgebildet worden. Von den übrigen Berliner Schüler-
radervereinen besteht die Abteilung am Leibniz- Gymnasium seit
18^2; zwei Schülerruderabteilungen wurden im Yoijahr gebildet, an
der fSriedrich Werderschen Oberrealschule und an der ersten Real-
schule; die anderen fünf Abteilungen, die sich am Sonnabend in
Grünau am Wettrudem beteiligten, entstanden erst in diesem Jahre
492
nach der Stiftimg «ines Wanderpreises, bestehend in einer altgotischen
Kanne, durch den Kaiser. Sie kamen za stände am Lmsen-Gymnasinm,
dem Lnisenstädtischen, Königstädtischen, Andreas- und Friedrichs-
Bealgynmasinm. Insgesamt zählen zor Zeit alle nenn Abteüangen
142 aktive Mitglieder, Ton denen 75 am Wettkampf teilnahmen.
Den Kaiserpreis gewann mit einer halben Länge das Luisenstädtische
Realgymnasium in 5 Minuten 5 Sekunden vor dem Andreasreal-
gymnasium und dem Friedrich -Wilhelms-Gymnasium. Dem Rennen
um den Kaiserpreis, an dem von jeder Anstalt nur die beste Ab-
teilung sich beteiligen durfte, ging ein Ermunterungsrennen für die
übrigen Abteilungen voraus. Hierbei gewann in ö Minuten 23 Se-
kunden das Andreas-Realgymnasium leicht den Preis. Die Friedrich
Werdersche Oberrealschule behauptete den zweiten und das Luisen-
städtische Realgymnasium den dritten Platz.
Ereissehfilertiumfeste in Ungarn. Das Königlich ungarische
Kultus- und Unterrichtsministerium veranstaltete, wie die y^Dtseh,
Tum^Ztg,'' berichtet, im Sommer d. Js. Kreisschttlertumfeste. Diese
wurden in Raab, Bessterczebanya, Debreczin und Groüswardein ab-
gehalten, und zwar derart, dals sich an denselben je drei Lehrbezirke
beteiligten. In Raab der Raaber, Preisburger und Stuhlweilsenburger;
in Bessterczebdnya der Bessterczeb&nyaer, Budapest hauptstädtische
und Budapest provinziale; in Debreczin der Debrecziner, Kaschaner
und Szegediner und in Groiswardein der Grofswardeiaer, Elausen-
burger und Hermannstädter. Behörden und Bevölkerung hatten
fkberall grofse Vorbereitungen getroffen, damit diese SchOlertumfesto
würdig begangen würden. Für dieses Jahr plant das Unterrichts-
ministerium auch die Abhaltung eines sechstägigen Spiellehrkurses,
von welchem man sich, namentUch in Budapest, viel Erfolg verspricht.
2l«tli(^e )Oetfit0iiii0ett.
Verordnang des KSniglich prenfsischen Unterriehtsministen,
betreffend Einführung eines nenen Leitfadens (Br den Tnm-
nnterricht in den Volkssehnlen.
Berlin, den 1 . April 1895.
Der „Neue Leitfaden für den Turnunterricht in den
preufsischen Volksschulen'', der durch Erlafs vom 1. Augnst
1868 eingeführt wurde, ist auf meine Veranlassung mit Rücksicht anf
498
die fortschreitende Entwickelaog des Tnmbetriebes fiberhanpt und
insbesondere bei den Yolksschnlen einer erneuten Durchsicht und, wie
68 sich dabei als unabweislich erwies, einer umfangreichen Um-
gestaltung unterzogen worden.
Das Ergebnis dieser Arbeit liegt yor in dem y^Leiifadm für dm
ISiyrmmienicht in den prmfaischen Volksschulen von 1895*^ ^ der
jetsst in dem Verlage von W. Hertz (Bessersche Buchhandlung)
liier W., Behrenstra&e 17, erscheint und unverzüglich an Stelle des
bisherigen Leitfadens in Gebrauch zu nehmen ist.
Bezflglich der Verwendung des Leitfadens ist folgendes zu
bemerken :
Der Übungsstoff ist systematisch geordnet. Selbstverstftndlioh
ist also der Leitfaden beim Unterrichte nicht in der Weise zur
Richtschnur zu nehmen, dab etwa die Übungen in der Reihenfolge
vorgenommen werden, in der sie dort pan^aphenweise anfgefilhrt
sind. Vielmehr hat der Lehrer selbst den Übungsstoff so zu ordnen
und die einzelnen Übungen, wo sie auch im Leitfaden behandelt
«ein mögen, von dem Gesichtspunkte aus an die rechte Stelle des
Unterrichtsplanes zu bringen, dals sie in stufenm&fsiger Folge und
angemessenem Wechsel ein regelmätsiges Fortschreiten aller Schfller
sicdiem. Fingerzeige für ein solches planmft&iges Verfahren gibt
der Leitfaden selbst — von den allgemeinen Bemerkungen über die
Au^be und den Betrieb des Turnunterrichtes abgesehen — insofern,
als einerseits diejenigen Übungen, die sich ausschlieislich f(ir die
Oberstufe der Volksschule eignen, durch ein Kreuz kenntlich gemacht
sind, andererseits vielfach Beispiele fftr Verbindungen von Übungen
gegeben werden, nach denen der einzelne Lehrer, je nach der für
das Turnen verfügbaren Zeit und nach dem Stande der Tumfertigkeit
seiner Schfller, auch neue Verbindungen und Gruppierungen zusammen-
zustellen im Stande sein wird. Überall ist aber auf eine gleichmäCsige
und sorgfaltige Einübung der Grundformen besonderer Nachdruck zu
legen. Die Sicherheit in diesen ist für die Schule weit mehr wert,
als ein die turnerische Durchbildung leicht beeinträchtigendes Vielerlei
von Übungen.
Der im Leitfaden gebotene Stoff wird fflr Volksschulen üi ein-
fachen Verhältnissen ausreichen, vielleicht hier und da sogar noch
eüie Beschränkung erfahren müssen. Bei günstigeren Verhältnissen
und bei gehobenen Volksschulen ist aber nicht ausgeschlossen, dab
über dessen Grenzen hinausgegangen wird und unter sachkundiger
Leitung auch Geräte beim Turnunterrichte benutzt werden, von denen
in dem Leitfaden für Volksschulen überhaupt abzusehen war. Wohl
zu bedenken ist aber, dab es der Aufgabe der Schule nicht ent-
sprechen würde, dabei die Ausbildung einzelner besser beanlagter
494
Schüler zu besonderen tnmeriscben Leistungen anf Kosten der
Gesamtheit bestimmend sein zu lassen.
Mit den Zöglingen der Schnllehrerseminare ist der im Lieitfaden
enthaltene Übnngsstoff unter BerQcksichtigang der zahlreichen metho-
dischen Winke so zn verarbeiten, dafs sie befthigt werden, später
den Tamonterricht auf Grund des Leitfadens den örtlichen Ver-
hftltnissen entsprechend möglichst selbständig zu gestalten. Der
Tumbetrieb an den Lehrerbildungsanstalten selbst darf aber nicht
auf die im Leitfaden angegebenen Übungen beschränkt bleiben.
Gleichzeitig bestimme ich, dals sowohl bei den höheren Lehr-
anstalten, bei denen die Anfangsgründe im Turnunterrichte durchweg
nach Malsgabe des Leitfadens zu behandeln sind, als auch bei den
Mädchenschulen, soweit für den Turnunterricht bei diesen die im
Leitfaden aufgeführten Übungen überhaupt in Frage kommen, sowie
endlich in allen staatlichen Kursen zur Ausbildung von Tunüehrrana
und Tumlehrerinnen und in den Prüfungen dieser die Tumspradie
und die ßefehlsformen des Leitfadens fortan gleichmälsig zur An-
wendung gebracht werden. Das Königliche ProvinzialschulkoUegium
— die Königliche Regierung — hat das Erforderliche alsbald zu
veranlassen.
Schliefslich bemerke ich, dafs die obengenannte Yerlagsbuch-
handlung sich verpflichtet hat, die Exemplare des Leitfadens, welche
die Königlichen Provinzialschulkollegien, Regierungen und Kreisschid-
inspektoren für sich oder für die ihnen unterstellten Schulen von
ihr innerhalb eines halben Jahres nach Erscheinen des Buches
beziehen, zum Preise von je 0,75 JK. zu liefern. Die Beschaffimg
des Leitfadens ist für den dortigen Aufsichtsbezirk auf Kosten der
betreffenden Schulen und Lehranstalten nach Mafsgabe des Yor-
stehenden ungesäumt in die Wege zu leiten.
An
sämtliche Königliche Provinzialschulkollegien und Regierungen.
Abschrift erhalten Ew. Hochwohlgeboren zur gefiUligen Kenntnis-
nahme und weiteren Veranlassung bezüglich des dort bestehenden
staatlichen Kursus zur Ausbildung von Turnlehrern.
Der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) Bossu.
An
die Herren Universitätskuratoren zu Halle a. S. und zu Bonn,
ü. m. B. 1081. ü. II.
495
Erlafe des KSniglieli italieiiisciieii Ministeriiimg des Sffentlicheu
ünterriehts
bez&glieh der Infektioiiskraiikheiteii in Schulen.
(Fortaeteung.)
Schalprophylaxe derjenigen Infektionskrankheiten,
welche den Schnlhesnch gestatten.
A. Die Grundregel dieser Prophylaxe besteht darin, soweit als
möglich den Verkehr der gesunden mit den kranken Schülern za
Terhindem nnd Sorge dafür zn tragen, da(s die Erankheitsprodakte
nicht die Verbreitung dieser Krankheit begünstigen.
6. Sooft der Schüler, sei es an den Augen, sei es an der
Haut oder an der behaarten Kopfhaut eine der Ansteckung ver-
dftchtige Krankheit zeigt, wird er aus der Schule entfernt werden
müssen und nicht eher wieder zugelassen werden dürfen, bevor er
ein ärztliches Zeugnis vorlegt, welches jegliche Gefahr einer Ansteckung
für ausgeschlossen erkl&rt oder versichert, dafe er sich in Behand-
lung befindet.
In diesem letzteren Falle wird der Schulbesuch von folgenden
Bedingungen abhängig gemacht': a. alle vierzehn Tage Vorlegung eines
ftrztlichen Attestes, welches bezeugt, dafo der Schüler sich noch in Be-
handlung befindet, und welches über den Verlauf der Krankheit berichtet;
b. Isolierung des erkrankten Schülers durch Platzanweisung auf einer
getrennt stehenden Schulbank, welche bestimmt ist, die von derselben
Krankheit befallenen Schüler aufzunehmen; c. in grofsen Städten,
woselbst die Zahl der beispielsweise an Grind (tinea) oder granu-
löser Augenentzündung Leidenden beträchtlich wäre, sollen besondere
Klassen für solche Kranken erOffiaet werden, in denen dieselben
an&erdem behandelt werden können.
C. Die Tuberkulose, vorzugsweise die der Lunge oder auch die
eiterige der Haut, ist eine Krankheit, welche, ohne den Schüler in die
Unmöglichkeit zu versetzen, während ihrer ganzen Dauer die Schule
Eo besuchen, diesen immerhin zu einem fortwährenden Krankheits-
verbreiter stempelt.
Die Gefahr der Verbreitung der Lungentuberkulose liegt im
Auswurf, welcher den specifischen Bacillus enthält; dieser Badllns
leistet der Austrocknung Widerstand, erhebt sich mit dem auf Fufih
böden, Wänden und sonstigen Gegenständen befindlichen, staub-
ftrmigen Auswurfe in die Luft und kann so in die Atmungswege
gelangen.
496
Es ist daher notwendig, da(s sowohl Schfiler, als Lehrer und
Schuldiener, welche an Lnngentaherknlose mit Hasten and Expek-
toration leiden, Yon der Schale aasgeschlossen werden.
Diejenigen, welche den Verdacht der Langentaberkolose er-
wecken, oder überhaupt mit Hasten and Aaswarf behaftet sind,
sollen aaf eine von den übrigen isolierte Bank gesetzt werden, am
die anmittelbare Nachbarschaft mit ihren Kameraden zu. vermeiden.
Eine nnerl&isliche Maisregel wird es sein, dieselben za nötigen,
jsich der in ihrem Bereiche befindlichen Spacknäpfe za bedienen.
Diese dürfen einfache Holzkftstchen sein, deren Boden mit einer 5
bis 10 cm dicken Schicht von gepulvertem, rohem Kalke bedeckt ist.
Diejenigen Lehrer, die an Hasten mit Auswurf leiden, werden
mit gatem Beispiel vorangehen und gewissenhaft die Spacknfipfe
benutzen.
Denn selbst in dem Auswurfe noch gesunder Personen können
-sich Keime der Lungenentzündung befinden, und in denjenigen von
Individuen, die an Diphtheritis oder Angina gelitten haben, erhalten
sich die bezüglichen Krankheitskeime noch auf lange hinaus, weshalb
es eine für alle geltende Kegel sein mufs, nur in die Spacknäpfe
zu spucken. Zu diesem Zwecke ist in den Korridoren und Klassen
vermittelst besonderer Plakate das Verbot in Erinnerung zu brmgen,
anderswohin, als in die Spucknäpfe den Auswurf zu entleeren.
D. Wenn es sich um Schüler handelt, die von einer übertrag-
baren Krankheit befallen sind, so wird eine besondere Überwadiung
son Seiten des Lehrers nötig, um den Austausch von Gegenständen,
wie Bücher, Hefte u. s. w., zwischen Kranken und Gesunden zu ver-
hindern, da dergleichen Dinge häufig die Träger von Infektions-
keimen sind.
(ForteetEong in No. 9.)
EmpfeUnng des vom Kaiserlichen Gesnndheitsamte benns-
gegebenen Gesnndheitsbflchleins dnrch dasKSniglichprenfsiseke
Hinisterinm der geistlichen, Unterrichts- nnd M^dizinal-
angelegenheiten.
Berlin, den 7. Februar 1895.
In dem Kaiserlichen Gesundheitsamte ist eine gemeinfafsliche
Anleitung zur Gtesondheitspflege ausgearbeitet worden and neuerdings
unter dem Titel ,yQesundheUsbiichlein*' im Verlage von Julius Springer
•hier N., Monbgouplatz 3, erschienen. Der Preis beträgt für ein
•kartonniertes Exemplar 1 M, und für ein in Leinewand gebundoies
Exemplar 1,26 «M; bei gleichzeitiger Entnahme von mindestens
20 Exemplaren ermäisigen sich diese Preise auf 0,80 M und 1 JH,
497
▼orbehaltlich besonderer Vereinbanuigen mit der Yerlagshandlimg
bei Bezug grO&erer Mengen.
In dem „OesuncO^eitsbücMein*^ ist knrz zusammengestellt, was
nach der neueren Entwickelong der wirtschaftlichen Verhältnisse im
deutschen Reiche jeder Gebildete auf dem Gebiete der Gesund-
heitslehre und -pflege wissen oder wenigstens jederzeit sich verfügbar
halten soll. Der reiche Inhalt ist gut geordnet, und das beigegebene
genaue Inhaltsverzeichnis ermöglicht eine schnelle Auffindung der
einzelnen Abschnitte. Die Schreibweise ist gemeinverständlich und
die Darstellung im allgemeinen in demjenigen Grenzen gehalten, die
geboten sind, um nicht durch die Lektflre des Buches der Kur-
pfuscherei Vorschub zu leisten.
Das Königliche Provinzialschulkollegium — die Königliche Re-
gierung — mache ich auf dies y^Q-esundheitsbiiMein'^ , dessen thunlichste
Verbreitung erwünscht ist, mit dem Bemerken besonders aufmerksam,
dab die Anschafinng desselben sich empfiehlt:
1. für die Bibliotheken der Königlichen ProvinzialschulkoUegien,
sämtlicher höherer Lehranstalten, sowie der für die praktische
Ausbildung der Kandidaten des höheren Lehramts bestehenden
Seminaranstalten,
2. für die Bibliotheken sämtlicher Lehrer- und Lehrerinnenseminare,
sowie der Präparandenanstalten,
3. für die Bibliotheken der Königlichen Regierungen und für
sämtliche Lehrerbibliotheken.
Da bei gröfserem Bezüge eine PreiBermäfsigung eintritt, wird
es zweckmäfsig sein, wenn das Königliche Provinzialschulkollegium
— die Königliche Regierung — für den Bedarf seines — ihres — Auf-
sichtsbezirkes die Bestellungen übernimmt und unmittelbar besorgt.
Ausdrücklich bemerke ich jedoch, da& das Buch für den Unter-
richt nur insoweit zu verwerten ist, als es der Vorbereitung der Lehrer
auf die lehrplanmälsige Unterweisung über die Gesundheitspflege zu
Grunde gelegt wird; dabei wird es ersprie&liche Dienste leisten.
Nicht zu benutzen ist es aber als Leitfaden für diesen Unterricht
m der Weise, dafs es sich etwa dabei in den Händen der Schüler
und Schülerinnen selbst befände.
Der Minister der geistlichen u.s. w. Angelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
An
sftmtlicbeKönigliche ProvinzialschulkoUegien und Königliche Regierungen,
ü. n. 2680. U. m.
8olmlgMiiadlieitipfl«f • YIII. 32
498
Tabelle zur Statistik der Erkrankungen
nnd sonstigen Dienstversänninisse der Lekrpersonen.
Vom Bezirksschulräte der Stadt Wien,
Schuljahr 1894—95.
B. S. Z. 11 092 ex 1891.
Vorbemerkungen: Für jede Lehrperson, den Leiter
der Schule mitinbegriffen, welche während dieses Schuljahres bisher
den Dienst versäumt hat oder späterhin versäumt, ist ein solches
Formular zu benutzen; nur die Dienstversämnnisse der kathoUscheu
Seelsorger — nicht aber auch die der eigenen Keligionslehrer —
haben unberücksichtigt zu bleiben. Fflr jede Dienstversäumnis,
ob sie nun einen halben Schultag oder länger gedauert hat, ist
eine Zeile der nachfolgenden Tabelle zu verwenden; hat eine
Schnlperson mehr als zehn Dienstversäumnisse, so sind die
weiteren auf einer zweiten Tabelle anzugeben, nnd ist die erste
mit A, die zweite mit B zu bezeichnen.
Dienstversäumnisse von Aushilfslehrern sind dort zu ver-
zeichnen, wo diese Lehrpersonen jeweilig beschäftigt sind, bezw.
hospitieren; von Religionslehrern einer Sammelstation dort,
wo sich die Sammelstation befindet. Unterrichtet eine Lehrperson
an zwei oder mehreren Schulen in demselben Gegenstande
(in Religion, oder in weiblichen Handarbeiten, oder in firanzOsischer
Sprache), oder in verschiedenen Gegenständen (in den allgemeinen
Unterrichtsgegenständen und Turnen, Gesang, Schreiben), so sind
deren Dienstversäumnisse an jeder dieser Schulen zu verzeichnen.
Die mindeste Dauer einer zu zählenden Dienstversäumnis ist
ein halber Schul tag. Nur halbe Schultage sind in Rechnung zu
ziehen, aber nicht schulfreie halbe oder ganze Tage. Ein halber
Schnltag gilt nur dann als versäumt, wenn die gesamte Dienst-
leistung an der Schule während eines halben Schultages unter-
bleibt, ob sie nun eine oder mehrere Stunden betragen hätte.
Die im laufenden Schuljahre bisher vorgekommenen Dienst-
Versäumnisse sind in dieser Tabelle nachzutragen, die späterhin
vorkommenden sofort einzusetzen.
Die Tabellen sind am 15. Juli 1896 in einem Umschlagbogen,
auf welchem die Zahl derselben angegeben ist, dem Bezirksschulrate
(Centrale) ohne Bericht vorzulegen.
499
Formular.
Allgemeine Volks- und Bttrgerschale für Knaben und Mädchen
-Gasfe
im Bezirke -strafte, No. .
-Platz
Vor- nnd Zuname
der Lehrperson:*
Geburtsdaten derselben:
Familienstand derselben (ledig, yerheiratet n. s. w.) zn Beginn des
Schuljahres : Falls während des Schuljahres
eine Änderung des Familienstandes vorkonmien sollte : Ge&nderter
Familienstand: Datum der Änderung:
Diensteigenschaft derselben nach dem Anstellungsdekrete zu Beginn
des Schuljahres: Falls während des Schul-
jahres eine Änderung der Diensteigenschaft vorkonmien sollte :
Geänderte Diensteigenschaft:
Datum der Änderung :
Die genannte Lehrperson unterrichtet an der allgemeinen Volksschule
in der Klasse, an der Bürgerschule in den Gegenständen
der Gruppe.
Falls diese Lehrperson nicht während des ganzen Schuljahres dem
Lehrkörper dieser Schule angehört hat, sei es, dab sie später
zugewiesen worden (z. B. als Aushil&person), sei es, dals sie früher
abgefangen ist (z. B. durch Tod, Versetsung u. deigl.), ist hier
anzugeben: Von welchem Tage bis zu welchem Tage gehörte
die Lehrpenon dem Schulkörper an? ~
^ Das nicht Zutreffende ist durchsugtreichen.
' Auch der Vorname itt ganz auszuschreiben.
82'
ii
Dreache der DieaBt-
TenlnmniB, ohne Unterechied,
ob sie mit, oder ohne Urlaub
aUtlgefiMideii bat.
Kruktieft
(mit genaocr
BaMlcbnuiig
derHlbcD.)
SoniUge
Unkchea
(mit ^n*Dei
Die Stallvertretimg
hat »emreacht*
Unterschrift des Leiters der Schule:
' Du ZntreffBD dieaer Ursaabe i*t duroh 1 gm beniohnen.
* Hier lind m berSokaichtigen: Qehalt, Dieiiit«lt«r8aulage, Qoutiv
geld, Remoneratiooen a, äargl.
' Z. B. BenKmeration de« Anahilblebren für eine erkrankte Lebr-
peraon oder Bemnneration für die pTOTisoriBohe Leitung einer Sohole, d«ren
Leiter wegen Krankheit oder all Bezirkuabniiupektor abwesend iat.
* Z. B. bei Beorlaubnag einer Lehrperwn anter BinftaUniig Umr
amtlichen Besage, Toranigewtct, daft der StallTertreter in geringeroa
Belügen steht.
An nmtliohe Bcholleitnngeii.
Bezirksschulrat der k. k. Reichshanpt- nnd Resideuzstadt Wim.
O. Z. 6446.
501
Imi Nachhange zu dem h. a. Dekrete vom 24. September 1894,
Z. 6351, werden der Schnlleitong zehn Exemplare einer „Tabelle zur
Statistik der Erkranknngen nnd sonstigen Dienstversänmnisse der Lehr-
personen'' mit dem Bemerken flbermittelt, dafs hierdurch die mit
dem oben dtierten Dekret hinausgegangene Tabelle ungültig wird
und die entsprechenden Daten in die neue Tabelle zu übertragen
sind. Im übrigen wird die Schulleitung auf die in den „Yot"
bemerkungen** gegebenen Anordnungen yerwiesen.
Vom Bezirksschulrate der Stadt Wien.
Wien, am 15. Mai 1895.
Der Yorsitzende-Stellyertreter.
Dr. Rbisch m. p.
))erfo!ialu!i.
Der Kirchen- und Schuhrat Eittan in Rudolstadt ist zum
G^eimen Schuhrat befördert worden.
Den Provinzialschulräten Dr. Stbodzki in Berlin und Dr.
MÜNGH in Koblenz wurde der Charakter als Geheimer Begierungsrat
yerliehen.
Den Rang der Bäte lY. Klasse erhielten: die Progymnasial-
direktoren Dr. Mebteks in Brühl und Dr. Eanteb in Pr. Fried -
land, sowie die Bealschuldirektoren Dr Stoltz in Dortmund, Dr.
Tendebing in Elberfeld und Dr. Sghboedeb in Naumburg a. S.
Die Gesellschaft der Kinderärzte an der Kaiserlichen Universität
Moskau ernannte den Professor der Hygiene Dr. Behbing in Mar-
burg zum Ehrenmitgliede.
Den Titel eines Kaiserlichen Bates haben erhalten: die inspi-
zierenden Amts&rzte Dr. Joseph Babztoki und Dr. Zdzislaus
LiAOHOWicz in Lemberg, sowie der Bezirksarzt I. Klasse Dr. Stephan
KüBFÜBST in Mährisch- Weüskirchen.
Den Kreisschulinspektoren Dr. Büland in Krefeld und Kbeütz
in Düsseldorf wurde der Charakter als Schulrat mit dem Bang der
Bäte lY. Klasse yerliehen.
Der Vorstand der Augustaschule Dr. Bothenbügheb in Cottbus
ist zum Professor ernannt worden.
Es haben erhalten: den Kronenorden m. Klasse der yortragende
Bat im Königlich preu&ischen Ministerium der geistlichen, Unterrichts-
nnd Medizinalangelegenheiten, Geheimer Oberregierungsiat Dr. Köpke
502
in Berlin; den Kronenorden lY. Klasse der Rektor J. Hkrrmann
in Königsberg i. Pr.; den Orden der eisernen Krone m. Klasse
die k. k. Landessanit&tsreferenten, Statthaltereirat Dr. Robebt Schobfl
in Brunn, Regiemngsrat Dr. Basil KlüOZKNKO in Czemowitz und
Regiemngsrat Dr. Ferdinand Illing in Troppan; das Rittorkreu
I. Klasse des Oro&herzoglich Sachsen- Weimarischen Haosordens der
Wachsamkeit oder vom weifsen Falken der Professor der Hygiene,
Hofrat Dr. Gärtner in Jena; das Ritterkreuz I. Klasse des Herzoglich
Brannschweigischen Ordens Heinrich des Löwen der Gynmasialdirektor
Dr. Dauber in Braonschweig; das Ritterkreuz H. Klasse desselben
Ordens unser yerehrter Mitarbeiter, Herr Professor Dr. KooH in
Brannschweig; das Offizierkreuz des französischen Ordens der Ehren-
legion und das Ehrenkreuz des Grofsherzoglich Mecklenburgischen
Greifenordens der Professor der Hygiene Dr. Behring in Marburg;
das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens der inspizierende Amtsarzt
Dr. Salomon Spitzer in Brunn; den roten Adlerorden lY. Klasse
der Gymnasialdirektor Fischer in Wiesbaden, der Realgymnasial-
direktor Breuer ebendaselbst und der Stabsarzt a. D., städtischer
Tumwart Professor Dr. Angerstein in Berlin ; das goldene Yerdienst-
kreuz mit der Krone die Bezirksärzte Dr. J. Bbdnarsei in Nad-
woma, Dr. Karl Werner in Sniatyn, Dr. Gustav Bielanskx In
Krakau, Dr. Alots Löwt in Nisko, Dr. Hans Kaan in Mistek,
Dr. Hermann TimNaBR in Kotzman und der Distriktsarzt Dr.
Adolph Weltrubskt von Weltrub in Hohenfurth.
Ernannt wurden: der in der Medizinalabteilung des Königlich
preufsischen Kultusministeriums bisher kommissarisch beschäftigte
Regierungs- und Medizinalrat Dr. SOHMIDTMANN aus Breslau som
Geheimen Medizinalrat und Yortragenden Rat in dem genannten
Ministerium, sowie zum ordentlichen Mitgliede der Königlichen
Wissenschaftlichen Deputation fttr das Medizinalwesen; der anber-
etatsmäfsige ältere Medizinalbeamte des Medizinaldepartements,
Staatsrat Dr. Engelhardt, zum stellvertretenden Gouvernements-
medizinalinspektor von Smolensk; unsere geschätzten Mitarbeiter, die
Herren Professor der gerichtlichen Medizin Dr. R. von Hofmann
und Professor der Hygiene Dr. MAX GRUBER in Wien, zu Stell-
vertretem des Dekans der Wiener medizinischen Fakultät; Dr.
Sanarblli zum Professor der Hygiene an der medizinischen Fskolttt
von Montevideo; der Oberlehrer an der lateinisdien Hauptschnle d«r
Franckeschen Stiftungen in Halle a. S., Professor Dr. Menge, zum
Oberschulrat in Oldenburg; der Regierungsassessor Dr. Lüdeke zum
Regierungsrat, Justitiar und Verwaltungsrat bei dem Provinzialschul-
kollegium in Magdeburg; der Regierungs- und Schulrat Dr. Kunr
in Arnsberg, der Kirchenpropst HANSEN in Garding und derSenüBar-
503
lehrer VO0T zu Ereisschnlinspektoren; der Oberlehrer am Sophien-
gymnasimn, Professor Dr. Diblitz in Berlin, zum Direktor dieser
Anstalt; der Oberlehrer am Kaiser Friedrichsgymnasiom, Professor
Dr. Langsborf in Frankfurt a. M., zum Direktor des Gymnasiums
in Dillenburg; der Oberlehrer am Gymnasium Dr. Zernecee in
Erotoschin zum Direktor des Gymnasiums in Hadersleben; der Ober-
lehrer am Realprogymnasium Meissner in Pillau zum Direktor dieser
Anstalt; der Oberlehrer an der 2. Realschule, Professor Dr. Haus-
knecht in Berlin, zum Direktor der 12. Realschule daselbst; der
PriTatdocent der Pharmakologie und Assistent am pharmakologischen
Institute Dr. med. et phil. J. Brandt in München zum Hilfsarbeiter
im Kaiserlichen Gesundheitsamt; Dr. Münro zum Lektor für Hygiene
an der medizinischen Schule in Glasgow; Dr. Jasiewicz zum ärzt-
lichen Schulinspektor des 17. Arrondissements von Paris an Stelle
des Dr. TAN Gelder; Dr. Aüboter, Hil&arzt des Lyceums von
Eoanne, zum Arzt dieses Lyceums an Stelle des verstorbenen Dr.
CoüTABBT; Frau Dr. med. Toürangin zur Ärztin des Lyceums
Fteelon in Paris an Stelle des verstorbenen Dr. Düjardin-Beaümbtz ;
Dr. Grsllet zum Hilfsarzt des Lyceums in Älger und Dr. EsGALlER
zum Hilfsarzt des Lyceums in Alais.
Die Wahl des Professor Beblte am Gymnasium Josephinum in
Hfldesheim zum Direktor dieser Anstalt ist bestätigt worden.
Der Geheime Schulrat Ramsaxjer in Oldenburg hat um seine
Pensionierung zum Herbst d. Js. nachgesucht.
£s sind gestorben: der Gymnasialdirektor a. D., Schulrat Stier
in Dessau; der Gymnasialdirektor Dr. Kunze in Lissa; die Real-
gymnasialdirektoren Dr. LANaeUTH in Iserlohn und Dr. Gramer
in MUlheim a. Rhein ; der Oberrealschuldkektor, Professor Dr. Krtjger
in Saarbrücken; der Schulinspektor und Oberlehrer am Progymnasium
WlNGBRATH in Wipperfürth ; der Rektor ThannhAUSBR in Foerde
und der durch seine bahnbrechenden Untersuchungen über die
adenoiden Vegetationen des Nasenrachenraums bekannte Ohrenarzt
H. W. Mbtbb aus Kopenhagen auf einer Reise in Venedig.
504
tiiittatur.
Besprechnngen.
Dr. phil. und med. L. Eotelmann, Augenarzt in Hamburg. Ober
Schnlgesnndheitspflege. Mit zahlreichen Abbildungen. In
Baüheistebs Handbuch der Erziehungs- und Unterrichtslehre ftr
höhere Schulen, 2. Band, 2. Abt., S. 260 bis 397. München,
1895. C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung, Oskar Beck. (137 S.
Gr. 8«.)
Der Herausgeber hat auch für diesen Teil des Handbuches, wie
für einige andere, die beste Kraft gefunden; es bedarf fCbr die
Leser dieser Zeitschrift keiner besonderen Anpreisung der Verdienste
ihres Herausgebers.
Auf einem für einen so umfassenden Stoff recht bescheidenen
Baume hat es der Verfasser in geradezu musterhafter Weise ver-
standen, dem Leser alles Wesentliche mitzuteilen und ihm den yielen
Ballast, den die gröiseren Werke über Schulhygiene mitschleppen,
zu ersparen.
Der erste Abschnitt gibt einen Abrifs der Gesdiichte der
Schulgesundheitspflege in Deutschland ; der Leser wird nicht weniges
darin finden, woran grö&ere Werke achtlos vorübergegangen sind.
In den folgenden Kapiteln wird die Hygiene der Schulräume (Orien-
tierung, natürliche und künstliche Beleuchtung, Ventilation und
Beinhaltung, Heizung" und innere Ausstattung der Schulzimmer)
erörtert. Wir halten die Beschränkung auf diejenigen Punkte der
Schulhygiene, welche der Lehrer selbst zu beachten und worüber
er einigermafsen Verfügung und Macht hat, für durchaus glücklich,
um so mehr, als es nur dadurch möglich wurde, nichts WesenÜiches in
diesen Punkten zu übergehen. Im einzelnen kann ich der Ansicht
des Verfassers nicht beistimmen, wenn er Fenster zur Linken und
zugleich im Rücken der Schüler nur als Notbehelf gelten lassen will.
A.n dem hiesigen Gymnasium sind seit cirka sechzehn Jahren gerade
über diese Dinge reichliche Beobachtungen gemacht worden, und es
bat sich keinerlei Nachteil dabei ergeben. Bei der Frage der Minus-
distanz der Subsellien mufs ich nach mehrjährigen Versuchen die
Vorschrift des Prager Stadtphysikates, die für 6 — 14 jährige Schüler
10 cm verlangt, fOr am zutreffendsten halten. Man kann sogar
dieselbe in der Vorschule auf 12 cm ausdehnen. Denn in allen
geringeren Abständen läfst sich eine gerade Schreibhaltung nicht
506
erzwingen, und ohne solchen Zwang helfen die hosten An- nnd
Absichten nichts.
Noch mehr treten die Vorzüge der Arbeit in dem zweiten
Teile herror, der die Hygiene der Schiller zum Gegenstande hat;
ist ja doch der Verfasser hier auf seinem so lange mit reichem
Erfolge gekrönten Arbeitsgebiete. Vortrefflich werden hier nach-
einander die Hygiene des Nervensystems, die des Anges und Ohres,
der Stimm- und Sprachorgane nnd des übrigen Körpers entwickelt.
Oberall wird vorsichtig abgewogen, Ideal nnd Wirklichkeit geschieden,
nnr Mögliches nnd Erreichbares angestrebt. Ich hebe hier nament-
lich die Behandlung der geistigen Ermüdung, die der Pausenfrage,
des Nachmittagsunterrichtes und der Ferien hervor; der Lehrer wird
hier überall zuverlässige und von jenen Übertreibungen freie Beleh-
rung finden, denen man nicht nur bei Ärzten, sondern auch bei in
der Medizin dilettantisierenden Pädagogen so oft begegnet. Überall
aus reicher Erfuhrung schöpft die Darstellung der Hygiene des Auges ;
vielleicht hätten hier die Gefahren der Hausarbeit mit ihren meist
unzureichenden Sitz- und Beleuchtungsverhältnissen noch mehr betont
und den Lehrern der Kampf dagegen durch methodische Gestaltung
des Unterrichts und durch ständige Kontrolle empfohlen werden
dürfen. Doch wird auch hier erst die Verbindung der Ärzte,
spedell der Hausärzte, mit der Schule den rechten Erfolg sichern.
Soll aber letztere das Richtige finden, so muls sie sich bei der
Medizin Rat holen, und zu diesem Zwecke sei die Arbeit des Ver-
fassers allen Schulmännern warm empfohlen.
Geheimer Oberschuhrat Dr. phil. Hebmann Schilleb,
0. Professor der Pädagogik und Direktor
des Grofsherzoglichen Gymnasiums in Gie&en.
Dr. med. H. Sghubchny, Schularzt und Professor der Hygiene an
der Kgl. ungarischen Staatsoberrealschule im V. Bezirke zu Buda-
pest. Beiträge zur Nervosität der Sehnljugeud. Jena, 1895.
Gustav Fischer. (31 S. 8^.)
Verfasser hat 205 Schaler der obgenannten Realschule unter-
sucht und bei 49,5% derselben Degenerationszeichen gefunden.
Daraus kann auf die hohe Zahl der Schüler geschlossen werden,
welche mit nervöser Disposition die Realschule besuchen. In
den vier unteren Klassen fanden sich 46,4%, in den vier oberen
57,0%, durchschnittlich in der ganzen Schule 51,7% mit aus-
gesprochenen nervösen Symptomen (Pupillendifferenz, Sprach-
störungen, Kopfschmerz u. s. w.); in den vier unteren Klassen litten
18,4%, in den vier oberen 46,5% an Kopfweh.
Verfasser stellt sich nun die Frage nach den Ursachen der
606
Disposition und der Symptome und fahrt hier individuell za frflhen
Beginn des SchnlbesncheS) zn groise Schülerzahlen pro Klasse, das
Fachlehrersystem, Mangel an ausgiebiger Bewegung in finscher
Luft u. s. f. an, wobei einzelne illustrative Beispiele zeigen, dab der
Autor nicht blofe auf Grund der vorliegenden Litteratur, sondern
auch gestützt auf eigene Beobachtung spricht.
Seine Ermittelungen über die Schlafdauer zeigen, dafe die
nervösen Schulbesucher kürzere Zeit, als die anderen schlafen, was
besonders in den oberen Klassen hervortritt, wo der unterschied
Vs (Vn. Klasse) bis V« (VUI. Klasse) Stunden ausmacht.
Von 102 Schülern der Anstkit, welche zu Hanse geistige
Getränke geniefsen, sind 58 nervös, 44 nicht nervös.
Naturgemäb schliefet Dr. Sghusghny seine Arbeit mit der
Frage der Abhilfe. In erste Linie stellt er hier rationelle Erzie-
hung und Ernährung. Es wäre zu wünschen, dafs die Eltern bei
der Aufnahme der Kinder in die Schule eine diesbezügliclie
orientierende Anleitung erhielten, dafe die Lehramtskandidaten eine
Prüiung in der Schulgesundheitspflege abzulegen hätten und dafs die
Schüler unter gleichzeitiger Entlastung von einem ünterriehtsgegen-
stande, welcher geistige Zierde ist, die notwendige Belehrung in
hygienicis erhielten. Femer verlangt der Autor thunlichste Yer*
minderung, bezw. in den unteren Klassen Abschaffung des Fachlehrer-
systems, wesentliche Verringerung der Hausarbeit und Yermehnmg,
resp. weitere Ausgestaltung der Körperübungen in der Schule, Yer-
gröfserung der bisher in den ungarischen Schulen üblichen Pansen
von je zehn Minuten vor der zweiten, dritten und vierten Stande
auf fünj^ehn Minuten, vor einer fünften Stunde auf zwanzig Minuten,
Förderung des Intematssystems u. a. m.
Dies in Kürze der Inhalt. Wir können die durchaus sachliche
und in der Kritik bestehender Verhältnisse mafsvolle Arbeit von
ScHüSGHinr jedem, der sich für Schulhygiene interessiert, nur
bestens empfehlen; sie bietet dengenigen, der dem Gegenstände bis-
her nicht näher getreten ist, eine Übersicht, dengenigen, der ihn
kennt, neues Material. Während die Litteratur, welche dch mit
Überbürdung befafet, bekanntlich ins Endlose gewachsen ist, ver-
fligen wir noch über relativ wenig exaktes Beobachtungsmaterial.
Zu diesem einen wertvollen Beitrag geliefert zu haben, ist ein Ver-
dienst ScHüSCHKYs. Die Herbeischaffung exakten Stoffes setzt Fadi-
kenntnis und mühsame Arbeit voraus, nur auf Grund thatsächlicher
Daten aber wird man im stände sein, Theorien aufzubauen und die
Schulung in bestmöglicher Weise auszugestalten.
Aus diesem Grunde wünschen wir, dafs auch andere ungarische
Schulärzte dem Beispiele Schuschnys folgen mögen. Diese amt-
607
liehe SteUung ist, wie keine andere, geeignet, dieebeztlgliche Studien
anf einem nicht leicht zugänglichen Gebiete zu machen. Vielleicht
entschliefet sich der Verfasser dazu, seine Arbeit fortzusetzen; aof
eine Reihe von Jahren aasgedehnt, wttrde das Material mit den
wachsenden Zahlen immer beweiskräftiger werden.
Oberrealschnlprofessor Dr. phil. Lbo Bubgebstbin
in Wien.
£. VON SCHENOKENDOBFF in Görlitz und Dr. med. F. A. Schmidt
in Bonn, Vorsitzende des Centralausschusses zur Förderung der
Jugend- und Volksspiele in Deutschland. Allgemein nnter-
riehtende HitteiliiBgen rar EinfBhniiig in die Jngend- und
Yolksspiele. Leipzig, 1895. B. Voigtländer. (16 S. 4<>. Ä 0,30.)
Die Vorsitzenden des äufserst rtthrigen Centralausschusses zur
Förderung der Jugend* und Volksspiele in Deutschland, die Herren
E. TON ScHSNCKEKDORFF Und Dr. med. F. A. Schmidt, haben
in obiger Schrift eine Arbeit herausgegeben, welche grofse Beachtung
yerdient. In derselben kommen fast alle leitenden Persönlichkeiten
des Centralausschusses zum Wort und besprechen in gedrängter Form
theoretische und praktische Spielangelegenheiten.
Zunächst weist Dr. med. F. A. SCHBnBT mit warmen Worten
auf die segensreichen physischen Einwirkungen des Spieles hin.
Dann macht Oberbflrgermeister Wittino darauf aufmerksam,
wie die Jugend und auch das reifere Alter, und zwar beider Ge-
schlechter, gerade in grofsen Städten des Bewegungsspieles zu leib-
licher und geistiger Förderung bedürfen.
Es folgt ein kurzer historischer Abrifii ttber die heutige Be-
wegung für Volksspiele aus der Feder des Herrn von Schenokisn-
D0BF7, in dem hauptsächlich das Wirken des Centralausschusses
diarakterisiert wird. Sodann findet sich ein Hinweis darauf, dab
die heutige Spielbewegung in mächtigster Weise durch allgemeine
Kongresse gefördert werden kann, wie die erste derartige Zusammen-
kunft im Februar 1894 bewies. Hier hat sich auch gezeigt, mit
welchem Verständnisse und Interesse die Ministerien, insbesondere
das preu&ische, der ganzen Bewegung folgen.
Professor Dr. H. Raybt gibt einen Überblick ttber die Spiele
im Auslande.
Hieran schliefst sich wohl der wertvollste Teil der Schrift,
nämlich eine Reihe von Ratschlägen, wie bei der Einfährung von
Jugendspielen zu verfahren ist. Dafür gibt Gymnasialdirektor Dr.
Ettneb zunächst Winke allgemeiner Natur, und Dr. med. F. A.
Schmidt schliefiBt diesen eine gröCsere Zahl von Leitsätzen an,
die, auf dem Boden einer reichen Erfahrung erwachsen, für die
508
praktische Einfühnmg als von grOCster Bedentnng bezeichnet werdea
mttssen.
Über die Bezugsquellen der Spielgerftte und die Eost^ des
Spieibetriebes gibt Tarninspektor Hebmank sehr schätzbare Anf-
schlüsse, und die verbreitetsten Spielbücher werden von Oberlehrer
Dr. Schnell mit Sachkenntnis in E&rze besprochen.
Da sich nun femer Dr. Eitneb und Hebmank darüber yer-
breiten, welche Spiele fttr Knaben und welche für M&dchen zweck-
mäOsig sind, so kann gesagt werden, dafs alles vorhanden ist, was
zu einem brauchbaren Handbttchlein dieser Art gehört.
Die Schrift enthält aufserdem noch eine Anzahl lesenswerter Auf-
sätze mehr allgemeiner Natur über die Bedeutung der Spiele; aber
der Hauptwert liegt ohne Zweifel in den praktischen Winken. Alles
Wichtige ist so passend und kurz zusammengestellt, dais das kleine
Buch jedem empfohlen werden kann, der sich für die Sache in-
teressiert. Möchte es ihr viele neue Freunde erwerben!
Oberlehrer Dr. phil. Theobob Schmidt in Breslau.
Gustav Behnke, Stadtbaurat zu Frankfurt a. M. Die Oasofen-
heiznng fftr Schulen. Fortschritte auf dem Gebiete der Archi-
tektur. Ergänzungshefte zum Handbuch der Architektur. No. 1.
Mit 7 Abbildungen. Darmstadt, 1894. Arnold Bergsträlser. (24 S.
Gr. 8^ Ä 1,60.)
Die bezeichnete Schrift ist als erstes Ergänzungsheft zu dem
lY. Teile des bekannten Handbuchs der Architektur von Dubm^
Ende, Schmitt und Wagneb erschienen. Sie behandelt eine in
den letzten Jahren geradezu brennend gewordene Frage.
In der Anlage derCentralheizungen ftür Schulen, von denen nament-
lieh die sich immer mehr entwickelnde Dampfheizung eine besondere
Verbreitung genofs, beginnt sich eine rückläufige Bewegung geltend zu
machen in Anbetracht der grolsen Kosten der ersten Einrichtung
und der später erforderlichen Reparaturen. Man kommt mehrfach
auf die ungleich billigere Einzelheizung mit Ofen zurück, die ja auch
den Vorzug der Unabhängigkeit besitzt und jederzeit gestattet, einzehie
Bäume allein zu erwärmen, ohne das ganze System in Thäügkeit
zu setzen.
Als etwas Neues erregt namentlich die von Karlsruhe aus-
gegangene Gasheizung die Aufmerksamkeit in weiteren Kreisen. Sie
stammt aus dem Jahre 1887, in welchem die ersten Versuche mit
einem neuen, von mir und Gasdirektor Reiohard konstruierten,
als „Karlsruher Schulgasofen^ bezeichneten Ofen angestellt wurden.
Dieselben befriedigten in dem Grade, dafs für die Folge alle neuen
509
fit&dtischen Schalen, die Kunstgewerbeschole and verschiedene andere
Oebände Earlsmhes mit diesen Gasöfen versehen wurden^.
Banrat Behnke in Frankfdrt a. M., der sich für die neue
Heizart sehr interessiert, richtete in der dortigen nenen sechzehn-
klassigen ühlandschole gleichfalls die Karlsroher Öfen ein nnd
berichtet non n&heres über die ganze Anlage; zugleich teilt er die
Dienstanweisong für den Schnldiener, sowie die Vorschriften für die
Handhabong der Öfen und die Kontrolle des Betriebes mit.
Das Gas ist ja an sich ein sehr kostspieliger Brennstoff, nach meinen
Berechnungen fftnf- bis siebenmal so teuer, als Steinkohlen oder Coaks.
Es gestattet jedoch, die Wftrme in geeigneter Weise in viel höherem
Grade auszunutzen, als es bei der Centralheizung mit festen Brenn-
stoffen möglich ist; auch kann durch Zudrehen der Leitung der Konsum
bis auf Null eingeschränkt werden, wenn die Wärme nicht mehr
gebraucht wird. Berflcksichtigt man alles miteinander, geringes Anlage-
k^)ita], geringe Bedienung, geringe Unterhaltungskosten, so zeigt sich,
dafs die (jasheizung im Betriebe nicht teurer ist, als die Central-
heizung. Beeqtke stellt darflber zum Schlufs den Vergleich mit einer
Mitteldruckwasserheizung an, wenn solche fOr die ühlandschule zur
Anwendung gekommen wäre. Dieselbe würde sich auf 25000 Mark
gestellt haben, während die GasofenanUige nur 14000 Mark gekostet
hat. Die jährlichen Ausgaben sind im ersteren Falle auf 4760, im
letzteren auf 4679 Mark berechnet.
Wir können die Schrift von Bbhkke angelegentlichst allen denen
8iim Studium empfehlen, welche sich für die Schulheizung inter-
essieren, besonders wenn sie selbst in die Lage kommen, zu raten
oder bestimmend auf die Wahl eines Heizsystems einzuwirken.
Professor an der technischen Hochschule,
Hofrat Dr. phil. Heinhich MElDiNaEB in Karlsruhe.
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Berichtigung.
In Heft 5, Seite 318, Zeüe 13 von oben ist ,»freie Spiele^
statt q Ferien^ zu lesen.
Iritfidtifl fit Si||ilg(M|eil9|jleft.
VIIL JahrgangT lÜÜ No. 9.
(DrijjittalabJiattMttnDett.
Hein zum Sitzen und Stehen eingerichtetes Schnlpnlt
mit aufklappbarem Tischblatt, Sitz- und FnAbrett.
Von
Gymnasiallehrer August Hebmani^,
Herzoglichem Tominspektor in Braonsohweig.
(Mit 2 Figuren.)
Die von Dr. phil. W. Götze zu Leipzig in No. 12, 1894,
dieser Zeitschrift veröflPentlichte Abhandlung über „Eine
nene Steh- nnd Sitzschnlbank^ tritt in ausführlicher und
böchst zutreffender Begründung gegen die den Körper schädi-
gende andauernde Beschäftigung der Schuljugend im Sitzen
ein« Ich stimme den Ausführungen des geehrten Verfassers
Toll und ganz zu xmd kann mit ihm nur wünschen, daJs man
endlidi Einrichtungen treffe, um das zu lange anhaltende Sitzen
der Schüler mit Rücksicht auf ihre Gesundheit zu unter-
brechen.
Herr Dr. Götzb hat nun durch die Konstruktion seiner
Steh* und Sitzschulbank dieses Problem zu lösen gesucht, und
er bemerkt auf Seite 668: „Soweit mir bekannt ist, hat man
in Deutschland überhaupt noch nicht den Versuch gemacht,
ein Schulbanksystem zu schaffen, wie ich es im Sinne habe.^
Dieser Satz yeranlafst mich, zunächst mitzuteilen, dais ich
schon im Jahre 1882 „ein Airbeitssteh- und Sitzpult für Schulen^
hergestellt habe, welches sich 1883 auf der allgemeinen deutschen
8«bnlgMimdh«Itapflegtt YHI. 33
514
Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen in Berlin befand
und seitdem im dortigen Schulmuseum aufbewahrt wird.
Ich habe aber in neuerer Zeit an diesem Pulte einige
durchgreifende Verbesserungen vorgenommen und trete nun-
mehr mit meiner Erfindung in dieser Zeitschrift vor die
Öffentlichkeit.
Bevor ich meine Einrichtung näher beschreibe, halte ich
es für nötig, kurz die Grundsätze anzuführen, welche mir bei
der Lösung des Problems die Richtung gaben.
1. Tisch und Bank dürfen durch die anzubringenden Vor-
richtungen nichts von ihrer Festigkeit und Dauerhaftigkeit
verlieren.
2. Tisch und Bank müssen als ein Ganzes zusammengefügt
sein.
3. Die für das Sitzen nach der Körperlänge festzustellenden
Maise für Differenz, Distanz, Sitzhöhe, Lehnenhöhe und
Lehnenform dürfen nicht durch die Vorrichtungen für
das Stehen beeinträchtigt werden, und umgekehrt soll
ein bequemes Stehen und die hierfür richtige Pulthöhe
nicht durch jene Verhältnisse eine Benachteiligung erfahren.
4. Die Umwandlung der Sitzvorriohtung in ein Stehpult
und umgekehrt, sowie der für diese Zwecke nötige
Mechanismus muis einfach und dauerhaft sein und die
ganze Veränderung sich für die Schüler in kürzester Zeit
vollziehen.
Mein neues Subsellium schliefst sich eng an die von isir
seit 1863^ konstruierten und im Laufe der Zeit verbeeserten
Schulbänke und -tische, welche sich nicht nur bei uns
zu Lande, sondern auch an vielen anderen Orten bewährt
haben, an«
Die wesentlichsten Eigentümlichkeiten dieser Seholbänke
sind folgende:
1. Die von mir zuerst mitgeschaffene Minusdiataaz, bei
^ Yergl. die Schrift: Die Sitgemrü^Uv/ngen in Schule und Haus und
die SckufbanJ^rage von A. HxiaiAirK. Braimschweig, 1868. 2. Avil. 18791
I
515
welcher die innere Tischkante die vordere Bankkante tun
5 cm überragt.
2. Eine 42 bis 48 cm breite Tischplatte mit einer Nei-
gung von 1 : 7, deren innere Hälfte (22 cm) aufklappbar,
also beweglich eingerichtet ist und auch mittelst eines
Steilers zu einem Lesepulte hergerichtet werden kann.
3. Eine zweckmässig geformte Kreuzlehne, welche zuerst
Ton Fahbneb eingeführt und später auch von Dr. H.
MEYEB-Zürich und anderen als die geeignetste Lehne an-
erkannt worden ist.
4. Eine nach der Körpergröise berechnete Differenz, unter
welcher man bekanntlich den Höhenunterschied zwischen
Tisch und Bank versteht.
5. Eine Bank, deren Sitzbrett eben, aber so geneigt ist, dais
die Hinterkante desselben mindestens 2 cm tiefer liegt,
als die Vorderkante, und deren Höhe nach der Unter-
schenkellänge berechnet ist.
Die Punkte 1 und 2 ermöglichen nicht nur, dafs die
Tischplatte die notwendige Breite bekommt, sondern dafs auch
die Sitzbank ergiebig breit wird (bis 40 cm für die Oberstufen
höherer Schulanstalten) und daDs femer ein bequemes Ein- und
Ausgehen, wie Au&tehen stattfindet. Eine Nulldistanz mit
fester Tischplatte lälst letzteres beides nicht zu.
Die zurückklappbare Tischplatte bleibt aber nach meinen
Erfahrungen ohne Frage der einfachste imd sicherste Mecha-
nismus für die Erreichung jener Zwecke, vorausgesetzt, dals
alles dazu Nötige gut und aus bestem Materiale hergestellt ist.
Die Kreuzlehne, welche Punkt 3 berührt, halte ich
erfahrungsmäfisig für die zweckmäßigste Schulbanklehne, denn
sie stützt nicht nur in beeter Weise den beweglichsten Teil
des Rückgrats, sondern gestattet auch ein Überbiegen nach
hinten mit Vwmehrung der Lendenwirbelkrfimmnng, welohe
in regelrechter Gestaltung dem Menschen die ihm eigenartige
schöne und edle Haltung verleiht Diese Teno&ehrte Lenden-
wirbelkrümmung trägt dann durch ihre federnde Spannung den
gansen oberm Bumpf, und damit ist allein die Möglichkeit
33»
516
geboten, die gesamte Wirbelsäule za entlasten und den beim
Sitzen ermüdeten Bücken ausruhen zu lassen. Eine Kreuz-
leime, in ricbtiger Höbe angebraobt, gestattet aucb, die zurück-
gezogenen Ellenbogen darauf zu stützen, so dafs die Sitzenden,
wenn sie nicht in der Schreibbeschäftigung sind, hierdurch
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f.
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A-
ß
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ZI
den Sohultei^ürtel feststellen und damit den ganzen Brustkorb
enuasten können; auf diese Weise heben sie auch die so
schädlichen Zusammenpressungen der ünterleibsorgane auf.
Alle diese Vorzüge fallen bei einer Rückenlehne, ob
sie eine durchgehende, oder Einzellehne ist, fort, und aulserdem
517
ttihtt diemlbe noch viele Nachteile mit sieb, auf die hier ein
EogeKen der Baum fehlen würde.
Punkt 3 iat heutzutage allgemein anerkannt. (? D. Red.)
Zu Punkt 4 bemerke ich noch, dafe ich eine möglichst
breite Sitzbank, welche tbunliohst den ganzen Obetschenke
Es-s.
bis zur Kniekehle unterstützt, zu einem richtigen Sitzen fiir
sehr notwendig halte. Qfinzlich überflQssig ist es, die Sitz-
bretter auszuschweifen, denn dabei geht die hintere wieder
etwas aufsteigende Bankfläohe doch für das Sitzen verloren.
In welcher Weise ich nun mein Schulpult für den Steh-
und Sitzunterricht im Anschlufs an die im obigen kurz ent-
618
wickelten Grandsätze gebaut habe, will ich mit Hilfe der aaf
Seite 516 und 517 beigegebenen Zeichnungen erläutern:
Die Figur 1 gibt in der Seitenansicht das zum Sitz-
Unterricht dienende Schulpult, und Figur 2 zeigt dasselbe im
Vertikalquerschnitt für den Stehunterricht umgewandelt. Die
Malsverhältnisse sind für eine Körpergröfse von 176 cm, die
Gröise eines normalen Erwachsenen, gezeichnet.
Die ganze Höhe des Pultes ist von vornherein für die
Sieharbeit berechnet und beträgt z. B. für jene Körpergröüse
bei A 120 cm.
Die Tischplatte ist in ihrem dem Sitze zugekehrten
Teile 22 cm breit und aufklappbar. Starke, absolut ebene
NuJsbänder vermitteln diese Eigenschaft.
Das darunter befindliche Bücherbrett C besitzt eine
Neigung nach der Aufsenkante des Tisches hin.
Das unten angebrachte Fufsbrett B, welches für den
Sitzenden den Fuisboden ersetzt, ist nach dem Sitzenden
zu geneigt. Es befindet sich für die oben angenommene Körper-
gröfse im Mittel SO cm, also in doppelter Höhe einer normalen
Treppenstufe, über dem Fufsboden. Nur um so viel ist also
das ganze Subsellium höher, als wenn es allein für das Sitzen
gebaut wäre. Der vordere Teil des Fufsbrettes ist mit dem.
anderen an den Tischwangen fest eingezapften Teile ebenfalls
durch sehr starke, völlig ebene NuJsbänder verbunden und lälst
sich mithin aufklappen. Dieses Fufsbrett stützt sich, wenn
es heruntergeklappt ist, auf die seitlichen Leisten J und lehnt
sich nach dem Aufklappen gegen die Knaggen K.
Die Bank E, die mit einer Kreuzlehne F versehen ist,
enthält einen seiner ganzen Breite nach aufklappbaren Sitz 6,
welcher mit den Lehnenstützen durch starke Winkelbftnder
verbunden ist. Für das Stehen weist das Sitzbrett einen
Wulst H (Fig. 2) auf, welcher dabei die Kreuzlehne vertritt
Die Umwandlung, um vom Sitzen zum Stehen zu kommen,
vollzieht sich rasch und höchst einfach folgendermafsen:
Auf 1 klappt dei Sitzende den beweglichen Teil der Tisch-
platte auf und erhebt sich zugleich, auf dem Fuisbrett stehend,
519
welches für diesen Zweck absolut stark gebaut ist. Auf
2 schlägt er den Sitz zurück. Auf 3 tritt er vom Fuisbrett
auf den Boden und stöüst zugleich den Vorderteil des Fufs-
brettes mit einem Fufse in die Höhe. Auf 4 klappt er die
Tischplatte wieder in die Schreiblage zurück, oder er bringt
sie mittelst eines seitlich angebrachten Stellers L (Fig. 2) in
die durch Punkte angedeutete Stellung als Lesepult.
Will der Schüler vom Stehen zum Sitzen übergehen, so
nimmt er folgende Handhabungen vor:
Auf 1 klappt er die Tischplatte auf. Auf 2 klappt er
mit dem Fuise das Fuisbrett herunter und stellt sich auf das-
selbe. Auf 3 schlägt er den Sitz herunter und setzt sich auf
denselben. Auf 4 bringt er die Tischplatte wieder in die
Sohreiblage. Die ganze Umwandlung nimmt nur wenige
Sekunden in Anspruch. Dabei ist kein Geräusch bemerkbar,
denn die Bankwangen sind auf ihren oberen Kanten, ebenso
die Knaggen K und die Leisten J mit Gummistreifen belegt.
Ich sollte meinen, es gäbe keine einfachere, dauerhaftere
und zuverlässigere Konstruktion, um die Frage der Abwechselung
zwischen Sitz- und Steharbeit in der Schule zu lösen. Wenn
ich auch hier keinen eingehenden beurteilenden Vergleich
zwischen meinem und dem Dr. GOTZESchen Subsellium an-
stellen will, so kann ich doch nicht imihin, zu bemerken, daüs
mir die GöTZBsche Konstruktion mit der hoch zu hebenden
Tischplatte nebst den dazu nötigen Metallfedem nicht auf die
Dauer diejenige Festigkeit aufzuweisen scheint, die man an
Schultische und Schulbänke stellen muiis. Diese Verstellbarkeit,
auf Mut und Feder beruhend, wird bei längerem Gebrauche
versagen. Staub und anderer Schmutz sorgen schon dafür.
Ich habe im Jahre 1873 bereits eine ähnliche Vorrichtung
bei meinem verstellbaren Arbeitstische für das Haus in Ver-
wendung genommen. Dabei hat sie sich bewährt, denn ein
Verstellen mit Bücksicht auf das wachsende Kind wird nur
alle Jahre zur Notwendigkeit.
Die drei festen Verbindungen zveisohen den Tischwangen,
bestehend in Tischplatte, Bücherbrett, Fuisbrett, bedingen eine
520
vollständige Festigkeit meines Schnltisclies« Ffir die Bank
übernimmt dieses die Lehne dnroh ihre Stützen nnd die nnter
diesen angebrachte Querleiste.
Zum Schlüsse bemerke ich noch, daCs meine Erfindung
den Schutz des Kaiserlichen Patentamtes genie&t und unter
No. 36922 in die Gebrauchsmusterrolle eingetragen ist.
Der Preis für ein zweisitziges Sitz- und Stehpult betrfigt
40 Mark.
Die hygienischen Untersuchungen in einer AnjEahl
höherer Schulen Norwegens.
Von
M. E. HIeokson • Hansen,
Lehrer und Observator in Drontheim.^
Die in der Überschrift genannten Untersuchungen, über
welche ich für die Leser dieser Zeitschrift wiederholt
berichtet habe,* sind, wie man sich erinnern wird, in den
Jahren 1891 und 1892 ausgeführt worden. Nach Abschluls
derselben wurde das gesammelte Material der Bearbeitung
unterzogen, und die Resultate liegen nun seit Beginn des
Winters 1894/95 der Öffentlichkeit vor. Die Publikation um-
falst ein Heft in Kleinfolio, XVIII -4" 1^1 Seiten, nebst einer
Beihe graphischer Zusammenstellungen der Daten, welche in den
41 Tabellen, die den Text bilden, enthalten sind.' Zwar ist das
^ Dentech von OberrealBchulprofessor Br. Leo Bubqerstein in Wien.
* S. diese Zeitschrift 1892, No. 4, S. 180; 1893, No. 7 und a
S. 3%— 403; 1894, No. 4, S. 210—212.
' Der Tollständige Titel lautet : Büag 6 tU Fcralag om en forandret
Ordning af den h0jere ÄlnUnskole : Under80gel8er om Sundhedstüstandm
ved norske hfijere Outte^g Pigeskoler samt Failerakoler (üdfffrU %1B91
og 1892). Kristiania, 1894. Ein französisches Besame findet sich Seite YL
521
Werk, welches damit den für Schnlhygiene Interessierten vor-
gelegt wird, nicht yon überwältigendem Umfang, aber es reicht
doch ans, nm zn zeigen, dafs der Gesundheitszustand der
Jugend der höheren Schulen Norwegens in allen wesentlichen
Beziehungen dasselbe oder ein ähnliches Bild gibt, wie in anderen
Ländern, wo er Gegenstand einer um vieles eingehenderen
Untersuchung geworden ist.^ Aus der Arbeit selbst scheint
auch hervorzugehen, dafe für die Plananlage derselben der
Gesichtspunkt maCsgebend war, Parallelen mit anderswo ge-
sammelten Erfahrungen zu ziehen, soweit Material hierfür
bereits vorlag.
Meinem Versprechen gemäfs werde ich in den folgenden
Zeilen die Resultate der Untersuchungen über den Gesundheits-
zustand an den 16 höheren Knaben- und Mädchenschulen,
sowie an den Volksschulen in verschiedenen Teilen Nor-
wegens kurz referieren. In Bezug auf die Anordnung dieser
Untersuchungen verweise ich auf meine vorläufige Mitteilung
im vorigen Jahrgange dieser Zeitschrift, No. 4, S. 210 — 212.
fiier sei nur hinzugefügt, dafs dieselben 1546 Schulbesucher,
und zwar 930 Knaben und 616 (618) Mädchen, umfafsten. Die
gesamten Untersuchungen betrugen 3797. Davon entfallen
2457 auf die Knaben, 1340 auf die Mädchen. Es wurden
derart nicht sämtliche Schulbesucher allen, d. h. drei Prü-
fangen xinterworfen. Einer der Gründe hierfür war der Aus-
tritt einer Anzahl Mädchen aus den höheren Klassen vor Ab-
schluis der Untersuchung.
Wie oben angedeutet, liegen die Ergebnisse eigentlich nur
in Gestalt eines Tabellenwerkes vor. Dieses ist, den Geschlechtern
entsprechend, in zwei Abteilungen gebracht. Die vier ersten
Tabellen für jedes Geschlecht bieten eine Übersicht über die
körperliche Entwickelung, indem Länge und Gewicht für
die verschiedenen Altersklassen angegeben werden. In den
folgenden Tabellen führe ich die hierhergehörigen Durch-
^ Wie sich aus dem Folgenden ergibt, dürften die Dinge in Nor-
wegen doch günstiger liegen. D. Übers,
522
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623
Schnitts werte der ersten der drei Untersuchungen an; ich stelle
die entsprechenden Werte aus den Nachbarländern und andere
daneben, da derartige Zahlen durch de& Vergleich erst ihre
besondere Bedeutung erhalten.
Wie aus Tabelle I auf Seite 522 zu ersehen, übertrifft die
Länge der norwegischen Mädchen im 12. und den nächst-
folgenden drei Lebensjahren die Länge der gleichaltrigen Knaben.
Erst im 16. Lebensjahre ändert sich das Verhältnis zu Gunsten
der Knaben. Die MaTsangaben anderer Autoren — aus-
genommen die QuETELETs^ — zeigen ein ähnliches Verhalten
der beiden G-eschlechter, nur ist der Zeitpunkt, in welchem
das Wachstum eine Änderung er&hrt, wie man sieht, nicht
genau derselbe. Diese Verschiedenheit springt besonders ins
Auge, wenn man die Beihen tOi die beiden Nachbarländer,
das Flachland Dänemark und das Bergland Norwegen, in
Vergleich zieht.
Aber auch in anderer Beziehung erregen die Längenmalse
der norwegischen Kinder im Vergleiche mit den entsprechenden
Mafsen anderer Länder Aufmerksamkeit: die norwegischen
Kinder sind durchweg grö&er, vor allem im eigentlichen
Alter der Schulpflicht. Besonders auf&llend tritt der Unter-
schied beim Vergleiche mit den italienischen Zahlen Paglianis
hervor.
Werfen wir nun einen BUck auf das andere Moment,
welches über den Körperzustand und dessen Entwickelungsgang
bei den Kindern AufschlulB gibt, nämlich das Körpergewicht,
wobei ich die Mittelwerte aus den erwähnten Tabellen nehme
and daneben die entsprechenden Werte der Nachbar- und
anderer Länder in analoger Weise, wie es bei der Körper-
länge geschehen ist, stelle. Dieser Vergleich ist ebenso lehrreich,
wie der vorhin gebotene. Steht man etwa nicht hier, wie
früher, vor den Ergebnissen tiefgreifender nationaler Eigen-
tümlichkeiten?
^ QüETBLBT untersuchte blofs zehn Kinder jeder Altersklasse und
edes Geschlechtes. Diese wurden ausgewählt als solche, die er für
normal gebaut hielt
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625
Die Zahlen in Tabelle 11 geben zu äbnlioben Be-
merkungen Anlais, wie sie bei Tabelle I gemacht wurden.
Die norwegischen Kinder sind fast durchgehends schwerer, als
die des Auslandes. Über die Gewichtsverhältnisse der beiden
Geschlechter ist zu bemerken, daiB der Yorsprung, den das
weibliche Geschlecht in der Pubertätsperiode und darüber
hinaus aufweist, sich bezüglich seines zeitlichen Verlaufes in
den skandinavischen Ländern ganz gleich verhält.
Es scheint fast, als ob die physische Entwickelung der
heranwachsenden Generation durch die Mühen und Eigen-
tümlichkeiten überhaupt, welche das Bergland mit sich bringt,
begünstigt werde. Diese Entwickelung gewinnt natürlich durch
den Eifer, mit dem die norwegische Jugend allerlei körper-
liche Übungen betreibt. Es findet sich auch genug Licht und
sauerstofieiche Luft unter Norwegens Himmel.
Ist aber die Schuljugend hier gesunder und kräftiger, als
in anderen Ländern? Wir wollen sehen, was Tabelle III auf
Seite 526 und 527 darüber sagt. Die Zahlen in dieser Tabelle
sind zweien von den elf Tabellen über den Gesundheitszustand
und die Krankheiten der Schüler im Kommissionsberichte ent-
nommen. Zum Vergleich stelle ich einige von den voll-
ständigeren Angaben aus Schweden und Dänemark daneben.
Ich will nicht auf eine genauere Betrachtung der in
Tabelle III angeführten norwegischen Elrankenprozente ein-
gehen, welche sich auf Elinder der Mittelschulen von der
vierten Klasse aufwärts beziehen. Ist doch die Anzahl der unter-
suchten zum Teil zu klein, als dafs man aus dem gefundenen
Besultate irgend einen sicher begründeten allgemeinen Schlufs
ziehen könnte. Ich darf aber gewÜB sagen, dais die B«ihen
von Norwegen an der Seite jener von Schweden und Dänemark
die Konturen des wirklichen Ejrankheitsbildes einigermalsen
richtig angeben. Mit Bücksicht auf die Tabelle dürfte es wohl
zutreffend sein, die oben aufgestellte Frage, ob die norwegische
Schuljugend gesunder und kräftiger sei, als die anderer Länder
bejahend zu beantworten.
Als Mangel macht sich bei der Zusammenstellung der
526
Tabelle IIL
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schule
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schule
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schule
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7.-9. Klasse
Mittelschule . .
1. Lateinklasse .
1. Realklasse . .
1. Klasse Gym-
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10. Klasse Gym-
nasium
Gemeinschaft-
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schule
6. Klasse Mittel-
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6. Klasse Mittel-
schule
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528
skandinavischen ZifPemreihen der Umstand bemerkbar, da& die
norwegischen Angaben nicht nach dem Alter der Kinder gruppiert
sind.^ Man kann aus diesem Grunde zu keiner klaren Vor-
stellung über den Verlauf der Krankheitskurve auf den yer-
schiedenen Altersstufen kommen.
Es erübrigt noch, zu ermitteln, welche Ejrankheitszustände
die hervorragendste Bolle im Leben der norwegischen Schul-
jugend spielen, und welches ihre Hiäufigkeit ist. um zur
Kenntnis etwa vorhandener Verschiedenheiten dieser ELäufigkeit
in den drei skandinavischen Ländern zn kommen, nehme ich
in Tabelle IV auf Seite 530 und 531 auch die statistischeii
Nachweise für Schweden und Dänemark auf.
Obwohl die Krankheitsstatistik der drei nordischen Länder
in mehreren Beziehungen nicht gleichartig ist, so daCs eine
streng durchgeführte Vergleichung sich von selbst verbietet,
so gibt die Tabelle IV doch einige Stützpunkte, auf welche
eine, wenn auch nur summarische Beurteilung der Morbi-
ditätsverhältnisse der Schuljugend in jenen Ländern basiert
werden kann.
Bezüglich Norwegens sehen wir, dals häufigerer Kopf-
schmerz die erste Bolle im Kränklichkeitsregister sowohl der
Knaben, als der Mädchen spielt. Unter den Mädchen ist dieses
Leiden doppelt so stark verbreitet, wie unter den Knaben.
Die Zahlen von Dänemark und Schweden zeigen, daCs auch
hier der Kopfschmerz eine hervorragende Stelle einnimmt, in
Hebtbls Kopenhagener Ziffern sogar den ersten Platz, wie in
Norwegen. Einen eigentümlichen Eindruck macht die That-
sache, dalis, während in Norwegen, ganz wie in Schweden, das
weibliche Geschlecht am meisten dem Kopfschmerz unterworfen
ist, in Dänemark das männliche diesem Leiden den gröüsten
Tribut entrichtet.
Weiter erkennen wir, dais die Skrofulöse bei der Jugend
^ Falls das ürmaterial noch existiert, entschlieüsen sich vielleicht
die Bearbeiter zu einem diesbezüglichen sehr wünschenswerten
Nachtrag. D. Übers.
529
der höheren Schulen Norwegens eine weit geringere Verbrei-
tung besitzt, als bei der Jugend der Nachbarländer. Die
Mädchen sind aber auch hier durch dieses Leiden stärker
belastet, als die Knaben, welches Verhältnis übrigens, wie den
Tabellen zu entnehmen ist, bei allen Leidenszuständen im
norwegischen Teil der Statistik hervortritt.
Ferner ist zu bemerken, dafs Blutarmut und Bleich-
sucht, sowie Nervosität und Nervenleiden auch in Nor-
wegen zu den häufigsten Jugendleiden zählen. Doch haben
die Nachbarländer bei beiden Geschlechtem mehrfach höhere
Ziffern hierfür zu verzeichnen.
Dab Verdauungskrankheiten ein so hohes Prozent
aufweisen, wirkt einigermaCsen überraschend.
Bückgratsverkrümmungen würden vermutlich bei
wiederholter Untersuchung etwas geringere Zahlen ergeben haben.
Von den übrigen Tabellen in dem Werke der norwegischen
Kommission über den Gesundheitszustand der Jugend behandeln
zwei die tägliche Arbeitszeit, drei den Unterricht aufserhalb
der Schule, zwei die chronischen Krankheiten, zwei ätiologische
Momente, elf die statistischen Verhältnisse der verschiedenen
Schulklassen, eine Wirbelsäulendeformitäten in einigen Mädchen-
schulen und eine den Eintritt der Menstruation nach
Altersklassen. Diese letzte Tabelle gibt für 618 Schülerinnen
folgende Daten an. Die Periode trat ein im 12. Lebensjahr
bei 0,87o, im 13. bei 2,97o, im 14. bei 15,47o, im 15. bei
16,57o, im 16. bei 7,37o, im 17. bei 1,1% und im 18. bei
0,3 Vo der Gesamtzahl. Im Alter von 11 — 17 Jahren waren
also zusammen 44,3% meustruiert und unter diesen im Alter
von 13—14 Jahren 31,97o.
Die Frage nach den Ursachen der vorgefun denen
Kränklichkeit, besonders danach, ob der Schule irgend eine
Schuld daran zu&llt, konnte die Kommission nicht beantworten.
Ein Blick auf die Krankenprozente und die Arbeitszeit gibt
uns keinen aufklärenden Wink hierüber.*
^ Bei den Knaben hat die 5. Mittelschnlklasse das grölste Kranken-
prozent, während die 6. Klasse die grolste tägliche Arbeitszeit, nämlich
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530
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an. Unter Krankheiten dee Verdaunnftapparatei alad hier angeführt »Krankhetten des
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rthre and dea Herseni.**
531
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•
Häufiger
auftretender
Kop&chmerz
Öfteres
Nasenbluten
Krankheiten
des
Verdaunngs-
apparates
Chronische
Brnstleiden
Neigung
zu
Katarrhen
BQokgrats-
Ver-
krümmungen*
Andere
chronische
Leiden.
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1,4
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6.3
7. Kinase
* •Bonttim*' Seliideii sind die Schalen mit Ausnahme der Volksschulen.
* In der d&nisohea Statistik ist diese Rubrik ttbersehrieben -nervöse Leiden".
7 Hat in der dänischen BUtlstlk die Überschrift .Sonstige Krankheiten*.
> Hat bei Axbl Hbbtkl (a. a. O.) die Überschrift ^Bleichsucht**.
* Ebendaselbst flbersohrieben ^Nervosität**.
>* Ebendaselbst flberschriebcn ^Andere Krankheiten*.
34*
532
Das von der Kommission gesammelte Material wurde von
Sanitätshauptmann Dr. med. A. L. Fage und Oberarzt J. K.
Hald bearbeitet, welche hierbei nachstehende zwei Fragen zu
beantworten hatten. Die abgegebene Antwort lasse ich beide
Male auf die betreffende Frage folgen.
1. Frage: Welche Aufklärungen gibt die angestellte
Körperuntersuchung über den Gesundheitszustand bei der
Bevölkerung der höheren Schulen in einer gewissen Altersphase
(12. bis J6. Jahr)?
Antwort ad 1: Der Gresundheitszustand der Besucher
unserer höheren Schulen kann nicht als ungünstig und die
körperliche Entwickelung im ganzen nicht als gehemmt bezeichnet
werden. Das Verhalten unserer Schulkinder scheint in dieser
Hinsicht günstiger zu sein, als dasjenige der Schuljugend in
imseren beiden Nachbarländern.
Bei den weiblichen Schulbesuchern zeigt sich im ganzen
eine grölsere E^ränklichkeit, als bei den männlichen. Doch
kann ein verhältnismäfsig greller Teil der vorgefundenen
Leidenszustände nicht als ausreichend erklärt werden, um die
betreffenden Individuen als krank zu bezeichnen, wenn auch
deren Arbeitskraft durch die bezüglichen Zustände in höherem
oder geringerem Grade geschwächt sein mag.
2. Frage: Kann irgend ein bestimmter Einflufs auf den
Gesundheitszustand der Schuljugend seitens des Elternhauses
oder der Schule statistisch nachgewiesen werden?
Antwort ad 2: Auf die Frage, inwieweit die erwähnten
Leidenszustände durch das Schulleben selbst verschuldet sind,
kann eine bestimmte Antwort nicht erteUt werden. HinsichtUch
der Mädchen läfst sich eine verhältnismäisig groljse Zahl der bei
ihnen vorkommenden Krankheitssymptome auf Eigentümlich-
keiten der weiblichen Natur zurückführen, und liegt insofern die
Schuld aulserhalb der Schule; man darf jedoch annehmen, dafs
2 Standen 42 Minuten bis 3 Standen 30 Minuten, beutst Unter den
Mädchen finden wir in der 9. Klasse das höchste E[rankenpro£ent, in
der 6. Klasse die höchste Arbeitszeit, nämlich 2 Standen 40 Minuten bis
2 Stunden 56 Minuten.
533
sich jeoe Symptome während des Schullebens stärker entwickeln
und mithin die Mädchen für angestrengte Schularbeit minder
geeignet sind.
2.n» Derfamtnltttijjeti nnb tiereinen.
Die Sitzungen der Kommission fftr Bchulgesundheitspflege
in Nürnberg.
Von
Dr. phil. G-. AUTBNRIBTH,
Rektor des Alten Gymnasiums in Nürnberg.
(FortsetzuDg und Schlufs.)
IX. Sitzung am 12. Februar 1895
gemeinsam mit dem Ausschusse des Vereins
Jugendhori
Der Vorsitzende Dr. Schubert hebt zunächst die Bedenken
hervor, welche die Speisung armer Schulkinder in den Wärme-
stuben hervorriefe bezüglich 1. der Auswahl wirklich Bedürf-
tiger, 2. der hygienischen Einrichtungen daselbst, 3. der
sittlichen Geftlhrdung der Kinder, 4. der örtlichen Lage der
Wärmestuben; dagegen scheine eine Speisung in den Lokalen
des Jugendhorts sich weit mehr zu empfehlen. Durch Schulrat
Dr. Olauning seien inzwischen die nötigen, früher angedeuteten
Erhebungen gepflogen und in einer Übersicht zusammengefaist
worden, welche nunmehr in einzelnen Exemplaren zur Ver-
teilung gelangte. Unter den 15785 Schülern und Schülerinnen
der Nürnberger Volksschulen befinden sich danach
170 = 1,1%, welche ungenügendes Frühstück, d.h. kaltes
oder überhaupt keines erhalten,
92 = 0,58%, welche im Eltemhause kaltes Mittagessen,
40 = 0,25 Vo, welche aufser dem Elternhause kaltes Mittag-
essen oder Kaffee bekommen,
534
317 = 2%» welche sich in benachbaxten Wärmestuben speisen
lassen,
416 = 2,6 Vo) welche an Kleidern,
532 = 3,3 Vo, welche an Schuhwerk Mangel leiden.
Die Not sei also hierorts nicht so grofs, wie man viel-
fach befürchtete; in den Jagendhorten beftnden sich übrigens
295 Knaben, von denen 276 in obigen Tabellen mitgezählt
seien. Erfreolicherweise habe inzwischen der erste Bürger-
meister Dr. VON SoHüH Schnlwärmestuben eingerichtet und ein
Ungenannter 75 Mark zu diesem Zwecke gespendet.
Was hat nun zur Beseitigung der noch Torhandenen Not-
stände zu geschehen? Zuvor ein Überblick über das, was
anderwärts geschieht.
I. Frühstück.
In Berlin sind die Gemeindeschulrektoren durch Privatmittel
in den Stand gesetzt, täglich 6000—7000 Portionen
Butterbrot mit Milch im Schulhause zu verteilen;
in Leipzig wird täglich um 10 Uhr Milch an einige Hundert
Kinder,
in Breslau jährlich circa 57000 Frühstücksportionen,
in Kiel täglich früh Milchsuppe an 470 Kinder,
in Bern täglich früh Milch und Brot an 59% aller Frei-
schüler durch den Hausmeister verteilt;
ähnlich in St. Gallen und Zürich.
n. Mittagskost.
In Stuttgart bestehen für einen Teil der notleidenden
Schulkinder Freitische in wohlthätigen Familien, für die Mehr-
zahl Suppenanstalten in Sohulhäusem. Solche Anstalten finden
sich auch in München, Hamburg, Altena, Basel. Den all-
gemeinen Volksküchen aber werden arme Kinder in London»
]6rüS8el, Birmingham und Kopenhagen zugewiesen. Speise-
marken für Schulküchen werden an bedürftige Kinder in
Aachen, Genf, Paris und Stockholm abgegeben. Als ein
ideales Ziel müfsten solche Schulküchen gelten, welche Unter-
535
weisungsanstalten für die lernende und Speiseanstalien für die
notleidende Jagend zugleich w&ren.
IlL Abendessen.
Abendbrot wird in den hiesigen Jngendhorten verteilt;
Nachrichten von auswärts fehlen.
Für Nürnberg dürften nun folgende Grundsätze aufzustellen
Bein : 1 . die Obsorge für bedürftige Kinder mufs geordnet und
planmäCdg bethätigt werden, 2. die zu unterstützenden müssen
Borgftltig ausgewählt und 3. auf einen längeren Zeitraum
unterstützt, 4. die Kinder von den Erwachsenen getrennt, 5. die
Speiseräume über die ganze Stadt verteilt werden.
In der Debatte bemerkt zunächst der erste Bürgermeister
Dr. VON SoHUH, die Tabellen seien instruktiv für die hiesigen
socialen Verhältnisse, leider aber nicht nach Geschlechtem
geschieden (Errichtung von Mädchenhorten ?) ; doch biete es greises
Interesse, dafs 96% aller Volksschüler im Hause und normal
und nur 4% aufser dem Hause, jedoch immerhin genügend
verpflegt würden. Man müsse also vorsichtig sein, um nicht
durch groben Zulauf eine künstliche Verschlechterung der
Verhältnisse herbeizuführen. Daher sei zunächst eine aufser-
ordentliche Thätigkeit nicht nötig, wohl aber die richtige
Form des Eingreifens zu suchen. Man wende sich also an
die Klassenlehrer; Schaffung neuer äufserer Anstalten würde
die Verhältnisse der Stadt ungünstig erscheinen lassen; im
Anschluis an die Schulwärmestuben werde sich etwas bieten
lassen.
Oberlandesgerichtsrat Papellibr stimmt dem Vorredner
bei und weist darauf hin, wie Volkskaffeeschenken und Volks*
küchen billige und gute Nahrung darböten. Es erscheine
eigentlich nur nötig, dafs man für Frühstück und Mittagessen
den Kindern Volksküchenmarken verschaffe, und dies sei Sache
des Vereins für öffenÜiohe G^undheitspflege durch Erhöhung
der Mitgliederbeiträge oder Erwerbung weiterer Mitglieder
rermittelst öffentlichen Aufrufs ; er sei sofort bereit, beizutreten.
Bankier E. Gohn äufsert sich ähnlich und glaubt, der
536
wirklich HiuigTige werde auch einen weiteren Weg zur Wftrme-
stube nicht scheuen.
Schulrat Dr. GlaOnikg bemerkt, dafs die Schulwftrme-
stubeu von den Lehrern beaufsichtigt und die nötigen Auf-
zeichnungen von denselben gemacht würden; sie hfttten schon
bedauert, dafs nicht Suppenmarken verteilt werden konnten.
Armenpflegsohafisrat öallingb& möchte die Schulhaus-
meister mit Abgabe eines Frühstücks betraut sehen, da an
die Kaffeebuden Kinder kaum sich herandrängen könnten.
Einen öffentlichen Aufruf will er aber wegen Erweckung von
Begehrlichkeit vermieden wissen.
Oberlandesgerichtsrat Papbllibb bemerkt nebenbei, dals
die Volksküchen mit Schaden arbeiten, daher billigere Preise
wohl nirgends möglich seien.
Lehrer Wunderlich Iftlst durch den Hausmeister seiner
Schule einem Kinde ein warmes Frühstück reichen und wäre
für erweiterte Befugnisse nach Herrn GALUNGBas Vorschlag.
Der Vorsitzende findet es am besten, wenn ein
gesondertes Komitee mit gesonderter Kasse dieser Au^be
sich imterziehe; ob die bestehenden Wärmestuben für Schul-
kinder zweckdienlich seien, erscheine ihm sehr fraglich.
Herr Papbllier würde weit lieber die Kinder mit Marken
in Volksküchen senden, wo besseres Publikum, Aufsicht und
bessere Einrichtungen seien.
Bürgermeister Dr. von Schuh ist nicht ohne weiteres
dafür, jedenfalls aber für einen Ausschufs für Schüler-
verpflegung, der diese und ähnliche Fragen beraten und
erledigen solle.
Nach verschiedenen Bedenken rät der Vorsitzende,
doch einen soldien Ausschulk heute noch zu bilden, der sieh
ja durch Kooptation erweitem könne.
Herr E. Cohn schlägt vor, alle Anwesenden sollten ihren
Beitritt zu solchem Ausschuis sofort erklären. Dies geschieht,
und zugleich wird gewählt als erster Vorsitzender: erster
Bürgermeister Dr. von Schuh, zweiter Vorsitzender: zweiter
Bürgermeister TAüblbr, Kassierer: Magistratsrat G-ALUNaBB»
537
erster Sohriflfährer: Scliulrat Dr. Glaüninö, zweiter Schrift-
führer: Lehrer A. DIrb, Vorstand des Bezirkslehrervereins.
Vorläufig soll die Presse keine Mitteilung hiervon erhalten.
Architekt Wbber empfiehlt, zunächst auch Freitische in
Familien zu ermöglichen.
Bürgermeister Dr von Schuh meint, erfahrungsgemäfs
g^ben Familien lieber einen Beitrag; das beste sei eben oft
nicht erreichbar.
Mit Dank an die Anwesenden schliefst der Vorsitzende
die Sitzung.
Die seitlichen Verkrftmmungen des Bückgrats
and deren Verhfitimg.
Vortrag,
gehalten im Berliner Verein für gesundheitsgemäfse Erziehung.
Von
Dr. med. Leopold Eweb,
dirigierendem Arzt eines Instituts für Hassage und Orthopädie in Berlin.
(Fortsetzung.)
Fragen wir uns nun, woduroh ist das Übel hier entstanden,
und wie entsteht es im allgemeinen? Woher kommt es, dafs
Kinder vor dem sechsten Lebensjahr kaum jemals eine Ver-
krümmung zeigen, es müfste denn, wie vorher bemerkt,
Hhaohitis voraufgegangen sein? Und in diesen Fällen ist die
Form der Krümmung eine andere, charakteristische; es besteht
die sogenannte C-förmige Skoliose, d. h. die ganze Wirbelsäule
bildet wegen zu grofser Weichheit der Knochen, infolge der
Belastung von oben her, einen greisen Bogen nach einer Seite.
Die Bückgratsverkrümmung f&llt zusammen mit dem Schul-
besuch, und man hat von verschiedenen Seiten behauptet,
538
dafs dieselbe lediglich eine Schalkrankheit sei, bedingt durch
die Schädlichkeiten, denen die Kinder in der Schule ausgesetzt
seien. Ich will nun zwar nicht behaupten, daCs die letztere
in dieser Beziehung unschuldig ist, aber ein mindestens ebenso
grolSser Teil der Schuld trifit das Haus. Beide Faktoren,
Schule und Haus, reichen sich die Hand und üben im Verein
miteinander ihren schädlichen Einfluls aus.
Wenn dem so wäre, könnte man nun einwerfen, mülsten
aber doch alle die Schule besuchenden Kinder eine Verkrümmung
davontragen. Warum geschieht dies nicht?
Ebenso, wie es Erwachsene gibt, die sich ungestraft den
verschiedensten Schädlichkeiten aussetzen können, gibt es auch
Kinder, deren Körper so widerstands&hig ist, dals alle auf sie
einwirkenden schädigenden Momente ihnen nichts anhaben.
Leider sind derartige Kinder — ich habe hier namentlich die-
jenigen Berlins im Sinne — in der Minderheit, die Mehrheit
ist jenen nachteiligen Einflüssen nicht gewachsen, aber ohne
ihre Schuld. Man hat unser Zeitalter das nervöse genannt
und mit Recht. Das Drängen und Hasten nach Erwerb, das
Jagen nach Genuis, das unhygienische Verhalten beider Ge-
schlechter in den Jugendjahren hat ein Stammmaterial ge-
züchtet, dem kräftige, widerstandsfähige Kinder nicht entsprielsen
können. Nun kommt, namentlich bei den wohlhabenderen
Familien, noch das Bestreben hinzu, ihren schwächlich ge-
borenen und kränklich heranwachsenden Söhnen und Töchtern
durch möglichst gute Pflege, wie sie dieselbe verstehen, zu BUlfe
zu kommen. Da muis das zwei- oder dreijährige Eänd möglichst
viel Fleisch essen, kräftige Beefsteaks, roh oder gebraten, denn
„Fleisch gibt Kraft, ^ „nur beileibe kein Brot oder gar Karto£feln.^
Zum Frühstück und zu Mittag ein Gläschen schweren Weins,
denn „der thut gut^. Alles Widersprechen des Arztes, wenn
derselbe hiervon überhaupt Kenntnis erhält, nützt nichts.
Denn das mufs die Mutter besser wissen, oder, wenn diese
nicht, die Groismutter, die das erbärmliche Aussehen der Sander
lediglich dem Umstände zuschreibt, dals dieselben nicht kräftig
genug ernährt werden. Was für Erwachsene palst, palst aber
539
nioht für die »Jugend. Was jenen zuträglich ist, weil ihre Ver-
dauungswerkzeuge die erforderliche Arbeit leisten können ,
kann dieser nioht nur nicht nützen, sondern direkt schaden.
Denn die schweren Speisen, die von den Verdauungssäften
nicht aufgelöst werden, bleiben im Magen liegen, gehen ent-
weder in Fäulnis, oder in Gärung über, bringen allerlei Be-
lästigungen und Störungen im Organismus hervor und werden
Tor allem nicht ins Blut aufgenommen, was man von einer
zweckentsprechenden Nahrung verlangen muis.
Mit 6, beziehungsweise 7 Jahren kommt das Kind in die
Schule, und hier sind es verschiedene Umstände, welche die Ent-
stehung des Schiefwuohses begünstigen. Der vorgeschriebene Bil-
-dungsgang macht es den Lehrern zur Pflicht, in gegebener Zeit
ihren Schülern ein bestimmtes Mafs des Wissens beizubringen.
Sei unseren heutigen Verhältnissen kann aber selbst in der
Yolksschule, welche in dieser Beziehung noch am günstigsten
.gestellt ist, dieses Ziel nicht erreicht werden, ohne dafs drei
Stunden und länger hintereinander unterrichtet werden muls,
in den höheren Schulen oft sogar fünf. Während dieser Zeit
sitzen die Kinder auf ihren Bänken und sind mehr oder weniger
geistig angestrengt. Nun findet man häufig die Ansicht aus*
gesprochen, Sitzen sei ein Buhen des Körpers, während es
doch eine überaus anstrengende Thätigkeit ist. Denn die-
jenigen Muskeln, welche den Rumpf aufrecht zu erhalten haben,
müssen in ununterbrochener Anspannung sein, und gerade dies
ununterbrochene Anspannen ermüdet sehr bald. Das Kind
kann nicht anhaltend gerade sitzen, die Bumpfmuskeln er-
lahmen, imd der Körper sinkt zusammen, soweit die Bänder-
anordnung der Wirbelkörper es gestattet. Ein Lehrer, der
Strafen verhängt, wenn ein Kind nicht anhaltend gerade sitzt,
Ihut unrecht, weil er etwas Unmögliches von ihm verlangt.
Man hat ja in neuerer Zeit diesem Umstände in etwas
B.echnung getragen und die Bänke so konstruiert, dais der
Bumpf in der Lendengegend gestützt werden kann. Diese
Stütze erleichtert das Aufrechtsitzen, ohne doch ein Zusammen-
sinken in der zweiten, oder in späteren Stunden zu verhüten.
540
Die Überanstrengung der Rückenrnnsknlatiir ftlirt zu einer
Schwächung derselben, und diese Schwächung ist ein begün-
stigendes Moment für die Yerkrünunung. Denn wie sollen
die schon wenig widerstandsfilhig in die Schule gekommenen
Kinder mit ihren kraftlosen Ruckenmuskeln den sidi täglich
wiederholenden Schädigungen entgegenarbeiten? Schili>bach
hat als eine dieser letzteren den Umstand bezeichnet, dab die
Mädchen beim Niedersetzen ihre Kleider unter einen Sitz-
höcker zusammendrängen: „Die Bänke stehen in den Schulen
meist so, daCs auf der linken Seite die Fenster, auf der rechten
der Grang zum Eintreten sich befindet. Die Mädchen gehen
also mit der linken Seite voraus zwischen Bank und Tisch
und haben, wenn sie zum Sitzen gekommen sind, unter der
linken GesäCshälfte die Röcke glattgezogen und einfiich, unter
der rechten doppelt und dreifach zusammengefaltet.^ Es ist
ja denkbar, dafs unter tausend Fällen von RückgratsyerkrümmuD^
auf diese Weise einer oder zwei zu stände kommen, mehr
aber wird man wohl kaum zugestehen können, zumal ja hei
allem Sitzen aulserhalb der Schule gar keine Veranlassung
vorliegt, die Röcke unter dem einen Sitzhöcker zusanunen-
zuschieben.
Die Hauptschuld an den Verkrümmungen trägt nach dem
Urteil aller derer, welche berechtigt sind, in dieser Angelegenheit
mitzusprechen, die Haltung beim Schreiben und Zeichnen.
Bei beiden Thätigkeiten ist ein ruhiges Sitzen nötig, so dafs
die Druckverhältnisse in den einzelnen Teilen der Wirbelsäule
längere Zeit dieselben sind. Bedenken wir nun, wie bei diesen
Thätigkeiten die Schulkinder von der normalen Haltung abweichen,
wie sie stundenlang nach vom und nach der Seite gekrümmt
dasitzen, dafs sich femer diese naturwidrige Haltung Tag filr
Tag, jahraus, jahrein wiederholt, dals die Grewebe des Körpers
dem sich täglich wiederholenden Drucke und Zuge nachgebenr
so kann es uns nicht wunder nehmen, dafs Verkrümmung
die Folge ist. Man führt auf die Haltung der Schüler beim
Schreiben auch die grölsere Häufigkeit der rechtsseitigen
Rückenkrümmung zurück. EüLENBUBa fand unter 300 Ver-
541
krümmten 277 rechtsseitig Skoliotische, Lonsbale, Wundarzt des
gröfsten orthopädischen Instituts in London, unter 170 146 und
Adams an derselben Anstalt unter 569 470. Diese Erklärung
hat viel Wahrscheinlichkeit für sich, denn alle anderen Gründe,
die angegeben worden sind, und mit deren Aufzählung ich
Sie nicht ermüden will, halten einer unbefangenen Kritik
nicht stand.
Die schlechte Haltung wird angenommen, selbst wenn
die Anordnung des Sitzes und die Entfernung von Sitz und
Schreibfläche eine annähernd oder vollständig richtige ist, wie
viel mehr aber, wenn dies nicht der Fall ist Besitzt der
Tisch eine zu groise Höhe, so wird das Kind genötigt, den
rechten Ellenbogen und die rechte Schulter zu erheben, der
Bücken steht nach der rechten Seite hervor, oder mit anderen
Worten die Brustwirbelsäule biegt sich mit ihrer Konvexität
Bach rechts. Ist der Tisch zu niedrig, so heben sich Ellen-
bogen und Schulter der linken Seite, und ein Ansbiegen der
Bmstwirbelsäule nach links ist die Folge. Diesen Ver-
krümmungen der Brustwirbelsäule folgen dann die sogenannten
kompensatorischen Krümmungen der Lenden-, respektive der
Halsgegend.
(Fortsetzung in No. 10.)
Sehnlhygienisches vom Creschäftsansschurs der Berliner
ärztliclien Staudesvereine.
In der Sitzung des genannten Ausschusses am 30. November
v. Js. verlas, wie wir der „Dtsch. med. Wochschr."^ entnehmen,
der Vorsitzende, Herr Becher, ein Schreiben des ärztlichen Vereins
der Friedrich- Wilhelmstadt, worin eine gemeinsame Beratung sämt-
licher ärztlicher Vereinigongen Berhns über einige die Schale be-
treffende Fragen angeregt wird.
Bezüglich der Schulhygiene sei es wünschenswert, dahin zu
wirken, dafs in allen Schulen zwei Nachmittage für körperliche
Übungen, und zwar im Sommer fQr Turnspiele, im Winter für Eis-
laufen u. s. w., bestimmt, die Schulhöfe in der schulfreien Zeit für
1
542
Spiele der Jagend freigegeben nnd in keiner Schnle mehr als sechs
Standen Unterricht an einem Tage erteilt wttrden. Femer sei die
Prüfung zur Erlangong der Berechtigong zom einjährigen Dienst
wieder abzuschaffen oder za ändern, da dorch die Anforderangen
derselben die körperliche and geistige Entwickelang der Schaljagend
geschädigt werde.
In einer allgemeinen Besprechung fanden diese Sätze meist
die Zustimmung der Versammlung, und man beschlofs, die Vereine
aufzufordern, Abgeordnete zu den bezüglichen Beratungen zu ernennen.
Der betreffenden grofsen Kommission soll auch anheimgegeben
werden, die Frage der Einrichtung hygienischer Unterrichtskurse
für Lehrer und der körperlichen Musterung der Jugend bei ihrem
Eintritt in die Schule zu verhandeln.
Gegen letztere, für welche seit einiger Zeit von einem hiesigen
Verein mit grofser Wärme Propaganda gemacht wird, erhob sich
mannigfacher Widerspruch, weil man sie einerseits für schwer durch-
führbar hielt, andererseits sich keinen rechten Nutzen davon ver-
sprechen konnte und endlich auch die Eonsequenzen fürchtete,
welche ein erster Schritt auf diesem Wege nach sich ziehen würde.
Hleinere Mititünn^tn.
Gesandheitsregeln für die Schuljugend sind vom Seminar-
lehrer H. W. Oppebmann in Alfeld a. d. Leine nach älteren Vor-
bildern znsammengestellt und in je einem auf Pappe geklebten
Exemplar in den Unterrichtsräumen der Übungsschulen, der Prä-
parandenanstalt und des Seminars, sowie auf den Wohnstuben der
Seminaristen aufgehängt worden. Für die notwendige Erläuterung
und Einschärfung sorgen der Tum- und der naturkundliche Unterricht.
Obgleich nach unserer Ansicht einzelne Sätze teils vom hygienischen,
teils vom pädagogischen Standpunkte' anfechtbar sind, so geben wir
doch die Regeln hier vollständig wieder: I. Allgemeine Körper-
pflege. 1. Frische Luft und Sonnenlicht sind für die Eriialtong
der Gesundheit unentbehrlich; darum gewähre ihnen freiesten Zutritt
zu den Wohn- und Schlafräumen. 2. Suche dich abzuhärten, indem
du täglich den ganzen Körper mit kaltem Wasser wäschst oder ihn
nafskalt abreibst. Nimm womöglich jede Woche ein lauwarmes
Reinigungsbad. 3. In der warmen Jahreszeit bade fleifsig im offenen
Wasser, am besten dann, wenn die Badcstelle von der Sonne be-
543
schienen wird. Bleibe aber höchstens 10 Minuten im Wasser, reibe
nach dem Bade die Hant mit dem Handtnche nnd erwärme dich
hierauf dnrch einen Spaziergang. Wenn möglich, so setze an
sonnigen, windstillen Tagen den unbekleideten Körper nach dem Bade
der Luft und den Sonnenstrahlen aus. 4. Bewege dich viel und
lebhaft im Freien (Spielen, Turnen, Schwimmen, Eislaufen, Arbeiten
im Garten). 5. Hflte dich vor einseitiger Abkühlung des Körpers
durch Zugluft, besonders, wenn du erhitzt bist. Setze dich über-
haupt keinem zu raschen Temperaturwechsel aus. 6. Beim Heizen
des Zimmers vermeide das Glflhendwerden der Ofenplatten. Die
Zimmerwärme darf -f- 19^ 0. nicht übersteigen. Im geheizten Zimmer
wähle deinen Platz so, dafs du weder der strahlenden Ofenwärme,
noch dem freien Luftzuge am Fenster ausgesetzt bist. 7. Damit
die Luft im geheizten Zimmer nicht zu trocken werde, stelle ein
Gefäls mit Wasser auf den Ofen, so dafs das Wasser verdunstet,
aber nicht siedet. 8. Kleide dich nicht zu warm; der Kopf sei
nur leicht bedeckt, der Ha^s blofs. Vermeide enge Halskragen und
steife Vorhemden. Schntlre keinen Körperteil ein durch Gürtel,
Strumpfband oder Korsett. 9. Die Schuhsohlen müssen genau nach
dem Fufse geformt, die Absätze breit und niedrig sein; das Ober-
leder mufs an der inneren Fufsseite höher sein, als an der äufseren.
10. Wechsele die Kleider häufig, besonders die Leibwäsche. Feuchte
Kleidungsstücke ersetze möglichst bald durch trockene. Die Füfse,
den Unterleib, die Achselhöhle und den Rücken halte besonders
warm. 11. Halte Mund und Rachen rein, indem du morgens, abends
und auch nach der Mahlzeit mit frischem Wasser gurgelst und die
Zähne bürstest. 12. Sei mäfsig im Essen und Trinken. Vermeide
verdorbene, unverdauliche Speisen und Leckereien; gewöhne dich
dagegen an einfache Kost, an regelmäßige und möglichst an nur
drei Mahlzeiten täglich. Geniefse Speisen und Getränke nicht eis-
kalt, aber auch nicht so, dafs sie mehr als blutwarm sind. Us
langsam und kaue gut. Meide starke Reizmittel (z. B. scharfe
Gewünse, viel Salz, alkoholische Getränke). Fleisch geniefse nicht
in rohem Zustande. 13. Unmittelbar nach der Hauptmahlzeit und
nach überstandener Krankheit hüte dich vor geistiger Anstrengung.
Lies nicht während des Essens. 14. Gehe früh zu Bett und stehe
früh auf. Störe deine Nachtruhe nicht, indem du unmittelbar vor
dem Zubettgehen dich körperlich anstrengst oder geistig aufregst.
n. Pflege der Atmungswerkzeuge. 1. Atme mit geschlossenem
Munde; der Mund dient zum Sprechen und Essen, die Nase zum
Atmen. 2. Halte die Nase immer rein; schnaube nie mit einem
trompetenartigen Tone, sondern stets erst die eine, dann die andere
Nasenbälfte aus. 3. Hüte dich vor dem Einatmen von staubiger
544
oder übelriechender Luft. Vermeide das Aufwirbeln von Staub im
Zimmer und im Freien. 4. Arbeite im Sommer thnnlichst bei offenen
Fenstern. Bei ungünstiger Witterung und im Winter erneuere die
Zimmerluft mehrmals täglich durch gleichzeitiges Ö&en der Thüren
und Fenster. 5. Da auch nach kräftigem Ausatmen noch eine gro&e
Menge Luft in den Lungen zurückbleibt, so suche durch langes
Tiefatmen in guter Luft (täglich etwa 50 mal) einen möglichst gründ-
lichen Austausch von Kohlensäure und Sauerstoff zu bewirken.
6. Beim Tiefatmen strecke die Wirbelsäule und hebe die Schultern
(Hüftstütz), während du die Brust nach vom drückst und den Unter-
leib einziehst. 7. Namentlich nach anhaltendem, lautem Sprechen
oder Singen bewahre den Kehlkopf vor kalter Luft. 8. Vermeide
alles, was die Herzthätigkeit beeinträchtigen kann, z. B. den über»
mäfsigen Genufs aufregender Getränke, heftige Gemütsbewegungen,
Erkältungen, zu schnelles Laufen, zu enge Kleidung. 9. Nütze deine
freie Zeit zu lebhafter Bewegung in Mscher Luft aus und suche die
Muskeln des Brustkorbes und des Unterleibes zu stärken durdi ma(s-
yoUe körperliche Thätigkeit. 10. Spucke nicht auf den Fufeboden
oder in dein Taschentuch aus. IIL Pflege der Augen. 1. Meide
alle Überanstrengung der Augen; blicke nicht zu anhaltend auf nahe
und kleine Gegenstände. Wenn du Ermüdung der Augen spürst,
so ruhe ein wenig aus und sieh ins Freie. Nach schwerer Krank-
heit schone die Augen längere Zeit. 2. Nähere deine Augen nicht
zu sehr der Arbeit, sondern lais sie etwa 35 cm von derselben
entfernt bleiben. 3. Lies und schreibe nicht in der Dämmerong
oder bei schlechter Beleuchtung; fertige feine Arbeiten nicht im
Zwielicht an. 4. Bei Tage wähle deinen Platz so, dafs du von ihm
aus ein Stück Himmel sehen kannst und das Fenster zur linken
Hand hast. 5. Meide grelles Licht. Sieh darum nicht direkt in
die Sonne, in die Flamme, auf stark glänzende Gegenstände, auf
helle, von der Sonne beschienene Flächen. 6. Auch unruhig flackerndes
Licht schadet den Augen; darum lies nicht beim Gehen oder Fahren
oder bei offener Flamme. Auch das Lesen beim Liegen ist den
Augen schädlich. 7. Stelle die Lampe etwa V^ m weit von dir
ab und etwas zur linken Hand und bedecke sie nicht mit einem
dunklen Schirme; Cylinder und Milchglaskuppel müssen stets auf
der Arbeitslampe sein. 8. Schreibe nur mit tiefschwarzer Tinte
und auf scharfe, tiefblaue oder schwarze Linien. Benutze kein
Linienblatt, sondern gewöhne dich frühzeitig daran, ohne Linien
gerade zu schreiben. 9 Starke Hitze und Kälte sind den Angen
nachteilig, ebenfalls Zugluft, zu schneller Temperaturwechsel und
Rauch. 10. Dringt Staub oder dergleichen ins Auge, so reibe es
nicht, höchstens streiche mit einem Finger sanft auf dem oberen
&45
Lid Ton der Schläfe nach der Nase zu oder ziehe das obere Lid
Aber das untere, um den Gegenstand zu entfernen; gelingt dir es so
nicht, so gehe bald zum Arzt. 11. Bei eintretenden SehstOrungen
und Augenleiden frage eben Arzt um Rat; er allein kann ent-
scheiden, ob du eine Brille brauchst, ob du sie dauernd oder nur
beim Schreiben oder blols beim Blick in die Feme benutzen mufst und
welche Nummer zu wählen ist. lY. Pflege der Ohren. 1. Halte
die GehOrgftnge recht rein, besonders auch frei von yerhärtetem
Ohrenschmalz. 2. Verletze das Trommelfell nicht dadurch, dafs du
mit spitzen Gegenständen in den Ohren bohrst oder feste Körper
(z. B. Bohnen) hineinsteckst. 3. Bewahre die Ohren vor starken
Erschütterungen. (Schlage nicht dagegen! Schreie nicht hinein!) Die
schädliche Wirkung eines starken Schalles auf das Trommelfell kannst
du durch ö£fhen der Mundhöhle abschwächen. 4. Ist ein fremder
Körper in das Ohr gedrungen, so muls er durch vorsichtiges Aus-
spritzen mit lauwarmem Wasser entfernt werden. Am besten ist
es, in solchen Fällen zum Arzte zu gehen. 5. Dringt ein Insekt
in das Ohr, so neige den Kopf nach der entgegengesetzten Seite
und träufle so lange öl in den betreffenden Gehörgang, bis das
Tierchen tot ist. 6. Vermeide alles, wodurch Erkrankungen der
Nasenrachenschleimhaut hervorgerufen werden (Erkältungen, Schnupfen),
weil diese sich leicht auf das- innere Ohr verbreiten. V. Haltung
bei den hSuslichen Arbeiten. 1. Setze dich so, dals das Licht
von der linken Seite her auf die Arbeit fällt. 2. Beim Lesen sitze
mit gestrecktem Oberkörper, lehne dich mit dem Rücken (Kreuz)
an die Stuhllehne und halte das Buch mit beiden Händen schräg
auf dem Tische fest. 3. Benutze beim Schreiben keinen runden,
sondern einen viereckigen Tisch. 4. Rücke den Stuhl so weit an
den Tisch heran, dals die vordere Stuhlkante ein wenig unter die
Tischplatte reicht, dals aber der Oberkörper bei aufrechter Haltung
nicht die Tischkante berührt. 5. Der Stuhl muls so hoch sein, dafs bei
aufrechter Haltung des Oberkörpers und bei herabhängenden Armen
die Tischplatte in Höhe der Ellenbogen sich befindet. Ist dein Stuhl
zu niedrig, so lege ein Kissen auf. Mädchen müssen darauf achten,
da(s die Kleider gleichmäfsig auf der Sitzfläche verteilt sind. 6. Die
Fflfse stelle mit der ganzen Sohle auf den Boden und etwas aus-
einander. Wenn die Füfse den Boden nicht erreichen, so benutze
eine Fulsbank. 7. Schlage die Beine nicht übereinander und ziehe
die Füfse nicht unter den Sitz. 8. Setze dich so, dafs die Brust
gleichlaufend mit der Tischkante ist und schiebe den Körper so weit
auf den Sitz, dafs die Oberschenkel bis zur Mitte aufliegen und der
untere Teil des Rückens die Stuhllehne oder ein derselben vor-
gelegtes Kissen berührt. 9. Halte den Oberkörper aufrecht und
Sehulffetimdhdtspfleg« VIII. 35
546
lafs die Oberarme in loser Berühnmg mit demselben bleiben. 10. Die
Unterarme lege in der Nähe der Ellenbogen auf den Tisch, halte
mit der linken Hand das Heft fest und schiebe dasselbe während
des Schreibens so weit auf den Tisch, dafs die Unterarme in der
Nähe der Ellenbogen aufliegen bleiben. 11. Lege das Heft so tot
die Mitte des Körpers, dafs die Grundstriche der Schrift senkrecht
zur Tischkante stehen. 12. Halte die Feder so, da& die drei ersten
Finger leicht gewölbt, aber nicht geknickt sind. Die Spitze des
Mittelfingers mufs etwa 3 cm von der Federspitze entfernt bleiben
und der Halter am Knöchel des Zeigefingers liegen. Das Hand-
gelenk darf den Tisch nicht berühren, daram mufst du den vierten
und fünften Finger etwas einziehen, damit diese der Hand als Stfltze
dienen.
Beiträge zur sogenannten Schnlmyopie sind von Professor
Dr. K. HOOR zu Klausenburg in der „Wien. med. Wochschr.*^ ver-
öffentlicht worden. Schon aus den Untersuchungen, welche derselbe vor
etwas über drei Jahren als damaliger Vorstand der Augenabteilung
des Garnisonsspitales in Budapest vornahm, ergab sich, dals unter
87 Wehrpflichtigen mit einer Kurzsichtigkeit von 1 — 20 Dioptrien
bei 49, also bei 56,3%, der schädliche Einflufs irgend einer Nahe-
arbeit ausgeschlossen werden mufste, dafs femer in 37 F&llen, d. i.
bei 42,5%, eine Vererbung der Myopie nahezu sicher stattgefunden
hatte und dafs endlich die höchsten Grade von Kurzsichtigkeit mit
Komplikationen von Netzhaut- und Aderhautaffektionen^ Glaskörper-
trübungen u. s. w. fast ausschliefslich bei solchen Leuten gefunden
wurden, welche ihre Augen für Nahearbeiten nie in Anspruch ge-
nommen, zum gröfsten Teil überhaupt keine Schule besucht hatten.
Vom Januar 1891 bis zum September 1894 hat nun Professor
HooR in der oben erwähnten Stellung abermals 96 myopische Wehr-
pflichtige untersucht und dabei ermittelt, dafs sich unter denselben
nur 36 befanden, welche längere Zeit hindurch die Schule besucht
hatten, mochte dies nun eine Bürgerschule, ein Gymnasnim, eine
Handelsakademie, eine Universität oder ein Polytechnikum gewesen
sein. Bei den übrigen 60 Untersuchten war der Schulunterricht
als veranlassendes Moment der Myopie vollkommen ausgeschlossen,
ebenso wie jede andere Nahearbeit, da dieselben Landleute, Kuh-,
Schafhirten u. s. w. waren. Es stellte sich demnach der Prozent-
satz deijenigen, bei welchen von einer Arbeits-, Schul- oder An-
passungsmyopie keine Bede sein kann, auf 62,5%. Bechnet man
zu den 96 Myopen der zweiten Gruppe die bereits früher aus-
gewiesenen 87 Kurzsichtigen dazu, so ergibt sich, dafs unter den
183 Myopen bei 110 die Kurzsichtigkeit nicht durch irgend eine
Nahearbeit veranlafst war. — Damit bestätigt der Autor nur, was
547
bereits länger bekannt ist, dafs es eine Form der Kurzsichtigkeit,
die sogenannte perniciöse Myopie , gibt, welche mit der Schnle
nicht in ursächlichem . Znsammenhange steht. Auch dafs diese
Form unter Landleuten, Hirten u. s. w. relativ häufig vorkommt,
kann nicht ttberraschen, da die gewöhnliche, durch Nahearbeit ent-
standene Myopie bei denselben infolge ihrer Beschäftigung selten
ist. Wenn aber der Verfasser aus seinen Ermittelungen den
Schlufs zieht, „dafs die stärkere oder geringere Verbreitung der
Kurzsichtigkeit bei den verschiedenen Nationen durchaus nicht der
Schule zur Last gelegt werden darf", so geht er damit zu weit,
da durch hunderttausende von Untersuchungen festgestellt ist, dafs
die Zahl der Kurzsichtigen in den Schulen mit den höheren An-
forderungen derselben zunimmt.
Über die BehaBdlung jünger und alter Psychopathen
schreibt der bekannte Professor der Psychiatrie, Dr. A. Fobel in
Zürich, im „Korrspndzbl. f. Schweiz. Are t^ : An verfehlten Existenzen
infolge mangelhafter Himanlage, Psychopathie u. dergl. fehlt es
bekanntlich heutzutage nicht. Eine groise Zahl solcher Fälle werden
irrtflmlicherweise mit dem Schlagwort „Neurasthenie^ abgefertigt,
in Bäder und Kurorte herumgeschickt, bis sie ihr bischen Hab und
Gut verbraucht haben und oft verzweifelt mit ihrem verpfuschten
Dasein dem ratlosen Arzte gegenOberstehen. Bekanntlich erzielt
man in Irrenanstalten durch landwirtschaftliche Beschäftigung, so-
gar oft durch zwangsmäfsige Anwendung derselben im Anfang, die
besten Heilresultate, besonders bei chronischen Fällen. Das kommt
einfach daher, dals abnorme und schwache Gehirne dem intensiven
einseitigen geistigen Kampf ums Dasein von heute nicht gewachsen
sind, während sie bei einer mehr harmonischen und natürlichen Lebens-
weise, starker Muskelthätigkeit, Nachahmung des Urzustandes der
Menschheit sich viel leistungsfähiger erweisen, sich erholen und
sogar ihr Leben selbst Msten können. Dem kranken oder minder-
wertigen Organ darf man nur die geringste und einfachste Arbeit
zumuten. Zwar hat die Medizin diese Thatsache vielfach erkannt
und gesucht, ihr gerecht zu werden, doch begeht man meistens
den Fehler, teure Kuren zu empfehlen, nach deren Beendigung der
Patient in die alte Lebensweise, etwas gestärkt, aber mit erleichterter
Börse zurückkehrt, so dafs alles bald wieder beim alten ist. Auch
hat man Apparate zur Erzeugung gleichmäfsiger Körperbewegung,
z. B. den Ergostaten von Gabtneb, erfunden, die vor allem zweck-
lose Arbeit und tödliche Langeweile erzeugen. Man vergifst den
psychischen Faktor, der darin besteht, dafe der Mensch erst Freude
hat, wenn er für einen Zweck arbeitet, mit seiner Thätigkeit etwas aus-
richtet, Geld verdient und dafs femer die Hebung des Gemütes, das
35*
548
Gefühl für seine Zukunft zu sorgen, enorm wichtige Heilfaktoren sind.
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, erachte ich in solchen Fällen
eine definitive Änderung der Lebensweise filr angezeigt. Dieselbe
besteht vor allem im Verlassen geistig anstrengender, mit Sorgen
und Risiko verbundener Berufsarten, die so wie so fiberfOUt sind
und zu einem immer gröfseren nichtsnutzigen Proletariat Ton Litte-
raten, Kaufleuten, Commis u. s. w. führen — daf^ resolutes Über-
gehen zum landwhrtschaftlichen Beruf, zur Gärtnerei oder zu einem
Handwerk. Dadurch habe ich selbst in verzweifelten Fällen recht
gute Resultate erzielt; ich habe sogar schon vornehme Damen mit
Erfolg zur Bauemarbeit geschickt. Eine landwirtschaftliche Schale
für Psychopathen wäre eine gute Sache. Der Besuch einer solchen
würde sich nicht zum wenigsten auch für Schüler empfehlen, welche
neuropathisch belastet sind, oder bereits an ausgesprochener Neurasthenie
leiden. Jedenfalls aber sollten Knaben mit anormalem und schwachem
Gehirn nicht in höhere Lehranstalten eintreten.
Zur Prophylaxe der Masern ist ein Aufsatz überschrieben,
den R. Caspab in der „Vierte^ahrsschr. f. gerichü. Med. u. öfß.
Sanitätswes."^ veröffentlicht. Dem Verfasser stand für seine Unter-
suchungen das Aktenmaterial der Königlichen Regierung in Stettin,
umfassend die Jahre 1882 bis 1893, zur Verfügung. In diesen
12 Jahren wurden rund 37000 Erkrankungen an Masern mit 1090
= drca 37o Todesfällen gemeldet. Die Mortalität schwankte in
den einzelnen Jahren zwischen 1,2 und 7,1%, bei der Epidemie
einer Ortschaft stieg dieselbe sogar auf 40%. Caspab ver-
wirft die absichtliche Infektion gesunder Kinder mit Masern nnd
weist in prophylaktischer Beziehung unter anderem auf die Gefahren
des auf dem Lande häufigen Umzugs der Familien, sowie der ye^
waltung der Postagenturen durch Lehrer hin.
Heredität nnd Idiotismus ist der Titel einer Arbeit, die
Martin W. Barb in „The Journ, of nerv, and ment diseases*^,
1895, No. 6 veröffentlicht. Statistische Zusammenstellungen, von yer-
schiedenen Verfassern ausgeführt, zeigen den schwerwiegenden Ein-
flufs der erblichen Belastung bei der Entstehung des Idiotismus.
Durchschnittlich fanden die Autoren, dafs 45 — 50% der Idioten
Ton nervenkranken Eltern abstammen; 32% der letzteren (nach
Babb nur 18 7o) waren dem Trünke ergeben; 7% der idiotischen
Kinder (nach Babb 3%) hatten Eltern, welche miteinander in
Blutsverwandtschaft standen.
Die Sprache eines tauben nnd blinden yierEelmji&hrigei
Mädchens. Dr. P. Soxsino in Pisa schreibt an den Heransgeber
von „The Lancei"^ : Ich erinnere mich, dafs, als ich 1872 die
Blindenanstalt von Lausanne besuchte, mir ein vierzehigähriges
549
M&dcfaen gezeigt warde, welches taub geboren war nnd in sehr
frühem Alter sein Gesicht infolge von Pocken verloren hatte. Nichts-
destoweniger hatte es gelernt, viele Worte hinreichend deutlich zu
sprechen, indem es seine Hand auf den Kehlkopf des vorsprechenden
Lehrers legte. Man erzählte mir noch von ähnlichen Fällen, in
welchen Taube und zugleich Blinde zu sprechen verstanden, und
besonders von einem blind und taub geborenen Zögling der Anstalt,
der nicht nur sprach, sondern auch ein sehr geschickter Drechsler
geworden war.
Zur Übertragimf; von Infektionskrankheiten dnrch Hefte
und Bflcher. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dafs Fälle
von Scharlach und Diphtherie vorgekommen sind, bei denen die
Krankheit wahrscheinlich durch Bflcher aus öffentlichen Bibliotheken
entstanden war.^ Diese bei ihrem Bekanntwerden vielfach an-
gezweifelte Thatsache hat nach der „New York, med. Monatsschr.^
kflrzlich Bestätigung gefunden durch eine von dem russischen Arzt
Dr. TsoüSKOLiAVSKi veröffentlichte Arbeit. Der Genannte stellte
an Heften, die noch nicht benutzt und an Büchern, welche soeben
der Druckerei entnommen waren, eingehende bakteriologische Unter-
suchungen an und fand, dafs die noch nicht in Gebrauch gewesenen
Schriftwerke von Mikroben meist frei waren. Dagegen ergaben die
Untersuchungen von Heften, welche in Hospitälern in Benutzung
gewesen waren, und von Büchern, die sich in den Händen von
Kranken befunden hatten, das Vorhandensein von durchschnittlich
45 Bakterien auf einem Raum von einem Quadratcentimeter Papier-
fläche. Wenn nun zwar mit Bestimmtheit angenommen werden darf,
dafs die gröfsere Anzahl derselben unschädlich ist, so können sich
doch gefährliche Krankheitserreger, wie Tuberkelbacillen, darunter
befinden. Auch ist der Einwurf, dafs die dem Papier anhaftenden
Mikroben nach einiger Zeit keine Gefahr mehr bringen, hinfällig,
denn erwiesenermafsen behalten einzelne Arten von Bakterien ihre
Ansteckungsfähigkeit noch Monate hindurch. Die vielen Schülern
eigene Gewohnheit, vor dem Umwenden einer Buchseite die Finger-
spitzen mit Speichel zu befeuchten, sollte daher nicht allein aus
ästhetischen Gründen, sondern auch aus gesundheitlichen Rücksichten
bekämpft und ebenso die Lektüre solcher Bücher widerraten werden,
welche von irgend einem ansteckenden Kranken benutzt worden sind,
es sei denn, dafs eine gründliche Desinfektion derselben statt-
gefunden hat.
» Vergl. diese Zeitschrift 1892, No. 12, S. 557-558 und 1895, No. 2,
S. 108—109.
550
Die neue Beleachtung der UniversitätsaiiditorieB ii
Halle a. S«, welche nach den Angaben von Professor Renk ein*
gerichtet ist, besteht nach der „Hyg. Eundsch,*^ in einer kombi-
nierten, möglichst aber indirekten Beleuchtung, wobei das Auerlicht
als Leuchtquelle dient. Die Beleuchtungskörper, von Milchglaskugek
umgeben, befinden sich 60 — 70 cm unter der Decke, Tom oberen
Gylinderrand an gemessen. Aus Gründen der Feuersicherheit wurde
kein geringerer Abstand gewählt, obwohl man bei indirekter Be-
leuchtung einen um so günstigeren Effekt erhält, je höher man den
Beleuchtungskörper aufhängt, während der Effekt der direkten Be-
leuchtung bekanntlich ein um so besserer ist, je mehr die Lampen
der beleuchteten Fläche genähert werden. AuTser den allgemeinen,
auch von Professor Rubneb bestätigten Vorzügen des Auerlichts,
wie geringer Leuchtgaskonsum, geringe Luftverunreinigung, geringe
Wärmeproduktion, konstatiert Professor Renk auf Grund der von
ihm angestellten Versuche folgende besonderen Vorteile der neu
eingerichteten Beleuchtung: 1. Dieselbe erzeugt auf den Subsellien
eine um rund 50% gröfsere Helligkeit, als die alte Beleuchtnng.
2. Die Helligkeit ist auf allen Plätzen in sämtlichen Auditorien gröDser
als 10 Meterkerzen, entspricht daher der wichtigsten Forderung der
Hygiene vollauf, während sie es bei der alten Beleuchtung nicht
that. 3. Die neue Beleuchtung erhellt die Auditorien in allen
Teilen, während früher nur die unteren Teile der Säle hell beleuchtet
waren. 4. Die hohe Aufhängung der Lampen und die UmhflUnng
der Flammen mit Kugeln aus Überfangglas verhindert das Hinein-
sehen in das Licht, während früher Lehrer und Schüler durch die zn
tief angebrachten Flammen geblendet wurden. 5. Das an die Wand-
tafel Geschriebene kann ohne Störung gelesen werden, wogegen dies
früher selbst aus geringer Entfernung oft nicht möglich war, da
die Tafel von der Beleuchtung nicht getroffen wurde. 6. Der auf
weifsem Papier erzeugte Schatten der schreibenden Hand ist ver-
schwonmien und daher wenig störend; die alte Beleuchtung entwarf
dagegen scharf abgegrenzte Schatten und an vielen Plätzen sogar
eine Mehrzahl solcher von verschiedener Intensität, die sich beim
Schreiben sehr störend erwiesen. 7. Bei der hohen Aufhängung
der Lampen ist jeder fühlbaren Wärmestrahlung vorgebeugt.
Griffel ans Bein sind, wie die „Ehein.'tcestfäl. Sckuüii^.''
berichtet, von August Agtha in Berlin, Bremerstrafse 62, her-
gestellt worden. Dieselben zerbrechen nicht, wie die Schiefergriffel,
brauchen nicht angespitzt zu werden, und es soll sich leichter und
deutlicher als mit dem Schieferstift auf der Schiefertafel damit
schreiben. Der Preis beträgt 3 Pfennige pro Stück. Ob sie sich
besser bewähren werden, als die seiner Zeit so sehr gepriesenen
Aluminiumgriffel, bleibt abzuwarten.
551
9a$esj$efd)t(t)tH(^e9.
Die zwanzigste VersammluBg des dentschen Vereins für
Sffentliche flesnndheitspflege findet vom 11. bis 14. Sep-
tember d. Js. in Stattgart statt. Aus der Tagesordnung heben wir
folgende Vorträge hervor: 1. Hygienische Beurteilung von
Trink- und Nutzwasser; Referent: Geheimer Medizinalrat Pro-
fessor Dr. FLÜGGE-Breslau, 2. Gasheizung im Vergleich zu
anderen Einzelheizsystemen; Referent: unser verehrter Mit-
arbeiter, Herr Hofrat Professor Dr. MEiDiNGEB-Earlsruhe. Die von
Geheimrat Flügge aufgestellten Schlufssätze lauten folgendermafsen:
1. Die bis jetzt übliche hygienische Begutachtung der Wässer lediglich
auf Grand der chemischen, bakteriologischen und mikroskopischen Unter-
suchung eingesandter Proben ist fast in allen Fällen verwerflich.
2, Die einmalige Prüfung eines Wassers auf seine hygienische
Zulässigkeit als Trink- oder Brauchwasser muls vor allem durch
Besichtigung und sachverständige Untersuchung der Entnahmestelle
und der Betriebsanlage erfolgen. In manchen Fällen liefert diese
Prüfung allein bereits eine Entscheidung. Meistens ist eine Er-
gänzung durch grobsinnliche Prüfung des Wassers, sowie durch die
Eisen- und Härtebestimmung wünschenswert; selten ist eine weiter*
gehende chemische, bakteriologische oder mikroskopische Untersuchung
zur Sicherung der Resultate erforderlich. Bei Neuanlagen von
centralen Grundwasserversorgungen mufs man sich mit besonderer
Sorgfalt von der Keimfreiheit des betreffenden Grundwassers ver-
gewissem. 3. Zur fortlaufenden Kontrolle von Wasserversorgungen,
deren Anlage und Betrieb bekannt ist, eignet sich die bakteriologische,
zuweilen auch die chemische Analyse einwandfrei entnommener
Proben. Die hygienische Bedeutung auffälliger Resultate der Analyse
ist meist nur aus einer wiederholten Besichtigung und Untersuchung
der Versorgungsanlage zu entnehmen. — Die Thesen Hofrat Meidingebs
sind nachstehende: 1. Das Steinkohlengas ist bei uns für gleiche
Wärmeentwickelung fünf- bis siebenmal so teuer, wie Steinkohlen,
oder Goaks und doppelt so teuer, wie Holz. Guten eisernen Öfen mit
Dauerbrand gegenüber kommt die Gasheizung in entsprechendem
Verhältnis teurer. 2. Ein Gasofen kann nicht mehr Wärme ent-
wickeln, als frei brennende Flammen; bei nicht abziehenden Ver-
brennungsprodukten kann derselbe somit nur die Bedeutung der
562
Dekoration oder Garnitur zum Schatze gegen Brand haben. Der
Ofen kann jedoch die Verteilung der Wärme in Bezug auf Decke
und Fufsboden modifizieren. 3. Bei vollständiger Verbrennung des
Gases kann das Ausströmen seiner Verbrennungsprodukte aus dem
Ofen in die Wohnräume an sich als ebenso unbedenklich angesehen
werden, wie das offene Brennen der Leuchtflammen. Für deren
Abführung in den Kamin sollte gleichwohl Vorsorge getroffen sein,
namentlich in den Fällen, wo längere Zeit hindurch geheizt wird,
und gröfsere Mengen Gas gebrannt werden. 4. Die schätzenswerten
Eigenschaften der Gasheizung bestehen nächst ihrer Reinlichkeit ins-
besondere in der Raschheit ihrer Wirkung und in ihrer yorzüglichen
Regulierbarkeit; ihre Mehrkosten gegenüber der Heizung mit festen
Brennstoffen können sich dadurch bedeutend mindern, in gewissen
Fällen fast verschwinden, namentlich im Vergleich mit Holzheizung.
5. Einem Gasofen kann nur, wenn er ganz aus Eisen beigestellt ist,
Berechtigung zugestanden werden. 6. Glühende Heizwände sind bei
Öfen jeder Art als hygienisch durchaus unbedenklich anzusehen.
7. Es ist bei Öfen irgend welcher Art unstatthaft, Vorzüge einer
besonderen Art der Wärmeabgabe allgemein geltend zu machen:
grofse, wie geringe Strahlung, grolse, wie geringe Luftheizung können
je nach Umständen angenehm, bezw. vorteilhaft, aber auch das
Gegenteil sein. Von einer günstigen Cirkulation der Luft in Wohn-
räumen bei der Heizung kann man nicht sprechen. — Aufser den
Vorträgen finden noch verschiedene Besichtigungen statt: so solche
des Schwimmbades, der Anlagen der Badgesellschaft und einzelner
Schulen Stuttgarts. Femer werden Pläne, Modelle und Schriften
über Einrichtungen und Anstalten zur Förderung der öffentlichen
Gesundheitspflege in Württemberg ausgestellt. Endlich ist ein Aas-
flug nach Tübingen und Bebenhausen, sowie auf Einladung des
Königs Wilhelm IL ein Besuch des Schlosses Wilhehna in Aussicht
genommen.
Eine ärztliche Untersnchnng der Schttler des Kommiinal-
nntergymnasiums in Anssig hat nach dem jüngsten Berichte der
Anstalt während des Schuljahres 1894 — 95 stattgefunden. Die
Prüfung des Gehörorganes wurde in der Weise vorgenonunen,
dafs zunächst die anamnestischen Daten zur Erhebung gelangten.
Dann wurden die Ohren mit dem Spiegel untersucht und die Hör-
weite für die ühr und für die Flüstersprache festgestellt, letzteres
indem die Schüler vorgesprochene Zahlen, Worte (nach den drei
Gruppen von Wolf) und kleine Sätze nachsprechen mufsten.
Schliefslich fand eine sorgfftltige Inspektion der Nase, des Nasen-
rachenraumes und der Rachenhöhle statt. Das Ergebais ist aus den
folgenden beiden Tabellen ersichtlich:
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Bei der Untersnchong der An gen wnrden der Brechznstand
nnd die Sehscbftrfe mittelst der SüiTELLENschen Probebnchstaben,
etwaige Farbenblindheit mit den psendoisochromatischen Tafeln von
SnLLiNGh, krankhafte Veränderungen des Augenhintergrundes, be-
sonders des Sehnerven, der Netz- und Aderhaut, mit dem Augen-
spiegel festgestellt. Über das Resultat gibt die erste der umstehenden
Tabellen Aufischluls:
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Untersuchung derselben folgendes:
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Endlich sei anch noch die Tabelle über den allgemeinea
Gesundheitszustand der Schüler angeführt:
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Sehnlhygieiiisehe AnaBtelliing im mediziniscben Waren*
baiue zu Berlll. Die „Blech. Ärgte-Z^." schreibt: Hygienische
Separatansstellimgen beabsichtigt das medizinische Warenhans zu
Berlin demnächst in den Kreis seinec ThlLügkeit einznbezieheii.
Auf allen Gebieten der Hygiene werden nnansgexetzt wichtige Ver-
besseningen ersonnen and Neneinrichtnngen getroffen, welche aber
der Arztewelt nnd dem LaieDpnblikmn nicht genügend znr Kenntnis,
geschweige denn znr Anschaonng gelangen, weil es bisher an einer
Stelle fehlte, welche die Vermittelimg hierfür fiberaommen hatte.
Dies beabsichtigt nnnmehr das medizinische Warenbans zo thnn.
£s sollen nacheinander die wichtigsten Gebiete der praktischen
Hygiene berOcksichtigt werden. Die Heranziehung von kompetenten
Sachverständigen nnd Fabrikanten wird dem Warenhause seine
^ofgabe wesentlich erleichtem. Die rAumlicbe Beschränknng gestattet
freilich nicht, grobe Gegenstände anders, als in instruktiven Modellen,
bezw. Zeichnungen darzubieten; bei einer kritischen Zusammenstellung
durfte dies aber auch vor der Hand genügen. Es ist zunächst eine
lüeine Separataosstellniig auf dem Gebiete der Schulhygiene ins Auge
gefaTst, welche voraussichtlich am 1. Oktober d. Js. eröffnet werden
kann. Ein vorifiuliger Arbeitsausschnls, bestehend aus den Herren
Dr. Abthub Habtmanb, Privatdocent Dr. Pbobkaubb, Dr. Robebt
KüTNEK nnd Direktor Oskab Uaac, hat sich konstituiert. Anfser-
dem ist ein weiteres Komitee in der Bildung begriffen, dem unter
imderen unsere geschätzten Mitarbeiter, die Herren Professor Dr.
Leo BtmoEBSTEiN in Wien und Lehrer 0. Jank£ in Beriin,
ferner Geheimrat Dr. Becheb, Oberstabsarzt Dr. Siarckeb, Dr.
556
Beelt, Dr. SiLEX and der Heransgeber dieser Zeitschrift angehören.
In der ersten Sitznng des Komitees, welche am 4. Jnli stattfand,
iinirde beschlossen, alle Fabrikanten der in Betracht kommenden
Grebiete zur Mitwirkung aufzufordern. Der Eintritt in die Ausstellung
soll unentgeltlich sein, und auch von den Ausstellern für den Baum
keine Platzmiete erhoben werden. Es ist also mit der Veranstaltung
kein unmittelbares geschäftliches Interesse yerknüpft, sondern dieselbe
¥nrd als eine gemeinnützige Sache betrachtet. Alle diesbezüglichen An-
fragen und Zuschriften sind zu richten an die Schulhygieneausstellung
im medizinischen Warenhause, Berlin N., Friedrichstrafse 108.
Der YereiiL der ärztlichen Schnlinspektoren Englands
besuchte, wie wir dem „Brit Med, Joum,^ entnehmen, am 18. Juli d. Js.
Haileybury College. Die Einladung dazu war von dem Direktor der
Anstsdt, Bev. £. Ltttelton, ausgegangen, der Ehrenmitglied des
Vereines ist. In der Schule angekommen, wurde die Gesellschaft,
darunter auch der Vorsitzende derselben Dr. Eüstasiüs Smith,
von den Anstaltsärzten Dr. Shelly und Dr. Horatiub Savoby,
sowie von einem Teile der Lehrer und dem Schatzmeister empfangen.
Zunächst ging es in die Küche und den Speisesaal, wo gerade die
Schüler ihr Mittagsmahl einnahmen. Sodann wurden sämtliche Ge-
bäude und das Grundstück besichtigt, wobei die Vorrichtung, durch
welche man dem Wasser seine Härte benimmt, besonders interessierte.
Das letztere stammt aus einer 200 Fufs tief in Kalkboden befind-
lichen Quelle. Auch die Erdklosetts, das offene Schwimmbad, da»
Waschhaus, das Hospital, das Isolierhaus für ansteckende Kranke,
sowie einer der Schlafsäle mit den anstofsenden Baderäumen wurde
besucht. Eine ausgezeichnete Neuerung sind die Trockenzimmer, in
welche die Kleider der Knaben nach dem Fulsballspiel oder nach
Begenwetter gebracht werden. Der ganze Besuch war nicht nur
erfreulich, sondern auch aufserordentlich lehrreich. Nachdem das
Eis einmal gebrochen ist, hofft der Verein, auch von anderen Schulen
emgeladen zu werden, was diesen selbst nicht am wenigsten zu gute
kommen würde.
Die Steilschrift in Holland. Die von der Niederländischen
Gesellschaft für Beförderung der Heilkunde eingesetzte Kommission
zur Untersuchung der Steilschrift hat ihren Bericht in No. 20, 1895,
des „ Weekblad van het Nederlandsch Tüdschrift voor Qeneeskunde^
veröffentlicht. Sie schlägt vor, die Gesellschaft möge sick im
Princip zu Gunsten der Steilschrift aussprechen und bei den be-
treffenden Behörden dahin wirken, dafs durch Versuche in Schulen
die praktische Brauchbarkeit dieser Schrift geprüft werde, um, wenn
dieselben günstig ausfallen, sie als allgemeine Schreibweise empfehlen
zu können.
657
Denkmal (Br Wilbelm Meyer« In der vorigen Nammer
unserer Zeitschrift teilten wir nnter y^Personalien^ mit, dals der
foerfllunte Ohrenarzt Dr. Hans Wilhelm Meyek ans Kopenhagen
aof einer Reise in Venedig gestorben sei. Er war es, der zuerst
darauf hinwies, daCs eine VergrOfserong der im Nasenrachenraom
gelegenen Drflsen, welchen er den Namen ^Adenoide Vegetationen^
beilegte, eine häufige Ursache teils Ton Taubheit, teils von behinderter
Nasenatmung und infolgedessen von Kopfschmerz und ünfthigkeit,
geistig zu arbeiten, sei. Diese Entdeckung bildet einen der wich-
tigsten Fortschritte in der Praxis der modernen Medizin. Alljährlich
werden Tausende von Personen, darunter nicht zum wenigsten Schul-
kinder, durch die operative Entfernung der vergröfserten Drüsen
von lebenslänglicher Taubheit oder den drückenden Folgen der
Nasenverstopfung geheilt. Mit Recht sagt daher „The Brit. Med,
Joum.^, da(s wir unter den Zeitgenossen keinem mehr, als dem
Dr. H. W. Meter für die Entwickelung eines gesunden Geistes
in einem gesunden Leibe bei dem heranwachsenden Greschlechte ver-
danken. So hat sich denn in London ein Komitee zur Errichtung eines
Denkmals in Kopenhagen für den Verstorbenen gebildet Das Patronat
desselben hat die Prinzessin von Wales, bekanntlich eine Landsmännin
Dr. Meyebs, übernommen. Vorsitzender des Komitees ist der bekannte
Laryngologe Dr. Felix Semon in London, zu den Mitgliedern
gehören unter anderen Dr. J. Russell Reynolds, Präsident des
„Royal College of Physicians^ und Chkistopheb Heath, Präsident
des „Royal College of Surgeons''. Auch in anderen Ländern, z. B.
in Deutschland, sind ähnliche Komitees in Bildung begriffen. Die
Stadtbehörde von Kopenhagen hat beschlossen, sobald die Mittel
Ar die Statue oder Büste beschafft sind, einen würdigen Sockel
dazu zu liefern.
Eine Sehfllerreise nach der ehemaligen rSmisehen Kolonie
Carnantnm. Die ^Zischr. f. Tum. u. Jgdspl,^ schreibt: Am 4.
und 5. Juni d. Js. unternahmen 100 Schüler des zweiten deutschen
Staatsgymnasiums in Brunn, geführt von Direktor Hobak und
10 Lehrern, denen sich Professor Dr. Bobmaitn von der Wiener
Universität als wissenschaftlicher Cicerone anschlofs, einen Ausflug
nach Camuntum. Es ist das bekanntlich eine alte römische Kolonie
an der Donau, welche im Jahre 251 n. Chr. von den Quaden zer-
stört wurde, und deren Reste sich bei dem Fledcen Petronell in
Niederösterreich befinden. Die Fahrt erfolgte über Wien, von da
aus mit dem Postschiffe bis Deutsch- Altenburg und Petronell, wo
die Ausgrabungen, das Museum des Vereins „Camuntum^ und die
Sammlungen des Fbeihebbn vok Ludwigstobff und des Grafen
ABENSPEBa-TBAiTN eingehend besichtigt wurden. Der erstere ver-
558
teilte .zar Erinnerong 200 altrömische Münzen unter die Schüler.
Die Rückfahrt fand von Petronell über Brack an der Leitha und
Wien statt. Der in Mähren zum ersten Mal gemachte Versuch, die
halbtägigen Schülerfahrten an Gymnasien nach reichsdeutschem Muster
zu mehrtägigen Studienreisen zu erweitern, hat sich, dank der um-
sichtigen Leitung der Brünner Schule und des harmonischen Zu-
sammenwirkens aller bei dem Unternehmen beteiligten Persönlichkeiten,
als durchführbar und nachahmenswert erwiesen.
Ferienkolonien in den Vereinigten Staaten« £ine interessante
Erweiterung erfährt unser Ferienkoloniewesen in Amerika. Eine Wohl-
thätigkeitsgesellschaft in New York, die sich damit befalst, die Lage der
ärmeren Klassen zu yerbessem, trifft Vorbereitungen, um ihren Schütz-
lingen Sommeraufenthalt in Kurorten und auf dem Lande zu gewähren.
Der Verein hat ein Heim gegründet, das während des Sommers etwa
sechzig Kinder aufiiimmt, deren Durchschnittsaufenthalt vierzehn
Tage beträgt. Im Anschluls an das Kinderheim besteht ein Haus
für Frauen, die sich nach einer Krankheit in der Rekonvalescenz
befinden. Die dritte Abteilung des wohlthätigen Werkes wird als
Oceangesellschaft bezeichnet und dient dazu, Frauen und Kinder,
die eines Erholungstages bedürfen, auf dem Wasserwege nach einer
der Seeheilstätten zu befördern. Bei ihrer Ankunft daselbst em-
pfangen sie eine Mahlzeit, und es wird ihnen Gelegenheit geboten,
ein Seebad zu nehmen. Um denjenigen, welche für das gute Werk
Beiträge liefern, ein persönliches Interesse für die Sache zu verleihen,
sind die Gesamtansgaben in einzelne Posten zerlegt worden, die,
wenn es von dem Geber gewünscht wird, den Namen desselben
tragen soUen. So gehören 350 Dollars dazu, einer Gesellschaft
von 1000 Personen einen Tag den Aufenthalt im Freien zu gewähren.
Der Spender kann den Namen bestimmen, den diese Einrichtung
erhalten soll. 50 Dollars kostet ein Zimmer in der Kinderheilstfttte,
das den Namen des Spenders trägt, 25 Dollars ein Bett dasellisty
10 Dollars genügen, um ein Kind vier Wochen lang im Heim ver-
pflegen zu lassen.
BlitcseUag in einer Schule. Wie die ^Sath. SdndBtg^
berichtet, traf am 11. Juni d. Js. bei einem nachmittägigen Gewitter
ein Blitzschlag das Schulhaus in Neusalz a. 0. In der engen Sdiul-
Stube waren 95 Kinder beisammen, als der Blitz durch den Giebel
in dieselbe einschlug. Eine wahre Panik entstand, die Schulkinder
drängten schreiend nach dem Ausgange. Nur mit Mühe konnte der
Lehrer verhüten, dafe die fallenden von den folgenden getreten
wurden. Als die Mehrzahl das Zimmer verhissen hatte, zeigte sich
erst, welches Unheil der Blitz angerichtet hatte. Etwa 25 Kinder
lagen mehr oder weniger stark betäubt unter den Bänken. Zorn
559
Olttcke erholten sich jedoch die meisten bald wieder. Leider mufste
aber der die Kinder heraustragende Lehrer, der in dem Augenblicke
ntir von seiner vor Schreck selbst halberstarrten Frau unterstützt
wurde, bald erfahren, dafs auch ein Menschenleben dem Ereignis zum
Opfer gefallen war. Ein zehnjähriger Schulknabe war erschlagen^
während ein Mädchen bis zum Abend besinnungslos blieb. Der
Schrecken und die Verwirrung wurden bei dem ganzen Vorgänge
um so mehr gesteigert, als der Blitz auch gezändet und das Haus
in Brand versetzt hatte. Es gelang jedoch den schnell herbeigeeilten
Dorfbewohnern, das Feuer zu löschen.
Vergebliche Anfstellnng von Spncknäpfen in der Berliner
Uniyersität. Nachdem der bacilläre Ursprung der Tuberkulose fest-
gestellt war, hat bekanntlich 6. Cobnbt den Nachweis geführt, dafe
nur da Bacillen vorhanden sind, wo der Auswurf unzweckmälsig,
d. h. nicht in Spucknäpfe, die mit Wasser oder einer desinfizierenden
Flüssigkeit gefallt sind, entleert wird. Vibohow hebt nun das
geringe Verständnis selbst des gebildeten Publikums für die Verhütung
der Schwindsucht hervor und kennzeichnet den Mangel an Reinlich-
keit durch die von ihm während seines letzten Rektorates an der
Berliner Universität gesammelten Erfahrungen, wo trotz zahlreicher
Spucknfipfe und diesbezüglicher Bekanntmachung dieselben von der
sedierenden Jugend nicht benutzt wurden. Nicht viel anders dürfte
es sich mit den in Schulen aufgestellten Spucknäpfen verhalten, worüber
nähere Auskunft aus pädagogischen Kreisen erwünscht sein würde.
Unüi^t Derfttgttn^ett.
Mitteilang des KSniglich prenfsisehen Unterrichtsministers,
betreffend die FSrdernng freiwilliger Spielständen an den
höheren Lehranstalten.
Berlin, den I.März 1895.
Auf den Bericht vom 7. Februar d. Js. ervndere ich dem
Königlichen Provinzialschulkollegium, dafs ich mit demselben auf die
Forderung freiwilliger Spielstnnden neben den allgemein verbind-
lichen Turnstunden grofsen Wert lege, dafs ich aber besondere
Mittel für Leitung der Spielstunden zu meinem Bedauern nicht zu
gewähren vermag. Dies schliefst indessen nicht aus, da(s an staat-
lichen, staatlich unterstützten oder verwalteten Anstalten, wo die
560
Kassen die Mittel zur Remmierienmg der Leiter von Spielstonden
besitzen, im Einzelfalle eine Yergütong daffir bei mir beantragt
werden kann. Nichtstaatlichen Patronaten bleibt selbstredend dber-
lassen, die Spielstanden neben den Tnmstnnden in gleicher Weise
zu vergüten.
Der Minister der geistlichen n. s. w. Angelegenheiten.
Im Auftrage: (Gez.) de la Gbodc.
An
das Königliche Provinzialschalkollegiam zu N.
U. IL 5311.
Erlafe des KSniglich italienischen Ministerinms des ffffentliekei
Unterrichts
bezflglieli der Infektionskrankheiten in Schulen.
(Fortsetzong.)
4. Desinfektionen.
A. Die regelrecht ausgeführte Desinfektion ist eines der notwendigen
Mittel, um die Gefahr einer Verbreitung der ansteckenden Krank-
heiten zu beseitigen, welche von der Infektion der Räume, Gerite
und Schnlgegenstände ihren Ausgang nehmen.
Die Desinfektion erweist sich folglich als nOtig:
a. in den mit der Schule verbundenen Wohnungen, wenn in
der Familie der Lehrer oder der Schuldiener, die darin wohnen,
ein Fall von einer der obengenannten akuten InfektionskrankheiteB
festgestellt ist;
b. in einer oder mehreren Klassen, wenn dieselben infolge des
Auftretens einer akuten Infektionskrauldieit unter den Schülern ge-
schlossen worden sind;
c. bei den Schulbänken an den Stellen, wo 4icjenigen Schäle
abgesondert sitzen, deren ansteckende Krankheiten unter den froher
angegebenen Bedingungen mit dem Schulbesuch verträglich sind.
B. Die anzuwendenden Desinfektionsmittel sind folgende:
a. saure Lösungen von Sublimat, nämlich
eine schwache Lösung nach folgender Formel:
Hydrargyr. bichlorat. corrosiv. 2,0
Acid. hydrochloric. 5,0
Aq. fontan. 1000,0;
eine starke Lösung in dieser Zusammensetzung:
Hydrargyr. bichlorat. corrosiv. 5,0
Acid. hydrochloric. 10,0
Aq. fontan. 1000,0;
561
b. Kalkmilch im Yerh<nis yon 1 Teil Ätzkalk auf 2 Teile
Wasser ;
c. Pulver von Ätzkalk.
C. Die Regeln zur Ausfühnmg der Desinfektion von Gegen-
ständen sind folgende:
a. fOr die Wände:
Wo immer Auswurf anklebt, sollen dieselben abgekratzt werden,
nachdem sie vorher mit einer starken SublimaÜOsung abgewaschen
sind ; in allen Fällen hat man sie mit Kalkmilch zu tünchen ;
b. für die Fufsböden:
Zweimaliges Scheuem mit einer starken Sublimatlösung, wobei
Sorge getragen werden mu&, dafs diese gut in die Spalten und
Kitzen des Fufsbodens eindringt; nach der regehrecht vorgenommenen
Desinfektion reichliche und anhaltenc^ Lüftung;
c. fQr die Möbel, Bänke, Tische u. s. w. :
Sorgfältige Abwaschung mit einer schwachen Sublimatlösung
und, nachdem diese getrocknet, mit gewöhnlichem Wasser; während
der warmen Monate oder, wenn es sonst thuulich ist, können die
Möbel auch durch Aussetzen an der Sonne während der Tage, an
welchen die Schule geschlossen bleibt, desinfiziert werden;
d. für die Bücher, Hefte u. s. w.:
Entweder verbrenneo, oder der Sonne aussetzen;
e. für den Auswurf:
Vorschriftsmäßige Verpflichtung, sich der Spucknäpfe zu be-
dienen, welche ungelöschten Kalk enthalten; dieselben müssen min-
destens alle 14 Tage ausgeleert werden, und in der Zwischenzeit
sind neue Schichten ungelöschten Kalkes in diejenigen Näpfe zu
schütten, die viel benutzt worden sind. In die Spucknäpfe wird
beim Ausleeren so viel Wasser gegossen, dafs Kalkmilch entsteht und
diese in die Klosetts gegossen.
f. für die Aborte:
Da Kalkwasser sich als gutes Desinfektionsmittel für den Inhalt
der Latrinen bewährt hat, so ist es geraten, solches so häufig als
möglich in dieselben hineinzugiefsen, was durch die regelmäfsige
Reinigung der Spucknäpfe erzielt wird; auf diese Weise lälst sich in
den zahlreichen Schulen eine fast tägliche Desinfektion sämtlicher
Aborte vornehmen.
Es ist davor zu warnen, die Kalkmilch in solche Bohren
hineinzugielseD, welche siphonartig umgebogen sind, da der Kalk
sich am Grunde festsetzen und den Siphon auf diese Weise ver-
stopfen könnte.
In Fällen von typhösem Fieber, Buhr oder Cholera soD, wenn
der Verdacht vorliegt, dafs die infizierten Dejektionen in die Schul-
SehalffMundhelUpflege VIII. 36
562
aborte gelangt sind, die obengenannte Desinfektion mit Kalkmilch
nm so reichlicher angewendet werden, nnd wird man aolserdem die
Desinfektion der Sitzbretter vermittelst einer schwachen Sublimat-
lösnng vornehmen.
D. Sind eine oder mehrere Klassen aus den oben angefahrten
Gründen geschlossen worden, so darf die Schulbehörde die Wieder-
eröffnung nur gestatten, wenn die Stadtverwaltung zuvor die not-
wendigen Desinfektionen hat ausführen lassen.
(Fortsetzung und SchluiB in No. 10.)
Bescheid des KSniglieh prenfsischen Ministers der geist-
liehen n. s. w. Angelegenheiten fiher die Zniiehnng der
Kreisphysiker bei Schliefsnng der Schulen anläfslich des
Ausbruches ansteckender Krankheiten.
Berlin, den 7. Februar 1895.
Auf den gefftlligen Bericht vom 3. Januar d. Js. erwidere ich
£w. Hochwohlgeboren ergebenst, dafs durch die fOr die Entscheidung
über die Schliefsung von Schulen angeordnete Zuziehung des Kreis-
physikus die Entsendung desselben an Ort und Stelle nicht un-
bedingt in allen Fällen vorgeschrieben und nur insoweit geboten ist,
als nach dem Ermessen der Behörden die besonderen Umstände des
gegebenen Falles eine derartige vorgängige Information des Kreis-
physikus erfordern, wie solches in der Regel bei den unter No. 7
der Verfttgung vom 14. Juli 1884 — M. d. J. IL 7800, M. d. g.
Angel. U. ma 18424, U. II. 2449 M. 5092/84 — vorgesehenen
Fällen der Fall sein wird.
Ein Recht, die Entsendung an Ort und Stelle in jedem Falle
zu fordern, ist den Kreisphysikem durch die Bestimmungen der
vorbezeichneten VerfOgung nicht zugestanden.
Der Minister der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten.
In Vertretung: (Gez.) von Weyrauch.
An
den Königlichen Regierungspräsidenten zu N.
VerfB^nn; des Bezirksschulrates der Stadt Wien weigei
Ermittelnn; der schwachsinnigen Kinder in den dortigem
Volks- nnd Bflrgerschnlen.
•H^ 1895.
B. S. R.
An sämtliche Leitungen der Volksschulen und der Volks- and
Borgerschulen in Wien.
Im Anschlüsse erhält die SchuUeitung Stück Fragebogen
mit dem Auftrage, in dieselben die an der Anstalt etwa befind-
563
liehen, nach dem Urteile der Lokallehrerkonferenz zweifellos
als schwachsinnig zu betrachtenden Kinder einzutragen nnd die
auf dieselben bezüglichen, in dem Bogen enthaltenen Fragen mit
möglichster Genauigkeit zu beantworten.
Der Bezirksschulrat macht darauf aufmerksam, dafs in diese
Fragebogen nur die wirklich als schwachsinnig zu bezeichnenden
Kinder, die ohne einen ganz speciellen, ihrem Geisteszustände
angepaßten Unterricht auch nicht die allemotwendigsten Kenntnisse
sich anzueignen vermögen, aufzunehmen sind. Solche Kinder, die
nur sehr schwach be^igt sind, fflr welche also ein gewöhnlicher
Nachhilfeunterricht genügen würde, um sie im Laufe der 8 Schul-
jahre wenigstens mit den notwendigsten Kenntnissen vertraut zu
machen, sind in diese Fragebogen nicht aufzunehmen.
Die ausgefüUten Fragebogen sind längstens binnen 8 Tagen
zuversichtlich anher einzusenden.
Bezirksschulrat der Stadt Wien
am 20. April 1895.
Der Vorsitzende-Stellvertreter.
(Gez.) Dr. Reibch.
Direktion , Knaben- Volks , , . ,,^. ^ . ,
-;— : der zT—rr — =- schule m Wien, .... Bezirk,
Leitung Madchen- Bürger
-Strafte
-OftMe No.
-Platz
Fragebogen.
1. Name, Religion und Geburtsdaten des Kindes, welches nach
dem Urteile der Lokallehrerkonferenz zweifellos als schwach-
sinnig bezeichnet werden mufs.
2. In welcher Klasse (eventuell auch Abteilung) befindet sich
dasselbe gegenwärtig?
3. In welchem Jahre hat dasselbe den Schulbesuch begonnen?
4. Name, Stand und Wohnort der Eltern oder deren Stell-
vertreter. Hftusliche Verhältnisse derselben, soweit sie der Schule
bekannt sind.
5. Besondere Wahrnehmungen, welche bezüglich des Kindes
von seinen Lehrern (Lehrerinnen) bisher gemacht worden sind.
6. Worden in den Schuljahren 1888/89—1894/95 schwach-
sinnige Kinder wegen ihres Gebrechens als schulbesuchsunffihig von
der Anstalt entfernt? (Eventuell sind die Namen dieser Kinder, der
86*
564
Name, Stand und damalige Wohnort der Mtern derselben an-
zugeben.)
7. Etwaige Bemerkungen der Schulleitung.
Wien, am . . . .April 1895.
Direktor. Oberlehrer. ProYisorischer Leiter.
^txfonainn.
Die Seminardirektoren Molbehn in Berlin, Büb^el in Boppard,
BOHNENSTÄDT in Delitzsch, Rossmann in Drossen, Wieackes in
Erfurt, Bbeitspbecheb in Franzburg, Urlatjb in Pr.- Friedland,
Castens in Hadersleben, Yelten in Kempen, Yanse in Liegnitz,
NoACK in Neuzelle, Hoffkann in Neu-Ruppin, Feige in Soest,
Kbeymeb in Trier, Rössleb in Wunstorf und der Kreisschulinspektor
Reinokens in Bonn haben den Charakter als Schuhrat erhalten.
Dem Bezirksarzt Dr. Eduabd CebmIk in Hohenmauth wurde
der Titel eines Kaiserlichen Rates, dem mit den Funktionen eines
Schularztes betraut gewesenen praktischen Arzt Dr. Steueb in Breslau
der Titel Sanitätsrat verliehen.
Es haben erhalten: den Königlich preufsischen Kronenorden
II. Klasse der Vorsitzende des badischen Oberschulrats, Geheimrat
Dr. Abnspeboeb in Karlsruhe, und der Regierungs- und Geheime
Medizinalrat Dr. Wolff in Merseburg; das Ritterkreuz II. Klasse
des Königlich s&chsischen Albrechtsordens der Bezirksschuldirektor
a. D. Hempel in Leipzig-Gonnewitz ; den roten Adlerorden IV. Klasse
die Direktoren, Professor Bbeüeb und Professor Dr. Fischbb, beide
in Wiesbaden, sowie der Gymnasialdirektor a. D. Dr. HuNS in
Meppen.
Ernannt wurden : der Rektor, Oberstudienrat Dr. von Pi«anck
in Stuttgart, zum Ministerialdirektor; der Seminardirektor, Schuhrat
F. MÜHiiMANN in Berlin, zum Regierungs- und Schulrat in Merse-
burg; der Gymnasiallehrer Dr. Geobo Kebsohensteineb in München
zum städtischen Schulrat daselbst; der aufserordentliche Professor der
Hygiene Dr. Ditmab Finkleb in Bonn zum ordentlichen Professor;
der Professor am Karlgymnasium Dr. Egelhaaf in Stuttgart zum
Rektor dieser Anstalt; der Gynmasialprofessor Dr. Lbüpfeb in
Kreuznach zum Realgymnasialdirektor in Hagen i. W.; der Subrektor
Schmidt an der Lateinschule in Amorbach zum Rektor des Pro-
565
gymnasiums in Schwabach; die Subrektoren Hellfbitzsgh an der
Lateinschnle in Germersheim, Spies an der Lateinschale in Grün-
stadt and MONNINGEB an der Lateinschale in Dinkelsbühl bei
Umwandlang dieser Anstalten in Progynmasien zu Rektoren derselben;
der ordentliche Lehrer Dr. Wilhelm Lahm am Gjrmnasinm in
Lanbach zam Direktor der Kealschale in Gemsheim; der Oberlehrer
an der Lndwigsschale Gbeisl in München zum Kreisschalinspektor;
der Seminarlehrer WEDia in Heiligenstadt zum kommissarischen
Kreisschalinspektor in Rybnik; Dr. Huöuenin zam ärztlichen Schul-
inspektor des 19. Arrondissements von Paris an Stelle des Herrn
IjEjaüne; Dr. Alphonse Delage zum Arzt des Lyceams Carnot
in Paris.
Der Kreisphysikus Dr. Schlegtendal in Lennep ist mit der
Wahrnehmung der Geschäfte des Medizinalrates bei der Regierung
in Aachen betraut worden.
Als Privatdocenten für Hygiene habilitierten sich Dr. Mabtin
Hahn, Assistent des hygienischen Institutes in München, an der
dortigen Universität und Dr. G. Tbbni an der Universität Pisa.
Der Geheime Regierungs- und Provinzialschulrat, Professor
TsCHAKBBT in Breslau, Direktor des dortigen Seminars für höhere
Schulen, tritt in den Ruhestand.
Der Direktor der grofsen Stadtschule (Gymnasium und Real-
gymnasium) Dr. J. KiPPEB in Rostock ist gestorben.
£Hitxainx.
Besprechungen.
I>r. WOLDEMAB GOETZE, Direktor der Lehrerbildungsanstalt des
deutschen Vereins für Knabenhandarbeit zu Leipzig. Der Hand-
fertigkeitsiuiterricht an den Lehrerseminaren. Vortrag,
gehalten auf dem XII. deutschen Kongrefs für erziehliche Knaben-
bandarbeit zn Danzig am 16. Juni 1894. Leipzig, 1894.
J. C. Hinrichs. (32 S. Gr. 8^. JH. 0,60.)
Die vorliegende Schrift soll der Propaganda für die Einführung
des Handfertigkeitsunterrichtes in den deutschen Lehrerseminaren
dienen und ist für diesen Zweck sehr geschickt abgefafst. Der
um den in Rede stehenden Unterrichtszweig aufserordentlich verdiente
Verfasser sucht die Notwendigkeit der gedachten Einführung durch
566
den Nachweis zu begründen, dafs dieselbe das beste Mittel für die
allgemeine Durchführung des Handfertigkeitsunterrichtes an der
Volksschule sei und dafs sie in den Seminaren sowohl zum
Zwecke der Erholung, als auch wegen ihres Nutzens fOr die
harmonische Ausbildung der körperlichen und geistigen Kräfte,
sowie als wichtiges, besonders für die Zöglinge eines Internates ge-
eignetes Erziehungsmittel nicht entbehrt werden könne. Er empfiehlt
ferner die praktische Bethfttigung der Zöglinge von Lehrerseminaren in
Handarbeit, damit dieselben in den Stand gesetzt werden, sich zweck-
mäfsige Lehrmittel für den Healienunterricht selbst anzufertigen, mit
denen sie diesen Unterricht anschaulicher und lebensvoller gestalten
können, und damit sie die sonst nicht selten vorkommende Scheu
vor dem Experimentieren verlieren.
Der Verfasser meint auch, durch die Vermittelung einer
gewissen Handfertigkeit dem künftigen Lehrer Interesse und Ver-
ständnis für das Leben und dessen praktische Aufgaben mitzugeben,
und glaubt, dafs derselbe mit vermehrtem Können in dieser Richtung
in der Achtung des Publikums steigen werde. Aufserdem wird die
Notwendigkeit, dafs der Lehrer an Fortbildungsschulen seinen Unter-
richt dem praktischen Bedürfnisse, der Aufgabe und den Interessen
der in denselben unterrichteten Lehrlinge anpasse, vom Autor fOr
seine Anschauung ins Feld geführt.
Hierauf sucht er zu erweisen, dafs es möglich sei, den Arbeits-
unterricht als neues Fach in den Lehrplan der Seminare einzufügen,
und benutzt dafür zuvörderst die Aufzählung aller jener Länder,
in denen diese Aufnahme bereits geschehen ist, sowie die Angaben,
in welcher Weise der genannte Unterricht überhaupt betrieben wird.
Es wird da angeführt Frankreich, in dessen 91 Lehrerseminaren
der Handfertigkeitsunterricht obligatorisch sein soll.^ Auch über den
^ Diese Angabe bedarf wohl in einer Beziehung einer Richtig-
stellung. Der Verfasser sagt am Schiasse von Seite 9, dafs man zwar von
diesem Lande wenig direkte Nachrichten habe, aber über die Schweiz
her, sowie durch Eowalewski und Stadtrat Wbiobrt aus Berlin orien-
tiert sei, und meint, dafs, da durch das Gesetz vom 28. März 1882 der
Handfertigkeitsunterricht far alle Arten von Volks- und Bürgerschulen
in Frankreich obligatorisch geworden sei, er folgerichtig auch auf den
Lehrerseminaren pflichtmäfsig getrieben werden müsse. In den Knaben-
volksschulen sind auch thatsäcfalich durch die Verordnung vom 18. Ja-
nuar 1887 wöchentlich zwei oder drei Stunden und in den E^naben-
bürgerschalen wöchentlich vier Stunden dem Handarbeitsunterrichie
(Holz- und Eisenarbeit) gewidmet. Neben diesem Unterrichte existieren
noch eigene Handarbeitsschulen für Lehrlinge (Cooles manuelles
567
Handarbeitsunterricht für Lehrer oder Lehramtszöglinge in Belgien,
Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Rnfsland,
Österreich^-Ungam, Bnmänien, Bulgarien, der Schweiz, England, den
Vereinigten Staaten von Nordamerika, sowie an einigen Seminaren
Deutschlands werden eingehende Nachrichten gegeben.
Sodann befafst sich der Verfasser mit der Widerlegung der
Gründe gegen die Einführung dieses Unterrichtsfaches an den Lehrer-
seminaren. Er ist der Ansicht, dafs den letzteren Zeit genug zum
Betriebe des Handarbeitsunterrichtes bleibe, wenn man nur den
Gedächtniskram aufs äuCserste einschränke und alles Wissenswerte
in der Unterrichtszeit selbst vermittle, so dafs der häusliche Fleifs
för die selbständige Aneignung neuen Stoffes niemals in Anspruch
genommen werde, wenn man den Handarbeitsunterricht in das
Winterhalbjahr, wo der Gartenbau, das Botanisierengehen und das
Schwimmen ausfällt, verlege, und wenn man alternativ für diejenigen
Lehramtszöglinge, welche musikalisch schwach oder gar nicht bean-
lagt und daher vom Musikunterrichte zu dispensieren sind, den
Betrieb des Handfertigkeitsunterrichtes eintreten lasse. Die Sache
d'apprentiasage), för Knaben von mindesteoB 13 Jahren, oder für solche,
welche mit dem certificat d^^tndes primaires, das die Kinder vom weiteren
Besuche der Volksschule befreit und schon nach dem 11. Jahre erworben
werden kann, ausgerüstet sind. An den öcoles normales primaires,
d. h. den Seminaron für Volksschullehrer, können nach dem Dekret vom
Id. Jinner 1878, Art. 67, auf Vorschlag des Bektors der Akademie, die
dem preolsischen ProvinzialschulkoUegium entspricht, Handwerksmeister
mit Zustimmung des Ministers unter dem Tite) „Hilfslehrer für Handarbeit^
gegen ein von demselben festzustellendes Honorar angestellt werden.
Der Unterricht ist also nur fakultativ für die betreffenden Anstalten.
Dagegen ist er thatsächlich obligatorisch an den zwei Lehrerbildungs-
anstalten für BürgersohuUehrer und Professoren an Lehrerbildungs-
anstalten zu Saint -Cloud und Fontenay-aux- Böses, welche aber keine
strengen Internate sind, da sie auch externe Zöglinge aufnehmen.
* Bezüglich der Lehrerbildungsanstalten Österreichs scheint der
Verfiuser der Meinung zu sein, dafs dieselben eine gleiche Ginrichtung,
wie die deutschen Lehrerseminare, besälsen. Sie sind jedoch ans-
Bchliefslioh Externate (mit Ausnahme des einen der beiden vom Lande
Niederösterreich erhaltenen und als Privatanstalten mit Offentlichkeits-
recht angesehenen Lehrerseminare, nämlich de^enigen zu St Polten ; das
in Wiener Neustadt ist gleichfalls Extemat), und es trifft daher rück-
aiobtlich derselben nicht alles zu, was Dr. Gobtze über den erziehlichen
und Besohaftigungswert des Handarbeitsunterrichtes bemerkt.
568
dieses Unterrichtes erscheine, was auch die Gegner einwenden mögen,
schon spruchreif, und der deutsche Verein fdr Enabenhandarbeit sei,
nachdem man auf den yerschiedenen Kongressen nnd dnrch die
Fachzeitschriften hinreichend ins Klare gekommen, nicht im
mindesten in Verlegenheit Aber die Ansknnft, welche er anf jede
allenfalls erfolgende Anfrage zu geben habe. Der Autor fOigt auch
zum Schlüsse einen Plan der allgemeinen Verteilung des Lehrstoffes
fUr die Präparandenschulen und Seminare bei.
Vieles von dem Gesagten ist ganz richtig, wenn auch, wie es
in der Natur einer propagandistischen Schrift liegt, der Stoff nur
einseitig behandelt ist, und alles dafür Sprechende hervorgehoben,
das dagegen Sprechende in den Hintergrund gedrftngt wird.
Ungerecht aber erscheint es mir, dafs in der Anmerkung an!
Seite 29 gewissermaßen ein kleiner Seitenhieb auf die Seminar-
direktoren abMt, indem ihnen nachgesagt wird, dafs sie sich
ziemlich gleichgültig gegen diesen Unterrichtszweig verhalten. Ich
erachte mich für verpflichtet, darauf kurz zu bemerken, dab es
doch nicht angeht, dieselben ganz ungehört zu verurteilen. Sie
haben nicht unrecht, wenn sie sich gegen die überhastete EinfÜhrong
eines neuen Unterrichtsgegenstandes in den Lehrplan ihrer Anstalten
etwas reserviert verhalten. Denn der Unterrichtsbetrieb und die
praktische Ausbildung der ZOglinge an einer Lehrerbildungsanstalt
machen dieselbe zu einem so komplizierten Organismus, dab der
Direktor einer solchen Anstalt, der überall ein wachsames Auge
haben soll, mit Angst der Inanspruchnahme seiner Aufmerksamkeit
für ein neues Fach entgegensehen. muiOs, weil er weils, daCs er die
Zeit dafür nicht etwa seiner Erholung — denn diese gibt es für
ihn nur während der Ferien — , sondern anderen Dingen, die sie
dringendst erfordern, entziehen müfste. Die Seminardirektoren müssen
sich auch sagen, dafs die Extensität der Ausbildung unter allen
Umständen eine Verminderung der Intensität, eine Verflachung bei
den Zöglingen mit sich bringen würde. Von den LehramtszögUngeh
wird ja ohnedies schon jetzt nahezu Unmögliches verlangt. Wo gibt
es eine Anstalt, in der 17 — 18 Unterrichtsgegenstände zu bewältigen
sind? Jedes dazukommende Fach vermehrt die Schwierigkeit ftlr
Lehrer und Schüler. Es ist leicht verlangt, dais aller Wissensstoff
im Unterrichte selbst vollkommen angeeignet werden soll, aber man
mufs dann auch die Zeit dazu geben und nicht glauben, da(s in den
wenigen Unterrichtsstunden, die jetzt zur Verfttgung stehen, alles
das, was gedächtnismäüsig eingeprägt werden mufs, auch wirklich
eingeprägt werden kann. Man vermag wohl durch den blofsen Unter-
richt das richtige Verständnis zu erzielen, aber die Einübung und
Anwendung des Gelernten kann nicht immer in den Lehrstundea
569
selbst geschehen, weil dann auch die Selbstthätigkeit des Zöglings
nicht YoUkommen in ihre Rechte treten würde.
Das, was der Verfasser über eine bedingte Wahlfreiheit zwischen
der Beschäftignng mit Musik oder mit Handarbeitsnnterricht sagt,
kann vollkommen gebilligt werden, ebenso die Meinung, dais eine
Entlastung der Lelmuntszöglinge in einem oder dem anderen Gegen-
stande möglich wäre. Aber da müssen die Regierungen die Sache
in die Hand nehmen, eine Revision der Lehrpl&ne einleiten und bei
dieser genau erwägen, welchen von den vielen Forderungen, denen
ein Lehrerseminar bei der Ausbildung seiner Zöglinge nachkommen
soll, mit einiger Aussicht auf Erfolg auch Rechnung getragen werden
darf. Sie müssen entscheiden, welchen Lehrgegenständen das
Hauptgewicht beizulegen ist, und ob namentlich der Handarbeits-
unterricht wichtiger und wesentlicher erscheint, als eines oder das
andere der jetzt betriebenen Unterrichtsfächer. Aber einen neuen
Gegenstand so ohne weiteres in einen fertigen Lehrplan hinein-
zudrängen, das schadet der Anstalt und auch dem neuen Gegen-
stande selbst. Sehen wir doch aus den Auseinandersetzungen des
Verfassers über den Betrieb des Handarbeitsunterrichtes in den ver-
schiedenen Ländern, dafs dieser Unterricht eigentlich nicht viel
anderes leistet, als die Pflege eines ziemlich oberflächlichen
Dilettantismus. Sollen die Lehrer in allen Fächern auf eine ähn-
liehe Stufe gestellt werden? Aber selbst zugegeben, es sei mit
Sicherheit zu erwarten, dafs weit mehr geleistet werde, so mufs man
immerhin bedenken, dafs eine ausgezeichnet zubereitete, vortreffliche
Speise von höchstem Nahrungsgehalte für jemanden, der bereits voll-
kommen gesättigt ist, nur dazu dienen kann, ihm den Magen zu
verderben. Man soll also mit der Verabreichung dieser Speise
warten, bis der Magen au&ahmsfähig geworden ist, in unserem Falle
bis zu einer Revision der Lehrpläne.
Hierbei spricht auch noch ein anderer Umstand mit, der bisher
keine Erwähnung gefunden hat, der aber für diese Zeitschrift als
der wichtigste zu erachten ist. Es muis vom Standpunkte der
Scfaulgesundheitspflege erörtert werden, ob angesichts der 28 bis
80 obligaten Lehrstunden (an österreichischen Lehrerbildungs-
anstalten — an deutschen Lehrerseminaren werden es gewils nicht
weniger sein), denen sich doch mindestens täglich eine oder zwei
Übungsstunden für die gepflegten Fertigkeiten, sowie eine oder die
andere Lemstunde zu Hause, bezw. im Internate anschliefsen, die
Zöglinge genötigt werden dürfen, noch etwa drei Stunden wöchent-
lich in einem geschlossenen Räume zuzubringen, der naturgemäß
wegen der daselbst vorgenommenen Hantierungen — trotz sorg-
fältiger Reinhaltung — stauberfüllte Luft enthalten wird. Dort
570
müssen die Zöglinge überdies in sitzender, vorgebeugter Stellang,
wie sie die vielgerühmten Papparbeiten, das Modellieren, Holz-
schnitzen n. dergl. verlangen, längere Zeit verharren. Soll darin
vielleicht eine Erholung durch Abwechselung in der Art der Arbeit
gelegen sein? Im Sommer und bei guter Witterung wül man den
Seminaristen wohl die Möglichkeit, ins Freie zu kommen, wahren,
aber dafür sollen sie bei schlechtem Wetter und zur Winterzeit
Handarbeiten treiben. Sie werden dann im Winter, wo sie kaum
Zeit genug auftreiben können, ihre notwendigsten Arbeiten bei
Tageslicht fertig zu bringen, und wo schon während der Schulzeit
künstliche Beleuchtung in Anwendung gebracht werden mufs, offenbar
auch bei künstlicher Beleuchtung in der durch dieselbe hervor-
gebrachten Hitze und der durch sie verdorbenen Luft ihre Papp-
arbeiten, Kerbschnitzereien u. s. w. ausführen, vielleicht auch noch
zeichnen, modellieren oder feine geographische Reliefs ausarbeiten.
Mufs sich nicht die Schulgesundheitspflege dagegen aussprechen?
Obige Bemerkungen sollen nicht etwa zum Behufe des Kampfes
gegen die Einführung des Handarbeitsunterrichtes an Lehrerseminaren
geschrieben sein, denn der Idee wohnt ein entschieden guter und
tüchtiger Kern inne. Dieselben können auch angesichts des gering
bemessenen Raumes für diese Besprechung nicht darauf Ansprach
machen, die Frage zu erschöpfen oder eine Polemik gegen die wert-
volle Schrift Dr. Goetzbs zu führen. Sie wollen nur auch auf die
Kehrseite der Medaille aufmerksam machen und zeigen, dafs die
Direktoren der Lehrerseminare wohl Grund haben, nicht unbedacht
in die Angelegenheit hineinzuspringen, sondern dieselbe sorgftltig and
allseitig zu erwägen, damit eine solche Einführung, wenn sie vor-
genommen wird, auch wirklich zum Vorteile der Seminare, der durch
sie herangebildeten Lehrer und der Volksbildung gereiche.
Direktor der k. k. Lehrerbildungsanstalt
Joseph Gügler in Wien.
Professor Dr. Viktor von Keaüs, Reichsratsabgeordneter in Wien,
Wie kann durch die Schnle dem znr Unsitte gewordenen
Hifgbranche geistiger Getränke entgegengewirkt werden?
Preisgekrönte Studie, herausgegeben vom österreichischen Vereine
gegen Trunksucht. Wien, 1895. Karl Graeser. (42 S. 8®.
60 kr.)
In erfreulicher Weise ist man in letzter Zeit daran gegangen,
wohl besonders aui die Anregung hin, welche der Berner Kinder-
arzt, Professor Demme, gegeben hatte, dem Alkoholismus in seinem
Beginne entgegenzutreten imd demgemäfs ein Verständnis für seine
unheilvollen Konsequenzen schon den Kindern zu erwecken. Ist bei
571
yerschiedenen f^ diesen Zweck bestimmten Publikationen auch nichts,
als der gute Wille des Verfassers zu loben, so verhält sich das in
erfreulicher Weise anders bei der uns vorliegenden Veröffentlichung.
Nachdem der Verfasser im allgemeinen zutreffend über die Gemein-
schädlichkeit der „durch den Alkohol in allen seinen Formen'^ ge-
zeitigten Trunksucht gesprochen hat, geht er zu den Mitteln
ihrer Abwehr über. Hier räumt er mit Recht der Schule einen
Hauptplatz ein und will zunächst den Einfiufs des Lehrers nach
vier Kichtungen hin sich entfalten sehen: 1. durch das lebendige
Beispiel der eigenen Person und seines Familienlebens; 2. durch
die bildende und aufklärende Einwirkung auf die Schulgemeinde,
insbesondere auf die Eltern der ihm nahestehenden Kinder; 3. durch
positiTc Bethätigung an den Mäfsigkeitsbestrebungen und 4. durch
das lebendige und aneifemde Wort in der Schule. Hierzu gehört,
dais der Lehrer bei seiner Ausbildung über die wissenschaftliche
Bedeutung des Alkoholkonsums aufgeklärt werde, und gibt Dr.
VON Kbaus Material hierfür an die Hand mit dem Hinweis auf die
(Quellen. In eminent praktischer Weise zeigt er femer, bei welchen
Gelegenheiten der Lehi'er während des Unterrichtes auf die Mäfsig-
keitsbestrebungen Bezug nehmen kann.
Sehen wir von einigen kleineren Irrtümern, die hauptsächlich
das medizinische Gebiet betreffen, ab (beispielsweise würde der
„erfahrene Arzt**, den Verfasser auf Seite 15 citiert, wenn er in
der angeführten Weise vorginge, als ganz gefährlicher Charlatan zu
bezeichnen sein), so stehen wir nicht an, zu behaupten, dafs die
Arbeit zu den besten gehört, welche aus Laienkreisen und — gestehen
wir es offen — vielfach auch aus Ärztekreisen über diesen Gegen-
stand geschrieben sind. Ja, es erfüllt uns mit einem gewissen Neide»
dafs man in Österreich schon so weit voranist, während bei uns noch
Schriften preisgekrönt werden, denen jedes Verständnis der vor-
liegenden Dinge mangelt, und deren Verbreitung in Jugendkreisen
geradezu die Freude am Alkohohl grois ziehen mufs.
Wir wünschen der Schrift die gröistmöglichste Verbreitung und
dem Verfasser, der — auch ein schätzbarer Vorzug seiner Arbeit —
ohne jeden Fanatismus und ohne jedes pastorale Pathos vorgeht,
indem er dasselbe m viel überzeugenderer Weise durch Sachkenntnis
ersetzt, weiteren Erfolg auf dem eingeschlagenen Wege.
Dirigierender Arzt Dr. med. A. Smtth
in Schlofe Marbach am Bodensee.
672
A. Hermann, Tarninspektor in Braanschweig. Reigen fBr das
Schulturnen. 2. yermehrte Auflage. Mit 144 Fignren. Berlin,
1894. R. Gaertner. (140 S. Kl. 8^ Ä 2,50.)
Im Jahre 1887 veröffentlichte Tuminspektor Aügüst Hermann
in Brannschweig eine kleine Sammlung selbstgeschaffener Reigen, and
schon jetzt folgt eine zweite Anflage dieses Reigenbachleins, die um
acht weitere, ebenfalls selbst zusammengestellte Reigen vermehrt ist.
Es bildet dies den besten Beweis fdr die Brauchbarkeit des
Werkchens, das einer langjährigen Praxis seine Entstehung verdankt
und bald auch diejenigen als Freunde gewinnen wird, die nicht von
der seit Jahren schon herrschenden Reigenwut angesteckt sind. Ich
bekenne gern, dafs ich mich zu den letzteren zähle, obgleich ich
unter Spiessens Leitung meine turnerische Ausbildung erworben
habe, der aber selbst als eigentlicher Schöpfer der Tanz- und Lieder-
reigen niemals übertriebenen Gebrauch davon in seinem Unterricht
machte. Einfache und gut ersonnene Reigen jedoch, wie man die
HEBMANNschen beinahe durchweg nennen kann, sind stets willkommen
und werden gerne von selten der Turnlehrer, namentlich der Mädchen-
tumlehrer, Verwendung finden.
Es ist recht schwer, sich durch blofses Lesen und nur von der
Einbildungskraft unterstützt ein zutreffendes Bild eines Reigens zu
verschaffen. Man mufs eben probieren, vielleicht hier und da etwas
abändern, wogegen der Verfasser vermntlich nichts einzuwenden hat,
und auf diese Weise das Geeignetste herausfinden. Im ganzen
wiederholen sich ja auch in den verschiedenen Reigenbüchem die zn
den Reigen verwendeten Ordnungsfiguren und Schrittweisen, und man
kann schon befriedigt sein, wenn ein stufenmäfsiger Aufbau vom
Leichteren zum Schwereren sich findet. Und das ist bei den HSR-
MANNschen Reigen der Fall. Fflr den ersten Reigen, den ich zu
den Treffern zähle, ist der einfachen und leicht fafslichen Sanges-
weise ein munterer Text beigegeben, und die Aufstellung im Kreise
erscheint für kleine Mädchen als die geeignetste, da das jüngere
Kind sich im Kreise am wohlsten fühlt. Die nächstfolgenden Reigen
erfordern bereits mehr Ordnungsfertigkeit, so z. B. der zweite Reigen
das Schwenken von Zweier- und Viererreihen, der dritte das
Gehen im Kreuz, der vierte Einviertelwindungen von Viererflanken-
reihen u. s. f.
Bei dem sechsten und siebenten Liederreigen, in welchem das
Schottischhüpfen Verwendung findet, steht Seite 19 eine Fufsnote,
die ich nicht unterschreiben möchte. Der Verfasser spricht dort
von einer ^einfachsten Form des Schottischhüpfens^, wobei nach
dem dritten Tritte eines Schrittwechselschrittes ein leichtes Hopsen
ausgeführt werden soll. Hiemach ist aber die erste Bewegung
573
— in Torliegendem Falle seitw&rts links — gar kein Schottischhapf ,
sondern nur ein Schrittwechselschritt, nnd ein Schottischhnpf wird
erst seitwärts rechts ansgefohrt, nachdem vor dem ersten Tritt
rechtshin ein Hopsen links erfolgt ist. Ich weüs, da(s ich mich hier
«ach mit der Ansicht meines Freundes Wassmannsdosfe in Wider-
spruch befinde; aber eine einfachere und schwerere Form des
Schottischhttpfens gibt es nicht, man mü&te denn gerade das be-
kannte „Doppelschottisch ^ als solche annehmen. Wer Schottisch
tanzt und links beginnt, wird vorher auf dem rechten Bein hopsen;
umgekehrt entsprechend. Doch schadet das der Brauchbarkeit des
Beigens nicht.
Den Reigen No. 11 hätte ich als Liederreigen für Mädchen
wohl kaum zur Bearbeitung gewählt, und zwar des Textes halber.
]klir behagt das Trinken des „funkelnden Weines'' und das „Juvi-
YaUera'' aus Kinder- und Mädchenmund nicht. Dagegen ist der
Liiederreigen No. 12, vom Verfasser selbst komponiert, in jeder Be-
ziehung zu empfehlen. £benso wird für den leichten, duftigen Beigen
No. 14 und den Eanonbalbreigen No. 25, beide komponiert von
Lehrer G. Kbone in Braunschweig, jeder Turnlehrer dankbar sein.
Von dem Wert und der Brauchbarkeit der HEBMANKschen
Xteigensammlung überzeugt, wünsche ich derselben die weiteste Ver-
breitung. GroDsherzoglicher Turninspektor Fekdinand Mabx
in Darmstadt.
Fletcher Beach, M. B. Lond. The treatment and education
of mentally feeble children. London, 1895. Pitman and
Sons. (32 S. 8^)
In dem kleinen Buche fafst Dr. Fletcher Beach die Resultate
seiner zwanzi^ährigen Erfahrung in der Behandlung schwachsinniger
Kinder zusammen. £r betont namentlich, wie wichtig es ist, zuerst
die körperlichen Fehler solcher Kinder zu beseitigen, bevor man an
ihre intellektuelle nnd sittliche Ausbildung geht. Unter diesen
Körperfehlem spielen die adenoiden Wucherungen im Nasenrachen-
räume eine wichtige Bolle. Auch die übrigen körperlichen und
geistigen Mängel, die man in derartigen Fällen antrifft, werden von
dem Verfasser kurz aufgezählt und sodann die verschiedenen
Behandlungsarten unter folgenden Gesichtspunkten betrachtet: 1. Beob-
achtung der allgemeinen hygienischen Forderungen; 2. Anwendung
der Grundsätze der Medizin bei der Behandlung der Anomalien
dieser Patienten; 3. Besserung der körperlichen Mängel und Un-
vollkommenheiten ; 4. Erziehung und Ausbildung der sittlichen und
intellektuellen Anlagen und Fähigkeiten. Was den letzten Punkt
anbetrifft, so bekämpft der Verfasser die von Lannelongüe ein-
674
p^efuhrte chirurgische Behandlung idiotischer und mikrocephalischer
Kinder vermittelst der Kraniektomie.^ Er stellt sich vielmehr
auf die Seite von Boübneyille, welcher an SteUe dieser
Operation die medizinisch-pädagogische Behandlung setzt, wie sie
in der Anstalt Bicetre in Paris geübt wird.^ Auch auf die Er-
folge, die durch Verabreichung von Schilddrttsenextrakt bei Kretins
erreicht worden sind, weist der Autor hin. Zum Schlüsse betont er,
wieviel darauf ankommt, Fälle von Schwachsinn möglichst frOh zu
behandeln, da eine jede Verzögerung den Erfolg der Therapie zweifel-
haft macht.
Professor Dr. med. L. Ingebmann in New York.
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3ritf(linfl fit S(||]il|ef]inb|eit0|i^^^^^
VIII. Jahrgang. lÜÜ No. 10 u. 11.
(DrtjittaUb^anMttttgeii.
Die BehvlgeBOiidheitspflege in Japan.
Offener Brief an den Herausgeber dieser Zeitschrift.
Von
Dr. med. M. Mtahtma,
Professor der Schulhygiene und Mitglied des Kaiserlich japanischen
Unterrichtsministeriums in Tokio.
Herrn Redakteur Dr. med. et phil. L. KoteiiMakn
Hamburg.
Durch Gegenwärtiges möchte ich mir gestatten, Ihnen
einige Mitteilungen tlber die Blinder- und Schulhygiene in
Japan zu machen.
Wahrend meiner Studienzeit an der Kaiserlich japanischen
Universität in Tokio beschäftigte ich mich eingehend mit
diesem Zweige der Wissenschafl; und wurde im Jahre 1889
von der dortigen medizinischen Fakultät graduiert. Nach Ab-
solTiemng der Universität trat ich sofort als Kandidat der
Profeesorwürde dem höheren Kursus (DaigakuXn) zur Erforschung
der Kinderhygiene bei. Im Herbste 1891 betraute mich das
E^aiserliohe Unterrichtsministerium mit der Angabe, eine
Grundlage für die Schulhygiene in Japan zu schaffen. Zu
diesem Zwecke reise ich jetzt jährlich ungefUir zwei Monate
im Lande herum, um mich über die Schulzustände vom medi-
zinischen Standpunkte aus zu orientieren. Das Unterrichts-
ministerium stand meinen Arbeiten und Vorschlägen stets sehr
wohlwollend gegenüber, obwohl die Inhaber dieses Ministeriums
mehrmals wechselten, und veröffentlichte 1894 die erste »Ver-
SehBiiiiuwiiitttfpflf vm. 37
678
fägnng No. 6 über Sohnlhygiene, bezw. Körperpflege der Sohnl-
kinder^. Seit März dieses Jahres unterriobte ich als Professor
der Sohulbygiene in der obersten Klasse der höheren Lehrer-
scbnle (Kötö-Shiban-gakkö) zu Tokio.
Bisher bin ioh der erste nnd einzige Arzt in Japan, der
sich speciell mit der Erforschung der Schnlgesnndheitspflege
befafst hat. Es ist mir jedoch eine Genugthnnng, sagen za
können, dais fast alle meine Satschläge fdr das körperliche
Wohl der Kinder Einverständnis nnd Billigung seitens unserer
Pädagogen gefanden haben nnd so Aussicht fQr eine schnelle
Weiterentwickelung der Schulhygiene in Japan vorhanden ist.
Schon jetzt existieren in Tokio (seit 1893), Kobe (seit 1894)
und in einigen Provinzen besondere Schulärzte, wenngleich
dieselben noch nicht allen Ansprüchen genügen dürften. Be-
sonders der kürzlich beendete Krieg gegen China hat die
allgemeine Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit der Schulhygiene
und deren heilsame Bedeutung für die Gresundheit und Körper-
entwickelung der Jugend gelenkt.
Zum Schlüsse gestatte ich mir, Ihnen nachstehend einige
von mir verfaiste Arbeiten zu nennen, damit Sie einen Einblick
in die kinder- und schulhygienische Litteratur Japans ge-
winnen :
1. Mutterpflichten (Haha-no-tsutome). 2 Bände. T.Auf-
lage. Das Buch ist der Mutter S. M. des Kaisers
gewidmet und sowohl von diesem, als von I. M. der
Kaiserin zweimal durchgelesen worden.
2. Yaccinationslehre. Mit Abbildungen. 1 Band.
3. Schulhygiene. 1 Band.
4. Bericht über die Untersuchung der schul-
hygienischen Zustände in Japan. I. Provinz
K y ü s h ü : Regierungsbezirke Nagasaki, Fukuoka, Kuma-
moto, Olta und Kagoshima; U. Provinz Ou: Re-
gierungsbezirke Fukushima, Miyagi, Iwate, Aomori und
Akita; III. Provinzen Shikoku und Sanyo:
Regierungsbezirke Tokushima, Kagawa, Ehime, Köchi,
Hiroshima und Yamaguchi. 1 Band.
Die letzte Arbeit habe ich mir erlaubt, Ihnen zuzusenden.
579
Dieselbe ist sswar japanisch gesohrieben, ich hoffe jedoch, dafs
Sie GFelegenheit finden werden, sich über den Inhalt derselben
zu unterrichten.^
Hochachtungsvoll
Dr. M. MiSHiMA,
ein treuer Leser Ihrer Zeitschrift.
Abbildungen ftr den hygienischen Unterricht in Schulen.
Von
Otto Jankb,
BtädtiBchem Lehrer in Berlin.
Die von einzelnen Seiten ausgehenden Bemühungen, der
hygienischen Unterweisung eine grOlsere Berücksichtigung im
Rahmen des Schulunterrichts zn verschaffen, finden Zustimmung
in immer weiteren Kreisen, so dals die Hoffnung berechtigt
ist, das neue Lehrfach werde sich innerhalb einer nicht zu
langen Frist die Stellung eines selbständigen Lehrgegenstandes
in nnseren Schulen erwerben. Die hygienischen Belehrungen
schweben aber in der Lnft, wenn sie nicht in einer dem kind-
lichen Verständnisse angemessenen Weise begründet werden.
Hierzu ist unter anderem ein entsprechendes Wissen von dem
Bau und dem Leben des menschlichen Körpers erforderlich,
um dieses Wissen auf möglichst vollkommenem Wege dem
Schüler zu übermitteln, läfst sich Anschauungsmaterial nicht
entbehren. Zu demselben gehören: 1. Abbildungen, 2. Nach-
bildungen in Gips, Papiermache u. s. w., 3. Präparate von
Teilen des menschlichen Körpers.
Bei dem Unterrichte über den menschlichen Körper bilden
f&r Schulen die Abbildungen die wichtigsten Voran-
schaulichungsmittel.
Präparate von Teilen des menschlichen Körpers sind
^ Wir haben xme bemüht, ein Beferat darüber zu bringen. D. Bed.
87*
580
zu teuer, als dafs ihre Anschaffung für die Lehranstalten all-
gemein möglioh sei. Oft genug sind auch die Details der
Objekte, z. B. des Auges und Ohres, so klein, dafs sie nicht von
allen Schülern gleichzeitig gesehen werden können; die Be-
nutzung derartiger Präparate beim Klassenuntenicht erfüllt daher
nicht immer den beabsichtigten Zweck. Da es zum genauen
Betrachten der feineren Einzelheiten notwendig ist, die Präparate
den Kindern in die Hand zu geben, so werden femer die-
jenigen Objekte, die nicht unter Glas aufbewahrt sind, nur
zu bald beschädigt sein.
Nachbildungen aus Gips, Papiermacbö u. s. w. kosten
gleichfalls ziemlich viel. Zwar wird es sich ermöglichen lassen,
einzelne dieser Veranschaulichungsmittel, welche wichtige Or-
gane des menschlichen Körpers darstellen, zu beschaffen; aber
eine yoUständige Kollektion derselben zu erwerben, ist far
Schulen ausgeschlossen. Bei diesen Präparaten geht es auch
an, die kleineren Teile der Organe in vergrölsertem Hab-
stabe iLachzubilden ; aber so grois wird derselbe doch selten
genommen werden können, dals bei einer Klasse von 40 bis 60
Schülern auch von den entferntesten Sitzen aus alles genau
gesehen werden kann. Wegen der Zerbrechlichkeit des zur
Anfertigung benutzten Materiales stellt sich zuweilen die Net-
wendigkeit heoraus, innerhalb eines Modells die kleinsten Partieen
in einem gröfseren Mafssiabe auszufiüLhren, als er für das Gkmze
angenommen ist, so dafs dadurch ein falsches Bild von den
Qröisenverhältniasen entsteht. Soll dieser Fehler nicht ein-
treten, so muls eine zweite Nachbildung der betreffenden
kleinen Teile angefertigt werden, was wiederum Kosten ven
ursacht.
So bleibt als wesentlichstes Anschauungsmittel für den
Unterricht der Schüler in der Anatomie des menschlichen
Körpers nur die Abbildung übrig. Sollen die Abbildungen
ihrer Aufgabe völlig entsprechen, so müssen dieselben so grols
sein, dais auch die Details von allen Schülern einer Klasse
erkannt werden können. Ist dies für die Hauptabbildung nicht
möglich, so kann der betreffende kleinere Teil als Neben-
abbildung gegeben werden; sonst aber mufs die Kreidezeichnung
581
an der Wandtafel aushelfen. Damit die Kinder jedoch in den-
jenigen Fftllen, wo ein yergröliserter Mafsstab angewendet ist,
einen Anhalt für das Mals der vorgenonunenen Vergrölsemng
erhalten, empfiehlt es sich, das Bild des Gegenstandes in natür-
licher Grölse daneben zn stellen.
Wenig Torteilhaft ist es, wenn, wie es ans Ersparnis*
rücksichten geschieht, mehrere Objekte anf einer Tafel dar-
gestellt sind, weil dnrch eine derartige Vereinigung nur zu
leicht die Aufmerksamkeit des Kindes von dem zur Betrachtung
stehenden Gegenstande abgelenkt und den übrigen Abbildungen
zugewendet wird. Selbst wenn man letztere yerdeckt, so wird
die Neugierde der Schüler sich doch oft darauf richten und
zu erfahren suchen, was das verschleierte Bild wohl sein mag.
Das Ideal ist also: Auf jeder Tafel ein Objekt. Allen-
falls könnte man noch die Abbildung eines Organs und Sonder-
abbildungen seiner einzelnen Teile auf derselben Tafel für zu-
lässig erklären.
Der Streit, ob die Abbildungen für den Elassenunterricht
schwarz oder farbig gehalten werden sollen, ist zu Gunsten
der letzteren Meinung entschieden. Das Objekt soll in der
Farbe, die es in der Natur hat, dargestellt sein.
Ein farbiges Bild wird die Augen der Schüler, die am liebsten
noch an dem Auf&lligen haften, auch eher anziehen, als ein
schwarzes. Elndlich gibt jenes dem Kinde, das die dargestellten
Gegenstände meistens noch nicht in natura gesehen hat, eine
richtigere Anschauung von dem wirklichen Aussehen des be-
treffenden Objektes.
Die Abbildungen müssen nach Möglichkeit auch den
Forderungen der Schönheit entsprechen. Zu grelle
Farben sind nicht zu gebrauchen; namentlich ist darauf zu
achten, dals die Darstellungen nicht durch zu reiche Ver-
wendung der Farbe des Blutigroten absto&end wirken. Jeden-
falls ist es besser, im Notfalle ein wenig von dem Richtigen
abzuweichen, zu idealisieren, als einen verletzenden Eindruck
hervorzurufen. In gleicher Weise wird man auch bei der
Darstellung der geö&eten Brust- und Bauchhöhle alles zu
vermeiden suchen, was die Wirkung des Grausigen hervorrufen
könnte; Kinder sind in dieser Beziehung sehr empfindlich.
582
Die Abbildungen dürfen ferner nichts enthalten, was das
Schamgefühl zu yerletzen im stände ist. Der ganz nackte
Körper, selbst das Feigenblatt kann schädlich wirken, indem
dadurch bei gröfseren Schülern die Sinnlichkeit angeregt wird.
Eine weitere wichtige Frage bei den anatomischen Ab-
bildungen ist die nach der absoluten Richtigkeit der-
selben. Der Forderung, alles genau so darzustellen, wie es die
Natur bietet, treten nämlich bei den Anschauungsmitteln f&r
den Sohulgebrauch zwei gewichtige Q^ründe entgegen. Erstens
muiis in der Schule der Stoff aus der Anatomie auf das
AUernotwendigste beschränkt werden, so dals vieles,
was bei absoluter Richtigkeit der Abbildung zu sehen ist, dodi
nicht zur Erörterung gelangen würde. Zweitens sollen die
Abbildungen zur Klassenanschauung benutzt werden; in-
folgedessen müssen, wie schon öfter erwähnt, manche Körper-
teile stark vergröiBert zur Darstellung kommen. Wird diesen
von pädagogischer Seite vorgebrachten G-ründen Rechnung ge-
tragen, so darf ein für den Elementarunterricht bestimmtes
Bild nicht mehr enthalten, als der Schüler sich zu eigen
machen soll; femer muls es einfach im ümrÜB und klar und
verständlich in der Zeichnung sein. Diese Forderungen sind
aber nur zu erfüllen durch Vereinfachung des anatomischen
Bildes und durch schematische Wiedergabe desselben. Entspricht
die so gewonnene Zeichnung auch nicht völlig der Wirklich-
keit, so wird doch, wie die Freunde dieser Anschauung be-
haupten, der hieraus möglicherweise entspringende Nachteil
reichlich aufgewogen durch die dem kindlichen Fassungs-
vermögen angepafste gröiSsere Verständlichkeit, aus der sieh
eine festere Einprägung des Gehörten und Gesehenen ergibt
Der Schematisierung gegenüber ist aber doch zu bedenken,
dafs wir durch dieselbe dem Kinde ein falsches Bild bieten,
welches es häufig zeitlebens nicht berichtigen wird. Ein leider
allgemein verbreitetes Beispiel solcher Schematisierung ist die
in allen Leitfäden und auch auf manchen anatomischen Ab*
bildungen vorkommende Veranschaulichung des Blutkreislaufes:
in der Mitte das Herz, oben der kleine und unten der grolse
Kreislauf. Welche Vorstellung mufs das Kind durch solche
583
DarBtelluDg von dem BluÜauf erhalten 1 Sieht man. das Schema
als notwendig an, so sollte doch wenigstens das richtige Bild
daneben gestellt werden; aber das geschieht häufig nicht. Auch
gegen die Vereinfachung der Abbildungen durch Weglassang
von Einzelheiten und Hervorhebung des Wesentlichen sind
ähnliche Bedenken zu erheben. Wo soll die Q-renze sein?
Der eine Lehrer hält dies, der andere jenes für wichtig genug,
um seine Erörterungen darauf zu richten. Ein durch solche
Schematisierung und Vereinfachung erzeugtes fedsohes Wissen
muis überdies das hygienische Wollen und Thun benachteiligen.
Sind z. B. bei dem Auge die Häute so stark gezeichnet, dais sie
ein Viertel von dem Durchmesser des Augapfels einnehmen, oder
erscheint das Trommelfell so dick, dals es bei Reduzierung
auf die natürliche Qröise einige Millimeter stark ist, so muis
doch die Behauptung, dafs diese mehr oder minder zarten
Häute leicht verletzt werden können, recht thöricht erscheinen.
Ich meine daher, das richtige Abbild mufs unter allen Um-
ständen dem Kinde vorgeführt werden. Hält man es aber in
Bücksicht auf das kindliche Auffassungsvermögen für notwendig,
schematisch vereinfachte Abbildungen zu bieten, so darf neben
diesen das richtige Bild in gleichem Malsstabe nicht fehlen.
Weitere Forderungen an die Abbildungen beziehen sich
auf die äuüsere Ausstattung. Sie sollen auf Leinwand gezogen,
mit Bandeinfassung versehen sein und Ösen zum Aufhängen
haben. Zweckmäfsig sind auch kleine Bollstäbe am oberen
und unteren Ende. Eine derairtige Ausstattung erleichtert die
Aufbewahrung und erhält die Abbildungen lange Zeit in
gutem Zustande.
Von den Darstellimgen für den hygienischen Unterricht
mögen in diesem Artikel die nachstehenden besprochen werden:
1. Anatomische Abbildungen für den Schulunter-
richt. Auf Veranlassung des Kgl. Sächsischen Mi-
nisteriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts
herausgegeben vom Kgl. Sächsischen Landes-
medizinalkollegium durch Dr. A. Fiedleb, Geheimen
Medizinalrat. Nach der Natur gezeichnet von
M. Kbaktz und F. Foedisch. 6. verbesserte Auf-
584
läge. Verlag von C. C. Meinhold & Söhne in Dresden.
Preis 9 Mark.
Dies sind 4 Doppel tafeln, jedes der 8 Blätter im Format
von 62 : 50 om. Es enthält Tafel 1 : Das menschliche Skelett;
2: Die Muskeln des menschlichen Körpers; 3: Die Eingeweide
der Brost und des Unterleibes ; 4 : Gehirn, Bückenmark, Schftdel-
dnrchschnitt in senkrechter Bichtnng, Ohr nnd Ange. Das
Werk entspricht demnach — mit Ausnahme von Tafel 4 —
der Forderung, auf jeder Vorlage nur einen Gegenstand zur
Anschauung zu bringen. Abgesehen von Auge und Ohr, findet
sich alles in natürlicher Gröise dargestellt. Vereinfachung und
Schematisierung ist thunlichst vermieden; nur bei einzelnen
Partieen ist eine Hervorhebung des Wesentlichen durch An-
wendung eines Mafsstabes erfolgt, der gegenüber dem der ganzen
Zeichnung ein wenig gröfser erscheint. Das Kolorit wirkt
künstlerisch schön, sowohl in Bezug auf die einzelnen Farben-
töne, als auch was die Harmonie der Farben anbelangt. Die
Naturtreue hat zwar hierunter etwas gelitten, jedoch betrifft
die Abweichung nicht die Grundfarbe, sondern allein Nuancen
derselben. Die Auswahl des Stoffes kann im allgemeinen als
richtig gelten ; nur wird die Darstellung wichtiger Partieen des
Blutkreislaufes und des Nervensystemes vermilst. Für den
Bluilauf sehen wir blols Teile der Gefebe bei der Lunge, dem
Herzen, der Leber u. s. w. in der geöffiaeten Brust- und Bauch-
höhle; aber die weitere Verzweigung, namentlich der Verlauf
der G^ftlise am Halse, am Kopfe und in den Gliedmaisen,
fehlt vollständig. Hiervon muCs das Kind aber auch etwas e^
fahren. Insbesondere ist, da gerade an diesen Körperteilen Ver*
letzungen der Blutgef&ise am leichtesten vorkommen, eine
Kenntnis des betreffenden Aderverlaufes zur Ausführung der
ersten Hilfeleistung notwendig. Auch gewisse hygienische Vor-
schriften lassen sich erst verstehen, wenn man diese Zweige
des Gefälssystems kennt, so z. B. Vermeidtmg enger Kragen,
Verbot der Einschnürung der Waden durch Strumpfbänder,
Nachteile engen Schuhwerkes u. s. w. Ziffern innerhalb der
Zeichnungen weisen auf ein kleines Druckheft hin, in welchem
die deutschen und lateinischen Namen der betreffenden Körper-
teile stehen.
585
Dies Vorlagenwerk erfreut sich wegen seiner Vorzüge
allgemeiner Beliebtheit, wofür schon das Erscheinen der
6. Auflage spricht. Die obersten Sohulbehörden haben es
wiederholt fOr Weltausstellungszwecke ausgewählt. Ver-
sehiedentlioh ist es auch durch Medaillen und Diplome aus-
gezeichnet worden. Für England, Belgien, Böhmen, Dänemark,
Rdbland, Schweden, Norwegen sind besondere Ausgaben mit
Text in den betreffenden Sprachen erschienen.
Nach meinem Urteile bilden die FiBDLEBschen Wandtafeln
eines der besten Veranschaulichungsmittel für den Schul-
gebrauch.
2. Anatomischer Atlas üb er den makrosk epischen
und mikroskopischen Bau der Organe des mensch-
liehen Körpers. Zum Unterricht, sowie zum Selbst-
gebrauch. Von Professor Dr. Wbnzbl. Original-
zeiehnung auf Stein yon F. Fobdkoh. Erste Ab-
teilung: Die Sinnesorgane. Verlag von C. 0. Meinhold
ft Söhnein Dresden. Preis 20 Mark. Tafelerklärung
1 Mark.
Zu diesem Vorlagen werke gehören 11 Tafeln oder 13 Blatt
grolis Boyalformat (50 : 65 cm). Es enthält 1. Heft: Sehorgan.
5 Blatt. Tafel 1: Durchschnitt des Augapfels und des in
Thätigkeit« befindlichen Accommodationsapparates; 2a und 2b:
Übersichtstafel des gesamten Sehapparates; 3: Bau des Accom-
modationsapparates; 4: Bau der Netzhaut. 2. Heft: Gehör-
organ. 4. Blatt. Tafel 5 a und 5b: Übersicht des Gehörorgans ;
6: Cortisches Organ im Durchschnitt und in der Flächen-
ansicht; 7: Ampulle, halbzirkelförmige Kanälchen. 3. Heft:
Gefühls-, Greschmacks- und Geruchsorgan. 4 Blatt. Tafel 8:
Durchschnitt der Haut; 9: Haar, Nagel; 10: Durchschnitt der
Zunge, Geschmacksbecher; 11: Nasendurchschnitt, Nasen-
schleimhaut. Bei Bearbeitung dieser Tafeln waltete das
Beetreben ob, die Organe und ihre Bestandteile nicht blols
genau nach der Natur, sondern auch in derjenigen Anordnung
darzustellen, welche als die geeignetste anerkannt wurde, um
ihren Bau und ihre Verrichtungen klar und leicht zum Ver-
ständnis zu bringen. Zur Erhöhung des Wertes der Vorlagen
586
als Lehrmittel ist der Farbendrack derartig angewendet, d&ls
Teile von gleichartigem Bau in derselben Farbe gehalten smd,
wobei jedoch wichtige Verschiedenheiten in der Anordnung
oder der Funktionierung dieser Teile nicht blols durch die
Zeichnung, sondern auch durch die Farbengebung angedeutet
werden. Letztere erscheint künstlerisch schön. Der MaÜBstab iflt
so grofs gewählt, dals die Einzelheiten der Abbildungen auch
in stark besetzten Klassen deutlich erkannt werden können.
Natürlich erweist sich derselbe auf den einzelnen Tafeln ver-
schieden. Dieser umstand hat jedoch bei dem Werke keine
Bedenken, da dasselbe wissenschaftlichen Zwecken dient. Es
ist nicht für den Unterricht in den Elementen der Anatomie,
also für Volksschulen bestimmt, sondern für solche Anstalten,
die eine eingehendere Behandlung der Anatomie und
Hygiene gestatten, wie Gymnasien, Bealgymnasien, Bealschulen,
Präparandenanstalten und Lehrerseminare. Für diese Schulen
bildet es aber ein vorzügliches Anschauungsmittel^ ja das beste
über die Sinnesorgane überhaupt. Ferner darf es als treffliche
Eirgänzung zu allen übrigen Abbildungen empfohlen werden.
Der bekannte Anatom, Professor Hybtl in Wien« urteilt
über diese Vorlagen folgendermaüsen: ^Wenzels Tafeln sind
mit Sachkenntnis und Fleifs entworfen und in lobenswert»
Manier korrekt und formschön behandelt. Sie erfüllen deshalb
die Anforderungen, auf Baalschulen und Gymnasien dem
gesundheitlichen Unterricht als Grundlage zu dienen, besser als
irgend ein anderes mir bekanntes Bilderwerk, und ist ihre
Würdigkeit, in weiteren Kreisen empfohlen zu werden, durch
ihr eigenes Verdienst hinlänglich begründet.''
Diese Tafeln bilden aber auch für das Selbststudium einen
vortrefflichen mikroskopischen Atlas, der besser als viele der
bisherigen mikroskopischen Zeichnungen im stände ist, über
den Bau und die gegenseitige Lage der Teile in den Organen
zu orientieren. Es werden hier nämlich nicht, wie bei den
gebräuchlichen Abbildungen, blofs kleine Teile ohne ihre
Beziehung zur Umgebung in stärkerer Vergröfserung vorgefahrt,
sondern es findet immer ein ganzes Organ mit seinen Bestand-
teilen Darstellung. Wer sich für das Specialstudium diese
587
Abbildungen beschaffen kann, — die Hefte werden anoh
einzeln, aber zu, erhöhten Preisen abgegeben, erstes Heft 10 Mark,
zweites 8 Mark, drittes 8 Mark — der wird yon denselben aufe
höchste befriedigt sein.
Die Tafelerklärong, 62 Seiten gr. 8^ umfassend, enthält
eine knrzgefedste wissenschaftliche Belehrung über den Bau
und die Verrichtung der dargestellten Organe.
Zu bedauern ist nur, dafs yon diesem wertvollen Yorlagen-
werke keine weiteren Abteilungen erschienen sind.
3. Schematiscbe Darstellung des menschlichen
Körpers. Für Bürger-, Volks- und Mädchenschulen
entworfen und gezeichnet von Joseph EIliea. 4 Tafeln
in Farbendruck. Verlag von 0. G. Meinhold & Söhne
in Dresden. Preis 5 Mark.
Die Tafeln haben ein Format von 62 : 88 cm. Es enthält
Tafel 1 : Das Skelett und die wichtigsten Muskeln, welche zur
Erhaltung der aufrechten Stellung mitwirken ; die Eopfinuskeln;
die Knochen, Bänder und Muskeln des Beines; einige Knochen,
Bänder und Muskeln des Armes; Durchschnitte eines Schneide-,
Eck- und Backenzahnes. 2: Einen Längsdurchschnitt durch
die Mitte des menschlichen Körpers; einen Längsdurchschnitt
durch die Mitte des Kopfes; Haupt- und Nebenorgane der
Verdauung. 3: Den Blutkreislauf; die Adern am Kopfe und
am Halse; die Lunge und das Herz; die Bronchialästchen;
ein Lungenbläschen mit seinen Blutgefälsen ; die Haargefäfse;
den Lauf des Blutes in den Adern; die Blutkörperchen. 4: Das
Gehim und das Rückenmark; Auge; Ohr; Nase; Zunge;
Haut. Mit diesen Tafeln sollte ein für den elementaren
Unterricht bestimmtes Lehrmittel geschaffen werden. Es war
darum eine Beschränkung des Stoffes notwendig; auch mufsten
die Bilder einfach im ümriis und leicht verständlich in der
Zeichnung, wie in der Farbengebung sein. Die Darstellungen
sind daher durch Weglassung von Einzelheiten und durch
Hervorhebung des Wesentlichen sehr vereinfacht. Die Schemati-
sierung tritt stark hervor, was ja auch bei dieser Veröffent-
lichung in der Absicht lag. Die Farbengebung entspricht
nicht immer der Natur; es sind zuweilen ganz andere G^rund-
588
färben, als es eigentlich sein mübten, angewandt fiienn
wurde der Heransgeber dnrch die Absicht geleitet, yermittelst
lebhaften Kolorits die Abbildung anf den ersten Blick ver-
ständlich zn machen. Die Answahl des Stoffes ist zweck-
entsprechend und völlig ausreichend für die Bedürfhisse ein-
facherer Schulen. Aber auch für den einleitenden Unterricht
auf den höheren Lehranstalten sind die Tafeln wohl brauchbar.
Nur halte ich es für notwendig, dafs in jedem Falle neben
und nach diesen schematisohen Darstellungen auch naturriohtige
Abbildungen benutzt werden. Um auf einer geringen Zahl
von Tafeln möglichst viele Gegenstände zur Anschauung zu
bringen und dadurch den Preis des Werkes thunlichst zu
erniedrigen, mulste jede Tafel mehrere Abbildungen aufnehmen.
Es ist aber darauf geachtet, dab nach Möglichkeit nur ver-
wandte Objekte vereinigt wurden. Ein beigegebenes Druokheft
enthält die deutschen Namen der in der Zeichnung durch
Ziffern bezeichneten Teile.
4. Nahrungsmitteltafel von Fbitz ELallb. Mit er-
läuterndem Text für den Lehrer. S.Auflage« Verlag
von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Preis 3 Mark.
Ein wichtiges Kapitel des hygienischen Unterrichtes ist
die Lehre von der zweckmälsigen Ernährung und von den
Nahrungsmitteln. Sollen die Kinder ein bescheidenes Ver-
ständnis für die Nahrungsstoffe gewinnen, die mit den einzelnen
Speisen aufgenommen werden, so müssen sie Art und Menge
der wesentlichsten Nährstoffe in den gewöhnlichsten Nahrungs-
mitteln kennen lernen. Für diese Belehrung bietet Kallbs
Nahrungsmitteltafel ein gutes Hilfsmittel. Dieselbe gibt den
Gehalt an Nährstoffen in je 1 kg von 35 der wichtigsten
Nahrungsmittel an. Die Daistellungsmethode ist die allgemein
angewandte, bei welcher jeder Nährstoff durch eine bestimmte
Farbe bezeichnet wird. Es werden jedoch nur Eiweifsstoffs
(rot), Fett (gelb) und Stärkemehl (blau) berücksichtigt. Neben
der schematischen Darstellung sind die Stoffmengen auch noch
in Grammen angegeben. Da gleichfalls der Tagesbedarf eines
mittelkräftigen Mannes schematisch vorgeführt ist, so kann das
Kind schon auf den ersten Blick ungefähr erkennen, wie weit
589
jedee einzelne Nahrungsmittel diesem Bedür&iflse entspricht;
bei eingehenderer Betrachtung läftt sich der Nahrungswert
ganz genau berechnen. Ich habe diese Tafel schon längere
Zeit beim Unterrichte gebraucht und mich dadurch von ihrer
erfolgreichen Verwendbarkeit überzeugt. Zwei Wünsche aber
bleiben mir: Die Tafel müTste gröfser sein; das Format von
45 : 72 cm genügt für vollere Klassen nicht. Auch der Preis
könnte etwas geringer sein. Der erläuternde Text spricht in
Kürze von der Notwendigkeit einer Belehrung über die Er-
nährung, Ton dem Gebrauch der Tafel und Ton den wichtigsten
Forderungen an eine zweckentsprechende Kost.
5. Der Mensch, oder wie es in unserem Körper
aussieht, und wie seine Organe arbeiten. Leicht-
fafsliche Körper- und Lebenslehre. Von Dr. Ebbn-
HÖCH, Oberstabsarzt. Mit zerlegbaren Abbildungen.
4. Auflage. Verlag von J. F. Schreiber inEfslingen
bei Stuttgart. Preis 1,50 Mark.
Das Werk ist nicht für den Klassengebrauch, sondern
für den Einzelunterricht bestimmt. Der ümrifs des mensch-
lichen Körpers und die Formen seiner wichtigsten Organe sind
in festerem Papiere ausgestanzt. Diese Formen sind beider-
seitig entsprechend der Farbe und dem Bau des betreffenden
Organs koloriert und zugleich so übereinandergelegt, dafs man
sie« mit der vorderen Seite unseres Körpers beginnend und
bis zur Bückwand fortschreitend, aufklappen kann. Auf diese
Weise erhält man ein annähernd richtiges Bild von der Lage
der Organe im Körper. Auch über den Bau derselben orien-
tieren diese Nachbildungen, wenigstens soweit dies bei den
meisten Organen nach der äuiseren Ansicht möglich ist, ebenso-
gut, wie die Zeichnungen anderer Werke. Ein kurzer Text,
16 Seiten Lexikonformat umfassend, gibt die erforderlichen
Erläuterungen zu den Abbildungen; au&erdem befinden sich
noch fünf Zeichnungen im Texte. Ich muls das Büchlein als
für Schüler recht brauchbar bezeichnen; es sollte öfter als
Geschenk nicht nur von Eltern, sondern auch von Schulen
gröfteren Schülern gegeben werden.
über die dnrobgefUirte Impftmg und Wieder
der Schulkinder in 16 Btftdti«shen Belinlen '
Direktor Ehuttjel Bayb
in Wien.
Bei der groCsen Bedeatnng der Impftmg fOr die I
Sohnlkind
Fatimpfong
Beaeonoi.
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2874 3151 IM 89 50
2967 2469 898 47 58
24
18
• 1 i
«1-
as
21
36
Sammft
6881
6610 1 527
86
108
42
8| I
68
67
691
bei dem Umstände, dab in ^ist allen Enltarländern gefletzliohe
Bestimmimj^ die Lehrer znr aktiven Teilnahme bei der
Impfung der Sohfller Terpfliobten, dürfte folgende Tabelle ttber
den ZmpfzuBtand der Kinder in den 16 Btftdtiscben Sobalen
eines Wiener Bezirkes anob für weitere Kreiee von Interesse
im Jabre 1S92.
AnmerkntiK, in welcher die in dieser
Tabelle aiu^wieMuen TerhältiÜMe je
naob OmatüiadeD ftoänklären, eveatnell
durch Angabe der andenreitisBn
Eruheinnngen, welohe bei den Schfiler-
impftiogen wuirgaDOiiunen wurden, cn
erg&nien tind.
075
692
316
326
130
77
4
9
460
311
609
sei
-
767
641
207
13
761
990
592
Von 6331 Schnlkindem sind demnach 6137 (= 96,9%)
als geimpft ausgewiesen, und 2war duroh Vorlage des Impf-
zeugnisses 5610, durch amtsärztliche Konstatienmg von Impf-
narben 527. Mit Einschlufs von 86 Kindern, welche die
natürlichen Blattern überstanden haben, betrug die Zahl der
Nichtgeimpften 194 (= 37o), abzüglich jener nur 108. Erst-
impfungen wurden 52, darunter 5 bei Kindern, welche die
Blattern durchgemacht hatten, vorgenommen, in 42 FäUen mit
Erfolg, in 8 Fällen erfolglos. Bemerkt muls werden, dals
alle ohne Erfolg Geimpften als nicht geimpft eingestellt sind. Von
1767 Bievaccinationsbedürftigen wurden amtlich revaooiniert
761 (mehr als ein Drittel), 541 mit Erfolg, 207 erfolglos. Ln
ganzen gelangten 812 Kinder zur amtlichen Impfung (mehr als
ein Achtel der Gesamtziffer). Eine nicht unbeträchtliche Zahl
dürfte, wie sich künftig erweisen wird, durch die hausänst-
lichen Impfungen zuwachsen, da viele Eltern, welche die
Impfung in der Schule ablehnten, erstere zusagten.
An der Impfung beteiligten sich 4 Imp&rzte. Die sehr
grofse 24ahl der Impfungen, einschlie&Uch 527 Konstatierungen
von Impfaarben mit Ausstellung der Imp&cheine (zusammen
1339 Amtshandlungen) konnte nur dadurch erreicht werden,
dalSs die Impfung keineswegs, wie vorgeschrieben, auf die
schulfreien Nachmittage beschränkt blieb, sondern, wo die
Einwilligung der Schulleiter erfolgte, auch um 10 Uhr vormittags
und 4 ühr nachmittags unmittelbar nach Schluis der Si^ule
vorgenommen wurde.
59S
:Xits Derfantmlttitge« nnh ^tttintn.
Bericlit über die Sitnngen der Abteilung fttr Bcliiil-
gesnndheitspflege im Leipsiger Lefarenrerein.
Von
W. SOHÜBEBT,
Lehrer an der 20. Bezirkaschnle zn Leipsig-Gohlii.
1. Sitzung am 9. November 1894.
Konatitniernng der Vereinigung und vorläufige
Angabe ihres Arbeitsgebietes:
1. Einrichtung des Schulhauses, der Schulzimmer, der
Schulutensilien n. ä. ;
2. ünterrichtshygiene im engeren Sinne;
3. Pädagogische Anthropologie;
4. Verhältnis z¥dschen Schule und Haus;
5. Die ärztliche Beaufsichtigung der Schulen;
6. Methodenlehre für ärztliche Untersuchxmgen;
7. litteratur.
Die Sitzungen sollen monatlich stattfinden.
2. Sitzung am 5. Dezember 1894.
Dr. Spitzneb spricht über das Gebiet der Schul-
gesundheitspflege mit besonderer Berücksichtigung
der pädagogischen Aufgaben in demselben.
Den in der vorigen Sitzung angeführten Punkten werden
als gleich bedeutsam noch hinzugefügt:
8. Die physische Erziehung;
9. Die Vorbildung des Lehrers in der Hygiene.
Als wichtigste schulhygienisohe Fragen f&r die Pädagogik
bezeichnet der Vortragende: Untersuchungen über den Grad
der Bildungsfikhigkeit der Kinder, Beobachtung rein psychischer
Fehler derselben, Wechselwirkung zwischen Körper und Geist
8«h«lgMimdheltfpfl«f«Vni. 38
594
und anderes zu Punkt 2 (Unterrichtshygiene im engeren Sinne)
Gehöriges.
3. Sitzung am 30. Januar 1895.
Herr Meyrich behandelt das Thema: Die Gesundheits-
censur der eintretenden Schulkinder.
Dieselbe ist notwendig, da viele Faktoren zu der geistigen
Befähigung, respektive Nichtbefähigung der Schüler beitragen,
die der Lehrer weder selbst erkennen, noch erfragen kann.
Ohne jene Censur werden also zahlreiche noch ungeeignete
Elemente der Schule zugeführt. Sie muJs vom Haus- oder
Schularzt vorgenommen werden und den Lehrern über die
wichtigsten Punkte hinreichenden Aufschluis geben.
Die Versammlung erklärt sich für energischen Betrieb
dieser Angelegenheit.
Herr Meybich brachte sie infolgedessen einige Zeit später
vor das Plenum des Vereins.
Inzwischen hat eine oberflächliche Untersuchung der
Elementarschüler durch die Schulärzte stattgefunden.
4. Sitzung am 27. Februar 1895.
Dr. ScHüiiZE trägt vor über Methoden der Kohlen-
säurebestimmungen in den Schulzimmern.
Es werden mehrere Methoden, besonders die mit der
FBANKEschen Bürette, demonstriert und sdiliefslich die Petten-
KOFEBSche als die geeignetste bezeichnet. Weitere Vorführungen
sollen später folgen.
5. Sitzung am 20. März 1895.
Herr König behandelt die Hausaufgaben.
Hausaufgaben sind aus pädagogischen Gründen nötig, eine
Übertreibung derselben, wie sie durch die StofiUberfälle der
gegenwärtig bestehenden Lehrpläne häufig bedingt wird, ent'-
spricht weder den pädagogischen, noch den hygienischen Ge-
setzen. Sie sind daher nur in mäfsigem Um&nge, dem
Durchschnitte der Begabung entsprechend und an schulfreien
595
Naohmittagen zu erteilen Tmd müsaeii nach der individuellen
Leifltongs&liigkeit dee einzelnen beuiteilt werden.
Die ättfiieret lebhafte Debatte aohlols mit der Annabme
folgender Besolutionen: Vom hygieniflohen Standpunkte aufi
haben aioh die Hauflau^abiMi fsa riehten naoh den geifitigen,
körperlichen und sooialea Yerhftltniaien der Kinder. Da nun
die Untersuchungen über die geistige FasBungekraft derselben
noch nicht als abgeschlossen bezeichnet werden können, so
will die Abteilung für Schulgesundheitspfiege die endgtUtige
Sntseheidung über das Mais und die Art der Hausau%aben
vertagen, hält es aber filr ihre Pflicht, an der Lösung ätsr
Frage übw die Leistungsfthigkeit des Kindes mitzuarbeiten.
Bei Stellung der Hausaufgaben ist zunftchst das Wesen
der Arbeit in Betracht zu ziehen.
6. Sitzung am 8. Mai 1895.
Zuerst spricht Dr. G-ündel über Schwachsinn und
Blödsinn.
Man unterscheidet Blödann (Fatuitttt), Schwachainn (Im-
becillitat) und Schwaohbefiüdgung. Der Blödsinnige ist einer
inneren Bildung nicht &hig, zu praktischer Arbeit nicht
zu erziehen und kann höchstens zu einfachen Thätigkeiten
dressiert werden. Eäne Heilung desselben ist unmöglich. Der
Schwachsinnige hingegen bietet noch Aussicht auf Weiter-
entwickelung, nur setzt dieselbe später ein, schreitet langsamer
vor und erreicht vorzeitig ihr Ende. Das Bildungsziel ißt
demnach ein bescheidenes, nämlich das Leben innerhalb der
Familie, die Methode gründet sich noch mehr als bei Normalen
anf Anschauimg und Gewöhnung. I^tantasie kann nur selten,
gleichsam als Surrogat verwendet werden.
Darauf fcdgt der Vortrag des Dr. Spitznbb: Das Kind
in der Hekonvalescenz.
Die Arbeit in der Schule wird vielfach durch die B.ekon-
TfJeeceaz einzelner gestört ; denn diese erzeugt in verschiedenen
Fülen eiaa länger andauernde körperliche Schwäche, verbunden
mii Unfohigkeit zu geistiger Arbeit, Mangel an Selbstzucht, ja
88*
596
bisweilen selbst intellektueller und moraUsoher Verödimg. Der
Lehrer ist hier Imingen unterworfen, und es wflre rfttüdh,
wenn Jäekonvalescenten auf Wnnsoh desselben dem Sehnlant
zur Untersuchung überwiesen würden, damit beide gemeinsam
feststellen, ob das Kind wieder am ünterriidite teikiehmen soQ
und speoiell, ob und wieweit ihm zugemutet werden darf, das
Versäumte nachzuholen.
In der Debatte wird die Führung von Individualitäten-
listen empfohlen.
Die Abteilung für Schulgesundheitspflege, welche im
Herbste y. Js. begründet wurde, steht g^enwärtig unter der
Leitung des Herrn Metbich, zählt 18 ständige Mitglieder und
erfreut sich fortgesetzt einer regen Beteiligung Yon Gibrten.
Die seitliclien Verkrftmmnngen des Bttckgrats
und deren Verhtttimg.
Vortrag,
gehalten im Berliner Verein fOr gesundheitsgemäise Erziehung.
Von
Dr. med. Leopold Eweb,
dirigierendem Arzt eines Instituts für Massage und Orthopädie in Berlin.
(Fortsetzung.)
Hiermit ist die Schuld, welche die Schule an unserem
Leiden trägt, erschöpft, und nun kommt das Haus, nicht etwa
um die dort begangenen Fehler auszugleichen, sondern um sie
zu verstärken.
Beim Knaben ist die Sache nicht so schlimm. Die
Eltern sind meist zufrieden, wenn er seine Schulau^ben
erledigt hat; nachher kann er sich im Freien tummeln, wenn
das Wetter nicht gar zu schlecht ist, oder er spielt im Hanse
597
henun, um dem ihm innewohnenden Drange nach Bewegung
za genügen.
Ln Mftdchen ist dieser Drang ebenfalls Yorhanden» loh
habe mioh davon seit Jahren tberzengt nnd finde meine
Überzengong nodh tttglioh bestätigt. Für die mir zur Be«
handlung übergebenen Töohter ist eine Anzahl Yon Tum-
apparaten aufgestellti an denen sie sioh in den Pausen naoh
jeder orthopädisohen Übung beschäftigen können, Sohwebe- und
festes B.eck, sohrfige Leiter, Schwingeleiter, Kletterstrick u.s.w.
Und zu meiner Freude sehe ich, dals alle Mädchen im Alter
von 7 bis 17 Jahren fortwährend in Bewegung sind. Hier
hangeln sie an der Leiter, da suchen sie sich am Beck hoch-
zuziehen, hier schwingen zwei, und dort sucht eine den Strick
zu erklimmen. JSs kommt sogar vor, dals ich einschreiten und
sagen muis: ^Nun genug 1^ da die Bewegung nicht bis zur
Ermüdung gehen darf.
Aber ^für ein Mädchen schickt es sich ja nicht, umher-
zutollen". Fein sittsam mufs es zu Hause sitzen, nachdem
es am „Arbeitstisch'', an welchem gemeinsam der sechs- und
der yierzehnjährige Bruder, die acht- und die ftln&ehnjährige
Schwester ihre Schularbeiten anfertigen, die seinigen beendet
hat. Denn es soll jetzt Klavier geübt werden, wobei ein
Sessel ab Sitz dient, der allen Anforderungen der Hygiene
geradezu Hohn spricht. Das geht so Tag für Tag, jahraus,
jahrein, zur Qual des Kindes und zur Qual der Hausgenossen.
Von musikalischem Verständnis ist meist keine Spur vorhanden,
aber „es gehört zur Bildung, zum feinen Ton, dab ein junges
Mädchen Klavier spielt'', und nach der Ansicht der Tanten
und der Groismama spielt Eischen „entzückend'' • Würde man
einen ehrlichen, sachverständigen Musiker um sein Urteil fragen,
so würde er sagen: „Schade um jeden Groschen, den Sie für
Musikunterricht ausgeben, schade um jede Minute, die das
Elind am Klavier zubringt".
Ich will zugestehen, dab es Ausnahmen gibt, dab manches
junge Mädchen wirklich musikalisches Qehör und Verständnis
besitzt, dab es auch nach der Versicherung von Kennern
598
gtit spielt. Lohnt es sich aber, go zahllose Stojiden za opiem,
damit die Betreffenden später, wenn sie Franeni wenn sie
Mütter geworden, im günstigsten Falle alle Vierteljahr einmal
das Instrament öffnen tmd eine halbe Stünde spielen? leh kenne
eine ganze Anzahl Fiunen, bei denen das eben Gesagte zatrifft.
Ist die Übungsstande beendigt, so geht es an die Hand-
arbeit. „Ein ordentliches Mädchen darf ja nie mülsig sein.*^
Ich bin sehr dafür, dais die jnngen Mädchen sieh Fertigkeit
im Stricken, Nähen n.s.w. erwerben, es kann dies anoh, ohne
die Gesundheit zu schädigen, bewirkt werden. Aber da kommen
die Geschenke, die Handarbeiten, die zu allen Geburtstag«!,
besonder^ aber zu Weihnachten, anzufertigen sind. Wochen-
lang vor dem Feste sitzen die jungen Mädchen, oft bis in die
Nacht hinein und rerderben sich Augen und Bücken, um
dem Onkel ein Paar Pantoffel zu sticken, über die er sieh sehr
freut, und die er dann zu den übrigen drei unbenutzt in der
Garderobe stehenden Paaren stellt Oder die Tante muls
einen Brotbeutel zu Weihnachten erhalten. Sie hat deren erst
sechs, jetzt kann sie doch jeden Tag der Woche einen anderen
nehmen.
Von den engen Kleidern und von den Schnürleibern,
wdohe die Atmung erschweren, die Ausbildung der Lunge
verhindern und die Bückenmuskeln schwächen, will ich gar
nicht sprechen; das wäre rollständig vergeblich, denn gegen
die Herrschaft der Mode nützt kein Kampf.
(Fortsetztmg und SchlufB in No. 12.)
Über Henbesehwerden der jungen Mädchen
lar Zeit der GeseUeehtsreife.
Ans dem ärztlichen Verein in Prag.
In einer der diesjährigen Sitzungen des ärztlichen Vereins zu
Prag trog Professor Dr. E. KtdCH ans Marienbad nach der „Pest
meä.-chirurg, Presse*^ folgendes vor: Um die Zeit der Gesdüeohts*
reife treten bei jnngen Mädchen mehrfache Herzbeschwerden auf»
599
welche gich in bestinmite Grappen einteilen lassen. Die am häufigsten
vorkommende Form ist das nervöse Herzklopfen, welches seine Ab-
hängigkeit von den sexaellen Vorgängen dadurch bekundet, dais ea
mehrere Wochen, zuweilen viele Monate vor dem ersten Eintreten
der Menstruation in stürmischer Weise sich zeigt, noch hinterher
fortdauert und erst kurze Zeit nach der regelmäßigen Wiederkehr
der Periode aufhört. Das Herzklopfen tritt zuweilen täglich, zu*
weilen in Pausen von mehreren Tagen auf, ohne jeglichen besonderen
Aiüafs. Zugleich mit den Herzbeschwerden gehen bei diesen übrigens
weder blutarmen, noch sonst kranken Mädchen Störungen im Gebiete
der Verdauung einher, der Appetit ist vermindert, die Digestion
Terzögert, der Stuhlgang träge; zuweilen besteht Brechreiz und starke
Gasansammlung in den Därmen. Bemerkenswert sind auch andere
gleichzeitig auftretende nervöse Symptome : die jungen Mädchen ver-
lieren ihr bis dahin munteres Wesen, werden in sich gekehrt, haben
keine Lust zur Arbeit, schlafen unruhig, sind leicht gereizt und
halten sich für krank.
Die Herzbeschwerden rühren nicht von irgend welcher organi-
schen Veränderung des Herzens her, sondern haben zweierlei Ur-
sachen. Die eine liegt in Vorgängen der Psyche, welche sich um
diese Zeit in dem kindlich empfänglichen, hochgradig sensiblen
Individuum abspielen. Der zweite Grund ist in den Entwickelungs-
Vorgängen des Eierstockes und des Uterus zu suchen, durch welche
reflektorisch ein Reiz auf die Herznerven ausgeübt wird.
Eine andere Gruppe von Herzbeschwerden, welche in diesem
Lebensabschnitte zur Beobachtung kommt, betrifft Mädchen, bei
denen das Erscheinen der ersten Menstruation sich auffallend ver-
zögert hat, mit 18, 19, 20 Jahren noch nicht eingetreten ist, oder
sich Unregelmäfsigkeit der menses bekundet, so dafs dieselben einmal
sich zeigen, dann mehrere Monate vollständig ausbleiben, oder das
Menstrualblut eine sehr blasse Farbe besitzt und sehr spärlich auf-
tritt. Hier ist es, abgesehen von der Grundursache des Eintritts
der Geschlechtsreife, die chlorotische Blutbeschaffenheit, auf welche
sich die Herzbeschwerden zurückführen lassen.
Eine dritte Form von Herzleiden, weitaus seltener als die
beiden geschilderten, wird bei jungen Mädchen beobachtet, welche
kurze Zeit vor dem Erscheinen der ersten Menstruation in ganz
rapider Weise gewachsen sind. Diese Mädchen sind nicht anämisch,
nicht nervös, aber auffallend mager und lang. Die subjektiven
Beschwerden beziehen sich auf Herzklopfen, ein Gefühl von Vollsein
in der Brust und Kurzatmigkeit, doch der objektive Befund ist ein
anderer, bemerkenswerter: es sind die Zeichen der Hypertrophie,
besonders der Hypertrophie des linken Ventrikels, vorhanden.
600
Da es sich in diesen Fällen nicht am Mädchen der arbeitendoi,
sondern der besitzenden Stände handelt, bei denen von Über-
anstrengung des Herzens durch zu angreifende körperliche Thftti^eit
nicht die Rede sein kann, so mufs als Ursache für die Hypertrophie
angenommen werden, dafs die Geschlechtsreife einen Sturm im
Gefäüsgebiete hervorruft, welcher besonders dann erhöhte Widerstände
ftlr die Arbeit des Herzens schafft, wenn noch andere nachteilige
Momente hinzukonmien. Diese sind ein sehr rasches Wachstum des
Körpers, femer das Tragen von Panzermiedem, welche, namentiich
wenn sie nicht mit Rflcksicht auf das Eörperwachstum hinlänglich
oft geändert werden, durch Druck in der Oberbauchgegend, Hoch-
stellung des Zwerchfelles, Hemmung der Atembewegungen dem
pulsierenden Herzen solche Hindemisse bieten, dab auf die Dauer
eine Hypertrophie seiner Muskulatur herbeigeführt wird.
Die körperlichen Übimsen im Lichte der HygieM.
Verhandlungen der Zürcher Gesellschaft für wissenschaft-
liche Gesundheitspflege.
Professor E. Zsghokke referierte, wie wir dem „JSÜnrespdrM.
f. Schwde, Ärgt,"' entnehmen, über die körperlichen Übungen
im Lichte der Hygiene, und zwar in der Art, dats er an der
Hand einer historischen Skizze über das Turnen alle die Zide,
welche die Tumerei seit je verfolgt hat, zusanunenstellte, um hernach
diejenigen, welche sich als erreichbar und wünschenswert erwiesen
haben, anzuführen.
Derartiger Tumziele ergab sich eine ansehnliche Zahl, und Referent
teilte sie ein zunächst in solche, welche hauptsächlich die körper-
liche Gesundheit und Entwickelung berücksichtigen, wie
gleichmäßige Muskel- und Skelettausbildung, Muskelschulung zu hohen
Leistungen (Athletik, Sport), Anregung der inneren Eörperorgane
(Gesundheitstumen) und Heilung specifisch abnormer Zustände
(Heilgymnastik).
Eine zweite Grappe umfaCst di^enigen Bestrebungen, welche
mehr auf das Centraine rvensystem Einfluss zu üben suchen,
nämlich einerseits Entlastung von Geistesarbeit, andererseits Ver-
Tollkommnung gewisser cerebraler Funktionen und Hebung seelischer
Eigenschaften (Mut, Geistesgegenwart, Disciplin u. s. w.).
In eine dritte Grappe brachte der Vortragende jene Tumziele,
welche eine Vorbereitung und Befähigung des Menschen
601
für gewisse Thätigkeiten einschliefsen , wie allgemeine An-
stelligkeit, Wehr- und Löschdienst, Schwimmen, Rudern n. s. w.
Je nach diesen Zielen richtet sich im allgemeinen der Tam-
betrieb; doch sind ftr letzteren aach noch andere Faktoren mafs-
gebend, namentlich Alter, Konsütntion, Geschlecht, lokale Ver-
hftltnisse n. s. w.
Als anstrebenswerte Tnrnzwecke ergaben sich: 1. Muskel-
bethfttigung behufs Anregung der vegetativen Organe des Körpers,
2. Ablenkung von specifischer Oeistesarbeit, 3. Förderung von Mut
und Selbstbeherrschung und gleichzeitige Vorübung zum vater-
ländischen Wehrdienste. Hierzu ist aber nach Zschokke kein
pedantischer Drill und keine SpiBSSsche Schule notwendig. Be-
wegungsspiele ersetzen vorteilhaft die bisher betriebenen Freiübungen,
welche das Turnen langweilig und wenig ergiebig gestalten. In
dieser Beziehung schliefst sich Referent den Anschauungen von Pro-
fessor Mosso und von Dr. Schenk an und befürwortet eine Reorga-
nisation des Schulturnens im Sinne der Yennehrung und Verbesserung
des bezüglichen Unterrichtes. Die Turnhallen dagegen können vorerst
noch nicht entbehrt werden, wenigstens nicht bei städtischen Ver-
hältnissen, und zwar wegen Mangel an geeigneten Turnplätzen, für
den Fall ungünstiger Witterung und auch für die Übungen am Abend,
letzteres in Rücksicht auf die freiwilligen Vereine.
In der Diskussion bezeichnete Professor Wyss die Turnhallen
als ein Übel. Die Luft derselben, so erklärte er, ist stets von Staub
oder Feuchtigkeit erfüllt. Die Erwachsenen sind allerdings fflr den
Abend oft auf dieselben angewiesen. Es müssen in Zürich mehr
freie Plätze geschaffen werden. Er glaubt, dafs die Freiübungen
nach Kommandos doch ihr Gutes haben, indem sie die Muskulatur
stärken.
Dr. Frice betont ebenfalls die Notwendigkeit von freien Plätzen
für Spiele; dieselben brauchen übrigens nicht mitten in der Stadt
zu li^en. Tumspiele sind den Freiübungen weit vorzuziehen. Bei
denselben kommt auch das psychische Moment in Betracht, indem
sie namentlich die Geistesgegenwart ausbOden. Redner macht den
Vorschlag, es möchte die Gesellschaft einen Tumspielklnb ins Leben
rufen.
Dr. SOHULTHESS bedauert, dafs das Turnen in den Schulen
viel zu sehr als Nebensache getrieben werde. Er hat schon in einer
früheren Sitzung darauf hingewiesen, dafs weniger Stunden Schul- |
Unterricht genügen würden und bedeutend mehr Zeit auf Leibesübungen
verwendet werden sollte. Auch er glaubt, dafs die Freiübungen
nach Kommandos nicht ganz entbehrt werden können.
Dr. Eabl von Mubalt hat bereits vor einem Jahre in der I
I
^ i
602
Ereisschnlpflege die Anregung gegeben, es möchten Spielplätze ein-
gerichtet werden. Der Tomonterricht wird nach seiner Meinung zor
Zeit 80 erteilt» dais er bei den Kindern Langeweile erzeugt Die
städtischen Turnhallen sind zum Teil sehr schlecht und zeichnen
sich nicht durch gute Luft aus.
Dr. Zehndeb wttnscht, dafs der Vortrag Yon Professor Zschokke
weitere Verbreitung finde. Er soll nicht nur im jfEorrespandenghlati
für Schweiger Ärzte"" ^ sondern auch in den j,BläUem fäf 6e*
sundheüspflege^ und namentlich in der nSchiw^erischm Tunueiiung'^
abgedruckt werden.
Professor Zschokke erklärt, er habe durch seine Ausführungen
nur die Anregung dazu geben wollen, daCs in der Gesellschaft die
Tumziele festgestellt wflrden.
Dr. Ritzmann macht auf den yorteilhaften Einflufs des Turnens
auf die Sinnesorgane aufmerksam. Die Augen, welche in der
Schule durch Lesen und Schreiben angestrengt werden, ruhen beim
Turnen aus.
Professor Lunge meint, dais auch das schwedische Tumea
in der Schweiz teilweise Anwendung finden könnte. Namentlich
aber ist er ein grofser Verehrer der englischen Schulspiele, welche
Charakter, Mut und Beobachtungsgabe ausbilden. Zeit zu den
Übungen ist da, wenn man nur recht will.
Dr. Hans von Wyss ist der Ansicht, dafs in den Schweizer
Lehrerbildungsanstalten das Turnen in ganz anderer Weise gepflegt
werden mtUste, als dies jetzt der Fall ist.
Dr. SoHüLTHEss wünscht, dafs in der Gesellschaft folgende
zwei Fragen erörtert werden: 1. Welches ist unsere Stellung in be-
treff der zukünftigen Entwicklung des Schulwesens? 2. Wie können
wir die physische Erziehung unserer Jugend fördern?
Die Gesellschaft beschlois, es seien zum näheren Studium dieser
Fragen zwei Referenten zu bestimmen. Es wurden gewählt Professor
Zschokke und Dr. Sghülthess.
Zur Verbfitüng der Ohrenkrankheiten^ i
bei SchnlkiHden,
Aus der medizinischen Sektion des Kongresses der
gelehrten Gesellschaften in Paris.
Die genannte Sektion hielt nach j,Le Frogr. med,^ am
17. April d. Js. unter dem Präsidium des Herrn Ls BOY DB
603
Mericoubt eine Sitzung ab, in welcher Dr. Coubtade ans Paris
ftber die Yerhtttong der Ohrenkrankheiten nachstehendes Yortmg.
1. Die Yerringerong der Hörschärfe ist häufiger, als man
glaubt; bei den Erwachsenen hat nach Tboeltsoh von
drei Personen inuner eine kein normales Gehör, bei den
Kindern zeigt von vier oder fünf eines einen so mangel-
haften Hörsinn, dals seine Studien darunter leiden. Sehr
häufig setzt man auf Rechnung von Zerstreutheit oder
Nachlässigkeit den geringen Fortschritt, der nur von einer
Erkrankung des Ohres herrührt.
2. Die bei weitem häufigste Ursache der Taubheit ist, ab*
gesehen von Infektionskrankheiten oder Gehirnleiden, eine
akute oder chronische Entzündung der Nasenrachenschleim-
haut oder das Vorhandensein adenoider Vegetationen.
3. In diesen Fällen muTs die Behandlung nicht nur gegen das
Ohren-, sondern auch gegen das Grundleiden gerichtet sein,
um ein günstiges und andauerndes Resultat zu erhalten.
4. Bei Infektionskrankheiten und überhaupt bei Allgemein-
erkrankungen darf die Untersuchung des Nasenrachenraumes
nicht verabsäumt werden. Eine möglichst strenge Antisepsis
dieser Gegend verhindert oftmals Komplikationen von selten
des Ohres.
5. Die infolge von Entzündung des Nasenrachenraumes taub
Gewordenen vererben nicht selten auf ihre Nachkommen
eine Neigung zu derselben Entzündung, die dann weiter
auf das Mittelohr fortschreiten kann. Man mufs daher bei
Kindern von Tauben die grölste Aufinerksamkeit auf Nase
und Rachen richten, um Entzündungserscheinungen sofort
bekämpfen zu können und so die Vererbung der Taubheit
zu verhindern.
Über die Notwendigkeit einer Mheren Wflrdigiuig der Zahn-
ud Miudliygiene der Sehnljngend.
Vortrag im Verein für innere Medizin zu Berlin.
Auf Grund langjähriger Erfahrungen stellte Dr. P. Ritteb
im Berliner Verein für innere Medizin folgende Forderungen be-
möglich der Zahn- und Mundpflege der Schulkinder auf:
1. AnsteUung erfahrener Zahnärzte als Schulzahnärzte zur Unter-
sachung sämtlicher die Gemeindeschulen besuchender Kinder in be-
604
stiminten Zwischenräumen ; jedes Kind soll viermal im Jahre unter-
sucht werden. Die Behandlung mufs in städtischerseits zu beschaffenden
Lokalen vor sich gehen, wo gleichzeitig die an Lues leidenden Per-
sonen zahnftrztiich überwacht werden können. Die Eltern sind nach
jeder Untersuchung über den Zustand der Z&hne und des Mundes
ihrer Kinder zu unterrichten, und es ist ihnen freizustellen, die fttr
nötig erachteten Hilfeleistungen privatim oder durch die Schulzahnärzte
ausführen zu lassen gegen ein ihren Verhältnissen entsprechendes
Honorar.
2. Anstellung von Armenzahn&rzten zur Behandlung der Kinder
der Ortsarmen, eventuell in deren Behausung.
3. Abhaltung von Vorträgen in den Gemeindeschulen über die
Wichtigkeit des Kauapparates und die Pflege der Mundhöhle.
4. Verteilung von gedruckten Vorschriften über die Zahn- und
Mundpflege unter der gesamten ärmeren Bevölkerung.
Steilschriftvorlagen in Frankreicli.
Mitteilung Professor Jayals in der Pariser Akademie
der Medizin.
Vor zwei Jahren, so erklärte nach „La Fresse wid. Belge^
der bekannte Augenarzt, Professor Jayal, in der letzten SitzuQg
der Pariser Akademie der Medizin, hat die Gesellschaft auf mdnen
Vorschlag sich für die Einführung der Steilschrift in die Schulen
ausgesprochen. Zugleich Ist ein ministerieller Erlais veröffentlicht
worden, welcher den Gebrauch der senkrechten Schrift bei den
Prüfungen zur Erlangung des Zeugnisses der Primärstudien gestattet.
Trotzdem sind die Dinge beim alten geblieben, da kein einziger
Verleger den Mut gehabt hat, Vorlagen für Steilschrift herauszugeben.
Auch ist von keinem Pädagogen die Initiative ergriffen worden, diese
Schreibweise in die Schulen einzuführen.
Der Beschlufs der Akademie hat mehr Anklang im Auslande,
als in Frankreich gefanden. In Deutschland, Österreich und Däne-
mark sind Vorschriften für Steilschrift erschienen, und in der
hygienischen Sektion der Versammlung deutscher Naturforscher und
Ärzte zu Wien im Jahre 1894 ist die Frage ausfilhrlich zur Ver-
handlung gekommen. Merkwürdiger Weise berief man sich für die
SteDschrift auf ihre Verbreitung in Frankreich; man meinte, dab
infolge des Votums der Akademie alle unsere Schulen diese Schreib-
weise lehrten.
605
So war ich denn selbst gezwungen, Steilschriftvorlagen dnicken
zn lassen, welche ich hiermit der Yersammlnng vorlege. Der Körper
der Buchstaben ist 4 Millimeter hoch, der lange Teil derselben
mibt gleichfalls 4 Millimeter, die Breite der Buchstaben betragt
3 Millimeter. Biese Mafse entsprechen denjenigen des quadrierten
Papiers, welches im Handel üblich ist.
Beseheid des dentsehen TnmlelirerYereüis Aber das Ergebnis
der Bimdfrage, die Beinignng der Tnmhalleii betreffend.
Auf die vom geschäftsführenden Ausschusse des deutschen
Tnmlehrervereins unter dem 20. Dezember v. Js. erlassene Rund-
frage, betreffend die Reinhaltung der Turnhallen,^ sind Antworten
ans 32 Städten, darunter Berlin, Wien, Hannover, Wiesbaden,
Chenmitz, Frankfurt a. M., Basel, Königsberg i. Pr., Danzig, Magde-
burg, Stuttgart, Hamburg, Leipzig, Stettin, eingegangen. Das hier-
durch gewonnene Material ist ein recht reichhaltiges. Indem der
gesch&ftsführende Ausschuls aUen Einsendern hiermit öffentlich den
gebflhrenden Dank abstattet, teilt er zugleich als das Hauptergebnis
der von ihm auf Grund obigen Materials angesteüten Untersuchung
einstweilen nachstehendes mit.
Behufs Reinhaltung der Turnhallen sind besonders drei Gesichts-
punkte ins Auge zu fassen:
Einschleppung des Staubes,
Entwickelxmg und Aufwirbelung des Staubes in der Turnhalle,
Entfernung des Staubes aus derselben.
Als Maüsregeln, welche in diesen Richtungen sich am meisten
bewährt haben und im Interesse der gesundheitlichen Wirkungen des
Turnens allerorts in Aufnahme kommen sollten, sind die folgenden
zu bezeichnen:
a. Gegen die Einschleppung des Staubesin dieTurnhallen.
1. Bei der Anlage von Turnhallen ist auf Einrichtung eines
Vorraumes Bedacht zu nehmen, in welchem der Eleider-
wechsel vorgenommen werden kann. Derselbe mufs einen
besonderen Eingang haben und grofs genug sein, um auch
den stärksten in Betracht kommenden Tumabteilungen
genügenden Platz zu gew&hren.
^ Yergl. diese Zeitschrift, 1895, No. 5. S. 297—298. D. Red.
606
2. Bei feuchten Witterangs- and WegeTerhftltnissen gind in
genanntem Yorraam die beim Kommen benatzten Schuh«
oder Stiefel mit einer trockenen und reinen Fabbddeidaag
zu vertaaschen. Zweckmäßig sind leichte Lederschnhe ohne
Absätze, sogenannte Turnschuhe.
3. Wo der erwähnte Yorraam nicht vorhanden ist und aadi
nicht nachträglich eingerichtet werden kann, ist yor dem
Eingange zur Turnhalle mindestens ein gegittertes Kratz-
eisen Ton 1,40 m Länge und 30 — 40 cm Breite, über
einer Vertiefung von 20 — 25 cm Höhe liegend, anzubringen;
dasselbe mufs leicht ausgehoben werden können und aos
Schiene bestehen, welche mlBdestens 2 cm Abstand yqmt
einander haben. Aufserdem ist bei feuchter Witt^nug
hinter dem Kratzeisen eine zur weiteren Säuberung der
Füfse — namentlich der Fugen zwischen Oberleder und
Sohlen, bezw. zwischen Sohlen und Absätzen der Stiefel
— dienende Kokosmatte von wenigstens 1 qm Grobe
niederzulegen. Bei stark benutzten Turnhallen sind mehrere
derartige Matten bereitzuhalten, um bis zu erfolgter
Reinigung der eingeschmutzten Matten geeigneten Ersatz
zu haben.
4. Jede Schfllerabteflung ist beim Betreten der Turnhalle ron
Turnlehrer, wenn die Witternngsverhältnisse es erfordern,
ernstlich und unnachsichtig zur Reinigung der FtLbe an-
zuhalten und dabei zu beaufsichtigen.
b. Gegen die Staubentwickelung in den Turnhallen.
1. Der Fufsboden bestehe aas Riemendielung (Parkett) von
Kiefern- oder noch besser von Eichenholz und werde
jährlich mindestens einmal nach voraufgegangenem Ab-
scheuern mit heibem Fimib getränkt.
2. Die Sprongmatratzen seien oben und unten mit Leder
bezogen. Der Gebrauch derselben werde nach Möglichkeit
eingeschränkt.
3. Zum Ballwerfen benutze man keine Bälle mit Leinwand-
bezug.
4. Laufübungen sind in der Turnhalle wenig oder gar nicht
vorzanehmen.
c. Gegen den in den Turnhallen angesammelten Staub.
1. Die Turnhallen sind täglich vor dem Gebraudi mit Ver-
wendung feuchter Sägespäne auszufegen. Noch besser
ist es, den Fufsboden mit einem feuchten Tuche ab-
zuwischen.
607
2. Alle Geräte, Gesimse etc. sind wöchentlich wenigstens
dreimal feucht abzuwischen.
3. Jährlich Tiermal mufs eine gröfsere Reinigung der Turn-
hallen, bestehend in Abseifen des Fufsbodens, der Fenster,
Thüren, womöglich auch der Wände, vorgenommen werden.
Eine ausführliche Bearbeitung der eingegangenen Mitteilungen
soü nach Erledigung anderer Aufgaben stattfinden. Weiteres Material
wird auch in Zukunft dankbar entgegengenommen. Sendungen
werden an den Vorsitzenden, Professor Dr. Angerstein, Berlin S.,
Prinzenstrafse 70, erbeten.
Der geschäftsführende Ausschufs des deutschen Tumlehrervereins.
I. A.
(Gez.) BcHRÖEB, 2. Vorsitzender, als Berichterstatter.
Bes^lntioB n ftHnsteii des Handfertigkeitsuiterricktes
im Osterreicliiselieii Abgeordnetenliaiise.
In der 407. Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses
verwies der Abgeordnete Dr. Rosbr auf die erziehliche und volks-
wirtschaftliche Bedeutung des Handfertigkeitsunterrichtes, sowie auf
die Wichtigkeit desselben fOr jedermann und ganz besonders für
einzelne gebildete Stände, z. B. (? D. Red.) die künftigen Chirurgen.
Der Redner empfahl die Annahme folgender Resolution: „Die Re-
gierung wird aufgefordert, die Frage des Handfertigkeitsunterrichtes
zu erwägen, fttr die Heranbildung tüchtiger Handfertigkeitslehrer,
die Errichtung von Schulwerkstätten und die gröfetmögliche Ver-
breitung dieses Unterrichtsgegenstandes Sorge zu tragen.^
ftleiitete iltitteilit«0eti.
Die Refraktionsentwiekelnng des menscUicheii Auges,
so betitelt sich ein Aufsatz, den Dr. Hernheisbr in der „Prag,
med. Wochschr.*' veröffentlicht. Die 1920 untersuchten Augen von
Kindern im Alter von 8 — 14 Tagen zeigten alle mit Ausnahme
eines Falles hypermetropischen Brechzustand. Als durchschnittliche
Hypermetropie des Auges der Neugeborenen ermittelte der Verfasser
2,32 Dioptrien. Im Alter von 1 bis 6 Jahren untersuchte er 546
Augen und fand 4% myopisch, 24% emmetropisch und 72%
608
hypermetropisch. Bei der üntersachung 6 bis 20jähriger Yolks-
nnd Mittelschüler bestätigte sich die bereits Yielfach erwiesene
Thatsache, daüs mit der Höhe der Klassen der Prozentsatz der
Kurzsichtigen zunimmt. In einer Knabenvolksschnle fanden sich
5%, in den Waisenhänsem über 10 7o, im Tanbstammeninstitnte
8% Myopen. Die Hypermetropie überstieg immer 50%. Was die
Mittelschulen im einzelnen betrifft, so fand Dr. Herbnheiser in den
Bealschnlen einen Durchschnitt an Myopen von 17,25%, bezw. 15,20%,
in den Gymnasien von 23,12%. Die Kurzsiditigen stiegen in
einer Bealschule von 5,6 % auf 41%, in einer zweiten von 13 %
auf 35,7% und in einem Oymnasium von 13,41% auf 46%.
Von Individuen, die im 14. Lebenegahre mit dem Schulbesuch
aufgehört hatten, oder die im Alter von 14 bis 20 Jahren standen,
gelangten 943 Augen zur Untersuchung, von denen 9,33 % myopisch
waren. Bemerkenswert für den Schulhygieniker ist noch, daüs bei
einem Infanterieregiment, wo 1878 Augen geprüft wurden, die
FreiwiUigenabteilung 28% Kurzsichtige ergab, wfthrend die Zahl
der Myopen bei der übrigen Mannschaft nur 9% betrug. Der
Autor kommt zu dem Schlüsse, daüs die Menschen ausnahmslOQ als
Hypermetropen geboren werden. Mit zunehmendem Wachstum
nimmt auch die Achsenlftnge des Auges zu. Je mehr Nahearbrit
dem Auge zugemutet wird, um so grö&er ist die Gefahr des
Kurzsichtigwerdens bei mitgebrachter Disposition zu demselben. Mit
dem 20. bis 24. Lebensjahre erscheint der Brechzustand des Auges
stabil. Änderung desselben, besonders eine Befraktionszunahme durch
Längenwachstum der Augenachse, gehört von da an zu den grölstai
Seltenheiten. Dr. Hbrbn heiser hat auch 3400 Augenhöhlen bei seinen
Befiraktionsbestimmungen gemessen ; die dabei gemachten Erfahrungen
stehen in Einklang mit denen Sohmidt-Bimplers und bestätigen
nicht die STiLLiNasche Theorie, dats eine niedrige Augenhöhle zur
Myopie disponiere. Sehr viele Kurzsichtige hatten einen hohen
Orbitalindex, während sich bei zahlreichen Übersichtigen ein ganz
niedriger fand. Die Messungen wurden sowohl an jugendlichen, als
an erwachsenen Personen ausgeführt. Femer lieb sich bei Aniso-
metropen sehr häufig beiderseits der gleiche Orbitalindex nach-
weisen. Es fanden sich aber bei denselben auch nicht wenige Fälle,
in denen der myopische Augapfel einen höheren Index aufwies, als
der hypermetropische oder emmetropische.
Zur Sterblichkeit der Lehrer. Nach den Erfahrungen der
Gothaer Lebensversicherungsbank, so schreibt die y^Q-säht,*^, ist die
Sterblichkeit der katholischen Geistlichen die ungünstigste und auf
die grolse Häufigkeit Ton bösartigen Neubildungen, vor allem aber
von Krankheiten der Kreislauforgane mit Gehimschlagflufs u. s. w.,
609
zorackzuftthren. Im Gegensatz zu den katholischen Geistlichen er-
scheinen die evangelischen als eine in Bezug auf Lehensdauer recht
begünstigte Bcrufsklasse. Unter den verschiedenen Lehrerkategorien
ist diejenige der Universitätslehrer, wenn man von den Medizinern
absieht, am besten gestellt. Was die übrigen Lehrer, diejenigen
an höheren Schulen und Volksschulen, anlangt, so lassen sich eigent-
liche Berufskrankheiten, wie sie bei den Ärzten deutlich zu er-
kennen sind, nach den von der Bank gemachten Erfahrungen bei
ihnen nicht nachweisen Besonders bemerkenswert ist die Abstufung
in der H&ufigkeit der Lungenschwindsucht, die bei den Gymnasial-
lehrern am seltensten, bei den Landlehrern am häufigsten vorkommt
und für letztere das allgemeine Mittel überschreitet. Jedenfalls hängt
diese Abstufung mit der wirtschaftlichen Lage zusammen, zumal die
Lungenschwindsucht unter den Landlehrern gerade da am verbreitetsten
ist, wo dem Schulwesen die geringste Fürsorge in hygienischer und
sonstiger Beziehung gewidmet wird.
Der Alkoholiamiis bei Kindern betitelt sich ein Aufsatz von
Dr. Paul Moreau in den „Annales mdd.'^sycholog.*' , 1895,
Seite 337 ff. Der Verfasser berichtet über zahlreiche Fälle von
Trunkenheit, Dipsomanie und AlkohoUsmus bei Kindern, die er
selbst beobachtet, bezw. aus der Litteratur zusanmiengestellt hat.
Die Alkoholkrankheiten der Kinder entwickeln sich oft unter dem
Einflufs psychopathischer Belastung, namentlich auch durch direkte
Vererbung des Alkoholmiüsbrauchs der Eltern. In manchen Gegenden
erhalten die Säuglinge einige Tropfen Whisky, wenn sie schreien;
Kindern, denen der Durchbruch der ersten Zähne Unruhe verursacht,
wird von unverständigen Müttern V^Tein zur Beruhigung eingeflölst.
Wie viele Eltern nehmen femer ihre Kiemen am Sonntag mit in die
Kneipen, geben ihnen Bier zu trinken und gewöhnen sie so an das
Giftl „On n'arrose pas les fleurs avec du vin^, sagt J. J. Rousseau.
MOKBAU unterschätzt die guten Wirkungen des Alkohols bei manchen
Kollapszuständen der Kinder nicht, aber er warnt die Ärzte ernstlich
davor, solchen Knaben oder Mädchen, in deren Ascendenz Alkoholismus
beobachtet worden ist, bei Krankheiten jemals irgendwelche Spirituosen
zu verordnen. Schon oft seien derartige Kinder, die auf ärztlichen
Bat Alkohol erhielten, dadurch aufs schwerste geschädigt worden.
Was die Trunkenheit anbelangt, so beobachtete er bei Kindern eine
^forme massive", bei der es bald zur Bewußtlosigkeit kommt, eine
„forme furieuse^ und eine „forme gaie^. Letztere ist oft nur ein leichter
Grad oder das Anfangsstadium der Betrunkenheit. Wird mehr
getrunken, so kommt es zu den bekannten Bewegungsstörungen und
oft zu gewaltsamen Handlungen. Eine „forme triste*' hat Verfasser
bis jetzt nur bei AnMen von Dipsomanie gesehen. Letztere er-
Schulgefnnilheltfpflege VIII. 39
610
wichst meist auf eri>lklier Gmadlage; sie waid bei Knabes und
namentlich 1>ei Midchen beobachtet, bei letzteren zur Zeit der entea
MenstnuKtionen. Kirschwasser, Rom, Eao de Botot u. def^. wurden
wihrend dipsomanischer AnftDe ▼on wohlerzogenen jungen Frtnlein
genossen. Delirium tremens Keis sidi schon im ftnften Lebenqahie
— der Fall ist leider in Deutschland voigekoininen — , Leber-
dnhose infolge yon AlfcoholinüisbrMich bereits im Alter von SV* Jährei
feststellen, ürsadie der Cinhose bildete bei Kindern der hftufige
Oennft Ton Gin, Porter, Pale-ale, Strongs, Kartoffelspiritus, ja Ton
alkoholhaltigen Kirschenkompots. Oft waren aIkoh<ftraiike Kinder
nodi mit Epflepaie, Hysterie, moral insanity u. s. w. behaftet. Was
die Prognose anbelangt, so ist der Autor w<^ mit guton Rechte
sehr skeptisch; das Sprichwort: „Qui a bu, boira* gut nach seiner
Erfahrung namentlich beim Alkoholmilsbrauch der Kinder.
Oegeii üt YiykeUioB ii Sefcidei wendet sidi ein „Anti-
TiTisection for children" überschri^)ener Auftate in den «JinL
Keiffs*^. Derselbe weist mit Bedit darauf hin, dafe durch die Vornahme
von Vivisektionen, wie sie in den Schulen der Vereinigten Staaten
noch öfter vorkommt, das Nervensystem der Kinder unnötig erregt
und schließlich abgestumpft wird. Letzteres sollte aber mm so
mehr vermieden werden, als manche Schüler ohnehin zur Grausam-
keit gegen Tiere neigen. Nach der Ansicht des Verfassers siad
Vivisektionen nur in Lehranstalten fftr Erwachsene, namentlich fttr
Mediziner und Biologen, zulässig.
SexveUe Verirmgei im Kuidesaltor. Dr. Wilhblx
Steksl veröffentlicht in den „ Wien. med. Blätt.^ eine hygienische
Studie, welche auf das frfihe Erwachen des GescMechtstriebes bei
maochen Kindern hinweist. Letzterer sucht in der verschiedensten
Weise, oft instinktiv seine Befriedigung. „Wenn die HansiRte
und P&dagogen mit diesen Thatsachen vertraut gemacht werden,
wenn sie die Eltern auf die (refahren, die ihren Kindern drohen,
rechtzeitig aufmerksam machen und diese Gefahren zu verhindern
trachten, so kann manche Existenz gerettet, manches Individuum filr
die Menschheit gewonnen vrerden.** Verfasser macht daher folgende,
zum Teil freilich stark anfechtbare Vorschlftge : 1 . Es dQrfen unter keiner
Bedingang Kinder verschiedenen Geschlechtes zusammenschlafen.
2. Kinder über vier Jabre sollen nicht das Schlafgemach ihro*
Eltern teilen. 3. Kinder dürfen unter keinen umständen von
Mägden oder Gouvernanten ins Bett genommen werden. 4. Die
Kinder verschiedenen Geschlechts dürfen nie an dunklen Orten und
nie ohne Aufsicht spielen. 5. Die Knaben müssen öfter in der Nacht
auf Erektion untersucht werden. 6. Der Anstandsort darf nur vcm
einem Kinde einzeln aufgesucht wi^-den; ein längeres Verweflen da-
611
adbst ist za verbieten. 7. Kinder verschiedenen Geschlechts dtlrfen
in der Schnle nicht in einer Klasse unterrichtet werden.
Zur Pathologie und Therapie des Sc)ireibkra«ip&9. Bei
genauer Untersuchung von 14 an Schreibkrampf leidenden, zßfa Tejl
jugendlichen Personen fand Pick, wie er in der „ Wien. med. Wochschr,^
mitteilt, fast stets in den Strecksehnen, besonders in der Sehne des ex-
tenso|;pollicis und des extensor des zweiten und dritten Fingers, kugelige
Anschwellungen von wechselnder Konsistenz, bisweilen rosenkranzartig
angeordnet. Dieselben sind vielleicht analog den rheumatischen
Exsudaten und werden von dem Verfasser als das die Krankheit
auslösende Moment bei gleichzeitig bestehender nervöser Anlage auf-
ge&bt. Nach Beseitigung der erwähnten Exsudate dureb regel-
SiftGüge lAassage verschwand der Schreibkrampf in 12 unter 14 Fallen,
bei den 2 ungeheilten Patienten blieben die Knoten unverändert
bestehen.
Über die Ursachen und kSrperliehen Merkmale der Idiotie
beriditet Dr. Peabge im rtAmer, fned.-surg. BtUlet*' vom 1. August
1895. Danach wurden von den Eltern oder deren Stellvertretern
als Ursachen der Idiotie der Kinder angegeben 1. bei an-
geborener Idiotie a. von väterlicher Seite her: 17mal
Nervosität, 16 mal Geistesschwäche, 10 mal Trunksucht, 3 mal Epi-
lepsie; b. von mfitterlicher Seite her: 40mal Überanstrengung
während der Schwangerschaft, 30 mal Epilepsie, 25 mal Nerven-
flberrei2ung, 21 mal Geistesschwäche, 17 mal Schwindsucht und Bluts-
verwandtschaft, 11 mal Trunksucht, je 7 mal Geisteskrankheit und
Syphilis, 5mal Hysterie; 2. bei erworbener Idiotie: 95mal
Knderkrankheiten, 75 mal Unglücksfälle, 25 mal Zangengeburt, lOmal
Vernachlässigung, 5mal Sonnenstich. Von ausgesprochenen physi-
schen Eigentümlichkeiten konstatierte Dr. Peabce bei ö32
Idioten: schwächliche Körperbeschaffenheit 55 (24) mal, ^ herabgesetztes
Sehvermögen 25(20)mal, Störungen der Augenmuskeln 10 (6) mal,
Stummheit 30 (17) mal, Taubstummheit 5 (2) mal, teilweise Stummheit
22 (15) mal, mangelhafte Sprache 145 (95) mal, schlechtes Gehör oder
Taubheit 31 (14) mal. Skrofulöse 45(56) mal, allgemeine Lähmung
17(15)mal, schlechten Gang 130(75)mal, schlechtes Fassen 120 (54) mal,
teflweise Lähmung 180 (120) mal, Veitstanz 40 (23) mal, unwillkürliche
Bewegungen 19(i3)mal, Epilepsie 85(60)mal, Mifsbildung des Ge-
sichtes 20(15)mal, des Kopfes 29(ll)mal, der Beine 31(17)mal,
der Hände 15(8)mal, des Körpers 9(4)mal, Mikrocephalie 21 (9)mal,
Makrocephalie 25(8) mal, Zwerchwuchs 24 (10) mal, hochgewölbten
^ Die nicht eingeklammerten Zahlen bezieben sich auf Knaben, die
eingeklammerten auf Mädchen.
39*
612
Gaumen 75 (47) mal, unregelmäfsige Stellung der 2^ne oder Kiefer
60 (50) mal, Deformitäten der Sexnalorgane 6 (5) mal.
Fragebogen Ar die hygienische Untersnchnng von Sehnl-
gebSnden. Schule zu ; Lehrer: Herr ;
jetzige Schttlerzahl : , davon Knaben , Mädchen . . . . ;
durchschnittliche Schttlerzahl , im Sommer , im Winter
; davon aus , aus >
Aufgenommen den . . . ten 189 . . durch
Lage
Sehulhaiues:
Liegt das Schulhaas an einem freien Platz? oder in
der Stralaenreihe?
Sind Qewerbe mit störendem Betrieb, Schmiede oder
dergl. in der Nähe?
Bodenbeschaffenheit des Untergrundes:
trocken? Sand? Lehm? Moor? oder?
Nach welcher Himmeisrichtung sieht die Hauptfiront des
Gebäudes?
Gebaut im Jahre?
Sind die Wände im ganzen Hause trooken?
Besehaffenheit
des
Sehnlhauses:
Bauart:
Dach:
massiv? Holzschicht? Hoizfachwerk? Lehm-
fachwerk?
anders? Fundament? Isolierschicht vorhanden?
Pfannen ?
Schiefer?
Strohdach?
anders?
Ist das Dach dicht?
Sehnlziiuier:
Ist ein eigener Vorraum für die Schulkinder vorhanden?
Scharreisen ?
Ist ein Vorraum zum Aufhängen der Kleider und Mutzen
vorhanden? Eigener Eingang?
Sind im Klassenzimmer Haken zum. Aufhängen der
Kleider vorhanden?
Wände:
Fafsboden
Heizung
and
Ventilation:
Des Schulzimmers Lange? Breite? Höhe?
Farbe des Anstrichs? wie oft wird derselbe erneuert?
Ist ein Holzpaneei vorhanden? wie hoch? Sind die
Wände trocken?
Ist der Fufsboden gedielt? geölt? gestrichen?
Ist die Dielun^ dicht? Ist Schwamm vorhanden?
Ofen: Grundofen? eiserner Ofen? eisern mit Kacheln?
Heizung von auTsen? oder von innen ? raucht der Ofen?
Ist das Zimmer stets leicht zu erwärmen?
Ist ein Thermometer im Schulzimmer?
Heizmaterial: Holz? Torf? Kohlen? oder?
Wieviel Heizmaterial wird im Jahr verbraucht?
Wie weit ist der Ofen vom nächsten Sitzplatz entfernt?
613
Heizmig
Ist ein OfenBchirm vorhanden? Hat der Schornstein
einen Rauchaufsatz?
viid
Ist eine Ventilation mit dem Ofen verbunden?
Ventilation :
Ist eine Ventilationseinrichtung vorhanden?
1 Durch Blechröhren? oder?
Zahl der Fenster? an einer Wand? oder an zweien?
Wieviel Fenster liegen nach?
Wieviel Fenster liegen nach?
Breite der Fenster? Höhe der Fenster?
Höhe der Wand über den Fenstern? desgl. unter den
Fenstern?
Fällt das Licht von einer Seite her ein? von links?
Fenster:
Fallt das Licht von zwei Seiten her ein? von links
und hinten?
Von rechts und hinten? von links und vom?
Von rechts und vom? von rechts und links?
Gesamtglasfläche?
Wie weit ist das nächste Gebäude von den Fenstern
entfernt?
Hindern Bäume, Spaliere oder dergl. den Lichteinfall?
Bemerkungen:
Vorhänge u. s. w.
Zahl der Subsellien? Ist bei allen Bank und Tisch
fest verbunden?
Wieviel Gröfsenabstufungen?
Banklänge? Wieviel Kinder auf jeder Bank ?
Bankbreite ? Bankhöhe ?
Tiscbbreite ? Tischhöhe?
Schräge des Tisches? Bei festen Subsellien: Distanz?
Bei Subsellien neueren Systems: welches System?
Snbsellien :
Woher bezogen? Für wieviel Kinder im ganzen?
Wieviel Kinder auf jedem? Ist die Bank verrückbar?
Ist der Tisch verrückbar? Ist Hinusdistanz vorhanden?
oder herstellbar? Wieviel beträgt dieselbe?
Breite des Mitteilranges? Sind Seitengänge vorhanden?
Breite des rechten Seitenganges? des linken Seiten-
ganges ?
Tiefe des Raumes vor den Subsellien? hinter den
Subsellien ?
War das Schulzimmer gut gelüftet?
Reinlichkeit:
War das Schulzimi
näpfe?
mer gut gereinigt? Wieviel Spuck-
614
Bronnen
nnd
Tri AwMser :
Ist ein Schulbronnen Torhanden?
stets genug Waaeer?
Liefert derselbe
Ist das Wasser gat? farblos? geruchlos? geschmacklos?
Bauart des Brunnens: Feldsteinkessel?
kessel ? Cementringe?
Backstein-
Abessinier? Ist der Brunnen verdeckt? Pompe?
Ist eine Trinkwassergelegenheit für die Kinder vor-
handen ?
Ist eine chemische Untersuchung vorgenommen?
bakteriologische ?
eme
Resultat der chemischen Untersuchung;
Resultat der bakteriologischen Untersuchung:
Wieviel Sitze für Mädchen? wieviel für Knaben?
Wieviel für den Lehrerhaushalt? Ist eine Abortgrab«
vorhanden?
Abort:
Ist dieselbe cementiert? oder sonst gedichtet?
Ist ein Lüftungsrohr vorhanden? Höhe des Sitabrettes?
Ist ein Pissoir vorhanden?
gefangen ?
Wie wird der Urin auf-
Tnmplatz:
Gröfee des Schulhot'es? Dient derselbe als Spielplatz?
Ist ein Turnplatz dicht bei der Schule?
Oröfse desselben?
ungefähre
Wieviel Stuben? Wieviel Flüchenraum jede?
Wieviel Kammern? Wieviel Flächenraum jede?
Wie ist die Küche?
Lehrer-
wohnung:
Wie ist die Speisekammer?
Wie ist der Keller?
Hat der Lehrer eigenen Haushalt?
Wieviel Personen geboren zu demselben?
Wohnen noch andere Personen im Schulhause?
Wirtsehafts-
riume:
Sind Viehställe im Schulhause selbst?
Wieviel Vieh hält der Lehrer?
Ist eine dichte Düngergrube vorhanden?
Ist ein Düngerhaufen vorhanden? ein Komposthaufen?
Wie weit vom Prunnen?
Wie weit liegt der Abort vom Brunnen?
Znm Augensclialz bei abendlicher Nahearbeit. Wer ge-
zwungen ist, so schreibt unser verehrter Mitarbeiter, Herr 0. Jankb,
bei künstlicher Beleuchtung zu arbeiten, wird besonders von zwei
Übelständen zu leiden haben, nämlich von der übergrofsen Wärme-
strahlung und Ton der Blendung. Nicht unbedeutend ist die Hitze,
welche die von der Flamme ausgehenden Wärmestrahlen erzeugen.
Professor H. Cohn in Breslau hat in dieser Richtung einige
f
615
Messnngen yorgenommeii, zu welchen er eine Gaslampe mit Argand«
brenner Yon genau 20 Normalkerzen Helligkeit benatzte. Wenn er bei
einer Zimmertemperatur Ton 14^ G. ein bemfstes Thermometer in 10 cm
Entfernung Ton dieser Fianune aufetellte, bo stand dasselbe nach
10 Minuten auf 37^ also um 23^ höher, als die Zimmertemperator.
Bei Petroleumflammen ist zwar die Wirkung der strahlenden Wärme
eine geringere, als bei Gasflammen, aber noch immer eiae solche,
dafs sie uns Iftstig wird. In der Entfernung von 0,5 ro, in welcher
nach hygienischen Anforderungen die Lampe beim Schreiben und
bei allen feineren Handarbeiten stehen soll, yerspflrt man sowohl bei
G«B*, ak auch bei Petroleomflammen immerhin noch eine beträcht-
liche Wärme, die das Steigen eines in dieser Entfernung aufgestellten
Thermometers um mehrere Grade verursacht. Nun ist es aber nidb,t
immer möglich, die Flamme 0,5 m von unserem Auge entfernt auf-
zustdlen; namentlich werden Kurzsichtige und andere Augenleidende
die Lichtquelle gern näher haben, um eine möglichst helle Beleuchtung
der Aibeitsfiäche zu erzielen. Solche Personen haben dann unter
der Wirkung der Wärmestrahlung wesentlich mehr zu leiden. Bei
Flammen mit starker Wärmestrahlung tritt ein Gefühl von Trocken-
heit im Auge ein; die von der Thräneodrase und der Bindehaut
des Auges gelieferte Feuchtigkeit, welche den vorderen Teil des
Angapfels bedeckt, verdunstet zu schnell. Bas ist nicht nur lästig,
sondern muis auch eine Schädigung der zarten Häute, die den
vorderen Teil des Augapfels bilden, nach sich ziehen. Aber
in diesem Falle wird nicht blofs das Auge, sondern auch der Kopf
erwärmt ; es tritt Blutandrang nach dem letzteren ein, wie man dies
an den sich allmählich rötenden Wangen beim Arbeiten in der Nähe
einer Flamme bemerken kann. Häufig genug stellt sich zugleich
Kopfschmerz ein, der das Weiterarbeiten unmöglich macht. Derselbe
entsteht nicht nur durch den Blutandrang nach dem Gehirn, sondern
viel öfter noch dadurch, dafs die Augen- und Koptnerven von der
groCsen Wärme übennäbig gereizt werden. Wenn auch ein Gesunder
vielleicht ohne jede nachteilige Empfindung bei wärmenden Flammen
arbeiten kann, so ist es doch die grofse Zahl der Nervösen, welche infolge
ihres Leidens gerade für diesen Mangel unserer Beleuchtungsart
besonders empfindlich sind. Der zweite Übelstand bei der kflnst-
lichen Beleuchtung ist die Blendung. Ein jeder kennt die unangenehme
Empfindung im Auge, welche beim schnellen Übergang aus dem
Dunklen ins Helle und umgekehrt, sowie auch beim Blick auf stark
leuchtende Körper entsteht. Wenn überaus helles Licht, so nament-
lich bei Beobachtungen der Sonne oder einer offenen elektrischen
BogenUunpe, in das Auge fiült, so treten leicht Verbrennungen der
Netzhaut ein. Blicken wir längere Zeit in ein weniger intensives
616
Licht, 80 entsteht eine eigentfimliche Stumpfheit des Auges, die sieb
dadurch kund gibt, dafs wir beim Blick ins Dunkle eine ZeiÜani^
gar nichts sehen können. Gleichzeitig mit diesen Erscheinungen hst
man noch Entzündungen der Augenschleimhaut beobachtet, welcke
sich durch Thränen, Stiche im Auge, starke Rötung und Schwellnsg
der Bindehaut, Lidkrampf mit Lichtscheu und engen Pupillen geltend
machen. Wenn nun auch die schädigenden Lichtwirkungen beim
Schreiben und Lesen oder bei Handarbeiten in der Begel
nicht so bedeutend sind, so kann doch die lungere Dauer dieser
Wirkungen, wie sie in den langen Winterabenden eintritt, mit
der Zeit recht nachteilig werden. Leichte Leiden der genannten
Art . treten sdsdann fast bei jedem auf. Zur Verhütung der
schädlichen Wirkungen unserer Lampen hat man nun Lampen-
schirme der verschiedensten Formen konstruiert. Einer der
besten ist sicherlich der „Augenschutz^, wie Optiker Wulffs
hygienischer Lampenschirm genannt wird. Derselbe besteht ans
zwei breiten Flächen, die etwa 1,5 cm voneinander entfernt, am
Rande aber geschlossen sind. Der untere und obere Rand weisen je
6 — 8 Öffnungen von je 1 cm Durchmesser auf. An der Lampen*
glocke erwärmt sich nun die innere Seite des Schirmes, gleichzeitig aber
auch die im Zwischenräume befindliche Luft. Sobald diese Luft
wärmer wird, steigt sie nach oben und verläfst den Zwischenraum
durch die oberen Löcher. Zu gleicher Zeit wird durch die unteren
Löcher kühlere Luft angesogen. Infolgedessen erhitzt sich die
änfeere Wand des Schirmes nicht. Schon durch das Gefühl läfst
sich der Unterschied in der Temperatur der beiden Flächen er-
kennen: die innere Wand ist warm, die änfsere kühl, auch nach
stundenlangem Gebrauche. Durch diese Vorkehrung wird die Hitse
der Lampe von dem Kopfe der arbeitenden Person vollständig ab-
gehalten; ein auf der Arbeitsfläche aufgestelltes Thermometer weist
beim Gebranch des Schirmes keine Temperatursteigemng auf. Derselbe
ist an der Innenseite mit weifsem Glanzpapier überzogen, durch welches
die Lichtstrahlen so reflektiert werden, dai3 sie auf die Arbeitsfläche
fallen und hier eine bessere Beleuchtung verursachen. Dem Auge
wird dadurch ein leichteres und weniger anstrengendes Sehen ermög-
licht. Da dieser Lampenschirm den Teil der Lampenglocke verdeckt,
der dem Schreibenden zugekehrt ist, so kann letzterer weder die
Flamme, noch die helle Lampenglocke erblicken; jede Blendung
ist also vermieden. Natürlich mufs dabei vorausgesetzt werden, da/s
der Schirm grofs genug ist, um die Glocke an der einen Seite völlig
zu verdecken. Da femer nur ein Teil der Glocke bedeckt ist, so
wird bei Gebranch dieses Schirmes das Zimmer nicht verdunkelt;
das Auge hat also, wohin es auch blickt, fast immer dieselbe Liebt-
I
617
menge; es ist auch die für die Angen beste Anordnong des Sehens
bei Lampenlicht vom Dankien ins Helle erzielt. Durch einen
praktischen, dauerhaften Mechanismus lä&t sich der Schirm höher
oder niedriger an der Glocke anbringen. Der Preis des „ Augen-
schatzes ^, der 7on Rodenstocks optisch-okulistischer Anstalt, Berlin W.,
Leipzigerstrasse 101 — 102, bezogen werden kann, ist ein äufserst
m&fsiger; der Schirm ist schon von 1 Mark an erhaltlich.
Yergleiehe der yersehiedenen Belenchtnngsarten sind von
Professor Geelmuyden im physiologischen Institute der Universität
Christiania angestellt worden. Danach entsprechen 100 englischen
Normalkerzen per Stunde:
Bei euchtungs-
m aterial
Gas (Schnittbrenner) ....
„ (Argandbrenner) ....
„ (Begenerativbrenner)
„ (Inkandescenzbrenner)
Stearinkerzen
Gute Petroleomlampe . . .
Elektrisches Glühlicht . . .
Ver-
brauch-
tes
Material
1160 1
876 „
430 „
200 „
830 g
313 .
Erzeugtes
Wasser
in
Grammen
1044
808
387
180
847
898
Erzeugte
Kohlen-
säure in
Grammen
805
683
336
156
2316
980
Erzeugte
Wärme
Küo-
gramm-
kalorien
Kosten
in
Pence
6380
4820
2370
1100
7140
3440
299
2279
1761
874
403
17 067
687
3 225.
Eine gute Petroleumlampe ist demnach besser, als ein gewöhn-
licher Schnittbrenner, jedoch schlechter, als ein Inkandescenzbrenner.
Beides, Stearin und Petroleum, können Schwefel enthalten, der als
Schwefelsäure in die Luft entweicht, so dafs Gas vom hygienischen
Standpunkte aus nicht schlechter, als andere Beleuchtungsarten ist;
gutes Gas mit Argand- oder Inkandescenzbrennern verdient sogar
den Vorzug vor Petroleum.
Unrichtige Fnfsbekleidmig der Schfiler. Da auch die
Schüler sehr oft unhygienische Stiefel, bezw. Schuhe tragen, so
itUiren wir an, was die „Schtos. Bh f, Gsdhtspflg,^ über diesen
Gegenstand schreiben. Unter den mannigfachsten Leiden, welche
die Füfse des mit schlecht konstruierter Fuisbekleidung versehenen
Kulturmenschen zu erdulden haben, kommt auch sehr oft eine eigen-
tümliche Form- und Richtungsveränderung der Grofszehe vor. Die
Spitze der letzteren ist den übrigen Zehen zugewendet, steht also
beim rechten Fufse zu sehr nach rechts, beim Linken zu sehr nach
links. Ihre Längsachse befindet sich in einer mehr oder weniger
618
starken Abweichung nach der Seite der Kleinzehe, wftkrend wUr
gesunden Verhältnissen die Innenseite der Orofszehe die geradlinige
Yerlftngening des inneren Foferandes hydet md BMncbmal sogar
etwas von den übrigen Zehen absteht. Weitaus die meisten FSlle
dieser nnnatflrlichen Stellung sind durch abnorme, den anatomtsohen
Bau des Gelenkes zwischen Mittelfufsknochen und erstem Glied der
genannten Zehe nachteilig beeinflussende Druckyerhfiltnisse oder mit
anderen Worten durch unpassende Fufsbekleidang bedingt. Als
solche muis zunächst das sogenannte zweiballige, d. h. das iBr den
rechten und linken Fufs gleich gearbeitete Schuhwerk beaeidinet
werden. Ein einziger Blick auf die beiden parallel nebendnander
gestellten Fflfse eines Menschen belehrt uns, dafe ^ne eriieblkhe
Formveränderung beide Fttfse unmöglich in eine und dieselbe an-
schlieiäende Bekleidung passen können. Noch schlimmer aber ist das
jetzt so sehr in Mode gekonmiene spitze Schuhzeug, welches die
Zehen unbarmherzig von beiden Seiten zusammenpreist. Die Ver-
hütung des dadurch entstehenden, in hochgradigen Fällen sehr lästig
und schmerzhaft werdenden Fufsübels ist ganz in die EUmd des
einsichtigen Schuhmachers und des nicht modesttchtigen Schuhträgers
gelegt. Aber freilich das Gigerltum im Fulsbekleidnngswesen hat
noch so wenig aufgehört, als hätte der berühmte Zflrcher Professor
der Anatomie Hermann Meter seine Abhandlung „Bichtige Gestalt
der Schuhe"^ niemals geschrieben. Auf dem Titelblatte dieser
1868 erschienenen Broschüre finden sich zwei durch schlechtes
Schuhzeug verkrüppelte Füfse abgebildet, an denen die oben ge-
schilderte Grofszehenmifsbildung sehr deutlich hervortritt. la
dem Texte aber heifst es unter anderem: ^Auf die Bemerkung,
man könne mit der vorgeschlagenen Schuhform unmöglich „elegant
chaussiert'' sein, habe ich zu erwidern, dafs man nur erst einmal
den Begriff von „elegant" feststellen soll. Ein Teil hält „elegant'
für gleichbedeutend mit „modisch*^. Diese kann ich nur daraa
erinnern, dafs die Mode schon viele Launen gehabt hat und dais sie
deren noch täglich neue zeigt. Andere stofsen sich daran, die Ge-
stalt normaler Schuhe sei zu auffallend. Es hört aber etwas auf, auf-
fallend zu sein, wenn es allgemein gebräuchlich geworden ist.
Dagegen ist doch ein verkrüppelter Fuls recht unangenehm auffallend.
Und sollte selbst die vorgeschlagene Schuhgestalt etwas AufCalleides
haben, so besitzt sie dagegen den Vorteil, dafs sie immer gut sitit,
dais sie beim Gehen die gröfste Bequemlichkeit bietet, dafs sie den
Fufs gesund und wohlgebildet erhält und sogar einem schon be-
schädigten FuCse die Möglichkeit der Wiederherstellung gewählt
Und diese Vorteile dürfen doch auch bei dem Abwägen des Fflr
und Wider mit unter die Entscheidungsgründe aufgenommen werden.'
619
Hit HbrmäKN Mbter gehen auch heute noch die angesehensten
Gesnndheitslehrer Hand in Hand. In semen neuesten „Orundsügm
derHygieiM^ sagt Professor PraüskITZ : „Das Schuhwerk mnb genan
nach der Form des Fufses gehildet werden und die natdrliche Bewegung
des Fnises gestatten. Der vordere Teil des Schuhes — das ist
ganz hesonders wichtig — hat sich nach der Form der Zehen zu
richten und darf diese nicht zusammenpressen.^ Yon den Er-
wachsenen wird wohl noch lange der Ausspruch des treffHchen
Hygienikers SONDBRBGaBR gelten: „Dafs die hohe Eleganz sich von
ilü*en spitzen Schuhen, eingewachsenen Nftgeln, entzflndeten Gelenken
und zeitweisen Schmerzen freiwillig trennen sollte, wäre zu viel ver-
langt''j aber vielleicht lassen sich der Jugend hygienische Grundsätze
Ober das Schuhzeug einprägen, welche später einmal in Wirklichkeit
umgesetzt werden.
Naehteile des Korsetts. Das 115. und 116. Heft der
YOLKHAimschett j^Sammkmg klinischer Vorträge^ enthält eine vor-
nehmlich die Wirkung des Korsetts behandelnde Arbeit von
E. Mbinbrt: ,,Über einen bei gewöhnlicher Chlorose
des Entwicklungsalters anscheinend konstanten patho-
logisch-anatomischen Befund. ** Verfasser konstatierte bei
Bleichsüchtigen aufser der stets vorhandenen Hämoglobinver-
minderung im Blute eine mehr senkrechte Lage des Magens,
der auch an der kleinen Kurvatur verlängert ist. Dabei er-
scheint das Querkolon nach abwärts gedrängt und die tiefstehende
rechte Niere beweglich. Glekarb, der die Zusammengehörigkeit
dieser Anomalien zuerst erkannte, nannte den Zustand je nach
den herabhängenden Teilen Enteroptose, bezw. Gastroptose, Ne-
phroptose u. s. w. MsiNERT hat nun bei 100 Mädchen neben
typischer Bleichsucht die GLENABDsche Krankheit festgestellt; er glaubt
daher, dafs erstere Störung nicht ohne letztere vorkommt. Sein
Material fand er in einer Dresdener Dienstbotenlehranstalt, welche
Mädchen vom 14. Lebensjahre an aus der Volksschule aufnimmt
und iVs Jahre lang verpflegt. Nach ihm erzeugt die Einschnürung
des unteren Brustkorbes Verdrängung des Magens nach abwärts;
dabei erscheint es gleichgültig, ob das Schnfiren durch Korsett oder
Rockbänder erfolgt. Während der unterhalb der Rippen sitzende
Rockbund ebensowenig Chlorose veranlafst, wie der in Nabelhöhe
angebrachte Riemen, mit dem der Arbeiter seine Beinkleider befestigt,
entsteht diese Krankheit nach französischen Quellen in Kadetten-
schulen durch den zu hoch getragenen Taillengurt. Besonders
schädlich zeigte sich das zeitweise getragene orthopädische Korsett,
während das englische gUrtelartige und niedrigere, das unterhalb der
Rippen sitzt, und ebenso das erst nach der kräftigen Entwickelung
620
des Brustkorbes angelegte den Magen nicht belästigt, sondern nur
das Qnerkolon herabdrängt. Es erscheint deshalb das neuerdings
in Familienzeitschriften als schonend empfohlene möglichst frahzeitige,
d. h. vom 8. Lebensjahre an erfolgende Anlegen eigentlicher Korsetts
am verderblichsten. Die kein den Brustkorb beengendes Kleiduogs-
stflck tragenden Völker sollen auch keine Bleichsucht des Entwicke-
lungsalters kennen; von den Japanerinnen leiden nach Scriba nar
die europäisch gekleideten an dieser Krankheit.
Sa$es$ef(^t(i|tlt(^eB.
Sehulhygienisehes ans dem letzten Jahresbericht les
KSniglich sftchsischen Landesmedüinalkollegiams. Im Medizinal-
bezirke Kamenz besichtigte der Bezirksarzt 39 Schulen, zum Tefl
wiederholt. Die Untersuchung erstreckte sich dabei in der Haupt-
sache auf etwaige ÜberfQllung der Klassenzimmer, Luftbeschaffenheit,
Temperaturverhältnisse und Beheizungsart derselben, auf Desinfektion
und Reinhaltung der Aborte, auf die Instandhaltung des Schulinventars,
auf die gehörige Benutzung der vorgeschriebenen Ventilation bei und
nach dem Unterrichte, auf die Sauberkeit der Schnlzimmer und
der Korridordielen, auf die erforderliche Erneuerung des Anstriches der
Klassenwände, auf Verbesserung der Heizungsvorrichtungen, auf die
Gesundheitsverhältnisse der in den Schulen gerade anwesenden
Kinder, sowie deren schulpflichtiger Geschwister. Es waren im
Berichtsjahre bei diesen Revisionen weniger Ausstellungen zu machen,
als im Vorjahre. Dieselben betrafen besonders schlechte Luftver-
hältnisse in den Schulstuben, mangelnde Reinlichkeit in den Klassen-
zimmern, in den Garderoberäumen und auf den Korridoren, abgenutzten
Wändeanstrich, Unreinlichkeit der Pissoirs und Aborte, ungenügende
oder ganz fehlende Desinfektion derselben. Die bezirksärztlich
verlangten Verbesserungen wurden unter bereitwilliger Mitwirkung
der betreffenden Klassenlehrer und Lokalschulinspektoren meist
direkt und ohne Weigerung von den Schulvorständen ausgefllhrt
— Unser geschätzter Mitarbeiter, Herr Bezirksarzt Dr. Hankel,
berichtet, dafs im Medizinalbezirke Glauchau die Schulen allmählich
immer sauberer werden. . Auch die Aborte zeigen eine unverkennbare
Besserung. Leider fehlt noch in vielen Schulen die Einrichtung,
dafs die Kinder sich waschen können. Ganz ungenttgende Verhältnisse
fanden sich im Seminare zu Waidenburg. Schon beim Eintritt in
621
das Schalhans machte sich «in dumpfer, widerlicher Gerach bemerkbar,
welcher sämtliche Räume durchdrang. Die Korridore waren überall
dunkel; auf der einen Seite werden sie durch die Wohnung des
Direktors, bezw. des Hilfelehrers, auf der anderen durch die Aula,
bezw. die Studierzimmer begrenzt, so dafs an der kurzen Seite sich
keine Fenster befinden. An der langen Seite liegt in der Mitte das
Treppenhaus, doch hat dies auch keine Fenster, sondern deren Stelle
nehmen die Aborte ein,* welche sich über die ganze Breite der
Treppe erstrecken. Der Korridor bekommt daher keine frische
Luft, sondern nur den Abortgeruch. £s ist unter diesen Umständen
kaum anfüBllig, dafs die Krankheiten im Seminare nicht aufhören.
Im Jahre 1885 mufste dasselbe wegen Diphtherie, 1890 wegen
Influenza, 1891 wegen Scharlach, 1892 zweimal wegen Influenza
und 1893 wegen derselben Krankheit längere oder kürzere Zeit
geschlossen werden. Es wird nicht anders Abhilfe zu schaffen sein,
als dafs man die Korridore hell macht, und zwar soweit irgend
zulässig an der kurzen Seite, jedenfalls aber durch Entfernung der
Aborte aus dem Treppenhause. Für diese ist ein eigenes Oebäude
im Hofe einzurichten, das mit der Anstalt durch einen überdeckten
Gang in Verbindung stehen mufe; bei dem Internate dürfte auf 15
bis 20 Schüler ein Abortsitz zu rechnen sein. Die Verlegung der
Aborte ist auch beschlossen worden. — Im Medizinalbezirke Flöh a
fand der Bezirksarzt bei seinen zahlreichen Revisionen hinsichtlich
der Sauberkeit und Instandhaltung der Lehrzimmer, Korridore, Höfe
und Abtritte befriedigende Verhältnisse. Die älteren Subselliea
Terschwinden mehr und mehr, und neuere, nach verschiedenen
Systemen gebaute (zweisitzige, viersitzige mit Ausschnitten in der
Bank zum Stehen, verschiebbare Tischplatten) treten an ihre Stelle. —
Das neue Schulhaus zu Borstendorf im Medizinalbezirk Flöhat
einem Dorfe von 2000 Seelen mit Spielwarenindustrie, enthälr
vier Lehrzimmer, sowie drei Lehrerwohnungen und stellt einen für
das Land respektabeln Bau dar. Die Klassenzimmer, das Carcer
und die Garderoben werden durch eine Niederdruckdampfheizung
erwärmt; die Heizkörper sind in den Fensternischen angebracht.
Einer ausreichenden Lüftung hat man allenthalben Rechnung getragen.
Der Abort ist hinreichend weit vom Gebäude angelegt und gut
gelüftet. — Bei dem Schulhause zu Königstein im Medizinalbezirke
Pirna wurde ein besonderes Abortgebäude mit Wasserspülung und Desin-
fektion mittelst Eisenvitriol nach Kurlands System errichtet, und hat
sich die Einrichtung gut bewährt ; die Aborte sind geruchlos, und die
Ablassung der Abwässer in die Bielabach hat zu Unzuträglichkeiten
nicht gefühitt. — Zu Mühlau im Medizinalbezirke Rochlitz fand der
Bezirksarzt die Kinder in drei verschiedenen Schulhäusem unter-
622
gebracht, von denen nur das eine für Schnlzwecke als genflgeml
bezeichnet werden konnte, während die beiden anderen Verhältnisse
darboten, welche jeder Gesundheitspflege spotten. Das in der Kähe
der Pfarre geleigene Schulhans zeigte die gröisten ÜbelstAnde.
Niedrige, dflrftig beleuchtete, schlecht ventiliertei schmutzige, mit
üblem Geruch erfüllte, unzweckm&fsig beheizte Zimmer dienten als
Klassen. Nicht blos gesundheitsschädlich, sondern lebensgefährlich
sind die Abortanlagen dieser Anstalt. Mit losen Knitteln war die
Abortgrube bedeckt, über welche die Kinder gehen mflssen, am
nach den Abortsitzen zu gehingen. Eins dieser Rollhölzer war in
die Grube gefallen, und lag die Möglichkeit vor, dafs ein Kind
durch die so entstandene Lücke in die Grube hinabglitt Die
Bezirksschulinspektion gab der Gemeinde nach Eingang des bezirks-
ärztlichen Bevisionsberichtes unter Strafandrohung auf, sofort diese
Übelstände soweit als möglich zu beseitigen und den Schulhaas-
neubau, der seit Jahren geplant und genehmigt ist, noch in diesem
Jahre zu beginnen. Mühlau ist ein Schmerzensldnd der Bezirks-
schulinspektion. Die erwähnten Übelstände sind seit vielen Jahren
bekannt, die Inspektion hat sich eifrigst bemüht, Wandel zu schaffen,
die Gemeinde zieht aber den Neubau unter allen möglichen Yorwänden
immer wieder hin.
Die Sonderansstellnng fBr Schnlgesandheitspflege in Berlin.
Wir teilten in der vorigen Nummer unserer Zeitschrift mit,
dafs das Komitee für diese Ausstellung in der Bildung begriffen sei.
Zu den bereits genannten Herren sind noch die nachstehenden
hinzugekommen: Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Heubnxb in
Berlin, Professor Dr. Hermann Cohn in Breslau, Professor Dr.
VON E8MARCH in Königsberg i. Pr., Dr. Max Jobbph in Berlin,
Professor an der technischen Hochschule RiBTSCHSL in Ghariotten-
burg, Direktor des Dorotheenstädtischen Realgymnasiums, Geheimer
Begierungsrat Professor Dr. Schwalbb in Berlin, Kreisphysikos
Dr. Richter in Marienburg, Regierungs- und Medizinalrat Dr.
R. WSHMER in Koblenz, Oberamtsarzt Dr. Cameber in Urach und
Professor Dr. KOSSMANN in Berlin. Die Ausstellung umfaTst folgende
Gebiete: 1. Schulbänke und Hauspulte; 2. Geradehalter und ähn-
liche Apparate; 3. Gegenstände für Sauberhaltung der Schulräome;
4. künstliche Beleuchtung und SehprOfung; 5. Heizung und Venti-
lation; 6. Klosetts und Schulbäder; 7. Schultafeln, Schreibmaterialien
und Schriften-, 8. Schulmappen; 9. hygienischen und naturwissen-
schaftlichen Unterricht; 10. körperliche Erziehung und Hanstum-
gerate. Unter den Firmen, welche sich bereit erklärt haben, an der
Ausstellung teilzunehmen, befindet sich eine Anzahl solcher, welche
auf dem betreffenden Gebiete eine leitende SteUung einnehmen.
j
623
Seknlhygienisehe Verhandliiiig des Xu. intariudiM&laB
nedkinisehen Kongresses in Hoskan« Die russischen Ärzte, so
schreibt das yfKorr^pdzbl. f. Schweie, Är/ste*^, scheinen die ihnen
durch Übernahme des internationalen medizinischen Kongresses zu-
gefallene Aufgabe sehr ernst zn nehmen. Sie möchten denselben zn
«nem Markstein in der Geschichte des Fortschrittes aaf dem
Gebiete der öffentlichen Gesandheitspflege und der CiTÜisation ge-
stalten, wie ans einem von Dr. Idblson an Professor Srlifossowsei
und an den leitenden Ausschufs des Kongresses gerichteten offenen
Briefe hervorgeht. Der Kongrefe soll hauptsächlich danach trachten,
grofse Fragen von praktischer Wichtigkeit zur Besserung des Zu-
standes der unteren Klassen und zur Verhütung menschlicher
Leiden zu diskutieren und zu lösen. Unter den Fragen, welche in
erster Linie das Interesse der Kongressmitglieder aof sich zu richten
verdienen, befindet sich auch eine schulhygienische: „Die all gemeine
biologische Untersuchung der Schulkinder.^ Von den
sonstigen Themen nennen wir noch: „Der Einflufs des Korsetts auf
dea weiblichen Organismus^ und „Der Mnflufs der Armut auf die
Entstehung von Neurosen und Psychosen.*" Zur Bearbeitung jeder
Frage wftre ein besonderer Ausschufs zu ernennen, der sich an die
Ärzte aller eivüisierten Länder wenden und dieselben auffordern
wttrde, nach einem vorgeschriebenen Plan die zur Lösung der Frage
notwendigen Untersuchungen vorzunehmen. Dieser Aufruf därfte zur
Folge haben, dafs in der nächsten Zeit zahlreiche Arbeiten über die
gestellten Themata erscheinen, welche bei dem Kongresse mit Hilfe
eines internationalen Ausschusses zur Abfassung eines General-
berichtes verwendet werden könnten; letzterer müfste dann als
Grundlage der Diskussion dienen. Sämtliche Ärzte aller liänder, so
schliefst Dr. Idelson, werden eine gut organisierte Armee bilden,
derm Fahne auf der einen Seite die Worte „Salus populi suprema
lex", auf der andere die Inschrift „Einer fdr alle und alle für
einen** trägt.
Der Gesnndlieiisziistand in den Londoner Armensehnlen
wird von y^The Brit Med, Joum.*^ als sehr ungünstig geschildert.
Eine Versammlung der Schulbehörde von Jjambeth stellte zwar die
Verhältnisse als durchaus befriedigend dar, allein der ärztliche Schul-
inspektor Dr. Rioa erklärte, dafs nahezu 70 Kinder sich im Isolier-
krankenhause in Behandlung befänden, dafs einige weitere Fälle
von Mumps und Friesel (chicken-pox) vorgekommen seien und
dafs drei Kinder wegen Scharlachfieber aus dem Unterricht hätten
entfernt werden müssen. Es litten also ungef&hr 20 Prozent der
Schulbesucher an Krankheiten, welche hätten vermieden werden können,
und die Frage verdient daher Erwägung, ob nicht die lokalen
624
Einrichtungen der Armenschulen durch eine Centralbehörde in
hygienischer Beziehung zu kontrollieren seien.
Kinderarbeit in der prenfsisehen Industrie. Auch Ar
das Jahr 1894 sind von den prenisischen Gewerberftten die Zahlen*
über diejenigen in Fabriken beschäftigten Arbeiterkategorien geliefert,
welche unter dem besonderen Schutz der Gewerbeordnung stehen.
Danach wurden von jugendlichen Arbeitern im Alter von 14 bis
16 Jahren 104 886 oder 1255 weniger als im Jahre 1893 be-
schäftigt. Ein gro&er Teil derselben, nämlich 22 856, fUlt auf die
Textilindustrie. Nach der Gewerbeordnungsnovelle vom 1. Juni 1891
dürfen bekanntlich Kinder unter 14 Jahren nur dann noch in Fa-
briken arbeiten, wenn sie nicht mehr schulpflichtig sind. Es ist
deshalb die Zahl dieser in den Fabriken beschäftigten Arbeiter-
gruppe fast ganz verschwunden und vermindert sieh aliljähriicfa
mehr. Im Jahre 1894 waren insgesamt 827 derartige Kinder
in Fabriken thätig oder 479 weniger als im Jahre 1893. Bei
ihnen entfällt der gröfste Teil, nämlich 219, auf die Industrie der
Steine und Erden; in der ganzen chemischen Industrie wurde nur
ein einziges solches Kind beschäftigt. Was schlieislich die Bergwerke,
Salinen und Aufbereitungsanstalten Preufsens betrifft, für welche die
genannten Arbeiterkategorien besonders gezählt werden, so betrug
bei ihnen die Zahl der im Jahre 1894 beschäftigten jungen Leute
von 14 bis 16 Jahren 10388, die der Kinder unter 14 Jahren
62, die Anzahl sämtlicher jugendlicher Arbeiter demnach 10 450 oder
2,81% der Belegschaft. Von den jugendlichen Arbeitern waren
9296, also fast die Gesamtheit, über Tage beschäftigt. Die Zahl
hat gegen das Vorjahr um 210 abgenommen. Die meisten, nämlich
4876, bezw. 3111, kommen auf die Oberbergamtsbezirke Dortmund
und Bonn.
Verbreitung der Masern in den städtisehen Kinder
be Wahranstalten zu Namnr. Den „ Tabl mens, de la SocUt. ra^.
de nUd, puhl, de Belgique"' entnehmen wir, dafs im Juli d. Js. unter
den Besuchern der städtischen Kinderbewahranstalten in Namur eine
Masemepidemie geherrscht hat, während die gleiche von Nonnen
gehaltene Anstalt verschont blieb. Ein kaum geheiltes Kind, dessen
Körper sich noch vielfach mit Hautabschnppungen bedeckt zeigte,
war in die Anstalt zurückgekehrt und hatte auf diese Weise die
Krankheit verbreitet; die Epidemie verlief übrigens müde.
Eine Vergiftung cvreier Sehnlkinder mit Steehapfelsaaen
wird von Weheli in dem ^Korrspdssbl, f. Schwz, Ärzte^ mitge-
teilt. Die Vergiftungserscheinungen waren im groisen und ganzen
denen bei Belladonnavergiftung ähnlich und auf den Genufe von
Samen und Fruchtfleisch von Datura stramonium zurückzuführen.
625
Dieselben bestanden in heftiger motorischer Unrahe mit schwerer
BewofstBeüisstörung , lebhaften Illusionen und HaUucinationen des
Oeedchts, Gehörs, Geschmacks, Erweiterung der Pupillen, Bötnng der
SehleunÜUite der Augen, des Mundes und des Bachens, jedoch ohne
anfiUlige Trockenheit derselben. Beide Kinder im Alter von 6,
bezw. 14 Jahren grasen unter entsprechender Behandlung.
Die MeisteraeliaftawettkSmpfe des AmatenratUeteiiTer-
bandea an den üniTeraitäten Oxford nnd Cambridge sind nach
der jfDtßdh, Tum-'Ztg.*^ in diesem Jahre bei prachtvollem Welter
auf das schönste verlaufen. 10000 Menachen verfolgton die Vor-
fthnugen mit lebhafter Teilnahme, und rauschender Beifall belohnte*
die tarefilichen Leistungen. Von den 13 Siegern des vorigen Jahres
haben 7 wiederum den Preis gewonnen, 4 wurden geschlagen, ^ be-
teiligten aich nicht. Wie ablich, fanden 13 Wettkampfe statt, 7 mal
Wettläofe über verschiedene Strecken, 1 mal Wettgehen, 3 mal
Springen und 2 mal Werfen. Bei dem Wettlaufen über die halbe
englische Meile (762 m) liefen 17 Mann. Der erste erreichte das
Ziel in 1 Minute 56 Sekunden; 15 L&ufer langten innerhalb der
zu einem Preis erforderlichen geringsten Zeit von 2 Minuten 2 Se-
kunden an nnd erhielten dafftr y,Zeitmedaillen^. FQr den Wettlaof
Ober 100 Tards (9 IV» m) braudite der Siegw 10 Sekunden. Sieger
im Hflrdenrennen über 120 Tards (109 Vs m, 10 Hindernisse, geringste
Zeit 17 Sekunden) wurde ein Student in 16 Sekonden; von 10 Länfem
erhielten 8 die „Zeitmedaüle^. Bei dem Werfen eines 7,2 kg
schweren Hammers erreichte der beste 40Vs m. Den Preis im
Wettlaufen über eine englische Meile (1524 m) errang bei ^er
vorgeschriebenen geringsten Zeit von 4 Minuten 30 Sekunden unter
8 Unfern mit 23 m Vorspmng der Sieger in 4 Minuten 17 Sekunden ;
6 L&nfer erhielten die „Zeitmedaille^. Im Stabhochspringen (3 m
geringste Höhe) endelte der erste 3 m, der zweite sprang 2,75 m
hoch. In einem nachfolgenden Schao^ringen wurde eine Höhe von
3,30 m erreicht. Im Wettlauf über Va Meile (381 m) siegte unter
6 liUifem mit einem Fufse Vorsprang der beste Lflufer in 50 Sdnmden.
Die geringste Zeit war 52 Sekunden; alle erhielten die „Zeitr
medaille". Den besten Freihochsprung machte bei einer vorge*
flcfariebeaen Höhe von 1,70 m ein Oxforder Stndent; er sprang
1,82 m, der zweite 1,79 m hoch. Bei dem Hindenüswetüanf über
2 MeU^ (3048 m) wird gleichfalls ein Oxforder mit 23 m Yor-
sprung in 11 Minuten 24 Sekunden leicht Sieger. Für das Werfen
eixies 7,2 kg schweren Gewichtes sind 11 m voiigeschriebea; der
Sieger wirft es 13,50 m, der nächste 13,14 m, der dritte 13 m weit.
Bei dem Wettgehen üb^ 4 Meilen (6096 m) wird als geringste Zeit
3lVt Minuten verlangt, unter 7 Wettkämpfern braucht der Sieger
SeholfefOBdlMitopfleg« VHI. 40
626
30 Minuten 7 Sekunden. Deijenige, welcher als erster anlangt,
wird des Sieges verlustig erklärt, da er kurz vor dem Ziele gelaufen
ist. Das geringste vorgeschriebene Mais fttr den Freiweitspnmg sind
6,25 m. Der erste springt 6,57 m, der zweite 6,48 m, der dritte
6,30 m weit. 1 1 Kämpfer treten zum Schlüsse den Wettlauf Aber
4 Meilen (6096 m) an, geringste Zeit sind 21 Minuten. Der Sieger
erreicht das Ziel in 19 Minuten 49 Sekunden und mit etwa 73 m
Yorsprung.
Nächtliehe Wandemngeii der GymnasiasteB in Kremsier
zun Zwecke astronomischer Stndien. In der „Zfsehr. f. Tum.
ü. Jgdsph"' berichtet M. GüTTMAim, dafe die SditOer des Staats-
gymnasiums in Kremsier abendliche Wanderungen behufis astronomi-
scher Beobachtungen unternommen haben. „Wie in den vier
Torhergehenden, so wurden auch im abgelaufenen Jahre im ganzen
46 solcher Ausflüge Teranstaltet. Während des ganzen Schu^ahres
kamen fast allwöchentlich, mindestens aber dreimal im Monat, an
sternhellen Abenden oder vor Tagesanbruch mit einer kleinen
Gruppe von Schülern — etwa 10 — Spaziergänge behufs Betrachtung
des Sternenhimmels zur Ausführung. Dadurch prägte sich jedem
einzelnen das Gebilde der gesetzmälsig wechselnden Erscheinungen
so ein, dafs nicht bloüs die approximative Lage der bedeutenden
Fixsterne zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten, sondern auch
die Bewegungsgesetze der Sonne, des Mondes und der Planeten in
den fundamentalsten Zügen bleibendes geistiges Eigentum der Schüler
geworden sind.^ Bei dieser (Gelegenheit wurden femer auch Be-
rechnungen des Auf- und Unterganges der Gestirne und Beobachtungen
ohne und mit Femrohren angestellt. — So wünschenswert ohne
Zweifel eine gewisse Kenntnis des gestimten Himmels f%Lr Gymnasiasten
ist, so scheint uns des Guten hier doch etwas zu viel gethan zu sein.
Denn nicht nur, dafs 46 Ausflüge mit astronomischen Beobachtungen und
Berechnungen fast ein vollständiges, neues Unterrichtsfach repräsentieren,
so raubt man den Schülem durch das Aufstehen vor Tagesanbmch auch
einen Teil der für sie so nötigen nächUichen Ruhe. Aulserdem muls
der Elassenunterricht notwendig damnter leiden, wenn ein Teil der
Arbeitskraft bereits durch nächtliche Arbeit verbraucht ist.
Das Ende der Sehfilerbataillone in Frankreieh. Die Stadt
Paris lädst demnächst versteigem: 10000 Gewehre, 9000 Tornister,
6000 Gürtel, 70 Pfeifen, 100 Trompeten, 100 Trommeln, 80 D^en
für Feldwebel, 100 Säbel, mehrere 1000 Mützen, Feldschüsseln und
sonstigen Nachlafs der Schülerbataillone. Welche Begeisterung
herrschte nicht vor 12 bis 15 Jahren für diese Bataillone, die schon
als künftige Sieger gefeiert wurden! Nach wenigen Jahren trat
jedoch eine Ernüchterung ein. Aber die Behörden, besonders die
627
Radikalen^ hielten noch eine Zeit lang krampfhaft daran fest, bis
BcUie&lich kein Widerstand mehr mdglich war. Die Schtllerbataülone
sind seit Jahren verschwunden.
Sanatorium Ar kencUnutenkranke Kinder, wie wir ans
dem nJo'wm. des praUciens*^ erfahren, geht man in Paris mit dem
Plane nm, ein besonderes Sanatorium fQr kenchhostenkranke Kinder
anf dem Lande zn errichten. Dasselbe soll einerseits dem Stadium
und der Behandlung dieser Krankheit dienen, andererseits durch
Absonderung der Kranken die Ansteckung, namentlich in den
Schulen, yerhindem.
FranzSrische Ferienkolonien. Der Stadtrat yon Paris, so
schreibt j^Le Progr, m6d,^^ sendet alljährlich eine grofse Anzahl
Schulkinder w&hrend der Ferien aufs Land. Auch im abgelaufenen
Jahre befanden sich wieder 8344 Knaben und Mädchen unter der
Aufsicht ihrer Lehrer und Lehrerinnen teils am Meere, teils im
Gebirge in Ferienkolonien. Über die erzielten Erfolge gibt die
folgende TabeUe AufschluDs, deren Zahlen Durchschnittswerte dar-
stellen:
Arrondiflsement
von Paris
Geschlecht
Gewichts-
zunahme
Längen-
znnahme in
Zunahme des
Bmstum&nges
in Grammen
Millimetern^
in Millimetern
2.
Knaben
1450
6
58
Mädchen
1337
17
58
8.
Knaben
1062
52
18
Mädchen
1364
66
22
8.
Knaben
1306
66
10
Mädchen
1393
66
20
9.
Knaben
964
14
42
Mädchen
1301
5
80
11.
Knaben
1880
9
34
Mädchen
1440
8
7
12.
Knaben
1079
6
13
Mädchen
1106
13
26
. 20.
Knaben
3300
13
14
Mädchen
2550
13
10.
Dieselbe Nummer des n^ogr, m6d.^ meldet femer, dafs ein
Grundbesitzer des Departements Ain der Stadt Lyon 400 Hektare
Land zur Yerfttgung gestellt hat, um daselbst eine Ferienkolonie fbr
arme, kränkliche Kinder zu errichten. Das geschenkte Gut liegt 45 Kilo-
meter von Lyon entfernt am linken Ufer der Rhone und umfaCst
40*
628
einen Wald, TerschiedeaB Wieaai, sowie ein Gebinde» das 50 bis
60 Kolontsten anftiebmen kann.
Jugendhorte in Bayen. Der Gedanke, Kinderiiorte zn er-
richten, ist auf den 1883 Teratorbenen Professor der Philosophie
and Pidagogik an der üniTersitftt Erlangen Dr. SCHMii>*ScHWASzaN-
BBse anrflclaEnfUiren, der schon 1872 dort die Bildong m
VolksernehangsTereinen angestiebt hat. im Juli 1872 erricliteCe er
den ersten Jagendhort in Deatschland anter dem Kamen „Sonnen-
blnme*' in Erlangm. 1876 wurde anf scane Anregong hin eine
ähnliche Anstalt in B&amenheim bei Donauwörth ins Leben gemÜBB,
and 1879 erö&ete der Volksegriehnngsverein in Aagsbnrg eine
Erziehungsanstalt f&r arme Eindery die nach der Schule ohne Heim
und Aufsicht sind. Im Jahre 1881 wurde der Knabenhort in
Mflnchen gegründet, 1885 ein solcher in Nürnberg, dem spftter
noch yier andere daselbst g^olgt sind, und heute trifil man in
allen grOlseren Orten Deutschlands diese für Q^t und Leib der
Jugend gleich wohlthfttig wirkende Einrichtnng an.
Zum Einwiekeln des SehnlfrShsticks. Bekanntlich bringen
▼iele Kinder, namentlich bei ungeteiltem unterrichte, in die Schale
ihr Frühstück mit. In Hamburg werden dazu sowohl von den
Mittel-, wie von den Yolksschülem meistens Blechbüchsen benutzt,
die mit einem Biemen zum Umhängen über die Brust Tersehen
sind. An anderen Orten begnügt man sich mit blolsem Einschlagen
des Frühstücks in Pikier. Es dürfte daher eine aanitftre Verordnung
von Interesse sein, die nach j^Le Progr. mid.^ kürzlich von dem
Magistrate in Montpellier erlassen worden ist. Danach dürfen Lebens-
mittel von den Verkfkufem niemals in ein irgendwie gefärbtes Papi«r
eingewickelt werden. Der Gebrauch von bedrucktem oder beschriebenem
Papier ist nur für trockene Gemüse, Wurzeln, Knollen und Obst ge-
stattet. Alle übrigen Lebensmittel sind in neues weifses oder stroh-
farbenes Papier einzuwickehi. Für das SchulMhstück empfiehlt sich
besonders das seit einiger Zeit in Aufioahme gekommene, fOr Fett
undurchlässige weiüse Papier, da auf diese Weise Bücher und Hefte
nicht beschmutzt werden.
Das Sehnlbrausebad zu Itzehoe in SoUeswig-Holsteia.
Die Itzehoeer Stadtvertretung hat die Kosten nicht gescheut}
um in ihrem neuen Schulhause vor dem Delfthor ein Schal-
brausebad einzurichten. Dieses Bad, dessen Einrichtungen eise
Hamburger Firma geliefert hat, wird in den j,lUeh. Nachr,^^ wie
folgt, beschrieben. Die Anlage, untergebracht in einem im Kfiltor*
gescbob liegenden Baume, ist in zwei Teile geteilt, in einen
Ankleide- nnd einen Baderaum ^ die WasserbefördemngSFumpe
befindet sich im Windfange. Der Baderanm enthält vier Zinkfiiüi-
j
629
wanaen von 1 m Durchmesser, welche so aofgesteUt sind, dals
man von allen Seiten an sie herankommen kann. Der Fofebodea
unter den Wannen ist schräge gelegt Letztere werden nach Anf^
Zug eines YentUverschlnsies anf den Boden entleert. Zwischen
den Wannen ist der ganze Fnfsboden mit einem Holzlattenroste
bedeckt Über jeder Wanne befindet sich an der Decke eine
greise Messingbranse« Der Ankleideranm liegt etwas hoher als
der Baderanm und ist dnrch eine Sänle, eine Qaerwand nnd die
Fensterwand des Windfanges Ton diesem getrennt. Im Ankleide-
raome befinden sich an der Wand entlang vierondzwanzig Banksitze
mit Bttckenlehne mud Kleiderhaken, um den Mittelpfeiler hemm
sind folgende Apparate angebracht: 1. ein HeiCswassererzeuger, 2. ein
Wassermischapparat, 3. ein Yentilstock und 4. die erforderlichen
Bohrleitongen. Das zam Baden nötige Wasser wird einem im Dach-
geschob des Schnlhanses aufgestellten Behälter von ungefähr 2000 Liter
Inhalt entnommen. In diesen Behälter gelangt dasselbe durch eine
Pompenanlage. Die Erwärmung des Wassers geschieht im Heib'>
Wassererzeuger vermittelst Gas. Die Oasheizung lädst sich im
Winter verstärken, um Bade- und Ankleideraum gleichzeitig zu
erwärmen. Beide Gaseinrichtungen, die fOr Wasser und die für
Raumerwärmung, können voneinander unabhängig benutzt, abgestellt
und geregelt werden. Der Behälter für das heiüse Wasser ist von
Kupfer. Aus ihm tritt dasselbe in den Mischapparat, in welchen
gleichzeitig so viel kaltes Wasser eingeführt wird, dafe das dem Ventil-
stocke zugefnhrte Wasser eine Temperatur von 25 bis 28^ B. hat Der
Yentilstock besitzt vier Abschlflsse, entsprechend den vier Wannen, durch
deren Anstellen die Brausen in Thätigkeit gesetzt, durch deren Abstellen
sie zum StiUstand gebracht werden. Alle zur Badeleitung erforder-
lichen Handgriffe sind so bequem, dafs sie sehr leicht von einer
Person ausgeführt werden können. Das Baden der Kinder findet
nicht gegen Ende des Unterrichtes statt, damit dieselben sich nach
Benutzung der Brausen noch wenigstens eine Stunde im warmen
Klassenzimmer aufhalten, bevor sie in die kalte Aufsenluft treten.
Nach dem Alter werden zeitweilig zwölf bis zwanzig Kinder zum
Baden aus der Schulstunde entlassen. Sie entkleiden sich auf der
für sie bestimmten Bank, hängen ihre Kleider an die angebrachten
Haken und treten dann, nach der Gröfse geordnet, zu zwei bis vier
in eine Wanne des Baderaumes. Sind alle vier Wannen besetzt, so
labt der beaufsichtigende Lehrer die Brausen spielen, und die
Kinder reinigen sich. Nach Verlassen des Bades findet das Ab-
trocknen und Ankleiden statt. Inzwischen ist eine zweite Reihe von
Schülern unter die Brause getreten, und das Spiel beginnt aufs neue.
Die Kinder müssen namentlich zum raschen Aus- und Ankleiden an-
630
gehalten werden und haben nach dem Bade das EJassenzimmer
oDgesänrnt wieder aofznsachen. Es ist dann möglich, in einer Stande
vierzig bis achtnndyierzig derselben zu baden.
Für nnd wider die Oasheiznng in Schulen. Die Gasheizong
hat kürzlich einen kleinen Krieg zwischen den Gegnern and An-
hängern derselben hervorgerafen. Nach einem Aufeatz von Oslendeb,
erschienen in der „2>. Bauetg.""^ 1894, No. 40, sind die Schatten-
seiten der Lenchtgasheizang: Loftverschlechterang durch überhitzte
Heizflächen, Yerseochong der Häoser mit Gas und hohe Betriebs-
kosten. Die bis jetzt bekannten Gasöfen arbeiten alle mit über-
hitzten Heizflächen. Der Karlsruher Gasschulofen hat 4 qm Heiz-
fläche und soll ein Zimmer von 250 — 260 cbm Rauminhalt heizen,
d. h. bei strengster Kälte 6000 — 9000 Wärmeeinheiten abgeben,
wenn auf Lüftung vollkommen verzichtet wird. Dies ergibt eine
Beanspruchung pro 1 qm Heizfläche von 4 : 6000—9000 = 1500 bis
2250 Wärmeeinheiten. Der zweite Nachteil der Gasheizung ist der,
dafe das durch Verlöschen, Rohrbrüche, Undichtigkeiten der durch diese
Heizung bedingten dickeren und längeren Gasleitungen in kleineren,
für den Geruch unmerklichen Mengen ausströmende giftige Leuchtgas
sich der Luft des Hauses beimischt und dieselbe verdirbt. Als Ver-
brennungsprodukt des Leuchtgases entweicht auch Wasserdampf, der
sich, und zwar um so stärker, je mehr die Wärme der Abgase aus-
genutzt wird, in dem Ofen und besonders in dem Kamin nieder-
schlägt. Das Gaswasser frifst in 6 — 8 Wochen millimeterstaike
Eisenbleche durch, zerstört in 9 Monaten eine verzinkte Rohrleitung
von 63 mm Durchmesser und garantiert für die Gasöfen keine allzn-
grofee Haltbarkeit. An den Schüssen tropft femer das Wasser in das
Zimmer herab oder tränkt wenigstens den ganzen Kamin und die
angrenzende Mauer. Wollte man die Abgase in dichten Röhren»
die zugleich gegen das (raswasser widerstandsfähig sind, abflihreii|
so würde die Gasheizung beträchtlich mehr kosten, als die bisherigen
Ausführungen. Beachtet man noch, dafs die Zuleitungsrohre ftlr ein
ganzes Schulgebäude in den Hauptsträngen bis zu 80 mm annehmen
müfsen, so erhält die Gasheizung ein von einer Dampfheizung
wenig verschiedenes Aussehen; die Anlagekosten sind dann die-
selben, wie die einer Dampfheizung. Der Gasverbrauch be-
rechnete sich während der Heizperiode 1890 — 91 in den Karlsruher
Schulen für jeden Kubikmeter beheizten Raumes auf 5,15 cbm. Das
ergibt bei 250 cbm Klasseninhalt und 800 ünterrichtsstnnden ffebr
je eine Klasse und Unterrichtsstunde 1,6 cbm Gaskonsum. Es stellen
sich demnach die Kosten fttr eine Klasse und Unterrichtsstunde fktr
Köln bei einem Gaspreis von 10 Pfg. für 1 cbm auf 16 Pfg., fKIr
Frankfurt a. M. und Karlsruhe bei einem Gaspreis von 12 P%. auf
631
19,2 Pfg. In Köln beträgt der Aufwand Ab* die gleiche Leistung
bei Ofenheizung 5 Pfg. und bei Luftheizung 6 Pfg. Sogar wenn
man nur die Selbstkosten berechnet, die in Karlsruhe mit 4 Pfg.
angenommen werden, betragt die Ausgabe pro Klasse und Stunde
noeh 6,4 Pfg. Der Grund liegt in dem geringen Nutzeffekt, der in
der praktischen Anwendung nur 50 % betragen soU. Hätte man in
Karlsruhe die eine Schule, welche während einer Heizperiode fOr
1512 Mark Leuchtgas verbrauchte, statt mit Gas mit Goaks geheizt,
80 wären 1003 Mark weniger an das Gaswerk zu zahlen gewesen.
Heizer und Anzttndematerial sind mit 600 Mark gut bezahlt, so dab
sich immer noch eine Ersparnis von 400 Mark für die Schule ergeben
hätte. — Auf diese der Gasheizung gemachten Vorwürfe antwortet
unser verehrter Mitarbeiter, Herr Hofrat Professor Dr. Meidingeb,
in No. 62 der ^D. Batuftg.^ : Als gesundheitsschädlich wurden
glühende Wände hauptsächlich erklärt wegen: 1. Durchdringlichkeit
ftür Kohlenoxyd; 2. Verbrennung des Staubes; 3. Austrocknung der
Luft; 4. Verzehrung des Sauerstoffs der letzteren. Der stärkst-
glühende Ofen würde aber innerhalb einiger Stunden den Sauerstoff-
gehalt der Luft noch nicht um 1 ^/o Termindem ; mäfeig rotglühendes
Eisen verbindet sich überhaupt nicht mit Sauerstoff. Der Vorwurf
der Austrocknung kann sich höchstens gegen die starke Bestrahlung
der Haut richten, die in diesem Falle wohl mehr Feuchtigkeit
abgibt. Der absolute Feuchtigkeitsgehalt der Luft ändert sich
nicht. Die Kohlenoxydfrage ist schon seit Jahren abgethan. Der
an glühenden Flächen verbrennende Staub erzeugt einen brenzligen
Geruch, der nicht stärker ist, als daTs er nicht durch einen einzigen
Zug einer Cigarre unterdrückt werden könnte. Überhaupt verunreinigt
eine Cigarre die Luft mit mehr Kohlenozyd, als der durch gltthende
Flächen versengte Staub eines ganzen Tages. Letzterer ist hygienisch
harmlos (? D. Red.). Die Versengung des Staubes dürfte in gesund-
heitlicher Beziehung sogar als nützlich aufzufassen sein, denn dadurch
werden zugleich die organischen Keime zahlreicher Krankheiten zerstört.
Der Grund, da(s eiserne Öfen zu Störungen der Gesundheit gef&hrt haben,
liegt, wie Verfasser an sonstigen Orten gezeigt hat, in etwas anderem,
als dem Erglühen ihrer Wände. Vorschriften in Bezug auf die zulässige
Temperatur der Wände unserer häuslichen Heizapparate braucht man
nicht zu machen. Wenn das Material der Öfen nicht zur Weifsglut
gebracht wird, so leidet es nur wenig. Die Ausfütterung mit Cha-
motte begünstigt die Bildung von Kohlenoxyd. In dem Hause des
Autors stehen seit 1868 Dauerbrandöfen, die öfters glühen, aber bis
jetzt ist noch keine gesundheitliche Störung zu beobachten gewesen.
Die Behauptung Oslendebs, der Karlsruher Schulofen gebe nur
50% Nutzeffekt, entbehrt jedes Beweises. Die Regulierung der
682
OftSöfOQ ist, da ntur ein Hthn gestellt za werden brancht, dnrchfliu
nicht schwieriger, als die Regulierung von FflUMen, Dampf-
heixungen n. s. w. Auf die Vorwurfe betreffs der Ansströmnng ▼•&
Gas, Verseachnng des Haases etc. geht Professor Mbiddtckbb nldit
em, sondern verweist auf die diesbezflglichen Mitteilungen in 4er
Unilx^t ))erftt|«tt|(tt.
dea k. bayerisclieii Staatsminigterinms de«
lueni Ar Kirchen- Bnd Sehnlanj^elegeBheiteft gegen den
Zndrang in den hnmanistisehen Stadien«
München, 19. JnU 1895.
No. 10207.
Die seit einer Reihe Ton Jahren stetig sich erhöhende Frequenz
der humanistischen Gymnasien gibt dem k. Staatsministerium Ver^
anlfliäsang, der Frage näher zu treten, ob etwa dem nbennftbigen
Zudrange von Schfllem zu den humanistischen Studien dnrcb
entsprechende Mafsnahmen zu begegnen sei. Dab die Teilnahme
zahlreicher ungeeigneter Elemente am Gymnasialunterricht eiae
schwere Schädigung der Anstalten und des Unterrichtsbetriebes an
denselben in sich schliefet, bedarf wohl keiner besondem Hervor-
hebung, ebensowenig der Umstand, dafs durch das fortwährende
Anwachsen der Gymnasien dem Staate sehr erhebliche, stets
zmiehmende Lasten auferlegt werden. Das k. Staatsministerimn
glaubt, dafs, um dieser ttbermäCngen Schfllerfrequenz in der erforder-
lichen Weise entgegenzutreten, vorerst besondere organisatorische
Mafsnahmen nicht notwendig erscheinen, dais vielmehr durch einen
aag^nessenen YoDzug der bereits bestehenden Nonnen nach der
angegebenen Richtung eine inunerhin nicht unerhebliche Abhilfe wird
geschaffen werden können. £8 wird indessen ausdrflcklich betont,
dafs es dem k. Staatsministerium bei den nachfolgenden ErOrtenmgea
nur darum zu thun ist, ungeeignete und unbrauchbare Elemente von
der Studienlaufbahn ferne zu halten, während es andrerseits der
bestimmte Wille der k. Staatsregierung ist, dafe tftchtige und brauch-
bare Sdiüler nach wie vor bei den Studien gefordert werden sollen.
Gemäfs § 25, Absatz 3 der Schulordnung vom 28. Juli 1 891
ist als untere Altersgrenze fQr den Eintritt in die erste Klasse des
Gymnasiums das vollendete neunte Lebensjahr festgesetzt. Es ist
633
aber eine bekannte firfatmingsthatsache, 6b& Schüler dieser Alters-
stufe h&nfig die entsprechende Reife und Yorbildang für die
hnmanistischen Stadien noch nicht besitzen. Den k. Rektoraten
wird es in der Mehrzahl dieser F&lle möglich sein, dnrch Belehrung
der Eltern, Yormllnder n. s. w. zu bewirken, dals die Schüler in
die unterste Klasse wenigstens nicht vor dem vollendeten zehnten
Leben^ahre ^treten.
Jene Schüler, welche lediglich die Berechtigung zum einjfthrigen
FreiwüMgendienst erlangen wollen, um sodann in einen bürgerlichen
Beruf einzutreten, werden im Wege der Belehrung ihrer Angehörigen
zu veranlassen sein, da& sie eine Realschule als die für ihre Zwecke
geeignetere Schulgattung besuchen. Ebenso wird es sich empfehlen,
Jene Schüler der unteren Klassen, deren Angehörige nidit am Orte
des Gymnasialsitzes wohnen, und die auch sonst ein besonderes
Interesse, gerade an dem betreffenden Orte ihre Studien zu machen,
niefat nadiweisen können, in der Regel an die Progymnasien und
LaAeüischulen zu verweisen. Durch strengere Handhabung der Alters*
^spense werden manche Schüler, die sich von vomherein unzweifel-
haft als zum Studium untauglich erweisen, von dem Eintritte in das
Gymnasium abgehalten werden können.
Das k. Staatsministerium wird nach dieser Richtung nicht nur
an die primär zuständigen k. Regierungen, Kammern des Innern,
die entsprechenden Weisungen ergehen lassen, sondern auch seinerseits
in den der ministeriellen Zuständigkeit vorbehaltenen DispensföHen
eine angemessene Strenge walten lassen, insbesondere die in der
generalisierten Ministerialentschliefsung vom 23. Juli 1893, No. 10288
ausgesprochenen Grundsätze strikte zur Anwendung bringen. Die
k. Rektorate haben sich hiemach bei ihren gutachtlichen Anträgen
'auf Erteilung von Altersdispensen zu richten.
Auch eine angemessene Strenge bei der Aufnahmeprüfung in
die erste Klasse erscheint geeignet, eine teilweise Minderung der
Frequenz herbeizuführen. Wenn auch zu Gunsten der betreffenden
Schüler angeführt werden kann, dafs sie mitunter ohne eigenes
Versdbulden mit verschiedenartiger und vielleicht auch mangelhafter
Vorbildung sich zum Eintritte in die erste Klasse melden und hiemach
eine nachsichtigere Beurteilung der Leistungen nicht vollständig von
der Hand gewiesen werden kann, so kann es doch andrerseits nicht
geUnigt werden, dals, wie es an manchen Anstalten geschieht, alle
oder doch nahezu alle sich mddenden Schüler in die erste Klasse
aufgenommen werden. Eine strenge Ausscheidung nach der sechs-
wöchentlichen Probezeit wird eine Entfemung der ungeeigneten
Elemente herbeiführen, ohne dafs Härten in der angedeuteten
Beziehung zu befürchten wären.
634
Nach § 29, Absatz 3 der Schulordnong ist das Yorracken
nicht hinreichend befähigter Schüler mit rücksichtsloser Strenge za
verhindern. Durch genaue Befolgung dieser 'Vorschrift werden
unbrauchbare Elemente rechtzeitig einem anderen Berufe zugefilhrt.
Auch die gewissenhafte Beobachtung der Bestimmung in Absatz 7
des gleichen Paragraphen bezüglich der Zulassung zu den Aufnahme-
Prüfungen wird diesem Zwecke dienen. Endlich kann die Frage
der Schulgeldentrichtung von Bedeutung für die Frequenz der
Anstalten sein. In dieser Bichtung glaubt das k. Staatsministerium,
dais namentlich in den untern Klassen bezüglich der Befreiung Yom
Schulgelde keine zu groCse Milde geübt werden sollte.
In § 4 der Schulordnung vom 23. Juli 1891 ist ausdrtt<Micfa
bestimmt, dafs die erwähnte Vergünstigung nur jenen Schülern zu
teil werden soll, welche durch Begabung, FleÜs und Fortschritte
sich als würdig erweisen und gegründete Aussicht auf die Fortdan^
ihrer Würdigkeit geben. Eine sichere Feststellung dieser Verhflltnisse
wird bei den Schülern der unteren Klassen in sehr vielen Fftllen
nicht möglich sein, am wenigsten aber wohl beim Eintritt eines
Schülers in die unterste Klasse. Diese Schüler werden daher in
der Regel zur Bezahlung des Schulgeldes anzuhalten sein, ebenso
die Bepetenten aller Klassen. Den mit der Behandlung der
Befreiungsgesuche befaisten Kommissionen ist Yon dieser Anschauung
des k. Staatsministeriums besondere Mitteilung zu machen« Ob
nicht aulserdem überhaupt eine Erhöhung des dermalen zu ent-
richtenden Schulgeldes veranlasst sei, wird der weiteren Erwftgung
vorbehalten.
Das k. Rektorat wird beauftragt, die im Vorstehenden enthaltenen
Bemerkungen zur Richtschnur für die Behandlung der einschlftgigeii
Fragen zu nehmen und die im Vollzuge gemachten Wahrnehmungen
veranlafsten Falles jeweils in dem gemäfs § 44, Absatz 10 der
Schulordnung zu erstattenden Jahresberichte besonders hervorzuheben.
An die k. Rektorate der humanistischen Gymnasien.
(Gez.) VON Landmann.
Der Generalsekretär, an dessen Statt:
Der Oberregierungsrat Bumm.
VerfAgniig des KSniglich nngarischen üntemchtsmimston
an den Landesonterrichtsrat, die Rension des Gymnanal-
nnd Realsehollehrplanes betreffend.
Budapest, den 13. März 1895.
Es ist eine wichtige Aufgabe der ünterrichtsverwaltnng, nicht
nur die Befestigung und die ungestörte Wirksamkeit der Lehr-
685
einrichtimgen zu sichern, sondern auch alle jene Wünsche and
Urteile zur Kenntnis zu nehmen, welche im Interesse der Förderung
des Unterrichtes und der Erziehung in amtlichen Berichten, in Be-
ratongen von Fachkreisen and in Schriften von Schnlfreonden zum
Ansdrack gelangen. Dieselbe mofe auch die bei der DarchfUhrong
des angenommenen Systems gesammelten Erfiahrangen vor Angen
halten, damit sie die etwaige Richtigkeit der kritischen Bemerknngen
konstatieren und die dem Resoltate der vorgenommenen üntersachangen
entsprechende Richtong des weiteren Fortschrittes bestimmen kann.
Denn selbst das aaf Prindpien berahende ünterrichtssystem ist auf
die Ergebnisse mehrjähriger Beobachtungen angewiesen, wie solche
in erster Reihe die Professoren, in zweiter gebildete Eltern, denen
das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt, machen können.
Wenn wir das ünterrichtswesen unserer Mittelschulen von diesem
Standpunkte aus betrachten, so sind besonders in zwei Richtungen jahraus,
jahrein mit einer gewissen Stabilität kritische Bemerkungen zu hören.
Die eine Behauptung ist, dafis unsere Studienordnung an das Gehirn
des Kindes zu grofse Forderungen stellt, dafs der Geist der SchtQer
auf Kosten der körperlichen Entwickelung überlastet wird; kurz, es
handelt sich um die Klage der „Überbürdung". Die andere Be- i
merkung besteht darin, dafs im Lehrplane unserer Gymnasien der j
nationale Charakter nicht genügend zur Geltung kommt.
In Anbetracht dessen, dafe unsere gegenwärtigen Lehrpläne und
Instruktionen seit einem Jahrzehnte durchgeführt sind, finde ich es
angezeigt, dafs diese wichtigen Fragen auf die Tagesordnung ge«
setzt werden. Ich thue dies um so mehr, als die eben erwähnten
Klagen, insbesondere die Überbürdungsldage, bisher nur allgemein
gebalten und eher aus der Beobachtung einzelner Erscheinungen, als
ans dem Studium aller mitwirkenden Faktoren entstanden sind.
Meine Amtsvorgänger verwendeten groise Sorgfalt auf die Ver-
hütung der Überbürdung. Es besteht bereits eine ganze Anzahl
von Yerfügungen, bezw. Einrichtungen, die gegen dieselbe gerichtet
sind. Als solche erwähne ich die Lokallehrpläne, welche den An-
stalten gegenüber den aus den besonderen Verhältnissen entstehenden
Schwierigkeiten freiere Bewegung sichern, die Anstellung von Schul-
ärzten und Hygieneprofessoren den Unterricht in der Gesundheits-
lehre, die Weiterentwickelung der verschiedenen Zweige der Leibes-
pflege, des Turnens, des Spieles u. s. w., die Begünstigung der
Schülerausfiüge, den Erlafs, betreffend die Durchführung des An-
schauungsunterrichtes, insbesondere aber den XXX. Gesetzesartikel
Tom Jahre 1890,^ welcher jenen Schülern, die kein besonderes Talent
' Derselbe bezieht sich auf den Enatzunterrrioht fär diejenigen,
welche den Unterricht in der griechischen Sprache nicht genielsen. Eef.
6d6
fflr Sprachen besitzen, den Fortschritt in ihren Stodien bedeutend
erleichtert. Anfserdem mnls ich betonen, dafe unsere Lefarplftde und
Instraktionen bestrebt sind, eine Erieichtening des Unterrichts zar
Geltung zn bringen, und 2war durch gegenseitige Beziehung niid
Verbindung der anzueignenden Kenntnisse, durch Abstafongen iai
Unterrichte selbst, durch die Gruppierung der verwandten Lehrftcher
in den unteren Klassen, durch das Verlegen des Schwerpunktes dei
Unterrichts in die Schule, durch das Fallenlassen der formalistiseliea
und das in den Vordergrundtreten der sachlichen Unterweisung.
Trotzdem finden sich heute viele, welche die Mittelschulen der
Überbflrdung anklagen. Einige erklären das Übel ftr etwas Lokales,
andere fOr etwas Allgemeines.
Nach jenen käme Überbürdnng nur sporadisch vor; die Ur-
heber derselben wären Professoren, die ihren Gegenstand aus dem
harmonischen Ganzen des Mittelschulunterrichtes herausreifsen, ihre
SchOler mit zn viel Details belasten, oder ihnen zu viel schrift'
liehe Arbeiten aufgeben, was übrigens nur der ungenfigenden Kon-
trolle seitens des Anstaltsdirektors zuzuschreiben sein wflrde. An^r-
dem kann nach denselben Beurteilem Überbttrdung auch durch Eltern
veranlafst werden, welche ihren Kindern zu viel Privatunterricht er-
teilen lassen, oder die körperliche Entwickelung derselben durch
eine schädliche Erziehung im Hause hindern.
Der andere Teil der Ankläger sucht in dem System, in des
Mängeln der staatlichen Verfügungen die Quelle des Übds. Man
weist entweder auf die Masse des vorgeschriebenen Unterrichtsstoffes
und dementsprechend auf den Umfang der approbierten Lehrbflcher
hin, manchmal auch auf die zu gro&e Stundenzahl, oder man be-
schuldigt das gesetzlich stipulierte Maximum der Schtüerzahl in der
Klasse, oder das sogenannte Fachlehrersystem, oder die mangelhafte
pädagogische Ausbildung der Lehrkräfte, oder die ungenügende, durch
den Volksschulunterricht gewonnene Grundlage der Schülerkenntnisse,
oder endlich es werden alle diese Faktoren zusammen als Ursachen
der Überbürdung erwähnt.
Nach jenen entspricht das System, nur die Durchführung lälst
an einigen Orten zu wünschen übrig. Diese beschuldigen das Gesetz,
welches den Professor zum Stellen grofser Anforderungen zwingt.
Bei einem derartigen Auseinandergehen der Ansichten und der
Mangelhaftigkeit der bisher gesammelten Daten kann nach meiner
Ansicht die Frage nicht als entschieden betrachtet werden, and
halte ich es für höchst wünschenswert, dafa dieselbe nicht nur in
allgemeinen, sondern auch im speciellen erforscht werde. Insbesondere
wäre zum Gegenstande einer grtLndlichen Untersuchung zu machen,
687
ob nicht die bei ans bestehenden Lehrpläne Grand za den erwähnten
öfteren Klagen geben.
Ich fordere demnach den Landesnnterrichtsrat anf, derselbe
möge den in unsere Gymnasial- und Rei^lschollehrpläne aafgenommenen
Lehrstoff bezüglich jedes einzelnen Unterrichtsgegenstandes dnrch-
prflfen and auf Grandlage seiner Untersachangen erklären:
1. Besteht ein Zaviel in den Details and in welchen? Könnte
man nicht an einzelnen Stellen and bei einigen Gegenständen ohne
Gefährdnng der allgemeinen Büdang and der Verbindung der Gegen-
stände Einzelbettes Ton geringerer Bedeutung weglassen, oder aber
behufe ErleiebfteroQg zusammenzieheni oder in andere Beziehung
bringen, und welche Einzelheiten sind die«?
2. Ist m mdbi notwendig, in der Beihenfolge und Gruppierung
des Unterrichtsstoffes Modifikationen zum Zwecke der Entlastung
eintreten zu lassen, und wenn jat worin bestehen dieselben?
Femer möge der UnterrichtsrAt bei dieser Gelegenheit auch
Über die anderen hierher gehörigen Fragen ein Urteil abgeben, nnd
zwnr 1. tber das anlässige Mafe der wöchentUchen Untenichts-
stnnden, 2. ttber die Sdinlbttcher, 3. über die maximide Schülerzahl in
den einsdnen Klaesen, 4, über die Heranbildung der Lehrkräfte, 5. Ober
das Fachlehrersystem, 6. über die schriftlichen Arbeiten, 7. über
die PiHfungsoMnung, 8. über die Einteilung der Unterrichtsstunden.
Bezüglich aller dieser Punkte wolle der Unterricbtsrat nach An*
bömng praktischer Sehulmänner, die ao&erhalb desselben stehen,
erentaell nach Anhörung Ton SchnlänBten einen zusammenCassenden
Bericht erstatten nnd Anträge stellen mit besonderer Bücksicbt auf
meinen Wunach, dab die Existenz oder Nichtexistenz der Überbünlung,
deren Beschaffenheit nnd Umfang in Bezug auf unsere Lehrpläne
möglichst vollständig beleuchtet werde*
Das Referat ist so su erstatten, dafs dasselbe mit den Geaetzes-
artikeln XXX vom Jahre 1883 und XXX vom Jahre 1890 nicht
kollidiert, da ich keine Revision oder Erweiterung dieser Gesetze
dnrch eine Novelle beabsichtige, sondern womöglich im Rahmen
nainisterieUer Erlasse die nötigen Verfügungen treffen möchte.
Für den Minister:
Der Staatssekretär
(Gez.) ZBOilNSZKT.
■^"••»•^^»•••ii^
638
Erlafs des KSniglich italieaisclieii Ministerims des SffentlieheB
Unterrichts
bezflglich der Infektionskrankheiten in Sehnlen.
(Fortsetzung und SohluHi.)
Anweisungen, am der Verbreitang der Infektions-
krankheiten in Schalen vorzabengen.
Um die oben erwähnten Maüsregeln in Anwendung zn bringen,
ist es vor aUem notwendig, dals die Lehrer die ersten Anzeichen
der ahnten Infektionskrankheiten kennen, damit sie onverzflglich die
der Erkrankung auch nar verdächtigen Schttler ans der Schale ent-
fernen können.
Diese ersten Anzeichen sind folgende:
Bei Diphtherie: Halsweh, Schwellang and Schmerz der Hals-
gegend, Rötung des Rachens, weilse Flecken oder Punkte im Halse,
die selbst dann nicht verschwinden, wenn sie wiederholt geätzt werden,
oder wenn das Kind mit Wasser gegurgelt hat. Sobald Diphtherie
unter der Bevölkerung auftritt, ist es geraten, jeden Fall von Hals-
schmerz als verdächtig zu betrachten und zu behandeln.
Bei Krupp: Heisere und rauhe Stinmie, bellender Hasten,
schweres und rasselndes Atmen.
Bei Scharlach: Schluckbeschwerden, Schmerz oder Geschwulst
des Halses, starke Rötung des Rachens, hohes Fieber, nach 24 bis
48 Stunden rote Flecken auf der Brust und am Halse.
Bei Blattern: Starkes Kopfweh, Lendenschmerzen, Erbrechen,
hohes Fieber, malartige Flecken, hauptsächlich an der Innenseite
der Schenkel und dem unteren Teile des Bauches.
Bei Wasserblattern: Leichtes Fieber und Auftreten von
kleinen, auf der Stirn und Aber den ganzen Leib verbreiteten
Bläschen.
Bei Masern oder Röteln: Fieber, Niesen, rote und glänzende
Augen, Thränenfluls, Husten, Röte des Gesichtes, am dritten oder
vierten Tage kleine rote, halbmondförmige Flecken, die an der
Stirn beginnen.
Bei Keuchhusten: Die ersten Anzeichen sind die eines ge-
wöhnlichen Schnupfens mit Husten; die HustenanfiUle treten indessen
bei Nacht heftiger, als bei Tage auf und rufen häufig Erbrechen
hervor. Es folgen in periodischer Wiederkehr die charakteristischen
Anfälle mit pfeifendem, schneidendem Ton.
Bei der Rose (Erysipel): Partielle Rötung und Schwellaiig
der befallenen Haut mit Fieber.
689
Bei Typhus: Fieber, Kopfschmerz, belegte Zungey Er&fte«
verfall.
Bei Dysenterie: Häufige, spärliche, blutige Entleenmgen
mit sehr schmerzhaftem Stahlzwang und Fieber.
Bei Cholera: Reichlicher, reisschleimartiger Durchfall, Er-
brechen. Zur Zeit einer Epidemie muTs jeder DurchM als ver-
dächtig angesehen werden.
Bekanntmaeliiuig dea KSniglieh prenfsisehen Ministers der
SeistlieheBy Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten ftber
en Knrsns znr Ausbildung von Tnmlehrern im Jahre 1895.
Berlin, den 1. März 1895.
In der Königlichen Tumlehrerbildungsanstalt hierselbst wird zu
Anfang Oktober d. Js. wiederum ein sechsmonatlicher Kursus zur
Ausbildung von Turnlehrern eröffnet werden.
Für den Eintritt in die Anstalt sind die Bestimmungen vom
15. Mai 1894 mafsgebend.
Die Königliche Kegierung veranlasse ich, diese Anordnung in
Ihrem Verwaltungsbezirke in geeigneter Weise bekannt zu machen
und über die dort eingehenden Meldungen vor Ablauf des Juli d. Js.
zu berichten. Auch wenn Aufnahmegesuche dort nicht eingehen
sollten, erwarte ich Bericht.
Unter Bezugnahme auf meine Rundverftgung vom 25. April 1887
— U. ni. B. 5992 — erinnere ich wiederholt daran, dals jedem
Bewerber ein Exemplar der Bestimmungen vom 15. Mai 1894 mit-
zuteilen ist und dafs die anmeldende Behörde sich von der
genügenden Turnfertigkeit des Anzumeldenden Über-
zeugung zu verschaffen hat, damit nicht etwa aufgenommene
Bewerber wegen nicht genügender Tumfertigkeit wieder entlassen
werden müssen.
Indem ich noch besonders auf den § 6 der Bestimmungen vom
15. Mai 1894 verweise, veranlasse ich die Königliche Regierung,
die ünterstützungsbedürftigkeit der Bewerber sorg-
fältigst zu prüfen, so dafs die bezüglichen Angaben in der durch
meinen Erlafs vom 20. März 1877 — U. III. 7340 — vorgeschriebenen
Nachweisung als unbedingt zuverlässig bei Bewilligung und
Bemessung der Unterstützungen zu Grunde gelegt werden können.
Auch noch im letzten Jahre sind trotz des wiederholten aus-
drücklichen Hinweises auf diesen Punkt in einzelnen Fällen erheb-
liche Schwierigkeiten daraus erwachsen, dafs die pekuniäre Lage
einberufener Lehrer sich hier wesentlich anders auswies, als nach
640
jenen vorj&ufigen Angaben bei der Einberolung angenommen werden
durfte. Die betreffenden Lehrer sind ausdrücklich auf
die mifslichen Folgen ungenauer Angaben hinzuweisen.
Die Lebensläufe, Zeugnisse u. g. w. sind Ton jedem Bewerber
zu einem besonderen Hefte vereinigt vorzulegen.
In den im vergangenen Jahre eingereichten Nachweiauigeu
haben wiederum mehrere der anmeldenden Behörden in Spalte «Be-
merkungen" auf frohere Nachweisungen, Berichte, den Begleitbericht
und der Meldung beiliegende Zeugnisse u. s. w. verwiesen. Dieses
ist unzulässig. Die genannte Spalte ist der Überschrift entsprechend
kurz und bestimmt auszuMlen.
An
sämtliche Königliche Eegienmgen
und das Königliche ProvinzialschulkoUegium hier.
•*•«■••«•««•
Abschrift erhält daa Königliche ProvinzialschulkoUegium nr
Nachricht und gleichmäMgen weiteren Yeraniassnng bezüglich der
zu Seinem Geschäftskreise gehörigen ünterrichtsanstalten.
Dabei bemerke ich, dafs es in hohem Mai^e erwünscht ist,
eine gröDsere Zahl wissenschaftlicher Lehrer, welche für Erteilung
des Turnunterrichts geeignet sind, durch Teilnahme an dem Kumi
dafür ordnungsmäßig zu befthigea.
Der Minister der geistlichen u. s. w, Angelegenheiten.
Im Auftrage: (Gez.) KüaLBB.
An
sämtliche Königliehe ProvinzialschulkoUegien.
ü. ra. B. 632.
Fahrpreiaerm&fai^iuige]! ffir mittellose kranke, blinde, taab-
itumme und Terwaiste Kinder,
Au dem deutseben Eäsenbalinpersonentarif.
1. Die Fahrt in III. Klasse aller Züge zum Militärfahrpreise wird
gestattet :
b. kranken Kindern unbemittelter Personen zum Zwecke dar
Auinabme in die für solche Kinder eingerichteten besonderen
Heilstätten;
c. unbemittelten Zöglingen der öffentlichen Blinden- und Taab-
stnmmenaiistalten, sowie nnbemitteben Pfleglingen der öSnU-
liehen Heil- und Pflegeanstalten für epil^itische Kranke für
Urlaobsreisen zum Besuch ihrer Angehörigen, oder am
Zwecke der erstmaligen Verbiingung in eine dier genannten
Anstalten ;
641
d. onbemittelten Taubstummeii Ar den Besuch kleinerer Zusammen-
künfte an den Taubstummenanstalten, sowie Taubstummen,
welche zum Zwecke ihrer kirchlichen Versorgung die An-
stalten zu besuchen wünschen;
e. unbemittelten Zöglingen der unter Aufeicht des Staates
stehenden Waisenanstalten für Ferienreisen zum Besuche
ihrer Angehörigen.
2. Zwei Kinder bis zum vollendeten zehnten Leben^ahre finden
hierbei Beförderung auf eine Fahrkarte, während ein einzelnes
Kind unter zehn Jahren den Tollen Militärfahrpreis zu zahlen hat.
3. Die Ermäßigung wird sowohl für die Hin-, als für die Rückfahrt
gewährt.
4. Die £^eiche ErmäCsigung wird für je einen Begleiter der unter
la — d aufgeführten Personen eingeräumt, und zwar auch zur
Bückreise nach Ablieferung der Schützlinge am Bestimmungsorte,
sowie zur Hinreise behufs Wiederabholung der Schützlinge.
5. Als Ausweis wird verlangt:
a. von den unter la und b aufgeführten Personen eine Be-
scheinigung der Ortsbehö^de (bei Reisen in die Einder-
heilstätten auch des die Kinder aussendenden Vereins) über
die Mittellosigkeit, sowie eine Au&ahmebescheinigung der
Anstalt; handelt es sich um die Aufnahme in ein Kranken-
haus, so kann in dringenden Fällen an Stelle der letzteren
auch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes treten.
b. von den unter Ic, d und e aufgeführten Personen eine
Empfehlung des Vorstandes der Anstalt.
Die gleichen Ausweise dienen für die Begleiter.
6. Die Ausweise werden von dem Schalterbeamten abgestempelt und
den betreffenden Personen zurückgegeben, welche sie dem Fahr-
persomal auf Verlangen vorzuzeigen haben.
7. Freigepäck wird i^ur von denjenigen Verwaltungen gewährt, welche
solches in ihr^n Binnenverkehr allgemein eingeführt haben.
Jßtxf9nai\tn.
Oberbaurat Spiekeb, der Verfasser der im Auftrage des
Königlich preulsischen Unterrichtsministeriums ausgearbeiteten Ent-
würfe für einfache ländliche Schnlgebäude, ist von der philosophischen
Fakultät der Universität Berlin zum Ehrendoktor promoviert worden.
BohtdgwoBdlMltepflat« Vni. 41
642
BezUsarzt Dr. R. Kaak von Albeszt in Merm eilMt dtm
Titel eines Kaiserücfaen Rates.
Dem Krassdnüinspektor Rkutckjkkb in Bonn ist der Qianktcr
als Sdmlnt ndt dem Rang der Rate lY. Klasse TeiiidieD worden.
£$ haben erbalten: den Kronenorden ü. Klasse mit Stern der
▼ortragende Rat im Ifinisteriam der geisüidien, Unterricbts- ud
Medizinalangelegenbeiten, Gebeimer Oberregienoigsrat Dr. Staubsb
in Berlin; den Kronenorden IL Klasse der Geheime RegienngB-
nnd Oberschnlrat a. D. Ebnbt in Baden-Baden; den roten Adler-
orden lY. Klasse die Kreisschnlinspektoren, Pbrrer Croke in B&hle
nnd Pfarrer zub Nibdeh in Hagen, der Direktor des Dotolheen-
stadtischen Realgynmasinms Professor Thuebik in Berlin, der Medi-
zinalassessor, Gebeimer SanitAtsrat Dr. Schulz in Koblenz, der
Kreisphjrsikos Dr. Abbeit in Labian nnd der znm Kaiserlichen Ge-
sondbeitsamt kommandierte Stabsarzt Dr. Paitnwitz in Beriin.
Oberlehrer Dr. Hahn in Hamburg ist znm stelhrertretendea
Vorsitzenden der deutschen Tnmerschaft gewflhlt worden.
Ernannt wurden: der Geheime Oberregiemngsrat Dr. L. Abns-
BRRGEB zmn Geheimen Rat H. ISasse und Direktor des badischen
Oberschulratsf der Landrat Krameb in Thom zum Oberregiemngsrat
und Dirigenten der Abteilung ftr Kirchen- und Schulwesen bei der
Regierung in Posen; der Regierungs- und Schulrat Dr. Kbichsl in
Strasburg zum Oberschulrat; der Rektor der Realanstalt Jasgkb
in Canstatt zum Oberstudienrat in Stuttgart; der Regierungs- und
Schulrat Dr. Klet unter Belassung seines bisherigen Titels nnd
Ranges zum Kreisschulinspektor; der Gymnasialdirektor Wiesel in
Trier zum Direktor des Kaiser Wilhehngymnasiums in Köln; der
Oberlehrer am Gymnasium in Bochum, Professor Dr. Bekeceb,
zum Direktor des Gymnasiums in Hamm; der Gymnasialdirektor
Dr. Seebbck in Clausthal zum Direktor des Gymnasiums in CeDe;
der Oberlehrer am Friedrich Wilhelmsgymnasinm in Posen, Professor
YOK Sanbek, zum Direktor des Gymnasiums in Lissa; der Professor
Lanosdobf in Frankfurt a. M. zum Direktor des Gymnasiums in
Dillenburg; der Oberlehrer am evangelischen Gymnasium Dr. Baiosch
in Glogau zum Gymnasialdirektor in Ohlau; der Oberlehrer am
Gymnasium, Professor Dr. Windel in Hameln, zum Direktor des
Realgymnasiums in Barmen; der Professor Dr. Goldschetdeb am
Gymnasium in Barmen zum Realgymnasialdirektor in Mfllheim a. Rh. ;
der Direktor des Realprogymnasiums Dr. Schboedeb in Naumburg
a. S. zum Realschuldirektor in Grofe- Lichterfelde; der Leiter der
Realschule in Amswalde Dr. Hörn zum Direktor dieser Anstalt;
der Realschuloberlehrer Gille in Cottbus zum Direktor der Real-
schule in Ems.
643
Der ungarische Landessamifttsinspektor, Privatdocent der Angen-
heilkimde Dr. Schüler- Ablt in Budapest, ist zum anfserordentlichen
Professor befördert worden.
An der Berliner Universität habilitierte sich Stabsarzt Dr.
Hedöuch Bonhoff als Priyatdocent für Gesundheitspflege.
In gleicher Eigenschaft sind versetzt worden die Seminar-
direktoren Dr. Babtholome von Montabaur nach Prflm und Dr.
ScHAFBB von Prfim nach Montabaur.
Ausgeschieden wegen Eintritt in ein anderes Amt im Inlande
ist Dr. Kaute, Ereisschulinspektor zu Wollstein.
Der um die Hygiene verdiente Ministerialrat a. D. Dr. Heb-
mann Wassebfuhb beging am 26. August d. Js. sein fdnfzig-
j&hriges Doktoijubüäum.
In den Ruhestand getreten sind Gymnasialdirektor Professor
Dr. Abicht in Oels und Direktor Wagkeb in Ems.
Aus Konstanz wird der Tod des Geheimen Sanitätsrats Dr.
Ei)t7ABD GRAF-Elberfeld gemeldet. Der Verstorbene war wiederholt
Präsident des deutschen Vereins fikr öffentliche Gesundheitspflege,
Mitbegründer und Vorsitzender des niederrheinischen Vereins fär
öffentliche Gesundheitspflege, aufserordenüiches Mitglied des deutschen
Reichsgesundheitsamtes und gehörte der Berliner Schulreformkonferenz
und dem Siebenerausschusse an. Besondere Verdienste hat er sich
auch um den deutschen Ärztevereinsbund erworben, an dessen Spitze
er viele Jahre lang stand. Ebenso bekannt ist seine Thätigkeit als
Vicepräsident des preulsischen Abgeordnetenhauses.
Femer sind gestorben: der Realgymnasialdirektor a. D., Ge-
beimer Regierungsrat Dr. Münch zu Münster i. W.; der Kreis-
schulinspektor Webneb zu Polsnitz i. Schi. ; der Schuldirektor a D.
Kittel in Glauchau; der Rektor Goldmann an der Domschule in
Frankfurt a. M. ; die Rektoren a. D. Müllbb in Elbing und Kohl-
badsoh in Lüneburg; der Arzt der Lehrerbildungsanstalt Dr. A.
Faube in Fontenay-aux-Roses.
£ttteratitr*
Besprechungen.
Professor Dr. med. und phil. RGbiebbagh inMttlhausen (Elsafs). Über
Beziehungen zwisehen {geistiger Ermfidnng und Empflndimgg-
vemSgen der Haut. Schnlhygienische Untersuchungen. Separat-
41*
644
abdrack aas dem Archw für E^giene, Bd. XXIY. MfiBche» and
Leipzig, 1895. B. Oldeuboorg. (88 S. Gr. 8^^.)
Verfasser hat einen neaen Weg zar Messong des Grades
geistiger Ermüdung betreten: nach seinen fieobachta.ngen
setzt Hirnermüdang die Hautsensibilitftt herab. £. H.
WiSBBB hat dnreh Ansetzen der abgestumpften Spitzen eines Ziikels
bestimmt, wie klein an verschiedenen Stdien der KOrperoberflftche
die Entfemung zweier gleichzeitig die Saat treffender panktftnniger
Eindrtcke gemadit werden kann, ohne dafs ihre gesonderte
Wahrnehmung aafhOrt. Dabei hat er das von einer Nerven&ser
durch eine oder mehrere Endigungen versorgte Haatgebiet als
anatomischen Empfindungskreis definiert. Hiervon ist der jAiy-
Biologische Empfindungskreis zu unterscheiden, d. h. das YorsteUiuigi-
bUd des erregten Hantgebietes im Bewuftoein, welches letztere
derart ein Tastfeld von bestimmter Ausdehnung fohlt Die
physiologischen Empfindungskreise sind erfahrungsgemäb variabel:
AuteerkBamkeit verkleinert dieselben, daher sie bei naohlaaaender
Aufmerksamkeit, d. h. bei zunehmender Abspannung eine Ter-
grölserung erfahren werden. Sonach liegt in der Prüfung
des Empfindungsvermögens der Saut mittelst des Zirkeis
als Ästhesiometers auch ein Mittel zur Prfllung der
geistigen Ermüdung.
Gbibsbach untersuchte nun bezü^ch der Veigrölfieraiig der
Empfiadungakreise bei Abspaimung des Geistes unter BeobachtoBg der
nötigen Yorsichtsmabregeln sowohl mit scharfe^, als mit abgeat^EipfteB
Zirkelspitzen folgende Stellen, uad zwar in der Querrichtung zur Längs-
achse des Kopfes, bezw. der Arme : die Stirnsätze (glabella), die Jadi-
beinmitte, bezw. den Jocbbogen (arcus zygomaticus) und den Sdm-
beiufortsate (procesaus frontalis des Jochbeins, die Nasenspitze, den
roten Saom der Unterlippe, den Oaumenballen der rechten Hiuid
und die Kuppe des rechten Zeigefingers. An diesen Hautst^en
wurde der gröfste Abstand der Zirkelspitzen ermittelt, bei dem die zwei
Eindrücke noch als einer zur Empfindung gelangten. Geprüft wurden
Schüler der Oberrealschule und der Oberklassen des Gymnasiums zu
Mülhausen, Lehrer daselbst und ein Oberschulrat, welcher Vorsitzender
der Prüfungskommission ist, ferner Comptoirlehrlinge mit guter Schul-
bildung, Zöglinge einer mechanischen Weberei mit theoretischem und
praktischem Unterricht, sowie junge in einer Maschinenkonstmktions-
werkst&tte lernende Arbeiter. In der arbeitsfreien Zeit, an
Sonn- und Feiertagen, gelangten die physiologischen, normalen
Sensibilitfttsverhältnisse zur Bestimmung. Behufs Studiumfi der Ver-
ändeniBig der physiologifichen Empfinduügskreise wurde vor BegMui
und nach Schlu]^ der Arbeit gemessen, bei den Uittelscbttem über-
645
hattpt nach jeder Lehrstnnde, bei den Kealschfllern spedell auch
gelegentlich der schriftlichen und mündlichen BefthigongsprOfiing
znm eii^fthrigen Militärdienste.
Ans den ziffemmflssig angefahrten nnd durch Knrven versinn-
lichten Resnltaten der Einzelnntersachnngen ergibt sich nan
bezflglich der Real- nnd Oymnasialschttler, dafe der Beginn
des Morgennnterrichtes im Sommer um 7 Uhr nicht zu billigen ist;
namentlich Schiller der mittleren und oberen Klassen zeigten
zu dieser Stunde bereits herabgesetztes Empfindungs-
vermögen. Wahrscheinlich ist zu kurze Schlafdauer daran schuld«
Die Ziffern, welche fttr letztere beigebracht werden, bestätigen diese
auf die Sensibilitfltsbeobachtung basierte Vermutung; sie sind
mehrfach entsehieden zu gering. Der Unterricht soüte für die
alteren Schüler um 8, fflT die jüngeren um 9 Uhr anfangen. Es ist
femer viel besser, denselben dort, wo es die bürgerlichen Yerhftltnisse
erlauben, mit gekürzten Stunden bis 1 Uhr auszudehnen, als wissen-
schaftliehen Nachmittagsunterricht zu erteilen.
Derbesondere Unterrichtsgegenstand und die Behand-
lung des Lehrstoffes sind nicht ohne Einflufs auf die Ermüdung;
im allgemeinen ist dieselbe nach den bisherigen Untersuchungen beim
Unterrichte in den alten Sprachen, der Geschichte und den mathe-
matisdien Fächern am bedeutendsten, und zwar um so bedeutender,
jeroehr Gedächtnisleistnngen dabei verlangt werden.
Die Erholungspausen — im Elsafs nach jeder Lehrstunde
üblich — reichen in sehr vielen Fällen nicht aus^ um die Sensi-
bilität auf die normale Höhe zu heben.
Die Herabsetzung des Empfindungsvermögens erreicht während
des Nachmittagsunterrichtes häufig ihren höchsten Grad. Die
zwastündige Mittagspause von 12 bis 2 Uhr ist zu kurz. Viel-
fach war nach angestrengtem Morgenunterrichte um 2 Uhr nach-
mittags die normale Sensibilität der Haut noch nicht zurückgekehrt.
Da nachmittags die Ermüdung oft noch höhere Grade erreicht, als
vormittags und überdies die Verdauung durch die geistige Anstren-
gung verzögert wird, so ist der Nachmittagsunterricht zu verwerfen,
um so mehr, als die Schule derart dreimal täglich das Gehirn des
Sdiülers beansprucht, zum dritten Male nämlich, wenn derselbe seine
Hausaufgaben macht. Wissenschaftliche Unterrichtsstunden sollten am
Nachmittage nicht erteilt werden. Die Gymnasiasten sind durch
den Ausfall des wissenschaftlichen Nachmittagsunterrichtes im Vorteil,
da die Erholung bei ihnen einheitlicher und andauernder ist.
Die Beobachtungen an Lehrern zeigen, wie stark diese
durch den Unterricht ermüdet werden; der Einzelunterricht spannt,
wie zu erwarten stand, weniger, als der Elassenunterricht ab. Der
646
PrttfiiBgsvorsitzende zeigte nach dem mehrsttindigen EzamüdeTen
hochgradige Ennttdungserscheinangen.
Die mit Comptoirarbeiten beschäftigten Kaufmanns«
lehrlinge weisen eine im Verhältnis zu derjenigen der Gymnasial-
nnd Realschüler verschwindende Ermfldang auf.
Mechanische Thätigkeit beeinträchtigt das Empfindungsverm^^gen
weit weniger, als geistige. Die Webschüler zeigten nach der
Beschäftigung am Webstuhl keine erhebliche Herabsetzung der Sensi-
bilität, die Volontäre der Maschinenfabrik bei ihrer prak-
tischen Arbeit fast gar keine.
Verfasser schliefst seine Veröffentlichung mit einer sehr un-
günstigen Kritik über die Einführung gewisser Prüfungen.
Da die Untersuchung des Individuums unmittelbar nach den
Leistungen vorgenommen werden mufs, deren Effekt beurteilt werden
soll, also z. B. unmittelbar nach Schlufs der Lehrstunde, oder mit
anderen Worten überhaupt ehe Erholung einzutreten beginnt, so
konnte Autor nicht etwa eine ganze Anzahl von Schülern auf ein-
mal prüfen. Es wurden daher aus den verschiedenen Klassen nur
je eiozelne passend gewählte, nicht „beste" oder „schlechteste*'
Schüler untersucht. Trotz der geringen Zahl Untersuchter sind ab^
die Resultate, wie die Übereinstimmung der Sensibilitätsänderungen
der Individuen bezüglich der einzelnen Körperstellen lehrt, zweifdios
beweiskräftig.
Bei öfterer Untersuchung desselben Individuums ist anzunehmen,
dafs die Übung auf die Ergebnisse nicht ohne Einfluls bleibt. Um so
bemerkenswerter erscheint, dafs nichtsdestoweniger die Zunahme der
Ermüdung in Gestalt abnehmender Sensibilität bei fortschreitender
Arbeit auch nach wiederholter Untersuchung immer wieder bestimmt
hervortritt. Zweifelhaft ist allerdings, ob verschiedene Experimen-
tatoren so wenig verschiedenen Druck der Zirkelspitzen verwenden
werden, dafs nicht auf diese Weise abweichende Ergebnisse in den
absoluten Zahlen zuwege kommen. Der Mangel eines Mafsstabes für
den ausgeübten Druck ist wohl die schwache Seite der vorliegende
Methode; es dürfte sich empfehlen, einen Zirkel von bestimmtem
Gewicht zu benutzen, wobei dieses allein als Druck wirkt.
Wenn auch die vorliegende Arbeit noch nicht gestattet, all-
gemein die relative Arbeitsleistung mit Sicherheit zu beurteilen,
welche durch den einzelnen Unterrichtsgegenstand bediugt wird,
so zeigt sich andererseits doch klar, dafs das ingeniöse Unter-
suchungsverfahren geeignet ist, in dieser und anderen hierhergehörigen
Richtungen allmählich zu sicheren Schlüssen zu führen.
Man gelangt vom hygienischen Standpunkte immer wieder zu
gewissen dringenden Forderungen: nicht zu zeitiger Unterrichts-
647
begiim morgens, ausgiebige Pausen nach jeder Lehrstande, Wegfall
des Nachmittagsunterrichtes in wissenschaftlichen Gegenständen. Möge
die lehrreiche Publikation Griesbachs zur Erreichung dieses Zieles
an allen Orten mithelfen! Seine originelle und mühevolle Arbeit
bedeutet einen erfreulichen Fortschritt auf dem noch wenig
betretenen Wege exakter Erforschung der Hygiene des Unterrichtes.
Wir dürfen weiteren diesbezüglichen Yeröffentlichungen des Yer-
&s8ers mit gespannter Erwartung entgegensehen.
Oberrealschulprofessor Dr. phil. Leo BuBaERSTEiN in Wien.
Robert Zimmermann, Oberlehrer am Königlichen Seminar Grimma 11
in Rochlitz. Gesmidheitaregelii fftr Schnle und Hans. Fest-
gabe zur Einweihung des neuen Anstaltsgebäudes für das Seminar
Grimma 11 in Rochlitz. Grimma, 1895. Gustav Gensei. (125 S.
Kl. 8^ A 1.)
Als Lehrer der Anthropologie an genannter Anstalt hat Verfasser
ans der Übersiedelung der letzteren in ein allen Ansprüchen der Hygiene
entsprechendes Gebäude Anlafe genommen, diese Gesundheitsregeln,
wie er sagt, „systematisch zu ordnen und methodisch zusammen-
znsteUen, sie aus Naturgesetzen herzuleiten und sie mit steter Bezug-
nahme ^uf Physik und Chemie, vrie auf Erfahrung und Sitte zu be-
gründen". Dies löbliche Ziel ist aber leider nicht erreicht, weder
in der Anordnung, noch in der Ausführung. Schon die Voranstellung
der Stoffzufuhr (Yerdauung) zwingt zur Vorwegnähme und unbegrün-
deten Hinstellung vieler Behauptungen, die erst später zu beweisen
wären ; Wichtiges und Unwichtiges, Gleichgültiges, Selbstverständliches
and Unbewiesenes, sogar geradezu Falsches kommen in bunter Reihe
nebeneinander vor. Verfasser hat wohl viele populäre Bücher ge-
lesen, aber ihm fehlt offenbar die wissenschaftliche Grundbildung in
Physiologie und Hygiene, ohne die man der Sache nicht Herr
aein kann.
Die an die Spitze gestellten Regeln pflegen so allgemein ge-
halten zu sein, dafs man sehr vielerlei darunter verstehen kann. Da
heilst es z. B. : 1. Die Speisen müssen nahrhaft sein, d. h. die rich-
tige stoffliche Zusammensetzung haben; nötig sei Baumaterial und
Ersatzmaterial: Eiweifs, Fette, Stärkemehl (Kohlenhydrate, Fett-
bildner), Salze und Wasser, Mengenverhältnisse werden aber weder
für den Bedarf, noch für die Zusammensetzung der Nahrungsmittel
angegeben ; Eiweils dient zum Aufbau und zur Emeuemng der durch
Arbeit zerstörten Organe, von Wärme- und Krafterzeugung ist kaum
die Rede. 2. Die Speisen sollen verdaulich sein, das sei aber
niemals nach einem festen MaCsstabe zu entscheiden, sondern hänge
Ton der Verdauungskraft ab. Ganz, apodiktisch wird behauptet:
648
Milch ist ftlr Kinder (ohne Altersgrenze) die einzig zweckmäfsige
Nahmng; ein Znsatz von Fett nnd Zncker (!) macht jede Art Kost
schwer verdanlich. 3. Die Ernährung mnfs eine ansreichende imd
vollständige sein, was durch das Gewicht bestimmt werd^; von
Arbeit und Leistungsfähigkeit ist wieder nicht die Rede; eine Un-
sitte unserer Zeit sei das viele Essen und Trinken, meistens werde
zu viel gegessen. Ob auch in Sachsen und in vielen Fabrikgegenden?
4. Die Speisenmen^e müsse dem Bedarfe entsprechen, zur Kontrolle
werden die Nohnalgewichte angegeben. Dann folgt der schwer ver-
ständliche Satz : „Das Nahrungsbedttrfiiis ist nun ein wesentlich ve^
schiedenes, je nachdem die Stoffeinfuhr die Ausftihr ftberwiegt, oder
die Ausfuhr gröfser ist, als die Einfuhr.^ 'Weiter lesen whr bei
Empfehlung gemischter Kost: „Doch räumt die Gesundheitslehre zu
etwa zwei Dritteilen der gemischten Kost den Vorrang ein.* hn
Widerspruch mit der früher gegebenen Lehre vom Aufbau nnd
Ersatz heilst es plötzlich: „Nicht genug zu schätzen ist die Zufuhr
von Fetten aller Art, wie von Fettbildnern in der Zeit des Wachs-
tums." Obst habe zwar wenig Nahrungswert, rege aber aufser-
ord.entlich an und „unterstütze namentlich den Stoffwechsel im
Geliirn". „Bei der Zuckerkrankheit kommt es darauf an, dem
krankhaft gesteigerten Eiweifsverbrauch dadurch zu begegnen, ätdk
der Genufs stickstoffhaltiger Nahrungsmittel (der Eiweifskörper)
möglichst eingeschränkt wird.**
Es würde ermüdend sein, wie es mir thatsächlich eine grolse
Anstrengung gewesen ist, diesen Wust von Halbwahrheiten und Un-
richtigkeiten Schritt ftlr Schritt zu verfolgen. Als Kuriositäten
mögen noch erwähnt werden, dafs Kartoffeln im Keller den dann
aufbewahrten Wein verderben, dafs Nahrungsmittel sich TortrelFllch
halten in ozonisierter Luft und dafs „ozonisiertes Magnesiawasser
ein unschädliches Mittel ist, Speisen keimfrei zu erhalten und Trink-
wasser zu reinigen''. Mit der Cholera und anderen ansteckenden
ELrankheiten ist Verfasser sehr vertraut: „die (allein schädlichen)
giftigen Stoffwechselprodukte haben am siebenten, ächten oder neunten
Tage eine solche Umwandlung erfahren, dafs sie zu einem heilsamen
Gegengifte werden und die Bacilleü vernichten. Hierauf beruht der
Schutz, den eingeimpfte Lymphe gegen die durch Badllen hervor-
gerufene Änsteckungskrankheit gewährt. Später werden die weifsen
Blutkörperchen als Phagocyten gefeiert. Beim Fieber darf man sich
nicht zum Essen zwingen. Ist der Magen gefüllt, so fliefst ihm das
Blut zu und vom entzündeten Körperteile ab, was natürlicher-
weise den Heilprozefs benachteiligt.
Beim Stoffumsatz finden wir pyskrasien und andere Er-
innerungen an den seligen Bock. Dafs durch Angst und Schreck
649
iBine Blntvergiftang und eine Stofeersetziing im Gehirn stattfinde, ist
nicht eigene Erfindung des Verfassers, sondern rührt vom Woll-
JAgeb her, wie eine Anmerkung zeigt.
Unter Stoffausscheidung wird zuerst die Atmung behandelt,
bei welcher die Einatmung schädlicher Stoffe durchaus überwiegt.
Neu ist der Rat, den Ofenmantel mit einem zugigen Kamine in Ver-
bindung zu setzen; wie dann die Wärme ins Zimmer kommen soll,
wird leider nicht gesagt. Von den Ausscheidungen der Lunge und
ihrer Herkunft und Bedeutung ist Übrigens eigentlich weder hier,
noch sonstwo in dem Buche die Rede. Mit beneidenswerter Sicher-
heit Wird Terkttndet : „Bei jeder Krankheit liegt die Todesgefahr in
der Fieberhitze."
Die Leistungsfähigkeit des Gehirns hängt zunächst von seiner
Ernährung ab, nach stattgehabter Gewöhnung wird das Nervengewebe
nicht mehr so leicht erregt und bedarf immer stärkerer Reize (aber
die Übung?), um dem Zeitübel der Nervosität zu begegnen, muls
man, soweit dies möglich ist, alle nachteiligen Einflüsse vom Gehirn
fernhalten. Durch Reinfichkeit und sofortige Einträufelung einiger
Tropfen einer zweiprozentigen Höllensteinlösung in die Augen Neu-
geborener kann m den meisten Fällen dem Verluste des Augenlichtes
vorgebeugt werden. Schwarzer Star entsteht öfter durch eine einzige
Blendung. Bei Entzündungen der Augen dürfen dieselben nicht
verbunden, sondern müssen mittelst eines Schirmes beschattet werden.
^Wiederholt ist es vorgekommen, dafs Unvorsichtige, welche zum
Fenster des Eisenbahnwagens hinaussahen und die scharfe Luft aufs
Auge längere Zeit einwirken lieben, erblindeten." Staub und Ohren-
schmalz soll leicht zur Entzündung und Zerstörung des Trommelfelles
ftdiren.
Solche und ähnliche Behauptun^n, die sich unendlich ver-
vielfältigen liefsen, werden nicht nur Ärzten, sondern auch gebildeten
Laien klar machen, ein wie zuverlässiger Führer diese Gesundheits-
regeln sind. Es mag erlaubt und zuweilen sogar gut sein, aus
zehn Büchern ein elftes zu machen, aber man soll das bleiben lassen,
wenn man der wissenschaftlichen Grundlagen, auf denen es beruhen
mufs, nicht mächtig ist. Solchen Unternehmungen, deren der deutsche
Büchermarkt nur ra viele aufweist, kann nicht genug entgegen-
getreten werden, denn sie sind nicht nur unnütz, sondern geradezu
schädlich. Deshalb sei die Ausführlichkeit dieser Besprechung
verziehen.
Praktischer Arzt Dr. med. Fr. Dornblüth in Rostock.
660
Professor Dr. K. Koch. Die Gesehiehte des FnfsbaUs im Alter-
tum und in der Nenzeit. 2. vermehrte Auflage. Berlin, 1895.
R. Gaertner. (47 S. 8®.)
Es ist gewifslich für die Vertreter der körperlichen £rziehang
unseres Volkes eine höchst erfrenliche Erscheinung, wenn bemfene
Männer die Aufgabe zu lösen versuchen, denjenigen gymnastischen
Betriebsformen, welche sich in unserem gegenwärtigen Eulturleben
ein weiteres Feld erobert haben, durch geschichtliche Forschung
eine festere Grundlage zu sichern. Damit wird zunächst das rechte
Mittel gefunden, die Urteile derer zu klären, welche vorschnell in
aUen den Dingen eine „Modesache" erkennen, die über das Berdch
ihrer Beobachtungen hinausgehen. Gleichzeitig aber wird auch damit
gezeigt, wie durch die natürlichen Lebensbedürfnisse einem Aufbau,
der neuerdings zu einem gewissen Abschluß gekommen zu sein
scheint, im Laufe der Zeit von mannigfachen Generationen Material
zugetragen worden ist. Wie Fseihebb von Fichabd dem Lawn-
Tennis in dieser Weise einen Dienst erweisen wollte, so hat es
Professor K. Koch mit dem FuTsball gethan.
Des Verfassers Name bürgt dafdr, dafs die vorliegende Auf-
gabe mit Sorgfalt und Sachkenntnis gelöst ist. Der Stoff ist in
folgende Kapitel zerlegt: 1. Fulsball im Altertum; 2. Fuisball im
Mittelalter; 3. FuTsball zur Zeit der Renaissance; 4. FuTsball im
heutigen England ; 5. FuTsball in den Ländern mit englisch sprechen-
der Bevölkerung; 6. FuTsball im deutschen Reiche und dessen
Nachbarländern.
Die Spielgeschichte von der Zeit des klassischen Altertums bis
heute durchwandernd, will EocH den Nachweis liefern, dafs das
BaUtreiben mit dem FuTse, die unser heutiges Fulsballspiel charak-
terisierende Grundbewegung, zu allen Zeiten gern gepflegt worden sei,
und man wird anerkennen müssen, dafe er das, was aus der Ver-
gangenheit sich hierüber beibringen läTst, in sorgsamer und gewissen-
hafter Weise berücksichtigt hat. Ob es indessen allenthalben gelungen
ist, die gymnastische Berechtigung unseres FuTsballs in seinem eigen-
artigen Regelaufbau ans der Geschichte darzulegen, ist eine andere
Frage. Da(s unser Spiel an Emseitigkeit leidet und in manchen
Punkten noch reformbedürftig erscheint, dies gerade erkennt man
aus Kochs Darlegungen. Beingymnastik, flotte Bewegung lautet ja
die Parole der Gegenwart; aber damit ist nicht gesagt, dafs man
berechtigt wäre, den Armen eine geradezu stiefinütterliche Stellang'
zuzuweisen. Kochs Arbeit liefert den Beweis, dats eine solche
Einseitigkeit früher weniger zu finden war. Sowohl der Episkyros
des POLLüx, in welchem Mahaffy den Vorläufer des Fulsballs
vermutet, als auch das Harpastum, in welchem andere die Wurzeln
651
desselben erkennen, waren Spiele, bei denen znnftchst die Arme in
Thfttigkeit traten; sie stehen ihrem Wesen nach dem Schleader-|
Faust-, Stofsball viel n&her, als dem FnlsbaU. Die Beschreibung
des EusTATHnrs (S. 10) bestätigt diese Behauptung: „Und dieser
Kampf wiederholt sich regelmäßig überall, wo der Ball wieder nach
einem Wurfe auf die Erde kommt^ . . . „Am günstigsten war es,
wenn man ihn gleich aus der Luft fangen konnte^ . . . „Sonst war
es erlaubt, ihn mit der Hand zurückzuschlagen u. s. w.'^ Das ist
unser Schleuderball!
Mager sind die Nachrichten aus dem Mittelalter. Die älteste
Erwähnung des Fuüsballs fahrt uns in das Jahr 1349. In diesem
Jahre wird es in einer Verfügung Eduards in als ein nutzloses
Spiel bezeichnet, das die Bürger davon abhalte, sich in der wich-
tigen Kunst des Bogenschiefsens zu üben. Aus dem fünf-
zehnten Jahrhundert besitzen wir noch weitere Verfügungen der
englischen und schottischen Könige gegen dieses Spiel. — Wenn
im deutschen Mittelalter eines Kamp&piels mit einer Schweinsblase
Erwähnung geschieht, so besagt das für das Vorhandensein des
Fufsballs nur wenig; es scheint uns viel natürlicher, an eine dem
Faustball verwandte Gattung zu denken.
Sehr interessant ist in Kochs Arbeit der Teil über Scainos
Abhandlung vom Spiel (Antonio Sgaino, Trattato dd gvuoco deUa
PaUa. Venezia, 1555), zumal da diese Quelle bisher noch von
niemandem,^ auch in England nicht, benutzt worden ist. Aus derselben
erkennt man, dais in der Zeit der Renaissance sich ein merklicher
Übergang zu unserem modernen Betriebe angebahnt hat. Immerhin
sind auch hier die Grenzen nicht so eng gezogen, wie heute. Aller-
dings ist das Werfen des Balls verboten^ aber das Stofsen
(Schlagen) mit einem beliebigen Teile des Körpers bildet offenbar
die Hauptthätigkeit im Spiele ; das ersieht man erstens aus der Be-
merkung: „mit den Füfsen kann er ihn stofsen^, zweitens aus der
Art der Spieleröffinung: „nachdem ... das Zeichen gegeben ist,
stO&t einer der Spieler . . . den Ball mit dem Fulse. Diese That
wird als Beginn des Kampfes aufgefalst, so dab es danach der einen
wie der anderen Partei erlaubt ist, den Ball zu ergreifen, zu
schlagen . . . Nach dieser Art anzufangen ist vielleicht das
Spiel Fufsball genannt
ScblieMch noch eins. Wir gehören nicht zu den Leicht-
gläubigen, welche für jede beliebige Zeitungsnachricht über „Unfälle
beim Fu&ball" ein offenes Ohr haben. Da& aber eine gewisse An-
^ Professor Avoslo Mosso hat in seinem Bache: „IHe körperUche
Ergiehung der Jugend** aus ihr geschöpft. D. Bed.
652
regnng zur Roheit in dem Faüadtofs steckt, leint auch Kochs
Untersachüng; wir verweisen anf die Seiten 14, 21, 29, 30, 34.
Im vierten bis sechsten Kapitel bringt der Verfasser in fiber-
sichtlicher Form die Entwickelnng des modernen Spiels. Bei dieser
Gelegenheit erfieihren wir denn anch, dafs die Geschichte desselben
im heutigen England nidit weiter, als bis 1863 znrttckgeht. Sowohl
Rngby, als Association finden in gebührender Weise Berficksichtigimg.
Wir können das Bnch jedem Spielplatzfrennde empfehlen.
Wenn nnser heutiges FnUsballspiel, das seine Wiege in England
hat, hie nnd da die Fingerzeige, welche die Vorgeschichte gibt,
anfiier acht Iftfst, so kann man dem Verfasser der Arbeit daraus
keinen Vorwurf machen; er hat gethan, was er konnte. Übrigens
stehen wir noch immer in der Entwickelnng, und die Folgezeit wird
vielleicht sich dessen mehr bewulkt werden, was Cubtius Aber die
dorischen Übungsschuleh sagt: „Hier wurden namentlich Lauf,
Sprung, Ringkampf, Diskus- und Speerwurf ausgebildet.^ Hoffent-
lich befreit sie die Arme von der Aschenbrödelstellung, welche ihnen
der Fnfsball neuerdings zugewiesen hat.
Gymnasialoberlehrer H. WlGE£imAaBK in Rendsburg.
Sanitfttsrat Dr. £. MabcüS in Frankfurt a. M. Zur neaereB sclivl-
hyjpemselien Litteratnr. Sonderabdruck aus der Deutsd^em
Viert^ahrsachriß für öffmUiche Chsunäheüspfkge, Bd. 27, Hft:
4, erste Hälfte. Braunschweig, 1895. Friedrich Vieweg nnd S<^.
(9 S. Gr. S\)
Verfasser bemerkt, dals die meisten schulhygienischen Arbeiten
sich zerstreut in den verschiedensten Zeit- und Flugschriften finden
und daher von dem einzelnen nur schwer verfolgt werden können.
Aus diesem Grunde will er den Mindereingeweihten über die be-
zQgliche Litteratnr in aller Kürze orientieren. Seine AusfÜhrnngen
bieten also Ähnliches, wie die schulhjgienischen Abschnitte in den
Jahresberichten von Uffelmann über die Fortschritte und
Leistungen auf dem Gebiete der Hygiene, sowie von
Rbthwisch über das höhere Schulwesen Deutschlands.
Wahrend aber diese immer nur die litterarischen Erscheinungen
eines Jahres berücksichtigen, umfafst der Aufsatz von Habcub die
schulhygienischen Arbeiten des letzten Jahrzehnts.
Trotzdem hat fast alles Bedeutende Berücksichtigung gefunden.
So, um nur einiges anzuführen, die Untersuchung von Hbbtbl über
den Gesundheitszustand von 30000 dänischen Schulkindem und
das bekannte Buch Axel Keys über die schulhygienische Enquete
in Schweden. Auch die grölseren die Schulgesundheitslehre be-
handelnden Werke von EuLEKBBBa-BACH und v(m Bubgbbstbik-
653
Netoutzet sind in «U^r Kürze l^esprochen, die kleineren von
JaNKK, ENGEIiHOBN, HOFfMAKM, DOBNBLÜTU, RlOHTSB, DbL-
YJUiiiiE-BBBüCQ n. a. wenigstens angefahrt. Endlich werden auch
die Hauptergebnisse der beiden internationalen Kongresse fOr Hygiene
nnd Demogn^hiß in Wien ond London, soweit sie sich auf Schul-
hygiene beziehen, mitgeteilt.
Aufgefallen ist uns, dafs die so viel diskutierte Frage, ob Steil- oder
Schrägschrift, sich init Iceinem Wprte erwähnt findet. Der Verfasser
sagt freilich selbst, dafs er bei der Sichtung seines Stoffes wegen des
grolsen Umfangs desselben manches Beachtenswerte, ja vielleicht
Wichtige ttbergfingen haben könne.
Als bedai^erlich mufs es bezeichnet werden, dals sich bei den
Namen der Autoren so zahlreiche Druckfehler eingeschlichen habßn.
Beispielsweise ist auf Seite 2 Bach statt Back, auf Seite 5 Peek
statt Pbck, Fletcqbb Beach statt Fletschee, Stimp^^l statt
STÜiiPFL, auf Seite 7 Netolitz^ statt NETBOiiiTZEY, auf Seite 8
GEUii: statt Gellebt und Pehbachon statt Psbbochok su lesen.
Sehr beherzigenswert erscheint, was Verfasser zum Schlüsse
seiner i^beit schreibt: „Überall ist man, wie wir sehen, rastlos an
der Arbeit, schulhygienische Verbesserungen einzufahren. Sehr oft
jedoch stö&t man haben und drüben auf Übertreibungep, die immer
der Feind des Erreichbaren sind. Vor solchen Übertreibungen
mttssen wir ui\s hüteU) wenn wirklich etwas Erspriefslichee geschaffen
werden soll. Die Ärzte dürfen nicht die Lehrer und die Lehrer
nicht die Ärzte m&keln, wir dürfen uns nicht entgegenarbeiten,
sondern müssen uns gegenseitig unterstützen und belehren, immer
Mafs haltend und immer nur an das Ausführbare denkend. Die
Lehrer dürfen die Hygiene nicht als Hindernis des Unterrichts an-
sebeUy und andererseits müssen die Ärzte den Zielen des Unterrichts
und der Erziehung Rechnung tragen. Dann, aber auch nur dann
wer4en wir Einflnls auf die Schulbehörden und auf diejenigen ge-
winnen, die wir zur Durchführung unserer Pläne vor allem gewinnen
müssen, auf die Eltern und die Schulkinder, und die Schule wird
dann auch in gesundheitlicher Beziehung sein, was sie sein soll:
eine Stätte der Vernunft und der Humanität." Möchten diese Worte
bei recht vielen Beherzigung finden I L. Kotelmann.
Thomas Chestebton, organising teacher of physical education
to the London school-board. Thfd theory of physical edu-
cation in elementary schools. London and Aldershot, 1895.
Gale and Polden. (8^.)
Bereits vor vier Jahren hat der Verfasser unter dem Titel:
^Manual of driU Q$id physical exercises^ eine Schrift ver-
654
öffentlicbt, die kurz nacheinander mehrere Auflagen erlebte. In
dem Torliegenden Werke verbreitet er sich nun Ober die Theorie
dieses Gegenstandes. Dasselbe ist vornehmlich fttr Volksschallehrer
und solchei die es werden wollen, bestimmt. Insbesondere verfolgt
es den Zweck, Kandidaten fttr die Prflfang vorzubereiten, welche die
Londoner und andere Schulbehörden in der Theorie der physischen
Erziehung abhalten lassen.
Die ersten achtzig Seiten enthalten einen Abrils der Anatomie
und Ph3r8iologie des Menschen. Wenn man von einzeben kleinen
üngenauigkeiten absieht, wird man denselben als gelungen bezeichnen
dürfen. Anatomie und Physiologie lassen sich freilich nicht ohne
Anschauung lernen. Wir hätten daher gewünscht, dafe der Verfasser
öfter darauf hingewiesen hätte, wie sich manches hierher Gehörige
am eigenen Körper beobachten läCst. Die folgenden Kapitel
besprechen den Nutzen der Hanteln, die Verwendung der Musik als
Hilfsmittel für die körperliche Erziehung, die Bedeutung der Spiele
im Unterschiede vom Turnen, die Verkrümmungen der Wirbelsäule
und anderes. Auch über das Singen und Deklamieren als körper-
liche Übungen sind einige Seiten aus der Feder von Kabl Roberts
beigefügt.
Man darf sagen, dafe das Werk den Zweck, filr welchen es
bestimmt ist, erfüllt.
Professor Dr. med. William Bbownb in London.
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3 s. 6 d.
Jeitfdinft fit Sdfnlgefnnilintatif ^^^^
VIIL Jahrgang. im. No. 12.
(Dristttalabtianblnttj^tn.
Der
Gesnndheitsztutand der Schftlerinnen
in der Hädchenbürgerschnle ro Halle a. S.
Vortrag,
gehalten im Halleschen Lehrerverein.
Von
Dr. med. Sghmid - Monnabd,
Einderarzt in Halle a. S.
Mit 2 Tafeln im Text.
Meine Herren 1 Die Veranlassung zu meinem heutigen
Vortrage ist der Wunsch, Ihnen zu danken für die freund-
liche Beihilfe, welche Sie mir bei meinen Ermittelungen über
die Gksundheitsyerhaltnisse unserer 20000 Volksschulkinder
gewähren, und die Absicht, Ihr Interesse an diesem 3egen*
Stande wach zu halten.
Das Thema wählte ich, weil seine Besprechung die Unter-
lage zu unserer gemeinsamen Arbeit darstellt. Ich gehe dabei
▼on der den Lehrer, wie den Arzt interessierenden Beobachtung
aus, dafs kränkliche, zarte Schulkinder, wenn man sie ganz
oder teilweise auf einige Zeit vom Schulbesuche fernhält,
Ton allen möghchen Beschwerden und Leiden, Gesichtsblässe,
Appetitlosigkeit, Reizhusten u. s. w., befreit werden, ohne irgend
welche andere Malsnahmen in Anspruch zu nehmen.
Ziffernmäfsige Belege, auf sorgfältigen Untersuchungen
eines reichen Materials beruhend, bringt für den Kranken«
8«hii]g«niadheitspfl6g« VÜI. 42
658
bestand in den Schalen Schwedens Professor Axel Eet.^
Dort sind von den Schnlmädchen ans den wohlhabenden
Gesellschaftsklassen 61% ernstlich oder chronisch krank;
36% leiden an Bleichsucht, ebenso viele an habituellem Kopf-
weh, 10% an Rückgratsverkrümmungen. Das Krankenprosent
steigt Ton 29 7o im siebenten Lebensjahr rasch auf 65 7o.
Wenn man erwägt, dafs pathologische Anlagen sich mit
Vorliebe vererben, so gibt der hohe Krankheitsprozentsatz der
künftigen Mütter in Schweden trübe Aussichten für das
kommende Geschlecht.
Es erscheint daher nicht mülsig, zu ermitteln, wie die
Verhältnisse sich bei uns gestalten« An unseren Schulmädchen
bemerken wir nach meinen früheren und gegenwärtigen Unter-
suchungen folgendes:
1. Während die Knaben im 6. Lebensjahr nach ihrem
Eintritt in die Schule sich ebenso weiterentwickeln, wie die
Nichtschüler, verlieren die Mädchen in den ersten Schul-
monaten durchschnittlich fast % kg an Körpergewicht.
2. Bei den schwächeren Mädchen dauert dieser Rückgang
noch bis in das zweite Schuljahr und beträgt hier bereits 1 kg.
Erst im dritten Schuljahr tritt eine Erholung ein.
3. Das Krankenprozent der Mädchen erweist sich am
höchsten im ersten Schuljahr (6. — 7. Lebensjahr, Klasse VIII)
und nimmt dann allmählich ab bis zur II. Klasse (13. Lebens-
jahr); über die I. Klasse fehlen mir Aufzeichnungen. Ebe
Darstellung dieser Verhältnisse gebe ich in Tafel I für die
Jahre 1874 — 1883, über welche die genauesten Notierungen
sich finden.
Hier sind nur die Klassen VIII (6. Lebensjahr) und II
(13. Lebensjahr) berücksichtigt, im ganzen ungefähr 230 Kinder
^ Axel Keys schulhygieniscJie Untersuchungen. In deutscher Be<
arbeitung herausgegeben von Dr. Leo Bükgerstbin in Wien. Mit
12 Kurventafeln. Hamburg und Leipzig, 1889, Leopold Voss ; Axel Ket,
Die Pubertätsentwickelung und das Verhältnis derselben zu den Krankheits-
erscheinungen der Schuljugend. Vortrag, gehalten auf dem X. inter-
nationalen medizinischen KongreTs in Berlin. Berlin, 1890.
659
pro Jahr. Zur Vergleiohniig beider Klassen habe ich die als
Dorobsahiiitt für je ein Kind bereohDeten Krankheitstage sa-
sammengesteUt. Es ent^leo auf die Kinder der ü. Klaaae
duTohsohnittUch nur V» bis Vs bo viel Kraobentage, wie anf die
Kinder der YIII. Klasse. Die dazwischenliegenden Klassen
haben dazwischenliegende Werte.
Das gleiche Verhältnis zeigt sich f(lr die Sdiälerinnen
der n. und VIH. Klasse sowohl bei kurzen (ein- bis Yier-
Tafel I,
Zahl der ErankheiUtage bei ISjährigen (MHH) <i»^ 6jilirigen
iHJ Sclmlniädcheti, auf je 1 Eind berechnet, wShrend 10 Jahren.
tägigen), im allgemeinen leichten, als auch bei längeren
(fünf- und mehrtägigen), im allgemeinen ernsteren Krankheiten.
Dnter allen Krankheitsfällen kommen vor im Mittel:
kürzere Fälle
in der II. Klasse (13jährige) ungefHhr 807»
.,„¥.„ (10jährige) , 80 „
„ „ VII. „ (7— 8jährige) .. 65—75 „
„ „ VIII. „ (6jährige) „ 50—65 „ ,
42*
660
längere Fälle
in der VIII. Klasse (6jährige) circa 40%
, „ VII. „ (7-8jährige) „ 30 „
V. „ (lOjährige) „ 22 „
. » II. n (ISjährige) , 20 , .
Als auffallend häufig und lange krank waren ver-
zeichnet in der VIEL — V. Klasse zwischen 7 und 12% der
Schülerinnen, also etwa Vio derselben.
Danach sind die langdauemden Krankheiten in den unteren
Klassen yorherrschend, in den oberen Klassen die kürzeren
Ejrankheiten.
Todesfälle wurden vielleicht in zu geringer Anzahl gebacht
Es entfallen:
in der VIII. Klasse 7 Todes&lle auf ungefifthr 1600 Schülerinnen
= 72%
^ „ VI. „ 6 „ „ „ 360 Schülerinnen
= IV4%
„ „ II. „ 0 „ „ „ 600 Schülerinnen
= 0%.
An und für sich sind die Zahlen zu klein, um für die
Höhe der Sterblichkeit sichere Schlüsse zuzulassen. Doch
entsprechen die kleinen Prozentzahlen der geringsten Mortalitftty
welche nach den mir gütigst von Herrn Sanitätsrat Bisbl zur
Verfügung gestellten Sterbeziffern der Stadt Halle das Lebens-
alter von 6 — 15 Jahren gegenüber anderen Lebensaltem aufweist.
Über die Art der Krankheiten finden sich nur ver-
einzelte Feststellungen, die aber doch gewisse Anhaltspunkte
liefern.
Es treten im allgemeinen drei Gruppen hervor:
1. Explosionsartig innerhalb zweier bis dreier Tage auf-
tretende zahlreiche Fälle, die meisten von nahezu gleicher
Dauer (Infektionskrankheiten: Masern, Scharlach etc.);
2. unregelmäisige, sich lang hinziehende Schulversäunmisse
bei schwächlichen Kindern;
3. häufig wiederkehrende kurze Absenzen, namentlich bei
Erkrankungen einzelner Organe, z. B. des Ohres.
661
In der Verteilung der Krankheiten auf die ein-
zelnen Klassen zeigt sich eine gewisse SegelmäTsigkeit,
In den unteren Klassen herrschen vor Masern und Keuch-
husten, die oft lange dauern, aber nur selten zum Tode fiihren;
in den mittleren Scharlach u. s. w., meist von kürzerer Dauer
und mit höherer Sterblichkeit; in den oberen Bleichsucht und
andere Entwickelungsstörungen bei solchen Madchen, deren
Gewichtszunahme nicht gleichen Schritt hält mit dem eben
abgelaufenen Längenwachstum; diese Störungen geben wiederum
zu längerer Versäumnis Anlafs.
So konstatierte ich Abmeldungen vom Unterricht fiir
drei Monate und länger:
in 32 unteren Klassen (VIII und VII) 1 pro Klasse,
„ 16 mittleren „ (VI und V) 1 „ 2—4 Klassen,
„ 10 oberen „ (11) 1 „ Klasse.
Wir dürfen wohl annehmen, dais in der Häufigkeit dieser
einvierteljährigeu Abmeldungen ein Gradmesser für die geringe
Widerstandsf^igkeit gegen krankmachende Einflüsse im
allgemeinen gegeben ist.
In den unteren Klassen finden sich Abmeldungen bei
nicht ganz 2% der Schülerinnen. Hier macht sich zunächst
der ungünstige Einfluis des Stillsitzens in geschlossenen Räumen
geltend, ferner bei manchen die Schwierigkeit, dem Unterrichte
zu folgen, endlich besonders der Ansturm der Infektions-
krankheiten gegen alle diejenigen, welche bisher vor denselben
bewahrt geblieben sind.
In den mittleren Klassen sinkt die Zahl der abgemeldeten
Schülerinnen auf V* — Vs 7o ; sie ist hier am geringsten.
In den oberen Klassen steigt sie wieder auf etwa 2%.
Hier wirken die Entwickelungsstörungen bei den dreizehn-
jährigen Mädchen ein. Es ist dies die Zeit unmittelbar nach
ihrem stärksten Längenwachstum, welches die Pubertätsperiode
einleitet. Alles Kräftematerial ist zum Aufbau des Körpers
▼erwandt worden, und bei den Schwachen macht sich daher
ein Deficit geltend, wenn weitere Anforderungen an sie
662
herantreten, und wenn die Gewichtszunahme nicht, wie bei
gesunden Kindern, kräftig einsetzt.
Wir haben also im allgemeinen und abgesehen von der
grölseren Zahl längerer Schulversäumnisse in der II. Klasse
eine allmähliche stetige Abnahme der Schulversäumnisse, die
schon von den Sechsjährigen der VUE. Klasse an beginnt und
bis zu den Dreizehnjährigen der II. Klasse anhält.
Dies steht in auffallendem Gegensatze zu den Schul-
berichten aus Schweden.' Dort finden sich bei den Mädchen
(yermutlich der höheren Schulen) 28,6 % Kranke im 7. Lebens-
jahr, im 13. Jahr aber 64,2%.
Der unterschied in der Kränklichkeit zwischen den
deutschen und schwedischen Mädchen kann nicht yon der
längeren Arbeitszeit herrühren, welche ja nachgewiesenermafsen
ein höheres Krankenprozent bedingt.
Soweit ich aus den nicht immer untereinander überein-
stimmenden Berichten von Axel Kbt ersehe, arbeiten die
jüngsten Schüler Schwedens wöchentlich 25,3 — 27,0 Stunden,*
die dreizehnjährigen Schüler ungefähr 50 Stunden in der
Woche,' was der bei uns üblichen Arbeitszeit entspricht. In-
wieweit diese Zahlen auf schwedische Yolksschulmädohen
Anwendung finden, ist nicht ersichtlich. Doch entspricht in
Schweden der mit den Klassen steigenden Arbeitszeit ein
steigender Krankenprozentsatz.
Unsere Bürgerschule bietet im Jahre 1878 jedenfalls eine
ganz ähnliche Arbeitsdauer. Dieselbe beträgt pro Woche:
bei Kindern im 7. Lebensjahr für Schularbeit 22, für Hausarbeit
2 = 24 Stunden,
r, „ n 13. „ „ „ 30, für Hausarbeit
18 = 48 Stunden,
wobei die Pausen nicht abgerechnet sind.
Da wir also vermutlich gleiche Arbeitszeit, aber ein mit
den Klassen sinkendes Krankenprozent besitzen, so spricht dies
* Axel Key a. a. 0.
' Axel Key, Die Pubertätsentwickelung u. s. w., S. 66, Tab. 20 B.
' Axel Keys schuJhygieniscke Untersuchungen, S. 146 and 172.
663
fiir gesündere äufsere Schal Verhältnisse, oder kräftigere Be-
völkening, oder weniger angünstige krankmachende Einflüsse
bei ans, als in Schweden. Ja, anser Elrankenprozent wird sich,
so hoffe ich, nach anseren gemeinsamen Ontersachnngen für
dieses Jahr noch besser gestalten, seitdem in nenerer Zeit die
häosliche Arbeit so beschränkt ist, dafs die Dreizehnjährigen
aaliger 32 Schalstanden nar noch 6 Haosarbeitsstanden
= 38 Arbeitsstanden wöchentlich statt der früheren 48
haben.
Es wäre interessant, an anseren Halleschen Kindern in
verschiedenen Schalen mit verschiedener Arbeitszeit za ermitteln,
ob hier das Krankenprozent entsprechend steigt oder &llt.
Die Ursache davon, dafs in Schweden nicht so günstige
Gesandheitsverhältnisse der Schülerinnen bestehen, wie bei ans,
ist also in anderen Momenten, als der Arbeitszeit za Sachen.
Schwerlich in der Hygiene, in welcher Schweden Erhebliches
leistet. Über die körperliche Rüstigkeit unserer Nation im
Vergleich mit der schwedischen erlaabe ich mir kein Urteil,
obwohl ich annehmen möchte, dafs die in Dentschland darch-
geführte allgemeine Militärdienstpflicht ans in physischer Be-
ziehang einen Vorsprang gewährt. Ein wesentlich angünstiger
Faktor dürfte in dem schwedischen Klima liegen.
Ich habe darch Einzelnntersachaagen nachgewiesen, dafs
vom Febraar ab bis in den Jani hinein das Körpergewicht
der Kinder, der Schüler, wie der Nichtschüler, stillsteht. Es
ergab sich aas Vergleichen, daCs dieser Entwickelangsstillstand
in die Zeit der häafigsten Krankheiten fiel and dafs letztere
von der Jahreszeit abhängig waren, so zwar, dals der Herbst
die gesündeste, der Winter and das Frühjahr (Mail) die
angesündeste Jahreszeit bildeten.
Der Einflais der Jahreszeit aaf die G-esandheit ist ein
vielfacher. Baahe Winde, plötzliche Erniedrigangen der
Temperatar, besonders bei hohem relativem Feachtigkeitsgehalt
der Laft, bewirken Krankheiten, die Hmen allen bekannt sind,
haaptsächlich Katarrhe. Das häufige Aaftreten der letzteren
im Mai rührt daher, dals am diese Zeit z. B. in Halle die
664
Differenz zwisohen Maxiinam und Minimum der Temperatur
24^ beträgt, während sie für das ganze Jahr nur 21* ausmacht.
llAaELsSBN, ein schwedischer Arzt, hat sogar die Ab-
hängigkeit auch der Infektionskrankheiten von der Witterung
wahrscheinlich gemacht. Nach den Untersuchungen von
Cambbbb, einem deutschen Arzt, ist der Stoffwechsel im Winter
besonders gering. Weitere hemmende Einflüsse niederer
Temperatur auf die Körperentwickelung wies der dänische
Pastor Malling - Hansbn nach, welcher durch mehrjährige
Beobachtungen fand, dafs das tägliche Gewicht mit der
Temperatur auf und ab schwankt, also bei E^lte abnimmt
Ich kann dies für Hallesche Kinder nach einer diesjährigen
kürzeren Beobachtungszeit bestätigen.
Dauert nun eine für die Gesundheit wenig günstige
Witterung so lange, wie in Schweden, wo der Winter sechs
Monate währt, so müssen zwei Momente sich mehr geltend
machen, als bei uns: erstens die direkt krankmachenden
Wirkungen, zweitens die Hemmungen der Entwickelung durch
die mehr sitzende Lebensweise und die schlechtere Luft der
Zimmer, besonders der Schulzimmer.
An unserem Schülermaterial sehen Sie recht deutlich den
angedeuteten EinfluTs der Jahreszeit (Tafel II).
Ich habe das Schuljahr 1878—79 herausgegriffen, über
welches die meisten brauchbaren Notierungen vorhanden sind.
Dieselben beziehen sich auf 440 Schülerinnen im Alter yon
6 — 13 Jahren und sind berechnet auf volle Monate mit Aus»
Schaltung der Ferien.
Die Kurven sind so hergestellt, dafs sie nicht den
effektiven Krankenbestand jedes Monats angeben, sondern
die Zahl der Ejrankheitstage in demselben oder die Ziffer der
Krankheitsfälle, welche in dem betreffenden Monat
ihre Entstehung gefunden haben.
Die Kurve der Krankheitstage zeigt steilen Anstieg im
Mai und in den Wintermonaten, in der Zwischenzeit Ab&Ile,
von denen einer auf den September, den gesündesten Monat,
za liegen kommt.
665
Entsprechend verläuft die Knrve der fünf- nnd mehr-
tägigen Erankheits&Ue, ähnlich auch diejenige der ein* bis
viertägigen Fälle, die als Abweichung von den übrigen Kurven
nur einen Anstieg im August zeigt. Dieser ist der Ausdruck
der Magendarmerkrankungen ^ besonders bei den Schülerinnen
der unteren Klassen.
Tafel n.
Auftreten der Krankheiten in den einzelnen Monaten bei 440 Scbn-
lerinnen im Alter von 6—13 Jahren während des Schu^ahrs 1878—79.
1878
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Mai
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Erankheitstage.
i.i'++4 1— 4tägige KrankheitefSUe.
5 und mehrtägige Krankheitsfälle.
Sie sehen, dafs ich andere Einflüsse, vor allem die der
Witterung, für mächtiger und schädlicher halte, als solche,
die man einer gesund gebauten Schule anrechnen könnte, wenn
ich auch der Meinung bin, dafs in manchen höheren Lehr-
anstalten den Bedür&issen des wachsenden Körpers viel zu
wenig Rechnung getragen wird auf Kosten der Gesundheit.
666
Obgleich aber unsere Mädcbenbürgersohnle den Stockholmer
Schulen gegenüber so günstige Gesundheitsverhältnisse aufweist,
so werden doch auch bei uns stets einzelne Eünder sein, welche
in der Schule G-efahr laufen für ihre körperliche Elntwickelang.
Bereits Axbl Kby hat ausgeführt, dafs während der Schul-
jahre zwar der Verlust an Körpergewicht durch Krankheit
nicht so bedeutend ist, wie in den ei^n Lebensjahren, dab
aber auch der Ersatz des Verlorenen um so langsamer vor
sich geht. Dafür ist eventuell ein Yolles Jahr erforderlich.
Eine Menge Kinder aber treten schon kränklich in die Schule
ein, und wirken nun schädliche Einflüsse häufiger auf dieselben
ein, so kommt überhaupt keine Erholung mehr bei ihnen zu
stände. Durch passende Fürsorge können jedoch auch solche
Kinder gesunde und tüchtige Menschen werden, und ein nicht
geringer Teil dieser Fürsorge fällt der Schule zu. Hierbei
aber ist eine regelmäisig wiederkehrende ärztliche Kontrolle
unentbehrlich, für die ich in meinen Untersuchungen die Unter-
lagen zu geben bemüht war.
Meines Erachtens sind nicht die neueren, hygienisch richtig
gebauten Bürgerschulen — von den höheren Lehranstalten sehe
ich hier ab — ein wesentlich gesundheitsschädliches Moment,
sondern vielmehr die ungünstigen häuslichen Verhältnisse der
Schüler.
Wie schlimm es in dieser Beziehung bestellt ist, das
zeigt sich recht deutiich an unseren Kinderbewahranstalten,
in welche die Kinder nach den Ferien wesentlich elender
wiederkommen, als sie vorher waren. Ebenso weisen sie mit
ganz wenigen Ausnahmen montags einen beträchtlichen GFewichts-
verlust gegen sonnabends auf, nachdem sie den Sonntag im
Eltemhause zugebracht haben.
Andererseits aber fällt der Schulbesuch in eine Zeit, wo
das Längenwachstum alle Kräfte des Körpers in Anspruch
nimmt, so dafs selbst die geringen Anforderungen der Bürger-
schule bei schwächlichen Kindern einen Ausfall erzeugen können.
Es gilt also auch hier, mit aller Sorgfalt über der Gresundheit
des heranwachsenden Geschlechtes zu wachen.
667
Zur Schulhygiene in Rumänien.
Aus dem letzten amtliclieu Jahresberichte
über das Sanitätswesen des Königreichs Rumänien.
Von
Obersanitätsrat Dr. med. J. Fblix,
Professor der Hygiene und Sanitätspolizei, Generaldirektor des Gesund-
heitswesens des Königreichs Bumänien in Bukarest.
Eine der Thatsachen, durch die sich bei uns die zu-
nehmende Kultur äu&ert, ist der Fortschritt der Schulhygiene.
Die Yerbesserung sämtlicher hygienischer Verhältnisse der
Schule geht mit langsamem, aber sicherem Schritte vorwärts,
und, um sie gerecht zu beurteilen, müssen wir auf jene Zu-
stände zurückblicken, in denen sich die Lehranstalten vor 25
Jahren befanden. DaJs noch heute viele Schnllokalitäten den
Anforderungen, die wir stellen, nicht eutsprechen, hat einerseits
in der Armut einzelner Gemeinden, andererseits in der rasch
zunehmenden Zahl der Schüler beiderlei Geschlechts seinen
Grund,
Das neue Unterrichtsgesetz für Volksschulen und Lehrer-
bildungsanstalten habe ich in meinem vorjährigen General-
berichte besprochen; ich habe dort gezeigt, dafs es den
modernen Anforderungen der Schulhygiene Becbnung trägt.
Dieses Gesetz ist im Jahre 1893 in Wirksamkeit getreten, und
die Ausführungsverordnung vom September 1893 über Schul-
bauten und Schuleinrichtungen wird die hier und da be-
stehenden Mängel beseitigen. Um die sanitäre Überwachung
der Schule zu sichern, habe ich das Nötige veranlafst und in
dem Entwürfe für das neue Reglement des Sanitätsdienstes der
Distrikte, sowie in jenem für den Sanitätsdienst der Gemeinden
den Wirkungskreis der Distriktschefilrzte, der Bezirksärzte und
der städtischen Gemeindeärzte genau festgestellt.
668
Mehrere Distriktsyertretungen haben es übemommeiii in
armen Dorfgemeinden Schulen aus eigenen Mitteln zu erbauen.
Wenn dessenungeachtet in einzelnen Gegenden noch tranrige
Zustände herrschen, so liegt die Ursache in der überaus rasch
anwachsenden Schülerzahl, die es sogar notwendig machte,
wegen ungenügenden Baumes die Schüler in zwei Grappen
zu teilen, von denen die eine blofs vormittags, die andere
blois nachmittags Unterricht emp&ngt. In einigen in Miets-
häusern untergebrachten Schulen habe ich mit Bedauern
bemerkt, dafs die Schulleiter die hellsten und geräumigsten
Zimmer für ihre Wohnung herrichten und die minder hellen
oder minder geräumigen als Schulräume benutzen. Die
Sanitätsinspektoren und Präfekten sind angewiesen worden,
diesen Unregelmälsigkeiten zu steuern. AuJserdem hat auch
die oberste Unterrichtsbehörde Mafsnahmen hiergegen getroflfen.
Der Beinhaltung der Schulaborte wird nicht die nötige
Aufmerksamkeit geschenkt. Will man die Schüler an Keinlich-
keit gewöhnen, so gehört gewifs auch die Überwachung der
Abtritte dazu. AuJiserdem stehen dem Lehrer und der
Lehrerin noch andere Mittel zu Gebote, um die Kinder zor
Sauberkeit anzuhalten: das Betreten der Schule mit unreinen
Kleidern und Schuhen darf nicht geduldet werden. Ein
gewisser Grad von Reinlichkeit ist auch mit der gröfsten
Armut verträglich ; verständige Lehrer und Lehrerinnen wissen,
welche Zugeständnisse sie in dieser Beziehung machen dürfen,
und welchen Beinlichkeitsregeln sich alle Zöglinge ohne
Unterschied fügen müssen.
In den Berichten, betreffend sanitäre Schulinspektionen, finden
wir die stereotype Klage über Mangel oder UnvoUkommenheit
der Yentilations Vorrichtungen. Da, wo sie vorhanden sind,
ist ihre Leistung ungenügend, weil ihre Bedienung Ver-
ständnis und Gewissenhaftigkeit der Lehrer erfordert. Die
einfachsten Ventilationsapparate, die Fenster, werden eben zn
wenig benutzt. Einerseits schreibt das neue Reglement fSir
Schulbauten und Schuleinrichtungen vor, dafs in allen Schul-
räumen der oberste Teil der Fenster um eine horizontale Axe
669
drehbar sein soll, um fortwährend frische Lnft gegen die
Zimmerdecke führen zn können, andererseits sind die beamteten
Ärzte angewiesen worden, die Lehrer über die Notwendigkeit
der Lüftung durch Öffnen der Fenster zu belehren.
Die eisernen Ofen müssen allmählich aus den Schulen
entfernt werden. Als Übergangsmafsregel empfehlen wir, daiSs
auf jeden solchen Ofen ein weites, offenes, mit Wasser ge-
fülltes GeMs gestellt werde.
Das neue ünterrichtsgesetz räumt den körperlichen
Übungen und insbesondere den Schulspielen den ihnen ge-
bührenden Platz ein. Wir wünschen, dafs diese Neuerung
Ton Lehrern und Lehrerinnen gehörig gewürdigt werde, dafs
sie die hygienische und pädagogische Bedeutung derselben
richtig erfassen, und drücken unsere besondere Befriedigung
darüber aus, dafs einer unserer vorzüglichsten Turnlehrer, Herr
Dem. Jonbscu, in der ^^Zeitschrift für Gymnastik*' ein aus-
führliches Programm für verschiedene Schulspiele entworfen hat.
Im September 1893 hat der Bürgermeister von Bukarest
Instruktionen über Hygiene der öffentlichen und privaten
Schulen veröffentlicht, die vom städtischen G^sundheitsrate
Terfafst worden sind. Dieselben enthalten unter anderem die
Yorschrift: Nach Schlufs der Schule und Entfernung der
Schüler ist der Fufsboden sämtlicher Schulräume mit Wasser
zu bespritzen und dann bei offenen Fenstern und Thüren aus-
zukehren; jeden Sonnabend soll der Fufsboden gescheuert
werden. Wir werden diese Instruktionen für sämtliche Schulen
des ganzen Landes etwas abgeändert vorschreiben und noch
folgende Begel hinzufügen : Der Raum zwischen den Schul-
bänken ist ebenfalls täglich mit feuchtem Besen auszukehren;
jeden Sonnabend sind die Schulbänke von der Stelle zu rücken
und der von ihnen eingenommene Fafsboden zu scheuem.
Was die Mittelschulen anbetrifft, so erwarten wir, dafs
das noch im Stadium des Entwurfes befindliche neue Mittel-
Schulgesetz die Hygiene in demselben Mafse berücksichtigen
werde, wie es das bereits in Wirksamkeit getretene Volksschul-
jieeetz thut. Wir bitten den Herrn Untemchtsminister von
670
neuem, in den Erziehnngsanstalten für Mädchen die naheza
klösterliche Eingeschlossenheit, das stundenlange, wenig unter-
hrochene Sitzen zu verbieten. Es ist vielmehr zu wünschen,
dafs in den Mädchenschulen den körperlichen Übungen mehr
Zeit eingeräumt werde, als in den Knabenschulen.
Einige mit Internaten verbundene Lehrinstitute befinden
sich in einem nicht musterhaften Zustande. Der Herr Minister
für Kultus und Unterricht wird die Bemedur mit der Be-
stimmung beginnen, daiB in den staatlichen Erziehungsanstalten
der Hygiene mehr Rechnung getragen werde. Der lehrreiche
Bericht über die Mittelschulen, den unser Freund und Kollege,
Professor Dr. C. Istbati, Generalinspektor der Mittelschulen,
im April 1893 dem Herrn Minister überreichte, enthält ein
wertvolles statistisches Material, welches die dringende Not-
wendigkeit der Beform nachweist.
Ein besonderes Augenmerk verdienen jene Häuser, in
denen in den Städten mit Mittelschulen die Zöglinge vom
Lande untergebracht sind. Die moralischen und physischen
Zustände sind daselbst nicht immer mustergültig. Ich habe
die städtischen und Distriktsgesundheitsräte angewiesen, den-
selben ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken und da, wo es
erforderlich ist, rasch Abhilfe zu schaffen.
Eine Lücke in der Organisation unserer Lehranstalten
für Mädchen kann nicht stillschweigend von mir übergangen
werden. Die Haushaltungslehre figuriert nur im Programm
der staatlichen Lehrerinnenbildungsanstalt „ Asil Elena Doamna°
und in der aus einer wohlthätigen Stiftung unterhaltenen
Specialschule für weibliche Handarbeit „Protopop Teodor" ; in
beiden genannten Schulen wird jedoch dieser Unterricht nicht
eingehend genug betrieben. Die betreffende Lücke mufs ans-
gefüllt werden. Die meisten armen Mädchen treten ganz un-
vorbereitet in das praktische Leben ein, ohne die geringste
Kenntnis dessen, was sie als Leiterinnen eines Haushaltes bedürfen.
Ihre Unfähigkeit, den Pflichten als Gkttin und Mutter nach-
zukommen, stört den häuslichen Frieden, lockert die Familien-
bande und wird nicht selten die Ursache unglücklicher Ehen.
671
Mit Seoht haben mehrere Staaten besondere Lehrknrse für
Hanehaltung, Hangwirtschaft, Kochkunst, Wäsohereinigen in
den oberen Klassen der Volksschulen, sowie in den Fort-
bildungsschulen (Abend- und Sonntagsschulen) eingeführt. Ein
ungesunder Wind weht über unser Land, die Mode treibt
die Mädchen der besser situierten Stfinde zum Studium
der klassischen Sprachen, der höheren Mathematik, bei gänz-
licher Vemachlfissigung jeuer Kenntnisse, deren sie bedürfeu, um
den ihnen von der Natur angewiesenen Beruf zu erfüllen.
Wir verlangen die Beseitigung dieser Übelstände und bitten
den Herrn Unterrichtsminister, er möge in den höheren Töchter-
schulen Haushaltungskunde, Kochkunst, Waschen und Flicken
der Wäsche lehren lassen.
2.US ^txfamvxlnn^tn nn) Heretneti*
Die Überbttrdungsfrage im Königlich nngarischen
Landesunterrichtsrate. ^
Von
Dr. med. Heinrich Schuschny,
Schularzt und Professor der Hygiene in Budapest.
Der Königlich ungarische ünterrichtsminister Dr. Julius
Wlassics hat den Landesunterrichtsrat mit dem Studium der
Überbürdungsfrage beauftragt. Letzterer wählte zu diesem
Behufe ein Komitee, und wurden auch Fachmänner, die aufser-
halb des Unterrichtsrates stehen, eingeladen, an den Be-
ratungen teilzunehmen. Das Komitee steht unter dem Präsi-
dium des Erzabtes Hippolyt Feheb, Präsidenten des Unterrichts-
» Vergl. diese Zeitschrift, 1895, No. 10 u. 11, S. 034—637. D. Eed.
672
rates. Mitglieder desfielben sind: der reformierte Bischof Eabl
Szlsz; Dr. Albebt yon Bebzeyiozt, Staatssekretär a. D. und
Vioepräsident des nngarisohen Abgeordnetenhauses ; die Ministerial-
räte Dr. JoHANK Klamabik und ALEXAin>EB VON Leötey;
die Studiendirektoren Dr. BiLA Ebödi und Eabl Hofeb; die
üniversitätsprofessoren Dr. Gustav Heinbigh und Dr. Heikbich
Mabczali; der Sohriftführer des Dnterrichtsrates Dr. Joseph
Febengzt; die Qymnasialdirektoren Flobian Chebybn und
Dr. Ebnst von FmlczY (letzterer fangierte als Referent);
die Mittelsohulprofessoren Dr. Bebnhabd Alexandeb, Emanuel
Bbke, Dr. Johann CsENasBi, Michael Demeozky, Edmund
Hankö, Heinbich Hobnisghbk, Dr. Eabl Pozbeb, Fbiedbich
Biedl, August Sghmidt; der Schularzt und Professor der
Hygiene Dr. Heinbich Sghusohnt und der Tumprofessor
Dr. Joseph Otto.
Die allgemeinen Beratungen nahmen drei lange Sitzungen
in Anspruch. Nach einer Begrüfsungsansprache seitens des Präsi-
denten und Erledigung einiger Formalien kommentierte Referent
Dr. Ebnst von Finäczy den Erlafs des ünterrichtsministers.
Kedner hält es für nötig, dafs der Unterrichtsrat sich mit der
Überhürdung eingehend beschäftige. Wir müssen namentlich
die Ursachen derselben erforschen und, indem wir dieser Frage
näher treten, uns mit ihren einzelnen Punkten befassen.
Die Lehrbücher, deren Niveau im allgemeinen zufrieden-
stellend ist, entsprechen nicht den Anforderungen der Methodik.
Wenn es auch ein polyglotter Staat, wie Ungarn, notwendig
macht, lokalen Verhältnissen Rechnung zu tragen, so sollte
doch in den dort gebrauchten Lehrbüchern nicht eine solche
Vielseitigkeit der Systeme herrschen, wie dies heute der Fall
ist. Es fehlt an methodischen Büchern für die Lehrkräfte,
daher kommt es, dafs in einem grofsen Teile unserer Mittel-
schulen ohne System unterrichtet wird. Hierin liegt eine der
Hauptursachen der Überhürdung. Ferner läfst die Heran-
bildung der Lehrer vieles zu wünschen übrig. An dem
Übxmgsgymnasium wird nur ein sehr geringer Bruchteil unserer
Mittelschulprofessoren in den Unterricht eingeführt. Auch die
673
Überf&IInng der Klassen trägt zur Überbürdnng bei; hier Abhilfe
sn schaffen, verursacht aber grofse Kosten. Nicht minder schäd-
lich ist die Zunahme des Fachlehrersystems, aber auch das Klassen-
lehrersystem hat Nachteile, es würde das Niveau der Schule
herabdrücken; in den Staatsschulen befindet sich übrigens der
Sprachunterricht zumeist in einer Hand.
Dr. Albebt von Berzbviozt ist ein Freund der Einheits-
mittelschule ; wenn er trotzdem an den Beratungen teilnehme, so
thue er dies, ohne sich mit dem heutigen Schulplane ein-
verstanden zu erklären. Bis zur Verwirklichung der Idee der
Einheitsmittelschule liefsen sich im Rahmen des gegenwärtigen
Schulplanes manche Verbesserungen durchführen, so die Herab-
setzung des Schülermaximums von 60 und darüber, die Er-
richtung von Vorbereitungsklassen in den nicht ungarischen
Sprachgegenden, die Vereinigung verwandter Lehrgegenstände
in einer Hand in den unteren Klassen, die Herausgabe
passender Lehrbücher für den Schüler und praktischer Anleitungs-
werke für den Lehrer, das harmonische Zusammenwirken der
Professoren, die Erweiterung des Wirkungskreises des Direktors,
die Revision der Lehrpläne, die Verbesserung der Heranbildung
der Lehrkräfte, die Fortentwickelung der Körperpflege, die
Systemisierung der Jugendspiele, die Hebung der materiellen
Lage der Turnlehrer.
Dr. Gustav Heinrich weist auf die mangelhaften B«-
sultate des Unterrichtes hin. Die Lehrpläne und Instruktionen
sind ausgezeichnet, aber zu theoretisch, zu ideal.
Dr. Moritz KIbmän fürchtet nicht, daXs der Erfolg des
Unterrichtes unter der Revision der Lehrpläne und Instruktionen
leiden werde. In England wird fast alljährlich eine solche
Revision vorgenommen. Als unsere Dnterrichtspiäne verfalst
wurden, hatten wir nur wenig Lehr- und Hilfisbücher. Seit-
dem ist ein grofser Fortschritt bei uns zu verzeichnen, so dais
heute eine Revision keine Schwierigkeiten macht.
Dr. Bernhard Alexander hätte gewünscht, man möchte
nicht nur über Überbürdung, sondern überhaupt über Mängel
des Mittelschulunterrichtes beraten. Die Realschule ist das
SobolcMoadlittitopflefeVni. 43
674
eigentliolie Nest der ÜberbärduDg^ dev SobQler hat liier wenig
freie Naobmittage, da. dieee von ZeiebenttbimgeQ, lateüusoheiA
Spracbnnterricht n. s. w. in Anspraob genommen sind.
Dr. Johann Elaha&ik empfieblt, die heutigen Beeoltate
der liittelscbnle mit denen vor ewOlf Jahren zu vei^leieheo.
Eine Bessening kann nicht geleugnet werden. Seit 1883^
also seit dem Inslebentreten des neuen Lehrplanee, ist die
hygienische Ausstattung der SchnlgebAude eine yiel vollkommener«
geworden, auch mit dem Umfaog und der Beschaffenheit dei
Lehrmittel, mit den Instruktionen und dem Unterrichte sind
wir viel besser daian, als früher. Wir haben forner die An-
näherung zwischen den Mittelschulen der Konfessionen, der
geistlichen Orden und der Nationalitäten hergestellt. Ver^
besserungen müssen aber dennoch trotz dieser Fortschritte Yor«
genommen werden, jedoch auf Grundlage der gemachten E^
fahrungen.
Joseph Ferengzy betont, dafs Überbürdong nicht nur in
der Mittelschule bestehe, sondern auch bei der Ijehramis-
prüfuDg.
Michael Demsgzkt findet die Ursache der Überbürdong
nicht im Lehrplane, sondern in der Methode des Unterrichtes.
In vielen Schuien besteht der letztere nur in Aufgeben und
Ausfragen. Es ist nicht genügend, wenn der Lehrplan obli-
gatorisch ist, auch die Methode mufs es sein. Zur Kontrolle
derselben empfiehlt er die Anstellung von Fachinspektoien.
Nach Dr. ELeinrich Ma&czali stellt der Lehrplan nioht
nur an den Schüler, sondern auch an den Lehrer grofse An-
sprüche, denen letzterer nicht immer gerecht werden kann.
Präsident Hippoltt Feh^r konstatiert, das Komitee
stimme darin überein, dais der Mittelschulunterrioht in vieles
Beziehungen nicht den genügenden Erfolg aufweise. Inde«
er nun die specielle Debatte eröffne, glaube er einige Fragen
aufstellen zu sollen, damit die Diskussion eine bestimmte Ord«
nung erhalte. Die- erste Frage laute: Geben die bestehenden
Lehrpläne, die Instruktionen, die Lehrbücher und die Stuaden*
sahl Veranlassung zur Überbürdungsklage?
67fr
Dr. Mobitz EliUiMiN glaubt, daCs ein Lehrplan insofern
die Quelle der Überbürdnng bilden k<>nne, als an yiel Dnterrieht»*
fbcher aufgenommen seien, oder derselbe eine zu grols»
Standeneahl erfordere. Für Ungarn treffe dies nicht zu. Ein
Weglassen ¥on Gegenständen sei hier ansgeschlossen, da eine
Yerringemng des Lehrstoffes die Bildung der Jugend beein-
trächtigen würde. Unsere Listmktionen müTsten als liberal
besseiohnet werden ; denn während in anderen Staaten, z. B. in
Frankreich imd Österreich, der Unterrichtsstoff manchmal auf
Stunden eingeteilt sei, herrschten bei uns solche Vorschriften
nicht; je nach den lokalen Verhftltnissen und den Hilfsmitteln
könne der Professor unterrichten, wie es ihm gut erscheine.
Flobzan Chbbvsn ist der Ansicht, dab der Lehrplan
sieh bewährt habe, nur einige Verbesserungen soUten auf Qrund
der gesammelten ErfE^irungen Torgenommen werden.
Dr. Gustav HKDOtioaa bemerkt, wenn wir mit dem Lehr^
plane unzu&ieden sind, so müssen wir solche Modifikationen Yor-
nehmeu, die den Erfolg desselben sichern. Bei einigen Gegen-
ständen ist das Lehrziel zu stark hinaufgeschraubt worden.
Das Übersetzen des ungarischen Aufsatzes ins Lateinische z. R
paust für die Hochschule, für die Mittelschule genügt das Ver*
ständnis der Klassiker. Ebenso geht auch der weltgeschichtliche
Unterricht in unseren Mittelschulen "zu weit.
Dr. HniNfiiGH MjlUCzaIiI wünscht, dals seitens des Komitee»
ausgesprochen werde, es möge nicht weniger, sondern besser
unterrichtet werden.
Von Dr. Johann Osenoebi wird die Ansicht yertreten«
dafs die Lehrpläne und Listruktionen dem Professor eine zu
grofse Latitüde gestatteten; die im Lehrplane niedergelegten
Principien betreffe der Methode sollten präciser, bestimmter
ausgedrückt sein.
Dr. Bernhard Albxandbr ist ähnlicher Meinung. Er
bestätigt zugleich, dals der Gymnasiallehrplan zu hoch gesteckte
Ziele habe. Der RealschuUehrplan jedoch, der so viele fakul-
tative Gegenstände aufweise — er erinnere nur an Latein und
Englisch — verursache zweifellos Überbürdung der Schüler.
43*
676
Dem gegenüber erklftri Dr. Johann Klamarik, jedes
Blatt der Lehrpläne biete einen Beweie dafär, dafs die Ver-
fasser derselben auf die Y ermeidang der Überbürdong Bedacht
genommen hätten. Da der Unterricht jedoch trotzdem mit
diesem Übel behaftet sei, so möchten die Mängel desselben ver-
bessert werden.
Fbisdbioh Bibdl weist auf die divergierenden Ansichten
der Pädagogen bezügUoh der Überbürdnng hin. Er oitiert
einige Beispiele von zu hohen Anforderungen aus dem Real-
sohulplane, so den geographischen Unterricht in der I. Klasse,
den chemischen in der IV., Y. und VI. EQasse.* Das Turnen
ist keineswegs die Karbolsäure, welche den Überbürdungs-
bacillus tötet, nur zu oft ermüdet es Körper und Geist.
Von Dr. Albbbt von Bbrzbviozy wird die Bichtigkeit der
BiEDLschen Anschauungen anerkannt. Die strenge Disoiplin
im Turnunterricht ermüde, deshalb müfsten wir uns der neuen,
firischen Strömung anschliefsen, welche an Stelle der anstren-
genden Turnübungen die Spiele setze.
Präsident Hippoltt Feh^r stellt fest, dais das Komitee
sich für die Revision der Lehrpläne erkläre. Ein zu ernennendes
engeres Komitee wird damit betraut werden, in die näheren
Details einzugehen und seiner Zeit entsprechende Vorschläge
behujGs BeschluMassung zu machen. Er ersucht die Komitee-
mitglieder, sich nunmehr über den Zusammenhang zwischen der
Überbürdungsklage und den Schulbüchern zu äulsem.
(Fortsetiung in No. 1, 1896.)
677
Die seiilichen Verkrftmmüngen des Rttckgrats
und deren Verhtttnng.
Vortrag,
gehalten im Berliner Verein für gesundheitsgemftlse Erziehnng.
Von
Dr. med. Leopold Ewbb,
dirigierendem Arst eines Institats fcir Masaage and Orthopftdie in Berlin.
(SohloTs.)
loh komme nun zu den Mitteln, die man znr Ver-
htttong von Rüokgratsverkrümmungen yorgesohlagen hat. Sie
sind zahlreich. loh will Ihre Geduld aber nioht zu lange auf
die Probe stellen und in aller Kürze nnr diejenigen erwähnen,
die anoh ioh für richtig und zugleich für ausführbar halte:
1. Man sorge dafür, dab das Kind von seiner Geburt an
zweckmftfsig ernährt und gekleidet werde.
2. Man bringe schwächliche Kinder nicht zu früh in die '
Schule.
3* Spätestens im sechsten Lebensjahre sollten alle Kinder
auf Gleichheit ihrer Beinlängen untersucht und für den Fall,
dafs Ungleichheit sich zeigt, die Eltern unterrichtet werden,
dals für die nächsten Jahre in den einen Stiefel eine Sohle
hineinzuarbeiten ist. (Musterung der schulpflichtigen Jugend.)
4. Man dehne den Unterricht nicht zu lange aus und
lasse zwischen den einzelnen Stunden die Kinder sich möglichst
viel Bewegung machen.
5. Man schiebe, wenn mehr als drei Unterrichtsstunden
hintereinander gegeben werden, nach der zweiten eine Turn-
stunde ein, oder lasse Bewegungsspiele ausführen.
6. Man sorge für zweckmälsige Tische und Bänke in der
Schule und richtiges Sitzen zu Hause.
678
loh kann mich in letzterer Beziehung den Vorschriften
anschliefsen, welche die Hygienesektion des Berliner Lehrer-
vereins in ihren Gesnndheitsregeln für die Schnljogend zp*
sammengestellt hat, und welche lauten:^
a. Setze dich so, dafs du das Fenster (die Iiampe) zur
linken Seite hast. -
b. Schiebe beim Schreiben den Stuhl so weit unter den
lüsoh, dafs die Tordere Stuhlkante etwa 5 em «ntar die Tiseb-
platte reicht. Bei gerader Haltung des Oberkörpers darf die
Brust die Tischkante nicht berühren.
c. Der Stuhl sei so hoch, daCs bei herabhängenden Armen
die Tisdiplatte in Höhe der Ellenbogen sich befindet. Da die
gewöhnlichen Stühle zu niedrig sind, so lege ein Kissen auf.
d. Die Füfse setze mit der ganzen Sohle auf den Boden ;
«rreicfast du denselben nicht, so stelle eine Fulsbank unter.
e. Setze dich so auf den Stuhl, dals die Brust parallel mit
dw Tischkante ist, und lehne den unteren Teil des Rüekens
(das Kreuz) wahrend des Schreibens fest an, womöglich an ein
der Stuhllehne vorgelegtes Kissen (Ranzen).
f. Schlage di« Beine nicht übereinander, w«der am Knie
noch an den Knöcheln, und siehe die Ffiise nicht unter den
Stuhl zurück.
g. Lege die Unterarme in der Nähe der Ellenbogen auf
den Tisch, halte mit der linken Hand das Heft fest und schiebe
dasselbe während des Schreibens weniger oder mehr auf den
Tisch, je nachdem du den oberen oder unteren Teil beschreibst.
h. Lege das Heft so schräg vor die Mitte des Körpers,
dafe die Grundstriche der Schrift senkrecht eur Tisckka&te
stehen.
i. Beim Lesen und Lernen schiebe den Stuhl etwas zurück,
lehne dich hinten an und halte das Buch schri^ mit beiden
Händen auf d^m Tische fest.
k. Mädchen haben dafür zu sorgen, daüs die Kleider glei^*
mäfsig auf der Sitzfläche verteilt sind.
^ Vergl. diese Zeüschrift, 189Q, No. 8, S. ] 6^—164. D. £ed.
678
I. Sowohl beim Lesen als beim Schreiben muls das Auge
mindestens äö om von der Sohiift entfernt sein.
Über die günstigere Wirkung der Steilsohrift auf die
Körperhaltung gegenüber d^ Sehrfigsohrift sind die Akten
tiooh nicht geschlossen. Die Zahl der bisher angestellten
Untersuchungen ist zu gering (? D. Red.), auch mufs der Zeit-
raum, übdr den sie sich eu erstrecken haben, länger sein.
7. Man beschränke die häuslidien Arbeiten auf das
Mindestmais.
8. Man lasse die Sander sich möglichst viel Bewegung
im frischer Luft, bei schiechtem Wetter im Zimmer machen.
9. Schwächliche Kind«r dürfen keinen Klavierunterricht
nehmen.
10. Der Handarbeitsunterricht sollte auf die erste Stunde
gelegt, oder nach voraufgegangener längerer Zwischenpause
«rteüt werden.
II. Lehrer und Eltern haben darauf zu achten, da& die
Kinder beim Stehen nicht ein Bein .vor das andere setiren,
denn dann steht das Becken schief, und die Ledenwirbelsäule
muls sich nach der tieferen Seite hin neigen.
12. Auf den Turunterricht, namentlich in Mädchenschulen,
muft mehr Ghewioht gelegt und die Zahl der Turnstunden
vermehrt werden.
Obwohl die Behandlung der Rückgratsverkrümmungen
nicht Gegenstand meines heutigen Vortrages ist, möchte ich
doch bei dieser Gelegenheit ganz kurz auf einen Lrrtum auf-
merksam machen, der groÜBes Unheil angerichtet hat und noch
anrichtet. Es ist nämlich vielfach die Ansicht verbreitet, dafs
Korsetts gegen das Leiden von Nutzen seien. Für sich allein
sind sie es nie, höchstens in Verbindung mit orthopädischer
G^ynmafltik. Denn das Korsett schwächt die an sich nicht
giettügend kräftige Rumpfmuskulatur noch mehr, da es ihre
Aj-beit, den Oberkörper aufrecht zu halten, übernimmt und
sie aufser Thätigkeit setzt; für Muskeln, zumal schwache, gibt
es aber nichts Schädlicheres als Ruhe.
680
Ober periodisehe Üntersueliongeii des OeBiehtsriiines
der Schiüjngend.
YerhandlungeD der ophthalmologischen Gesellschaft
des yereinigten britischen Königreichs.
Pribstley Smith führte in der genannten Gesellschaft nach
dem „Centrbl. f.prakt Aughlkde,*' aus, wie wünschenswert periodische
Prüfungen der Sehschärfe sämtlicher Schulkinder seien. Er yersteht
darunter nicht genaue Feststellung des Brechzustandes der Augen;
denn diese sei nur durch okulistisch ausgebildete Schulärzte möglich, und
da man sich noch weit davon entfernt befinde, Schulärzte Oberhaupt
zu besitzen, so dürfte es besser sein, nicht zu viel auf einmal zu er-
streben, sondern sich zunächst darauf zu beschränken, dafs jährlich
einmal sämtliche Schüler und Schülerinnen bezüglich ihrer Sehschärfe
untersucht würden. Um ein einheitliches Verfahren zu erzielen,
seien nur die SKELLENschen Probetafeln in 6 m Entfernung bei
möglichst heller Beleuchtung zu yerwenden. Diese Prüfung könne
auch von gebildeten Laien vorgenommen und dadurch leichter ein-
geführt werden. Betrage die Sehschärfe auf einem Auge weniger
als Vi8, so möge dies den Eltern mitgeteilt werden. Derartige
Untersuchungen wurden bisher schon in 483 Knabenschulen der
vereinigten Königreiche und in 129 Mädchenschulen Englands
allein ausgeführt.
Farbensinnprüfungen fanden dagegen nur in drei Schulen statt,
und doch sind diese nicht weniger wichtig. Redner schlägt vor,
dieselben mit Holmorens Wollbündeln vorzunehmen, derart, dals
der Schüler ein rein blafsgrünes Bündel erhält ohne Nennung der
Farbe und dazu die gleichen aussuchen mufs. Da Farbenblindheit,
abgesehen von der durch Krankheit erzeugten, angeboren ist, so
braucht diese Prüfung nur einmal .vorgenommen zu werden. Die
Farbenblinden, meist Knaben, haben bei der Berufswahl auf diesen
Fehler Rücksicht zu nehmen.
In der Diskussion hebt Argyll Robertson hervor, daß
durch Schuluntersuchungen zugleich über die Refraktionsverände-
rungen während des Kindesalters Licht verbreitet werden sollte.
Er verlangt namentlich Fesstellung des Nahepunktes, um Über-
sichtigkeit und Accommodationsanomalien zu entdecken.
Nach Holmes Spiceb sind solche Prüfungen gerade in niederen
Schulen am Platze, da hier die Eltern selten ärzüiche Hilfe von
selbst aufsuchen. Er fand z. B. in einer Elementarschule im Ostai
Londons unter 500 Schülern 40 7o mit einer Sehschärfe <I Vii
681
ohne dais diese irgendwie behandelt worden wären. Freilich n&hmen
derartige Untersachnngen sehr viel Zeit in Ansprach.
DOYNE weist auf die Schwierigkeit der Nahepunktsbestimmung hin.
SiHBON SnelIj betont die Bedentang, welche solche PrOinngen
fftr die Lehrer haben.
Die Gefahren fibermäfsiger Sportfibnngen fBr Kinder.
Mitteilnng in der französischen Gesellschaft znr Förderung
der Wissenschaften.
In der Sitzung der Association frangaise poar ravancement des
Sciences zu Gato machte Le GBin)RE anf die Gefahren aufmerksam,
welche flbertriebene Körperübungen fOr Kinder während der Wachs-
tumsperiode nach sich ziehen können. Dieselben verdienep in unserer
sporünstigen Zeit gewils ernste Beachtung, weshalb wir das Wich-
tigste darüber nach „JDe Btdlet mSd.", 1895, No. 64 mitteilen.
Die Überanstrengang jugendlicher Individuen durch Sport-
flbungen kann mindestens Fieber hervorrufen, bedingt durch einen
za schneUen Zerfall von organischer Substanz und unvollkommene
Ausscheidung der ungenügend oxydierten Zerfallsprodukte. Ab-
geschlagenheit, matter Blick, spärlicher, dunkler, mit Urateu oder
Phosphaten überladener Harn, Appetitlosigkeit, Muskelschmerzen
n. dergl. gesellen sich dazu. Gelegentlich kann die Über-
anstrengang sogar Veranlassung zu einer infektiösen Knochenmarks-
entzfindung geben. Nicht selten finden sich auch Verdauungsstörungen
bei Kindern, welche sich beim Sport überanstrengt haben. In gleicher
Weise können Störungen der Herzthätigkeit sich ergeben.
Dazu kommt, dab gewisse Sportübungen noch ihnen eigen-
tümliche Nachteile mit sich bringen. So kann übermäfsiges Rad-
fahren Entzündungen des Knie- oder Hüftgelenks, des Psoasmnskels,
des Blinddarms, der Eierstöcke, femer Rflckgratsverkrümmung, Herz-
klopfen u. s. w. verursachen. Beim FuCsbal^ kommen öfter Knochen-
brüche und Verwundungen, selbst mit tödlichem Ausgange, vor*
Rudern, Schlittschuhlaufen, hauptsächlich aber Wettlaufen führen
durch Übermals Herzklopfen, Erweiterung der Herzhöhlen und idio-
pathische Herzhypertrophie ohne Klappenfehler herbei.
Le Gendrb wies auch hin auf die ungünstigen sittlichen
Folgen, wenn der eigentliche Sport mit seinem leidenschaftlichen
Wetteifer bereits in die Jugendspiele eingeführt wird.
Im Anschlüsse an die Ausführungen des Vortragenden besprach
L. H. Petit die Gefahren, welche daraus entstehen, dafs man
«82
Kindern oder Jangen Leuten in der Absicht, sie in der Rekonviksoeu
von gewissen Krankheiten schneller zn kräftigen nnd wieder zu
Appetit zn bringen, zn frühzeitig körpertidie Übungen yerschiedener
Art gestattet; diese Gefahren betreffen hauptsächlich das Herz nnd
seine Thätigkeit.
filetnere Mxtitiinn^tn.
Cber die Gesundheit der Gymnasiftstem ftn&ert sich
Professor Dr. SiCKiNOSB-Bmchsal in den „Süddeutsch. BläU. f.
höh. ünierrichisanst.^ folgendermalsen : Dafs es ttbrigens auch unter
den gegenwartigen Zuständen mit der Gesundheit unserer Gymsasial-
jugend durchaus nicht so schlimm steht, wie in Broechflren uad
Tagesfolättem von Zeit zu Zeit immer wieder zu lesen ist, davon
kann sich jeder überzeugen, der gelegentlich einmal in unsere
Klassen eintritt. Freilich wird er einige blasse, engbrüstige nnd
gebeugte Gestalten erblicken, gerade so, wie ihm bei einem Gang
durch die Natur auch schwache und veiinrüppelte Pfläazchen ?or
die Augen treten; die grofse Mehrzahl der Schfller macht dagegen
durchaus den Eindruck bltthender Gesundheit und ungeschwächter
Lebenslust. Dem Einwand gegenüber, dafs dieser Behauptung die
an einzelnen Anstalten vorhandene grofse Zahl der vom Turom
dispensierten Schüler widerspreche, ist auf die Thatsache hinzu-
weisen: je zielbewufster und erfolgreicher der Turnunterricht an
einer Schule erteilt wird, desto geringer ist der Prozentsatz solcher
Zöglinge. — In ähnlichem Sinne hat sich, wie wir hinzufügen) auch
der bekannte Gymnasialdirektor Dr. Oskar Jaoer in Köln aos-^
gesprochen. Als der Unterrichtsminister vox Gobslbb einmal die
Äufserung that, dafs did Wangen der Gymnasiasten sich wieder fi
röten begönnen, erklärte er, dieselben seien niemals blafo gewesen,
und berief sich zum Beweise hierfür auf seinen langjährigen tig^
liehen Verkehr mit Hunderten von Schülern.
Die schulhy^enisehen VerhältRisse im alten Bon waren
im allgemeinen nicht günstig. Den Kindern wurde entweder in
ihren eigenen Wohnungen, oder in denen der Lehrer Unterricht
erteilt. Die Hauslehrer (paedagogi) gehörten bekanntlich dem
Sklavenstande an. Sie unterwiesen ilire Zöglinge nicht nur im
Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern auch in den Leibesübungen;
688
engleich Obenwachten sie die Spiele derselben. Es war Sitte, dafe
die Hanslehrer von den Schülern domini nnd diese von den Lehrern
filii genannt wnrden, nm das Respektsverhältnis zn wahren. Zndem
hatten die domini anch volle Strafgewalt über ihre Zöglingcf, die
sie nicht selten mifebranchten, indem sie die Kinder brann und blan
schlugen (Platttüb, BacekiSj Act. III, sc. 3). Andererseits sind
anch Beispiele bodenloser Zflgellosigkeit der (ilii gegen ihre Lehrer
überliefert. Knaben von höchstens 6 oder 7 Jahren erfrechten sich,
den Tadel ihres Lehrers damit zn beantworten, dafs sie demselben
die Schreibtafel an den Kopf warfen nnd sich noch obendrein bei
Ihren Eltern beschwerten. Ein Yater lobte einstmals eine solche
Handlung des Söhneliens als Heldenstück und schalt den Lehrer:
„Nichtsnutziger, alter Kerl, dafs dn den Knaben nicht- wieder an*
rührst, wenn er sich so wacker benimmt** (Plautüb, Bacchis, Act. lU).
So ging der Lehrer unter Hohngelächter sein^ Schüler ab mit
einem in Ol getauchten Lappen um den Kopf, „als w&re er wi
Latemenstock^. Wer keinen Hauslehrer kaufen konnte, schickte
seine Kinder einem Privatlehrer (magister mercenarius) zu, von
denen viele in ihren Wohnungen unter den kümmerlichsten und un-
hygienischten Verhältnissen lebten. Der Dichter Martial war so
arm, dafs er seine Schüler in einer Dachkammer empfangen mufste.
Manche Eltern lieben ihre Kinder daher die tabemae litteramm,
liölzeme Buden am Markt, besuchen, wo Unterricht im Lesen und
Schreiben erteilt wurde (Livius, lib. III, 44). Aufser diesen tabemae
gfib es im späteren Rom noch öffentliche Gebäude, in denen Privat-
lehrer wirkten (Süeton, Oramm, 18). Diese Gebäude, pergulae
genannt, waren ringsum offen und nur von oben her bedacht, so
dafs es an frischer Luft nicht fehlte; an den Seiten standen Stein-
bftnke fQr Schüler und Lehrer, was in hygienischer Beziehung
freilich weniger günstig war. Wieder andere Privatlehrer docierten
im Freien, in den Säulenhallen, im Palatium oder im Theater.
Den Kindern der Patricier folgte bei ihrem Gange zur Schule stets
«in Diener (capsarius), welcher ihre Schulbücher, Schreibutensilien
tmd andere Sachen in einer Kapsel trug (ScJETOx, Nero 36; JirvBNAii,
8|at. X, V. 117). Die Schreibmaterialien waren den Augen nicht
gerade zuträglich. Sie bestanden gewöhnlich aus hölzernen, mit
Wachs überzogenen Täfelchen (Plaxttus, Fseudolus, Act. I, sc. 1),
auf welche mit einem zugespitzten Griffel geschrieben wurde. Man
bediente sich aber auch des Pergaments und des Papiers, verfertigt
aus der ägyptischen Papymsstaude, wobei die Stelle des Griffela
das Schreibrohr übernahm. Das beste Schreibrohr lieferte das au«
Ägypften und Grofsarmenien stammende Schilf, welches sehr dicht
und von einer holzartigen, knotigen Rinde umgeben war. Die Tinte
684
bestand aus dem dunkelbraunen Saft des Tintenfisches, sepia, bei
HORAZ (IIb. I, Sat. 4, y. 100) loligo genannt:
hie nigrae succns loliginis, 4iic est
aerngo mera.
Faale oder unbegabte Schüler entzogen sich gerne dem Unter-
richte. Zu diesem Zwecke bestrichen sie sich die Angen mit Gl
(PersiüS, Sat. III, y. 44) und simulierten so die Krankheit der
Triefäugigkeit, welche ihrer Ansteckungsfähigkeit wegen vom Schul-
besuche befreite. Unbefähigten Kindern suchte man durch eia
medizinisches Mitjtel zu helfen. Die Stelle des Nflmberger Triditen
▼ertrat nämlich bei den alten Römern die l^ie&wurz (Plautus,
Fseudolitöf Act. III, sc. 7), welcher die Kraft beigelegt vrurde, das
Gedächtnis zu stärken 'und Albernheiten aus dem Kopfe zu treiben.
Der Hauptstapelplatz fQr diesen Handelsartikel war die Stadt Anticyra
(Persiüs, IV, 16; Gbllius, 17, 15; OviD, Epist ex Pönio lY,
3, 53) in Phocis, wo dieses Kraut auch offizinell zubereitet wurde:
Nescio an Anticyram ratio illis destinet omnem
oder:
verum ambitiosus et audax
naviget Anticyram.
(HoRATiüs, Sat, IIb. II, 3, y. 83 u. 166.)
Ein Lehrer der Erfinder der Schntzpockemmpftuig.
Jbkner nahm seine erste Impfung am 14. Mai 1796 vor, aber
schon im Jahre 1791 impfte der holsteinische Schulmeister Petes
Plett. Als junger Mann war dieser 1790 Hauslehrer zu Schön-
weide in Holstein und hörte, dafs dort niemals die in den Stfilleo
beschäftigten Mädchen an Pocken erkrankten, wenn sie sich yorber
mit Kuhpocken infiziert hatten. Als er dann zufällig einen Arzt die
echten Pocken einimpfen sah — man glaubte, dafs die kfinstliche
Infektion mit denselben einen milderen Verlauf, als die gewöhnhche
nehme — , kam er auf den Gedanken, dafe die Impfung mit Koh-
pockenlymphe schtttzende Kraft haben müfste. Im Jahre 1791
wurde Plett Lehrer in Hasselburg, und sobald bei einem
Landwirt die Kühe Pocken bekamen, erlaubte er den Schulkindero,
ihre Hände mit diesem Pockeneiter zu bestreichen. Da ein Erfolg
ausblieb, i^ipfte er drei seiner Schüler ohne Wissen, bezw. gegoi
den Willen ihrer £ltern; er benutzte dazu sein Federmesser und
machte die Einschnitte auf dem Handrücken zwischen Daumen
und Zeigefinger mit günstiger Wirkung. Ein Jahr später bekamen
die anderen Kinder des Gehöftes die echten Pocken, dagegen bUeben
die drei yaccinierten yon der Krankheit yerschont. Später kam
Plett nicht mehr zum Impfen, und so ist er als Erfinder der
Schutzpockeuimpfung yergessen worden.
685
PlStzlicher Tod von Schulkindern. In seinem kürzlich
erschienenen Werke: „La mort et la mort subite" bespricht Pro-
fessor Broüajcdel in Paris auch den plötzlichen Tod, dem keine
beunruhigenden Erankheitserscheinnngen yoransgehen. Meist ist der-
selbe das unvorhergesehene finde einer akuten oder chronischen
Krankheit, die sich völlig versteckt entwickelt hat. Brouabdsl
beginnt mit dem plötzlichen Tod durch Störungen des *Ereislauf-
apparates und erwähnt dabei das Fettherz bei Kindern, von dem er
60 bis 70 FfiUe obduciert hat. Kinder in grofsen Stftdten, deren
Intelligenz ausgezeichnet, die im 11. bis 12. Jahre Wunderkinder
sind, machen im Lernen allmählich keine Fortschritte mehr. Auch
körperlich bleiben sie zurück, ihre Testikel entwickeln sich nicht,
die ßrttste schwellen, sie werden „Fettsäcke*^ und gehen auf diese
Weise oft plötzlich zu Grunde.
Zur Psychologie des Diktats veröffentlicht Dr. Kahl eine
aof Experimente gestützte Abhandlung in der ^Kath* Zeitschr. f.
Er0. u. ühierr.'* Danach ist vor zu langen Diktaten zu warnen,
weil die Ermüdung jene psychischen Funktionen, in deren ungestörtem
Ablauf die Gewähr fQr richtige Schreibung liegt, hemmt oder gänzlich
aufhebt. Mit der Ermüdung steigt daher die Fehlerzahl. Es mub
aber verhütet werden, dalB die Schüler viele Fehler machen, damit
nicht die falschen Wortbilder sich in ihrem Gedächtnisse festsetzen.
Die Diktate sollen sich ferner an bekannte Lesestücke anschliefsen,
damit eine weitere Hauptfehlerquelle, die falsche Apperception,
beseitigt wird.
Einflnfg der Ferien auf den Gesundheitszustand der
Schulkinder. Die Ärzte der Lehranstalten des Ressorts der
Kaiserin Maria von RuJsland haben interessante Beobachtungen über
den Eiuflu& angestellt, den die Ferien auf den Gesundheitsznstand
der Lernenden ausüben. Die Beobachtungen fanden im Schuljahre
1892 — 93 statt und erstreckten sich auf 40 Lehranstalten mit mehr
als 9500 Zöglingen. Wie die ^Now, Wr.*^ mitteilt, hat der soeben
publizierte ärztliche Bericht festgestellt, dafe das bezeichnete Lehrjahr
infolge der anlälslich der Cholera bis zum 15. September verlängerten
Ferien in gesundheitlicher Beziehung außergewöhnlich günstig ver-
laufen ist. Namentlich sind in den Internaten sowohl ernstlichere
Erkrankungen, als auch leichtere Störungen des Allgemeinbefindens
bedeutend weniger, als in den Yoijahren zu verzeichnen gewesen.
Auch in pädagogischer Beziehung sollen die längeren Ferien einen
befriedigenden Einflnfs ausgeübt haben. Weder hat sich die Zahl
der Versetzten und reif Entlassenen vermindert, noch ist eine Ver-
ringerung des Lerneifers zu konstatieren gewesen. Die zuständigen
Autoritäten sind von den Resultaten des Schu^ahres 1892^—93 so
686
befriedigt, dafe seit dieser Zeit die Ferien alljUirlich bis zum
1. September ausgedehnt worden sind. Ebenso haben die in den
beiden letzten Jahren gemachten Erfahrangen den Beweis dafür ge-
liefert, dab die verlängerten Ferien gleich gUnstig anf die LenuHideii,
wie die Lehrenden wirken.
Ein amerikanisches Urteil fiber die Steilscbrift, welches
der in Boston erscheinende „Ämer. Teacher^ enthält, lautet folgender-
mafsen: Die senkrechte Schrift gestattet den Schtüern, in natarlicher,
aufrechter Haltung vor ihren Pulten zu sitzen. Die beiden Augen
werden gleichmäfsig in Anspruch genommen, was fUr das Sehen am
günstigsten ist. Die Handhaltung ist natürlicher, als bei der Schräg-
schrift. Die Steilschrift liest' sich bequemer, läCst sich leiditer
lehren und erfordert 30 bis 40 7o weniger Raum, als die SdirSg-
Schrift. Auch schreibt sie sich schneller und mit geringerer Anstren-
gung. Wenn sie demnach weniger Zeit, weniger Arbeit, weniger
Baum und folglich auch weniger Material erfordert, so ist sie weniger
kostbar, als die übrigen Schreibmethoden. Endlich gibt sie nicht
leicht zu Störungen in der Klasse Anlafs, insofern die aufrechte
Haltung der Kinder das Plaudern mit den Nachbarn erschwert.
Scbulb&cher und lufektionskrankheiten. Unter d
Überschrift schreibt ^The Lancei"' : Dr. Niyen zu Manchest^ lenkt
in seinem hygienischen Jahresberichte für 1894 die Aufmerksamköt
anf die Thatsache, dafs in manchen Schulen die von den Kindern
benutzten Bücher am Schlüsse des Unterrichts gesammelt, in ein«
besonderen Baume aufbewahrt und am nächsten Tage beliebig wieder
verteilt werden ohne Rücksicht auf die Möglichkeit einer dadnrdi
entstehenden £jrankheitsttbertragung. Ein Schüler mit den Anfiings-
Symptomen von Diphtherie oder Scharlach kann anf dieae Weise aa
einem Tage ein Buch benutzt haben, welches am folgenden Tage
einem gesunden Mitschüler übergeben wird.^ Himn liegt sicherlidi
eine Gefahr, welche die Schulvorsteher und Lehrer beachten soUtea.
Das Gleiche gilt von den Überkleidern der Kinder, die in der Grarderobe
gewöhnlich nebeneinander hangen, aber richtiger durch einen, wenn
auch nur kleinen Zwischenraum voneinander zu trenne sind. Auch
bei der Wiederverteilung eingesammelter Schiefertafeln und Griffel*
und bei dem Gebrauch von Handtüchern in den Wasehrftomen hat
man auf die erwähnte Infektionsgefahr Rücksicht zu nehmen, und
jedes Kind sollte nur seine eigenen Schreibutensilien und sein eigenes
Handtuch benutzen.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1892, No. 12, S. 657—658; 1895, No. 2,
S. 108—109; 1896, No. 9, S.549.
• Vergl. diese Zeitschrift, 1896, No. 6, S. 295—296.
687
Sekalen fBr Kinder, welche a« herpes twsurftDs leiden.
In „The Brit Med. Jaum." vom 12. Oktober 1895 heilst es: Herpes
tonsuraQS (rin^orm) bildet seiner Anstecknogsfähigkeit wegen oft
ein ernstliches Hindernis bei der Erziehung der Kindor und wird
daher von den Lehrern als eine nicht geringe Kalamität angesehen.
Bereits auf dem internationalen Kongresse für Hygiene und Demo-
graphie zu London im Jahre 1891 machte Dr. Malcolm Morbis
den Vorschlag, besondere Schulen fQr Kinder mit jener Haarkrank-
heit zm gründen, in welchen dieselben nicht nur unterrichtet, sondern
gleichzeitig auch ärztlich behandelt würden. ^ Trotz dieser Anregung
ist bisher in England nichts in der Sache geschehen, obgleich gerade
hier herpes tonsurans zi^nlich häufig auftritt, ja, nach der Angabe
mancher Ärzte im Zunehmen begriffen ist. In Paris, wo die Krank-
heit seltener Torkommt, indem sie unter 500 bis 600 Kindern
jährlich nur eins befällt, wurde 1882 eine besondere Unterrichts^
anstah für Knaben und Mädchen mit herpes tonsurans dem Hospital
Saint Louis angegliedert.^ Diese Anstalt wird soeben erweitert u^
ist nach ihrer in etwa zwei Jahren zu erwartenden YoUendung in
Stande, sämtliche Kinder der französischen Hauptstadt, weldie
an herpes tonsurans oder anderen ansteckenden Krankheiten der
behaarten Kopfhaut leiden, aufzunehmen. Man hat ihr den Namen
des Yerstorbenen Professor Lailler gegeben, jenes berühmten Haut-
arztes, welcher einen greisen Teil seines Lebens der Fürsorge für die
genannten Kranken gewidmet hat. Sie enthält zwei Abteilungen, von
denen die eine für Schüler mit herpes tonsurans, die andere Ar solche
mit iavus und alopecia areata bestimmt ist. Die Schlafsäle besitzen
400 Betten, die Klassen haben dagegen 500 Plätze. Da sich
nämlich manche Mutter nicht gern 6 oder 7 Monate lang, wie sie
fiür die Heilung jener liOiden nötig sind, von ihren Kindern trennt,
so nehmen einzelne Zöglinge nur an dem Unterrichte teil und ver-
bringen die Nacht unter besonderen Vorsichtsmaßregeln im Eltern-
hause. Die Kosten für das neue Gebäude sind auf £ 60 000 be-
rechnet, von denen £ 44 000 aus dem Vermögen des „Paris Mutuel^
herrühren, während der Stadtrat £ 16 000 garantiert hat. Eine
Schule für denselben Zweck, aber von geringerer Ausd^mung besteht
in Rom. Da nun herpes tonsurans, so schlie&t ^The Brü. Med.
Jornn.*" seinen Bericht, in London viel häufiger, als in anderen
groÜBen Städte des Kontinents ist, so sollte man in unserem phari-
säischen Lande dasselbe wie dort thun und von den „unpraktischen^^
und „sentimentalen'' Ausländem lernen.
* Vergl. diese Zeitschrift, 1891, No. 10, S. 636.
■ VergL diese Zeitschrift, 1894, No. 11, S. 632.
688
Zar BesehSftifcnog jugendlicher Personen in Tabaks-
fabriken. Dem „Jahresbericht der Grofsherzoglich ba-
dischen Fabrikinspektion für 1894^ entnehmen wir folgendes:
Die mit der Herstellung von Cigarren beschäftigten Arbeiter weisen eine
auffallend hohe Sterblichkeit an Longenerkrankangen, vornehmlich an
Tuberkulose, auf. In einer Gemeinde führte das Bürgermeisteramt
den Nachweis, dafs alle in den zahlreichen Cigarrenfabriken be-
schäftigten Leute vor Ablauf des vierzigsten Lebensjahres an Schwind-
sucht gestorben waren. Femer ist die Gesamtsterblichkeit eme
ungemein hohe in den Gemeinden, in welchen dieser Gewerbszweig
seit lange heimisch ist, was sich zum nicht geringen Teil auf die
früher stattgehabte Beschäftigung der Kinder in diesen Betrieben,
und zwar schon vom zwölften Lebensjahre an, zurückfEÜiren läfst.
Man erhofft daher allgemein einen günstigen Einflu(s von der
deutschen Reichsvorschrift, dafs schulpflichtige Kinder in derartigen
Industrien keine Verwendung mehr finden dürfen. Diese Vorschriit
ist um so erfreulicher, als die grofsen Verbesserungen, welche in
den Arbeitsräumen der Tabaksfabriken stattgefunden haben, nicht
ausreichend gewesen sind, die sonstigen Mifsstände der Tabaks-
üabrikation aufzuheben.
Eiweifs im Harn jnnger Fnfsballspieler. A. Macfablake
veröffentlicht im ^^Med. Becord'' einen Aufsatz: The presence of
albumin and casts in the urine of football players. Ver-
fasser fand bei 29 sonst gesunden jungen Leuten unmittelbar nach
dem Fußballspiel ziemlich reichlich Eiweifs und ebenso regelmäfsig
hyaline und granulierte Gylinder im Harn; nach einigen Stunden
bereits hatte die Albuminurie bei den meisten fast ganz aufgehört,
Magfarlane neigt der Annahme zu, dafs es sich bei dem gröfseren
Blutzuflufs zu den Nieren während der Anstrengung lediglich um ein
stärkeres Abstofsen der Nierenepithelien handle, ähnlich wie nach
einem Dampfbad die Oberhaut, deren Schuppen sich ja fortwährend
unmerklich abstofsen, gelegentlich in ganzen Fetzen sich ablöst.
Trotzdem der Autor daher dieser Form von Albuminurie an sich
keine Bedeutung beilegt, glaubt er doch, junge Leute, die früher
nierenkrank gewesen sind, vor solcher anstrengenden Beschäftigung,
wie Fufsballspiel, warnen zu sollen.
Ein Spielplatz anf dem Sehnldach in New York. In einer
New Yorker Schule, so berichtet die „Dtsch. Ztschr, f. ausländ,
Unterrichtswes.''jhaXm9ai einen Spielplatz auf dem flachen Dache ein-
gerichtet. Derselbe ist 7800 amerikanische Quadratfnfs grols,^
mit Asphalt gepflastert und vom darunterliegenden Stocke ans
^ 1 amerikanischer Fufs := 30,3 cm. D. Bed.
i
689
durch Tier Treppen zug&nglich. An der West-, Nord- and Ostseite
genieist er Schatz darch den Dachrahmen, der sich 15 Fafs fiher
den Spielplatz erhebt. Die Sttdseite, 156 Fois lang, ist durch eine
Bmstwehr and ein Drahtnetz geschützt, das sich in einer Höhe Yon
14 Falls über den ganzen Spielplatz hinwegzieht. Dasselbe läfst
Licht and Lnft za, yerhindert aber die Kinder, Gegenstände anf
benachbarte Oebäude and anten yorUbergehende Personen zu werfen.
Yon dem Spielplatze ans hat man eine weite Aussicht, namentlich
einen Blick aaf den Schifibverkehr. — Wir haben ähnliche Spiel-
plätze anf den Dächern von Londoner Elementarschalen gesehen,
2. B. in der Richard Street School in Islington.
Sages^efc^ictitü^es*
Die Hansaiiff^aben der Sehfller vor der wUrttembergisehen
Kammer der Abgeordneten. Am 5. Juli d. Js. fand die Ver-
handlnng über eine von Professor Dr. G. Jägeb yerfafste Petition
um gänzliche Abschaffdng der Hansaafgaben in der württembergischen
Kammer der Ahgeordneten statt. Die Eingabe hatte folgenden
Wortlaut: „Ehrerbietigste Bitte an die hohe Kammer der Ab-
geordneten: Dieselbe möge die hohe Regierung auffordern, das
Geeignete zu veranlassen, dafs an sämtlichen unter Regierungs-
anfsicht stehenden Schulen durch ausdrückliches Yerbot der Ge-
braach, den Schülern Hausaufgaben zu stellen, in jeglicher Form,
auch in der der Strafaufgaben, yoUständig abgeschafft wird.** Die
Petition trug ungefähr 870 Unterschriften. Nicht alle diejenigen
aber, welche ihre Unterschrift zur Unterstützung gegeben hatten,
waren mit den Ausführungen des Petenten einverstanden. Auch
Professor Jäger selbst hatte seine Stellung etwas eingeschränkt,
indem er in einer besonderen Beilage zu der Petition sagte, nicht
Bämtüche Aufgaben sollten sofort abgeschafft werden, sondern nur die
schriftlichen; die Memorieraufgaben könnte man vorläufig noch be-
lassen und erst nach und nach beseitigen. Aber auch dem stimmten
nicht alle Petenten zu; denn es fanden sich häufig den Unter-
schriften folgende Bemerkungen beigegeben: „Abschaffung der so-
genannten lateinischen und griechischen Argumente'', oder „Ab-
schaffung der Sonn- und Feiertagsarbeiten'', „möglichste Beschränkung
der Hausaufgaben", oder „im wesentlichen einverstanden". Ebenso
8ehii]c«muidh«itfpfl6g« VIII. 44
690
teilte die Kammer der Abgeordneten den radikalen Standponkt
Professor JÄasRs verständigerweise nicht. Yielmehr gelangten
folgende beiden Antr&ge zur Annahme : Die Königliche^Staatsregienug
wird ersucht, 1. darch besondere Yerf&gnng anzuordnen, welche
Zeitdauer auf die schriftlichen Arbeiten in allen Volksschulen
des Landes verwendet werden darf, 2. die Kultministerialabteilang
far Gelehrten- und Realschulen zu veranlassen, eine Revision des
Erlasses vom 26. April 1883 in der Richtung vorzunehmen, dals
eine Beschränkung der auf die Hausaufgaben zu verwendenden Zeit
einzutreten habe.
Die Sonderausstellung fftr Schnlgesundheitspflege in
Berlin wurde am 3. November unter Teilnahme einer beträchtlichen
Anzahl von Ärzten, Schulmännern und Verwaltungsbeamtea eröffnet.
Namens der Staatsregierung war Geheimrat Dr. Pistor vom Kultus-
ministerium erschienen. Die Eröffnungsrede hielt Geheimer Sauitätsnt
Dr. Begheb. Er gab eine kurze Darstellung der hervorragenden
Bedeutung, welche die wissenschaftliche Hygiene für das allgemeine
Wohl hat) und schilderte dann ausführlicher den Nutzen und den
Wert der Schulgesundheitspflege für Staat und Gesellschaft. Nach-
dem Geheimrat Dr. PlsroB kurz ausgeführt hatte, dafe die Untenichts-
verwaltung stets bestrebt sei, die Schulhygiene zu fördern, und Unter-
nehmungen wie die Sonderausstellung richtig schätze, fand ein
Rundgang durch die Ausstellung statt. Sie ist in zehn Abteilungen
gegliedert, von denen einzelne in je einem Raum vereinigt sind. Dem
Umfange nach gehen dieselben weit auseinander. Am ausgiebigsten
ist die Abteilung für Schulbänke und Schulpulte vertreten, annähernd
ebenso reich ist diejenige für Schultafeln, Schreibmaterialien und
Schriften. Andere Abteilungen enthalten Muster und Modelle
von .Geradehaltern, Schulmappen, Haus- und Schulturngeräten,
von Gegenständen zur Sauberhaltung der Schulräume, von Lampen,
Reflektoren^ Lichtmefs- und Sehprüfungsapparaten, von Heizungs-
und Lüftungsanlagen, Tafeln und Nachbildungen für den hygie-
nischen und naturwissenschaftlichen Unterricht u. a. m. Am 8. No-
vember wurde die Ausstellung von der Kaiserin mit ihrem Besuche
beehrt, welche den erklärenden Vorträgen Dr. Ha&tmanns mit
ausgesprochener Teilnahme folgte. Viele Gegenstände erregten das
besondere Interesse der hohen Frau. Es waren dies die verschiedenen
Formen der Schul- und Hausbänke, die Diagramme unseres verehrten
Mitarbeiters, Herrn Dr. Schubert in Nürnberg, betreffend die Steü-
und Schrägschrift, die Seiten- und Oberlichtreflektoren der allgemeinen
£lektricitätsgesellschaft und der Firma Siemens & Hai ske, die
Tafeln von Axel Key über die Verteilung von Sitzarbeit und Rohe
in den einzelnen Schu^ahren, diejenigen von unserem geschätzten
691
Mitarbeiter, Herrn Dr. Schmid-MONNAHD, ttber seine Untersuchungen
in üalleschen Schalen, von Geheimrat FosT Aber den Gehalt der
Nahrungsmittel an Nährstoffen, von Geheimrat Bietsghbl Aber die
Kohlensftureanhäufung in der Schulzimmerluft bei verschiedener Ven-
tilation, die Kasten mit sterilem Verbandmaterial für plötzliche ün-
glttcksfalle. Ihre Migestät sprach auch den Wunsch aus, einige
Nummern der Zeitschrift fttr Schulgesundheitspflege zur
Ansicht zugeschickt zu erhalten, welchem seitens des Komitees sofort
Folge geleistet wurde.
Ein natnrwisseDscliaftlicher Ferienknrsus ffir Lehrer an
bSheren Schulen fand in diesem Jahre zu Berlin statt. Die
gehaltenen Vorträge waren meist zoologischen, botanischen, minera-
logischen, physikalischen oder chemischen Inhalts. Doch sprach unter
anderen auch Professor Rubner über „Gesundheit und Krank-
heit^ und Dr. Webnigke ttber „die Verbreitung von Krank-
heiten durch die Schule^. Femer wurden Besichtigungen des
Museums fttr Naturkunde, der geologischen Landesanstalt, des hygie-
nischen Institutes, des botanischen Museums und Gartens unter
Ftthrung der betreffenden Direktoren, sowie ein Besuch der Urania
und eine geologische Exkursion nach Büdersdorf vorgenommen.
Die Frage der Schulhygiene auf dem Lehrerkongrefs in
Bthmen« Am 7. und 8. August fand in Pribram der Lehrer-
kongrefs der gesamten böhmischen Lehrerschaft statt. Auf dem-
selben wurde als erster Punkt die Frage der Schulhygiene besprochen.
Referent, Lehrer H. Akton Jandl aus Prag, wies unter anderem
auf die vielen schulhygienischen Mafsregeln, die im Auslande bereits
durchgeführt sind, auf die hygienische Mitwirkung der Lehrer bei
der sanitären Überwachung der Schulen und die dazu notwendige
hygienische Ausbildung derselben hin. Femer betonte er die Not-
wendigkeit des Unterrichtes in der Hygiene schon auf den untersten
Stufen der Volksschule und besprach die vielen Mifsstäude,
welche noch bei dem Turnunterrichte, namentlich dem der Mädchen,
vorkommen. Nachdem der Redner weiter auf den grofeen Wert der
Spiele im Freien hingewiesen hatte, befürwortete er die ärztliche
Beaufsichtigung der Schulen durch besondere Schulärzte. Zuletzt
wurde die Beschränkung der Unterrichtsstunden und des Unterrichts-
planes, sowie die Regelung der Methode in schulgesundheitlicher
Richtung gewttnscht. Nach reger Diskussion sprach sich die tausend-
köpfige Versammlung einstimmig fttr die Resolution aus, welche
im Sinne der von dem Referenten gestellten Anträge vorgeschlagen war.
Die diesjfthrige Hauptversammlong des dentschen Ver-
eins fOr Knabenhandarbeit fand am 5. und 6. Juni in Weimar
statt. Auf die ttblichen Begrttfsungen folgte der Hauptvortrag des
44*
692
Direktor Dr. Beyeb aus Leipzig „Über den gegenwärtigen
Stand und die Ausbreitung des Handfertigkeitsunterricbts
in Deutschland^. Der öffentlichen Versammlung ging eine Ver-
einsversammlung voraus, in welcher über die weitere Entwicklong
der Lehrerbildungsanstalt in Leipzig und Aber Organisationsfiragea
des deutschen Vereins verhandelt wurde. Am zweiten Tage berichtete
Direktor Dr. Götze aus Leipzig ,,Über die Aufstellung von
Normallehrplänen für den Unterricht in der Hobelbank- und
Papparbeit'S ^u^d Lehrer GABTiG^Posen besprach die Frage, ob
der Handfertigkeitsunterricht als Klassen-, Gruppen-
oder Einzelunterricht zu erteilen sei. Mit der Versamminng
war eine Ausstellung der thüringischen Handfertigkeitsschulen zu
Weimar, Eisenach, Apolda, Buttstftdt, Ruhla, Gera, Erfurt, Gotha, Rudol-
stadt, Frankenhausen, Salzungen, Gehren, Barchfeld, Römhild und
Weifsenfels verbunden, welche sowohl von den Teilnehmern der
Versammlung, als auch von einem weiteren Publikum mit gro&em
Interesse besichtigt wurde. Auch der Grofs herzog von Weimar
beehrte die Ausstellung mit seinem Besuche und nahm die aus-
gelegten Gregenstände unter Führung des Abgeordneten von Sghbn-
CKEKDORFF mit lebhaftem Interesse in Augenschein. Er sprach
sich sehr anerkennend über die vorzüglich ausgeführten Schtüer-
arbeiten aus und wünschte den Bestrebungen des Vereins den besten
Erfolg. Der nächstjährige Kongrefis wird in den Pfingsttagen in
Altena abgehalten werden.
KSrperliche Besehäftigung fBr nervenkranke Kinder.
In Zürich hat A. Grohmann eine von den ^Schww. BUUL f.
Qsdhtspftg.^ empfohlene Anstalt zur Beschäftigung von Nervenkranken
errichtet, welche auch für Schüler Beachtung verdient. Die Patienten
graben und pflanzen dort in Garten und Feld, sägen und spalten
Holz, betreiben Rohtischlerei im Freien und Feintischlerei im Zimmer,
zeichnen und modellieren in Plastilina und Thon. Als günstige
Erfolge dieser Thätigkeiten werden gerühmt: Selbst verwöhnte
Individuen passen sich auffallend schnell den primitiven Arbeiten
an; ihre Tagesleistung ist bedeutend, erzeugt jedoch trotzdem nor
eine leichte und angenehme Ermüdung; Stimmung, Körperkräfte»
Schlaf und Appetit werden besser; der Sinn für einfache Lebens-
weise erwacht, Leidenschaftlichkeit, Rechthaberei und Empfindlichkeit
nehmen ab. „Soll ich gleich von jenem Modegigerl zu erzählet
anfangen,^ so berichtet A. Grohmann, dem's die Erde, d. h. die
ländliche Arbeit so sehr angethan hatte, dafs er in fänf -Monatat
vom verschwenderischen Bummler dahin kam, mit Freuden das
ersparte Taschengeld zum Ankauf von Arbeitskleidem zu verwenden
und die Entdeckung machte: ,,Man fühlt sich dabei wohler I** Der
693
junge Mann war dnrch erbliche Belastung, Jngendstlnden xmd die
nachteilige Einwirkung der Schale, welche normale, aber nicht
abnorme Oehirne günstig beeinfluTst, nnfthig geworden, den An-
fordenmgen des komplizierten modernen Lebens zn entsprechen.
Was für seine gesunden Kameraden und Altersgenossen eine Unter-
weisung Itlr's Leben bildete, verwirrte und schwächte nur sein un-
zureichendes Gehirn. Seine Eitelkeit und seine mangelnde Einsicht
liefsen ihn nun freilich nicht selbst den richtigen Weg erkennen, wie
er zu wahrem Lebensglttck kommen könne, aber ein Arzt wies ihm
den Pfad, und ich wurde dessen Mithelfer. Die Beschäftigung mit
der Mutter Erde war seine Medizin.^
Die Thätigkeit der Sehulärrte cn Leipzig. In dem
„25. Jahresbericht des LandesmedizinalkoUegiums über
das Medizinalwesen im Königreiche Sachsen^ heifst es:
In Leipzig berief der Bezirksarzt viermal Konferenzen der Schul-
ärzte ein. Es wurden in denselben die schulärztlichen Thätigkeiten
nach den verschiedensten Richtungen besprochen und Mitteilungen
der Schulärzte über vorgefundene Übelstände und die zu deren Be-
seitigung gestellten oder noch zu stellenden Anträge entgegengenommen.
Gegenstände besonderer Erörterung waren die Spielplätze und Jugend-
spiele. Der von einem Schulmanne ausgesprochenen Ansicht, dafs
letztere, besonders der Fufsball, wegen der leicht vorkommenden
Verletzungen bedenklich seien, trat man nicht bei, empfahl vielmehr
möglichste Förderung derartiger Spiele. Der schulärztlicherseits
gestellte Antrag, dahin zu wirken, dafs die Dispensation vom Turn-,
Zeichnen-, Sing- und Nähunterricht blofs auf das Zeugnis eines
Schularztes erfolgen dürfe, wurde zunächst nur für den Turnunter-
richt zugelassen, aber auch für diesen eine Weiterverfolgung ab-
gelehnt, nachdem die \on den Direktoren angestellten Ermittelungen
ergeben hatten, dafs solche Dispense verhältnismäfsig selten nach-
gesucht und erteilt werden; sie finden im Mittel bei 3% aller die
Volksschulen besuchenden Kinder statt, bei 5,8% der Schulkinder
in den höheren Bürgerschulen, bei 1,8% in den Bürgerschulen
und bei 1,6% in den Bezirksschulen, während in anderen
Städten meistens ungleich höhere Prozentzahlen vorkommen. Vielfach
besprochen wurde auch die Mitwirkung der Schulärzte zur Verhütung
der Verbreitung ansteckender Krankheiten in den Schulen. Im
Laufe des Berichtsjahres sind von den Haus-, bezw. Schulärzten zur
Anmeldung gelangt: 642 Erkrankungen an Masern, 141 an Scharlach,
164 an Diphtherie, 131 an Keuchhusten, 1 an Genickstarre, 46 an
Mumps, 130 an Spitzpocken, 3 an granulöser Augenentzündung,
1 an Typhus, 1 an Influenza, 2 an Pemphigus. Für Schulkinder,
die an Scharlach oder Diphtherie gelitten haben, erhielten die
694
Schulärzte von dem Bezirksarzte die Anweisang, in den Fftllen, wo
sie die Entscheidung über die Wiederzulassung zum Unterrichte
zu treffen haben, solche niemals yor Ablauf von sechs Wochen nach
Beginn der Erkrankung zu gestatten. Wenn die Hausärzte durch
vorgelegte Zeugnisse früheren Schulbesuch fQr erlaubt und den
übrigen Schülern ungefährlich erklären, so können die Schulärzte
dem nicht entgegentreten, wie sie sich denn überhaupt des kolle-
gialsten Verhaltens gegen die Hausärzte befieilBigen sollen. Die
Ausschlielsung gesunder Schulkinder, in deren Familien oder Woh-
nungen ansteckende Krankheiten auftreten, ist ein für allemal blofs
bei Scharlach, Diphtherie und Pocken vorgeschrieben, bei sonstigen
ansteckenden Krankheiten nur auf Grund allgemein vom Rate auf
Antrag des Stadtbezirksarztes zu erlassender Anordnungen, oder im
Einzelfalle nach Gehör des Schularztes. Yor Erlafs der neuen
Schulordnung vom 2. Januar 1891 gehörten auch die Masern zu
diesen den Ausschlufs gesunder Geschwister bedingenden Erkran-
kungen, jetzt nicht mehr, bezw. nur, wenn es bei bösartigem Auf-
treten derselben ausdrücklich bestimmt wird. Die Aufmerksamkeit
der Schulärzte wurde auch auf das Desinfektionsverfahren f)lr die
Klärgruben der Schulabtritte und der Schülerpissoirs gerichtet. Für
letztere ist, um unnötiger Wasserverschwendung beim Spülen entgegen-
zutreten, neuerdings die Einrichtung getroffen, dafs wöchentlich ein-
bis zweimal Bepinselungen der Pissoirwände mit SüvKRNscher
Desinfektionsmasse, statt deren auch Karbolsäure oder Karbolseife
verwendet werden darf, erfolgen. Hierdurch wird ein periodisches
Abtöten anhaftender Zersetzungsorganismen bewirkt und der lästige
Uringeruch vermieden, auch wenn die Wasserspülungen weniger aus-
giebig stattfinden.
Zur Hygiene des ünteiriGlits in den frauSsisehen
Gymnasien. Der französische Unterrichtsminister PomCARiä hat nach
den „Schwz, Blatt, f. Gsdhtspflg.^ für das im Herbst beginnende Schul-
jahr an alle Gymnasiallehrer ein Cirkular gerichtet, um sie vor dem
Miisbrauch des gedächtnismäfsigen Lernens zu warnen. Der Minister
macht namentlich auf die schlimmen Folgen jenes Systems auf-
merksam, welches die Schüler zum Auswendiglernen langer Seiten
grammatischer Regeln, trockener Aufzählungen von geographischen
Namen und chronologischen Daten zwingt, statt ihr Denkvermögen
zu üben und ihren Geist durch Erklärungen zu entwickeln.
Eine Massenvergiftnng in einem Pensionate fBr junge
Mädchen in Limerick hat, wie „ The Lancet"^ mitteilt, grofees Auf-
sehen erregt. Derselben ist eine achtzehi^ährige Pensionärin bereits
zum Opfer gefallen. Über die Ursache der Vergiftung steht bis
jetzt nichts Sicheres fest, da die Untersuchung durch Sir Chablbs
695
Cahebon noch nicht abgeschlossen ist. Besondere Aafmerksamkeit
hat man dem Znstand der Kflche zugewandt. Von der Verstorbenen
ist die Vermntnng ausgesprochen worden, dafs ein Ei, welches bei
der Bereitung der genossenen Pfannkuchen Verwendung gefunden
hatte, nicht frisch gewesen sei; auch waren die Pfannkuchen schon
24 Stunden vor dem Essen bereitet. Da damals sehr heifses Wetter
herrschte, so kann es ismierhin eine starke Entwickelung von
Ptomainen in denselben herbeigefQhrt haben. Dafs die Eierkuchen
an der Vergiftung schuld tragen, dafür spricht, dafs nur zwei
Nonnen, welche Ton denselben nicht gegessen hatten, gesund geblieben
sind. Obgleich die mehr als 70 Erkrankten noch nicht aulser aller
Gefahr sind, so hoffen die Ärzte doch, dafs kein weiterer Todesfall
eintreten wird.
Beitraf^ eh SehnluntersnchungiBii des OehSrorgans. unter
diesem Titel bringt das „Arch, f. Ohrenhlkde^, Bd. 39, Hft. 1, einen
Anfeatz Yon Dr. Ohlemai^n in Minden. Der Autor hat, wie früher
die Augen, so jetzt die Ohren der Schüler des Gymnasiums in
Minden untersucht und darüber an die Königlichen Behörden Bericht
erstattet. Er fand bei 20,9% der Knaben mangelhaften Hörsinn,
ist also zu ftbnlichen Resultaten, wie Bbzold in München, gelangt,
der 26% Schwerhörige in Schulen ermittelte. Die Beeinträchtigung
des Gehörs zeigte nicht, gleich der Kurzsichtigkeit, eine Zunahme
nach den oberen Klassen hin. Der Verfasser möchte die Unter-
suchungen möglichst yereinfacht wissen, damit jeder beamtete Arzt
sie Tornehmen kann. Aus diesem Grunde befürwortet er als
Prfifungsmittel die Uhr, trotz ihrer anerkannten Nachteile, und die
Zahlen. Nur bei verminderter Hör&higkeit wurde zugleich die
Spiegeluntersuchung vorgenommen. Obwohl auch Nase und Mund-
höhle in die Untersuchung eingeschlossen waren, dauerte dieselbe bei
356 Schülern doch blofs zwei Tage von 7 — 12 Uhr. Ohlemann
betont, dafs derartige Prüfungen nicht zum wenigsten für unsere
militärischen Verh<nisse von Bedeutung sind und dafs sie auch im
Interesse der Schüler liegen, deren schlechtes Gehör oft mit Un-
aufmerksamkeit verwechselt wird.
Blitzschlag in eine Lehrercompa^^nie. Auf dem Exerzier-
platze zu Rendsburg in Schleswig-Holstein, so berichtet „Nach d.
Dienst" vom 18. August, schlug der Blitz in eine Compagnie der
zur Übung eingezogenen Volksschullehrer, welche gerade Gewehr-
griffe übten. Derselbe warf 48 Mann zu Boden, und auch die
Korporalschaften hinter der getroffenen Abteilung, die etwa zwölf
Schritte entfernt standen, fielen mit um. Ein Gefreiter war sofort
tot, ein anderer Lehrer schwer verletzt. Die meisten konnten sich
jedoch hinkend oder auf die Gewehre gestützt zur Kaserne begeben.
696
Ein Pflegehaas ffir rekonvaleseeiite Kinder ist von Hern
Richard Donner in Altona errichtet worden. Die Anstalt nimmt
Pfleglinge im Alter von 6 bis 14 Jahren, jedoch nur auf Empfehlong
des behandelnden Arztes anf. In Betracht kommen solche Enabea
und Mädchen, die nach ttberstandener schwerer Krankheit sehr
geschwächt sind nnd kräftiger Nahrang bedürfen, diese aber im
Elternhanse nicht erhalten können. Begonnen wird mit einer AnzaU
7on Kindern der Cuxhayener Ferienkolonie — gleichfalls eine
Schöpfung des Genannten — ; welche der Nacfapflege bedürfen.
Die Mädchenhanshaltnngsschnle zn Nenrode in Sehlesiei.
Zu Nenrode in der Grafschaft Glatz, so schreibt die :,KaÜi. Schulstg.'^,
sind auf Anregung des dortigen Ereisschnlinspektors Dr. SPBiNaER
zwei Mädchenhanshaltungsschulen gegründet worden, die zur Zeit von
etwa 140 Schülerinnen besucht werden. Die Haushaltnugslebre ist
dem Lehrplane der Volksschule eingefügt und mit den weiblichen
Handarbeiten verbunden worden. Es sind also noch schulpflichtige
Mädchen, welche an diesen Unterrichtsstunden teilnehmen. Nen-
rode hat in dieser Hinsicht sich an andere Städte, wie Berlin,
Marienbnrg und Chemnitz, angeschlossen, die mit solcher Einrichtong
der Haushaltungsschnlen sehr günstige Resaltate erzielten. In
Chemnitz, einer Stadt mit vorwiegender Frauenindustrie, hat sich die
Zahl der in den Hausdienst tretenden Mädchen um 40 bis ÖO
Prozent gesteigert, seitdem hier solche Anstalten errichtet wurden;
vorher wandten sich fast alle aus der Schule entlassenen Mädchen
der Arbeiterkreise der Fabrikbeschäftigung zu. In Neurode werden
die Schülerinnen mit dem Reinigen des Hauses, dem Ordnen und
Säubern der Hausgeräte, der Heizung des Ofens, der Pflege der
Zimmerblumen, der Instandhaltung der Wäsche und den einaeben
Arbeiten in der Küche, namentlich dem Kochen und Bereiten m-
facher Speisen, bekannt gemacht.
Pavillonbanten fBr Schulen in Lndwigshafen« Der Stadtrat
von Ludwigshafen hat nach der „Frankf^ Ztg.** beschlossen, mit
dem System der grofsen Schulgebäude zu brechen und dem Pavillon-
ban ieine Gasse zu bahnen. Es wurde ein umfangreiches Terrain
von ungefähr 15000 Quadratmetern käuflich erworben, auf dem
sich im Zeitraum von einigen Jahren eine Kolonie von 14 einstöckigen
und 3 zweistöckigen Schulpavillons mit 38 Schulsälen erheben soll.
Etwa ein Drittel des gesamten Platzes wird durch die in gldch-
mäfsigen Abständen sich verteilenden Gebäude eingenommen, volle
zwei Drittel sind für Tum- und Spielplätze bestimmt, so dais
in der freigebigsten Weise für Licht und Luft gesorgt ist. Der
Typus der neuen Schulhäuser ist ein einstöckiger, in einfachem
Schmuck gehaltener Pavillon, der zwei Schulsäle, ein kleines Lehr-
697
Zimmer, eine Kindergarderobe und die entsprechenden Aborte ent-
halt. Die äuCsere Flucht der Bauten ist mit Rasen und freundlichem
Buschwerk besetzt, nach der inneren Seite liegen die Spielplätze.
Alle Schulzimmer, deren Fensterlichtung etwa einem Viertel der
Bodenfiäche entspricht, empfangen das Licht von Norden oder Osten.
Die drei unterkellerten zweistöckigen Bauten enthalten Brausebäder
fOr Schüler. Die Kosten der ganzen Kolonie sind auf 632000 Mark
veranschlagt, für eine Stadt von kaum 40000 Einwohnern eine
immerhin bedeutende Leistung. Da Vorbilder für Volksschul-
pavillons, wenn man von einer 1882 in Berlin ausgestellten Schul-
baracke absieht, bis jetzt in Deutschland nicht vorhanden sind, so
konnte man sich lediglich auf die eigenen örtlichen Erfahrungen
stutzen, die man mit dem Pavillonsystem der Krankenanstalt gemacht
hatte, und die das neue System als sehr empfehlenswert erscheinep
lassen. Aufser diesem verhältnismäßig beschränkten Erfahrungskreis
war man auf theoretische Empfehlungen angewiesen, nach denen aller-
dings das Pavillonsystem als das beste bezeichnet und dringend
empfohlen wurde. Ohne Zweifel werden die Unterhaltungskosten bei
der neuen Art des Schulbaues höher sein, auch wird besondere
Sorgfalt auf den Bau und die Konstruktion verwendet werden müssen,
um den extremen Witterungsverhältnissen der kalten und heifsen
Jahreszeit nicht allzu grofee Macht über die, wenn auch soliden, so
doch schwächeren Kleinbauten zu gewähren. Auf alle Fälle aber
steDt sich der Beschlufs des Ludwigshafener Stadtrats als ein für
den sanitären Fortschritt unserer Volksschulen äufserst wichtiger dar,
den jede Gemeindevertretung zu berücksichtigen haben wird, die vor
der Aufgabe steht, sich über neue Schulbauten schlüssig zu machen.
Die Ludwigshafener Anlage ist ein Versuch in gröiserem Stile, dessen
Ergebnisse zweifellos eine entscheidende Rolle bei allen späteren
bezüglichen Beratungen spielen werden.
2lnttli(^e ^txfn^nn^tn.
Bnndsehreiben des KSniglich preufsischen Ministers
der geistlichen, Unterrichts- und Hedizinalangelegenheiten
an die ProvinzialschnikoUegien,
betreffend die Yerhfitang von UnglficksfXIlen bei Schfilem,
Durch Erlafs vom 2L September 1892^ habe ich das König-
liche Provinzialschulkollegium auf den erschütternden Vorfall auf-
^ S. diese Zeitschrift, 1893, No. 7 n. 8, S. 437—438. D. Red.
698
merksam gemacht, der sich in jenem Jahre* auf einer Gymnasial-
badeanstalt ereignet hatte, dafs ein Schfller beim Spielen mit einer
Salonpistole von einem Kameraden seiner Klasse erschossen nnd so
einem jnngen hoffnungsreichen Leben vor der Zeit ein jähes Ende
bereitet wurde.
Ein ähnlicher, ebenso schmerzlicher Fall hat sich vor kurzem
in einer schlesischen Gymnasialstadt zugetragen. Ein Quartaner ver-
suchte mit einem Tesching, das er von seinem Vater zum Geschenk
erhalten hatte, im väterlichen Garten im Beisein eines anderen
Quartaners Sperlinge zu schiefsen. Er hatte nach vergeblichem
Schusse das Tesching geladen, aber in Versicherung gestellt und
irgendwo angelehnt. Der andere ergriff und spannte es, hierbei
sprang der Hahn zurück, das Gewehr entlud sich, und der Schufs
traf einen inzwischen hinzugekommenen, ganz nahe stehenden Sex-
taner in die linke Schläfe, so dafs der Knabe nach drei Viertel-
stunden starb.
In dem erwähnten Erlasse hatte ich das Königliche Provinzial-
schulkollegium angewiesen, den Anstaltsleitern seines Aufsichts-
bezirkes aufzugeben, dafs sie bei Mitteilung jenes schmerzlichen
Ereignisses der ihrer Leitung anvertrauten Schuljugend in ernster
und nachdrücklicher Warnung vorstellen sollten, wie unheilvolle
Folgen ein frühzeitiges, unbesonnenes Führen von Schufswaffen nach
sich ziehen kann, und wie auch über das Leben des zurückgebliebenen
unglücklichen Mitschülers für alle Zeit ein düsterer Schatten gebreitet
sein mufs. Gleichzeitig hatte ich darauf hingewiesen, dafs Schüler,
die, sei es in der Schule, oder beim Turnen und Spielen, auf der
Badeanstalt, oder auf gemeinsamen Ausflügen, kurz, wo die Schule
für eine angemessene Beaufsichtigung verantwortlich ist, im Besitze
von gefährlichen Waffen, insbesondere von Pistolen und Revolvern,
betroffen werden, mindestens mit der Androhung der Verweisung von
der Anstalt, im Wiederholungsfalle aber unnachsichtlich mit Ver-
weisung zu bestrafen sind. Auch an der so schwer betroffenen
Gymnasialanstalt haben die Schüler diese Warnung vor dem Grebranche
von Schufswaffen, und zwar zuletzt bei der Eröffnung des laufenden
Schuljahres durch den Direktor erhalten.
Solche Warnungen müssen freilich wirkungslos bleiben, wenn
die Eltern selber ihren unreifen Kindern Schiefswaffen schenken, den
Gebrauch dieser gestatten und auch nicht einmal überwachen.
Weiter jedoch, als es in dem erwähnten Erlasse geschehen ist^
in der Fürsorge für die Gesundheit und das Leben der Schfller zu
gehen, hat die Schulverwaltung kein Recht, will sie sich nicht den
Vorwurf unbefugter Einmischung in die Rechte des Elternhauses
zuziehen. Wenn ich daher auch den Versuch einer Einwirkung nach
699
dieser Richtung auf die Kimdgebnng meiner innigen Teilnahme an
80 schmerzlichen Vorkommnissen und anf den Wunsch beschränken
mufs, dafs es gelingen möchte, der Wiederholung solcher in das
Familien- und Schulleben so tief eingreifenden Fftlle wirksam vor-
zubeugen, so lege ich doch Wert darauf, dafs dieser Wunsch in
weiteren Kreisen und insbesondere den Eltern bekannt werde, die
das nächste Recht an ihre Kinder, zu ihrer Behfltung aber auch die
nächste Pflicht haben. Je tiefer die Überzeugung von der Er-
sprieiälichkeit einmütigen Zusammenwirkens von Elternhaus und
Schule dringt, um so deutlicher werden die Segnungen eines solchen
bei deigenigen hervortreten, an deren Gedeihen Familie und Staat
ein gleiches Interesse habeu. Das Königliche ProvinzialschulkoUegium
wolle den Anstaltsleitern seines Aufsichtsbezirkes aufgeben, diesen
Erlafs im nächsten Anstaltsprogramm unter der Rubrik Yll: ^Mit-
teilungen an die Schüler und deren Eltern" zum Abdruck zu
bringen.
Maf8re/i;eln gegen Diphtherie und Seharlaeh.
Verordnung des tirofsherzoglieh badiseheii Ministeriums
des InnerB.
Karlsruhe, den 8. Dezember 1894.
Auf Grund der §§ 85 und 87 a des Polizeistrafgesetzbuchs
wird im Einverständnis mit dem GroCäherzoglichen Ministerium der
Justiz, des Kultus und Unterrichts unter Aufhebung der Verordnnng
vom 2. August 1884, Gesetzes- und Verordnungsblatt No. XXXQ,
verordnet, wie folgt:
§ 1. Das Familienhaupt, in dessen Wohnung eine Erkrankung
an Diphtherie oder Scharlach vorkommt, ist verpflichtet, a. für thun-
lichste Absonderung des Erkrankten zu sorgen, b. die zu seinem
Hausstande gehörenden Kinder vom Besuche der Schule und der
Kirche abzuhalten und darauf hinzuwirken, dafs der Verkehr dieser
Kinder mit anderen Kindern, insbesondere auf öffentlichen StraTsen
und Plätzen, thunlichst beschränkt werde, c. die erforderlichen Des-
infektionsmafsnahmen gemäfs der beigedruckten Anweisung (Anlage I)
zu bewirken.
Die Mafsregeln unter a und b sind zu beobachten, bis vier
Wochen seit Beginn der letzten in dem Hausstande aufgetretenen
Erkrankung abgelaufen sind und eine sorgfältige Reinigung des
Kranken, entsprechend der Anweisung über das Desinfektionsverfahren,
stattgefunden hat, oder bis acht Tage seit der Entfernung des Er-
krankten oder der zum Hausstand gehörenden gesunden Kinder aus
der Wohnung verstrichen sind.
700
§ 2. Bei dringender Gefahr der Weiterverbreitong von Diph-
therie oder Scharlach, oder wenn die Yorschriften des § 1 nicht
befolgt werden, oder wenn die Absondemng nach den hftnsLicbeii
Verhältnissen nnd der Zahl der in der Familie befindlichen Kinder
besonderen Schwierigkeiten unterliegt, kann das Bezirksamt die Ver-
bringang des Kranken in eine Krankenanstalt anordnen.
Beim Mangel einer Krankenanstalt hat die Gemeinde in solchen
Fällen hierzu geeignete Räumlichkeiten nach Mafegabe der bei-
gedruckten Anleitung (Anlage II) zu beschaffen.
§ 3. Der Zutritt zu Leichen der an Diphtherie oder Scharlach
Gestorbenen ist thunlichst zu beschränken, insbesondere Kindern
nicht zu gestatten. Auch zu den Leichenbegängnissen dürfen in
solchen Fällen Kinder nicht beigezogen werden.
§ 4. Sofort nach dem erstmaligen Auftreten von Diphtherie
oder Scharlach in einer Gemeinde hat die Ortspolizeibehörde die
Bestimmungen der §§ 1 und 3 dieser Verordnung, sowie die An-
weisung über das Desinfektionsverfahren bekannt zu machen.
Die Ortspolizeibehörde hat aufserdem, sobald sie von einer
Erkrankung an Diphtherie oder Scharlach Kenntnis erhält, dem
Familienhaupt, in dessen Hausstand die Erkrankung erfolgt ist, die
Beobachtung der in § 1 vorgeschriebenen Mafsregeln schriftlich und
unter Einweisung auf die Strafbestimmungen des § 85 des Polizei-
strafgesetzbuchs und des § 327 des Strafgesetzbuchs aufzugeben,
sowie für genaue Überwachung des Vollzugs aller Anordnungen Sorge
zu tragen.
§ 5. In Volksschulen hat der Vorsitzende der Ortsschnlbehörde
(das Rektorat, beziehungsweise, wo ein erster Lehrer durch die
Oberschulbehörde bestellt ist, dieser), in höheren Lehranstalten nnd
in Privatschulen der Anstaltsvorstand, Schüler (Schülerinnen), die
an Diphtherie oder Scharlach erkranken, oder in deren Hansstand
Diphtherie- oder Scharlacherkranknngen eingetreten sind, von dem
Besuch der Schule auszuschliefsen, bis das Familienhaupt, zu dessen
Hausstand der Schüler gehört, der Schulbehörde persönlich od«r
schriftlich anzeigt, dafe vier Wochen seit Beginn der letzten in dem
Hausstande aufgetretenen Diphtherie- oder Scharlacherkrankong ab-
gelaufen sind und die vorgeschriebene Reinigung des Kranken statt-
gefanden hat, oder acht Tage seit Entfernung des Erkrankten,
beziehungsweise der gesunden Kinder aus der Wohnung verstrichen
sind.
Nebstdem haben die in Absatz 1 bezeichneten Behörden und
Personen die Verpflichtong, dafttr zu sorgen, dafis die zu Ziffer le
der Anweisung über das Desinfektionsverfahren gegebnen Vorschriften
gehörig vollzogen werden.
701
§ 6. Det Schlafs der Schule soll in der Regel nur auf Antrag
des Bezirksarztes yerfflgt werden. Der Antrag ist zu stellen, wenn
Erkrankungen an Diphtherie oder Scharlach eine besonders aas-
gedehnte Verbreitong, oder einen besonders gefährlichen Charakter
erlangen, oder in dem Schalgebftude selbst vorkommen.
Zuständig zur Yerfflgong des Schalschlosses ist, aufser dem
Bezirksamt, bei Volksschulen die Ortsschnlbehörde, bei höheren Lehr-
unstalten der Anstaltsvorstand.
Ausnahmsweise dttrfen an Orten, die nicht Sitz eines Bezirks-
arztes sind, die Ortsschulbehörden, beziehungsweise Anstaltsvorstftnde,
letztere nach zuvor eingeholter Zustimmung des Beirats, den einst-
weiligen Schulschlufs — vorbehaltlich der sofortigen Anzeige an den
Bezirksarzt und der Gutheifsung desselben — dann von sich aas
verfügen, wenn wegen aufserordentlicher Verhältnisse die vorherige
Einholung der bezirksftrztlichen Äufiserung als eine mit Gefahr ver-
bundene Verzögerung zu betrachten wäre.
Die Wiedereröffiiung des Unterrichts darf unter allen Um-
ständen nur nach vorheriger Zustimmung des Bezirksarztes stattfinden.
Lehrer, In deren Hausstand Diphtherie oder Scharlach auftritt,
sind von Erteilung des Unterrichts auszuschlieben.
§ 7. Kleinkinderschalen sind bei Verbreitung oder gefährlichem
Auftreten von Diphtherie oder Scharlach von der Ortspolizeibehörde
sofort zu schliefsen. Die Wiedereröffnung darf nur mit Zustimmung
des Bezirksarztes erfolgen.
§ 8. Die Ortspolizeibehörden haben den Ortsschulbehörden,
beziehungsweise, wo ein Rektorat oder ein erster Lehrer bestellt
ist, diesem, den Vorständen höherer Lehranstalten und den Vor-
stehern von Privatschulen von allen aus der betreffenden Gemeinde
zo ihrer Kenntnis gelangenden Erkrankungen an Diphtherie oder
Scharlach sofort Nachricht zu geben.
In Städten ist zu diesem Behufe auf die Anzeige solcher Er-
krankungen alsbald zu ermitteln, welche Schulen die zu dem Haus-
stande des Kranken gehörenden Kinder besuchen. Auch die Lehrer
sind verpflichtet, Erkrankungen von Schalem an Diphtherie oder
Scharlach, die zu ihrer Kenntnis gelangen, der Ortsschulbehörde oder
dem Anstaltsvorstand anzuzeigen.
§ 9. Bei besonders gefährlichem Auftreten von Diphtherie
oder Scharlach oder beim Vorkommen mehrerer Erkrankungen in
einem Hause kann auf Antrag des Bezirksarztes der Zutritt zu den
Wohnungen, in denen sich Kranke befinden, durch Anschlag an
den Eingängen von der Ortspolizeibehörde unter Strafandrohung unter-
sagt werden.
Dem Bezirksamt bleibt femer vorbehalten, nötigenfalls weitere
702
zur Yerhatung der Verbreitnng von Diphtherie oder Scharlach
geeignete Mafsnahmen zu treffen, insbesondere die Abgabe von
Milch und anderen Nahrangs- und Gennfsmitteln ans H&nsem, in
welchen sich derartige Kranke befinden, zu beschränken oder za
verbieten.
§ 10. Zum Zweck der geordneten Ansf&hrnng des Desinfek-
tionsverfahrens sind durch die Gemeindebehörden hierzu ansgebfldete
Personen aufzustellen, welche im Bedflrfnisfall die vorgeschriebenen
Desinfektionsmafsnahmen auf Kosten der Gemeinde vorbehaltlich des
Ersatzes durch die Beteiligten zu vollziehen haben.
Benachbarte kleinere Gemeinden können die Bestellung gemein-
sam vornehmen.
§ 11. Wenn in einer Gemeinde Erkrankungen an Diphtherie
oder Scharlach unter Umständen vorkommen, welche eine epidemische
Verbreitung, oder den Mangel ärztlicher Behandlung, oder genügender
Pflege befürchten lassen, so hat der Bezirksarzt sofort an Ort und
Stelle über die obwaltenden Verhältnisse und den Verlauf der Er-
krankungen Erhebungen zu veranstalten, die geeigneten Belehrungen
zu erteilen, sich über den Vollzug der sanitätspolizeilichen Sicherheits-
maisregeln zu verlässigen, bei Feststeilung von Mängeln entspre-
chende Abhilfe zu bewirken, sowie auch die Beseitigung sonstiger sani-
tärer mit den Erkrankungen im Zusammenhang stehender Mifsstände
einzuleiten.
Während der Dauer einer Epidemie hat der Bezirksarzt den
Besuch der betreffenden Gemeinde zeitweilig zu wiederholen. Auch
-ist beim ersten Besuch die Mitwirkung der behandelnden Ärzte
beim Vollzug der sanitätspolizeilichen Anordnungen nach Erfordern
zu sichern.
Beim drohenden oder wirklichen Ausbruch einer Diphtherie-
oder Scharlachepidemie ist vom Bezirksarzt hierüber, sowie über die
getroffenen sanitätspolizeilichen Mafsnahmen und deren Vollzug als-
bald an das Ministerium des Innern zu berichten. Über den
Verlauf und das Erlöschen der Epidemie sind weitere Berichte zu
erstatten.
§ 12. Die Beförderung von Leichen an Diphtherie oder
Scharlach Gestorbener in eine dem Sterbeort nahe gelegene andere
Gemarkung kann, sofern sie nicht auf der Eisenbahn erfolgt, vom
Bezirksamt ausnahmsweise unter besonderen vom Bezirksarzt za
bezeichnenden Vorsichtsmafsregeln und unter der Voraussetzung ge-
stattet werden, dafs die Leiche am Bestimmungsort unmittelbar auf
den Begräbnisplatz verbracht wird.
§ 13. Sämtliche in den §§ 1 — 12 dieser Verordnung enthaltenes
Bestimmungen gelten auch beim Vorkommen von Krupp.
703
Anlage I.
Anweisung Ober das Desinfektionsverfahren bei Diph-
therie, Krupp und Scharlach.
1. Die bei Erkrankungen an Diphtherie, Krupp und Scharlach
erforderliche Desinfektion hat sich zu erstrecken : a. auf den Kranken
selbst, dessen Ausdünstung und Ausflüsse, b. auf das Kranken-
zimmer, dessen Möbel und sonstige Einrichtung und die yon dein
Kranken benutzten Gebrauchsgegenstände, c. auf die Personen, die
mit dem Kranken verkehren, d. auf die Leichen der an diesen
Krankheiten Verstorbenen, e. auf die Schul- . und anderen Räume,
in denen die Erkrankten zu verkehren pflegten.
2. Als Desinfektionsmittel sind vorzugsweise zu verwenden:
a. strömender überhitzter Wasserdampf in besonderen Apparaten,
b. 5% ige Karbolsäurelösung, c. heifse Kaliseifenlösung, d. Ver-
brennung wertloser Gegenstände, e. gründliche Austrocknung und
Lüftung.
Im einzelnen ist zu beachten:
Zu. 1 a und b. Vor allem mufs hinsichtlich des Kranken selbst
für die Erhaltung grö&ter Reinlichkeit gesorgt werden. Der Kranke
ist täglich mit warmem Wasser zu waschen; die Leib- und Bett-
wäsche des Kranken ist möglichst häufig und nach erfolgter Ver-
unreinigung derselben sofort zu wechseln. Das Krankenzimmer ist
täglich durch Aufwaschen mit feuchten Tüchern zu reinigen, und
die Luft in demselben mufs mehrmals täglich gründlich erneuert
werden.
Ganz besondere Aufmerksamkeit ist ferner den Absonderungs-
und Auswurfstoffen des Kranken zuzuwenden ; dieselben dürfen nicht
mit den Wänden, dem Boden, oder den Möbeln des Zimmers in
Berührung kommen.
Zum Auffangen und Abwischen der Ausscheidungen aus Mund
und Käse sind Tücher zu gebrauchen, die täglich mehrmals zu
wechseln, jeweils nach dem Gebrauche in 5% ige Karbollösung zu
werfen und 24 Stunden lang in dieser Flüssigkeit zu belassen sind.
Am meisten empfiehlt es sich, zur Remigung der Nase und
des Mundes Bäuschchen von Karbol- oder Salicylwatte, oder
Läppchen zu verwenden, die sofort nach ihrer Benutzung verbrannt
werden.
Werden Spucknäpfe benutzt, so sind solche zu einem Dritteil
mit 57oiger KarboUösung zu füllen; die Entleerung derselben hat in
den Abtritt zu erfolgen.
££b* und Trinkgeschirre müssen vor ihrer anderweitigen Wieder-
benatzung mehrere Stunden in Seifenlösung gekocht werden.
704
Speisen and Getränke, insbesondere Milch, die von den Kranken
nicht genossen wurden, aber sich eine Zeitlang in dem Kranken-
zimmer befanden, dürfen nicht anderweitig aufbewahrt oder verwendet,
sondern müssen vernichtet werden.
Genesene Kranke müssen, bevor sie mit Gesunden wieder ver-
kehren, sich in einem warmen Seifenbad oder, falls dies nicht ans-
ftlhrbar ist, durch Abwaschen des ganzen Körpers mit warmem
Seifenwasser sorgfältig reinigen, darauf reine Wftsche und in der
Krankheit nicht benutzte oder desinfizierte Kleider anlegen.
Leib- und Bettwäsche des Kranken, femer alle sonstigen wasch-
baren mit dem Kranken in Berührung gekommenen Gegenstände,
sowie die zum Aufwaschen des Krankenzimmers benutzten Tücher
sind, ohne vorher geschüttelt oder ausgestaubt zu werden, in 5% ige
KarboUOsung mindestens 12 Stunden lang einzuweichen, sodann eine
halbe Stunde lang in Wasser zu kochen und in Kaliseifenlösnng
auszuwaschen. Steht ein Dampfdesinfektionsapparat zur Yerfügong,
so sind die Gegenstände in diesen zu verbringen
Nicht waschbares Bettzeug und ebensolche Kleider sollen gleich-
falls in dem Desinfektionsapparate behandelt, oder wenigstens zweimal
24 Stunden lang auCser Gebrauch gesetzt und mit Vermeidung des
Schfittelns oder Klopfens an einem trockenen, luftigen Ort zur Lüftung
aufgestellt werden. Keinenfalls dürfen diese Gegenstände vor ihrer
Desinfektion oder Lüftung trocken aufbewahrt oder in andere Haus-
räume gebracht werden.
Wird das Krankenzimmer nicht mehr benutzt, so sind die Fufs-
böden, Thüren und Fenster, sowie alle Holzverkleidungen und nicht
polierten Möbel in demselben mit 5 Voiger Karbollösung sorgfältig ab-
zuwaschen, ebenso die Wandflächen, soweit dieselben mit Auswurf-
stoffen des Kranken besudelt sind.
Polierte Möbel jeder Art, insbesondere die Bettstätten, Bilder
und Metallgegenstände sind mit trockenen Lappen, Tapeten und
gestrichene Wände mit frischem Brot trocken abzureiben, nachdem
vorher der Fulsboden des Zimmers stark mit Karbollösung an-
gefeuchtet ist.
Alle zu diesen Abreibungen benutzten Gegenstände und Stoffe
sind zu verbrennen.
Ehe ein Zimmer, in welchem ein an Diphtherie oder Kru|^
oder Scharlach Erkrankter verpflegt wurde, wieder in Gebrauch
genommen wird, soll dasselbe nach vorschriftsmäisiger sorgfältiger
Desinfektion mindestens 24 Stunden lang mittelst Durchzug gelüftet
werden.
Zu 1 c. Alle Personen, welche mit an Diphtherie oder Krupp
oder Scharlach Erkrankten in Verkehr getreten sind, haben sieb,
705
bevor sie wieder mit Gesanden in Bertthrnng kommeD, die H&nde
mit 5%iger Karbollösang oder Seifenlösung sorgfältig zn reinigen.
Zm Id. Leichen an Diphtherie oder Krupp oder Scharlach
Verstorbener sollen möglichst rasch nach eingetretenem Tode in die
Leichenhalle verbracht, beim Mangel einer solchen aber bis zn ihrer
Beerdigung im Sterbezimmer belassen und in keinen anderen be-
wohnten Hansranm verbracht werden. Sie sind in ein in ö%ige Karbol-
lösang getauchtes Tuch einzuhüllen und sobald wie möglich einzusargen.
Der Sarg ist sofort zu schliefsen.
Die Beerdigung darf mit besonderer Genehmigung des Bezirks-
arztes Auch froher als 30 Stunden nach dem Tode vorgenommen
werden.
Zn le. Sind mehrere Schüler, die das gleiche Schullokal be-
sachten, an Diphtherie oder Krupp oder Scharlach erkrankt, so mufs
dieses Schullokal alsbald desinfiziert werden. Zu diesem Zweck
sind die Wände und Decken mit frischem Brote abzureiben, das
sofort nach der Verwendung zu verbrennen ist. Der Fufsboden
wird mit 5%iger Karbollösung stark angefeuchtet, und ist sodann
mindestens 12 Standen lang, während im Ofen Feuer brennt, durch
öffnen von Fenster und Thttren kräftiger Luftzug zu erzeugen.
Während der Boden noch nafs ist, sind alle in dem Schalzimmer
befindlicben G^enstände mit 57oiger Karbollösung energisch ab-
zureiben.
Aolage IL
Anieitang zur Beschaffung von Absonderungsräumen
gemäfs §2, Absatz 2 der Verordnung vom 8. Dezember 1894,
Mafsregeln gegen Diphtherie und Scharlach betreffend.
Bei der Ermittelung und Eimichtung von Absonderungsräumen
ist vorzugsweise auf folgende Punkte Rücksicht zu nehmen:
1. Das Gebäude, in welchem Räume zu dem Absonderungs-
zweck bestimmt werden, soll möglichst entfernt von bewohnten
Häusern und reinlich gehalten sein, gesunde Lage und trockenen
UAtergrand haben.
2. Das Gebäude soll, wenn irgend möglich, unbewohnt sein;
keinenfalls dürfen Kinder in demselben sich aufhalten.
3. In Bezug auf Zahl und Gröfse der Räume ist darauf zu
halten, daCs jedem Krankenbett ein Raum von in der Regel 2ö cbm
entspricht, sowie dafs eine Trennung der aufzunehmenden Kranken
nach Geschlechtem nötigenfalls durchgeführt werden kann.
4. Die Räume müssen hinlänglich beleuchtet und gut zu lüften
sein; in kalter Jahreszeit mufs Heizungseinrichtung vorhanden sein.
5. Aufser den Krankenräumen mufs ein geeigneter Raum zur
Sehalfesandheitspfleff« vm. 45
706
Unterbringimg von Pflegepersonal verfügbar sein, ebenso, wenn
irgend möglich, eine Küche (Theekflche).
6. Die Abortanlage darf nicht benachteiligend anf die
Krankenränme einwirken.
7. Bas einfache Mobiliar hat zu bestehen ans einem geeig-
neten Bett f Qr jeden Kranken nebst erforderlichem Weifszeng, Wasch-
und sonstigem Geschirr, einem Tisch nebst mehreren Stflhlen. Wenn
möglich, ist das eigene Bett des Erkrankten mitzubringen und fort-
zubenutzen.
Far das Pflegepersonal sind ebenfalls einfache Einrichtongs-
gegenstände nach Bedarf zu beschaffen.
8. Kann die Kost nicht in dem Hause beschafft werden, so
ist die Yerköstignng auf andere zweckentsprechende Weise sicher
zu stellen.
9. Der Zutritt zu den Krankenrftumen ist auf das Notwendigste
zu beschränken; Kinder dürfen keinenfalls zugelassen werden.
10. Für geordnete Pflege des Erkrankten ist durch Ein-
stellung geübter und erfahrener Krankenwärterinnen sofort Sorge zu
tragen; ist eine solche Wärterin nicht im Orte verfügbar, so ist
die Berufung einer Krankenschwester nach der hierüber bestehenden
besonderen Anweisung ungesäumt durch den Bezirksarzt zu bewirken.
11. Ehe die Räumlichkeiten wieder in andere Benutzung
genommen werden,' sind dieselben vorschriftsmälsig gründlich zu
desinfizieren.
Beseheid des KSniglich preufsisehen üntemchtsminigters
den Centralanssebufs zur Ftrdernng der Ju^^end- und
Yolksspiele bezfiglich der Anlage von Spielplfttzen.
Berlin, den 28. Mai 1894.
Dem am Schlüsse des gef^ligen Schreibens ausgesprochenen
Wunsche, es möchte von hier aus den preufsisehen Stadtverwaltungen
die Förderung der Bestrebungen des Centralausschusses, besonders
auch nach der Richtung der Anlage von Spielplätzen, anempfohlen
werden, habe ich durch einen an sämtliche Herren Oberpräsidenten
gerichteten Erlafs vom heutigen Tage gern entsprochen, da ich die
Überzeugung teile, dafs in den gröfseren Städten in dieser Hinsicht
noch viel zu wünschen und zu erreichen bleibt.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
(Gez.) Bosse.
707
^ttfonaixtn.
Der ProYinzialschnlrat Dr. Bbthb in Stettin, unser geschätzter
Mitarbeiter, Herr Professor an der technischen Hochschule H. Fischeb
in Hannover, der Direktor des Kaiser WilheUngymnasinms Meinbrtz
in Kassel und der Gymnasialdirektor a. D. Dr. SCHinTZ in Köln
haben den Charakter als Geheimer Regiemngsrat erhalten.
Professor Dr. Löffler in Grei&wald, der Entdecker des
Diphtheriebacillns, ist zam Greheimen Medizinalrat, der durch seine
Untersuchungen von Ferienkolonisten bekannte Dr. Goepbl in Frank-
furt a. 0. zum Sanit&tsrat, der Kreisschulinspektor Bandtkb in
Berlin zum Schulrat mit dem Rang der Räte IV. Klasse ernannt
worden.
Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Robert Koch in Berlin
und der inzwischen verstorbene Professor Loois Pastbur in Paris
wurden vom VI. internationalen tierärztlichen Kongresse in Bern zu
Ehrenmitgliedern gewählt.
Die theologische Fakultät der Universität Jena hat den Direktor
des Gymnasiums zu Karlskrona in Schweden Dr. E. A. Wadstbin
zum Doctor honoris causa promoviert.
Es erhielten: den Sjronenorden IL Klasse der Kaiserliche
Ministerialrat a. D. Dr. Wasserfühb in Berlin und der Geheime
Regierungs- und Provinzialschulrat a. D. Professor Tsohakbrt in
Breslau; den Kroneuorden III. Klasse der Gymnasialdirektor Dr.
Hbdssnbr in Kassel; den Kronenorden IV. Klasse der Rektor a. D.
RÖHR in Liegnitz ; den roten Adlerorden III. Klasse mit der Schleife
der Oberrealschuldirektor a. D. Dr. Zieken in Wiesbaden; den roten
Adlerorden IV. Klasse der Regierungs- und Schulrat Hauffe
in Stettin, der Regierungs- und Medizinalrat Dr. von Haselberg
in Stralsund, der Gymnasialdirektor Dr. Koppin in Stettin, der
Seminardirektor Prbsting in Köslin und der Stadtschulinspektor
a. D. Backhaus in Osnabrück; das Ritterkreuz II. Klasse des
Königlich sächsichen Albrechtsordens der Bflrgerschulvicedirektor
HüNOBR in Annaberg.
Der Geheime Medizinalrat und vortragende Rat im Königlich
preuisischen Kultusministerium Dr. Schbodtmann, der Greheime
Medizinalrat Professor Dr. FLÜaaE in Breslau und der Professor
Dr. RüBNER in Berlin sind als aufserordentliche Mitglieder des
Kaiserlichen Gesundheitsamtes bis zum Ablauf des Jahres 1896 be-
rufen worden.
46*
708
Es wurden ernannt: der ehemalige österreichische Unterrichts-
minister Dr. Paul Freiherb von Gaütsch von neuem zum k. k.
Minister f&r Eoltns nnd Unterricht; der Direktor des Marien-
gymnasiums Dr. Meinertz in Posen znm Provinzialschnlrat in Breslau;
der Professor an der Realanstalt Weigle in Stuttgart zum Oher-
Studienrat; der Rektor des humanistischen Gymnasiums. Professor
Hasenstab in Kempten, zum Studieninspektor der bayerischen
Kadettencorps; der Seminardirektor Dr. Fbeunbqen in Paradies
zum Regierungs- und Schulrat in Arnsberg; die auCserordentlichen
Professoren der Hygiene Dr. P. Canalis in Genua und Dr. A. Di
Vestea in Pisa zu ordentlichen Professoren; der Privatdocent für
gerichtliche Medizin und Hygiene Dr. Joseph Jacobi in Breslau
zum anfserordentlichen Professor; der Direktor des Viktoriagymnasiums
Dr. HoLzwEissia in Burg zum Direktor des Domgymnasiums in
Magdeburg; der Gymnasialrektor Pistneb in Straubing zum Rektor
des Gymnasiums in Kempten; der Progymnasialdirektor Smolka
in Temessen zum Direktor des Gymnasiums in Schrimm; der Gym-
nasialprofessor Dr. Windeln in Hameln zum Direktor des Friedricbs-
gymnasiums in Herford; der Oberlehrer Professor Dr. Ruhe am
Gymnasium in Meppen zum Direktor dieser Anstalt; der Gymnasial-
lehrer Dr. R. Lange in Rostock zum Direktor des Gymnasiums
und Realgymnasiums daselbst; der Vorsteher des Realprogymnasiums
Joseph Neff in Yillingen zum Direktor des Progymnasiums in
Donaueschingen; der Oberlehrer Professor Dr. Beyeb am Gymnasium
in Burg zum Direktor des von SALDERNschen Realgymnasiums in
Brandenburg; der Professor Fbiedbich Gbohmann am Realpro-
gymnasium in Mosbach zum Vorsteher des Realprogymnasiums in
Villingen; der Oberrealschuldirektor Dr. Dickmann in Oldenburg
zum Direktor der Oberrealsdiule in Köln; der Oberlehrer Dr.
Mibisch an der Oberrealschule in Saarbrücken zum Direktor dieser
Anstalt; der Direktor der Viktoriaschule Unbüh in Breslau zum
Direktor der st&dtischen Realschule zu Königsberg i. Pr. ; der Ober-
lehrer Professor MASBEBa an der Realschule in Düsseldorf zum
Direktor der neu zu eröffiienden 11. Realschule dort; der Seminar-
direktor Skalitzky in Ziegenhals zum Seminardirektor in Lieben-
thad; die Seminarlehrer Altmann und Scholz zu Kreisschili-
inspektoren; der Professor a. D. Theodob Keller zum Vorstand
der höheren Bfirgerschule in Homberg; Dr. Max Nbirser zum
Assiatenten am hygienischen Institute in Breslau.
Ihren siebenzigsten Geburtstag begingen der Grofsherzoglich
badische Kultusminister Dr. von Sabwey am 24. September, der
frfthere Leiter und Organisator des Kaiserlichen Reicbsgesundheitsanles,
Geheimer Oberregierungsrat Dr. Struck, am 9. Oktober und der
709
im die Volksgesandheitspflege and das Medizinalwesen der Schweiz
hochTerdiente Dr. SoNDESBoaEB am 22. Oktober.
Geheimer Medizinalrat Professor Dr. G. Lewik, Mitglied des
Reichsgesondheitsamtes, feierte vor kurzem sein fQnfzigjAhriges Doktor-
jnbil&um.
Der Direktor des Realgymnasiums in Essen a. d. Ruhr, Geheimer
Regierangsrat Dr. Heilebmann, der Seminardirektor Schulrat Klose
in Liebenthal and der Direktor der städtischen höheren Mädchen«
schale Dr. Fischer in Strafsburg sind in den Rahestand getreten.
Aus Paris kommt die Traaerkunde von dem im 73. Lebens«
jähre erfolgten Hinscheiden des grofsen Chemikers und Hygienikers
Louis Pastcur. Derselbe war am 22. Dezember 1822 zu D61e
im Jura als Sohn eines Lohgerbers geboren. Er besuchte die
Schalen zu Arbois und Besan^on, studierte in Paris am College
Saint Louis Physik und erwarb daselbst 1847 den Doktorgrad.
Darauf erhielt er eine Lehrerstelle am Lyceum in Dijon und wurde
bald nachher supplierender Professor an der Fakultät in Strafsburg.
Im Jahre 1854 folgte er einem Rufe als Professor der Chemie an
die neu errichtete Fakultät von Lille, kehrte jedoch schon 1857
nach Paris zurück, um die Leitung der höheren Normalschule zu
tkbemehmen, von welcher er nach einiger Zeit zur 6cole des beanx arts
übertrat. Alsdann erhielt er 1867 die Lehrkanzel der Chemie an
der Sorbonne und wurde 1882 Mitglied des Instituts und ständiger
Sekretär der Akademie der Wissenschaften. Damit er seine Studien
über die Hundswut im grofsen Stile durchführen könne, gründeten
seine Verehrer auf dem Wege der Subskription 1886 das nach ihm
genannte Institut. Pasteub blieb bis zu seinem Tode Leiter des-
selben und sammelte hervorragende Mitarbeiter, wie Roüx, Metsch-
NIKOFF und Chantemesse, um sieh. Schon seit vielen Jahren
kränkelte er. Er erlitt wiederholte Schlaganfälle, und einem solchen
erlagt er am 28. September in Garges bei Paris. Bei seinem Be-
gräbnis wurden ihm nicht nur von Frankreich, sondern auch vom
Auslände die höchsten Ehren zu teil. Ist er doch der Bahnbrecher
der gesamten, auch für die Hygiene der Jugend so wichtigen bak-
teriologischen Forschung geworden. Die moderne Infektionslebre,
die Antiseptik, unser Wissen über die Gärung, die neuere Lehre
Ton den Schatzimpfnngen — sie alle gehen auf ihn zurück Zwei
Marksteine treten besonders in seiner wissenschaftlichen Thätigkeit
hervor, der 1865 unternommene Kampf gegen die generatio aequivoca,
welcher zu der Erkenntnis geführt hat, dafs die chemischen und
Iriologischen Vorgänge bei der Gärung und Fäulnis durch orga-
nisierte Fermente hervorgerufen werden, und die 1893 aus seinem
Institat und unter seinem Einflüsse hervorgegangene Arbeit von Roux
710
Aber die Diphtherie und ihre Bekämpfung. So ist er Mr die ganze
wissenschaftliche Welt ein Pfadfinder und Bahnbrecher geworden,
dessen Verdienste alle Kulturvölker jederzeit neidlos anerkennen werden.
Aufserdem sind gestorben: der Professor der Hygiene an der
Universität Athen Dr. J. Gh. Bambas, Mitglied des obersten SantUUs-
rates; der ordentliche Professor der Pädagogik an der Universität
Czemowitz Dr. HocHEoaEB; der Geheime Regierungsrat Professor
Dr. Webnioke in Görlitz, früher Direktor der Oberrealschnle in
Gleiwitz; der Seminardirektor Dr. Wittstein in Kubnach; der
Breslauer Rektor Lüllwitz in Buckau bei Magdeburg.
Am 29. Oktober fand auf dem Centralfriedhof in Wien die
EnthQllung des von der dortigen Ärztekammer dem Andenken ihres
Präsidenten, unseres verehrten Mitarbeiters, Herrn Regierungsrat
Dr. Mobitz GaüSTeb, gewidmeten Grabdenkmals statt.
£itterattir*
Besprechungen.
Dr. Leo BunaBBSTBiN und Dr. Auoust Nbtolitzkt in Wien.
Handbnch der SchulhygieDe. Mit 154 Abbildungen im Text
16. Lieferung des Handhuehs der Hygiene, herausgegeben von
Dr. Thbobob Wbtl in Berlin. Jena, 1895. Gustav Fischer.
(429 S. Gr. 8^ JH 10,50.)
Die grofse Summe der fOr den ärztlichen Beruf notwendigen
Kenntnisse und die Vertiefung des Wissens auf allen Specialgebieten
der Medizin haben das Bedflrfhis geschaffen, die Resultate der
medizinischen Forschung in Sammelwerken niederzulegen, um dem
durch Berufearbeit in Anspruch genommenen Arzte zweckmäfsige
Quellen zum Nachschlagen zu gewähren.
Viele dieser Sammelwerke zeichnen sich durch eine weit-
schweifige Behandlung des Stoffes aus, so dafs dem Leser zu-
gemutet wird, das Punctum saliens, auf welches es ankommt, unter
einer Menge unnfltzer Auseinandersetzungen ausfindig zu machen.
Ganz anders ist der vorliegende Band des WBYLschen Sammel-
werks, das BüBGBBSTBlN-NETOLlTZKTsche Handbuch der Schul-
hygiene, abgefafst. Hier findet man keinen unntttzen Ballast, h
konzisester Form ist auf nur 410 Seiten, zu welchen noch 19 Seitei
eines sorgfältig ausgearbeiteten Registers hinzukommen, der gesamte
711
Stoff der modernen Schulhygiene klar nnd hestimmt erörtert. Ver-
riete nicht das Titelblatt, dafe das Buch einen Teil eines Sammel-
werkes bildet, 80 würde man beim Lesen desselben kanm daraof
kommen, denn es stellt sich als ein selbständiges, abgerundetes Ganzes
dar, und zwar als ein fest gefügter Bau, der seine Solidität der
Zuverlässigkeit jedes kleinsten Bestandteiles verdankt. Mit ge-
diegener Sachkenntnis und grofsem Geschick ist der sprOde Stoff
gehandhabt und der zufriedenstellende Gesamteindruck dadurch er-
reicht, dals in der ersten H&lfte des Buohes der Leser nicht allein
durch eine inhaltreiche Darstellung der mafsgebenden hygienischen
Prindpien, sondern auch durch bildliche Wiedergabe der hygienisch
zweckmäfsigsten baulichen und technischen Einrichtungen mit allen
den Faktoren bekannt gemacht wird, die zum Verständnis der
heutzutage an eine wohleingerichtete Schule zu stellenden Forderungen
notwendig sind. Das alles ist hier nach sorgfältigster Sichtung
des grofsen in der Litteratur vorhandenen Materials gegeben, mit
«iner solchen Übersichtlichkeit, wie sie nur dem gewiegten Praktiker
möglich ist, und wie sie andererseits den weniger erfahrenen Leser
in den Stand setzt, ohne weitläufige Studien das Wesen der Sache
zu erfassen.
Nachdem die erste Hälfte des Buches in der angegebenen
Weise die zum Verständnis des weiteren erforderlichen wissen-
schaftlichen Daten geboten hat, folgt in der zweiten Hälfte die Be-
handlung der schwierigsten und bislang noch keineswegs allseitig spruch-
reifen Fragen der Einteilung des Unterrichts, der Überbürdung, der
Schulkrankheiten n.s. w. Diese Kapitel sind mit absoluter Objektivität
behandelt und vertreten mit grofser Bestimmtheit die Forderungen
besonnener Schulärzte unter genauester Berücksichtigung der durchweg
noch sehr neuen Arbeiten auf diesem Gebiete.
Es ist dringend wünschenswert, dafs diese Forderungen, die
sich auf Erhebungen in zahlreichen Schulen der verschiedensten
Länder stützen, an ma(sgebender Stelle Gehör finden. Dazu aber
wäre vor allen Dingen erforderlich, dafs nicht allein Ärzte, sondere
auch Schulmänner und einflulsreiche Eltern das leicht verständlichn
Werk lesen. Wer die in Betracht kommenden Fragen eingehender
studieren will, findet bei jedem Kapitel ein ausführliches Litteratur-
verzeichnis.
Ein Referat in Form eines Auszuges läfst sich über dieses
Buch nicht liefern, da in demselben keine unnützen Worte gemacht
werden, weshalb auch eine gekürzte Wiedergabe des Inhalts
schlechterdings unmöglich ist. Es berücksichtigt alles Wissenswerte
auf dem Gebiete der Schulhygieae, ohne dats es als Kompilation
bezeichnet werden dürfte. Der das Ganze belebende selbständige
712
Geist verleiht dem Werke den Ansprach, als klassisch bezeichnet
zu werden, und als ein solches, das in keiner Schul- oder Lehrer-
bibliothek fehlen sollte.
Kreisarzt Dr. med. C. Stböhmbero
in Dorpat.
Skrivekomiteeng indberetning dateret 30te Oktober 1894
angaaende SkrivenudervisniBgen i barneskolen. Separat*
afdryk af Universitets- og skole-annaler for 189ö. [Bericht des
Schreibkomitees vom 30. Oktober 1894^ betreffend den Schreib-
Unterricht in der Kinderschule, Separatabdruck der Uniyersit&ts-
und Schuljahrbücher für 18V)5.] Christiania, 1895. In Kommission
bei T. 0. Br0gger. (40 S. Kl. 8<*.)
Das in dem Titel erwähnte Komitee, bestehend aus Stadt-
physikus Bentzin als Präses, den Fränlein Frisak und MöLLBR,
den Lehrern Petersen und Trosdal, hat seine Untersuchungen,
betreffend die beste Richtung der Schrift, in einer Volksschale
Christianias angestellt. Über die Resultate spricht sich dasselbe
folgendermafsen aus: Bei den praktischen Versuchen hat sich die
Steilschrift in hygienischer Beziehung bis zu einem gewissen Grade
der Schrägschrift überlegen gezeigt, indem man bei ihr leichter
eine normale Körperhaltung einnehmen und beibehalten kann,
als bei der Schrägschrift. Jedoch wurde auch gefunden, dafs die
Schrägschrift, richtig durcbgefflhrt, nicht mit solchen hygienischen
Mängeln behaftet ist, dafs dieselbe aus diesem Grunde tou der
Kinderschule ausgeschlossen werden müfste. Nimmt man indessen
nicht allein Rücksicht auf die Gesundheitspflege, sondern auch
darauf, dafs die Schreibmethode konsequent pädagogisch durch-
geführt werden mufs, so ergibt sich, da& die Steilschrift der
Schrägschrift vorzuziehen ist, weil sie mit ihren senkrechten Grund-
strichen in hohem Mafse sowohl die geistige, wie die körperliche
Arbeit der Kinder vereinfacht.
Um dies näher zu beweisen, gibt der Bericht eine ver-
gleichende Beurteilung der verschiedenen Schreibweisen, der Steil-
schrift, der Schrägschrift nach Berlin -Rembold und der Schräg-
schrift mit rechts liegendem Schreibhefte. Das Ergebnis wird teils
im Texte entwickelt, teils zum Schlüsse in übersichtlicher Weise
gegeben. Dabei findet sich hervorgehoben, wie schwierig es fär ein
Kind ist, die schrägen Grundstriche genau parallel zu ziehen, ebenso
eine bestimmte Neigung des Schreibheftes beizubehalten. Verlangt
man ein genaues Höhenverhältnis zwischen den kurzen und langen
Buchstaben, so dafs z. B. A und b zwei- oder dreimal länger als
n sein sollen, so fällt die Vervielfachung der Länge der kurzen
713
Bachstaben dem Kinde bedeutend leichter bei anf der Linie senk-
rechten Strichen, als bei schrftgen Strichen.
Als pädagogischer Grundsatz mufs gelten : Was der Lehrer an
der Wandtafel vorschreibt, soll das Kind selbständig und naturgetreu
auf seiner Tafel oder in seinem Buche wiedergeben. Schräge
Striche auf der Wandtafel müssen schräge Striche in dem Buche
des Kindes, senkrechte Striche mttssen senkrechte werden. £s ist
daher pädagogisch unrichtig, wenn die Schüler die schrägen Striche,
die auf horizontalen Linien an der Wandtafel vorgeschrieben werden,
als senkrechte Striche auf schrägen Linien in ihrem Buche nach-
schreiben sollen. Auch die Fibeln müssen ganz dieselben Buch-
stabenformen enthalten, wie diejenigen, welche die Kinder schreiben
sollen.
Die Notwendigkeit eines sorgfältigen methodischen Schreib-
unterrichts, der in den meisten Schulen noch fehlt, wird stark
hervorgehoben, und die pädagogischen, wie hygienischen Regeln für
einen solchen Unterricht finden sich ausführlich dargelegt. Die
hygienischen Vorschriften sind meist dieselben, welche Sohubbrt
angegeben hat. Im Gegensatze zu der Mehrzahl der Arbeiten,
welche über diese Frage geschrieben worden sind, hat das Komitee
aber hauptsächlich die pädagogische Seite behandelt und versichert
wiederholt, dafs auch in dieser Beziehung die Steilschrift den Vorzug
verdient. Kommunalarzt Axel Uertel in Kopenhagen.
Professor Dr. HüGO Rühl. Entwickelangsgeschichte des Turnens.
Leipzig, 1895. Ed. Strauch. (IV. 150 S. 8^ Gebd. JM, 1,90.)
Wer schon einmal in die Lage gekommen ist, zusammenfassende
Vorträge über die Tumgeschichte halten zu sollen, wie dies ge-
legentlich der Yorturnerausbildungskurse in Vereinen und Gauen und
in den Turnlehrerbildungsanstalten ja nicht selten der Fall ist, der
wird mit dem Schreiber dieser Zeilen gewifs auch schon den Mangel
an einer passenden Darstellung für diesen Zweck empfunden haben.
Damit soll nun keineswegs gesagt sein, dafs es überhaupt noch keine
Werke über Tumgeschichte gebe, denn deren besitzen wir, wie sich
jedermann leicht aus dem Handlmche der deutschen Turnerschaft
überzeugen kann, bereits eine stattliche Zahl; allein zu dem oben
gedachten Zwecke mufste man sich aus eben diesen Werken immer
erst die entsprechenden Auszüge und Zusammenstellungen machen,
wollte man seinen Zuhörern weder zu viel, noch zu wenig bieten.
Dieser recht zeitraubenden Arbeit ist man nun nach dem Erscheinen
des vorliegenden, in klarem Stile gescbriebenen Werkes des um
die Tumsache verdienten Verfassers, welcher seit dem letzten
deutschen Tumtage bekanntlich auch Geschäftsführer der deutschen
714
Tarnerschaft ist, enthoben. Dankt es ja eben dem angedeateten
Mangel seine Entstehung, da der Verfasser selbst schon seit einer
Reibe von Jahren Unterricht in der Tnrngeschichte an Tnmlehr-
amtskandidaten erteilt.
Das Buch gliedert sich in 17 Abschnitte. Von diesen seien
genannt: 4. Der Humanismus, 5. Die Aufklärung und der Phflan-
tbropinismus (Rousseau, Basedow, Guts Muths, Vibth), 6. Pesta-
lozzi, 7. Friedrich Lodwig Jahn, 10. Adolf Spiess, 14. Die
neue Spielbewegung in Deutschland, 16. Das Vereinstumen und die
deutsche Turnerschaft. Dem Ganzen ist dann noch eine Zeittafel,
welche die wichtigsten tumgescbichtlichen Zahlen enth<, angefügt.
Als besonders bemerkenswert mQssen wir hervorheben, dals bei
der Abfassung der einzelnen Kapitel neben der neuesten Litteratar
auch durchweg die ersten Quellen aufgesucht und an den be-
treffenden Stellen genannt sind, weshalb auch der Fachkundige noch
manches Neue und Originelle in dem Werke finden wird.
Das Bflchlein, dem die Verlagshandlnng eine hflbsche Aus-
stattung gegeben hat, kann Tumlehramtskandidaten und Tum-
Tereinen, wie nicht minder allen jenen, welche sich um das Erziehungs-
wesen überhaupt kümmern oder zu kümmern haben, auf das wftrmste
empfohlen werden. Aufserdem sollte ein Buch dieses oder ähnlichen
Inhaltes überhaupt in keiner Bücherei fehlen. Kommt es doch
noch vor, dafs der Laie, und zwar auch der gebildete, aus der
Geschichte des deutschen Turnens kaum mehr, als den Namen des
„Tumyaters** Jahn kennt, und hat einer Heine gelesen, dann
weifs er allenfalls noch ein bifschen mit dem Münchener „Tumknnst-
meister*" Massmann umzuspringen, weil dieser doch auch ordent-
licher Professor der deutschen Sprache und Litteratur an der
Universität, sowie Mitglied der Akademie der Wissenschaften und
des obersten Schul- und Studienrats von Bayern gewesen ist.
Namen, wie Basedow, Guts Muths, Spibss, Wassmannsdorff
tt. s. w. sind den meisten aber fremd. Und doch' sollte der £nt-
wickelungsgang des auch für die übrigen Nationen grundlegend
gewordenen deutschen Turnens, mit dem die genannten und
noch andere Namen von gutem Klange innig verquickt sind, einem
jeden Gebildeten wenigstens in den Grundzügen geläufig sein. Aoch
hierzu zu verhelfen, halten ?rir das vorliegende Büchlein für sehr
geeignet. Professor Franz Wilhelm in Pilsen.
716
Dr. YlKTOB VON WoiEOWSRT-BiSDAü, aurserordentliches Mitglied
des Königlich preofsischen statistischen Bureaus. Das Bewegungs-
spiel in der deutschen Yolkshygiene und Yolkserciehnng.
Sonderabdrnck aus der Zeitschrift des Königlich preufsischen
statistischen Bureaus, Jahrgang 1895. Leipzig, 1895. R. Yoigt-
Iftnder. (63 S. 4^ M 3.)
In der Erkenntnis der Wichtigkeit von Yolksspielen und in
der Einrichtung derselben sind uns Deutschen bekanntlich die Eng-
länder Yor 30 — 40 Jahren Torangegangen. Dem Kenner der
Yerhftltnisse drüben ist leicht begreiflich, dafs dabei weder An-
regung oder gar Anordnung von oben her stattgefunden hat, noch
von selten der Ärzte und Hygieniker viel dazu gethan ist. Das
Bedflrfhis nach kräftiger Leibesbewegung im Freien machte sich
bei den modernen Kulturverhfiltnissen, zumal in grolsen Städten,
damals geltend; die an Selbsthilfe gewöhnten Engländer fanden
unter Anleitung der sogenannten Public school-men, welche von
ihrer Schulzeit her die Spiele kannten und liebten, sehr bald heraus,
wie sie auf dem Spielplatze ihre körperliche und geistige Gesundheit
fördern und sich ihre Arbeitstflchtigkeit möglichst lange erhalten
konnten. Bei uns hat man seit etwa fünf Jahren — wesentliches
Yerdienst hat der durch Herrn von Sghenckendorff begründete
und geleitete Gentralausschufs — ernstlich auf diesem Gebiete vor-
zugehen angefangen.
Die vorliegende Schrift bietet eine sehr dankenswerte Über-
sicht aber die Fortschritte der Bewegung von 1891 bis 1894 an
der Hand von statistischen Aufstellungen, die von Jahr zu Jahr
vollständiger geworden sind. Die erste Erhebung aus dem Jahre
1891 ist noch dürftig. An sämtliche deutsche Städte von 8000
und mehr Einwohnern war eine Anfrage in betreff der Jugendspiele
gerichtet worden, doch nur unge^r 250 hatten eine Antwort
erteilt, und unter diesen berichteten blofs 81 über das Bestehen
eines Spiellebens, das sich aber meist auf einen engen Kreis von
Teilnehmern beschränkte. Im Jahre 1892 veranstaltete der Gentral-
ausschufs zur Förderung der Jugend- und Yolksspiele eine neue
Umfrage bei den Magistraten der Städte von 5000 Einwohnern und
darüber. Auch der hierauf erfolgte Bescheid blieb noch unvollständig.
Immerhin teilten 371 Städte mit, dafis in ihnen Jugendspiele ein-
geführt seien, 211 verneinten diese Frage, und 5 Städte standen
im Begriffe, 'Spielkurse einzurichten. Die im Jahre 1893 unter
Mithilfe der deutschen Tumerschaft erzielten Angaben wiesen wieder
einen bedeutenden Fortschritt auf und boten, ergänzt durch die
firflheren Berichte, ein einigermafsen vollständiges Bild von dem
Spielleben in Deutschland. Um nun eine wirklich umfassende
716
Übersicht darüber zn gewinnen, verzichtete der CentridaasschafB für
1894 auf eine allgemeine Erhebung, verteilte vielmehr diese anf den
Zeitraum der nächsten 5 Jahre und beschränkte sie zunächst fär
das genannte Jahr auf die höheren Schulen und die ihnen ver-
wandten Institute, die Lehrerseminare und Präparandenanstalten.
Damit ward ein in der Tbat tadelloses Material für statistische
Zwecke gewonnen. Auch sachlich war das Ergebnis sehr erfreulich,
denn es trat zu Tage, dalB es nur ein geringer Bruchteil der höheren
Lehranstalten ist, an denen das Bewegungsspiel gar nicht betrieben
wird, dafs dagegen an einer gro&en Zahl derselben eifrig und
regelmäfsig geübte Spiele stattfinden.
Auf die Einzelheiten der Statistik hier einzugehen, würde zu
weit führen; die meisten Angaben finden sich schon in den ver*
schiedenen Jahrgängen des vom Centralausschufs herausgegebenen
Jahrbuchs für Jugend- und Volksspiele.
Aber Verfasser beschränkt sich keineswegs auf Zahlenangaben.
Zur Einleitung entwickelt er den Wert des Bewegungsspiels für die
Volkshygiene und Volkserziehung und gibt sodann einen Überblidc
über die Geschichte desselben in Deutschland. Von besonderem
Interesse jedoch sind die vielen kleinen Einzelmitteilungen aus den
Tausenden von verscliiedenen Berichten über die Spielbewegung. Durch
eine geschickte Auswahl dieser weifs VON Woikow8KT-Biedau das
nüchterne Zahlenmaterial mannigfach zu beleben und erst recht nutzbar
zu machen. Die Erfahrungen, welche man hier und da bei Einführung
der Spiele gesammelt hat, kennen zu lernen, ist oft von gro&em
Werte. Nichts ist verkehrter, als schablonenmäTsiges Verfahren auf
diesem Gebiete. - Die Erweckung des Spiellebens unter der Jagend
bildet keine leichte Aufgabe und gelingt nicht jedem, gelingt auch
nicht immer gleich beim ersten Versuche. Nur wo der Spielleiter,
von wahrhafter Liebe zur Jugend erfüllt, diese mit gleicher Be-
geisterung zu erfüllen weifs, wie er sie empfindet, werden auch die
gröDsten Hindemisse leicht überwunden. Aber in der Praxis muft
man oft genug auch ohne solchen Leiter auskonrnnen und wird deshalb
gern die anderswo gemachten £rf$Iu:ungen kennen lernen und be-
nutzen wollen.
Dafs vom Jahre 1894 nur der Bericht über die höheren Lehr-
anstalten vorliegt, ist freilich an sich ein Mifsstand. Aber wie der
englische Vorgang zeigt, sind gerade diese Anstalten von größter
Wichtigkeit für die Spielbewegung. Wie jenseits des Kanals haben
sie sich nicht minder bei uns das Verdienst erworben, der ganzen
Bevölkerung mit gutem Beispiele voranzugehen, und werden auch fBr
die Zukunft als beste Pflanzstätte für die Ausbreitung der Spiel-
717
bewegung dienen können. Die Fortschritte der höheren Schulen
anf diesem Gebiete sind also von allgemeiner Bedentnng.
Besonders wichtig ist auch die Frage der Beschaffung von
Spielplätzen. Nicht weniger als 183 Anstalten muTsten über ihren
Spielplatz ungünstig berichten, zumeist weil seine Gröfse für die
Schttlerzahl nicht genügte. Von 96 anderen waren die Spielplätze
als gänzlich ungenügend bezeichnet, und endlich besafsen 104 An-
stalten gar keinen Spielplatz. Die Stadtverwaltungen sollten bei
solchem Notstande möglichst schnell vorgehen. Freilich ist die Er-^
Werbung von Spielplätzen kostspielig; je länger aber damit gezaudert
wird, um so höher werden die Preise steigen.
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Sachregister.
Abbilduiigen far den hygienischen
Unterricht in Schalen 579—589.
Abendessen far arme Sohalkinder
5S6.
— vgl. Beköstigang.
— vgl. Speisung.
Aboiie in französischen Schalen 230.
— ländlicher Schalen 223.
— Reinhaitang derselben in Schalen
668.
— Tgl. Abtritte.
— vgl. Bedürfnisanstalten.
Absonderangsräume für Diphtherie-
ond Scharlaohkranke 705—706.
Abteilung furSchalgesundheitspflege
im Leipziger Lehrerverein 598 bis
596.
Abtritte, Desinfektion derselben in
Schulen 694.
— vgl. Aborte.
Ägyptische Augenkrankheit, beson-
ders in Schulen, Verfügung der Bu-
kowinaer Landesregierung wegen
Maisnahmen gegen dieselbe 431
bis 485.
— Merkmale derselben 287 ; 432 bis
433.
— Ursachen derselben 433 — 484.
Alkoholismus bei Kindern 609— 610.
— Bekämpfung desselben durch die
Schale 570—571.
— des Yaters, Einflab desselben
auf die £inder 355.
— vgl. geistige Getränke.
— vgl. Mäfsigkeitssache.
— vgl. Trinluitten.
— vgl. Trunksucht.
SehulgMondbeltfpflege VIII.
Alopecia areata, Symptome der
selben 288.
Alphabete fär Steilschrift 208 bis
209.
Anatomische Abbildungen für den
Schulunterricht von A. Fiedler
583—585.
— Atlas über den makroskopischen
und mikroskopischen Bau der
Organe des menschlichen Körpers
von Wenzel 585—587.
Anisometropie, Orbitalindices bei
derselben 5 — 6.
Anormale Kinder, Erlafs der k. k.
Landesregierung in Salzburg be-
züglich der bezirksärztlichen
Untersuchung derselben 114 — 115.
— in einer englischen Schule 41.
— vgl. Idioten.
— vgl. Schwachbegabte Kinder.
Ansteckende Krankheiten, vgl. In-
fektionskrankheiten.
— Verordnung des Regierungsrates
des Kantons Schafthausen, be-
treffend die Verhütung der Weiter-
verbreitung derselben durch
Schulen 238—240.
— von Schülern, Anmeldung der-
selben in Lausanne 249.
Arbeitseinteilung der Schüler 462.
Arbeit, s. Kinderarbeit.
Arbeitszeit der Schülerinnen der
Mädchenbürgerschule in Halle a. S.
662-663.
— vgl. Hausaufgaben.
Armen8chulenLondons,Gesandheits -
zustand in denselben 623 — 624.
46
722
Ärztlicher Bericht über die Schalen
von Lausanne für das Jahr 1893
247—250.
— Schalinspektoren in England 556.
— Schalinsi>ektoren, ygl. Schalarzte.
— Stadiam der Fraaen 246^247.
— Untersachang der Schüler des
Kommunal antergymnasiams in
Aussig 552 — 555.
Atmung, s. Nasenatmung.
Atmungspflege der Schuljugend 543
bis 544.
Auersches Oasglühlicht, angebliche
Gefährlichkeit desselben 3e5--d66.
— indirekte Beleuchtung der Uni
versitätsauditorien in Halle a. S.
mit demselben 550.
— vgl. Beleuchtung.
— zur Frage der Eohlenoxydpro-
duktion durch dasselbe 230—231.
Augen , Beeinflussung derselben
durch elektrisches Licht 36—37.
— der Schüler, Berücksichtigung
derselben bei der Sitzordnung 304.
— der Schüler des Kommunal-
Untergymnasiums in Aussig 553 bis
554.
— der Zöglinge einer Mädchenschule
in Paris 310.
— Entfernung derselben von dem
Schreibheft bei Steil- und Schräg-
schrift 196—197.
AugenentaunduBgen in Schulen 164
bis 165.
Augenfehler, welche die Aufnahme
inMilitarerziehungsanstalten Bufs-
lands nicht gestatten 464 — 465.
Augengläser, s. BriUenTerordnung.
Augen kalifornischer Studenten 89.
Augenpfleffe der Schuljugend 544.
Auge, Re&aktionsentwickelung des
menschlichen 607—606.
„Augenschutz", hygienisch. Lampen-
schirm von WoMf, 616—617.
Aagen, Untennichung derselben in
der Schule 264—265.
Augenuntersnohungen in Schulen,
wer sie vornehmen soll 267.
— in Schulen, wie sie auscufuhren
sind 267—268.
Augen, vgl. Farbensinn.
— vgl. Gesichtssinn.
— vgl. Kinderaugen.
— vgl. Myopie.
Augen, vgl. Sehkraft
— vgl. Sehschärfe.
— vgl. Verletzungen.
Ausstellung desVIII.intemationalen
Kongresses für Hygiene und De-
mographie in Budapest 89—91.
— für Schulgesundheitspflege in
Berlin 622; 690-69L
— für Sport, Spiel und Turnen in
Berlin 359-360.
— hygienischeAbteüungderSchwei-
zerischen in Genf 1^6 361.
Austern, Typhusinfektion durch die-
selben ^5.
Baden der Schuler in Frankfait
a. M. 299-300.
Bader für die Jugend, Temperatar
derselben 356—358.
— vgl. Schulbfidar.
— vgl. Schwimmbad.
— vgl. Seebäder.
— vgl. Temperatur.
Bakteriengehalt d«r Luft in Schal*
räumen 109.
Bauplane für Mittelschulen, Begut-
achtung derselben durch einen
hygienisch gebildeten Amt 304.
Ban^ätze für ländliche Scbal-
gebäude 222.
Bau von Kleinkinder- und Elementar-
schulen, Kegeln für denselben 124
bis 125.
Bauvorschriften für oelerreiohisohe
Volksschulen, Bevision derselben
423.
Bednrfiiifanstalten för Schulen 439.
— öfientliche für Kinder 483-484.
— vgL Aborte.
Beköstigung armer Schulkinder vgi
Suppenanstalt.
— vgl. Abendessen.
— vgl. Speisung.
Beleuchtung der Sohitlaimmer 3(^1
bis 302; 453-466.
— Einflufs ungenagwMler auf die
Augen d7a
— Einflufs ungebugendBr aaf die
Wirbelsäule 878— 879.
— künstliche des Scholgebfiades
des Ehrlichschen Stifts inDresden
395.
723
BeleachtanfftMafsstab für die natiXi^
liehe in Schulen 379--d81.
— natnrliehe der Sohulnmmer 440.
— natürliche in den Schulen Ton
Nenchatel 878—381.
BelenohtongMurten, Yergleiohe der
▼ertchiedenen 617.
Beleuchtung, vgl. Anersohei Oas-
glühlicht.
Beru&wahl und Sehkraft 367—371.
Bewegungsspiele, Bedeutang der-
selben f9r die Volkshygioie and
Volkseraiehung 715~-717.
— für Mädehen 440-442.
— vglt Jugendspiele.
Bewegungrtrieb der Schulkinder,
wie sich derselbe auf dem Schul-
hofe und beim Naohhausegi^en
äufsert 862—868.
Blattern, Anzeichen derselben 638.
— vttl. Pocken.
Bleichsucht, s. Blutarmut.
Blinde Kinder, EahrpreisermälBi-
gungen für mittellose 640 — 641.
Blitzschlag in eine Lehrercompagnie
695.
— in eine Schule 569.
Blutarmut norwegischerSohulkinder
529- 530.
Brausebad für Sdiüler 488-*489.
— vgl. Schulbrausebad.
Brillenyerordnnng f3r Schaler 463
bis 464.
Bronchopneumonie bei Masern 849
bis 350.
Brunnen für ländliche Schalen 228.
BmsÜeiden norwegischer Schul-
kinder. 531.
Bücher, Übertragmig von Infektion»-
lo^nkheiten durch dieselben 549.
— vgl. Schalbibliotheksbücher.
Caries, Spaltpilze in Zfihnen mit
solcher 73.
— vgl. Zahnfirafs.
Cholera, Symptome derselben 287;
639.
Chorea, s. Veitstanz.
Conjunctivitis grranulosa, s. ägyp-
tische Augenkrankheit.
Dächer, s. Schuldächer.
Denkmal für Wilhehn Heyer 567.
Desiderins Erasmus Roterodamus
über Jugendspiele 102--103.
Desinüsktion der Schulen bei Epi-
demien 415—417 ; 660—662.
— durch Sonnenlicht 108.
Desinfektionsverfahren bei Diph-
therie, Krupp und Scharlach 708
bis 706.
Deutscher Verein ftlr öffentliche
Gesundheitspflege, XX. Versamm-
lung desselben in Stuttgart 551
bis 652.
Dienstversäumnisse der Lehrper-
Bonen in Wien, Tabelle fiür die
Statistik derselben 498—601.
Diktat, zur Psychologie desselben
685.
Diphtherie, Schutz der Sehulkinder
gegen dieselbe 282—288.
— Symptome derselben 286; 688.
— unter den Schulkindern von
Lausaune 248.
— Verhütung derselben in Schulen
"^ Verordnung des Ghrofsherzogl.
badisehen Ministeriums des Innern
zur Bekttmpfong derselben 699
bis 702.
— von derselben geheilte Kinder
müssen vor ihrem Wiedereintritt
in die Schule auf LöÜlersche
Bacillen untersucht werden 293
bis 294.
Diphtheritische Membranen, Vor-
schriften der franzosischen Post
für die Versendung derselben
294.
Dispensationen vomTum-,Zeichnen-,
Sing- und Nähunterricht in Leip-
ziger Schulen 698.
Druck der Schulbücher, hygienische
Anforderungen an denselben 459
bis 460.
Dysenterie, Symptome derselben 286 ;
689.
Ehrlichsches Stift in Dresden, die
schulhygienischen Einrichtungen
desselben 389—403.
Eisbahnen für Schulkinder 94.
Eislauf, Förderung desselben bei
der Schuljugend 26.
46*
724
Eislauf platze auf den Schulhöfen,
Bestimmungen des Magistrats
und der Lokalschulkommisson in
München über die Anlage, In-
standhaltung und Benutzung der-
selben 44—47.
Eislaufsektion des Vereins für ge-
sundheitsgemäfse Erziehung der
Jugend in Berlin 161—162.
Eislauf, vgl. Schlittschuhlaufen.
— vgl. Wintersport.
Eiweifs im Harn junger Fufsball-
Spieler 688.
Elektrisches Licht, EinfluTs des-
selben auf die Augen 36 — 37.
Emmetropie, warum kann sie auch
bei niedriger Augenhöhle vor-
kommen? 8 — 10.
Entwickelung, EinfluXs des Turnens
auf die körperliche 236—286.
Epilepsie, Symptome derselben 289.
Epileptische Kinder, Erziehung der-
selben 42.
Erholungspausen in Schulen 645.
Erholungsstation für Schulkinder
auf dem Schwäbrig, Bekannt-
machung des Schulvorstandes der
Stadt Zürich bezüglich derselben
306.
— vgl. Ferienkolonie.
Erkrankungen und sonstige Dienst-
versäumnisse der Lehrpersonen
in Wien, Tabelle für die Statistik
derselben 498—501.
Ermüdung 98.
Ernährung, überreichliche der Ju-
gend 162—164.
Erste Hilfe bei plötzlichen Unfällen
314—315; 376-378.
— vgl. Rettungskasten.
— vgl. Verbandkasten.
Erysipelas, s. Rose.
Erziehung, socialistische u. ethische
im Jahre 2000 91—92.
Fahrpreisermäfsigungen für mittel-
lose kranke, blinde, taubstumme
und verwaiste Kinder 640—641.
Farbensinn, Entwickelung desselben
in der Kindheit 310—312.
Farbensinnprüfung bei Schulkindern
680.
Farbensinn, vgl. Augen
Favus, Symptome desselben 288.
Feilbieten v. Verkanfiigegenstandeii
durch schulpflichtige Kinder 176
bis 177.
Fenster der Schulzimmer 462 — 453.
Fenstervorhänge in Schulen 37—39.
Fensterwand ländlicher Schal-
gebäude 222.
Ferien, iänfluis derselben auf die
Gesundheit der Schulkinder 685
bis 686.
Ferienfiilswanderunff mit Schülern
an den Rhein 210—216.
— vgl. Ferienspaziergänge.
— vgl. Schülerreisen. •
Ferienheim für Baseler Schuler 490
bis 491.
— vgl. Ferienkolonien.
Ferienkolonie, Barmer 237.
— in den Vereinigten Staaten 558.
— in Drontheim, Stiftung daflr
362
— in Frankreich 627-628.
— Kasseler 42—43.
— Londoner 427—428.
— vgl. Erholungsstation.
— vgl. Ferienheim.
Ferienkurse ftir Lehrer in Jena 486
bis 487.
— naturwissenschaftliche in Berlin
für Lehrer an höheren Schulen 691.
Ferienspaziergänge, vgl. Ferienfuft-
Wanderung.
— von Erlanger Volksschülem 299.
Ferien, s. Schulferien.
Fibeln für Steilsohrift 207—206.
Frühstück für arme Schulkinder534.
— vgl. Schulfrühstück.
Fufsball, Geschichte desselben im
Altertum und in der Neuzeit 650
bis 652.
Fufsballspieler, Eiweifs im Harn
derselben 688.
Fufsballverletzung, typische 420.
Fulsbekleidung der Schüler 617 bis
619.
Fufsboden der Klassenzimmer 438.
— in ländlichen Sehulgebäuden 222
bis 223.
Oarderobenräume in Schulen 30S.
Garten, s. Schulgarten.
725
Gasglühlicht, s. AuerscheB Gasglüh-
licht.
Gasheizung für Schulen 508—509.
— im Vergleich zu anderen Einzel-
heizsysiemen 651—552.
— in Schulen, für und wider die-
selbe 680—632.
— vgl. Heizung.
Gehör der Schüler, Berücksichtigung
desselben bei der Sitzordnung
304.
Gehörgang eines Schulmädchens,
operative Entfernung einer Erbse
aus demselben 417 — 418.
Gehör, Schuluntersuchungen des-
selben 695.
— - vgl. Ohr.
— zur Verbesserung des mangel-
haften auf einem Ohr 477.
Geisteskrankheiten, s. psychische
Störungen.
Geistesschwache Kinder, Fürsorge
für dieselben .in Nieder Österreich
234-235.
— vgl. Idioten.
— vgl. Schwachbegabte Kinder.
Geistig Beschäftigte, Diätetik und
Lebensregeln für dieselben 92 bis
Geistige Ermüdung bei Lehrern
645-646.
— der Schüler, Einflula des Lehr-
stoffes auf dieselbe 645.
— und Empfindungsvermögen der
Haut 643—647.
Geistige Getränke, Schutz der Kinder
vor denselben 250—252.
— vgl. Alkoholismus.
Gemeindeschulen in Berlin, hygie-
nische Miisstände derselben 26.
Geschlechtsreife der jungen Mäd-
chen, Herzbeschwerden zur Zeit
derselben 598—600.
GesellschaftyCnglische zurVerhütung
von Grausamkeit gegen Kinder
490.
Gesichtssinn der Schu^ugend, perio-
dische Untersuchungen desselben
680-681.
— vgl. Augen.
Gesundheit der Gymnasiasten 682.
— der Schulkinder, Einflufs des
Hauses und der Schule auf die-
selbe 666.
G^sundheitsarchitekten, Verein fran-
zösischer 421 — 422.
Gesundheitsbüchlein des Kaiser-
lichen Gesundheitsamtes, Empfeh-
lung desselben durch den preuXsi-
schen ünterrichtsminister 496 bis
497.
Gesundheitscensur der in die Schule
eintretenden Kinder 594.
— vgl. Gesundheitspafs.
— vgl. Gesundheitszettel.
— vgl. Musterung.
— vgl. Schuleintritt.
Gesundheitsingenieure, Verein fran-
zösischer 421 — 422.
Gesundheitslehre als Unterrichts-
gegenstand in der höheren Mäd-
chenschule 55—57.
— im Seminarunterricht 158.
— in den städtischen Schulen Ber-
lins, Verfügung der dortigen
Schuldeputaüon bezüglich der-
selben 371.
— in der Schule 24—25.
— vgl. Hygiene.
Gesundheitspafs für Schüler 39 ;
220—221.
— vgl. Gesundheitscensui^.
— vgl. Musterung.
Gesundheitsregeln für die Schul-
jugend 542—546.
— für Schule und Haus 647 bis
649.
Gesundheitszettel für Schüler 309
bis 310.
— vgl. Gesundheitscensur.
Gesundheitszustand der Schüler des
Kommunalunteigymnasiums in
Aussig 554 — 555.
— der Schülerinnen der Mädchen-
bürgerschule zu Halle a. S. 667
bis 666.
— in den Londoner Armenschulen
623-624.
Gewicht, s. Körpergewicht.
Gewichtsverhältnisse des Körpers
und der Organe bei jungen Tuber-
kulösen 482—483.
Goetzes Sitz- und Stehschulbank
154-156; 271—275.
Grausamkeit gegen Kinder, eng-
lische Gesellschaft zur Verhütung
derselben 490.
Griffel aus Bein 550.
726
Qrandetrich, Bewegungen, mit wel-
chen die Augen denselben be-
gleiten liO— 141.
Gymnastik, Beurteilung der schwe-
disdben 386-387.
-^ vgl. schwedische Gymnastik.
— vgl. Wettkämpfe.
GymnasUsdie Übungen in den
Schulen 290.
Haltung der Schulkinder bei den
häuslichen Arbeiten, Regeln für
dieselbe ö45-*546.
-^ beim Schreiben, Kegeln für eine
gute 461.
Handarbeit dw SchQler, Sohultisch
für dieselbe 378.
Handarbeitsunterricht imKarkruher
Gymnasium 237.
*~ Seminar für denselben inJena 297.
— YgL Handfertigkeitsunterrioht.
— vgl. Enabenhandarbeit.
Handfertigkeitsausstellung, ägyp-
tische in Chicago 27.
— englische in Chicago 28.
— franjBÖsische in Chicago 27.
— russische in Chica|^o 27.
Handfertigkeitsschule in Chicago 29
bis 30.
Handlertigkeittsunierricht an den
Lehrerseminaren &65 — 570.
^ auf der Weltaasstellung in Chi-
cago 26—30.
^ Bedeutung desselben für höhere
Lehranstalten 443.
— . hygienische Bedeutung desselben
121^122.
^ in der Volks- und Fortbildungs-
schule 120—122.
— in Frankreich 566—567.
— Kongreis für denselben in Chi-
cago 28—29.
-^ Resolution zu Gunsten desselben
im Österreichischen Abgeordneten-
hause 607.
^ und Erciehungsanstaltea 442 1»b
AM
— Vgl. Handarbeitsunterricht.
Handkuls, s. Küssen der Hände.
Handschrift, ErlaTs des preufsischen
Unterrichtsministers wegen Br-
werbung und Pflege einer guten
durch die Schüler höherer Lehr-
anstalten 237—238.
Hausarbeit, s. Arbeitszeit.
— s. Hausaufgaben.
Hausau%aben der Schulkinder 34;
304; 594—595.
— Verhandlungen über dieselben
in der württembeigisohen Kammer
der Abgeordneten 689—690.
Hausfleifsbestrebungen in Ungarn
466.
— vgl. Knabenhandarbeit.
Haushaltungsschule for Mädchen
zu Neurode in Schlesien 696.
-^ in der französischen Schweiz 420
bis 421.
Haushaltongsunterrieht ftr Mid-
chenjErlafs des preuTsiaGhen Unter-
richtsministers bezüglich desselben
304—305.
— in rumänischen Mädchensofaulen
670—671.
— vgl. hauswirtschaftlicher ünter^
rieht.
— vgl. Küche.
Hauswirtschafllicher Unterricht,Auf;
nähme desselben in den Lehrplan
der Volksschule 444.
Hautpflege^ j ugendliohen AlterlGO.
Hebephrenie 282.
Hefte mit Vordruck für Steilschrilt
208-209,
Heizsysteme in Schulen, Betriebs-
kosten verschiedener 229 — 230.
Heizung der neuen Realschule JJI
in Hannover 364.
— der Schulzimmer, Verfügung des
Wiener Beairkssehulrates beang-
lich derselben 240—242.
— des Internats des Ehrlichschen
Stifts in Dresden 400.
— vgl. Gasheizung.
— • vgl. Temperatur.
Herpes tonsurantf Schulen für damit
behaftete Kinder 687.
— Symptome desselben 888.
Herzbeschwerden junger Mädchen
zur Zeit der Geschlechtsreifs 698
bis 600.
Hills, erste bei plötzlichen Ünglnoks-
fällen 158.
Humanistische Studien, Rond-
sehreiben des KgL bayerischen
StaatsministeriuBs des Innern
gegen den Zudrang zu denselben
632-634.
727
Hygiene des Unterrichts in den
tranzösischen Gymnasien 694.
— Kateohismns derselben fSr
Schalen 189.
— Unterweisung der Lehrer in
derselben 186; 414—415.
— Unterweisung der Schulkinder
in derselben 245—247.
— vgl. G^esundheitslehre.
Hygienische Abteilung der Schwei-
zerischen Landesausstellung in
Genf 1896 361.
— Eongrels in Bordeaux 1895 293.
— Schäden der Berliner Gemeinde-
schulen 26.
Hygienischer Unterricht, für weltsfae
Lehranstalten ist er notwendig?
475-476.
— Gründe fllr die Aufnahme des-
selben in die Schule 475.
— in Schulen 246-247; 406-408;
474-476.
— in Schulen, Abbildungen fSr
denselben 679—589.
— in Schulen, vom pSdag^ffiscfaen
Standpunkt beleuchtet 474—476.
Hygienische Untersuchungen in
nSheren Schulen Norwegens 620
bis 533
— Zukunffcsschule 426.
Hypennetropie bei Schulkindern 608.
Hypnotische Behandlung der Onanie
bei einem sechsjährigen Knaben
4ia
Hysterie bei einem elQ Ihrigen Schul-
mädchen 226.
Hysterisches Zittern, Schulepidemie
▼on demselben 480-^481:
Idioten, rgl. anormale Kinder.
— Tgl* geistesschwache Kinder.
Idiotenwesen V Vm. Konferenz fSr
dasselbe 427.
Idiotie, ESnflui^ der Heredität bei
derselben 548.
— Ursachen derselben 25.
— Ursachen und körperiiche Merk-
male derselben 611—612.
— Tgl. Sehwachsimi.
fiapeÜgo contagiosa, Symptome
derselben 289.
Impfgegner, Agitation derselben
^-489.
Imp&chäden, angebliche 98—99.
Impfung der Kinder in Lausanne
248. .
— der Zöglinge von Lehrer- und
u. Lehrerinnenbildungsanstalten,
Verordnung des k. k. Sster-
reichischen Unterrichtsministeri-
ums in betreff derselben 43 bis
44.
— in Schulen, Bescheid des Wiener
Bezirksschalrates, betreffend die
Verhütung derWeitenrerbreitung
übertragbarer Krankheiten bei
derselben 179.
— und Wiederimpfung der Schul-
kinder in 16 städtischen Schulen
Wiens 690—692.
— und Wiederimpfung, Erfolge
der obligatorischen in Ungarn.
294—295.
— Tgl. Pockenimpfung.
— vgl. Wiederimpfungen.
Infektionskrankheiten, erste An-
zeichen derselben 638—639.
— erzeugt durch Schulbücher 686.
— in Familien, Schulbesuch der
gesunden Kinder bei denselben
369-370.
— in Schulen, Erlaftd. italienischen
Unterrichtsministeriums bezu'gl.
denselben 368-870; 428-429;
496—496; 560-662; 638—639.
— in Schalen, Unterbrechung des
Unterrichts wegen derselben 428
bis 429.
— Übertragung derselben durch
Bücher 649.
— Verbreitung derselben durch
Schiefertafeln in Schulen 295
bis 296.
— vffl. ansteckende Krankheiten.
— T^hütung derjenigen, welche
den Schulbesuch gestatten 495
bis 496.
— Verhütung ihrer Weiterverbrei-
tung bei den Impfungen in
Schulen 179.
— von Schulkindern, in Leipzig
angemeldete 693.
Infektiös erkrankte Schüler, Aus-
sehlufs derselben von der Schule
369.
— Wiedereintritt derselben in die
Schule 369; 694.
728
Inflaenzaepidemie in Wien mit
besonderer Bücksicbt anf die
Schuljagend 360—361.
Influenza unter den Soholkindem
von Lausanne 249.
Instruktion für den Schularzt des
Ehrlichschen Stifts in Dresden
403—406.
Internate, hygienischer Zustand
derselben in Rumänien 670.
Intern atsgebäude des Ehrlichschen
Stifts in Dresden 395—402.
Isolierräume, s.Absonderungsräume.
Jugendhorte in Bayern 628.
Jugendspiele am £gl. Realgym-
nasium in Bromberff 298 — 299.
— Desiderius ErasmusKoterodamus
über dieselben 102—103.
— Licht- und Schattenseiten der-
selben 166—167.
— Urteile der Leipziger Schulärzte
über dieselben 693.
— vgl. Bewegungsspiele.
— vgl. Schulspiele.
— vgl. Spiele.
— vgl. Spielstunden.
— vgl. Tumspiele.
Jugend- und Volksspiele, allgemein
unterrichtende Mitteilungen zur
Einführung derselben 607—508.
— an den Universitäten, Rund-
schreiben des preufsischen Unter-
richtsministers wegen Einrichtung
von Kursen in denselben 870.
— Aufruf des Centralausschusses
zur Förderung derselben an die
deutsche Studentenschaft 226 bis
229.
— Jahrbuch für dieselben pro 1894.
49-62.
Jugend- und Volksspielkurse für
Lehrer und Lehrerinnen 176 bis
176.
Eeuchhustenkranke Kinder, Sana-
torium für dieselben 627.
Keuchhusten, Symptome desselben
286; 638.
Kinderarbeit in der preufsischen
Industrie 624.
— in England, Änderung des Alters
für den Beginn derselben 296.
Kinderarbeit, unterirdisohe in Italien
166.
— vgl. Tabaksfabriken.
Kinderaugen, Schutz derselben vor
Verletzungen mit Spielgewehren
291.
— vgl. Augen.
Kindergärten für taubstumme
Kinder in Berlin 427.
Kinderheilstätten an den deutschen
Seeküsten 426—427.
— in Arcachon 300.
— vgl. Sanatorium.
— vgl. Seehospize.
Kinderhorte, s. Jugendhorte.
Klassische Studien, s. humanistisohe
Studien.
Kleiderablagen, s. Garderobenräome.
Knabenhandarbeit, Hauptversamm-
lung des deutschen Vereins für
dieselbe 691—692.
— in ungarischen Schulen 467.
— Lehrerbildungsanstalt des deut-
schen Vereins für dieselbe 359.
— vgl. Handarbeit
— vgl. Handarbeitsunterricht
— vffl. Hausfleifsbestrebungen.
— "Versuche zu ihrer Einbürgerung
in Ungarn 465 — 469.
Kochschulen, s« Haushaltungs-
schulen.
Kohlenoxydproduktion durch das
Auersche Gasglühlicht 290—231.
Kohlensäurebestimmung in Schal-
zimmern, Methoden derselben 594.
Kommission für Schulgesundheits-
Sflege in Nürnberg, bricht über
ie Sitzungen derselben 469 bis
470; 583-537.
Konferenz, VIH. für das Idioten-
wesen 427.
— vgl. Versammlang.
Kongrefs, hygienisoher in Bordeaux
189Q 293.
— internationaler für das Kinder
wohl in Florenz 173—174.
— internationaler für Hygiene und
Demographie in Budapest, Be-
richt über die schulhygieniiche
Sektion desselben 23—25.
— IX. internationaler far Hygiene
und Demographie in Madrid 103
bis 104; 231; 292—293.
— vgl. Versammlung.
72tf
Kopfschmerz, die Ursachen des
nervösen bei Schulkindern 58
bis 60.
— norwegischer Schulkinder 528
bis 531.
Kopf- und Schulterhaliung, gerade
bei Steil- und Schrägschrift 193
bis 194.
Körpergewicht der Schülerinnen
der Mädchenbürgerschule in Halle
a. S. 658.
— der Stadt- und Landkinder 165.
— norwegischer Schulkinder 523
bis 525.
— vgl. Gewiohtsverhaltnisse.
— vgl. Wägungen.
Körperhaltung der Schüler 303.
Körperlänge norwegischer Schul-
kinder 521—523.
Körperliche Erziehung in Elementar-
schulen 658—654.
— Übungen im Lichte der Hygiene
600-602.
— in rumänischen Mädchenschulen
670.
— vgl. Leibesübungen.
Körperpflege der Schuljugend 542
bis 543.
Körper, sein Bau, seine Verrich-
tungen und seine Pflege 376 bis
378.
Körper- und Lebenslehre von Eben-
hoch 589.
Korsett. Bekämpfung desselben 167
bis 170.
— Gefahren des orthopädischen 679 .
— Nachteile desselben 619—620.
Köstners Schultafel aus Qlas 365.
Kranke Kinder, Fahrpreisermäfsi-
gung für mittellose 640—641.
Krankenprozent der Schülerinnen
der Mädchenbürgerschule io Halle
a. S. 658-660.
— norwegischer Schulkinder 525
bis 528.
Krankenzimmer im Internat des
Ehrlichschen Stifts in Dresden
398.
Krankheiten, Einflufs der Jahres-
zeit auf die Entstehung derselben
bei Schulkindern 663—665.
— vgl. Schulkrankheiten.
Krankheitssimulation römischer
Schüler 684.
Krankheitsstatistik der Schulkinder
34.
Krankheitsverteilung auf die ein-
zelnen Klassen der Mädchen-
bürgerschule in Halle a. S. 661
bis 662.
Krätze, Symptome derselben 287.
Kreisschülerturnfeste in Ungarn
492.
Krümmungen, s. Wirbelsäulekrüm-
mungen.
Krupp, Symptome desselben 285;
638.
Küche für den Haushaltungs-
unterricht der Schülerinnen des
Ehrlichschen Stifts in Dresden
399-400.
Künstliche Beleuchtung, Blendung
durch dieselbe 615 — 616.
— Wärmestrahlung bei derselben
614—615.
Kursus zur Ausbildung von Tum-
. lehrern im Jahre 1895, Bekannt-
machung des Kgl. preufsisohen
Unterrichteministers über den-
selben 639—640.
Kurzsichtigkeit ist ebenso häufig
in den Steil- als in den Schräg-
schriftklassen Nürnbergs 200 bis
201.
— ist häufiger in den Schräg- als
in den Steilschriftenklassen Mün-
chens 199.
— vgl. Myopie.
Küssen der Hände von Lehrper-
sonen, Verbot desselben für un-
garische Schulkinder 425.
Lampenschirm von Wolff 159 ; 616
bis 617.
Lampe, s. Schullampe.
Landschulen des Herzogtums Braun-
schweig in hygienischer Beziehung
411—415.
Länge, s. Körperlänge.
Läutewerk, elektrisches im Inter-
nate des Ehrlichschen Stifts in
Dresden 402.
Lebensversicherung von Kindern
unter 10 Jahren, nordamerikani-
sche Gesetzesvorlage wegen Ab-
schaffung derselben 361.
730
Lehrerbildungsanstalt des deutschen
Vereins fcir Enabenhandarbeit in
Leipzig 3^.
Lehrerikeim au Sohreiberhau im
Riesengebirge 361.
Lehrerwohnung, Trennung der-
selben von den Sohu&äumen
232.
Lehrmittel für schwachsinnige
Kinder 333.
Lehrplan der dritten Klasse för
schwachsinnige E^inder in Wäh-
ring- Wien 337—340.
— der ersten Klasse für schwach-
sinnige Kinder in Währing-Wien
335—336.
— der ungarischen Mittelschulen
674—676.
— derVorechuleftir schwachsinnige
Kinder in Währing— Wien 333
bis 335.
— der weiblichen Handarbeiten
für schwachsinnige Kinder in
Währing— Wien 336—837.
— der zweiten Klasse för schwach-
sinnige Kinder in Währing-
Wien 336—337.
Leibesübungen an den Universitäten
der Zukunft 40—41.
— Begeisterung der Griechen und
Römer für dieselben 387 bis
388.
— vgl. körperliche Übungen.
— vgl. Turnen.
Leit&den für den Turnunterricht
in den preussischen Yolksschulen
492—494.
Lesepult von Ruckert 459.
Lichtquellen, die Wärmestrahlung
künstlicher 97.
Licht, s. Sonnenlicht.
— vgl. Beleuchtung.
Links- und Beehtsneigunff des
Kopfes bei Steil- und Schräg-
schrift 194—195.
Luft in Schulräumen, Bakterien-
gehalt derselben 109.
— hygienische Anforderungen an
dieselbe 462--463.
Lüftung der Schulsimmer 302;
439-440; 668—669.
— Verfügung dw k. k. Statt-
halterei von Böhmen in betreff
derselben 178—179.
Lüftung derSchulzimmer^Verfugung
des Wiener Bezirksschulrates be-
züglich derselben 240—242.
Lüftung, vgl. VentUationaanlagen.
Lungenentzündung, vgl. Broncho-
pneumonie.
Hasern, Absonderung und Desin-
fektion bei denselben 848—350.
— Ansteckung mit denselben 349.
— die ersten auf den Samoainseln
99.
— Gefahr der Maseenabsonderung
bei denselben 349—360.
— in den Kinderbewahranstalten
von Namur 624.
— Symptome derselben 285; 698.
— unter den Schulkindern von
Lausanne 247—248.
— zur Verhütuuff derselben 548.
MäAigkeitssache bei den Studenten
487—488.
— vgl. Alkoholismus.
Masturbation der Kinder, was kann
die Schule dagegen thnn? 52
bis 53.
— vgl. Onanie.
— vgl. sexuelle Verirrungen.
Matratzen, Befeuchten derselben in
Tumsälen 87—88.
— mit Haarpobterung für das
Schulturnen 88.
Menstruation, Zeit dee Eintritts
derselben bei norwegischen Schü-
lerinnen 529.
Messungen der Schulkinder 33 bis
34.
Mittagskost für arme Schulkinder
584—535.
— vgl. Speisung,
fifitteleuropftische Zeit, Brlafli des
preufsischen Unterrichtsninisters
wegen Ünsulässigkeit der Ab-
kürzung der vorschriflsmälsigen
Unterrichtszeit in der Volks-
schule anlälslich derselben 44.
Molluscum contagiosum, Symptome
desselben 289.
Mumps, Schulschluls bei demsdben
249.
— Symptome desselben 286.
731
Mundwasser, Einwirkung derselben
auf die Zahnsubstanz 291.
Museum, s. Schulmuseum.
Musterung der schulpflichtigen
Jugend 95—96.
— Sektion des Vereins fSr gesund-
heitsgemäfse Erziehung der Ju-
gend in Berlin für dieselbe 216
bis 217.
— vgl. Gesnndheitscensur.
— Tgl. Oesundheitspafs.
— Tgl. Qesundheitszettel.
Myopie, atrophische Sichel bei der*
selben 16—18.
^ bei SohuUdudem 608.
— deletäre 10—12.
— die dunklen Punkte in der Lehre
▼on derselben 1 — 18.
— die Schule trSgt keine Schuld
an der Entstehung oder Zunahme
derselben 276.
— durch Nahearbeit in der Schule
erzeugt 280.
— entstanden durch Nahearbeit
10-12.
— hängt Yom Verlaufe der Obli-
quussehne ab 3.
— hängt von der Höhe der Troch-
lea ab 3.
— hängt von dmr fiomhautkrüm-
mung ab 8.
— hängt von der Waehstnmstendenz
des Auges ab 4.
— Nachteile derselben 280—281.
— Stillings Theorie Aber die Ent-
stehung derselben 347.
^ Theorie von Sohnabel über die
Entstehung derselben 275—281,
846-348.
— Übergangsformen zwischen de-
letärerund Arbeitsmyopie 12 — 14.
— ÜberschätzungihrerGefahren 278.
— .vgl. Augen.
— vgl. Eurzsichtigkeit.
— vgl. Schulmyopie.
— warum kann sie sich in Augen
mit hohen Augenhöhlen ent-
wickeln? 6—8.
Naehmittagsunterricht 645.
Nächtliche Wanderungen der Gym-
nasiasten in Eremsierzum Zwecke
astronomischer Studien 626.
Nahrungsmitteltafel von Fritz Kalle
688—689.
Nahrungsverweigerung, hysterisch^
bei einem einährigen Schul-
mädohen 226.
Nasenatmung, vgl. Atmungspflege.
— Wichtigkeit derselben ftir Schul-
kinder 92.
Nasenbluten norwegischer Schul-
kinder 531.
Nasenkrankheiten der Schulkinder
351-365.
Nervenleiden norwegischer Schul-
kinder 529—530.
— vgl Nervosität.
— vgl. neuropathisohe Eigen-
schaften.
— vgl. peychopathische Schüler.
Nervöse Disposition von Schülem
506.
— Ursache derselben 605—506.
Nervöse Kinder, Erziehung der-
selben 422—423.
— körperliche Beschäftigung für
dieselben 692—693.
Nervosität der Schuljugend 505 bis
507.
— Bekämpfung derselben 506.
— vgl. Nervenleiden.
NeuluLuten f^ ländliche Schulen,
Anforderungen an dieselben 223
bis 224.
Neuropathisohe Eigenschaften, Ver-
. erbung derselben 481 — 482.
— vgl. Nervenleiden.
Normalsichtigkeit, s. Emmetropie.
Ohren der Schüler des Kommunal-
untergymnasiums in Aussig 552
bis 56S.
Ohrenkrankheiten, Verhütung der-
selben bei Schulkindern ^^2 bis
603.
Ohrenpflege der Schuljugend 646.
Ohren, vgl. Gehör.
Onanie, hypnotische Behandlung
derselben bei einem sechsjährigen
Knaben 418.
— vgl. Masturbation.
— vgl. sexuelle Verirrungen.
Orientierung der Schulzimmer 187
bis 189; 439—440.
732
Papier der Schulbücher, hygienische
Anforderungen an dasselbe 459.
Parotitis, s. Mumps.
Pausen, s. Erholungspausen.
Pavillonbauten für Schulen in Lud-
wigshafen 696—697.
— vgl. Schulgebäude.
Periode, s. Menstruation.
Ph otographien , zusammengesetzte
für anthropologische Stuaien an
Schülern 35.
Physische Eigentümlichkeiten der
Kinder beim Schuleintritt 477
bis 478.
Pilze, s. Spaltpilze.
Pissoirs, Desinfektion derselben in
Schulen 694.
Plötzlicher Tod von Schulkindern
685.
Pneumonie, vgl. Bronchopneumonie.
Pockenimpfung in den stadtischen
Elementarschulen Moskaus 283
bis 234.
— vgl. Impfung.
— vgl. Schutzpockenimpfung.
Pocken, Symptome derselben 285.
— vgl. Blattern.
Privatlehranstalten, hygienischeVor-
züge derselben 390 — 391.
Prüfung, die neue für englische
Sanitätsbeamte 485—486.
Psychische Eigentümlichkeiten der
Kinder beim Schuleintritt 478
bis 480.
— Entwickelung der Schüler, Beein-
trächtigung derselben durch die
Schule 290.
— Störungen bei Eandern 225 bis
226.
Psychologie des Diktats 685.
Psychopathische Schüler, Behand-
lung derselben 547—548.
— vgl. Nervenleiden.
Pubertät, s. Geschlechtsreife.
Radfahren, Einflufs desselben auf
das Herz 358.
Becknagels Ventilationskontroll-
apparat für Schulen 18—23.
— zum Einsetzen in Lüftnngskanäle
21—23.
— zur Anbringung an Ausström-
gittem 20—21.
Befraktionsentwickelung des mensch-
lichen Auges 607—608.
Reigen für das Schulturnen 572 bis
573.
— vgl. Turnen.
Beinhaltung der Schaltumhallen,
Rundschreiben des deutschen
Tumlehrervereins, betre£fend die-
selbe 297—298.
— des Schulgebäudes 303.
Reinigung der Schulen 669.
— Verfügung des Wiener Bezirks-
schulrates bezüglich derselben 240
bis 242.
Reinigungszimmer in der Schule
für schwachsinnige Kinder zu
Währing-Wien 332.
Rekonvalescente Kinder, Pflegehaus
für dieselben in Altena 696.
Rekonvalescenz bei Kindern 595 bis
596.
Respirien, s. Erholungspausen.
Rettungskasten in Volks- und Mittel-
schulen 175.
— vgl. erste Hilfe.
— vgl. Verbandkasten.
Revision des Gymnasial- und Beal-
schullehrplanes, Verfügung des
Königl. ungarischen Unterrichts-
ministers, betreffend dieselbe 684
bis 637.
Rhachitis, Häufigkeit derselben bei
neapolitanischen Kindern in
Amerika 290—291.
Rieselfelder von Paris, Einflufs der-
selben auf die Gesundheit der
Schulen in Genevilliers 296 bis
297.
Rose, Symptome derselben 286;
638.
Rückgratsverkrümmungen, Häu-
figkeit derselben 344.
— norwegischer Schulkinder 529
bis 531.
— seitliche und deren Verhütung
344-346; 408-411; 471—474;
537-541; 596-598; 677—679.
— Ursachen derselben 345 — 346.
— vgl. Skoliosen.
Rudern, vgl. Wettrudem.
Rudersport, Königlicher Erlais zur
Hebung desselben an den höheren
Schulen Berlins 366.
— vgl. Sport
733
Buderöbungen des deutschen Kaisers
236.
Bahr, s. Dysenterie.
•
Sanatoriam für keuchhustenkranke
Kinder 627.
— Tgl. Kinderheilstätte.
— vgl. Schulsanatorium.
Sanitätsbeamte, die neue Prüfung
für englische 485—486.
Scabies, s. Krätze.
Schädelabnormitäten bei Schul-
kindern 24; 40.
Scharlach, die Kosten einer Schul-
epidemie von demselben 355 bis
856.
— Symptome desselben 285; 638.
— unter den Schulkindern von
Lausanne 248.
— Verordnung des Ghrofsherzogl.
badischen Ministeriums des Innern
zur Bekämpfung desselben 699
bis 702.
Schematische Darstellung des
menschlichen Körpers Yon Joseph
Klika 587-588.
Schiefertafeln in Schulen, Ver-
breitung von Infektionskrank-
heiten durch dieselben 295— 296.
Schlafdauer der Schüler 506.
Schlafzimmer im Internat des Ehr-
lichen Stifts in Dresden 396 bis
397.
Schlittschuhlaufen, praktische An-
leitung zu demselben 122 — 123.
— vgl. Eislauf.
Schneeschuhlaufen 119 — 120.
Schrägschrift, Einflufs derselben auf
die Kopfhaltung 138—140.
— VoVzuge derselben 460.
Schreiben der römischen Schul-
kinder 683—684.
Schreibkrampf, zur Pathologie und
Therapie desselben 611.
Schreibschulen für Steilschrift 208
bis 209.
Schreibspirale von Fischer 159.
Schreibunterricht, Bericht des
Schreibkomitees in Ghristiania
über denselben 712—713.
— Hygiene desselben 461 — 462.
Schrift und Schreibunterricht, Ver-
einfachung derselben 158 — 159.
Schuhe, 8. Fufsbekleidung.
Schulärzte 470.
— abgelehnte Vergünstigung für
die französischen 232.
— Medizinalbeamte als solche 414.
— Thätigkeit derselben in Leipzig
31— 3a; 693—694.
— Tgl. ärztliche Schulinspektoren.
— vgl. Schulaufsicht.
Schularzt für das Ehrlichsche Stift
in Dresden, Instruktion desselben
403—405.
— vgl. Baupläne.
Schulaufsicht, ärztliche 219—221.
— vgl. Schulärzte.
Schulbäder, Ablehnung von solchen
in Dresden 234.
— nordamerikanische 109.
— vgl. Baden.
— vgl. Bäder.
Schulbänke auf der internationalen
Hygieneausstellung in Havre 374
bis 376.
— in Prankreich 375—376.
— vgl. Snbsellien.
— von Goetze zum Sitzen und
Stehen 154—166, 271-275.
Schulbauten, s. Bau.
— vgl. Sohulhaus.
Schulbibliotheksbücher, infizierte
108—109.
— vgl. Bücher.
— vgl. Schulbücher.
Schulbrausebad in Itzehoe 628 bis
630.
— vffl. Brausebad.
Schulbücher, hygienische Anforde-
rungen an dieselben 157 — 158.
— und Infektionskrankheiten 686.
Schuldächer als Spielplätze 688 bis
689.
Schuleintritt, Mitteilungen über
physische Eigentümlichkeiten der
Kinder bei demselben 477—480.
— von Kindern unter 6 Jahren,
Buudschreiben desWienerBezirks-
schulrates bezüglich desselben
305—306.
Schülerbataillone in Frankreich, das
Ende derselben 626—627.
Schülerreise nach Camuntum 557
bis 558.
— vgl. Ferienfufswanderung.
— vgl. nächtliche Wanderungen.
734
Schülerreise, vgl. TumfSahrten.
Schülerverbindungen an höheren
Lehranstalten, Erlafs des preussi-
schen ünterrichtsministers in
betreff derselben 429—430.
Schulferien in Hellas 226.
— vgl. Ferien.
Schiüfrühstück, vgl. Frühstüok.
— zum Einwickeln desselben 628.
Schulgarten des Ehrliohschen Stifts
in Dresden 892—393.
Schnlgebäude, Bau und innere Ein-
richtung ländlicher vom gesund-
heitlichen Standpunkte aus 221
bis 224.
— das neue der Bealschule III in
Hannover 363—364.
— Fragebogen für die hygienische
Untersuchung derselben 612 — 614.
— in Rumänien 668.
— vgl. Pavillonbauten.
Schulgesundheitspflege an den Mit-
telschulen, Erlafs des öster-
reichischen Unterrichtsministers
in betreff derselben 300—304.
— in der höheren Mädchenschule
185—187.
— 504-506.
— in Japan 677—579.
— Sektion für dieselbe im Leipolger
Lehrerverein 175.
— vgl. Schulhygiene.
Schulhaus des llhrlichschen Stifts
in Dresden 394—896.
— hygienische Anforderungen an
dasselbe 438—440.
Schulhöfe 438.
Schulhygiene, Handbuoh derselben
von Burgerstein und Netolitzky
710—712.
— im alten Bom 682—684.
— in Rumänien 667 — 671.
— muTs officieller Unterrichts- und
Prüfungsgegenstand für Lehrer
werden 219.
— vgl. Schulgesundhaitspflege.
Schum^gienische Ausstellung in
Berlin 555—556.
— Frap;en, Besprechung solcher im
ärztlichen kollegialen Verein der
Friedrich- Wilheunstadt zu Berlin
231—232.
— Litteratur der Neuzeit 652 bis
653.
Sehulhygienische Mitteilnngen aus
dem achten Bericht über die
öffentliche Gesundheitspflege in
Bremen 104.
— aus dem Königreich Sachsen
620—622.
— vom GeschäftsaussehuXs der Be^
liner ärztlichen Standesvereine
641-542.
— Verhandlung des Xn. inter-
nationalen medizinischen Kon-
gresses in Moskau 623.
Schnlkrankheiten 186.
— vgl. Krankheiten.
SohuUampe, hygienische von Dr.
Reich 466—456.
Schulmappe, hygienische AnfiNrde-
rongen an dieselbe 92.
Sohulmuseum, Ghründung eines öster-
reichischen mit AbteiluBg für
Schulhygiene 170—173.
— in Europa 172—178.
Schulmyopie, Ursachen derselben
646—647.
— vgl. Myopie.
Schulpult, vgl. SnbeelUen.
— zum Sitzen «ad Stehen von
August Hbbmanm 513—520.
Sohulreisen der Zöglinge des Ehr-
liohschenStifts inDresdend93— 394.
— vgl. Turnfahrten.
SchuTsaBatoriom für Mädoben in
Davos 101—102.
— vgl. Sanatorium.
Schulsohlulis anläfslich dea Aus-
bruches ansteckender Krank-
heiten, Bescheid des preuasisohen
Unterrichtsministers über die Zu-
ziehung der Sareisphysiker bei
demselben 662.
— bei Infektionskrankheitett 428
bis 429.
Schulspiele in Rumänien 669.
— Todesfall bei demselben 41.
— vgl. Jugendapiele.
Schnltafel 303.
— aus Glas von Köstner 366.
Schultisch für Handarbeit der
Schuler 273.
Schultumen,dieMetbodedeS8slbenist
in Deutsehlaad nicht stationär 324.
— in Frankreich, aus dem amt-
lichen Leitfaden für dasselbe 166
bis 167.
736
Schalturnen, Professor Motsos Urteil
über das deutsche, kritisch be-
leuchtet 321—331.
— vgl, Turnen.
Schukimmer, Himmelsrichtung der-
selben 187—189.
— hygienische Einrichtung der»
selben 451—458.
Schutspockenimpfung, der Lehrer
Plett der angebliche Elender der-
selben 684.
— Tgl. Pockenimpfung.
Schutzpocken, vgl. Pocken.
Schwachbegabte £inder,Behandlung
und Enciehung derselben 573 bis
574.
— vgl. anormale Schulkinder.
— vgl. geistesschwache Kioder.
— vgl. Idioten.
— Knaben in England, . Heim für
solche 107—108.
Schwachsichtigkeit bei Hyper^
metropen 260—261.
— unter den Volksschulkindem 262.
— VenMilassung zu Hyopie 260.
— vgl. Sehkraft.
SohwachsinnigeSänder in den Wiener
Volks- und Bürfferscholtn, Ver^
fügung des Saizirksschulrates
wegen Ermittelung derselben
562—564.
— Schule für dieselben in Währing-
Wien 331—343.
Schwachsinnigenunterricht, all-
gemeine Qrundaätze für denselben
342-843.
Schwachsinn und Blödsinn 595.
— vgl. Idiotie.
Schwedische Gymnastik, mit dem
deutschen Turnen verglichen 325
bis 329.
— vgl. Gymnastik.
Schwimmbad im Internat des Bhr-
lichsohen Stifts in Dresden 400.
— vgl. Bäder.
Schwimmen der Schüler in Frank-
furt a. M. 29.1^300.
— hygienische Vorteile desselben 60.
Schwimmsektion des Vereins für
fesundheitMrenMJfse Erziehung der
ugend in ßerlin 215—216.
Schwindfuchti Symptome derselben
287.
— vgl. Tuberkulose.
Seebader, vffl Bäder.
— von Kindern, Indikationen und
Kontraindikationen derselben 418
bis 419.
Seehospiz für skrofulöse and
rhachitische Kinder in Banyuls
229.
— Kaiserin Friedrich inNorderney43.
— vgl. Kinderheilstätten.
Sehkraft der Schüler, Ursachen der
Verminderung derselben 450.
— Einteilung der Schulkinder nach
derselben 263; 265.
— schwache bei Knaben 259.
— schwache bei Mädchen 259—260.
— und Berufswahl 257—271.
— Untersuchung derselben beim
Eintritt in höhere Schulen 266
bis 267.
— vgl. Augen.
— vgl. Schwachsichtigkeit.
— vgl. Sehschärfe.
— vgl. Sehvermögen.
— welche Beruisarten bei un-
genügender zu wählen and nicht
zu wählen sind 869.
Sehschärfe englischer Schüler 424.
— vgl. Sehkraft.
Sehschein für Schüler und Schüle-
rinnen bei ihrem Abgang von der
Schule 262—266.
— Schema eines solchen 268—269.
Sehvermögen der ,ZÖglinge der
Militärerziehungsanstfdten, An-
weisungen zurEriialtung undPflege
desselben 449—465.
— vgl. Sehkraft
Selbämörder, jugendliche in Frank-
reich 489—490.
Seminar für Handarbeitsunterricht
in Jena 297.
Sexuelle Verirrungen im Kindes-
alter 610—611.
^ vgl. Masturbation.
— vgl. Onanie.
— Warnung der Schüler vor solchen
105—106.
Sitzen der Schüler, lange Dauer
desselben 271—272.
— richtiges beim Lesen u. Schreiben
678-679.
Sitzungen der Abteilung für Schul-
ffesundheitspflege im Leipziger
Lehrerverein 593—596.
736
Skoliose, Diagnose derselben 472 bis
473.
— durch die Haitang beim Schreiben
nnd Zeichnen hervorgerufen 540
bis 541.
— durch Einflüsse der Schule hervor-
gerufen 539 — 541.
-^ durch häusliche Ursachen hervor-
gerufen 538-639; 596-598.
— Einflufs derselben auf die Muskeln
und Bückenmarksnerven 473.
— fiinflufs derselben auf die Unter-
leibsorgane 473.
— Einflufs derselben auf Herz und
Lunge 473.
— Einflufs der Steil- u. Schrägschrift
auf die Entstehung derselben 200
bis 202.
— häufiger bei Mädchen als bei
Knaben 471.
— Mittel zur Verhütung derselben
677—679.
— Ursachen derselben 409 — 411;
537—541.
— vgl. Rückgratsverkrümmungen.
— Zeit ihres Auftretens bei Kindern
409.
— zwei Stadien derselben 474.
Skrofulöse bei norwegischen Schul-
kindern 528—530.
Sonnenlicht, Bedeutung desselben
für die Gesundheit 159.
— Desinfektion durch dasselbe
103.
Spaltpilze in cariösen Zähnen 73.
Spaziergänge, s. Ferienspaziergänge,
Speigläser, s. Spucknäpfe.
Speisung unbemittelter Schulkinder
469-470; 533—537.
— vgl. Abendessen.
— vgl. Frühstück.
— vgl. Mittagskost.
— vgl. Suppenanstalt.
Spiele, Ausstellung für solche in
Berlin 359-360.
— vgl. Jugendspiele.
Spielplätze 717.
— anf einem Schuldach in New York
688—689.
'<— bei Volksschulen in Dresden
390.
— Bescheid des Kgl. preufsischen
Unterrichtsministers bezüglich der
Anlage von solchen 706.
Spielstunden, Mitteilung des preuüsi-
sehen Unterrichtsministers, be-
treffend die Förderung derselben
an den höheren Lehranstalten 569
bis 560.
— vgl. Jugendspiele.
Spiesssches Tumsystem, Beurteilung
desselben 388.
Sport, Ausstellung dafür in Berlin
869-360.
— die Gefahren des fibermäijigen
für Kinder 681—682.
— vgl. Rudersport.
— vgl. Wintersport.
Sprache eines tauben und blinden
vierzehnjährigen Mädchens 548
bis 549.
Spucknäpfe in der Berliner Uni-
versität 559.
— in ländlichen Schulen 223.
— in Schulen 115; 303.
Staubansammlung in Turnhallen,
gegen dieselbe 606—607.
Staubeinschleppung in Turnhallen,
Bekämpfung derselben 605—606.
Staubentwickelung in Turnhallen,
gegen dieselbe 606.
Stechapfeisamen, Vergiftung^ zweier
Schulkinder damit 624—625.
— vgl. Vergiftung.
Stehen der Schüler beim Uifterrioht
272-273.
— längeres schädigt die Schüler
154—156.
Steilschrift, ärztliche Litteratur über
dieselbe 138—142; 204—206.
— auf der Naturforscherversamm-
lung in Wien 425—426.
— aufserdeutsche Litteratur über
dieselbe 207.
— ein amerikanisches Urteil über
dieselbe 686.
— Fibeln für dieselbe 207—208.
— Gutachten des Kgl. Provinzial-
Schulkollegiums in Hannover über
dieselbe 144—145.
— Gutachten des Obersten Sanitäts-
rates in Wien über dieselbe
143.
— Gutachten einer vom Erziehungs*
departement des Kantons Basel-
Stadt ernannten Kommission über
dieselbe 143—144.
— in Holland 556.
737
SteilBohrift, KommiBsiooBgutachten
über dieselbe 142—146.
— MesBungen der Schreibhaltuog
bei derselben 146—154.
— pädagogische Litteratar über die-
selbe 130-138; 202—204.
— pädagogische Vorzüge derselben
136—137.
— Schreibschalen, sowie Hefte mit
Vordruck und Alphabete für die-
selbe 208—209.
— Verhandlungen der Pariser Aka-
demie der Medizin über dieselbe
30—31.
«— Vorlagen für dieselbe aus Frank-
reich 604—606.
— Vorzüge derselben 249—250;
460-461.
— Vorzüge derselben vor derSchräg-
Schrift 712—713.
— während der letzten fünf Jahre
129—164; 193-209.
Steil- und Schrägschrift, Einflufs
derselben auf die Entstehung von
Eurzsichtigkeit 199—201.
— Einflufs derselben auf die Ent-
stehung von Skoliosen 200 — 202.
— Einflufs derselben auf die Häufig-
keit und den Grad der Links-
neigung- von Kopf und Schultern
147—152.
— Entfernung der Augen von aem
Schreibheft bei denselben 195 bis
197.
— gerade Kopf- und Schalter-
haltung bei denselben 162—154;
193—194.
— Links- und Rechtsneigung des
Kopfes bei denselben 194—195.
Steinstofsen, dadurch veranlafster
Tod eines Knaben 361—362.
Sterblichkeit der Kinder in Oster-
reich 99—100.
— der Lehrer 608—609.
— im schulpflichtigen Alter 224 bis
225.
Stiefel, s. Fufsbekleidung.
Stotternde Schüler in Breslau, Unter-
richtskurse für solche 106 — 107.
Strafroittel für Schulkinder 34—35.
Standenplan 304.
Subsellien, hygienische Anforde-
rungen an dieselben 456—458.
— vgl. Schulbänke.
Sohvigeaondheitopflefe VIII.
Subsellien, vgl. Schulpult.
— Verteilung der Schüler in die-
selben 302—303.
Sappenanstalt in Kassel 42 — 43.
— vgl. Beköstigung.
Tabaksfabriken, Beschäftigung ju-
gendlicher Personen in denselben
688.
Taubstumme Kinder, Fahrpreis-
ermäfsigungen für mittellose 640
bis 641.
Taubstummeninstitut in Waitzen,
Untersuchungen an 124 Zög-
lingen desselben 23—24.
Taubstummheit 252—253.
— in Ungarn, eine wahrscheinliche
Ursache ihrer Häufigkeit 24.
Temperatur der Bäder für die Jugend
356—368.
— der Schulzimmer 302.
Tinea tondens im Kinderseehospiz
zu Berck-Bur-Mer 106.
Tisch, achteckiger ftlr Internate von
Dr. Mitkewitsch 458.
Tod eines Knaben durch Unvor-
sichtigkeit eines Fortbildungs-
Schülers beim Steinstolsen 361 bis
362.
Todesfall beim Schulspiel 41.
— unter den Schülerinnen der Mäd-
chenbürgerschule in Halle a. S.
660.
Tod, plötzliche^ von Schulkindern
685.
Trachom, s. ägyptische Augen-
krankheit.
Trinksitten, gegen die akademischen
100—101.
— vgl. Alkoholismus.
Trink- und Nutzwasser, hygienische
Beurteilung desselben 551.
Trunksucht, Bekämpfung derselben
durch die Schule 175.
— vgl. Alkoholismus.
— zwei Erlasse des niederöster-
reichischen Landesschulrates zur
Bekämpfung derselben durch die
Schule 177-178.
Tuberkulose der Lungen bei Schul-
kindern 249.
47
738
Taberkulose , GewichtsTerhältnisse
des Körpers und der Organe
bei Kindern mit solcher 482
bis 483.
— in den Volksschulen, Verfügung
der Kgl. Regierung zu Sig-
maringen in betreff derselben
115-116.
— vgl. Schwindsucht.
— Verhütung ihrer Übertragung
auf Schüler 495—496.
Tumdispensationen, amtliches For-
mular für dieselben an der Real-
schule bei St. Johann zu Strafs-
burg i. E. 180.
Turnen, Ausstellung für dasselbe in
Berlin 359—360.
— .der Mädchen, nach anderer
Methode als das Turnen der
Knaben betrieben 322.
— der Schulmädchen 312—314.
— Einflufs desselben auf die körper-
liche Entwickelung 235—236.
— Entwickelungsgeschichte des-
selben 713-714.
— Ermüdung der Schüler durch
dasselbe 676.
— in den Braunschweigischen Land-
schulen 415.
— vgl. Entwickelung.
— vgl. Leibesübungen.
— vgl. Reigen.
— vgl. Schulturnen.
— zur Kritik des deutschen vom
physiologischen Standpunkte 385
bis 389.
Tumfahrten, praktische Winke für
dieselben 291—292.
— vgl. Schulreisen.
Turnfeste für ungarische Schüler
492.
Turnhallen 601—602.
— Reinhaltung derselben 297 bis
298
— Reinigung derselben 605 bis
607.
Turnlehrer, Bekanntmachung des
Kgl. preufsischen Unterrichts-
ministers über den Kursus zur
Ausbildung derselben im Jahre
1895 639-640.
Tumlehrerbildungsanstalt in Berlin,
Bestimmungen bezüglich der Auf-
nahme in dieselbe 109—111.
Tumlehrerinnen , Bestimmungen
über die Aufnahme derselben in
die an der Tumlehrerbildungs-
anstalt zu Berlin abzuhaltenden
Kurse 112-114.
Tumlehrerverein in Hannover,
Th&tigkeit desselben im Jahre
1894 217-218.
Turnspiele 601—602.
— vgl. Jugendspiele.
Turnsystem, Beurteilung des Spiefe-
schen 388.
Turnübungen, Wahl derselben je
nach der psychischen Ermüdung
der Schüler 321-322.
Turnunterricht in den Volksschulen,
Brlafs des preufsischen unter-
richtsministers wegen ESinfuhrung
eines neuen Leitfadens für den-
selben 492—494.
— Rundschreiben des Erziehungs-
rates des Kantons Zürich be-
züglich desselben 47.
Typhusinfektion von 29 Studenten
nach dem Genüsse von Austern
295.
Typhus, Symptome desselben 287;
639.
Überbürdung der Schüler 59; 183
bis 185; 304.
— in den Gymnasien und Real-
schulen Ungarns 635 — 637.
— Schuld des Elternhauses an der-
selben 184.
Überbürdungsfrage im Kgl. un-
garischen Landesunterrichtsrate
671—676.
— schulhygienische üntersaohai^
zur Beurteilung derselben 33 bis
35.
— Ursachen derselben an den un-
,, gariFchen Mittelschulen 672 — 676.
Überfüllung der Volksschnlklassen
,^ in Preufsen 482.
Übersichtigkeit, s. Hypermetropie.
Unglücksfälle bei Schülern, Rund-
schreiben des Kgl. preufsischen
Unterrichtsministers , betreffend
die Verhütung derselben 697 bis
699.
739
Unterricht,Beffinn des Yormitiäffigen
in einem Wiener Bezirke 1& bis
105.
— Einfährang des hygienischen in
die Volksschule 174.
Ünterrichtshygiene, s. Hygiene des
Unterrichts.
Untersuchung der Zöglinge einer
Pariser Mädchenschule 310.
— von Schülern, regelmäfsige 308
bis 309.
Varicellen, s. Windpocken.
Veitstanz, Symptome desselben 289.
Ventilationsanlaffen in Schulen,
Recknagels Kontrollapparat für
dieselben 18—23.
Ventilation, s. Lüftung.
Verbandkasten fär Schulen 282 bis
283
— vgl. erste Hilfe.
— vgl. Bettungskasten.
Verbindungen , s. Schälerverbin-
dungen.
Verbrecher, Zunahme der jugend-
lichen 41.
Verdauungskrankheiten norwegi-
scher Schulkinder 529—531.
Verein französischer Gesundheits-
ingenieure und Gesundheits*
architekten 421—422.
— für gesundheitsgemässe Sr-
Ziehung der Jugend in Berlin,
Jahresbericht desselben 93 — 96;
159-162; 215—217.
— für Kinderheilstätten an den
deutscheu Seeküsten 426—427.
— für öffentliche Gesundheitspflege
in Frankfurt a. M. 232.
— für öffentliche Gesundheitspflege,
XX. Versammlung des deutschen
293.
Vereinigung für Schulgesundheits-
pflege des Berliner Lehrervereins,
Bericht über ihre Sitzungen 25
bis 26; 91—93; 157—169.
Vererbung neuropathischer Eigen-
schaften und Erziehung 481 bis
482.
Vergiftung eines Schulmädchens
mit Stechapfelsamen 176.
Vergiftung in einem Mädchen-
pensionate zu Limerick 694 bis
696.
— zweier Schulkinder mit Stech-
apfelsamen 624—625.
Verletzungen von Kinderaugen mit
Spielgewehren 291.
Versammlung, vgl. Konferenz.
— vgl. Kongrefs.
— XX. des deutschen Vereins für
öffentliche Gesundheitspflege 293.
Verwahrloste Kinder in Preufsen
233.
Verwaiste Kinder, Fahrpreis-
ermäfsigungen für mittellose 640
bis 641.
Vivisektion in Schulen gegen die-
selbe 610.
Volksschule, Beschreibung einer
solchen in Bom 284— 2SK).
Volksschulklassen, Überfüllung der-
selben in Preufsen 482.
Vorhänge, s. Fenstervorhänge.
Wägungen der Schulkinder 33 — 34.
— vgl. Körpergewicht.
Wanderung, s. Ferienfulswanderung.
Wandtafel, s. Schultafel.
Wärmestrahlung künstlicher Licht-
quellen 97.
Waschzimmer, s. Beinigungszimmer.
Wasserblattern, Anzeichen der-
selben 638.
— vgl. Windpocken.
Wasser, s. Trink- und Nutzwasser.
Wettkämpfe des Amateurathleten-
verbandes an den Universitäten
Oxford und Cambrigde 625 bis
626.
— gymnastische auf der Pariser
Ausstellung im Jahre 1900 236.
— vgl. Gymnastik.
Wettlauf, Wert desselben 419 bis
420.
Wettrudem der Schüler höherer
Lehranstalten Berlins im Jahre
1895, Ausschreiben des preussi-
sehen Unterrichtsministers für
dasselbe 366—368.
— vgl. Rudersport.
— von Schülern in Berlin 491 bis
492.
41*
740
Wiederimpfungen der Schüler beim
Ausbruch von Blattern in der
Schule 429.
— vgl. Impfungen.
Windpocken, Symptome derselben
286.
— vgl. Wasserblattem.
Wintersport 118—120.
— vgl. Eislauf.
— vgl. Sport.
Wirbelsäulekrümmungen, physio-
logische des Kindes 408 — 409.
Wirbelsäule Verkrümmung, s. Sko-
liose.
Wohnzimmer im Internat des Ehr-
lichschen Stifts in Dresden 397
bis 398.
Zähne, Bedeutung derselben für die
Ernährung 71—73.
— Belehrung der Schulkinder über
den Nutzen derselben 80 — 81.
— der Schüler des Kommunalunter*
gymnasiums in Aussig 554.
Zähne, Einflufs der socialen Ver-
hältnisse auf dieselben 78 — 79.
— Füllung derselben 85—87.
— GenuijB kalkhaltiger Nahrung zur
Verbesserung derselben 81 bis
82.
— Reinigung derselben 82 — 85.
Zahnerkrankungen nehmen mit der
Lebensverfeinerung zu 74.
Zahnfrafs 67—71.
— bei Kindern 74—75.
— Einflufs der genossenen Bi )t-
arten auf die Häuflgkeit des-
selben 76.
— häufiger bei kalkarmer als bei
kalkreicher Nahrung 76—78.
— Ursache desselben 68 — 71.
— vgl. Garies.
Zahnfüllungen bei Schulkindern
78.
Zahnpflege der Schuljugend 86;
603—604.
— in den Schulen 65—87.
Zahnsubstanz, Einwirkung derMund •
Wässer auf dieselbe 291.
Namenregister.
Abensperg-Traun 567.
Abicht 648.
Abraham, P. S. 717.
Ackermann 117. 243.
Adamkiewicz 117.
Adams 541.
Adler, C. 208.
Aemmer, Fr. 480.
Agnilera 104.
Agtha, A. 560.
Ahrens 138 ff. 146. 205.
Aigre 256.
Albert, £. 242.
Albeszt, R. Kaan y. 642.
Alexander, B. 672 f. 676.
Alexander, R. 265.
Allora, E. 63.
AUport, F. 445.
Alonso 104.
Alt, F. 477.
Althoff 372.
Altmann 706.
Altschnl, Th. 183 f. 275.
346. 674.
Ambros 131. 202. 209.
Ammann, J. 183.
Anaxagoras 226.
Anders (St. Petersburg)
116.
Anders (Strehlen) 308.
Andmzos, G. 717.
Angermann 182.
Angerstein, E. 94. 360.
420. 602. 607.
Angerstein, Frau Prof.
93. 160. 216.
Arbeit 642.
Arche, A. 126.
Arens, G. 318.
Arlt, 258. 271. 275.
Arnoald, J. 576.
Arnsberger, L. 642.
Arnsperger 664.
Ascher, J. 382.
Aaboyer 508.
Auer 230. 366 f. 464.
560.
Autenrieth, G. 469. 533.
Bach 205. 662 f.
Bach, Th. 291.
Bachler, 131. 203.
Backhaus 707.
Bacon, G. W. 266.
Bänisch 642.
Baillet 293.
Baldwin, J. M. 674.
Ball, J. M. 60.
Baltzer 48. 181.
Bambas, J. Gh. 710.
Bandtke 707.
Banfi, G. 253.
BarberÄ, F. 576.
Bard 373.
Barnes 28. 447.
Barr, M. W. 548.
Barth, E. 382.
Barthel, P. 0. 656.
Bartholomäus 717.
Bartholome 643.
Barwell, R. 445.
Barzycki, J. 501.
Basaldüa, G. 574.
Baschenoff 450.
Basedow 714.
Bauer (Berlin) 360.
Bauer (Köln) 181. 243.
Baumann 40.
Baumann, E. 60.
Baume, E. 422.
Baumeister, A. 127. 604.
Baumgarten, E. 24.
Baumgarten, F. 105.
Bayr, E. 132. 136. 203.
206 ff 331. 426 f. 461.
690.
Beach, F. 108. 382. 610.
573. 663.
Becher 541. 656. 690.
Bechmann 422.
Beck, E. 256.
Becker, A. 437.
Becker, H. 717.
Becker, K. 717.
Becker (Mors) 373.
Beckhaus 436.
Beckmann 675
Bednarski, J. 602.
Beelte 503.
Beely 666.
Beetz, K. 0. 717.
Behnke, G. 508 f.
Behring 182. 233. 372 f.
436. 501 f.
Beke, E. 672.
Bell 654.
Bellarminow 449.
742
Belliard '60.
Bender 390.
Benecke 373. 642.
Bennstein, A. 717.
Bente 218.
Bentzin 712.
Berg, H. 447.
Beringer, J. A. 717.
Berün 132. 134. 138 ff.
146. 148. 205. 712.
Bern 654.
Bemard, W. 445.
Bernhard 372.
Berthelot 307.
Bertram 29.
Bertsch 509.
Berzeviczy, A. v. 672 f.
676.
Bethe 707.
Bettmann, S. 383.
Beurier, A. 171.
Bevis, A. W. 717.
Beyer, H. G. 316.
Beyer, 0. W. 393. 719.
Beyer (Brandenburg)
708.
Beyer (Leipzig) 692.
Bezold 695.
Biedenweg 181.
Biedert 372.
Biel 373.
Bielanski, G. 502.
Biese 244.
Biewend, A. B. C. 64.
Billings, J. S. 436. 717.
BinkowBky 48.
Binz 100.
BirchHirscbfeld 372.
Bishof, S. S. 255.
Bissen, M. T. 255.
Blandford 422 f.
Blaschko 160.
Blasius, R. 284.
Bliss, A. A. 654.
Block 189.
Blumberger, F. 654.
Blank, P. 674.
Boas, F. 718.
Bock 648.
Bock, E. 191.
Bode, W. 250ff. 487.
Böckler 181.
Böhme 372.
Böke, J. 127.
Böng6r% 91. 132. 135.
207.
Böttcher 218.
Böttger 182.
Bohde 117.
Bohn, 0. 316. 575.
Bohnenstädt 564.
Bollinger 487. 509.
Bollinger-Auer, J. 440 f.
Bolze 435.
Bonhoff, H. 643.
Bormann 557.
Borntraeger 117.
Borscht 47.
Bosse 111. 114. 288. 305.
367. 370. 431. 494.
497. 706.
Both 373.
Boncek, G. 90.
Bourneville 574. 654.
Bowditch 34. 35. 622.
524.
Boyer, A. 447.
Bräutigam, J. 319.
Brandes, H. 719.
Brandi 436.
Brandt, J. 503.
Brandt, M. G. W. 49.
Branky 208.
Braukmann 132. 203.
Breitsprecher 564.
Bremen, v. 243.
Bresgen,M. 68 f. 62. 126.
351. 355. 718.
Breucq 91. 653.
Breuer (Coblenz) 435.
Breuer(Montabaur- Wies-
baden) 117. 244. 502.
564.
Bridge, N. 446.
Brock 244.
Broesike, G. 376.
Brouardel 293. 685.
Browne, W. 654.
Brücke, E. 356.
Bruhns, A. 382.
Bubnow 307.
Buchanan, G. 437.
Buchner 375.
Buchner, H. 487. 509.
Bunker 448. 467. 511.
Bürgel 564.
Büxenstein, G. 368.
Bumm 634.
Bunel, M. 124.
Burckhard 146 f. 1511
206.
Burgass 654. 718.
Burger 575.
Burgerstein, L.184. 307.
325. 507. 520.555.
647. 652. 658. 710.
Burgstädt 511.
Burkardt, A. 60. 182.
Bumham 207.
Busch 306. ^
Butowsky 450.
Buxton,A. St.Clair382.
424.
Bystrow 307.
€abot, F. 126.
Calleja 104.
Callenberg 509.
Calois 48.
Camerer 622. 664.
Gameron, Ch. 695.
GanaUs 708.
Canici 373.
Capdepon 104.
Capra, A. 104.
Carini, A. 376.
Carnot 244 300.
Garraroli, A. 253.
Carus 29.
Caspar. R. 548. 575.
Castens 564.
Castrillo 104.
Celli, A. 306.
Cerm&k, £. 564.
Championnidre, J. 383.
Chantemesse 709.
Chappuis, V. 242.
Chiron 229.
Cherven, F. 672. 676.
Chervin 265. 675.
Chesterton, T. 445. 663.
Chopien, M. T. 29.
Chun, A. 118.
Clair Buxton. A. St 382.
424.
Clauson-Kaas 466.
Clouse, G. M. 318.
Clouston, T. S. 718.
Coen, R. 574.
Cohen 7.
743
Cohn, £. 535 f.
Cohn, H. 37. 52. 54. 60.
89. 141 f. 204 f. 206.
262. 266 S. 278. 307.
318. 378 £f. 453 ff.
457. 460. 614. 622.
Cohn, Frau 95.
Colin. L. 296 f.
Collin 372.
Collineau 141. 207.
Colman, W. S. 447.
Combe. 141 f. 207.
247 ff. 381.
Combemale, F. 60.
Cornet, G. 511. 559.
Cornil 232.
Corral y Mair&, M. 576.
Cotta 382. 510.
Courtade 603.
Coutaret 503.
Coyne, P. 253.
Cramer 437. 503.
Crampe 873.
Crone 642.
Croiz, de la 560.
Crunberger, B. 655. 718.
CsatÄry, L. 307.
Csengeri. J. 672. 675.
Cunningham, 74. 350.
Curtius 652.
Darr, A. 470. 537.
DaUer 181.
Damain 318.
DanieUen 209.
Danini 450.
Danziger, E. 511.
Dauber 502.
Dauphin 510.
Davies. A. M. 383.
DavilB, S. H. 99.
Deamess, J. 816.
Debbe 307.
Decbambre 448.
Delage, A. 244. 565.
DelvaiUe 91. 658.
Demeczky^M. 672. 674.
Demek, V. 465.
Demeny 325.
Demianowicz 449.
Demme 251. 355. 570.
Deshayes 718.
Deeormeaux, A. J. 49.
Detmer 487.
Dhourdin 437.
Dick, A. 718.
Dickes, A. und B. 101.
Dickmann 708.
Dielitz 503.
Diesterweg 184.
Dietrich 132. 203.
Ding. H. 126.
Dirckx 137
Disraeli 31.
Ditcham, V. 383.
Ditmar 242.
Dobers, M. 574.
Dock, F. W. 383.
Döderlein 244.
Dollinger 141 f. 145.
206. 468.
Donaldson. H. H. 574.
Donberg 449. 465.
Donner, B. 696.
Dorn, J. 208.
Dornblüth, Fr. 60. 154.
271 ff. 378. 649. 653.
719.
Doyne 681.
Draeger 244.
Dressler, M. 62.
Drygalski, v. 437.
Du Bois-Beymond 327.
Dubois de Lavigerie 383.
Dürr 372.
Dujardin-Beaumetz 244.
372. 503.
Dukes, C. 189.
Dumdey 436.
Dunker 176. 510.
Dupuy 655.
Durän y Trincheria,
D. J. 190.
Durlacher, 8. 655.
Durm 508.
Ebenhöch 589.
Eberstein 245.
Eckler 175. 360.
Eddowes, A. 717.
Edel 141. 190. 206. 219.
Edison 36.
Edwards, J. F.' 316.
Egbert, S. 576.
Egelhaaf, 373. 564.
Egger, A. 172.
Eginton Warren, L. 255.
Ehrlich,J.G..389.391ff.
Eituer50.176.507f.511.
Elisabeth von England
167 f.
Elm 132. 203.
Eloy. Ch. 126. 445. 510'
Eisner, G. 217 f.
Emminghaus 479.
Ende 508.
Ende, P. am 444.
Engelhardt 502.
Engelhom 653.
Enoch, K. 109. 510.
Erasmus Roterodamus,
D. 102.
Erdmann 245.
Erismann 145. 242. 245f.
307. 377. 381.
Ernst 203. 642.
Erödi, B. 672.
Escalier 503.
Eschner, M. 158.
Esmarch, v. (Kiel) 283.
435. 576.
Esmarch, v. (Königsberg)
103. 622.
Esmenard, d' 421 f.
Eulenberg 205. 652.
Eulenburg 409. 471. 540.
Euler 50. ICO. 360. 575.
Eustathius 651.
Ewer, L. 236. 344, 360.
408. 471. 537. 596.
677.
Eyssautier 382.
Faber, O. 126.
Fage, A. L. 532.
Fahrner 515.
Faure 643.
Feher, H. 671.674. 676.
Feige 564.
Feit 436.
Feiwels, L. 91.
Feldt 117.
Felisch 41.
Felix, J. 247. 667.
Fenchel 75. 350.
Ferenczy, J. 672. 674.
Feret, A. 376.
Ferguson 295.
744
Fermi, B. 243.
t'erstel, H. v. 655.
Fetzer, H. 236.
Fichard, v. 650.
Fiedler, A. 583. 585.
Fiedler (Breelau) 436.
Field, W. ö. 719.
Figgis G55.
Figueira, J. H. 655.
Filatow, N. 318.
Fin&czy, E. v. 672.
Finkler 182. 5&4.
Firth, R. H. 256. 319.
Fischer 159.
Fischer, A. S. 382.
Fischer, B. 436.
Fischer, H. 707.
Fischer, 0. de 255.
Fischer (Mors) 307.
Fischer (Stralsburg) 709.
Fischer( Wiesbaden) 502.
564.
Fischer-Des Arts, M. 316.
Fittschen, H. 316.
Flatau, Th. S. 427.
Flebbe 48.
Fleischer, M. 576.
Fleischer. R. 322.
Fleischmann, K. 291.
Flemming & Co. 83.
Fletcher Beach 108. 382.
510. 573. 653.
Florschütz 378.
Flügge 293. 551. 707.
Fodor, V. 141 f. 230. 242.
294.
Foedisch, F. 583 585.
Fontana, A. G. 511.
Forel, A. 355. 547. 719.
Forster 469.
Fraenkel, K. 182. 293.
Francke, A. H. 396. 403.
Frandsen, £. 255.
Franges 132. 207. 209.
FranKe 594. 719.
Frankenberg 60.
Frankfurt 318.
Freund, W. A. 127.
Freundgen 708.
Freyer 575.
Frick 601.
Fricke 183.
Friedländer 243.
Friedmann, F. H. 176.
Friedrich (Leipzig) 117
Friedrich, Kaiserin 43.
426.
Friedrichs, G. 255.
Fries 203.
Frisak 712.
Fröbel 284.
Fuchs 141 f. 205. 207.
Fürst, L. 127.
Funk 254.
(Jaches- Sarraute 383.
719.
Gaertig, W. 575. 692.
Gärtner 547.
Gärtner, A. 318.
Gärtner (Jena) 486. 502.
Galatti. D. 174.
Gallaudet, £. M. 384.
Gallinger 469. 536.
Galton, F. 86.
Garbini, A. 810 ff.
Gariel 30.
Gause 218.
Gauster, M. 243. 308.
710.
Gautier 31.
Gautsch, V. 181. 708.
Gebhardt 860.
Geelmuyden 617. 384.
Geiger 310.
Geissler, A. 117.
Geist 372.
Gelder, van 603.
Gell6 663.
Gellius 684.
Gelpke Ulf. 206. 262.
265.
Gendre, Le 681.
G^nerd 293.
Geneste 611.
Genoud, L. 126.
Genzmer 60.
Gerber, v. 394.
Gerlach, 0. 442 f.
Geriitz 90.
Germain, A. G. 575.
Giarre 117.
Giesing 307.
Giggel 208.
Gille 642.
Gillert 381.
Gimeno 104.
Gintl, W. 436
Girard,K.141.206.310.
Gladstone 246.
Glas, L. 576.
Glaser, £. 61. 675.
Glatz, A. 490 f.
Glauning 533. 536 f.
Gl^nard 619.
Q linzer, J. 98. 321. 323.
Guändinger 174.
Godtfring 576.
Goepel 575. 707.
Gööz 208.
Goethe 402.
Götz, L. 118.
Götze, W. 121. 154.
156. 271. 297. 359.
513. 519. 565 ff. 692
Goetze (Dresden) 307*
Goldmann 643.
Goldscheider 642.
Goldstein, J. J. 373.
Goodell, W. 118.
Gordon, J. C. 655.
Gorini, C. 374 f.
Gossler, v. 419. 682.
Gould, M. 36.
Gout 382.
Gräfe 138.
Graf, E. 643.
Gran 132. 207.
Grancher 348.
Grassmüller 299.
Greene, R. 720.
Gr^hant 230 f. 319. 865.
Greisl 565.
Grellet 503.
Griesbach, H. 643 f. 647.
Grimm 436.
Grohmann, A. 692.
Grohmann, F. 708.
Gross 135.
Grösz, J. 191.
Gruber, M. 141 f. 175.
206. 307. 423. 425.
602.
Grützner, P. 62.
Gruhl 48. 183.
Grün 306.
Gubb, A. S. 719.
Gtindel, A. 512. 595.
Günther, K. 437.
Günz, M. 718.
745
Gofrler 132. 203. 570.
Guibert, P. -62.
Gumpert 118.
Guts Muths 50. 63. 161.
218. 323. 385. 388.
714.
Guttenberg, P. 467.
Outtmann, M. 253.
575. 626.
Gutzmann, A. 93. 126.
160.
Gutzmann, H. 61. 107.
382.
Haac, 0. 555.
Haan, de 261.
Hackel 132. 135. 203.
209. .
Haen, v. 167 f.
Häni, G. 23.
Haggenmüller, H. 382.
Hahn, H. 373. 642.
Hahn, M. 565.
H&konson-Hansen, M. E.
58. 132. 207. 362.
520. 656.
bald, J. K. 532.
Hamann 373.
Hammer. H. 48.
Hammond, G. M. 576.
Hanauer 232.
Hancock, J. A. 720.
Hanke 382.
Hankel 620.
Hanko, E. 672.
Hanquet 318.
Hansen 502.
H&rdb, B. 126.
Hamack, E. 182.
Harnisch 373.
Harries'Spellmann 364.
Hartley 576.
Hartmann, A. 231. 555.
690.
Hartmann, 0. 411.
Hartwell, E. M. 126.
253.
Harvey, P. F. 255.
Haselberg, v. 707.
Hasenstab 708.
Hanffe 707.
Haupt 372. 437.
Hauptmann, G. 481.
HauptYOgel 131. 134.
203.
Haushofer. M. 487 f. 509.
Hausknecht 503.
Hausmann, .1. 575.
Heath, Chr. 316. 557.
Hecht, 437. 469 f.
Heckert, H. 48
Heckmann, W. 43.
Hedebrand, L. 382.
Hefelmann 291.
Hegar, A. 105 f.
Hegel 243.
Hehir, P. 62.
Heidrich jun., A. 89.
Heilermann 181. 244.
709.
Heim 435.
Heim, A. 127.
Heine 714.
Heinemann, J. 62.
Heinrich, G., 672 f. 676.
Heinrich, J. 208.
Heintzeler 307.
Heinz 203.
Held '244.
Heldmann, E. 117.
Heller 174.
Hellfritzsch 565.
Hellwig, W. 126.
Hebnheim, v. 372.
Helmrich, V. 62.
Hempel 564.
Henderichs 656.
Hengstebeck, Th. 656.
Henningsen 132. 203.
Henrich, E. 62.
Hensch 251.
Henze 203.
Hergel, G. 122. 291. 510.
Herberich, J. M. 382
Hermann, A. 176. 253.
442. 508. 512. 513 f.
572 f. 655.
Herrmann, F. 417.
Herrmann, J. 602.
Herrmann (Lingen) 244.
Hermheiser, J. 275. 281.
511. 607 f.
Herscheli, G. 255. 368.
Hertel, A. 141 f. 146.
205ff. 307.527f.530f.
652. 713.
Hertel, E. 25. 91. 92.
132. 135. 157. 203.
208. 267.
Herwey, W. 28.
Herzog 190.
Hesekiel 213.
Hess, J. 314.
Hesse 109.
Hessling, E. 812.
Heubner 622
HeuBsner 707.
Hey 211.
Heymann, F. 62. 255.
Hibbert J. T. 106
Hicks, D. 29.
Hiebaum, A. 720.
Hild, H. 331,
Hildebrand, L. 307.
Himmel, J. 512.
Hinterwaldner, M. 331.
Hin träger, E. 18. 90.
125. 126. 230. 316.
382. 440. 510. 656.
Hinträger, M. 90. 316.
656.
Hintzmann 258.
Hippel, V. 10. 269. 278 f.
Hirsch, E. 28.
Hirsch (Magdeburg) 182.
Hirschberg 291.
Hochegger 710.
Hochheim 307.
Höhn 132. 203.
Höhn, E. 444.
Hoelker 306.
Höpfner, L. 62.
Hörschelmann 117.
Hofer, E. 672.
Hoffa 141. 146. 204
Hoffmann 653.
Hoffmann (Breslau) 106.
Hoffmann (Eonitz) 873.
Hoffmann (Neu-Ruppin)
564.
Hoffmann (Trier) 437.
Hofinann 182. 135f. 203.
Hofmann, Fr. 308.
Hofmann, L. 62.
Hofmann, B. v. 502.
Holletschek 128.
Holmgren 680.
Holstein 243.
Holyoke, W. C. 384.
Holzinger 299.
746
fiolzweissig 708.
Homeyer 232.
Hood, D. W. C. 384.
Hoor, E. 382. 546.
Horak 657.
Horaz 684.
Hörn, F. 447.
Hörn (Arnswalde) 642.
Horsischek, H. 672.
Huber, J. 316.
Hübner, W. 106.
Hueppe 24. 109.
Hüttemann, P. 127.
Huguenin 565.
Hummel 307.
Hüne 564.
Hunger 707.
Hurbard, H. W. 252.
Hutchinson, J. 190.
Hutchinson, W. 316.
Hyrtl 586.
Jackson 132. 205. 207.
209.
Jacobi, J. 708.
Jacobs 62.
Jacuaiel 93. 95. 160.
216. 251.
Jäger 209.
Jäger, G. 253. 383. 649.
689.
Jaeger, H. 38. 656.
Jäger, 0. 682.
Jaeger (Gannstatt) 642.
Jahn, F. L. 50. 226 f.
323. 885. 388. 714.
Jahn (Merseburg) 419.
Jandl, A. 691.
Jankau, L. 384.
Janke, F. 132. 203.
Janke, 0. 26. 93. 126.
131ff. 158ff. 174. 190f.
203. 215. 251. 253.
315. 444. 474. 512.
555. 579. 614. 653.
JanuBchke, H. 126.
Jasiewicz 503.
Javal 30 f. 126. 141 f.
207 f. 379. 453. 604.
Idelson 62a
Jenner 684.
Jensen 132. 207. 209.
Jesnitzer 116.
Jessner 127.
Jeune 108.
Ihme 316.
Dling, F. 502.
Ingermann, L. 189. 574.
Joal 255.
Johnson, G. E. 62. 720.
Jonas 244.
Jonas (Eonitz) 183.
Jonescu, D. 669.
Joseph, M. 622.
Istrati, C. 670.
Jürgensohn 449.
Jüthner, J. 127.
Junge 243.
Jungmann. B. 37. 60.
Juvenal 688.
Ivanicz, G. 307.
Kaan, H. 502.
Kästner 190.
Kahl 685.
Kaiser 105.
Kalb, G. 445. 512.
Kalle, F. 588.
Kallenbach, G. 655.
Kammerer 141 f. 206.
Kamp 127.
Kannegiesser 372.
Kanter 501.
Kappel, D. 128.
Karago, X. 308.
Karl Ludwig 426.
Kärm&n, M. 673. 675,
KarpÄti 91. 132. 135.
206 f.
Katharina von Hedici
168.
Kauff, J. 208.
Kauffmann, F. 257.
Kaute 643.
Keck, H. 244.
Keesebiter 92. 215.
Kegel 316.
Keil 575.
Keller 132. 135. 203.
Keller, J. 437.
Keller, Th. 708.
Kempf, A. 510.
Kempf, K. 118.
Kemsief 'M. 92.
Kenwood, H. 108.
Kern, F. 118.
Kern (Frankfurt a. 0.)
244.
Kerr, J. 41.
Kerschensteiner, A. 128.
Kerschensteiner, G. 564.
Kerschensteiner, v. 181.
469.
Kessler 176. 447.
Keussen 183.
Key, A. 34. 163. 652.
658. 662. 666. 690.
Kielmann segg 177 f.
Kienast, 174.
Kiessler, B. 656.
Kipper, J. 48. 565.
Kirchner 6.
Kirschten, W. 656.
Kisch, E. 598. .
Kissel, A. 226.
Kittan 501.
Kittel 643.
Klamarik, J. 672. 674.
676.
Klein, Chr. 255.
Kleinwächter 656.
Klencke, H. 62.
Klencke, E. 62.
Klev 502. 642.
Klika, J. 587
Klippel 299.
Klose 181. 243. 709.
Kluczenko, 6. 502.
Klunzinger, R 378.
Knauf, H. C. 317.
Knight, G. H. 317.
Knüling, R. 190.
Knobelsdorff, v. 250.
Koch, 206.
Koch, F. 510.
Koch, J. L. A. 255.
Koch, K. 50. 52. 64. 445.
502. 650 f. 655. 717.
719.
Koch, R. 707.
Köhler 117.
König 364.
König (Leipzig) 594.
Könitzer, C. W. 232.
Köpke 47. 501.
Körber, B. 244.
Koerner, F. W. 244.
Körösi, J. 63. 182.
r
747
Köstner 864 f.
Eohlrausch 63. 255.
KohlrauBoh, Chr. 128.
317. 576.
Kohlrausch (Lüneburg)
648.
Kohstall, F. 720.
Koldewey 176. 436.
KoUbach 436.
Kollmann, J. 185.
Kondratieff 450.
Konr4d, E. 24. 40.
Kop£f 446.
Kopisch, A. 218.
Koppin 707.
KoBsel 182. 248. 437.
Kosmowski, W. 317.
Kossmann 622.
Kotelmann, L. 141.205f.
307. 604. 522. 524.
556. 577. 653.
Kowaleski, P. J. 116.
Kowalewski 566.
Krackowizer, H. 127.
817.
Kraemer 251.
Kraepelin 184. 282.
Kramer 642.
Kramm 373.
Krampe 176.
Krantz, M. 583.
Kratschmer, F. 319.
Kratter, J. 307.
Kraus, V. v. 177 f. 252.
570 f.
Krause, E. 311 f.
Krause, W. 190.
Kreutz 501.
Kreymer 564.
Krichel 642.
Kroeger, F. 245ff.
Krösing 307.
Krone, G. 573.
Krotoschin 7.
Kruger 373. 503.
Krug 141 f. 205.
Kruse, W. 319.
Kubom, H. 307.
Kügler 640.
Kühkopf, J. 90.
Kühn, 127. 183.
Kühner 141. 205. 384.
Külz 243.
Küppers 216.
Kugel 244.
Kullmann & Lina 483.
Kummer 52. 207.
Kummerow, H. 656.
Kunze 187. 457.
Kunze (Lissa) 378. 503.
Kurfürst, St. 501.
Kutner, B. 555.
Kuyk, D. A. 128.
Kuznitzky 90.
Labb6 232.
Labordey Winthuyssen
319.
Laoassagne, A. 68.
Lachowicz, Z. 501.
Laehr 251.
Lagneau, G. 446.
Lagrange, F. 325 f. 384.
720.
Lahm, W. 565.
Lailler 687.
Laisn^ 388.
Lake 42.
Lampel, R. 91.
Landmann, v. 307. 634.
Landolt 10.
Lane Notier, J. 319.
Lange, K. 708.
Lange, V. 60.
Lange (Leipzig) 48.
Lange ^Lübeck) 63. 437.
Langenbeck 8^7.
Langenbruch 131. 134.
203.
Langerhans 221. 819.
Langguth 503.
Langsdorf 50ä. 642.
Lannelongue 282. 255.
573.
Laqueur 141. 205.
La Koche 807.
Larsen, M. 255.
Lasson, A. 256.
Laufer, F. 884.
Laur 319.
Laurent A. 317.
Lausch 191. 446.
Layigerie, de 383.
Lawless, E. J. 63.
Lawrentiew 449. 465.
Lay, W. A. 720.
Layet 293.
Leclerc, M. 28.
Lederbogen, F. 253.
Leersum, E. C. y. 254.
Le Gendre 681.
Legroux, A. 49.
Lehfeld 174.
Lejaune 565.
Leipziger 29.
Leixner, 0. v. 251.
Lenssen 436.
Lenz 655.
Leövey, A. v. 672.
Le Boy de M6ricourt
602.
Leudet 48.
Leuffer 564.
Leuttner, E. 382.
Levertin 132. 203.
Lewin, G. 709.
Lewis, P. G. 656.
Leyden 427.
Leygues 243.
Liard 307.
Licht, H. 510.
Lickroth 91. 394 f.
Liebig, J. v. 76.
Liebmann, A. 576.
Lier, E. 446.
Lindley, W. H. 293.
Ling, 327 f.
Lion, J. C. 50.
Livius 683.
Lobmayer, A. 436.
Löffler 232. 243. 294.
296. 707.
Löhr 131. 184. 203.
Löwy, A. 502.
Lombard, H. Ol. 244.
Lonsdale 541.
Loose 872.
Lorenz 720.
Lorenz (Rostock) 116.
Lorenz (Wien) 141 ff.
Lotze 245.
Lovett- 108.
Ludwigstorff, v. 557.
Lübben K. H. 190.
Lübbert, A. 319. 384.
Lüdeke 502.
Lüllwitz 710.
Lukas 131. 203.
Lüneburg, G. 720.
Lunge 602.
48
Luppi, D. 128.
Lyttelton, E. 556.
Haag, H. 420.
Haas 158 f.
Macfarlane, A. 688.
Machotin, N. A. 449.
Madeyski, v, 304.
Hadyson Taylor, J. 656.
Mähr, F. 256.
Magrer 243.
Maggeissen 664.
Magnus, Fr. 383.
Magnus, H. 312.
Mahaffy 650.
Maillot 49.
Mairä, Corral y 576.
Malling-Hansen 664.
Manceau 383.
Mangenot 39 f. 128. 230.
307 f. 310. 438 ff.
Mann, Fr. 190 f.
Mantzel 282.
Mar, H. 254.
Marcus, E. 652.
Marcuse 720.
Marczali, H. 672. 674 f.
Maresch, H. 254.
Maria 27.
Marsch 127.
Marschall, F. 190.
Märten 218. 255.
Martenot 383.
Martial 683.
Martin, G. 191.
Marty 311 f.
Marx, A. 128.
Marx, F. 573.
Masberg 708.
Mafemann 714.
Masucci 128.
Matschky 436.
Matthies, G. 127.
Mauchain 376. '
Maul, A. 176. 317. 330.
446.
Mauriac 293.
May, 0. 127.
Mayer, W. 146. 165.
181. 196. 198. 205.
McHardy. M. M. 128.
McKeough, G. T. 317.
Meath, Earl of 108.
Medem, B. G. v. 449 f.
469.
Meden, v. d. 576.
Mehl, H. 190.
Mehler, L. 314.
Mehmel 48.
Meidinger 293. 509.
551. 631 f.
Meinert, E. 619.
Meinertz (Kassel) 707.
Meinertz (Posen) 708.
Mei&el 437.
Meifsner 132. 203.
Meissner (Pillau) 503.
Mellado 104.
Mellinger 61.
Menge (Wittstock) 244.
Menge (Oldenburg) 502.
Möricourt, Le Roy de
602.
Mertens 501.
Metschnikoff 709.
Mettenheimer 182.
Metz, F. W. 218.
Metz & Knntzsch 84.
Mensel 244.
Mewes, B. 656.
Meyer. 0. 208.
Mever, E. 190. 446.
Meyer, H. 515. 618f.
Meyer, H. W. 503. 557.
Meyer, J. 120.
Meyer, K. A. 118.
Meyer, W. 132. 135.
203.
Meyerhof, Frau 160.
Meyrich 175. 510. .694.
596.
Michael Georgiewitsch
116.
Michailow 190. 233.
Michel-Dansac, A. 319.
Mikulicz 141. 206.
Miller, S. M. 720.
.Minart 236.
Mirisch 708.
Mishima, M. 577. 579.
Mitkewitsch 458.
Mittelstaedt, A. v. 61.
Mittemann, E. 718.
Moberly 108.
Möbins 251.
Moeckel, G. L. 254.
Möller, K. 319.
Möller, S. 132. 207.
712.
Moldehn 564.
Molönes, de 244.
Möltke 260 f.
Moltke, y. (RegienmgB-
rat) 243.
Monninger 565.
Monroe 27.
Montenuis 61.
Monti, A. 173 f.
Moorman, F. W. 656.
Moormann 718.
Moreau 436.
Moreau, F. 609.
Morgagni 345.
Morin-Goustiaux 422.
Morris, M. 254 687.
Moser 460.
Moses, J. 225.
Mosny, E. 61.
Mosso, A. 98. 128. 165.
254. 319. 321 ff. 386.
389. 575. 601. 651.
720.
Blountford 718.
Mühlhäusser, H. 319.
Mnhlmann, F. 564.
Müller, V. 244.
Müller, G. 264. 720.
Müller, P. 128. 254.
Müller (Berlin) 48.
Müller (Elbing) 643.
Mfimmler 299.
Münch (Koblenz) 501.
Münch (Münster) 643.
Münz, B. 384.
Mummery 70. 74.
Munro 503.
Muralt, K. r. 601.
Mnshacke 486.
Mutke, R. 720.
Myron 388.
Napias 230. 415.
Narbel,C.128.378.380f.
Nasemann, 0. 437.
Nauck 383.
Navarre 106.
Neff, J. 708.
Neisser, M. 708.
749
Nesteroff, W. G. 254.
290.
Keswizki, A. A. 254.
Netolitzkf 653. 710.
Netsch, A. 317.
Neufeldt, K. 362.
Neumann, St. 67.
Newsbolme, A. 128.
Niüolaus 302.
Nieden (Bochum) 141 f.
Nieden, zur (Hagen)
642.
Niederer, J. 421.
Nigg, M. 256.
Nikelsen 718.
Niven 686.
Noack 564.
Noble Smith 192.
718
Noerdiinger 128. 232.
Normann, J. 128.
North, Th. 256.
Nossig, A. 128.
Notter, J. L. 256.
Nouvel, M. 254. 256.
Nover 192.
NuIjBbaum,H. Chr.l87f.
192.
Nuttai, G. 373.
Oeller 199.
Ohlemann 695.
Olave, St. 718.
Ollivier, A. 317.
Oltrogge 373.
OltuBzewski, W. 447.
Ommenborn, C. 256.
Opitz, E. 192.
Oppenheimer, F. 718.
Oppenheimer, K. 482.
656.
Oppermann, H. W. 63.
512. 542.
Orr, G. B. 447.
Osbom, S. 256. 447.
Oslender 630 f.
Ostendorf 436.
Otto 92.
Otto, J. 672.
Otto, K. 123.
Ottofy 75.
Ovid 684.
Pachaly 486.
Pacheco, M. 104.
Pagenkemper 160.
PagUani 307. 522ff.
Palmberg, A. 61. 446.
Pannwitz 642.
Paolis, L. de 61. . '
Papellier 535 f.
Parkes. L. C. 512. 656.
Parow 457.
Pasteur 243. 707. 709.
Paul, H. 447.
Pausanias 387.
Pawel, J. 63. 256. 383.
447. 512. 720.
Pearce 611.
Peck. H. 355 f. 720.
PSdebibou 232.
Pedley 75. 79.
Peek 653.
Perez, B. 446.
Parier 256.
Perlia 265.
Perrachon 61. 250. 653.
Persius 684.
Pestalozzi 714.
Peters, B. 384.
Petersen 132. 135. 203.
712.
Petit, L. H. 681.
Petri 181.
Petroff 450.
Petruschewsky 455.
Pettenkofer, v. 487. 594.
Pfeifer 360.
Pfeiffer 132. 203.
Pflüger Iff. 61.
Pick 611.
Pigeon 242.
Pilger 181.
Pinelli, 0. 61.
Pinzke, H. 64.
Piper 25. 446.
Piritsch 131. 134. 203.
Pischl, K. 39. 256. 317.
Pistner 708.
Pistor 690.
Pizzoli, U. 61.
Plähn 442 f.
Planck, V. 564.
Platsch 373.
Plautus 683 f.
Plett, P. 684.
Plinatus 450.
Pluder 192.
Pöhlmann 437.
Poetsch 61. 718.
Poht, L. 68.
Poincare 243. t594.
Polenz 48.
Pollux 650.
Polonsky, L. 318 •
Porter, W. T. 718.
Posse, B. N. 63.
Post 691.
Pott 345.
Pozder, K. 672.
Prausnitz, W. 63. 182.
619.
Prentice, Ch. 720.
Presl, Fr. 224 f.
Presting 707.
Preyer 311. 478.
Preyer (Wien) 306.
Preysz, K. 720.
Priestley Smith 63 680.
EVoskaner 555.
Prosoroff 460.
Proust 509.
Pudor 436.
Pulido 104.
Pulwer 360.
Pulwer, 0. 720.
Quehl 307.
Qnetelet 522 ff.
Quiehl 117. 307.
Quietmeyer 218.
Quinctilianus 102.
Radomski, J. 446. 447.
Räkosi, B. 307.
Ram sauer 503.
Ramsler, Fr. 183.
Ranck 48.
Bändel, E. 61.
Bänke 362.
Bapmund 221.
Bapp 116.
Bappold, J. 610.
Rauchiufs 372.
Baven, Fr. W. 127.
Barenstein 218.
Baydt, H, 60. 507.
750
Raymond, P. 127. 256.
446.
Raymond- Nogu4 437.
Recknagel 18 ff. 91.
Regnauld 244.
Regner 400.
Reich 318. 449. 455. 465.
Reii^hard 256. 508.
Reiche 398.
Reichenau 437.
Reimann 63.
Reimann, P. 48.
Rein 137. 251. 486 f.
Reinckens 564. 642.
Reinhardt 360.
Reinicke 512.
Reisch 179. 242. 501.
563.
Rembold 132. 146. 712.
Renk 230. 256. 317. 550.
Reukaut; A. 190.
Reuling, G. 319.
Reufg, V. 48. 141 f. 204.
Reynolds, E. S. 189.
Reynolds, J. R. 557.
Ribbing, S. 105.
Richards 28.
Richou, G. 422.
Richter 653.
Richter, 0. 510.
Richter (Breslau) 117.
Richter (Marienburg)
622.
Riedl, F. 672. 676.
Riehm 510.
Rietschel 622. 691.
Rigg 623.
Rigler, J. E. 91.
Risel 660.
Ritter (Osnabrück) 181.
Ritter P. 320. 603.
Ritzmann 141 f. 206.602.
Roberts, Ch. 510.
Robertson, A. 680.
Robertson, W. 446.
Robin, J. 422.
Robinson 30.
Rodriguez, B. 48.
Röber 117.
Röckl, G. 242.
Roger 244.
Röhr 707.
Rose, K. 65. 373.
Rösing 426.
Röfsler 564. .
Röstel 427.
RogS, E. 446.
Rogge 436.
Rogron 181.
Roh§, G. H. 447.
Romano-Catania 7. 16.
Romstorfer, E. A. 189.
Roosen, B. C. 374.
Rosbund 176.
Rosenbach, 0. 447.
Rosenthal, E. 447.
Roser 607.
Rofs, M. 93.
Rofs (Wiesbaden) 181.
243.
Rossignol 448.
Rofsmann 564.
Roth 208. 320.
Roth, K. S. 226.
Rothenbücher 501.
Rothfuchs 372.
Rotsch 132. 203.
Rousseau, J. J. 609.714.
Roux 243. 709.
Rovsing, Th. 420.
Royce, J. 190. 320. 446.
Rubner 63. 97. 550. 691.
707.
Ruckert 132. 135 f. 191.
203 f. 208. 459.
Rudkowski 373.
Rüdinger 168.
Rühl, H. 49. 448. 713.
Ruete 109. 510.
Ruhe 708.
Ruhland 62t.
Ruland 501.
Ruske 182.
Rychna, J. 448.
Rzesnitzek 182.
Sacarelli, G. 182.
Sachse 244.
Sack 141 f. 207.
Sainton. R. 320.
Sallwürk, v. 137 f. 204.
Salzmann, L. 64. 191.
Sanarelli 502.
Sand, G. 30. 448.
Sanden, v. 642.
Sargent 510.
Sarwey, v. 708.
Savory, H. 556.
Sayre, R. H. 446.
Scaino, A. 651.
Schäfer (Montabaur) 643.
Schaeffer 117.
Schäppi, J. 512.
Schapmann 132. 204.
Scharff 132. 204. 208.
209.
Scharhelm, v. 332.
Schattenberg 181.
Scheiblhuber, E. 448.
Schenokendorff, v. 49.
95. 297. 446. 507.
692. 715.
Schenk 147 f. 198. 205.
320. 601.
Scherer, H. 120. 122.
718
Scherk, 0. 320.
Scherz 396.
Scheven, B. v. 320.
Schildbach 474. 540.
Schiller, H. 55. 98. 138.
191. 204. 506.
Schlag von Soharhelm,
K. V. 332.
Sohlegtendal 565.
SchleuÜBner 48.
Schlichting 436.
Schlimbach, G. 208.
Schmarje 131. 204.
Schmelzer 372.
Schmezer, K. (B.?) 117.
437.
Sohmld - Monnard 612.
657. 691. 718.
Schmid - Schwarzenberg
628.
Schmidt, A. 672.
Schmidt, E 165.
Schmidt, F. A. 49. 64.
176. 321. 886. 44a
507. 512. 719.
Schmidt, Fr. 436.
Schmidt, 0. 65.
Schmidt, Th. 448. 60a
Schmidt (Amorbach)
564.
Schmidt (Bern) 361.
Schmidt (Dillenburg)
378.
Schmidt(Frankfurt)252.
751
Schmidt - Himpler 164.
261. 278 f. 281. 608.
Schmidtbauer 132. 204.
Schmidtmann 116. 502.
707.
Schmiedinger 132. 204.
Schmitt 508.
Schmitt, E. 191.
Schmitz, A. 117.
Schmitz (Köln) 707
Schmitz (Sigmaringen)
435.
Schnabel, J. 275 ff. 846 f.
511.
Schneider, Chr. 204.
Schneider, H. 373.
Schneider, M. 118f.
Schnell, H. 50. 64. 175
508. 512.
Schöfer 307.
Schoefl, R. 502.
Schön 261. 719.
Schoenberger, W. 719.
Scbönbom 448. 511.
Schoenfeld 117. 308.
Schönlank, A. 320.
Schöppa, M. 318. 320.
Scholz 708.
Scholz (Bremen) 478 f.
Schranz, M. 448. 467.
511.
Schreiber, P. 141 f. 205.
. 511.
Schreier 243.
Schroeder (Naambnrg)
501. 642
Schröer,H. 60. 64.360.
607. 719.
Schröter (Ohlau) 118.
183.
Schröter (Barmen) 175.
Schroeter, B. 511.
Schröter, W. 64. 511.
Schubert, K. 389. 477.
Schubert, P. 129. 193.
195. 202. 204 ff. 307.
320. 469f. 512. 533.
690. 713.
Schubert, W. 175. 593.
Schuh, y. 299. 469 f.
534 ff.
Schulenburg 360.
Schuler-Arlt 643.
SchuUerus, J. 511.
Schulthefs 601 f.
Schultz, A. 511.
Schultz (Charlottenburg)
181.
Schulz, 0. 448.
Schulz (Halle) 373.
Schulz (Koblenz) 642.
Schulze 208. .
Schulze, B. 719.
Schulze (Leipzig) 594.
Schuschny, H. 23. 89.
Ulf. 206. 505f. 671f.
Schuster, J. M. 208.
Schuster (Hannover) 48.
Schuttleworth 108. 512.
Schwaighofer 209.
Schwalbe (Berlin) 93.
94. 160. 622.
Schwalbe (Posen) 181.
243.
Schwartzkopff 242.
Schweninger 167.
Schwerdtner 372.
Schwerin, Frau 93. 160.
Scriba 620.
Seebeck 642.
Seeliger 436.
Seg^ellOff. 151. 193 ff.
199. 206. 378.
S6guin, E. 448. 511.
Seibach, J. J. 318.
Seil 181.
Sellergren, G. 28.
Semon, F. 557.
Senckenberg 372.
Sengelmann 427.
Senkewitsch 450.
Sevestre 293. 349.
Seyfert, R. 448. 512
Shelly 556.
Sickinger 682.
Siegert, W. 26. 98 f.
160. 162. 252.
Siegfried, M. 64.
Siemens 395.
Sier 232.
Silez 556.
Süverskiöld, P. 318.
Simon, J. 418.
Simon, W. 447.
Sinani, B. B. 418
Skalitzky 708.
Sklifossowski 623.
Slavik, V. 182.
Smirroff 450
Smith, A. 571.
Smith, E. 512. 556.
Smith, Noble 192. 718.
Smith, Priestley 63.
680.
Smith, W. 253.
Smolka 708.
Snell, S. 192. 681.
Snellen 465. 553. 680.
Snow, J. 290.
Söder 192.
Sömmering, Th. 168.
Soltmann 48.
Sommerfeld 93. 160.
Sonderegger 619. 709.
Sonsino, P. 548.
Southard 39. 192.
Sperber 243.
Sperlich, K. 87.
Speriing 132. 135.
204.
Spicer, H. 680.
Spicker 641.
Spies (Grünstadt) 565.
Spiefs 242.
Spiels, A. 324. 385.
388. 601. 714.
Spiessen 572.
Spilling 244
Spitzer, S. 502.
Spitzner, A. 448. 593.
595.
Springer 448.
Springer (Neurode) 696.
Staecker 555.
Stahlberg 181. 437.
Stangenberg, E. 318.
Stauder 642.
Staudigl 132. 204.
Stegbauer 131. 134. 204.
Stege, M. 318.
Stein 437.
Steinborn, J. 64.
Steinhausen 48.
Stejskal 170. 172 f. 426.
Stekel, W. 610.
Stell wag von Garion 141.
206.
Stelz 64.
Sterne, C. 311.
Steuer (Breslau) 564.
Steuer (Löbau) 182.
Stier 503.
762
Stilling, J. 1. 279. 281.
347. 563. 608.
Stimpfl 653.
Stoltz 501.
Stoy 390.
Straubinger 435.
Stremme, L. 209.
Strodzki 501.
Ströhmberg, C. 712.
Strohl 183.
Struck 708.
Sturges, 0. 118.
Stutzer 117.
Ssudakow, J.-372.
Suck 158 f.
SüiBmann 307.
Sueton 683.
Süvern 694.
Sutherland, J. F. 448.
Sz48z, E. 672.
Szenes, S. 23. 192.
SzuppÄn, W. 468.
Täubler 536.
Taubenspeck, £. 192.
Taylor 409.
Taylor Bissel, M. 192.
Tendering 501.
Temi, G. 565.
Thannhäuser 503.
Thele 437.
Thiede 161.
Thiel, 0. 576.
Thierfelder 437.
Thoma 384.
Thomas 252.
Thome 181. 243. 485.
Thompson, J. H. 384.
Thompson Chopien, H.
29.
Thorand 131. 134. 204.
Thormählen 208.
Thorsen 209.
Thurein 642.
Thurm, M. 191.
Tichomirow 449. 465.
Tiedemann 372.
Timm 436.
Tissot 344.
Tittinger, H. 502.
Todsen 437.
Toldt 141. 205.
Tolödano 384.
ToUet, C. 422.
Tomka, S. 884.
Tonrangin 508.
Trapp, E. 64.
Trefort 466.
Tribukait 176.
Triepel, H. 384.
Trier, H, 255.
Troeltsch 603.
Trosdal 712.
Trosien 243.
Trouskoliavski 549.
Trzoska 189.
Tschakert 565. 707.
Tscherning 10. 17.
Tsohoschin, G. A. 117.
Tschurtschenthaler von
Helmheim, A. 372.
Tubby, A. H. 384.
Tuczek 252.
Tuke, J. B. 384.
Tyszka 243.
Ufer, Chr. 64. 191.
446.
Uffelmann 652.
Uhlmaun 384.
Ulrich 469.
üna Sarthou, J. 320.
ünghväri 75.
Unruh 708.
Unterholzner 174.
Urlaub 564.
Vajda 209.
Valude^ £. 320.
Vanderstraeten 318. .
Vanse 564.
Veckenstedt 311 f.
Veith, G. 183.
Veiten 564.
Vestea, A. di 708.
Vieth 218. 714.
Vincent 361.
Virchowr, R. 372. 559.
Völcker, F. 64.
Völcker, J. A. 128. 254.
Vogl 208.
Vogt 503.
: Vogt (Kaas' 1) 242.
Voigt 98.
Voisin, J. 320.
Voit, C. V. 143. 205.
Volkmann 619.
Volkmann, L. 373. 436 f.
Völlers, G. 120.
Wadstein, E. A. 707.
Waetzoldt, St. 26.
Wagner 508.
Wagner, L. 208.
Wagner (Berlin) 360.
Wagner (Ems) 643.
Walterhöfer 132. 204.
Wang 209.
Warner, F. 306.
Waschke 436
Wasserfuhr, H. 643. 707.
Wassermann 161.
Wassmaansdorff 573.
714.
Weber, E. H. 644.
Weber, G. H. 176. 314.
Weber, L. 37. 379 f.
454.
Weber, M. 427.
Weber (Nürnberg) 469.
537.
Wedig 565.
Wegner 175.
Wehmer, R. 320. 622.
Wehrhahn 181.
Wehrii 624.
Wehrmann, E. 320.
Weichselbaum 175.
Weidenbuach 176.
Weigert 5i56.
Weigle 708.
Weifs 17.
Weifsweiler 372.
Weitzel, E. 185. 187.
Weltrub, A. W. 7.502.
Wendland 181.
Wenzel 585 f.
Wenzel (Hagen) 243.
Werner, E. 502.
Werner (Polsnitz) 643.
Wernich, A. 320.
Wernicke, E. 117. 437.
691.
Wernicke (Görlitz) 710.
Westeruiayer 181.
Westphalen, H. 182.
753
W«tt8teUi, H..246.
Wever 243.
Weyl, Th. 89. 174. 307.
406. 474. 710.
Weyrauch, t. 44. 562.
Wickenhagen, H. 662.
Widerhofer, H. v. 173.
242.
Wieacker 564..
Wieoke 243.
Wiedemann 373.
Wiener, £. 319.
Wiesmann 132. 204.209.
Wilhelm, F. 714.
Wilhelm I. 213.
Wilhelm n. 236. 366.
Windel 642.
Windeln 708.
Wingerath 503.
Winkler 183.
Winter 427. •
Wirenius, A. t. 244.
Wirsei 642..
Wittenbrinck 117.
Wittich 181. 248.
Witting 507.
Wittstein 710.
Wlassics, J. 671.
Wöbeken, K. 187.
Woikowskv - Biedau, y.
49. 715f.
Wolf 552.
Wolfenden, B. A. 255.
Wolflf 159. 616.
Wolfif (Merseburg) 564.
Wollinger 182.
Wund-Lamansky 195.
Wunderlich 132. 135.
204. 208. 536.
Wurm, Frau 160.
Wyfs 601.
Wyfs, H. V. 602.
Young 141.
Zachariä 402.
Zahn 360.
Zehender 265.
Zehnder 602.
Zemecke 503.
Zettler 50.
Zeynek, G. v. 116.
Ziegler, Th. 127.
Zieffler (Freiburg) 117.
Ziehen 486.
Zieken 707.
Ziesch^ 132. 135. 204.
208.
Zimmermann, Ph. 132.
204 210.
Zimmermann, B. 647.
ZöUer, M. 182. 307.
Zschokke, E. 600ff.
Zsilinszkv 637.
Zuntz 162. 252.
Zutt 440.
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48