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Full text of "Giovanni Gersen, sein Leben und sein Werk, de imitatione Christi"

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GIOVANNI GERSEN 



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LEBEN UND SEIN WERK 



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IMITATIONE CHRISTI 



VON 



DR COLESTIN WOLFSGRUBER 

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BENEDICTINER ZU DEN SCHOTTEN IN WIEN. 



MIT FACSIMILES MEHRERER WICHTIGER CODICES 

MANUSCRIPTL 



AUGSBURG 1880. 
Druck & Verlag des Literarischen Instituts von Dr. Max Huttler. 






ST. BENEDICT 



GEWEIHT 




i lOVANNl GERSEN UND SEIN WERK, welche den 
Vorwurf dieser Arbeit bilden, fordern in gleicher Weise 
zu einer genauen und eingehenden Behandlung auf. 
Das Buch von der Nachfolge Christi übt auf die Kultur des 
inneren Lebens nun schon fast siebenthalbhundert Jahre einen 
mächtigen Einfluss aus, und es lohnt sich daher, es, seine Ge- 
schicke und seine Geschichte genau kennen zu lernen. So all- 
bekannt aber das Werk und so allgemein anerkannt seine Vor- 
trefllichkeit ist, ebenso unbeachtet und ungekannt ist sein Verfasser. 
Wäre nun eine neuerliche Aufzeigung und Urgirung des Johann 
Gersen als Auktor des goldenen Büchleins, sowie eine ver- 
suchte nähere Orientirung über denselben weiter nichts als eine 
Genuglhuung für blinde Rechthaberei oder ein esprit d'ordre, so 
wäre ich wol der ganzen Frage aus dem Wege gegangen und 
hätte es mit dem gelehrten Bernhard Pez gehalten, der hierüber 
unterm 22, November 1725 an einen seiner Freunde geschrieben 
hat: »Uniuersim ab hac controuersia uehementer abhorreo et 
mallem quoduis aliud certamen suscipere.* Doch mir scheint der 
Hinweis auf den wahren Verfasser der Nachfolge im Interesse 
der historischen Wahrheit geboten, als Akt der Dankbarkeit 
gegen den gottgeweihten Auktor, der durch sein Werk so un- 
zälig viel Gutes gestiftet hat, vollberechtigt und zum vollen, rich- 
tigen Verständnisse des Buches selbst geradezu notwendig. Ich 
verhele mir keineswegs, dass ich die Schönheiten der Imitatio 



4 

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und üire Vortreffliichkdt ganz und gar nicht erschöpfend darge- 
stellt habe, ich besdieide mich ebenso gerne des Ruhmes, etwa 
in ganz unwiderleglicher Weise Gersen als Verfasser erwiesen 
zu haben« wäre es vielmehr zufrieden, wenn man finden könnte, 
dass ich die diesbezügliche Literatur sorgfaltig gesanundt und 
zu einer objektiven Darstellung genützt hätte. Fem von Streit- 
sucht und allem Gezanke abhold, wäre es mir das beste Bewusst- 
sein, wenn ich jenes bescheidene Mass von Vollständigkeit und 
jene Treue erreicht und bewahrt hätte« welche notwendig sind, 
damit die so vortreffliche Imitatio allseitiger, richtiger und inniger 
gekannt, geliebt und betrachtet werde. Wahrlich es schlägt dieses 
Büchlein in uns die gott\-er¥randten Saiten an, es wedct alles 
göttliche, das in uns ist, es lässt die beglückte Seele tiefe Blicke 
thun in die Lichtregion des Himmels, die wahre Hdmat der Seelen ! 
In dem Streben, die einschlägige Literatur möglidist kennen 
zu lernen und einzusehen, wurde ich kräftigst gefordert von dem 
Direktor der hiesigen Universitätsbibliothek Dr. Friedrich Leithe, 
welcher nicht nur die refchen Schätze in der ihm unterstehenden 
Bibliothek mir freundlichst zur Verfügung stellte, sondern auch 
durch persönliche Mühewaltung, in Correspondenzen mit aus- 
wärtigen, Büchereien etc. dieser Schrift eine unverdiente Aufmerk- 
samkeit geschenkt hat ; wx^fur ich hiermit meinen ehrfurchts\'ollsten 
Dank spreche. Nichts destoweniger wird bei der fast unüber- 
sehKiren Literatur manches entgangen sdn, und werde ich (ur 
diesbezügliche l\rinnerungen besonders dankbar sein. Rücksicht- 
lieh der Cixkl, manuscr, und des Handschriftlichen über die Imi- 
tatio habe idi ein ^lehr, als der Anhang gibt , trotz eifrigster 
Suche nicht in Hrf;ihrunir iM-incon können, 

Sellv;t von einem etilen Bentxlictiner zu den Studien gebracht 
und während dersolbiMi väterlich unterstütit. freue kii midi, auch 
diese GalM> dem hl Orvlensv,iter Benedictus zu weihen. 



Schottenstift, Schobstikafi^t iSSo. 



P. CÖLESTIN. 



INHALTS-ÜBERSICHT. 



Seite 

Vorwort VII 

ERSTER THEIL. 

Das Leben des Giovanni Gerscn. 

1. Jugendgeschichte 3 

2. Benediktiner 5 

a. Mönch 6 

b. Abt 9 

ZWEITER THEIL. 

Gersen's Schrift de Imitatiope Christi. 

Uebergang 19 

ERSTER ABSCHNITT. 

Charakterisirung der Nachfolge Christi. 

A. Titel und Inhalt '. 20 

Der Weg der Reinigung (Irait. B. I. und II.) .... 1 22 

Der Weg der Erleuchtung (Iniit. B. III.) 27 

Der Weg der Vereinigung ^Imit. B. IV.) 33 

B. Vortrefllichkeit der Imitatio 37 

ZWEITER ABSHNITT. 

Die Frage nach dem Verfasser. 

A. Der Streit ", 43 

I . Die verschiedenen »Verfasser« der Imit. Christi 44 

Johannes Scotus Erigena, Bernhard ' 45 

Gerso Giovanni 46 

Innocens III., Scoto Giovanni, Thomas Gallus 47 

David von Augsburg, Bonaventura, Ubertin von Cassalis 48 



S«ite 

Petrus de Corbario, I^udolf von Sachsen 49 

Kaikar 50 

Hilton Walther, Humbert, Martinus Carthus., Giovanni Michelc 51 

Joannes Paumerii, Rickel Dionysius $2 

Johann von Kempen, Gerson Johann (Kanzler) 54 

Gerson Johann (Bruder des Kanzlers) 61 

Thomas Hamerken . 63 

A. Die Beweise für Thomas 64 

Handschriften 64 

Drucke 69 

Zeugen .............. 69 

Innere Gründe 75 

B. Unsere Beweise gegen Thomas 7^ 

Argumente hergeleitet aus der Persönlichkeit des Thomas 78 

Argumente gezogen aus dem Verhältnisse der ächten Schriften des 

Thomas zur Imitatio 83 

Unbekannter Verfasser des XIII. Jahrhunderts in Italien 96 

Pessimisten und Unentschiedene, Ansicht des Abb^ Mercier 97 

Die Spruchsammlungshypothese, französisch oder deutsch als Original ... 99 

2. Die Geschichte des Streites 99 

Das erste Jahrhundert des Streites 99 

Das zweite Jahrhundert ..117 

Das dritte Jahrhundert 124 

B. Der Beweis des Gersen 146 

1. Aeussere Gründe 146 

Manuscripte 14^ 

Drucke 157 

Citirungen 16 1 

Zeugen 166 

2. Innere Gründe 172 

Der Verfasser der Imitatio ein Italiener 172 

Der Verfasser der Imitatio lebte im XIII. Jahrhundert 185 

Der Verfasser der Imitatio war ein Benediktinermönch 198 

Anhang 207 

I. Codices manuscripti der Imitatio 209 

Oeffentliche Bibliotheken 209 

Kloster-Bibliotheken 226 

II. Handschriftliches Material über die Imitatio 241 

III, Tabellarische Uebersicht der Controversisten und ihrer Schriften . . . 254 

IV. Facsimiles. 



I. THEIL. 



DAS LEBEN 



DES 



GIOVANNI GERSEN 





i bei so vielen, die auf die Nachwelt einen dauernden Einfluss 
us^eubt und lausende gebildet und belehrt haben, der I-'aU ist, 
iiss wir über ihr eigenes Leben und ihren Bildungsgang wenig 
oder gar nithts wissen, das gilt auch von dem Verfasser der 
Imitatio Chiisli Johann Gersen Das darf uns nicht befremden, über das 
tiegentheil muMte man si<.h mehr verwundern. Gersen gehört dem Mittel- 
aller an, in welchem die Sorge um Aufzeichnung geschichüicher Daten sehr 
gering war er ist cm Kloslermann, und ein Kloslerleben verläuft, selbst wen« 
es innerlich das reichste und inhaltsvollste ist, doch nach aussen still und 
geräuschlos; ja Gersen ist nicht ein Klostermann gewöhnlicher Art: er besitzt 
die Tugenden eines wahren Religiösen, Bescheidenheit, Demut, zurücktretendes 
Wesen in besonderem Grade, er hat ja das goldene Wort gesprochen'): >Ama 
nesciri«, »Habe lieb, ungekannt zu sein«. Trolzdem besitzen wir Nachrichten 
genug itber unseren Asketen, um uns aus denselben sein Lebensbild zusanimen- 
£u stellen. *) 

Gersen«) Gio 



i wurde geboi 



1 Canabacum, dem heutigen Dorfe 



16(^4; 1 



I) Im. Chr. !. I. c, 2. n. 3. 

•) er. Valgraviu», Vita GcrsenLs el eloeium libri cum kone. P 
lieri, Notixie storriche e bibliogiaphiche di GL Ceisen di Cavaglia. Rom 1S09. p.ig. 
387—348. Can. PLetro Canelli, NilLzie biographiche di Giov. Gcrsenio , nbbnle di S. 
Siefano in Verceili. Vercclli 1876 und tiemrdinßs sehr vermehrt, 1879; G(risarj L d. Zcit- 
schrifi rur knth. Theologie. Innsbruck 1877. tlefi 3. Seile 481— 87. 

■) Uct Name Gersen hat verschiedene Ableiliiiigen erfahren. Wcfgl , Denkschrift 
S. an, findet Name und Furm deutsch. Gor = ordor, propensio. Gersen (girsen)- heftig ver- 
langen ; daher die Worte geni, gierig. Dagcgsn polemisirt Meltn, DcUa conlrovcrsia , pag. 87 
und 197. Er behauptet, das W»rt sei ilalieniach nach Analogie von Ognibin, Dabbin, 
Serin etc. Gersen ausgebrochen worden, Und Uole eigentlich Gerseni, Ger^enni. Wunderlich 
zum mindeslen isl die Ansicht der Tbomisleii Amort (Ded. crit. 150; Moral. ceH. pag. 87) 




i 



('avoj<lia ) im Vcrccllcn«ischcn*j , am Ende des 12. Jahrhunderts. Heute 
n(K:h zeigt man in diesem Dorfe die Einschiebt Dei Campi, welche Eigen- 
thum der Familie Gerfcn war und ab Geburtsort unseres Gersen verehrt 
wird. Au<:h fmdet man in der Umgegend noch I^ndleute mit dem Namen 
ifCtncn, (ihirnjcn oder Garson.*; Und diese guten I^ute haben heute noch 
dic! Gewohnheit, in jeder Familie einen der männlichen Descendenten Gio- 
vanni /ii nennen, au» gewollter und bewusster Ehrfurcht g^en ihren Lands- 
mann, (\t:u Giovanni Gersen, der die Nachfolge Christi geschrieben. 

lyeider iiit e% uns versagt, einen Blick zu werfen in die schönen Tage 
dirr iinentweihten Jugend unseres Gottesmannes. Eine Lokaltrad ition lässt 
ihn dirn cr%len Unterricht in dem Kloster St. Vincenz und Anastasi'us, welches 
uifi l'riorat von St. Stefan war, erhalten.*) Wenn ja diese Ueberlieferung eine 

utui MultfU (Rt:L\urrc\it%. tfois, ed. p. 252.) Gersen sei nichts anderes als ein Epitheton des 
fiftinftt, «U-f uititr den Deutschen verbannt gelebt habe. Bei den Israeliten habe das Land 
#Vf V«'ffw«hUMj^ Otfcwrn geheissen, daher sei der verbannte Gerson auch Cessen oder Gersen 
/uimtttttmt wtrtdcn, »Cette conjecture tr^- plausible (!) est confirm^, sagt Malou l. c, par 
|r* if»M ri jHi'/fi« du manuncrit d'Arone, qui attribui trois fois l'Imitation a Gesen et k Gessen 
H ittttr kful«: fiu k Ger»en« ! Der Name Gersen dürfte schliesslich doch ein deutscher sein, 
WIM IatI ilrrn reffen wiAKenschaftlichen und politischen Verkehr der Deutschen mit Italien nicht 
HuHHiUfi %dfi kann. «Noii loin de Verceil est une ancienne colonie d'emigr^ allemands, qui 
f»iif<#rd'hui «Tficore parlent la langue tudesque. II est tr^ possible que Jean Gersen ffit issu 
da M'lü? oilonie allemande, comme son nom semble Tindiquer.« Kohrbacher, Histoire uni- 
vif^rlle de IVgli*e calholique. Deux. ed. Paris 185 1. tom. 18 pag. 479. 

' j Den Ort Canal>aclim erwähnt schon eine Urkunde Otto's l. vom 29. Jänner 963. Canetti 
I. L |#flg, 5. DaMi al>er das alte Canabacum oder Cab.illiacum identisch sei mit dem heutigen 
< '«Vüfftia erhellt aui mehreren authentischen Dokumenten und ist unter anderen in Luigi Bruzza's : 
I^ri/Joni antiche Vcrcelle«i. Rom. 1874 pag. XC seq. 2 unanfechtbar dargethan. Strittig ist 
imr dU: Ableitung. Der gelehrte Orientalist Guiseppe Flecchia will als die ursprüngliche Form 
''iilHilli<M.ufn « terra dei caballi und beruft sich auf Plinius, nach welchem das Cavaglia benach- 
\mtUs IvreiMThe Volk berühmt war durch seine edlen Pferde. (Di 'alcune forme ne' nomi locali 
dill' lialia •u|uriore. Torin. 1871. Aus den Berichten der Turiner Akademie ser. II. tom. XXVII 
M|w»Ht gedruckt.) Mella dagegen stützt sich auf die Wurzel cav und erklärt cavanac, die ursprüng- 
Mi lie Kurm, gleich bedeutend mit »Borgo delle cave.« Diesen Namen • Grubenkastell« habe C. er- 
htillrn, weil nach Strabo (1. 5. c. i. n. 12. Didot. 1853) und Plinius (Nat. bist. 1. 3. c. 17) 
viele (;old- und Silberbergwerke dort waren. Della contr. p. 89 und 198. 

^) «Cavaglia dal IX. al XIV. secolo fu sotto la giurisdizione religiosa e civile dei Vescovi 
dl Vercelli.« Pletro Canetti, Notizie . . Vercelli 1879 p. 4. 

■) So berichtet schon Gregory (Histoire., tom. II. pog. 14. sq ) und neuerdings der 
Cftfioiiku» Pletro Canetti, welcher in Vercelli selbst lebend und schreibend, hierin jedenfalls 
UktMiiterrlchtct iHt. Er schreibt 1. c. pag. 10: »Ia famiglia dei Gersen abita non pro- 
|iiliiniriite il iMirgo di Cavaglia, ma una sua frazione dei Campi. Vi si visita tuUavia la 
MMidekta cn»a in cui si dice esscr nato il venerabile abbate Giovanni Gersen , c in quelle 
vlt'Uwin/i« iti trovnno tuttora onesti contadini col nome die Gersen, Ghersen o (Jarson.« 

*) Diiscs Filialkloster von »S. Stefan, errichtet zur Erziehung und zum Unterrichte der 
Jugend in der Umgebung, lag auf einem sanften Hügel in der Nähe von Cavaglia und ist es 
t*Hher mehr als wahrscheinlich, dass der junge Gersen hier den ersten Unterricht der frommen 



richtige ist, so geht doch das übereinstimmende Urtheil der Historiker dahin, 
dass Gersen bald zur weiteren Ausbildung in das Mnitctkloster St. Stefan 
der Ciladelle zu Vercelli versetzt worden ist.') 

Vercelli bot damals einem empfänglichen Sinne allseitige Anregung und 
Gelegenheit zur Vertiefung in jegliche Wissenschaft. Es bestanden da nicht 
weniger als drei gelehrte Schulen, unter denen sich die Klosicrschule von 
St. Stefan befand. Kein Wunder, wenn in Vercelli reiches wissenschaftliches 
Leben und Streben herrschte, welches durch die Uebertragung der General- 
studien von Padua na:^h Vercelli mächtigst gefördert werden musste*). Be- 
sonders bot aber Vercelli reichste Nahrung für einen mönchischen, asketischen 
Geist wie Gersen war. Schon durch den heiligen liusebius wurde das ge- 
meinsame Leben der Geistlichen in Vercelli eingeführt, welches der heilige 
Maximus in so begeisterten Worten schillert. •) Ausserdem halte der Ver- 
cellcnser Orico dem Humiliateii- Orden eine Constitution geschrieben und 
denselben in seiner Vaterstadt eingeführt. Bischof Giacomo dei Vialardi ver- 
pflanzte die .\ugiistiner- Eremiten nach der Stadt des hl. Eusebius, sowie eben- 
daselbst auch die Franziskaner schon gleich von ihrer Gründung an eine 
Nieilerlassimg halten. Auch Dominikaner und Karineliten finden wir zu 



Välcr crhslten hnl. L'rkunilen über diises Kloster reichen bis ins Xt. Jnhrhunilert hiiinuf. 
Duraiidi, dctl' anliin cuodi/ione de I Veredlest. 1766. pog. 126—18. L'existeticc de et iiüvi- 
cial est reeie , sag! Gregory hislaire 11. pag. 15, car on voil encare les Testes de l't'gliäe 
golhiijne sar iine colline pit& du village; aiijourd'hui 011 l'apclle In CtimoiBnderic ilc Salnt- 
Vincent, et eile e«l posaedSe par les Feirero de la Marmoia , princes de Masserano«. 

■J Wir besitzen eine werlhvolle Monographie Übet dieses Kloster von Pietro Canetti. 
L'abl>aiia benedictina äi H, Stefano in Vercelli. Vercelli 1875. Als Appendix ist beigegeben 
die Reihenfolge der Aebte von S. Stefan nach dem gcschfiwlen Geschichls werke des Bischofs 
Uella Chiess: S. R. ecclesiae cardiaalium , aichiepiscoporum et ibbatum Pedemonlanae regionis 
cbronologics historia aucture franc. .\ug. ab Kcciesia, Saluslieiisi epiacopo, Taurini, 1645. 4". 
Auch Gregory, histoire du Vetcellais handelt lom. I und IV. aiufuhrlicb darüber. Muralori 
(Antiquit. Ilttl, med. neui) und Irico (Hislor. Tridineiuis tom. V. p. 20) betichlen, und i*ar 
ganz zufällig von der Taxe, welche das Kloster nach Rom Euhlte : ebenso erwähnen diese Abtei 
Gabriel Pennolus, Hisl. tripan. L. Ilt. c. 45. pag. 745 und Augusiia Lubin , Abbatiaruro 
Italiae breuis notitia. Romas 1693. IV. 415. 

•) Diese Uebeilragung geschah izz8. Der Act, mit welchem die Commune von Vercelli 
ihren Püdesli Rainatdo Trotlu beauftragt , die Verlegung der Studien 2U veranlassen , macht 
der Einsicht und der Bildung der Vercellcnser- Bürger des 13. Jahrhunderts alle Ehre. «Quia, so be- 
ginnt das diesbezügliche Schriftstück in den Statuta Communis Vercelbtum, Vercellis 1541, 
fol. 61, nil ulilius, nil pulctius quam scientiae literarum et studiorum et aliis artihusel scienlüs 
in'istere, per quae homioes nobilitantur el pauperes diviles efüciuntur, civilalesque et loca, ubi 
sludia in »rtibus et scientÜs praedictis vigent, prae caeleiis decorantur . . . slatutum ... in 
civilate Vercellarum sit et esse debeat semper el in perpeluum sludium generale». Vgl. noch 
Prof Luigi lialliano, della Universilä degli studi di Vercelli nel medio evo. Vero^lli 1S6S. 

') 'In diuersorio iUo non tarn hominum congregalio quam uirlulnm.' S. Maximns 
Serm. V. sup. Euseb. Opp. pag 891 cd. Mignc EVI? 1S47. C(. S. Arabrotii episl. LVI. 
% 68. lom. II. pag. loSS ed Maur. 



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Vercelli im 13. Jahrhundert ansässig. So wuchs also gerade im 13. Jahr- 
hunderte wie allenthalben so besonders in Vercelli das Mönchthum frisch 
und lebendig empor und trieb auch reiche Blüthen und brachte gute Früchte.') 
Von entschieden grösserer Bedeutung als die genannten Orden war der des 
hl. Benedict, welcher in Vercelli durch das Kloster St Stefan der Citadelle 
vertreten war. Nach dem Historiker Markus Aurelius Cusano*) und dem 
Annalisten der Benediktiner Mabillon^) fallt die Gründung von St. Stefan in 
die allererste Zeit des Benediktiner-Ordens und soll der hl. Maurus auf seiner 
Durchreise nach Gallien die Gründung dieses Klosters veranlasst haben durch 
ein Wunder, welches er in Vercelli gewirkt.^) Das Kloster blieb in den 
mannigfachen Wirrsalen durch alle Abfolge der Zeiten dem Geiste des hl. 
Benedikt getreu^), und heben wir nur hervor, dass zu Anfang des 13. Jahr- 
hundertes ein Abt desselben Giovanni Scoto erwähnt wird, dem in dem von 
Monsignor Franc. Aug. Della Chiesa benützten Instrument das auszeichnende 
Epitheton »dottore insigne« beigelegt wird. In diesem Kloster St. Stefan 
und in dieser Umgebung voll religiöser Weihe, voll Liebe zur Wissenschaft 
musste Gersens empfänglicher Sinn immer tiefer und tiefer sich hineinver- 
senken in die rechte Kenntnis und sich dann von den Tiefen der irdischen 
Erkenntnis zu den Höhen der rechten Gotteserkenntnis erheben. 

Welche Officien der Sohn des hl. Benedikt und Priester Gottes ausgeübt 
hat, darüber finde ich die Schriftsteller nicht einig; es sei denn in dem, dass 
er das Amt eines Lehrers versehen habe.") Von den verschiedenen Lehr- 
fachern, welche dem Gersen zugetheilt worden sind , scheint mir das ganze 
Lebensbild und die Imitatio das Amt eines Novizenmeisters und Lehrers 
der monastischen Jugend in der mystischen Theologie am meisten zu recht- 
fertigen.') Jedenfalls hat Gersen in St. Stefan sehr eingehende biblische 
und patristische Studien gemacht. Davon gibt uns Zeugnis sein Werk, 
welches ja ganz mit Stellen der heiligen Schrift, der Väter und der Regel des 



*) »Questi uomini cosi chiari per virtu religiöse, come si provano lo spirito, la tendenza 
di quella et^, cosi ci spiegano lo sviluppo che in particolare vel seculo XIII ebbero le istituzioni 
monastiche in Vercelli.« CaneUi 1. c. pag. 49. 

*) Discours cap. 85. 

■) Annales Bcnedictini tom. III. ad. an. 961. 

*) Cf. Antonio Ranza, del miracolo fatlo in Vercelli da San Mauro al 17 marzo dell' 
anno 543. Vercelli 1784. 

*■) Canetti, L'abbazia benedcUina di S. Stefano in Vercelli pag. 9 ; Mandelli, II Com- 
mune di Vercelli. vol. III. (Abbazia di S. Stefano). 

*) So lässt Gregory (Weigl. Denkschrift pag. 33) unsem Gersen Moral tradircn; 
Mella (Della controv. Gerseniana, Frato. 1875, pag. 108) das Decretalen recht lehren, während 
Butzelin (Menolog. Benedict. Veldkirchii 1655, pag. 807) einfach von ihm sagt: »Theologicam 
conscendens cathedram.« 

^ Man en.vägc nur die eine Stelle 1. I. c. 20. n. 5: «Si in principio conuersionis tuae bene 
illam (cellam) incolueris et custodieris, erit tibi postea dilecta amica et gratissimum solatium.« 




heiligen Benedikt und aus der Messliturgie durchwoben ist und besonders die 
heilige Schrift in einem Grade beherrscht und mit einer Leichtigkeit anwendet, 
die uns wunderbar ist.') Auch sonst tnitsseu wir aus dem Buche auf einen 
reichbegabten Auetor, auf einen scharfen Beobachter und genauen Kenner des 
menschlichen Herzens bis in seine tiefsten Tiefen schliessen. Er ist in den 
theologischen und philosophischen Disciplinen wohl zu Hause. Er handelt 
von der Gnade*), von der Prädestination, von den Sakramenten der Busse 
und der Eucharistie, sowie von der allerheiligsten Dreifaltigkeit. 

Wie sich also diese Sache immer verhalten möge, Gersen hat jedenfalls 
seinen Posten aufs trefflichste ausgefüllt und sich einen grossen Ruf als Ge- 
lehrter und Geistesmann erworben. Das bestätigt uns das Zeugnis des Meno- 
loginm Benedictinum und die Liebe, mit der Her Sera])hische unserem Gersen 
seine beiden besten Schüler zur Ausbildung im geistigen Leben übergeben hat. 
Bucelin schildert Gersen als einen Mann >von ausgezeichneter Wissenschaft und 
bedeutendem Rufe, er nennt ihn »eine Leuchte unter den Theologen seiner 
Zeit*.') Kein Wunder, wenn der hl. Franziskus bei seinem längeren Aufent- 
halte in Vercelli (lais) unsern Gersen kennen und schätzen lernte und ihm 
dann seine beiden Lieblingszöglinge Anton von Padua und Adam von Marisco 
anvertraute. Der Annalist des Franziskaner-Ordens, Lukas Wadding aus Irland, 
erzählt uns die Sache wie folgt*): .Ut soüdius et grauiori fundamenlo gratiam 
pracdicandi exerceret (Fr. Antonius), uoluit {St. Franciscus) , ul sub abbate 
Vercellensi apud sanctum Andream (Ordinis tunc st. Benedicti, ul eius insti- 
tuti iiiri conlendunt, siue Canonicorum regularium St. Augustini, ul ipsi decer- 
tant et <juorum modo est habitatio) mysticam audiret Iheotogiam.t In 
diesem Zeugnisse ist ein Zweifaches hervorzuheben. Das eine ist, dass Wad- 
ding diesen ganzen Vorgang in's Jahr iixs verlegt, das andere, dass Fran- 
ziskus den Antonius zu einem »Vercellenser-Abt« in's Studium geschickt habe. 
Darauf reducirt sich aber auch das Wahre an diesem Zeugnisse; denn es 
miiss als irrig bezeichnet werden, dass dieser Schüler in das Kloster St. An- 
dreas geschickt worden ist. Nicht nach St. Andreas, sondern in das Stift 
St. Stefan wurde dieser Antonius geschickt, und nicht zu einem Augustiner-, 
sondern zu einem Ben ediktin er- Abte. Das letztere deutet wohl der Annalist 
selber an, indem er sagt: i Ordinis St. Benedicti, uel ut alti uolunt Sancti Au- 
gustini' ; und auch betreffs des ersten Punktes ist unser Gewährsmann ent- 
schuldbar wegen Mangels an Quellen. Nunmehr aber durch eine Reihe aus- 



') Wer sidl liavoD Ulietieugcn 
Ausgabe (Us Codex de Aduocalis illiu 

') Heben ja doch die Janseiiis 
herbeigezogen und unseren Getsen alli 



will , sludire die Nolei 
irt hat. Paris 1823, 
■n auch die Cnadenichi 
i Ernst« lu einem Ji 



■ Magni Hominis siimmaeque erudilionis ( 
tempoiis splendidum 5idus,< 1. c. pag. 807. 

*} Aminlei Minomm. nd unn. iizi. tom. 11 



religiönis 
pug, 48, 



t welchen Gregory seine 

Imitalio für ihr System 

machen wollen. 

. . . Iheologorum sui 



J 



8 

gezeichneter Geschichtsforscher die Vercellenser-Geschichle aufs sorgfältigste 
(luellenmässii; erforscht worden ist, ist auch sicherlichst festgestellt, dass es 1222 
noch keinen »Abt« in St. Andreas, welches eben errichtet worden, gegeben 
hat, sondern nur einen Prior, bis endlich 1226 dem Thomas »Gallus« (weil 
er früher zu St. Victor in Paris war, so genannt) der Titel »Abt« verliehen 
worden ist. *) Daher konnten die beiden Schüler des hl. Franziskus nur 
zum Abte von St. Stefan geschickt worden sein. *) Schon a priori müsste 
man, was die Geschichte bezeugt, annehmen. »St. Franziskus von Assisi 
war ja 1214 oder 1215 persönlich in Vercelli gewesen. Da er später seinen 
Schüler Antonius dorthin zu seiner geistlichen Ausbildung schickte, sollte er 
nicht in den Mauern des hl. Benedikt den Mann kennen gelernt haben, dessen 
Geistestiefe und Frömmigkeit ihm geeignet schienen, die in Antonius hervor- 
tretenden Gaben zur Reife zu bringen? Welchen Lehrer mochte Franziskus 
einem Mystiker von jener Liebe zu Kreuz, Armuth und Verachtung, wie sie 
in der »Nachfolge« weht, vorziehen? Lst doch darin in der schlichte.^ten und 
zugleich erhabensten Form sein eigener Geist verkörpert!«*) Bestätigt wird 
dieses Factum noch durch einen Brief, welchen in unserer Angelegenheit Francis- 
cus an »Johann« in Vercelli*) geschickt hat, sowie uns auch ein schönes 
Zeugnis des Gersen über Antonius erhalten ist. '*) Dabei ist keineswegs ausge- 
schlossen, dass Antonius auch den Thomas Gallus, der sich als Gelehrter einen 
grossen Namen gemacht hat, kannte, zu ihm freundschaftliche Beziehungen hatte 
und so gewissermassen als Schüler des Thomas bezeichnet wird ; nur war dieser 
nicht derjenige, an den Franziskus seine Schüler sandte. •) 

*) Dieser Gallische Thomas hat überhaupt viel Verwirrung angerichtet. Possevin, 
Oudin und selbst Gregory halten ihn fUr einen Benediktiner und sein Kloster für ein Bene- 
diktincrkloster. Daher auch Bcrnhnrd Pez mit Recht über ihn bemerkt (Thesaur. anecd. 
tom. IL pag. i.J: >Vix de uUo auctore in hac nostra coUectione tractauimus, cuius res gestae 
adeo perplexae ac obscurae sint quam Thomae Abbatis Verccllarum«. Den Beweis, dass er 
Augustiner war und das möglich Sichere über sein Leben bei Canetti, 1. c. p. 81 ff. 

*) Vgl. Canetti, Notizie pag. 53 — 80, wo gerade diesem Punkte eine ausführlichste 
Beweisführung gewidmet ist. 

■) Zeitschrift für kath. Theol. Innsbruck 1877, Seite 486. 

*) ^Extat eiusdem seraphici p.itris ad Juhannem super hoc ipso digna lectu cpistola.« 
Bucelin 1. c. pag. 807. 

*") «Frcquenter amor penetrat, ubi cognitio physica foris stat. Legimus quosdam sanc'.os 
episcopos minus imbutos fuisse physicis doctrinis , qui et mysticam theologiam captu mcntLs 
haurientes caelos penetrabant omnem physicam cognitionem subitilissime transscendentes usque 
ad beatissimam trinitatem. Quod et rgo in s. Antonio de ordine Minorum expertus sum. Qui 
cum esset minus imbutus literis saecularibus, animi puritate et mentis ardore succensus, mysticam 
theologiam captum mentis excedentem et feruenter desiderauit et abundanter hausit, ut possim 
dicere de eo, quod de Joanne Baptista scribitur: Ille erat lucema lucens et ardens; amore 
ardebat interius et exemplo lucebat exterius.« Bucelinus 1. c. 

*) Wie ja auch die in obiger Anmerkung mitgetheilte Stelle aus der Hierarchia mystica 
genommen ist, die viele lieber dem Thomas Gallus als Gersen zuschrtiben. 




■ In dem eben Erörterten Iriit uns Gersen bereits als Abt entgegen. 
Die äbtiiche Würde unseres Gersen ist sattsam bezeugt. Der beriihmte Ge- 
schichtsschreiber Augiislin della Chlesa, Bischof von Saliizzo, hat die Bischöfe 
und Aebte Piemont's zum Gegenstände eingehender Studien gemacht und 
auch den Katalog der Aebte von St. Stefan geTunden; Napione hat dieses 
handschriftliche Verzeichnis der Vorsteher des Benediktinerklosters zum hl, 
Stefan noch zu Anfang dieses Jahrhunderts gesehen Durch die Unbilden 
der Verhältnisse ist aber dieses Verzeichnis entweder zu Grunde gegangen 
oder doch bis nun nicht wieder aufgefunden worden. Um so mehr sind 
wir daher dem Della Chiesa für die Aufnahme des entdeckten Katalog's der 
Aebte von Vercelli in seine Historia Chronologica episc. et abbat, Pedem. 
verpflichtet. Die Zeit des Abithums unseres Gersen gibt unser Gewährsmann 
approximativ um 1330 an und ist die gewöhnliche .Ansicht, Geisen habe 
etwa 1220 -1245 die äbtliche Würde bekleidet. Dem steht nun allerdings 
gegenüber der von imscren Gegnern oft angezogene Historiker Mandelli, 
welcher in seinem Verzeichnisse Gersen nicht anführt. Aber dieses Factum 
lässt sich leicht erklären und verwandelt sich sogar in ein Argument gegen 
unsere G^ner. Mandelli ist der Abikatalog, wie ihn Della Chiesa benützen 
konnte, nicht zur Verfügung gestanden, sondern er hat, wo er immer bei 
seinen antiquarischen Studien einen Abt von St. Stefan zu Vercelli gefunden 
hat, sich denselben notirt und so ein Verzeichnis zusammengestellt. Ist es 
da nun gleich sehr bedauerlich, dass er Gersen nicht erwähnt, so miiss man 
doch hinwiederum bekennen, dass Gersen nicht der einzige Abt ist, den er 
übergangen hat, sondern dass das Register mehrfach niank ist, wie denn 
auch für die Regierung unseres Abtes in Mandelli's Calalog der Raum frei- 
gelassen ist. So verhält es sich mit diesem Verzeichnisse, auf welches sich 
unsere Gegner viel lieber berufen, als auf das des Della Chiesa. Als Abt 
schon hat Gersen auch die Imiiatio Christi geschrieben. Einestheils war ja 
wahrscheinlich »der demüthige heilige FranEiskuss nimmer am Leben und ander- 
seits kann man das aus vielen Stellen des Buches lesen. Man hört ihn den ehr- 
würdigen, geläuterten, in vieler Trübsal und durch Leiden nur um so reiner 
gewordenen Abt, zu seinen geistlichen Söhnen sprechen, wenn es heisst: ') 
»Mein Sohn, wer sich dem Gehorsam zu entziehen strebt, der entzieht sich 
der Gnade, und wer l'rivatinieresse sucht, verliert das Gemeinsame.- So 
ernst und eindringlich die eben citirten Worte mahnen, eben so liebevoll 
und freundlich tröstet der sorgsame Abt seinen zaghaften Schüler:*) »Was 
fürchtest Du, das Kreuz zu tragen ... Im Kreuze ist Heil, im Kreuze ist 
Leben, im Kreuze ist Schutz vor den Feinden, im Kreuze ist Einflössung 
himmlischer Lieblichkeit, im Kreuze Kräftigung des Gemüthes, im Kreuze 



') lU. 



lO 

Freude des Geistes, im Kreuze der Inbegriff der Tugend, im Kreuze die 
Vollendung der Heiligkeit. . . . Nimm also dein Kreuz und folge Jesus 
nach und du wirst in's ewige. Leben eingehen!« Hat er da einem Schwer- 
beladenen das Tragen seines Kreuzes erleichtert, so hören wir unsern Abt 
auch alle seine Brüder zu dieser Liebe zum Kreuz ermuntern. Niemand als 
der Abt konnte ja die folgenden Worte an die Brüder richten: *) »Wohlan 
denn, Brüder, wandeln wir mit einander fort : Jesus wird mit uns sein. Jesus 
wegen haben wir dieses Kreuz auf uns genommen, Jesus wegen wollen wir 
im Kreuze verharren. Er wird unser Helfer sein , der unser Führer und 
Vorgänger ist.€ Und wie schön belehrt der liebe Vorstand seine Ordens- 
gemeinde über die Pflichten eines guten Religiösen, *) wie predigt er den- 
selben so eindringlich Liebe zu einander, dass einer die Fehler des Andern 
ertragen müsse, •) dass man nichts besseres thun könne , als Eintracht und 
Frieden halten,*) Gehorsam beobachten^) und Selbstverleugnung üben.«^ 
Wie steigt so eindringend tief in's Herz hinab die an letzter Stelle erwähnte 
Mahnung zum Gehorsam und zur Selbstverleugnung, wie muss der weise 
Vater den Jünger ganz gefangen nehmen, wenn er beginnt'): »Mein Sohn, 
nun will ich dich lehren den Weg des Friedens und der Wahrheit. . . . 
Befleisse dich , vielmehr den Willen eines Andern zu thun als den eigenen. 
Erwähle immer eher weniger als mehr zu haben. Suche immer die nie- 
drigere Stelle und allen unterthänig zu sein. Wünsche immer und bete, 
dass der Wille Gottes vollkommen in dir geschehe. Siehe, ein solcher Mensch 
geht ein in die Grenzen des Friedens und der Ruhe!« Wenn auch der 
Verfasser der Imitatio zum unsäglichen Vortheile des Buches mit allem 
Persönlichen ganz zurückhält **), so glauben wir doch, die angeführten 
Stellen auch mit als Beweis für die äbtliche Würde ihres Urhebers an- 
führen zu können , sowie uns auch festzustehen scheint, dass das Meiste 
von dem, was der Auetor der Nachfolge Christi uns bietet, selbstgelebte 
Erfahrung sei. Die übergrossen Freuden der Seele, welche er so wahr 
beschreibt, das Glück des stillen und vertrauten Umganges mit Gott, 
welches er so anschaulich schildert, er muss es selbst gefühlt haben. Aber 
auch die schmerzlichen Klagerufe eines tiefleidenden Herzens, wie wir sie in 
unserem Büchlein hören, sollten sie nicht treue Wiedergabe dessen sein, was 
der gottgeweihte Auetor selbst schmerzlich hat empfinden müssen ? Gersen 
soll mit der äbtlichen auch eine höhere weltliche Würde vereint haben ; einige 
lassen ihn nämlich Consul der Stadt Vercelli sein. Das Wahre dieser Be- 
hauptung lässt sich etwa auf folgendes zurückführen. »Mit dem Jahre 1169 



») m. 56, 6. «) I. 19. «) I. 16. *) II. 3. *) I. 18. «) m. 23. ') 111,23,6. 

*) Nur sehr vereinzelt bricht dasselbe durch. So wenn es gelegentlich der Mahnung, 
den Menschen nicht leichtlich zu glauben heisst: »Ich bin es gelehrt worden zu meinem 
eigenen Schaden, und wollte Gott zu grösserer Behutsamkeit.« B. III. 45, 4. 



ist in Vercelli eine von Bürgern gebildete Societas s. Stephan! nachweisbar. 
Sie fasste die Interessen der Stadt in's Auge und besnss einen ständigen Ver- 
Ireter in der Commiin.il Verwaltung, welcher Cansul der Socielll genannt wird. 
Die SpiUe der Vereinigung bildeten immer die Aebte von St. Stefan, thcils 
in Folge des klösterlichen Reichthnms, iheils wegen ihres moralischen Ge- 
wichtes, Der gewohnte Einfliiss auf die Leitimg der Stadt wird also auch 
dem Johann Gersen als Abt zugefallen sein.» ') Stellen in der Nachfolge 
scheinen anzudeuten, dass Gersen auch in dieser Richtung thätig war.*) 
Das Todesjahr unseres Gersen bestimmen die meisten Historiker auf 1245,' 
weil da im Verieichniss des Della Chiesa ein neuer Abt Fietro erscheint. 
Auch über den Tag seines Hinganges und seines Gedächtnisses finde ich 
die Benediktinermenologien von Butzelin und I.cchncr uneins. Bucelinus ') 
handelt vom Able Gersen ausfdbrÜch unterm 27, November, während hin- 
gegen Petrus I.echner*) denselben aufführt unterm 3. Juli. 

Abt Gersen wurde nie canonisirt, nur in einer Handschrift, dem Codex 
Parmcnsis, wird er ausdrücklich «heilig« genannt; die dankbare Nachwelt gab ihm" 
den Namen des Ehrwürdigen. Leider müssen wir gestehen, dass wir mit den 
letzten Worten viel m viel behaupten. Noch Ende des vorigen Jahrhunderts 
ist Gersen vielfach als ein Phantasma mit groben Verläumdungen wie mit 
beissendem Spotte und Hohne bekämpft worden, und auch bis nun wird 
seine Existenz oftmals angezweifelt, von der Anerkennung seiner Rechte auf 
das goldene Büchlein ganz zu schweigen. Der regulirte Chorherr Johann 
Fronteau spricht von Gersen immer nur als: nemo, nihil, umbra, lariia, Phan- 
tasma, tanti nominis umbra; Gabriel Naudtf legt ihm den Ehrentitel: .\bbas 
stramineus bei, und ein anderer Thomist hatte den geistreichen Einfall, auf 
der zweiten Seite seiner s Dissertation ^ unsern Abt todt und aufgebahrt dar- 
zustellen mit einer hämischen Todesanzeige.*) Heute ist die Form dessen, 
was man in unserer Frage schreibt und behauptet, eine polittere, aber die 
Sache bleibt sich so ziemlich gleich. i-Die verbreiteten deutschen Encyclo- 



') G(rüiar) 1. c. S. 487 Vgl. Csnelli, L'abbazia Bencileltina. Vercelli 1875, pag. 14, (T. 

') Vgl. Mella, der diesbeilißlich auf Im. I. 8, t ; 31, 3: lO, I; ij, 3 verweist 
uml hinzufügt: -e sopra lutlo la si (ina ntpericnia del iiiondo. [KiIrssDO apcriamenle il savio 
«onsole dclla palria repubblica. . Della conlrovcrsta p. 1S4. 

') Mcnologium tjenediclinum. Opern Gabr. Buccliiii. Aug. Vind. 1656 pag. 807; 
iVetcellis in Isubria VenerabiKs uiri Joannls Gersen de Cnnalmci» uulgo Cnvoglia prope Vcr- 
ccIIbs nbbalis s. Slefani magni nominis summat-que erudiliunis et rcligionis lliri . . .• 

*) Ausführliches Martyrologium des Bcnedlkllner Ordens. Augsburg 1855 S. 363: 
• In Vercelli in Italien des frommen Johannes Gersen de Canabaeo, Ablcs von Sl. Stefan, 
eines Mannes von grosser Weisheit, Salbung und Gelehrsamkeit, in dessen Schule <lcr sera- 
phische Frani von Assisi seine ausgeieichneten Schiller Anluti von Padtia und Adam um 
Mariskci sendete'. 

') Causac Kempensiä conieclio. ParisÜs Scb. Ciainuisy. 1651. Eine annnyiiic -Schrifl. 



I 2 



pädien,^ schreibt Grisar , *) »machen mit ihren Artikeln über unsere 
Frage vielfach fast den Eindruck einer allgemeinen Verschwörung gegen 
das Dasein Gersens. Kv ist ihnen offenbar nichts als ein Schreibfehler für 
Gerson, *) oder, wenn es noch gut geht, eine zweifelhafte Person,') von 
der es bis auf den heutigen Tag noch nicht nachgewiesen ist, dass sie existirt 
habe.*) Noch im Märzheft der Precis historiques von diesem Jahre (1877) •*•) 
erscheint Gersen als ein mythisches Wesen, welches nur in dem Gehirn 
einiger Schriftsteller entsprungen sei.« Dass Gersen nie existirt habe, oder 
dass zum mindesten seine Existenz historisch nicht erwiesen sei, das ist auch 
heute noch bei allen Gegnern der gersenistischen Sache die stets wieder- 
kehrende Behauptung, über die sich als Grundlage sehr bequem der Beweis 
gegen Gersen aufbauen lässt. Wir glauben aber mit Grund zu behaupten, 
dass es heute eine historische Unmöglichkeit ist, an Gersen's Existenz auch 
nur im leisesten zu zweifeln. Wir werden im weiteren Verlaufe dieses die 
Gründe und Zeugnisse für Gersen's Vaterrechte auf das goldene Büchlein, 
ebenso viele für seine PLxistenz, einzeln erörtern und übergehen daher 
hier die alten stillen Handschriften, deren stringenter Beweiskraft man sich 
auf die Dauer unmöglich wird entwinden können, *") sowie die beredten Zeug- 
nisse der Tradition und die übrigen Beweismomente, und erlauben uns nur nam- 
haft zu machen jene Historiker, welche spezialgeschichtliche Forschungen über 
Vercelli, das eine so grosse Vergangenheit hat, angestellt haben und die in ihren 
Monografien alle von dem Abt Johann Gersen berichten: Canonicus Gian. 
B. Bicchieri, zubenannt Modena'), Marco Aurelio Cusani, Generalvikar der 
Diöcese Vercelli, (geb. 1599)*) Amadeo Bellini, Professor an der Universität zu 
Turin**), Aürio Corbellini, Erzieher der Prinzen Karl Emanuel I., Durandi'*'), 

*) Zeitschrift für kath. Theologie. Innsbruck 1877. Heft 3. S. 481. 

*) Herzogs Realencyclopädie. Art. Thomas von Kempis. (Auch die el>en erschei- 
nende zweite Auflage kennt Gersen nicht). 

*■) Encyclopädie von Ersch und Gruber. Art. Gersen. 

*) Kirchenlexikon von Wetzer und Weite. Art. Thomas von K. 

*) Vgl. auch das April- und das Maiheft desselben Jahres und 1878. 537. ff. 

•) Cf. t)elfav. DissiTtatio piojoan. Gersen ed. Wolfsgnibcr Vindobonac lS79pag. CVI. : 
»Si quaeris, qüod sit auctori (^libri de Im. Chr.) nomen — Johannes inscribitur in codd. Aren. 
Biscian. Mantuan. et Slusian. etc. Quod ei cognomen? Gersen appellatur in codd. iisdem 
uno excepto Bisciano. Quae patria? Canabaco oriundus perhibetur cod. Bisciano. Quae 
dignitas? Abbas comprobatur ex cod. Aron. et subnotatione exemplaris Venetiis excusi.« 

') Della antichita e nobilti di Vercelli. In diesem Manuskript gebliebenen Werke 
aus d. J. 161 7 berichtet Modena von einem Abt Giovanni zu St. Stefan in Vercelli noch vor 
der Entstehung des ganzen Streites. 

") Kaccolta dei Diocesani Vercellesi celebriscrittori. Handschriftlich in Vercelli aufbewahrt. 

^) Storia dei santi vercellesi. Ebenfalls Manuskript. Die unsere Frage betreffenden 
Stellen ausgehoben von Canetti, Notizie biographiche. pag. 16 ff. 

* ) Della antica C(mdizione dei Vercellese. Turin 1766. 



Cav. Cas|.. de Gregory'), Cav, Carlo Üionisotti»), C:iv. Vitiorio MandelÜ» 
Barnaliit Luigi Bruzza,*) Canonic. Pietro Canelti.'') An diese reihen wir jene, 
welche die Geschichte des grösseren piemontesischen Vaterlandes unseres Gersen 
bearbeitet haben: Agost. della Chiesa, Bischof von Saluzio, Andreas Ros- 
sotti aus Mandovi, Tiimmaso Mulatera von Biella, Denina, Cibrario, Pa- 
ravia. Unter diesen sind Namen, die in der ganzen historischen Welt guten 
Klang haben, alle kennen sie aber die Lokalgeschichte genauest und olle 
zeugen für Gersen. Della Chiesa gibt einen Catalog der Aeble von St. Stefan, 
in welchem uns um 1130 Giovanni Gersen begegnet mit dem Beisalze: .11 
quäle scrisse rernditissimo trattato deila Imitazjone di Cristo.«") Andieas 
Rossolli ') , Tommaso Mulatera ") , der hochgefeierte Historiker l.uigi 
Cibrario ") nnd der Universitätsprofessor zu Turin , Pier Alessandro Pa- 
ravia,") liefern in ihren Geschieh ts werken ausführliche Beweise für Gersen, 
seine Existenz, wie nicht minder seine Anrechte auf das goldene Büchlein. 
Um aus den alten Zengnissen nur eines zu hören, wollen wir den in unserer 
Frage gewiss compelenten Literarhistoriker Piemonts Andreas Rossotti an- 
fuhren, der unter den Schriltstellern seines Vaterlandes auch Gersen's Biografie 
gibt") »Joannes Gersen, alias et Gessen, Vercellensis ex oppido Canabaco, 
uulgo Cavaglia, ordinis sanctissimi patrinrchae Benedict!, uir sunimae pietaiis 
et religionis . . .< Unter den netieren fasst Paravia das Resultat seiner 
Forschungen über Gersen in die Worte zusammen'*): »Qnello perö che *i 
fuori di ogni dubbiezza si ^, che nel XIII seculo un Giovanni Gersen fu 



') Slorio della Vercdlese I 
unseren (legenslqnd sithe Band I. 

') Siehe Appendice sul vero aulore della 
graphiche di vercclleEi ilhistri di Carlo DionisoUi 



= 301 ff. 



li. Turin. 1819-24. 4 Tom. in 4". Uebet 
und Kand 4 Seile 474 {Supplcm.} 
ImJlaEiolle dl G. C. in den Noliiic bililio- 
. tiella iS6z. 

") II Commune di Vcrccili nel media Evo: bes. Band 3. (AbbazJa di sanio Stifana.) 

*) Dissertazioni storiche ; besondere aber in dem klassischeii Werke: Iscrüioni anliche 
Vircellwi. Rom 1874. 

') L'abbaiin benedellina di sanio Slefano in Verctlli 1875; Noii/ie biografiche di Clav. 
Gemenio VerccUi 1876. z. Aufl. 1879. 

') Hiüloiin craiiolog. Cardinal. Archicp. Episc. cl Abbat. Hcdemunl. region. Turin 1645. 
pag. 29 r. 

') Syllabus scriplorum I'edemonlii , D. .andren Rosolli a Munlercgali Cong tcg.il ioriis 
S. Bemardi Ordinis Cislerciensis. Montereeail 166S. 

') Memorte Cronulogiche Corogmphiche della ciuä di Biella , raccolle da Giovanni 
Tommaiio Mulalera Dotlore in Medieina. Biella 177S. 

") Nuovi indiii slorici rclalivamtnk all' aulure del übro dell' Imiiazione di Clirislo, 
einhalten in den nperctte vnrie pag. 417, m|. Torinn iSäo. 

"■) Dell' autoie del übro De Imilalionc Chrisli : DiscoRo del Cav. l'rof. Tier Allcs- 
saiidro rarnvia Icllo all' Ateneo di Trcviso ai 2 di aprile 1846. 5. Auflage 1S74. Auch 
aligedruckl in der Ausgabe iDella Imilaziniie di Christo des Alessandro Tum . • FircnKclS^j, 
p.iC. l.lll— l.XXV. 

•>) !. c, pag. 9- ") I. c. bu To»i pag. LXIM. 




_^ _ 

abate di santo Stefano di Vercelli , monistero de' Benedettini, che giä era in 
quella cittA (come notava test^) sin dallo scorcio del nono secolo; e il 
cui abate era avuto in grande considerazione , se al tempo della lega lom- 
barda era esso uno de' tre consoli che rappresentavano le tre principali 
autoritä della repubblica Vercellese, cio sono il Vcscovo, il Clero e il Comune.t 
Wir bedauern mit unseren Gegnern recht sehr, dass unsere direkten 2^ug- 
nisse für Gersen — mit Ausnahme der Manuscripte der Imitatio Christi — 
nicht über den Anfang des 17. Jahrhunderts hinausreichen und dass wir 
keine gleichzeitigen Dokumente mehr haben. Aber einerseits finden wir be- 
greiflich, *) dass ein so zurückgezogenes , tiefmnerliches Leben wie das des 
Gersen einen Biografen nicht gefunden hat, und dass die wichtigen Dokumente 
über unseren Abt und das Kloster S. Stefan, besonders seit dieses von 
Paul III. 1536 den Regularkanonikern übergeben und 1581 gänzlich zer- 
stört worden ist, in Verlust geraten sind ; andererseits ist uns aber unfindlich, 
warum die vorgeführten Zeugen verdächtig sein und ihre Zeugnisse nichts 
beweisen sollten,*) nachdem doch Della Chiesa und selbst Jakob Durand!, 
welche sich durch ihre geschichtlichen Studien einen europäischen Ruf er- 
worben haben, nebst anderen Dokumenten auch das Verzeichnis der Aebte 
von S. Stefan vor sich hatten, so, wie es uns Della Chiesa, der Bischof von 
Saluzzo und Historiograf des Herzogs von Savoyen mittheilt, und worin um 
1230 der Abt Giovanni Gersen vorkommt, dem ein gewisser Robaldus voran- 
geht und Petrus 1245 nachfolgt. Das sind denn doch gewiss competente 
Zeugen und es dürfte wohl kaum zu leugnen sein, dass diese achtunggebietenden 
Historiker, welche solche Special forschungen angestellt haben, auf unseren Glau- 
ben wollen Anspruch haben, gewiss mehr denn jene, welche die ganze Lokal- 
geschichte nicht kennen, Resultate mühsamer Forschungen vorweg ableugnen 
und ausgezeichnete Historiker des absichtlichen oder unfreiwilligen Irrens zeihen. 
Es existiren auch Abbildungen Gersens, für welche Treue beansprucht wird. •) 
Das gründet sich auf den codex Cavensis, den Constantin Cajetan gefunden 



*) Vgl. was schon Joannes Launonius hierüber angemerkt hat: »Qiiod Vcrcellenses, 
Itali et aliorum nationum historici (coaeui) nullain Joanni Gersen fidem faciant, in causa fuit 
christiana illius humilitas, qua maluit esse coram Deo quam ab hominibus uenditari. Qui de 
contemptu mundi scripsit, mundum ipsum et quac in mundo sunt, uana omnia contempsit.« 
Opp. omn. Colon. Allobr. 1752. tom. IV. part. II. pag. 46. 

*) Schon Delfau antwortet auf diesen Einwurf, Dissertalio ed. pag. XCIX: »Nouum 
hominem quis prohibeat e ueteribus monumenlis res ante actas eruere , aut quis tandem 
nobilissimum Salutiarum ciuem atque episcopum . . . Serenissimi Sabaudiae Ducis historiographum 
eo usque desipuisse crediderit, ut tam splendide mentirctur ac fabulam a se compositam pro uera 
Pedemontanae regionis chronologica hisloria posleritali una cum suo nomine ridendam traderet.« 

») Valsecchi bringt zum Beweise, dass das wirklich das Bild des Auctors der Nach- 
folge Christi sei eine Menge von Handschriften »della libreria de' Benedettini di Fircnze c 
deir altra di s. croc. de'Minori conventuali« ed. Im. Chr. p. XVI. sq.; Canccllieri, Notizie 



hat und in welchem dem ersten Buchstaben, mit dem der Text der Imitatio 
Christi beginnt, dem Q, das Bild eines schwarien Mönches, der ein Kreui 
trägt, eingefügt ist. Seit Gaetani hielten Viele dieses Bild für eine wahre 
Abbildimg des Verfassers des Buches und sie berufen sich auf die uralte 
Sitte, welche aus zahlreichen Beispielen erwiesen werden kann, den Hand- 
schriften das Bild ihres Verfassers en miniatiire beizufügen, besonders, wenn 
der Auetor durch Heiligkeit und Tugend recht verehrungswUrdig war.*) 
Dieses Bild wurde auch mehreren .\usgaben der Imitatio Christi beigegeben ') 
und jüngst m jenem Denkstein benutzt , welchen ilas dankbare Cavaglia 
seinem berühmtesten Sohne Giovanni Gersen gesetzt hat und der unter 
grossen Feierlichkeiten am i8, Oktober 1874 enthüllt worden ist. Monsignor 
I.uigi Moreno, Bischof von Jvrea, hatte sich schon über zwanzig Jahre mit 
dem Gedanken gelragen, dem Gersen ein Monument zu setzen und als er 
in dem Jvreer-Joumale iFamiglia e Scuola* eine Subscription zu diesem 
Zwecke eröffnete, ergab die Sammlung schon in drei Jahren die nöthige 
Summe.*) Mit der Ausführung des Werkes wurde der Bildhauer Martinelli 
in Jvrea betraut. Der Stein ist aufgestellt in der majestätischen Pfarrkirche 
zu Cavaglia, in der ersten Kapelle rechts vom Haupteingange in die Kirche. 
Die Kapelle hat keinen Altac und ist so einzig für dieses Denkmal an Gersen. 
Der Denkstein misst 3 Meter in der Höhe und ist 1,13 Meter breit, In 
Mitte desselben hebt sich ein Medaillon aus reinstem Carrarischem Marmor 
ah, aus welchem im Halbrelief das Bild des ehrwürdigen Mönches, der das 
Kreuz umfängt, ausgemeiselt ist mit folgender Unterschrift: 
JOANNI GERSEN 
CABALLIACENSES 
POPULARI SUO IMMORTALI 
HONORIS CAUSA P. P. 
AN. MDCCCl-XXIIII. 
Unter dieser Widmung, welche Thomas Vallauri, Universitätsprofessor 
zu Turin, gefertigt hat, ist ein Buch ausgemeisselt mit der Inschrift: Della 
Imitazione. Am obern Rande zeigt der Stein das Wappen von Cavaglia, 
unten aber drei bischöfliche. In Mitte das des Bischofs von VerceUi, die 



I 



I. 309 sq. Tilgt eine grosse Zahl anderer Codices bei. Vgl. auch Mnbillon, De re cliploin. 
. V. 361; Moiitfaucon, Palaeogiaph. I. 3. c. ulu 

*) Vgl. Dell' uso di dipingere in minbmre i rilrDtli degli nulori nclle letlcrc ini- 
iili dei codici dell' cfftgie, che ii Irara nelln prinia Icltcra del CodlGc Cavense. bei ConeUi, 
^oliiie Biographique, paR. 10t — lo8. 

') So denen de» C'aielan, VaJgrav, Cregoty, Weigl, Mella. Das Bild sieht man auch 
Luf den Facsimile-s des cod. Cav. Mabillons Tic re diplom. Üb. XV. Nr. 9 ; Euseh. Amort tnb. 

II. Gregory, De imitatione. Paris 183J. pag. XXXVI: CnneUi, Notiiic, Vercelti 1879 lab. V. 

■* LiT.ii7a'jo. 



i 



i6 

der Bischüfe von Jvrea und von Biella seitwärts, weil seit Gersen's Zeiten 
Cavaglia nach einander unter diese drei Bischorsitze gehorte, l^ie Enthillhing 
dieses Denksteins gest'.hah am bezeichneten i8. Oktober mit grosser Feier- 
lichkeit in Gegenwart von 6 Bischöfen, ') sehr vieler Geistlicher und etwa 
10,000 Personen, die von Turin, Vercelli, Casale, Jvrea und Biella gekommen 
waren. Mons. I-uigi Moreno von Jvrea pontificirte das Hochamt, verfügte 
sich dann in feierlicher Prozession in die Ka|)elle und enthüllte die Gedenk- 
tafel. Sodann hielt Monsign. Jacobo Bernardi, Generalvikar der Diöcese 
von Pinerlo eine der Feier des Tages entsprechende Rede*), darauf Te Deum 
und feierlicher Segen'). In neuester Zeit leitet Cardinal Lucido Maria 
Parocchi, Erzbischof von Bologna, ein Comiti^, welches sich zur Aufgabe 
gestellt hat, dem Giovanni Gersen in Vercelli wo das Kloster St. Stefan war, 
und mithin die Wirksamkeit Gersen's ihren Hauptschauplatz hatte, wo auch 
die Nachfolge Christi geschrieben worden ist, ein Denkmal zu setzen.') So 
ehrt Italien, wenn auch spät, einen seiner einflussreichsten Söhne. 

Dies die wohl dürftigen aber sichern und sicherlich auch genügenden Nach- 
richten über ein klösterliches Leben, das still und ruhig dahin floss und auf die 
Well unsäglichen Einfluss ausüble, das imgekannt von der Welt und unbekannt 
der Menschheit das schönste und verbreitetsie Erbauungsbuch geschaffen, 
das eingeschlossen in eine einsame Zelle den Erdkreis mit seinen Ideen er- 
füllt und erfreut hat, das ein gesegnetes ist, weil es Allen ist zum Segen. 



') Montign. ViHwre. Enbischof von Vercelli; Lcio Bischof von liielia; Moreno von 
Jvren; Snlvai van AleüsanilTta ; Mnscarclti von Susa; Gatga von Gerico i. p. 

'} •iTiaiigunuidosi nella chiesa. cli Cavaglia una lapide monumeiilale a Giov. Gersen. 
Ditcorso recilalo dal J. Bernardi.« Eine frantöslsche Ausg.ibe besoigt« Canonic. Croset. 

') Vyl. Uiovanni Gersen ... per Bartolomeo .Scaiola. Ivrea 1874. Dieser Bericht 
gibt auch mehrere {■'cstgedlchte. 

') V|;]. nclHl mehreren Ctrcularen drs belrefTendcn Comili's die •Disserlazione dell 
eniinenlissimo signur cardinale l.iicid 1 Maria Parocchi, arcivescuvo di Bologna, su di un 
iovanni Ger^nio in Vercelli' .-.i>gednickl in Canelti, Nuliiie biograph. Ver- 




II. THEIL. 



GERSEN'S SCHRIFT: 



DE IMITATIONE CHRISTI 



mmmmm 




:n's Leben und Geist wird noch klarer vor unsere Seele treten, 
wenn wir das unvergleichliche Werk betrachten, welches er ge- 
schaffen, die unnachahmliche Nachahmung Jesu Christi. Spiegelt 
sich ja in den Schriften der Geist des Mannes, Wir wollen hier 
nur beinebens hervorheben, dass allerdings diese einzige Nachfolge nicht das 
einzige Werk unseres Auetors sein dürfte und dass ihm auch wirklich von 
Verschiedenen verschiedene Schriften als Auetor zuerkannt werden. So schreibt 
zum Beispiele der gelehrte Bernhard Pez unserem Abte eine Schrift zu, weiche 
er auffand und edirte unter dem Titel: »Traclatus Domini Joannis Abbatis 
de Professione monachoriim.^) Sehr auffallend ist jedenfalls, dass dieser 
Traktat in der Bibliothek des Stiftes Melk gefunden worden ist, wo ja auch 
so viele und so alte Codices der Nachfolge Christi vorfindlich sind, die bei 
der Reformirung dieses Klosters 1418 von den Sublacenser-Mönchen nach 
Melk gebracht worden sind, wovon unten die Rede sein wird. Der gelehrte 
Benediktiner Valgrav weiss von einem Commentar zum Dionysius Areopagita, 
welcher von dem des Thomas Gallus verschieden sein und unseren Gersen 
zum Verfasser haben soll, sowie von hundert Reden, die Gersen verfasst 
habe*). Diese beiden Schriftstucke sind jelzt in der Manuskriptenbibliothek 
zu Paris vorfindlich. Der Verceller Historiker Amadeo Bellini spricht "von 
einer Abhandlung »De contractibus*, welche auch Gersen verfasst habe, ohne 
dass Näheres hierüber angegeben werden könnte. Endlich findet sich in der 

') ThesaimK anecdol. tiouiss. August. Vindcl. et Graccii 1721. lom, I, part. 11. 
co!. 567—650, Da! Welk zerfallt in drei Theile und handell im ersten Über die .forma 
protcssionis- , im zweiten Über die •Icmcritas pruälentiumi und im dritten VOD der inegligeDlii 
profpssorum'. Peien's Unheil datllber in der Disserlal. i^ngog. pag, LiXX sq. n. li. 

*) Siehe AnimaduersioDes apolugel. pag. 19. die ol 3 Anhang der Ausgabe der Imitatia, 
welche Vnlgniv verenitallet bat, beigegeben sind. 



i 



20 



königlichen Bibliothek zu Turin ein Codex mit der Ueberschrift : »Incipit 
über Vercellensis super Cantica canticorumc Nun hat man auch diesen 
Traktat dem Thomas Gallus vindiciren wollen, aber Mella meint mit Un- 
recht; denn es heisst »Vercellensis«, was der aus Paris übersetzte Thomas 
>der Gallier« nicht war, und dann werde der Verfasser sogar prononcirt und 
katexochen als der Vercellenser hingestellt, was nicht auf Thomas Gallus, wol 
aber ganz auf Gersen passe ^). Wir hoffen ein andermal über diese Schriften 
Gersens ein Mehreres zu berichten und wenden uns jetzt gemäss der Inten- 
tion dieser Schrift zu dem Werke, welches seinem Auetor unsterblichen Ruhm, 
unzähligen seiner Leser Trost gebracht hat, das auch Tausenden ein holder 
Friedensengel geworden ist, zu den vier Büchern de Imitatione Christi. 



ERSTER ABSCHNITT. 

CHARAKTERISIRUNG DER NACH- 
FOLGE CHRISTI. 

A. TITEL UND INHALT. 

le »Nachfolge Christi c hat den Namen von den Eingangsworten 
des ganzen Werkes erhalten und besteht aus vier Büchern, deren 
jedes wieder in mehrere Kapitel abgetheilt wird. Wie die ersten 
Worte des ersten Kapitels zur Nachfolge Christi auffordern, so handelt 
auch das letzte Kapitel des letzten Buches davon, dass der Mensch ein 
»demütiger Nachfolger Jesu Christi c sein solle. Die Nachfolge Christi 
bildet auch den Kern, um den sich das Ganze krystallisirt, die Zelle, welche 
sich ausbaut. Daher ist diese Bezeichnung »Das Buch von der Nachfolge 
Christi € eine durchaus sachgemässe und entsprechende und die Behauptung, 
der Titel der sogenannten editio princeps per Gintheum Zainer: »Incipii 
libellus consolatorius ad instructionem deuotorum^)«, oder vollends wie 




*) Mella, Della coniroversia p. 123. 

*) Die Aufschrift dieser Druckausgabe wird uns auch betreffs der Frage nach dem 
Verfasser noch interessiren, und desshalb setzen wir sie unverktirzt hierher: Incipit libellus 
consolatorius ad instructionem deuotorum, cuius primum capitulum est de imitatione Christi et 
contemptu omnium uanitatum mundi. Et quidam totum libellum sie appellant scilicet libellum 
de imitatione Christi , sicut euangelium Matthei appellatur Über generationis Jesu Christi ; eo 
quia in primo capitulo sit mentio de generatione Christi secundum camem«. 



Aniort KU berichteu weiss'): iLibellits sententiarum< sei der cigontlldie Name 
des ganzen Werkes und ilmitatio Christi« bloss der des ersten Buches nicht 
nur handschriftÜch ungenügend be/eugt, sondern auch aus innerlichen Gründen 
unwahrscheinlich.') Den Gedanken der Nachfolge Christi führt nun unser 
Auetor durch an der Hand des bekannten Wortes unseres Herrn: »Ich bin 
der Weg, die Wahrheit und das Leben.')« ilch, so lässt er den Herrn 
selbst zum Sohne sagen, bin der Weg . dem du folgen , die Wahrheit, 
der du glauben, das Leben, das du hoffen sollst.*)* In dem hat der Ver- 
fasser selbst einen Fingerzeig gegeben, wie er in drei Stufen den Schüler zur 
vollkommenen Jüngerschaft Jesu emporheben wolle. Der Schüler muss zu- 
erst abkehren von dem Wege der Sünde und des Lasters, muss dann sein 
Herz der Wahrheit von oben, welche wie ein Licht in die Seele fällt, auf- 
thun, und endlich nur in Gott das wahre Leben hoffen und in seliger Vor- 
ausnahme jetzt schon geniessen. Wir finden also den bekannten dreifachen 
Weg der Reinigung, Erleuchtung und Vereinigung durchgeführt,*) wenn auch 
nur in grossen Zügen, und oft ganz verdeckt durch reiches Wachsthum und 
die zahlreichen ungeregelten Gestrüppe der Gefühle und des frommen Sinnes. 
Eben weil das Herz bei unserem Werke so viel Antheil hat, vermisst man 
die streng systemisirende Anordnung und Eingliederung, wie sie der kalte 
Verstand fordern möchte. Aber behaupten wollen, es sei überhaupt kein 
leitender Gedanke, der sich als roter Faden durch das ganze Werk hindurch- 
zieht, sondern die einzelnen Bücher seien ein Ganzes für sich, ganz unab- 
hängig von den anderen, was wol auch auf die Kapitel der Bücher auszudehnen 
sei, beruht auf gänzlicher Verkennung des Thalsächlichen. Man wird, wenn 
man nur nicht pedantisch den Massstab moderner Kritik anlegt, die Einheit 



') Infotm. p. 49. 

>} In den Hnndschrifteo erscheint die Nachrol^ Christi unter den verschledciuten 

Titela; De reformatione hominis, (codd. Melicem.); miuica ecclesiulica (BrUsjcl, köaigl, 
Bibliothek 15, 13S). 

') Joh, 14. 6. *) B. 3. K. 56, 1. 

') l'aEfe^" "kläil sich unler andeien Bührineet, Uic Kirche Chrisli und ihie Zeugen. 
Slultgnrt 1S7B. 19. Bnnd. Seite 702 1 »Es möchte scheinen, als ob die drei bekannten Stande 
der Mystik in den drei BUchern durchgeführt wurden ; im zweiten z. D. ist vom imierlichen 
Menschen viel die Rede, tKsonders lu Anfang ; aber es vertnischl sich alles wieder , es ist 
keine foruchieitende Cedon ken folge , es ist eine Perlenschnur . . .• F. L. Z. Werner ist 
der Ansicht, die drei Wege seien -iin goldenen Buche von der Nachfolge Chrisli und iwai 
in mehreren vortreMichcn Kapiteln desselben enthalten«, die er auch aushebt und nach diesen 
diei Wegen lusammenslcllt. Vgl. Z, W. Vorwort lur Silbert'schen Uebersetiung. Wien 1813. 
Zueile Auflogc S. XXU— XXXI. Auch Dr. Nickel's Summa der Mystischen Theologie 
Mainz 1S51 gibt die vier BUcher von der Nachfolge Christi mit Beibehaltung aller Worte des 
Verfa«sers derselben systcm.ilisch gcordntl nach den drei Wegen. Der Jesuit Heser und der 
rcgutiite Chuthen Amort von HulÜHgcn haben schon früher einen ähnlichen Versuch gemacht. 



1 



22 

und Planmässigkeit in unserem Buche nicht hinwegleugnen können *) In 
den grossen Rahmen der drei bezeichneten Wege fügt unser Auetor den 
reichen Inhalt, wie's eben aus der Fülle des Herzens kommt. Und zwar 
wird der Weg der Reinigung im ersten und zweiten Buche, der Weg der 
Erleuchtung im dritten und die uia unitiua im vierten Buche auseinander" 
gesetzt. Die uita purgatiua ist der Anfang und das P'undament, über welchem 
sich das Gebäude der christlichen Vollkommenheit auferbaut. Der Schüler 
ist noch so unerfahren in geistlichen Dingen, dass er nur den stillen und 
aufmerksamen Hörer abgeben kann und es nicht ein einziges Mal wagt, den 
Meister zu fragen und sich mit ihm auseinanderzusetzen, noch ist auch die 
Seele auf dieser tiefsten Stufe der Vollkommenheit nicht würdig der Beleh" 
rung durch Gott selbst , sondern sie geniesst den Unterricht des Meisters. 
Bedeutend weiter fortgeschritten finden wir den Schüler im dritten Buche 
der Nachfolge, welches den Weg der Erleuchtung auseinandersetzt. Da 
spricht schon Gott selbst zur Seele, und was eben das Wunderbare ist, Gott 
spricht in einer Gottes würdigen Weise, und der Schüler ist schon so weit, 
dass er den Herrn zu fragen wagt und das Gelernte in Thaten umsetzen 
will. Da er hierbei grosse Anfechtungen leidet und oft strauchelt, bittet er 
immer wieder um Gottes Beistand und Hilfe , um Gnade und Verzeihung ; 
und das Wort des Trostes, sowie das Licht der Gnade sind die Flügel, auf 
denen sich der ermutigte Jünger immer höher erhebt. Endlich feiert die 
freudige Seele in heiliger Liebe Hochzeit mit dem geliebten Bräutigam, deren 
Höhepunkt in dem Empfang des allerheiligsten Sakramentes, in der beseeli- 
genden Vereinigung mit Christus liegt, zu welcher sich die übrigen Kapitel 
als Belehrung über Vorbereitung und Danksagung vei halten. 

DER WEG DER REINIGUNG. 
(Erstes und zweites Buch der Nachfolge Christi.) 

ie uita purgatiua wird im ersten und zweiten Buche der Nachfolge 
[I abgehandelt so zwar, dass im ersten Buche der Anfang, im zweiten 
der weitere Fortschritt auf dem Reinigungswege aufgezeigt wird. Der Verfasser 




^) Der erste hat diese Planmässigkeit und einheitliche Durchführung unseres Werkes 
vertheidigt Constantin Caietan in seiner Mcthodus practica libronim quatuor de 'Imitatione 
Christi. Romae 1644. Aus neuerer Zeit sei erwähnt das Urtheil des Historikers Rohrbacher 
in seiner Histoire universelle de l'eglise catholiquc. ed. c. png. 476 sq : » Apr^s avoir, dans 
les deux premiers livres, fait passer le fidöle par la vie purgative, il le conduit, dans le troi- 
si^me, k la vie illuminative ; et, apr^s l'avoir iustruit a fond par le desir de la pri^re, par 
ToWissance , par la paix parfaite , avec l'aide des lumi^res et des secours de la grdce , il 
le fait parvenir k la vie senitive, lui pn^posant le pain cöleste , la nourriturc du vrai catho- 
lique, et le dispose, dans le quatri^me livre, a s'unir avec Dieu dans la sainle eucharistie. « 



der Nachfulge handelt zueist grundlegend von dem fiegriüe der Nachahm- 
ung Christi und setzt dem Neuling des geistlichen Lebens die Notwendigkeit 
auseinander, einem geistlichen Meister und Lehret zu folgen, ilamit er nicht 
abirre. Diesem Meister hat der Schüler zu gehorchen und dem Rate des- 
selben gemäss vorerst sein ganzes Streben auf ISesiegung der Leidenschaften 
und bösen Begierden zu richten. Aus diesem Streben ergibt sich der Wunsch 
und das wirksame Verlangen, nicht weiter mehr zu sündigen, verbunden mit 
einer innigen Reue und Herzenszerknirschung über die bereits begangenen 
Sünden. Ist so die Reinigung gnmdgelegt, so wird der weitere Fortschritt 
in derselben durch folgende vier Stufen bezeichnet. Hass der gottwidrigen 
Welt, geduldiges Ertragen der desshalb feindlich entgegentretenden und ver- 
folgenden WeltHchkeit, Ruhe des Herzens in dieser Abgezogenheit vom Irdischen 
und endlich sogar Sehnsucht nach dem Kreuze Christi und nach Leiden für 
Christus, womit der Höhepunkt auf dem Wege der Reinigung erreicht ist. 

Die Nachahmung Christi besteht nicht etwa darin, dass man hohe und 
erhabene Worte rede, sondern in einem tugendhaften Leben, (K.. i) ist es ja doch 
unzweifelhaft besser, das Gute zu thun als es nur zu wissen; daher auch ein 
einfacher und demütiger Bauer, der Gott dient, viel besser ist, als ein stolzer 
Philosoph, der den Himmel betrachtet und sich selber vernachlässiget, (z) 
Allerdings brauchen wir zum Wirken und Vollbringen des Guten Kenntnis 
und Wissenschaft, aber nicht die, welche man durch eigenes tiefsinniges 
Forschen, sondern durch demütige Erkenntnis seiner selbst und durch den 
Unterricht durch die Weisheit selbst erhält. (3) Aber selbst nun darfst du 
nicht jedem erstbesten Gedanken und Antriebe glauben, sondern erst musst 
du Rat pflegen mit einem weisen und gewissenhaften Manne. {4) Von grösstem 
Nutzen ist auch die rechte Lesung der heiligen Schrift und anderer frommer 
Bücher, denn da haben wir die Wahrheit des Herrn, die in Ewigkeit bleibt. (5) 
Gefährlich wäre es aber, selbst eines der vorgelegten Mittel zur Vollkommen- 
heit ungeordnet zu betreiben. Das würde alsbald den Frieden der Seele 
rauben und unruhig machen. (6) Der Novize des geistlichen Lebens vergisst 
über diesen Hülfen gar leicht der Gnade Gottes und baut auf Menschen oder 
Geschöpfe. Aber das ist auch eine Versuchung, die überwunden werden 
muss. Eitel ist, wer seine Hoffnung setzt auf Menschen oder Geschöpfe. (7) 
Darf man auf keinen Menschen, sondern nur auf Gott sicher bauen, so soll 
man auch mit Niemand allzu grosse Vertraulichkeit pflegen, mehr darnach 
streben, mit Gott und seinen Engeln vertraut zu sein, (8) Doch wäre es 
schlimm, sich allseits nur auf sich selbst zu stutzen, nie seine Meinung ver- 
lassen zu wollen; man soll bedenken, dass es sicherer ist, Rat anzuhören 
und anzunehmen als zu geben, dass es etwas sehr grosses sei, unter dem Ge- 
horsam zu stehen, sein eigener Herr nicht zu sein, unter einem Prälaten zu 
leben. (9) Sehr zu meiden und ein Haupthindernis im Fortschreiten in der Voll- 




2 4 _ 

kommenheit ist die eitle Geschwätzigkeit und das Aufsuchen von Gesellschaften. 
Hierin will der Mensch gar häutig seinen Trost finden und verschliesst sich 
so mehr und mehr dem himmlischen, (lo) Dass wir uns so in's Aeusserliche 
zerstreuen, bewirkt, dass wir innerlich keinen Frieden haben und finden. Lege 
hier die Axt an die Wurzel deiner bösen Begierden und ungeordneten 
Neigungen. Das ist der Weg zum Frieden und zum Fortschritt, (ii) Gegen 
diesen inneren Fortschritt kämpfen an: die Welt, der Teufel, der eigene 
Hochmut. Gut ist es, dass wir zuweilen Widersprecher erleiden, wir werden 
dadurch demütig; und wir suchen um so eifriger Gott, den inneren Zeugen, 
wenn wir aussen gering geachtet werden von den Menschen, und man von 
uns nichts Gutes denkt. (12) Auch der Teufel schlummert nimmer, sondern 
sucht, wen er verschlinge. Darum soll jeder im Gebete wachen. Anderer- 
seits sind die Versuchungen unvermeidlich, aber nützlich und durch Geduld 
und Gottvertrauen überwindbar. (13) Endlich verführt uns die Liebe zum 
eigenen leidigen Selbst zu vielem Bösen. Oft suchen wir in unseren Hand- 
lungen uns selbst, und merken es nicht einmal. Gott will aber, dass wir 
uns vielmehr ihm hingeben. (14) Eine sehr wichtige Sache in dem Heils- 
plane ist der feste Vorsatz nicht zu sündigen, nur Gutes zu thun. »Um kein 
Ding in der Welt und um keines Menschen Liebe soll man etwas Böses 
thun.c (15) Sehen wir nun, wie wir und andere Böses thun, so sollen wir's 
doch geduldig ertragen, bis Gott es anders ordnet, und bedenken, dass es 
vielleicht so besser ist zur Prüfung und Uebung im Dulden, ohne welches 
unsere Verdienste nicht hoch anzuschlagen sind. (16) Mittel gute Werke zu 
thun und sich im Dulden zu üben, ist das klösterliche Leben, wenn es wahr- 
haft, wie es soll, nur Gott sucht, Ordenskleid und Tonsur tragen ja wenig 
bei, (17) und die Nachahmung des Beispieles der hl. Väter. Der Vergleich 
des Lebens der Väter und der Religiösen fällt sehr zu Ungunsten der letzteren 
aus, wenn sie auch vielleicht im Anbeginn ihrer heiligen Stiftung eifrig ge- 
wesen sind. (18) Mittel zum wahren Ordensleben sind Uebungen, welche 
je nachdem entweder öffentlich oder geheim anzustellen sind. Was nicht 
gemeinschaftlich ist, soll man nicht äusserlich zur Schau stellen; im Ver- 
borgenen wird das Private sicherer geübt. (19) Ferners dienen als Bewahrungs- 
mittel Liebe zur Einsamkeit und zum Stillschweigen und Zerknirschung des 
Herzens. Suche für dich zu sein; die grössten Heiligen wichen dem 
Umgange mit Menschen aus, wo sie konnten, öf^er habe auch ich die Wahr- 
heit dessen erfahren, was einer gesagt hat: »So oft ich unter Menschen ge- 
wesen bin, bin ich weniger Mensch zurückgekehrt.« (20) Schliesslich hilft 
wahre Herzenszerknirschung sehr vorwärts. Und zu trauern und zu weinen, 
findet ein guter Mensch reichlich Stoff. Gegenstände zu gerechtem Schmerz 
und zu innerer Zerknirschung sind besonders unsere Sünden und Laster, in 
die wir dergestalt eingehüllt liegen, dass wir selten Himmlisches zu betrachten 



'S 



vermögen. (21) Da die Herzenszerknirschung so wichtig ist, will sie besondere 
eingeschärft sein. Das geschieht durch den Hinweis auf das allseitige mensch- 
liche Elend, auf den Tod, das letzte Gericht zusammt Hölle und Fegfeuer, 
die himmlische Bestimmung des Menschen. Schon im Ji. Kapitel wurde 
auf das Elend des menschlichen Lebens hingewiesen und dadurch die Brücke 
zum nächsten Hauptstück geschlagen, welches das Thema ausführt; Elend 
bist du, wo immer du sein magst und wohin immer du dich wendest, ausser 
wenn du dich zu Gott wendest. Wahrlich ein Elend ist's, auf der Erde zu 
leben. Und doch gibt es so Verblendete und Unglückliche, die sich ganz 
dem Irdischen hingeben. Thue Busse, noch ist es Zeit. Du musst durch 
Feuer und Wasser hindurch, ehe du zur Erquickung gelangest. (12) Erwäge 
immer den Tod, lebe so, dass der Tod dich nie unvorbtreitet treffe. Glücklich, 
wer sich bemüht, so im Leben zu sein, wie er im Tode befunden zu werden 
wünscht. (13) Siehe auf das Ende und bedenke, was du dem strengen Richter 
antworten werdest, der all' dein Böses weiss. Auch erwartet dich Strafe. Je 
mehr du dich jetzt selbst verschonst, desto harter wirst du es hernach blissen 
und desto mehr Stoff sparst du zum Verbrennen. Jedes Laster wird seine 
eigene Qual haben. (24) Bedenke auch die ewigen Freuden. Geringes wirst 
du jetzt arbeilen und grosse Ruhe, ja immerwährende Freude wirst du finden. 
Erwäge sorgfältig diese Mahnungen, Suchst du bei keinem Geschöpfe mehr 
Trost, so ist das ein Zeichen, dass du an Gott Geschmack findest. Der 
Schlusssatz dieses letzten Kapitels ist gleichsam der Grundton dieses ganzen 
Buches, das Fundament und die Hauptregel des Lebes der Reinigung: »Wache 
über dich selbst, ermuntere dich selbst, ermahne dich selbst und, wie immer 
es um andere stehe, vernachlässige dich nicht selbst, So weit- wirst du fort- 
schreiten, als du dir selbst Gewalt angethan haben wirst.« (15) 

Der weitere Fortschritt in der uita piirgatiua ist das Thema des zweiten 
Buches der Nachfolge Christi. 

Unser wahrhaft göttliches Buch behandelt die Rückkehr der Seele zu 
Gott so unübertroffen psychologisch richtig 1 Wie oft klammert sich die Seele 
immer wieder an Irdisches und sucht hierin ihren Halt. Daher kehrt auch 
die Lehre, diese elende Welt ganz zu verlassen, die äusserlichen Dinge zu 
verachten und den innerlichen sich hinzugeben, immer wieder. Wenn du den 
Trost von aussen verschmähst, so wirst du das Himmlische schauen und oft 
jubiliren können. (K. 1) Die Welt und die Menschen zu verlassen, sollte 
nicht zu schwer sein. Gott kennt Zeit und Weise, dich in Not und Bedrängnis 
zu erretten, und darum sollst du ihm dich ganz anheimgeben (z) Frieden 
mit anderen, auch widerwärtigen zu halten, ist für den Jünger Jesu sehr 
wichtig. Wie erlangt man ihn? Dieser Friede besteht nicht so sehr im 
Nichtempfinden der Widerwärtigkeiten, als vielmehr in einem demütigen 
Dulden. Den meisten Frieden hat, wer am besten zu leiden weiss. {3) Dieses 




26 

geduldige Ertragen des Wivienkärtigen und der Leiden crmcrben wir durch 
einen lauteren Sinn, durch rechte Selbstbetrachtung und ein gutes Gemissen. 
Wer lauteren und einfältigen Sinnes ist, dem ist jedes Geschöpf ein Spiegel 
des Lebens und ein Buch heiliger Lehre; bist du innerlich gJt und rein, so 
wirst du auch äusserlich in allem gut un<i r^-cht urtheilen. 4) Erwägen sollen 
wir diesbezüglich auch, was wir selbst anderen für Beschwerden verursachen. 
Wer das Seinige recht und gut erwägen möchte, der hatte keine Ursache, 
über andere sich zu beklagen.i 5) Eine Haupt bedingung zum geduldigen Ertragen 
der Leiden ist ein gutes Gem-issen. Ein gutes Gewissen kann sehr >"iel er- 
tragen und ist sehr freudig unter Widerwärtigkeiten. Leicht wird zufrieden 
imd beruhigt sein der, dessen Gewissen rein ist (6'* So unbeständig die Welt, 
und so thönch: es ist, sie zu lieben, eben so ueu ist Jesus in seiner Liebe 
zu uns. Ihn hel^e, ihn bewahre also zum Freunde, an ihn halte dich lebend 
und stellend. Er wird d.ch nicht verlassen , menn auch alle Freunde von 
dir weichen, {-;■ In den \-:er folgenden Kapiteln fuhrt der fromme Meister 
ebenso vieie Beweggrinde, Jesum zu lieben, vor die Seele seines Schülers. 
Wenn wir lesum haben, so haben wir alles. Ohne Jesus sein ist schwere 
Höile, mit Jesus sein süsses Paradies. Wer Jesum iindet, ündet ein Gut über 
alle Guter. Am ärmsten ist, wer ohne Jesus, am reichsten, wer mit Jesus 
lebt- ^S^ In der Liebe zu Jesus muss man ausharren, selbst wenn uns der 
gödichc Trost, dieses so grosse Gut, zuweilen entzogen wird. Geniessc den 
himmlischen Trost mit Dank gegen Gott; wird er dir aber entzogen, so ver- 
zage nich: sogleich, soniem erwarte in Demut und Geduld die himmlische 
Heimsuch-iuig. denn Gott ist machrlg genug, dir abermals reichlichere Gnade 
zi>i Trost zu schenken, ^o Wir köncen nicht fortwährend götdichen Trost 
geciesse-, weil ^lic Zeit der Versuchung noch nicht zu Ende ist und weil 
wir iiDCa-akbar sind gegen den L'rheber, indem m-ir nicht alles in den L'rquell 
zcr-ckfiesse:: lassen. Dankbar musst du sein lar das Mindeste; selbst wenn 
G-r-tt Scalen 'zud Schläge schenkt, muss es dir angenehm sein, weil er 
immer n unserem Heile thut, was er über uns kommen lässt. So kann also 
der wahre Liebaaber Jesu geraie durch Leiden seine Liebe zum Herrn 
zeisen. i o Betrachten wir aber nach dieser Norm die Menscnen, so kann 
nns nicht entgehen, dass die Anzal der Liebhal^r des Kreuzes Christi sehr 
klein ist. Jes:is hit viele Liebhaber seines himmlischen Reiches, aber wenig 
Träger seines Krejzes. vieie folgen üim bis zur Brodbrechung, aber wenige 
bis znm Trinken des Kelches seiner Leiden. Viele verehren seine Wunder, 
wenige folgen der Schmach des Kreuzes. Die Jesum we^n Jesus lieben, 
werden fr-n selbst dann loben und lieben, wenn er ihnen keinen Trost geben 
würde. O wieviel vermag die reine Liebe Jcsul Wc» ist aber ein solcher, 
der Gctt ohne Lohn dienen mochte 1 ,11' IVr Weg des Kreuzes fuhrt sicher 
zum H:aiu:el:eiche , er Ist zuv:leich der einziiie Hinimelsw^c;^:, levier wird 




27 

darum wol gerne sein Kreuz tragen , zumal es am göttlichen Tröste hierbei 
nicht fehlt, und Gott gar nichts angenehmer ist, als dass man sein Kreuz 
geduldig trage. Ja, und das ist ein gar schöner Gedanke, ein alles bewälti- 
gendes Motiv, wenn irgend etwas anderes besser und für das Heil der Menschen 
nützlicher gewesen wäre, als Leiden, so hätte Christus im Worte und durch 
die That es uns gezeigt. Er aber sagt uns ausdrücklich: Wenn jemand mir 
nachfolgen will, nehme er sein Kreuz auf sich. Haben wir also alles durch- 
lesen und alles gethan, so bleibt uns- noch das eine: Kreuztragen und gerne 
leiden um Christi willen. 



DER WEG DER ERLEUCHTUNG. 
(Drittes Buch der Nachfolge Christi.) 

jer Schüler ist unter der Leitung des geistlichen Meislers sehr weit 
gekommen , so weit , dass er Leiden , körperliche und geistige , aus 
Liebe zu Jesu gerne erträgt, ja sie als einzigen Weg zu Gott erkennt und 
liebt. Auf dieser Stufe ist die Seele schon fähig, unmittelbar durch Gott 
Belehrung zu empfangen; den Unterricht über diese nächst höhere Stufe, in 
der der Herr selbst zur Seele spricht und sich als Vorbild derselben gegen- 
überstellt, erhalten wir im dritten Buche. Dieses ist wohl die Perle der 
ganzen Sammlung. Schon der Gedanke des Titel: »Vom innerlichen Tröste« 
d. i.-von der Seligkeit im Innersten, steigt jedem Leser tief in die Seele. 
Und wenn wir erst die so wahrhaft göttlichen Lehren Gottes erwägen und 
die frommen und so wahren Ergiessungen der beglückten Seele betrachten, 
wenn wir beachten, wie im ganzen Buche Flut an Flut sich drängt, da können 
wir nicht anders, wir müssen Gott danken für dieses sein Geschenk 1 

Gerade so, wie wir das beim ersten Wege zur Vollkommenheit beob- 
achtet haben, gibt auch hier der gottgeweihte Auetor zunächst eine Bestimmung 
des Wesens der geistlichen Läuterung, der er im ersten Kapitel unseres Buches 
vorausschickt, wie man eine Seele, die den Herrn in sich reden hört, glück- 
lich preisen müsse. Selig die Seele, die den Herrn in sich reden hört, selig 
die Ohren, die den leisen Hauch der göttlichen Eingebung in sich aufnehmen, 
selig die Augen, die für das Aeusserliche verschlossen, dem Inneren aber offen 
zugewendet sind, selig diejenigen, die mit Freuden Gott abwarten und von allen 
Hindernissen der Welt sich losmachen. (K. i) Gottes Unterweisungen ge- 
schehen innerlich, ohne Wortgeräusch, eröffnen den wahren Sinn und geben 
auch die Macht, die Gebote zu erfüllen, die Kraft, den rechten Weg zu 
wandeln. (2) Viele haben aber doch von diesen Unterweisungen keinen 
Nutzen, hören selbe wol nicht einmal , weil ihnen die notwendigen Beding- 
ungen fehlen: Demut, Herzensreinheit, Gottesliebe, Geringachtung seiner 



28 

selbst und andere, wie sie in den folgenden Kapiteln erörtert werden. Die 
erste Bedingung ist die Demut. Gottes Worte soll man nicht auf eitles Wol- 
gefallen beziehen, sondern in der Stille anhören und mit aller Demut und 
mit grosser Begierde aufnehmen. (3) Worin besteht diese verlangte Herzens- 
demut? Dass man seine Sünden mit grossem Missfallen und in Trauer 
überdenke, und sich auf das Gute, das man etwa besitzt, nie und nimmer etwas 
einbilde. Immer gefalle dir über alles die ewige Wahrheit und es missfalle 
dir über alles deine eigene Schlechtigkeit. (4) Herzensreinheit und vor allem 
Liebe zu Gott sind ebenfalls unerlässliche Bedingungen, um Gottes Worte 
in der Seele zu vernehmen Heile darum mein Herz, o Herr, von allen 
ungeordneten Neigungen, auf dass ich, innerlich geläutert, tüchtig werde zu- 
lieben, stark, um zu dulden und standhaft, um auszuharren. Habe ich aber 
die Liebe, dann habe ich alles und vor allem Gott; denn die Liebe will 
droben sein und von keinen niedrigen Dingen sich zurückhalten lassen. Die 
glühende Sehnsucht der Seele nach Gott ist ein lauter Ruf in den Ohren 
Gottes, der Erhörung findet. (5) Wie keine Tugend ohne Prüfung ist, so muss 
auch die wahre Gottesliebe sich erproben. Diese bewährt sich dadurch, dass 
man in Versuchungen nicht unterliege, bei Stürmen nicht wanke. Ein starker 
Liebhaber steht fest in Versuchungen und glaubt den listigen Ueberredungen 
des Feindes nicht. Wie ich ihm im Wolergehen gefalle, so missfalle ich 
ihm auch nicht in der Widerwärtigkeit. (6) Eine noch grössere Gefahr 
liegt im glücklichen Geniessen der göttlichen Gnade, weil man sich gar leicht 
überheben kann. Es ist nützlicher und sicherer, die Gnade zu verbergen und 
immer zu fürchten, sie sei einem Unwürdigen gegeben. Der handelt nicht 
besonnen, der siJh beim Genüsse der Gnade der Freudigkeit ganz hingibt, 
uneingedenk der früheren Dürftigkeit. Es ist ein guter Rat, dass du, sobald 
du den Geist des Eifers empfangen hast, bedenkest, was geschehen wird, 
wenn das Licht dich verlässi. (7) Den Jünger haben die Worte des Herrn 
mächtig ergriffen , er sieht ein , wenn er sich selbst überlassen bleibt , so ist 
er nichts und eitel Schwachheit, wenn aber der Herr ihm verbleibt, so wird 
er alsbald stark und mit P'reude erfüllt, das eigene Gewicht zieht ihn zur 
Tiefe, Gott ist's, der ihn liebreich emporhebt. (8) Der Herr belehrt den 
Jünger, dass man alles auf Gott als auf das letzte Ziel zurückfuhren soll, 
und zeigt die guten Früchte dessen, wie die bösen Folgen davon auf, wenn 
man sich ausser Gott in irgend einem Gute rühmen und daran erfreuen will. 
Ich muss dein höchstes und letztes Ziel sein, wenn du wahrhaft dich sehnst, 
selig zu werden. Sobald du dich selber suchest, nimmst du in dir ab und 
verdorrest. (9) Der Jünger anerkennt und preist das grosse Glück der Seele, 
die ganz allein nur Gott sucht. Reden will ich und nicht schweigen. Un- 
aussprechlich ist die Süssigkeit deiner Beschauung, die du denen gewährt 
hast, die dich lieben. (10) Im Uebermaasse der Liebe könnte der Jünger 



"9 



wol gar das rechte Maass Überschreiten und die Tugend , die doch eine 
geordnete Liebe ist, darunter leiden. Daher die Lehre, die Begierden des 
Herzens soll man prüfen und massigen; ja zuweilen ist es nützlich, selbst 
bei gutem Verlangen und heiligen Begierden den Zaum anzulegen , damit 
man nicht durch Ungestüm in Gemütszerstreuung gerate und verwirrt werde. {i i) 
Der Schüler braucht und erbittet noch einen apeciellen Unterricht, wie der 
Kampf gegen die mannigfaltigen Begierden zu finden sei. Die Antwort 
lautet: Nicht will ich einen finden, der ohne Versuchungen ist oder der das 
Widrige nicht empfindet, sondern auch dann sollst du erachten, Frieden zu 
haben, wenn du in mancherlei Versuchungen geübt und in Widerwärtigkeiten 
geprüft wirst. Das Bbsc mussl du ohne alle Rücksicht überwinden, Gewohn- 
heit wird durch Gewohnheit überwunden, das murrende Fleisch wird durch 
Geisteseifer bezähmt, die Schlange durch Gebet verscheucht , durch nütz- 
liche Arbeit ferngehalten, (i j) Das beste Mittel zum Siege im Kampfe gegen 
die Begierden ist Gehorsam. Lerne deinem Vorgesetzten dich schnell unter- 
werfen, wenn dti dein eigenes Fleisch zu unterjochen wünschest, denn schneller 
wird der äussere Feind überwunden, wenn der innere Mensch nicht verwüstet 
ist. Entbrenne gegen dich selbst, lass keinen Stolz in dir leben, erzeige dich 
so unterwürfig und klein, dass alle über dich wandeln können, (13) Wie 
wäre denn auch Selbsterhebung möghch, wenn wir Gottes Gerichte betrachten. 
Sterne fielen vom Himmel, und ich Staub, was vermesse ich mich.' Ver- 
schlungen ist alles eitle Rühmen in der Tiefe deiner Gerichte über mich. (14) 
Der Herr setzt den Unterricht über das Verhalten gegen die verschiedenen 
Begierden fort So weit musst du es bringen, dass du Gutes und Böses 
in gleicher Weise mit Dank von Gott annimmst; sprechen sollst du: Herr, 
wenn es dir wolgefällig ist, wenn es dir zur Ehre gereicht, wenn du siehst, 
dass es mir nützt, so geschehe dies also. Wenn es mir aber nicht zum 
Seelenheile ist, so nimm dieses Verlangen von mir. (15) Der Jünger slimmt 
dem Herrn bei, und spricht zu seiner Seele: Dies sei dir Trost und Friede, allen 
menschlichen Trost gerne entbehren zu wollen, und wenn es an Gottes Trost 
gebricht, so sei sein Wille und seine gerechte Prüfung statt des höchsten 
Trostes. (16) Der Herr specificirt im Folgenden die Hingabe an ihn näher: 
Alle Sorge mnss man auf dun Herrn werfen, (17) zeitliches Elend nach dem 
Beispiele der mensch gewordenen Liebe gleichmütig ertragen, (18) selbst Un- 
bilden geduldig leiden, (19) immer seines Elendes und seiner allseitigen 
Abhängigkeit von Gott eingedenk sein. (20) Der Jünger fühlt sich zu solcher 
Tugendübung zu schwach, ilaher die Bitte: Gib mir, o Jesus, dass ich über 
alles Erschaffene in dir tuhe. O dass dich rühre mein Seufzen und so viel- 
fache Trostlosigkeit auf Erden; nimmermehr werde i<;h schweigen, noch 
nachlassen zu flehen, bis deine Gnade wiederkehrt und du im Innern zu mir 
redest. Und der Herr antwortet; Sieh' da bin ich, deine Thränen und die 



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30 

'^itu/irhx «W.utzt S«rcl»r führten n»ir,h z*j dir. izi Jetzt erhebt liie glück- 
liche' H<?t!e ihr Lob utui ihren Dank, der leider nur allzu unwürdig ist. Zu 
gerifige bin ich, für alle mir erwiesenen Gutthaten zu danken und betrachte 
i' h deine- Majestät, vj vergeht mein Geist vor ihrer Grösse. (22) Wer diese 
Hingabe in Gottes heiligsten Willen bewerkstellt hat, der erlangt wahren 
Fric^len imd volle Freiheit des Geistes. Vier Dinge sind es nämlich, die 
den vielgcsuchtcn Frieden des Geistes bringen: Lieber den Willen eines 
anderen thun als seinen eigenen, lieber weniger als mehr haben, die niedrigere 
Stelle suchen und endlich wünschen und beten, dass Gottes Wille vollkommen 
in un» geschehe. (23; Gegen jedes dieser vier Dinge, die den Frieden 
bringen, erheben sich verschiedene Versuchungen. Gegen die Unterwerfung 
unter den Willen eines anderen stellt sich grübelnde und vorwitzige Unter- 
KU<:hung über den Lebenswandel des anderen ein. Darum die Lehre: Mein 
Sohn, sei nicht vorwitzig und hege nicht allerlei Besorgnisse. (24) Achte 
vielmehr auf dich selber und beurtheile nie die Handlungen anderer ver- 
messen, mische dich auch nicht in solche Dinge, die dir nicht aufgetragen 
worden sind. Je mehr du von deinem Selbst absiehst, desto mehr wirst du 
zum Frieden kommen. (25) Der Jünger erkennt, dass dies das Werk eines 
vollkommenen Mannes sei, ohne die Gnade unmöglich, darum fleht er in 
einem schönen Gebete um dieselbe. (26) Gegen die zweite Friedensregel, 
dass man immer wünschen solle, das Mindere und nicht das Grössere zu 
erhalten, erhebt sich die Eigenliebe. Es frommt aber nicht jede Sache, die 
man erlangt oder vermehrt hat, sondern die welche man verachtet und vom 
der Wurzel aus aus dem Herzen schneidet. Das gilt nicht nur von Geld- 
erwerb und Reichthümern, sondern auch von der Sucht nach Ehre und von 
Verlangen nach eitlem Lobe. Der Jünger bittet um diese himmlische Weis- 
heit. (27) In seinem Streben, stets den niederen Platz zu suchen, hat unser 
Jünger einen harten Kampf zu führen mit den Verläumdern, gegen welche 
er sich vertheidigen uud hervortreten zu sollen meint. Aber, ertrage das, 
mein Sohn, nicht mit Unmut. Denke selbst von dir noch Aergeres. Es ist 
grosse Klugheil zu schweigen in böser Zeit (28) Als viertes Mittel zum 
Frieden ist bezeichnet worden, wünschen, dass Gottes Wille geschehe. Da- 
gegen scheinen die vielen und schweren Trübsale zu sprechen, welche Gott 
schickt. (29) Der Herr antwortet tröstend und beruhigend: Komm zu mir, 
wenn dir nicht wol ist. Wenn du recht verstehst und nach der Wahrheit 
siehst, so sollst du wegen Widerwärtigkeiten nie so ganz niedergeschlagen und 
traurig wcnlen, sondern vielmehr dich erfreuen und Dank sagen. (30) Nebst 
ilem Frieden ist noch notwendig die Freiheit des Geistes, damit er unbeirrt 
(lOtt diene. l>crJUngei erkennt gar woi, da^s alles, was der Mensch weiss und 
wHs er hat, keinen grossen Wert hat, wenn er nicht im Geiste erhoben und 
frei von allen Geschöpfen und ganz mit Gott vereinigt ist (31). \.\\^ Freiheit 




des Geistes, lehrt der Herr, lässi sich mit einem krirzen aber erechäpfenden 
Worte lehren; Verabschiede alles und du wirst alles finden. (32) Mittel, zu 
dieser wahren Freiheil zu gelangen, gibt der Meister zwei an. Erstens, dass 
man bei allem Thun die Endabsicht auf Gott richte. (33) Diese rechte 
Intention bringt grosses Glück in die Seele, die nun versteht das köstliche und 
süsse Wort: Mein Gott und Alles! (34) Allerdings stören dieses Glück gar 
manche Versuchungen, aber ohne dieselben kann man nicht sein, so lange 
man unter Feinden wandelt und die Ruhe ist ja erst im Jenseits. (35) Eine 
solche schwerste Versuchung wird namentlich behandeil, die schiefen Urteile, 
welche die Menschen (allen. Aber mau darf vielen wenig Glauben beimessen 
und man kann es nicht allen recht machen. {36) Bevor zur zweiten Be- 
dingung der Freiheit des Geistes übergegangen wird, wird kurz erklärt, dass 
man rein und völlig auf sich Verzicht leisten müsse, gleichsam eine nähere 
Specificirung des früheren Dimitte omnia, (37) Das besprochene zweite 
Requisit zum Frieden ist die gute Beherrschung im Acusserlichen, dass man 
alles unter sich habe, Herr und Lenker seiner Handlungen sei, nicht aber 
ihr Knecht und Sklave, (38) dass man bei allem Thun auf Gott Rücksicht 
nehme, ihm jede Sache anheimstelle, (39) Mag nun die Sache gut oder 
schlimm ausgehen, jedenfalls hat der Mensch Versuchungen zu tiberwinden. 
Geht's gut, so schleicht sich leicht Stolz und eitle Selbstgefälligkeit ein, (40) 
im entgegengesetzten Falle sollst du nicht dich betrüben, wenn du siehst, 
wie andere geehrt, du aber wegen des Misserfolges gedemütigt wirst (41) und 
sollst überhaupt deinen Frieden nicht auf Menschen selzen. (4a) Hinderlich 
in der Resignation in den göttlichen Willen wäre auch das blinde Vertrauen 
auf eitle und weltliche Wissenschaft. Daher die Mahnung: Mein Sohn, lass 
dich nicht berücken durch schöne und feine Sprüche der Menschen. Ich 
lehre ohne Wortgeräusch und ohne Verwirrung der Meinungen. (43) Vieles 
musst du daher mit tauben Ohren übergehen, nur trachten sollst du, mit 
Gott gut zu stehen. (44) Der Sohn dankt Golt für diese guten Lehren: Wie 
gut hast du gewarnt, dass man vor Menschen sich hüten soll, weil die Feinde 
des Menschen seine Hausgenossen sind , und dass man ihnen nicht immer 
glauben soll. (45) Die Menschen sind nicht nur untreu in ihrer Freundschaft, 
oft verfolgen sie uns auch durch ihre Gehässigkeit. Auch dann stehe fest, 
mein Sohn und hoffe auf mich I Wenn du schuldig bist, so denke, dass du 
dich gerne bessern wollest; bist du dir nichts bewust, so denke, du wollest 
dies Gottes wegen gerne ertragen, (46) Nicht werden diese um meinetwillen 
ertragenen Unbilden unbelohnt bleiben. Würdig aller dieser und noch 
grösserer Kämpfe ist das ewige Leben. Erhebe deine Augen und siehe, 
alle die Heiligen, die in dieser Welt einen grossen Kampf gehabt haben, 
erfreuen sich jetzt; jetzt werden sie getröstet, jetzt sind sie sicher, jetzt ruhen 
sie nnd werden ohne Ende bei mir verbleiben. (47) Die fromme Seele, 



J 



3^ 

welche %*on der unaussprechlichen und endlosen Seligkeit im Himmel ver- 
nommen, will alsogleich von den Fesseln des Leibes befreit in die selige 
Ewigkeit gelangen. O wäre doch, so ruft sie, dieser Tag schon aufgegangen 
und hätte all* dies Zeitliche schon ein Ende genommen! Wann werde ich 
befreit von der elenden Knechtschaft der Laster? Wann wird dauerhafter 
Friede sein, Friede von innen und von aussen r (48) Der Herr belehrt über 
diese Aeusserungen den Schüler: Fühlst du, o Sohn, dass dies Verlangen 
von oben dir eingegossen wird , so erweitere dein Herz , nimm es auf und 
danke der himmlischen Güte; jedoch das Feuer steigt selten ohne Rauch 
auf. Von dieser Art ist auch etwa dieses dein Verlangen, nicht ganz rein. 
Du musst dich erst würdig vorbereiten und was du wünschen sollst ist das, 
dass, sei es durch Leben oder Sterben, Gott immerdar in dir verherrlichet 
werde. (4Q) Dem frommen Jünger verursacht diese Belehrung, welche dem 
ungestümen Sehnen entgegentritt, innere Trostlosigkeit, doch findet er bald 
wieder seinen festen Halt in Gott und erweckt jetzt seine Sehnsucht in der 
von Gott angegebenen Weise. Herr Gott, heiliger Vater, gepriesen seist du 
jeat und in Ewigkeit, denn wie du willst ist es geschehen und was du thust, 
ist gut. Gib mir Herr, das zu ifk-issen, was zu wissen, das zu lieben, was zu 
lieben ist und zu loben, was dir gefallt. (50) Gott tröstet die gedemütigte Seele, 
es sei natürlich, dass sie zuweilen über die Last des Fleisches seufze, sie 
müsse aber diese Verbannung und die Dürre des Gemütes geduldig ertragen, 
bis sie endgültig von allen Aengsten des Lebens befreit werde. (51) Die 
Gott hingecrebene Seele dankt nun Gott wie früher, hält sich aber jetzt schon 
der göttlichen Tröstung nicht mehr für würdig und erhebt sich zu solcher 
Höbe, cass sie nicht mehr die Zeit der Auflösung herbeiwünscht, sondern 
noch zm Zeit zur Busse und Besserung bittet. Herr, so betet sie, nicht 
wenn bin ich deines Trostes, sondern ich verdiene gegeisselt und gestraft zu 
wenien. Ich habe gesündigt, verzeihe mir, lass mich eine kleine Weile, dass 
ich meinen Schmerz beweine, ehe ich hingehe ins Land, das finster ist und 
bedeckt von Todesschatten. ^,5^) t)cr Jünger ist fähig, eine nächste Stufe 
der Vollkommenheit zu betreten. Will der Mensch wahrhaft geistlich sein, 
so ma« er sowv>hl den Freunden als den Verwandten entsagen und vor 
niemand mehr sich hüten, als vor sich selbst. Das kranke Gemüt fasst dies 
noch nicht. 155^ wol aber der fromme Junger unseres Buches. Auf der 
Hohe sittlicher Vollkommenheit, die er erreicht, ist er auch fähig nach dem 
Unterrichte oes Herrn zu scheiden Natur und Gnade. Diese Regungen sind, 
so lehrt der Meister, gar enlgegen§eseu"t und bewegen sich so fein, dass sie kaum, 
es sei denn voneinem geistlichen und innerlich erleuchteten Menschen nnter- 
schievien wenien. Je mehr du die Natur unierviruckst und besiegest, desto reich- 
licher wini die Gnade eingegossen werden. ^54 1 IVr Sohn versteht die Lehre des 
Vaters und bittet um diese Gnade, denn der Auserwählten eigenthümliche Gabe 



33 

ist die Gnade, während die Gaben der Natur Guten und Bösen gemeinsam sind. 
Komm, steige zu mir herab, erfülle mich mit deinem Tröste, denn deine 
Gnade genügt mir, wenn ich das übrige nicht erhalte, was die Natur ver- 
langt. Ohne Gnade bin ich ein dürres Holz, ein unnützer Zweig zum weg- 
werfen. (55) Doch der Herr will jetzt den Sohn zur höchsten Stufe der 
Nachfolge führen. Diese ist das Kreuztragen und die Haltung der Gebote. 
Folge mir nach, spricht der Herr, ich bin der Weg, die Wahrheit und das 
Leben. Trage das Kreuz mit mir, denn die Diener des Kreuzes allein finden 
den Weg der Seligkeit und des wahren Lichtes. Die weitere Mahnung des 
Herrn : Mein Sohn, da du dieses weisst und alles gelesert hast, so wirst du 
selig sein, wenn du es thust, (56) verursacht in der Seele des Jüngers grosse 
Traurigkeit, weil er oft selbst Gottes Gebot übertreten und in Widerwärtig- 
keiten zu wenig Geduld bewiesen hat. Daher das Trostwort des Herrn: 
Halte wenigstens geduldig aus, wenn du es nicht freudig kannst, sei ruhig, 
ein Mensch bist du und kein Gott, Fleisch bist du, kein Engel. Wie 
könntest du immer in demselben Stande der Tugend verharren , da dies 
nicht einmal die Engel im Himmel und der erste Mensch im Paradiese ver- 
mochten. (57) Es ist eine für solche, die des Seelenlebens kundig sind ganz 
bekannte Thatsache, dass mitunter die Vollkommneren auch einer tieferen 
Einsicht in die heiligen Lehren der Religion sich erfreuen und rühmen dürfen. 
Auch war beim Verfasser unseres goldenen Büchlein speciell eine zeitge- 
schichtliche Erscheinung, die ihn nöthigte zu belehren, dass manches, was 
zur Vollkommenheit zu gehören oder die Vollkommenheit einzelner Heiligen 
und Orden zu erhöhen schien, mit der wahren Vollkommenheit nichts ge- 
mein habe. Unnütz, lehrt der Herr, ist's, nachzugrübeln über Gottes verborgene 
Rathschlüsse, warum dieser so reich begnadigt, jener trostlos sei, welcher Heilige 
an Verdiensten höher stehe, wer im Himmel grösser sein werde u. s. w. Gross 
ist's, auch nur der Geringste zu sein im Himmel, wo alle gross sind. (58) 
Würdig schliesst das Buch, welches den Weg der Erleuchtung zeigt und ebnet, 
mit der selbstlosen Hinopferung der Seele an Gott, seine Gnade und Er- 
barmung und mit dem schönen Geständnis, lieber wolle sie mit Gott auf 
Erden sein, als ohne Gott im Himmel. 

DER WEG DER VEREINIGUNG. 
(Viertes Buch der Nachfolge Christi.) 

|ir betreten an der Hand unseres gottseligen, • mit Gott nunmehr ganz 
vereinigten Lehrmeisters den dritten Weg, welcher die fromme Seele 
mit ihrem Bräutigam vollkommen vereinigt. Auch auf diesem Wege führt 
uns unser Lehrmeister Schritt für Schritt dem Ziele entgegen. Vorausschickend 

3 




ein liebliches und tiefergreifendes Inuitatorium des Herrn setzt er in den acht 
zehn Kapiteln dieses Buches die dreifache Vorbereitung auseinander, welche 
der sehnsüchtigen Seele notwendig ist zur Vereinigung mit Christus, wie sie 
im allerheiligsten Sakramente der Eucharistie wahrhaft und wirklich geschieht. 
Die erste und entferntere Vorbereitung wird eingeleitet durch die Her- 
vorrufung des Bewusstseins von der gänzlichen Unwürdigkeit zum Empfange 
des heiligsten Sakramentes und mit der Erweckung der tiefsten Ehrfurcht vor 
dem eucharistischen Christus. Du befiehlst, o Herr, dass ich zutraulich zu 
dir hinzutrete, wenn ich Theil an dir haben will. Aber es erschrecken mich 
meine eigenen Vergehungen, und diese so grossen Geheimnisse hinzunehmen 
schlägt mein eigenes Gewissen mich zurück. Ehrfurcht erzeigen dir die Engel 
und Erzengel, es zagen die Heiligen und Gerechten, und du sprichst: Kommet 
zu mir alle ! (K. i) Rein nur Gottes Güte und Liebe kann eine solche Auf- 
forderung an uns ergehen lassen, und eben deshalb sollen und dürfen wir ihr 
demütig folgen. Du ladest mich ein, spricht die fromme Seele, nicht meiner 
Verdienste wegen, sondern damit deine Güte deutlicher mir kund, grössere 
Liebe mir eingeflösst und die Demut vollkommener mir empfohlen werde. (2) 
Diese Erwägung ruft eine brennende Sehnsucht nach der Vereinigung mit 
Christus hervor: Ich sehne mich, dich nun andächtig und ehrfurchtsvoll zu 
empfangen, ich verlange, dich in mein Herz einzuführen. Gib dich mir und 
es genügt. (3) Diese Sehnsucht wird wol zunächst erregt und zumeist ge- 
nährt durch die Erwägung der vielen Gnaden, welche den andächtigen 
Kommunikanten gegeben werden. Viel Trost giessest du ihnen ein gegen 
mancherlei Trübsal und von der Tiefe ihrer eigenen Niedrigkeit erhebst du 
sie zur Hoffnung deines Schutzes. (4) Christus ist wahrhaft gegenwärtig: 
Mehr musst du in diesem höchst erhabenen Sakramente Gott dem Allmäch- 
tigen glauben, als dem eigenen Sinne oder irgend einem Zeichen. Daraus 
folgt auch die Würde der Priester, welchen gegeben ist, was den Engeln 
nicht verliehen wurde, aber auch ebenso deren schwere Bürde : Nicht erleichtert 
hast du deine Bürde, sondern gebunden bist du mit noch engerem Bande an 
die Zucht und gehalten bist du zu grösserer Vollkommenheit der Heiligkeit. 
Ein Priester muss mit allen Tugenden geziert sein. (5) Der Jünger getraut sich 
nicht zum heiligsten Sakramente hinzuzutreten, fürchtet sich aber auch, die 
heilige Vereinigung zu vernachlässigen. Trete ich nicht hinzu^ so fliehe ich 
das Leben, dränge ich mich unwürdig ein, so falle ich in deine Ungnade. 
Lehre mich also, auf welche Weise ich andächtig und ehrfurchtsvoll dir mein 
Herz bereiten soll. (6) Die nächste Vorbereitung, so lehrt der Herr in den 
folgenden Kapiteln, besteht in einem Dreifachen. Erstens in der Prüfung des 
Gewissens und in dem Vorsatze der Besserung: Erforsche dein Gewissen 
sorgfältig und soviel du vermagst, reinige und verkläre es durch wahre 
Reue und demütige Beicht, so dass du nichts drückendes auf dir hast oder 



wissest, was an dir nage itnil den Trcicn Zutritt verhindere. Fasse dann den 
festen Vorsatz dich zu bessern und in der Besserung immer furtnisch reiten. (7) 
Zweitens wird als nächste Vorbereitung bezeichnet die totale Hingabc und 
Aufopferung seiner selbst, so wie sich Christus selbst mit ausgespannten 
Armen und enlblösstem Körper am Kreuze Gott dem Vater für die Sünden 
aufgeopfert hat. Was immer du ausser dir selber gibst, so lautet der Ruf 
des Geliebten, achte ich fiir nichts, denn ich suche nicht deine Gabe, sondern 
dich. (8) Derjiinger thut nach dem Willen des Herrn und opfert in einem 
rührenden Gebete sich und alle und alles Gott unbedingt auf Herr, so 
betet er, in der Kinfalt meines Herzens opfere ich mich heute dir als einen 
ewigen Knecht zum Dienste und zum Opfer unaufhörlichen Lobes. Nimm 
mich auf mit dieser heiligen Opfenmg deines kostbaren Leibes, die ich dir 
heute in Gegenwart der Engel, die derselben unsichtbar beiwohnen, dar- 
bringe. (9) nie dritte Stufe der nächsten Vorbereitung ersteigt, wer eine 
feurige Sehnsucht erweckt, das heilige Sakrament zu empfangen und zwar 
oft zu empfangen, und der sich hierbei durch keinerlei Hindernisse, welche 
der böse Feind bereitet, abschrecken lässt. Oft, sagt der Geliebte, musst 
du hineilen zur Quelle der Gnade und göttlichen Erbarmung, zur Quelle 
der Gtite und Reinigkeit. Der Feind weiss, dass die grosste Frucht und 
Arznei in der hl. Kommunion liegt und darum strebt er auf alle Weise und 
bei jeder Gelegenheit dahin, die Gläubigen und Andächtigen, so sehr er es 
vermag, davon abzuhalten und zu verhindern. (10) Getreu der Vorschrift 
des Herrn erweckt der Jünger in ebenso schönen als innig gefühlten Gebeten 
den Vorsatz, das heiligste Sakrament öfter zu empfangen. Zweierlei, so be- 
teuert er, ist mir höchst notwendig, so lange ich in dem' Gefängnisse dieses 
Körpers zurückgehalten werde: Speise und Licht, Zur Speise hast du mir 
Schwachen deinen hl. Leib, meinen Füssen hast du dein Wort zur Leuchte 
gegeben. Ohne diese beiden könnte ich nicht leben. Dein Sakrament ist 
das Brod iles Lebens. Ebendasselbe bedeuten die zwei Tische, welche nach 
unserem frommen Lehrer links und rechts in der Schat/.kammer der heiligen 
Kirche aufgestellt sind. Ein schöner Gedanke! (11) In den nächsten und 
letzten Kapiteln dieses Unterrichtes über den Weg der Einigung gibt der 
fromme Verfasser der Nachfolge Christi wieder in drei Abstufungen die un- 
mittelbare Vorbereitung auf den Empfang der heiligsten Eucharistie an. Es 
ist eine sehr sorgfältige Vorbereitung und grosser Fleiss notwendig, was ein 
Geschenk der Gnade ist. Die Devotion bei und nach der hl. Kommunion 
soll bewahrt bleiben als würdige Vorbereitung auf die nächste eucha ristische 
Vereinigung mit Christus. Bereite mir einen geräumigen und geschmückten 
Speisesaal, schliesse aus die ganze Welt und allen Tumult der Laster. Thu', 
was an dir ist, und thu' dies sorgfältig; nicht aus Gewohnheit, nicht aus 
Zwang, sondern mit Furcht, mit Ehrerbietung und mit Sehnsucht empfange 



_ 36_ _ 

den Leib des geliebten Herrn. Es winl aber keine geringere Wachsamkeit nach 
dem Empfange als eine andächtige* Vorbereitung vor demselben erfordert. Denn 
eine gute Wachsamkeit nach der Hand ist wieder die beste Vorbereitung, 
eine grössere Gnade zu erlangen. (12) Die Stimme des Jüngers bezeugt das 
sehnsüchtigste Verlangen desselben, mit Christus vereint zu werden und gibt 
den Vorsatz kund, Alles zu thun, um den Willen des Geliebten zu erfüllen. 
Dies bitte ich, dies verlange ich, dass ich ganz dir vereinigt werde und mein 
Herz von allen erschaffenen Dingen abziehe. Aber was soll ich dem Herrn 
erwiedern für diese Gnade, für eine so überaus grosse Liebe. Es gibt nichts 
anderes Angenehmeres, was ich zu schenken vermöchte, als dass ich meinem 
Gott mein ganzes Herz dargebe und inniglich vereinige. (13) Der Jünger 
hält sich selbst hiefür die leuchtenden Beispiele vieler Frommen vor: Ge- 
denke ich einiger Frommen, die mit der grössten Andacht und Sehnsucht 
zu deinem Sakramente hinzutreten, so schäme ich mich öfters vor mir selbst 
und erröte, dass ich deinem Altare und dem Tische der heiligen Kommunion 
so lau und kalt mich nähere , dass ich trocken und ohne Sehnsucht des 
Herzens bleibe, dass ich nicht ganz entzündet bin vor dir, auch nicht so 
heftig angezogen und gerührt bin, wie viele Frommen waren, die vor überaus 
grosser Sehnsucht nach der Kommunion und vor fühlbarer Liebe des Herzens 
der Thränen sich nicht enthalten konnten. (14) Der nächst höhere Grad 
der unmittelbaren Vorbereitung besteht darin, dass man die Gnade der An- 
dacht inständig suche, sehnsüchtig verlange, geduldig und zuversichtlich 
erwarte, dankbar empfange, demütig bewahre, sorgfältig mitwirke und Gott 
den Zeitpunkt, wann er kommt, anheimstelle; denn oft gibt Gott in einem 
kurzen Augenblicke,* was er lange Zeit versagt hat, zuweilen gibt er nuch am 
Ende, was er am Anfange des Gebetes zu geben gezögert hat. (15) Der 
Jünger sucht die Gnade, wie der Geliebte es geboten, in einem herzlichen 
Gebete. O süssester und liebreichster Herr, vor dir stehe ich arm und bloss 
und begehre Gnade und flehe um Barmherzigkeit. Erquicke mich, den 
hungrigen Bettler, entzünde meine Kälte durch das Feuer deiner Liebe, er- 
leuchte meine Blindheit durch die Klarheit deiner Gegenwart. (16) Gemäss 
den Intentionen des geliebten Herrn und Meisters spricht der demütige 
Schüler den höchsten Grad der unmittelbaren Vereinigung mit Christus selbst 
aus: Mit höchster Andacht und inbrünstiger Liebe, mit aller Sehnsucht und 
Glut meines Herzens wünsche ich o Herr, dich zu empfangen. O mein 
Gott, ich verlange dich zu empfangen mit der heftigsten Sehnsucht und der 
würdigsten Ehrfurcht, die je irgend einer der Heiligen gehabt hat und em- 
pfinden konnte. O mein Gott, mit solchem Glauben, solcher Hoffnung und 
Liebe verlange ich heute dich zu empfangen, wie deine heiligste Mutter, die 
glorreiche Jungfrau Maria dich empfing und nach dir verlangte, als sie dem 
Engel demütig antwortete: Siehe, die Magd des Herrn; und so wie Johannes 




der Täufer fröhlich aufhüpfte in der l-Veude des heiligen Geistes, als er noch 
im Mutterleibc ein beschlossen war, so wünsche auch ich von grossen und 
heiligen Begierden entflammt zu werden und dir vom ganzen Herzen mich 
sdbst hinzugeben. (17) Kine grosse Versuchung hat der in Wahrheit mit 
Christus Vereinigte noch zu bestehen. Es ist dieselbe, welche wir schon an 
den zu Ende des Weges der Erleuchtung Stehenden herankommen gesehen 
haben, nämlich vorwitzige Untersuchung und Nachgrübeln über die Mysterien 
des Glaubens, hier des heiligsten Sakraments, Davor warnt der Geliebte im 
letzten Kapitel der Nachfolge: Hüten musst du dich vor vorwitziger und 
unnützer Nachgrilblung über dieses tiefste Geheimnis, wenn du nicht willst 
in der Tiefe des Zweifels untergehen. Gott vermag ja mehr zu wirken, als 
der Mensch begreifen kann. Wenn du nicht verstehst, was unter dir ist, 
wie wirst du begreifen, was über dir ist? Alle Vernunft und natürliche 
Untersuchung muss dem Glauben folgen, nicht ihm vorhergehen, noch 
ihn zerstören. (18) 

Wir glauben im Vorhergehenden einen Zusammenhang im grossen Ganzen 
aufgezeigt zu haben. Freilich liegen die Fäden oft tiefer verborgen und sind 
der Auffindung derselben mitunter selbst die Kapitelüberschriften hinderlich, 
die nicht immer am besten auf den Inhalt des kommenden .Abschnittes vor- 
bereiten. Kann man diesen ihatsächlich bestehenden Zusammenhang und die 
im Grossen und Ganzen hervortretende Einheitlichkeit nicht abstreiten, so ist 
das nicht ohne Konsetiuenzen Tür jene Hypothesen, welche keinen einheit- 
lichen Verfasser zugeben wollen. 

li. VORTREFFLICHKEIT DER, IMITATIO. 

IS ial keine Uebertreibung, wenn man das Buch von der Nachfolge 
risti das goldene Büchlein nennt, wenn man es. als das beste 
I bezeichnet, welches je von Menschen ist verfasst worden, und wenn 
man ihm den Ehrentitel eines gemeinsamen Handbuches aller Nachfolger 
Christi beilegt. Jeder, der dieses Buch gelesen und wieder und oft gelesen 
hat, wird das angegebene Lob desselben aus seinem Herzen gesprochen 
Finden. Es ist ein goldenes Buch. Golde« ist sein Inhalt. Jeder Satz ist einem 
Goldkörnlein zu vergleichen, gleichsam für sich eine Welt. Allerdings ist 
dieser goldene Kern oft unter einer unscheinbaren Hülle verborgen, nicht 
leicht tritt ja das Edelmetall offen zu Tage; und mancher könnte sich etwa 
durch die bittere Schale und das harte Gestein der barbarischen Sprache 
und des verschrieenen Mönchslatein abhalten lassen, den edlen Kern und das 
verborgene lautere Gold zu suchen. Glücklich, wer sich durch diese äussere 
Hullc nicht beirren iässt, er wird nach den Worten des hl. Franz von Sales 



• 



38 

an dem Inhalte unseres Buches einen Schatz finden, der seines gleichen nicht 
hat. Ja selbst die Darstellung wird er gar bald dem Inhalte nicht unange- 
messen finden können. Die liebliche, herzliche und so einfach schmucklose 
Sprech- und Ausdrucksweise wird ihn fesseln, die vielen treuherzigen Mönchs- 
reime und die schön klingenden Assonanzen werden sein Wolgefallen erregen. 
Und schliesslich ist's ja doch gleichgiltig , ob der Schlüssel von Gold oder 
Eisen oder Holz ist, wenn er nur das Herz öffnet. Mit ebenso grossem 
Rechte hat man unsere Imitatio Christi auch als das beste Buch bezeichnet, 
welches je ein Mensch verfasst hat. Wenn man den Wert eines Buches 
umso höher anschlagen muss, je mehr Wahrheit es uns bietet und je näher 
es uns der ewigen Wahrheit sowie dem letzten Ziele und unserer Bestimmung 
bringt, so dürfen und müssen wir die Nachfolge Christi als das beste Buch 
beichnen. Denn an der Hand dieses Büchleins gelangen wir, man vergleiche 
nur den vorigen Abschnitt, aus den Tiefen der Selbsterkenntnis zu den Höhen 
des Gottschauens. Dieser Freund geleitet uns aus dem Dunkel der Gottes- 
ferne in das Lichtreich der unmittelbaren Vereinigung mit Gott. Es ist das 
beste Buch, weil es für alle Menschen aller Verhältnisse passt. Es gibt 
keinen religiösen Gedanken, dem hier nicht Worte, kein religiöses Gefühl, 
dem hier nicht Sprache gegeben wäre, keine Verirrung des Geistes und des 
Herzens, von welcher eine freundliche Warnung nicht abmahnte. Und was 
das Beste an unserem Büchlein ist, man wird es nie in die Hand nehmen, 
ohne Gedanken darin zu finden, die dem jeweiligen Seelenzustande ent- 
sprechen. Insbesondere aber jene, welche viele innere Seelenkämpfe zu be- 
stehen haben, von denen die Welt nichts weiss und von denen gerade die 
zartesten und edelsten Gemüter am meisten betroffen werden, weil sie Alles 
zart und tief und rein empfinden und auffassen, finden in der Imitatio Christi 
eine reichste Quelle des Friedens, des Trostes und der Beruhigung. Wie Thau 
träufeln die liebreichen Worte des Herrn in die ausgetrocknete Seele und be- 
fördern in derselben reiches Wachsthum im Hoffen und Lieben , wie ein 
warmer Sonnenstrahl schmelzen die innige und einfache Gläubigkeit, die 
selbstlose Gotthingegebenheit, welche aus jeder Zeile unseres Buches hervor- 
leuchten die Eisrinde, die kalt und starr um die Seele des Glaubensarmen 
und Liebeleeren sich gelegt hat. Wie Vielen wird dieses Büchlein schon als 
Führer zum Himmel gedient haben ! Die Welt kennt sie nicht , aber der 
Himmel wird sie offenbaren am Tage der Vergeltung. Und diese wunder- 
baren Wirkungen bringt unser Werk ohne alles Geräusch und ohne etwa 
der Sinnlichkeit des Menschen Rechnung zu tragen hervor. Wie in dem Er- 
löser die strahlende Gottheit unter dem schlichten Gewände der Menschlichkeit 
verborgen war, wie der Heiland nicht ein König, sondern ein niedriger Knecht 
und Diener aller geworden ist und durch's Kreuz uns befreit hat, so ist auch 
in der Imitatio das Herrliche unter einem schlichten Gewände verborgen, 



39 

dtirch Leiden und Kreuz führt sie den Menschen in den Himmel und lehrt 
so wahre Nachfolgung Jesu. Das ist auch der Grund, warum das Buch von 
der Nachfolge Christi zil einem gemeinsamen Handbuche aller Nachfolger 
Christi geworden ist. Dass wir hiermit nicht zu viel behaupten, das beweisen 
zaireiche Aussprüche erleuchteter Männer, dafiir geben laut Zeugnis die Aus- 
gaben und UeberseUungen , welche von diesem Buche in ungezälter Menge 
sind veranstaltet worden. Die Zal der Ausgaben im Originaltexte übersteigt 
bei Weitem zweitausend') und zudem existiren Uebersetzungen in unge- 
zählter Menge in allen Sprachen der Welt. Die Franzosen allein besitzen 
beiläufig tooo Ausgaben der Nachfolge Christi in der Landessprache, mehr 
denn 200 kenne ich in deutscher Sprache, darunter beispielsweise die Ein- 
siedler Ausgabe mit mehr denn 25, die Franz MüUer'sche mit 10 Auflagen. 
Achnlich verhält es sich mit den Uebersetzungen ins Italienische, Spanische, 
Englische, Portugiesische. Ebenso wurden dänische, schwedische, holläniljsche, 
böhmische, kroatische, slavonische, russische und ungarische Uebersetzungen 
gefertigt. Sogar grönländische, isländische, armenische und türkische Editionen 
sind bekannt. Auch in der hebräischen, arabischen, armenischen, chinesischen, 
alt- und neugriechischen Sprache fehlt die Nachfolge nicht*) und es wurden 
auch polyglotte Ausgaben veranstaltet.') Die ersten Kullursprachen be- 
sitzen auch versiticirte Ausgaben, worunter namentlich die des berühmten 
Pierre Corneille zahlreiche .\uflogen erlebt hat.*) Steinheil, Gaucheret, 
Overbeck und besonders Führich-'') haben den Text der Nachfolge illustrirt. 



') Ullma 


n, Kcfur 


nnlore 


. Ilamb. 1842. a. Bd. 


bibliographique 


ur 1e liv 


e <)c I 


tiit. Clirisli. Li^ge 1864 


') Bäcker 


Essai, f 


. 186- 


-aoo. 



') WtiE'i Jiul'sbaci 1837 (laleinisth, iwlienisch, spanisch, (raniünisch. ikulsch, englisch, 
giiecliisch, Munlafalcon, Lyon 184! (lateiniKh, fmiuöiiscb, griechisch, cngli^b, deutsch, 
iulicnisch, spanisch, portugiesisch). 

*) Er iccbirerligt seine Arbeil io der Dediciltion an Alexander Vn., welche ihr voi' 
RUGgescbickt isU »La Iraduclion qwc j'ni choisie, par la simplicilc de son slyle, fcrnie la 
jHjrtc aux plus beaux omements de In poeiie, et bicn loin d'au gm etiler ma repulation, scnible 
sacrifict i la gloire du aouverain auteur toul ce que j'en ai pu acquerii en ce geure d'^crirc.« 

Die ]>octischen deuWchen Bearbeilungen siehe bei Wolfsgnil>er, nivolginge Wien 1879, 
Seile IX. 

') Vgl. Christliches Kutistblall von GrUaciscn , Schnaase und Schnorr. SluUgnrt 
I. Juli 1871. IJtr Verfasser des hier angciogenen Arikels bespricht und erklärt die Original- 
leithnunßcn FUhrichs (Alphons Durr, Leipzig 1871) iti der anerkenucndslen Weise, wenn 
das auch nicht von .ilttn gilt. • Eigenlhtliulich katliolisch, dem liibclwurlc, dem Eviuigellum 
Tum und fremd, darum aber auch minder nllgemcin verständlich sind nur ein paar Bilder, die 
sich auf die Verherrlichtmg der Maria, der Kirche und der Messe beliehen und lu dem, fUr 
nns Evangelische ungenicssbarcn vierten Buche der Nachfolge (I) gehören,« I. c. B. loa, 




^40 

die Elzevire, Richelieu,*) Didot jun., ^) Bodoni,') Napoleon III.*) haben 
Prachtausgaben veranstaltet. Das höchst mögliche in dieser Beziehung leisten 
Curmer in Paris (Ausgabe von 1858)*) und neuestcns Gruel-Engelmann 
daselbst (1879),*) denen sich in würdiger, wenn auch den deutschen Absatz- 
verhältnissen entsprechend einfacherer Weise das literarische Institut von 
Dr. M. Huttier in Augsburg-München') anschliesst. 

Der Ruhm unseres Büchleins ist also in die ganze Welt gedrungen und 
seinem Einflüsse entzieht sich niemand. Es stimmen auch alle in dem Ix>be' 
unseres Werkes überein. Katholiken und Protestanten aller Farben, Priester 
und Laien, Gelehrte und Ungelehrte, aus alter und neuester Zeit, preisen und 
schätzen und lieben das Buch von der Nachfolge Christi und selbst Nicht- 
Christen erbauen sich daran, wofür ein leuchtendes Beispiel jener König von 
Mauretanien und Jünger Mohammeds ist, der die Imitatio Christi in seine Biblio- 
thek eingereiht und mit Vergnügen gelesen hat.^) Thomas von Aquin und 
Bonaventura, diese hell leuchtenden Sterne an dem kirchlichen Himmel des 
13. Jahrhunderts, bezeugten ihre Verehrung der Nachfolge, indem sie dieselbe 
in ihren Schriften sichtlich benützten, wie noch ausführlich erörtert werden 
wird. Der hl. Ignatius von Loyola las täglich zwei Kapitel dieses unver- 
gleichlichen Buches: eines der Reihenfolge entsprechend, das zweite wie es 
zufallig auffiel.^) Der hl. Papst Pius V. und der hl. Kardinal Karl Borro- 



*) In der königlichen Druckerei zu Paris. 1640. Fol. 

*) 1788. 4". Ge>vidmet dem M. de Uriennc, Krzbibchof von Toulouse. 

^) '793- ^^1* (jt'widmet dem Louis, duc de Parme. • 

*) Paris. 1855. Fol. 

^) Die l)ei Curmer 1858 erschienene Ausgabe enthält einen altfranzösischen Text in 
prachtvollster Ausstattung. Jede lUattseite des über 400 Seiten starken Grossoclavbandes 
enth.ält in chromolithojjraphischer Nachbildung eine eigene Umrahmung , die den herrlichsten 
und kostbarsten Coilices der reichen französischen Bibliotheken entlehnt ist. In einem eigenen 
Appendixbande ist der genaue Nachweis ül>er die grapliisclie Ausstattung dieser Originalien 
gegeben. 

**) Wo möglich noch prächtiger wird die neueste Ausgabe von Gniel-Engelmann in 
Paris, von welcher ungefähr ein Drittel bis jetzt (Knde 1879) erschienen ist. Als Format ist 
das Folio gewählt, was der Entwicklung der Ornamentik viel günstiger sich erweist, und bei 
dieser neuen Ausgabe ist auch die Schrift des Textes vollkommen stylgerecht behandelt. Der 
Preis des Ganzen wird sich wohl auf 400 Mark berechnen. 

') »Die vier Bücher von der Nachfolge Christi.« Augsburg 1880. 32°. in streng 
mittelalterlicher Ausstattung. Diese Anstalt bereitet soeben auch eine Prachtausgabe der 
»Nachfolge Christi-^ vor im 4"mai. Golh. Styl in reichster Ausstattung, mit mehrfarbigen 
Initialen und Facsimiles von Holzschnitten aller Meister und aus dem Leben und Leiden des Herrn. 

^) Wie Sommalius berichtet in einem Briefe an Leonhard Bethenius, Abt des Klosters 
S. Trudo. Kuseb. Aniort, Scut. Kemp. 

'*) Rührend in dieser Beziehung ist auch das Geständnis , welches i]tT ausgezeichnete 
Cesare Cantu in seinem Dankschreiben für die Einludung zur Feier der Enthüllung des Gerden- 



4' 

maus trugen dieses Werk stets bei sich , und dasselbe gilt auch von dem 
edlen Prinzen Eugen von Savoyen, wie J. B. Montfalcon berichtet. *) Marillac 
sprach der erste das schöne Wort: der eigentliche Auetor der Nachfolge sei 
der hl. Geist. *) Constantin Caietan, der die Imitatio Christi so genau kannte, 
bezeugt, dass die Lesung derselben niemals ersättige und dass in derselben 
eine gewisse unwiderstehliche göttliche Kraft verborgen sei.^) Fontenelle, 
Corneille's Neffe bezeichnete sie als das beste von Menschenhand geschriebene 
Buch.^) Dem Polyhistor Leibnitz ist unser Traktat vollends das beste Buch 
und er preiset den glücklich, der nach demselben lebt.*^) Aus der neueren 
Zeit nur einige wenige Zeugen für Viele. Ullmann äussert sich über die 
Schriften des Thomas von Kempen und die Nachfolge Christi insbesondere, 
welche er Thomas zuschreibt^): »Dies ist unseres Erachtens die Hauptsache: 



Monumentes ablegte : «Quel giorno (28. Oct.) mi uniro con loro nclla preghiera e leggero 
un capitolo dell Imitazione oUre qiiello che leggo ogni giorno.« Brief dd. 20. Oct. 1974 
bei Scaiola, Cauaglia pag. 29. 

') Etudes sur limitation de notre seigncur Jesus Christ. Gelesen in der Akademie 
des sciences, belles lettres et arts de Lyon. 25. August 1837. Abgedruckt als EinleiUmg 
zur Edition polyglotte Montfalcons. I>yon 1841. Das Citirte an letzlerer Stelle p. Xlll. 
•) I^s IV livres de l'imit. de Jesus Christ, par M. le premier pr^sident de Marillac. 
Paris 162 1: >Le premier et le plus sür auteur de I'imitation de Jdsus-Christ ^tait le Saint- 
Esprit. « 

') Nunquam satiat eius lectio aut nauseam parit et mirifice audientis animum delectat 
etiamsi millies repetatur . . . Latet in ea diuina quaedam et occulta spiritus s. uirtus, quae 
in legentis et audientis animum, modo id cum pielate et attcnte fiat ita illabitur, ut cum penitus 
immutet et a rebus creatis in deum transferal. Methodus practica libror. IV de imit. Christi. 
Romae 1644, p. 36. 

*) »Livre le plus beau, qui soit parti de la main d'un homme, puistjue l'cvangilc n'en 

vient pas.« Fontenelle in Vie de Corneille, im dritten Band seiner ges. Werke. Paris 1758, p. 109. 

*) Otid. Hanov. pag. 77 : »Est un des plus excellents trait^s, cjui ayent elc faitums. 

Ileureux celui, qui en pratique le contenu, non content de l'admirer. Man vergleiche hiermit 

was I^martine im Jocelyn sagt: 

Plus souvent desseche par mon aftliction, . 

Je trempe un peu ma levre ä I'imitation, 

Livre obscur et sans nom, humble vase d'argile 

Mais rempli jusqu' aux bonds des sucs de l'Evangile : 

üu la sagessc humaine et divine, a Umgs flots, 

Dans le coeur altdre coulent en peu de mots; 

C)u chaque dme a sa soif vient, se penche et s'abrcuve 

Des gouttes de sueur du Christ ä son epreuve, 

Trouve, selon le temps, ou la peine, ou l'eflurt, 

Le lait de la mamelle ou le pain fort du fort 

Et sous la croix ou l'homme ingrat le crucitie, 

Dans le larmes du Christ boit sa philosophie. 
•) Reformatoren vor der Reformation. Hamburg 1842. Bd. IL Seite 145. 



Die Wahrheit des eigensten Lebens, die sich in jedem Worte kundgibt, das 
Herz, das darin schlägt, der reine, unvermischte Ton, der Silberklang der 
inneren Aechtheit, der einfältig kindliche Sinn, welcher durch das Ganze 
hindurch geht.c Um aus dem akatholischen Lager neuerer Zeit auch einen 
Kalviner über unseren Gegenstand zu vernehmen , wollen wir den Schweizer 
Böhringer sprechen lassen: »Die Sehnsucht nach Gott, sagt er,*) dem allein 
wahren Gute und dem Frieden in ihm, und der heilige Ernst, alles zu lassen, 
was dem im Wege steht, und allem sich hinzugeben, was dazu fördert, ist 
kaum, die Bibel ausgenommen, in einem Buche der Welt so einfach wahr und innig 
niedergelegt worden, wie in diesem (von der Nachfolge Christi).! Als dem Natur- 
forscher Ampere 1836 auf seinem Sterbebette ein Freund eine Stelle aus der 
Nachfolge Christi vorlesen wollte, sagte er: er wisse das Buch auswendig. 
Und dies waren seine letzten Worte. *) Dasselbe berichtet Ringseis von 
König Ludwig L von Baiern. ') Wir können diese Zeugnisse mit keinem 
würdigeren schliessen als mit dem, welches der nachher so unglückliche 
Lamennais abgelegt hat. Er schreibt*): »Die Nachfolge Christi hat mehr 
Heilige gemacht, als alle Controversbücher miteinander. Je mehr man sie 
liest , desto mehr bewundert man sie . . . Ich finde in mir nichts , was 
der wunderbaren Salbung dieses fast göttlichen Buches entspricht. Ich sage 
zu mir selbst, das ist schön, entzückend, himmlisch, aber ich fühle es 
nicht genug. Oft bin ich ganz beschämt, dass ich mich mitten unter 
diesen so rührenden Wahrheiten kalt und frostig finde; und dann denke ich, 
dass Gott es so will, und dass selbst darin von seiner Seite eine Art unüber- 
windbare Freigebigkeit , eine, ich weiss nicht welch* heilige , seiner würdige 
Verschwendung liegt, die ihre Gaben nicht zählt und den Thau des Himmels 
auf das dürre, wie auf das grüne Laub fallen lässt.« So ist also in Wahr- 
heit für alle Menschen aller Grade die »Nachfolge Christi« das gemeinsame heilig 
ehrwürdige Handbuch, von ihr gilt, was der gottselige Verfasser Gersen den 
Herrn zum Jünger sprechen lässt^): »Ich bin's, der in einem Augenblicke ein 
demütiges Gemüt erhöhet, dass es mehr Verständnis der ewigen Wahrheit empfängt, 
als wenn es zehn Jahre in den Schulen studirt hätte. « Kein Wunder, dass um 
diesen so kostbaren Schatz religiöse Orden und Nationen sich gestritten haben. 



*) Die Kirche Christi und ihre Zeugen. StuUgart 1878. 19. Band. Neue Ausgabe. Seite 702 f. 

*) Ilettinger, Apologie des Christcnthums. Freiburg iSyi. I. 15d. S. 225. 

«; Historisch politische Blätter. 1876. S. 585. f. 

*) In einem Briefe vom 16. Jänner 1824. Aphorismen aus diesen ungednickten 
Briefen des Vicomte de JJonald sen. und Lamennais. Mitgetheilt von A. Kobler in der 
Innsbrucker Zeitsclirift ftlr katholische Theologie. 1879. ^I^'^^ '• '*^' '6. 

») Nachfolge. B. 3. K. 43,3. 




ZWEITER ABSCHNITT. 

DIE FRAGE NACH DEM VERFASSER. 

A. DER STREIT. 

licht selten hört man behaupten, es sei ganz unnütz über denVet- 
fasser der Nachfolge Christi lange zu streiten, wir sollten uns des 
I Buches recht herzlich freuen, dem lieben Gott für diese seine 
Gabe danken und sie fleissig nützen; wer das Buch verfasst habe, das sei eine 
hübsch gleichgültige Sache. Das ist aber eine sehr schiefe Behauptung. Nie 
kann und darf ja doch die Wahrheit jemandem eine gleichgültige Sache sein.') 
Und sei's auch, dass der Auetor aus Bescheidenheit seinen Namen seinem 
Werke nicht beigeschrieben hat, dass er verborgen und ungckannt bleiben 
wollte, wird etwa seine Wahrheitsliebe minder gross gewesen sein als seine 
Bescheidenheit? Auch scheint es die Dankbarkeit zu fordern, jenen Mann 
sicher imd genau kennen zu lernen, welcher durch sein Buch einen so weit- 
reichenden Einfluss ausgeübt, unsäglich viel Gutes gestiftet, so viele Schmerzen 
gestillt hat und der durch sein Werk ungezählten ein Wegweiser zum Himmel 
geworden ist, Doch die Eruirung des wahren Verfassers der Nachfolge 
Jesu scheint nicht nur im Interesse der Wahrheit wünschenswert und ein Act 
der Dankbarkeit, sie ist sogar notwendig, notwendig zum Verständnisse des 
Buches. Es wird sich im weiteren Verlaufe zeigen, dass gar minche Stellen 
des Buches, die an sich sonst dunkel und unverstandlich wären, im Lichte 
der Zeit, in welcher sie entstanden sind und in Berücksichtigung der Ver- 
hältnisse dessen, der sie geschrieben, ganz plan und klar werden. Viele 
Stellen gibt es, von denen man nicht recht klar wird, was sie denn besagen, 
wenn man den Auetor im 15. Jahrhundert leben lüsst, die hingegen aus der 
Feder eines Schriftstellers des 13. Jahrhunderts ganz natürlich sind, was auch 
von den Örtlichen Verhältnissen und den Lebensumständen des Verfassers 
gilt. Deshalb ist die l'rage nach dem Verfasser jenes Buches, welches das 
beste und verbreitetste nach der Bibel und von so eminenter Wichtigkeit war 
und ist, auch eine vollwichtige. Auch lösbar ist unsere Frage, Es handelt 
sich hier um ein historisches Factum, um die Abfassung der in Rede stehenden 



') Cf. 


Jonnnk l.ai,c,«U, Di 


.srti 


lio d« .iiJ,:lu 


e libr. de Im, Cbrisü. Cul, Allubr, 173a. 


•W- O"""' 


om. IV. ,™s II. 


!"K- 


1: .Jasle 


-iiKbLiililL'rqiic (de auclorc diuiiii proisiifi 


operis) certan 


pOICSl. ÜWMn CHI 


1 et 


,l«c rctdi i 


ra umnia iioii tuiiccJuiit iiioiiu, scd el 


pracciiiiunt, ■ 












4 



44 

Schrift durch Giovanni Gersen. Dieses behauptete und angestrittene Factum 
will erwiesen sein. Bringen wir nun hierfür innere und äussere Zeugnisse 
vor und zeigen wir auch noch auf, dass diese Zeugnisse acht und unver- 
fälscht sind, so wird dem historischen Unglauben in unserer Frage keine 
Berechtignng mehr überbleiben, um so mehr, wenn wir auch noch die Quelle, 
aus welche unsere Gegner schöpfen als trübe, ihre Zeugnisse als Kinder eines 
entschuldigten Missverständnisses erweisen. Ein Mehr kann man von uns 
nicht verlangen , aber wir müssen ein Gleiches von dem Gegner erbitten. 
Dass unsere Frage lösbar und die angegebenen Argumente eine vollbefriedigende 
Ueberzeugung zu geben vermögen, dafür können wir faktische Beweise an- 
führen, so u. a. an dem gelehrten Professor, nachher Kanonikus, Johann 
Weigl in Augsburg. Weigl hat zuerst selbst eine lateinische Ausgabe der 
Nachfolge Christi unter der Firma des Thomas von Kempis veranstaltet*) 
und er gesteht in seinem Vorworte zu der von ihm veranstalteten Ueber- 
setzung von Gregory*s Memoire sur le vdritable auteur de Tlmitation de 
Jtfsus Christ, dass er »nicht ohne Kampf, nicht ohne reiche Prüfung seine 
frühere Ansicht über den Auetor der Nachfolge geändert habe.«*) 

I. DIE VERSCHIEDENEN »VERFASSER« DER IMITATIO CHRISTI. 

|Er Hort der Nibelungen war einst ein vielumworbenes Gut, sieben 
Städte haben sich um die Ehre, den Homer hervorgebracht zu 
haben gestritten, dreifach so gross ist die Zal derer, welche ihre 
Anwartschaft auf dieses goldene, köstliche Buch geltend machen. Und be- 
sehen wir uns die Bewerber. Welch' buntes Gemisch! Der Aelteste und 
der Jüngste, wie weit sind sie auseinander! Mehr denn ein Jahrtausend ist 
zwischen ihnen vorübergerauscht. Und die Ansicht derer, welche einen 
einheitlichen Verfasser annehmen, wie reimt sie sich zusammen mit der Be- 
hauptung jener, welche vier, ja mehrere oder richtiger gar keinen Auctor, 
sondern nur einen Redacteur unseres Büchleins herausgefunden haben ! Werden 
je diejenigen , die das Buch ursprünglich in französischer oder deutscher 
Sprache abgefasst sein lassen, einstimmen in den Jubelruf derer, welche sich 
als die glücklichen Besitzer des lateinischen Autograph's preisen ! Wir wollen 
die verschiedenen Väter der Imitatio Christi vortreten lassen, ihre Gründe 
und Beweise vernehmen. Mir sind im Ganzen über ein viertel Hundert ver- 
schiedene »Verfasser der Imitatio Christi« bekannt geworden. Wir behandeln 
sie in folgender Ordnung: Erigena, Bernhard, Gerso, Innocens III., Scoto Gio- 




*) Uenerabilis uiri Thomae a Kempis de imitatione Christi. Edilo accurata. Solis- 
baci 18-15. 

*) Denkschrift. Sulzbach 1832. S. VIII. 



45 

vanni. Thomas Galliis, David von Augsburg, Bonaventura, Ubertin Casal, Petrus 
de Corbario (Nicolaus V.), Ludolf von Sachsen, Kaikar, Hilton, Humbert, Martinus 
Carthusianus, Giovanni Michele, Joannes Paumerii, Rickel, Johann von Kem- 
pen, Gerson (Kanzler), Gerson (Bruder des Kanzlers), Thomas von Kempen.*) 

Johannes Scotus Erigena, dessen Lebensgeschicke in fast un- 
durchdringliches Dunkel gehüllt sind, lebte um die Mitte des 9. Jahrhunderts. 
Eine Schrift »De eucharistia« welche er gegen Gottschalk und Paschasius 
Radbertus verfasst haben soll, scheint Veranlassung geworden zu sein , dass 
wol sehr vereinzelte Stimmen ihm die Imitatio Christi zuschrieben.*) Aber 
abgesehen von allem Uebrigen passt doch zum vierten Buche der Nachfolge 
die verdächtige Haltung, welche Erigena im Abendmalstreite des neunten 
Jahrhunderts eingenommen hat, ganz und gar nicht. 

Bernhard, der honigfliessende Kirchenlehrer ward geboren zu Fontaine 
in Burgund und starb als Abt von Clairvaux 11 53. Schon zwanzig Jahre 
nach seinem Tode wurde er heilig gesprochen. Mehrere Manuscripte und 
Drucke der Imitatio geben unseren Doctor mellifluus als Verfasser derselben 
an. Mir sind folgende bekannt geworden : 

I. Codex Braunau (Abtei in Böhmen). Arthur Loth sagt, es sei »de la 
I'* moiti(! du XV. si^cle appartenant ä M. le comte Lafond Tun des plus 
prdcieux, mais restd inconnu jusqu'ici. II contient les trois premiers livres 
de l'imitation , avec cette inscription : Incipit tractatus P. Bernhardi , qui 
intitulatur cathena aurea uel de imitatione Christi, L'explicit des deux premiers 
livres reproduit le nom de saint »Bernard«. Revue des Questions historiques, 
Paris 1874, p. 95. 

II. Cod. Sangenovefanus I., aus der Kanonie der hl. Genovefa. »In- 
cipit opus B. Bernardi saluberrimum de Imitatione Christi, quod Johanni 
Gerson Cancellario parisiensi tribuitur.« 

III. Cod. Sangenovefanus II. Davon berichtet Gregory, Histoir. de 
rimit. I. 210. 



*) Ganz grundlos und ohne irgend welche Bezeugung führt J. Albert Fabricius in seiner 
bibliotheca latina med. et inf. aetatis, Patauii 1754, tom. II. pag. 222, als »Verfasser« der 
Nachfolge an: Amandus siue Hcnricus Suso, Joannes de Franckenstein, Jo. Taulerus, M. 
Marias Marulus. Des letzteren Imitatio Christi wird in der ersten Sitzung des lateran. Concils 
V. J. 1521 gelobt und über Joan. de Franckenstein, eigentlich Brasiator, heisst es bei Jakob 
Echard, Scriptores ord. praedicat. tom. I. pag. 804: »Scripsit ... de Imitatione Christi 
et alia multa.« Wahrscheinlich liegt hier, wie sicher bei Tauler eine Ver\vechslung mit der 
bislang Taulem zugeschriebenen »Nachahmung des armen Lebens Christi« vor, welches jüngst 
Heinrich Seuse Denifle unter dem Titel : Das Buch von geistlicher Armuth, München 1877, 
edirt und Taulem abgesprochen hat. 

•) Vid. Angel. März, Dissert. crit., wo pag. 26 von Erigena als Verf. der Nachfolge 
refcrirt wird, »ohne dass jedoch A. M. bei diesem ganz unbczeugten Auetor länger ver- 
weilen möchte.« 



46 

IV. Cod. Raitcn Haslacensis (Cistercicnscrkloster in Bayern): tTrac- 
tatus Divi Bernardi abbatis Claraevallis de Imitatione Christi, t 

V. Cod. Angoul^me. Von einem solchen berichtet das 1467 ange- 
fertigte Inventar des Grafen von Angoul^me. Er bietet eine französische 
Uebersetzung der Imitatio: »La Imitation de sainct Bernard avec plusieurs 
oraisons et devotions, en papier et lettre commune bien caduqiie.« Launoius 
sagt, dieses Inventar sei zu Paris in der t curia Rationalium« vorfindlich. 
Opp. omn. Colon Allobr. 1732, p. 25. 

VI. Cod. Tolosanus, so genannt, weil er zu Toulous gefunden worden 
ist, enthält eine französische Uebersetzung der Nachfolge unter dem Titel: 
»Cy commence le livre tr^s salutaire de la Imitation de Jhesu Christ, et du 
mesprisement de ce monde, compose en latin par S. Bernard ou autre 
d(!vote personne, attribud ä messere Jehan Gerson, chancelier de Paris et 
translattJ en frangois en la cite de Tholose.t Jetzt steht er in der bibl. nat. 
zu Paris n. 7276. 

Gence, De imit. Christi, Paris 1826, pag. LX. sq. verweist diese Ueber- 
setzung in die Mitte des 15. Jahrhunderts; Montfalcon, De Timitat. ed. polygl. 
Paris 1841, pag. LXIV. in das Jahr 1467. 

Die Veranlassung, diesem hl. Abte die Nachfolge zuzuschreiben, war 
wol nur das Bestreben, einen berühmten Namen derselben vorzusetzen, wie 
Launoy ganz richtig bemerkt.') Die Unmöglichkeit der Abfassung durch 
Bernhard erhellt schon daraus, dass in der Imitatio auf das Beispiel der 
Cistercienser zur Nachahmung hingewiesen wird, welche doch erst Bernhard 
gestiftet hat. 

Gerso Giovanni. Diesen Gerso stellt zuerst Graf Luigi Cibrario 
als Verfasser der Nachfolge hin,*) wenn er auch nach seinem eigenen Ge- 
ständnisse diese Annahme durch Beweise annehmbar zu machen nicht im 
Stande ist, sondern eben blos anregen wollte.') Gerso gehörte zu den 
Spitalbrüdern vom hl. Antonius und lebte zu Ausgang des 12. Jahrhunderts. 
Er soll nach Cibrario auch in Vercelli ein Spital für die vom »heiligen 
Feuert Befallenen gegründet und hier die Nachfolge Christi geschrieben 



*) »Cur ab alio editum opus de Imitatione Christi Bcmardo quondam adscripserint 
librarii, summa Bernardi pietas fecit. Scilicet anepigraphon cum essent nacti exemplar iUudquc 
describerent, ei tribuerunt, quem opere tanto dignum re non satis animaduersa iudicarunt.« 
] c. pag. 25. 

*) Siehe Cibrario, Nuovi indizi storici relativamcnte all' autorc del libro dell' Imitatione 
di Cristo in dessen Operette varie Torino 1860. pag. 417 ff. 

') «Nullo intendo affcrmaze o negare. Mi sto contento all' avere messo innanzi 
qualche indizio storico, e qualche osservazione , che potranno aprire un nuovo campo alle 
investigazioni dei dottic 1. c. pag. 417. 



47 

haben. Wir heben hervor, dass Gerso zeitlich und örtlich mit Gersen so 
ziemlich zusammenfalle. 

Innocens III. Von einigen^) wird auch dieser ebenso gelehrte und 
tugendhafte Papst (i 198 — 12 16) als Verfasser der Nachfolge Christi genannt; 
offenbar ein Missverständnis, daher kommend, dass der glänzendreichste aller 
Päpste auch Auetor der Schrift ist: »De contemptu mundi sive de miseria 
humanae conditionis«, welche man mit der Imitatio, die bisweilen unter 
demselben Titel vorkommt, zusammenwarf. 

Scoto Giovanni war Abt zu St. Stefan in Vercelli, der zweite Vor- 
gänger des Giovanni Gersen. In der Series abbatum s. Stefani des Della 
Chiesa wird er als »doctor insignis« bezeichnet. Eine Verwechslung mit 
seinem zweiten Nachfolger Gersen war Veranlassung, dass man ihm die 
Nachfolge Christi zugeschrieben hat. Gregory, Memoire sur le vdritable 
auteur. Deutsch von Weigl. Seite 25. 

Alle bisher genannten Competenten schliesst schon der einzige Umstand 
aus, dass in der Imitatio s. Franciscus von Assisi erwähnt wird,*) der erst 
1227 gestorben ist. 

Gallus Thomas, regulirter Kanoniker zu S. Viktor in Paris, von 
da nach S. Andreas in Vercelli als Prior berufen und nachher zum Abte 
eben dieses Klosters erwählt, wurde zum Verfasser der Imitatio Christi ge- 
macht von dem gelehrten Barnabiten Spotorno, Präfekt der genueser Bibliothek, 
welcher 1838 unter dem Pseudonym Albo Docilio im Giornale Ligure di 
scienze ed arti die Frage über den Verfasser der Nachfolge Christi behandelte 
und in so fast geometrischer Methode, wie er sich selbst ausdrückt, den 
Gallier Thomas als Vater des goldenen Büchleins erwiesen hat. Der Beweis 
ist nur aus inneren Gründen geführt in folgender Weise: Der Auetor der 
Imitatio war ein Religiöse (Im. B. 3. K. 10), aber weder Cistercienser noch 
Karthäuser (Im. 1,25.), er muss ein Zeitgenosse des hl. Franz von Assisi 
gewesen sein (Im. 3,50). Auch dem Orden des hl. Benedikt kann der 
Verfasser nicht angehört haben, weil in der Imitatio viel scholastischer Lärm 
und Zank wiederhallt, (Im. 1,1.3.34) den die Benediktiner nicht gerne hörten 
und vor welchem sie sich in ihre stillen Zellen verkrochen haben !^) So 
gewiss der Auetor der Nachfolge alles das nicht war, ebenso gewiss war er 



') J. B. Monfalcon, De l'imitat. cd. polygl, pag. XVI. 

•) 1. 3. c. 50. n. 8: »Ait humilis Franciscus.« 

•) »Non pot^ essere un Benedcttino, perch^ vi si parla in piu luoghi di dispute 
scolastiche, il che era lonlano dalla vita quieta dei monachi benedettini, che colli vavano bensi 
le scienze e le lettere, ma nel silenzio dei loro chiostri, non in mezzo al rumore delle scuole 
lamentato dall' autore dell' Imitatione« Canetti, Notizic 2. Aufl. pag. 109. 



48 

ein regulirter Kanoniker (Im. 1,24.25) und ans denselben wieder der be- 
hauptete Thomas Galhis. *) 

David von Augsburg, einer der hervorragendsten deutschen Mystiker 
des 13. Jahrhunderts, war zuerst Novizenmeister und Theologieprofessor im 
Franziskanerkloster zu Regensburg, seit 1243 ^u Augsburg, wo er bis zu 
seinem Tode im Jahre 127 1 wirkte. Die vortrefflichen, sowol in deutscher 
als auch lateinischer Sprache abgefassten ascetischen Traktate scheinen den 
Gedanken erzeugt zu haben, er sei auch der Verfasser der Imitatio Christi, 
als welchen ich ihn in einer ziemlich umfangreichen aber schlecht erhaltenen 
Handschrift aus dem Benedictinerstifte Ottobeurn erwähnt finde, ohne dass 
jedoch in dem gedachten 40 Folioseiten fassenden Manuskripte desselben 
weiter gedacht würde.*) 

Bonaventura, geboren 1221 zu Bagnarea im ehem. Kirchenstaate, 
seit 1242 Franziskaner, starb am 15. Juli 1274, nachdem er 1256 Ordens- 
general geworden und 1273 mit dem Kardinalspurpur bekleidet worden war. 
Bonaventura (dieser jüngere Zeitgenosse Gersen's) ähnelt besonders dem Style 
nach der Imitatio Christi gar sehr und wir dürfen uns deshalb nicht wundem, 
wenn auch er, freilich nur sehr vereinzelt, als Verfasser des goldenen Büchleins 
erscheint. Die Melker Bibliothek verwahrt in ihrer Sammlung des hand- 
schriftlichen Materials, die Imitatio Christi betreffend, auch einen Brief des 
Karthäusers Leopold Wydeman, in welchem die Imitatio-Codices genannter 
Karthause beschrieben werden. Als nonus sub n. 58 erscheint folgender: 
Cod. Gemnicensis n. 58. »Sequuntur tractatus de imitatione Christi, 
qui sunt quatuor, eciiti abegregio Doctore B. Bonaventura de Balneo regio S. E. R. 
Card.« Das dritte Buch enthält 64 Kapitel. Explicit: »Finitus anno Domini 1470 
currcnte 17. die Aprilis feria 6. hora 6. in Nova Cella Brixnae.« Unmittelbar 
darauf folgt: »Tam incipit liber de doctrina interioris hominis ad animam 
contemplandam, qui alias imago aeternae uitae nuncupatur, Bonaventurae 
Cardinalis: Qui Bonav. Card, etiam dicitur composuisse praedictos quatuor 
tractatus de imitatione Christi, ut inueni in exemplari.« gezeichnet Gemnico 
28. Augusti 1706. 

Ubertin von Cassalis aus Casale in Italien geboren , trat zuerst 
in den Minoritenorden und stand in dem bekannten Streite über das Gelübde 
der Armut an der Spitze der »Spiritualen.c 13 17 trat er in das Benedictiner- 
kloster St. Peter zu Gemblours über ; ob er noch später Karthäuser geworden 
sei, ist nicht sicher. 



*) Canetti 1. c. pag. 1 10 ff. würdigt diese Behauptungen sogar einer Widerlegung. 

•) Fol. I, wo unter der Ueberschrift : »Ratio scriptoris huius susceptae defensionis« 
nebst Bernhard, Bonaventura, Thomas von Kempen auch »David de Augusta« als vorge- 
schobener Verfasser der Nachfolge erwähnt wird. 



49 



Siiarez, Her die vier Bücher von der Iniitntio vier verschiedenen Ver- 
fassern zuweist,') beschenkt utisern Uberlin mil dem zweiten Buche; Jean 
Grancolas, Iloctor der Sorbonne, erklärt sich in der Dissertation zu seiner 
französischen Uebersetzung der Nachfolge bezugs aller vier Bücher fitr 
Ubcrtin. •) Uberlin verrät in seinen Werken eine grosse Vertrautheit mit 
der Imiiatio, ganze Geclankenreihen und Ideenverbindungen wiederkehren 
darin. Das hat ihm den Ruhm, Urheber der Imitatio zu sein, eingebracht. 
Auch soll et ein Buch »Ue iniitatione« geschrieben haben, wovon aber nichts 
zu linden ist. 

Petrus de Corbario, Franziskaner in den Abruzzen; von Ludwig 
dem Baier uncanonisch als Papst aufgestellt, nannte er sich Nicolaus V. und 
krönte Ludwig 1328 zum Kaiser. Bald that er, den Strick um den Hals, 
Busse und schrieb nach seiner Abdankung ein ascetisches Buch. 

Suarez schrieb diesem Petrus de Corbario das dritte Buch der Imitatio 
zu , wogegen Daniel Papebroch eine Dissertation geschrieben hat. *) Auch 
Nicolaus V, soll nämlich nach Suarez ein Buch De Imitalione geschrieben 
haben. *] Für Ubertin genügte Siiarez obige Notiz vollkommen , ihn zum 
Auctor des zweiten Buches zu machen, für Petrus de Corbario führt er noch 
folgende sehr merkwürdige Congruenzgründe an: Aus den Worten:'') »sagt 
der demütige Franziskus«, folgt, dass der Verfasser ein Franziskaner gewesen 
und aus der Stelle^): »Niemand in der Welt, ob Kaiser oder Papst, ist ohne 
Kreuz und Leiden« muss man schüessen, dass er die Tiara getragen. Klappt 
einzig und wunderbar auf den abgesetzten Gegenpapst Nicolaus V, Doch 
dürde, wie Papebroch nicht ungut bemerkt,') aus der angezogenen Stelle 
auf einen Kaiser als Verfasser zu raten sein. 

Mit scheinbar grösserer Berechtigung und mehr Nachdruck sind die 
nun folgenden acht Karthäuser verteidigt worden. 

Ludolf von Sachsen war zuerst durch 30 Jahre Dominicaner, trat 
aber 1330, um ungehinderter der Hctrachlung des Göttlichen obliegen /,ii 



') Conieelum de libris ile Imitalione Christi eonimquc aucloribiis. Romac 1667. 4". 

•) DissertQliün sur raiileur »le T Imitation. Paris 171g. 12". 

*J Sielic Acta sanclomm. cä, Antvctp. 16S5. Mal, loni V. (Conalus chronico-histoticus 
ad catal. poiiliricum) png. So*^ — 83*. 

*) •Potuenuit tum (.'bvrtitius quam Pelius de Corbario eudcm litulo de luiilalione 
Christi scripsissc aliquid; sed tdciii quod in matiibus est, nlletius esu, solus liLulus nun probat, 
lis exstaotibus sub eorum nomine exe miliar iliiis eonim, qiij nunc cum pracfato litulo habrntur, 
librorum.i Act. sind. 1. c. pag. 81*. n. 8. 

») 1. 3. c. so n. 8. 

•) 1. I. c. 22. n. I, 

') tAbdt a nobia taiii cei 
Video, quam pro Kegei OIj. c. 



prae^umplio : Pro l'apa nihil hie plus 



L 



können , in den Orden der Karthäuser zu Strassburg und starb als Prior ; 
wann und wo ist ungewiss. Sein geschätztes, oft verlegtes und übersetztes 
Leben Jesu Christi scheint zuerst die Aufstellung der Hypothese veranlasst 
zu haben, dass er auch die Nachfolge Christi verfasst habe. 

Delfau*) und Du Pin*) wissen von einem Codex m. s. und von einem 
alten Druckwerke, welche den Namen des Ludolf Saxo an der Stirne tragen ; 
sprechen diesem aber das Recht auf die Urheberschaft ebenso gut ab als 
der Abt Carl Jos. Morotius. ') 

Kaikar, eigentlich Heinrich Eger, ist geboren zu Kalkar 1328. Sieben 
und dreissig Jahre alt entsagte er der Welt, legte seine Stelle als Kanonikus 
in Köln nieder und trat hierauf in das daselbst soelien gegründete Karthäuser- 
kloster. Nachdem er längere Zeit in der Karthause Mönchhausen bei Arnheiin 
gewirkt, versah er zuerst die Priorstelle zu Strassburg, dann in Köln, wo er 
auch 1408 gestorben ist. Kalkar ist vielfach für den Verfasser der Imitatio 
Christi gehalten worden. So schon von Wcldebrand Vogt,*) und hat das 
hannoveranische Magazin ihn mit Liebe vertheidigt. *) Uebrigens haben die 
Obern des Karthäuser-Ordens selbst nicht gestattet, dass eine Abhandlung 
eines ihrer Ordensglieder, worin Kalkar als Verfasser der Nachfolge erwiesen 
werden wollte, im Drucke erscheine.®) Neuestens hat Hirsche den von 
Liebner publicirten und Thomas zugeschriebenen Liber secundus de imitatione 
Christi "*) Kalkarn zu vindiciren versucht, sowie er sich hinwiederum gegen den- 
selben als Verfasser der Nachfolge Christi ausspricht.*) 



*) Cf. Dissertatio Delfauü pro Joan. (Jersen ed. C. Wolfsgruber. Vindobonae 1879, 

pag. C. 

*) Vid. Nowvelle biblioth^ue des autcurs cccl6tiastiques. A Paris 1700, tom. XII. 
pag. 162, wo vier Bewerber um die Imitatio namhaft gemacht werden (Bernhard, Gerson, 
Gerscn, Thomas), »sans parier de I^udolphe le Saxon, a qui il est attribuö dans un manuscrit 
et sous le nom duquel on en a imprim^ une ancienne traduction , qui y a si peu de droit 
qu'on ne peut en aucune mani^re le mcttre en concurrence avec les autres.« 

*) Vid. Theatrum chronologicum sacri carthusiensis ordinis per Carl. Jos. Morotium 
o. s. Bemardi abbatem Taurini. Ibid. 1681, pars IV. fol. 74; «Ludolphi de Saxonia 
Carthusiensis nomen aureo de imitatione Christi opusculo nonnumquam praefixum error 
lypographorum est.« 

**) Coniccturae de auctore libri de imitatione Christi: (in seinem Apparatus literarius) 
Wittebcrgae 1718. 

*) «Historische Nachricht von dem wahren Verfasser der 3 Bücher von der Nachfolge 
Christi Heinrich Kalkarc im hannov. Magazin 1760. Von Seite 1607 ab. Cf. Gerard Casteel, 
Controversiae eccles. histor. ed. 2. Col. Agrip. 1757. Controversia XLV. pag. 603, wo für 
Pomerius, Kalkar und Ludolf Saxo je ein Codex angeführt wird. 

•) V. Euseb. Amort, Moral, certitudo. p. 132. 

') Göttinger Pfingstprogramm 1842. 

^) Prolegomena S. 464 (T. und 518. 



Hilton Walter, englischer Karlhüuser, rier unicr Heiiirirh Vt. in 
der Rarlliaiisc Detlehm an der Tliemsc um 1440 lelilc. Nebst aiideiem, 
zumeist noch ungedrucktem, soll er 1399 auch die Imitalio geschrieben 
haben. Er kam aber au diesem Ruhme nur dadurch, dass er ein Buch »De 
musica ecciesiasticat schrieb. Da in der Handschrift der Katthause zu 
Brügge die drei ersten Bücher der Nachfolge ebenfalls unter dem Titel: 
«De musica ccclesiastica« erscheinen, glaubten sich der Lond'ner I.ee in der 
Vorrede zu seiner englischen Uebersetzimg der Imilatio Christi und der 
Engläniler Warton berechtigt, ihm die Nachfolge Christi zuzuschreiben. Hen- 
ricus Wharton, dessen Zeugnis wir anführen wollen, ') belehrt uns, dass er 
im Allgemeinen den Ungereimtheiten der Mystiker abhold sei. Zu diesen 
Mystikern gehörten besonders die Karthauser und unter diesen leistete das 
Unmögliche Gualterus Hilton (quo non alius plus deÜrauil). Aber eines 
fände er an ihm lobenswert, wenn sich's beweisen Hesse, dass er die Imitalio 
Christi geschrieben habe: »Quod tarnen in laudem eius haud paruni cedit, celc- 
berrimum illud opus de imitatione Christi non minus aequo iure sibi forsan 
uendicare queai, quam Thomas Kempensis aut quiuis alius. Extant enim in 
bibliotheca I.ambertina bini codd. ms. et aübi piures, qui tres priores operis 
islius libros complcctuntur lilulo unusicae ecclesiasticae.« Codiciim alter Mil- 
toni nomen, prae se fert; illumque eiusmodi opus conscripsisse Baleus 
confirmat.« 

Dagegen polemisirt Desbilion in der Dispulatio, qua übri de imitatione 
Christi aiictorem esse Thomam Kemp. ostenditur. (Vorrede zu der Ausgabe 
der Imitatio, Manh. 1780), Ebenso negirend, wenn auch in anderer Richt- 
ung Gerbert, historia siliiae nigrae, tom, II. 106. 

Humberl, ebenfalls ein Karthäuser. Von einer Handschrift, welche 
Humbert als Auctor der Nachfolge nennt, berichtet der Karlhäuser Wydeman 
mit folgenden Worten: »Freidnitzensis Carthusia in Carniola uel damnuni 
passa ex incendio uel ex quorundam incurja vix viginli m. ss. Codices 
numerat; in quibiis tamen unus continet tres primos de imiutione libros sed 
ut mihi scribitur, sub Humberti nomine, saecido XV, scriptos.t*) 

Martin der Karthauser. Als prätendirter Auetor der Nachfolge 
angeführt bei Monfalcon, De l'imitation de notre seigneur Jösus Christ, 
Lyon 1841, pag. XVI. 

Giovanni Michele. In mi' cdizione fatta a Memininga nel 1493 del 



') E<i slehl im Aucuiirium von Jacob) Usseri, armachani archiep. historia dogmalica il 
scripinris el uicris vtmnculLi, Londini 16S9, pag. 443 sq. Dsi AucIUaTium Und die Noici 
sind von H. Whnrton, nrchiep. Canlunr. a sacris domeslicjs. 

*) Siehe dessen Mb. «Mbs. Codices Carlhiiülae Gcmnic. . . i\e imil. Christ'n in de 

Melker Bibliolhck. Cf. Cosi«l. 1. c. 




J 



libro de imitationc Christi in 4® se nc fc autore Giov. Michele, Certosiiio 
di Buxheim.« (Cancellieri 1. c p. 292). Vgl. Bäcker, Essai, p. 7. 

Joannes Paumerii , Karthäuser in der Chartreuse du Parc au Maine, 
gestorben 1476, scheint nur dadurch zur Ehre gekommen zu sein, auch 
als Verfasser der Nachfolge mit angesehen zu werden, weil er den Samniel- 
band, in welchem der Cod. Parcensis II. vorkommt, geschrieben hat und 
auch am Schlüsse als Schreiber sich nennt: »Scriptum per fatrem Joannem 
Paumerii. Anno 1460« ; was man auf den Verfasser missdeutet hat. Casteel, 
controu. XL. ed. c. p. 603. 

Rickel Dionysius, gewöhnlich Dionysius der Karthäuser oder 
Dionysius von Leewis genannt, wurde 1403 in Rickel, Diöcese Lüttich, ge- 
boren, studirte in Köln Theologie und Philosophie und trat im 21. I-^bens- 
alter in die Karthausc zu Roermonde, wo er bis zu seinem Tode (12. März 
147 1) unablässig thätig war durch Wort und Schrift. Auch er wurde als 
Verfasser der Nachfolge, wenn auch ganz ohne Grund, genannt. *) 

Es mag auffallend erscheinen, dass in der Reihe der angeblichen Ver- 
fasser der Imitatio Christi so viele Karthäusernamen vorkommen. Der Grund 
ist der, weil eine grössere Menge Handschriften sich findet, welche einen 
Karthäuser als Verfasser angeben. Dieses allgemeine »ein Karthäuser« wurde 
von Verschiedenen verschieden gedeutet. Ich bin in der glücklichen Lage, 
alle Handschriften, welche die Karthäuser für sich haben, anzuführen. Ich 
finde sie äusserst sorgfaltig zusammengestellt und aufs genaueste beschrieben 
in dem Referate, welches der Karthäuser Leopold Wydeman als Resultat 
seiner umsichtigen Forschungen an den Mölker-Bibliothekar Roman Mollitor 
eingesendet hat, *} Darin hat der fleissige Karthäuser alle Imitatio-Codices 
der Karthausen Gemniz, Agsbach, Olmütz, Freidnitz in Kärnthen, Seitz in 
Steiermark, registrirt*) und den Bericht des Du Pin über die Handschrift 
»in domo Carthusianonrum Parcensi apud Cenomanosc angeschlossen. 
Demgemäss nennen einen Kartbäuser als Verfasser folgende neun Codices: 
Cod. Gemnic. (un.); Agsbacens. (duo); Olumuc. (quatuor); Parcensis apud 
Cenomansos (un.); Capellens. in Flandria (un.); Coloniensis (un.). 

I. Cod. Gemnicensis^) (sign. n. 1 1) in 8 ® enthält die zwei ersten Bücher 



*) Vgl. Pietro Canetti, Notizie biographiche. Vercelli 1879. pag. 106. 

') Siehe die handschriftlichen Aufzeichnungen, das Buch «De imitatione Christi« be- 
treffend, wie sie in der Melker Bibliothek aufbewahrt werden. 

•) »An in Carthusiis Maurbacensi et Brunensi hal>eantur huiuscemodi Codices , rescire 
hucusque non potui ; nee animum illuc scribendi habeo, utpote qui in alia niateria, dum scripsi, 
responsum non obtinui.« Was wir gewiss nur zu bedauern hal)en. 

*) Im (ranzen werden in obgedachter Handschrift 12 Imitatio-codices von Gemniz 
verzeichnet. Ausser dem Cod. n. 1 1 nennt nur noch Cod. n. 58 einen Verfasser u. z. den 
Bonaventura, alle übrigen sind anonym. Der älteste datirte stammt aus d. J. 1439, der 



ilcr NachTülge unter dem in Minium geschriebenen Titel: »Sequitur iinidani 
traclatiis de Imitatione Christi et de contemptu iianitatum nedum conlristantium 
sed et consolantiuni in seculo huius mundi editus per quendatn Canhu^ianum 
in Reno.i Explicit in Minium: »Finis huis opusculi 14. Kalendas Martü 
feria secunda anno dorn. . . .391; was nur 1439 sein kann, weil damals 
der XIV. Kai, Marlii auf einen Montag fiel. 

II. Codd, Agsbacenses II, Der erste enthält das erste und zweite Buch 
unter dem Titel: -Incipit tractatus de imitatione Domini nostri Jesu Christi 
et de contemptu mundi, editus per quendam Cartusiensem in Reno.* Der 
zweite enthält alle vier Bücher; »Incipit tractatus de imitatione Christi et 
contemptu mundi editus pur quendam Cartusiensem in Reno multum aedi- 
ficatorius pro salute animae.« Jetzt in der Benediktiner- Abtei Göttweih 
sign, 476 vorfindlich, 

Ill.Cod.CarthusiaeOlomucensis. Von den vier Handschriften dieser 
Karthause, welche insgesammt einen Karthäuser als Verfasser annehmen, sind 
zwei in der Ueberschrift corrigirt und verändert worden, indem ^Cartusiensi« 
ausradirt und durch »Canonico regularis ersetzt worden ist, während ^inReno» 
unversehrt stehen geblieben ist, wie P. Leopold Wydeman aus Autopsie 
zu berichten weiss. 

IV. Codd. Carthusiae Parcensis, II (Chartreuse du Parc au Maine). 
Dieser Cod. stammt aus dem Jahre 1460, ist in 4" geschrieben und hat die 
Nachschrift: 'Explicit hber Dei, nuncupatiis (lui setiuilur me, quem composuit 
Roligiosus quidam ordinis Carlus. pro omnibus Deo devotis.« 

V. Cod. Cartus. Capellae in Flandria, »In Flandria Carthusia della 
Chapelle asseruat tractatus, quos composuit llenr. de Calcaria .... et inter eins 
mss. reperinntur libri tres de imit. Christi sub nomine cuiusdam Carthusiani 
anonymi. < Casteel, I. c. p. 60g. Das iliirfte wol die Handschrift sein, 
welche jeUt als cod. 14069 in der k. Bibliothek zu Brüssel steht. 

VI. Cod. Coloniensis, monasterii sanctae Barbarae. De interna Christi 
locutione ad animam 6delem cuiusdam Cartusiani libri tres. {Montfalcon XL), 

Doch Vertheidiger haben sich fiir einen bestimmten Karthäuser oder 
allgemein filr irgend einen Karthäuser nur wenige gefunden. Das Einzige: 
>Attende Carthusienses< Im. I, 35, 8 war ein zu deutlicher Fingerzeig. 



)Uni;ste Ist gcschrii-ben 1470. BcHindcis beachlcnswerth Ul die Bemerkung unseres Katlhäusers. 
da&s ilie acht Sllealcn Codices von Gemniz im Texte mit tiem vulgaren nicht seht Utierein- 
tlimmca : 'Quod mlrgri sensuä, qiu in cditis sunt, !n his m. s. s. desiderantur : cl quud non- 
□unquam sensiis in alium Irnlulur; sie ubi in edilis üb. I. c. 2. in linc Icgilur; •Omnci, 
fragiles sumus. seil tu neminem Ic ipso fmgiliurem Icnebisi legitnr in diciis m. s. s. : lUmnus 
fragiles siimiLs, et 111 fragiliorcm te invcnies, quanlura es putuis et futnus!i w.ts wol denselben 
Sinn mit dem vulgirlcn gibt, wenn -It« nls .\zc, genommen wird, nidit aliet wenn man 
CS aU Abtallv fa^l. 



54 

Johann von Kempen, älterer Bruder des Thomas Hemerken, ge- 
hörte zu den ersten Bewohnern des Klosters Windesheim, seit 1399 war er 
Prior von St. Agnetenberg. Als solcher zeichnete er sich bis zu seinem 
Tode (f 1432) durch grosse Thätigkeit und praktischen Sinn aus, so dass 
er sein armes Kloster zu einem ziemlichen VVolstande brachte, i^was er zum 
Theil durch den Verdienst, den er seine Untergebenen durch fleissiges Bücher- 

« 

abschreiben gewinnen Hess, bewirkte ; » *) wie er denn auch selbst ein geschickter 
Schreiber war und in Windesheim und anderen Klöstern des Ordens noch 
lange nach seinem Tode Missalien, Gradualien etc., die er geschrieben, ge- 
braucht wurden. Werke aber, die hernächst im Drucke erschienen wären, 
sind von ihm nicht vorhanden. Nichts desto weniger glaubten doch einige, 
ihm die Abfassung der Imitatio zuschreiben zu sollen. Hierher gehört be- 
sonders Trithemius, welcher auch den Grund dafür angibt. Er sah nämlich 
recht wol ein und stand zeitlich zu nahe, dass er nicht hätte wissen sollen, 
dass Thomas unmöglich der Verfasser des herrliches Buches sein könne. Er 
meinte daher, es möchte doch wol des Thomas älterer Bruder gemeint 
sein. *) Dasselbe Motiv mag wol auch der Druckausgabe zu Grunde 
liegen, welche zehn Jahre nach dem Tode des Thomas Hemerken zu Strass- 
burg erschien unter dem Titel : Johannis Malleoli de Imitatione Christi. 
Argentorati 148 1. 

Während alle bisher namhaft gemachten li^Verfassert der Imitatio nur 
mehr historisches Interesse haben, finden die nun folgenden bis in die Neu- 
zeit Vertreter. 

Gerson Johann, das Orakel des 15. Jahrhunderts ist geboren im 
Jahre 1363. Seine Gelehrtheit und Frömmigkeit erwarben ihm den grösstcn 
Einfluss. Als Kanzler der Pariser Universität und als einer der ersten Sprecher 
auf der Synode zu Constanz entfaltete er eine staunenswerte Thätigkeit. 
Doch war der Abend seines Lebens trübe. Von dem Herzoge von Burgund, 
dessen am Herzoge von Orleans verübten Mord er freimütig tadelte, ver- 
bannt, wanderte der sechzigjährige Gerson im Pilgergewande nach Baiern 
und Ocsterreich und schrieb zu Rattenburg zu seiner Selbsttröstung das er- 
bauliche Buch: >De consolatione theologiae.« Später verlebte er noch zehn 
Jahre im Cölestinerkloster zu Lyon , wo sein Bruder Prior war , und starb 
im 66. Lebensjahre in grösster Abgeschiedenheit und Armut. (12. Juli 1429.) 



*) Siehe J. Mooren Nachrichten til)er Thomas a Kcmpis. Crcfeld 1855. Seite 13$. 

*) Vide Catalogus illustrium viroram gennaniae , ed. 149$ pag« XXVI: »Nolandum, 
quod duo fcruntur huius fuissc nonünis; am1x> de Keinpis, ambo reguläres in niontc sancle 
agnetis. . . . I«ibellus de imitatione Christi primi fertur auctoris, quem ante multos annos 
seniores nostri suos fcrunt legisse seniores.« So schrieb der gelehrte Abt von Spanheim, 
zwanzig Jahre nach dem Tode des Thomas von Kemi)en! 



55 



Filr Gerson als Verfasser der Imitaiio Christi stehen mehrere Codices 
111, SS, um! Driickausgaben ein, und fiir ihn lässt sich eine an ZaI und Ge- 
wicht nicht unbedeutende traditionelle Bezeugung anführen. Die gerson ist Ischen 
Codices m, ss, sind; 

I. Cod. Cameracensis, in der Bibliothek von Cambray. >Incipit tabula 
primi libri magistri Joanniü Gerson cancellarü Parisicnsis, et primtim capitulum 
est de Imitatione Christi. i 

Gence (Nouv. consid. sur l'auteur de l'imit. Chr. pag. 85) verlegt diese 
Handschrift in's Jahr 1390, ohne zu bedenken, dass dadurch sein Candidat 
Gerson unmöglich gemacht wird. Denn der i7Jähnge Charlier, voll Feuer 
und Mut kann doch dieses stille, demütige Büchlein nicht geschrieben haben, 

II, Cod. Pollinganus enthält nach dem Berichte des Dechant von 
l'öltingen Euseb. Amort, Inform. pag, 146, alle vier Bücher der Nachfolge 
unter dem Titel des Joan. Gerson, canc, Paris, Er soll aus dsni Jahre 1441 
stammen, Gregory, Histoire, I. pag, 311. 

ni, Cod, S Germanensis, membran. "Incipit liber devotus et utilis 
Magistri Joannis Gerson, De Imitatione Christi.* Schluss: >Explicit über 
quartus ultimus de sacramento allaris anno 1460. 13, Kai, sept,« [Dieser cod. 
hcisst auch Bretonianus, weil er vom Arzte Charles Breton 1652 dem 
Kloster Saint Germain de Pr^s geschenkt worden ist, befindet sich jetzt 
in der Pariser Nationalbibliothek,] 

Mabillon, De re diplom, tab, XV, n. lo und Euseb. .\mort, Moral, 
ccrtitudo tab. 13 bringen Facsimile dieser Handschrift. Vgl. das »Inslru- 
meiitumi von 1671, n. VIII, 

IV. Cod. Lechassier, nach dem einstmaligen Besitzer Christof Leschas- 
sier, Conseiller ä la Cour, so genannt, ist ein niembr. in 4", Fol, a: *In- 
cipit liber prinius magistri Joannis Gerson Cancellarii Parisiensis, de Imiutione 
Christi, Qui sequitur me . , .« 

J. de Launoy, Dissert, pag. 117 und Gence, Descriptio histor. cn'tica 
pag. LIV. sq. beschreiben diese Handschrift näher. Letzterer berichtet, dass 
man auf der ersten Pergamentseite unseres Ms. ein sehr schönes Porträt 
Gersons finde und dass die Handschrift Gcrsons Neffen gehört habe. Allein 
die Kritik verweist die Schrift ins 16, Jahrhundert und thut auch dar, dass 
man in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vergeblich so schöne Miniatur- 
gemäldc auf vergoldetem Grunde suche. 

V, Cod. Reichersbergensis, nach dem Kloster Reichersberg so be- 
nannt, soll aus dem Jahre 1477 stammen. > De Imitatione Christi J, Gerson 
cancellarii parisiensis 1. IV. « 

Mrjntfalcon, Edit, polygl. Lyon 1841, pag. LXII. Euseb. Amort, Inform, 
pag. 146, welcher diesen Codex zuerst anfuhrt, fügt bei; >Similis cod, m, s, 
repcritur in bibliotlieca nostra PoUinganai, ohne Näheres darüber anzugeben. 




VI. Cod. C h i g i a n u s , nach der fürstlich chigischen Bibliothek zu Rom so 
benannt, trägt die Aufschrift: tLiber deuotus et utilis compositus a magistro 
Johanne Gerson cancellario Parisiensi.« Der gelehrte Bibliothekar Guerini 
macht in dem m. ss. Catalog vom Jahre 1780. pag. 114, zu diesem Codex 
die Bemerkung: »Fuit Gersen abbas Vercellensis ordinis S. Benedicti ab 
anno 1230 ad 1245 et huic post uarias eruditorura contentiones , illis 
iniusto auctoris titulo spoliatis, ab omnibus ferme sequens opus uindicatum 
est.« Gregory. Hist. I. pag. 314. 

VII. Cod. Taur inen sis, aufbewahrt in der kgl. Bibliothek zu Turin. 
»Incipit liber valde devotus compositus a magistro Joanne Gerson cancellario 
parisiensi de Imitatione Christi«. Bei Montfalcon 1. c. pag. LXIV ündet sich 
noch die sehr wichtige Notiz: tAduertere oportet, codicem esse incompletum, 
absque capitum designatione ueterique charactere in eo legitur : Auetor huius 
libri fuit Johannes Gersen abbas S. Stephani Vercellarum ex Canabaco.« 

VIII. Cod. Gregor ian US, Pergamenthandschrift aus dem 15. Jahrhundert 
unter der Aufschrift des Pariser Kanzlers Gerson. Gregory. Hist. I. pag. 314. sq. 

Noch seien hier erwähnt Cod. Padolir. Flor. I. II. Veron. Guelforb. 
De la Valli^r, welche sämmtlich die merkwürdige, sehr beweisende Aufschrift 
tragen: »De imit. Christi Joannis Gersen, cancellarii Parisiensis. « Diese Hand- 
schriften sind mithin gersenistisch und sollen auch unter den gersenistischen 
ihre Stelle finden. 

Diesen Codices m. s. reiht sich an eine grössere Zal von Druckaus- 
gaben unter dem Namen Gerson. Backer') zält bis zum Jahre 1500 nur 
29 gersonistische Impressen, während Gregory 37 namhaft macht. Die 
älteste ist aus dem Jahre 1470. Betrefs der Prouenienz stellt sich mir 
folgendes beachtenswerte Verhältnis dar. Es entfallen auf Frankreich 15 Aus- 
gaben (9 auf Paris allein), 3 auf Deutschland, während Italien mit 19 gerson. 
Druckausgaben aus dieser Zeit vertreten ist. Die älteste erschien noch zu 
Lebzeiten des Thomas — in Deutschland. Bemerkenswert ist noch, dass 
da das Epitet. »Cancel. Paris. '^ noch nicht beigegeben ist. 

Es ist zweifellos, dass diese gersonistischen Codices nur durch einen 
Fehler der Abschreiber entstanden sind. Den demütigen und zurücktretenden, 
bescheidenen Benediktiner-Abt Gersen kannten die Kopisten nicht, wol aber 
den weltberühmten Kanzler von Paris. Dieser Irrthum und wolgemeinte 
Verbesserung ist sehr erklärlich, während es hingegen unerfindlich wäre, wie 
jemand statt Gerson fehlerhaft den unbekannten Namen Gersen schreiben 
könnte. Wir finden die Rechtfertigung des Gesagten in mehreren Codices 
angedeutet. Der Codex Florentinus I. und II. trägt die Aufschrift: »Incipit 
libellus deuotus et utilis compositus a Johanne Gersen, cancellario parisiensi 



') Essai bibl. pag. 2 — 8. 



de Imitatione Christi.* Ebenso sagt der WoirenbUttler: »Capitulum pTimum 
compilatum per Johannem Gersen canceHnrium parisiensem.i: Die Schreiber 
fanden im Originale zu deutlich Gersen geschrieben, als dass sie das .e* 
in "Ol zu verändern wagten, aber ihrem Gedanken gaben sie doch dadurch 
Ausdruck, dass sie die Apposition Cancellarius parisiensis hinzusetzten. Sehr 
befördert musste das Entstehen gersonistischer Handschriften auch dadurch 
werden, dass mitunter der Name des Aüctors sich nicht ganz ausgeschrieben 
fand. So liest der Salzburger Cod.: »De Imitatione Christi Johannis Gers.« 
und der von Pollingen: i De Imitatione Christi a Johanne Ges.« Man kann 
sicher sein, dass ein Copist dieser beiden Handschriften Gerson und nicht 
Gersen ergänzt und geschriebeu hätte. ') Auch noch ein anderer Grund, 
der betreffs der Codices des hl. Bernhard und Heinrich Kalkar der einzige 
war, dürfte auch bei den Handschriften, welche für Gerson sind, mit im 
Spiele sein, nämlich die Speculation der Buchdrucker. So meint wenigstens 
Leibnits. >Typograjihi quidam, sagt er, *) lucri causa D. Bernardo, nonnulli 
Joanni Gersoni, viro celebri, adscripsere (libr, IV de Im. Chr.)« Die Gersonislen 
haben auch nie sonderlich auf die Beweiskraft ihrer Handschriften gebaut 
und ist es nicht zu verwundern, wenn der neueste Gersonist in seinem Be- 
weis für Gerson gleich im ersten Kapitel beweisen will, dass die Handschriften 
in unser Frage nichts beweisen und dass mit Hilfe der Manuskripte sich unser 
Streit nicht beilegen lasse. ') 

Auch Vertheidiger der vermeintlichen Anrechte Gersons finden sich noch 
immer. In der Vertheidigung Gerson's und in der Argumentalions weise seiner 
Vertheidiger möchte ich zwei Phasen unterscheiden. Die erste reicht bis in 
das Ende des dritten Jahrzehntes unseres Jahrhunderts. Man nimmt Gerson 
als Verfasser der ilateinischen Itnitatioi und holt seine Gründe ins der 
Rüstkammer des El. Du Pin. 

Dieser will nämlich die Rechte des Gerson aus den Handschriften, den 



') Cf. V.ilgrav. Ateiiiii- chrUDol. png. 109 sq 
IhutU poncrelur per «u« in »o- conucrsiontm , cn 
dociioribus pronus fuil. Ha accedit, ijuod numen Jonni 
eo tempore ductrinau jHiritt^r et pivlalis famiL fuil celeli 
Vcrccllcnsis Abbatis, inemurin factiunum praeccdenl 
djutamitatc uel penitits oblltFratn ucl in GLTSonionim scu 
In hanc sane scnlentiam ilum est d iloctissimis 



.Quu 



1 solum 






i lyp.i- 



Gci^on, Lugduni mipeirinic ileroiicli, 

imum. Junnnis ueru Gersen , olim 

m npuil Halus iluorum sacculurum 

nnonicttnim forte famitiam drsciucral. 

Jesu Tlalis Rnssignolio, Nigronio. 

Possevino, Eminentissi[iio<|Ue Bellatniina, qui in libro de scriptoribus ecclcsiasltcis in •Gereone 

candcm sie eupriissit: Et Line apparet huc opus Iribulum fuisse Joanni Gci^nni prupicr siiiiib. 

ludincm nominis, quin ucnis auctor etat Joannes Unscn.r 

') Script, rcnim Bnlns, U. paß. 43. 

•) Jean Dnrche, Cle dt- l'imilalion de Ji-i.us Chml. l'ari> 1875. [«i«. 17 ; -I-.i 
qimtion de l'nuleur de l'iiiiilaliuii de Jüühs Chrlil Sera intermi nable , lanl '|u'un ti'eii tivndra 



58 

alten Drucken und inneren Gründen erweisen. Wie mangelhaft der Beweis 
für Gerson aus den Handschriften ausfalle, fühlte der gelehrte Du Pie selbst 
am besten und leitet daher seinen diesbezüglichen Beweis mit der Bemerkung 
ein, dass sicher Ende des 15. Jahrhunderts Gerson so ziemlich allgemein als 
Verfasser geglaubt wurde, dass aber bedauerlicher Weise die gersonistischen 
Handschriften noch nicht mit jenem Eifer gesucht worden seien, wie man 
das von den Thomisten und Gersenisten sagen könne. ^) Doch ist bis heute 
der Beweis Gersens aus den Handschriften nicht vollständiger und über- 
zeugender geworden als ehevor, obschon man es an Sorgfalt und Fleiss ge- 
wiss nicht hat fehlen lassen. Ausserdem lässt sich auch recht leicht und ganz 
gut erklären, wie Gerson zu der Ehre gekommen ist, handschriftlich als 
Verfasser der Imitatio genannt zu werden. Viele Abschreiber kannten den 
Namen Gersens, den sie im Originale fanden nicht, vermuteten, es müsse 
das wol Gerson, der Kanzler von Paris sein und schrieben auch demgemäss. 
Das zeigt uns ganz deutlich der oben angeführte Codex de la Valli^re, 
welcher in Italien entstanden ist und dessen Vorlage einen Gersen als Ver- 
fasser angab. Der Abschreiber Hess Gersen, setzte aber »cancellarii parisiensis« 
hinzu. Und obic^e Handschrift steht da nicht vereinzeint da. Ebenso lesen 
auch der cod. Guelforb. Florentinus I et II. Wenn so Namensverwechslung 
einen Teil der gersonistischen Handschriften erzeugt hat, so kann man den 
andern Teil und die Drucke der Sucht zuschreiben, dem Werke einen be- 
rümten Namen vorzusetzen. Buchhändlerische Spekulation spielte dabei eine 
grosse Rolle, wie das schon Leibnitz sehr wahr anmerkt.*) Am schwächsten 
gestalten sich die inneren Gründe für Gerson. Man hat auf die Aehnlichkeit 
des Stiles hingewiesen, welche zwischen den erbaulichen Schriften des grossen 
Kanzlers und der Nachfolge obwalte. So hat bereits Du Pin ') eine Reihe von 
Stellen aus den Schriften Gersons ausgehoben, welche die innigste Verwand- 
schaft mit dem Geiste der Nachfolge constatiren sollen und Gence hat diese 
Stellen noch vermehrt. *) Aber es ist diese Verwandtschaft grossentheils eine 
blos durch die Allgemeinheit des Inhalts gegebene und bezüglich der Sprache 
des inneren Lebens herrscht einmal grosse Uebereinstimmung. Was folgt 



*) Cf. El. Du Pin, Nouvelle biblioth^ue des autcurs ecclesiastiques. A Paris 1700. 
tom. XH. pag. 179: »On ne peut nier que Topinion la plus commune sur la fin du quinzieme 
si^cle en France et en Italic n'ait ^te que Gerson etoit l'auteur de l'iroitation. On n'a pas 
pris le meme soin de rccucillir tous les manuscrits qui sont sous le nom de Gerson, qu'on 
a fait de ceux qui sont sous le nom de Thomas de Kcnipis ou de Gersen ; parce qu'il n'y a point 
de communautö qui sc soit intcresscc pour lui, mais il est certain qu'il y en avoit plusieurs.« 

') »Typographi quidam lucri causa D. Bemardo, nonnulli Joanni Gersoni, viro celebri 
(libros de im. Christi) adscripsere « Script, rcr. Brunsv. II. pag. 43. 

') 1. c. pag. 181 u. 182. 

*) Jean Gerson rcsiiluc et cxpliqud par lui meme. Paris 1836. cd. 2. -1837 ibid. 



daraus, wenn sowol Gerson als Jie Imitaiio den demütigen Sinn der Einfalt 
dem sich überhebenden Wissen vorziehen ? Das beweist noch kein Abhängigkeits- 
verhältnis. Es gibt ja doch verwandte Geister und daher sind parallele 
Gedanken nichts Auffälliges. Für's zweite glauben wir uns darauf berufen 
zu sollen, dass schon Du Pin bekennen muss,') Gerson schreibe streng 
methodisch, während in der Nachfolge das Gefül den Verstand beherrsche. 
Vollends aber fasst einer der gründlichsten Kenner Gersons , Ur, Job. B. 
Schwab, welcher uns mit einer wertvollen »durchgängig auf jahrelanges 
Quellenstudium" gegründeten Monografie über Gerson beschenkt hat, sein 
Urtheil bezüglich imserer Frage in die Wofte"): iDie gesammte Auflassung 
und Darst el In ngs weise Gerson 's ist in seinen sämmtlichen Arbeilen eine 
so durchaus sich gleichbleibende , bestimmt ausgeprägte und von jener 
der Nachfolge so sehr verschiedene, dass ein derartiges Heraustreten 
des Geistes aus sich selbst, ein plötzliches Hineinfahren in eine ihm gans 
neue Form und eine sofortige Ruckkehr in die früher eingelebte Weise, 
wie es die Annahme , Gerson sei der Auctor der Nachfolge . voraussetzen 
muss , nur auf dem Wege des Wunders erklärlich würde, analog dem 
plötzlichen Sprecher einer ganz fremden Sprache." Diesem gewiss strin 
genten Beweise gegen Gerson sei nur noch angefügt, dass man in dem 
Buche der Nachfolge durchgängig einen Mönch wahrnimmt, der zu seinen 
Schülern redet, sie zum Mönchsleben ermuntert') unddgl. ; was auf Gerson, 
der nie Mönch gewesen ist und unter den Cölestinern zu Lyon nur eine 
Zufluchtsstätte gesucht und gefunden hat, nicht wol passt. In dem Werke: 
»De perfectione ad Charthusiensest bemüht sich Gerson, den Karthäusern zu 
zeigen,- wie sie Laster ausrotten und zur Vollkommenheit gelangen können 
und sollen. Damit lässt sich der Aufruf*); lAttende Carthusienses > , mit 
welchem sie als Muster und Vorbild hingestellt werden, schwer vereiniq;en. 
Ucberhaupt will das ganze öffentliche und reichbewegte Leben Gersons mit 
der Maxime der Nachfolge: Man solle in der Verborgenheit seiner Zelle, 
von der ganzen Welt ungekannt, 'stille dahin leben, nicht recht stimmen. 
Traditionelle Bezeugung für Gerson fehlt, wie wir schon oben bemerkt. Wir 
besitzen ein nahezu autcntisches Verzeichnis aller Werke Gersons in einem 
Briefe seines Bruders d.d. a. d. J. 1433. Darin kommt die Imitatio so 
wenig vor als im Kataloge der Schriften des grossen Kanzlers, welchen 
Caresius 1429 — dem Todesjahre Gersons — gefertigt hat. Die Cölestiner 



«) er. Im, I 



183, »II est vrai, que le Etile de Gerson est un peu. different de «lui 
I traite Ics mnlüres d'unc mnni^re plus mclhodique et muins Bflecüve.i 
n Jöh.innes Gerson. Kine Monographie, WUr^.burg 1858. .Seile 783- 

3. c. 10 u. 46; Üb. I. e. 15. 



6o 

in Lyon und die Karthäuser zu Villencuve, wo Charlier seine letzten Tage 
verlebt hat, wissen nicht, dass er ein Werk Imitatio geschrieben hätte. In 
den ältesten Sammelausgaben der Werke Gersons fehlt unser Büchlein. ') 
Die Ausgabe des Peter Schott, Strassburg 1488, spricht ihm dasselbe aus- 
drücklich ab. 

Die Parole des zweiten gersonistischen Eroberungsplanes wurde ausge- 
geben von H. Barbier *) und Gence, ') welche die Ansicht des. Doctor der 
Sorbonne Lenglet Dufresnoy zum Siege zu bringen gesucht haben, dass die 
mitunter unter dem Titel J. C. vorkommende Uebersetzung der drei ersten 
Bücher der Imitatio »Internelle consolationc das Original sei, dessen Ueber- 
setzung in's Latein vielleicht Gerson selber besorgt habe. Dieser Ansicht 
stimmte neuestens auch Leroy *) bei und Thomassy *) hat sogar die Situation 
der Aufzeichnung gefunden. Gerson genoss nämlich nach seinem eigenen 
Geständnisse während seines zehnjährigen Aufenthaltes zu Lyon eine solche 
Freudigkeit und einen solchen Frieden der Seele, wie nie vorher; dadurch 
sei sein Geist lichter und leichter zur Arbeit geworden. Auch sei er da mit 
den Mönchen in offenem Verkehr gestanden, habe sich an ihnen erbaut, 
andererseits aber auch ihre Fehler nicht übersehen. In einem Werke aus 
jener Zeit klage er ja offen, viele Mönche seien so von dem Geiste der 
Frömmigkeit abgekommen, dass sie bei jedem Worte, das man zu ihnen vom 
inneren Leben spreche verstummen und so stumpfsinnig sich zeigen, dass 
sie nicht einmal mit dem Pilatus fragen mögen: >Was ist Wahrheit, c nirgends 
sich geistig, sondern vielmehr wie thierisch benehmen, voller Ansprüche, 
aber ohne Weisheit.*) Dieses Zwittergefühl sei so die rechte Situation für 
die Abfassung der Nachfolge. Leroy ') bestimmte in einem folgenden Werke 

*) Die Imitatio kommt nicht vor in den Ausgaben der Werke Gersons : Colon. 1483; 
Argentinen. 1494. et 15 14; Basil. 1489 et 15 18; Paris. 1521 et 1606. 

') Dissertation sur les LX. traductions fran^aises de Viniitation. Paris 18 12. 

') Siehe dessen zalreiche diesbezügliche Schriften im Anhange. 

*) »Etudes sur Ics myslörcs« et »Etudes sur divers manuscrits de Gerson« par Onesime 
Leroy. Paris 1837. Png. 413—475. 

*) Jean Gerson. Paris 1843. ^^g. 335. 

*) Da wir uns auf diese Stelle nochmals beziehen werden, setzen wir sie im Originale 
her : »Videmus plures ex religiosis nostri temporis sencs cum junioribus servire Dco in ariditate 
Spiritus uclut in horrorc descrti inaquosi. Et primum, quod si quaestio fiat, an gustaverint et 
vidcrint quam suavis est dominus et (luia oportet adorare deum in spiritu et veritotc, 
respondere ncqueunt ex scicntia, sed ncque si perstem et interrogari cum Pilato: quid est 
yeritas? ita omnia agunt sine spiritu, animales ferc per omnia et in nullo paen6 spirituales, 
imo vix ad vitam capescendam rationales. Nihilominus sibi ipsis aliter blandiuntur tanto 
incurabilius quanto insolcntiae plurimum et sapientiae parum habcnt.« De stud. monach. 
fol. II. col. 693 ed. Du Pin, Ilagae Comitum. 1728. 

^) Siehe die preisgekrönte Schrift: Corneille et Gerson dans l'imitation de J. C. 
Paris 1841. 



die ganze I^ge nSher und wtiss zu belichten, die >Internelle consotatiom 
sei schon während des Aufenthaltes in Bruges geschrieben (1397 — 1401) für 
seine Schwestern, in Lyon habe Chariter sein Werk für die Cölestiner ins 
Latein übertragen. Moland endlich und Hericanlt ') verlassen auch diese 
Annahme und sagen, die •Internelle consolation« sei für die gewöhnlichen, 
gemeinen Leute, die lateinische Imitatio aber für die Mönche und Original. ■ 
Aber die »Interneile consolation« ist eine Uebersetzung oder vielmehr eine 
Paraphrase, die den Inhalt der Imitatio in die geregelte Theo logen spräche 
bringt. Dies ist auch urkundlich bestätigt, indem die Bibliothek zii Amiens 
einen Text der tintevnelle consolation« besitzt, welchem am Schlüsse die 
Bemerkung beigefügt ist: lUebersetzt aus dem Latein ins Französische zu 
Hesdin im Februar 1447.« Dies m. s, von Amiens ist aber eine Copie der 
Handschrift von Valencien, daher ist auch dieses nur eine Uebersetzung der 
ImiL-itio lind folgerichtig alle Schlussfolgerungen, welche Leroy und seine 
(jenossen daraus gezogen haben, ohne Berechtigung.*) Es sind also die 
neueren Kämpfer für den Kanzler nicht glückhcher als ihre Vorgänger. 

Aus dem Vorstehenden wird man schon zur Geniige ersehen haben, 
dass sich Gerson als Auetor der Imitatio nicht beweisen lösst. Die Gersonisten 
selber müssen an der Macht ihrer Gründe schon verzweifelt haben, anders 
wäre ja die Ursache des GewalUtreiches nicht zu ünden, der in der Erklärung 
Thomassys liegt'): iMan müsse bei den vielen in ihrer Vereinzelung zwar 
ungenügenden aber in ihrer Gesammlheit gewichtigen Wahrscheinlichkeiten 
die für Gerson seien, so verfahren, wie man das im Leben pflege, nämlich 
frisch die Auetorschaft Gersons behaupten, ohne sich um die Sicherheit der 
Beweise viel Sorge zu machen. 5 Die Gegner Gersons haben alle Ursache, 
mit dieser Erklärung zufrieden zu sein. 

Gerson Johann, einer der vier Brüder des berühmten Kanzlers, 
trat wie Nikolaus sein älterer Bruder in den Orden der Cölestiner, legte 1407 
seine Gehibde ab und wurde später Prior der Cölestiner zu Lyon. Als der 
tiefgebeugte Kanzler nach Frankreich zurückkehren konnte, verschaffte ihm 
insbesondere sein Bruder, eben unser Johann, die Mittel, damit er in einer Zelle 
des Klosters der Kollegialkirche St. Paul seine Tage in einsamer Thätigkeit be- 
schliessen könne. In einem Briefe beschreibt er den patriotischen Schmerz seines 
Bruders über das Unglück Frankreichs. (Ep. fralris Joan. de Gersono, ord. 



') I* livre de rinlerncllc consolalion premitre versiuii frnii^aiw de l'iniiwiioti de J. C, 
Nouvelle Mition avec un initoduclion et des noies pni M.M. Mol. rt Ch. Her. Paris 1856. 
pag. XXIV. : -Arrangfc liouf Ic vulgaire, pour ks simples gens, («ur cel immciisc public de 
1a boUTgeoisie et <lu pcuple.t 

') Wie Malou, Recherches, 3. Aiufi. Paris 1858. pog, 306—315 austtlhrlichst 
nacfaffeisl. 



') 1 



1'- 335' 



62_ 

Coelest. Opp. Gersoni tom. I. pag.CLXXVII.(Schmab, Johonnes Gerson Seite 54 
und 762.) Als Verfasser der Nachfolge gibt diesen Cölestiner- Prior Faita aus.') 
Eusebius Amort würdigte diese curiose Ansicht aber in seiner Moralis cer- 
tiludo einer Widerlegung: »Accedit responsio ad nouam speciosam Rdmi. d.d. 
Petri Faita, Abbatis Cassinensis Brixiae, quod Johannes Gerson, Atbas Coe- 
lestinorum Lugduni frater Gersonis Cancellarii sit Author Libronim de 
Imitatione Christi«. 

Thomas Hamerken ( Hemerken, Malleolus) ist 1378 oder 80 in 
dem Städtchen Kempen, woher er den Namen trägt, geboren. Dreizehn 
Jahre alt kam er nach Deventer in die Schule der Brüder vom gemein- 
samen Leben, hatte da zuerst freie Wohnung bei einer Matrone, bis er 
endlich im letzten Jahre seines siebenjährigen Aufenthaltes in Dei-enter ins 
Bruderhaus aufgenommen wurde. Die Studienzeit zu Deventer war zu Ende. 
Den Erfolg derselben beschreibt uns Thomas selbst mit folgenden Worten *) : 
»Ibi (in schola Daventriensi) didici scribere et sacram scripturam legere et 
quae ad mores spectant deuotos tractatus audire.« Hamerken begab sith 
nunmehr nach dem Kloster der regulirten Chorherrn des hl. Augustin nach 
dem Agnetenberge bei Zwolle und bat um Aufnahme. Hier musste er 
unerklärlicher Weise ein sechsjähriges Noviziat durchmachen, bevor er 
(1406) eingekleidet werden konnte,^) Im Jahre 1413 wurde er zum Priester 
geweiht. Aus seinem Priesterleben ist bekannt, dass er mit seinen Brüdern, 
als bei Gelegenheit der strittigen Bischofswahl nach dem Tode des Utrecbter 
Bischofs das Land mit dem Interdicrt belegt wurde und die Klostergeistlichen 
der Aufforderung, den feierlichen Gottesdienst zu halten, nicht nachkamen, 
von dem Civil-Gubernium vertrieben, nach Lünekerk in Friesland flüchten 
musste, welches Exil 3 Jahre, bis 1432, dauerte, dass er dann Subprior und 
später Schaffner gewesen ist. Als solcher hatte er Marthadienste zu versehen 
>in der Küche, in der Brauerei, im Keller, im Aussäen des Getreides, in der 
Mühle« . . . Auch Novizenmeister soll er gewesen sein. *) Wann er zu 



*) Vita Amoldi c. 14. 

•) Vielleicht findet man diese Thatsache ans den geringeren Kenntnissen, die er 
mitbrachte — denn seine Connovizen wurden regelrecht eingekleidet — und aus folgender 
Bemerkung in einem Zusätze zur S. Agnes Chronik erklärlicher: »Er (Thomas) ertrug beim 
Beginn des Klosters grosse Noth, Versuchungen und Arbeiten«. (Böhringer, Die Kirche 
Christi, 2. Bd. 3. Abth. Seite 695.) Ich bin mir recht wohl bewusst, wie sehr diese Er- 
klärung von den Anhängern des Thomas, perhorrescirt wird imd finde daher für nothwcndig 
folgende Erklänmg aus Delfau, Dissert. pag. LXXXI e. c. zu wiederholen: »Haec a mc 
iactata non sunt, ut ullam religiosissimo Kempensi labem inuram, sed ut ostendam eos longe 
a ueritate aberrare, qui eum tam leui aetate tantae lucubrationi animum adiecisse putarunt.« 

*) Wofür aber bestimmte Anhaltspunkte fehlen. 



63 

jedem dieser Aemter berufen worden ist, wie lange er sie verwaltet, ist gleich 
unbekannt. Dagegen wissen wir, dass er 1447 zum zweiten (dritten ?j Male 
zum Unterprior bestimmt worden ist. 1871 starb er 92 Jahre alt. 

Thomas war ein guter Schreiber und pflegte seine freie Zeit mit 
Abschreiben, Bemalen (illuminandis) und Verbessern der Handschriften zuzu- 
bringen. ') Die Bücher , die er abschrieb , dienten theils zu seinem und 
seiner Mitbrüder Gebrauche, theils wurden sie zum Besten des Hauses ver- 
kauft. Denkmäler dieser Kunst des Thomas haben sich zwar bis heute nur 
ein paar erhalten, aber geschichtlich bezeugt sind mehrere: Eine Bibel in 
vier grossen Bänden, ein ungeheures Missale und einige 'Werkchen des 
hl. Bernhard, sehr kunstreich geschrieben, waren noch hundert Jahre nach 
seinem Tode auf dem Agnetenberge anzutreffen. *) Thomas ist aber nicht 
blos als Schreiber, sondern auch als Verfasser mehrerer Schriften zu nennen ; 
wenn wir auch in Verlegenheit kämen, so wir seine ächten Schriften auf- 
zählen sollten. Seit der ältesten Sammelausgabe der Werke unseres Malleolus, 
Utrecht bei Nikolaus Ketelaer 1473 — ^^ welcher unter anderen auch die 
Imitatio Christi nicht aufgeführt wird — ist die Thomas-Literatur mit jeder 
neuen Sammelausgabe bereichert worden, so dass endlich Sammalius, welcher 
anderthalb Jahrhunderte nach Thomas eine Ausgabe der Schriften desselben 
besorgte, sie ums »Dreifache! vermehrt herausgab.*) Das würde weniger 
zu verwundem sein, wenn die Autenthie jedes einzelnen Werkes doch in etwas 
bewiesen wäre. Doch macht Sommalius, wie sich jeder, der die citirte Aus- 
gabe, welche als die beste Sammelausgabe der Werke des Thomas gerühmt 
wird, befragt, überzeugen kann, nicht einmal den Versuch die Aechtheit der dem 
Kempcnser zugeschriebenen Werke zu erweisen. Die neueste Kritik hat denn 
auch an der Thomas-Literatur bereits strenges Gericht geübt. So haben 
Gence und Vert nebst anderm die Unächtheit des Soliloquium animae und der 
Epistolae nachgewiesen, und selbst Mooren, der begeisterte Thomist, welcher 
eine eigene Biografie des Hämerken geschrieben hat, äusserst seine starken 
Bedenken gegen die Autenthie des Soliloquium, De tribus tabernaculis , De 
eleuatione mentis. De compunctione cordis. De tideli dispensatore , De soli- 
tudine et silentio, einzelne Predigten und Briefe. *) 



*) Vgl. Chron. wind. II. 409. 

•) Mooren, Nachrichten über Thomas a Kempis. Crefcld 1855. S. 153. 

•) Ven. uiri Thom. Malleoli a K. opp. omn. opera et studio Ilcnrici Sommalii. Ed. 
xiouiss. cur. Euseb. Amort. Col. Agrip. 1728, wo Sommalius pag. i. n. 2. selbst sagt: »iam 
primum a me tertia ex parte aucta.« 

*) Vgl. Vcrt, Etudes 1856; M.)oren, Nachrichten über Thom. a Kempis nebst einem 
Anhange von meistens noch ungedruckten Urkunden. Crefcld 1855. 




Insbesondere wurde aber zur Evidenz btiwiesen, dass Thomas nicht 
der Verfasser der Imitatio ist. Die Gründe, welche die Thomisten für 
ihren Molleolus vorbringen, sind: Handschriften, gleichzeitige Zeugen, Druck- 
ausgaben, Innere Argumente, gewonnen aus der Lehre und Ausdrücken, wie 
sie in der Imitatio und den anerkannt ächten Schriften des Thomas parallel 
vorkommen sollen. *) Wir lassen hier diese Argumente sammt einer kurzen 
Würdigung derselben folgen, schliessen eine Uebersicht unserer Gründe gegen 
Thomas an und verweisen als Ergänzung dieser beiden Kapitel auf die 
Geschichte des Streites und die einzelnen betreffenden Abschnitte in dem 
Beweise fiir Gerscn. 

A. DIE BEWEISE FÜR THOMAS A KEMPIS. 

inn auch nicht dem Range so doch der Anordnung nach erscheinen 
als erstes Beweismoment der Thomisten die Codices mss. Man findet 
die thomistischen Imitatiohandschrif\en am vollständigsten gesammelt und aus- 
führlichst beschrieben bei Nolte *) und Malou. •) Es sind folgende : 

I. Cod. Kirchhemianus. Papierhandschrift, enthaltend die drei ersten 
Bücher der Nachfolge auf 77 Bl. kl. 4. fol. i*: >Incipit libellus de imita- 
cione Christi et contemptu omnium uanitatum mundi.« ExpÜc. fol. 77b: 
»perpetue claritatis. Amen.vc 

Am unterm Rande vom fol. i** findet sich — von einer anderen 
Hand — die Notiz: »Notandum, quod iste tractatus editus est a probo 
et egregio uiro, Magistro thoma de monte Agnetis et canoni co regulari in 
traiecto, Thomasde Kempis dictus, descriptus ex manu auctoris in traiecto 
anno 1425 in sociatu prouincialatus.c 

Die Handschrift ist jetzt in der Brüsseler Bibliothek. Vgl. noch Amort, 
Deduct. critic. Pag. 119 sq.; Scut. Kemp. Pag. 24; Plena ac succ. inform. 
Pag. 192; ferner Gence, Descriptio histor. critic. Pag. XXXII. und Gregor}', 
Histoire, tom. i. pag. 229; Weigl Denkschr. S. 177. 

II. Cod. von Gaesdonck bei Goch, gehörte einst dem Convente 
von Bethlehem, Augustiner Ordens, bei Dotinghem unweit Zwoll und wurde 
durch mehrere Hände endlich dem Kloster Gaesdonck geschenkt, wo er noch 
ist. Ende des zweiten Buches: »Anno Domini 1425 in die S. Elisabeth;« 
Ende des 4. Buches: »Anno Domini 1427 in die SS. Crispini et Crispiniani. « 



*) Vgl. Malou 1. c. pag. 75 — 172, wo Alles, was je für Thomas gefunden und 
vorgebracht worden ist, vereint sich findet. 

«) Zeitschrift für die gesammte kath. Theologie. Wien 1855. Bd. 7 Seite 8—53. 
') 1. c. pag. 99 — 112. 



siehe Malou pag. 103 und KöUner Voikshnlle 1851, n. 77. 85. 87 
und 1852. Letztere theilweise reproducirt im Journal histarique de M. Karsten. 
t XIX. pag. 52. 

Iir. Coii. Antverpiensis. Das berühmte, vielbesprochene Aiilographon 
lies Thomas von Kempis ist in einem Sammcl bände der Brüsseler Bibliothek 
erhalten. Die Handschrift ist Sedez, theils von Papier, theils von Pergament, 
fol. 3b im Minium: »Incipiunt capitulat und am Schlusse der Inhaltsan- 
gabe: ilncipiunt ammoniciones ad spiritualem uitam utiles.f Fol. asa folgen 
zunächst wieder die Kapitel übersieht und dann der Titel: »Incipiunt am- 
moniciones ad interna trahentes.". Fol. 39b steht am Schlusse der Kapitel- 
angabe des folgenden Buches, dessen Titel: ^Incipit deuota exhorlatio ad 
sacram communionem.« Dieses Buch reicht bis fol, gga, Fol. 6itt (weil 
SQb — 6ib unbeschrieben): »Capitula libri sequentis,< dann dessen 
Ueberschrift : ilncipit über internae consolationis,« welches fol, 64a — iiSb 
einnimmt. Am Schlüsse des Sammelbandes fol. 191b findet sich folgende 
mit roter Tinle geschriebene Notiz: »Finitiis et completus anno Domini M" 
CCCC XLI" per manus fratris thome Kempensis, In montc S. Agneti.s 
prope ZwoUis.» 

Vgl. über diese Handschrift nebst Molte und Malou das Instrumentum 
der Pariser Gel ehrten Versammlung von 1471. cod. n. i, sowie Gence, De- 
scriptio |)ag. XXXVII stj. Gregory, Histoire, tom, I, pag. 249 sq., Mabillon, 
de re diplom. tab. XV. 8 und Enseb. Amort, tab. 111 geben ein Facsimile 
unserer Handschrift. Neuestens wurde der ganze Codex photografirt. 

Der Bedeutendste unter den neuzeitlichen Thomisten Malou führt in 
seinen Recherches ') fünfzehn Handschriften für Thomas an. Als die drei 
ersten figunren die obgenannlen. Nur beiläufig merken wir an, dass gleich 
die vierte und fünfte nur sagen: sCompilauit i^uidam canonicus regulae s. 
Aiigustini cpiscopi" und dass die als siebente aufgeführte die Angabe: »Son 
nom est Thomas ä Kempis du convent pr^s de ZwoU durch eine spätere Hand 
erhallen hat. *) Alles in Allem gerechnet, meint Malou, liesse sich wol fast ein 
Halbhundert Handschriften für Thomas finden;') und es mag diese Angabe 
nicht einmal allzu übertrieben sein, wenn auch das Gros der Handschriften als 
anonym bezeichnet werden muss, Wie dem immer sei, den Stolz der Anhänger 



') Troisiime cd. png. 99 — 112. 

') «Une main posiiiieiire a ajouli i In m 

"} 1. c. p. 1 1 1 : Monrnkon fuhrt in »inci 

de Jisvis Christi in der Eitil. poljglulle pag. I.VI 

Bind: Kirchcimius , Anlucrpiensiä , Zn-yfillensis, 

Lnuanirniiis, Viciiiiciisi;, Augustnnuü [I. 



n nom.« Malou. I. c. p. 1 
1 vir Ics msnuscrit« de l'imila 
n Codices an, welche ihomist 
nsis, Afnighemiensii, Griescr 

S 



_ 66 

des Thomas bilden die drei ersten Codices, zumal das Autographon Antverpiense. ') 
Dieser so gar nachdrücklichen Hervorhebung liegt die richtige Einsicht zu Grunde, 
dass diese Trias das Fundament bildet, über dem sich der ganze Beweis aus 
den Manuskripten aufbaut und womit wohl* auch der ganze Beweis des Thomas 
steht und fallt. Wir wollen diese Codices Ms. nach ihrer Beweisstärke prüfen 
und beginnen mit der Antwerpener Handschrift. Die Verfechter des Thomas 
fuhren jederzeit und überall das stolze Wort im Mund: Wir besitzen das 
Autographon des Thomas, vor diesem Codex müssen alle Manuskripte und 
Beweismittel der Gegner auseinanderfiiessen wie Spreu im Sturmeswehen. 
Es ist dies der Cod. Antverpiensis mit der Unterschrift: >Finitus et com- 
pletus anno Domini MDDDD. XLI. per manus fratris Thomae Kemp. in 
Monte Sanctae-Agnetis prope Zwoll.« Lange Zeit hindurch hielten die Tho- 
misten diesen Codex fiir das Archetypon des Hämerken. *) Als aber viel 
ältere Handschriften der Nachfolge gefunden und zalreiche Fehler in diesem 
Archetypon entdeckt wurden, welche sich mit der bisherigen Ansicht der 
Kempisten nicht vertrugen, degradirte man das Archetypon zu einem Ek- 
typon, das Protographon zu einem Apographon. Nichts desto weniger gilt 
diese Handschrift noch immer als das Schibolet der thomistischen Sache. 
Wie einleuchtend besagt aber diese Handschrift nur, dass Thomas die 
Imitatio geschrieben, mit Nichten aber, dass er sie verfasst habe. Und wie 
uns Thomas selbst berichtet , •) stellte der Vorstand mehrere Brüder an, 
welche zum Hausgebrauche und um für das arme Kloster zu verdienen, 
>pro domo et pro pretio« fleissig Handschriften copirten. Thomas hat viele 
Bücher abgeschrieben. Wir haben ein Missale und eine Bibel, letztere aus 
dem Jahre 1439, ersteres von 14 14, welche genau dieselbe Unterschrift haben, 
wie die vier Bücher der Imitatio. Besagt die Unterschrift schon klar und ein- 
leuchtend , dass wir es hier nur mit dem Abschreiber des Werkes und nicht 
mit seinem Verfasser zu thun haben, so schliesst die eigenthümliche Be- 
schaffenheit der Handschrift Thomas gerade direct von dem Anrechte auf 
Autorschaft des Werkes aus. Jedermann weiss, dass der Verfasser, wenn er 
sein eigenes Werk copirt, weniger auf die Zierlichkeit und Schönheit der 
Buchstaben als auf die Reinheit und Vervollkommnung der Sprache und 
Wortformen bedacht ist oder dass er zum mindesten über dem Ersteren das 
Letzte nicht vergisst Betrachten wir nun aber den Cod. Antv. , so werden 



») Paul Keppler, Tübinger Quartalschrifl 1880. i. Heft. S. 72: »Von den Mss., die 
sich über Entstehiingszeit und Verfasser ausweisen und denen allein ein entscheidendes Wort 
zukommt, spricht folgende Trias für Kempen«, und es folgen der Kirchheimer, Gäsdoncker 
und Antwerpener. 

*) Rosweyd, Vindic. c. 19; Fronto, Vind. p> 3* § i ; Sommal im »Monitum« seiner 
Ausgabe der Imitatio. 

') Chron. montis s. Agnetis. c. 8. 



«7 



wir Sorgfalt verwendet finden auf Hie Zierlichkeit [ind das Ebenmas^i der 
Schrift, dagegen aber zalreiche sprachliche Unrichtigkeiten, sogar grobe Ver- 
stösse gegen den Geist und die Richtigkeit der Sprache. Die Handschrift 
ist so angethan, dass sie das »per manus« ihres Schreibers lobt, »ingenio« 
desselben aber ausschliesst. Die Fehler, Auslassungen, Versetzungen, Lituren, 
Soloecismen ') sind so gross und anstössig, dass sie die gewöhnliche Ent- 
schuldigung der Verfechter des Thomas, als seien das Uebereilungeu , die 
gerade dem Abschreiber seines eigenen Werkes am leichtesten begegneten, 
ganz ungerechtfertigt erscheinen lassen und den Thomas geradezu des Miss- 
und Nichlverstehens des Geschriebenen zeihen. *) Halte ferner Thomas sich 
aus Demut nicht als Verfasser genannt, so hätte er noch weniger das 
geringe Verdienst des Abschreibens hervorgehoben wissen sollen. *) Dieses 
Manuskript beweist mithin nichts für Thomas, alles aber gegen ihn. *} Und 
doch verdankt es Thomas diesem Codex , so lange fiir den Verfasser des 
Buches gehalten worden zu sein. Ungenaue Abschreiber, unwissende Buch- 
drucker setzten ganz einfach Thomas, der sich doch nur selbst als Ab- 
schreiber nannte, als Auetor und kein Mensch fragte darnach, bis endlich 
der wahre Verfasser bekannt wurde. Dass nur aus diesem Codex der ganze 
Itrthum geflossen ist, beweist der Umstand, dass bis heute die Thomisten 
keinen älteren Codex haben finden können, der Thomas als Verfasser nennte. 
Noch immer ist es den Partisanen des Kempensers nicht gelungen, der For- 
derung Mabiilons zu genügen, doch endlich einmal ein M. s. vorzuweisen, 
welches aufschriftlich und vor dem Jahre 1441 Thomas als Verfasser nennt.') 
Doch wir scheinen den Thomisten Unrecht zu thun, denn sie fuhren vor 
der einstigen Antwerpener, jetzt Brüsseler Handschrift zwei ältere auf, welche 



') Sie wurden von der ersten Pariser Gelehrtenversainmlune 1671 lusamtnenfiislelll. 
Sehe das •Instrumcnlum. der Mauriner Ausgabe der Imitatio ed. c. pag. XXIV^XXXVIII. 

*) Neqüe uero ea errata sunt hominis in rtcta scribendi raiione nbcrranlis. sed haud 
plane capientis, quid scribnl.« Delfau, Disscrtotio e, c, png. XLVI. 

') Arthur Lnth isl vollends im Rechte, wenn er gerade aus dieser Unlerscbrifl des 
cod. Anlucrp. den Schluss lieht, dass Thomaa die Imitalio Christi nicht verfassl habe, und 
wenn er die Alternative stellt t lOu Thomas k Keinpis voulajt £tre connu, et alors il devail 
signiüer clairemenl qu'il ^(ait Vauteur de l'Iniitalioo, qu il prefirait rcsler ignord. et dans ce 
cai il ne devail cn aucune maniire joindre son nom k son oeuvre« bei Dr. Bernh. HÖIscher, 
RecWlingshausen Gymnas. Programm 18789. S. is. 

*) Cf. Papebrochius Act. S.S. Mai tom. V. pag. 82» n. II. ed. Ant«.: .Non übe, 
mihi finalem csusae decisionem praeuerterc. contestata iain lite adhuc pendente. Ingeaue 
lomcn fateoi, neque P. Godefredo Henscbenio neqike mihi umquam uisum esse, quod efÜcai 
aliqaod pro Thoma argumentum possit u m.s. üic subacriplo (er redet vom cod. Anlu.) 

*) Animadu. in Vind, Kemp. pag. 33^ »Si ergo alicubi tenarum extet codex ante 
annum 1441 a uenerabili Thoma alioue quopiam cxaralus atque prima Tbomae ipsi manu 
ndäcriptu'i, huncucl sero proferant etagilatae tot modis eontroucrsiae sie tandem fmem imponanl.« 




6S 

ausdrücklich für Thomas zeugen, nämh'ch die sogenannte Kirchheimer Hand- 
schrift und die Gaesdoncker. Beide stammen aus dem Jahre 1425 und 
nennen Thomas ausdrücklich als Verfasser. Das wäre nun freilich sehr 
beweisend, wenn diese Angaben so wie bei den Handschriften des Gersen 
in Form einer einfachen »Aufschrift« oder eines Titels uns entgegenträten. 
Dem ist aber bei weitem nicht so. In der Kirchheimer Handschrift findet 
sich die Bemerkung: »Notandum, cjuod iste Tractatus editus est a probo 
et egregio uiro, Magistro thoma de monte Sancte Agnetis et canonico regu- 
lär! in traiecto , Thomas de Kempis dictus , descriptus ex manu autoris in 
trajecto anno 1425 in sociatu prouincialatus. « Aber diese Notiz liest man 
»am untern Rande von fol. i a« und »sind, wie der übereifrige Kempist, den 
wir reden lassen, ganz kleinlaut hinzufügt, diese Worte freilich von einer 
andern Hand, mit einer anderen Dinte geschrieben, deren Farbe viel leb- 
hafter ist . . .« Mit einer solchen Notiz, welche von einer anderen Hand 
und In unbekannter Zeit hinzugefügt worden ist, lässt sich doch nichts be- 
weisen. Der Codex ist kein thomistischer, er ist anonym und unter diesen 
aufzuführen. Das zweite Manuskript, welches Malou für Thomas vorführt, 
ist das von Gaesdonk, ehemals Kloster der regulirten Kanoniker bei Goch. 
Diese Handschrift soll den Namen des Thomas von Kempis tragen und 
aus dem Jahre 1425 stammen, indem das zweite Buch schliesst: »Anno 
Domini 1425 in die S. Elisabeth« und das vierte aufhört mit den Worten: 
»Anno Domini 1427 in die SS. Crispini et Crispiniani.« Trotz meiner 
eifrigsten Bemühungen ist es mir bis nun nicht möglich geworden, die Hand- 
schrift zu sehen, *) und muss ich ein definitives Urtheil darüber lassen, kann 
mich aber nicht enthalten, einige schwere Bedenken, welche aus dem Referate 
Malou's selbst über das Ms. sich ergeben, beizusetzen. 

Mir fallt auf, dass Malou so gar reservirt sich ausdrückt, was sonst 
nicht immer seine Sache ist. Er sagt:*; »On cite comme portant le nom 
de Thomas ä Kempis et la date de 1425 un manuscrit des quatre livres 
de rimilation;« Malou hat ja doch, wie mir Schoofs mittheilt, durch zwei 
Gelehrte die Handschrift untersuchen lassen. Ebengenannter Dechant Schoofs, 
Pfarrer zu Büderich bei Wesel am Niederrhein , ist der Auffinder unseres 
Codex und hat mir denselben in einem Briefe des näheren beschrieben. Da 
Malou's Bericht sehr mager ist, und die Kölner Volkshalle v. 1851, auf die 
er sich beruft, nicht einmal in der Kölner Stadtbibliothek vorfindlich ist. 



*) Die Bibliothek des ehemaligen Priesterhauses Gaesdonck ist noch so ziemlich intakt 
beisammen und steht gegenwärtig unter der Aufsichi der Vcrmögensven^-altung ftir das Bv^thum 
Münster, resp. des geh. Regir. Käthes Gedicke zu Münster. Geheim. R. Gedicke sicherte 
zu wiederholten Malen die Ueberschickung der Handschr. zu, aber man konnte sie bis jetzt 
nicht finden. 

*) 1. c. 



69 

will ich hier wiedergeben , was mir rler Entdecker der Handschrift Schoofs, 

der freilich auch schon >seit etwa fünfundzwanzig Jahren dies Manuskript 
nicht mehr in Hiindeii gehabt,« brieflich miliutheilen so gütig war: sDer 
Codex ist auf Pergament in handlicher Diiodezform sehr fein und schön ge- 
schrieben. Nach den ersten Bdchern findet sich die Datirung der Beendigung 
1437; beim dritten Buche in festo s. Elisabeth, am Ende des vierten Buches 
sieht 1428. Dem Codex der Imitatio ist ein Anhang von Gebeten aus 
Augustin, Bernhard, Bonaventura und vielleicht noch einigen anderen ange- 
bunden; dieselben sind offenbar von derselben Hand geschrieben. Am 
Schliisse steht: OreHir pro scriptore Thonn. de Millingen. Dieses ist aber 
von anderer Hand und mit schlechter Diute beigefügt.« Dieser Bericht 
bestätigt nur die Vermutung, dass Thomas a Kempis keineswegs als Ver- 
fasser genannt wird , sondern dass die Handschrift einfach anonym ist. ') 

So haben also die Thomisten nach nickwärts keinen Codex, der über 
1441 hinaiisreicht. Viele thomistische Codices weist allerdings die Folge 
atif. Allein allen diesen kommt keinerlei beweisende Kraft zu. Man weiss, 
wie sie dazu kamen, den Thomas als Verfasser anzugeben. Kein nur ge- 
täuscht durch den Cod. Antverp. War einmal der Anfang gemacht, so 
durfte man um Nachtreter nicht besorgt sein. Einer schrieb in jener kritik- 
losen Zeil dem Anderen nach und kümmerte sich nicht um die Richtigkeit 
seiner Angabe. Einen Beweis aus den Manuskripten haben also die Tho- 
misten nicht. 

Wir werden beim Beweise des Gersen das Verhältnis der Drucke rück- 
sichtlich der Verfasser, welche sie dem Buche beilegen, genau angeben und 
da wir dabei ohnehin unter einem die Stärke des Beweises, welchen die 
Kempenet aus den Editionen formiren, beleuchlen , so gehen wir gleich 
jetzt zu jenem Beweise für Thomas, welchen seine Jünger als unumstösslich 
preisen und welcher die Lücken, die eingesiandenermassen der thomistische 
Beweis aus den Manuskripten aufweist, vollkommen ausfüllen, dem gani^en 
Baue erst Kraft und Halt geben soll, zum Zeugenbeweise. Fragen wir 
nunmehr, auf wen sich denn der ganze Traditionsbeweis der Thomisten stütze, so 
verweisen sie uns insgesammt auf den Verfasser der Windesheimer Chronik, 
Johann vom Busch. *) Dieser Johann üuschius lebte nämlich in dem Kloster 






') So[[\e die llilschr. 



11 Vur>choiu kuini 



IC genaue lIcächiL'ibung 



aU dankenswert, 

') So meint FninHi, Ucfiil, pag. 63, diu früher nuch iwcifclhaTlc und duiiklc Frage 

Sri durch ilic Chrunik di» Uiucb sonnenklar geworden; Aliug, Handb. d. Uiiiv, Kirubengcsuh. 

Mainx iS6z. 9. Aull. li. 11. S. 95 sagl: -Die Aut(inM;haft des Thomns von Kempen jcLi 

L bcKiodent durch du Zeugnis der Windväcnier Chronik gtstchtTl,* (Cc [tmuignugi: esl dctcsif 

H k Dous ycux' declamirl Malou, Kechercb. pag. "jS. 



jo 

der regulirten Chorherrn des hl. Augustin zu Windesem, welches mit der 
Bruderschaft des gemeinsamen Lebens verbunden und in der Nähe von 
Zwoll gelegen war. 

Er lebte also mit Thomas parallel, starb 1479, sieben Jahre nach 
Thomas und hat, wie Ulimann versichert, ohne Zweifel den 147 1 gestorbenen 
Thomas noch persönlich gekannt. Von ihm besitzen wir eine Chronik seines 
Klosters, das Chronicon Windesemense , welches 1464 vollendet worden ist. 
In diesem Chronicon nun erzählt unser Gewährsmann, dass wenige Tage vor 
dem Tode des Johann van Huesden, Priors von Windesheim und eines der 
Gründer der gleichnamigen Congregation, zwei Brüder vom Agnetenberge 
bei Zwoll nach Windesheim gekommen seien, um den Prior dieses Klosters 
betreffs mancher Dinge um Rat zu fragen. Doch wir wollen die wichtige 
Stelle aus dem Munde des Chronisten selbst hören. Er schreibt: *) »Con- 
tigit ante paucos dies sui obitus (es ist die Rede von dem Prior Johann 
von Huesden), ut duo fratres notabiles de monte s. Agnetis prope Zwollis 
ordinis nostri dictum Priorem nostrum super certis rebus consulturi in Windes- 
heim aduenirent : quorum unus frater Thomas de Kempis, uir probatae uitae, 
qui plures deuotos libellos composuit, uidelicet Qui sequitur me de imitatione 
Christi cum aliis, nocte insecuta somnium uidit praesagium futurorum. 
Aspexit namque in uisu noctis concursum spirituum beatorum üeri in cae- 
lestibus , quasi pro alicujus obitu celeriter festinantium , statimque tabulam 
tamquam pro morientis exitu in somnis audiuit pulsari, ut exinde exper- 
rectus euigilaret. Surgens ergo de lecto et quidnam esset factum uolens 
ire visum neminem percepit. Erat autem mane ante horam quintam et fratres 
adhuc dormiebant.« Dem aufmerksamen Leser kann die hervorleuchtende 
Absichtlichkeit, mit welcher Thomas als Verfasser der Nachfolge genannt 
wird, unmöglich entgehen. Der Chronist rollt plötzlich ganz aus dem 
Geleise der Erzählung seines Thema und beschäftigt sich so recht auf- 
fallend mit dem Nebensächlichen. Die ganze Wendung von »quorum 
unus« an soll gewiss nur dazu dienen, uns den Bruder Thomas, welcher die 
merkwürdige Erscheinung hatte, vorzustellen. Da hat es sich aber Johann 
von Busch vollkommen mit dem Beisätze »uir probatae fidei, qui plures de- 
uotos libellos composuit« genügen lassen können und sicher auch genügen 
lassen. Das stellt uns den frommen Bruder hinlänglich vor, um so mehr, 
als wir mit seinem Begleiter gar nicht bekannt gemacht werden. Macht nun 
aber unser Erzähler den grossen Seitensprung, lässt er sich weiter in die 
Aufzählung der Werke des Thomas ein, wer erwartet da nicht nach dem 



*) Dieses Chronicon wurde zusammt mit dem später zu behandelnden Chr. montis 
s. Agnetis edirt von Heribert Rosweyd apud Petrum et Joanncm Belleros. Antuerpiae 1621. 
Unsere Stelle fmdet sich 11. 21. 



»uidelicetc die Aurzählung aller Werke und nicht nur die Namhaftmachung 

des Einzigen mit dem darauffolgenden »cum aliis*, welches ganz unstatt- 
haft ist, nachdem ipluresi kurz vorhergeht,'} Noch mehr, wie kommt 
unser Chronist dazu, da j Werk des Thomas mit dem Namen: »de Imitatione 
Christi« anzuführen, da doch nach dem Zeugnisse der Thomisten selbst 
Kempis dieses Werk nur immer als: >Ammonitiones ad spiritualem uitam 
ittiles« bezeichnet f *) Ferner muss noch der Umstand, dass mit solcher 
Ostentation eben die Imitalio genannt wird, zur Ueberzeugung führen, dass 
der Verfasser dieser Notiz vom Streite über den Verfasser der Nachfolge 
wusste und ihn dadurch entscheiden wollte. Ziehen wir aus diesen inneren 
Gründen das Resultat, so ergibt sich : Das Chronicon ist an unserer Stelle 
inlerpolirt. Der Zusatz von luidelicen an stammt nicht von dem ursprünglichen 
Verfasser des Chronicon , sondern wurde wol zuerst von einer interessirten Hand 
nur in margine angemerkt, kam dann aber in den Text hinein. Wem hierbei 
die inneren Gründe noch nicht zwingend genug scheinen sollten, dem werden 
'wol die äusseren keinen Zweifel mehr über lassen. Wir besitzen nebst dem 
Chronicon Wiedesemense auch ein Chronicon montis 's. Agnetis, welches 
Thomas a Kempis abgefasst hat. In diesem nun erzählt Thomas selbst die 
ganze Geschichte von dem Gesichte, das er in Wiedesheim gehabt, mit fol- 
genden Worten:') »Contigit ante paucos obitus sui dies infra octauara 
sancti Martini episcopi , ut duo fratres de monte s. Agnetis ad colloquen- 
dum Priori in Windeshem uenirent. Tudc unus illorum eadem nocte tale 
somnium habuit praesagium futurorum. Vidit namque in coelestibus concur- 
Sinn spirituum fieri et quasi ad obilum alicuius festinare, Statimque tabulam 
quasi pro exitu morientis in somnis audiuit pulsari, ut inde expergefactus 
uigilaret . . , ( Originale dieser beiden gleichlautenden Berichte kann doch 
nur der des Thomas über seine eigenen Erlebnisse sein und iwohl erst nach 
seinem Tode kann die Stelle bei Busch, der ja in einem anderen TCIoster 
lebte, jener Erzählung des Thomas nachgebildet sein, um nur den Zusatz 
über ihn als Verfasser der Imitatio anzubringen. ')s Vom Busch hat diesen 
Bericht des Thomas wörtlich abgeschrieben, so wördich, dass er sogar das 
unverständliche >tabulam pulsaret beibehalten hat. 

Da im Originaltexte des Thomas nichts von der ganzen Geschichte mit 
der Imitatio steht, muss dieser Zusatz auf eine andere Hand zurUckgefiihrt 
werden. Die Kritik hat denn auch mit vollem Rechte dieses Chronicon 
Wind, als intergolirt erkannt. Wir verweisen statt Vieler nur auf das Unheil des 



') Vel. KaihoUk 1877, S. a6. f. 

') Pag. s:. cd. c. 

») Ed. c. 19. 

•1 Dr. Utnili. Hül>cliLT. l'roBrniiiiii aes, CyinimJiuns Rctkling^liauwii 1878/79 S 



72 

Quatremaires *) aus älterer und Verts *) aus der neuesten Zeit. Ja selbst 
die Thomisten haben sich dieser Einsicht nicht entziehen können. Beweis 
dafür sind die mehr oder weniger unglücklichen Versuche, welche man ge- 
macht hat, die Stelle zu saniren. So tilgte der regulirte Canonicus Fontanns 
die Worte: >De Imitatione Christi c, BoUandus expungirtc die Worte: »Som- 
nium uidit, praesagium futurorumc usw. Was innere und äussere Gründe 
als unzweifelhaft erweisen, bestätigen Codices des Chronicon Wind. Es gibt 
solche, bei welchen die Worte von »uidelicetc an in einer Klammer stehen 
und auch solche, bei welchen der Zusatz »Thomas de Kempis« bis 
»cum aliis« ganz fehlt. Ein solcher befand sich unter jenen zwei Hand- 
schriften, welche die Thomisten zur Gelehrtenconferenz 1681 nach Paris 
brachten. Die Gelehrten (Du Gange, Baluze, Mabillon) hielten diesen für 
das Original, der andere ist interpolirt. ^) Diesen Thatsachen gegenüber 



') Johannes Gersen iterum assertus. Pars I. art. II. pag. 108. sq. Wir setzen die < 
ganze sehr zutreffende Kritik dieses (telehrtcn hieher: *AIia sese tulerat occasio narrandi non 
de libro solum sed etiam de Thoma, ubi tarnen praeter allissimum silentium legitur audiiurque 
nihil. Joannis de Kempen (frater natu major Thomae est) Joannis inquam de Kempen res 
gestas non solum narratione digessit sed etiam laudibus cumulauit; mirum est^ nc syllabam 
quidem Thomae, Joanni gemiano , concessam. At Joannis laudi atque gloriae quantum 
addidisset tam notabilis lam probatac uitae uiri tam insignis librorum auctoris sanguine et 
uirtute conjunctio ! Talis discipuli informatio > tanti luminis Augusliniano ordini candore 
Canon ico parturitio et consccratio ! Certc Buschius uolens ostendere, Joanncm non fuisse 
sterilem in Israel narrat decem ab Joanne apud S. Agnctem discipulos uestibus initiatos, 
(quorum primus accesscrat Thomas et paene uUimus indutus) nullam de Thoma nee nomine- 
tenus ponit prae caeteris mentioncm. Numquid non erat hie addendi elogii locus quam in 
illa somniosa narratione? e. g. Septem fratres clericos quorum unus erat Thomas de Kempis, 
Joannis germanus^ uir probatae uitae, — qui plures deuotos libros composuit ; videlicct : Qui 
sequitur me, de imitatione Christi, et tres conuersos ad ordinem suscepit. Cur adeo opportuna 
praetermissa otcasio? Quis orator aut historicus, cum quempiam de magisterio commendat, 
non continuo discipulos commcmorat? Laudas Heliam; statim Helisaeus occurrit. Antonium 
praedicas; subito obuiat Athanasius. Benedictum commendas ; habes Maurum et Placidum, qui 
laudes perficiant. Ut quid haec? »Quia gloria patris est Blius sapiens.« Quantum ergo 
splendoris Joanni Kemi^ensi de illustri adeo discipulo accessisse debuit, quem et praeco eximus 
silet et fidelis narrator praelerit. Nonne et Thomae historiam uitae Joannis subjungi a Buschio 
deccbat? Ut quorum praeclara facinora maximam habuissent de affmitate de professione de 
uirtute conjunctionem , horum historiae mutuam sibi parerent commcndationem. Talibus 
praetermissis opportunitatibus furtiuae illi et cum soninio conjunctae narratiunculae fidem 
rebimur adhibcndam?« 

*) Etudcs crit. et histor. sur l'Imit. Toulouse 1856. pag. 205. ▼" 

') Siehe Ouvrages iwsthumes de D. Jean Mabillon . . . par Vinc. Thuillier. 
Paris 1724, tom. I. pag. 45. sq.: »Ils (die Thomisten) produisirent aussi deux chroniques 
de Jean Busch, dans l'une desquelles, qui paruissoil originale, n'ctoit pas la parenthcse soup- 
Qonnce de faux par Ics premiers dcfenseurs de Gersen, mais sculement dans la scconde, qu'ils 
prötendirent avoir öle augmenlce par Buzilius mcme. D. Mabillon avoit appris ccs particulariles 



71 

nUUt auch nichts das von Amort veranlasste *} und von Malou *) mit Freuden 

volHnhalttich reproducirte Document des Notars Joh. Kyckerniann. dass man 
in dem Autographon des Busch diese ganze beanständete Steile gelesen habe. 
Es war eben kein Autographon des Windesheiraer Chronisten, sondern irgend 
ein Apographon, welches die ganze Stelle mit in den Text hinein verschrieb 
und verwob. 

Sehr beweisend für unsere Darstellung und sehr bezeichnend in dem 
ganzen Streite tiber den Verfasser der Nachfolge ist es auch, dass der Fort- 
setzer des Chronicon montis s. Agnetis, welches Thomas von Kempen ange- 
fangen, über die Imitatio, als das Werk dieses frommen Gottesmannes Thomas 
keine Silbe spricht. Und doch hat sich dieser Chronist zur Aufgabe gestellt, 
alle Vorkommnisse im Kloster und alles Erwähnenswerte aus älterer und 
neuerer Zeit, besonders was der Congregation Ehre einbrachte, sorgfälligst 
zu registriren. Wir erfahren da Interessantes über Johannes, des Thomas 
Bruder, es wird weit und breit abgehandelt über den Kleidercustos Henricus 
und den Schneider Herbertus, auch der Koch Johannes und Albertus Win- 
berger der Refectoriarius gehen nicht leer aus, sondern erhalten reichlich Lob. 
Uebcr die Imitatio des Thomas aber, diese Zierde und den ewigen Ruhm 
der Congregation, kein Sterbenswortlei n. :>Sollte Thomas«, so bemerkt ein 
Neuerer, der gewiss gegen die Beweise der Thoniisten , wenn sie nur in 
etwas annehmbar sind, nicht unzugänglich ist,') »als Verfasser der Imitatio 
gepriesen werden, so wäre dazu vor allem Veranlassung gewesen in der 
Chronik seines Klosters auf dem Agnelenberge bei der Miltheilung seines 
Todes.*) Da ist jedoch keine Rede davon,: Umsomehr müssen wir uns 



des Mr. ilu Caiif^e 






'} Dinluct. crit. pa){. 93. 

•) KeehercliM. paß. 79. Anni. i. 

») Dr. Hölschcr. 1. c. S. 11. 

*) Die betreßendc Slellt des Chrunkun i.a.1 an. 1471) laulcl . .Huc usqui; Thüiii.is a 
Kcmpis, n:]ii]ua ab aliu coalinuala suiil. Ködern atinu In fesEu s. Jacob! minuria post com- 
lilcturiani obiit pracdilectus. friitcr no^tei Thomas Ilemciki^n de KcmpU nalus ciuilale dioccesis 
Cutunieiisüi annu aetatis suae 9a et inucülitulionis suae 58. Ilic in iuucnili oclatc fuit nudilcir 
doinini floreiUü in Daucntri» et nb co directiu lal ad fratrcm suum gvraianum luiic temporis 
rriurcm monlis Agnetis anno nelatis suac 20, a quo post xx annos probalionis suac inuestilus 
eil. Üt susünnit ali|pDrdio inuna:i(erii magnani penuriam , tentaliones et laborcs. Scripsit 
autem tHbliam noslraM talalitcr et alios multus libros pru domo vt pro prctlo. Inauper coni- 
puniit unrius iroctatulos od aedifialioneni iiiUEuum in piano et »mplici stilo, sed praegrandes 
in senleiitia e( u^ieris cfficacia. KuiL etiam niulluni amorusus in passione Uumini et mire conMi- 
inliuus Icnlaiia ci Iribulails,' Su («hricb der Chronist, da schon die liuilalio Chribti unter 
Gnwiis und Iternhards Nomen vursirle. Da tnussiv er sie doch anfahren! Noch bemerken 
wir, da» nach d«n .\ngabcn der 'l'homislen die Abfassung der Nachfolge in die Anfaiig^ieit 




1j_ 

wundem über dieses tiefe Stillschweigen, als ja damals bereits Ausgaben 
unter verschiedenen Namen existirten, man das goldene Buch dem Gerson 
oder Bernhard u. s. w. zuschrieb. Da musste sich der Chronist rühren und 
die Wahrheit an den Tag bringen, es war seine heilige Pflicht. Auch glaube 
man ja nicht, dass etwa die Brüder der Windesheimer Congregation sich 
um die Vorgänge ausserhalb der Klostermauern nicht kümmerten. Wir 
werden uns an anderer Stelle noch davon überzeugen, wie sie alle Vorkomm- 
nisse, besonders in den Klöstern der alten Orden scharf beobachteten und 
gegen diese und für sich in jedweder Weise auftraten. Daher die grossen 
Streitigkeiten zwischen beiden. Unter diesen Umständen ist das Schweigen 
unseres Chronisten sehr beredt, verkündet seine Stille so laut, dass Thomas 
der Verfasser der Imitatio nicht ist. 

Dies die Basis, das Fundament, über welchem der ganze vielgerühmte 
Traditionsbeweis der Thomisten aufgebaut ist Die beiden Chroniken sind so 
weit entfernt, dass sie für Thomas zeugen, dass sie vielmehr das gerade 
Gegentheil recht klar beweisen. Mit der Verrückung des Fundaments aber 
stürzt eben der ganze darauf gebaute Beweis in sein wolverdientes Nichts 
zusammen. Denn die Zeugen, welche die Partisane des Subpriors vom Agnes- 
kloster vorrufen, stützen sich entweder eben auf Johann vom Busch oder auf das 
Antwerpener Autographon, oder sie kommen gegen ihr Zuthun zu der Ehre, 
den Thomasbau zu stützen. Zum Beweise hiefÜr berufe ich mich auf den 
Benediktiner-Abt Trithemius. Dieser wird von den Thomisten nolens uolens 
in Beschlag genommen. ') Betrachten wir aber sein Zeugnis, so werden wir 
die Freude der Thomisten kaum begreiflich finden. Der gelehrte, von den 
Gelehrten der Neuzeit arg mitgenommene Trithemius, gibt in seinem Werke 
»Catalogus illustrium uirorum Germaniam suis ingeniis et lucubrationibus 
multifariam ornantiumc zuerst ein Verzeichnis der Werke des Thomas, wie 
er es schon in seiner Schrift >De scriptoribus ecclesiasticisc *) gegeben hatte. 
Dann fahrt er fort *j: »Et notandum, quod duo feruntur huius fuisse nominis 
ambo de Kempis, ambo reguläres in monte sancte agnetis, ambo ingenio 
prestantes et ambo uaria cudentes opuscula: quorum primus temporibus 
magistri gerardi magni ad religionem conuersus diuinis revelacionibus dignus 
habitus ea que supra recensuimus opuscula scripsisse dicitur: secundus uero 
adhuc nostris temporibus pene uiguit in humanis et uaria composuit que ad 
manus nostras non uenerunt. Et forsitan primo nonnnulla sunt ascripta, que 



des Klosterlebens von Kempen fiele, wo er eben grosse Geistesdürrc, Versuchungen und Leiden 
aushielt. Die angezeigten tractatuli für die iuuenes sind die sermones ad nouitios, dialogi 
nouitiorum . . . 

*) »Trithemius profecto noster est« definirte schon Fronteau. Refut. pag. 63. 

') Vidc Fabricius Bibliotheca ecclesiastica. Hamburg 1718. pag. 164. 

^) Ich citire nach der Ausgabe von 1495. pag. XXXVI. 



7S 

seoundus fecisse piitatiir, Libeüus aulem de imitacione christi pnmi fertur 
auctoris: quem ante mullos annos seniores nostri suos fenint legisse seniores: 
quamuts sciam nonnuüos in hac re sentire contrarium.* Der gelehrte Abt 
von Spannheim steht dem Thomas nicht ferne; als dieser starb, war jener 
neun Jahre alt. Trithemius wollte alle Berühmtheiten Deutschlands in seinem 
angeführten Werke verewigen, schickte darum nach allen Seiten aus, damit 
ihm Namen, Excerpte etc. geschickt werden. Wie schwankend in unserer 
Frage der bewährte Geschieh (schreib er Trithemius gewesen, wird uns klar, 
wenn wir uns vorhalten die Ausdrücke: duo »feruntur, i opuscula scripsisse 
tdicitur,< »forsitan, t fecisse »putatun opus. De quibus »feruntur.« primi 
»ferturt auctoris. So schreibt Trithemius 23 Jahre nach dem Tode des 
Thomas. Es ist wol nicht leicht möglich schwankender und unbestimmter 
zu schreiben. Und doch muss unser Abt den Thomisten als Zeuge dienen! 
Ja noch mehr; die von den Thomisten vorgerufene Auctorilät fallt sogar 
direkt gegen sie in die Wagschale. Trithemius sagt von dem Buche der 
Imitatio Christi: 'Quem ante multos annos seniores nostri suos ferunt legisse 
seniores.t Nehmen wir tseniorest nur in der Bedeutung als dieAeltem den 
Klosiergeliibden nach , so wird wol aus diesen Worten Trilenheims jeder 
Mathematiker noch über 1400 hinaufkommen, wo also bereits die Imitatio 
gelesen wurde. Ausserdem verdient Beachtung, dass im angeführten Zeugnis 
so nachdrücklich betreffs der Imitatio gesagt wird: »Libellus aulem de imitalione 
Christi primi fertur auctoris. 1 Er will also den landläufigen Irrthum corri- 
giren und verwahrt sich dagegen, dass etwa der jüngere Thomas, den seine 
Mitbrüder, welche um 30 Jahre älter waren als ihr jSjähriger Abt, noch 
kannten, wie er leibte und lebte, das Büchlein verfasst habe. Dieses Buch 
reicht viel weiter zurück als Thomas, das ist der Beweis des Trithemius.') 
Beleuchten wir uns also den thomistischen Zeugenbeweis, so werden wir wol 
zugeben müssen, dass es mit seiner vielgerühmten Solidität noch seine guten 
Wege habe, dass er nicht im Stande sei, eine schwache Sache zu stützen, 
vielmehr einer Stutze bedürftig wäre. 

Das dritte Beweismoment der Thomisten sind die inneren Gründe, die 
Angemessenheit des Buches zu der Persönlichkeit, der Zeit und Umgebung 
des Thomas, sowie in der Uebereinstimmung der Nachfolge mit den aner- 
kannt ächten Schriften von Kempen nach Geist und Inhalt, äusserer Ein- 
richtung und Sprache. Wir constatiren vorerst, dass man einstmals diesem 



') Nur beiläufig ^i hier angemerkl , dass die rmnzöäiscbe Au<igabc von 1493 den 
Leser belehrt, es sei nicht der bislang als Verfasser angenommene Gerson oder Bernhard der 
wirkliche, sondern der Canon, tegul. u. s. Aug. Thomas .Prior in Windesheim', was doch 
gewesen ist, sondern sein filterer Bnjder, der Johann hiess. Der Heraus- 
geber wollte dem Chorherm dos Buch luschreiben. Aber Thomas war ihm lU nahe. Da 
wtisste er, von diesem könne es nicht sein. Schrieb's also dem alteren lU. 



76 

Beweise grosse Kraft zugesprochen hat. Eusebius Amort meinte, es werde 
durch denselben geradezu »geometrico modoc Thomas als Verfasser er- 
wiesen, *) und Ullmann versichert*) »es falle in dieser Hinsicht ein solches 
Gewicht der besten Gründe auf die Seite des Thomas, dass man sich die 
Hartnäckigkeit, mit der seine Auetorschaft bekämpft worden ist , eigentlich 
nur aus verblendetem Ordensinteresse und misverstandenem Patriotismus oder 
aus dem Umstände erklären kann, dass manche Sprecher in der Sache die übrigen 
Schriften des Thomas oder den geschichtlichen I^benszusammenhang, in dem er 
stand, gar nicht kannten.« Der neueste Vertheidiger der Rechte des Thomas, 
Paul Keppler,') möchte dieses Beweismaterial vorerst ganz auscheiden und 
iliesen inneren Gründen kein besonderes Gewicht beilegen, so gross dasselbe 
auch an sich wäre, weil dieser Boden der Subjektivität stark preisgegeben sei. 
Wir glauben in der nächsten Rubrik denn doch auch gerade aus inneren 
Gründen die Unmöglichkeit der Auetorschaft Kempens darzulegen. Um auf 
das Meritorische unserer Frage einzugehen, so schreibt Hirsche*): »Ich 
verglich die Imitatio mit all' denjenigen Schriften des Thomas, an deren 
Aechtheit Niemand zweifelt. Und welche Ueberraschung wurde mir nun zu 
Theil! Es war, als ob ich nur eine Fortsetzung der Imitatio lese» wenn ich 
in den unbezweifelt ächten Schriften des Thomas las.« Welch' grosse Ueber- 
treibung in diesen Worten liege, kann wol jeder bestätigen, welcher die 
Leetüre irgend einer der ächten Schriften des Thomas von Kempen an die 
aufmerksame betrachtende Lesung der Nachfolge anschliesst. Ich wenigstens 
habe einen himmelweiten Unterschied gefunden und finde Mabillons Urtheil*): 
»Gerte multum ego discriminis inter libros de Imitatione et genuina Thomae 
opuscula deprehendo« nur allzu wahr und reel. Während Thomas Schriften, 
selbst seine Reden z. B. »Ad nouitios« so ganz leer und kraft- und saftlos 
sind, ^) ohne den wolthuenden Hauch erfrischender und belebender Andacht, 
fesselt uns in der Nachfolge jeder Satz und birgt jede einzelne Sentenz 
gleichsam eine Welt. Wir müssen für dieses Urtheil vom Einzelnen die Be- 
weiskraft eines allgemeinen in Anspruch nehmen. Einen sicheren Gradmesser 
hierfür haben wir ja im Gebrauche dieser Schriften. Die Bücher des Thomas 



*) Polycrat. exauct. p. 31. 

«) 1. c. S. 736 f. 

•'') 1. c. S. 80. 

*) ^'^ßl* hiermit bes. Euscb. Amort. Tolycr. cxauct. p. 31 und desselben Scutiim 
Kempense, wo pag. 35— lin. die Aehnlichkeit, welche der Imitatio und den ächten Werken 
des Thomas nach Materie, Plan und Durchführung, nach Ausdrücken, Redewendungen und 
anderen charakteristischen Merkmalen eij;nen soll, dargestellt wird. 

*) Animaduersioncs pag. 29. 

**) Diese opuscula Thomae sind wirklich »si cum illo libro (de Imitatione) comparentur, 
frigida, ieiuna attjuc exsanguia.« Siehe Mabill. 1. c. p. 28. 



77 



liegen im Staube vergessen, die Imitaiio ist in Aller Händen; die Nachfolge 
lesen Alle, kaum einer beschäftigt sich mit den Werken des Thomas von 
Kempen; von der Nachfolge haben wir nnznlige Ausgaben und sie existirt 
in allen Sprachen, die Ausgaben der opera Thomae a Kempis wären schnell 
und leicht ge*ält und nur wenige Völker werden den Kempenser in ihrer 
Sprache reden hören. Jene Uebereinstimmung ist also eben nur eine ijc- 
suchte, '} und die Kraft dieses Argumentes erblassl noch mehr, wenn wir 
bedenken, dass die Gleichartigkeit des Stoffes eine gewisse Aehnlichkeit und 
ein Uebere in stimmen in der Form, in Ausdrucken und Wendungen gar wol 
erklärlich mache, was erst gar bei Thomas um so weniger m verwundern 
ist, als er ja De imitalione mehrmals abgeschrieben und wol, wie nicht r.u 
bezweifeln ist, auch geliebt und öfters gelesen hat, und deshalb seine Reden 
öfters Anklänge an die Nachfolge enthalten. Wegen der Aehnlichkeit des 
Stiles mit seinen übrigen Schriften hat man ja auch unser goldenes Büchlein 
dem hl. Bernhard zuschreiben wollen, imd ich bin bereit, aus S. Bonaventura, 
mit dem unser Buch nach meinem Dafürhalten am meisten zusammenklingt 
selbst in der Sprache und Ausdrucksweise, mehr und auffallendere Ueberein- 
stimmungen und Parallelismen herauszusuchen, als das die Thoniisten aus 
ihrem Thomas können. Aber einige gleiche Worte und Gefilge erlauben noch 
nicht den Schhiss auf die Idendität des Stiles und die Uiheberschaft. Viele 
mögen Vergib Phrasen nnd Ciceros prunkende Stellungen nachahmen, und 
CS gibt doch nicht die Majestät des vergilischen und das Eindnicksvolle des 
tidlianischen Stiles. So kennen auch alle, welche die Imitatio Christi kennen, 
kein Werk des seligen Thomas von Kempen, welches die Sprache des Herzens 
so natürlich und einfach schlicht sprechen würde. Wir geben denen, welche 
auf die Aehnlichkeit des Stiles schwören, gar sehr zu erwägen das Urtheil 
des Pariser Prokanzlers Mariliac, welcher in dieser Hinsicht gewiss gehört zu 
werden verdient. Er sagt'j: »Quod stiluni attinet, propinquitas quidem 



') Roman Hay hat eigens nach dieser Seile hin eine sorgßltige Untersuchung vor- 
genommen und er5ii«serl sich in seinem ßncfe(7. Aug. 1651] : Erhübe sich vnn (lerganicD leidigen 
i)ln:iirrage ferne hnlten wollen und fest hallend an jenem >Non quis hoc diieril . . .■ sieh 
Slillschwcigcn aufcriegl ; nbei Wcrlin's AngrilTe und Heser's Dioptra hätten ihn bewiigcn, 
sich von (leren Wahrheilslicbe lu lJl)erzeugen ; »Idcciquc oninia Opera 'l'homiie de Kempis, editn 
Dilinipie an. 1576 per ordinem »ceumtiisiine ijsosquc qualuor de Imilalione Christi libcllos 
seütNm minimuin duodecies a capile ad cnlcein perlegi; et quod ipse nbstupui, inueiü Thomam 
ite Kempis honira qualuor auclorem rcuera non e!i5e. Pamlns quoque sum, hoc ipsum ex 
iptismet potissimiim opnsculis utrimqiie inlei se collaUs et iuxla se posilis ad ocnlum demonslrare, ■ 

') Mariliaci Gall. »Compcnditisa pro Gersene djsserlalio. angefugl an Qunlremaires 
Jiiannes Geisen ilerum assertus pag. 164. Vergleiche damit Bcllarmin. De Script, eccles. ed, 
c. Art. Gersen : ullinc apparet hoc opus tributum ful<isc Thomae a K. ob simililudinem 
mliquam Mili.« Die slilistuchcn Unterschiede zwischen der Imilatio und den Werken de» 
Thomas beschreibt graphisch der HetnusgcbTr der ital. Version von Pannrni. 1641 , der 




78 

nonnulla est sed ea, si rite perpendatur, similitudo non unitas.c Den Beweis 
im Einzelnen für das hier im Allgemeinen und mit Berufung auf Auctoritäten 
Behauptete liefert der nächste Abschnitt. • 



B. UNSERE BEWEISE GEGEN THOMAS. 

achdem wir die Beweise fiir des Thomas Anrecht auf das goldene 
Büchlein gewürdigt, legen wir unsere Argumente gegen den Kempener 
vor. Das erste Beweismoment bilden Manuskripte, welche die Abfassung des 
Buches durch Thomas chronologisch unnützlich machen. Wir theilen selbe 
in datirte und in codd. achronoi, welche nach den Regeln der Paläographie 
über Thomas hinausreichen. Da wir mit diesen Handschriften der Imitatio 
dem Thomas und Gerson zugleich die Exclusive geben, so wollen wir sie als 
indirekten Beweis für Gersen unter einem aufführen, wo wir von den gerse- 
nistischen mss. handeln und uns hier lediglich mit den inneren Argumenten, 
gewonnen aus der Person des Thomas und der Vergleichung seiner ächten 
Schriften mit der Imitatio, begnügen. 

Argumente, hergestellt aus der Persönlichkeit des Thomas. 

Marienkult. Alle Biographien des Thomas stimmen darin überein, 
dass er ein sehr eifriger, ein glühender Marienverehrer war, und würden uns das 
die Biografen nicht mittheilen, wir würden es in seinen Schriften lesen. »In der 
Verehrung der Maria , sagt Böhringer, *) geht Thomas ganz mit der Kirche 
seiner Zeit. Es ist aber nicht bloss ihre Fürbitte, weswegen er sie verehrt 
wissen will, er dringt auch auf Nachfolge ihrer Tugenden . . . Unzählige 
Stellen finden sich dafür in den Werken des Thomas. So mahnt Thomas, 



übngens Gersonist ist, in der Vorrede mit folgenden Worten: »Slilus diuini huius libri quem 
uocamu% Gersonem totus est sententiosus et more caelestium aphorismatnm paucissimis uerbis 
magna dicit, intellectum conuincit, mouet uoluntatem nee multum ecurrens nccendit alTectum 
ad omnem uirtutem. E contra Thoiftas a K. tametsi in suis operibus imitari uoluit Gersonem 
in conciso modo loquendi in discursu tarnen languidus est ; spirat quidem deuotionem , non 
tamen habet diuinam iUam uim ad ferienda corda, quae in Gersone inuenitur. Et quod 
summa rei est, opera Kempensis in hoc conueniunt, sicut quatuor libri Gersonis in hoc assimi- 
lantur, ut omnes flamma coelestis existant. Et mihi dixit quidam seruus dei e societate Jesu 
et magnus theologus, quod cum ab ipso novitiatu se totum dedisset lectioni et meditationi 
librorum Joannis Gersonis et operum Thomae a Kempis motus hac sola stili diuersitate , quem 
in re probauerat, semper existimauit: Thomam a Kempis non fuisse auctorem libelli de 
imitatione Christi.« 

*) Die Kirche Christi, ed. c. Bd. 19. S. 799. Vgl. Ullmann, Reformatoren. II. 171. 



79 



so eifrig er kann, znra Marien-Kultus.* Was hier berichtet wird, Tinden wir 
in den Schriften des Heraerken bestätigt. Schon in seiner Jugend, wie er 
selbst erzählt, ') durch himmlische Vision dazu aufgefordert, wurde er nicht 
milde, Marien zu loben und zu preisen , sowie er auch Mariens Verehrung 
und Anrufung nicht genug anempfehlen und die herrlichen Früchte solch' 
besonderer Devotion gegen die himmlische Mutter nicht genug preisen und 
schildern kann. Jede Gelegenheit benützt seine kindliche Liebe, um von der 
Mutter Jesu zu reden. Ohne auf Vollständigkeit Anspruch erheben zu wollen, 
seien folgende marianische Stellen aus den Schriften des Thomas aufgeführt : 

Ad nouit. part. I. serm. I. und VII.; part, II. serm. ult. ; part. III. 
öfter; besonders serm. I, 11, III, IV. V, VI. Soliloq. anim. cap. VII, XXI, 
XXII, XXIII und XXIV. Ad Fratres, sermonc I, IV und VIII. Exercit. spiritual. 
prior, cap. III, IV und XI. De tribus tabernac, cap. II. Dialog, novit. Im 
letzten Kapitel. Doctrinal. iuuenum. cap. VIII und IX. De solitudine et silentio 
cap. I wiederholt. Opusc. de humilitate num. 2. Opusc, de uita bona et 
pacifica num. 3. Vita boni monachi cap. IX. De incarnat. meditat. I 
{öfters.) VI, VII, VIII, X, XI, XII, XXIV, XXVII, XXXI, XXXV. De cleva- 
lione mentis in deum cap. III. Cantic. II, V, VIII, XI, XVIII, XLX. Vallis 
lilior. cap. XIII, XVIII, XXVI, XXIX, XXXIII, IX. Hortul. rosarum cap. 
XVI, XVn. Exercit. spiritual. poster, cap. III, VIII. Enchirid. monachorum 
cap. lU, V. Hospital, pauperum cap. III, VI, XVI, XIX. Vita Christi 
part. I. medit. I. IV, V, VIII und X, XI, XII und XIII; part. II. 
cap. XVII, XXV, XXVI, XXVII, XXIX, XXX, XXXIV; parte III. cap. I, 
V, VI, VIII, X, XVI, XX und XXI.; part IV. meditat. I, II, IV. Cautic. 
VIII, X, XI, XIII und XIX. Vita B. Liudwinae Üb. I. cap. II und XIII; 
Üb. II. cap. IV, VII und XX. Eleval. mentis in deum cap. III. Vita 
Florentii cap. XVJII, XIX. Vita Ludberti Berneri num. 29, 30 und 41. 

Um auch inhalUich die eine und andere der auf Maria Bezug habenden 
Stellen anzugeben und zum Beweise, wie so ganz es dem Thoraas zum hei- 
ligsten und un ab weislichen Herzensbedürfnisse geworden ist, Maria zu loben, 
heben wir hervor, wie er in jubelvoller Begeisterung wünscht, es möchten 
doch alle seine Glieder zu Zungen und diese zu feurigen Worten werden, 
damit er so, Maria, die Gottesgebärerin, in alle Ewigkeit glorificiren könne; 
das sei sein Herzenswunsch, so würde seine innigste Sehnsucht, Maria zu 
preisen, gestillt,') Ja, Thomas ist überzeugt, es freue sich der Himmel, die 
Erde staune, es fliehe der Satan und die Unterwelt erzittere, wenn er sage: 
Ave Maria. ') Eine natürliche Folge dieser glühenden Liebe zu Maria ist 
es, wenn Thomas lehrt, bei jedem Werke soll man anrufen Jesus und Maria,*) 



•) Specul. excmpl. Disl. X. § 7. 

■) Soliloqu. 13,5. ') Ibid. n. 4. ') Serm. n<l. nouit. part. III. s. S- »■ 



_8o_ 

ungeheure Süsse und Lieblichkeit hege in den Namen Jesus und Maria/) 
der Dämon fliehe, wenn er höre die Namen Jesus und Maria.*) Maria, so 
tröstet Thomas, verlässt Niemand,^) sie ist der beste Hort Aller, ^) sie gleicht 
Salomos Tempel,^) wir sollen sie eifrig nachahmen ; ^) Maria habe viele Frauen, 
die typisch im alten Testamente auf sie hinwiesen, wie die männlichen T3q)en 
auf Christus,') Maria werde von Allen gepriesen und überall verherrlicht,*) 
Mariens Schmerzen seien gross und zahlreich, überragten die Leiden der 
Märtyrer etc. •) Maria soll man in aller Trübsal anrufen, der Sohn schlage 
der Mutter nichts ab, ja Maria führe uns zu Jesus.**') Noch mehr, 
Thomas meint, die Welt könne nimmer bestehen ohne Maria. * *) Thomas ist 
also voll des Lobes zu Maria, Marienminne ist ihm heiliges Bedürfnis, und was 
wir noch besonders betonen wollen, er erwähnt und preist Maria nicht nur 
in den Werken, die meditativer Anlage einen Erguss seiner innersten Gefühle 
darstellen, sondern auch, wo er rein historisch referirt, bricht er sich die 
Veranlassung- von Maria zu reden: so im Leben der Liudwina, in den Bio- 
graphien des Gerh. Groot, des Meisters Florentius und seiner Schüler, im 
Leben des Johann Cacabus und des Arnold von Schoenhoven, des Ludbertus 
Berfterus. 

Halten wir dem gegenüber das diesbezügliche Verhalten des Verfassers 
der Imitatio. In den drei ersten Büchern der Imitatio wird Maria nicht 
genannt und nicht erwähnt. Nur neben mit geschieht Mariens Erwähnung 
an zwei Stellen des vierten Buches. **) An der einen Stelle heisst es: so 
gross, neu und erfreulich soll es uns vorkommen, wenn wir das Messopfer 
feiern und demselben beiwohnen, als wenn an eben demselben Tage Christus 
erst in den Schooss der Jungfrau herabgekommen und Mensch geworden 
wäre. Aehnlich die andere Stelle, wo die Seele betheuert, sie verlange 
mit so grosser Sehnsucht, Christus zu empfangen , wie *die heiligste Mutter, 
die glorreiche Jungfrau Maria ihn empfing und nach ihm verlangte, als sie 
dem Engel, der das Geheimnis der Menschwerdung ihr ankündigte, de- 
mütig und andächtig antwortete: Sieh', die Magd des Herrn . . .« Das ist 
Alles, was in der Imitatio von Maria vorkommt. Der Benediktiner Martin 
Mack von Wiblingen stellt nun die sehr lehrreiche Rechnung an , *') dass nach 
der Antwerpener Ausgabe sämmtl icher Werke des Thomas vom* Jahre 1607 



*) Ibid. s. 3. n. I. *) Ibid. s. 2. t\. 9. ') Ibid. s. 4. n. 2. *) Ibid. s. 5. n. 6. 
*) Ibid. s. 6. n. 2. *) Ibid. s. 4. n. I. ') Ibid. s. 6. n. 2. *) Ibid. s. 6. h. 3. 
') Ibid. s. 5. n. 2., s. 2. n. 2. 
'") Ibid. s. 2, n. 4; s. 4. n. 3 : meditat. 10. n. 2. 

") *Nisi enim Maria quotidie cum «winctis in coelo pro mundo oraret, quomodo niundus 
adhuc Stare posset.« De disc. claustral. c. XIV. 

") Imit. 1. IV. c. 2., n. 6 u. c. 17. n. 2.. 
^^) Dubia post agitat. controu. mscr. p. 222. 



8t 



nuf (Jessen Schriften ohne Imitatio 600 Seiten kommen. Ans diesen 600 Seileu 
hebt er 100 exi)ress marianischc Stellen heraus, kommt also auf jede sechste 
Seite eine Knvähming oder I.obpreisimg der Gottesmutter. Da nun die 
Imitatio in eben angezogener Ausgabe 80 Seiten zählt, mlissle Mariens mehr 
denn la mal Erwüiinung geschehen , dem aber das Thatsächliche gar sehr 
widerspricht. Hirsche sucht sich den Stringenzen dieses Argumentes mit 
dem /u entziehen, dass in ächten Werken des Thomas »Maria zwar genannt 
und etwas über sie ausgesagt werde, dass sie aber nicht angeredet und an- 
gerufen werde.* ') Diese Behauptung ist gleich unrichtig und hier nicht zur 
Sache. Das Krstere beweist die Auflbrderung des Thomas, nur fleissig 
»Ave Mariar und »Jesus Maria« zu beten, denn Maria stehe Gott am nächsten, 
durch Maria zu Christus, durch den Sohn zum Vater 1 Anderseits gründet 
sich aber auch speciell auf die Anrufungen der gegentheiüge Beweis gar 
nicht einmal, sondern nur darauf, dass Maria softer^ erwähnt wird. Wahrlich 
dieses einzige Moment schon sollte einem Thomisten die Augen öffnen. 

Wie stark und beweisend dieser Beweis ist, kann sich kaum ein vor- 
urtheils freier Prüfer verhehlen, und führt denn auch neuest ein reformirter 
Preiliger zu Bremen als ersten der zwei Gründe, welche der Autorschaft 
des Thomas gewaltig entgegenstehen, den »Gegensatz zwischen der geschicht- 
lich wohlbezeiigten Mariolatrie (I!) des wirklichen Thomas a Kempis und 
dem Fehlen aller M.iriolatrie bei dem Verfasser der Nachfolge Chrislii *) an. 
Lieblingsideen. In diese Kategorie gehören auch gewisse I.ieblings- 
ideen, welche in den Schriften des Thomas immer wiederkehren, rlie wir aber 
in der Imitatio vergeblich suchen. Nur ein paar solcher Lieblingsthcmatc 
seien hier erwähnt. Von Kempen widmete ganze Kapitel seiner Schriften 
dem Chorgesange und thut fast in jedem seiner Werke des Stimdengebetes 
Erwähnung ; so in seinen Reden an die Novizen , part. I. s. I, V, VI, Vll ; 
part. II, s. n, III. Vll, IX, X, part. III, s. II, III, VI, VIII, IX, XI. 
In den Meditationen über das Leben Christi, ])art. III, med, XX; p. IV, 
med. VI. In den Meditat. seu Concion. IV, XIII, XIV, XXII, XXVII. 
XXVin, XXXI, XXXIV. Ad Fratres, serm. VIII. Uita boni monachi, 
Cap. V, VI, VIII. Exercit. Spiritual, prior. Cap. IIJ, V, IX, X. Ex- 
ercit. Spiritual posterior. Cap. IV, VI, VII, VIII, XII, XV. Hospitale Pau- 
perum Cap. X, XVII, XIX. Doctrinal. iuuenum Cap. II, VI, VIII, IX, X, 
Enchirid. monachorum Cap. I, III. Manual, paruulorum Cap. XIII, XV. 
De recognit. propriae fragil. Cap. VIII. Hortul. Rosarum Cap. XVII, XVIII. 
Uita Florentii Cap. XI, XII. XIII, XXIX. Uita Henrici Brmie num. 9. 
Uita Ludberti Bemeri num. 30. und 41. Uallis lÜiorum Cap. I, VIII, X, 



') Prolcgomena S. 332. 

') nr. Moriu Schwalb: D.is Bllchkii 



der Nachfolge Christi 



82 

XXI, XXVII, XXIX. Epistel. VI. num. i. und 3. Dialog, novit. Cap. III. 
Cant. I, II, IV. Exempl. I, II, III und IV. 

In der Nachfolge Christi sind nur zwei Stellen nachweisbar, *) wo von 
Psalmodie und süssem Gesang und Hymnen die Rede ist ; im ganzen dritten 
und vierten Buche der Nachfolge findet sich gar nichts darüber. Thomas 
müsste sich selbst unähnlich geworden sein , wenn wirklich die Imitatio 
Christi sein Werk wäre. *) 

Thomas war ein vorzüglicher Bücherschreiber, hat, wie der Fortsetzer 
seines Chronikons vom Agnetenberge sich ausdrückt, »pro domo et pro 
pretio« Bücher abgeschrieben. Wir wissen von einer ganzen Bibel, einem 
Missale und zwei grossen Chorbüchern, die der geschickten Hand des Thomas 
Kempen ihre Existenz verdanken. So hat er ja auch die Imitatio etwa so- 
gar mehrmal abgeschrieben. Wie es schon geht, erfüllte sich auch an ihm 
das Wort des Dichters: 

»Nauita de uentis, de tauris narrat arator, 
Enumerat miles proelia, pastor oues. 

Thomas redete oft und gern zu den Seinigen von der^ Schreibekunst, 
erschöpft sich ganz in Motiven, sie anzuempfelen. So heisst es im Doctrinale 
iuuenum c. 4: 

Scribito correcte, distincte; protrahe certe 

Ne nimis acceleres, ne qua imperfecta relinquas. 

Und um einige diesbezügliche Stellen aus Thomas anzuführen, ver- 
weisen wir auf: Ual. lilior. Cap. I, XV, XXIII. Exercit. spiritual. prior. 
Cap. IV. Doctrinal. iuuen. Cap. IV, V, VII. Ad nouit. part. II. serm. X. 
Meditat. XX. num. i, 4, 5 und 6. Uita Florent Cap. X, XIV. n. 1 und 2. 
Uita Arnoldi Schoenhou. num. 7, lo und 11. Uita Florentii Cap. XXIX 
num. 7. Uita discipulorum Florentii Cap. I num. 2, Uita Ludberti Berneri 
num. 6 und 21. Uita Gerard i Zulphaniensis num. 3 (zweimal) num. 4. f. 
Ad. nou. part. I. s. VII. n. 3; part. II. s. V. num. i und 7, und serm. X; 
part. III. s. IV. num. 2. 

Auch hierdurch zeigt sich der Verfasser der Imitatio von Thomas a 
Kempis so ganz verschieden. Es wäre sicherlich Gelegenheit genug in der 
Nachfolge Christi gewesen, die Mönche zum Bücherabschreiben zu bewegen, 
und Thomas hätte es auch gethan, sah er ja darin eines der allerbesten, 
Gott wolge fälligsten Werke. •) 



*) B. I. c. 25 ; I B. 2. c. g. 

*) Treffend bemerkt M. Mack 1. c. pag. 231 : »An hie forte Kempisii character 
erat, ut semper sibi in imitatione dissimilis sit, qui cacteris idem prorsus sibiqiie simiUitnus est.« 

*) Cf. M. Mack 1. c. p. 231 : »Nulla profecto occupationum externarum est, quam 
tanto conatu (Thomas a K.) religiosis commendauit, nulla ad quam inculcandam uires ingenii 
sui magis exercuerit, atque haec ipsissima describendonim codicum.« 



8 3 

Der ehrwürdige Thomas wird uns als selir demütig geschildert und er 
setzte unter keine der von ihm verfassten Schriften seinen Namen. ') Dagegen 
pflegte er es bei den von ihm abgeschriebenen zu thun, *) Nun imterschreibl 
sich Hämerken unter den Cod. Antuerpiensis und er unterschreibt sich als 
Schreiber: »Finiliis et completus anno Domini 1441 per manus fratris Thomae 
Kempensis in monte s. Agnetis prope Zwoll.« Daraus Tolgt doch mit Not- 
wendigkeit, dass der ehrwürdige Thomas nur der Schreiber dieser Bücher 
ist, nicht ihr Verfasser, wenn auch Rosweyd und seine Anhänget aus dieser 
Unterschrift die Vaterrechte des Thomas auf das Buch herleiten. ') 



Argumente, gezogen aus dem Verhältnisse der ächten Schriften 
des Thomas zur Imitatio. 

Vert *) und Tamizey de Larroque *) haben in neuester Zeit gerade auf 
diesen Punkt ihre Aufmerksamkeit gerichtet und wirklich bis zur Evidenz 
die totale Verschiedenheit der Imitatio von den ächten Schriften des Thomas 
erwiesen. Hir.sche ') hat in mancher Beziehung die Angaben , besonders 
des Larroques, berichtigt, ohne dass er jedoch im Stande gewesen wäre, 
den Beweis als solclien zu entkräften. Gewisse Ausdrücke, Wortbildungen, 
Salzformen, Styleigenthümlichkeiten der als acht anerkannten Schriften finden 
sich in der Imitatio ganz und gar nicht oder in so geringem Masse ange- 
wendet, dass es sehr beweisend und bezeichnend ist. Wir heben aus dem 
Soliloquium, das nach Ullmann der Imitatio am nächsten steht, einzelne 
solche Ausdrucks weisen aus und stellen sie der Imitatio gegenüber: 

Tempore necessitudinis. (Prolog.) — Im. I, 18; II, i; III, 8; IV, 6: in 
necessitate, in necessilatibus. Incompositionem dictaminis. {Prolog.) — Ho- 
minum dicta III, 43. Philosophorum dicta, I, r, aliorum dicta. I, 11. 
Faulatim uadit in deterius omne maliim non praecautum in principio. c. 4. — 



'■■45'!'.53": 



') Casteel. 
täte nulla scripta 
teste Rosweidu, Vindic. c. 4. nullis 

*) •Finitus et completus am 
Thomae a Kempis ad laudem dei ii 
Luwen bewahrt 



. c. ■! homasKemp. ut ipse Rusweidus »duertil ei humili- 
puil.i Amort. Infonn. p. TJ : "Thomas Kempensis 
s opusculis umquam Hiwn nomen apposuit.i 
Domiui 1439 in Vigilin s. Jacobi per nianus fmlris 
lontE E. AgoetU' steht zum Schlüsse einer Bibel. Zu 
Missale: >Amio domini 1424 per f. Tfaomam de Kempen. • 

propria, üc hunc librum composuisse.a Rxaweid. Edit. Imil. 



Christ. Duac. 1621. 

') t.ludes hisloriques, Paris 1855. 

*) Preues, zuersl in den Annales de Philosophie Chietieane dirigj pnr A. Bonneltf. 
Paris 1861. Dtei Artikel, tom III. p. 325—61; 405—431 und tom. IV. pag. 85 — 103. 
SeparBt-Abdnick ibid. 1S62, Auth Maek behandelt diese Materie sehr ausruhriich, 1. c. 
pag. 172 — 196. 

') Proleßomcna, Ö. 3*7-4'3- 



k. 



1 



_ ^4_ 

I, 13: Paulatim ingreditiir hostis malignus ex toto, dum illi non resisti- 
tiir in principio. Peccatorum sarcina. cc. 6, 20, 25. — III, 8: proprium 
pondus, ibid. 55. propriae corruptionis pondus. Ibid. 23. moles peccatorum; 
nie aber Sarcina. Das Wort lethum c. 6. kennt die Imitatio nicht. — 
I, 12. patiens mortem optat uenire. Ibid. 23. non multum mortem timeres. 
u. s. w. Cap. VII. Apud saeculum relinquere. — I, 3. 7. in saeculo. 
III, 12. 15. 47, in hoc saeculo. Retractare für recordari. (Ebendas.) — I, 25: 
Memento finis tui. III, 35. memento verborum; nie Retractare. Bonum 
utiquc esset, ut melius me praepararem. (Ibid.) — I, 22. Bene opus esset, 
quod adhuc. IV, 12. magna diligentia und cum omni diligentia. Forinsecam 
requiem. c. 10. — III, 54. Natura otium amat et quietem corporalem. 
Non ignoras, quin. ibid. — III, 6. Scito, quod; ibid. Cap. tu scis, qualiter. 
Ibid. Consocietatem. — III, 47. In coelo erit societas dulcis et decora. 
Cap. XII. tractus für attractio — IV, i. Invitatio. Cap. XV. unicors. — 

I, 3. unum in choritate, niemals unicors. Pausatio (Ibid.) — III, 15. 21. 

II, I. requies. IV, 12. II, i requietio. I, 19. III, 25. quies. I, 6. 

II, 1.3 und 6 pax. »Tentationes primitivae« (ibid.) kennt die ganze Imitatio 
Christi nicht, obwol viel von Tentationes die Rede ist. An eben derselben 
Stelle des Soliloquium wird Christus >animae virc genannt, während die 
Imitatio sich immer ausdrückt »sponsus.« — IV, 17 und 3. III, 21. II, i. 
Die Imitatio sagt nie »probamentum« solil. XXVI, sondern probatio. — 

III, 7. 16. 49 und 59. I, 16. Cap. XVII. des solil. repedare. — Imit. : III, 
21 »reverti.'-v II, 8 »redire.« Einen sermo de Deo »audibilis« sol. m. c. 
kennt die Imitatio nicht, wol aber IV, i. dulce et amicabile verbum. 
III, 34. sapidum et dulce verbum. Ibid. 3. verba suavissima. Gott sagt: 
Ego bonitas, cujus entitas incapabilis. sol. 1, c. Wir bemerken, dass das 
Wort entitas in der ganzen Imitatio nicht vorkommt und die bonitas dei wol 
infinita III, 8 und superna III, 49. genannt wird, aber nicht incapabilis. 
Colloquium cum Deo celebrare, solil. c. XVIII ersetzt die Im. — III, 8. lo- 
quar ad Dominum etc. »Status« ist bei Thomas Neutrum (solil. c. XX), — 
in der Imitatio aber Masculinum : O sacer Status I III, 10. In eben demselben 
Kapitel des Soliloquium begegnen wir den Ausdrücken: Profluvius lacrimarum 
und duellum. — Die Imitatio hat für's erstere fluenta lacrimarum und kennt 
ebensowenig den Ausdruck duellum, für welchen sie certamen, pugna und 
pugnatio nimmt. I, 25; II, 9; III, 30. 19. 43. Thomas construirt solil. 
Cap. XXI und öfter aflectus »essendi« cum Deo — Dieses Gerundium 
kennt die Imitatio wieder nicht. Eine Phrase culpas »transactas« sucht man 
in der Imitatio vergebens. Sol. cap. XXV. construirt mihi recolligo, — 
Imitatio hat III, 48 recoUige sensus meos ad te und öfter se colligere. 
Die Phrase poenitudo peccatorum sol. XXV kennt glücklicherweise die Nach- 
folge auch nicht. Sie sagt I, 23 und 24; II, 11; III, 49; IV, 9: poenitentia. 



8s 

Oben citirte Stelle constniirt: ne tanti beneficü sint ingrati — die Imitatio 
III, 13: ut gratlls seniper beneßciis meis esisteres. 

Ausserdem führt Larroque eine Zal von Ausdrücken an, welche sich 

eineiig in der Imitatio und nicht auch in den unbe zweifelt ächten Schriften 
des Thomas finden. Wenn dem gegenüber Hirsche behauptet, das hätte nicht 
soviel zu sagen '), man müsste sonst Thomas als einen Schriftsteller von be- 
schränktester Begabung ansehen, wenn bei Abfassung neuer Werke mit den 
Gedanken nicht auch neue Worte sich geboten hätten, so zeigt das nur die Ver- 
legenheit der Kempisten. Ks ist schon zu verwundern, wenn ein Schrift' 
steller in einer grösseren Abhandlung einen ganz gewöhnlichen Ausdruck nur 
einmal gebraucht. Dass aber Thomas — nicht wenige — Ausdriicke. die 
er in der Imitatio promiscue gebraucht, in all' seinen anderen, von der Nach- 
folge ganz unabhängigen und aus anderer Zeit herrtlhrenden Schriften, deren 
doch die Thomislen viele zu nennen wissen, ganz und gar nicht angewendet 
hatte, das ist ein Unding. Um so auffäiliger und für sich allein schon 
peremptorisch entscheidend ist, dass Ausrufspartikeln, welche in den Schriften 
des Thomas bei jedem Affekte des Verfassers wiederkehren , In der Imitatio 
nur sehr vereinzeint oder gar nicht vorkommen, ") Das ist sehr beweisend 
und Hirsche thut Larroque gewaltig Unrecht, wenn er dessen hierauf ge- 
bauten Beweis'') so leichtlich hinnehmen zu können glaubt. Die Mauriner 
haben gerade nach solchen Affek tau sd rücken und Ausrufen auf die Aecht- 
heit oder Unächtheit augusti nischer Sermonen ganz richtig geurteilt. 

Schlechte Latinttat. Eusebius Amort, welcher fast 50 Jahre un- 
ermüdlich für des Thomas Anrechte auf die Imitatio Christi gefochten hat, 
gesteht: »Thoniam ne quidem in idiomate latino satis fuisse instructum. = *) 
Zu dieser Ueberzeugung wird wol die mm folgende >Biumenlese< hoffentlich 
jeden Leser führen: 

Parte I. serm. II. 3, ad novit: Servonim Dei pia studia, sua (ipsius) ^) 
eril in coelo laelitia. Ibid. n. 6 ludilicaiiol Ibid. Coniecturant vulpem 
latere et oveni se fingi. Part. I. serm. VI. i. phantasiare. Ibid. 3. Nee 



'} Prol^. S. 399 u. f. 














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der Klammer ai.|,i-ji><.-rkt. 
















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86 

infernalia tormenta raro perpendis. Part. II. serm. IV. 7. pro bono accipit. 
Ibid. Serm. V. 3. consolatiosus. Part. II. serm. VII. 10. susurriuro für 
susurratio. Ibid. 8: Prudentiae cogitatum subtiliter avisatum; Cftmitiva 
ancillarum Parte II. serm. X wird experior im Passiv gebraucht und kann 
man lesen: Ubi ipse non venit, für quo ipse non venit. Ibid. 9. Si cum 
uno Ave Maria diabolum possum fugare. Parte III. serm. III. i. heisst 
diligenter accommoda : Erwäge fleissig. Ebendaselbst serm. V. 6. nennt er 
Maria regalem Domicellam. Parte III. serm. VI. 3. heisst es: originata ex 
Davidica linea; adoptata für exoptata; gravia levigantur fiir alleviantur. 
Parte III. serm. IX. 7. ist philomena = philomela. Parte III. serm. I. 7. 
Ad rigorem disciplinae aversi, statt a rigore. Sermo I. 3. ad Fratres heisst 
es : Timet, ne angustia illi fieret unius amor. Ibid. Serm. V. 3. Mens amori 
(amaritudini) et dolori admiscetur. Ebendaselbst finden wir fornaculas dae- 
monum flamigeras in infemo. Serm. VIII. 6. wird Satan wegen des ge- 
brochenen Silentium aus dem Himmel getrieben und begegnet uns da der 
Ausdruck : silentium confringere. Uita Arnoldi Schoenboviensis und uita Jac. 
Viana kennt eine gratia internitatis. Medit. I. 4. Tribum et tempus, quo esses 
adventurus, innotuit (verkündigte). Ibid. nee quisque (I) angelorum potest 
tibi comparari. Meditatione II. 4. Christus magnis beneficiis te praerogavit. 
Meditione IV. 2. pro aestu amoris habes, für prae aestu. Meditione VIII. 2. 
heisst Jesus puer illustrissimus. Ibid. 5. erscheinen verba amativa. Medit. 
IX. 6. Sed vir factus, non sie agere licet. Meditatione XIII. 4. Christum 
antepone = vorstellen. Meditatione XV. 4. Usque ad finibilem unionem 
Dei, für finalem oder fruibilem. Meditatione XVI. 2. Desine temporalia, 
was eine beliebte Phrase des Thomas von Kempen ist. Ibid. 3. tempora- 
litas; 5. Donec me iubeas aspectibus tuis assisti. Meditatione XVIII. 3. 
exoccupare. Meditatione XIX. i. asinare. Medit. XXII. 14. Placentia für compla- 
centia. Meditatione XXIII 3. Locus confusioni deditus. Meditatione XXIV. 
15. appodiare. Meditatione XXVI. 6. unica deuotio = intima deuotio. Me- 
ditatione XXVII. I. purgamenta peccatorum I Ebendaselbst 5. Christus fruitus 
est necessitatibus corporis. Meditatione XXVII. 6. heisst es: Numera ver- 
bera sibi inflicta, statt illi. Im zweiten Gebete, welches dieser Meditation 
beigegeben ist, liest man : Adhuc revera pondus peccatorum meorum praeteri- 
torum et quotidianorum gravibus me debitis admonet, cujus tamen, ut confido, 
pars maxima erit solutionis sustinentia et divisio iniuriarum. Ibid. 2. Ut ad 
te recurram pro ereptione necessitatum mearum. Oratione IV. 2. Mors tua 
infernura ex morsu spoliavit. Oratione V. i. In longa appensione crucis. 
Item I. manus conclavata. Meditatione XXIX. i. Pro asino breviler conce- 
dendo = auf kurze Zeit. Ibid. Ut cunctis paupertatis suae nobilitatem 
innotesceret (manifestaret.) Ibid. 4. hostiae pecuales, statt hostia ex pecoribus. 
Meditatione XXXIV. i. liest man tbeologizare. Meditatione XXXV. 4. Ad- 



8? 

veaUtio Spiritus Sancti in Apostolos. Meditalione XXXVI. 4. proximo erranti 
misereri: ibid, 2. Huic pestilero morbo et quemloso principio occurreriint 
Apostoti. Sol. Cap. I. 2. heisst es voo dem Geliebten: Habetne nomen, aut iocum 
aut habitationem ad quaerendum ? Ibid. n, 7. spricht man zur Seele: »Noli 
protrahere sermonem, c|ui potes cito adhibere consolationem.i Ibid. Cap. III. 2. 
Cogitans diversas tentationes — ad quid risus? Ebenso n, 3. Gravatus com- 
pedibus peccaiorum quale mihi consiliumf Ibid. Cap, IX, 3. sagt Thomas: 
Carnis peccatricis cognatas cogitationes esse. Cap. XI, 4. Vetera transient! 
Cap. XVII. I, Repedare, was wir schon oben fiir redire kennen gelernt 
haben. Ebenso kehrt affectus essendi XXI. i, wieder. Maria, die so innig- 
lich verehrte, sagt durch den Mund des Thomas zur Seele: >Ego uidebo 
pro te« c XXIV. 2. Tantae dignationis adhibitio XXV. 9. Hortulo Rosarum 
Cap. I, 2. heisst der hl. Augustinus Doctor Ecclesiae illustrissime jam nomi- 
nattis. Cap. V. 2. Felix, qui omnia ad bonum trahit. Imitat. II. 3. Paci- 
licus homo omnia ad bonum converlit. Cap. VI, a. begegnet uns die ganz 
merkwürdige Phrase: Malta pulchra verba non implent saccum. Wie schön 
sagt dagegen Im. I. 1, multa verba non satiant animam , oder: Possuiit 
quidem verba sonare, sed spirilum non conferunt; pulchriter dicuni, sed te 
tacente cor non accendunl. III. 3. Cap. X. 2, verkündigt das Lob der 
Wahrheit: Veritas liberabit te de omni mendacio et iniquitate de tua per- 
sona fabulata! Imitatio 111. 4, Qui anibuäat coram me in veritate — veritas 
liberabit euin a seductoribus et detractionibus iniquomm. Cap. XI. a kommt 
fiir das »cautelae der Im. III. 6. 7. 45. »cautioc vor u. oft. Ebenso Cap. XII. 
Cap. XIII. 2. berichtet: peroptime est. Cap. XVIII. 4. muss man lesen: 
Uerba et gesta Jesu mente recoÜ, et dente conteri, Cap. XVIll, stosst 
tenlamenta auf, was man in der Nachfolge vergeblich sucht, Cap. V, 2. con- 
viciatus. Cap. VIII, Aufschrift: De pace cordis et quiete in Deum. Wir 
haben schon oben zu bemerken Gelegenheit gehabt, wie Phrasen, als: 
Capellaniis beatae Mariae und Cognatus sanctorum, welches XIII, 4. unseres 
Lilienthals wiederkehrt, der Nachfolge Christi fremd sind. Cap. XV, 3,: Vae 
eis — qui diuina judicia modicum attendunt et fere omnia pro levibus du- 
cunt. Pro levibus ducere kennt die Imitatio nicht. Cap, XVIII. 5. taucht 
wieder [cf. solil. X. et saep.) ein solatium forinsecum auf; abstechend davon 
hat die Imitatio III, 54. •externum*. IV, 11. exteriora solatia, Cap, XIX, 
heisst es: Anima fidelis — omnia possidet in Christo, pro nobis pauper et 
dolens facto. Die neuere Ausgabe löst den Satz auf: qui pro nobis pauper 
et dolens factus. Cap, XXII. 2. Palientiam Christus docuit et factis in 
passione exeraplificavit (explicavjt.) Thomas allegirt den Papst »Dominus 
Papa., nicht so die Imitatio I. za.' Cap, XXVIII. 3, heisst Gott apothecarius 
und weiter werden wir belehrt: Insipidus omnis cibus, qui a Deo coctus 
et paratus non est. Eine solche übertreibende, roh sinnliche Vorstellungs- 




i 



88 

weise kommt zum Glücke in der Imitatio Christi nicht vor. Cap. XXIX. 3. 
heissen Jesus, Maria, die Angeli und die Heiligen »consules in dubio c, wofür 
die Imitatio III. 59. einfach sagt »consiliarii,« IV. 6. Deus consiliator in 
necessitatibus. Cap. XXXII. i. gratificatio Deo debita, wofür die Imitatio 
sechsmal gratiarum actio sagt. De tribus tabernaculis. Da heisst es von 
Christus, dass er *fuisse in Patris imperioc statt regno, wie die Imitatio sagt: 
Regnum Patris, regnum Dei, regnumque suum III, 47. 56; II, i. 12: 
III, 47. 58; II, 11; III, 48. Cap. II. 10. Humilis odit praelationem super 
alios, womit zu vergleichen ist Im. I. 9. : Multo tutius est stare in subjectione 
quam in praelalura. Cap. III. 11. liest man: Bonum propter obedientiam 
dimittere (quandoque intermittere) ad »perfectumc vos ducit, wofür die Imit. 
perfectio gebraucht. Cruciamenta, (1. c. n. 14) ist dem Thomas gegen das 
cruciatus I. 24. der Nachfolge eigenthümlich. Die Construction des Attendcre 
in: Attende de damnatione malorum, 1. c. n. 14. kennt die Imitatio auch nicht; 
sie sagt I. 25: Attende Carthusienses , Cistercienses. ') In Exercitiis Spiri- 
tualibus posterioribus Cap. VIII. i. liest man: Nee assuescas malum usum 
posterior saepe veniendo. Cap. X. 1. quod pro bono dicitur, pro bono accipe. 
In Doctrinali iuuenum Cap. III. i. gebraucht Thomas concordare rixantes 
für conciliare et in pacem et concordiam reducere, ebendaselbst i . uindicare 
iniqua agentes (iudicant omnes iniqua agentes) für in eos uindicare. Cap. VI. i . 
nennt Thomas das Kloster »mensa Dei ad communicandum aegrosc, für ad 
cibandum seu cibandos aegros. De vera compunctione num. 12. liest man 
Consentire nobis, amicus esto noster, für consenti; num. 14. reversatus. 
De Solitudine et Silentio Cap. I. 20. sequi in montem visionis et 
gloriae, et in patibulo fiir in patibulum. Item 21. qualitercumque tecum 
transierit, statt, factum fuerit. Ibidem 22. philochristus. Ibid. 24. inclu- 
sorium, Orat. V. 2. Sit mihi omnis tribulatio beneventa. De Mortificat. i. 
inoccupatus, adhaesio creaturarum unio Christi, 3. transeat mecum, 6. oportet 
cum paupertate me iuuare, 7. ad profundum non intelligo me ipsum, 
ad fundum se relinquere, natura operatur partem suam. Fast unverständ- 
lich ist: 8. Ubique inuenitur defectus, contrarietas et resistentia in uno uel 
in altero, et omnino superpati et premi ab intra uel extra uenire uult 
res quaelibet in praesenti? Opusculo de Humilitate i.: Humilitas necessaria 
ad peruentionem aetemae salutis; 2. humilitas semper triumphat inimicis. 

Ist auch die Latinität der Imitatio Christi nicht gerade rein, so wird 
man denn doch aus derselben einen solchen Distelstrauss nicht binden 
können. 

Styl des Thomas. Die Verschiedenheit der thomistischen Werke 
und der Imitatio beschliesst sich nicht in einzelnen Wortbildungen und 



') Beiläufig bemerkt nennt Thomas die Cistercienscr Bcmarditae. Vit. Gerard. Gross, c. 18 





kleineren Sätzen, sie tritt noch lebhafter hervor, wenn man abschliessende 
Erörterungen über gleiche Themate gegenüberstellt Unter den thomistischen 
Werken kommt das Soliloquium der Imitatio am nächsten, imd wir wollen 
sehen, wie dieses und auch die uallis liliorum beispielsweise das Thema über 
das Gericht und die ewigen Strafen im Verhältnis zur Nachfolge ausfuhrt. ') 
Das Soliloquium überhäuft uns mit Schriflstellen , so dass es eine Schriftlese 
über diesen Gegenstand darstellt. Die Imitatio spricht auch mit Worten der 
Schrift, aber seltener und vermählt den Ausdruck der Schrift mit den Em- 
pfindungen und Gefühlen des Herzens, wie ihr das charakteristisch eignet. 
Das Soliloquium bleibt bei den Schrecken des Gerichtes und der göttlichen 
Allwissenheit haften; im Gegensatze dazu erhebt die Imitatio sich zur Tröst- 
ung und Beruhigung und gibt die Mittel, dem Verderben zu entwischen. 
W[e schön mall die Imitatio die Strafe der Hölle, derlei kennt das Soliloquium 
nicht. Die lebendige Darstellung der Imitatio nimmt Verstand und Wille 
gefangen und wirkt im Leser oder Hörer ernste Entschlüsse, gute Vorsätze; 
ich würde eine gleiche Wirkung der saft- und kraftlosen Darstellung des 
Soliloquium ganz unerklärlich finden müssen. Was in der ganzen Imitatio 
überall so wirksam ist, das Volle und Rhythmische der Sprache, die geist- 
reichen Wort- und Satzantithesen , das vermisst man hier, wie nicht minder 
in der Uallis liliorum. Merkwürdiger Weise bleibt auch hier der Verfasser 
bei einer breiten Beschreibung der Schrecklichkeit der Hölle stehen, kann 
also höchstens Knechte, aber keine Kinder Gottes, die die Liebe zieht, 
bilden. Das ist tief einschneidend. 

Zusammenfassen und Numeriren. Thomas pflegt ferner das 
Gleichartige zusammen zu fassen, schemalisch zu ordnen und sogar ziffer- 
mdssig die ZaI der Funkte anzugeben. Z. B. ad nov. serm. 7. part. III, 
num, 4, 5, 6. werden drei Arten von Kleidern der hl. Agnes erwähnt; 
Serm. 10. ad nov, part, IL num. 4. 5. 7. 11. werden die mancherlei 
Kriege und Kämpfe numerin angegeben; Serm. 6. part, II, num. 6, 
linden wir die Geschenke, welche Christus seinen Streitern versjjrochen 
hat, numerirt angegeben. Serm. 8. part III. num, 10. 11. la. 15, wird 
die ZaI der Reife und der Blumen in der Krone der hl. Agnes ange- 
führt und ausgedeutet; Serm. 11. part. IIL num. 2. 3. 5. 7, ad nov. sind 
die Theile des geistlichen Hanses, nämlich Grundstein, Wände, Dach und 
I-'cnster ihrer Zal nach erwähnt; Serm. 10. part. II. num. g. gibt Thomas 
die verschiedenen Arten, auf welche Eva gesündigt, numerirt an. Med. 28. 
num, 3. fmden wir wieder die verschiedenen Klassen von Menschen, die 
dem göttlichen Willen gehorchen, und von solchen, die den Herrn loben, 



iudicio Fl puctiis pcccaliinim ; Sulitoq. c. 2 : Du ilislrictu dd 
, Siiinnial und llir^hc »teilt die .^ulheiilie dicArr beiden Werke fest. 




90 

specificirt angeführt; med. 29. num. 5. werden die Thaten Christi, die Ge- 
burt und sein Leiden numerirt abgehandelt; med. i. num. 18. sind die 
Gründe des Unglaubens der Juden aufgezält; Serm. 6. part. III. ad nov. 
num. 2. stellt Thomas die Vorzüge der seligsten Jungfrau Maria numerirt 
dar; med. 22. num. 7. wird in verschiedenen Punkten auseinander gesetzt, 
inwiefern das Leiden der Heiligen von dem des Heilandes übertroffen wird ; 
Cap. 2. Enchiridii num. 2. werden die Thiere und die Mittel, womit sie ge- 
bändigt werden, numerirt erwähnt; med. 27. num. 2 — 18 führt Thomas 
n um mern weise die hervorragendsten Punkte in der Leidensgeschichte durch; 
desgleichen zält er in dem dieser med. beigefügten Gebete die Wunden 
unseres Erlösers auf. Weiters Serm. 9. part. III. num. i — 6 wird die Aus- 
schmückung des Tempels in mehreren Punkten abgehandelt; ebenso werden 
uns die verschiedenen Bedingungen, welche sich auf den Bau eines Gottes- 
hauses beziehen, Punkt für Punkt vor die Augen gefuhrt. Opusculo de trib. 
tabern. gibt Thomas in überflüssiger Weise sogar schon in der Ueberschrift 
die Zal an. Cap. 6. Hospit. pauperum lesen wir von dem dreifachen 
Zeichen des Kreuzes. Cap. 3. num. 5. de fid. disp. werden zwei Fragen 
numerirt behandelt. Cap. 26. vitae Florent. num. 2. 3. 4. werden die haupt- 
sächlichsten Arten der Versuchung in verschiedene Punkte zusammengefasst, 
ebendaselbst Cap. 29. num. 3. die mancherlei Tugenden des Flor, aufgezält. 
Hosp. Paup. Cap. 20. num. i. 2. 3. legt Thomas die mannigfachen Tugenden 
numerirt auseinander. In vita Ludberti Bemeri werden mehrere Gründe, 
warum Casselius aus dem Leuterungsorte befreit wurde, zusammengefasst. 
Cap. I. Exerc. Spir. post. num. 2. werden die einem Geistlichen notwendigen 
Dinge numerirt erwähnt; desgleichen Cap. 5. num. i. In vita Joannis 
Cacabi n. 12. werden jene Dinge, die besonders zu empfehlen sind, Punkt für 
Punkt angegeben. Cap. 25. Soliloquii num. 7. 8. 11. gibt Thomas die 
Wolthaten Gottes ihrer Zal nach an und führt dieselben auf verschiedene 
Arten zurück. Epistola 6. wird der mannigfachen, einem Geistlichen schäd- 
lichen Dinge Erwähnung gethan, ebenso der Fehler. Die zalreichen vorge- 
führten Beispiele beweisen, dass diesen Modus Thomas nicht etwa vereinzeint 
beobachtete, sondern dass er so seinen Stoff zu behandeln p f 1 eg t e , dass das so 
seine Eigenart war, und da wir dergleichen in der Imitatio durch kein einziges 
Beispiel aufzeigen können, muss ihr Verfasser von Thomas als Schriftsteller 
verschieden geartet gewesen sein. 

Prologe. Thomas setzt allen seinen »grösseren« und einigen kleineren 
Werken Vorreden vor. So finden wir's bei den Reden an die Novizen und 
Brüder, im Soliloquium, im Lilienthal, im Dialogus nouitiorum, im Buche 
von der Einsamkeit und dem Stillschweigen, in der Uita Gerardi magni, in den 
Lebensbeschreibungen des Florentius und seiner Schüler, im Buche De tribus 
tabernaculis, in Uita boni monachi, ja der einzigen Uita b. Liudwina weist 



er zwei Prologe zu. Hält man damit ftie Imitatio zusammen, die doch aus 

vier zusammenhängenden Blichern besteht, so wird aus dem Fehlen einer 
solchen Praefatio wol Niemand auf die Identität der Verfasser schUessen mögen. 
Schrlftanwendung. Bewundernswert ist die Leichtigkeit, mit welcher 
der Verfasser der Imitatio Stellen der hl. Schrift seinem Werke einwebt. Ist 
ja doch die ganze Nachfolge eigentlich ein sehr künstliches Mosaik aus Worten 
der Bibel und der hl. Vater, worin aber jedes einzelne Steinchen leicht, natürlich 
und ungezwungen sich einfügt, keines die Schönheit und Einheit verletzend, 
vom Ganzen sich abhebt. Hierin liegt nun wieder eine charakteristische Ver- 
schiedenheit zwischen der Imitatio und den Werken des Thomas. Thomas 
wendet auch gerne Schriftstellen an, verflicht selbe wol auch in den Text, 
aber wie unnatürlich, wie weit hergeholt ist gar oft diese Anwendung ! Hemerken 
will seinen Brüdern das silentium recht an's Herz legen und einreden. Zu 
diesem Ende beruft er sich ') auf folgende zwei Stellen *) : »Stille ward in dem 
Himmel wie auf eine halbe Stundec und'); »Der du gesprochen in 
deinem Herzen: Zum Himmel will ich aufsteigen . . . .* Die erste Stelle 
sollte in dem silentium auf Erden eine Nachahmung der Stille im Himmel 
erscheinen lassen, die zweite die sckrecklicheStrafwitrdigkeit des gebrochenen 
silentium darstellen, denn Satan ward vom Himmel gestürzt, weil er »ge- 
sprochen, I also das silentium gebrochen hat. Gewiss ist diese Schriftver- 
wendung eine sehr unglückliche zu nennen! Ebenso sonderbar scheint folgende 
Schriftanwendung, Thomas verbindet*) die Stelle des Psalmes'): »Ich aber 
wandelte in meiner Unschuld dahin* mit Matth. 19. Mark. 10 und Luk. t8, 
wo es heisst, dass leichter ein Kameel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in's 
Himmelreich komme, und lässt Christus über sich selbst folgende merkwürdige 
Behauptung machen; »Ich wandelte in meiner Unschuld durch ein Nadelöhr«, 
welche Schrifttextverwicklung gewiss nicht wol gelungen ist, Beilsaias 11. 6 
lesen wir: »Wohnen wird der Wolf bei dem Lamme und der Parder lagern 
bei dem Böcklein; Kalb und Löwe und Schaf weilen bei einander.» Jeder- 
mann weiss, in welchem Sinne diese Schriftstelle zu verstehen ist und dass 
sie Thomas ganz gegen den Geist der hl. Schrift anwende, wenn er sie 
heranzieht, um zu beweisen, dass allüberall Gute und Böse, neben und 
unter einander sich finden! Die Worte des Hohenliedes*): >Introduxit me 
rex in cellaria sua* werden auf den Cellerarius, den Kellermeister bezogen, 
wobei nicht zu übersehen, dass Thoraas ausdrücklich erklärt, er werde die 
Stelle »literalitert auslegen,') Die berühmten Worte Pauli*): »Alle zwar 
laufen, aber nur Einer erlangt den Kampfpreis> finden bei Thomas zu fol- 
gender Auslassung Verwendung: Man kann, so lange man sich viel nach 

') Sc-rmo VIII. M fr.ilrc5. n. 6. *) Apoc. 8, 1. ») Ib. 14. 13. 14. 
*) De trib. talÄmnc 3, 9' °) '''• 'S^ "■ ') '• 4- 
') De fidel, diäpeusaliunc 3, 311. *) I. K^.iiiilli. 9, 24. 



92 

aussen verbreitet, nicht das Ziel erreichen ; das erhalte nur, wer gesammelten 
Sinnes sei: »Unus, der in sich geeinte, accipit brauium.« Eine monströse 
Verdrehung des schönen paulinischen Wortes! 

Rhythmus. Mit Karl Hirsche ging über dem Text der Imitatio, »der 
bis dahin von einem eintönig grauen prosaischen Wolkenhimmel bedeckt ge- 
wesen, plötzlich die Sonne der Poesie auf. Die Prosa wurde zur Poesie. Fast 
überall sprangen auf einmal Rhythmen hervor und die Rhythmen sie zeigten 
sich meist durchflochten mit den Blumen der mannigfaltigsten Reime, c *) Wir 
wollen den mitunter hervortretenden Rhythmus in der Imitatio gerne zugeben, 
bewundern auch die etlichen recht ansprechenden Reime, meinen aber, dass 
Hirsche dem Büchlein den eintönig grauen prosaischen Wolkenschleier sehr 
mit Unrecht zerreissen will; dem Dädalus der Imitatio, der nunmehr in der 
heissen Sonne hoch zu Ross dahinfahren soll, schmelzen nur zu oft die 
Flügel und dieses Zwitterding erfreut uns nicht. Auch kann man wol schliess- 
lich in jedem gnomenreichen Buche diesen Rhythmus aufzeigen und so ge- 
wissermassen Reime herausschauen. Hirsche ist auch hierin nicht glücklich 
gewesen und muss er, wie Dr. Paul Keppler selbst es ausspricht, zu künst- 
lichen und erkünstelten Mitteln greifen •) : > Hirsche erweitert ungebührlich 
den Begriff des Reimes, kennt Endkonsonantenreime und solche sind ihm 
z. B. tenebris und Dominus, efficit und faciet; er heisst einen Binnenreim 
deficiat in laude tua anima mea u. s. w.c In ähnlich elastischer Weise 
fasst Hirsche auch den Rhythmus und sei , wie Dr. Keppler schliesslich con- 
statirt, die Gewaltsamkeit, mit der Hirsche den Text der Imitatio in seiner 
doch entschieden ungebundenen Rede in die Bande der Poesie schlägt, nicht 
zu billigen. Schon aus diesem Grunde ist die Aehnlichkeit , welche diesbe- 
züglich zwischen der Imitatio und den ächten Schriften des Thomas bestehen 
soll, eine rein vorausgesetzte und wo Thomas und die Imitatio sich begegnen 
sollten, leicht erklärlich. Wir wollen Proben, wie Thomas in seinen Schriften 
reimt, ausheben, und wir werden bemerken: es tritt da die absichtliche 
Spielerei hervor, oder es wird ganz unnütz und überflüssig zur Hervorbring- 
ung des Reimes eine Zugabe gemacht, ja mitunter werden rein aus der 
Absicht, einen Reim zu erzeugen, neue Wörter gebildet gegen den Genius 
der lateinischen Sprache. Als Belege zum Gesagten führen wir an ^): »In 
nulla creatura, uiua uel pulchra pictura, aut nobili genitura, aut alta statura, 
aut magna praelatura pone cogitatum.c »Spcrabilis in solo Creatore, deo 
tuo, qui fecit te sine onere et adiutore.« *) Im nächsten Kapitel des Lilien- 
thaies ^) bittet die Seele Gott um Erbarmen, »Domine dcus meus summe 
amabilis, memento mei pauperis, quia homo sum fragilis non angelus sanctus: 



*) Prulegomena. Seite 8. 

») 1. c. S. 84 und 85. 

*) Vall. lil. 30, 4. *) O. C. 31, 2. ») n. 2. 



peccatnr inngiiiis non innocens ngntis . . .> Ebenso spielencl ist, wenn riie 
Seele den Vorsatz fassl, sich vor Golt und allen Menschen immer zu de- 
mütigen und das aussjtricht in den Worten: »Miscreatiir mei pcccatoris nunc 
et in omnibiis horls« ; mit einem rauhen Gewaltakt gegen die Sprache ist ge- 
reimt: ') »Si tibi amarum uidetur pauper et modicus, diilcescat regni coelestis 
introitus.t Im 7. Kapitel des Hospitale paupcnim wer<len alle die Vorzüge des 
wahrhaft Demütigen angegeben und kommen rein dem Reime zu Liebe folgende 
Wortbildungen gleich in einem Satze geeint vor: *) Compassiuus, consolatiuus, 
instructitius, erectiuus, cenfirmatious. An einer anderen Stelle hanilelt Thomas 
von der Gewissenserforschung im Uesonderen, hält der Seele alle SUnden 
vor und bringt bei dieser so ernsten Betrachtung nnter anderem auch, rein 
nur um zu reimen, den gar jocosen Vers:*) »Accelerasti ad finem et ad 
lectum, et hoc mihi ualde est suspectumi« 

Geist der Schriften. Wer immer die Bücher der Imitatio Christi 
gelesen hat, wird gefunden haben, dass ihm die Worte derselben tief ins 
Herz hinabsteigen. Die heiligsten und gelehrtesten Manner, man ilenke an 
Bellarmin, haben sich an diesem Buche erfreut und erbaut. Ein CJleiches 
könnte man von den Schriften des Thomas nicht behaupten. Ihre Mechanik, 
lim das menschliche Herz, dieses ro flüchtige und schwer zu behandelnde 
Ding zu gewinnen, ist plump und unbeholfen, die Persuasionsmittel oft 
geradezu läppisch, oder trivial. Und hierin liegt das Geheimnis der Imitatio: 
in der genauen Kenntnis des menschlichen Herzens. Ich meine, ein Schrift- 
steller, der alle die guten Wege, dem Andern mit seinen Worten ins Herz 
hinabzusteigen, in seinem ersten Werke kennt und wandelt wie kein zweiter, 
der in seinem ersten Werke der Seele Alles vorsagt, was sie gerne 
hört — ein solcher Schriftsteller sollte in allen seinen folgenden Schriften, 
die eben denselben Zweck haben, diese feine Kunst nicht mit tmgeschickten, 
liicherbarcn und darum ganz wirkungslosen Angriffsmitteln auf die Seele 
vertauschen müssen, Hören wir, wie Thomas die Eroberung der Seelen an- 
stellt. In seinem achten Sermo ad fratres handelt Thomas davon, was gutes 
es um das Stillschweigen sei. Als Motiv des Stillschweigens stellt er seinen 
Brüdern imter andern dar, dass Lucifer atis dem Himmel gestürzt worden 
sei, weil er das Stillschweigen gebrochen,*) Wie ganz anders macht uns 
zum Schweigen geneigt, was die Imitation hierüber vorbringt, i, c. 10. 17. 
20. 14 1. 3. c. 45 1 Bei einer andern Gelegenheit, mediiatio 20. n. 4, will 



') De i 



labcni. I. II. 

■Qui iiere huniilis est. . . . infirmo compnssiuus , Iribulaln i 
cadenti erectiuus, dubilnnli conflmiatluus. t 
lin spiritunliu. Cnp. lo: iDe scniünio cniucientiae in spcciRli. 11. 
(silentium) lucifer, quia mm Icmiil, -proplercn cum omni omii 



cocio ceciciit. Diiil cnim ; In coelum . 




Thomas die Liebe zum fleissigen Bücherabsch reiben erregen. Das begründet 
er aus der heiligen Schrift, indem ja Christus zu Gunsten der Hebräerin 
(Joh. 8.) etwas auf den Boden geschrieben habe. *) 

Wenig zutreffend und sehr kindlich ist es denn doch auch, wenn un- 
mittelbar darauf der Himmel ein Kloster genannt wird, worin nach der 
Regel des Abtes (so heisst Gott) ständiges silentium von allem Bösen ge- 
halten wird. *) An anderer Stelle wird ein Kleriker ohne Bücher unter andern 
verglichen mit einem Schuster ohne Ahle, mit einem Schmiede ohne 
Hammer, mit einem Schneider ohne Nadel und Zwirn, sowie auch ein 
Kloster ohne Bibliothek gleichgestellt wird einer Küche ohne Kohl, einer 
Tasche ohne Geld, einem Keller ohne Fass. •) Den Novizen redet Thomas 
in einer seiner Reden zu, aufs Kleid sich nichts einzubilden, weil ja das 
auch ein Esel zusammenbrächte.*) Das ist nicht die Sprache des Verijassers 
der Imitatio 1 ^) Wer andächtig communicirt oder Messe liest, ist ein Jünger 
Jesu, »ein Kaplan der seligen Jungfrau Maria .... ein Verwandter der 
Heiligen.« ®) Es scheint unfassbar, wenn das Gebet »oraculum uiuae uocis« 
genannt wird. ') Der liebe Gott knakt den seinen geistliche Nüsse und 
steckt den gewonnenen Kern ihnen in den Mund!*) Im »Rosengarten« 
werden eine Menge Liebesdienste aufgezält, die man eigentlich Jesu thut, 
wenn man dem Nächsten aus Liebe zu Gott Wol taten spendet. Die Allegorie- 
sucht verleitet Thomas zu sehr sonderbaren Behauptungen. Wer müssige 
Worte verhindert, jagt die Fliegen von Jesu Tische, wer Verläumdungen 
nicht anhört und die unehrbare Unterhaltung anderer tadelt, schlägt und 
verscheucht einen schwarzen Hund vor Jesu Haus, wer während des Essens 
gut vorliest, der erfreut die Tischgenossen Jesu mit einem Himmelsbecher, 
wer schlecht liest, vermindert den Wolgeschmack der Speise und wer gar 
oft stottert, beschmutzt das Tischtuch Jesu*). Es klingt sonderbar, wenn 



*) *0^^) scripsit, ut ars scribendi ac ardor legendi sacros Codices magis placeat.« 

*) »In illo summo monasterio, ubi perpetuum silentium ab omni malo statutum est 
ab illo supremo abbate.« 

') Doctrinale inuen. c. 7. 

^) Senn. 14. Ad nouit : »Non es ideo sanctus et magnus dominus dicendus, quia 
cappam geris extrinsecus, quod asinus facere posset, si esset taliter uestitus.« 

*) 1. I. c. 17: »Habitus et tonsura modicum conferunt, sed mutatio monim et integra 
mortificatio passionum uerum faciunt religiosum.« 

**) Vallis lilior. c. 13. n. 4: »Iste est discipulus Jesu, capellanus beatae Mariae uir- 
ginis, . . . cognatus sanctonim.« 

') 1. c. c. 10. n. 2. 

•) Soliloq. anim. 15, 6: »Docuit me (deus), sicut mater paraulum, frangens mihi nuces 
spiritales et inserens faucibus meis nucleos.« 

•) Hortul. rosar. c. 17. n. i: »Qui otiosa uerba loqui prohibet, muscas de mensa 
Jesu expellit. Qui detractiones audire renuit et loquentes inhonesta corrigit, nigrum canem 



95 _ 

Thomas auFfordert, Jesum lals besonderen Freund unrl seinen Verwandten zu 
erwählen,«') wenn Goll nebst anderem genannt wird: »Musik, Zither, Orgel, 
Zimbel, Haus, Lager, Garten, Wiese, Hof, Tisch, Bett, Handtuch, Leuchter, 
Vorleser, Arzt, Apotheker,«*) wenn Jesus und Maria und die Heiligen Vor- 
leser bei Tisch, Kantoren im Chore') heissen. Es nimmt sich schleppend 
aus die Aufforderung, vor alle Heiligen hinzutreten, aufzusuchen den hei- 
ligen Johannes B. in der Wüste, ihn kniefällig zu begrlissen : Sei mir ge- 
grüsst, heiligster und liebster Freund Jesu. Viel Gutes und Grosses habe ich 
von dir gehört. Von ihm zu lernen, was er gegessen und getrunken, wer 
ihn bedient habe, ob Vater und Mutler ihm was geschickt haben und mit- 
unter zu ihm oder er zu ihnen gekommen sei, ob vielleicht der Erzengel 
Gabriel zu ihm herabgestiegen sei und ihm viel Geheimes geolfenbarl habe, 
ob etwa gar Jesus ihm persönlich erschienen sei und seine Hände gestärkt 
habe, so wie im Evangelium geschrieben steht: »Denn die Hand des Herrn 
war mit ihm.« *) Christus ist nach Thomas Lehrer Aller, Regelbuch für 
die Religio.sen , Kommentar der Mönche, Text und Glosse der Dekrete.*) 
Eine andere Stelle lässt einen schläfrigen Novizen doch etwas gar unsanft 
an"): lO frater aselle, de genere dorraiianlium et numero fatuarum 
uirginum.c 

Thomas citirt die Imitatlo. Sehr beachtenswert ist folgende 
Thatsache. Es kommen in den Schriften des ehrwürdigen Hemerken 
Stellen vor , welche aus der Imitatio wörtlich oder mit kleinen Veränder- 
ungen herübergenoramen sind. Einige dieser Stellen fügt Thomas seinen 
Werken ohne weiteres ein, andere führt er als Apophthegmen anderer 
an. Wir führen mehrere solcher Paralellstellen an »Corrumpunt bonos 
mores et gratiam Dei perdunt, conscientiam maculant.» Dial. nouit. c, i, 
Vergl. hiermit Im, 1. l, c. i.: iSecjuentes suam sensuahtatem maculani 
conscientiam et perdunt Dei gratiam.« Dial. nouit. c. 3; >Non igitur 
longos dies nee annos plures in religione computes« ist doch dem Sinne 



Ae domo Jesu feril et fugat. (^ui ii 
mensa Jeäu poculo coel«5ti laetificat, 
Duit cl qui saepe litubat , lunppam Ji 
das ganze Kapllel. 

') Vall. lilior 19, 3; .Elige ilaque Jesum Christi 
et cognntum tuum.i 

■) Ibid. iS lot. 

•) O. C. 29, 3. 

*) 1. c- 33. 3, 4. 

*) Sermon, ad nouil. Pars prima. Serm. 3. 11. 
niiun, ipse Über cl regula reügiusui 
gloua decretonim.* 

•) O. C. serm. 6. n. 3. 



tefectiontm beiie c( dislincte legil, 
inebriat sitienles, Qui male legit saporem cibi mi- 
macalat.i Und diese Allegorien spinnen sich durch 



: .Ips. (Chm 
(I) n„„,.hor> 



a, i]>sc lextus e 



k 



96 

nach aus Im. 1. i c. 23.: »Multi annos computant conuersionis. « »Non 
securitatem a lentationibus, non requieni a laboribus audeas tibi poiHceri« 
Dial. nouit. c. 3 und Ira. 1. i. c. 20: »Numquam tibi promittas securitatem 
in hac uita.« Medit. XV de ascensu Mosis in montem: »Ibi (Moses) in 
silentio uenas diuini susurri suscepit.« Im 1. 3. c. 1 : »Beatae aures, quae 
uenas diuini susurri suscipiunt « Diese Stelle hat Thomas über alle Zweifel 
nach einem andern Auetor angeführt, denn er selbst sagt sonst überall: 
»susurrium« und nicht susurrus oder susurrum, wie hier. Cf. Serm. VII. 
part. 2., serm. X; Libell. spirit. exercit. c. 6. >Vox uera: nemo potest hie 
gaudere cum saeculo et postea regnare cum Christo, c Serm ad. nouit. 
serm. X part. 3. und Im. 1. i. c. 24: >Non potes delectari hie in mundo 
et postea regnare cum Christo.« Vallis lilior c. 18: »Dixit quidam deuotus 
silentii amator: raro loquor diu hominibus sine aliqua laesione conscientiae 
intus. «c Im. 1. i. c. 10: ?>Raro sine laesione conscientiae ad silentium 
redimus.« Ad nouit. serm. 3. n. i: Dixit quidam deuotus religiosus: qui 
de Omnibus alienis tacet de omnibus pacem habet.« Im. 1. I c. 11: »Multam 
possemus pacem habere, si non uellemus nos cum aliorum dictis et factis 
occupare.» Libell. exercit. spir. c. 11: »Modicum laborabis et magnam re- 
quiem inuenies.« Im. 1. i. c. 25: »Modicum nunc laborabis et magnam 
requiem immo perpetuam laetitiam inuenies.« Hym. spirit. VII: »Vita boni 
monachi crux est, sed dux paradisi« aus Im. 1. 3. c. 56. Ibid. VIII: Tota 
uita Christi Jesu crux fuit et martyrium<^ Im. 1. 2. c. 12: »Tota uita 
Christi crux fuit et martyrium.« Thomas hat auch sonst viele Stellen aus 
der Schrift und den Vätern seinen Werken eingefügt, ohne den Auetor zu 
nennen, oder auch nur zu erwähnen, dass selbe anderswoher genommen 
seien '). Wenn nun der Hemerken auch sonst Stellen entlehnt, so kann er 
auch die eben angeführten entlehnt haben und wenn er bei einigen davon 
selbst ausdrücklich dies bezeugt, so wird er sie entlehnt haben und es fallt 
die Möglichkeit, dass Thomas sich etwa selbst abgeschrieben habe. Wenn 
Thomas in seinen Schriften Stellen, die mit solchen der Imitatio Christi 
gleichlauten, anführt mit dem Beisatze: »Vox uera, dixit quidam deuotus, 
dixit quidam deuotus religiosus,« stellt er sich da nicht der Imitatio Christi als 
nicht seinem Werke gegenüber? 



Unbekannter Verfasser des dreizehnten Jahrhunderts in Italien. 

Zu diesem sehr wichtigen und ganz wahren Resultate kam Em. Renan 
in seinen Untersuchungen über unsere Frage. »L'auteur de Timitation 



*) Z. B. Serm. VI. p. III ad nouit: «Non enim poena martyrcm facit, sed bona 
causa.« cf. S. Aug. £p. 204. 81. 108. 



97 



de Jrfstis-Christ« in Eliides d'liistoire religieuse. Paris 1863. Stx, ed. 
p, 317 — 336, wenn er sich auch vorderhand noch nicht für Gersen erklären 
zu können meint. Auch Chateaubriand spricht in seinem Gi^nic du Christia- 
iiisme von der Imitatio als einem Phänomen des* dreizehnten Jahrhunderts. 
Die Stelle bei Gregory Hist. II, 109, Ebenso Degerando Josef Maria in 
seiner Histoire compartie des systtfnies de philosophie. Paris 1823, 

Pessimisten und Unentschiedene, die überhaupt an der Mög- 
lichkeit den Auetor der Imitatio Christi zu bestimmen verzweifeln oder 
wenigstens für keinen der bislang angegebenen sich zu entscheiden verniügen, 
sind Ellies Du Pin,') Corneille,*) der regulirte Chorherr Boudet Anton,*) 
Silvester Sacy , *) Moland und Hericault , ") Arthur I.oth , ") Dr. Moriz Schwalb ') 
und iieuestens Hölschcr. ") 

Als Kuriosum in unserer Frage fuhren wir an , dass Abb^ Mercier 
de Saint Leger die Abfassung der Nachfolge bis hart an die Wiege des 
Christenthums hinaufrückt, wenn anders dem Silben hierin zu trauen ist. 
Der schreibt: Abt Mercier von Saint I.eger habe, ohne alle Beweise, fest 
behauptet, das Werk sei griechischen Ursprungs und reiche an die Zeit des 
hl. Klemens oder Polykarp.i 



') Dupiii ächlifsst »ine diesbeiUgliche Abhandlung in <Ur Nouvelle bibliothek des 
auteurs ccdcsiasliques. Park 1700. lom. Xll. pag. iSS. mit den Worten de<; Terenz : 
■ Fecistis prube, malto incertior suni adhiic. 

*) Siehe die Vorrcde-iu der des giotäcn Dichters würdigen Ulm. Jes. Chr. traduil 
en ven fran^oii, zueist Rouen 1651 , seildem fiut unEälige Male verlegt, unter anderen auch 
in jener Prachtaui^gabc der Iniitatia , welche Nnpolcall fUr die Parier Weltauü^lcllung 1S55 
lial drucken lassen. Ful. S72 Seiten. Corneille spricht sich einfach für i'incn Mönch aus. 
t)ic Stelle ausgehotien bei Gregory, Iltsl, II. 75. 

•) Er kann weder an Thomas noch an flcrson glauben. Brief im Mercur de France. 
Jänner 1743, 

•) Et lKhnu|iti:t in der \'ürrcdc ?u der von ihm 1853 ^■e^an!llnllctcll AU'ignbc 
der Nachfolge, der Verfasser sei die ganj:e christliche Menschheit. 

') Ix livre de rtiitemelle consolalion, preiniirc uciiioii fran(aise de l'lniil, de Jisus 
Chr. Avec un introd. et des notres Paris 1S56: »Man forscht vergeblich lisch einem Ver- 
fasser, es gibt keinen,! 

•) Revue des qucstions hUtoriques. Bde. XIII. XIV. Paris 1873. Verfasser der Im. 
ist ein •Dcuolus- in Ueutschlanit zwischen 1350 — So. 

') 'Der sich erlaubt, dem Leser gleichsam eu beichten, dass er an die Aolorschoft 
des Thomas a Kempis, ohne sie gerade leugnen lu wollen, keinen vollen Glauben haben 
kann.! Das Büchlein von der Nachfolge Christi. Berlin 1G71. .S. 4. 

•) Programm des Gymn. lu Recklinghausen 1878. 7g. Ihm gilt in DeiUg auf unsere 
Frage auch heute das Wort des Hora?: 
QoLs , . , e 



ailhuc 



k 



Die Spruchsammlungshypothese. Wie der Vater Homer und 
das Nibelungenlied hat auch unsere Nachfolge Christi seinen Lachmann ge- 
funden in Leclerc, Michelet und den Laacherstimmen. Mr. v. V. Leclerc ') 
wollte beweisen, dass das erste Buch bei weitem älter sei, als die drei letzten 
und kam endlich mit Michelet *) dahin, die Imitatio für ein »unpersönliches 
und nicht nationales« Werk zu erklären, welches geboren im Mittelalter, ohne 
dass man den Zeitpunkt genau angeben könnte, in der Abfolge immer mehr 
und mehr anwuchs und zu einem Ganzen krystallisirte , bis es endlich in 
jene Form kam, in der wir's Mitte des 15. Jahrhunderts finden. Zu dieser 
selben Ansicht bekannte sich alsobald der Freund der Laacherstimmen, welcher 
also schreibt: ') »Die Nachfolge Christi war eine im Mittelalter in den ver- 
schiedenen Klöstern verbreitete Sammlung frommer Aussprüche und Be- 
trachtungen, zu denen, wie es zu geschehen pflegt, bald hier, bald da ein 
Spruch oder eine Betrachtung hinzugefügt und deren Sammlung zu verschie- 
denen Zeiten und in verschiedenen Klöstern redigirt wurde, bis endlich die 
des frommen Thomas von Kempis nach Erfindung der Buchdruckerkunst 
allgemeine Anerkennung fand.« So lasse sich erklären, dass Deutsche, 
Franzosen und Italiener um den Verfasser streiten, und der Deutsche viele 
Germanismen, der Franzose Gallicismen und der Italiener Italicismen als 
Beweise für sich anführen könne. 

Französisch als die Ursprache unseres Buches behaupten nebst 
Nicolaus Lenglet du Fresnoy*) alle neueren Gersonisten, indem sie die »In- 
ternelle consolation« als das Originale betrachten. ^) 

Deutsch als Original glaubte Van Vree, welcher das X. und XIII 
Kapitel des IV. Buches der Nachfolge in niederdeutscher Sprache auffand. 
Dieses Bruchstück erkannte er nach Sprache und Schrift für zu alt, als dass 
an eine Uebersetzung aus einem Originale, welches Thomas van Kempen 
verfasst hätte, zu denken war. Van Vree hielt daher den Thomas für den 
Uebersetzer eines in niederdeutscher Sprache geschriebenen, von ihm vorge- 
fundenen Original?. ^) 

Betrachtet man diese lange Reihe von »Verfassern der Nachfolge,« die 
mit mehr oder weniger Vorliebe und Geschick als solche ernst und steif ver- 



*) In der Vorrede der Prachtausgabe der Imitatio 1855. 

*) Hist. de France, tom. V pag. 4. not. 3; pag. 16. n. 2. 

•) Siehe Jahrg. 1876. i. H. S. 121 und Jahrg. 1878. Heft i, Seite iio. 

*) Vgl. die Vorrede zur Limitation de J. Ch. trad. par Mr. Du Fresnoi nouv. ed. 
Paris 1737. 

*) Siehe S. 60 ff. dieser Abhandlung. 

«) Dr. Nolte Zeilschrift für kath. Theologie. Wien 1855. S. 63 und was wir gegen eine 
deutsche Originalschrift in der »navolginge Christi» . Wien 1879. pag. XXXIII. notirj haben. 



«_ 

theidigt und feslgehalten n'imlen, so dringt sich, so meine irh; Bezugs des 
Thomas a Kempis und des Gerson der Gedanke auf, von diesen beiden 
könne keiner der Verfasser sein , weil sich bei der jungen und konkreten 
Gestalt des Lebensbildes tlieser beiden — sie sind die jüngsten von allen 
Pritendenlen — dieses Schwanken und Umherirren nicht erklären lasse. Es 
muss der Verfasser der Imilatio Chriüti viel mehr im Dunkel der Vorzeit 
gesucht werden, es lässt sich annehmen, dass er an sich keine so historisch 
beleuchtete und gekannte Persönlichkeit Lst, wie die beiden obgenannlen, denn 
sonst wurde wol nicht eine solche Ungewisshelt über ihn herrschen. ') 



II. GESCHICHTE DES STREITES. 



fflSHülie Sache des Gersen lindet eine gliinzcnde Aj)ologic in einer ge- 
P.EJMl nauen und vorurtheilsFreien Darstellung des geschichtlichen Ver- 
laufes der ganzen Controverse. Die Zeugnisse von Freundes- und Feindes- 
seite erscheinen ja bei der geschichtlichen Entwicklung in ihrem inneren 
Zusammenhange, Motive und Veranlassungen derselben werden klar, so 
man einen richtigen Masstab für ihre beweisende Kraft hat. Eine w 
heitsgetreue Darstellung wird zeigen, dass keineswegs der Corpsgeist, 
csprit des corps der Benedictiner den Streit heraufbeschworen , nicht 
Nationaleitelkeit ihn angeregt haben, dass vielmehr das Streben, zur rt 
und vollen Wahrheit durchzudringen, eine Reihe der edelsten und besten 
Kämpfer (ür Gersen und seine Rechte in die Schranken treten liess. 

Erstes Jahrhundert.*) 

Gelreu seinem Ausspruche: »Ama nescirit setzte der gottinnige Ver- 
fasser der Imitaiio Christi seinen Namen nicht unter sein Werk. Längst war 

') Cf. Delfav. Disserlatio p. XCIII. cd. c. : .Qua« quiclem atnbiguilas oiiti non 
potuit, nisi aut ex niulti ttinporis intericcllone nut ex obscuritale nominis ipsius nuclons aut 
dcnique ex iactura enrum inslrtlmenlorum, qiiibus conlroucrsia dirimi posset. AI ea umnia et 
a Joanne Gecsone et a Thonia de Xempis loDgissime absuDt : Dam in piimis Imud ita mngDum 
intercessit temporis ipalium ab eorum e uiuis excessu ad usquE inucntam arteni Ifpographiconi, 
ul tantae litcs ex eorum archetypis exemphtibiis üniri ncqulretit; quid ucra abäurdius dici 
aut excogitaii polest, quam ut oputculum decimo quinto saeculo condilum, cius nuctQre In 
uiais ■ geilte aut non ita nuper defundo, dhtersis hoininibus iisque antiquioHbus paadm 
Iribulum !<il, ncque u^unm uetilas ad liquidum pcrduci poIueri(.< 

") Mnn vergleiche Calalog. bibl. Bunav. v. II. p. 1648 sq.; Catal. de In Valli^re 
lom. II. o. 180 sq.; Meuse] hislor. bibl. mag. P. I. p. 127 sq.; Miliin, lom. II, p. 361; 
Barbier tom. I. p. 390 sq., (om. III. p. 414; Murnturi, anliquil. Hai. tom. III. p. gSo; 
Scrapcuro 1861 no. iS sq. ; Meui, Dice tom. II. p. iS sq. ; Ersch und Gruber. Art. Genen, 
GeiBun, Gence. Nachfolge Christi: Gr^joiy, hisloire lom. 11. p. 194 üq. ; Malou, Reche tc lies ; 
Kcpplei, Tübinger Theol. Quanalscbrift 1S80. S. 4S— 59. 

7' 




i 



lOO 



die Naihfol^c weitest verbreitet, man freute sich dieses herzlichen und herr- 
lichen Werkes recht vom Herzen, ohne nach seinem Auetor viel zu fragen. 
Wie gleichgültig man in dieser Sache war, zeigt der Umstand, dass Original- 
texte und Ucbcrsetzungen unter verschiedenen Firmen existirten, indem, be- 
HonderH seit Erfindung der Buchdruckerkunst, die Buchdrucker aus keinem 
(indem aln spcculativen Interesse die Imitatio bald unter dem Namen des 
heiligen Hcrnhart oder Gerson, dann wieder des Karthäusers Ludolf von 
Saxen oder Thomas von Kempen herausgaben. Alle diese verschiedenen 
Aurtoren vertrugen sich ruhig und ohne Reclamirung neben einander, ein 
gdlliger und fester Beweis dafür, dass keiner der wahre war und als solcher 
hU'U fühlte, denn der Wahrheit ist's eigen, ausschliesslich zu sein ; Wahrheit 
gilil'n eben nur eine. Aus dieser eingelebten Ruhe scheuchte nun zu allererst 
ein NpaniHch geschriebenes Buch auf, welches 1604 zu Mailand erschien und 
Mww Verfasser Petrus Manriquez haben dürfte, obwohl andere auch Josef 
(IreHvelluH oder Wilhelm Batteus, beide Jesuiten, für den Verfasser halten. 
Wie <lem immer sei, das steht fest, dass in diesem Buche die Autorschaft 
deH Thomas auf die Imitatio geleugnet wird, weil ja der heilige Bonaven- 
lurn, <ler fast zweihundert Jahre vor Thomas gestorben ist, in seinen Colla- 
lionen die Nachfolge citirt. Waren mit diesem einzigen Schlage die früher 
angegebenen Verfasser der Nachfolge aus chronologischen Gründen unmög- 
li( h geworden, so sollte jetzt auch der wahre Auetor an deren Stelle treten. 
Julius Nigronus, ein Jesuit, schickte nämlich an den berühmten Constantin 
(!ttjetan, aus der Cassinensischen Congregation und Abt zum heiligen Baron- 
tiuH in Rom eine Handschrift der Imitatio, welche 1579 von P. Majolus in 
da« Jesuiten-Collegium zu Arona gebracht worden war. Auf Grund dieser 
Handschrift (Cod. Aronensis) schrieb Bernardinus Rossignolius die Imitatio 
dem Abte Gersen zu, was auch Anton Possevin im »Apparatus sacer« that 
und auch dem Cardinal Bellarmin als das Wahrscheinlichste erschien, wes- 
lutlb er auch in seinen schriftlichen Denkmälern sich für Gersen erklärte. 
DttN iHt der Ursprung, die erste Veranlassung zur Eruirung des wahren 
Auetors der Imitatio Christi, das sind die ersten Partisane des Gersen. Zu 
K<im lebte damals ein ausgezeichneter Benedictiner-Abt Constantin Cajetan, *) 
welcher durch Wissenschaft und Frömmigkeit gleich hervorragend war und 
wann für die Geschichte seines Ordens und dessen Ehre fühlte. Schon hatte 
ihn Paul V. zum Abt von St. Barontius und zum Custos der vaticanischen 
HJbliothek gemacht. Als solcher betheiligte er sich an dem Riesenwerke des 



') Wir geben eine detailirtere Schilderung seines I^bens und Wirkens, weil leider 
Ut^KUfr »einer Sache auch manchmal seine Persönlichkeit und seinen Charakter angegriffen 
^livn, So finde ich ihn bezeichnet als: Fabulinus, codicum corruptor et aduUerator, cui 
^^IU hnbcnda fides, suspectus etc. 





Baroniiis, war dessen Freund »ml Liebling. ') Papst Gregor XV. erhob iinsern 
Constantin Cajetan zum Präses des von ihm gegründeten Collegiiim de 
Propaganda 6de. Es war denn auch nur ein Zeichen der Anerkennung und 
Würdigung des Verdienstes und der historischen Meisterschaft, wenn der Jesuit 
Nigroni dem berühmten Able Cajetan den Codex von Arona überschtckte. 
Aus diesem Codex gab denn auch Cajetan, 48 Jahre alt, 1616 die Iniitatio 
zum ersten Male unter ihrem wahren und ächten Verfasser Joh. Gersen zu 
Rom heraus. Der eigentlichen .\usgabe war eine gelehrte Dissertalio bei- 
gegeben, in welcher Cajetan auseinandersetzte, die klare Ueberschrift des 
Codex von Arona, welcher ausdrücklich und viermal Gersen als Verfasser 
angibt, das Zeugnis des Bellarmin und seiner genannten Ordensco liegen, welche 
darthun , dass bereits Bonaventura die Imitatio ausdrücklich citirt , was 
sich auch betreffs des heiligen Thomas Aquinas erweisen lasse, ferner der 
italisirende Styl, und dass der Verfasser sich Mönch nennt — alles dieses 
;£Usammen rechtfertige die Ausgabe der Nachfolge unter dem Titel Gersen. 
Kritisch, und gewissenhaft wie Cajetan war, tmternahm er jetzt noch eine 
wissenschaftliche Reise in das cisalpinische Gallien und nach Ligurien, um 
weiteres bestätigendes Material flir die ebenso interessante als wichtige Frage 
zu sammeln. Er fand mehr als er gehotft. Zu Padolironae bei Mantua fand 
er den beriihmten Codex Padolirouensis und zu Genua im Kloster der hei- 
ligen Katharina die Dnickausgabe des Joh. B. Sessa vom Jahre J501, in 
der die bekannte Bemerkung sich fand, dieses Buch sei nicht von Johann 
Gerson, wie's der Titel angab, sondern von D. Joannes Gersen, Abt zu 
Vercelli aus dem Orden des heiligen Benedictus, verfasst. Hocherfreut und 
glücklich kehrt Cajetan mit seinen beiden Funden nach Rom zurück. Wäh- 
rend er sich daran macht, mit Hilfe der aufgefundenen Materialien eine 
neue Ausgabe der Imilatiu und eine vermehrte Dissertation über die unum- 
stosslichen Rechte des Gersen auf die Imitatio zu verfassen, kommen aus 
Belgien schon die Gegenschriften des Jesuiten Heribert Roswcyd, welcher 
zuerst in einer Epistel gegen Rossignoli und dann gegen Cajetan auftrat. 
Dieser antwortete, und so folgte jetzt Schrift und Gegenschrift rasch aufein- 
ander. Wir glauben der Vollständigkeit unserer Darstellung nicht Abbruch 



'J Bnrgnius nennt ihn (Itci Ferd. Ughclli llnlia sncra pag. 161) Joctus, renim aaü- 
quaruin perilissimui. 1. c. ful. 797 : cruditus acncx^ aniicus mens. Und um nur noch äa 
Zeugnis aniuruhren, irf:hreibl Tliuniiis de Rocabcrt (Riblioih. Fontir. tum. Vll. M. 27.) 
Ulwr Unscm Abt also; iFiuIti V ob sacrarum reruui erudilioncni valdc acceptua, saciis 
lilvrarum munumeDli^ el in valicana bibliulhcca studiu aDliijuilalis praepusilus fuit . . . Quocirca 
ab aliquibu» aiilhoribus hisluiiugraphus romanj pualißcis appellalut . . . Ncc lanlum l'aulu V 
i>Ed eUam Clcmeiiti VIII fuit grntu<i, qui Rouiani [Cunslantinum C) specialiler accecsivit, ul 
praeissct impressiuni o|)cram s, Tctri Damiani, ut lentis est cnüuctilissimus cardinalU Baronius 
ad uinum 107z.- 




Ji 



I02 



ZU thun, wenn wir nicht alle Titel der Schriften, ja nicht einmal alle 
Controversisten namentlich anführen, weil ja die im Anhange beigegebene 
schematische Uebersicht einen ganz guten Einblick gewähren dürfte. Das 
Resume der Rosweydisch-Cajetanischen Controverse gestaltet sich, wie folgt: 
Der Codex von Arona ist das Werk eines ganz ungeschickten Abschreibers, 
welcher sich irrte und Gersen statt Gerson schrieb. Aber Gerson war nie- 
mals Abt, und überdies wird im Cod. Aron. auch Gesen oder Gessen ge- 
schrieben, was doch nicht ein blosses Versehen für Gerson sein kann ; auch 
müsste sich der Abschreiber dreimal verschrieben haben, was unwahrschein- 
lich ist. (Es muss als auffallend bezeichnet werden, das Rosweyd selbst noch 
in seinen Vindiciis vom Jahre 1621 sich gar nicht auf die von Cajetan 
schon 161 8 in seiner Concertatio auctior ins Treffen geführten Cod. Pado- 
lironensis und die Suessia- Ausgabe einlässt). Die Citirung der Imitatio bei 
Bonaventura, wendet Rosweyd ein, beweist nichts; denn in den angegebenen 
Collationen geschieht auch des Ubertin Erwähnung, welcher doch erst lange 
nach Bonaventura gelebt hat. Und hätte er etwa noch mit s. Bonaventura 
gelebt, so ist es nicht wahrscheinlich, dass dieser einen jüngeren Zeitgenossen 
in seinen Werken anführt. Aber wenn man auch die Unächtheit der Col- 
lationen zugäbe, welche doch unter anderen der grosse Franziskaner Annalist 
und andere dem Dr. Seraphicus zuschreiben, so sind sie doch jedenfalls 
älter als Thomas, weil sie bereits vor Marian's Chronikon und mithin vor 1400 
existirten. Dass, die Aechtheit der Collationen, wie sich aus historischen 
Zeugnissen ergibt, zugegeben, S. Bonaventura einen Zeitgenossen citirt, kann 
man wohl als etwas ganz gewöhnliches nicht auffallend finden. Nicht Tho- 
mas Aquinas hat nach Rosweyd aus der Imitatio, sondern umgekehrt der 
Verfasser der Imitatio aus dem Engel der Schule citirt; der Styl ist nicht 
italisch, sondern strotzt von Germanismen, unter den Mönchen sind nicht 
die im 13. Jahrhundert in Italien aufblühenden Orden, sondern die Do- 
minikaner, Franziskaner, Karmeliter, Augustiner des 15. Jahrhunderts, wie 
sie in Belgien waren, zu verstehen. Wenn der Verfasser der Nachfolge sich 
Mönch nennt, so geschieht das im weiteren Sinne des Wortes. Und das 
waren die wichtigsten Streitpunkte, *) über welche seither über zweihundert 



*) Der Mauriner D. V. Thuillier fasst sie kurz zusammen in seiner Histoirc de la 
contestation sur l'auteur du livre de Vim. de J. C. Ouvrages posthumes d. I). Jean Mabillon. 
tom. I. Paris 1724. pag. 7: »Presque tous les livres que Ton a faits depuis et qui sont en 
assez grand nombre, ne roulcnt que W — dessus. Chacuns de son cotö apporte des editions 
et des mss. de s. Bonavenlure , qui lui sont favorablcs; on se chicane sur la Chronologie 
d'Ubertin, sur les difTerens ^tats de Thomas a Kempis; on ramasse d'un cote des phrases 
italiennes, de l'autrc des phrases flamandes ; les uns exagdrent le reldchement des moines du 
quinzi^me si^cle, pour elever jusqu'au ciel la piciö de ceux du treizi^me ; les autres sont 



^03 



Jahre mit einer ungläubigen Erbitterung in fast allen Sprachen gehadert 
und gezankt worden ist, das jene Fragen, welche die Orden der Bencdic- 
tiner, Augustiner und Jesuiten beschäftigen und von Deutschen, Italienern 
und Franzosen schon fast als Gegenstand der Nationalehrc verschiedentlich 
gelöst wurden. Es ist einleuchtend, dass der Streit auf diesem Wege nimmer 
endgültig ausgetragen werden konnte, indem ja immer sich Einwendungen 
gegen die Glaubwürdigkeit der vorgeführten Zeugen, sowie gegen die Unver- 
falschtheit ihrer Schriften aufbringen liessen, und jeder nach vorgefasster 
Meinung seinen Sinn aus den verschiedenen Auetoren herauslesen konnte. 
Ebenso muss jeder, der die diesbezügliche Literatur gelesen, dem Urtheile 
des D, Thuillier ') beistimmen, das?, wären derlei Schriften unterwegs ge- 
blieben, die christliche Liebe den grössten Nutzen und die Wissenschaft 
keinen Schaden erfahren hätte. Während so Rosweyd und seine Genossen 
gegen die Gersenisten mit aller Macht und Kraft stritten, überrascht« der 
englische Benedictiner D. Franz Valgrave, Klosterprior zu Lj Celle mit einem 
ganz neuen Beweismaterisle. Valgrave halte nämlich besonders in Deutsch- 
land Nachforschungen nach alten Codices der Imitatio anstellen lassen in 
der ganz richtigen Ueberzeugung, dass einzig durch Codices m. s, der Streit 
letztlich und endgültig entschieden werden könne. Als Frucht dieser Be- 
mühungen veröffentlicht Valgrave eine Reihe von Schriften, in welchen er 
geradezu grundlegend für alle folgenden Zeiten geworden ist. Er baut vom 
untersten Grunde auf, beweist zuerst aus untrüglichen Zeugnissen Gersens 
Existenz und Lebensumstände, sowie die Rechte desselben auf das goldene 
Blichlein. Er führt zuerst die Imitatio -Handschriften von Ochsenhausen aus 
dem Jahre 14*7, Weingarten 1433, Wiblingen geschrieben 1430, Molk aus 
dem Jahre 1418 und den Cod. Cavensis ins Treffen. Gab so Valgrave dem 
Auetor sein Büchlein wieder, so gab er auch dem Büchlein durch eine 
Neuausgabe nach den besten Handschriften den ursprünglichen Text wieder. 
Dem konnte Rosweyd nur den Cod. Antverpiensis finitus et completus 
anno domini 1441 per manus fratris Thomae Kempensis entgegenstellen 
und musste sich noch zu der Concession verstehen, dass kein einziger Codex 
separat und in Form einer Aufschrift Thomas als Verfasser nenne. Glück- 
licher Weise fand sich noch ein Schild, um den Rückzug zu decken, eine 
Klammer war's, welche das von den Thomisten errichtete Gebäude noch zu- 



pluE Wifiei du (luiniiime que Uu treiiiime tiicle : et 

sont de nature i ne pouvoir jamais bien se dcmEler, 

de la paitie : car □□ U-ouve alors dana 1e& auleurs [o 

■) I. c. pag. 8. 






ISS. farrent 



i falls 



m con(ui[ tiien que laus ms cmbatra« 
ir taut lorHjUc k pusiana se metlcat 
se quc l'an y chcrche.« 
icz de lems Ä petdre pour lire lous les 



iir celte qucslion, depuis lea deux premien, jusqu' ii l'AüScmblöe 
par tcE expeits, cunvieiidronl que, tt janiais ils n'nvuient paniü,' 



U clurit«^ y auruit beaucuup gagn6 et la iepubli<)ue des teures peu pcrdu. 



k 



J 



I04 

sammenhielt. Nämlich der Zeit- und Ordensgenosse des Thomas, Johann 
vom Busch, behauptet in seiner Geschichte des Klosters auf dem Agneten- 
berge irgendwo in einer Klammer, die Imitatio sei des Thomas Werk. Allein 
Cajetan und Valgrave erwiesen diese Parenthese als unächt, und wir haben 
schon gesehen, wie sehr sie dabei im Recht waren. Aber auch die Tho- 
misten begannen jetzt die Codices, das Hauptbeweismittel der Gersenisten, 
als unächt erweisen zu wollen, und wir werden noch sehen, wie sehr sie 
dabei im Unrecht waren. Mit dem Jahre 1629 nämlich, in welchem der 
wackere Kämpfer für des Thomas Rechte Rosweyd starb, ändert sich der 
Schauplatz und die Führer der antigersenischen Partei. • Statt des Jesuiten 
Rosweyd und Bollandus treten nunmehr Augustiner Chorherrn, statt der Deutschen 
Franzosen in den Streit ein. Nach dem Tode Rosweyds 1629, welcher bis 
nun ein tüchtiger Führer der Thomisten gewesen, traten auch die Regular- 
kanoniker, bisher zuwartende Zuschauer, ftlr ihre Ordensbrüder ein, besonders 
Canonici von St. Genofeva zu Paris. Jean Fronteau von St. Genofeva und 
Werlin in Deutschland traten in demselben Jahre und in derselben Weise 
agressiv und heftig auf. Ihnen gesellte sich noch im selben Jahre 1641 
Thom CarrtJ, Beichtvater bei den englischen Fräulein zu Paris bei. Den 
Reigen der Thomisten aus den Kanonikern führt Jean Fronteau, *) Lector 
der Theologie zu St. Genofeva in Paris. Allein sein Thomas a Kempis 
vindicatus vom Jahre 1641 wurde kaum gedruckt von den Augustinern zu 
St. Genofeva alsbald zurückgezogen, unbekannt aus welchen Gründen. In- 
zwischen veranstaltete der Kardinal Richelieu eine neue Ausgabe der Imitatio, 
welche des Inhaltes und des Kardinals würdig ausgestattet werden sollte. Es 
handelte sich um den Auetor, dem die Ausgabe zugeschrieben werden sollte. 
Natürlich waren Gersenisten und Thomisten gleich bemüht, der Impressio 
regia ihren Kandidaten als Verfasser vorgedruckl zu sehen. Richelieu wollte 
die Sache gründlich untersucht haben und Hess eine Commission aus beiden 
Parteien zusammensetzen, welche die Gründe hüben und drüben würdigen 
nnd definitiv für einen Kandidaten entscheiden sollte. Allein de Noyers konnte 
nicht kommen, die Streitenden sich nicht einigen. Dazu erwies Karl Labbt! 
dem Staatskanzler den unangenehmen Dienst, mh Verwerfung der beiden 
bisherigen Prätendenten Gerson als wahren Verfasser vorzuschlagen und 
erweisen zu wollen. Der Kardinal decretirte, die Imitatio ohne Namen des 
Verfassers zu drucken. Die Gersenisten konnten sich insofern darüber berech- 
tigt freuen, als Richelieu ihnen ebenso grosse Berechtigung wie den Tho- 
misten zuerkannte und somit deren geglaubtes ausschliessliches Recht 



*) Fronteau bewies in einer eigens verfertigten Dissertation , dass sein Name latinisirt 
Fronto laute. 





anzweifelte, 'j Ganz mit Unrecht aber hat Naiidö und nach ihm Viele hiervon 
Veranlassung genommen zu behaupten, Richeliea habe die römischen Codices 
m. s. untersuchen lasseu wollen und von deren Unversehrtheit sein Ver- 
fahren abhängig gemacht; denn damals dachte wol Niemand auch nur im 
enlfemtesten an die Möglichkeit einer Fälschung; diesen Verdacht hat erst 
eben Naude selbst gegen die Gersenisten ausgesprochen und verbreitet, *) 
Zur Untersuchung besprochener Codices in Rom veranlasste der General- 
procuralor der Mauriner P. Placidus Simon, welcher bei Cajetan die drei 
Mss. gesehen hatte und sich überzeugt hielt, die Thomisten würden vom 
Streite abstehen, wenn sie dieselben gesehen oder notarlich bezeugt davon 
Nachricht erhielten, eine Besprechung, Besagter Placidus und Johannes, Procu- 
ralor der englischen Benedictiner, erschienen also am 3 1 . Jänner 1 64 1 mit Ihren 
vier Handschriften beim Kardinal Bagoi, welcher die Untersuchung dem Gabriel 
NaudtS übertrug. Dieser untersuchte die Codices ganz allein in seinem Museum 
und notirte sich verschiedene Fälschungen, die er in denselben bemerkt haben 
wollte. Im Codex des I.eo Allalius, welcher den Titel fürt; Tractatus Joannis 
de Canabaco de Imitalione Christi etc. kommt auch eine BuUe für einen päpst- 
lichen Legaten für Deutschland vor. welche die Jahreszahl 1448 trägt, daher 
wird auch der Codex nicht älter sein, da beide — Imiiatio und Bulle — 
gleichen Schriflcharakler haben. Wichtiger als das sind die Entdeckungen, 
welche Naudi? am Codex von Padolirone gemacht hat. Zuerst conslatirt er 
den groben Fehler, dass die Aufschrift laute: Incipit Über Joannis Gersen 
primus, wo doch das primus offenbar verstellt sei und eigentlich zu liber 
gehöre. Ubendrein zeigen die Worte »Liber Joannis Gersen primus« ein 
viel frischeres und jüngeres Minium als die folgenden: de contemplu mundi 
et Imilatione Christi, so dass selbst ein Blinder aus dieser Verschiedenheit 
im Minium den Betrug entdecken könnte. Ebenso sei der Schhiss »Ex|tlicil 
liber ([uartus Joannis Gersen de Sacramenlo Eucharistiae« verfälscht, indem 
man leicht aus dem früheren Cerson das »01 in tet habe ändern können. In 
der Handschrift von Cava findet Naudii keine Fälschung, nur könne der 
Mönch im ersten Bilde eben so gut den heiligen Benedict vorstellen. Die 



') >Nec tibi ipiii pcrsuadens, ui 
cODSulIatiune siniul rl Junnnes Gerstn a 
videlicet an Kempensis possessio legitima 
iBmquam clarus et Jndubitattls jaiii delinil 
muKt (amquam requircns magis e 



im, leclur , quixl aljdtcato Kcnipenu, ea hcruuni 
:lic,iri dcbeat, quin cum diio esscnl in conlruverein, 
esset et cui adjudicari dtberel; ac primus arlicnlus 
s esset, allcrius uero decisiu prudenter fuit ptactcr- 
tlibenitioQcm. quam ad sc regia majcstas speclare 

Dcquaquam exislimavit.« Cunstuil. Cajet. Rcspons, apol. pag. 56. lläUc Malou (tcchcrchcs. 

pag. 15 Anm. i.) die gante Sielte wiedergegeben, -so würde das ■entonna un nouveau chant 

de vidoric« Cajelan kaum so Ificherlich erscheinen lassen. 

') ThuiJliet 1, c. pag. II. tM. Naudi n'a pas raisea de dire, que la Cardinal de 

Kichelicu et Ics BenedicLus de Paris vaulurent fair dccider4!i qucstion par Tciamen des piss. 

ilc Runie. On n'avoit pas jiisi|u'a1i>ri »ongf it accuscr Ics mss. de ralsiücntion. • 




i 



io6 

Nachschrift im Drucke des Stessa zu Venedig ist nach Naudd ganz jung 
und könne man trotz des darüber geschriebenen Johannes das ausradirte 
Thomas auch recht wol lesen. Ueber das beigefügte Abbas Vercel. verliert 
unser Gewährsmann kein Wort. Naud^ fertigte über seine neuen Entdeckun- 
gen kein öffentliches Instrument aus, sondern schickte seine Beobachtungen 
insgeheim den Brüdern de Puys (fratres Puteani), welche dieselben auch 
geheim hielten, bis endlich Fronteau 1649 ^^"^ Kempis vindicatus Naud^s 
Zeugnis vordruckte. *) Allein Constantin Cajetan bekam Kunde, Hess die 
Handschriften neuerdings untersuchen, worüber am 15, Jänner 1643 
Sanctes Floridus, Notar der Kurie, ein Instrument aufsetzte, welches die 
Unversehrtheit sämmtlicher Codices bezeugte. *) Inzwischen ging Cajetan 
damit um, die Imitatio griechisch herauszugeben und mit den Typen der 
Congregatio de propaganda fide. Kaum hatten das die Kanoniker gehört, 
so richteten sie an diese Congregation einen flehentlichen Brief) mit der 
Bitte, ja unter keinem anderen Namen als dem des Thomas die Imitatio Christi 
drucken zu lassen, den Vorstellungen Cajetans, der es gewagt, in der Alma 
Roma Altar gegen Altar aufzurichten, keinen Glauben zu schenken. Con- 
stantin Cajetan antwortete darauf in der Responsio apol. pro Gersene, welche 
er 1644, »ex typographica officina sacrae congregationis de propaganda fidec 
herausgab. Die Thomisten schwiegen durch fünf Jahre. Die Vorrede zur 
französischen Uebersetzung von Carrt§ 1644 und Chifflets Avies ou lectur 1646 
enthielten keine Erwiederung. Da trat Fronto mit seinem schon lange vor- 
bereiteten Werke: Kempis vindicatus hervor, in welchem er den Bericht des 
Naud(5 über Fälschungen der Codices veröffentlichte und in bitterer und 
leidenschaftlicher Weise gegen die Gersenisten, besonders aus dem Bene- 
dictinerorden , zu Felde zieht.*) Die Benedictiner mussten jetzt Antwort 
geben, weil sie durch den Brief des Naudt§ und durch Fronteau's Ausfalle 
alz Betrüger hingestellt worden waren. Es antwortete denn auch der berühmte 



*) Naud6 spricht da von falsitates, oppositiones, ineptiae Benedictinae. »Cum plures 
(cod. mss.) profeirentur a nostris, qui Joanni Gerseni aperte fauerant, aduersarii praeeunte 
Gabriele Naudaeo, qui ob susceptas Roniae cum Constantino Caietano Cassinensi inimicitias 
iras deinceps per libellos suos ubique totis paginis aduersus Benediclinos enomuit, nodum hunc 
secare conati sunt falsi postulando Codices« Bern. Petz , Biblioth. benedict. Maurina Aug. 
Vind. 17 16. p. 113. sq. Den Grund der Feindschaft Naude's gibt Mabil Ion, De re diplom. 
libri VI. Lut. Paris. 1709. 1. III. c. 3. 

*) Eben dieser Sanctes Floridus bezeugte unter dem 3. März 1641, dass in dem Ver- 
zeichnisse der Taxen, welche die Klöster an Rom zu leisten hatten, die Abtei S. Andra zu 
Vercelli erwähnt werde. 

•) Zu lesen bei Thuillier 1. c. pag. 16. 

*) Er nennt ihre Behauptungen pcrpelua et pertinacia mendacia, consilium, atrox 
impiclas, intolerabilis impudentia. Uebrigens ist nicht zu übersehen, dass Fronto selbst sein 
Werk als »partus indignanlis animi et stumachantis-» bezeichnet. 



Mauritier D Rob Qnatremaire noch in demselben Jahre 1649 in seinem 
Gersen assertus, welcher schon 1650 in zweiter Auflage erschienen ist. Der 
Erfolg Quairemaires war ein grossartiger. Auf den Kanzeln predigte und 
verkündete man Gersens Lob, der gelehrte Jesuit Sirmond beglückwünschte 
iinsem Auctor zti seinem überzeugenden und abschliessenden Werke, an 
welchem ganz besonders die Mässigimg der Sprache und die leidenschafts- 
lose Objectivitäl des Urtheils zu loben sei; gehe ja doch durch unmässige 
Streitereien die Wahrheit verloren. Dem Werke Quairemaires war noch Jean 
de Launoy's Dissertatio conlinens judicuni, welches dann separat in sieben 
Auflagen, zuletzt zu Köln 1732, erschienen ist, beigedruckt. Den bedrängten 
Thomislcn kam jetzt Hilfe von dem Jesuiten Georg Heser. Von mehreren 
Seiten aufgefordert ') und vielfach ob seiner Arbeiten beglückwünscht, *) 
wurde er mit einem Male der Hauplträger der thomistischen Sache, ver- 
öflentlichte mehrere Schriften gegen die Gersenisten, in welchen er auf Con- 
stantin Cajetans Apparatiis ad Gersen restitutum grob') wenn auch kraftlos zu 
antworten und dem Qnatremaire die Palme zu entwinden strebte. Heser führt 
zuerst den Codex von Augsburg ans dem Jahre 1440 für Thomas in's Treffen 
und versteht sich als der erste, gedrängt durch die gersen istischen Hand- 
schriften, zu der unnatürlichen Annahme, Thomas müsse wohl schon 1410 
die Imitatio verfasst haben, also vor seiner Priesterweihe I Das bislang von 
den Thomisten so hochgehaltene Protografon Antverpiense von 1441 musste 
in Folge dessen zu einem autografischen Apografon des (unbekannten) 
Protografon degradirt werden. Ausserdem führt P. Heser einen sehr starken 
Traditionsbeweis, indem er ein iudicium cenlum virorum für Thomas 
zusammenstellte. Es war kein Schweres, diesem Aiictoiilälsbeweise, durch 
welchen die Anhänger des Hämerken den Mangel an Quellen beweisen er- 
setzen wollen mochten, ein Centumvirat von Gersenisten gegenüber zu 
stellen. Dieser Arbeit unterzog sich .\bt Gregor von Ottobeuern, aber mitten 



') Vid. Gab. Rnjmnudus Epislol. M. 17. Jan. 1650: »Labor quem R. V, suscipll 
pro asserendo aurealü opeie de imitnlioae Christi gemiatiü parcnti ciiu Tliuma n K. püs sc 
peritü Omnibus pergratus nccidet.i cod. lat. mon. 1150^. a. fol. 17. 



4 



•) Obwol es aui 
& mihi nunc elüitn. qm 
quun ut sulTragari iis qi 
pnclerea ponderie apud 

controucraia causae nihil haberctil, cur gratiae (t) aliqnid tribuercnti poUora pro J( 
ugan>ei\Ui ceusuenint.a Cud. 1. m. 11506. a. p. 30. 

*) 'R. V. (absit ucrbo inuidia) admodum inmitericorditer 
selbut Raynaud dd. 30. Sept. 1650. Cod. I. m. eil. f. 16 b. 



1 gcgenlhciligen Zuschriften nicht fehle. So Sinnondus: »Falebor 
in illum cod. oculos conicio uestustiorem hunc codicem uideri, 
qui auctorem eius operis Tbunia^i Cenipcnsem arbitratilui, magni 
seuiper fuisse sunimoium uiroruai praeiudicj 





io8 

in seinem Sammeln entriss ihm der Tod die Feder. *) Der Regular-Ka- 
noniker Simon Werlin von Diessen hatte nicht so bald von diesem Plane 
des Benedictiner- Abtes Gregor von Ottobeuern Nachricht erhalten,*) als es 
auch schon in seinen Vindicae novae Kempenses in beleidigender Weise 
gegen den verstorbenen Gregor und die bairischen Benedictiner loszog. 
Dadurch wurde der Streit auf deutschen Boden verpflanzt und hier in 
der unerquicklichsten Weise geführt. Den Vindiciae novae des Probstes 
Werlin von Diessen war eine Widmung an den Erzbischof von Freising 
vorgedruckt, in welcher Werlin und besonders Petrus, Propst von Gars, 
im Namen der Pröpste von Chiemsee, Baumberg, S. Zeno, Au und Hegl- 
wart den Schutz des Erzbischofs gegen die falschen und betrügerischen 
Benedictiner erflehten. •) Auf diese ganz mutwillig vorgebrachten Schmäh- 
ungen hin , reichten Abt Maurus von Ottobeuern , Fr. Jakob Prior und der 
ganze Convent eine Bittschrift beim Freisinger Erzbischof ein, er möchte 
doch seinen Namen diesem Schmählibell nicht weiter vorgesetzt sein lassen 
und dasselbe unterdrücken. Vitus Adamus antwortete unterm 30. März 
ziemlich ungehalten. Es sei ihm gar nicht in den Sinn gekommen, dass in 
dem ihm dedicirten Buche eine Schmähung der Benedictiner enthalten 
sei, ^) er könne die Approbation des Buches nicht mehr rückgängig 
machen.*) Uebrigens wolle er einem diesbezüglichen Buche eines Benedic- 
tiners ebenso gerne seine Approbation geben. •) Dem entsprechend lautet 



*) Noch jetzt bewahrt das Bcnedictinerstift Ottobeum in seiner Bricfsammlung über 
die Imitatio Briefe an Abt Gregur, in welchen seiner Suche nach Material geantwortet ist. 
Leider ist durch die 1803 erfolgte Säcularisation gar viel verloren gegangen. 

*) Oljendrein hielt er Abt Gregor auch für den Verfasser der »Animaduersiones 
Apülögeticae« (MabiUonii): »Animaduersiones apologeticae . . . uidentur profecto a. D. 
Gregorio Abbate scniore Uttenburano.« Cod. I. m. 11506 a. f. i. Brief von den Kai. 
Mai. 1640. 

') »Contra plagarios quosdam benedictinae familiae, librorum fures; contra homines 
et vim Kempensi Thomae afferentes et infainiani ; contra homines indoctos, falsiloquos; contra 
homines iniquissimae libidinis; inquietos, invidos, ambitiosos, fallaces, falsarios, falsi criminis 
non semcl reos, I^uernae tandem, quae furum Dea est, sacerdotes!« 

*) Abt Albert von S. Peter in Salzburg erklärt in einem Briefe an Abt Maurus von 
Ottobeum dd. 30. April, dass diese Antwort des Freis. Bischofs keineswegs befriedige, übrigens 
finde er sie erklärlich. «Pro certissimo habeo, so schreibt er, illum nee Uteram quidem 
nedum vcrba illa (Ottonis Pura) in Vindiciis Kemp. vidisse aut legisse.« 

*) Die spitzige Bemerkung des bischöflichen Rescriptes: »Quis te censurae nostrae 
censorem constituit?« möchte Abt Albert in seinem Briefe an Maurus von Ottobeum dd. i I.Mai 
dahin beantwortet wissen: »lUe, qui legem naturae condidit, qua iniuriam etiam a principe 
mihi illatam censere et indicare non quidem punire licet. Ceterum , quis monasteriorom 
iniuriarum censorem et approbatorem aliquem constituit?« 

") So berichtet Abt Albert dem Maums von Otlob. unterm 25. Mai 1642. 



denn aiirh der Widerruf des Propstes von Diessen ziemlich Eweideutig, ') 
während hingegen der Propst Petrus von Gars iiii Consistoriiim zu Salzburg 
einen entschiedenen Widerruf leisten musste *) und endlich VVerlins Libell 
im ganzen Erzstifte streng verboten wurde. ^) 

Zur selben Zeit, in welcher in Deutschland die Streitenden von der 
Sache fast ganz abgingen und sich in persönlichen Jnjurien gefielen, berciteic 
sich in Frankreich der Kempist Naudt^ zu ähnlichem Wagen. Durch Cajelan 
und Quatremaire besonders war Naude der Unwahrheit in seinen Berichten 
über die vier römischen Codices (iberfilhrt worden. Diese Mackel suchte er 
Hm jeden Preis loszubringen. Dazu schlug er aber einen zweifachen Weg 
ein, den der Gewalt und der Verleumdung. Kr richtete nämlich unterm 
17. August 1650 ein Bittgesuch an den Präfekten von Paris, welcher zu- 
gleich die Biichercensur hatte, in welchem er niciil weniger verlangte, als 
da,ss er bei allen Buchdruckern und in allen BUcherläden zu Paris und auch 
sonst allenthalben nach den diessbcziig liehen Werken Quatremaites und Valgravs 
fahnden und selbe confisciren dürfe, dass die besprochenen Auetoren in der frag- 



wuhl nuch dem Thoniae von 
unabgcbracheii) Ew. Hocliw. 
iiilüglicb veridhen, »Den im- 
une] weilberUnilUen Gottihaui 



nii an. 1643; iliitl ilemnaoh i: 
1 Freisingen, als Approbatori, s 
n Gottshaus ohne Nachtheil und S-chaden, : 
Kempen in der Haupl-Snch, und Ordini Canoniconim RcEUlorii 
wollen mir durch Lieb unsers ]Ietren Jesu Christi Cnicifixi n 
Ifleichen Venlnnd fallen las»tn und mich fUi 
Infamalureni nil halten.- 

') fid. 16. Juli 1642. 

') iDieweilen nun nil nllein in gcmeliilcn Vindiciis Kempensibiui , soniicm nuch in 
deroan Ihr. HochfUrstl. Gnaden geslellten Dedicalion selbstcn dergleichen Sachen begriffen, 
welche üwischen genreldlen S. Aueustini und dem Heil. Orden S. Beoedicli allerhand Weit- 
Ineuriigkeit, Zwylracht und wnhl auch cndlllch Publica scandaLi verursachen; Es benebens da« 
Ansehen gewinnen mocchle, weilen angcdeulc ohnbeschcidene Edition dissBüchels Ihrer Hochfiirsll. 
Gnaden tarnquam Patrono dedicierel , als ob dieselbe herab ein sonders Wohlgefalteli tragen 
llioclen, sich dieser Controx-ersien beladen, und hierinnfalls gleichsam einen Orden wider den 
anderen handhaben wollen , da doch Ihrer HochlUrslI. Gnaden von mehr gelohter Edition 
und Dedication, ehe dieselbe berait schon eüiche Zeit publiciert gewesen, das geringste nil 
gcwust haben, wenigets voihero wie sichs wohl gecimbt halle unib Dero Gnaedigsten Consetis 
hieriu er&ucht oder angelangt worden seynd. Solchemnach haben Ihr. Hochf. Gn . . . . 
ernstlich anbefohlen, das oeffters angelogene Werlinische Edition des Bllchls de Imiintione 
Christi in diesem Dero Erölifft keines weegs gedultiel sondern allerdings vcrboltcn, die 
beiails dislrahirle Eiemplaria zusammen gebracht und gaenzlich supprimirt werden sollen. ■ 
Sülibarg den 30. Julü 164z. H. Crisloph BiscliolT /u Chicmsee. Auch schrieb Valgrav nn 
Jacob Moiitor. Prior von Oltobeum , man möge sicti getrosten; 'Hoc scribendi gencre . so 
lauten seine Worte dd. 22. Juli, parum proficil Diessensis ille praepositus Wcrlinus vel 
contra nos vel audorem noslnim Joan. Genen de Canabaco, qui pro se ipso alqae nie con- 
viciatori jam respondil eleganlissime ; Quid cnim sunt veiha, nisi verba ; Per ncreni volant, 
led lapidem non Inedunlli 




1 



110 

liehen Angelegenheit nicht mehr schreiben dürfen und dass die zuwiderhan- 
delnden grosse Geldstrafen träfen. Als Gegenleistung aber versprach er die 
vier Codices nach Paris bringen zu lassen und sie einer neuerlichen Prüfung 
von Gerehrten zu unterwerfen. Er versprach looo turonische Pfunde bei 
der Administration des pariser Krankenhauses zu hinterlegen, welche für ver- 
fallen gelten sollten, wenn die vier Handschriften nicht seinem Berichte ge- 
mäss gefälscht wären. Der Stadt-Präfect bewilligte die ganze Bitte. Valgravs 
Gersen assertus wird unterdrückt, zu Gunsten Gersens zu schreiben bei Strafe 
verboten. Naud^ scheint die Herbeischaffung der Codices nicht besonders 
im Sinne oder doch wohl für unmöglich gehalten zu haben, weil die Eigen- 
thümer der anicianischen Bibliothek sich gegen ein Weggeben gar sehr 
sträubten. Daher war er schon im Vorhinein von der Ungefahrlichkeit seines 
Unternehmens überzeugt; doch wollte er sich der übernommenen Pflicht ganz 
entschlagen und verlangte, dass die Handschriften auf Kosten der Benedic- 
tiner herbeigeschafft würden. Die Antwort vom 6. September 1650 lautete 
dahin, dass Naude dem Versprechen vom August und zwar auf seine Kosten 
zu entsprechen habe. Die bestimmte Frist von fünf Monaten war um, und 
Naud^ machte gar keine Miene, sich die Handschriften in Rom zu ver- 
schaffen. Daher reichten die Mauriner d.d. 13. Februar 165 1 bei der Pariser 
Büchercensur eine Beschwerde ein und beantragten, Naudt§ solle jetzt als 
Verläumder behandelt werden, indem er sich weigere sein Referat über die 
römischen Handschriften durch Vorweisen derselben zu rechtfertigen, alle 
Injurien gegen die Benediktiner sollen aus seinen Schriften gestrichen, weitere 
mit einer Strafe von 3000 Pfund zu Gunsten der Gefangenen bestraft 
werden. Naudt§ lässt am 14. Februar, um sein Geld vor dem Verfallen zu 
retten, in der Stadtpräfektur die Erklärung abgeben, er habe trotz rastloser 
Bemühungen die Handschriften nicht erhalten können und bitte überhaupt 
um Befreiung von der auferlegten Verpflichtung. Die Curie bestimmte ihm 
aber noch drei Monate, nach welcher Zeit die Schriften der Benedictiner 
wieder freigegeben und den Söhnen Benedicts sowie allen Gersenisten das 
Schreiben jvieder erlaubt werden sollte. Da nichts geschah, was einer Er- 
füllung des Versprechens von Seite des Naud^ gleichsah, so fassten die 
Mauriner das sogenannte Factum ab, in welchem sie sich beklagen, dass man 
ungerecht und gewaltsam den »Gersen assertus c unterdrückt habe. Zugleich 
wiederholen sie, dass die Incriminationen Naudt§'s ganz unbegründet seien 
und beantragen, man möge den Gersen assertus freigeben.^) Auf dieses 



^) Zugleich beklagte man sich , dass Naud6 den Constantin Cajetan »rabougri« genannt 
hat, über dessen beleidigenden Begriff viel gestritten worden ist , bis endlich der Gerichtshof 
dieses Wort für ein Schimpfwort erklärte. Les sentiments de TAcad^mie fran^aise sur la 
signification du mot »rabougric recueillis des lettres de deux academistes ecrites au sieur 
Naude. Unter den Briefen Chifflel' als ms. in der kön. brüs. Bibl. 




»Fncium« antwortet NauciiJ in verschiedenen Flugscliriften, welche die Sache 
so darstellten, als ob die Benediciiner die Auslieferung der Handschriften 
hintertrieben hätten und durch welche er den Stachel seiner giftigen Zunge 
rücksichtslos in die Ehre seiner Gegner einsenkte. Das Unglaubliche in dieser 
Beziehung leistete die löji von Naudii herausgegebene »Coniectio Kem|)ensis.< 
Man findet da auf der zweiten Seite den Abt Gersen aufgebaart mit fol- 
Partdre : 

Exequias 
Jano Gersenio, 
Terrae filio, Gigantum 
Fraterculo, ijuibus est 
Commodum ire, jam 
Tempus est; 
ollus ex aedibus 
effertvir. 
Das Buch selbst soll haiiptsiichlich die Wahrheit des Naude'schen Be- 
richtes bezeugen. ') Als Beweismittel ist unter anderen angebracht das Zeugnis 
der fratres Puteani, dass Naud^ ihnen wirklich schon 1641 jenen Bericht 
über die Verfälschung der römischen Codices geschickt habe, welchen sie 
dann bis 1649 geheim gehalten hätten. Zufällig sei Fronto zu dessen Kennt- 
nis gelangt und habe ihn veröffentlicht. Die Benedictiner hatten Naudii l>e- 
schnldigt, dass er nur aus Cnnnivenz gegen die Augustiner die Handschriften 
für gefälscht ausgab und wie zur Bestätigung theilt der Beschuldigte in der 
Coniectio Kempensis auch ganz passend das königliche Diplom mit, durch 
welches er ein Augustiner Priorat erhielt. Solches geschah 1644, also drei 
Jahre nach jenem famosen Bericht. Inzwischen war die letzte Frist von 
drei Monaten um, Naud«; sollte der ausgemachten Strafe verfallen. Da 
wendeten sich die Regular-Kanoniker von St. Genofeva zu Paris bitllich an 
den Senat, es möchten doch die früheren Edicte gegen die Benedictiner 
streng beobachtet werden, besonders solle den Benedictinern und deren 
Helfershelfern streng verboten werden, die Imitatio imter dem Namen Gersen 
oderGessen drucken zu lassen. Durch das Edikt vom 12. Februar 1652 wurde 
zwar dem Valgrave die Erlaubnis ertheüt, seine bisherigen Schriften zu ver- 
breiten, aber es dürfe fernerhin die Nachfolge nicht unter dem Namen 
Gersen aufgelegt werden, und dabei habe es zu bleiben für alle Zukunft. 
Die Freude der Thomisten drückte sich aus in dem Buche des Nie. Desnos: 



" 



') Wer den Geist des Buche« näher kennen lernen w: 
dos er nuf den crslen 19 Seiten folgenden LiebenswUrdigkcii 
widmet werden, begegnen wird : 'l'echiiae, fraudes inanirest.'ic, 
pnlida mendacia. mBlilia, Stupor, quiHjuibae, vilia sciula, fron 
tanr, stultilin, dedecus. nagitiuni, imptKlnra. 



ill, den 



diene lur Wissenschaft, 
den Benedidinem ge-" 
brnedictinum . nugoe, 




i 



112 

Thomae a Kempis . . . triiimphus de adversariis, welches noch 1652 er- 
schienen ist und dem sich »La Contestation touchant Tauteur de T Imitation, c 
ebenfalls von einem regulirten Kanoniker, Gabriel de Boissy mit Namen, noch 
1652 anschloss. Der Streit war in einer Weise gefUhrt und auf ein Gebiet 
übertragen worden, wohin die Benedictiner nicht folgen wollten und nicht 
folgen konnten. Während die Thomisten Triumphe feierten, ohne Siege 
erfochten zu haben, sammelten die Mauriner mittelbar und unmittelbar 
Handschriften aus aller Herren Länder. Dr. Johannes Rubeus versprach die 
Uebersendung der vier römischen Codices zu erwirken, zugleich wendete er 
sich an den Secretär des Jesuiten General mit der Bitte, den Cod. Aronensis 
nach Paris schicken zu lassen. Allein der Secretär erwiederte, er könne die 
gewünschte Handschrift durchaus nicht finden, obwol er sicher wisse, dass 
sie von Arona nach Rom transferirt worden sei und er den Cod. selbst 
öfters in den Händen gehabt habe. In Deutschland hat sich um die 
Eruirung alter Imitatio-Codices und um deren Uebersendung nach Paris ins- 
besondere D. Anton Lescalius, Prior der Abtei Münster im S. Georgsthale, 
unsterbliche Verdienste erworben. Sein Werk war es, dass die schwäbische 
Benedictiner-Congregation in einem Generalkapitel beschloss, dass der VisiUitor 
auf seinen Reisen auch auf die alten Imitatiohandschrif^en eines jeden 
Klosters zu sehen und ein Protocoll darüber zu iUhren habe. Aber auch 
so wäre der Visitator besonders in Niederösterreich und den angrenzenden 
Ländern nicht zum Ziele gekommen, wenn nicht der Abt von Münster mit 
allen Gütern seines Klosters gutgestanden hätte, falls die Handschriften 
innerhalb zwei Jahren nicht zurückkämen.*) Im Jahre 1668 gelang es 
auch, den Codex des Leo AUatius zu bekommen. Da Allatius keineswegs 
zu bewegen war, sein Kleinpd aus der Hand zu geben, so schickte man 
ihm seinen Freund, P. Bona. Aber es wollte auch so lange nicht gelingen, 
bis endlich Allatius, in Folge eines Schlagflusses schwer krank, gegen ge- 
höriges Unterpfand in die Abgabe der Handschrift wüligte. Am 26. März des- 
selben Jahres schickte der P. Franz Paravicino, Rektor des Jesuitenkollegs 
zu Arona eine Authentika des unfindbaren Codex Aronensis. Auch die 
Jesuiten von Antwerpen schickten das Autographon Antverp. Nach solchen 
Vorarbeiten schien endlich die Zeit gekommen, die Codices genau zu prüfbn 
und die Streitfrage entgültig zu entscheiden. Der Erzbischof von Paris, Dr. 



*) In Folge dessen entwickelte sich eine lebhafte Korrespondenz zwischen den Maorinern 
und den deutschen Benediktinern, welche jüngst Alphonse Dantier im Auftrage seines Unterrichts- 
ministers besonders aus dem Archiv zu Colmar edirt hat in den Archives des missions scientifiques 
et litteraires, tome VI. Paris 1857 pag. 291 — 296 und 475—495. M. Dantier meint, 
pag 296, der Briefwechsel der Mauriner mit den Deutschen sei in die öster. Benedikünerstifte 
Melk, S. Paul und Griess geflüchtet worden. Dies erwahrt sich nur an Melk, über dessen 
hierhergehörige Piöcen der Anhang berichtet. 



"3 

Frani Harlay, nahm sich selbst Her Sache an. wählte die Koryphäen des 
gelehrten Paris als Schiedsrichter und sagte diese (iJGelehrtenversamnilving 
auf den 14. August tfiyi an. Alle fanden sich am festgesetzten Tag zur 
bestimmten Stunde , S Uhr Morgens ein , nur Du Gange war verhindert, 
rechtzeitig z« kommen und fasste daher später ein Separatvotura ab. Die 
Mitglieder dieser Gelehrtenconferenz sind folgende: Drei Benedictiner, Dr. 
Claud. Martin, Assistent des General-Superior, Prior zu St. Germain ; Dr. Joh. 
Mabitlon und Dr. Franz Delfau; Faure. Doctor der Sorbonne; P. I.e Cointe, 
Oratorianer, durch seine Annalen hochberiihmi; D. Valesius, durch /aireiche 
wissenschaftliche Werke bekannt; Don Vion d'Herouval, grosser Kenner des 
Alterthums; Dr. Balu; Dr. Colberti, gerade kein Freund der Benedictiner; 
Dr. Cotelerius, Kustos der königlichen Bibliothek, Der F.rzbischof hält eine 
entsprechende Anrede, welche beiläufig drei Miserere lang gedauert und in 
welcher er besonders betonte, einen wie grossen Dienst die Versammlung ihm 
und der Oeffentlichkeit erweise, wenn sie ohne jedes Vorurthcil ihr Unheil 
abgebe, untersucht dann jeden der vorgelegten Codices genau, was auch 
jeder der Theilnehmer thut. Zum Schlüsse wird Mabillon beauftragt, über 
die ganze Untersuchung einen Verbal pro ze.ss abzufassen, den er auch nach 
einer guten Stunde in der Skizze vorlegt. Der Erzbischof fragt sodann um 
die Meinung der Theilnehmer. Das Urtheit ging dahin , dass Thomas von 
der Vaterschaft auf das goldene Büchlein ausgeschlossen sei und das Büch- 
lein Gersen als seinem Auetor zurückgegeben werde. Der Erzbischof bezeugte, 
dass auch er dieses offen und unumwunden constatiren würde, wenn auch 
die Augustiner durch Abgesandte vertreten gewesen wären. ') Vor der Hand 
möge man sich mit einem dreifachen begnügen. Erstens unterschreiben alle 
Anwesenden zusammt dem Erzbischofe den Verbal proz es s ; zweitens der Erz- 



') Man findet den Bericht lll*r dicFC wichtige Entscheidung gat häufig enlülcllt und 
es wird darauf hingewie^n, dass die Gelehrten sich nicht ausdrücklich lür Geisen crklSrl 
hallen, überhaupt nichts bcslimmles entschieden worden sei. Dos letztere widerlegt sich 
selbst, inAm ja die Gelehrlenconfeienz die InlegritiÜ aller von den Benedictinem vorgeführten 
Codices und das Aller , wie diese es behanplet, ofTen und Uar tiesläligt. Mit dem war das 
solide Fundament gegeben, über welches die Getsenisten in der Folge ihre ununistösslichcr 
Beweise auHmuten. Auf das Erstere ist tu crwiedem, dass allerdings die Gelrhrtenconrereni 
nicht ausdrücklich scbrifUich niedergelegt hat, Geisen sei der Verfasser, wie es die BenedicÜner 
beantragt halten, dass aber die Versammlung selbst daran nicht im Mindesten gezweifelt hat. 
Das erhellt aus dem authentischen Berichte (D, Vinccnl. Thuiliier. I. c. pag. 16). Die 
Mitglieder der Versammlung aus dem Benediclincr Orden (U. Claude Marlin. D. Jean Mabillun, 
D. Fran^ois Delfau) beantragen , in dos Instrument mit aufzunehmen die Erklärung, Gersen 
sei der Verfatser und kein anderer. Die Benedictmer mUsen sich nun aus dem äaale ent- 
fernen und der Eribischof beralhschlagt hierülicr mit den Gelehrlea. Nachdem die Benedictiner 
lurilckgeworfen worden, erklärt der Erabischof wie folgt; »(II limoigna) que ces meKtieuis 
£loienI persuadez de l'exclusion de Thomas, qu'ils U fignetoient si les patües eussent iti 




M 



ti4 

bischof händigt eine Kopie des Instrument's den Regularkanonikern ein und 
fordert sie auf, ihre Codices vorzubringen, wogegen sie sich von der Wahr- 
heit dessen sollten überzeugen können , was die Conferenz constatirt hat. 
Sollten die Thomisten aber drittens einer mündlichen Unterredung ausweichen, 
und gar nichts an's Tageslicht bringen können, so geben sie dadurch eo ipso 
einen Beweis ihres Rückzuges, und der Erzbischof werde hierüber den Bene- 
dictinern ein eigenes Zeugnis ausstellen. Darauf unterschrieben alle An- 
wesenden, bestätigten und bekräftigten die Aechtheit sämmtlicher Benedictiner- 
handschriften. Hiermit waren alle Anklagen des Naudt§ und der Thomisten 
von den grössten wissenschaftlichen Autoritäten Frankreichs als ganz unbe- 
gründete Verläumdungen erwiesen. Die Benedictiner hatten inzwischen von 
Rom aus einen neuen Codex, den Cod. Slusianus, der von dem einstmaligen 
Besitzer Joh. Gual. Slusius, Sekretär und Hausprälat Clemens X. den Namen 
trägt, erhalten und beriefen nach S. Germain zur Prüfung dieser Handschrift 
die (2.) Gelehrtenversammlung vom 21. August 1674, welche das ms. 
acht und tadellos fand. ^) Nachdem die Mauriner durch volle zwei Jahre 
gewartet hatten, dass auch die Thomisten ihre Codices einer wissenschaft- 
lichen Commission zur Begutachtung und Untersuchung vorlegten, wurden sie 
endlich des Wartens müde und gaben die Registratur über die Handschriften 
der Benedictiner, das sogenannte »Instrumentumc heraus. Dr. Delfau baute 
über diesem Instrumentum eine Dissertatio für Gersens alleinige Ansprüche 
auf das goldene Buch auf und fügte eine herrliche Ausgabe der Imitatio 
bei unter dem Titel des Gersen. *) Die Dissertation des Delfau wirkte auf 
die Gegner, wie ein vorgehaltenes Medusenhaupt. Noch zwei Jahre lebte 
Delfau und wartete auf eine Entgegnung, doch die Thomisten waren still 
und rührten sich nicht. Als aber der noch ganz junge Mauriner plötzlich 



pres^ntes.c Also nur aus Rücksicht gegen die Thomisten hat man von der schriftlichen Er- 
klärung für Gersen Umgang genommen. Vgl. darüber den authentischen Bericht, welchen 
Mabillon acht Tage nach der Conferenz an den Generalprocurator der Congregation zu Rom 
geschrieben hat, mitgetheilt von Dantier 1. c. p. 475 ff. 

') Das Urtheil abgedrückt in der Mauriher Ausg. der Imitatio, bei Wolfsgruber, 
1. c. p. XXXVU. 

•) Paris apud Lud. Billainc 1673. 8". Die Disserüon erschien auch 1674 separat. 
Das Instrumentum, die Dissertation des Delfau der zweiten und vermehrten Auflage findet 
man in der durch Dr. Coelestinus Wolfsgruber (Vindobonae. Henric. Kirsch. 1879) erneuerten 
Mauriner- Ausgabe der Imitatio Christi. Es muss die Mauriner Ausgabe der Imitatio als die 
beste und correcteste bezeichnet werden , weil sie aus den besten und ältesten Handschriften, 
welche die Mauriner eben wegen des Streites beisammen hatten, gefertiget ist und weil die 
beiden auch sonst durch ihre wissenschaftlichen Arbeiten bekannten Mauriner Delfau und 
Quatremaires die Handschriften aufs gewissenhafteste benutzt haben. Sagt ja doch Delfau 
selbst, Quatremaires habe an dieser Edition, »iucredibili diligentia et improbo labore« 
gearbeitet. 



umkam, ') wagte sich Teslelette, Konzier von St. Genofev.i, mit einer Schrift 
hervor, der er den Namen Vindiciae Kempenses aduersus R. P. Kranciscum 
Delfau (der doch schon todl war) gab. So zierlich auch das Latein in dieser 
Schrift ist, enthält doch das Meritorische derselben nur schon tausendmal 
wiederholtes, dem grösseren Theile nach bietet sie ein recht unerfreuliches 
Bild aufgeregter Partei lei den sc haft und blinden Hasses der Gegner. Was 
aber das Bedauernswetteste daran ist, das sind die absichtlichen Entstellungen 
des Herganges bei dem Gelehrlenconcij *) und die argen Verläumdiingen. 
So wirft Teslelette den Benedictinern vor, sie hätten den Codex PadoJironeusis 
durch 20 Jahre geheim gehalten und nicht herausgegeben, damit das Minium, 
mittelst welchem die Söhne Benedicts den Codex gefälscht hätten, den Ginn/ 
verliere,*) auf der Konferenz seien die Gelehrten von den Benedictinern be 
stechen worden, an Delfaii vermisse man Wahrheitsliebe, Bildung, Charakter 
und Besonnenheit,*) Des wehrlosen, so misshandelten Todten nahm sich 
sein Ordensbruder Mabülon an in seinen »Animadversiones in Vindicias 
Kempenses,« worin er Testelette .seine unschöne Handlungsweise gegen 
Delfau gebührend verwies^) und ihn mit sammt seinem Büchlein derart 
widerlegte und zu Boden schlug, dass dieser keine Gegenschrift mehr wagen 
konnte. Nur ein Brief eines Regulars-Canonikers, P, lie Paris von St. Genofeva 
zii Paris, gerichtet an MabÜlon aus dem Jahre 1679 ist uns erhalten, in 
welchem dieser dem grossen Benedictiner anzeigt, er habe ein Werk: »Joannes 
Gersen de Cavaglia verum phantasmat verfasst, bestehend aus 14 Kapiteln, 
in welchem Gersen aller seiner Insignien, seines Amtes und seiner Würde 
entkleidet uml als reines Hirngespinn^t erwiesen werde. Auch kämen in 
besprochenem Werke Mittheilungen vor, die für einige Benedictiner, speciell 
für Mabillon nicht geradezu vottheilhaft seien. Er rathe Mabillon freund- 
schaftlich an, die Publication dieses Werkes zu verhindern, was dadurch 
möglich sei, dass die Benedictiner ihre Codices nach S, Genofeva schicken und 



') Delfau wurde in Folge eines gelieinien königlichen Befehles dd. 28. Nov. 167S 
nach der Abtei Landcvenec in Nieder- Brelagm: verbannt, «eil er durch sein Werk: ■L'abbf 
cotniiiciulalairei sich den Zorn des Königs lUgeiogcn hatte. Der Tod rerkUnle seine I^ndes- 
vcrweiiung. Er ertrank den 13. Oct. 1676 auf dem Meere noch mit mehreren Ordensbrüdein, 
39 Jahre alt. Seine Werke erwähnt Tnssin, Gelehrtengeschichle der Congr. von S. Maur. 
deutsch Frankfurt 1773. Bd. I. Seile 128 ff. 

') Wie u. a. Martin Mack durch GcgenUbetsfellung der beliefTenderi Stellen des 
Inslromenlum und des 'l'estelet'schen Berichtes darthul. 1. e. pag. 105. sqq. Und doch folgte 
ihm Anioit, und folgen seinem Berichte die Thomisten heute noch I 

') Vind. pag. 200. 

•) I. c. pag. itS: »Veritatem, emdiüonem, consUmliam in iliclis uti et prudenlinm 
ein* (DelfouiiJ multum desiderari I • 

') Umhralica haec pugnn est 
victori« sed non admoduin viclori gloi 



m momio luclari . . . Faclli' 
Mabiü, Animadu. png. 5). 



o (Delfauic.) 




1 



ii6 

dort von den Canonikern prüfen lassen. ') Dasselbe hatten die Regular-Canonici 
schon wiederholt verlangt. Mabillon antwortet kurz und klar. Die Benedictiner 
würden ihre Codices nie nach St. Genofeva schicken , um sie da vor einer 
Privat- und Winkel-Commission untersuchen zu lassen, nachdem die grössten 
wissenschaftlichen Autoritäten bereits ihr Urtheil abgegeben hatten, wol aber 
Seien sie bereit, einer gelehrten Commission von Thomisten , welche im 
Hause des Erzbischofs tagen solle, ihre Handschriften neuerdings vorzulegen, 
nur möchten auch doch endlich die Canoniker von S. Genofeva ihre Hand- 
schriften gleich mitbringen; damit waren die Genofevianer nicht zufrieden, 
und sollte daher P. de Paris sein angekündigtes Werk veröffentlichen. Doch 
hat de Paris es wolweislich bleiben lassen. Der ijohannes Gersen de Cavaglia 
verum phantasmac ist nie im Drucke erschienen. 1681 beriefen endlich die 
regulirten Canoniker eine Versammlung von Gelehrten zur Prüfung ihrer 
Beweismittel. Sie brachten einen Codex aus dem Jahre 1448, der aber 
anonym war. *) Nur war dem Sammelcodex ein Index vorausgeschickt, 
durch welchen Thomas als Verfasser der Imitatio bezeichnet wurde. Die 
Kritiker konnten sich aber nicht überzeugen, dass der Index von derselben 
Hand wie der Codex selbst geschrieben sei und verweigerten daher auch 
ihre Unterschrift. Wichtig ist, dass die Genofevianer auch zwei Chroniken 
des Johann vom Busch vorlegten, in deren einer — und sie erschien den 
Ridilbern als die ursprüngliche — die von den Gersenisten bezweifelte Klammer 
fehlte.^) So wurde dem Mabillon von Du Gange und Baluze, die selbst 
Schiedsrichter waren, berichtet, denn ein Schriftück ist darüber nicht ausge- 
stellt worden.*) Indessen war Mabillon am i. April 1685 nach Italien 



*) Der Brief, welchen Thullier in der oft citirten Contestation pag. 44. sq. mittheilt 
ist zu merkwürdig, als dass wir nicht einige Proben daraus mittheilen sollen. Sein Werk, 
schreibt de Paris, »porte pour titre, Jean Gersen de Cavaglia vrai phantome. Vous jugez 
aiscment, mon R. P., qu'il n'est pas possible d'ex^cuter ce dessein sans faire connottre au 
public beaucoup de choses qui ne sont pas trop avantageuses k la memoire de quelques 
particuliers de notre Ordre, ni m^me, car je ne feindrai point de vous le dire, mais en ami 
et en ami sinc^re, a l'honneur de votre ch^re personne.« 

') Mabillon hatte also recht gehabt, als er den Spöttereien des Testelette gegenüber 
bemerkte, man dürfe sich nicht wundem, dass die Benedictiner 19 Jahre brauchten (1652 — 1671) 
um ihre Codices aus Italien, Belgien, Germanien, Oesterreich nach Paris zu bringen, »cum 
jam sexenniura (die Animadversiones in Vind. Kemp., in denen unsere Stelle pag. 44 vor- 
kommt, sind aus dem Jahre 1677) ab examine (1671) insumpserit Vindex cum collegis suis, 
ut ex inferiori Germania pro suo Thoma impetraret nihil.« 

') Thuillier. 1. c. pag. 45. »Ils produisirent aussi deux chroniques de Jean Busch, 
dans Tune des quelles, qui paroissoit originale, n'ötoit pas la parenth^ sou]>gonn^ de faux 
par les premiers d^fenseurs de Gersen, mais seulement dans la seconde, qu'ils pr^tendirent 
avoir ^t^ augment^ par Buzilius m^me.« 

*) Cf. Molou, recherches p. 23 sq.: »Cette assembl^c eut lieu en 1681, mais eile 



gereist und da er im Herbste 1686 üurllckkehrle , brachte er unter den 
3000 Büchern und Handschriften auch die Codices von Arona, Parma und 
St. Columban zu Bobbio. Ein Gelehrtenconcil, das dritte (1687), sprach 
sich dahin aus, dass die Handschrift von Arona wenigstens schon 300 Jahre alt 
sei, die zweite 1466 geschrieben sei und die dritte mit der ersten gleich- 
aherig sei; ') sämmtliche Handschriften bezeichnen ausdrücklich Gersen als 
Verfasser des Bnches. *) Hiermit waren die Principien fragen im Streite der 
beiden Parteien und damit auch der Streit eigentlich schon entschieden. Die 
Gersenisten haben eine Menge von Handschriften, die ältesten gehen über 
Thomas hinaus, vorgelegt, welche ausdrücklich in ihrem Titel Joannes Gersen 
als Verfasser der Iniitatio angeben und als acht anerkannt werden, während 
die Thomisten auch nicht eine vorzuweisen im Stande gewesen sind, welche 
aufschrifllich Thomas als Verfasser nennt, ja im Gegenthell, das thomistische 
Kleinod, der Cod. Antverpiensis, ihn ausdrücklich als Abschreiber angibt 



Zweites Jahrhu 



ider 



Wenn trotz der Resultate des Streites im ersten Jahrhunderte der Sieg 
der gersenist Ischen Sache im Leben nicht hervorgetreten ist, so hat das eben 
Grund in der Handlungsweise der Kempisverfechtcr, welche mit vollkomme- 
ner Ignorirung des Geschehenen Ausgaben unter dem Titel des Thomas^ und 
Tractädein für denselben veranstalteten und ausstreuten, während die Gerse- 
nisten ihren Sieg nicht recht ausnützten. 

ne dicidn rien.t Wäre es überhaupt möglich gewesen, 50 hätten die Tlioniisten gewLss Be- 
wcismBtcrial herbe igeschalTt ! 

*) Dieses Urtbeil füllten und unterschrieben (olt^nde 19 Gclcbrte ^ Anlon. Fauie, 
de .Sainle-Benve , de Vion d'Herouval, Cousin, du Fresne du CanBe . Eusebe Renaudol, 
Boluic, Jean lUrdouiti S. J., d'Herbelol, Claude Chasti-ldn, Fr. Noel Alexandre Domlnicün, 
Elies du l'in, Francois de Launay, Caülc du Foumy, Emcric Bigül, Charles Bulteau, Fr, 
Casimir Houdin, Clement, J. Cliamillnrd S. J. 

*) Wetin M. Danlier in seinem wiederholt ßc-nolmlcn dcllx. rapporl es rieh nicht vcr- 
mgen kann, von seinem Standpunkte aus Über Mabillon ;:u schreiben, pag. 194 : «Apris avoir 
soutenu, avec un lalenl digne d'une meilleure cause, une disciissiun ä laquelle il s'ctail laisse 
cnlralner par ce qu'on peut appeler [e poini d'bonneur b^ncdictln, Mabillon ne voulait plus 
rcprendre les armes qu'il avait ddpos^.i . . so geschieht dem gelehrten Mauriner in iwet- 
fächern Belüge gar sehr unrecht. Der ebenso gelehrte als fronime M. halle in der Geschichte 
der Benediktiner Heiligen, wo er eine grosse Anzahl Heiliger, die bisher dem Orden vindicirt 
worden waren . ausmätile und deshalb von Mege und Boslide bei den Ordensobem verklagt 
wurde, (Taasin, Gelehrtengescichtc deutsch Frankf. 1773. Bd. I. S. 319) gezeigt, dass ihm 
die Wahrheit heiliger sei als der Orden, sowie er dich auch in den späteren Werken De re 
diplom. und im Museum Ilalicum doch immer wieder deutlich genug ausspricht. Uass sich 
Mabillon ärgerlich Ulier lien Streit äussert, kann einem, der die Kanipfesweise der Thomisten 
von dazumal in etwas licnnt, nicht auflnlltn. Wir haben uns über solche Inrinuationen schon 
un Mainzer Katholik 1S77 S. 29 ausgesprochen. 




1 



ii8 

Es ist im Allgemeinen das i8. Jahrhundert jene Periode unseres Strei- 
tes, in der am wenigsten Neues geschaffen wurde. Man begnügte sich viel- 
mehr damit, alles Materiale, welches die im vorhergegangenen Jahrhunderte 
stattgehabten Kämpfe zu Tage gefördert hatten, neu zu bearbeiten, besser zu 
gruppiren, die einzelnen Beweismomente für und gegen besser zu betonen 
und hervorzuheben, zu verbinden und zu begründen. *) Freilich ging man 
hiebei auch hin und wieder von dem Gegenstande, der doch mit allem Ernst 
und in streng wissenschaftlicher Weise behandelt sein wollte, ab und suchte 
durch Spitzfindigkeiten, Neckereien und dadurch, dass man die Gegner lächer- 
lich zu machen suchte, seine Zwecke zu fördern. Auch der Hauptkampf- 
plalz wird ein anderer. Während im 17. Jahrhunderte Deutschland eine nur 
geringe Anzal von Kämpfern für Gcrsen, oder Kempis ins Feld stellte, 
tritt im 18. Jahrhunderte eine ziemliche Schaar deutscher Streiter hervor und 
nimmt am Verlaufe des Streites einen einflussreichen und ehrenvollen Antheil. 
War in jenem Saeculum Paris der Kampfplatz, so sollte in diesem Bayern 
die Wahlstatt werden. Leider ausartete da die wissenschaftliche Controverse 
in eine Frage, bei welcher Ordensrivalität viel zu viel aufwendete. Benedik- 
tiner und regulirte Chorherrn suchten ihrem Ordensgenossen zu seinem Rechte 
zu verhelfen, ftir letztere nahmen auch die Jesuiten einen hervorragenden An- 
theil. Der eigentliche Federkrieg, der zwischen den Benediktem: Thomas 
Aquinas Erhard von Wessobrunn und Johann Herwin, femer Joseph Georg 
Schellhornius, Joseph Valart und Angelus März von Scheyern einerseits und 
den regulirten Chorherren des hl. Augustin: Amort Eusebius von Fölling, 
Andreas Wilhelm von Gery, Gregor Trautwein und Publius Wenkerose an- 
dererseits ausbrach und der fast ein halbes Jahrhundert währte, hatte ein 
kleines Vorspiel. 1723 veröffentlichte der Italiener Lambert Cajetan Posom- 
pieri, oder nach Anderen Posampieri oder Posombieri, eine Ausgabe der Imi- 
tatio in italienischer Sprache, in der er als Verfasser Gerson angab. Dage- 
gen trat nun der Benediktiner Virginius Valsecchi der Congregation von 
Monte Cassino für Gersen in die Schranken. Gleichzeitig gab Vincenz Thuil- 
lier eine treffliche Geschichte des Streites, *) welche von Hervin ins lateinische 
übersetzt und auch von Thomas Erhard edirt wurde. In demselben Jahre 
(1724) erschien zu Augsburg auch das erste Werk des Erhard, Benediktiners 
von Wessobrunn, nämlich eine Ausgabe der Libri IV. de Imitatione Christi, 
mit einer Vorrede, in der er Gersens Anrechte an die Autorschaft des gol- 
denen Buches verteidigt. Thomas Erhard tritt in dieser Vorrede nichts we- 
niger als herausfordernd auf, hält sich vielmehr rein an's Sachliche und führt 
sich recht sehr die goldenen Worte der Nachfolge zu Gemüt: >Non quis hoc 



*) Vgl. Keppkr. 1. c. pag. 51. 
*) Histoirc, Paris 1723. 



dixent, sed quid dicatur attende.« Nichts desto weniger entresselte diese 
Schrift latente Leidenschaften.') Fusebitis Amort, regulirter Chorherr von Föl- 
ling, ergreift über Aufforderung seines Probstes Albert, die Waffen z\i Gunsten 
Thomas von Kempen in der: Plena et succincta informatio , . . . » . . ., die 
eine Znsammenfassung alles dessen enthält, was (Ür seinen Schützling vorge- 
bracht werden kann. Ueber die Art und Weise, wie da Amort gegen seinen 
Gegner verfuhr, beklagt sich Erhard bitter in einem Briefe an den Prior 
von Ottobayem mit den Worten.*) ^Neqiie dubitare possum, quin ad Plur. 
Redm. Patr. vesirum scabiosus ille libellus cuiusdam Pollingani. Canonici re- 
gularis, penienerit in omnes Gersenenses pari licentia grassantis, etsi neque 
sit provocatus nee offensus, minus opusculo meo irritatus, ulpote iiuod Mai- 
orura imperio et Romano riin elaboraui. ■^ Uebrigens erkennen wir gerne 
die grosse Gelehrsamkeit Amorts an, und nicht ohne Grund wurde zu seiner 
Entschuldigung vorgebracht, dass er zum Streite angeregt wurde*), und dass 
auch seine Gegner sich in ihren Antworten nicht immer der gesuchtesten 
Worte bedienten. Die Benediktiner wollten .anfangs, des langen Haders müde, 
die von Bitterkeiten und Anfeindungen reich gespickte Schrift Amorts nicht be- 
antworten, sondern sie beauftragten Erhard, ThuiUiers Geschichte des Strei- 
tes neu zu ediren, der er dann eine Vorre<le an seine Ordensbrüder beifügte. 
Noch ein Wiedersacher trat Amort in den Weg. Im Jahre i 745 richtete Thomas 
Mezler, Benediktiner in Zwifalten au seinen Abt Ulrich einen Brief, worin 
er Gersen verteidigte. *f Dieser nur wenige Seiten Zählende Brief war Amort 
ein Dorn im Auge, und er schrieb dagegen seine ^rjiiEitiiaeig historico-criti- 
cae. *) Amort wendet sich darin zuerst gegen Mezlers Ansicht, dass nicht 
Cajetanus, sondern der Jesuit Negronius zuerst zu Gersens Gunsten aufgetre- 
ten sei, nachdem er den Codex von Arona aufgefunden. Hier nimmt er 
nun Gelegenheit dem Codex den grossen Wert, welchen derselbe für die Sache 
des Abtes von Vercelli hat, abzusprechen, und er behauptet, Gersen sei nur 
eine Verfälschung von Gerson, wie sie im ij. Jahrhunderte häufig vorge- 
kommen sei. Der Schluss dieses ersten Theiles der in Rede stehenden Abhand- 
lung ist, dass ein Gersen gar nicht gelebt habe. Darauf folgt der grobwitzige 
Vorwurf, dass die Verteidiger Gersens schandlichen Aberglauben treiben, *) 



') Ausführlich behondell die Entstehung dieses Slreiles Weigl in seinen Zusähen zu 
Cregory's Denkschrift, S. 140 — 144. 

') Brief an den Prior von Ottobayern vom to. Jänner 1726, Vgl. den Anhnng. 

') So schreibt Amorl selbst an einen ihm befreundelen Benediktiner, ■Scriplionem ülam 
sibi plnne fuisse eilortani.« Der Benediktiner antwortete; •Vehementer doleo, mi Eusebi, 
quiHt alienatn bilem spuere cooclus fueris.« Weigt. S 143, Anm. 27. 

') Abgedruckt in Srfiellhoms Amoenitales litterarioe tom. Xlll. pag. 265—270. 

*) In Schellhoms Amoenilates liUcrariae lom. Xllt. png. 270— Z77. 

') So beisl es pag. 273 t -el qui hunc abbnlem in iconismii sub tilulu Vcncrabili? 




I 



I30 



Die Wiederholung der Ansichten Molinet*s über die Codices von Genua, 
Mantua und Cava und über einige andere von Mezler erwähnte Manuscripte 
schliesst die Abhandlung. Aber noch ftihlte Amort seine Leistungen fiir 
Thomas nicht genügend. Es folgte eine grössere Schrift, das Scutum Kempense. 
Auf diese Publikationen des Chorherrn von Pollingen gabs Viel zu antworten. 
Darum schrieb Erhard den Polycrates Gersenensis , auf den Amort wieder mit 
Polycrates Gersenensis exauctoratus antwortete. Noch nicht zufrieden führte 
der gewaltige Schutzvogt Kempens drei Jahre später in Schellhorns Amoeni- 
tates litterariae eine Abhandlung über die hauptsächlichsten Streitfragen ein. 
Nach einigen einleitenden Worten, welche als Widmungsrede dienen, erhalten 
wir ein Verzeichnis jener Werke, in denen Gersen verteidigt wird, sodann 
kritisiert er die Argumente, welche von den Gersenisten zu Gunsten des 
Abtes von Vercelli vorgebracht wurden und gibt hierüber seine eigenen An- 
sichten; ebenso führt er auch die Manuscripte an, die für Kempis sprechen 
und einzelne Schriftsteller, die in ihren Werken des regulirten Chorherm von 
St. Agnes erwähnen. Einen unvermuteten Schlag erhielt der siegesfrohe 
Amort von Schellhom, der in seinen Amoenitates alle Angriffe auf Gersen zu- 
rückschlug und den Spiess gegen den Absender wendete. Damit hatte der 
erste Theil dieses unseligen Streites in Deutschland sein Ende erreicht; dreissig 
Jahre lang herrschte hier Ruhe. 

Unterdessen schwiegen auch in Frankreich die Waffen nicht. Der viel- 
gerühmte Historiker Lenglet Dufresnoy, Doctor der Sorbonne, veröffent- 
lichte 1731 eine Uebersetzung der Imitatio, in der er Gerson als Verfasser 
angab. Seiner Ansicht nach war das Original der Imitatio die Abhandlung 
Gersons: De interna Consolatione. Er begründet es damit, dass in einer 
Ausgabe der Imitatio aus dem Jahre 1500 am Ende des ersten Buches, das 
25 Capitel zält, noch ein Capitel angefügt ist mit einer Ueberschrift in 
alter französischer Sprache: Contre la vanitd de ce monde. Dagegen erhob 
nun der gelehrte Mauriner De Plessis seine Stimme in einem anonymen 
Artikel, der im Mercur vom November 1742 erschien und in dem er nach- 
wies, dass die Imitatio ursprünglich in lateinischer Sprache verfasst und 
Gersons Werk »De interna Consolatione« nur eine Uebersetzung desselben sei. 

Auch in Italien traten um diese Zeit einzelne um die Wissenschaft 
hochverdiente Männer auf, die sich in ihren Ausgaben der Imitatio fiir 
Gersens Auctorschaft aussprachen, so der Erzbischof Fontanini, Cardinal 
Enriguez, der Jesuit Zaccaria, einer der grössten Gelehrten des vorigen Jahr- 
hunderts, und der berühmte Buchdrucker Remondini in Venedig. Doch war 
ihr Auftreten für den Veriauf des Streites von minderer Wichtigkeit, da ja 



Joannis Gersen, etc. colunl, contra leges romanonim pontificum turpi superstitione ido- 
lum cülunt.c 



von jeher von Italien a.n Gersens Autorschaft festgehalten wurde. Anders 

war dies in Frankreich und Deutschland, wo Kempisten und Gersonisten 
stelig gegen die Gersenisten auftraten und durch eine Unmasse von Streit- 
schriften, Tractaten und Ausgaben der Jmitatio, mit dem Namen Gersons 
oder Kempis als Verfasser die Anrechte ihres Schützlings an das goldene 
Buch wahrscheinlicher zu machen suchlen. In diese Zeit fällt die in ihrer 
Art wichtige Arbeit des Valart, welcher das Latein der Imitatio von den 
schlimmsten Barbarismen reinigen und für klassische Ohren wolklingender 
machen und unter einem auch die doppelsinnigen oder schwer verständlichen 
Sielten deutlicher machen wollte. So unglücklich dieser Versuch zu nennen 
ist, so berechtigt er doch nicht zu der Annahme, Valart habe absichtlich 
den Text lalschen wollen. ') Am Schlvisse der zweiten wunderschön ausge- 
stalteten Ausgabe der Imitatio ist eine Dissertation gegen Kempis angehängt, 
dass Thomas nur der Abschreiber und nicht der Verfasser ist. Der Gang des 
Beweises ist der: Das Manuscript von Antwerpen, worauf die Thomisten sich 
stets berufen, hat so viele und solche Fehler, wie sie nur ein Copist, nicht 
aber der Verfasser macht; die Fehler mehren sich nämiich um so mehr, je 
öfter ein Buch abgeschrieben wird. Im Cod. Antwerp. finden sich eben die 
Fehler in auffallender Menge, so dass man notwendiger Weise schliessen 
muss, da-ss das Buch bis 1441 schon ziemlich oft muss abgeschrieben wor- 
den sein. Dann reicht aber das Original über Thomas hinaus, da ja Thomas, 
ein recht sorgfältiger Abschreiber, doch nicht die eigenen Fehler abge- 
schrieben hätte. Er hatte das Buch mit den Fehlern, die sich nach und 
nach eingeschlichen hatten, erhalten und so es auch copiert. Auch die 
Anzal der Blicher und ihre Reihenfolge in den Codices von Antwerpen 
und Löwen sei verschieden. Nur Gersen, dieser grosse Meister des geistigen 
Lebens im 13. Jahrhundert, könne die Nachfolge verfasst haben. Diese 
scharfe Argumentation suchte nun Andreas Wilhelm von Gery, regulirler 
Chorherr von Sl. Genofeva, der später auch die IVopstwürde in jenem 
Stifte erlangte, durch eine 40 Seiten lange Dissertation abzuschwächen. Doch 
blieb es beim Versuche. 



') Man lese nur die Viirrcde in seitiet erslen Aiisg.ibe ; »Seniiier mirifice lieli^clalus 
sum huiusce libelli leclione; nl idem semper suni offensus mciidis Ueno mullis, quae edllioni-s 
lalinas omn«, qua& vidcrim , vidi sulcm opiimas, fuedissimt: deruminnt ; cuiLi^niudi v. g. illc 
locus csl Cap. I.VII, Libri III. n. I. cdilionuni vulganutn : AKende magnum frogililnlein 
luani , quam saepim cxperiris in modicis ubjectis; Camen pro salule isla liunt, cum haue et 
similia cnnllngunt, Pone , uC melius oosli, ex Corde*, et si te tetigit, non tarnen dejiciat. 
In quibns pbrasibus duabus ncc apparel, qaaenam sit illit res, quam jubelur Lector ex corde 
ponere; nee quaenam illa sit, quac quidein Icgilur tum Icligissc, quacquene cum ca dejicial, 
cantio eise debel. Itis mnliä mcdicinam quacrendnin mihi credidl, ubi aut 
djcam breviler.i 




122 



In diese Zeit fallen die Versuche der Dissenters, welche entweder an 
der Angabe des wahren Verfassers verzweifeln, oder einen von den ange- 
gebenen verschiedenen Auctor postuliren oder endlich die vier Bücher unter 
verschiedene Verfasser austheilen. Wir haben davon schon gehandelt und 
lassen es uns an dieser Stelle genügen, auf das über Peter Corneille, Suarez, 
Grancolas, Boudet, Faita Bemerkte, einfach zu verweisen. 

Während dieser Vorgänge in Frankreich und Italien, die für uns nur 
insofern von Bedeutung sind, als sie Gerson und Kempis alle Anrechte auf 
die Imitatio absprachen und sie Verfas ^rn zuschreiben, die längst vor Hä- 
merken und dem grossen Kanzler gelebt, oder die Abfassung des Buches 
wenigstens in diese Zeit zurückverlegen, hatte der Kampf in Deutschland 
neuerdings begonnen. Im Jahre 1760 veröffentlichte P, Angelus März, aus 
dem Benedictiner-Stifte Scheuern in Bayern, eine Dissertation gegen Amorts 
Polycrates Gersenensis exauctoratus aus dem Jahre 1729, welcher bislang 
noch keine Widerlegung gefunden hatte, und wies auf das Klarste nach, 
dass Kempis keine Anrechte auf die Auctorschaft der Imitatio besitze, sowie 
er auch alle Wunden und Blossen darlegt, an denen dessen Sache leidet. 
Da war es wiederum Eusebius Amort, der sich um Thomas annahm, im 
Joannes de Canabaco. Wenn uns auch der Mut und die Ausdauer dieses 
Mannes, sein Festhalten an der übernommenen Sache, seine Hingabe an 
den Orden, dessen ehemaliges Mitglied er verteidigte, Bewunderung einflösst, 
so müssen wir doch die Art und Weise der Verteidigung, wie wir schon 
früher erwähnt und wie sie besonders im letztgenannten Werk scharf hervor- 
trat, mehr bedauern als bewundern. Die Frage nach dem Verfasser des 
so wertvollen Buches war denn doch zu ernst, als dass sie Anlass für Witz- 
übungen hätte werden sollen. Dazu benutzte sie aber Amort. Schon das 
Titel-Blatt eben genannter Schrift besagt, dass das Buch auf Kosten der 
Gersenisten erscheine. (Sumptibus haereduni I. Gersennii). Dem entspricht 
vollständig auch der Inhalt. Von den Thomisten war es stets bezweifelt 
worden, dass jemals ein Gersen gelebt habe; und nun macht sich Amort, 
er, der eifrigste Verteidiger des regulirten Chorherrn von St. Agnes, daran, 
die Existenz Gersens zu beweisen, und seine Verwandtschaft mit einem 
deutschen Grafengeschlechte (de Canabaco-Rohrbach) — sogar das Wappen 
dieses Geschlechtes fügte er bei — herzuleiten. Doch dient ihm dies nur 
als Vorwand dir die heftigsten Ausfalle gegen die Verteidiger des Abtes von 
Vercelli und gegen diesen selbst. Amort selbst mochte wol das Entwürdigende 
eines solchen Vorgehens fühlen, indem er das Werk anonym erscheinen 
Hess. Schon im nächsten Jahre 1761 erfuhr dieses Libell die gebührende 
Antwort durch Angelus Maerz im »Angelus contra Michaelem.« Da Amorts 
Joannes de Canabaco ohne Namen des Verfassers erschienen war, und es 
nur hiess: a quodam Canonico regulari S. Augustini Congrcg. Lateranensis 



so glaubte Maerz, dass nicht Amort, sondern Gregor Trautwein, Abt der 
regulirten Chorherrn von Wingen, der Verfasser des obengenannten Buches 
sei. In Folge dessen suchte nun tlieser in zwei Aufsätzen: »Lapsus Angeli 
Schyrensis detecii et castigati* und »Lapsus deteriores Diilymi Vercellensis« 
die Argumente in obengenannter Schrift Maerz zu entkräften; doch erreichte 
er seine Absicht ebensowenig, wie Pubhus Wenkerosc, Canonicus aus 
Mecheln, der in poetischer Weise, durch ein »Carmen laiirealum in Lap- 
sum Schyrensemt Kenipis Sache zu fordern sich bemühte. Zugleich war 
auch eine anonyme Schrift erschienen, die sich mit der Frage beschäftigte, 
ob der Probst von Ulm Michael Kuen, der Verfasser des Joannes de Cana- 
baco sei. In kurzen Zeiträumen folgte nun ein Werk dem andern. Der 
Crtsis des Angelus Maerz trat Amort mit einer Anticrisis, tlieser Maerz wie- 
derum mit einer Crisis in Anticrisin entgegen. Amort entgegnete mit einer 
Kritik des Codex Venetus, wodurch er beweisen wollte, dass die Ausgabe 
der Imitatio zu Venedig aus dem Jahre 1501 , von der Constantinus Caje- 
taniis noch ein Exemplar zu Genua vorfand, für Gersen keine Beweiskraft 
habe. Das Alles geschah noch im Laufe des Jahres 1761, Im nächsten 
erschien AmorCs »Deductio criticac, ein Werk, das wohl unter allen seinen 
übrigen, unsere Frage betreffenden, den ersten Platz einnehmen dürfte. Die 
344 Seiten zälende Schrift enthält eine typographische Karte von Brabant, 
dem Vaterlande Kempis', ferner ein Specimen des Codex von Arona, das 
sehr sorgfältig ausgeführt ist. Neues gibt aber auch diese Schrift nicht. Da- 
her antworteten die Gersenisten auf Altes mit Altem, indem sie in der 
>Basis firma aedificii Gerseniani« Delfau's und Mabillons ArgumenUtion 
wiederholten. Lange Zeit hat man als Herausgeber dieser »Basis firma« 
Angelus Maerz angesehen. Mit Unrecht, Das Exemplar des Stiftes Otlobeuern 
stellt hierüber folgendes Zeugnis aus: ;Huius Basis firmae , cum adjunctis 
Documentis, Ratisbonae impressis, auctor referlur Rras. et Celsiss. Joannes 
Bapt, Kraus, S, R. J. Princeps et Abbas ad,S. Emmeranum Ratisbonae 
O. S. B, qui couditissimus Praesul hoc eodem anno 1761. Die 14. Junii 
religio sissime obiit.* — Demnach dürfte wol Kraus als Verfasser anzusehen 
sein. In demselben Jahre erschien auch noch ein anonymes Werk : Docu 
menta historica von Windeshelm und St. Agnes, aus denen der Beweis 
geliefert wird, dass Thomas der Verfasser der Imitatio nicht sein könne. 
Auch diese Schrift ist nach obigem Zeugnis von Kraus verfasse. 1764 er- 
schien auch Amorts letztes Werk, die »"Moralis Certitudo«. Hierin richtet 
er seine Angriffe nicht nur gegen Maerz und gegen die letzten anonymen 
Schriften, sondern auch gegen Boudet und Faila, die in ihren Werken gegen 
Kempis' Ansprüche aufgetreten waren. Einen besonderen Wert hat diese 
Schrift deshalb, weil ihr zwei Kupferstiche beigefügt sind mit den Facsi- 
miles von 18 Handscbrifien. Maerz und Amort waren beide mutig für ihre 



a 



1^4 

Sache eingetreten ; jeder suchte dieselbe zu Gunsten seines Ordensgenossen 
zu entscheiden. Mit ihnen schliesst auch der eigentliche Streit über den 
Verfasser der Imitatio im i8. Jahrhunderte, wo er nur zu sehr Sache der 
Ordenseifersucht war. Nur noch wenige ziemlich unbedeutende Erscheinungen 
mögen hier Erwähnung finden. Nach eilfjähriger Waffenruhe wagte sich der 
Exjesuit Joseph von Ghesqui^re mit einer Dissertation hervor, wozu die 
Vorrede der Abbd Mercier von St. Leger, auf dessen Veranlassung das 
Buch auch erschien, schrieb. Ghesqui^re hatte nämlich neuerdings den 
Kirchheim er Codex in einer von ihm nicht näher bezeichneten Stadt von 
Nieder-Deutschland aufgefunden und ein Facsimile davon in seine Disser- 
tation einfiigen lassen. Dieser Codex war 1628 von Kirchheim nach Ant- 
werpen zu P. Rosweyd geschickt worden. Seit 1641 fand er sich aber 
nicht mehr in Antwerpen. Ghesqui^re glaubte nun einen neuen, nicht 
den schon bekannten Kirchheimer Codex, gefunden zu haben. Ebenso be- 
ruft sich der Exjesuit Franz Xaver von Feller, anagramatisch geschrieben: 
Flexier von Reval, auf jenes Manuscript. Dagegen zeigt Gobet Nikolaus, 
Archivar von Monsieur, in einem Brief über jene Handschrift, dass die 
Randbemerkung, welche die Imitatio Kempis zutheilt, von einer anderen 
Hand und aus späterer Zeit stamme. Auch Desbillons und Godes- 
Card legten fiir Kempis ihr Wort in die Wagschaale. Ersterer veröffentlichte 
1780 eine neue Ausgabe der Imitatio. Als Vorrede schrieb er eine Disser- 
tation, worin er sich zu Gunsten Kempis ausspricht und alle Beweismomente 
die fdr ihn sprechen, noch einmal widerholt. Am Schlüsse gibt er jene 
Veränderungen an, die Valart, um der Imitatio eine schönere Form zu geben 
und mehrsinnige Stellen auszumerzen, an derselben vorgenommen hatte, 
und stellte einen Vergleich zwischen diesem corrigirten und dem gewöhn- 
lichen Texte an. 

Godescard, Secretär des Erzbischofs von Paris, wirft in seinem Leben 
der Väter, Märtyrer u. s. w. im XI. Bande, da wo Andreas Avellinus abge- 
handelt wird, die Frage auf, ob Thomas von Kempis die Imitatio verfasst 
habe und beantwortet sie zu dessen Gunsten; doch er selbst sagt, dass er 
zu wenig eingehend die Frage studirt und sich nur der gewöhnlichen An- 
sicht angeschlossen habe. 

Das dritte Jahrhundert. 

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhundertes haben besonders Italiener 
und Franzosen am Streite über den Verfasser der Imitatio theilgenommen 
und zu dem schon vorhandenen Beweismateriale für Gersen neue entschei- 
dende Argumente zu Tage gefördert. Die Reihe der italienischen Schrift- 
steller eröffnet der Graf Franz Napione, Präsident des königlichen Archivs zu 



r 



"S 



Turin In setner ersten Dissertation ans dem Jahre 1808 bespricht er ninächst 
die Wiederauffjndung des Cod. Aron. durch den Präfekten der kgl. Biblio- 
thek zu Turin Vernazza; hierauf wendet er sich gegen Desbilloiis, indem er 
auf das Alter des Cod. Aron. hinweist. Napione hatte hier ein entscheiden- 
des Wort zu reden, denn er hatte als Paläograph sich einen Namen gemacht. ') 
Das Urtheil seiner Untersuchungen über die besprochene aronenser Hand- 
schrift ist, dass sie dem 14. Jahrhunderte angehöre. Aber auch die anderen 
von Desbilions erwähnten Manuscripte, (Codd. Padolironenis. Allatianus, 
Clermontensis, Cavensis etc.), zog Napione in den Kreis seiner Untersuchun- 
gen, gab bei den Einzelnen interessante palaeographische Aufschlüsse und 
widerlegte die Angaben eben genannter Verteidiger des Thomas. Natürlich 
interessirte sich Napione auch für die thomistischen Codices mscr, und hat 
besonders Über die Kirchheimer und Löwener Handschrift sehr beachtens- 
werte Aufschlüsse gegeben. Ausführlich betont er auch, dass Thomas in dem 
jugendlichen Alter, in dem er nach den Angaben der Thomiaten schon die 
Imitatio verfasst haben müsste, nicht die nötigen philosophischen und theo- 
logischen Kenntnisse , nicht die nötige Lebenserfahrung besessen haben 
könne. Während so N. einerseits die letzten Angriffe, die von den Tho- 
misten gegen die Ansprüche Gersens erhoben worden waren , geschickt und 
mit grosser Gelehrsamkeit zurückwies, tr.it er in ebenderselben Dissertation 
gegen die Anhänger Gersons auf, namentlich gegen Dupin, dessen Ausfüh- 
rungen zu Gunsten des Kanzlers von Paris er widerlegte und dessen Zweifel 
über die Autorschaft Gersens er behob*). Gleichzeitig mit Napione trat auch 
Franz Hieronimus Cancellieri als Verteidiger Gersens auf; seine geschicht- 
lichen und biographischen Notizen über den Abt von Vercelli und über 
andere Personen, die im Streite eine Rolle spielten, werden auch von den 
Gegnern gebührend anerkannt. So sagt selbst Malou und im Anschluss 
an ihn Backer*) : iDas Verdienst Cancellieris besteht darin, dass er interessante 
bibliographische Noten über die Personen, welche an unserem Streite Theil 
genommen , anhäufte. Gewiss wären seine Verdienste noch grösser, wenn 



') Von ihm sngt Gregory, Hisl. 
Intion) irautcur, en habile polcogrnphi 
dfmoDlre qu'il appanient au XIV. 
■ muges, et p.11 les lignes trai 
4*. d'iiprk r^criture rondc 



iMe 



im. I(. pag. 10:: Au§ni. {nemlich «einer Disser- 
fni) un evamcn du m^nie maniucrit d'Arone, et il 
1°. pir \3 tine»^ du parchemin; a". par le» litrex 
mine de plomb; 3°. pat tes sigrututcE dc> feuillM; 
l'inlroiluctioii du »ini-gathique.i 
') Gregory, Hisl. II, loi : 'Ensuile 11 (Napione) combat ses all^gsüons, Ki conjeclum, 
par ses contiadictions. En efTct. Dupin nvalt di']h aümin ; 1°. que les droits de l'abb^ Genen 
ü'apr^ le Codex Aroncnais ftaient ossäres ; a". que les plus anciens manusctils sont anonymes 
ou potteot le noni de Ges. Ger, ei Gersea. Ainsi le changement d'opinion de Dupin ■ äiaumUi 
sa fniblesse.« 

') Malou, Rccherchcs, ed. c. pag, 31 ; Bncker, Essai, png. 134. 



126 

er (las kostbare , mühevoll gesammelte Material kritisch gesichtet und zu 
einem wolgeordneten Ganzen verbunden hätte; aber auch in der Form, die 
er dem Buche gegeben , bleibt es eine schätzbare Fundgrube für Jeden , der 
sich mit der Frage über den Verfasser der Nachfolge beschäftigt.« Das alte 
Sprüchwort: Duobus litigantibus tertius gaudet, bewährte sich auch in unserer 
Frage. Wol waren schon gleich vom Anfange her Stimmen für Gerson laut 
geworden, aber sie waren vereinzeint, ohne besonderen Nachdruck. Deshalb 
verhallten diese Stimmen ungehört in dem Kampfe zwischen den Thomisten 
und Gersenisten. Jetzt, nachdem durch den zweihundertjährigen Streit 
ohnehin schon ungeheure Verwirrung in die Frage gebracht war, kündete 
plötzlich der kaiserliche Bibliothekar zu Paris Alexander Barbier in seiner 
:» Dissertation de soixante traductions frangaises.« die Bildung einer neuen Partei 
an, die für Gerson in die Schranken treten wollte. Beigefügt erschienen die Unter- 
suchungen, die der so fruchtbare und beharrliche Verfechter der Ansprüche 
Gersons, Joh. Bapt. Gence, über unsere Frage gemacht halte. Gence hatte 
sich schon seit lange mit der Imitatio beschäftigt, 1869 im Journal des Curt5s 
die Verteidigung der lateinischen Ausgabe der Nachfolge von Beauzde über- 
nommen und im folgenden Jahre die hervorragendsten französischen Aus- 
gaben und Uebersetzungen der Imitatio kritisirt. lieber das Auftreten dieser 
französischen Partei schreibt ihr Zeitgenosse Silbert, dessen Ansichten wir 
hierin im Allgemeinen theilen, folgendes:*) »Misslich steht es immerhin um 
eine Sache, für deren Verfechtung sich erst eine Partei bilden muss; und 
was jeder Partei widerfahrt, das widerfuhr auch diesen beiden Schriftstellern, 
den Herren Barbier und Gence; sie sahen den Wald vor lauter Bäumen 
nicht; sie verflochten sich in eine Menge Widersprüche und gaben den Ver- 
fechtern des Thomas von Kempen (soll wol heissen Gersens, denn haupt- 
sächlich von den Gersensisten , Gregory zumal, wurden ja die Gersonisten 
bekämpft und widerlegt) eine Menge Blossen, was ihnen sicherlich nicht 
widerfahren wäre, wenn sie Amort's Werk, seine Moralis Certitudo und die 
Dissertatio de auctore Imitationis Jesu Christi von Elias Dupin studirt hätten, 
wo ihnen Beweise in grosser Anzal entgegengekommen wären, die ohne 
Vergleich glänzender und haltbarer sind, als die seichten und unerwiesenen 
Gründe, die sie für Gerson einführten.« Uebertriebener Eifer für die Ehre 
der Nation hat kaum das geringste Theil an der Bildung der Gersons Partei 
und ihrer so fieberhaften Thätigkeit fiir die vermeinten Rechte des grossen 
Kanzlers. Um so angenehmer berührt es aber auch eben darum, dass in 
Frankreich selbst hiergegen ein Mann sich erhob, der durch mühevolles 



*) Gersen, Gerson und Kempis; ... mit einem kritischen Rückblick auf die Be- 
hauptungen der neueren französischen Kritiker A. Barbier's J. B. Gence ; von J. F. Silbert 
Seite 29. 





Studium und rastloses Arbeiten nicht nur die Anhänger Gereons , sondern 
auch die Thomisten durch Auffindung neuer Bewcisniomente fiir Gersen, zu 
nichte machte ; es ist dies der Ritter Caspar von Gregory. Er ward durch 
Napione, mit dem er innig befreundet war, in unsere Frage eingerührt, was 
selbst Malou Napione hoch genug anrechnet. Ob zwar in Italien gebor 
fallt doch Gregorys ganzes Leben und Wirken nach Frankreich , wie auch 
seine Schriften mit wenigen Ausnahmen in französischer Sprache erschienen 
sind. Zur Zeit des Kaisserreiches war er französischer Magistrats- Ben ml er. 
Merkwürdiger Weise kommt er zuerst auf Gersen zu sprechen in einem 
Werke, welches Über die Reiskultuj in der Lombardei handelt. Mehr Ge- 
legenheit über den Verfasser der Nachfolge zu sprechen, bot sich schon in 
der Studie' über die Pflege der Literatur und K.unst zu Vercelli, welche 1819 
veröffentlicht worden ist und von Seite 302 ab ein kurzes Lebensbild des 
gefeierten Gersen gibt. Hatte Ritler von Gregory bisher nur gelegenüich 
über den Verfasser der Imitatio gesprochen , so widmet er von nun an der 
Entscheidung dieser Frage alle seine Kräfte, Wir müssen es den Gegnern 
Gersens sehr zum Lobe anrechnen , dass sie durch ihren lebhaften Wider- 
spruch gegen die Resultate der Forschungen Gregorys und durch ihre unge- 
gründeten Behauptungen, diesem zur Veranlassung wurden, eine bis in die 
kleinsten Einzelnheiten gehende Begründung seines Resultates zu geben, und 
insbesondere auch die Gegner bis in die äussersten Winkel zu verfolgen. Das 
Studium der Controverse Gregory- Gence ist in unserer Frage ebenso in- 
teressant als belehrend. 

Gence hatte 1820 eine französische Uebersetzung der Imitatio veröffent- 
licht und i8z6 erschien er schon wieder mit einer neuen Ausgabe der Imi- 
tatio , die er nach einem sehr alten {er nennt es peruetustum} Exemplar 
von Gersons Werk : De interna consolatione bearbeitet hatte. Gence und 
mit ihm seine Partei, hielten nämlich letztgenanntes Werk lür das Original 
des Buches, das den Namen: De Imitatione Christi führt, und behaupteten, 
eine Uebersetzung der Nachfolge sei um so getreuer, je mehr sie sich dem 
von ihnen aufgestellten Originale nähere. Indessen ist es nur, um uns der 
Worte Silberts') zu bedienen, »eine breite, willkürlich paraphrasirte Ueber- 
setzung des lateinischen Textes, die Alles hinwegläst, was die Mönche in 
etwas angeht im allgemeinen Styl zu allen inneren Menschen spricht.« Sie 
enthält die ersten 3 Bucher der Nachfolge, aber in umgekehrter Ordnung. 
Besonders interessant ist diese Schrift Gence's durch die Vorrede und die 
Noten, Alle Beweise, die für Gersen vorgebracht wurden, suchte er zu 
Gunsten Gerson's auszubeuten, indem er behauptete, dass durch irgend einen 
Irrtum das o in e verwandelt worden sei, wofür er jedoch den Beweis 



'} Silben. 1. c. S. 38. 



128 

schuldig bleibt. Ausserdem behauptet er, dass kein Manuscript über das 
15. Jahrhundert hinausgehe. Wegen des Manuscriptes von Arona, das Gence 
am meisten Kummer verursachte, berief er sogar mehrere Gelehrte (Van 
Pract, Dacier, Gosselin etc.) zu einer Versammlung. Natürlich ging ihr 
ürtheil dahin , dass der Codex aus dem 1 5. Jahrhundert stamme ; auf diese 
Weise glaubte Gence die Entscheidung des Congresses von 1687 aufheben 
zu können. Ueber diese Ausgabe herrschte nun grosser Jubel im Lager der 
Gersonisten und alsbald erschienen zwei Dissertationen über den Verfasser 
der Nachfolge, die eine von Rent! Tourlet, die andere vom Archivdirektor 
der Krone P. C. F. Daunou, in denen Gence und seine Ausgabe über Alles 
erhoben werden, während sie gegen Gregory*s gersenistisch gehaltenen Aus- 
führungen in seiner Vercellenser Geschichte zu Felde ziehen. Was*jedoch die 
Ansprüche Gersons auf die Autorschaft der Imitatio betrifft, so gebrauchte 
Daunou hierin weise Vorsicht, da sie ihm nicht sicher zu sein schien, wie 
Gence, dessen intimer Freund er war, sie hinstellte. 

Ebenso verhielt er sich auch, als Gregory mit einem neuen Werke 
auftrat, worin er sich nur mit dem Verfasser der Nachfolge beschäftigte: 
Memoire sur vtfritable auteur. Darnach war der Verfasser des erwähnten 
Traktates ein Benediktiner-Mönch und in Italien. Dieser Benediktiner ist 
Gersen, Abt von Vercelli, der um das Jahr 1240 das Buch geschrieben hat 
und zwar zum Gebrauche für die Novizen. Dies gehe Alles aus den 
Manuscripten hervor, von denen mehrere und gerade die ältesten, den 
Namen Johannes Gersen tragen, während eines mit Johannes von Canabaco 
beginnt. Dann weist er hin auf den Gebrauch, den die Schriftsteller des 
13. und 14. Jahrhunderts von der Imitatio gemacht haben. Schliesslich 
wendet er sich gegen Gerson und Thomas und beweist, dass die beiden 
keine Ansprüche auf die Autorschaft der Imitatio haben können, worauf 
noch eine Kritik über die lateinische Ausgabe der Imitatio von Gence folgt. 
Auch Napione erschien wieder auf dem Kampfplatz mit einer Dissertation gegen 
Gence, indem er den Beweis führte, dass alle 4 Bücher vom selben Ver- 
fasser sind, was unter anderem auch die Worte des Manuscriptes von Arona 
bewiesen: Explicit liber quartus et ultimus Abbatis Joannis Gersen de Sar 
cramento altaris. Als Antwort darauf schrieb Gence : Nouvelles considerations 
sur l'auteur de Tlmitation und zwei Flugschriften: Dialogue des morts und 
Prtfcis envers avec des remarques sur le livre de 1' Imitation, die jedes 
gründlichen Studiums entbehren und in denen er alle Einwürfe der Gersenisten 
zurückgewiesen zu haben glaubt, durch das alte Hilfsmittel, dessen sich 
Gersonisten und Thomisten bedienten, wenn sie keinen anderen Ausweg 
mehr sahen, nämlich, dass Gersen nie gelebt habe, dass er eine erdichtete 
Person sei und ähnliche Dinge mehr. Es zeigt sich in diesen Schriften klar, 
dass Gence über die Ansprüche, die Gersen und Thomas auf die Imitatio 



r 




erheben können, noch mit sich selbst häufig im Widerspruche ist, indem er 
sie, gar nicht selten, ganz verwechseit. 

Während in Frankreich der Streit sehr heftig fortgeführt wurde, herrschte 
in Deutschland vollständige Ruhe. Länger als ein halbes Jahrhundert währte 
dieser Waffenstillstand, wesshalb auch gerade in dieser Periode Gersen imd 
Gerson ihre entschiedensten Verfechter fanden, während Niemand sich um den 
verlassenen Thomas annahm. Krst 1828 wagte sich Silltert mit einer Schrift 
hervor: Gersen, Gerson und Kempis. So klein dieses Schriftchen ist, so 
polemisirt es doch in sehr heftiger, mitiniter bitterer Weise namentlich gegen 
Gence un'i Barbier. Im ersten Theile versucht Silbert Gcrsen's Ansprüche zu 
bekämpfen und versteigt sich sogar zu der Behauptung, dass der ganze 
Gersen nur ein Name ohne Sache sei und so oft man Gessen, Gersen oder 
Gersam lese, so dürfe man darunter nur den Kanzler Gerson denken. Halte 
er Gregorys Memoiren, welche damals schon erschienen waren, gelesen, so 
würde er diese Behauptung wol kaum gewagt haben. 

Aber auch Gersen fand in Deutschland seinen Verteidiger in Johann 
Baptist Weigl, Lyceal-Rector und Professor in Regensburg. Er übersetzte die 
Denkschrift Gregory's über den wahren Verfasser der Nachfolge in's Deutsche 
und fügte dieser ergänzende und erklärende Noten bei. Damit verband er 
als Anhang eine eigene Dis-sertation , in der er die Geschichte des Streites 
im 17. und 18. Jahrhundert nach ihren Hauptniomenten Kusammenstellt. Der 
zweite Theil handelt über die Hau]>t.=treiter beider Parteien: Amort und 
Mabillon. Dann bringt er noch die Resultate von eigenen und älteren 
Forschungen , die aber in Gregory's Denkschrift nicht vorkommen. Das 
Zeugnis dieses Gelehrten ist um so wichtiger, als weder Ordens- noch Lands- 
mannschaftsinteresse ihm vorgeworfen werden kann und er vorerst selbst 
Thomist, erst durch das Studium der Werke Gregory's, durch dieUebcnnachl 
der Gründe in's gersenistische Lager hinübergezogen wurde. ') Seine eigenen 
Worte mögen das beweisen: »Da übrigens der Zweck unserer Bemerkungen 
bloss ein irenischer und versöhnender ist, so sollnur die strengste Wahrheits- 
liebe und Mässigung unsere Feder leiten.« *) 

Wenden wir ans wieder Frankreich zu, wo der Streit am hitzigsten 
entbrannt war. Dort hatte Gregory ein neues Beweismittel aufgefunden, das 
in unserer Frage von entscheidender Wichtigkeit wurde und, wenn es noch 
nötig gewesen wäre, ein endgültig entscheidendes Beweismoment formiren 

') Weigl, Dcnlcschrift, Seile VIII.: .Ich sage bloss, dass ich — chemnU selbst 
Kempist, und sogar Urheber einer Inleinischen Edilion unter dieser Firma — nicht ohne 
Kampf, nicht ohne reife Prüfung meine frühere Ansicht geändert habe. Dieser L'mstnnd 
tisit mich wenigstens eine schonende BcurtheilunE derjenigen hoffen, welche Über den Ver- 
ftaset der Nachfolge andern Sinnes sind.« 

') Weigl. Vorerrinnenmgcii lu seinen ZusKlicn ta Gregory's Denkschtifl. S. 104. 




i 



konnte. Kurz nach dem Ausbruche der Julirevolution, am 4. August 1830, 
begab sich Gregor)' auf den Louvre-Platz, und obwol eigentlich nur Neugierde 
ihn hieher gefuhrt, trat er beim Buchhändler Techener ein und fand hier zu- 
fällig ein Manuscript der Imitatio ohne Datum. Die wällsche Schrift schien 
auf Italien als Vaterland hinzuweisen und eine Note am Heftblatte dies zu be- 
stätigen, denn dieselbe besagte, dass dieser Codex m. s. durch mehrere 
Generationen den Grafen Avogradi von Cerione in Piemont gehört hatte. 
Gregory setzte nun seine Forschungen fort und diese führten zur Entdeckung 
eines alten Diariums, welches in einer Note, datirt vom 15. Februar 1349 
bezeugte, dass jenes kostbare Manuskript schon längst (Longa manu) im 
Besitze dieses Geschlechtes sich befunden habe. ') Jedenfalls musste also 
1349 die Imitatio schon geschrieben und verbreitet gewesen sein. Wer 
anderer als Gersen hätte unter solchen Umständen der Verfasser sein können ? 
Schon 1833 veröffentlichte deshalb Gregory jenes Manuskript unter dem Titel: 
De Imitatione Christi et Contemptu mundi omniumque eius vanitatum libri IV 
nach dem Codex de advocatis saec. XIII. (so nannte er das Manuscript) mit 
einer Vorrede. *; 

Dagegen erhob sich nun neuerdings Gence und in mehreren Flug- 
chriften kritisirte er den Codex, behauptend, das Datum über das Manuskript 
sei falsch, und klagte den Notar von Biella getreu dem von Naudd gegebenen 
Beispiele der Fälschung an. Aus den Abkürzungen, aus der Setzung des 
Punktes über dem i, aus der modernen Numerirung und aus ähnlichen 
Gründen schliesst er, dass das Manuscript erst nach dem 14. Jahrhundert 
habe geschrieben werden können. Während sich Gence in jeder Weise be- 
mühte, die Beweiskraft, welche der Cod. de Advocatis für Gersens Sache 
hatte, zu schmälern, wenn nicht gänzlich aufzuheben, hatte der französische 
Schriftsteller Onesimus Lcroy zu Valcnciennes ein Manuscript aus dem Jahre 
1462 entdeckt, das die ersten 3 Bücher in französischer Sprache enthielt. 
Wie schon Lenglet Dufresnoy, so behauptet auch Leroy, dass Gersons Schrift : 
Internelle Consolation, die der Kanzler in französischer Sprache verfasst, 
dann aber in die lateinische übersetzt habe, das Original der Imitatio 
sei. Dadurch gerieten aber die Gersonisten unter sich in Widerspruch, 
da Gence erklärte, Gerson habe den Traktat lateinisch geschrieben und 
ihn dann für seine Schwestern ins französische übersetzt. Leroy schrieb 
jenes Manuscript von Valenciennes deshalb Gerson zu, weil es auch noch 
zwei bisher unedirte Reden Gersons über das Leiden Christi enthielt, die 



*) Wir geben im Anhange ein Facsimile dieses Diarium. 

') Name und Geschlecht der Advocati ist sehr alt und schon im VII. Jahrhunderte 
lesen wir von einem Beatus Isidonis de Advocatis. Vgl. hierüber Gregor/s Vercellenses 
historiae tom. I. pag. 164. 



r 



131 



im selben Style geschrieben zu sein schienen. Schon im nächsten 
Jahre 1837 veröffentlichte I-eroy seine diestieziig liehen Studien unter 
dem Titel: fitmles sur les mysi^res et sur differents manuserits de Gerson. 
Die Beweise , die er da für seine Ansicht vorbringt, verdienen aber kaum 
diesen Namen, seine Schlüsse sind wiUkttrlich und erzwungen,') Selbst 
Viltemain, der ihm doch beüüglich dieses Werkes manchen guten Wink gege- 
ben hatte *J und selbst eifriger Gersonist war, krltisirt die Abhandlung im 
Journal des Savants in höchst ungünstiger Weise. I.eroys zweites Werk: »Cor- 
neille und Oerson in der Imitacioc ist vielfach nur eine Wiederholung des in 
der ersten Abhandlung Gesagten. Die.se Thätigkeit der französischen Partei 
für ihren Heros gieng aber noch weiter. Im Jahre 1836 setzte die Akade- 
mie fran^aise sogar einen Preis aus für eine I.obschrifl auf den Kanzler, 
welcher den Herren F.-iug6res und DupriJ zuerkannt wurde. Was I.eroy 
nicht erreicht halte, suchte nun der Bibliothekar von Valenciennes Mangeart 
durchzusetzen; jedoch brachte auch er mil wenigen Ausnahmen nur diesel- 
ben Argumente, wie I.eroy, vor. 

Indessen vergieng kein Jahr, in dem nicht Gence eine oder mehrere 
Flugschriften ausgesandt hätte, die oft nur wenige Seiten zälten. Auch ge- 
nügte ihm jetzt die Prosa nicht mehr, sondern mehrere derselben erschienen 
im poetischen Gewände. z8 Jabre hindurch hatte er sich ohne Unterlass 
mit unserer Frage beschäfiigl, die er zu Gersons Gunsten t.u lösen suchte; 
die Zal seiner Parteischriften ist Legion, Er war aber auch das Haupt der 
französischen Partei und mit seinem Tode 1840 war auch der Stern dieser 
Fraktion im Untergehen begriffen. Die Gersonisten kannten auch seine 
Verdienste an, und Villenave, der mit ihm und I.eroy befreundet war und ihre 
Ansichten über unsere Frage theilte, hat in seinem »liloge de M. Gence« dem 
mutigen Verteidiger Gersons und der französischen Nationalehre einen warmen 
Nachruf gehalten. Inzwischen riss aber auch dem bedeutendsten Gegner Gersons 
Gregory der Tod den Griffel aus der Hand 1S46, Vier Jahre vor seinem Tode 
erschien die tHistoire du livre,« eine Art Magazin in unserer Krage, dem leider 
nur die rechte Verarbeitung fehlt. Gregory hat um die gersenis tische Sache die 
grössten Verdienste. Er allein bat den gewaltigen Kampf mit den fran- 
zösischen Gersonisten aufgenommen und ihn siegreich durchgekämpft. Er hat 
gezeigt, dass Gersen kein Phantom sei, dass dieser Gersen Abt des Benediktiner- 
klosters zu Vercelli gewesen imd die Imitatio verfasst habe. Mochte man früher 
noch anscheinend mit Grund an Gersens Autorschaft gezweifelt haben, die Be- 
weise, die er für sie brachte, beweisen Gersen zur äussersten Evidenz. Selbst 
Halou, der doch keinem Gersenisten, am wenigsten aber Gregory bold gc- 



') Vgl. MoIdu. Rcclicrclics, td. c. pHg. 66. 
*) Gregory, lli^l. t. 331, 



L 



1^2 

sinnt ist, sieht sich genötigt dessen Bedeutung anzuerkennen, da er sagt: >Le 
Systeme de M. de Gregory cut un certain <!cho en France et en Allemagne. 
En Italie il obtint un veritable triomphe.« Gregory war todt; aber sein Geist 
gieng über an die Verteidiger derselben Sache, der er sich mit der grössten 
Hingebung geweiht hatte. So veröffentlichte 1837 Wcigl, dessen Wichtigkeit 
in unserem Streite schon früher dargelegt wurde, eine editio polyglotta; in 
der Vorrede dazu zält er die wesentlichsten Argumente, die für Gersen spre- 
chen, nochmals auf, weist die Angriffe, die Amort und Gence gegen dessen 
Ansprüche erhoben hatten, mit Entschiedenheit zurück und stellt neuerdings 
die Behauptung auf, dass der Name Gersen deutsch sei, wodurch dann die 
etwaigen Germanismen in der Imitatio erklärt wären; dann giebt er ein mit 
vieler Mühe gearbeitetes Verzeichnis der fehlerhaften Stellen der Ausgabe der 
Imitatio von Gence aus dem Jahre 1826. Während sich also in Deutschland 
Weigl bemühte, seine Landsleute für die Anerkennung Gersens zu gewinnen, 
versuchte das Gleiche Nolhac in Frankreich. In seinen Ausführungen hielt 
er sich vorzüglich an Gregorys Werke und richtete seine Beweise namentlich 
gegen Gence und Leroy. Er zeigte, dass der Verfasser der Nachfolge ein 
Benediktiner gewesen sei, dass er das Buch für seine Novizen geschrieben 
habe und indem er die Entscheidung der Palaeographen von 16 17 über 
das Manuscript von Arona als vollständig rechtskräftig anerkennt, ist ihm 
schon entschieden, dass Thomas und Gerson die Imitatio nicht verfasst haben 
können. Um die angezweifelte Existenz Gersens zu beweisen, zieht er fol- 
gendes in Betracht: Zur Zeit, als Gersen lebte, habe sich in Italien an der 
Vorderseite der Messgewänder ein Kreuz befunden, wovon in der Imitatio 
die Rede sei; die Communion sei damals unter beiden Gestalten gespendet 
worden und Anklänge an diese Sitte sind in der Imitatio nicht selten. 
Ferner weist der Verfasser auch auf die Disputationen hin, die zu jener 
Zeit über das Geheimnis der Dreieinigkeit gehalten wurden. Nebst Nolhac 
hat auch Rohrbacher die Verteidigung Gersens übernommen und sie in 
seiner monumentalen Kirchengeschichte glänzend durchgeführt. Gegen diese 
»Franzosen« die für Gersen geschrieben haben, kämpfte die französische 
Partei in den ihr von Gence und Barbier gewiesenen Bahnen weiter. 
Sie richtete ihre Angriffe hauptsächlich gegen Gregory, brachte aber keines- 
wegs neue Beweismomente zu Gunsten des Kanzlers vor. Fast jedes Jahr 
lieferte eine Verteidigungsschrift der Ansprüche Gersons. So wären ausser 
Leroy und Mangeart noch Monfalcon in einer polyglotten Ausgabe, ferner 
Geraud, Carton , Fouinet und Spencer-Smit zu nennen. Letzterer gab die 
»Collectanea Gersoniana« heraus. Es ist dies eine Reihe von Zeitungsartikeln, 
Annoncen, Studien und Untersuchungen, die grösstentheils Bezug auf die 
Imitatio haben. Wenn wir Paulin Paris, der sich in unserer Frage kein festes 
Urtheil gebildet zu haben scheint, indem er ohne alle weitere Begründung 



die Itnitado bald dem heiligen Bernhard, bald Bonaventura bald Cerson 
zuiheilt, und Thomassy, dor in seinem Leben Gersons einen grossen Theü der 
Beweise, welche Maiigea.it und Leroy fiir dessen Autorschaft gebracht haben, 
zurückweist, trolsdem aber keine neuen Grllnde bringt, bloss nennen, so 
bleibt uns nur noch mehr Vert zu betrachten übrig, der als einer der 
mutigsten Verteidiger Gersons in der Geschichte des Streites von Wichtigkeit 
ist. Auch er bringt nichts neues, macht aber durch die Heftigkeit, mit 
welcher er Gersenisten und Thomisten angreift, Aufsehen. Vor allem fühlen 
wir uns durch den schönen lebhaften Styl , den er schreibt, eingenommen. 
Durch die kühnsten Schlüsse, durch die verwegensten Gedankensprüiige 
gelangt er za Resultaten, die man vordem für unmöglich gehalten hätte und 
denen er durch seine glänzende Dialektik den Schein der Wahrscheinlichkeit 
tu geben versteht. Mit seiner Widerlegung haben sich Gersenisten und Tho- 
misten beschäftigt, und hat sich da besonders Malou Verdienste envorben, ') 
Nachdem selbst Vert den Kanzler nicht mehr zu Ehren bringen konnte, 
kann man wol annehmen, dass Gerson für die Zukunft als Ver- 
fasser der Imitatio nicht mehr genannt werde. Zwar suchte noch. 1862 
Philipp Tamizey de Larroque in den Annalen filr christliche Philosophie den 
Gerson als Verfasser zu retten. Er gieng hierbei indirect vor, machte Thomas 
unmöglich, aber dadurch Gerson nicht einmal möglich, um so weniger gewiss. 
Es mangelte seiner Verteidigung jeder positive Beweis, und er selbst scheint 
mir, wie die meisten Verteidiger Gersons, nicht vollkommen von der Autorschaft 
des Kanzlers überzeugt gewesen zu sein. Als letzten uns bekannten Ver- 
teidiger Gersons müssen wir noch jean Darche nennen, der in einem ziem- 
lich umfangreichen Werke (363 Seiten), das auch ein Bildnis Gersons enthält, 
besonders Malou angriff, dessen Ausführungen über Gerson er scharf kriti- 
sirte; von Gersen spricht er — es zeigt dies, wie weit er hinter den neu- 
eren Forschungen zurückgeblieben — wie von einem Phantome. 

Wenden wir uns Deutschland n\. Zu Beginn der ersten Hälfte unseres 
Jahrhunderts drehte sich der ganze Streit um Gersen und Gerson und die 
wenigen Stimmen aus dem thomistischen Lager verhallten spurlos. Erst zu 
Ende der dreissiger und in den vierziger Jahren rafften sich die Verfechter 
der Ansprüche des regulirten Chorherrn zu einer energischeren Verteidigung 
auf. . Zunächst waren es die Niederdeutschen, die für ihren Landsmann eine 
Lanze brechen wollten. So stellte Delprat 1830 Thomas in einer Schrift, 
worin er den Einfluss, welchen die Bruderschaft des gemeinsamen Lebens 
auf Religion und Wissenschaft in Holland genommen, schildert, als Ver- 
fasser auf. Ueber die Tendenz dieses Buches schreibt Dr. Noltc: »Das 
Delprat'sche Buch ist nur eine Zusammenstoppelung von allerlei Notizen, 



') Vgl. M:.l. 




'34 

die wenig verarbeitet sind. Und durch das ganze Werk zieht sich, wie ein 
roter Faden, ein gar feindseliger Geist gegen die katholische Kirche; sicht- 
lich tritt überall das Bestreben hervor, in den »Fraterhäusern« überall Vor- 
läufer der lutherischen und reformirten Ketzerei zu entdecken. Was wird 
man aus dem guten Thomas noch machen wollen 1 ') In dem gleichen Sinne, 
wie Delprat, sprechen sich auch aus Kist, Ciarisse und Royaards, Professoren 
an der Universität in Leyden. Im eigentlichen Deutschland ist es besonders 
UUmann, der die Verteidigung Kempens mit grossem Erfolge führte. Zu 
den j Reformatoren vor der Reformation« rechnet er nämlich auch Thomas 
von Kempen. Um diesen als Verfasser des Buches zu erweisen, unternimmt 
Ullmann vorerst die Bekämpfung der Ansprüche Gersons, worin ihm schon 
Silbert Bahn gebrochen hatte. Schwieriger wurde es für ihn, die That- 
sachen, die Gregory für Gersen aufgestellt hatte, zu entkräften. Ullmann 
sammelt mit vieler Mühe Alles, was gegen Gersen vorgebracht werden kann, 
und sucht es zu Thomas Gunsten auszubeuten. Zuletzt bringt er die 
Argumente wieder, die schon andere Thomisten oft und oft angeführt 
hatten : Das Zeugnis Johann Busch's gilt ihm als völlig beweiskräftig, 
ebenso sucht er die Widersprüche in Trithemius' Schriften aufzuklären. 
Neben den Zeitgenossen führt Ullmann auch die Handschriften und 
Codices an. Er gesteht hierbei zu, dass nach den Worten: »Finitus et 
completus per manus fratris Thomae« auch der blosse Abschreiber 
verstanden sein könne. Zuletzt bringt er noch innere Gründe und schliesst 
mit der Aufforderung, die Anrechte Kempis auf die Imitatio anzuerkennen. 
Nebst Hase, Gieseler, Mayer, die in ihren geschichtlichen Werken gelegentlich 
für Thomas sich erklären, nennen wir Bähring*), der wol eine fleissig ge- 
arbeitete Biographie des Thomas geschrieben, aber, wie uns scheinen 
will , viel zu wenig über dessen Verhältnis zur Imitatio , auf die es ihm 
doch hauptsächlich ankommen musste, raisonirt hat. Das Wenige, womit 
Bähring im V. Cap. über Thomas Schriften im Allgemeinen und über die 
Nachfolge im Besonderen abhandelt, genügt nicht, uns zu überzeugen. 
B, führt Busch's und Trittenheim's Zeugnis an, ohne aber dabei zu er- 
wähnen, dass in jener Chronik von Windesheim der Zusatz, Thomas habe 
die Nachfolge verfasst, eingeschoben ist und von späterer Hand her- 
rührt und ohne die Widersprüche in Trittenheim's Schriften, die geradezu 
gegen Thomas zeugen, aufzuklären. Auch die Handschriften führt er an; 
und doch gesteht er selbst, dass sich Thomas am Schlüsse der Antwerpener 
Handschrift als Abschreiber bekenne. Bähring findet auch, dass alle Schriften 



*) Dr. Nülte. In der Zeitschrift für gcsammte Theologie, herausgegeben von der 
theologischen Facultät zu Wien. VII. Hand. 2. lieft. S. 209. 

*) Thomas v. Kempen, der Prediger d. Nachf. Leipzig 1872. 




'33 



des Thomas mit der Imitatio voUstänciig (Ibereinsiimmen , sagt aber nicht, 
wieso es gekommen, liass die Nachfolge so hoch über den ttbrigen Werken des 
regulineii Chorherrn stehe und dass gerade sie solche Verbreitung gefunden, 
während die andern Traktate der Vergessenheit anheim fielen. Ein- 
gehender beschäftigt sich allerdings Bühringer in seinem so lehrreichen Werke 
=die Kirche Christi und ihre Zeugen oder die Kirchengeschichte in Biogratihien« 
mit unserer Frage, Böhringer erwähnt mit wenig Worten den Streit und hält 
CS, inn die Ans[)rüche Gersens zurdck^u weisen, für genügend, einfach ui 
behaupten, die Manuskripte, die Gersens Namen tragen, stammen aus 
dem 15. Jahrhunderte oder aus noch späterer Zeit. ') Gersen ist auch 
ihm theils eine Verwechslung mit Gerson, iheils sollen die gersenistischen 
Manuskripte nur den Eigentümer, nicht aber den Verfasser bezeichnen 
wollen. Schliesslich wirft Bühringer die Frage auf, wie denn auch ein Buch, 
wie die Nachfolge, durch 2 Jahrhunderte halte verborgen bleiben können. 
Für Thomas Tührt er nur die alten Zeugnisse wieder an. Mit Deutschland 
welteiferte in der Verteidigung des Thoraas Belgien und die Niederlande, So 
halte 1845 Bormans, Professor an der Universität in Lütlich, eine Disser- 
tation über ein Manuskript > des Thomas von Kempen » geschrieben, das dem 
Seminar ebenerwähnter Stadt gehörte. Jedoch gesteht selbst Malovi, der jenes 
Manuskript in Händen hatte, dass es durchaus nicht sicher sei, ob es von 
Thomas ITand stamme. ') 

Die bisherigen Verteidiger des Thoraas hatten, wie selbst seine entschie- 
denen Verfechter gestehen, die Sache nicht wesenllich gefördert ^). Endlich fand 
1848 die kempistische Sache wieder einen mutigen Verfechter in Malou, 
Universitätsprofessor, nachher Bischof in Bruges. Er schrieb historisch-kri- 
tische Untersuchungen über den wahren Verfasser der Imitatio mit Bezug 
auf die neueren Verteidiger Gersens: Napione, Cancellieri, Gregory, Weigl, 
Veratti etc. und Gersons: Gence, Daunou, Leroy, Thomassy, Verl etc. Ma 
lou's Memoires haben grossen Anklang gefunden; aber auch Malou hat für 
Thomas keine neuen Beweise gebracht, sondern bloss das, was schon 
früher oft erwähnt wurde, neuerdings hervorgezogen, geordnet und auf die 
neuesten Gegner Thomas angewendet. Das ist das Verdienst Malou's, imd 
das wollen wir ihm ungeschmälert lassen. Besonders ist es Amort, dessen 
Schriften er gründlich studirt hat, wie selbst Thomisten, die ihn doch so 
hoch stellen und als eine starke Säule für die Sache des regulirlen Chor- 
herrn preisen , nicht läugnen können *). Auch gar manche Unrichtigkeit, 



■) Boehrinf^r. Baod 19. S. 706- 
') Mnlrju. Kücherchcs. pag. 51. ;' 



»} Vgl. Kq.pk.. paj;. S5- 
') Vgl. Kcppkr. i-iit'. 55 11 



_ 13^ 

und, um mich des Ausdruckes von Dr. Nolte zu bedienen, manchen grossen 

Irrtum hat man ihm nachgesagt *). Noch schärfer spricht Jean Darche im 

Cid de r Imitation (1875)*): »Malou t§tait un t§crivain extr^mement absolu 

et excentrique dans ses opinions sur les hommes et les choses, parce qu'il 

avait i'esprit peu logique et le coeur fort into1t§rant. Les Dominicains savent 

assez comment ils les a maltraitt^'s, eux et saint Thomas, relativement ä la 

cause de l'Immacult^e Conceptioii. On peut voir ceia dans i'ouvrage du 

procureur gcfndral des Dominicains, le P. Spada, de Rome, intituld : »Saint 

Thomas et Tlmmaculde Conceptionc, en rt^ponse aux attaques violentes et 

aux calomnies odieuses de l'dv^que de Bruges. Le p^re Sicard, dominicain, 

traducteur frangais dudit ouvrage, dit que »Malou fait de la question un 

usage inique et ddloyal (sie), qu'il a <ftt5 excessif et qu* il s'est trompdc. 

Le prdlat s'est-il rdtractd ? Non , certes 1 Ce qu'il a t§crit contre Gerson dans son 

livre des »Recherches sur le vdritable auteur de l'Imitationc a justement soulevd 

r indignation des ämes honn^tes et chrdtiennes. De grands dcrivains lui ont 

ttfmoignt^ Sans biaisir leurs regrets de l'avoir vu prostituer ainsi sa plume pour 

servir ses aveugles et ridicules prdjug<fs. Loin de se rdtracter, de rdformer ses 

apprdciations si malveillantes, dans une nouvelle (fdition il les a maintenues et les 

a mSme conürmdes avec un sans-gSne inqualifiable.c Besonders verletzt bei 

Malou die Geringschätzung, mit der über Gelehrte, die nicht seiner 

üeberzeugung sind, abgeurtheilt wird. Ueberall lässt er nur seine Ansicht 

gelten und sobald jemand anderer Ansicht ist, — besonders bei Besprechung 

der Codices zeigt sich dies — wird er für einen Schwindler erklärt oder 

M. fasst das Ganze als eine Gefälligkeit auf, die gelehrte und redliche 

Männer einem Gersenisten erwiesen haben. Es ist dies freilich das bequemste 

Mittel, um sich über die Urtheile eines August Theiner, Schneller, Dr. Ständer 

und zalreicher Philologen, die beispielsweise über die Codices ihr Urtheil 

abgegeben haben, hinwegzusetzen und wir sehen keinen Grund, von dem 

Urtheile solcher Auktoritäten abzugehen, insolange die Thoraisten keine zweiten 

annähernd anerkannten vorweisen können. Malous Recherches zerfallen in 

5 Kapitel, wovon das erste die Geschichte des Streites behandelt, im zweiten führt 

er die Beweise für Thomas an, im dritten kämpft er gegen die Schwierigkeilen, die 

von den Gersenisten wider Thomas erhoben wurden, im vierten spricht er 

über Gersen, im fünften über Gerson. Um die Rechte Kempens zu beweisen, 

zält M. zuerst die Zeugnisse von Zeitgenossen auf, wobei er besonders scharf 

gegen Gregory und Vert vorgeht, weil sie es gewagt hatten, über die Aecht- 

heit jener bekannten Stelle in Busch's Chronik Zweifel laut werden zu 

lassen. Daran reihen sich die Manuscripte, die den Namen Thomas tragen. 



*) Dr. Nolte führt mehrere an, so: I. Heft. S. lo, li, 18, 19, 22, 23 etc, 
") Jean Uarchc. Clc l*rolog. pag. IX. 



137 




Als ersles gilt ihm der Kircheimer Codex. Nach einer Randbemerkang musa 
er im Jahre 1425 schon geschrieben gewesen sein. Ueber diese Randbe- 
merkung, von der ja doch der gan/e Wert des Codex abhängt, wagt er nur 
in einer Anmerkung ') wenige Worte zu sagen; der Platz, wo die Bemerkung 
stehe, andere nichts an Ihrer Beweiskrart, dieselbe Hand habe das Minium 
für diese Note und für die Titel der Kapitel aulgetragen, das Rot zeige die 
gleiche Nuaocirung. Anders spricht hierüber schon Keppler *). Er erklärt: 
>Was die starke Beweiskraft dieser Inschrift etwas schwächt, ist der Um- 
stand, dass sie nicht ganz zweifellos von der gleichen Hand wie der Codex 
stammt«; noch anders gar der heftigste Kemjiist Dr. Nolte^); iDiese Worte 
sind freilich von einer anderen Hand, von einer aftderen Dinte geschrieben, 
deren Farbe viel lebhafter ist, als die jener, mit welcher das Werk selbst 
geschrieben wurde; während die Farbe der roten DJnte, mit welcher die 
einzelnen Linien unter jener Notiz gezogen sind, viel dunkler ist, als die 
jener, mit welcher die Inhaltsangaben über den einzelnen Kapiteln geschrieben 
wurden.« Der 2. Codex bei Malou ist der von Gaesdonk. Auch dieser soll 
den Namen Thomas tragen. Doch sagt weder Keppler, noch Malou, noch 
Mooren, wie denn jene Stelle heisse, wo Thomas als Verfasser genannt wird; 
Keppler bedauert dies wenigstens. Der dritte Codex ist der von Antwerpen. 
Malou selbst gibt zu, dass die Schlussbemerkung auf den Copisten hinweise, 
entschuldigt dies aber mit der Demut des Thomas, der sich nicht als Verfasser 
nennen wollte. So fuhrt er noch eine Reihe von Manuscripten an, die ent- 
weder direkt auf Thomas als Verfasser hinweisen oder von einem regulirten 
Chorherm als Autor sprechen. Die angeführten Beispiele zeigen deutlich, 
wie Malou Alles so behandelt, wie es gerade für seinen Zweck passt. Was 
die Einwendungen anbelangt, die er gegen Gerscn erhebt, so Iheilen wir 
hierin vollständig die Ansichten des Recensenten in der Innsbrucker Quartal- 
Schrift, der sagt ^) : »Uic Einwendungen, welche der Hau pl Wortführer der 
gegenwärtigen Kempisten, Malou, gegen die Aechtheit jener Aufzeichnungen 
(bezüglich des Cod. de Advocatis nämlich) und das Alter des Cod. de Advo- 
catis vorbringt, scheinen fast nur die Verlegenheit der Kempisten gegenüber 
diesen neuen Funden des Ritters de Gregory darthun zu sollen.« Unter den 
Xieraonisten sind es vorzüglich Leroy, Thomassy und Vert, deren Ausfüh- 
rtingen Malou bekämpft und deren Widericgung er sogar eigene Kapitel 
widmet'). Nach Malou, der von Gersenlsten und Gersonisteu auf das Hef- 



*) Rech, pag, 101. Anm. 3, 
') Kq»plM. pag. 72. 
') Dr. Nültc, paß. 11. 

•) Zeilschrifl für kalhulische Theulogit aus liiiisbrutk. Ikinetliungen uiiJ Nachricht«. 
Ccrscn von VerseHi und die NachruIgK CJuisü. 1877. S. 483 
»' Vgl. Rech. pag. 306—325. 337-344- 344— J5S- 



138 

tigste bekämpft wurde, schrieb noch Qu^rard, der hauptsächlich den biogra- 
phischen Theil bearbeitete und Dr. Nolte, der im 5. Bande der 2^itschrift 
für die gesammte katholische Theologie, herausgegeben von der theologischen 
Facultät in Wien 1853, zwei Hauptstiicke aus der Nachfolge Christi nach 
einer alten niederdeutschen Handschrift veröffentlicht und im 7. Bande eben- 
derselben Zeitschrift die Frage etwas ausführlicher behandelt, eine nicht un- 
beträchtliche Anzal Manuscripte beschreibt, und manche Einwendungen, die 
gegen Thomas erhoben wurden, zurückzuweisen sucht. Er lässt sich gegen 
Thomisten sowol als gegen Antithomisten in seinem Eifer manchmal zu Aus- 
drücken hinreissen, die durchaus nicht den versöhnlichen Charakter tragen, um 
nicht zu sagen, dass sie ^rob und beleidigend sind. Nach Nolte wäre noch 
Mooren, Pfarrer in Wachtendonk, zu nennen, der die über Thomas von Kempen 
jahrelang hindurch gesammelten Nachrichten 1855 herausgegeben hat. Da- 
von hat für uns nur das 9., 13. und 15. Kapitel Wichtigkeit, da die an- 
deren — es sind deren 16 mit einem Anhange — über Verhältnisse be- 
richten, die nur auf das Leben und Wirken Thomas* von Einfluss waren. 
Von dem in unsere Frage einschlägigen behandelt er nur das Zeugnis des 
Johann Busch ausführlicher. 

Während Kempis unter den Deutschen Verteidiger fand, denen sich 
einige Belgier und Niederländer anschlössen, feierte Gersen in Italien, Frank- 
reich und selbst in Deutschland wahre Triumphe. Italien ging allen mit einem 
leuchtenden Beispiele voran. Napione, Cancellieri uud Gregory hatten reiches 
Material hinterlassen, das noch zum Theile ungeordnet war und der Bear- 
beitung harrte. Dieser Aufgabe unterzog sich eine Ehrfurcht gebietende Reihe 
von Gelehrten aller drei mehr betheiligten Nationen. Parenti fertigte 1844 
eine ausgezeichnete Uebersetzung der Imitatio in 's Italienische an. Als Anhänger 
Gersens traten auch Moroni und Melzi auf. Besonders hat sich letzterer 
durch seine grossartigen palaeographischen Kenntnisse und durch den Eifer, 
mit dem er Notizen über den Verfasser sammelte, grosse Verdienste er- 
worben. Leider raffte der Tod zu früh den thätigen Gelehrten hinweg. Er 
starb 185 1 mit Hinterlassung eines grossen auf unsere Frage Bezug habenden 
Materials, welches dann nach seinem Tode dem Drucke übergeben wurde. 
Chronologisch reiht sich an zunächst Alexander Paravia, Universitätsprofessor 
in Turin. In seiner Abhandlung über den Verfasser des Buches von der Nach- 
folge Christi tritt er in die Fussstapfen Gr^gory's, dessen Ideen er weiter aus- 
führt. Ein Verdienst Paravias ist es auch, aus Grt^gory, der besonders in seiner 
Geschichte eine Unmasse von Material gesammelt hatte, ohne es jedoch zu 
einem Ganzen verarbeitet zu haben, manches unnütze und Nebenwerk, welches 
bei einer gründlichen Bearbeitung von selbst wegfällt, entfernt zu haben. ') 





*) Ernest Renan sagt in den Etudcs. ed. c. pag. 320 über ihn. »S'il n'ajoule aucun 





^39 



Besonderen Wert kann auch die Imitatio -Ausgabe beanspnichen, welche 
Torri nach dem von Gregory aufgefundenen Codex de Advocatis veranstaltet 
hat; seine diesbeziigliche Abhandlung ist besonders schätzenswert durch die 
Aufzälung der Ueberselzungen der Imitatio in Prosa und Versen, der Manu- 
Scripte, die Cersens Namen tragen und ebenso der Ausgaben, die unter seinem 
Namen veröffentlicht wurden, der Palacographen, die Tür Gersen Zeugnis 
gaben, der Congresse, die über unsere Frage gehalten wurden, und endlich 
der Journale, die über die Nachfolge geschrieben haben, und der Schrift- 
steller, die ffir Gersen eingetreten sind. 

Bisher war der philologische Theil unserer Frage, wenn auch berührt, 
doch immerhin stiefmütterlich behandelt worden. Die meiste Aufmerksamkeit 
schenkte man den äusseren Beweisgründen. Es war aber auch schwer durch 
innere , besonders aber durch philologische Grtinde die Frage nach dem 
Verfasser eines Buches entscheiden zu wollen, in dem der Deutsche Batavis- 
men, der Italiener Italianismen, der Franzose Gallicismen in Hülle und Fülle 
entdeckt zu haben glaubte. Doch, wie fast in jedem strittigen Punkie unserer 
Frage, so ist man auch hier zu weit gegangen und hat vieles als Germanismus 
ausgegeben, was nicht Germanismus ist. Den Beweis hiefür gebracht zu 
haben, ist das Verdienst Veratti's, Professors in Modena. Alle jene Einwürfe, 
welche die Idiotismen in der Imitatio berühren, widerlegte er in der gründ- 
lichsten Weise. Ein Beispiel mag uns genügen, seinen Sch.irfsinn kennen zu 
lernen. Jeder Verteidiger des regulirtcn Chorherrn fuhrt bei Besprechung 
der inneren Gründe als einen offenbaren Germanismus die bekannte Steile 
an: Si scires (otam Bibliam exterius [Lib. I. cap. I.). Interessante, aber zu 
anderen Resultaten führende Aufschlüsse gibt uns darüber Veratti. ') Zuerst 
beweist er, dass mehrere Manuskrijite und gerade die ältesten das Wort 
»exlerius« gar nicht haben; ferner prüft er, ob demi exterius zum Sinne des 
ganzen passe, und findet , dass das Wort durchaus nicht in jene Stelle hinein 
gehöre, denn der Verfasser meint mit jenen Worten gewiss nicht das blosse 
Aus wendig wissen der Bibel in dem Sinne, wie »Verba teuere«, was doch 
dadurch ausgedrückt wäre. Auch noch zalreiche andere Beweise bringt er bei, 
und es genügt ihm hiebe! nicht, die deutsche, lateinische und italienische 
Sprache in Vergleich zu ziehen, sondern er berücksichtigt häufig auch fran- 
xösische, englische und spanische Redensarten und Versionen. Er wendet 
sich in seinen Ausführungen namentlich gegen Malou, der in den Recher- 



fait i ceux qti'avait laboricuscnient rccucillui dam \s inGme sens M. de Urcginyi 11 a i 
i le mdiilv d'fcarlei Ics inauvaises laisom ul ies birs-d'ucvrc par lizsq^uL'Is cc pativ 
colleckur avait fait tort & sa causu. Auf derselben Seile lieisat a welter; J'admela puur n 
part comme Irin probable le scntiinent de M. Paravio, siirtgul dans «s eonclusions ncgaiiv 
contre Gersoa et a-Kcmpb.< 

') Vgl. VeraUi. Opuseuli religiusi, 1857. lom. I. paß. 113—118. 



I 



140 

ches auch die philologische Frage behandelt und in der dritten Auflage 
derselben auch auf die von Veratti erhobenen Schwierigkeiten zu antworten 
sucht. Wir fuhren hier das Zeugnis Malou's als des grössten Gegners 
Verattis selbst an. So spricht er über den Schriftsteller und dessen 
Werke. *) »Seul peut-Stre parmi les adversaires rdcents de Thomas ä Kempis, 
il oppose aux d^fenseurs de ce pieux religieux, des raisons ou solides, ou 
du moins spdcieuses; seul parmi les (fcrivains italiens, il fait preuve d*une 
certaine connaissance de la langue allemande. Und weiter heisst es : Quoiqu*il 
n*ait pas atteint le but qu'il s'tftait proposd, ä savoir de nous arracher toutes 
nos preuves philologiques, il en a cependaut t§branl<f ou dbr^chd quelques — 
unes, comme nous le dirons en son lieu. D^s ce moment, nous le remer- 
cions des dtudes qu'il a faites, et de l'obligeance avec laquelle il nous les 
adressdes, au moment oü nous mettions la demi^re main ä la troisi^me 
Edition de nos Recherches.c 

In den sechziger Jahren erschienen wenige unsere Frage betreffende 
Schriften. Als ein wertvolles Sammelwerk mit bibliographischer Angabe der 
Uebersetzungen , Ausgaben, Schriften und Schriftsteller über die Imitatio mit 
kurzen kritischen, häufig Malou entlehnten Bemerkungen, sei erwähnt Backer*s : 
Essai bibliographique sur le livre de Tlmitation de Jesus-Christ. Um so 
lebhafter aber gestalten sich die Untersuchungen über den Verfasser der 
Imitatio im letzten Jahrzehnt. 

Nachdem Mangeart, Vert, Tamizey de Larroque erfolglos filr Gerson 
geschrieben hatten, hätte man glauben sollen, dass der Kanzler in unserer 
Frage nicht mehr in Betracht komme; und dennoch erschien 1875 noch 
eine Schrift von Jean Darche, wie wir schon früher erwähnt, die Gersons 
Ansprüche aufrecht zu halten suchte. Auch Kempis fand seine Verteidiger. 
Für ihn trat Karl Hirsche ein. In den »Prologomena zu einer neuen Aus- 
gabe der Imitatio € bemühte er sich mit staunenswertem Fleisse und grossem 
Scharfsinn aus inneren Gründen Thomas als Verfasser zu erweisen. Leider 
ist die Darstellung wegen der uneingedämmten Breite ermüdend. Aus inneren 
Gründien lässt sich jedoch nur beweisen, ob Gerson oder Thomas die Imi- 
tatio nicht verfasst haben, da wir von beiden Schriften besitzen und also 
einen Vergleich zwischen diesen und der Nachfolge anstellen können. Bei 
Gersen ist dies aber nicht möglich, da bei ihm die für solche Untersuchungen 
nötigen, historisch als authentisch erwiesenen Schriften fehlen. Was man 
daher immer zu Gunsten Gersons oder Kempis an derartigen Gründen vor- 
bringen mag, wird nie vollständig beweisend sein, da man ja das Gleiche 
ebensogut möglicherweise auch von Gersen behaupten kann. Die Mehrzal 



*) Rech. pag. 37 sq. 




(ter Verleiiiigcr des Thomas sieht dies mich ein. So sagt Maloti: ') »Ia 
(juestion philologique est tout k fait secondaire pour noiis.i Und ähnlich 
drückt sich auch Reppler aus:*) »Man beachte doch, wie der inneren 
Kritik die Definitivsentenz in unserer Streitfrage nicht zusteht und sodann, 
wie dieser innere Beweis für Thomas in seiner ganzen Stärke nur gegen 
Gerson geltend gemacht werden kann;» und Hirsche selbst mochte einsehen, 
dass solche Beweise, obwol er viel darauf zu halten scheint, nicht genügen, 
um die Autorschaft Kempens klar darzulegen, da er versprach, in kurzer 
Zeit nach dem ersten auch den «weiten Band, der den Abschluss der inneren 
Beweise mit einer Darstellung der äusseren Gründe und eine kritische Ge- 
schichte des Streites bringen sollte, folgen zu lassen. Im ersten Bande ^- 
den zweiten hat er uns bisher vorenthalten — behandelt H, Interpunktion 
Reim und Rhythmus. Das Manuskript, dessen er sich bei seiner Atiseinander- 
setzungen bedient, ist der Antwerpener Codex, lieber die Interpunktion 
sagt der Kempist Keppler: ') »Was die Interpunktion betrifft, — sie sei so 
vortrefflich und eigenartig als sie wolle — so wird man die Möglichkeit 
nicht absohlt negiren können, dass Thomas mit derselben als Abschreiber 
tum Zwecke der Vorlesung das Buch durchzogen habe; Thomas war zweimal 
Unlerprior und mit der ascetischen Leitung der Novizen beauftragt, er kann also 
ganz gut in den Büchern, die er benutzte und copirte, seine für die Vorlesung 
bestimmten Zeichen angebracht haben. Somit beweise dieses Interpunktions- 
System im Antwerpener Codex zunächst nicht für den Autor, sondern nur 
für den Copisten Thomas.« Dass in der Imitatio Reime vorkommen, wird 
Niemand läugnen; ob aber in dem Masse, wie Hirsche glaubt, ist eine 
andere Frage. Denn neben zalreichen Stellen, wo nicht einmal Hirsche 
trotz aller, häufig sinnwidrigen Zergliederung des Satzes einen Reim 
ausfindig machen konnte, kann man auch vieles, was er als Reim ansieht, 
nicht als solchen gellen lassen. So sagt er auf Seite 131: >Hinsichilich 
der Beschaffenheit der Laute und Silben, die der Reim in der Imitatio um- 
fassl, hebe ich mit Uebergehung des Zweifelhafteren folgende Arten hervor. 
I.) Es reimen nur die Endkonsonanten, nicht aber die denselben voran- 
gehenden Vocale ; z.B. Tenebris und Dominus, efficit und faciet. Dergleichen 
Beispiele sind häutig, wie denn überhaupt alle Arten der imvollkomraenen 
Reimformen, namentlich die sogenannten ungenauen Reime, wie disputare 
und Irinitati etc. in der Imitatio sehr stark vertreten sind.« Hirsches ganzes 
System trägt etwas Gekünsteltes, Gesuchtes und Unnatürliches in sich; zudem 
hat er hier nur gezeigt, dass Gerson die Imitatio nicht h.-ibe verfassen können. 



') MbIou. Rech. pag. 37. 

•) Kq>plct, Tübinger Quartal schrifl 1880, pag. 85. 

•) 1. c, S. S6. 




indem er aus verschiedenen Traktaten des Kanzlers Stellen anführt, wo sich 
entweder gar kein Reim oder nicht in der Weise, wie in der Imitatio, findet. 
Dass aber die Reime in den übrigen als acht anerkannten Schriften Thomas 
vorkommen, hat Hirsche nicht gezeigt, da der zweite Band seines Werkes, 
der diesen Vergleich hätte bringen sollen, noch nicht erschienen ist. 

Mag man aber wie immer über Hirsches Werk urtheilen, sein Verdienst wird 
es bleiben, eine Schönheit der Imitatio, wenn auch nicht neu aufgedeckt, 
so doch erschöpfend behandelt zu haben mit einem Fleisse, einer Umsicht 
und Gründlichkeit, wie sie eines deutschen Gelehrten würdig ist. Nach Hirsche 
haben, so viel uns bekannt ist, nur noch mehr Pfarrer Delvigni und Paul Keppler 
geschrieben. Delvigni setzt das, was Malou begonnen, fort; Gersen ist für 
ihn noch ein mythisches Wesen ; auch er wittert wie Hirsche, dessen Prole- 
gomena er über alles hoch stellt, in der Imitatio ein metrisches Buch. Da- 
gegen müssen Loth, Tamizey de Larroque, Mella und noch manche andere 
ihre Frevelthaten, dass sie nämlich gegen Thomas geschrieben und Gerson 
oder gar den fabelhaften Gersen verteidigten, schwer büssen. Neuestens gibt 
Paul Keppler eine Darstellung des jetzigen Standes der Frage in einer über- 
sichtlichen und ziemlich objectiv gehaltenen Weise, indem er uns fast das 
ganze Beweismaterial für Thomas und Gersen vorfuhrt; Gerson kommt für 
ihn weniger in Betracht. Schliesslich entscheidet er sich für Thomas, gibt 
jedoch zu, dass der Beweis für ihn nicht so fest begründet sei, als dass 
weitere Forschungen nicht noch ein anderes Resultat bringen könnten. »Der 
Beweis für seine Autorschaft mag, — wir geben es gern zu, — nicht ganz 
stringent, vollständig und lückenlos sein — aber er ist weitaus stringenter, 
vollständiger und lückenloser, als der für Gersen geführte.« ^) Und weiter 
heisst es: »Gleichwohl erklären wir den thomistischen Beweis für nicht so 
fest, dass er nicht durch ihm entgegentretende historische Thatsachen könnte 
erschüttert werden, durch den historischen Nachweis nämlich, dass die Imitatio 
zweifellos früherer Zeit angehöre.« Keppler ist der letzte uns bekannte Ver- 
teidiger des regulirten Chorherrn. 

Wir haben schon früher erwähnt, dass in jeder Periode des Streites 
Männer aufgetreten sind, die sich weder für Gersen noch Thomas noch 
Gerson entschieden, sondern entweder einen anderen Verfasser aufstellten 
oder ihre Beweise bloss gegen den Einen oder Andern führten oder gegen 
alle drei zugleich, ohne aber hiebei zu einem positiven Resultate zu gelangen. 
In unserer Periode war in Italien diese Richtung vertreten durch den 
P. Spotorno aus der Barnabiten-Congregation, bekannter unter dem Namen 
Albo Docilio. ¥.\ schreibt die Imitatio Thomas Gallus zu. In Frankreich hatte 
sich neben der entschieden gersenistischen und gersonistischen Strömung 

') 1. c. S. 107. 



M3 ^^^^ 

eine dritte Pnrtei gebildet, deren Ansicliten in den Worten giprdten; »Es 

gibt keinen Verfasser dieses Buches; der Verfasser ist die ganze cHrislliche 
Mensdiheit.« ') So sehr verfiel man in das Gebiet des Mysticismiis und der 
Phantasterei und es galt geradezu als eine der grössten Schönheiten des Buches 
der Umstand, dass der Verfasser unbekannt ist; warum sollten also dem 
Buche seine Schönheiten genommen und nach dem Verfasser geforscht 
werden r'} Begründer dieser krankhaften Richtung ist der Chefredacteiir des 
Journal des Dcbats, Herr von Sacy. Ihm schloss sich im Wesentlichen Ernst 
Renan an. Nach seinen Erörleningen gehört das Buch dem 13. Jahrhundert 
an und ist in Italien geschrieben. Darnach kann also weder Thomas noch 
Ocrson der Verfasser sein. Le Clerc, den wir ebenfalls dieser Richtung bei- 
Äälen können, stellt in der Vorrede zu einer neuen Ausgabe der Imitaiio 
die Behauptung auf, dass sie ein Werk aus verschiedenen Händen und ver- 
schieilenen Zeilen sei. Auch Molard und Höricault traten in einer neuen 
Ausgabe der Internelle Consolation der Auffassung Sacy a bei. Keppler sagt 
darüber: »Diese französische Periode ist die heiterste im ganzen Sreit und 
überhebt zugleich jeder Mühe des Kritisirens.* ') 

Grosses Aufsehen machte Arthur Loth , der zur Lösung der Frage 
einen neuen Weg einschlug. 1869 wurde nämlich von der Bibliothcque im- 
periale ein Manuscript, welches das erste Buch vollständig, von den übrigen 
Fragmente und Auszüge enthält, erworben, das bisher in unsere Frage noch 
nicht einbezogen worden war. 

Diesen Codex wählte sich nun Loth zu seinen Studien über den Ver- 
fasser der Nachfolge. Nach verschiedenen Gebeten, die zeugen, dass das 
Manuscript einer religiösen Genossenschaft angehört habe, folgt eine astrono- 
mische Tafel, der sich ein Kirchenkalender aus der vorgregorianischen Zeit 
anschliesst. Durch Berechnung hat nun Loth gefunden, dass das Manuscri|)t 
aus dem Jahre 1406 stammt, daran schliesst er den Beweis, dass weder 
Gcrson noch Thomas die Imitatio haben verfassen können und stellt die 
Vermutung auf, dass ein Devotus vor Thomas, ein Zeitgenosse des Gerardus 
Groot, als wahrer Verfasser der Nachfolge zu betrachten sei. — - 

In Deutschland schrieb Moritz Schwalb eine .\bhandlung über »das 
Büchlein von der Nachfolge Christi«, worin er sich, wenn auch nicht mit 



') Sncy. Vorrede. .11 u'y a pa< .ra., 


cur k un lirrc comme celiii in. Um! weiter 


hek« es: Unuleur. c'esl l'humnnilt chrflicime 


lout cnlÜre.. Im gleichen Sinne spricht sich 


anch Renan aus. Vgl. S. 318. 




') .L'mcertLli»le, qui plane sur le nora 


de son aulcar est un des bennlfe moralcs du 


livrcl' Und Renan begmiit steine Abhaiiilhmg 


mil den Worten: «C'cäl on immense nvanlage 


poUT Un livrc deslinf' h. la popiilari!^, que <ri:l 


e annnj-me.» 


') Keppler. pag. 55. 






i 



144 

grosser Entschiedenheit gegen Thomas ausspricht *). Im Anschlüsse an 
Loth und ungefähr das nämliche Verfahren beobachtend, schreibt auch Dr. 
Hölscher, Direktor des Gymnasiums in Recklinghausen, über den Verfasser 
in seiner Programmarbeit des Schuljahres 1878/79; nur schliesst er neben 
Thomas und Gerson auch Gersen von der Autorschaft aus. Er scheint 
Loth 's Ansicht bezüglich eines Devotus zu theilen und schliesst seine Ab- 
handlung mit den Worten: Quis — emiserit auctor grammatici certant et 
adhuc sub iudice lis est. *) An die von Victor Le Giere aufgestellte Hypothese, 
dass nämlich die Imitatio ein Werk aus verschiedenen Händen und ver- 
schiedenen Zeiten sei, erinnern auch die Artikel in den Laacher Stimmen, 
nach denen die Imitatio eine Zusammenfassung von Kloster-Sprüchen, von 
Meditationen und frommen Betrachtungen wäre, die bald in dem einen, bald in 
einem anderen Kloster eine Bereicherung erfahren hätten und schliesslich 
von Thomas zu einem Ganzen verbunden worden seien. Nachdem aber für 
diese Hypothese nicht einmal ein Wahrscheinlichkeitsbeweis gebracht wurde, 
so kann man sie billigerweise unberührt lassen. 

Während die Verteidiger Gersons und Thomas im letzten Jahrzehnt 
sich auf eine sehr geringe Anzal reduciren und entweder ausschliesslich 
Frankreich oder Deutschland und Belgien angehören, machten sich in Frank- 
reich, Deutschland und England ebenso wie in Italien zalreiche und ge- 
wichtige Stimmen zu Gunsten Gersens geltend. Hiezu können wir noch 
jene rechnen, die nicht direkt für Gersen sprachen, aber doch Gerson und 
Thomas von der Autorschaft entschieden ausschlössen, wie Schwalb und 
Arthur Loth. Unter den Franzosen trat Ahh6 Ducis gegen Loth*s Vermu- 
tung auf, dass ein Devotus aus der Zeit Gerard Groot*s die Imitatio verfasst 
haben könne, indem er nachwies, dass mehrere Manuscripte älter seien, als 
der von Groot gegründete Orden der Fraterherren ; andererseits pflichtete 
aber D. Loth's Ausführungen gegen Gerson und Thomas bei. In Deutschland 
hat Grisar in der Innsbrucker theologischen Quartalschrift (1877. 3. Heft. 



*) So sagt er, nachdem er kurz den Streit berührt hat S. 4: »Zwei Gründe stehen 
(der Alltorschaft des Thomas nämlich), wie mich dünkt, gewaltig entgegen : 

a) Der Gegensatz zwischen der geschichtlich wol bezeugten schwärmerischen Mario- 
latrie des wirklichen Thomas a Kempis und dem Fehlen aller Mariolatrie bei dem Verfasser 
der Nachfolge Christi; 

b) ein in der Nationalbibliothek zu Paris befindliches Manuscript von der Nachfolge 
Christi, der sogenannte Codex de Advocatis, von dem sich aus gewichtigen Gründen nach- 
weisen lässt, dass ein picmontesischer Edelmann, Joseph de Advokatis, ihn von seinen Eltern 
geerbt und am 15. Februar 1340, also 31 Jahre vor der Geburt des Thomas k Kempis, 
einem geliebten Bruder geschenkt hat.« 

*) Programm des Gymnasiums zu Recklingshausen. Schuljahr 1878/79 von Dr. 
Hölscher. S. 20. 




S. 481 ff] eine kritische Abhanrtliing ttlier die Existenz des Alites von 
Vercelli geliefert, an dessen Autorschaft er festhält «ml dessen Sache er als 
gewonnen betrachtet. Besonders aber ist es Italien, das Land, wo Gersen 
lebte, wirkte und schrieb, das dem lange seiner Rechte beraubten Abte die 
grössten Sympathien entgegenbrachte, die auch in dem 1874 ihm zu Ehren 
errichteten Monumente Ausdruck fanden. Es erschienen da in rascher Folge 
mehrere Schriften, unter denen die Werke Canefti's hervorragen. Es muss 
uns daher um so auffallender erscheinen, wenn man selbst in unseren Tagen 
von Gersen, wie von einer erdichteten Person, die nur in den Köpfen einiger 
hyperitalienischen Patrioten spuke, spricht, da doch die denkbar sichersten 
historischen Zeugnisse das Gegentheil beweisen. Man lese nur Canetti's 
Schriften, und man wird den Gersenisten nicht mehr Aberglauben, Ueber- 
treibung und ähnliche Dinge vorwerfen, Nuch reichhaltiger ist die 1879 er- 
schienene zweite Auflage derselben Schrift. In französischer Sprache schrieb 
für Gersen Blanche!, der von neuem die Verteidigung des Abtes von Vercelli 
Gersens. besonders gegen I.ammenais, dessen Ansichten in den Worten Aus- 
drtick finden: ȟn ne connait point l'auteurde l'lmitationt und gegen den Ver- 
fasser des gersonistisch gehaltenen Cid de ITmitation unternahm. In der um- 
fassendsten Weise hat aber Camillo Mella die Frage behandelt in mehreren 
Artikeln, die in der Civiltä Cattolica erschienen und wegen ihrer Vortreffllichkeit 
in einem Separat- Abdruck ungeheure Verbreitung fanden. Mella fiihrte nur den 
positiven Beweis, nämlich, dass Gersen die Imitatio verfasst habe; den nega- 
tiven, dass nämlich Gerson und Thomas sie nicht haben verfassen können, 
lässt er unberührt, weshalb er auch thomistisch oder gersonistisch geschrie- 
liene Abhandlungen nicht weiter berücksichtigt. Darüber schreibt nun 
Keppler: >Es erweckt wenig Vertrauen, wenn man bemerkt, wie z. B. 
dats Werk Malou's eine grundliche Berücksichtigung, die man ihm schuldig 
war. nicht im mindesten erfährt«. ') Wenn aber die Imitatio vor der Geburt 
Thomas und Gersons geschrieben wurde, was selbst deutsche (Jelehrte be- 
weisen (Theiner, Schmeller, Dr. Ständer, Keiffenberg; die l'hilologen: Thi- 
bald, Ludwig von Sinner etc.) und was eben auch Mella neuerdings gründlich 
durchgeführt hat, so wäre es ihm doch unnütze Mühe gewesen, alles das, was 
für Gerson und Thomas geschrieben wurde, zu wiilcrlegen. 

Die Frage nach dem Verfasser des nach der heiligen Schrift crhaben.sten 
Buches hat durch drei Jahrhunderte hindurch so. Viele edle Geister, die gelehr- 
testen Männer beschäftigt, drei religiöse Orden in Mitleidenschaft gezogen 
und drei Nationen in den Kampf eintreten lassen; selbst Staat und Kirche 
wurden um Entscheidung in dieser Frage angerufen. Die absurdesten Ideen 
und die geistreichsten Abhandlungen ; tiefe Studien und leichlh ingeworfene 



') Kcpplrr, S. 57. 





146 

Behaui)tungen; Bosheit, Streitsucht, Verleumdung, Hass und Neid sowie 
Liebe zur Wahrheit und zum Frieden; Leidenschaft und Mässigung wech- 
seln in rascher Folge. Doch der Kampf hat ausgelobt, die Wahrheit den 
Sieg errungen. Schon über ein Jahrhundert lang sind die Orden einig. Zu 
Beginn unseres Jahrhundertes schien es dann , als ob aus der Verfasserfrage 
eine National-Angelegenheit sich bilden sollte. Doch auch diese Periode ist 
vorbei. Franzosen (Gregory, Nolhac, Rohrbacher, Duchatelet, Abbt§, Ducis, *) 
Deutsche (Weigl, Neugebauer (im Serapeum) und Grisar (in der Innsbrucker 
theologischen Quartalschrift), Engländer (in der Zeitschrift The Tablet) wett- 
eifern mit den Bewohnern Italiens in Lobpreisung des Verfassers des gol- 
denen Buches, der kein anderer ist als Giovanni Gersen. 

B. DER BEWEIS DES GERSEN. 

»ie Geschichte des Streites hat eine stattliche Reihe schwer wiegender 
Auktoritäten vorgeführt, welche für Gersens Sache eingetreten sind. 
Dass diese Verfechter der Rechte des Vercellenser Abtes nicht so leicht- 
sinnig und ohne genügende Gründe aufgetreten sind, sondern dass sie 
die Macht zwingender Beweise mit sich hatten , dass soll der folgende 
Abschnitt zeigen. Die Gründe für Gersen zerfallen wir in äussere und 
innere; die ersteren bilden Manuskripte, Drucke, Citirungen und Zeugen. Der 
Beweis aus inneren Gründen beschliesst sich in dem, dass die vier Bücher 
der Nachfolge Christi nach der selbsteigencn Aussage derselben Italien als 
Vaterland, das 13. Jahrhundert als Geburtsjahr und einen Benediktinermönch 
als Vater fordern. Bezeichnen die äusseren Gründe direkt Gersen als Ver- 
fasser, so möchte man den Beweis aus inneren Gründen mehr indirekt nennen ; 
die ersteren zeigen uns den Gersen als Verfasser der Imitatio, die letzteren 
anerkennen ihn und bestätigen diese Angabe vollinhaltlich. 

I. ÄUSSERE GRÜNDE. 
Manuskripte. 

|as erste und vorzüglichste sowie das untrüglichste Beweismaterial in 
unserer Frage sind und bleiben die Manuskripte;*) denn es ist ja ein 
literar-historischer Streit, und immer wird man Zeugen gegen Zeugeni 




*) Ahh6 Ducis sagt selbst pag. VI. »Nous n'avons aucun int^et de caste ni de 
clochcs dans cette question. Aussi oavons-nous cherchö que la veritö et nous l'avons affirniee 
avec l'assurance que donne üne conviction raisonnee.« 

•) »Itaque eo deucnit res, schreibt der unsterbliche Mabillon , Animadv pag. 22, ut 
summum causae periculum ex codicibus scriptis pendeat.« Ebenso äussern sich neuest Thomassy 
(Revue contenip. Tom. IV. p. 305) und Vert, welcher in seiner Schrift: Etüde sur Gerson 
p. 1$ iK'merkt : »Los exempiaircs manuscrits du livrc sont la basc principale de certitude.« 



|47__ 

Auktorität gegen Aiiktorität anrufen. ') Wen aber die Codices in bestimmter 
und klarer Weise als Auetor nennen, der ist der Verfasser und kein 
anderer. Darum wurden denn auch von den streitenden Parteien alle 
Bibliothekswinkel durchstöbert und alle Codices m. s. der Imitatio her- 
vorgezogen, so dass wol kaum in dieser Beziehung belangreiches Quellen- 
material noch unbekannt sein dürfte. Die gefundenen Handschriften nun 
sind zum Theile anonym, theils gehen sie in der Angabe des Verfassers 
auseinander, und gibt es gersenistische , gersonistische und thomistische 
Codices, denen sich selbst noch solche anreihen, welche den heiligen Bern- 
hart, Heinrich Kaikar etc. als Verfasser angeben. Es hat daher die Diplomatik 
ein reichstes Feld der Arbeit und Thätigkeit gefunden. 

Wir lassen nunmehr die Handschriften, diese ältesten ehrwürdigen 
2^ugen, selber reden und fügen dann das Resultat aus denselben bei. Aus- 
drücklich zeugen für Gersen als Verfasser der Imitatio folgende 22 Hand- 
schriften: Codex Aronensis, Parmensis, Bobbiensis, Padolironensis, Romanus, 
Slusianus, Allacianus, (Biscianus), Cavensis, Pollinganus, Florentinus I., Venetus, 
Schyrensis, Muratorianus I. II., Mabilloneus, Salisburgensfs, Florentinus II., 
Veronensis, Boloniensis, Quelforbitanus, Tubingensis, Petersburg. 

I. Cod. Aronensis hat den Namen von Arona am Lago Maggiore, 
wo er 1604 gefunden worden ist. Er ist ein membraneus und ist nach der 
dritten Gelehrtenconfercnz zu Paris 28. Juli 1687 nicht unter 300 Jahre alt 
(non videtur inferior annis trecentis), also mindestens 1387 geschrieben 
worden. *) Mabillon (De re diplom. pag. 8.), De Gregory (Histoire. II. pag. 8.), 
Gence (De imit. Chr. Paris. 1826 pag. 76) geben Facsimile. Gegenwärtig ist 
er in der k. Univ. Bibliothek zu Turin. Gersen wird ausdrücklich an fünf 
Stellen als Verfasser genannt. 

Incipiunt capitula primi libri abbatis Johannis Gersen. 

Incipit tabula libri secundi abbatis Johannis Gesen. 

Incipit tabula tertii libri abbatis Johannis Gesen. 

Incipiunt capitula quarti libri abbatis Johannis Gessen. 

Explicit liber quartus et ultimus abbatis Johannis Gersen. 

Dieser Codex bewog den Jesuiten Le Rossignoli nach reifliger Ueber- 



Sehr bezeichnend wehrt sich dagegen der Thomist Malou und fertigt die Gegner ab: »C'cst 
une erreur« Recherche pag. 1 1 1 . 

*) »Oi)eram altercando ludimus. dum unus ait, aher infitiatur.« Delfau , Dissertatio 
pro Joann. Gersen. pag. CXX in der von Wolfsgrubcr l>csorgten Ausgabe der Mauriner- 
Edition. Wien 1879. 

•) Der Codex wurde von Mabillon 1686 nach Paris gebracht zugleich mit dem Parm. 
und Bob. Das Urtheil der Gelehrtenconfercnz von 1687 bei (ience (De imit. Paris 1826.) 
pag. LXXI. sq. und Gregory (histoire tom. 2. pag. 475 sq.) 



I4S 

legung, (rem diu perpensani), Gersen als Verfasser des goldenen Buches 
anzuerkennen (Possevin. appar. sac. t. I. p. 489). Ueber denselben existirt 
auch eine reiche Literatur, welche bei Gence, De im itatione Christi Paris 1826 
pag. LXXI por. zu finden ist. Wir heben noch besonders hervor drei dies- 
bezügliche Dissertationen von Conte Gianfrancesco Galeani Napione. Fi- 
renze 1808; Torino 181 1; in den Memoire dell'Academia delle scienze. 
Pisa 18 14; dazu kommt noch ein Brief an cav. Rosmini a. d. J. 1824 
(Lettere inedite di 4** uomini illustri del Seculo XVIII Milano. 1836. p. 153.) 

II. Cod. Parmensis, m. 12®. trägt den Namen von der Benedictiner- 
Abtei S. Johann B. zu Parma. Wie der vorhergehende wurde er auch von 
Mabillon 1686 nach Paris gebracht, (her ital. p. 208) nicht wieder zurück- 
gestellt und befindet sich gegenwärtig in der M. s. Bibl. zu Paris n. 1558. 
Das vierte Buch schliesst: Explicit Über quartus et ultimus sancti Joannis 
Gersen de sacramento altaris. Besonders wichtig ist diese Handschrift 
wegen der Textvarianten. Facsimile bei Gregory ed. 1833. Tab. V. n. 3. 
Auch diese Handschrift schreibt das dritte Gelehrtenconcil dem 14. Jahr- 
hundert zu. »Tantae antiquitatis iudicarunt (codd. Parm. et. Bob.) ut res ex 
illis confici posset.« Dupin act. erud. anni 1700 p. 100 sq. 

III. Cod. Bobbiensis, so genannt, weil er einst dem so berühmten 
Kloster Bobbio angehörte, ist nach dem Urtheile der 19 Gelehrten, welche 
ihn 1687 untersuchten, »ejusdem aetatis ac temporisc wie die Handschrift 
von Arona. Neuere wollen unserer Handschrift ein noch höheres Alter vindi- 
ciren. Mabil. Iter it. p. 219 nennt ihn »optimae notae.c Gegenwärtig findet 
man dieses m. s. in der Manuskripten-Bibliothek zu Paris n*' "SS- Nach 
den drei ersten Büchern findet sich beim vierten folgende Aufschrift: 

»Incipit libcr Johannis Gersem cum quanta reverentia et devotione 
sacratissimum Dominicum corpus et sanquis sit sumendum.« 

IV. Cod. Padolironensis, auch Mantuanus, gehörte einst zu der 
im Jahre 1000 gegründeten Benediktiner-Abtei Padolirone bei Mantua. Von 
den Maurinern nach Paris gebracht, kam er nicht wieder zurück und findet 
sich jetzt in der National-Manuskripten-Bibliothek zu Paris als n. 1556. Be- 
schrieben im Instrumentum der Gelehrtenversammlung von 167 1 als decimus, 
facsimilirt von Gregory, 1. c. n. 4. Vergl. hierüber I^aunoy Opp. tora. IV. 
part. 2. p. 41, dagegen Amort, Ded. crit. p. 89; Inf. p. 175: »Codex 
scriptus in papyro, ergo saec. 15.« Doch man schrieb schon im 14. Jahr- 
hundert auf Papier. Der Auktor ist zu Anfang und am Schluss genannt. 

Incipit liber Johannis Gersen primus de contemptu mundi et imitatione 
Christi. 

Explicit liber quartus Johannis Gersen de sacramento Eucharistiae. 

V. Cod. Rom an US, in der Vaticana n. 1556. papyr. 12®. gehörte 
einst dem Kard. Baronius und hat den Titel : Opuscula ss. patrum. (Er gehört 



'49 



dem i-j, Jahrhundert an. Weigl, Denkschrift S. 37) Seite 67; Ex libria Jo- 
annis Gersen in cap. XI non sis in celebrando nimis prolixus aiit festinus. 

VI. Cod. SlusianuB, auch Parisieiisis, iz" n. 1558 in der Ms. 
Bibliothek zu Paris. Kr wurde von J. Gualterus Baron dl Sluse zu Rom fllr 
die Maiirincr angekauft. Vergl. Instrumentum ed. iSyq pag. XXXVI. s<i., 
wo er hei 200 Jahre alt und die folgende Uebcrschrift als acht (primaria 
manu apposita, sana et integra) bezeichnet wird: 

Incipit de Imiiatione Christi et contemplu omnium uanitatum mundi. 

KKplicit über quartus et ultimiis de sacramento Altaris Johaiinis Cersen. 

vn. Cod. Allatianus oder Biscianus, benannt von seinem letzten 
Eigentümer Leo Allacci, Bibliothekar au der Valicana. Zu den Gelehrten- 
congressen nach Paris gebracht blieb er bei den Maurinern zu St. Gcrniain 
de Prts, bis die Assemble ihn 4. August 1791 nach Aufhebung der Orden 
in die königl. Ms. Bibliothek stellen liess, wo er mit der Auszeichnung ijöo 
noch steht. Gregory gibt ein Facsimile tab. V. n. i. Dieser Codex nennt 
Gersens Geburlsort und obwol »de canabacot über der Linie beigesetzt ist 
und daher von den Gegnern verdächigt worden ist, so ist doch von den 
Kennern dieselbe Hand und das gleiche Minium zugestanden worden. Pag. 34z 
dieses Miscellaneus wird von Joannes de Tambaco erwähnt , natürlich eine 
ganz andere Persönlichkeit, welche mit dem ersten Theile des Codex nichts 
zu schaffen hat. 

Incipit iractatus Joannis do Canabaco de imitatione Christi et de con- 
temptu omnium uanitatum mundi et diuiditur in quatuor libros. 

Vni, Cod, Caueusis, nach dem Benediktiner- K.loster Kava bei Neapel so 
benannt, kam in die anicianischeBililiuthek zu Rom, und wurde von dadurch 
Mabillon nach Paris gebracht. Gregory suchte ihn 1814 vergeblich zu Rom 
und Neapel, fand ihn aber zu Paris 1826, wo er in der Bibliothi^que 
Nationale steht. No. 13599. ^'^ gehört in den Anfang des 14. Jahrhunderts. 
Besonders merkwürdig ist diese Handschrift dadurch, dass sie das Bild des 
Gersen en miniature gibt und zwar in folgender Weise. Der Anfang des 
ersten Buches »Qui sequituri zeigt eine prachtvolle Initiale, ein Viereck in 
Gold, Auf diesem Goldgrunde ist das grosse Q durch zwei ovale Linien dar- 
gestellt. Zwischen diesen zwei Linien ist fein eingeschrieben: Joannes Gersen 
de Canabaco Abbas S. Steph. Vercell. Ordinis S. Benedicti. damit An. izio. 
In der von der iimeren Ovale des Q beschlossenen Fläche ist das Biid 
dessen gezeichnet, den die Umschrift angibt, nämlich des Johann Gersen in 
dem Gewände eines schwarzen Mönches, wie er in der Hand das Kreuz 
trägt. Das letzte Kapitel iles vierten Buches fdilt, und schliesst der ganze Codex 
mit der rätselhaften Nachschrift: D. Pelr. II S. XI, deren zwei ersten Worte 
den Schreiber Petrus anzuzeigen scheinen, ein als Bücherabschreiber sehr 
renomirter Müncli von Cava. Textlich schliesst sich unsere Handschrift dem 




Codex de Advocatis an. Mabillon, tab. XV, Amort. pag. 184 und Gregory 
geben Specimina, das Bild des schwarzen Mönches hat nur der letzte auf- 
genommen. Obige Darstellung ist aus der jüngsten Beschreibung der Hand- 
schrift in Paul Guillaume, Professor d'histoire ä l'abbaye de Cava: Elssai 
historique sur L'abbaye de Cava. Cava dei Tireni 1877 pag. 195 ff. 

IX. Cod. Florentinus I., aufgefunden von dem Benedictiner Virginio 
Valsecchi in seinem Kloster zu Florenz. Er trägt die Jahreszal 1464 und 
ist merkwürdig wegen der Ueberschrift : 

Incipit libellus deuotus et utilis compositus a Johanne Gersen, cancellario 
parisiensi, de Imitatione Christi. Fin. Explicit über quartus de sacramento 
altaris expletus anno 1464. Cf. Valsecchi und Amort, Deduct. crit. p. 259. 

X. Cod. Florentinus II., aus eben demselben Kloster, wie der 
Flor. I, trägt auch dieselbe Ueberschrift, ist aber um zwei Jahre jünger. Be- 
schrieben hat ihn Montfaucon, in der bibliotheca bibliothecarum. 

XI. Cod. Quelforbitanus, Pergamentcodex steht in der Stadtbib- 
liothek zu Wolfenbüttel. Jahresangabe fehlt. Ueberschrift: 

Capitulum primum compilatum per Johannem Gersen cancellarium 
parisiensem. 

XII. Cod. Mabilloneus, welchen Mabillon in seinem »iter italicumc 
erwähnt und den er als sehr alt bezeichnet. Er nennt überschriftlich aus- 
drücklich: Johannes Gersen. Cf. Mella, Della con. pag. 149. 

XIII. Cod. Muratorianus I., nach dem berühmten Muratori, der 
ihn zu Venedig im Kloster S. Giorgio Maggiore gefunden hat und als sehr 
alt (peruetustus) bezeichnet. Antiquit med. aeui uol. III. pag. 980. Mediol. 1738. 
Die Handschrift nennt als Verfasser ausdrücklich Joannes Gersen. 

XIV. Cod. Muratorianus IL, eine sehr wertvolle Membranhand- 
schrift, welche Muratori in eben demselben Kloster fand, wie die frühere. 
Sie trägt die Jahreszal 1401. Muratori knüpft an diesen Codex die Betrach- 
tung, dass mit demselben alle Gründe und Einreden den Thomisten 
und Gersonisten entfallen, l. c. Dissert. 44. Als Verfasser wird ausdrücklich 
Johann Gersen angegeben. 

XV. Cod. Schyrensis, nach dem Benediktinerkloster Scheyrn, ist 
besonders bemerkenswert dadurch, dass der frühere Titel Johann Gersen 
ausradirt und durch Thomas a Kempis ersetzt worden ist. Der frühere Name 
Gersen ist aber noch kenntlich. Zum Schlüsse des Sammelcodex steht die 
Jahreszahl 1467. So Gence, Descript. pag. XXI. 

XVI. Cod. Veronensis, auch nach seinem letzten Eigentümer Iä 
VallitJre zubenannt, gehörte nach einer eingefügten Note aus dem Jahre 1547 
dem Kloster des heiligen Zeno zu Verona, wurde nach Paris geliehen und 



_ 151 ^ 

verblieb dort. Gegenwärtig steht er in der Manuscriptenbibliothek dieser 
Stadt n» 468. Der Codex trägt die Aufschrift: 

Tractatus de Imitatione Christi et conteniptu uanitatum mundi magistri 
Johannis Gersem cancellarii parisiensis. 

XVII. Cod. Vcnetus, aus dem Kloster S. Giorgio Maggiore zu 
Venedig, verschieden von den beiden muratori'schen Handschriften, wie 
Napione in seiner Dissertation von 1825 ausführt. Der Codex datirt aus dem 
Jahre 1465 und gibt ausdrücklich den Verfasser an: 

Johann. Gersen de Imitatione Christi. 

XVIII. Cod. Pollinganus, aus dem Kloster Pollingen in Baiern, ge- 
schrieben 1441 in fol. Titelüberschrift : 

De Imitatione Christi a Johanne Ges. libri IV. 

Vergl. Gregory, De Imitat. Christi ed. Paris 1823 pag. XXXVII und 
Mella, Della controv. pag. 151. Amort, der regulirter Chorherr im Stifte 
Pollingen war, Inform. pag. 146 und Moral, certitudo, wo tab. II und VII 
Facsimiles dieser Handschrift geben. 

XIX. Cod. Salisburgensis, Papierhandschrift, dem Benediktiner- 
kloster S. Peter in Salzburg gehörig, wurde nach Paris geschickt und findet 
sich beschrieben im Instrumentum als cod. septimus. Name des Verfassers 
und Schreibers, sowie die Zeit werden angegeben. 

De imitatione Christi Joh. Gers. 

Explicit liber quartus de Sacramento altaris expletus anno MCCCCLXIV. 

XXl Cod. Bononiensis, in der Bibliothek der lateranensischen 
Chorherrn zu Bologna vorfindlich mit der Auszeichnung 360, bietet eine 
italienische Uebersetzung der Imitatio Christi, welche sich merkwürdiger Weise 
fast durchwegs als getreue Version des Cod. de Advocatis erweist. Der Cod. 
wurde vielfach untersucht, ist durch sein Alter, man weist ihn dem 14. Jahr- 
hundert zu, und die titelhafte Nennung des Auetors besonders merkwürdig. 

Incomincia lo libro composto da un sen'o di Dio chiaraato Giovanni 
de Gersenis: della vita di Cristo e del dispregio del mondo. 

Mella, Della controversia pag. 150. 

XXI. Cod. Tubingensis, gehörig dem Wilhelmsstift in Tübingen, ist ein 
Papier-Sammelcodex, dessen einzelne Stücke von verschiedenen Händen her- 
rühren. Der erste Theil des M. s. enthält vier Nummern, von derselben sehr 
schönen Hand geschrieben, auf 68 beiderseits beschriebenen Blättern. Diese 
Nummern sind: Alberti magni: Tractatus De ueris viritutibus und Speculum 
peccatoris; Opusculum fratris dauid ad juuenem, endlich von pag. 53^ ab 
das erste Buch von der Imitatio Christi mit der Ueberschrift : Tractatus 
Joannis Gersen abbatis. Fin. pag. 68-^ : Etc. e finis huius tractatus scripti in 
concilio Basiliensi Anno domini MCCCCXXXIII. Die nächste Provenienz 



_ iSf _ 

der Handschrift verrät auf Fol. i*dic Aufschrift einer späteren Hand: >Ex 
libris S. Martini monasterii Wiblingensis.« 

Bemerkenswert finde ich an unserer Handschrift : Das aufgeführte Buch 
der Nachfolge kennt die Collectiv-Aufschrift : Admonitones ad spiritualem vitam 
utiles, wie sie das Autographon des Thomas Kempen gibt, keineswegs, sondern 
es folgt nach der oben angegebenen Aufschrift: Tractatus Joannis Gersen 
Abbatis unmittelbar das Kapitelverzeichnis, abweichend von dem vulgären 
darin, dass nach dem i. Kapitel gleich die Aufschrift, welche heute das i6. 
trägt, folgt u. s. weiter, so dass nach unserem 25. Kapitel erst das zweite 
bis zum 15. folgt. In der Textirung der Kapitelüberschriften fallt auf das 
2. (16.) c: De humili i^sentire« sui ipsius ; c. 7 (21): De »bonac spe.; 
c. 24 (14): De iudicio et poenis »inferni.« Sonst steht auch »si scires bibliam 
cordetenusf statt des gewöhnlichen »exterius«, so dass also, selbst wenn die 
Hauptüberschrift >Joannis Gersen abbatisc als Zufügsei einer späteren Hand 
erwiesen würde, denn doch der Codex eine von den gewöhnlichen sehr ab- 
weichende Recension bietet. 

XXII. Codex S. Petersburg. Ueber diesen Codex findet sich in 
Dudfk's »Historische Forschungen in der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek 
zu S. Petersburg«*) folgendes: Cod. 66 »Regula sti. Benedicti scripta 1466. 
Was diesen Codex wichtig macht, ist der Anhang : De imitatione Christi libri 
quatuor, mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass der Verfasser Johann Gersen 
heisse. Cod. membr. scc. XV, pag. 284 sig. 121.« An diesen Bericht schliesst 
Beda Dudfk eine kurze Auslassung über den Autor der Nachfolge, als welcher ihm 
Thomas von Kempen feststeht. Leider ist aus dem Berichte nicht abzunehmen, 
ob der Cod. der Imitatio auch sicherlich aus dem Jahre 1466 stammt und 
ob die Gersen nennende Angabe anfechtbar ist. In den FMäuterungen 
Dudfk's ^) ist unrichtig, dass der älteste, bis jetzt bekannte noch vorhandene 
Codex mit dem Namen J. Gersen der Salzburger von 1463 sei. Der Cod. 
Salzb. ist weder der älteste gers. Codex, noch ist er mehr vorhanden. Auch 
hat er nie »Gersen«, sondern nur Gers, geschrieben gehabt. Ebenso ist 
ohne Begründung, >dass die kaiserliche Bibliothek in Wien Handschriften aus 
dem 14. Jahrhundertc besitzt, welche den Namen Thomas a Kempis tragen.« (I) 
Die kaiserliche Bibliothek in Wien besitzt nur eine einzige Handschrift, 
welche den Namen Thomas a Kenii)is trägt und diese einzige ist nicht aus 
dem 14. sondern aus dem 15. Jahrhundert.^) Deshalb ist denn auch der 

*) "Wien 1879. Scparalabdruck aus der Wiener Akademie der Wissenschaften, philos. 
histor. Klasse h. XCV. S. 329 ff. 

*) 1. c. S. 29. f. 

*) Die einzige thomistische Handschrift tler Wiener Hofbibliothek ist der längst be- 
kannte cod. Hohcndorüanus. (cod. 1576). Vgl. den Anhang, wo wir eine genaue auf Autopsie 
beruhende Beschreibung sämnitlichcr hicheigchörigcr cod. niss. der Wiener Hofbibliothek geben. 



Schluss der Dudflc'achen Miitheilung, welcher auch so ohne Folgerichtigkeit 
ist, nur noch tim so unberechtigter, ulass demnach ilie Frage über dun 
Autor des asketisch eu Tractates bereits als abgelhaii erscheine und für 
Thomas von Kempen entschieden sei.» 

Alle diese Handschriften sind auf das sorgfältigste und von den 
grossteii Auctoritäten untersucht worden, jeder Verdacht einer Fälschung 
niusste vor den Namen, welche fUr die Acchtheil und Unversehrtheit dieser 
Handschriften einstanden, sowie vor dem Umstände, dass in mehreren Hand- 
schriften die Uebcrschrift mehrmal, im Cod. Aronensis allein schon fünfmal 
vorkommt, schwinden. Fragen wir um den Namen des Verfassers der Imi- 
tatio, so antworten uns klar und bestimmt alle Codices einstimmig Johannes, 
fragen wir nach seinem Beinamen, und es verklingen uns alle. Handschriften 
mit Ausnahme der des Leone Allacci, Gersen, wollen wir das Vaterland unseres 
Auetors, so verweist uns der Cod. AUacianus (Biscianus) auf Canabacum, 
erkundigen wir uns um Amt und Würde des Verfassers, so erfahren wir 
durch den Cod. Aronensis, >Abbatis«, wo? der Genuensis sagt: Vercellis. 
Und, was besonders hervorzuheben ist, unsere Handschriften tragen den 
Namen des Auetors der Imilalio an der Stirne und bezeichnen den Verfasser 
direct und ohne Umschweife. Was ist deutlicher als: »Incipiunt capitula 
libri abbalis Johannis Gersen< oder: lExplicit liber ([uartus et ultimus 
abbatis Joannis GersenN Aber nicht nur direct nennen diese Handschriften 
den Gersen als Verfasser des goldenen Büchlein's, die meisten derselben 
würden auch, wenn sie anonym wären, durch ihr Alter schon gegen Thomas 
und Gerson und mithin indirect für Geissen zeugen. Von dem ■Aronensis* 
urtheilten die 19 Gelehrten, welche den dritten Gelehrtencimgress in Sachen 
der alten Codices hielten, dass der Aronensis .non inferior annis trecentisi 
und der Bobbiensis »ejusdem actatis ac le«i|ions« sei. Mithin waren beide 
Handschriften schon 1387 geschrieben, wo Thomas gerade 7, Gerson aber 
24 Jahre alt waren. Bemerkenswert scheint es auch, dass die meisten Imi- 
tat io- Handschriften in Italien und in (chemaligeD) Bencdictinerklosteru sich 
befanden'), dass diese gerade die besten Texte darbieten, und dass sie die 
ältesten sind. Das Alles weist auf Italien als die Heimat, auf ein Benedic- 
tinerklnslcr als Entsteh ungsort unseres unvergleichlichen Werkes hin. 

Kassen wir die Hauptmomente des Beweises aus den Handschriften 
kurz zusammen, so werden wir konstatiren müssen; Die gersen istischen Co- 
dices geben den Verfasser des Buches ganz einfach in Titelform und über- 
schriftlich an; sie reichen durch ihr Alter db er Thomas und Gerson hinaus, 
und verweisen auf Italien als das Vaterland, wo sie sich bereits finden und 
gebraucht werden, ehe man von Thomas und Gerson wusste, ihr Text ist 



') Mail vdgIpiLlii; nur die Zui 



ildluu); di-t NschfuljjL'-lInniLicIjtirivii im Auliange. 



154 

entschieden reiner und correcter als der vulgäre, den man aus der fehler- 
haften Abschrift des Thomas und anderer deutscher Copisten geschöpft. 

Vor 1441 wusste Niemand von der Autorschaft des Thomas, welche 
erst durch das Autographon antverpiense falsch lieh aufkam. 

Die gersonistischen Handschriften verdanken ihre Entstehung dem 
fehlerhaften Ablesen für Gersen, oder, was auch von den sonst noch vor- 
geschobenen Autoren gilt, der Gewinnsucht der Buchdrucker. 

So klar und deutlich aus den angeführten Handschriften sich ergibt, 
dass nur Gersen der Verfasser des goldenen Buches von der Nachfolge ist 
und kein anderer; so bestätigen die anonymen Manuscripte diese Wahrheit 
wenigstens indirect. Diesen indirecten Beweis aus den Codd. anonymoi 
gliedern wir zweifach. Erstens reichen viele dieser Handschriften rück- 
sichtlich ihrer Entstehung über Thomas und Gerson hinaus, führen also 
einen Anachronismus gegen diese beiden Prätendenten herbei, und zweitens 
lässt sich hinsichtlich ihrer Verbreitung darthun, dass die Imitatio in Ober- 
deutschland in Benediktinerklöstem zumal früher gekannt war, als sie in 
Niedcrdeutschland besonders durch die eifrigen Bemühungen und die Ab- 
schriften der Brüder vom gemeinsamen Leben verbreitet wurde. Wir wollen 
hier von den schon längst bekannten Codices absehen, welche Mabillon, 
Sirmond, Du Gange dem 14. Jahrhundert zuweisen, wollen auch übergehen 
jene Handschriften', die ausdrücklich 141 o, 1417, 1421 etc. als ihre Ent- 
stehungszeit angeben, wo wenigstens Thomas die Imitatio noch nicht ge- 
schrieben haben konnte, und wollen nur ausführlicher berichten von dem 
berühmten Codex de Advocatis, weil er unter allen Codices unseres Werkes 
der älteste sein dürfte und erst in neuerer Zeit aufgefunden worden ist. 
G. V. Gregory, Ritter der Ehrenlegion, Mitglied mehrerer gelehrter Academien, 
fand nämlich am 4. August 1830 bei Techener in Paris einen Codex m. s. 
der Imitatio, welchen er aus unwiderleglichen Gründen dem »dreizehntenc Jahr- 
hunderte zuwies *). Eine Unzal von Gelehrten , die ersten Auctoritäten 
Frankreichs, Italiens und Deutschlands, welche die Handschrift untersuchten, 
wiesen sie dem 13. oder dem Anfang des 14. Jahrhunderts zu*). Weil die 



*) Die Gründe sind zusammengestellt in der Histoire de livre de l'imit. de J^u Christ, 
wo Chev. G. de Gregory durch den grössten Theil des 2. Bd. (pag. 223 — 437) über unscm 
Codex de Advokatis handelt, die Urtheile der Paleographen und Academien über denselben 
mitthcilt etc. etc. Die Angriffe besonders von Gence dienten nur dazu, um diese wertvollste 
Handschrift nach allen Seiten und in jeder Richtung zu untersuchen und um so sorgfKltiger 
untersuchen zu lassen. 

•) Wir führen folgende Namen an: Charles Kodier, Marcel, Augustin Theiner, 
Ferdinand Hauthal, De Fortia, Buchon, Gazzera, Datta, Lombardi, Parenti, D. Celesüno 
Cauedoni, Artaud, Baron Reiffenbcrg, Molini, Gironi, Dübncr. Ihre Zeugnisse bei Gregory, 
histoire 1. 2. pag. 269—81. 



Handschrift nach Aufzeichnungen, welche sich auf der Innenseite der Holz- 
decke fanden, einslmalen einem Hieronymus de Advocatis gehorte, so er- 
hielt sie den Namen Cod. de Advocatis. Gregory edirte auch alsobald die 
Imilatio aus dieser Handschrift'). Dass nnan sich nicht geirrt, indem man 
diese Handschrift dem 13. Jahrhunderte zuschrieb, sollte bald in anerkann- 
tester Weise bestätigt werden. Das Geschlecht de Advocatis, ital. Avogadro 
war ein italienisches, näher vercellensisches Geschlecht und dem Gregory, 
der eine Istoria della Vercellese letteratura ed arti *} geschrieben hatte , be- 
reits bekannt'). Er forschte denn überall nach Aufzeichnungen von und 
Über das Geschlecht de Avogadro, fand wirklich um 1527 einen Hieronymus 
de Advocatis, der sich als Eigcnthümer des Buches angibt, und was der 
folgenreichste Fund in unserer Frage ist, er fand im Familienarchiv der 
Grafen Avogadro de Valdengo ein uraltes Diarium oder Familientagebuch, 
welches von 1345 — '3So reicht, und in welchem unter anderem aus dem 
Jahre 1349 unterm ii. Febr. die Geburt eines Kindes, unterm iz. Febr. 
Regen und endlich unterm 15. Febr. folgendes erzählt wird: >ista Die 
Dominica mensis F'ebruarji post divisionem factam cum fratre meo Vinccntio 
tjui Ceridonji abitat in signum fralerni amoris quod hoc temporalibus tantum 
impulsus negotis feci dono ili preciosum Codicem de Imitatione Xq ti quod hoc 
ab agnatibus meis longa manu teneo nam nonulli antenates mei hujus jam 
recondarunl.i Gregory bringt das Facsimile dieses Diarium mit zalreichen 
Attesten und Beweismitteln bei,*) Wenn nun Josef de Advocatis, der dieses 
Diarium geschrieben hat, schon 134g seinem Bruder Vincenz das kostbare 
Manuscript de Imitatione Christi zum Zeichen bruderlicher Liebe schenkt 
und noch dazu setzt, dass er es von seinen Vorfahren »longa manut ererbt 
habe, so sollte doch ein solches Zeugnis auch für einen Thoraisten oder 
Gcrsonisten beweisend sein. Gregory schliesst darum diese Mittheilungen 
mit Recht: Gersoniani igitur Kempensesquc omnes valete! In dieses Wort 
stimmten auch alle vorurtheilsfreien Gelehrten ein, von welchen wir nur 
anführen wollen die Ausführungen eines Deutschen, Friedr. Dübner, welcher 
bei Besprechung der Im itatio- Ausgabe, die Gregory aus dem Cod. de Advo- 
catis veranstaJtet hat, unter Anderem sich folge ndennassen äussert"): »Es 



') De Imilalione Christi . . . lib. IV. Code» ile Advokalis saec. Xlll. cum nolis 
et variis leclionibus ed. Equ. G. de Gregory. Paris 1830. editio secunda 1833. 

') Turin, 1819. 1S20. iSai. 1824. IV lom. in 4". 

») Cf. Istor. ddla Vercel. lom. 1. pag. 164. 383. 

*) Hisloire. tum. 2. pag. 239; De ImiLilione Chribti. pag. VII. ed. all. 

') Neue JnhibUcher Tur Philologie und PSdiLgogik , herausgeben von IJr. CoUfc, 
Seebode, Joh. Cht. Jahn und Reinh. Kloti. 10 Bd, 1. Heft I^ipiig 1834. Seile 41. Vgl. 
dam die inicressanten Arlikel im Joural de Florcncc : De In conlruvcrse Ccr».-iiiennc. 
39. Juli 1875. [. 



iS6 

ist also sonnenklar, dass das Buch nicht verfasst sein kann von einem Manne, 
der erst anno 1363 geboren worden (Gereon), noch weniger von Thomas 
von Kempis, der 1380 das Licht der Welt erblickte. t Die Einwendungen 
der Gegner sind ohne Berechtigung und bestätigen leider nur zu genau, 
was Geheimrath Neigebauer über einen einzelnen derselben, Malou, schreibt: 
» Dagegen, so äussert sich Neigebauer, ist der Professor der Bibliothek der 
Universität zu Löwen, der jetzige gelehrte Bischof G. B. Malou in seinem 
Werke Recherches mit der Behauptung aufgetreten : Das Tagebuch des Codex 
de Advocatis mit der Jahreszal 1349 sei ein blosser Wisch Papier (cifFon), 
welcher weder innere noch äussere Charaktere der Gewissheit an sich trage 
und hat sich mit aller Leichtfertigkeit über alle die Urtheile derer weg- 
gesetzt, welche die Aechtheit dieses Schriftstücks bekundet haben, um die 
Ehre des Thomas von Kempen wieder herzustellen.« *) Die Thomisten 
berufen sich dagegen auf das Urtheil einer Winkelkommission zu Mailand, 
welche 1726 den Codex untersucht und herausgefunden hat »cod. illum 
ante anne 1400 scriptum non esse«. Amort, Polycrat. exauct. p. 21. 
Diese Conferenz zälte drei Mitglieder, deren Namen übrigens nicht be- 
kannt gegeben worden sind. 

Wie diese Handschriften cles Originaltextes durch ihr Alter indirect 
gegen Thomas, Gereon und alle anderen vorgeschobenen Verfasser der Imi- 
tatio sprechen, so führen auch die ältesten deutschen Handschriften einen 
Anachronismus gegen Thomas hervor. *) Die gelehrte Maatschappij voor 
nederl. Ictterkunde te Leiden besitzt einen prachtvollen gothisch geschriebenen 
Pergamentcodex, 339, welcher die vier Bücher der Nachfolge und andere aske- 
tische Traktate enthält. Welcher Zeit diese Handschrift angehört, erfahren 
wir aus einem dem Heftblatte angeklebten Zettel, beschrieben von dem 
einstmaligen Besitzer P. van der Mersch i. J. 1678, des Inhaltes: »O hey- 
ligen en zaligen Eenvoudigheit! Dit is een bysonder wijs en godtvrugtigh 
boeck: gcschreven omtrent het jaer 1428 ofi43o. Ick denk naest, dat 
hetvroegergeschrevenis«! Der wolverständige Urheber dieser Notiz vereetzt 
also die Entstehung dieses Codex vor 1428, was auch ein der Innenseite 
des Einbandes eingeklebter gedruckter Zettel unserer Zeit bestätigt, der be- 
sagt, die Handschrift stamme »ujt hct legin d XV ewe.« Dieser Handschrift 
gegenüber haben wir die Urschrift, deren Abschrift uns im Codex m. s. 322 
der Bibliothek des Benedictiner-Stiftes Schotten vorliegt^), als noch älter er- 

*) Scrapeum, herausgegeben von Rol)€rt Naumann. 1857. Seite 179. 

*) Vgl. hierül>cr Vander navulginge Cristi. Sex boccke. Aus dem Codex m. s. 
der Bibliothek des Kenediktinerstiftes Schotten zugleich mit einem vijften bocck van ijui 
sequitur nach der Handschrift der Maatschappij van nederl. Ictterkunde zu leiden. Wien. 
Gerold 1879, wo wir über diese Materie ausführlicher abgehandelt haben. 

'"') Vander navolginge Cristi pag. XVII. sq. 



^57 

wiesen. Was werden wir aus diesen Thatsachen für einen Schluss ziehen 
müssen. Offenbar denselben, welchen schon vor uns Van Vree gemacht 
hat. Dieser Van Vree, Präsident des Priesterseminars zu Warmond, später 
Bischof von Haarlem, hat nämlich in einem alten Cod., welcher verschie- 
dene Traktate asketischen Inhaltes fasste, das lo. und 13. Capitel des 
vierten Buches von einer alten niederdeutschen Nachfolge gefunden und 
veröffentlicht. ') Er sah ein , dass aus chronologischen Gründen diese beiden 
Capitel unmöglich die Uebersetzung eines Originals sein können, welches 
Thomas zum Verfasser hat, wollte aber doch aus naheliegenden Gründen 
die Abfassung der Imitatio durch Thomas um jeden Preis sichern und stellte 
darum die Hypothese auf, Thomas habe ein niederdeutsches Original mit 
einigen Veränderungen in's Lateinische übertragen. Wir haben schon anderen 
Ortes •) die absolute Grundlosigkeit dieser Annahme erwiesen , und da wir 
auch die Abfassung durch Thomas nicht um den Preis der Wahrheit er- 
kaufen wollen, so gestehen wir, dass sich aus dem eben Abgehandelten er- 
gibt: Thomas a Kempis konnte der Zeit nach wol kaum den Cod. Maatsch., 
unmöglich den Cod. Scotensis, und schon gar nicht die lateinische Urschrift 
verfasst haben, deren Uebersetzung die angezeigten Codices enthalten. Wie 
sehr musste das lateinische Original bekannt, geliebt, gelobt, betrachtet 
worden sein, bevor sich ein Bedürfnis nach einer Uebersetzung einstellte, 
und ehe dieser Wunsch erfüllt wurde. 

Drucke. 

|s ist eine allgemein verbreitete und geglaubte Ansicht, dass die 
Drucke mit verschwindenden Ausnahmen für Thomas von Kempen 
zeugen und dass, was Drucke anbelangt, für den Subprior von Zwoll eine 
Art von einem Recht der Thatsache existire^). Wie unrichtig diese Ansicht 
sei, lässt sich ziffermässig erweisen. Da Thomas, der mit .solcher Hart- 
näckigkeit gegen die Wahrheit präsumirte Verfasser der Imitatio, 147 1 ge- 
storben ist, so müssen und dürfen wir wol erwarten, dass die Inkunabeln 
bis 1500 einstimmig Thomas als Verfasser vorgedruckt haben, denn damals 
haben ja die bösen Gersenisten den unschuldigen Thomas noch nicht ange- 
fallen , ihn seines schönsten Schmuckes zu berauben. Wie gross wird aber 
unsere Verwunderung, da die unerbittlich strenge und conscciuente Logik 




*) Der Katholik. Septemberheft 185 1. fol. 142 — 151. 

•) Vander navolginge Crisli. pag. XXXIII. , 

') So Malou, Recherches p. 115: »On peut ilire, que les ^diteurs du livrc de l'Imi- 
tation ont constamment reconnu la tradition litterairc qui attribunit Tlmitation a Thomas h. 
Kempis, et que cette tradition etait cncore intacte au commencement du XVIeme si^cle. La 
preuve tiree des editions est donc tr^s-concluante en faveur de Thomas h Kempis.« 



T58 

(1er Zalen uns folgendes Resultat zu beherzigen liefert. Bis zum Jahre 1500, 
also in den 29 Jahren unmittelbar nach dem Tode des Thomas, erschienen 
im Cianzen 54 Ausgaben des unvergleichlichen Büchleins im Originaltexte; 
davon tragen 28 den Namen des Gerson, 3 den des hl. Bernhard an der 
Stirne, 9 erschienen anonym, eine unter dem Namen des Johann Malleolus 
und nur 13 wurden unter der t'irma des Thomas a Kempis *) veröffent- 
licht. Was folgt aus diesen Zalen? Dass die Thomisten gut thun würden, 
sich auf die Drucke nichts zu gute zu thun. Die Frage um den Urheber 
entspinnt und verwirrt sich , so zu sagen , unter den Augen des Thomas. 
Wenn der Kempenser wirklich der Verfasser war, warum rührten sich seine 
Ordens- ja Zellengenossen nicht, warum requirirten sie das goldene Buch 
nicht als Eigenthum ihres geliebten, eben verstorbenen Subprior*s, warum 
Hessen sie sich die Gelegenheit entgehen, ja warum versäumten sie die heilige 
Pflicht, ihrer Congregation, die ja durch ihre Frömmigkeit und Tugend 
ohnehin in der ganzen Umgegend Wolgeruch verbreitete, dieses Gefass voll 
kostbaren Nardenöls zurückzufordern? Warum endlich liessen sich die 
Brüder nicht herbei zu einer sachlichen Richtigstellung, dass mit nichten 
Johannes Malleolus, wie es die Strassburger-Ausgabe vom Jahre 1481 angab, 
sondern vielmehr sein Bruder Thomas der wahre Verfasser sei. Der Druck- 
ort dieser Ausgaben lag doch nicht so unendlich ferne, und mussten auch 
die Ausgaben, welche zu Löwen (i486), zu Antverpen (i486 od. 87) u. s. w. 
unter dem Namen des Gerson erschienen waren, den Brüdern des Thomas 
alsobald notorisch geworden sein. Aber kein Sterbenswörtlein von einem 
Reclaniircn oder Indigniren über erfahrenes Unrecht; die Kanoniker von 
Zwoll schweigen still. Betrachten wir ferner die Druckorte und die Druck- 
zeit, so muss uns auffallen, dass von den 13 thomistischen Drucken nur 
zwei Drucke ausser Deutschland, nämlich in Frankreich zu Lyon (1489) und 
Paris (1500) und zwar von Deutschen sind veranstaltet worden. Alle anderen 
thomistischen Drucke sind auf deutschem Boden entstanden, und zwar aus- 
schliesslich der s. g. editio princeps, welche sicher vor 1478 gedruckt 
worden ist*), von 1480 ab. Dem gegenüber ist Gerson mit mehr als 



*) Siehe Backer, Essai bibliographique sur le livre de imit. Chr. Li^ge 1864. pag. i — 8. 
Und Backer ist Thomist ! Uebrigens stimmen die Thomisten hier nicht ganz überein , indem 
beispielsweise Amort (Inform, contr. pag. 198.) zwischen der Augsburger von 1472 und der 
Nürnberger von 1494 zwölf thomistische Ausgaben im Originaltexte und in den Uebersetzungen 
rechnet, während Panzer Annal. typ. I. 133; V. 275 ausser der Augsburger sine anno nur 
sieben von der Strassburger 1489 bis zur Pariser 1493 angibt. 

*) Das Alter der sogen, editio princeps »per Gintheum zainer ex Reutlingen« ist 
nicht genugsam bezeugt. Wenn Malou 1. c. p. 113 l>ehauptet: »I^ plus ancienne de toutes 
est Celle que Ginther Zaincr, iniprimeur a Augsbourg fit en 1468 in Fol. Elle ne port point 
de date, mais Ics bibliographes sont parvenus par la comparaison des caracl^res h la fixer h, 



'59 

dem doppelten Conlmgente an Inkunabeln im Originaltexte vertreten in der 
Weise, dass auf Italien gerade so viele Ausgaben kommen als auf Frank- 
reich, und auch Deutschland stark mit/ält'). Die älteste gerson ist i sehe Aus- 
gabe mit Angabe der Jahreszal ist vom Jahre 1474.*) Es tritt also Gerson 
an Ausgaben tibermächtig dem Thomas gegenüber, und man war weder in 
Frankreich noch in Italien noch in Deutschland von der Autorschaft des 
Thomas überzeugt. Wäre ja das Zeugnis tlcs Johann von Busch , von wel- 
chem wir noch hamleln werden, acht, er oder seine Brüder hätten gegen 
die Gersonisten protestiren müssen; denn Joh. Buschius starb c. 1479, und 
musste ihm also ilie 1474 U\ Löwen herausgegebene gerson is tische Ausgabe 
bekannt geworden sein. Musste nicht ferner, da vom Jahre 1480 die 
Druckausgaben unter dem Namen Gerson's in Frankreich, Italien, Deutsch- 
land, sich so sehr mehrten, einer aus der Brüderschaft des gemeinsamen 
I-ebens oder einer der mit diesen verbundenen Chorherm eine authentische 
Ausgabe veranstalten , mit der bestimmten Erklärung, diese Ausgabe sei 
vom Kloster Zwoll, wo Thomas das unvergleichliche Werk geschrieben, 
selbst veranstaltet worden, kein anderer als Thomas sei der Verfasser. Dass 
die Brüder des Thomas die Gersonisten und die Verfechter der Rechte 
Betnhard's ruhig gewähren liessen , keine officielle Erklärung abgaben und 
keine sogeartete Ausgabe veranstalteten, obwol die Congregation in dieser 
Zeit Schriftsteller imter den ihrigen zälte, das scheint mir ein recht starker 
Beweis gegen die Thomisten, Die Brüder haben eben kein Theil an der 
ganzen Sache, Unkritische Buchdrucker haben , gelauscht durch das ant- 
werpener Atitographon, in welchem sich Thomas als Schreiber unterzeichnet, 
ihn gleich für den Verfasser gehalten und als solchen auch angegeben. 
War einmal eine Ausgabe mit dieser irrtümlichen Angabe vorhanden, so ver- 
vielfältigte sich der Irrtum schnell, weil gar bald landsmannschafUiches In- 
teresse dazu kam, wie wir das io der Zeit der Inkunabeln leicht nachweisen 



l^nnje que j'indique,« so uiuss man jedtiifalls be" iindcm , wie die Thomisten aus dem 
Scfariftcharakln das Jahr su ganz bestiniinl liticcn können. El>ert n. 104S2 , Backer 1. c, 
wollen diese Arsgabe jedenfalls vor 147S nnselien , weil Gunlh, Zainer in diesem Jahre ge- 
sCortien sei, obwnl Zapf nach dem Todtenbuche des BuiheimeT Klosters zu berichten weiss, 
dass Zainer G. prScisc i. Oktol>et 147S gesturben sei, (unnot. typ. August. Vrnd, 1778. 
pag .XVllI.) was nnlUrüch wieder diese vielgerühmie Ersllingsausgabc um einige Jnhre junger 
crechcinen ticsse. Wie dem immer sei, genugsam beieugte und datirtc thomisttsche Druck- 
ausgaben mehren sich erst niil dem vorletzten Uecenoiutn des r5. Jahrb. Sieben Ausgaben 
haben wir vom Jahre 80 — 90 ; drei im letzten Johrzente. 

'} Kiankreich und llalien ist rerlrelen mit 1 1 Ausgaben , Deutschland mit 5 , zwei 
g^ben den Drucknil nicht an. 

') ■Inciptl Über Magislri Joannis Gerson, Cancellaiii parisicnsi* de Imitalione Christi, 
Lovaniensis, Joannes de Wtstphalia, 1474. 4". Monfalcon. Edil. polyglotle. P.iris 1841. 
p. XUII. 



i6o 

können, indem der geschäftige für Thomas begeisterte Deutsche Radius eine 
thomistische Ausgabe in Paris veranstaltete, sowie früher schon der Deutsche 
Trcchsel eine solche in Lyon hatte drucken lassen. Aber auch Gerson 
konnte aus inneren und äusseren Gründen nicht der Verfasser sein. Die 
Aehnlichkeit des Styles und der Ideen hatte veranlasst, die Nachfolge dein 
hl. Bernhard zu vindiciren. Und so erschienen drei Ausgaben *) nach ein- 
ander unter dem Titel des hl. Bernhard, welche die ausdrückliche Erkläning 
abgeben: »Opus beati Bernardi, saluberrimum de imitatione Christi, quod 
Johanni Gerson canc. Paris, tribuitur.« Das richtige hat eben nur jener 
verccllensische Buchdrucker J. B. Scssa getroffen, welcher seiner in Venedig 
1501 erschienen Ausgabe die Bemerkung beifügte: Hunc librum non com- 
pilavit Joannes Gerson, sed Dominus Joannes ... Abbas Vercell.... ut habetur 
usque hodie propria manu scriptum in eadem Abbatia. Die Schlussbemer- 
kung lehrt uns, dass Sessa hier das Resultat vorausgegangener genauer Un- 
tersuchung niederschrieb *). So wie es zalreiche Inkunabeln der Imitatio in 
der Originalsi)rache gibt, so treffen wir auch nicht weniger Wiegendrucke 
derselben in verschiedenen lebenden Sprachen an. *) Sie schliessen sich be- 
treffs des Auetors im Allgemeinen den Originaltexten an. Nur ist ein zwei- 
faches auffallend. Wir besitzen eine uralte italienische Uebersetzung , die 
lombardische, welche in der Provinz unseres Gersen gefertigt worden ist, 
sich als eine getreue Uebersetzung des Codex de Advocatis erweist und die 
allen folgenden italienischen Uebersetzungen als Substrat gedient hat.*) Den 
richtigen Schluss aus dieser Edition lehrt uns folgende Uebersetzung: »Inco- 
mincia lo libro composto da un servo di Dio nominato Jovanni De Ger- 
sen is de la vita di Cristo e dispregio di tutte le vanitä del mundo, f Nach 
dem einstimmigen Urtheilc der (lelehrten stammt diese Uebersetzung, welche 



*) Brixiac per Jacob. Britanicum 148 1 und 1485; während die älteste weder Jahr noch 
Dnickort angibt. Man nimmt dafür das Jahr 1480 an. 

*) Constantin Cajetan hat diese Incunabel nach Rom gebracht und seine Aussagen 
und Angaben gerichtlich bestätigen lassen. Respons. apol. pro Gers. pag. 95. sq. Dass 
die handschriftliche Bemerkung in dieser Incunal>el nicht nach 1580 geschrieben worden sein 
kann, beweist der Passus : »ut habetur usque hodie propria manu scriptus in eadem abbatia,« 
denn in diesem Jahre wurde das Kloster S. Stefan total zerstört. 

*) Siehe Backer 1. c. pag. 34 (die französische); pag. 107 (italienische); pag. 127 
(deutsche). Vgl. betreffs der letzteren des Verfassers : »Vander navolginge Cristi. Sex boeke. 
Aus dem Codex m. s. des Benediktinerstiftes Schotten zugleich einem vyften boeck van qui 
sequitur nach der Handschrift der Maatschappij van nederl. letterkunde. Wien. Druck und 
Verlag von K. Gerold's Sohn. 1879. 

*) Mella 1. c. pag. 168. Dr. Alex. Torri hat diese alte Uebersetzung dem Original- 
texte in Cod. de Advokatis gegenübergestellt in dem Werke: »Della imitazione di Cristo 
di Giovanni Gersenio. Anonima tradurione antica correspondente all' originale latino secondo 
il codice de Advokatis del sec. XIV. <r Firenze 1855. 




i6i 

ausdrücklich Gersen als Verfasser nennt, aus dem 15. Jahrhundert^). Das 
zweite besonders Bemerkenswerte ist der Umstand, dass sämmtliche deutsche 
Uebersetzungen, und wir zälen deren bis zum Jahre 1500 vier in oberdeut- 
scher und zwei in niederdeutscher Sprache, anonym sind. Sie geben nicht, 
wie man erwarten sollte, Thomas als Verfasser an; und doch stehen sie ihm 
zeitlich und örtlich so nahe, doch konnten die üebersetzer und Heraus- 
geber sich gehalten fühlen, die überall hervortretende Verwirrung über den 
Auetor des goldenen Buches zu beseitigen. 

Citirungen. 

|ie Spuren der Imitatio lassen sich ganz deutlich bis in das vierzehnte, ja 
dreizehnte Jahrhundert verfolgen. Wir finden bei Schriftstellern dieser 
Zeit gar manche Stellen, die eine Bekanntschaft mit der Imitatio ver- 
raten, mehr oder minder aus derselben geflossen sind, ja ein Schrift- 
steller und Kirchenlehrer des 13. Jahrhunderts citirt die Imitatio ausdrücklich. 
Es ist das der heilige Bonaventura, dessen ganze siebente Collatio ad fratres 
Tolosates eigentlich nur eine Meditation über Imitatio I. c. 25. n. 3. 4. 5. 
6. 7. darstellt und zum Schlüsse ausdrücklich das goldene Büchlein citirt. 
Diese Collatio beginnt mit den Worten : »Unum est, quod mukös a perfecta 
et ferventi emendatione retrahit: horror difficultatis seu labor certaminisc 
und sie schliesst, wie folgt: »Qui laxiora quaerit et remissiora semper in 
augustiis erit, ut patet in devoto libello de Imitatione Domini 
nostri Jesu Christi.« So schrieb Bonaventura, der 89 Jahre vor der 
Geburt des Gerson und 105 Jahre, bevor Thomas das Licht der Welt er- 
blickte, gestorben ist. Der erste, welchem diese Stelle auffiel und der die 
Consequenzen daraus zog, war der Spanier Petrus Manriquez. Nicht so bald 
hatte dieser Gelehrte in seiner Schrift: Aparejos para administrar el sacra- 
mento de la penitencia *) auf Grund dieses Citates bei Bonaventura dargethan, 
dass die Nachfolge nicht später als um die Mitte des 13. Jahrhunderts ge- 
schrieben sein könne, als die Thomisten den verzweifelten Schritt wagten, 
die acht Collationen für apokryph zu erklären. Dabei beharren die Thomisten 
auch heute noch. Aber die Collationen sind noch immer nicht als unter- 
schoben erwiesen. Für ihre Authentie zeugen: Der Annalist der i^ranziskaner 
Wadding, gewiss in dieser Frage eine competente Persönlichkeit; ^) Bellarmin 
in seinem Werke: De script. eccles. ; Possevin in seinem Apparatus, u. a. ; 
femer die ältesten und besten Ausgaben der Werke des Bonaventura, welche 



*) AI. Toni 1. c. pag. 431. Amoit bringt ein Facsimile bei in seiner Monilis cer- 
tUudo pag. 184. 

') Mailand 1604., 

*) Vid. De Script. Ord. Minor, pag. 176. col. 2. 

II 



l62 

die Collationen aufführen. ') Wir wollen genauer sehen, welche Stellung der 
neueste Herausgeber der Werke Bonaventuras gegen die Collationes ad frat 
Tolos. einnimmt.*) Peltier führt tom. 14. pag. 641 die Collationes octo ad 
fratres Tolosates nach der Editio Vaticana auf. In dem Examen openim 
tom. XIV wird ausgeführt,«) dass sich die Collationen als unbezweifeltes 
Werk Bonaventuras finden in der Ed. Argentinensis 1495, ^" ^?"^ ^^* "^' ^• 
Mantuanus und in dem Katalog des Marianus. Doch wird ausgeführt, man 
könne die siebente Collatio nicht wol dem heiligen Bonaventura zuschreiben. 
Warum, weil der devotus libellus de Imitatione Christi darin citirt wird. Die 
betreffende Stelle lautet: >/Laudatur in iisdem collationibus devotus libellus 
de imitatione D. N. J. C, qui nisi fuerit libellus de imitatione Christi, quem 
nostro Bonaventurae adscribit Bernardinus Bustius, sed potius alter venerabilis 
Thomae Kepmensis, apud quem recitata in collationibus verba leguntur, 
apparet earum scriptor multo rccentior.« Nun, wenn gegen die Aechtheit der 
Collationen sonst kein Bedenken vorliegt, so können sie unbedenklich dem 
Bonaventura eignen. Was den neuesten Herausgeber in Verlegenheit bringt, 
ist in Wahrheit nicht vorhanden. Der Verfasser der Imitatio ist schon 1245 
gestorben, mithin konnte Bonaventura dessen Werk namentlich citiren. Einen 
Schein von einem Grunde, die Aechtheit der Collationen zu leugnen, bot den 
Thomisten der Umstand, dass zu Ende der ersten die Worte sich finden: 
Haec Ubertinus, und es unwahrscheinlich sei, dass Bonaventura seinen jün- 
geren Zeit- und Ordensgenossen Ubertin citire. Doch der letztere trat 1256 
in den Orden, lebte in demselben bis 1274 mit Bonaventura parallel, und 
ist es gewiss nicht auffallend, wenn der seraphische Lehrer diesen seinen 
Ordensgenossen anführt.^) Auch könnten die Worte: Haec Ubertinus als 
Glossema sich in den Text verirrt haben. •'•) Dagegen ändert es an der 
Sache nicht das Mindeste, wenn wir jenen unserer Gegner, welche behaupten, 
in der siebenten Collation hätten sich die Worte : »Ut habetur in devoto 
libello de Im. C.« vom Rande in den Text hineingeschlichen, die Freude 
des Zugeständnisses machen. Die siebente Collation meditirt ja doch nur 
über das angegebene Capitel aus der Imitatio und gibt mehrere Sätze daraus 
wörtlich. 



*) Cf. Ed. Argentin. 1475. P^''^- H i Vaticana 1596. tom. VII. pag. 565; Vcnet. 1611. 
tom. II. pag. 29. Lugd. 1647. ^^"^ ^^- P-'^ß- 549 i Venet. 1756. tom. XIII. pag. 16. 

*) Vid. S. Bonav. Opp. omn. ed. A. C. Peltier. Paris 1868. 

») Pag. XXIX. § 28. 

*) Siehe Quatremaire. Joaii. Gerscn iterum assertus, wo pag. 10 — 17 dieser Einwurf 
grtindlich widerlegt wird. 

*) Dieser Ansicht ist Wadding, Annal. ad an. 1299 nura. 4 und De scriptor. ord. 
min. p. 76. wo er sich auf die erstere Stelle berufend sagt : »Alias largius probavi , notas 
has ex margine in textum irrepsisse.« 



i63 

Wie der seraphische, so nahm auch der engHsche Lehrer manche 
Stellen in seine Werke auf.*) In den angegebenen Stellen ist die Bekanntschaft 
gewiss nicht zu verkennen, und es ist nur die Frage zu beantworten, ob nicht 
etwa die Imitatio aus Thomas geschöpft habe. Die Unzulässigkeit des Letzteren 
erweisen wir aus Mehrerem. Einmal steht fest, dass der heilige Bonaventura 
die Imitatio anfuhrt, woher auch das Verhältnis der Imitatio zu Thomas 
Aquinas sich von selbst ergibt. Ferner ist es eine tiefe und wahre Bemerkung, 
die schon der gelehrte Delfau gemacht hat,*) dass die Späteren die von 
ihnen benützten Stellen Früherer mehr ausgestalten, so dass derjenige für 
den Urheber einer Sentenz zu halten sei, welcher die Sache mit weniger 
Worten gibt, was besonders dann gilt, wenn ein oder das andere sehr wichtige, 
besonders passende Argument fehlt. Ein solcher Fall ist der unsere. Thomas, 
der Aquinate, hat (man vergleiche die Vesperantiphon und Im. l. 4. c. 13. 
§. 2.) die betreffende Stelle der Imitatio copirt und einen sehr passenden 
Versikel aus dem Evangelium des heiligen Lukas hinzugefügt. ^) Die Imitatio, 
welche so gerne die heilige Schrift in ihre Darstellung verwebt, hätte sich 
diese Stelle aus Lukas gewiss nicht entgehen lassen, wäre sie die Spätere. 
Der Hauptbeweis aber liegt in Folgendem. Nachdem nämlich der Bischof 
von Lüttich bereits 1246 für seine Diöcese das Frohnleichnamsfest eingeführt 
hatte, wurde es von dem Papste Urban IV. 1264 für die ganze Kirche ange- 
ordnet, und Thomas Aquinas 1465 mit der Abfassung eines Officiums für 
dieses Fest betraut. Was war da natürlicher, als dass der gefeierte Theologe 
den Tractat: De sacramento Eucharistiae sive de sacra communione eifrig 
benützte; weshalb eben das Officium corporis Christi und das vierte Buch 



*) Wir wollen hier nur einige Parallelstellen bieten: 

Im. 1. IV. c. 13. § 2. Thom. Aquin. Offic. corp. Christi. 

O quam suavis est spiritus tuus Dom ine, qui Antiph. ad Magn. 

Ut duicedinem tuam in filios denionst rares, pane () quam suavis est. Domine, spiritus tuus, 

suavissimo de caelo dcscendente illos rcficere qui ut dulcedinem tuam in filios demonstrares, 
dignorisl pane suavissimo de caelo praestito esurientes 

rcplens, divitcs dimittis inanes. 

1, rV. c. 2. § I. S. Thomae oratio ante s. communionem. 

Super bonitate tua et magna misericordia Omnipotens sempiteme Deus, ecce accedo 

tna, Domine confisus ego miscr et acger ad ad sacramcntum unigcniti filii tui , domini 
Salvatorem; esuriens et sitiens ad fontem nostri Jesu Christi, accedo tamquam infnmus 
vilae ; pauper et egenus ad regem cacli ; servus ad medicum vitae , immundus ad fontem mi- 
ad Dominum, creatura ad creatorem, desolatus sericordiae, caecus ad lumen claritatis aeternae, 
ad meum pium consolatorem. pauper et egenus ad Dominum caeli et terrae. 

Vgl. fenier verschiedene andere Parallelslellen, wie sie in unserer Ausgabe der Imitatio 
pag* 227, 228, 232, 249, 251, 252, 263 angemerkt sind. 

■) Dissertatio pro Joan. Gersen. Pag. LH. (ed. 1879.) 
") Cap. I. V. 53. 

II» 



164 

der Nachfolge so viele Berührungspunkte aufweisen. Wäre die Imitatio nach 
Thomas Aquinas verfasst worden, so wäre es geradezu unbegreiflich, wie 
das vierte Buch, das doch Zeile für Zeile von dem heiligsten Sacraraente 
handelt, mit keiner Silbe des Froh nl eich nams festes erwähnt, so wäre uner- 
klärlich, wie in keinem Kapitel dieses Buches von der besonderen Veran- 
lassung zur Einführung dieses Festes, von der Vision der heiligen Juliana 
von Lüttich, dem heiligen Eifer des Papstes Ürban IV, der brennenden 
Liebe des Engels der Schule, den grossen Bezeugungen der Freude und 
der Liebe Seitens der Gläubigen bei diesem Feste geredet wird. Auch wäre 
doch wol vorauszusetzen, dass, wenn der Verfasser der Imitatio im vierten 
Buche so oft auf den grossen Aquinaten sich stützt und ihn gebraucht, auch 
in den drei ersten Büchern und auch im vierten Anklänge an verschiedene 
Schriften des Thomas von Aquin sich fänden. Dasselbe lässt sich aber 
umgekehrt von dem grossen Thomas nicht notwendig voraussetzen, weil er 
eben nur das Buch vom Altarssakramentc für sein Officiun fruchtbar be- 
nützen konnte, seine Vorlage auch nur vier kleine Bücher bot, während 
dem Verfasser der Imitatio, wenn er nach Thomas gelebt hätte, dessen 
überreiche und unerschöpfliche Literatur zu Gebote gestanden wäre. 

Wir wollen Gerard von Rayneval, der bereits 1384 gestorben ist, und 
dessen Buch: De conversatione interna eigentlich nichts anders ist als das 
zweite Buch von der Nachfolge Christi, *) sowie den Karthäuser Dionysius 
Leewis von Rickel, der in seinem Werke : De fönte lucis et semitis vitae die 
Imitatio etwas stark plündert, was er, der Altersgenosse des Kempensers, wol 
kaum gewagt hätte, wenn dieser die Nachfolge verfasst hätte, ganz über- 
gehen ^) und nur hervorheben, dass man in Dante (fi32o) nicht wenige, 
jedenfalls sehr merkwürdige Anklänge an die Imitatio gefunden hat, indem 
die Strafen der Trägen, der Unzüchtigen, der Unmässigen, der Geizigen, der 
Zornigen und Gcwaltthätigen zum Theile mit den Worten der Imitatio ge- 
schildert werden. ^) Da Alighieri etwa zwanzig Jahre nach dem Tode Gersens 
geboren worden ist, und in seinem grossen, unsterblichen Werke die christ- 
lichen Ideen so verwertet, wird man die Benützung unseres so vorzüglichen 
Büchleins nicht auffällig finden können. *) 



*) Siehe Biographie universelle von Michaud. Artikel Gerson. 

*) Uebtr diese beiden ist Weigl, Denkschrift Seite 65 f. zu vergleichen. 

>) Wer Dante's Inferno III. 64-69; VI. 18; VII. 25—30; XXI. 7—16. Purg. X. 
115 — 139; XIII. 58—82; XXII. 131 — 132, 136—37 aufmerksam liest, wird finden, dass 
da eine weitere Ausführung der Im. 1. I. c. 24. n. 3 gegeben wird und dass die Ilauptzüge 
der Schilderung mit der Nachfolge wortgetreu tibereinstimmen. 

*) »NuUa di piü facile , che, per un' associazione d'idee naturalissima, alcune sentenze 
delV aurco libro gli si siano poctando presentate alla mente , in virlü d'analogie conformit^ 
di discorso, o d'affetto. U che tanto piü probabilmente pare accaduto di fatto, in quanto 



'65 

Besonders bemerkenswert und wichtig scheint die Bemerkung, welche 
der gelehrte Fürstabt Martin Gerbert vom Schwarzwald in seinem »Iter Ale- 
manicumc *) macht. Nachdem er nämlich die Geschichte und die Schätze 
des Klosters Wiblingen kurz angegeben, erzält er, dass ein hervorragender 
Prälat ihm sein Werk über die damals acute Streitfrage betreffs des Ver- 
fassers der Imitatio zur Begutachtung vorgelegt habe. Gerbert habe geant- 
wortet, er halte dafür, dass es unter der Würde des äbtlichen Auetors sein 
müsse, sich in diesen Streit einzulassen, wo man nur mit Sophismen und 
Verleumdung kämpfe. ^) Uebrigens wolle er bemerken, dass Odoricus Ray- 
naldus, der Fortsetzer des Baronius, zum Jahre 1333 den Brief des Papstes Jo- 
hann XXII. an Philipp VI. von Frankreich in Angelegenheit des Looses der 
gerechten Verstorbenen, ob sie gleich nach ihrem Ableben oder erst nach 
dem letzten Gerichte zur Anschauung Gottes gelangen, anführe, •) in welch*em 
unter anderen folgende Stelle vorkommt: »Et quia, fili dilectissime , forsan 
dicitur, quod nos non sumus in theologia magister, audi quid unus 
sapiens dicat: Nonquis, inquit, sed quid dicat, intendit«. Diese 
Stelle ist um so gewisser aus Im. 1. i. c. 5, n. i, als der Text mit den 
älteren Codices *) übereinstimmt, welche nicht »quid dicatur,« sondern »quid 
dicatc lesen. Papst Johann XXII. führt also schon 1333 die Nachfolge an, 
bezeichnet deren Verfasser mit dem vielsagenden Epitheton: Unus » sapiens c 
und scheint vorauszusetzen, dass das citirte Buch und der Weise, der es 
verfasst, auch dem Könige bekannt sei. Aus welchem anderen Weisen citirte 
Papst Johann diese Stelle? 

Solcher Citirungen der Imitatio Seitens alter Auetoren Hessen sich 
noch mehrere anführen *) und haben wir die feste Ueberzeugung, dass sich 



che le dcttc analogie non senibrano solo di pcnsicro o d'imaginc, ma si ancora di forma e 
di locu ziore.« Mella, Della conirov. Gers. pag. 188. 

^) Editio scc. typis Sanblasianis 1773. P^S* ^^o* 

*) «Ingenuc rcspondi non viderc me , quomodo digiiitatem suam tueri possit , comnii- 
tendo sc liü; ubi caviUationibuä et dicteriis lis agitiir. « 1, c. 

') Annales ccclesiastici conünuati ab Od. Raynaldo. Colon. Agrip. 1691. tom. XV. 
pag. 460. n. 46 und 47. Ebenso Natalis Alexander. Hist. eccles. sacc. XIII et XIV. 
Diss. XI. arlic. II. 

*•) Nämlich dem Cod. Aron. Cav. Leo. AUat. 

*) Z. B. Job. Institore (f 1435) dessen Breviloquium animi cujuslibet reformativum 
(Pcz. Bibliot. ascet. antiquo nova. vol. VII. n. 7. Katisb. 1725) eine ganze Stelle aus dem 
45. Kapitel des 3. Buches fast wörtlich anführt , wie die folgende Gegenüberstellung zeigt : 
Im. 1. III. c. 45. n. 4. Brevil. c. VIII. pag. 213. 

O quam prudcntcr praemonuisti , cavcndum Vis nosse , quomodo invidus sit proditiosus 

ab hominibus et, quia inimici hominis contra proximum. Ecce doctus sum damno 
domestici ejus, nee credendum , si quis quoniam inimici hominisdomcstici ejus, 
dixerit: Ecce hie auteccc illic ! Doctus sum Sed utinam ad cautelam majorem et 




i66 

in Manuscripten des 14. Jahrhunderts, welche ascetica und sermones ent- 
halten, noch gar naanche finden werden, je mehr diese Schätze noch werden 
gehoben und zugänglich gemacht werden. Diese Anführungen der Nachfolge, 
dieses Sprechen mit den Worten der Imitatio, wie wir es bereits im 13. Jahr- 
hundert angetroffen haben, ist wol nur ein indirecter Beweis für Gersen, aber 
ein stärkster gegen Gerson und Thomas. 

Zeugen. 

|ie in manche historische Fragen ist auch in unsere Controverse 
Licht und Klarheit gebracht worden durch ausgezeichnete Special- 
forschungen. Geleitet von dem richtigen Grundsatze: »Lerne vor Allem dein 
Vaterland kennen , « haben mehrere und ausgezeichnete Italiener genaue 
specialgeschichtliche Forschungsn gemacht über Vercelli, welches eine so 
grosse Vergangenheit hat, und über Piemont, Mit der Geschichte von Ver- 
celli haben sich insbesondere beschäftigt: Marco Aurelio Cusani, General- 
vikar der Diöcese des hl. Eusebius, Amedeo Bellini, Professor an der Uni- 
versität zu Turin, Aurelio Corbellini, Erzieher der Prinzen Karl Emanuel's I., 
Canonicus Gian Battista Biccherieri, zubenannt Modena, Durandi, Cav, Casp. 
de Gregory, Cav. Carlo Dionisotti, Cav. Vittorio Mandelli, und der Barna- 
bit Luigi Bruzza. 

Alle diese Historiker kommen in ihren Werken über Vercelli auch auf 
das Kloster St. Stefan und dessen Geschichte. Einstimmig berichten sie, 
dass es ein Benedictinerkloster gewesen, einstimmig erzälen sie, dass ein Abt 
desselben, Gersen, der Verfasser der Imitatio Christi gewesen ist. 

Mit den Monografien über Vercelli kommen die Nachrichten der pie- 
montesischen Geschichtschreiber älterer und neuerer Zeit vollkommen überein. 
Die Liste derselben enthält Namen, die weltbekannt sind. Ihre Reihe er- 
öffnet würdig der berühmte Bischof von Saluzzo Agostino della Chiesa. Ihm 
reihen sich ebenbürtig an: Andreas Rossotti von Mondovi, Tommaso Mu- 
latera von Biella, Denina, Cibrario, Paravia u, s. w. Alle diese Auctoritäten 
geben direkt für Gersen als Verfasser der Imitatio Christi Zeugnis, während 



damno meo et utinain ad cautelnm non ad insipientiam mihi nee tibi! 

majorem et non ad insipicntiam mihi! Cautus esto, ait quidam, serva apud 

Cautus esto, ait quidam, cautus csto; te, quod dico; tene sub sccreto, et lege 

scrva apud te, quod dico. Et dum silentio. Et, dum ego sileo, et ab- 

ego silco et absconditum credo, nee sconditum credo, nee silere potest, 

ille silere potcst, quod silendum quod silendum petiit; sed statim me 

petiit, sed statim prodit me et se et et sc prodit et abit et saepe plus dicit 

ab it. quam fuit. 

Vgl. noch Im. 1. 3. c. 46. n. i. 2. und Brevil. ed. cit. pag. 215. 



hingegen der Bibliothekar Napoleons I. Charles Denina in zweien seiner 
Briefe ^) nur nebenher seine Ueberzeugung für Cersen aussprach und doch 
dadurch schon den bekannten Barbier zum Aufgeben seines thomis tischen 
Standpunktes vermochte.*) jGersen hat die Imilatio Christi verfasst und 
kein anderer." — Dies ist das einstimmige und ausdrückliche, gewiss nicht 
zu unterschätzende Zeugnis, welches die Geschichtsschreiber VerceUi's und 
des Piemontesischen in unserer Krage abgaben. Und hierin stehen diese 
Aiictoriläten keineswegs allein. Wir wollen aus der grossen, fast unilberseh- 
bareo Menge von Zeugen und Zeugnissen für Gersen und seine Sache nur 
noch einige der wichtigeren vorfuhren. Dahin zälen wir vor allen anderen 
Bellarinin und Possevin. 

Der gelehrte Kardinal Bellarmin hat in seinem vielgebrauchten Werke 
»De scriptoribus ecclesiasticist offen für Gersen sich ausgesprochen. Aber 
es ist sein Zeugnis Gegenstand einer lebhaften Debatte geworden und will 
daher näher betrachtet sein. Die Sache kam so. Nicht so bald halte der 
Jesuit Julius Negroni in Aroiia den berühmt gewordenen Codex Aronensis 
entdeckt und seinen Ordensbrüdern Bernhard Rossignoli, Anton Possevin 
und Robert Bellarmin Mittheilung davon gemacht, als auch die letztgenannten 
vollkommen sich überzeugten, dass der Codex aus dem 13. Jahrhunderle 
stamme und dass weder Thomas noch Gerson, sondern der Abt Gersen, 
dessen Namen in dieser Handschrift bei jedem Buche genannt werde, der 
Verfasser der Imitatio sei. Sie gaben ihrer Ueberzeugung auch in ihren 
Schriften Ausdruck, Bellatmin äussert sich im Artikel Gerson des besagten 
Werkes, man habe das Werk de Imitalione Christi dem Johann Gerson 
wegen der Namensähnlichkeit zugeschrieben, da doch der wahre Verfasser 
Johann Gersen sei. Dies ergebe sich aus dem Manuscripte der Nachfolge, 
welches in Arona aufbewahrt wird, wozu noch komme, dass Bonaventura, 
der Zweihunden Jahre vor Gerson und Thomas a Kempis leble, die Imitatio 
ausdrücklich citire, ') 



'} AurgefUliTl Lii Gn-güry's llisluire. Bil. 2. Seite 480, 4äl. 

*) 'AggiunEo inlanlo« , sü scWicsst <ier zweite Brief, la riguardo dcUa diwerlaiione 
cpistolnrc sutlo aulure dell' aureo libru De Iinitatiooc Christi, che, un ora fa, parlonilone col 
mio collegn signur Barbier, antore ilcU' Opera D'üuteurs anonymes, egti mi asseriva clie 
abbandona ta opiiiione per Tomtnaso a Kempis, ■ 

*) Es ist dieses Zeugnis Bellannins atv sich und wc^n der daran sich knUpfcDden 
CoDtroversc zu wichtig, als dass wir es nicht in cxlcnso hieber setzen sollten : »Tribni solet 
Johann! Gcrsoni pnieclarissimum opusculum de imitatione Christi , quatuoi libris dislinclum. 
Scd qnia non numeralnr inter ejus opera ncc in caialogo ([ucm scripsit fralcr ipsius Geisonis 
nee in tomis editis Argentoiati merilo dubitatuni csl an illui) sit Gersonis; immu comtnunitcr 
iatn illud opos ailscriUilur Thomae de Kempis viru admodutn jäo, Sed valde prubabüe 
est auGtorcm illius opusculi ose Joannen) qiicmdam abbaleiii de Gcisen sire de Gcssen , ut 
habet iiiH:riplio vetustissitna huius libri , qui asservatur in tnonasterio Aronenai , quud oHm 



i 



i68 

Aehnlich urtheilt auch Possevin. Auch er habe früher das Buch von 
der Nachfolge Christi bald übereinstimmend mit der Meinung Vieler dem 
Pariser Kanzler Gerson, bald aber dem Thomas von Kempen zugeschrieben, 
weil in den Niederlanden das Autographon der Imitatio von demselben vor- 
handen sein soll. Jetzt aber pflichte er seinem Mitbruder Rossignoli bei, 
der nach langer und reiflicher Untersuchung den Gersen, Abt von Vercelli, 
als Verfasser des kostbaren Buches angibt. Das werde durch das m. s. von 
Arona, dem Kloster am See Verbanus bewiesen. ^) 

Das Zeugnis dieser beiden Gelehrten ist für uns von Wichtigkeit 
Denn so urtheilten sie, bevor noch der ganze Streit entstanden war, nach 
reiflicher Ueberlegung, auf Grund des Codex Aronensis. Doch die Antiger- 
senianer wollen uns wenigstens einen dieser gewaltigen Zeugen abstreiten. 
Sie stellen den Kardinal Bellarmin als eine Art Protheus dar, welcher seine 
Ansicht widerrufen habe. In der Kölner Ausgabe des Werkes iDe scripto- 
ribus ecclesiasticis« vom Jahre 1613, steht nämlich Seite 404, Gersen sei wol 
der Verfasser der Imitatio, aber gleich die nächste Seite lässt Bellarmin die 
Bemerkung machen , er wolle die Sache auf das Ansehen des Sommalius, 
dessen Schriften er eben erhalten, dahingestellt sein lassen,*) und in der 
ebenfalls in Köln 162 1 besorgten Ausgabe dieses Werkes, findet sich wie 
von Bellarmin selbst verfasst, die Bemerkung, dass Heribert Roswyd evi- 
dent erwiesen habe, Thomas sei der Verfasser des goldenen Buches*). 
Aber dieser zweifache Widerruf ist von der Geschichte* als unhistorisch zu- 
rückgewiesen worden. Die Bemerkung in der Kölner Ausgabe von 161 3 
erweist sich schon dadurch als unächt, dass in den Ausgaben, welche Bel- 
larmin persönlich besorgt hat, nämlich Rom 16 13 und 1616, Paris 161 7 die 
ursprüngliche Angabe uneingeschränkt und ungeschmälert bestehen bleibt. 
Neuerdings bestätigt uns das ein Brief Bellarmins aus d. J. 161 9, welchen 



fuit monachonim sancli Bencdicti et nunc est domus novitiorum societatis Jesu. Et hinc 
apparet hoc opus tributum fuisse Johanni Gcrsoni propter similitudinem nominis ; quia verus 
auctor erat Joannes Gersen; et tarnen quia non inueniebatur hoc opus inter opera 
Tohannis (icrsonh cancellarii Parisiensis tributum fuit Thomae de Kempis ob similitudinem 
aliquam stili. His acccdit quod sanctus Bonaventura qui fuit duccntis circiter annis antiquior 
Joanne Gereone et Thoma de Kempis citat ex hoc auctore partem capitis uUimi libri primi ad 
verbum et dicit, illa verba esse devoti cujusdam libelli de imitatione Christi. 

*) Posseuin. Appar. sacer. Joan. Gerson. 

*) »Postea quam haec scripscram , incidit in manus meas praefatio Ilenrici Sommalii. 
Quoniam magni facio testimonium Henrici Sommalii, qui et ordinis mei est et notae probitatis et 
doctrinac, nee tamen audeo superiorem conjecturam proreus rcjicere, idcirco rem in medio 
pono et lectori Judicium rclinquo.« 

•) »Scriptos et compositas esse ab eodem Thoma libellos de imitatione Christi supra- 
scriptos, contrariis coniecturis euersis, demonstrat euidenter in vindiciis Kempensibus Heribertus 
Rosweydus societatis Jesu, cuius mihi rationis plcnissime satisfecerunt. « 



169 

der hochverdiente Hugo Lämmer edirt hat. ^) Wie uns aber scheinen will, 
hat der Herausgeber aus dieser Epistel betreffs der Autorschaft der Imitatio 
ungerechtfertigte Folgerungen gemacht und lassen wir deshalb die diesbezüg- 
liche Stelle aus Belkrmin's Schreiben unverkürzt folgen : *) »Mi son maravi- 
gliato, che quel Libro che volgarmente si dice Giovanni Gersone, abbia titolo 
di S. Bemardo, poich^ S. Bemardo fu piü antico di S. Francesco, nondi- 
meno nel Libro, chiamato Gersone, si usano le parole di S. Francesco, 
come piü antico, come Lei porria vedere nel terzo libro del Gersone al 
cap. 50 in fine. La veritä si 6, che quel Libro chiamato Giov. Gersone 
non fu scritto n^ da S. Bemardo, n^ da Gio. Gersone perchö S. Bernardo 
fu piü antico, e Gersone fu piü moderno dell Autore di quella bella 
Operetta de Imitatione Christi, che volgarmente si chiama Gio. Cersonc. II 
nome vero dell' Autore di quell' opera secondo molti ^ Tommaso de 
Kempis, secondo altri ^ Gio. di Gersen. E questa seconda opinione ha 
dato nome a questa operetta di Gio. Gersone, che fu un Dottore di Parigi 
molto celebre. E che l'autore di quest' opera non sia Gio. Gersone, lo tu- 
tifica il fralello di Gio. Gersone, che fu Monaco Celestino, e scrisse il Ca- 
talogo delle Opere del sue fratello, e chiaramente afferma non esser opera 
de Imitatione Christi.« *) Aber die Authentie der Bemerkung in der Kölner 
Ausgabe von 162 1 will man um jeden Preis retten. Bellarmin soll noch 
162 1 unmittelbar vor seinem Tode förmlich widerrufen haben. Doch es be- 



') Meletematum romanonim mantissa. Ratisbonae 1875. P^S* 3^5* 
•) Ob. c. Der Brief ist adressirt AI. M. R, Cesare Bracci Archidiacono in Monte- 
pulciano. Roma 13. Juglio 161 9. 

') lümmer bemerkt zu diesem Briefe (1. c. pag. 3S5) dass »die Ansicht Bellarmins 
Thomas sei der Verfasser der Imitatio« durch die neueren Forschungen bestätigt werde. Ein 
unpartheiischer Leser und Beurtheiler wird das erstere nicht fmden und er kann das letzte nicht 
bestätigen. Mir wenigstens scheint aus dem »II nome vero dell' Autore di quell' opera secondo 
molti h Tommaso de Kempis« um so weniger der Schluss auf den Consens des Bellarmin 
berechtigt, als er ja einige Zeilen früher ausdrücklich ausgesprochen hat, dass Gerson als 
Verfasser unzulässig sei, weil er »piü moderno dell' Autore di quella bella Operetta de Imitatione 
Christi« sei, wie viel weniger Thomas von Kempen , der doch jünger ist. Die fulminante 
Bestätigung aber, welche die Meinung der Thomasjünger neuerlich erhalten haben soll und 
wofür Lämmer die Dedication aus einer flämmischen Ausgabe der Nachfolge von 1552 an- 
ftlhrt, welche besagt, das Buch sei »ghescreuen ontrent ouer hondert jaren, niet van . . . 
Johannes Gerson , maer fals uwcr ecrweerdicheyt kenlyck is) van Thomas Hamerken van 
Campen« wird kaum ein Beurtheiler noch mit finden. Was folgt denn so Besonders daraus, 
dass in dieser 100 Jahre nach Thomas Tode veranstalteten Uebersetzung der Herausgeber 
Thomas von Kempen für den Verfasser hielt? Er hatte ja genug lateinische Vorlagen, die 
den Zwoller Subprior als Vater des Büchleins angaben. Daher entfallen auch alle Schluss- 
folgerungun, die Lämmers Gewährsmann P. F. X. de Kam in dem 11. Bd. n. i. 2. Serie 
der »Bulletino de la Comniission royale d'histoire de Belgique« , Brüssel bei M. Ilayez aus 
dieser Uebersetzung zieht. 



I70 

zeugt die Geschichte das Gegentheil. Als nämlich der Kardinal bereits 
todtkrank war, kamen Thomisten mit der Bitte, er möchte doch Thomas 
das Buch zuschreiben. Bellarmin erwiederte, er habe einst niedergeschrie- 
ben, was er für wahr gehalten, jezt denke er bereits an die Ewigkeit und 
könne sich auf solche Streitereien nicht mehr einlassen. ^) Auch hätten 
wül die Thomisten früher schon diesen Widerruf verwertet. Bellarmin hat 
also seine Ansicht keineswegs geändert und ist es nicht zn wundem, wenn 
die alten Kritiker hier über Fälschung klagen. *) 

Ich will wol keineswegs mit den Alten die Thomisten direct der Fäl- 
schung zeihen, ist es ja bekannt, dass die gelehrten Buchdrucker gar oft 
nach Gutdünken und Geschäftsbedürfnis derlei Werke übel zugerichtet haben, 
aber gemahnen möchte ich, zu welchen Unzukömmlichkeiten es ftihrt, wenn 
Bellarmin um jeden Preis widerrufen muss. Ein Beispiel. Eusebius Amort, 
der wackere Verfechter des Thomas, behauptet einmal, Bellarmin müsse 
Wül 1613 widerrufen haben,') in einem anderen Werke lässt er ihn 1621 
widerrufen*) und hinwiderum äussert er, der grosse Kardinal hätte am 
Ausgange seines Lebens geschwankt.*) Amort meint, der Widerruf sei wol 
schriftlich *) geschehen , dem Propste von Diessen Werlin genügt der münd- 
liche. Von den Ausgaben des Werkes: De scriptoribus ecclesiasticis, welche 
in der Folge veranstaltet worden sind, geben nur mehr die zu Lyon 1630 
die beiden Pariser Editionen vom Jahre 1630 und 1644 den ganzen bellar- 
minischcn Text zusammt dem Zeugnisse ftir Gersen, die übrigen glaubten 
dann in der Hitze des Streites letzteres weglassen zu dürfen. Am merk- 
wünligstcn sind wol jene Ausgaben, welche aus dem Werke des grossen 
Kardinals das Zeugnis für Gersen weglassen und sich für Thomas erklären, 
dabei aber die Collationen des heiligen Bonaventura als acht belassen, wo- 
durch bekanntlich das Buch der Nachfolge um fast 200 Jahre älter erwiesen 
wird als Thomas. 

Wir geizen keineswegs nach dem Ruhme, dem Eusebius Amort gleich, 
der frohlockend 170 Zeugen für Thomas vorruft, die ganzen traditionellen 
Bezeugungen für Gersen in ihren einzelnen Vertretern vom Anfang bis heute 



*) Si> berichten Ji)h. Confaloncrius, Archivar in der Engelsburg und Laurenz de Rubels, 
ItvlK^rmin'N Lcikir/l nach Const. Cajelan Respons. a\\o\. pro Gersene. Rom. 1644. pag. 43 sq., 
der n».>ch CIoll /um Zcuj»cn annift, dass er getreu iK'richte. 

•) Siehe (^>uatUMnaires , (icrsen itertnn reslitulus jxig. 163: »Si facta igitur mcntis 
HeUarmini nuitatio , nioitis HeUarmini praecesserut dcfunctio , ut quod dixi , dormicntcs se 
deuuniMivnt. tjui niortuuni testem adhil>ent.< Cf. Dclfau, Disscrtatio cd. 1879. pag, CIV. 

') Inform. plen. pag. 167. 

*) ToUkiat. e\auel. pag. 6. 

*) Inform. plen. jKig. 16S. 

* IVlvkrat. e\auot. 1. c. 



vorzuführen. Wir wollen hier nur kurz aus der langen Reihe der äusseren, 
nicht am Streite betheiligten Zeugen für Gersen, anführen die Päpste 
Clemens XIV, und Pius VII. Clemens XIV hat seine Ueberzeugung ausge- 
sprochen in einem Briefe an den Canonicus d'Osimo? Da wir auf dieses 
Zeugnis noch an anderer Stelle zurückkommen werden, so wollen wir gleich 
das hieherbezügliche vollständig ausheben. ^) »Quello , che ha reso l'Imi- 
tazione tanto preziosa, e cosi penetrante, (t stato, che l'autore della medesima 
Gersen, abbate di Vercelli nell'Italia, vi ha messo tutta quella gran caritä 
dalla quäle era egli santamente infiammato. Si suole ordinariamente confon- 
dere Gerson con Gersen. Ma ciö non ostante c molto facile il provare, che 
Tautore di questo libro inarrivabile non 6 n6 Gerson ne Tommaso da Kempis. 
Ed 10 ne provo un piacere infinito, lo confesso, restando incantato, che un' 
opera cotanto eccellente provenga da un Italiano. Nel capitolo V del IV 
libro vi 6 una prova evidente che chi a composto l'imitazione, non 6 stato 
un francese. II sacerdote, dice egli, investito de* pararaenti sacri porta dinanzi 
il segno della croce di Jesu Christo, Ora ognun sa, che in Francia le pianete 
son differenti da quelle dell'Italia, in quanto che questa croce ^ solamente 
dalla parte di dietro. Ma io perö non voglio fare una dissertazione.« Roma. 
8. Febraro 1749. Diesem Zeugnisse des gelehrten Papstes Clemens XIV. reihen 
wir an Pius VII. Als nämlich Graf Giovanni Francesco Napione seine Ab- 
handlungen über Christof Columbus und Gersen in der Akademie von Turin 
gelesen hatte und diese dem Papste zugemittelt worden waren, gratulirte Pius VII 
dem gelehrten Napione in einem eigen Breve *) und begründet sein Lob 
mit den Worten: »Quod ad augendam patrii nominis gloriam, viros toto 
orbe celeberrimos Christophorum Columbum atquc admirandi operis de Imi- 
tatione Christi auctorem Pedemontio strenue feliciterque asseruisti.<i Unter den 
grösseren Kirchengeschichtswerken waren nur wenige objectiv und selbständig 
genug, dem Gersen das güldene Büchlein zuzuerkennen. Ich nenne Graveson,^) 
Rohrbacher.*) Insbesondere ist in Deutschland das Vorurtheil tief gewurzelt 
und das Aufgeben des althergebrachten sowie des geliebten nationalen 
Thomas fast einer unliebsamen und schmerzlichen Operation gleich. Doch 



*) Siehe Canccllieri. Dissertaz. i)ag. 318 sqq. 

•) *Apud. Sanctam Mariam Majorem die 29. Martii 1809.« 

*) Historia ecclesiastica nov. lest. tom. VI. pag. 129. s([. Cf. Zicgclbaucr, Ilistoria 
literaria Augiistae Vind. 1754 tom. II. pag. 211: ^ Joannes (icrsen de Canabaco Vercellcnsis 
in Italia abbas. c. an. 1220; quem aurci libelli de Imitatione Christi conditorem et scrip- 
torem esse, nemo hodie dubitat.^? 

*) Ilistoire universelle de leglise catholique i)ar l'abbc Rohrbachcr. Paris 1S51. 
Douxi^me edit. tom. 18. j)ag. 476: »En dernicr Resultat, le veritable auteur est Jean Gersen 
de Canabaco, aujord'hui Civaglia, abbe Benediclin de l'ancien monastöre de Saint-Eti^nne ä 
Verceil de Tan 1220 — 1240.« 



172 

Hess sich Hergenrother, ') der Fürst der gegenwärtigen Kirchengeschichts- 
schreibung, durch die Gründe der Gersenisten überzeugen, auch Grisar*) 
und Hermann Wedewer. *) 

Weitere Zeugen rufen wir nicht vor. Uns scheint diese Beweisart, und 
wäre der vorgeführten Zeugen Legion, ganz unzureichend, zum mindesten 
nicht sehr betonenswert. Denn schliesslich kommt ja doch das Meiste darauf 
an: Non quot sed quales, und wer der erste war und welche Gründe seine 
Nachtreter haben, wie schon Baronius anmerkt. *) 

II. INNERE GRÜNDE. 
Der Verfasser der Imitatio war ein Italiener. 

|as Buch von der Nachfolge Christi ist ein Weltbürger in des Wortes 
schönster Bedeutung. Da es die Sprache des menschlichen Herzens so 
rein und klar spricht, wird es überall gekannt und geliebt, wo menschliche Her- 
zen in diesem Thale der Thränen sich sehnen nach dem trauten Umgange mit 
Gott. Doch werden wir uns keineswegs wundern, wenn unserem Wanderer, den 
wir sogleich als den unserigen betrachten, von dem Staube des Landes an den 
Füssen klebt, aus dem er kommt, wenn das Kleid, die Physiognomie, der ganze 

Habitus den Fremdling — den Italiener — verrät. Dass wir in unserem Urtheile 
über die Herkunft unseres Freundes uns nicht geirrt, beweist das äussere 

Zeugnis, welches als Heimatsschein ihm mitgegeben worden ist. Wir wollen 

beides — den Totalhabitus und den Heimatschein uns besehen. 

Den Heimatsschein unseres Lieblings stellt das österreichische Bene- 
dictinerstift Melk aus. Dieses Stift besass nämlich einstmals nicht weniger als 2 2 
Manuskripte der Imitatio aus dem 15. Jahrhundert; das älteste davon stammte 




') Handbuch der allgemeinen Kirchengeschichte. Freiburg i. Br. 1876. i. Bd. S. 980: 
*In Italien war . . . der dem hl. Franciskus enge befreundete Benedictinerabt Johann Gcrscn 
von Vercelli (1220 — 1240), dem wahrscheinlich das dem Thomas von Kempen zugeschriebene, 
aber schon vor diesem dem Bonaventura bekannte herrliche Buch von der Nachfolge Christi 
zugehört. « 

') Vgl. die eben so lichte als gründliche Sicbtungsarbeit G(risars) in der Zeitschrift 
für kath. Theologie. Innsbnick 1877, wo es Seile 482 heisst: »Verfasser dieser Zeilen kann 
nicht verhehlen, dass nach seiner Meinung die Sache des Bencdictincrabtes Gersen eine ge- 
wonnene ist.« 

•) Kirchengcschichle. Freiburg. 1879. S. 72. 

*•) Annal. eccl, tom. 12. ed. Platiniana 1603 ad ann. II 25: »Non numero historicorum 
vcritatem historiac consuevimus acstimare, sed quanta fide poUeat primus aulhor cujuslibet 
assertionis, nam reliquos primum sequi auctorem et ejus vestigiis inhacrere frequcntiori usu in 
more positum videmus. « 



aus dem Jahre 142 1. (Cod. Meli. I.) ') Es fragt sich nun, wie denn Melk ganz 
allein und abstehend von den übrigen deutschen Benedictinerstiften zu den 
vielen Handschriften der Imitatio gekommen sein mag, die fast alle älter 
sind als der älteste Codex, das antwerpener Autographon des Thomas, und 
deren ältester geschrieben worden ist, (in Melk?), ehe noch die Thomisten 
den ehrwürdigen Subprior von Zwoll das Buch abfassen lassen. Den Schlüssel 
zur Lösung dieser Hieroglyphe reicht uns der gelehrte Prior von Melk Johann 
Cellensis, Doctor der Theologie und was nicht zu übersehen, selbst ein ge- 
borner Landsmann des Thomas von Kempen. Dieser gelehrte Prior thut in 
überzeugender Weise dar, dass Melk nur von Italien aus mit der Imitatio 
so frühzeitig bekannt geworden sein könne, und zwar bei Gelegenheit der 
Reformirung von Melk durch die Subiacenser Mönche im Jahre 1418. Das 
erste beweist er aus Folgendem:*) Melk hatte nie eine Verbindung mit 
Belgien, nie Beziehungen zu den Augustinern dieses Landes, wie das die 
alten Jahrbücher bestätigen. Daher finde sich denn auch kein einziges m. s. 
in der Bibliothek, welches aus Belgien stammte. Hingegen hat Melk von 
jeher reiche Beziehungen gehabt zu Italien, viele geistliche und wissenschaft- 
liche Schätze, Privilegien, Indulgenzen, Constitutionen, Choralbücher, Brevire 
u. s. w. von dorther bezogen. So geschah es auch mit der Imitatio Christi, 
Die Veranlassung war folgende. Auf den Wunsch des österreichischen Herzogs 
Albrecht V. sollte nämlich das Kloster Melk reformirt, in demselben die 
Regel des heiligen Benedict in ihrer ursprünglichen Strenge wiederhergestellt 
werden. ■) Zur Realisirung dieses Wunsches berief der fromme Herzog Brüder 
aus dem strengen Kloster Subiaco. Wirklich erschien eine grössere Anzahl 
strenger Mönche aus Italien, an ihrer Spitze der gottes fürchtige Nicolaus de 
Matzen.^) Sie brachten asketische Bücher mit, besonders Exemplare der heiligen 
Regel, Statuten, Schriften der heiligen Väter und dergleichen, hielten die 
Brüder zum Abschreiben dieser Bücher an und, um die Reform dauerhaft 



') Diese 22 Cod. m.s. der Imitatio werden in einem alten Ilandschriftencalalog der 
Melker Bibliothek, geschrieben von P. Burchard 15 17, aufgeführt und beschrieben. Siehe den 
djessbezUglichen Brief des Prior Ccllcnsis an Const. Caietan a. d. J. 1644 ^^ ^^s letzteren 
Kcspons. apol. pag. 220 — 39, wo auch die notariatsmässigen Bestätigungen und die authen- 
tischen Beschreibungen dieses Catalogs durch den Rector der Wiener Universität, Strasscr, 
(pag. 233 sq.) und den apostol. Nuntius Camillus Meltius (pag. 226 sq.) abgedruckt zu 
finden sind. Dieser Katalog ist noch vorhanden. 

') Diese Begründung findet sich bei Constanlin Cajetan (ob. Cit.) nicht, wol aber 
▼erwahrt die Melker Bibliothek unter dem handschriftlichen Nachlasse des Prior CcUensis 
(In causa libelli de imit. Christi) die »XII. deducliones pro Italia.« Aus diesem m. s. hebe 
kh im folgenden nur einige Gründe aus. 

») Vgl. Ign. Fr. Keiblinger, (icschichte Melks. Wien. 1851. Bd. I. S. 480. 

*) Keiblinger, 1. c. S. 482. ff. 



174 

zu machen, blieb ein grösserer Theil von ihnen, besonders auch der obge- 
nannte Reformator Matzen, welcher Prior von Melk ward, in dem öster- 
reichischen Stifte. So gelang das fromme Werk, dessen Beginn in das 
Jahr 141 8 fallt. Dass nun die Reformatoren aus Italien wirklich auch dieses 
goldene Büchlein mitgebracht haben, erhellt aus Folgendem: P. Peter de 
Rosenheim, einer der Reformatoren, sagt ausdrücklich, dass er die Imitatio 
abgeschrieben habe.*) Ferner ist der Tractat: >Qui sequitur mec zumeist 
abgeschrieben in Verbindung mit den Ceremonien, der Regel und den 
Privilegien, die notorisch durch diese Reformation nach Melk gekommen 
sind. Vor dem Jahre 1418 findet sich das Buch: Qui sequitur, weder in 
irgend einem deutschen Kloster noch in Melk, gleich darauf aber in diesem allein 
in 2 2 Handschriften. Die beiden Hauptgründe sind aber die, dass der älteste 
Mölkercodex und auch die anderen die Aufschritt tragen.*) »Dereformatiohe 
hominis interioris,« ein Titel, unter dem diess herrliche Büchlein in keinem 
Codex Deutschlands und Belgiens vorkommt, daher auch nicht von dorther 
bezogen und abgeschrieben sein kann, und endlich, dass in allen diesen be- 
sprochenen Melker Handschriften der Nachfolge, welche das vierte Buch 
enthalten, dieses nicht achtzehn sondern einundzwanzig Kapitel zält, indem 
ein Tractat: »Octo invitatoria praecipua de sanctissimo sacramento« als 
19. Kapitel figurirt, sowie die beiden frommen Betrachtungen: »Duas consi- 
derationes damus ut habetur in isto« und »De sacramento« als Cap. 20 
und 21 aufgeführt werden. Diese drei Kapitel finden sich in gar keiner 
deutschen Handschrift, aber in dem berühmten italienischen Codex Leo- 
Allatianus kommen sie Wort für Wort so vor, wie in allen Melker Codices 
dieser Zeit, welche auch das vierte Buch vorführen. *) Wir glauben deut- 
lichere Beweise wird wol Niemand bedürfen, um zur Ueberzeugung gebracht 
zu werden, dass die Imitatio aus Italien stamme und aus Italien nach Melk 



') Cf. im obg. m. s. Ded. VII : *Ex atteslatione S. Petii de Rosenheim socii refor- 
matoris Nicolai de Matzen , Prioris in monastcrio sublacensi i. e. sacro specu postea Prioris 
in monastcrio Mclliccnsi , qui sua manu fatctur exprcsse , se hunc libellum descripsisse et 
habetur adhuc in littera L. n. 28.« 

*) Vgl. die Aufschriften der zwölf ersten Codices, welche bei Caietan 1. c. pag. 231 sq. 
aus dem besprochenen Manuscriptcncatalog angeführt werden. 

') Mit Recht fragt Cellensis Ded. XII: »Unde illa (tria capitula) nostri monachi de- 
scripsenuit? Ex Belgio? Ex D.D. Canonicorum regularium s. Aug. autographis? At nuilum 
autograpbum habent, nee haclenus ullum demonslrarunt nee demonstrare possunt.« Cf. Con- 
stantin Caietan Apparatus ad Gersenem pag. 321, wo dieser berühmte Abt diese drei Capitel 
aus dem Cod. Allat. abdruckt mit der Bemerkung, er habe sie bisher nirgends gefunden 
und wolle sie deshalb auch nicht unbedingt für Gersens Werk halten. »Tria capitula 
sequentia quae in I^o-Allatiano codice hal)entur immediate post cap. 18 libelli quarti de 
imitatione Christi quasi pars illius csscnt , et titulo capitum 19. 20. 21. annotantur, quod ea 
hactenus non legerim ncc impressa aut publici iuris viderim ; hie uolui inserere et publicae 



175 

gebracht worden ist zu einer Zeit, in welcher Thomas von Kempen nach 
dem Urtheile der Thomisten selber sie noch nicht verfasst haben konnte. *) 
Würden wir auch einen so klar und deutlich sprechenden Heimatsschein 
unseres Freundes nicht vorgewiesen erhalten, wir würden den Italiener aus 
dem Totalhabitus erkennen. Fragen wir zunächst nach der Sprache, so ruft 
wol allerdings der Italiener und der Deutsche und der Franzose ganz ent- 
zückt aus : Das ist meine Sprache. Und ich meinestheils muss gestehen, dass 
ich fast geneigt gewesen wäre, alle die schlagenden Gründe für Gersen aufzu- 
opfern, und einen Deutschen als Verfasser anzuerkennen, so zwingend schien 
mir das Colorit der Sprache und so durch und durch germanisirend. Aber 
gerade diesen Punkt hat philologische Akribie auch in allerneuestcr Zeit 
festgestellt und kann der, welcher die Resultate dieser Forschungen erwägt, 
auch nicht einen Augenblick an der italienischen Conception und Ausdrucks- 
weise der Imitatio zweifeln. *) 

Der allgemeine Sprachcharakter unseres Buches ist der des verdorbenen 
und mit Barbarismen reich durchwirkten Latein des Mittelalters, näher jenes 
Lateins, wie es im dreizehnten Jahrhunderte, wo sich die italienische, fran- 
zösische und spanische Sprache mehr von der Mutter trennten, gesprochen 
wurde. So nahe geht und steht der Urtext mit dem damaligen Vulgär- 
italienisch, so ganz italienisch volksthümlich gedacht ist die Nachfolge, dass 
die alten Uebersetzungen, wie sie Torri und Parenti veröffentlicht haben, 
fast nur dem lateinischen Texte italienische Endungen oder Ausgänge geben. 
So leicht war es also, das lateinische in's italienische zurückzuübersetzen. 
Dieser Punkt ist gewiss sehr wichtig und von dem Erzbischofe von Siena, 
Heinrich Bindi, in seiner ganzen Tragweite dargestellt worden. ') 

• Als zweiten Grund scheinen mir die Verteidiger der italienischen Ab- 



ntilitati dare ; non quod certe assererem , ca opus esse Joannis Gersen auctoris libelli de 
imit. Christi ; sed quia noiui interirct, quod uel specietenus ad cum pertincret uel ad cum iUu- 
strandum facerct.« 

') Der neueste Thomist Malou sagt ausdrücklich, Recherches pag. 3. »Thomas a 
Kempis publia les trois premiers livrcs de l'imitation 1424« und weist in einer Note , welche 
er dazu macht, diejenigen Thomisten zurecht, welche Thomas schon 1406 (8 Jahre vor 
seiner Priesterweihe!) oder 141 5 die Imitatio abfassen lassen. Dieser Verweis schliesst 
mit den Worten: »Cette opinion repose sur de simples conjectures tir^es du sujet.» Nun 
auf einer soliden Grundlage zum wenigsten ist auch Malou's Angabc nicht aufgebaut , da 
der Codex Mellicensis I. ausdrücklich Fol. 200 mit den Worten schliesst: »Anno MCCCCXXI 
in die sancti Joannis I^aptiste decoUationis. Gregorius : Non fit bonus conlemplalivus , nisi 
qui fuerit sedulus activus.« 

•) So dass Werlin , Rosweydus redivivus , sogar vermutet , die Gersenisten wollten 
»hoc novo invento« ihre Gegner betrügen und hintergehen. 

') D'un antico volgarizzamento toscano dell' Imitazione di Cristo« in Bindis Scritti 
vurrii tom. 11. p. 321. 



176 

fassung mit allem Rechte geltend zu machen die vielen Assonanzen und 
Reime, die schonen Antithesen, etc., welche etwa einem Deutschen nicht 
so ohne weiters und ungezwungen, so gleichsam von selbst, dürften ge- 
kommen sein *) und welche die Imitatio geradezu als ein italienisches Schrift- 
stück des 13. Jahrhundertes erweisen, wofür die Belege unter anderen in 
Tiraboschi's Literaturgeschichte Italiens zu finden sind. ■) 

Als einer der Hauptbeweise wollen uns auch die Italicismen erscheinen, 
welche in so grosser Zal in der Imitatio vorkommen. Schon dem Quatre- 
maires sind folgende aufgefallen : 

Italus : Gersen : 

Sentiraento Sentimentum 

bassare bassari 

grossam ente grosse 

polverizzare pulverizare 

sentenziare sententiari 

contentare contentare 

ringraziare regratiari 

huomo passionato homo passionatus 

che importa la scienza scientia quid importat 

conscienzoso conscientiosus 

pone tiui in pace pone te in pace 

quereloso querulosus 

girare gyrare. 

Diese Aufzälung von Italienern Hesse sich noch sehr vervollständigen, 
z. B. : mortificatus, tristari, oblocutiones, affectanter, colorare, recommandant ; 
passionatus, virtuose, licentiare, cordialis, regratiari, gaudiosa; sacramenta- 
liter« etc. 

Wir können daher nur beistimmen, wenn ein italienischer Gelehrter, 
der gewiss hierin ein compctentes Urtheil hat, ausruft:') »Italiano ^ il colo- 
rito, italiana la locuzione, italiano lo Stile: italiana, insomma, la vente tutta 
quanta del pensiero, come ^ italiano il pensiero medesimo.c 



*) Cf. Mella, 1. c. p. 76: »II quäle palesissimo divario si fari ancor piü manifesto 
nell' onda, diremo cosi, del periodo, forse per l'uso della cathedra e del pulpito, singolarmente 
sonante, nellc cadenze variamente numerose , nel giro armonioso delle spesseggiate antitesi, 
nelle tante rispondenze d'incisi rimati, nella frequenza di veri vcrsi, nella continua regolaritii 
delle clausole altematamente sdrucciole e piane: cose tutte che ogni lettore avrä awertite le 
millc volle nel latino Gerseniano, e a cui non v" h chi toslo non riconosca Pinfluenza del 
concepire armonioso, dello spiccato e rotondo pronunziare italiano.« Als Illustration dazu 
kann die Ausgabe von Hirsche, Berlin 1874, dienen. 

*) Stör, della letter. ital. tom. VIU. 1. II, c. IV. n. 4. 

») V. Mella 1. c. p. 75. 



177 

Mit unserer Berufung auf Italicismen haben wir wol gar nur ein mit- 
leidiges und ungläubiges Lächeln der Thomisten erregt. Denn hierin besteht 
ja eben ihre Stärke, jenes Argument, auf welches sie immer wieder zurück- 
kommen, die offenbaren und unleugbaren Germanismen! Wer möchte in 
der Nachfolge solche leugnen? »Der Verfasser der Nachfolge war jedenfalls 
ein Deutscher, sagt Nolte *), das beweist sein von Germanismen wimmelndes 
Latein. ... Ja es hat sich sogar der Jesuit Georg Heser, welcher in ver- 
schiedenen Streitschriften mit Erfolg für die Rechte des Thomas v. Kempis 
aufgetreten war, veranlasst gefunden, ein kleines aber sehr merkwürdiges 
T-,exicon Germanico-Thomaeum *) herauszugeben.« Kräftiger noch beschliesst 
Malou sein Verzeichnis von etwa 20 Germanismen, welche unleugbar einen 
Deutschen und speziell den Thomas zum Verfasser verlangen , mit den 
Worten^): »Si les Gers^nistes et les Gersonistes ne tiennent pax compte de 
ces arguments, c'est qu'ils ne les comprennent pas . . . leur ignorance seule 
peut ici leur tenir Heu d'excuse; rien ne justifie cependant leur incredulite, 
puisque, dans une question dont ils ne peuvent se rendre compte ä eux- 
mömes, ils devraient s'en rapporter h des juges dtfsinttfrresses et comptftents.« 
Weit entfernt, über diesen so wichtigen Punkt leichthin abzuurtheilen, wollen 
wir vielmehr ein vollständiges Verzeichnis der Germanismen, wie sich 's der 
Benediktiner von Ochsenhausen, Roman Hay, nachdem er die Imitatio we- 
nigstens zwülfmal vom Anfange bis zum Knde durchgelesen, sorgfaltig notirt 
hat, hier wiedergeben.*) 

Germanismen der Imitatio Christi. 

Libr. I. 

1.1. Si scires totam bibliam »exterius« » auswendig c. 
2,4, De seipso nihil teuere, nichts von sich selber halten. 

4.2. Cum sapiente et »conscientioso-? viro consilium habe, »gewissen- 
haft«:. 

4.3. Non pertinaciter in propriis stare sensibus. s-Auf seinem Sinn be- 
stehen.c 

6,1. Leviter indignatus. »leichtlich.« 
11,5. Si modicam violentiam faceremus in principio, »tunc postea« 
cuncti possemus facere cum »levitate« et gaudis. :^Gar leichtlich.«: 



*) Zeitschrift für die ges. kath. Theologie. Wien 1855. S. 3. 

*) Ingolstadt 1651. 

•) 1. c. p. 138. 

*) Siehe in der Bricfsammlung von Ottobeiiem die Imitatio Christi betrefTcnd den 
Brief des R. Hay an Jakob Molitor, Prior von Ottobeueni vom 7. August 1651. Wir merken 
noch an, dass diese Germanismen den Verfasser des Briefes abhielten an Gersen als Verfasser 

12 



178 

12,1. Bonum nobis est, quod aliquando habemus aliquas »gravitatesc 
Beschwernis. 

13.3. Semper aliquid ad patiendum habebimus. Immer etwas zu leiden 
haben. 

13,8. Si tempore adversitatis patienter se »sustinet«. 

14.1. In judicando alios, homo saepius errat, et »leviter« peccat, leicht- 
lich, facile. 

16.2. Qui (sc. Deus) »seit bene« mala in bonum convertere, weiss wol. 

21.1. Da te ad cordis compunctionem, gib dich darein. 

21.2. Si tu scis homines dimittere, ipsi »bene te dimittent« facta tua 
facere. Sie werden dich wol loslassen. 

21,5. Sed quia ad cor ista non transeunt, gehen zu Herzen. 

22.5. Oportet nos tenere patientiam, Geduld haben. 

22.7. Quidquid de nobis adhuc in fine, qui tepescimus tam mane, 
so frühe. 

23.1. Valde cito erit hie tecum factum. Sehr schnell wird's um dich ge- 
schehen sein. 

ibid. Sic te in omni facto et cogitatu deberes tenere, dich also halten. 

23.8. Nescis quid tibi post mortem sequetur, was dir erfolgen wird. 

24.6. Disce te nunc in modico pati. Lerne dich leiden. 

25.2. Bene securus eris. Wirst wol sicher sein. 

25.4. Non omnes habent aeque multum »ad vincendum« etc. 

25.5. Si ali([uando fecisti, citius emendare te studeas bälder, dann bald. 

25.6. »Bene« verecundari potes inspecta vita Jesu Christi. 

25.7. Rcligiosus fervidus omnia bene portat et capit, quae »illi juben- 
tur«, religiosus ncgligens habet »tribulationem super tribulationem « . 

25.8. Et ideo turpe esset, ut tu deberes in tam sancto opere pigritare, 
solltest faullenzen. 

25.9. O si nunquam »indigeres comedere« nee bibere nee dormire. 

Libr. II. 

1,5. »Tene te« cum Christo et pro Christo, si vis regnare cum Christo. 
1,8. »Si recte tibi esset.« 



der Nachfolge zu glauben, obwol ihm ebenso fest stand, dass Thomas selbe unmöglich ver- 
fasst haben könne. Letzteres ist ihm so sicher als der Weg, auf welchem er zu demsell>en 
gekommen ist, untrüglich: »Omnia opera Thomae de Kempis, so heisst es im angezogenen 
Briefe, edita Dilingae an. 1576 jver otium accuratissime ipsosque quatuor de Imitatione Christi 
libellos scorsim, minimum duodecies a capitc ad calcem perlegi et (quod ipse obstupui) inueni 
Thomam de Kempis horum quatuor auctorem reuera non esse. Paratus quoquc sum, hoc 
ipsum ex ipsismet potissimum opuscuHs utrimque inter se coUatis et juxta se positis, ad oculum 
demonstrare.« 



179 

2,2. Quando homo pro defectibus suis se humiliat, tunc faciliter alios 
placat, et leniter satisfacit sibi irascentibus, gar leichtlich facillime. 
3,2. Tu »benec scis facta tua, excusare et colorare. 

5.1. >Non possumus (i. e. non debemus) nobis ipsis nimis credere.« 

5.2. Si debes habere pacem, et unionem veram, oportet quod totum 
adhuc postponas, et te solum pro oculis habeas, wann du sollst, 
i. e. wann du willst, 

ibid. »Teneas te apud Jesumc vivens et moriens. 

6.3. Bene semper agere et modicum de »se tenerec humilis animae 
indicium est. 

7.2. Si scires te »benec ab omni creatura evacuare, Jesus deberet te- 
cum libenter habitare. Jesus sollte wol gern bei dir wohnen. 

8.3. »Magna ars est« scire cum Jesu conversari. 
ibid. Sine amico non potes »bene« vivere, 

9i3. Quando homo »stat« super seipsum, facile labitur. 

ibid. Verus amator Christi et Studiosus sectator virtutum, non »cadit« 
super consolationes. Er legt sich nicht auf Ergötzlichkeiten, be- 
gibt sich nicht darauf. 

10» 5» Quidquid nobis »advenire« permittit, was er uns zukommen lässt. 

12.3. Ecce in cruce »lotum constat« et in moriendo »totum« jacet. 
ibid. Ambula »ubi vis«. 

12.4. Non poteris effugere »ubicunque« cucurreris, quia, »ubicunque* 
veneris, te ipsum tecum portas. 

12,8. Sed tamen, aber doch. 
12,10. Non est remedium evadendi a tribulatione malorum et dolore, 
quam ut te patiaris, als dass du dich leidest. 

12.12. Fiet cito melius, es wird bald besser werden, 
ibid. Pati ergo »remanet tibi«, si Jesum diligere placet. 

12.13. Utinam dignus esses aliquid pro nomine Jesu pati, quam in magna 
gloria »remaneret tibi.« 

12.14. Non »stat« meritum nostrum in multis suavitatibus , steht nicht 
in . . . 

Libr. III. 

11.2. Non omnis affectio, quae videtur bona, statim est sequenda; sed 
neque omnis contraria affectio, »ad primum« fugienda, zum 
allerersten. 

12.3. Juste illis fit. Es geschieht ihnen recht. 

15,1. Difficile est »pro vero«« judicare, utrum Spiritus bonus an alienus 
te impellat ad desiderandum hoc vel illud. Es ist fürwahr, per- 
fecto, schwer zu urtheilen. 

12* 



i8o 

15.3. Da mihi hoc semper desiderare et velle, quod tibi magis acceptum 
est, et clariiis placet. Was dir lieber gefallt. 

18,2. Dignum est, ut ego miserrimus peccator, patienter me sustineam, 

dass ich mich gedulde. 
20,2. Hoc est quod me frequenter reverberat et coram te confundit, 

dies schlagt mich oft zurück. Verschlagt mich. i. retundit. 
24,1. Nee vacuas gere sollicitudines. Leere Sorgen tragen >inanes':. 
ibid. Tu non indiges respondere pro aliis, du darfst nicht reden und 

Antwort geben für Andere, indigeo ich bedarf. 

29.1. Et non est cordi meo >benec. 

29.2. Ego bene merui tribulari et gravari. Ich habe wol verschuldet, 
ibid. »donec melius fiat«. 

30,2. »Quid importat« sollicitudo, de futuris contingentibus, nisi ut 
»tristitiam super tristitiam< habeas? Was nützet es? Was tragt's 
ein, quid confert? 

30,5. Si tibi admisero gravitatem aut quamlibet contrarietatem, ne 
indigneris. Wann ich dir eine Beschwerde — w«rde zusenden. 

31.1. Oportet igitur omnem ?^supertransire< creaturam. 
ibid. Domine, »bene indigeo« adhuc majori gratia. 

31.2. Diu parvus erit, et infra jaccbit, wird unterliegen. 

31.4. Ubi »jacent« aftectus nostri, non attendimus. 

32.2. Domine, hoc non est opus unius dici, ncc »ludus parvulorum-^:. 
ibid. Pili debet »ad minus« ad haec ex desiderio suspirare. 

ibid. Adhuc multa habcs ad relinquendum, zu verlassen. 

ibid. »Utinam sie tecum esset.« 
33,1. Impraetermisse, ohne Unterlass. 

34,1. »Si (lebet« gratum esse et bene sapere, oportet gratiam tuam ad- 
essc debeo, ich solle. 

35.3. Patienter »sustinuerunt« se in omnibus. 

39.1. Ego »bene« disponam in tempore suo. 

40.2. Cito »melius« fit cum tibi placuerit. 

41.1. Fili, noli tibi attrahere, si videas alios honorari et elevari, te 
autem despici et humiliari. Lass dich nicht anziehen; noli 
moleste ferre. 

42.2. Si scires te perfecte annihilare, atque ab omni creato amore eva- 
cuare, tunc »deberem^^ in te cum magna gratia emanare. 

44,1. Si bene steteris cum Deo. Wann du wol bestehest. 

4G, I. Et quare tam parva tibi ad cor »transeunt«. 

48.4. Mente omnibus rebus »superesse« volo. Obsein. 
49,7. Pro bono totum accipias. Nimm Alles für Gut an. 
57,1. Sed nunc permitte transire. Lass gehen, Lass fahren. 



ibid. Satis virilis es, quamdiu nihil adversi obviat. Du bist Mann 
genug. 

57.2. Pone ut melius nosti ex corde. Schlag' es aus dem Herzen. 

57.3. Non est totum frustratum. Es ist nicht Alles umsonst. 

Libro IV. 

1.1. Ad capienda tanta mysteria, me reverberat impura conscientia. 
Es wiederschlagt mich mein Gewissen. 

1,9. Novitas invisorum, id est non visorum, ungesehener Sachen. 

3.2. Praeter te nuUa consolatio ivalet«. 

10.4. Quia nihil limportatc diu anxiari. 

10.5. Quam felix ille, qui sie vixit, ut et omni die communicari para- 
tus, et >bene affectatusc esset. 

11»3» Quod me nulla creatura quietare potest. Beruhigen. 

13,2. Fidelibus tuis te tribuis ad edendum et fruendum, zu essen und 
zu geniessen. 

14, 1 . Pro nimio desiderio communionis , a fletu se non potuerunt ab- 
stinere, haben sich nicht enthalten können. 
Aus dieser ganzen CoUection ist das Schibbolet der Thomisten gleich 
das erste: Si scires totam bibliam »exterius«. Das ist offenbar ein Ger- 
manismus! Wenn du die ganze Bibel »auswendig« wüsstest, respective 
niederländisch, um was es sich bei den Thomisten ja besonders handelt: 
»van buten.« *) Weder ein Franzose, noch ein Italiener hätte je so ge- 
schrieben , auch nicht so schreiben können. *) Ich meines Theils , muss 
einleitend bemerken, dass mir der Germanismus, der da gefunden wird, nicht 
so zum Schrecken grimmig erscheint. Ich glaube, der Ausdruck frappire 
nur auf den ersten Augenblick, glaube aber nicht, dass je ein Lateinschrei- 
bender ein concipirtes > auswendig« oder »van buten« mit »exterius« geben 
würde. Doch das mir Unwahrscheinliche zugegeben, bemerke ich, dass 
mehrere Codices, gerade die besten und ältesten — nicht blos italienische, 
sondern auch deutsche — dieses exterius nicht haben oder doch einen an- 
deren Ausdruck statt desselben haben. Freilich hat man gegen die Expun- 
girung dieses »exterius« in der Maurinerausgabe als Textdeterioration sich 
schärfst erklärt und damit ein Argument für Thomas zu retten gemeint. 
Für die Expungirung dieses Wortes haben jedenfalls die Mauriner gute Grün- 



*) Vgl. die von uns cdirtc Navolgingc Cristi. Wien. Gerold, 1879. Seite 4. 

') »Jamais un auteur frangais , lel que Gerson , jamais un auteur ilalien , tel que 
Gcrscn, n'a faire passer mat<$riellement dans le texte latin de son livre un idiotisme essenlielle- 
ment flamand.« Malou. 1. c. p. 129. 



l82 

de gehabt. Aeussere liegen offen: Die ältesten und sonst bestschreibenden 
Handschriften Codd. Aron. Cav. Ciaram. schreiben einfach »Si scires totam 
bibliam«, der Schirens, schreibt »in mente«, der August und Wibling. I. 
»cordetenusc. Also gerade deutsche Codices haben statt des deutschen ex- 
terius einen »lateinischen« Ausdruck substituirt. *) Aber vielleicht beruhigen 
unsere Gegner die inneren Gründe. Gleich im zweiten Kapitel Abschnitt I. 
desselben Buches schreibt der Verfasser: »Si scirem omnia, quae in mundo 
sunt« — gewiss ein ähnlicher Fall — und was ich noch höher anschlagen 
möchte : Die Imitatio redet fast nur mit Worten der heil. Schrift und der 
Väter, und beiweitem nicht alle Stellen sind schon hervorgehoben, für welche 
die hl. Schrift die glänzende Folie bietet. Unsere Stelle stützt sich — dem 
Gedankenanschlusse und den Worten nach — auf i. Corint. 13, 2: »Si 
nouerim omnem scientiam . . . caritatem autem non habuero nihil sum«. 
Dem aufmerksamen Beobachter wird das Anlehnen der Imitatio in Ausdruck 
und Gedankengang nicht entgehen. Sollte aber trotz dieser äusseren und 
inneren Bezeugung exterius beizubehalten sein, so irrt man, wenn man es 
als haarsträubenden Germanismus erklärt, es ist dann rein nur ein Terminus 
asceticus, entgegengestellt dem interius. Ver» ausser «lichung und Ver »inner «- 
lichung sind ja dem Asceten stets gangbare Begriffe, und speciell unser 
goldenes Büchlein anlangend, steht ja auch l. 3 c. 27. n. 3. Res adepta 
»exterius« entgegengesetzt dem »ex corde« wie ex ore und ex animo. Dann ist 
die Ausdrucksweise für jedweden beliebigsprachigen Asceten und Mystiker 
begreiflich, um so mehr, als, zu allem Ueberflusse sei noch das zu unserer 
vielvexirten Stelle hinzugefügt, der Italiener, einen ganz ähnlichen Ausdruck 
hat und an unserer Stelle ebenso triumphirend einen Italicismus sieht, wie 
wir einen offenkundigen Germanismus. Mir gegenüber könnte diesfalls leicht 
ein Gegner die Rolle des hartglaubenden Thomas spielen, ich überlasse 
daher einem Italiano das Wort. Camillo Mella schreibt zu unserer Frage •) : 
»Ora ^ questa una semplicissima fräse lombarda, venuta manifestamente 
dagli Scolari, che per »saper a mente« dicono »saper da fuora«(I) cio^ saper 
recitare la lezione a libro chiuso. Tal fräse ^ viva tuttavita neiritalia setten- 
trionale e segnatamente in Verona; e perö il Cesari, veronese, che ciö ben 
sapeva, tradusse per non lasciare il menomo dubbio: »se tu avessi a mente 
le parole di tutta la Bibbia, e le sentenze di tutti i filosofi«. II francese dice 
analogamente »savoir par coeur« e il toscano »saper per lo senno a mente«. 
Dubitiamo poi anche, a dir tutto il vero, della conoscenza che taluno di 



*) Von den im Anfange angegebenen cod. mscr. der hies. Hofbibliothek lesen cod. 
1576, 3859, mentctenus (ebenso der L. 98 signirte Mölker cod); cod. 3496 mente; 3916 
und 4064 corde. 

') L. c. p. 80. 



■«3 



questi critici possa avere della filologia latina, poich^ molti dei notati idio- 
lismi sono latinismi belli e buoni, t^ppure qiiesto de'germanisnii attestanti 
per l'Uemercken t il grande Achille dei dotti Germani U 

Dieses selbe liesse sich auch betreffs der übrigen Germanismen, die 
man in der Iniilatio Christi hat finden wollen, darthun.') Ich will, zugleich 
noch ein kleiner Zusatz zu dein ganzen obigen Beweise, nur noch an ein zwei- 
faches erinnern, Für's erste sind gar viele vermeintlich recht schlagende 
Germanismen in der That weit weg von aller Deutschheit, und könnte der 
Germanist ex professo solche deutsche Weisen auch in praedeutscher Zeit 
lind bei Classikern finden, denen gewiss ein Germanisiren nicht zum Vor- 
wurfe gemacht werden kann. Was wird ein Thomist, der eine sblche 
xieutschei und .nur deutsche« und iganz deutsche« Phrase aus der Imi- 
latiu siegesbewusst aufhebt, thun, wenn man ihm entgegenhält: »Ne digitum 
ab argento discesserunti. Sie gingen nicht einen Finger breit vom Silber 
weg, oder: ^ Nomen Vespasiani uitabundi circumibant.» Sie umgingen Vespasian ; 
und iloch soll das eine Cicero'), das zweite Tacitus ') geschrieben haben. 

Das letzte Wort in dieser Frage möchten wir aber besonders betont 
wissen. Die historische Entwickelung Oberilaliens wird Germanismen und 
deutsche Wendungen sattsam erklärlich machen. Die Longobarden waren 
Deutsche, und herrschten denn nicht die Henrice, Friderice, Ottonen daselbst, 
wurden nicht viele Deutsche gerade in dieser Zeit nach Italien verpflanzt? 
Ausdrücke wie sdanzare, scherzare, stecca, stanga» etc. sollen dort noch vor- 
kommen. Wer wagt zu behaupten, dass eine deutschartige Denk- und Aus- 
drucksweise dazumal — und unser Auetor schreibt ganz volksthümliches 
Vulgärlatein, wenn der Ausdruck erlaubt ist, — nicht in Oberitalien weitest 
und tiefeinschncidend verbreitet gewesen sei? Erwägen wir alle diese vom 
sprachlichen Standpunkte erhobenen Einwände und den wahren Verhalt der 
Sache, so können wir nur beistimmen dem UrtheÜe eines sehr competenten 
Richters, des Papebrochius , welcher sagt *) : >Agnosco eliam Idiotismos illos, 
quos cum Teutonica nostra lingua communes habet opusculum islud, quique 
nostris Henrico Somnialio et Heriberto Rosweido animos fecerunt, ad ipsum 
tarn certo adscribendum Kempensi; agnosco, inquam, Idiotismos illos aeque 



') Vgl. hierüber nel>st den einschlSgigcn Bemei'kunEeii Mabillon's iind VtXgmvc's be- 
sonders: Prot. Veratti, Disquisizioni ülologichc e crillche inlomo aü' nulore del' Itnitatione 
di Cristo : Nuovi Bind] lilologici e critici mtomo aU' nulore del lüiro de Im. Crisü. Modens, 
Soliani 1857 — 58. Nisard , Du laiin de l'imit de J&us Christ m dem CorrOpoodent de« 
Jahns 1874; Bindi; Malou etc. 

') Act. 4 in VcTTcra. •) Tncit. hisl. 3. 

*) Conatus chronico-hisloricus ad calal. Ponlific. Acta SS. Mai. lom. 11. Anliicrprae 
MDCLXXXV. pag. 83'. 




i84 

aut raagis spectare Italicam linguam ex Latina formatam et ueteri Longobar- 
dica, magnam cum Teutonica similitudinem habentec 

Mit Vorstehendem glauben wir auf einen der geläufigsten Einwürfe 
geantwortet zu haben. Der Pfeil wendet sich gegen die Absender. Italicis- 
men finden sich ja in allen Handschriften der Imitatio und was hervor- 
hebenswert ist, nicht bloss eingebildete italische Redewendungen, sondern auf 
Italien hinweisende Wortformen und Wortbildungen, während die Spürer nach 
Germanismen resp. Batavismen letztere nicht nachweisen können. Die Germa- 
nismen sind bei einem im Ober-italischen Schreibenden erklärlich, nicht aber 
wären die entschiedenen Italicismen bei einem deutschen Auetor einzusehen 
und zu begreifen. 

Als Beweis, dass die Imitatio eine Frucht Italiens sei, führen wir hier 
ferner an die schon oben ^) angezeigte Stelle aus dem 12. Briefe des ge- 
lehrten Papstes Clemens XIV. an einen Kanoniker von Osimo. Dort führt 
nämlich der Papst anschliessend an Im. B. IV. c. 5 § 3 : »Sacerdos sacris 
uestibus indutus . . ante se et retro dominicae crucis signum habet . . . Ante 
se crucem in casula portat, post se cruce signatus est, ut aduersa . . toleret ! s 
als Beweis für unsere These die historische Thatsache an, dass zwar wol die 
italienischen Kasein das Zeichen des Kreuzes auf der Vorderseite getragen 
haben, keineswegs aber die französischen und deutschen, welche nur auf der 
Rückseite mit dem Kreuze geziert waren. Daraus lasse sich also mit 
Sicherheit auf einen in Italien lebenden Verfasser schliessen. 

Einen in Italien lebenden und schreibenden Autor der Imitatio dürfen 
wir endlich wol auch erschliessen aus der Stelle*): »Attende Carthusienses, 
Cistercienses et diuersae religionis monachos et moniales. ^)« Denn Italien 
wies damals eine Menge Ordenscongregationen , welche in ihrer ersten Blüte 
standen, auf; im Gegensatze zu Deutschland , wo nicht einmal so viele 
Ordensgenossenschaften waren, die bestehenden aber keineswegs mustergiltig 
gewesen sind. 

Dies die Gründe, welche Italien als Vaterland der Imitatio rathen. 



*) Seile 171. 

*) 1. I. c. 25. n. 8. 

*) Renan sagt darüber (pag. 328 seiner Ltudes d'histoire religieuse): »Les plaintes de 
l'auteur et ses voeux de reforme roulenl dans un cercle d'idte fort analogues h Celles de 
Saint Bemard. Nulle Irace de rimmcnse revolulion accomplie dans la vie religieuse par les 
ordres mendiants. Quand l'auteur veut eiler h ses confr^res des modales d'ordres jeunes cl 
dans toules leur fcrveur, il cite les fondalions du XI« et du XII« si^le , les Chartreux , les 
Cisterciens. Nous avons iA ^videmment la derni^re voix du monachisme dans sa forme antiquc 
et pure, avant la radicale transformation qu'U subit au milieu du XIII. si^lc ; vie tranquille 
cl assez libre, poinl des pratiqucs mesquines, la saintet^ dans l'dme et non a Texterieur.« 



Renan findet noch dne natürliche VerwaniUschart i 
Volksgeiste und der Iniitalio. ') 



tischen dem italienischen 



Der Verfa 



■ In 



itatio Christi lebte im XIII. Jahrhitmlerl. 



BSfler Altt Giovanni Gersen lebte und schrieb in der ersten Hälfte des 
tSM 13- Jahrhundertes, Gerson und Thomas fallen ihrer Lebenszeit nach in 
das 14, Jahrhundert. Oa nun jeder Schriftsteller mehr oder weniger in den Ideen 
und Vorstellungen seiner Zeit wurzelt und dieselben auch in seinen Werken 
zum Vorschein treten müssen , so wäre es wol zu verwundern , wenn wir in 
unserer Schrift nicht Anhaltspunkte fanden, aus welchen wir sie dem einen 
der beiden strittigen Jahrhunderte zuweisen. Schon a jjriori werden wir nicht 
abgeneigt sein, jenes Jahrhundert, welches als die Blütezeit der Scholastik 
bezeichnet werden muss, auch in dem Gotlsiichen des Gemütes ara meisten 
vorgeschritten sein zu lassen, da ja Scholastik und Mystik aus einem und 
demselben Streben hervorgingen, nämlich das Höhere und Göttliche zu er- 
fassen , und die Mystik in der höchst entwickelten Scholastik die sichere 
Grundlage für das rechte Schauen und Lieben Gottes halte. Jenes Jahrhun- 
dert, welches den Thomas von Aquin, den Albertus Magnus, Alexander von 
Haies, ja den seraphischen Bonaventura hervorgebracht; welches so ausge- 
zeichnete Mystiker gereift, einen David von Augsburg, eine hl. Mechlüdis 
von Magdeburg, eine hl. Gertrud von Eisleben und deren Ordenschwester, 
die jüngere Mechtilde, es scheint üur Hervorbringung jenes Büchleins, »vel- 
ches die Aufgabe der Mystik, den Menschen von der Aussenwelt in das 
innere Heiliglhum des Geistes zu führen, ihn von den Tiefen der Selbster- 
kenntnis zu den Höhen der Golteserkenntnis emporzuheben, am besten löst, 
besonders geeignet zu sein,*) Nicht so wol lässt sich das Gesagte vom 15. 
Jahrhundert behaupten, und sieht sich ein Thoraist unserer Tage gezwungen, 
zu bekennen, dass das Buch der Nachfolge ziemlich unvermittelt auftrete.'*] 



') !. c. png. 319, wg er auch die Gründe für seine Behouptung erbringt, Er sagt; iCom- 
parfe ä utinte Thdr^, sainle CaÜierine tic Srcnne, la groud mystique de l'Italie, est cn realilif 
an peisonnnge tout politique: rcconcilier Ics vüIes, ncgocier entre les guelfes et les gibeUDü, 
juget les prelenlions des pnpea tivaux, dSfendre les inlerflt de Sienne, voili sa vie. De 
Tctrarijue k Manwjni et i Pellico, on pourrait retrouver en Ilalie une sfric nun 
interrompue d'Ames fines et distiogudes, inoddr^ment imbitieuses en pbilo- 
Sophie, mais fort dflicates en motale, k la t§te desquelles j'aime & placer 



t de rim 



*) Vgl. Renan. I. c. pag. 326: «Vur alli 
dem hohen Werte der Imitatio nicht aus de 
einer Periode slomml. Die Geschichte leigl u 
das 13. and aicht das 15. Jahrhundert ibi.- 

') Fesslcr, Geschichte der Kirche Chrisli, W 



wird man uns ziigebcD. dass ein Iltich von 
leit des Verfalles, sondern aus der BlUtelelt 
aber Vlar, dass die BlUlezeil des MiUelallers 




i 



i86 

Und in dieser Beziehung gibt es doch auch keine Sprünge, keine unvermit- 
telten Erscheinungen. 

Um mit dem, was vorerst sich bei der Leetüre des goldenen Buches 
geltend macht, zu beginnen, so treten verschiedene Wortformen und Wortbe- 
deutungen auf, welche für uns ungewöhnlich sind. Wir haben aus einigen 
derselben die Heimat der Imitatio erkannt und wir können selbe auch zu 
Rate ziehen, um die Zeit der Abfassung des unvergleichlichen Büchleins zu 
erkennen. Wir fragen doch wol einen gewiss sehr competenten und unver- 
dächtigen Zeugen nach der Zeit, der diese Wortformen und gerade diese Be- 
deutung derselben angehören, wenn wir Du Cange's Glossarium mediae et 
infimac latinitatis ^) zu Rate ziehen. Du Gange verweist diese Ausdrücke 
wie nach Italien so ins 13. Jahrhundert. 

Eine andere Warnehmung, welche ganz entschieden die Abfassung 
unseres Buches über das 15. Jahrhundert hinausrückt und zum wenigsten 
ins 13. zurückschiebt, ist die, dass zur Zeit, als das 4. Buch der Nach- 
folge Ghristi geschrieben wurde, die hl. Gommunion noch unter beiden Ge- 
stalten ausgetheilt wurde und dass damals das Frohnleichnamsfest noch 
nicht gefeiert ward. In dem vierten Kapitel des letzten Buches handelt 
unser Autor von den vielen Gnaden, welche denen, die andächtig com- 
municiren, verliehen werden. »Viel Gutes hast du gespendet und spendest 
du noch öfters in diesem Sakramente deinen Geliebten, welche andächtig 
communiciren ; ... so dass sie, die sich früher ängstlich und ohne Rühr- 
ung vor der Gommunion gefühlt hatten, hernach mit himmlischer Speise 
und Trank erquickt, zum Besseren sich umgewandelt fiihlen. ^« (Refecti 
cibo potuque caelesti). vist es mir auch nicht erlaubt, zu schöpfen von der 
P'ülle der Quelle, und bis zur Sättigung zu trinken, so werde ich doch mei- 
nen Mund ansetzen an die Oeffnung der himmlischen Röhre (apponam tarnen 
OS meum ad foramen caelestis fistulae). dass ich wenigstens daraus ein kleines 
Tröpflein bekomme, meinen Durst zu stillen, damit ich nicht gänzlich aus* 
trockne.^)« »Dank dir, o Schöpfer und Erlöser der Menschen, der du, um 
der ganzen Welt deine Liebe zu erklären, das grosse Abendmal bereitet hast, 
in welchem du nicht das vorbildliche Lamm, sondern dein allerheiligstes 
Fleisch und Blut zum Genüsse vorgesetzt hast, (non agnum typicum, sed tuum 
sanctissimum corpus et sanguinem proposuisti manducandum) erfreuend alle 
Heiligen durch das heilige Mahl und mit dem heilbringenden Kelche sie be- 
rauschend, (laetificans omnes fideles conuiuio sacro et calice inebrians salu- 



wird, dass Scholastik und Mystik im 14. und 15. Jahrhundert gar sehr ausarteten, »die un- 
vergleichliche Schrift von der Nachfolge Christi also ziemlich einsam stand.« 

*) ed. Henschel. Parisiis 1840 — 50. 7 fol. 

*) 1. c. n. 3. *) 1. c. n. 4. 



i87 

tari), in welchem alle Wonnen des Paradieses sind und wobei alle Engel 
mit uns Mahlzeit halten, jedoch in seligerer Süssigkeit. ')-: Wir glauben nun, 
dass in den angegebenen Citaten man die Behauptung gerechtfertigt finden 
müsse, der Verfasser der Imitatio spiele auf den noch gangbaren Kelchgenuss 
der T^ien an. Allerdings kann man sich etwa bezugs des ersten Citates 
darauf berufen, dass die Worte: ^»Refecti cibo potuque caelesti< aus dem Mess- 
buche entnommen sind und für einen Beweis in unserer Frage nicht wol 
herangezogen werden können, aber anders verhält es sich mit der zweiten 
Stelle. Da spricht der Verfasser ausdrücklich von einer Sumtion des Blutes 
per foramen caelestis fistulae, von einem Ansetzen des Mundes an die Oeff- 
nung der himmlischen Röhre. Gregory*) verweist nun mit Recht darauf, 
dass bis zum fünfzehnten Jahrhunderte dreierlei Arten, die Laien zu commu- 
niciren, gewesen seien. (Dass aber von der Laien-Communion die Rede ist, 
gibt die ganze Stelle unzweideutig.) Man reichte ihnen entweder die silber- 
ne oder goldene Röhre (fistula,^) oder auch den Kelch selbst, oder man 
tauchte den Leib des Herrn in das hl. Blut. Die Thomisten haben auch 
die Beweiskraft dieser Stelle gefühlt, und sie geben sich Mühe, selbe zu um- 
deuten. Ullmann behauptet, »unsere Anwendung und Auslegung gebe einen 
monströsen Sinn und vom Abendmahlsweine sei überall nicht die Rede. ^)c 
Dem widerspricht, dass doch das ganze Kapitel von dem Communiciren han- 
delt und dass es auch blasphemisch und monströs sein müsste, von einem 
calix »inebrians« zu reden; des heiligsten Sakramentes und seiner Wirkungen 
voll zu sein, ist kein »monströser Sinn,« und kann man einen solchen Ge- 
danken gerade dem frommen ascetischen Verfasser der Imitatio schon zu- 
trauen. Hätte aber ja, wie das die Thomisten wollen, der Verfasser von 
dem himmlischen Röhrchen im bildlichen Sinne gesprochen, was übrigens 
der Zusammenhang nicht zulässt, so wäre eine solche Sprachweise von Tho- 
mas sehr unbesonnen gewesen. Er hätte ja dadurch die Gläubigen an den 
alten Gebrauch nur wieder erinnert, dessen Beseitigung ohnehin so viel Wi- 
dersprüche und Streitigkeiten erzeugt hat. ^) Noch weniger geht es an , die 
letzte der angeführten Stellen, um sich der Consequenzen aus derselben zu 
entledigen, auf die Priester zu beziehen, *^) heisst es ja in derselben ausdrück- 



') 1. c. c. II. n. 5. 

•) Weigl, Denkschrift, S. 59, Note 61. Cf. Marlene. De antiquis ecclesiae ritibus 

toro. in. 

•) Siehe Du Gange l. c. ad verb: »Fislula, cuins opera sangiiis domini a communi- 
cantibus fidelibus hauriebatur, quod intclligcndum est de communione sub utra(juc specie.« 

*) Reformatoren, 2. Bd. S. 722. 

») Weigl. 1. c. vS. 60, 

•) Vgl. Ullmann 1. c. Seite 723, wo ausgeführt wird, dass der Verfasser der Imitatio 
an jenen Stellen , wo er zimi Abendmal auch das Blut Christi hinzunimmt und Christus zu- 



i88 

lieh, dass der Schöpfer und Erlöser das grosse Abendmal bereitet') und in 
demselben seinen allerheiligsten Leib und sein Blut zur Speise vorgesetzt 
habe, »alle Gläubigen durch dieses heilige Gastmal erfreuend und mit dem 
Kelche des Heiles sie berauschend.« Folgt aus diesen und anderen Stellen, 
dass die Nachfolge vor der Entziehung des Laienkelches abgefasst worden 
ist, so ergibt sich aus dem Umstände, dass der Autor das Frohnleichnams- 
fest ignorirt, dass er vor der Einführung desselben geschrieben habe, also 
vor 1264, wo es Urban IV. für die ganze Kirche anordnete. 

Ein zweiter Grund, der uns bewegt, die Abfassung der Nachfolge nicht in 
das 15. sondern in das 13. Jahrhundert zu verlegen, ist folgender. (Nebenher 
bemerkt spricht dieses Factum auch für Italien gegen Deutschland.) Die Nach- 
folge spricht im letzten Kapitel des ersten Buches von der eifrigen Besserung des 
Lebens, und verweist ihre Adressaten, die Mönche, an die sie gerichtet ist, auf 
die Beispiele der frommen Religiösen. »Wie machen es so viele andere Religi- 
ösen, die strenge genug unter klösterlicher Zucht eingeschränkt sind? Selten gehen 
sie aus, leben abgeschieden, essen höchst ärmlich, kleiden sich grob, arbeiten viel, 
reden wenig, wachen lange, stehen früh auf, verlängern ihr Gebet, lesen oft 
und bewahren sich in aller Zucht. Betrachte die Karthäuser, die Cisterci- 
enser und Mönche und Nonnen verschiedener Orden, wie sie jede Nacht 
aufstehen, dem Herrn Psalmen zu singen. Und desshalb wäre es schändlich, 
dass du in einem so herrlichen Werke träge sein solltest, wo eine so grosse 
Menge von Religiösen Gottes Lobgesang anstimmt.*)« Der Verfasser der 
Nachfolge verweist hier seine Mönche, um sie zum Eifer im Dienste Gottes 
anzuspornen, auf so viele andere Religiösen, (tam multi alii religiosi) deren 
gotthingegebenes, opferfreudiges und tugendreiches Leben er wirklich graphisch 
zeichnet. Besonders verweist er sie auf die Karthäuser und Cistercienser, 
sowie Mönche und Nonnen verschiedener Klostergemeinden. Das konnte ein 
Schreiber des 13. Jahrhundertes, besonders in Italien, nicht aber ein deutscher 
Verfasser aus dem 1 5 Jahrhundert. Der Beweis für diese unsere Behauptung 
ist geliefert, wenn wir gezeigt haben, dass das Klosterwesen in Deutschland 
im is.Säculum unserer Zeitrechnung keineswegs der gegebenen vortheilhaften 
Schilderung entspricht und keine so nachahmenswerten Typen aufzuweisen 
hatte, ja dass besonders der Cistercienser-Orden von seiner Blüte schon herab- 
gesunken war, dass aber der Monachat des 13. Jahrhunderts, in Italien zu- 



gleich als Trank bezeichnet, »vorzugsweise an Priester denkt, wie es z. B. sogleich in der 
von Gregory gebrauchten SteUe II. 11, 5 u. 6 der Fall ist«. Das gilt in diesem Citate nur 
von n. 6. Aber Gregory cilirt auch nur n. 5 und da nur steht die fragliche Stelle. 

*) Das besagt schon der Anfang unsers Kapitels: »Domine deus meus, praeucni 
seruum tuum in benedictionibus dulcedinis tuae, ut ad tuum magnificum sacramentum digne 
ac deuote merear accedere ! « 

*) L. I. c. 25. n. 8. 



189 

mal, ganz das ist, was die Nachfolge von ihm sagt. Der Zustand der Klöster 
Deutschlands im 15. Jahrhunderte war ein ganz desperater. »Nahezu alle 
Klöster, auch der übrigen Orden, waren damals (Ende des 14. Jahrhunderts) 
in Deutschland von der ursprünglichen Strenge abgewichen, denn do zu mal 
WZ wenig kan closter der bewerten Orden, da man die gaistlichait der obscr- 
vantz recht hielt, c ') Der Zeitgenosse des Thomas Hämerken, Johann 
vom Busch, sagt zum Beispiele in der Windesheimer Chronik, dass die 
Klosterdisciplin fast ganz ausgestorben war,*) dass die wesentlichen 
Ordensgelübde fast von allen Ordensgenossen offen und ungescheut über- 
treten wurden und dass für einen solchen, der das Heil seiner Seele 
erwirken wollte, in dem ganzen Gebiete auch kaum ein Ort geeignet und 
empfelenswert war,^) ja dass die derzeitigen Mönche über den Gräbern 
der heiligen Vorfahren die schändlichsten Frevel verübt haben, dass Schwel- 
gereien, Aufgeben der altheiligen Satzungen, Nachlass im heiligen Officium, 
Umkehr aller monastischen Einrichtungen, Abschüttelung jeden Jochs und 
Verwilderung so überhand genommen haben, dass der Ehrenname Claustralis 
zum Schimpworte geworden war. Dem fügen wir noch an, was Nicolaus 
de Clemangis, ebenfalls ein Zeitgenosse, den Trithemius sehr hoch stellte, 
und der ex professo über den Stnnd der Klöster jener Zeit sich verbreitete, 
sagt:*) Ihm sind die damaligen Klosterleute lebende Gegenbilder dessen, 
was sie eigentlich wirklich sein sollten, ein trauriger Beleg für die Wahrheit 
des Satzes: »Corruptio optimi pessima.'? Halten wir nun dieses gewiss ganz 
unverdächtige Zeugnis des Zeit- und Ordensgenossen des Thomas von Kempen 



') Heinrich Sense Deniflc, Zeitschrift für deutsch. Alterthum. Berlin 1876. XIX. B<1. 
Seite 488. 

*) 1. 1 . c. 24 : »Rcgularis obseruantia pracsertim in noslro ordinc , colonensis et 
moguntinensis prouinciae, iamdudum a1)o)ita fuerat et obliterata.» 

*) 1. c. c. 47 pag. 211; »In terra et eccur noslra descrta sterili et infructuosa lo- 
cus quondam non erat refugii, quo saluarentur animae , salutemque propriam posscnt operari 
nee in saeculo nee in religione, uiris et feminis , senibus cum iunioribus lalam usam et spa- 
tiosam ad pcrditionem ducentem communiter ingredientibus. Pauci quippe ordincs, Carlhu- 
siensibus et quibusdam Cisterciensibus exccptis regulae et constitutionum suaruin tunc temporis 
eiant obseruatores sed magis earum et trium totus ordinis substantialium in omni pene reli- 
gione aperti transgressores. Et si tunc quidem fuissent, qui propter animarum suarum salu- 
tem et regnum caelorum domino Deo creatori suo libenter deseruissent , locum ad hoc aptum 
per totam prouinciam uix inuenlssent.« 

*) De comipto ecclesiae statu, c. 21 : »De monachis autem et monastcriis patet ad 
loquendum materia nisi jam me tudum taederet in tot tantarumque abominationum enumera- 
tione demorari , ne tarnen sicco, ut ajunt, pede intacti abeant paululum aliquid dicere necessc 
est. Quid autem de ipsis commendabile dicere possumus , qui quanto magis inter caeteros 
ecclesiae filios ex votis suae religionis i>erfecti esse del>ebant , tanto magis abstracli cura 
saecularium , quibus abrenunliaverunt in sola caelestium contemplationc suspensi , et quanto 
magis contincntcs, magis ol^edientcs, minus vagabundi et c claastorum septis rarius cgrcdicnlcs 



Über den Zustand der Klöster zusammen mit jener Lage des Monachates, 
wie ihn die Nachfolge Christi voraussetzt, so werden wir erkennen müssen, 
dass dieselbe unmöglich im 15. Jahrhunderte von Thomas verfasst worden 
sein könne. Der Verfasser der Nachfolge Christi redet sich und seinen 
Klostergenossen zu, nachzuahmen die Beispiele »so vieler anderer Religiösen, 
die unter strenger klösterlicher Zucht leben« und er fahrt fort: »Betrachte 
— die Karthäuser, die Cistercienser und Mönche und Nonnen verschiedener 
Orden — wie sie jede Nacht aufstehen . . .« »Und deshalb wäre es schänd- 
lich, dass du in einem so heiligen Werke träge sein solltest, wo eine — 
so grosse Menge vom Religiösen — Gottes Lobgesang anstimmt, c Das passt 
auf die klösterlichen Zustände Deutschlands im 15. Jahrhundert schon ganz 
und gar nicht. Es kommt dabei folgendes besonders in Erwägung. Erstlich 
der Verfasser der Imitatio Christi zieht sein und seiner Klaustralen Leben 
in Vergleich mit dem der Väter und Vorfahren. Dieser Vergleich fällt sehr 
zu Ungunsten der Gegenwart aus: *) »O wie gross ist der Eifer aller Reli- 
giösen zu Anfang ihrer heiligen Stiftung gewesen! O welche Andacht im 
Gebete, welcher Wetteifer in der Tugend . . . hat in allen geblüht. . . 
Jetzt wird schon für gross gehalten, wenn er, was er auf sich genommen, mit 
Geduld ertragen kann. O Lauigkeit und Nachlässigkeit unseres Standes, dass 
wir so schnell abweichen vom früheren Eifer und schon das Leben uns ver- 
driesst vor Müdigkeit und Lauigkeit. c Das kann Thomas nicht seinen eben 
entstandenen und im ersten Eifer stehenden Klostergenossen zugerufen und 
zugemutet haben. Diese Sprachweise setzt ein älteres schon lang bestehen- 
des Kloster voraus, nicht ein eben erst gegründetes, das sich noch dazu auf 
seine Heiligkeit den älteren Klöstern gegenüber viel zu Gute that. Für*s 
zweite lässt der Thomas gleichzeitige Busch alle Religiösen seiner Zeit, 
männlich und weiblich, alt und jung, offen ein ärgerliches, widerklösterliches 
Leben führen*) und nur Karthäuser oder »einige Cistercienser« finden 



in publicum , tanto ab bis omnibus rebus licet eos videre magis alienos , magis videlicct 
tenaces , magis anxios , magis saeculari rei versis retrorsum animis immixtos , magis per loca 
publica et inhonesta si modo frena laxentur , discursantes ; ita ut nibil aliis aeque odiosum 
sit, quam cella et claustrum, lectio et oratio, regula et religio? Quocirca monachi quidem sunt 
exteriori habitu, sed vita, sed operibus, sed intemae consientiae spurcitia a perfectione, quam 
habitus ille demonstrat, longissime disjuncti.« 

*) 1. I» c. 18. n. 5. 6.: »O tepor et negligentia Status nostri, quod tam cito declina- 
mus a pristino feruore et iam taedet uiuere prae lassitudine et tepore ! « Beiläufig bemerkt 
nehmen sich diese Worte auch sonderbar aus in dem Munde des Thomas in dem dritten 
Jahre seines Priesterthums, oder wol gar von ihm geschrieben, da er noch Novize war, wie 
manche Thomisten wollen.« 

*) 1. c. lib. II. c. 3. pag. 268: »Praelalis ac deinde monachis et regularibus canonicis 
ad vitia proprietatis , incontinentiae , et inobendientiae pariter prolapsis, sie omnis devotio, 
caenobitarum religio, claustralis disciplina , amor Dei , timor gehennae , et cuncta virtutum 



Gnade. Ganz anders zeigt sich der Stand der Dinge nach der Imitatio 
Christi, er lobt die Karthäuser und Cistercienser und verweist auf eine »so 
grosse Menge« braver Religiösen. Es wäre ganz unbegreiflich, wie ein Auctor 
aus dem Anfange des 15. Jahrhundertes auf die Karthäuser und Cistercienser 
mit so grossem Nachdrucke hinweisen könnte, wie es durch das »Attende'< 
so recht demonstrativ geschieht.^) Zur Zeit, wo die Thomisten die Imitatio 
abgefasst werden lassen, war der Orden des hl. Bernhard etwa 340 Jahre 
alt und der Karthäuserorden zälte noch seine zwei Decennien mehr. Wir 
sind auch nicht berechtigt, diese beiden Orden zu selber Zeit als taubes Salz 
wegzuwerfen, aber Orlandus und Petreius selbst gestehen, dass sie schon von 
ihrem alten Glänze viel verloren haben. *) 

So sehr die Klosterzustände der Imitatio dem 15. Jahrhundert wider- 
sprechen, so congruent sind sie dem 13. Kein Zeitalter war für die monastischen 
Institutionen glücklicher und günstiger als das 13. Jahrhundert. Der Benedic- 
tinerorden stand in voller Kraft, wir finden da die Cistercienser in ihrer 
vollsten Blüte, die Karthäuser desgleichen, überhaupt ein reichstes nnd schönstes 
Ordensleben besonders in Italien. Der Verfasser der Imitatio ruft da seinen Mön- 
chen zu: Ahmt nach eure Brüder, die Cistercienser und Karthäuser, die ebenfalls 
unter der »Regel des Meisters« dienen, und noch viele andere Mönche. Wer 
konnte mit besserem Rechte so sprechen als ein italienischer Schriftsteller des 13. 



exercitia in hujusmodi dissolutis Monnstenis, sexus ittriusque simul intcrierunt , et a conspectu 
viventium prorsus evnnuerunt. Loca enim illa, in quibus patres corum, uiri religiosi , in veris 
virtutibus, et virtutum operibus, a se ipsis et suis majorihus perfecli excrcitati, contra carncm, 
mundum et diabolum, viriliter deccrtantes, per strictissimam regulac suae et constitutionum 
observantiam triumphum victoriae cum gloria rcportantes centuplum in praesenti , et vitam 
netemam jam in coelo recipere merucrunt, uiri isti solo nomine religiosi, regulac suae trans- 
gressores maximis secleribus violare non formidant. Pudet dicere mala pcssima in dictis 
monasteriis dissolutis actualitcr subsecuta; loca enim illa, in quibus corpora et exuviae sanc- 
tonim patrum suorum praecedentium cum omni revercntia sunt recondita, facta sunt in prostibula 
scortantium cum mcretricibus, et diversarum conditionum mulieribus, terrestriumque dacmonum 
latibula, in quibus non solum lascivia regnat inaudita, sed etiam ingluvies, ehrictas, proprietas, 
et caetera infinita mala.« Lopez de Agala spricht aber gar von einer »Chimera diabolica la 
claustra.c Chron. 1. 2. c. 2. ad an. 1400. 

*) Auch in der hl. Schrift wird dieses Wort zur Hervorhebung von ganz besonders 
Bemerkenswertem gebraucht. Vgl. Sap. 14. 30; i. Timoth. 4, i ; i. Petri 2, 22 ; 2. Petri i, 19. 

■) Beweis dafür das obige Citat des Johann vom Busch und Benedict XII. Bulle an 
die Cistercienser a. d. J. 1335, in welcher der Papst von denselben u. a. sagt: »Qui suae 
statutis obliti contra regulärem institutionem pecunia congregata, iura posscssioncs rcdditus 
emerunt, seu emi fecerunt et emunt ; aliquando proprio et saepe nomino alieno nuiltus superbis 
figmentis adhibitis.c Noch weniger würde wol zum Lobe, welches die Imitatio für die 
Cistercienser hat, der Tadel Eugen IV. gegen denselben Orden passen. C. f. Nomast. 
Cist. p. 664. 



192 

Jahrhunderts? Damals blühten ja gerade eine Unmenge von Mönchen, so nannte 
man die Bencdictiner damals; der Name Benedictincr kommt erst im 13. Jahr- 
hundert vor. Wir heben hervor die Camaldulenser, gestiftet um 1000, Valluni- 
brosaner 10 12, Cauenser, 1050, die von Monte Virginis 1 121, Florenser in Cala- 
brien 1 196, Humiliaten 1196, Silvestriner 1231 — lauter Benedictinermönche! 
Vielleicht rührt und erhebt aber mehr der Hinblick aut die Ordensschwestern. Es 
waren ja mehrere der angeführten Congregationen für beide Geschlechter : 
Der Camaldulenser-, Vallumbrosaner-, Cistercienser-Orden. Nun konnte der 
Verfasser der Nachfolge im 13. Jahrhundert mit seinem: mattende monialesc 
nicht hinweisen wollen auf heilige Ordensschwestern: Hildegard f 11 60, 
Bertha um 1163, Beat. Juliana 1193, Hildegardis 11 88, Mechtild 1207, 
Hildeburgis 12 15. Das Angeführte dürfte einen Verfasser des 13. Jahrhun- 
derts und Benedictincr zugleich beweisen, indem sich die Imitatio eben nur 
auf reformirte Benedictiner beruft, regulirte Kanoniker aber nirgends und 
nicht mit einem Worte erwähnt. *) 

Es ist ein scheinbar ganz unbedeutendes Wort , welches uns auch 
einen Fingerzeig für die Abfassungszeit unseres Büchleins gibt. Im 50. Ka- 
pitel des dritten Buches n. 8 sagt der Auetor: lAit humilis Franciscus«. 
Aus dem Praesens »ait« schliessen wir, dass die Imitatio von einem Zeit- 
genossen des hl. Franziscus, also im 13. Jahrhundert, geschrieben ist. Wir 
müssen nämlich bezugs der Allegation zwischen Historiker und Redner un- 
terscheiden. So sagte zum Beispiele der heil. Paulus : ßeatius est magis 
dare . . dixit Christus, weil Christus nicht mehr auf Erden lebte und weil 
— sein Spruch sich nirgends aufgeschrieben fand. Der Verfasser der Imi- 
tatio redet hier als Exhortator, und wäre es Thomas, so hätte er, wie das 
beispielsweise Bonauen tura thut in seinen Apophthegmata, sagen müssen: 
»solitus erat dicere«. Und woher wusste wol Thomas dieses geflügelte 
Wort des hl. Franziscus? Dass in mehreren Ausgaben nebst »humilisc noch 
»sanctus« oder bloss dieses steht, verstösst, wenn anders die letztere Leseart 
hinlänglich bezeugt ist, schon gar nicht gegen unsere Behauptung, weil 
manche schon zu Lebzeiten »heilig« genannt wurden, Franziscus aber, nach- 



*) Das Gewicht dieses Beweis hat der ebenso eifrige als rücksichtslose Kempist Fronte, 
regulirtcr Kanoniker zu St. Gcnofeva in Paris, recht wol gefühlt und das auch ausgesprochen. 
Rcfut. contra I^iunoy. pag. 46: »Vidi id (argumentum) multis fecisse difficultatem et impe- 
dimento fuisse, quominus Thomac Kcmpensi fauerent.« Auch Euseb. Amort goss über dieses 
Argument den ganzen Sarcasmus seiner hierin reichen Feder aus : »Hascine laruas Gersenistac, 
schreibt er Deduct. crit. pag. 45. § 76, serio ostentant, et scioli sine risu admirabundi adorant.c 
Die vorgebrachten Einw.ändc Amort's hat der Emcraner Abt Johann Kraus in seinen »Docu- 
menta historica ex chronico windcsheimcnsi.« Ratisbonae 1762. pag. 7. ponro gehörig 
richtigstellt. 



19 



^ 



dem er am 4. Oct. 1227 gestorben war, schon 1228 von Gregor IX. in 
Assisi selbst canonisirt worden ist. *) 

Es ist als ein ganz eigenthümlicher Vorzug des Buches von der Nach- 
folge Christi hervorzuheben, dass es sich von den verschiedenen theologischen 
und philosophischen Zeitfragen ziemlich abseits hält und mehr das ächte, 
tiefgehende christliche Leben betont. Aber es ist nicht ganz leer von derlei 
Reflexionen, und wir wollen versuchen, ob wir nicht auch hierin bestärkendes 
und bestätigendes Material für unsere Frage finden. Wir glauben wol. 
Unser Auetor gibt zu wiederholten Malen seinen Unmut über die Grübeleien 
im philosophischen und theologischen Gebiete zu verstehen. »Was fruchtet, 
so spricht er, grosses klügelndes Gerede von verborgenen und dunklen 
Dingen, um derentwillen wir am Tage des Gerichts nicht zur Strafe gezogen 
werden, weil wir sie nicht gewusst haben. Und was kümmern uns Gattungen 
und Arten?«*) Weiter heisst es im selben KapiteP) : »Nicht tadelhaft ist 
zwar die Wissenschaft oder jede einfache Kenntnis irgend einer Sache , die 
an sich betrachtet gut und von Goit geordnet ist; doch ist ein gutes Ge- 
wissen und ein tugendhaftes Leben immer vorzuziehen. Weil aber Viele 
sich mehr bestreben zu wissen als fromm zu leben , so irren sie oft und 
tragen beinahe keine oder nur geringe Frucht. O wenn sie so grossen Fleiss 
anwendeten, Fehler auszurotten und Tugenden einzupflanzen, als gelehrte 
Fragen aufzuwerfai, dann würde nicht so viel Unheil und Aergernis im 
Volke geschehen, noch auch so grosser Verfall in den Klöstern sein.« Diese 
Hinweisung auf die Zeitphilosophie ist auch mit ein Beweis gegen das 
15. Jahrhundert für das dreizehnte. Während in jenem Jahrhunderte die 
Musen trauerten, blühten in diesem die Künste und Wissenschaften. Ein 
reichstes wissenschaftliches Leben und Streben herrschte besonders auch in 
Vercelli, wohin ja die Generalstudien eben von Padua übertragen worden 
waren. Ja, dieser unser Beweis wird verstärkt durch die Thatsache, auf 
welche wir schon anderswo hingewiesen haben, dass die ältesten deutschen 
Uebersetzer die spezielle i)hilosophische Frage, welche erwähnt wird über 



') Vgl. Card. Enriquez , welcher in der Präfation zum i. Bande seiner Uebersetzung 
der Imitatio Christ pag. XXVI gegen dieses Argument der Gersenisten bemerkt: *Non h a 
proposito , anzi pregiudica alla causa di Gerscn queso passlo, da cui falsamente si deduce, 
che vivente il scrafico padre componesse questo libro. Laddove il titolo di «santo«, che gli 
si da chiaramente, il dimostragia morto.'i Valsecchi und Cancellieri beweisen aber dagegen, 
dass manche noch lebend »heilig« genannt worden sind. »S. Bonaventura« , bemerkt der 
letztere, Nitizie storiche pag. 311, »fu chiamato sanlo da S. Tommaso d'Aquino, mentrc era 
ancor viuo. f. Benedict XIV. Ue modcratione cultus erga non beatificatos nee a sede 
apostolica canonicatos. 62. 

«) B. I. K. 3. n. I. 2. 

•) n. 4. 5- 

«3 



194 

die genera und species, ganz und gar unverständlich übersetzt haben. ') 
Wäre Thomas wirklich der Auetor des lateinischen Originals, so hätten be- 
sonders die niederdeutschen Uebersetzer, welche zeitlich und örtlich dem 
Thomas so nahe standen, die Stelle genau und gut wiedergegeben. Aber 
einem Uebersetzer des 15. Jahrhunderts war eben der Streit, welcher aller- 
dings das 13. Säculum stark beschäftigte, zu sehr in die Ferne gerückt. 

Renan führt aus der Betrachtung der Zeitphilosophie und aus dem 
Verhalte der Imitatio zu derselben noch einen anderen recht einleuchtenden 
Beweis für das 13. Jahrhundert als die Entstehungszeit unseres Büchleins. 

Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts, sagt er, wurde die Disciplin der 
scholastischen Schule so absolut, dass sich niemand derselben entziehen 
konnte; keine Stimme hat sich gegen sie erhoben. Selbst die deutschen 
Mystiker: Eckhard, Tauler und Heinrich Suso, welche die Nichtigkeit einer 
solchen Wissenschaft einsahen, haben sich nicht vollständig ihrem Einflüsse 
entziehen können. Da gewiss jedermann zugeben wird, dass der Verfasser 
der Nachfolge von dem Einflüsse dieser Schule unberührt geblieben ist, so 
muss also das Buch von der Nachfolge Christi schon vor dem Ende des 
13. Jahrhunderts verfasst worden sein. Und während seit jeper Zeit die 
Schriften, die nur irgendwie mit Philosophie sich befassten, von Citaten aus 
Aristoteles und seinem Commentar, dem Araber Averroes (Jbn Roschd) 
wimmeln, findet sich davon in der Imitatio nicht die geringste Spur. Dem 
Verfasser gelten nur die Bibel, die Väter und die Heiligen *). 

Wäre Thomas von Kempen oder Gerson der Verfasser des Buches, 
bemerkt eben derselbe Renan so geistreich als wahr, so müsste doch in 
demselben irgendwie von den grossen Gedanken, welche damals den grössten 
Theil von Europa in Aufregung erhielten, Erwähnung gethan werden. Die 
Ideen der Reform der Kirche an Haupt und Gliedern, das allzufreie Leben 
der Geistlichkeit, der Aufenthalt der Päpste in Avignon , die Klagen über 
Simonie und Nepotismus sollten in einem Werke, wie die Nachfolge es ist, 
ohne alle Berücksichtigung geblieben sein, da doch sonst Anspielungen auf 
Zeitverhältnisse nicht gerade selten sind? Wie verhält sich jedoch All' 
dem gegenüber der Verfasser. Ihm scheinen diese Ideen noch unbekannt; 



^) »Et quid curae nobis de ^neribus et speciebus* i, 3. 2 übersetzt der Cod.Scot: 
»Wat is ons belanx an dea dingen van buten?« der Cod. der Maatschappij in Leiden : »End 
wat sorghe is ons vanden geslachtc ende van der gedaente?« Cod. 1155 von WolfenbUttel 
fol. 171b: »Und wat bekümmere wy vns uan groten geschlechten vnde van groten wesende 
vund groten werken?« Vgl. Seile XXXIV der navolginge Cristi. Wien 1879. 

') Vgl. Renan, pag. 327. Er schliesst seine diesbezügliche Abhandlung mit den 
Worten : »J'ose aflfirmer qu'un tel li\Te n'eüt pu etre ecrit apr^s saint Thomas et avec Ics habitudes 
de p^dantisme que l'enseignement dominant faisait contracter, au XIII« et au XIV« si^le , k 
tous les esprits.c 



»95 




er klagt nicht Über das Papstthum; was die Geistlichkeit anbelangt, so kann 
er ganze Orden seinen Mitbrudern als nachahmenswerte Vorbilder hinstellen; 
keine Klage liber Simonie oder Nei>otismus stört die heilere Ruhe und Zu- 
friedenheit, die so sichtlich über der ganren Person des Verfassers liegt. 
Er ist vollkommen unbesorgt um das Leos und die Zukunft der Kirche. ') 
Mit Ende des ir. Jahrhundertes zieht ein geheimnisvoller Zug die 
europäische Menschheit hin nach jenen Orten, die der göttliche Erlöser, 
Maria und die Apostel durch ihre Schritte geheiligt. Es kann nicht anders 
sein, als dass dieser gewaltige Strom, welcher nach dem tiefgesunkenen Ori- 
ente sich hinwälzie , auch manche unlautere Elemente mit sich führte und 
dass er nicht immer aus reinen Quellen sich nährte, sowie hinwiederum nach 
dem Zeugnisse der Geschichte die Genüsse des Ostens manchem keuschen 
Sinne das Grab gruben. Diese ganüe Bewegung, welche zwei Jahrhunderte 
dauerte, durchzuckte noch um die Mitte des 15. Säculu.m die Menschheit, 
wenn auch durch die vielen traurigen Erfahrungen der Sinn nüchterner und 
die Begeisterung hiezu Seitens der Guten geringer geworden war. Was be- 
sonders für Mönche, die ja auch vielfach in Kreuzheeren mitthalen, die Los- 
geschaltheit von der Disciplin zu bedeuten gehabt haben wird, lässt sich 
denken. Wir finden nun in unserem Büchlein ein paar Sentenzen, welche 
für die eben kurz geschilderte Zeit, in weichet die früher Alles mit sich fort- 
reissenden Wogen sich schon legten, gar gut passen. Im vorletzten Kapitel 
des ersten Buches '1 finden wir das seither sprichwördich gewordene: Qui 
multum [)eregrinantur raro sanctificantur, und ebenso bezeichnend sagt unser 
Aiiclor I. Kapitel des 4. Buches"); »Oft ist an derlei Besuchen der Vor- 
witz der Menschen und die Neuheit nie gesehener Dmge Schuld und gering 
ist die Frucht der Besserung, die zurückgebracht wird, besonders wo ein so 
leichtsinniges Umherlaufen ohne wahre Reue statt findet.j Eine Frucht der 
Kreuzzüge war es auch, dass der Reliquiencult, welcher vom Anfange an in 
der Kirche geübt wurde, mehr in Aufschwang kam. Aus Jerusalem und ganz 
Palästina, aus Antiochia und Konstantinopei wurden ja zalreiche Keliquien 
als die kostbarste Beute in verschiedene Gegenden des Abendtandes gebracht. 
Unser Verfasser sieht über der Verehrung der Reliquien Christus im aller- 
heiligsten Sacramente vernachlässige: >Es laufen viele, so schreibt er an der 
letztgenannten Stelle, an verschiedene Orte, die Reliquien der Heiligen zu 
besuchen und sie erstaunen bei der Anhörung ihrer Thaten. Sie beschauen 
die prächtigen Tempelgebiude und küssen die in Seide und Gold gefassten 
heiligen Gebeine. Und siehe — du bist hier gegenwärtig bei mir auf dem 
Altare, mein Göttin 



') Vgl, Renan, pag. 316 und 327. 
») n. 4, ') n 8. 



T96 

Mag sein, dass die Verehrung der Reliquien in besonderer Weise ge- 
fördert worden wäre durch die neuentstandenen Franziskaner und Domini- 
kaner. Dann würde auch das eben behandelte Argument mit denselben zu 
verknüpfen sein, sowie die nunmehr folgenden Beweisgründe mit diesen Or- 
den in Verbindung stehen. Seit der Mitte des eilften Jahrhundertes suchten 
die zalreichen Orden, welche neu entstanden, und die Zweige der alten Orden 
einer den andern an Strenge zu übertreflfen. Um nur die beiden Mendican- 
ten-Orden hervorzuheben, so thaten sich die Franziskaner viel darauf zu gute, 
dass der seraphische Stifter die absolute Entäusserung jeden Besitzes zu einem 
wirklichen Schatze im Christenthum gemacht habe, während hingegen der 
hl. Dominicus noch für seine Stiftung zu Prouille Schenkungen annahm. 
Franziskaner und Dominikaner stritten gleich in ihrer ersten Zeit über die 
grössere Vollkommenheit ihres Ordens, beide nahmen die grössere Heiligkeit 
für ihren Ordensslifter in Anspruch. Wie gegen einander diese eifersüchtige 
Beobachtung war, und Christähnlichkeit, so herrschte sie auch besonders im 
Inneren des Franziskanerordens, daher die beispiellos vielen Schattirungen 
und die unerquicklichen Spaltungen. ') Mit sichtlicher Rücksicht darauf tadelt 
unser Auetor die Misshelligkeiten unter 2 frommen und Religiösen« und gibt 
die Mittel an, selbe hintanzuhalten, sowie er auch die Disputation über den 
Grad des Heiligseins streng und mit grossem Nachdruck verbietet. Rück- 
sichtlich des Ersteren heist es:*) »Zu dir selbst wende die Augen und hüte 
dich, anderer Thaten zu beurtheilen. In der Beurtheilung anderer arbeitet der 
Mensch fruchtlos, irrt öfter und sündigt leicht. . . . Viele suchen heimlich 
sich selbst in Dingen, die sie wirken, und wissen es nicht. Sie scheinen 
auch im festen Frieden zu bestehen, wenn die Sachen nach ihrem Willen 
und Sinne gehen. Wenn es aber anders geschieht, als sie wünschen, dann 
werden sie gleich aufgeregt und traurig. Wegen der Verschiedenheit der 
Ansichten und Meinungen entstehen sehr häufig Missverständnisse unter 
Freunden und Büri^ern, unter Religiösen und Frommen.« Deutlicher konnte 
unser Schriftsteller nicht auch die dazumal in Vercelli gepflogenen Fehden 



^) Schon Dante, der doch im 11. und 12. Gesänge des Paradieses den hl. Bonaventura 
das Lob des hl. Dominikus, und den hl. Thomas das Lob des hl. Franziskus so schön ver- 
ktlnden lässt, tadelt die beiden Orden deswegen. Siehe Parad. XL 124 ff. ; XII ff. ; sowie er 
auch die Gleichheit der beiden Ordensstifter nicht umsonst so zu betonen scheint, ^ar. XL 37— 40 : 

Der Eine war seraphisch ganz von Gluten, 
Durch Weisheit war der Andere auf Erden 
Ein Schimmer von dem Licht der Cherubinen. 

Ebenso Par. XI I. 34, 37. 
Wo Einer ist, darf nicht der Andre fehlen, 
So dass, weil sie gedient bei einem Herrn, 
Also der Ruhm auch leuchte Beider Seelen. 
*) B. I. K. 14, I. 2. 



.197 

in politischer Beziehung, deren Berücksichtigung, nebenher bemerkt, auch ein 
nicht zu unterschätzendes Argument für das 13. Jahrhundert als Abfassungs- 
zeit unseres Buches bildet, sowie auf die Streitigkeiten in religiöser Beziehung 
anspielen, wollte er seinem Buche die Universalität und Allgemeinheit wah- 
ren. Nur mit Bezugnahme auf den angeführten Streit zwischen den Mendi- 
canten, wie er im 13. Jahrhundert geführt worden ist, lassen sich in der 
Imitatio Christi Stellen begreifen und in ihrer ganzen Fülle auffassen, wie 
die folgenden: »Grüble und disputire auch nicht über die Verdienste der 
Heiligen; wer heiliger als der andere, oder wer grösser sei im Himmelreiche. 
Denn solches erzeugt oft Streite und unnütze Zänkereien, nähren auch den 
Stolz und die eitle Ehrgier, woraus Neid und Uneinigkeit entspringt, indem 
dieser jenen Heiligen und der andere einen anderen hoffärtig voranzusetzen 
sucht. Solches aber wissen und erforschen wollen, bringt keine Frucht, son- 
dern missfällt vielmehr den Heiligen. . . Schweigen sollen also fleischliche und 
thierische Menschen von Erörterungen über den Stand der Heiligen, sie die 
nichts als ihre Privatfreuden zu lieben wissen. Sie nehmen und thun hiezu, 
je nach ihrer Meinung, nicht wie es der ewigen Wahrheit wolgefällt.« ') Stel- 
len, die mit unserem Gegenstande zusammenhängen, sind auch die folgenden: 
»Einige*) tragen ihre Andacht bloss in Büchern, einige in Bildern, einige aber 
in den äusserlichen Zeichen und Gestalten.« »Einige') werden aus frommen 
Eifer mehr zu diesen oder jenen (Heiligen) gezogen, aber mehr mit tnensch- 
lichem als göttlichem (Eifer).« Wir glauben hier eine Anspielung auf Aus- 
wüchse der sogenannten Tertiarier finden zu sollen, wie Gregory das längst 
bemerkt hat mit den Worten:*) »Der Verfasser zielt hier auf die Sitten 
una Gebräuche jener Zeit, wo sich Männer und Frauen in das Verzeichnis 
des dritten Ordens fleissig einschreiben Hessen, wie dies später mit anderen 
Bruderschaften und Vereinen der Fall war.« 

Zu Anfang des dreizehnten Jahrhundertes wurde der italienische Abt 
Joachim da Celico Veranlassung zur Entstehung der Secte der Joachiten, 
welche die Lehre vom »ewigen Evangelium« aufstellten, nach welchem drei 
Zeitalter zu unterscheiden wären, je eines für jede der drei göttlichen Perso- 
nen, so dass dem Zeitalter des Vaters im alten Testamente und der Periode 
des Sohnes im neuen Bunde nunmehr seit Abt Joachim folge die Periode 
des hl. Geistes, mit welcher Christi Herrschaft, die von ihm eingesetzten 
Sakramente und überhaupt das äussere Kirchthum sein Ende erreicht hätte.*) 
Ueber dieses »ewige Evangelium« war im Verlaufe des 13. Jahrhundertes 



») B. 3. K. 58, 2. 5. «) B. 3 K. 4, 4. «) B. 3. K. 58, 3. 

*)'Bci Weigl. 1. c. S. 54. Anm. 54. 

*) ^gl' Weigl. 1. c. S. 55 f. wo er den Abt Gerscn seine Summe gegen diese Irr- 
thttmer seiner Zeit in folgenden Stellen erheben lässt : Im ersten Buche K. i, i; 8, i. 
Buch 3i K. 3, i; 4, 3; 14, 4; 31, 3; 43, 3; 50, 8; 56, 2. Buch 4, K. 11, 4. 



198 

grosses Rumoren in Italien, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn der 
Zeitgenosse Gersen auf diese sehr stark ventilirte Lehre der Apokalyptiker 
sich einlässt. Gregory hat solcher Stellen die Menge aufgezeigt, in welchen 
»eine indirecte Widerlegung der Grundsätze des ewigen Evangelium c ent- 
halten ist, und wer diese Citate sorgsam prüft, wird Gregory recht geben. 
Prüfen wir die angegebenen Gründe, so werden wir in denselben eine 
Bestätigung dessen finden, was die alten Handschriften und Citirungen unserer 
Schrift bei Auetoren des 13. Jahrhundertes weisen, dass nämlich die Nach- 
folge Christi im 13. Jahrhunderte verfasst sei. Viele Stellen bleiben uner- 
klärhch, wenn das Buch > De imilatione Christi c im 15. Jahrhunderte verfasst 
worden wäre und waren auch in solange nicht voll erfasst, als man Thomas 
von Kempis als Auetor des Buches bezeichnete. Sie werden erst dadurch 
recht klar und verständlich, dass wir sie an's Licht des dreizehnten Jahrhun- 
dertes stellen und selbe in demselben betrachten. 

Der Verfasser der Imitatio war ein Benedictinermönch. 

|enn Herder mit Recht sagt '), dass ein Auetor mit seinem Buche die 
Gedanken, die er fand und sich eigen machte, ja in denen er Jahre 
lang wie im Eigenthum seines Geistes und Herzens lebte, also gewisser- 
massen einen Theil seiner Seele dem Publikum Preis gibt, und offenbart, 
womit sich sein Geist in gewissen Zeiträumen und Angelegenheiten beschäf- 
tigte, so werden wir uns nicht wundern dürfen, wenn wir aus dem Inhalte 
des goldenen unvergleichlichen Buches, welches so treu und einfach schlicht un- 
verkennbar die Sprache des Herzens redet, einen Schluss auf die Lebens- 
verhältnisse und den Charakter seines Verfassers machen können. Mehr 
als sonst irgendwo bewahrheitet sich an der Imitatio der Satz, dass das Werk den 
Verfasser abspiegle. Der Auetor unseres Buches legt uns in seinem Werke 
gleichsam seine ganze Seele, sein ganzes Leben offen dar. Wir werden, 
soferne wir aufmerksamen Geistes die ganze Schrift prüfen, nicht verkennen 
können, dass ihr Verfasser ein Mönch im ganz ausschliesslichen Sinne, ein 
Benedictiner, gewesen sei*). Wir erhärten das aus einzelnen ausdrücklichen 
Stellen und aus dem Verhältnisse der Nachfolge zur Regel 'des heiligen 
Benedict. 

Es ist in der Nachfolge eine bedeutende Zal von Stellen zu finden, 
welche mehr oder minder deutlich bezeugen, dass dieses Buch von einem Mönche 




*) Ideen zur Geschichte der Menschheit. Erster Theil. Vorrede. Stuttgart 1844. S. 716. 

*) Cf. Renan 1. c. pag. 328. »La vie religieuse teile qu'elle apparatt dans le livre 
de rimitation nous reporte ^galement k la premi^re moiti^ du Xllle si^cle. Cette vie s'y montre 
cncorc avcc la physionomie ben^dicline. « 



^99 

fiir Mönche geschrieben sei.*) Eine für viele: Im 58. Kapitel des dritten 
Buches*) fordert der Herrr im liebenden Zwiegespräch den Schüler neuerlich 
zur Nachfolge auf, der Schüler verspricht der Aufforderung des Herrn Folge 
zu leisten und fordert seine Brüder auf, das Gleiche zu thun. »Suscepi, so 
spricht der gottergebene Schüler, suscepi de manu tua crucem, portabo eam 
usque ad mortem, sicut imposuisti mihi.« Und nun erklärt zu allem Ueber- 
flusse unser Auetor, was er denn unter dem Kreuze verstehe: »Vere uita 
boni monachi crux est sed dux paradisi«. Der Monachat ist also unter dem 
Kreuze verstanden, aber er führt zum Paradiese. »Inceptum est, so mahnt 
unser Mönch seine Mönchsgenossen, retro abire non licet, nee relinquere 
oportet.« Schliesslich fügt er noch die Mahnung hinzu, doch ja sich nicht 
schrecken zu lassen und so etwa gar dem Ruhme den Schandflecken an- 
geheftet zu haben, dass man vom Kreuze gewichen ist. Indem hier der 
Verfasser von sich selbst sagt: > Suscepi de manu tua crucem« und bald 
darauf für die »crux« »uita boni monachi« substituirt, bezeichnet er sich 
deutlich als Mönch, so gut als in den auffordernden Worten, ja nicht zurück- 
zukehren und nicht etwa vom Kreuze zu fliehen, die Angesprochenen als 
Mönche bezeichnet werden. Ebenso klar, wie hier, äussert sich unser Ver- 
fasser wiederholt. So unterrichtet er die Seinen über den göttlichen Beruf 
und die herrlichen Früchte eines ächten klösterlichen Lebens. Dankerfüllten 
Herzens gedenkt er da der eigenen gnadenreichen Berufung zum monasti- 
schen Leben und ruft aus'): »O Du Quell' ewiger Liebe, .... Ueber alle 
Hoffnung hast Du an Deinem Knechte Barmherzigkeit gethan und über alles 
Verdienst hast Du mir Gnade und Freundschaft erwiesen. Was werde ich 
Dir für diese Gnade erwidern? Denn nicht Allen ist es gegeben, dass sie 
Alles verlassen, der Welt entsagen und ein klösterliches Leben (uitam mo- 
nasticam) auf sich nehmen.« Im letzten Kapitel des ersten Buches endlich 
ermuntert er seine Schüler und geistlichen Söhne zum rechten Mönchsleben 



*) >Piu luoghi danno a connoscere , che il libro h stato scritto per monaci da ud 
monaco . . . c non g\k, comme farebbe un semplice ecclesiastico o un canonico regolare.« 
Cancellieri, Notizie stoHche e bibliographiche di Giovanni Gersen. Rom 1809. pag. 308. 
Weigl, Denkschrift 4 ff. beweist unsere These u. a. aus folgenden Stellen. B. i. K. 9, 3; 
18, 5; 19, 4; 20i 3; 24, 3; 25, 8. B. 2. K. I, 3; 6, 2; 12, 3. B. 3. K. 5, 7; 

10, 2; 12, 2; 19, 3; 23, 3; 26, 4; 32, 2; 39, 3; 46, 2; 49, 5; 53. »; 54. 3; 56,4. 

B. 4. 8, I. 

') Kardinal Enriguez erklärt in den einleitenden Notizen zu seiner lateinisch-italienischen 
Ausgabe der Imitatio, Romae 1784, 3 vol., dass er schon durch dieses einzige Kapitel zu der 
Ueberzeugung gebracht worden sei , der Verfasser der Imitatio könne nur ein Benedictiner- 
mönch gewesen sein, wofür er noch andere Stellen die Menge anführt. Cf. Gregory, histoire, 

I-, 47—49. 

•) 1. 3. c. 10, 2. 



200 



und verweist sie auf so viele andere Religiösen, welche genug eingeschränkt 
sind unter der klösterlichen Zucht, sowie das 17. Kapitel desselben Buches 
ausdrücklich den Titel führt De monastica uita. ') Der Ausdruck MQnch 
wurde aber als dem Benedictiner eigenthümliche Bezeichnung behandelt *). 
Daher war der Auetor der Imitatio ein Benedictinermönch.^j 

Die Thomisten berufen sich aber darauf, dass das Wort »monachus« im 
weiteren Verstände auch die Mitglieder anderer Orden begreife und dass 
Thomas von Kempen die Häuser der Regularkleriker monastcria, ihre Be- 
wohner aber monachi nenne. Aber das Alphabetum boni »monachi^, auf 
welches man sich als Beweis berufen hat, hält heute Niemand mehr für ein 
Werk des Thomas; es gehört dem hl. Bonaventura. Im Gegentheile, der 
ehrwürdige Thomas von Kempen hält die Regularkleriker und 
die Mönche recht sichtlich und sorgfältig auseinander^) und nennt 



*) Es ist sehr bezeichnend, dass gerade Gence in seiner Ausgabe der Imitatio statt 
dieser allgemein angenommenen und handschriftlich beglaubigten Uebcrschrift das blasse: De 
religiosa uita einführt. Das ist kein Beispiel für die zalreichen Stellen, an denen Gence gegen 
alle Regeln der Kritik die Stellen , welche auf einen Mönch als Verfasser hindeuten , ver- 
flüchtigt; er fühlte eben, wie sehr diese monastischen Stellen seinem Klienten Gerson, der nie 
Mönch gewesen, schaden. 

*) Du Gange, Lexicon med. et inf. lat. ed. c. 

') Man vergleiche hiermit das Resultat , welches der berühmte französische Kirchen- 
gcschichtsschrciber Rohrbacher aus diesen und ähnlichen Stellen ableitet. Er sagt: »Ces 
passages et d'autres prouvent övidement, que l'auteur du livre de l'Imitation est un moine et 
qu'il ecrit pour des moines. On voit m^me que quand il a öcrit son livre , il avait embrasse 
la vic monastique depuis bien des ann6es.« Histoire universelle de l'^glise cath. Deux. ed. 
Paris 1851. tom. 18. p. 478. 

*) Vgl. darüber Sermo 19: Diabolus clericorum insidiator, monachorum ten- 
tator. Sermo 20 : Haec (crux) regula monachorum, haec uita bonorum , haec lectio 
clericorum. Sermo 24 De passione: Tibi inclinant reges et principes, dominus et domi- 
cella, diues et egenus, monachus et clericus, magister et discipulus. De trib. tabem. 
c. i: Hie est beatissimus praesul Augustinus, de quo ita canit clericorum chorus testamen- 
tum nuUum fecit . . . Serm. 7. in fest. Pent. Ab his etiam apostolicis uiris et deo dilectis 
eremitis gloriosus pater noster Augustinus doctor eximius ad contemptum mundi peruenit. Qui 
postmodum presbyter et episcopus factus monasterium clericorum instituit coepitque cum 
multis dei seruis secundum apostolicam uitam in communi uiuere, quibus et regulam suam, 
quam scripsit, tradidit obseruandam; simili modo sanctus pater Benedictus [apostolicae uitae 
sectator strenuus aliam edidit monasticae uitae regulam uirtutibus plenam, per quam monachi 
religiöse uiuentes fclicitcr tcnderent ad aeternae beatitudinis gloriam. Aus diesen und anderen 
Stellen zieht der hierin gewiss massgebende Launoy (Opp. omn. Colon. Allobr. 1732. tom. IV. 
part. II. pag. 16, 17) den Schluss, der Verfasser der Imitatio Christi sei Benedictinermönch 
gewesen , weshalb weder Gerson noch Thomas , sondern nur Gersen (nicht Gerson , wie das 
Wetzer'sche Kirchenlexikou Art. I^unoi sagt) die Ehre der Abfassung des goldenen Büchleins 
zukomme, was Launoi auch ausführlich genug im dritten Theile seiner Dissertation 1. c. 
pag- 39—57 beweist. 



20T 



im Chronicon s. Agnetis, wo immer von Aufnahme und Tod der Brüder die Rede 
ist, nie einen Augustiner »Mönch«. Bis heute noch ist auch kein Buch erschienen 
untei dem Namen des Thomas von Kempen als eines »monachus s. Augustini«. 
Auch stellt Thomas in seinen Schriften zu öfteren Malen den Seinen die Re- 
gularkleriker als Muster des geistlichen Lebens vor, nicht so der Auetor der 
Imitatio. Er beruft sich nur auf reformirte Benedictinermönche. Ein Beweis, 
dass er selbst Benedictiner war. Auffallen muss uns ferner noch der Inhalt 
des i8. Kapitels im ersten Buche der Nachfolge. Da stellt der Auetor zu- 
erst die Beispiele der hl. Väter dar, bejammert dann das Verlassen der 
Wege dieser hl. Männer in der Gegenwart, und fordert endlich zu einer 
gründlichen Erneuerung des Lebens derselben auf. »O welch' ein strenges 
und entsagendes Leben haben die hl. Väter in der Wüste geführt, welch' 
lange und schwere Versuchungen haben sie ertragen ! Wie oft sind sie vom 
Feinde geplagt worden, wie viele und inbrünstige Gebete haben sie Gott 
aufgeopfert 1 Welch' strenge Enthaltsamkeit haben sie geübt. . . . Am Tage 
arbeiteten sie und in den Nächten oblagen sie langdauerndem Gebete; wie 
wol sie auch bei der Arbeit nicht im mindesten vom innerlichen Gebete ab- 
Hessen. Alle Zeit füllten sie nützlich aus, jede Stunde schien ihnen kurz. 
...In wahrer Demut bestanden sie, in einfältiger Gehorsamkeit lebten sie, 
in Liebe und Geduld wandelten sie.« Ich überlasse die weitere Le6lüre 
dieses Kapitels dem Leser und habe die üeberzeugung , dass er darin mit 
mir eine Beschreibung des Wirkens und Werkens und Lebens, wie es uns an 
den alten Benedictinern gegeben wird, findet. Zur Nachfolge dieses Lebens 
fordert nun unser Kapitel auf, beklagt den Abfall von der ersten Liebe: 
»Jetzt wird's schon für gross gehalten, wenn einer kein Uebertreter ist, 
wenn er, was er auf sich genommen, mit Geduld ertragen kann !« Ich glaube 
nicht, dass Thomas der eben gestifteten und in grosser Strenge aufblühen- 
den neuen Congregation die unmittelbar folgenden Worte wird zurufen haben 
können: »O tepor et negligentia Status nostri, quod tam cito declinamus a 
pristino feruore!« 

Der Verfasser der Imitatio gibt sich also Schritt für Schritt als Mönch 
zu erkennen und er spricht auch zu Mönchen. Wie das so notwendig aus 
dem Buche der Imitatio Christi folgere, dafür bürgt uns ein ganz unverdäch- 
tiger Zeuge. Hirsche, der eifrigste Verfechter der Rechte Thomas in neuerer 
Zeit, nimmt gerade diesen Umstand gegen die Partisane Gersons scharf 
wahr in folgenden Worten : *) »In den Worten uita boni monachi, sowie im 
darauf folgenden gibt sich der Verf. der Imitatio unzweifelhaft als Mönch 
zu erkennen. An mehreren anderen Stellen der Imitatio geschieht das 
Gleiche, und man ersieht zugleich aus diesen Stellen, dass der Verf. bei der 



*) Prolegomena Seile 55 f. 



202 



Abfassung seines Buches zunächst seine Ordensgenossen im Auge gehabt 
hat. Ich erinnere u. A. an 1. i. c. 9 n. 3: Valde magnum est in obedien- 
tia Stare, sub pradlato uiuere et sui iuris non esse; ferner in demselben 
Kapitel an v. 10 — 12: Curre huc vel illuc, non inuenies quietem nisi in 
humili subiectione sub praelati regimine; ferner an 1. i. c. 17: De monastica 
uita; an 1. i. c. 19: De exercitiis boni religiosi; an 1. 3. c. 10 v. 24 — 26: 
Non enim omnibus datum est, ut omnibus abdicatis seculo renuntient et 
monasticam uitam assumant.c Und nunmehr fahrt Hirsche fort: »Ist dies 
aber nicht in Abrede zu stellen, so ist die Annahme unmöglich, dass der 
Pariser Kanzler Gerson, welcher nie ein Ordensgeistlicher gewesen, obwol 
er die letzten Jahre seines Lebens in klösterlicher Zurückgezogenheit zuge- 
bracht hat, der Verfasser der Imitatio sei. Dass solchen sonnenklaren Be- 
weisen gegen Gerson zum Trotz noch bis auf den heutigen Tag sich Schrift- 
steller finden, welche die Imitatio als ein Werk des Gerson angesehen wissen 
wollen, würde unbegreiflich sein, wenn man nicht aus der Geschichte des 
Streites über die Authentie der Imitatio wüsste, wie viel Oberflächlichkeit und 
Unverstand, wie viel verschmitzte Hinterlist, ja grobe Unwahrheit sich von 
jeher in den Eifer, womit die betreff"enden Erörterungen geführt wurden, ge- 
mischt hat.« Wir würden uns scheuen, den ganzen Nachsatz seinem Urheber 
zurückzugeben, aber erlauben müssen wir uns schon doch zu bemerken, dass 
ja aus demselben Grunde auch Thomas der Verfasser nicht sein könne. Er 
war kein Mönch und gibt sich auch nie als solchen zu erkennen. Wir ver- 
weisen diesbezüglich noch auf den Thomisten Nolte. Ihm handelt es sich 
nachzuweisen, dass in der Hdschr. des ehem. Karthäuser Klosters in Brüssel, 
welche gegenwärtig in der königl. Bibliothek derselben Stadt sich findet, 
durch die Unterschrift: Explicit deuotus tractatus cuiusdam regularis de interna 
locucione Christi ad animam fidelem . . . unter dem Namen »cuiusdem regu- 
laris c wol niemand anderer zu denken sei als Thomas. Der Ausdruck, 
so lautet die Begründung*), »cuiusdam regularis« kann nur auf ein Mitglied 
des Ordens der Canonici regularis bezogen werden, weil diese selbst sich 
schlechtweg so nennen und von der ganzen Welt so genannt werden 1 Ganz 
richtig, müssen wir erwidern, denn diese regulirten Kanoniker waren eben 
keine Mönche*) und daher Thomas, der canonicus regularis, so gewiss nicht 
der Verfasser der Nachfolge , als dieser sich selbst Mönch nennt und zu 
Mönchen redet. 

Dass der Auetor der Imitatio ein Benedictinermönch gewesen sein müsse, 



•) Wiener Zeitschrift für kathol. Theologie von Scheiner und Häusle. 1855. Seite 37. 

*) Allerdings werden im Decretalenrechte 1. 3. Decretal. De statu monach. c. 5. auch 
die regulirten Chorherm Mönche genannt, aber man findet kein Beispiel, dass sich ein Chor- 
herr selbst so genannt hätte. 




tässt sich noch mehr aus den Beziehungen dieses Buches zur Regel der 

Benedictiner erhärten. Abgesehen davon, dass die Regel des hl, Benedic 
ausdrücklich in der Nachfolge Christi citirt wird'), muss der, welcher 
beiden Schriften sorgfältig vergleicht, bekennen, dass die Nachfolge über den 
Leistet! der Benedictinerregel gefertigt ist, ilass sie aufgebaut ist über dem 
Grunde der hl. Regel. Was die Renedictitierregel in kurzen Worten als Auf- 
gabe des Schülers Christi und als Mittel der Vollkommenheit angibt: Demut, 
Gebet, Entsagung und Selbstverleugnung, wdÜgen Gehorsam, sittliche Würde, 
Klugheit, Milde im Umgange, Wechsel zwischen Gebet, Meditation und Arbeit, 
Beschränkung der Lebensbedürfnisse, so dass man auf die Lebensannehmlich- 
keiten verzichte , Geduld in Leiden u. s. w. finden wir das nicht fast dem 
Worte und wo nicht Wort für Wort, doch dem ganzen Zusammenhange nach 
in der Imitatio Christi wieder?^) Wenn man von dem hl, Bernhard gesagt hat, 
er habe nicht aus der hl. Schrift, sondern die hl. Schrift gepredigt, so kann 
man von dem Verfasser der Imitatio Christi, ebenso berechtigt, mit Quatre- 
maire sagen, er verkünde die hl. Regel Benedikts,') Gilt dies insbesondere 
vom ersten Buche der Nachfolge, so wird man das zweite und dritte Buch 
als eine Anweisung betrachten können, wie die Instrumente bonorum operum 
im 4, HaUjjtstücke der hl. Regel in Ausübung zu bringen seien. Wir lassen 
die diesbezügliche Gegenüberstellung Weigl's folgen mit dem Beisatze, dass 
der Inhalt der aufgezätlen Kapitel im Buche der Nachfolge weit besser, als 
deren oft nicht ganz passende Titel Überschriften mit den kurzen Sätzen der 
Benedictinerregel übereinstimmen.*} 

Man vergleiche Benedictiner -Regel Kap. 4, zo, A saecuii actibus se 
facere alienum mit Nachfolge Christi B. II. c. 1. De interna consolatione. 
Relinqie hunc miserum mundum. 

R 30. Injuriam non facere, sed factam patienter suffere; 50, Cogitationes 
nialas — seniori spirituah patefacere — J, c, 2. De humili submissione. 



') Oder wie erldärl Dum denn sonst I. I. c. :8. 11. 5 '■ "Quanla reuerenli.i et obedienlia 
sub regula magislri in omnibus eflloruil.. den Begriff .5 üb rcgiila magislri?. Als 
re{>alB magislri pflegte kunhin nur die Benedi Itlinerrcgel angegeben lu werden. 

•) Cf. Qualremaire , welcher 1. c, pag. 143, das Vethällnis zwischen Kegel und 
Imitalio so stellt : »Quldquid illic btcuibus pracceplis pracmillilur hie fusioii paraphrasi 
exponiturj quod ulerque eadem de humilitale lubcal, quod uletque üsdem propris uocibus 
iisdem certe lensibus obedienliam commendel , a luinultuaiia snecularis conuersationis lurba 
auocet, ferllentem morum emendationem, excmpla snnclorum , exercilia monachorum , Studium 
dJuinoTUni, amorem cnicis, purilalem DiatiDnb eodem ductu iofonnef , eodem sensu proponat, 
nuwimani ingtrit de eadem professione , de praecessione in altcro et in altero sequutrice 
itudinem nedum conjecturam. • 

■) 1. c, pag. 145; .Auclor loquilur non de regula sed rcgulam . . . non uerbonim 
1 wcie, non indice loconim s*d Iiansfoimato. in cundcm rrgulae scnsum spititu auctoris, ■ 

■•) Siehe Weigl. I. c, Stile 106 ff. 



204 

R. 25. Pacem falsam non dare; — J. c. 3. De bono pacifico homine. 
24. Dolum in corde non tenere — c. 4. De pura mente et simplici 
intentione. 

58. Mala sua praeterita cum lacrimis vel gemitu quotidie in oratione 
Deo confiteri — c. 5. De propria consideratione. 

62. Praecepta Dei factis quotidie adimplere — c. 6. De laetitia bonae 
conscientiae. 

21. Nihil am ori Christi praeponere — c. 7. De amore Jesu super omnia. 

42 Bonum aliquod in se, cum viderit — Deo applicet, non sibi — 
c. IG. De gratitudine pro gratia Dei. 

Regel 56. Lectiones sanctas libenter audire und Imit. B. II. c. 3. Quod 
verba Dei cum humilitate sunt audienda. 

28. Veritatem ex corde et ore proferre; 49. In omni loco Deum se re- 
spicere pro certo scire — c. 4. Quod in veritate et humilitate coram Deo 
conversandum est. 

61. Non velle dici sanctum antequam sit, sed prius esse, quo verius 
dicatur — c. 7. De occultanda gratia sub humilitatis custodia. 

43. Malum semper a se factum sciat, et sibi repulet — c. 8. De vili 
aestimatione sui ipsius in oculis Dei. 

59. Desideria carnis non perficere, voluntatem propriam odire — c. 11. 
Quod desideria cordis exanimanda sunt. 

60. Praeceptis abbatis in omnibus obedire — c. 13. De obedientia 
humilis subditi, ad exemplum Jesu Christi. 

41. Spem suam Deo committere; 72. De Dei misericordia nunquam 
desperare — c. 16. Quod verum solatium in solo Deo est quaerendum. 

29. Malum pro malo non reddere; 33. Persecutiones pro iustitia 
sustinere — c. 18. Quod temporales miseriae aequanimiter sunt ferendae. 

46. Vitam aeternam omni concupiscentia spirituali desiderare — c. 48. 
De die aeternitatis et vitae hujus angustiis und c. 49. De disiderio aeternae vitae. 

Da zuerst von Fronto und auch nach ihm die Behauptung aufgestellt 
worden ist, dass besonders Im. i, 17 den Vorschriften der Benedictinerregel 
zuwiderlaufe, so wollen wir hier noch die leitenden Gedanken dieses Kapitels 
der Nachfolge in Vergleich stellen mit den Grundsätzen, welche das 58. Haupt- 
stück der Benedictinerregel aufstellt und wir werden nicht nur keinen Wider- 
spruch, sondern sogar häufig eine ganz merkwürdige, selbst auf die Worte 
sich erstreckende Uebereinstimmung wahrnehmen in der Art, dass die Imi- 
tatio Christi weiter ausführt und begründet, was die hl. Regel mit kurzen 
Worten vorschreibt. Dem Neuankommenden, der sich zum Eintritte in's 
Kloster meldet, werde der Eintritt nicht leicht gewährt ; erst, wenn der Can- 
didat gezeigt, dass er Unbilden und die gegen ihn erhobenen Schwierigkeiten 
geduldig ertragen könne, wenn man erforscht hat, dass er wahrhaft Gott 



^205 

sucht, rechten Eifer* zum Gottesdienste, zum Gehorchen und zu den Ver- 
demütigungen habe, gestatte man ihm den Eintritt. Der Aufzunehmende 
gelobe dann Beständigkeit und mache ein Gelöbnis darüber auf die Namen 
der Heiligen. Im Bethause sollen dem Aufgenommenen seine Kleider aus- 
gezogen, und er mit dem Ordensgewande bekleidet werden. Die Begründung 
und nähere Beleuchtung dieser Vorschriften findet man im obgenannten 
Kapitel der Nachfolge. An zweifellosen Anklängen dieser beiden Kapitel 
führen wir nur an: 

Regel c. 58. Im. i, 17. 

Senior intendat, an (nouiter ueniens) Qui aliud quaerit, quam pure Deum. 

reuera Deum quaerit. Ad seruiendum uenisti, ad laborandum. 

Nouitius sollicitus sit ad obedientiam. Hie probantur homines siciit aurum 

ad opus Dei. in fornace. 

Non probandus in omni patientia. Non est paruum in monasteriis uel 

Si promiserit de stabilitate perseu- in congregatione habitare et ibi sine 

erantiam . . . iterum probetur . . . nee quaerela conuersari et usque ad 

Collum excutere de subiugo regulae mortem fideliter perseuerare. 

licere (sciat). 

Aus diesem Verhältnisse der Imitatio Christi zur Regel Benedict's lässt 
sich's erklären, dass jedem Ordenskandidaten die hl. Regel zusammt mit der 
Imitatio in seine Celle gegeben wurde, womit weiterhin ziKammenhängt, dass 
die Nachfolge und die Benedictinerregel gar so oft in ein Werk zusammen- 
geschrieben oder doch zusammengebunden sich finden und dass überhaupt 
die meisten Imitatio-Handschriften — man vergleiche nur den Anhang — 
in Benedictinerklöstern sich finden oder aus denselben in öffentliche Biblio- 
theken gewandert sind. 

Heben wir zum Schlüsse dieses Abschnittes noch hervor, dass die Sen- 
tenz: »Habitus et tonsura modicum conferunt*)« gar merkwürdig zusammen- 
stimmt mit dem Gedanken, welchen wir in der Benedictinerregel finden*): 
»(Sarabaitae) mentiri Deo per tonsuram noscuntur,« dass sich die Ausdrücke: 
Monasterium, congregatio, coenobita in Regel und Nachfolge so oft finden, 
ja dass das specifisch Benedictinische »cclla,« welches in der Regel achtmal 
wiederkehrt, in dem einzigen zwanzigsten Kapitel des i. Buches der Imitatio 
dreimal zu lesen ist und dass dieses Wort sowie *Praelatus« ein specifisch bene- 
dictinischer Terminus ist, indem ja die regulären Chorherrn ihre Behausung 
»Camera« und ihre Vorsteher i^Praepositus« zu nennen pflegten, so werden 



>) Imit. 1. I. c. 17, 2. 
•) Kap. I. n. 3. 



ao6_ 

wir gewiss in unserer Ueberzeugung , ein Benedictiner habe die Imitatio ge- 
schrieben, mächtig gestärkt werden.'} Die Ermahnungen des 53. Kapitels 
im dritten Buche; iPetere sccretum< und lAmare solus habitare secumi sind 
nach Wort und Sinn aus dem Leben des hl. Benedict von Gregor dem Grossen 
entnommen.*) 

Der wol nnr vereinzeint gehörte Einwurf, der Auctor der Nachfolge 
Christi bekunde sich als ein Glied der Windeshdmer Congregation , indem 
er die Gepflogenheit nur an bestimmten Tagen zu celebriren constatire, ist 
ohne Berechtigung, weil dieselbe Gewohnheit auch bei den Benedictinern 
des 13. Jahrhunderts in Uebung war.*) 



') Auch das Wort canueisio in dem Veistande, wie es 
ist aus der Bcndiklinerregel c. i. 2. 5S (i*eimal} 63, wo coi 
Kloster treten, vorkoutmt, daher die fiaties conuersi. 

') Dial. B. a. K. 3. 

') Wie man sieh aus Edm. Marlene, Regula 5. Beped. 



Im. 1. I. c. 23 vorkommt, 
tierti in dem engen Sinne, in's 



. 35- Überzeugen kann. 




ANHANG. 




CODICES MANUSCRIPTI DERIMITATIO 
CHRISTI. 

Bibliolhdque d'Arras. 

Catalog gdii^ral des manuscrits des bibliothiJcnies pabliiiiies tles dipartements 

publiö sous leä auspices du niinistre de rinslruction publique. 

Paris. Imprimerie imptJriale. Tom IV. 1872.') 



><]. i&t). Chart. 12" XVII. .Traduclion eii franijais de quelques 
ihapilres de I'imitation de Jesus-Christ. Provenaiil de Saint 
Rdiurc en nmroquin roiige. Oorures et filets sur le plats. 



S. 4 ff. 



BrUssler Bibliothek. 
Nolte i. .!. Zeilschrifl für kathol. Theol. Wien 1855. Heft 1 

I. Cod. Kirch he miann-,. Vid. Oben S. 64. 

II. Cod. I030. Chart, fol. 1 " stehen die Worte: ilncipit libellus humilis 
c devotus dicius Über de imitatione Christi in alio folio, vette foHum;«: 
3I, 2 * — 6 '' folgt das erste Buch der Nachfolge mit der Ueberschrift : »In- 



1 



'} Goslnv Hnencl veixrichnct in seinem Werke: iCatalDgi llbr. misr. qui in biblio- 
ibccis Call. Helv. Bcig. Britnn. Hisp. Luiilan. assemaniun l.ip&iae 1S30 unter dem Schlag- 
worte Thomas K. folgende eodd. mscr. : 

1) Lyon. bibl. Hk Ja Ville. codi). 611: >Thümae a Kemp. opuic. «lec. XV. eh. fol.> 
I) Maiseille. hilil. De la Ville. E. b. 99. und E. b. 100. Tbomu d. Kemp. membr. ta". 

3) Soissons. Bibl, de la Ville. 1. 8. IJ4. Thumae de Kemp. Opusc \heol. saec. XV. 
membr. fol. 

4) Slr^s-^bnrE- Hibl. piibl. Thom. a Kemp. De idiil. Chri'^li el al. cimd fol. 1 Esempl. 



i 



2IO 



cipit libellus humilis ac devotus dictus Über de ymitatione Jesu Christi« ; 
gehörte einst nach Osnabrück. 

III. Cod. Antuerpiensis. Siehe Oben S. 65 fF. 

IV. Cod. 2581 — 2589. kl. membr. 4* saec. XV. Fol. i * — 60* enthält 
das 3. Buch mit der Ueberschrift: »Incipit liber internae consolacionis de interna 
Christi locucione ad animam fidelem.« Die Unterschrift lautet: »Explicit 
devotus tractatus cujusdam regularis de interna locucione Christi ad animam 
fidelem. scriptus per manus fratris iacobi baenst layci redditi Finitus in anno 
iubileo MCCCL* XlII die mensis Octobris. Et pertinet ad carthusienn. donius 
silve sancti martini prope Geraldi montem. Deo Gratias.« Fol. 60** enthält 
die Kapitelangabe, worauf folgt: »Incipit tractatus puus (= parvus) dictus 
regnum dei et sunt ammoniciones bone ad interna trahentes et primo de 
interna conversacione;« er reicht von Fol. 61* — 76^, wo wir lesen: »Explicit 
tractulus parvulus dictus regnum dei. Scriptus ppr manus fratris iacobi 
baenst redditi layci oretis propter deum pro eo Finitus anno doniini MCCCC* 
LI" XVI* die mensis marcii. Deo gratias semper.« Auf dem nun folgenden un- 
numerirten Fol. steht: »Incipit tabula in libello sequenti de ymitacione Christi 
et contemptu vanitatum mundi C. || (i. e. Capitulum). De vanitatibus mundi 
ibid. LXXVII*^. ; auf fol. avers. steht: »Explicit tabula sequentis opusculi.« 
Fol. 77* lesen wir: »Incipit parvus tractatus de ymitacione Christi et de 
contemptu vanitatum mundi, '^ der von Fol. 77* -105 reicht, wo wieder 
steht: »Explicit libellus de ymitacione Christi scriptus per manus fratris 
iacobi baenst redditi layci. Finitus anno domini M^.CCCC" LI". VI die 
aprilis oretis propter deum pro eo,« Fol. 105^ heisst es: »Incipit tabula in 
opusculo sequenti de sacramento«, welches fol. 106 • mit der Ueber- 
schrift: »Incipit tractatus de sacramento« beginnt und bis 133^ reicht, 
wo es heisst: »Explicit tractatus dulcissimus de sacramento corporis et san- 
guinis Christi. Scriptus per manus fratris iacobi baenst redditi layci. 
Finitus anno domini MCCCC LI" XXVIIF die mensis iunii. Oretis propter 
deum pro eo.« 

V. Cod. 11841 — 11846 Chart et membr. 4" enthält auf Fol. 38» — 54* 
das jetzige vierte Buch: »Incipiunt capitula libri de sacramento«, dem eine 
spätere Hand beifügte: »fratris thomae Kempis ordinis canonicorum regu- 
larium.« Diese Worte sind auch auf fol. 54* wieder von anderer Hand 
beigesetzt. Diese Handschrift gehörte einst dem Kloster S. Paul in Rosenthal 
und ist dadurch interessant, dass in ihr eine vita des Thomas enthalten ist. 

VI. Cod. 2982. 12" XV. saec. enthält auf loi fol. die vier Bücher 
der Nachfolge. Von fol. i * — 52 * steht unser drittes Buch: »De interna 
Christi locutione ad animam fidelem.« Fol. 52 ^ — 72 ^ umfasst unser jetziges 
erste Buch : »Incipit liber secundus de imitatione Christi et contemptu omnium 
vanitatum mundi.« Fol. 73* — 84* enthält unser zweites Buch: »Incipiunt 




ammonicioncs ad intiis trahenles.« Von 84"meil. — loi'' steht unser 
jetziges vierte Buch, welches beginnt: »Venite ii. s. f.« 

Vir. Cod 15138. membr, 8* XV. 112 fol. Auf fol. 1 1' steht: .Ex- 
pliciunt capitula. Incipil über de imitatione Christi capitulum primum.« 
Dieses Buch reicht bis 29'': »ExpUcil prima pars. Incipit secunda pars. 
Ammoniciones valde ad interna trahentes.i Auf fol. 46 'beginnt das dritte 
Buch und reicht bis 112'': »Explicit liber interne consolacionis.« Er gehörte 
einst der Karthause Brügge. 

VIII. Cod. 10821 — 10825. I2' XV. saec. 162. Fol. Von Fol. 1- - 
23'' steht das erste Buch der Nachfolge : »De ymilacione Christi et contemptu 
omnium vanitalum mundi.. Zwischen Ueberschrifl und Text sind wol von 
späterer Hand die Worte eingefiigt : »Thonie de Kempis canonici regularis 
in monte S. Agnetis.«- Fol. ^s": »De interna Christi locucione ad animam 
fidelem.» 

Dt. Cod. 14069 — 14089 Chart, etmembr. 4': »Incipiunt ammonitiones 
ad spiritualem vitani valde utiles et habet capitula XXV. Capitulum primum 
de imitacione Christi et contemptu mundanorum. • Hier fehlen c.ip. 4^13, 
lind sind unvollständig cap. 3 und 19, Es umfasst 4 Blätter; Fol. 4 avers. 
folgt: »Explicit prima pars istius. Incipit secunila et intytulalur sie ammo- 
nitiones ad interna trahentes. Capitulum primum de interna conversalione, t 
Dieser Theil ftillt 7 Blätter. Am Schlüsse steht: tF,t sie firiitur. Deo gratias. 
Explicit secunda. Incipit lertia intytulata liber internae consolalionis. Et 
habet LIX capitula Capitulum primum de interna Christi loquutione ad animam 
fidelem.« Dieser Theil umfasst 28 Fol. Am Schlüsse lesen wir: »Explicit 
devotissimus tractatulus interne consolationis.c 

X. Cod. 4913 — 16. membr. 12' saec. XV. enthält auf 1 13 Fol. alle vier 
Bücher der Nachfolge in der jetzigen Reihenfolge. Fol. 2^ steht: ^Incipiunt 
capitula in libro ammonicioniim ad spiritualem vitam et primo de ymitatione 
Christi et de contemptu omnium vanitatum mundi.« Auf Fol. 113' lesen 
wir: lExplicithocopusculum devotissimumde venerabiü sacramento Deo-gratias, < 

Xr. Cod. 4978. 12° saec. XV. enthält von Fol. 7Ö» — 95'' unser 
jetziges vierte Buch. »Ammoniciones de sacramento cum quanta revereutia 
Christus suscipiendus.« Fol. 76" stehen die Worte: >l,iber quartus Thomae 
a Kempis de imitatione Christi,* welche aber einer späteren Hand angehöien, 

XII. Cod. 11160. Chart. 4' saec. XVI. (1524)- Auf Fol. i» steht: 
»Incipit liber primus fratris Thomae Kempis Canonici regularis de imitatione 
Christi et contemptu omnium vanitatum mundi capitulum primum. i Das erste 



Buch reicht bis Fol. 


j^b 


das 


weite bis Fol. 40», das dritte bi 


Fol. 100t, 


das vierte bis Fol. 


23' 


wo e 


s heisst; lExplicil liber quartus.« 


Sie gehörte 


einst nach Löwen. 











2 I 2 

XIII. Cütl. 11904. chait. 12" enthält auf Fol. 96*— 127* das erste 
Buch. Fol. 96^: »Incipiunt capitula sequentis opusculi « Fol. 96**: >Incipiunt 
amnionitiones ad spiritualeni vitam utiles.« »De iinitatione Christi et con- 
tcmptu omnium vanitatum mundi Capitulum primum.c Auf Fol. 127* steht: 
»Kxpliciunt amnionitiones.« 

XIV. Cod. 20067. Chart. Fol. saec. XV. enthält auf sechs Blättern das 
erste Buch: >I)e imitacione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi. % 
Am Schlüsse heisst es: >Expliciunt ammoniciones ad spiritualem vitam utiles. c 

Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek zu Donaueschingen, 

ed. Barack. Tübingen 1865. 

I. Cod. 249. Chart. XV. 234. fol. 4^*, fol. 97 — 234: Libri quatuor de 
imatatione Christi , fol. 97*: -Incipiunt capitula primi libri, ^; fol. 234^: >>Ex- 
plicit deuotus tractatus de uenerabilissimo sacramento an. dom. MCCCCXLV.n 

II. Cod. 339. eh. anni 1453 und 1456. 132 fol. 4** fol. i: »De con- 
temptu omnium uanitatum mundi et Imitatione Christi libri tres.<k Expl. fol. 54^* 
»Finis adest modo per nie Cunradum Strytc apellanum in eszlingen an. 1456.': 

K. Bibliothek Erlangen ed. Irmischer. Frankfurt a. M. 1852. 

Cod. 1713. Thoniae a Kempis von der nachfolgung cristi vnd von 
versmähung der weit. pg. 155 BU. in 4. auf breitem Rand zu 44 Zeilen. 
15. Jahrhundert. Anfang: Der herr sprichet wer mir nachuolget der wandelt 
nit in der vinsternusse . Ende: : Zu dem vatterland der ewigen selikeit amen. 
Bittent gott ouch für mich. (Gleichmässig und schön geschriebene goth. 
Minuskel mit vielfarbig verzierten und zum Theil vergoldeten Initialen.) 

K. K. Universitäts Bibliothek zu Innsbruck. 

Mitgetheilt von Dr. A. Jeitteles. 

Cod. Chart, et nienibr. 8" XV. enthält auf 78 Fol. die ersten drei Bücher 
der Imitat. »Inc. tractatus triplex de imitacione Christi et contemptu omnium 
vanitatum mundi. Qui sequitur nie non ambulat in tenebris dicit dominus ;« 
das Explicit: * Protege et conserua animam servuli tui inter tot discrimina vite 
corruptibilis ac comitante gratia tua dirige per viam pacis ad patriam per- 
petue claritatis. Amen. Kt sie est finis de quo laudetur dominus Jesus 
Christus. <N Auf der Innenseite des rückwärtigen Deckels stehen die Worte: 
>Obiit venerabilis dominus Johannes wylken anno domini 452.«. lieber die 
Provenienz der Handschrift gibt auf der Innenseite des vordem Deckels die 
Bemerkung Au fschluss: »Hie Hbellus est monasterii montis omnium angelorum 
in ualle Snals ordinis Carthusianorum.< 



213 

Universitäts-Bibliothek Krakaii. 

Mitgetheilt vom Herrn Bibliotheks- Vorstand. 

Cod. 2401. XV, (pag. 135 — 290) »Inc. libellus consolatorius ad 

instructionem deuotorum. Finis operis . . . per me dementen de Himbucimo- 

wicze a. d. 1479.« Nachschrift: >Viri egregii Thome montis s. Agnetis in 

Traiecto regul. can. libri Christi de imitacione niimero quatuor finiunt feliciterU 

Biblioth<5que de l'universitd de Lidge. Li^ge 1875. 

Cod. 359. Cod. membr. XV. min. form. p. 1—49: Thomae a Kempis 
de imitatione Christi über primus. Ce ms. contient les 25 chapitres du pre- 
mier livre de c^lt^bre traite. 

Ob die Handschrift ausdrücklich Thomas als Verfasser nennt, wird 
leider nicht angegeben. 

Bibliothc^que de Lille par M. Le Glay. Lille 1848. 

Cod. CXXXVIIL Liber ex charta, in octauo, continens tres libros de 
imitatione Christi translatos de germanico in gallicum an. 1538 per authorem 
anonymum, qui dictos libros attribuit Ludolpho de Saxonio Carthusiano, qui 
scripsit uitam Christi, cum tamen communiter tribuantur Thomae a Kempis, 
can. regul. uel quod minus probabile est Joanni Gersen, abbati ordinis 
S. Benedicti. 

Bibl. acad. Marburg ed. Hermann. Marburg 1838. 

Cod. D. 17. Chart. XVL 326. fol. 12 ®. Miscellancod. fol. 169: »Sancti 
Spiritus assit nobis gratia. De imitatione Jesu Christi caput primum qui sequitur 
me non ambulat in tenebris.« Fin, fol. 187: »Explicit imitacio christi an. dorn. 
MCCCCLXL feria quinta post natiuitatem marie semper uirginis in hallis 
per me hildebrandum hardegesse scriptus . . .« fol. 194: Tractatus, qui intitu- 
latur regnum dei intra uos est dicit dominus. Fin. fol. 219: -Expliciunt am- 
moniciones ad interna trahentes anno dom. MCCCCLXXIX. ipso die sancte 
scolastice uirginis per Hildebrandum p. plebanum in ellingen. 

Bibliothek de Metz. 

Catalog gen. des ms. des bibl. des dt^partements. Tom. V. 1879. 

L Cod. 358. eh. 4° XV. (fin.) i) Incipit tractatus optimus de interna 
Christi locutione ad animas fideles. Inc. »Audiam quid loquatur.« 2) Sequitur 
tractatus B. Augustini de tribus habitaculis. 3) Tractatus de interna conver- 
sacione. 4) Incipit notabilis tractatus de imitatione Jhesu Christi et contemptu 
omnium uanitatum huius mundi. Inc. Qui sequitur me. 5) Tractatus devotus 
de devota Christi susceptione in sacra communione. Inc. »Venite ad me.« De 
Chartreux de Rettel. 



214 

II. Cod. 490. In-seize sur pap. (Recueil) XV. enthält 3 Stücke, i) De 
Imitatione Jhesu Christi et contemptu inanitatum mundi. 2) Incipit dyalogus 
siue coUoquium dorn, nostri Jhesu et monachi. Inc. Verbum michi ad te, o 
princeps celi. 3) Excerptiones ad usum alicuius monachi. 

III. Cod. 617. In-seize sur pap. (Recueil) XV. i. Liber de Imitatione 
J. C. 2. Incipit tractatus de meditatione cordis magistri Johannis Gerson. 
»De Cdlestins de Metz, i . Manque le commencement. Le premier et le 
second livre sont confondus en un seul et terminds par cette souscription: 
^>Explicit primus et secundus liber de imitatione Jhesu Christi et contemptu 
omnium vanitatum mundi; incipit tercius de interna locutione ad animam 
fidelem, scilicet audiam quid loquitur.c lib. IV fin: »Explicit liber quartus 
et ultinius de sacramento altaris fratris Thome de Kempis de imitatione 
Christi et de contemptu mundi, devotum et utile opusculum finit feliciter.< 

Münchner Hof- und Staatsbibliothek. 
Aus dem gedruckten Kataloge. 

I. Cod. germ. Mon. (Cgm.) 218. 2®., v. 1487, 274 Bl. 87 — 109 de 
imit. Christi deutsch, (sonst viel Ascet.) 

II. Cgm. 262. 2^ XV. Jahrh. 361 Bl. Nach Cassians Collat. deutsch 
(i — 244), folgt 244— -263. Von der Nachvolgung Christi, i. Buch von Bru- 
der Thomas von SwoUis. 

III. Cgm. 418. 4®, 1479. ^S^ ^^* I — 122 de imit. Chr. deutsch [131 
— 185 Reg. S. Bened. deutsch. 185 — 192 von den Laibrüdern, 192 — 251 
Auslegung der Bened. Regel.] 

IV. Cgm. 4SI. 8". XV/XVI Jahrh. 222 Bl 1—48 Legende v. d. hl. 
Ursula. 67 — 157, Von der Nachfolge Christi 4 Bücher. 

V. Cgm. 458. 8^ XV. Jahrh. 337 Bl. Viel Ascetisches. 89 — 123. 
Von der Nachfolge Christi i. Buch. 

VI. Cgm. 3643. 2®. XV/XVI Jahrh. 269 Bl. Andreas Wallner Bene- 
dictiner zu Aspach die 4 Bücher von der Nachvolgung Christi in deut- 
schen Reimen. 

VII. Cod. lat Mon. (Clm.) loi. chartac. misc. 2". XV. Saec. 398 f. 
f. 335 — 446 de imitatione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi 
(alias Speculum theologiae.) 

VIII. Clm. 3331 4®. 1502, 217 f. [aus dem Bened. Kl. Attel] i — iio 
de Imitatione Christi libri IV. 

IX. Clm 3594. 4^ S. XV. 216 f. [Aus der Stadtbibl. v. Augsburg.] 
f. 43 — 72 de imit. Christi et contemptu omn. van. Inc. »qui sequitur me.c 

X. Clm. 4775. 4^ 1447/48. 246 f. (Aus Benedictbeuern) f. 50 — 133 
Liber de imit. Christi, compositus et collectus per Fr. Thomam canonic. 




Regul. S. Augustini de obüervaiicia Hildensheimmensitim de nionasterio S. 
Agnetis Trever, diöc, 

XI. CIrfi. 3801. fol. S. XV. 209 f. (aus der Dombibl. Augsburg) f. 
i8a — 191, Tractalulus de informatione fidelium ^ lib. I de i 

XII. Clm. 478z»4". S. XV, 249 f. (Benediktbeuern) f. 147— 163 de 
iinit. Christi I. I. 

XIII. Clm. 4708. 2". 1469/83. 297 f. (Benedictbeuem) f. 30'' 42, f. 49 — 56. 
de Imit. Christi, 1 I. & II. 

XIV. Clm. 4619. membr. 4*. S. XIV. 141 f. (Benediktbeuern.) f. 
39. de Imit. Christi pars IN-IV. 

Dieser S am mel codex enthält 6 Stücke, welche sowol auf dem Pcrgamenl- 
schilde der Einbanddecke, als auch auf der inneren Seite derselben angegeben 
sind. Die Provenienibezeichnung, welche auf der ersten und ähnlich auf der 
letzten mil Text beschriebenen Seite zu lesen ist: >Iste Über est monasterii 
scti benedicti in Benediclenpewrent scheint von anderer, wenn auch sehr 
alten Hand zu sein. Die Innenseite der Einbanddecke gibt einen Stiftbrief 
des Abtes Thomas von Benedictenpewren. Fol. i*: Incipiunt capitula in 
libro de solitaria uita (rot). Die Initialen der nun folgenden XLII. Kapitel- 
Ueberschriften sind wechselweise roi und blau. Fol. 2": Incipit prologus 
beati Berohardi abbatis ... De uita solitaria (rot). Dieser über schliesst 
Fol. 37"; die nächsten Seiten sind unbeschrieben bis 39», Von diesen bis 
iiS*" stehen die drei letzten Bücher Imitatio. 1. II. von 39» — 54". 1. III. — 
iio''. 1. IV, — 118''. Fol. 29' ('■°0- »Incipit secunda pars de imitacione 
Christi et conteraplu omnium uanitatum mundi et sunt ibi admonitiones ad 
interna trahentes primo de interna inspiracione. Cap. prim.i Fol. 54": »Ex- 
plicit secundus libellus huius operi.s. Incipit tercia pars de interna conso- 
latione ad animam fidelem, capitulum primum (rot).« Dieses Buch zählt 
64 Kapitel, weil die eingereihten Orationes als selbsLständige Capitei gerechnet 
werden, was in alten Codices öfter vorkommt. Fol. iio** (rot): »Incipit quarta 
pars libri, qui intilulatur de imitatione cristi et est de sacramento altatis et 
de his que conceniunt ad sacramentum et specialiier de deuota praeparatione. 
Capitulum primum.! Auch dieses Buch zählt im Vergleich zum recepirleii 
Text mehr Capitei, indem als cap. XIX die octo inuitatoria precipua de 
sanctissimo sacramento, als cap. XX. und XXI. »Duo considerare debemus 
ut habetur infra isto cap.t und >de sacram.« figuriren. Folio 129' beginnt 
das 3. Stück dieses Miscellencodex : sincipit tractatus dni Bonaventura de 
humilitate. « Fol. 120" — 132^, dem sich noch eine 4., s.undö.Pi^ce anschliesst; 
»Tract dorn, Petri cardin , camerac. de quatuor exerciciis spiritualibus, t Fol. 132'' — 
136''. iDe quatuor gradibus spiritualis exercicii. Tractatus beali ßernhardi 
abbatisf Fol. 136'' — 140* und tDe septem gradibus contemplacion.i 140' — 
141''; und damit endet auch der Codex. 



2l6 

Nicht der ganze Codex ist von derselben Hand geschrieben. Die Schrift 
des ersten Traktates wird jünger sein als die der Nachfolge Christi , welche 
die Kürzungen nicht so übt und einen viel älteren Duktus hat. Der manu- 
scriptenkundige Haupt, Kustos im Manuscripten-Kabinet der hiesigen k. k. Hof- 
bibliothek, schreibt diese Handschrift unbezweifelt dem 14. Jahrhundert zu. 
Sehr merkwürdig und sprechend sind die Textvarianten, welche auffallend 
gegen das Autograf des Thomas mit der MaurinerRecension 
stimmen So hat, um nur die diesbezüglichen Bemerkungen rücksichtlich 
des zweiten Buches anzugeben, Buch II, c, 2 in der Aufschrift »sui« ; 2,2: »con- 
tun)elia et;c 3,1. »Pone« te; 3,1: facere »teneanturc et negligit, »quod« 
ipse »facerec »tenetur;« 3,2: »aut nobis contrariantibus;« 4,1: Non »debemusc 
nobis credere ; 4,3: solatium »est« animae; 6,1 : Gloria. . . »est;<2 7,1 : :>prop- 
ter« dilectum relinquere »omnia;« 8,1: »exterior consolatio;« 10,1: >diu;*: 
12,15: »Si enirn« melius »aliquid« aliud. 

XV. Clm. 4787. 4<*. 1451/52. 195 f. (Benediktbeuern) fol. 147- 169 
de imit. Christi 1. III. c. 51 sq. et 1. IV. 

XVI. Clm, 301 1. membr, 4®. S. XV. 90 f. (Andechs) f. 67. Dcvota 
exhort. ad S. Christi communionem = 4. 1. Imit. Christi. 

XVII. Clm. 3591. 4". S. XV. 223 f. (Stadt Augsburgj fol. 205: Tho- 
mae de monte S. Agnetis et con. regul. in Trajecto de Imit. Christi et con- 
temtu vanitatum mundi liber quartus. Hunc titulum inscriptum fuisse, prius- 
quam tres libri priores manu impia exciderentur, Georgius Heserus in Charta 
codici praefixa adnotavit. Cf. Euseb. Amort. diss. de auct. libri de imitatione 
Christi. Aug. Vind. 1761. 4®. 

XVIII. Clm. 4705. 2^ 1454. 184 fol. (Benediktbeuern) f. 177*» pars 
quarta libelli de imit. Christi. Scripsit codicem Wolfgangus Klammer in 
Gmimden. 

XIX. Clm. 5607. 2®. S. XV. 239 f. (aus Kl. Diessen, Augustiner O). 
f. 167 — 205. de imit. Christi libellus. 

XX. Clm. 5662. 40. S. XV. 216 f. (Diessen) f. 47: Tractatus de 
imit. Christi. 

XXI. Clm. 5918. 40. S. XV. 151 f. (Ebersberg, Benediktbeuern) f. 
133. de imit. Xi. [Partem cod. scr. Johannes Paumhacker de Stainhaim]. 

XXII. Clm. 5952. 4®. S. XV, 211. f. (Ebersberg) f. 78 de Imitatione Xi. 

XXIII. Clm. 6033 8®. 1452. 227 f. (Ebersberg) f. 147 de imitatione 
Xi. capp. 25. — 

XXIV. Clm. 7791. membr. 8^ S. XV. 89 f. (aus Indersdorf, August.), 
f. 19 De imit. Xi. 

XXV. Clm. 7521. 2^. 1430. 291 f. (Indersdorf) f. 268. De imitatione 
Xi. et contemptu vanit. mundi. Scripsit Chunradus Weingartner de Wain- 
bergkh. 



21 7 

XXVI. Clm. 7666 4«. S. XV. 229 f. (Indersdorf) f. 1-78 de iniit- 
Christi. Magnam partem cod. scr. Marciiiardus Holpain de Kaffpeyrn ca- 
pellanus in Sentlingen a. 1451. 

XXVII. Clm. 7729. 4". S. XV. 125 f. (IndersdorO f. 55 libri duo 
de iniit. Christi. ( — 82.) 

XXVIII. Clm. 7336. 4^ S. XV. med. 299 f. (aus d. Kanonie Gars) 
f. 1 — 17. de imit. Christi Hb. I. 

XXIX. Clm. 7830. membr. et chart. 8^ S. XV. 84 f. (Indersdorf) 
Thomae de Kempis tres libri de imit. Christi. 

XXX. Clm. 7714. 4". S. XV. 360 f. (Indersdorf) f. 189—205 Quarta 
pars libri de imit. Christi, [f. 37 Johannes de Tambaco, de consol. theologiae."] 

XXXI. Clm. 9740. 2^ 1456. 309 f. (Kl. Ober- Altach) f. 284 — 293 
de imit. Christi capp. 25 Qui sequitur me . . . haec sunt verba Domini, 
[Partem cord. scr. Thomas Unfogel plebanus in Geltolfing.] 

XXXII. Clm. 9228. 4^ 1622. 124 f. (Jesuiten in München) Thomas 
de Kempis de imit. Christi. Scripsit Car. Peutinger concionator S. J. Augus- 
tanus. 

XXXIII. Clm. 9841. 8^ S. XV. 141 f. (Ober- Altach) Tractatus aureus 
et perutilis de perfecta imitatione Xi. et vero mundi contemptu (libri IV.) 
fol, I — 129. Dann folgt Johannes Gerson de meditat. cordis. 

XXXIV. Clm. 11467. 2« S. XV. 277 f. (aus PoUing) f. 158— 202 libellus 
de imit. Xi. editus ut dicitur a quodam canonico regulari in monasterio 
Poediken Bardeburg, dioec, provinc. Colon, f. 201 Johannes Gerson de con- 
fessionibus audicndis. 

XXXV. Clm. II 740. 40. S. XV. 312 f. (Polling) f. 126-202 de imit. 
Christi libri II— IV. 

XXXVI. Clm. 11946. 8«. S. XV. 209 f. (Polling) f. i — 147 De imit. 
Christi libri IV ; in fine »Joannis Gerson cancellarii Paris, de contemptu 
mundi devotüm et utile opusculum fmit.« Fol. 147 Thomae Kemp. de dis- 
ciplina claust. finit. 

XXXVII. Clm. 14 130. 2 ^ S. XV. 334 f. (St. Emmeran Rgbrg.) f. i. Joh. 
Gewss fract. de peccato oris et linguae. f. 52—60. De imit. Christi lib. I. 
Scripsit Joh. Aichlman in Straubing, a. 1462. 

XXXVIII. Clm. 14785. 8». S. XV. 160 f. (St. Emmeran) f. 44 de 
imit. Christi libri IV. ( — 146.) 

XXXIX. Clm. 14808. 8^ 1453. 229 f. (St. Emmeran) f. 149—163 ex 
libri I. de imit. Xi, . . , . scripsit Fridericus monach St. Emmerani. 



2l8 

XL. Clm. 14820. 8^ S. XV, 452 f. (St. Emmeran) f. i. de imit, Christi 
über I. u. II. ( — 73.) 

XLI. Clm. 14857. 8». S. XV. 351 f. (St. Emmeran) f. 206—216 de 
imit. Christi über II. 

XLII. Clm. 14919. 8». S. XV. 201 f. (St. Emmeran) f. i. de imit. 
Xi. et contemptu omnium vanit. mundi 1. I. In fine »Expl. ammonitiones 
ad spiritalem vitam utiles ad fratrem Cunradum de Friczlaria.« 

XLIII. Clm. 14946. 8^ S. XV. 263 f. (St. Emmeran) f. 192—236 
de imit. Xi. 1. I. 

XLIV. Clm. 165 17. 4^ S. XV. 212 f. (St. Zeno bei Reichenhall) 
f. 128. de imit. Xi. 1. I. 

XLV. Clm. 18551. 4". S. XV. 321 f. (aus Tegernsee) f. 270—281 

I. I. de imit. Xi. 

XLVI. Clm. 18650. 4". S. XV. 175 f. (Tegernsee) f. 162. 1. I. de imit. Xi. 

LXVII. Clm. 18731. 4«. S. XV. 372 f. (Tegernsee) f, 189— 205. 1. I. 
de imit. Xi. 

XLVIII. Clm. 18775. 4'- S. XV. 287 f. (Tegernsee) [1465] f. 197. 
. II. et 111. de imit Xi. 

XLIX Clm. 18964. 8®. 1460. 246 f. (Tegernsee) f. 40 1. IV. de imit. Xi. 

L. Clm. 190 10. 8®. S. XV. 220 f. (Tegernsee) f. 132 1. IV. de imit. Xi. 
LI. Clm. 19817. 8^ S. XV. 201 f. (Tegernsee) f. 83 de imit. Xi. 

II. II— IV. 

LH. Clm. 19819. 8^ S. XV. 325. f. (Tegernsee) f. 15. 1. IV. de imit. 
Xi. a. 1442. Erfordiae scriptus. 

LIII. Clm. 21070. misc. 2. S. XV. 222 f. (Kl. Thierhaupten) f. i. 
Fratris Thomae O. Can. Reg. S. Aug. de imit. Xi. 11. III & IV. 

LIV. Clm. 21 103. mscr. 4®. S. XV. 203 f. (Thierhaupten) f. i. Fr. 
Thomae Can. Reg. O. S. Aug. Montis S. Agnetis Trajectensis 11. IV. de 
imit. Xi. et de sacramento altaris a. 1466 (scriptus). 

LV. Clm. 15 181. 4®. S. XV. 252 f. (aus Rebdorf) f. 64 de imit. 
Xi. capp. 25 (= I. 1.) 

LVL Clm. 16232. 4«. S. XIV. u. XV. 242 f. (St. Nicola b. Passau) 
f. I. de imit. Xi. cpp. 25 (= 1. 1). 

LVII. Clm. 19884. 8®. S. XV. 238 f. (Tegernsee) f. 133. Liber de 
imit. Xi. In fine: »Ammonitiones ad spiritualem vitam ad Fratrem Cun- 
radum de Friczlaria. c 

LVIII. Clm. 20162. 8". 1452. 200 f. (Tegernsee) f. 14. Liber 
de imit Xi. 



2 19 

K. K. Olmützer Bibliothek. 
Mitgetheilt von Dir. Hausmann. 

I, Cod. II. VIII, 17. Chart, fol. 92. XV. 4" min. charact. gothic. »In- 
cipit tractatus de imitatione Christi et contemptu mundi editus per ([uemdam 
Carthusiensem in reno (sie.) multuni aedificatorius pro salute animae.« Folgt 
die Inhaltsangabe der Capitel des lib. I. ; es kommen aber hier anstatt der 
25 nur 23 Capitel vor; so fehlt z. B. Cap. XVII. »De sufferentia defectuum 
aliorum.» Das IV. Buch enthält 21 Kapitel. In fine: »In die sanctae 
.... virginis et martyris per fratrem Benedictum Anno (nach der Titel- 
copie 141 3); es steht nämlich: Anno 14. CX°. 111°. Es scheint demnach nur 
eine Versetzung der Buchstaben CX zu sein, es sollte wahrscheinlich xc.iii 
(1493) heissen, da der nämliche Frater Benedictus den folgenden Codex im 
Jahre 1494 geschrieben; es ist auch auffallend dieselbe Hand. Stammt aus 
der Olmützer Carthause. 

II. Cod. II, VIII. 18. Chart, fol. 98. charact. goth. 4® min. »In- 
cipit tractatus de imitatione Christi et contemtu mundi per quemdam de- 
votum canonicum regulärem ad rhenum.« Die gesperrten Worte 
stehen mit roter Tinte auf der mit schwarzer Farbe oder Tinte über- 
strichenen beinahe ganzen Zeile u. z. steht vdevotum« ausserhalb des 
Textes am Rande nebenbei, »rheniT< aber am obern Rande; wahrscheinlich 
stand auch hier früher wie im vorigen Codex: »per quendam Carthusienem.« 
Es scheint die Abschrift desselben Werkes zu sein, denn auch diese hat 
»cordetenus« anstatt »exterius.« In fine: »Finit feliciter per fratrem Bene- 
dictum anno Dom. Millesimo quadringentesimo nonagesimo quarto feria 
sexta in die festi Sti Marci Evangelistae.« Derselbe Einband wie beim 
früheren Codex. 

Paris. 
Catalogus codicum mss. bibl. regiae. Paris 1744. tom. III. et IV. 

I. Cod. II. MCMXXII. membr. saec. XV. enthält das 17. Stück: vLibri 
duo de imitatione Christi.« 

II. Cod. II. MCMLXXX. membr, olim Puteanus XV. enthält als 2. der 
15 Pi^cen: Imitationis Christi fragmentum de iudicio et poenis peccatorum. 
Inventaire des manuscrits latins conserv^s a la bibliothdque nationale sous 
les numdros 8823 — 186 13. par Ldop. Delisle. Paris 1863 — 71 setzt den 
Catal. bibl. regia fort. 

III. Cod. III. MDXCI. membr. olim Melchisedeci Thevenotii enthält 
als erstes der drei Stücke: »Liber de imitatione Christi sive admonitiones ad 
spiritualem vitam: authoris nomen noh comparet.« Der Katalog (tom. III. 



220 

p. 436) macht die Bemerkung: Js codex decimo quarto saeculo ex- 
aratiis uidetur. r^ 

IV. Cod. III. MDXCII. Chart, olim Mazarianaeus saec. XV. enthält als 
erstes Stück : »Liber primus de imitatione Christi : authoris nomen noncomparet.c 

V. Cod. III. MDCXXIX. membr. et chart. olim Philiberti de la Marc. 
XV. Als N. I erscheint : De interna conuersatione, siue de uirtutibus chrislia- 
norum libri tres: porro tertius liber huius operis idem est cum primo libro 
de imitatione Christi. 

VI. Cod. 10706. 1467. Pap, enthält auch De imitatione Christi. 

VII. 13596. Livre de l'Imitation de J. C. et divers traitds de piele de 
Thomas a. K. s. XV. 

VIII. 13597: Joannis Gerson libellus de imitatione Christi 1460. 

IX. 13598. Livre de Tlmitation. s. 15. Pap. 

X. 13599. Livre de l'Imitation XV. Pap. 

XI. 13600. Liber interne consolationis XV. Pap. 

XII. 13 601. Johannis Gersen liber de imitatione Christi. Pap. XV. 

XIII. 13602. De imitatione Christi. Lib. I. — De sacramento altaris. 
XV. Pap. 

XrV. 13603. Liber Jo. Gersen de imitatione Christi. XV. Pap. 

XV. 13604. De imit. spiritualis uite — De imitatione Christi XV. Pap. 

XVL Tractatus Johannis de Canabato (wol Canabaco) de imitatione 
Christi. 

Diese Codices von 13596 ab gehörten einst in die Bibliotht^que Saint 
Germain des Pr^s und finden sich verzeichnet im Inventaire des msc. lat. 
der Nationalbibl. von Delisle. Paris 1863 — 71. 



Inventaire des manuscrits fran^ais de la bibliotht^que natio- 
nale par Leop. Delisle. Paris 1876, tom I. 

I, Cod. 929 »Le livre de la ymitacion J. C. et mesprisement de ce 
monde, premierement composd en latin par s. Bernard ou par autre devote 
personne, attribut^ ä maistre Jehan Ge^on et apr^s translat^ en frangoys en 
la cit6 de Tholouse — L'eschelle de paradis, par s. Augustin (fol. 87) — XV. 
s. Peint, Armes d'Angoulöme au frontispice. 

^I- 13234. Le livre de l'imitation N. S. J. C. et du contempt de soy, 
du monde, et des vanitds de celuy. — Trait^ des commandements de la loi 
divine — Copitf 1468, Papier. Appartenait au XV. s. ä Katharine d'Enghien. 

in. 19320. (S. Germain); De l'imitation de J. C. translatd de hault 
alemant en langue frangoise. La pr^face, dat^e de Vienne en Autriche, le 
premier Umdi de careme 1537, est adresst^e i Marguerite, religieuse obscrvante 



221 



de l'ordre S. Dominique en la noble citd de Metz. II n'y a qiie trois livre. 
Copie achevde le 21 jiiin 1564. 

IV. 18 13. Le qiiairieme livre de Tlmitation. XV. S. Volume fait pour 
la reine Charlotte de Savoie. 

Kaiserliche Bibliothek in Petersburg. 
Dudfk, historische P'orschungen. Wien 1879. 

I. Codex 283, Z. (Dud. 52) char. XV. 187. Fol. S\ Thomas 
aKenipis: Incipit liber interne consolationis. »Gehört zu den besseren Hand- 
schriften mit dem Namen des Verfassers.« 

II. Cod. 12 1. (Dud. 66.) Siehe Seite 152 f. dieser Abhandlung. 

Bibliothek de Troyes. 
Catal. gt!n. des ms. des bibl. des dt^partements. Tom. II. 1855. 

Cod. 1428. cart. 4'. XV. enthält zwei Stücke, i) Tractatus utilis 
cupientibus in moribus proficere , ([ui dicitur de Imitatione Christi et con- 
temptu mundi, quem composuit deuota persona dominus Thomas de Quempis, 
ordinis canonicorum regularium in Alemannia. 2) Flores et uariis Patribus. 

Bibliothek de Verdun. 
Catal. gen. tom. V. 1879. 

Cod. 331. In-douze min. pap. vCollection d'Attel. Minuscule du XV. 
si^cle, 62 Folios, dont 2 blancs en tete et 2 ;\ la fin; 16 lignes i la pages 
rubriques. Sur le 5^ recto, marge inferieure, d'un eriturc de la fin du XV. 
si^cle: Istud voltmien est conventus coebstinorum Metensium.^ 

K. K. Hof-Bibliothek in Wien. 

Aus den Tabulae codicum ... in bibl. Palatina. Vind. 1863 — 75, mit 

eigenen Ergänzungen. 

I. 1354. XV. 219. 4® enthält als 16. Stück pag. 103^ — 122*» auf Papier 
und Membrane die beiden ersten Bücher der Imitatio Christi unter dem Titel : 
»Incipit hber scti Bernardi De perfecta imitatione Jesu Christi et de contemptu 
omnium uanitatum mundi.. 

II. 1576 (Hohendorf) m. XV. 186 4** c. init col. et pict. enthält Fol. 
I* — 186* Thomas a Kempis De imitatione Jesu Christi. (Alle vier Bücher.) 
186*' folgt Johannes Gerson, Tractatus de meditatione cordis, Denis II, 
DCLXXXIV. Die ersten sechs folia geben das Register Der Codex ist 



222 



sehr schön geschrieben Wir geben im Anhange eine Phototypie der ersten 
Seite desselben. 

III. 2248. (Lunaelac.) m. XV, 216. 12". Enthält unter andern die 
Regel Benedikts und von pag. 105^ — 167^ das erste Buch der Nachfolge 
unter dem Titel (pag. 106): »Incipiunt admonitiones ad spiritualem uitam 
utiles de imitatione Christi et contemptu omnium uanitatum mundi.« Ein ein- 
liegender Zettel besagt, diese Handschrift sei wol geschrieben von F. Henricus 
Immertheuer, Prof. Monsee im 15. Jahrhundert. 

IV. 3496. eh. XV. 267. 4" enthält als 26. Stück 204* — 215^ das 
erste Buch der Nachfolge : »Incipit tractatus de imitatione Christi et de con- 
temptu omnium uanitatum mundi.« 

V. 3549 (Lunaelacens). eh. XV. 226. 8". Pag. 129*» — 143^ steht 
das erste Buch der Nachfolge mit der Aufschrift : »Incipit prima pars tractatus 
de imitacione Christi et cont. omn. uanit. mundi.« 

VI. 3605 (Lunael.) ch XV. 221. 4** ein Misceliancodex von 8 Pi^cen. 
An das Horologium sapientiae des Hugo de S, Victore, mit welchem der 
Codex beginnt, schliesst sich als zweites Stück 121* — 138^ das erste Buch 
der Imitatio Christi an überschrieben in Rubrum: »De imitatione Christi et con- 
temptu omnium uanitatum mundi. Capitulum primum, qui sequitur me.« Wie 
der Schluss der Schrift Hugo's gibt auch das Ende des ersten Buches der 
Nachfolge expresse die Zeit der Abschrift an: »Et sie est finis huius tractatus. 
Anno Domini 1447 die quinta mensis Julii.<^ 

VII. 3607 (Lunaelac.) ch. XV. 162. 4". Auf dem Tractatus S. Bemardi 
Clarveaux De praecepto et dispensatione folgt als 8. Numer pag. 139* — 1 5 1* das 
erste Buch der Nachfolge unter der Ueberschrift »Tractatus cuiusdam reli- 
giosi de imitatione Christi et contemptu omnium uanitatum mundi et perfecta 
uirtutum perseuerantia assidua et attuta (?) practica uirtutum religiosorumc ; 
fol 151*; x>Explicit tractatus bonus de imitatione Christi et contemptu omnium 
uanitatum mundi. <^. 

VIII. 3617 (Lunaelac.) m. et ch. XIII. et XV. 275. 4'* enthält im 
Ganzen 18 Stücke, das 11. die vier Bücher der Nachfolge. Fol. 118*: »In- 
cipit tractatus de imitatione Christi et contemptu mundi et omnium uanitatum 
mundi, Capitulum primum, qui sequitur me«. Das erste Buch schliesst Fol. 
128*». »Explicit prima pars scilicet de imitatione Christi. Incipiunt ammoni- 
ciones ad interna trahentes. De interna conuersatione capitulum primum.« 
In Mitte des letzten Kapitels dieses Buches Fol. 136» bricht 
die sehr schöne Hand ab und setzt eine viel neuere fort. Fol. 136**- 
»Expliciunt ammoniciones ad interna trahentes secunde partis huius libri. 
Incipit tercia pars huius libri De interna consolatione et primo de interna 
Cristi locutione ad animam fidelem. Cap. primum.« Es weist dieses Buch 
64 Kapitel auf, weil, wie öfter, die »Orationes« apart als Kapitel gerechnet 




''3 

werden, Fol. iSi": »Incipit quarta pars. De sacramento altans.i Fol. 197 folgt 

die Kapitelübersicht und Fol. 199' der Schliiss in Rubrum: «Kx^jÜcit tractatus 
de iinitatione Christi. Anno domini quadringentesiino sexagesimo secundo 
Martini episcopi Tiironensis.« Diese Angabe rührt her von der jüngeren Hand, 
welche die sehr alte der zwei ersten Bficher fortsetzt, 

IX. 3640 (Lunaei.) iii, et eh. XIV. igö. 8" als vierte Piiice 74" — is<)^ 
auf Papier das erste Buch der Nachfolge Christi unter der Aufschrift: »Incipit 
tractatus de reforniatione hominis aut de imitatione Christi et contemptu 
omnium uanitatum miindi.u 

X. 3645 (Lunael.}ch X, etXVI. a8i. 8". Von Z3'~4S'' enthält das zweite 
Buch der Imilatio unter dem Titel: »Incipit secundus tractatus de imiL Christi 
et de interna inspiratione. Expl. intrare in regnum dei, quod nobis praestare . . .« 

XI. 3797 (Lunaelac.) eh. XV. (1451 — 1452) 104 4". Ein Miscellan- 
codex von 7 Stücken, Fol. 109" — 161'' sind alle vier Bücher der Nachfolge 
Christi; fol. 168'' in Minium: »Incipit tractaltls bonus de imitatione Christi, 
siibdiuisiis in quatuor partes, in quarum prima iam immediate sequitiir de 
extetioris hominis composilione, quae incipit: Qui sequitiir me. Capitulum 
primum." Fol. 121'': »Explicit prima pars istius tractains de exterioris hominis 
dispositione.i: 122" in Rubro: ilncipit secunda pars tractatus de imitatione 
Christi et contemptu omnium uanitatum mundi et sunt ibi admoniciones ad 
interna trahentes. De interna inspiracione. Cap. 1. fol. 128'': »Explicit pars 
sec. de imitatione Christi et contemptu omnium uanitatem mundi. Incipit 
pars terlia eiusdem tractatus de interna consolatione ad fidelem animam. De 
interna Christi locutione. Cap. l.« Fol. 151 *: «■Explicit terlia pars tractatus de 
imitatione Christi et contemptu omnium uanitatum, quae est de interna con- 
solatione. Incipit quarta pars eiusdem tractratus de imitatione Christi et de 
contemptu omnium uanitatum et est de sacramento allaris et de bis, quae 
concernunt ad sacramentum et speciaJiter de deuola praeparatione. Cap, I.,* 
fol. 161'': Octo inuitaloria praecipua de sanctissimo sacramento c. XIX. 
fol. loa'*: Duo considerare debemus ut habetur infra islo capitulo, c. XX. 
Ibid. De sacramento, c, XXI. fol, löai": »Explicit tractatus de imitatione domini 
nostri Jesu Christi et de contemptu omnium uanit.itum in die s. Briccii episcopi 
anno 1451. Folgt ein Traktat des hl. Bonaventura. Zu bemerken ist, dass 
die Kapitel des ersten Buches keine Aufschrift haben, wol aber die der folgenden. 

XII. 3799. (Lunael.) eh. XV. {1454) 262 f. Fol. 37"— 92'' stehen 
alle vier Bücher der Nachfolge Christi, »Incipit tractatus bonus de imitatione 
Christi subdiuisus in IV partes, in quarum prima iam immediate agitur de 
exterioris hominis compositione, quae incipit : Qui sequitur me, Cap. prlmum ;< 
fol. 48 beginnt das zweite, fol, 55" das dritte und c. 79'' das vierte Buch 
der Nachfolge, Fol, 92^: :Finitum in die visitationis marie an. 1454.- 

Alles so wie bei cod. 3797; es dürfte auch derselbe Schreiber sein. 



224 

XIII. 3^59 (I'Unaelac.) eh. XV. 228. 8" enthält als das 28. (der 30.) 
Stücke das erste Buch der Imitatio Christi. Fol. 190^ — 216**- Fol. 190^: 
De imitatione christi et contemptu omniuni uanitatum mundi. 

XIV. 3916 (Salisb.) m. et eh. XV. 49 f. Sammelcodex, welcher als 
N. 7 Fol. 37'' — 47*^ Buch I und II der Imitatio Christi enthält. 37^- Trac- 
tatus de contemptu mundi. Kap. 1. De imitatione Christi. Fol 42^ in Minimn : 
Secunda pars. Incipiunt ammoniciones ad interna trahentes. Kap. I. De regno 
dei intra nos. Expl. Fol. 47. Die Kapitelüberschriften sind zumeist von 
den recepirten verschieden: 1. I: c. 2 De cognitione sui, c. 18: De exemplis 
patrum, c. 21: De compunctione cordis et meditacionibus, c. 22: De com- 
punctione et dei consolatione, 24: De iudicio ultimo, lib. II c. 2. De humili- 
tatione, c. 3. De pace interna, c. 4. De simplicitate et puritate, 5. De prae- 
sumptione propria, c. 6. De gloria et conscientia, c. 8. De Jesu et eins 
dilectione, c. 9. De alteracione consolacionum, c. 10. De gratiarum actione, 
c. 1 1. Quomodo (piidam sequuntur Jesum, c. i 2. De cruce portanda in pacientia. 

XV. Cod. 4009 (Lunaelac.) eh. XV (1435 ^^ M38) 216. 4". enthält 
22 Stücke. Als vorletztes fol. 175*^ — 185^ das erste Buch der Nachfolge. 
Fol. 175^. »Incipit de imitatione Christi et contemptu omnium uanitatum 
mundi. Cap. prim. ^ Kxpl. 185: Benedictum sit nomen domini nostri 
Jesu Christi Dei et gloriosae iiirginis marie matris eins in aeternum et ultra 
Amen. . Datum von derselben Hand in Rubro. Anno 1438. 

XVI. 4021. eh. XV. 208. 4. Als 5. Stück dieses Collectancodex er- 
scheint das erste Buch der Nachfolge Christi fol. 115*' — 136*^ und zwar 
ganz unvermittelt: ::()ui sequitur me.< . . fol. 135'': ;*F^xplieit traetatus de 
reformatione hominis 1451. Registrum seu tabula contentorum capituloruni 
traetatus perseripti de reformatione hominis et primo de imitatione Christi. ^ 

XVII. 4064. m. et eh. XV. 276. 8\ als 13. Numer erscheinen fol. 
196 •'* — 240 * die zwei ersten Bücher Imitatio; fol. 196'* (rot, blau unterstrichen) : 
»Sequitur quidam traetatus de imitatione Christi et de contemptu uani- 
tatum nedum contristantium sed et consolancium in seculo huius mundi edi- 

m 

tus per quendam Cartusianum in Reno etc. Tabula primi libri. ^ fol. 196*^: 
De Imitatione Christi. Capitulum primum. Fol. 219^* Explieit prima pars 
huius. Incipit secunda ut sequitur. 219^ De regno Dei. Regnum dei intra 
nos est. Fol. 240 finis huius opusculi 14 Kalendas martii. feria 2* Ann. 
dom. etc. 39. Folgt unmittelbar Gersons Traetat de pollucionibus. Cap. 4 ist 
ganz ausgefallen ; auch die meisten folgenden Kapitel erscheinen verstümmelt 
und nur im Auszuge. Cap. XX beispielsweise unter dem ganz abweichenden 
Titel: De conpunetione cordis et meditationibus, de solitudine et silentio et 
de cella. Auch andere Kapitel tragen ganz willkürliche Aufschriften, so das 
IG. des zweiten Buches: Jesum, quomodo ciuidam setjunntur; ibid 11: De 
cruce portanda. 



XVIII. 4oög. eh. XV. 409. 8\ Ein cocl^ coUectaneus von 4oPiöceii; 
als II. von fol. 183^ — 3it^ die ersten 24 Kapitel vom ersten Buche der 

Nachfolge. Fol. 183" und '■ gibt die Tabula, welche auch nur 24 Kapitel 
anzeigt. Das nächste Folium trägt in Rubrum die Aufschrift: Incipit irac- 
tatus de ymitacione Christi et conlemptu omnium uanitatum mundi.« 

XIX. 4096 (Lunaelac.) eh. XV. (1478) 285. 16". enthält 27 Stücke, 
das 4. gibt die zwei ersten Bücher der Nachfolge Christi von fol. lo*" — 
6 7''; fol. lo^'; tlncipiuntcapituiaseqneniisopusculi.a Folgen die Kapitelüberschrif- 
ten des ersten Buches der Imitatio; fol, 1 1 ' »Absolutiones.t ii*" uacat. fol. 12" 
in Rubro. »Incipit tractatus priinus de imitatione Christi et de contemptu 
omnium uanitatum mundi. Capitulum primura ; fol. 43*'- »Incipit pars secunda 
de imitatione Christi, De interna inspiratione. Cap. primum.t Explicil fol, 
68''; jintrare in regnum dei. Amen. Nobis parcere dignetur Jesus Christus, 
quicum deo patre et spiritu sancto uiuit et regnat in saecula saeculorum. 
Amen.-^ Die Jahreszal 147S steht fo!. 2S$^ des von einer und derselben 
Hand angefertigten Codex. 

XX. 41 16. (Lunaelac.) eh. XV. 347. 8". enthält 21 Diversen. Fol. 
77' — 109'' das erste, fol. 316' — 339'' das zweite Buch der Imitatio 
Christi. Fol. 77": »Incipit tractatus de ymitalione Christi et de contemptti omnium 
uanitatum mundi. cap. pr.i F'ol. 316 = ; »Incipit secunda pars tractatus de 
imitatione Christi et de contemptu omnium uanitatum mundi et sunt ibi 
admonitiones ad interna trahentes. De interna inspiracione. Cap, pr. t Explic. 
fol. 339'' lin regnum dei, quod nobis praestare dignetur Jesus Christus, qui 
cum deo patre et spiritu sancto uiuit et regnat in saecula saeculorum. Amen.i 

XXI. 4221, eh. XV. 3i5.f.;als lö.Stdck 303» — 31^^ erscheint das 
erste Buch der Imitatio Christi. Fol. 303 in Minium: ilncipit tractatus de 
formatione hominis et primo de imitacione Christi et contemptu omnium 
uanitatum mundi. • Folgen die Kapitelüberschriften des ersten Buches. Expl. 
fol. 313'' »Quantum tibi uim intuleris,* 

XXII. 433S. m. et eh. XV. 144 f. 8'. Diese Handschrift enthalt nur 
die vier Bticher der Nachfolge Christi. Fol. i" — 36'' enthalten das erste 
Buch. Fol. 37", pergament., gibt die Kapitelaufschrifien des Über primus. 
37'' beginnt das zweite Buch, auch ohne Kollektivtitel und ohne Kapitelüber- 
schrift unmittelbar: »Regnum dei« . , . Fol. 48'': »Expliciunl admonitiones 
ad interna Irahentes. Incipit tertia pars huius lihri, qui est de interna con- 
solacione, de interna Christi locutione ad animam fidelem. Capitulum primum, < 
Der Schluss des lib. IV ist verstümmelt. Die Kapitel haben keine Ueber- 
schrifl und werden unnumerirt an einander gereiht. Auf der Innenseite der 
ledernen Einbanddecke steht von späterer Hand {i 7. Jahrh): »Hunctractatumfecit 
quidam regularis canonicus ordinis s. Augustini et intitulatur liber de Imitatione 
Christi. Auf dem Pergament- Heftblatt am Schlüsse des Buches steht:» f Suin 



i 



226 

Georgii Tanneri Juriscons. senioris, in perpetuum Tannerianae posterilatis, 
filior. et nepotum usum; unde superioris seculi infelicitatem cognoscat et me- 
cum Deo aeterno Patri Domini npstri Jesu Christi pro restituta luce uerae 
doctrinae ardentius gratias agat.c 

XXIII. 4347. eh. XV. 342. 8"- Ein Miscellancodex mit Stücken von 
verschiedenen Händen. Fol. 299^ — 3^3* steht der Über primus de imit. 
Christi. Fol. 299*: »Incipiunt capitula sequentis operis de imitatione Christi et 
de contemptu omnium uanitatum mundi.c Gegen Ende dieser Blattseiten: 
»Incipiunt ammoniciones ad spiritualem uitam utiles ad imitacionem Christi 
et contemptum omnium uanitatum mundi. Qui sequitur me.« Explic. 
fol. 313: »uim intuleris. Et sie est finis.€ 

XXIV. 4350 m. et Chart. XV. (1430 und 1433.) 1 7 1 f. 8" enthältals 3. Pi^ce 
fol. 33* 56^ auf Papier das vierte Buch der Nachfolge Christi; fol. 33*: >Incipit 
deuota exhortatio ad sacram Christi communionem. Incipiunt capitula. Cap. 
prim. Cum quanta reuerentia . . .< Fol. 33^: »Expliciunt capitula. Incipit 
deuoto exhortatio ad sacram communionem . . .« Fol. 56^: »Et sie est finis 
huius libelli. Deo gratias.« Der Traktat gibt die recepirten 18 Kapitel des 
vierten Buches; die Jahreszal 1433 steht Ende des zweitfolgenden Tractates: 
»De modo communicandi« fol. 79*- 

XXV. 4507. eh. XV. 300. 4 " enthält 27 Stücke; das 11. fol. 43*— 57* 
gibt das erste Buch der Imitatio Christi. Fol. 43*: »Incipit tractatus de re- 
formatione hominis et primo de imitacione Christi et contemptu uanitatum 
mundi. Priraum cap.« Expl. fol. 57: »uim intuleris. Tu autem domine mise- 
rere nobis.« 

XXV^I. Cod. mscr. 3003 gibt eine deutsche Uebersetzung der vier 
Bücher der Nachfolge. Siehe hierüber unsere navolginge, Wien 1879. S. VII. ff. 

Klosterbibliotheken. 
St. Gallen. Ed. G. Scherer, Halle 1875. 

I. Cod. 786. Papier. 4". XV. 357 Seiten geschr. von Ulrich Aeppli 
an. 1435. S« 95 — ^S^ ^^^ imitacione Christi et contemptu omnium uani- 
tatum mundi. Qui sequitur. me.« 

II. 814. Papier. 2^ v. J. 1464 — 68. 461 Seiten, zweispaltig und 
durchlaufend geschrieben v. M. Burer. Ais 4. Stück. S. 81 — 125: »Incipit 
liber de Imitacione Christi et contemptu omnium uoluptatum (corrigirt uani- 
tatum) a suo primo capitulo intitulatus totusque liber denominatus. Qui 
sequitur me non ambulat.« S. 90 zweites B. ; S. 95 drittes und S. 114 
jedes mit seinem Register. Schussschrift S. 125: ^»Compilator huius libri fuit 
quidam frater Thomas nomine, ordinis canonicorum regularium S. Augustini 




monlis S. Agnetis Traieclensis. 
hora 3-- 

»Der Schreiber Mathias Biirer von Lindau, Kajilan an verschieder 
Orten, befand sich an 1467 in Ravensburg und Augsburg; seine Abschrift der 
Imitatio ist die einzige mit dem Namen des Autors Thomas auf der Stifts 
bibliothek». Scherer. 1. c. 273. 

IH. 1)17. Papier 4" XV. 326 Seiten, geschrieben von 
enthält die Regel des hl. Benedict und gleich nach dem ' 
venluras: De contemplacione deuote anime als 6. Stück S, 208 — 244 das 
erste Buch der Iinitatio: sincipit tractatus de Im. Christi et Internarum in- 
spiracionum. Qui sequitur me. Expl. uim intuleris.* 

IV. 918, Pap. 4°v.J. 1435- 730 Seiten, geschrieben von Jos, Oettinger 
de FUssen, enthält auch die Regula s. Benedicti und als PItee 7, S. 387 —436 : 
»Registrum breuilogü uirtutum 25. Kap.* und: »Incipit breuilogus uirtutum 
de Imitacione Christi et contcmplu mundi. <; (Erstes Buch der Imitatio, von 
der Hand Üettingers, also vom Jahre 1435.) »Ueber diese und andere 
St. Gallische Abschriften der Imitatio siehe Calmel's Diarium p. 73 — 74 und 
Kolb's Briefwechsel bei Weidmann Geschichte p. 340 — 42. Von dem ersten 
ältesten Buch der Imitatio gibt es in Frankreich eine Handschrift, die um 
ein Jahrhundert vor Thomas a Kem[)is geschrieben ist; das 
zweite Buch gleicht noch am meisten dem ersten, während das dritte schon 
weit weniger altertümlich und schlicht, das vierte jtingste aber vollends ganz 
scholastisch ist und erst im 15. Jahrhundert hinzukam. Die vier Aufsätze, 
die Kerapis bloss zusammenstellte oder kopirtc, gehören also mindestens drei 
Verfassern und ebenso vielen Jahrhunderlen an, S, Th, V. Leclerc in hist. 
litt, de france tom. XXIV. a. 1863.« (Scherer 345.) 

V. 927. Pap. 4" V. J. 1435. 724 S. zweispaltig; meist von einer 
Hand. S. 235 — 62 ilucipit breuilogus uirtutum de imitacione Chr. et con- 
temptu mundi,* S. 263—79 '"^'g* ''^ zweite Buch der Nachfolge unter dem 
Titel: >Inc. opt. tractatus quomodo se ipse religiosus agnoscat. Cap. prim.« 

VI. 941. Pap. 4° XV. Enthält 330 Seiten und gleich als ersten 
Tractal (in schlechter Schrift): >Incip. admoniciones ad intemum trahentes 
de interna conversacione cap, prim....* S, 33: «Explic. ammoiiic. ad in- 
terna trahentes. Incip, tertia pars huius libri, quae est de interna Chr. 
locutione etc,= sExplicil über interne consolatioiiis. ■ 

VII. 952, Pap, 4" XV. 192 S. mit Custoden, am Ende unvollsl. {Schriftzug 
des P. Gall Kemly f a. 1497) enthält bloss das zweite, dritte und vierte Buch 
der Imitatio Christi unter dem Titel S. i : »I.iber de imitacione loquens de 
animonicionibus ad interna trahentibus primo de interna con uersacione < S. 28: 
>Incipit über tercius loquens primo de interna Christi locucione.« S, 145 : »In- 



i 



22& 

cipit deuota exhortacio de sacramento: Venite ad me omnes.« (Am Ende 
fehlen i ^/^ Paragraphen.) Deutsche Handschrift der Imitatio Christi. 

VIII. 965. Pap. 4* XV. 484 S. geschrieben von Fr. Cölner und drei 
Anderen, den Beichttöchtern vom Kloster S. Georgen zugeeignet. S. i — 106 
steht das dritte Buch der Nachfolge. Ueberschrift : >In dem namen . . . ain 
buch von der Innerlichen rede cristi zu der . . . sei. « Der Schreiber Fr, Cölner 
starb 20 Jahre vor Th. a Kempis. 

IX. 970. Papier. 4". XV. 319 S. geschrieben von F. Cölner. S. 292 — 316: 
»Dis nachgendi buch haisset daz buch von der weit versmänisse. = 2. Buch 
der Nachfolge.« 

»Fr. Kölner, der Uebersetzer des Thomas a Kempis in dieser Hand- 
schrift und in cod. 998 starb 1451; lateinisch erscheint das erste Buch der 
Imitatio schon 1435 i^ ^°^' 9^^- ^^ Werk ist somit älter als 1449 (oder 
1441 ? Hirsche's Prolegomena 1873. p. 3), in welchem Jahre das Autographon 
von Thomas, jetzt in Brüssel, zwar nicht verfasst aber geschrieben ist, »scripsit,^ 
wie auch eine Abschrift, die Ulrich Berger de Sancto Gallo davon machte.« 
Scherer 364. 

X. 972 <^ Pap. 4". XV. 360. S. Als 7. Stück (S. 265—328) erscheint: 
»Incip. de interna locutione ad animam fidelem.« S. 328 — 343 ist dns Re- 
gister und Text: >Regnum dei intra uos est.« »Explic. ammoniciones ad 
interna trahentes.« (3. und 2. Buch der Imitatio.) 

XI. 998. Papier 12®. mai. XV. 176 S geschrieben von Fr. Cölner 
für die Nonnen von S. Georgen. Bl. 32 — 102: »Hie nohet ain buchli an von 
gaistlicher vermanung zu einem gaistlichen Leben zum ersten von der 
nachvolgung Christi und von versmähung aller uppigkait der weit.« Dann 
folgt: »Das büchli ist gehaissen von der weit versmächt. Von der inner- 
lichen Wandlung.« 

XII. 1009. Papier 8". XV. 243 S. i. »Iste liber intitulatus est paradisus 
anime et continet in se tres libros. Primus liber habet XXV. capitula.« S. 60 
zweites Buch. S. 181 dritttes Buch. 

»De Imit. Christi lib. I, II. III. in sauberer Schrift mit roten Rubriken 
und roten und grünen Anfangsbuchstaben, ohne Namen des Schreibers. 
Derselbe gehört dem XV. Jahrhundert an, da er die »i« punktirt oder accen- 
tuirt, runde »s« am Schlüsse und spitze »a« setzt.« G. Scherer 384 f. 

Benediktinerstift Göttweig. 
Mitgetheilt von Bibliothekar Augustin Nüssl. 

I. Codex 467 (286) ein Miscellanbd. XV. Jahrhdt., Papier 4® enthält 
ein vollständiges M. S. der Imitatio. Cursivschrift verschiedener (3) Hände. 



'J9 

Der Katalog führt als Tbeilc a, b, c an. In b nun ist die Imiiatio enthalten 
neben Gerson's tractatus de temptationibus und remedia contra aliquas ten- 
lationes, nebst verschiedenen ascetischen Bruchstücken aus Bonaventura. Diese 
Pii:ce b enthält 157 Blttr., auslaufende Zeilen, schwarz mit 'l'inle eingerahmt. 
Aufschriften und Initialen, rote Schrift, schwer leserlich, I-'ol, i*" rote Auf- 
schrili: >Incii>it tractatus de imilatione xpi et conlemptu mundi. Editus per 
quemdam Carthus, in reno(Rheno) mullum aediticatorius pro salute animae.c 
Darauf folgt das Capitel Verzeichnis des lib. I und zwar 23 statt 35 capp. 
wegen der Zusammenziehung zweier in Eins; lib. I. endet: tvim intuleris.« 
Lib II. beginnt V. 1 1» : »Incipit seciind. tractatus, de regnoDeicap, I.* und endet 
mit Cap. X[ (weil zwei zusammengezogen); tintrare in regnum Dei. Amen,» 
Darauf folgt Fol. 20»' üb. III: »Audiam quid loquatur in me Dens Deusi, 
schüesst mit Cap. 64 statt 59 (weil mehrere capp. zertheitt sind) mit: iperpetuae 
charitatis amen. Explicit tertius tractatus de regno dei in die Christine virginis.« 
Ohne weitere Ueberschrift beginnt auf $2' lib. IV. mit: iVenitc ad me omnes« ; 
cap, XVIIt, schliesst mit: »mirabilia dicenda.« Aber es folgen jetzt noch drei 
capp. (Der Schreibet glaubte fest, dass sie dazugehören und hatte die drei 
capp. auch im vorliegenden M. S.) Cap. XIX. Octo invitatoria praecipua ad 
sacratissimum sacramenlum. Cap, XX. Duo considerare debemus. Cap. XXI,, 
De sacramenio überschrieben, schliesst 6;'' mit den Worten: perficietur fruitio, 
{Meine Meinung über diesen Zusatz ist, dass ein magister novitiorum den- 
selben machte und die Abschreiber nahmen bona lide ihn als zum lib. IV 
gehörig auf, obwol schon die ersten Zeilen den Zusatz als solchen kenntlich 
machen,) Dieser Codex 967 stammt aus der Carthause Aggsbach, wie eine 
dreimalige Einschrift von anderer Hand doch saec. XV, beweist: >Istelib.est 
fratrum Carthusiensiiim domus portae b. Mariae Virginis Patav, Dioeces. Qm le 
furatur, palibulo suspendatur.* Der Codex kam nicht erst zur Zeit der Auf- 
hebung der Carthause nach Göttweig, sondern schon früher, vielleicht schon 
im 15. Jahrhundert, denn der Einband ist auffallend ähnlich mehreren gegen 
Ende des 15. Jahrhunderts in Götlweig gebundenen Codices. 

Der Schreiber war jedenfalls ein Carthauser in Aggsbach, Der Text 
diesesCodex ist ganz eigenartig; stellenweisesuccincler, Auslassungen ganzer Sätze, 
bei cap. I, II des lib. II befindet sich die Correctur von anderer Hand saec. XV. 
Die auflaltendslen Germanismen sind in diesem Codex nicht , so heisst es 
auch: si scires toi. bibl. ohne »exterius.« Das Original für diesen Text stammt 
meiner Meinung nach aus dem Süden, vielleicht auch aus der grossen Carthause, 
denn bei dem Werke Gerson's: De temptationibus bemerkt derselbe Schreiber, 
ein Mönch der grossen Carthause habe es aus dem Gallischen in's Latein 
übersetzt mit Auslassungen und Zusätzen , wie es ihm gut dünkte. Der 
Schreiber hat nach meiner Meinung abgeschrieben, es wurde ihm nicht diktirt. 
In Aggsbach kannte man also den Verfasser nicht, man meinte aber, wie 



die Ueberschrift zeigt, dass ein Carthäuser am Rhein es sei. Die einzelnen 
Ordenshäuser standen mitsammen doch soweit im Verkehre, dass, wenn ein 
Zeitgenosse des Schreibers der Verfasser eines so ausgezeichneten, hoch 
geschätzten Büchleins gewesen wäre, man sicherlich sich um den Namen 
des Auetor bekümmert hätte. Der Schreiber meinte also mit seiner Ueber- 
schrift, vor Zeiten einmal habe ein Carthäuser das Werk verfasst. Die Ver- 
mutung fiel auf die Gegend am Rhein, weil gerade am Oherrhein um Basel 
schon im XIV. und auch im XV. Jahrhundert der Verein der mystischen 
Gottesfreunde (wozu gewiss auch Carthäuser gehörten oder mit ihnen in reger 
Verbindung standen) eine segensreiche Wirksamkeit entfaltete durch Verfassung 
von erbaulichen populären Schriften. (Basler, Plenarien, Auslegung des Le- 
bens Jesu und Mariens, Heilspiegel etc. existirten doch gewiss handschriftlich, 
bevor sie gedruckt wurden.) Was die Zeit anbelangt, wann der Codex 467 
geschrieben wurde, so ist einmal wahrscheinlich, nach 1429, weil Gersons 
Werk von derselben Hand geschrieben ist. Ich erinnere mich jedoch, dass 
auch schon zu Lebzeiten Gersons M.SS. seiner Werke in Göttweig waren, 
aus einem datirten Codex wurde ich darauf aufmerksam. Vergleichung der 
Schrift und vor allem das Papierwasserzeichen weisen auf die erste Hälfte 
des XV. Jahrhunderts, also 1429 — 50; (dasselbe Papierzeichen ist beim fol- 
genden Codex 456 der Fall). Auf mich hat der Codex mit seiner Text- 
beschaffenheit und vorausgehenden Ueberschrift den Eindruck gemacht, dass 
Thomas unmöglich Verfasser sein kann. Wie wäre es möglich, dass schon 
in der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts so grosse Textvarianten auftreten, 
und dass in den Benedictinerklöstern soviele MSS. sich finden (ich weiss 
nur Molk mit 20, St. Gallen mit 12). 

11. Codex 456 (256) Papier 4** Miscellanbd. XV. Jhrhdt. Als Be- 
standtheile führt der Catalog an : a, b, c, d, e, f, g, h, i, k, 1, m , von 5 
oder 6 verschiedenen Händen geschrieben und zwar nach meinem Dafürhalten in 
Göttweig; denn in anderen Codices ist es bemerkt, wenn sie erworben oder anders- 
wo geschrieben wurden. Der Einband ist derselbe wieder anderer datirter, in Gött- 
weig geschriebener, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammend, h nun ent- 
hält in 50 Blättern II. III. IV. lib. derlmitatio. Fol. i*: »Incipit pars II. de 
imitatione Xi. et omnium vanitatum mundi. Et sunt ibi admonitiones ad 
interna trahentes, primo de interna inspiratione cap. primum.« Blatt 7^ schliesst 
üb. II cap. XII mit: »Intrare in regnum Dei quod (gewöhnliche Predigtschluss- 
formel des XIV. und XV. Jahrhunderts) nobis parare dignetur ihs xpc qui 
cum Deo patre et sp. scto viv. et regnat in s. s. Amen. Deo gratias.« 7^: 
»Incipit III. pars huius libelli de interna consolatione de interna Christi locu- 
tione ad animam fidelem cap. I. Audiam etc. c und endet Fol. 35^ cap. 64 mit: 
»Perpetuae claritatis Amen.« Fol. 35^ folgt in roter Ueberschrift: »IncipitIV. 
pars libri, qui intitulatur de imitatione Christi. Et est de sacramento altaris 




et tle his, quae concemunl ad sacramentum et specialiter de devota praepa- 
ratione* (letzteres in Beziehung auf die drei hinzugefügten unechten Capitel.) 
Auch in diesem Codex hat lib. IV. nach dem i8. noch 3 unechte Capitel 
mit denselben Unterschriften und Schlüsse wie Cod. 467; nur ist hier 
cap. XIX. vollständiger und der Text richtiger wie bei Cod. 467. Dieser 
steht mit 456 jedenfalls in einer nahen Beziehung. Lib. III. und IV. zeigen, 
dass 467 von 456 abgeschrieben wurde öder auch beide eine gemeinsame 
Vorlage haben; bei lib, II. tritt schon die Verschiedenheit hervor. Der 
Schluss des lib. IV. cap. XX[, lautet: »Perficietur fruitio. Explicit tractatus, 
qui intitulatur Qui sequitur me.t Also der Beweis, dass der Schreiber die 
3 Capp, für echt hielt, nicht selbst machte, sondern dass sie in der Vorlage 
auch enthalten waren. Was die Cursive dieser Imitatio anbelangt, so gehört 
sie nach genauer Vergleichung mit anderen datirten MSS. in die erste Hälfte 
des 15. Jahrhunderts, auch das Papier Wasserzeichen fand ich genau wieder 
in einem 1437 datirten Codex. Dieses Jahr kann also als Entstehungszeit 
dieses MS. gelten. Der Text dieses Codex muss ausgezeichnet genannt 
werden, der Schreiber hat sich keine Blossen gegeben ; so frappante bestechende 
Textvarianten hat der Codex 467 nicht aufzuweisen. Z.B.Codex 456 lib. 
11. cap I. . . fOmnis gloria ejus et decor ab intus et ibi complacet sibi fre- 
quens visitatio cum homine interno etc.« Geschrieben scheint mir Codex 
456 für ziemlich sicher in Göttweig, weil er keine Einschrifl hat, dass er 
in anderem Besitze, vom Stifte erst erworben wurde. Der ursprüngliche 
Einband ist ganz gleich mit bestimmt in Göttweig geschriebenen; auch die 
Schrift findet sich in anderen Codd. 

III. Codex 297 (332). Papier, Fol. Miscellanband. Cursiva. ■ Die 
verschiedenen Theilc, von verschiedenen Händen geschrieben, bezeichnet der 
Catalog mit; a, b, c, d, e, f, g, i, k, 1. Sub Blatt 2» beginnt lib. I de imi- 
tatione; voraus gehl das Capitelverzeichnis mit 25 Capp., die einzelnen Capp. 
ohne die gewöhnliche rote Ueberschrift. Dieses M.S. enthält nur lib. I von 
3 Händen geschrieben. Die erste Hand war sehr sorgfältig und correct, 
während die zwei andern Hände leichtfertig, eilig schrieben, Cap, XXV. 
schliesst mit: «Uim intuleris. Tu autem D"= mis. nob. Deo gratias,« Sehr 
auffallend ist es mir, dass gerade dieses ältere M.S. >si scires tot. bibl. 
exterius« hat. Im cap, XXV: ^Altendite Carthusiensium astrictionem * (die 
Cistercienses ausgelassen}. Das grobe Papier im Vergleich mit den obigen 
Codd., die Schrift und das Papierwasserzeichen vom Jahre 1422 lassen dieses 
Jahr als Entstehungszeit dieses M.S, annehmen. Nur darum glaube ich, hat 
der Schreiber des Codex 456 mit Hb. II. angefangen, weil lib, I in diesem 
Codex hier schon vorhanden war. Wo mag er die Vorlage hergehabt haben ? 
Diese unsere 3 MSS. setzen 3 verschiedene .andere MSS. voraus, von denen 
sie coiiirt wurden. 



J 



Benediktinerstift Kremsmünster. 
Mitgetheilt von Bibl. Hugo Schraid. 

I. Codex 9; Papier; saec. XV. Fol. 311. 4* verschiedene theologische 
Tractate, meist ascetischen Inhalts, enthaltend. Dürfte' ursprüngliches Eigen- 
tum von Kremsmünster sein. Fol. 196^ rot: »Incipiunt capitula sequentis 
libri capitulum primum de imitacione Christi et de contemptu omnium vanitatum 
mundi.c Nach dem Kapitelverzeichnis rot: »Incipiunt ammoniciones ad 
spiritualem vitam utiles De imitacione Christi. c Fol. 197* rot: »De imi- 
tatione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi. Capitulum primum.« 
Ansatz: >Qui sequitur nie« etc. Fol. 208^ endigt: »Quantum tibi ipsi vira 
intuleris Explicit tractatulus utilis valde perlegenti.« Der Imitatio geht un- 
mittelbar voran fol. 192^ — 96* Consideraciones XX quinque eiusdem doctoris 
(i. e. Joannis Gerson) De confessionibus audiendis. 

IL Codex 22; Papier; saec. XV. Fol. 276. 4^ verschiedene theologische 
Tractate, kirchenrechtlichen, ascetischen und kirchengeschichtlichen Inhalts 
in sich fassend. Fol. 247* rot: »Incipiunt capitula — vanitatum mundi« 
(wie oben) Fol. 247^ rot: »Incipiunt ammoniciones ad spiritualem vitam 
utiles De imitacione Christi et de contemptu omnium vanitatum mundi Cap. I.« 
Fol. 161^ »vim intuleris Expliciunt capitula de fraterna correctione Anno 
domini MCCCCL. vicesima Octava die Mensis Marcii feliciter Amen.« Der 
Imitatio geht voran fol. 240* — 247* Collatio de exaltatione sancte crucis 
M. L. H. (Leonard Huntpichler?). Der Schreiber des ganzen Codex nennt 
sich fol. 240* (am Schlüsse des fol. 225^ beginnenden Wortes ^Puncta 
religionis Christiane coUecta per Magistrum thomam ybernicum«): »Explicit 
hoc opusculum per me fratrem vir. Schoppnczawn vltima die Mensis februarii 
Anno domini 1450. scriptum.« lieber Ulricus Schoppnzawn, Professus Cremi- 
fanensis, später 1454 — 1488 Abbas Cremifanensis handelt Pachmayr, Series 
Abbatum et Religiosorum Monasterii Cremifanensis pag. 246 sqq. 

IIL Codex 95 ; Papier; saec. XV. Fol. 250. 4"; verschiedene theologische 
Tractate enthaltend, Provenienz unbekannt. Fol. 174^ rot: »Sequitur de 
ferventi emendatione tocius uite Capitulum 25.« Anfang: »Esto vigilans et 
diligens« etc. Fol. 177^ endigt: »vim intuleris« und rot: »Finita sunt 
capitula de correctione fraterna.« Nach mehreren anderen Stücken folgt 
fol. 216* rot: »Incipiunt ammoniciones — vanitatum mundi Capitulum pri- 
mum« (wie Cod. 22). Beginnt ohne Kapitelverzeichnis : »Quisequitur me« etc. 
Endigt fol. 23s*: »vim intuleris« und rot: »Finita sunt capitula de correc- 
cione fraterna.« Der Imitatio geht vorher 139^ — 174^^ Epistola Humberti 
de tribus essencialibus religionis, conscripta ad omnes religiosos. 

IV. Cod 191; Papier; saec. XV. Fol. 284; 2. Enthält verschiedene 
theologische Tractate. Provenienz unsicher. Fol. 47* rot: »Incipiunt 



'$3 

ammoniciones — vanitatum mundi Capitulum priraum« (wie Cod. 22}. 
Beginnt: >Qui sequitur« etc. Schliiss Toi. Ss"" col. 1: >vini intuleris Amen.« 
Hierauf rot: «Incipiunt capitula sequentis (corr. precedentis) libelÜ«, welches 
Verzeichnis col. a schliesst. Der Im. geht voran fol. 45' — 46'' Pater noster 
cum glossa, 2 Spalten. Der Schreiber ist unbekannt ; doch ist die .Abschrift 
sicher 1457 oder 1458 zu. aetien; denn im selben Codex findet sich fol, 
10* — 21'' ein Wort mit der Schlussschrift : vExplicit iractatus de modo ligandi 
et solvendi Magistri henrici de hassia 1457.« und folTS?'' — löi'" enthalten 
iCompendium Magistri Vdalrici (sie) de Argentina contemporanei S. T.t ^Tho- 
mae), an dessen Schlüsse steht: lAniio domint 1458 In die S, Fabiani ei 
Sebastiani;c beide von derselben Hand, die den weitaus grÖsstenTheÜ des 
Codex schrieb. 

V. Cod. 168; Papier; saec, XV, Fol. 423 8«. Enthält verschiedene 
theologische Tractate, die grösstentheils auf Religiösen, besonders Ord. S. 
Bened, sich bezieheo. Schreiber ist Fridericus Kerspeziger, Professus Cremi- 
fanensis (anno 1419). Siehe Über ihn Pachmayr, op. Cand. p. 241, wo der 
vorliegende Codex erwähnt und eine (nicht ganz vollständige) Inhaltsangabe 
gegeben wird. Daselbst ist auch die hier fol. 316 '^ — 317 ' befindliche Schluss- 
schrift mitgeiheilt; doch steht im Codex das Jahr der Abschrift nicht bald 
luich Beginn dieser Schlussschrift zwischen den Worten »Krembsmenstert und 
tferia tercia*, wohin sie allerdings dem Sinne nach gehört, sondern am Ende 
heisst es: :Annodomim M™ CCCC" XXX.V11I*. Fol. 184' rot: »Incipiunt 
capitula traclati (sie) de vanitate seci.t Nach dem Capitelverzelchnis f. 
184^ rot: >Oe imitacione christi et contemptu omnium vanitatum mundi 
capitulum primum. « Schluss fol. 208*: »vim intuleris Benedicta sil ens 
encium cum intima ilevocione in secula seculorum AMEN i. e. fiat mihi 
et Omnibus christianis Explicit tractalus vtilis valde perlegenli. 1 Nach einigem 
Zwischenraum folgt »Sermo beati augustini episcopi de vanitate secuÜ*, was 
wol die Ueberschrift von Fol. 184" erklärt. Der Imitatio geht voran Fol. 
145"— 183'': Alphabetarium de diuino amoris (sie.). 

VI. Cod. 384; Papier; saec. XV.; Fol. 166; 12". Enthält a) fol. 
2a_8ob Regula S. P. Benedict!, b) f. 80*'— 97": »Speculum peccaloris 
beati Augustini episcopi. t c) 97»— 117»: iPassus de virtute bonorum reli- 
giosorum sancti thome de aquino.i d) f. 119' — 160"; »Tractatus de imi- 
tacione chtisti.< Fol. ri7''— 118'', 160'' — 162'', fol, 165'', 166°'' sind 
durch verschiedene Noten ausgefilllt. Provenienz und Schreiber unbekannt. 
Fol. 119" rot: »Incipit tractatus de imitacione christi et contemptu omnium 
vanitatum mundi Capitulum I.< Beginnt ohne Capitelverzeichnis. Schliesst 
f. i6o": »vim intuleris« rot: »Amen.< 

VH. Cod. 402; Pergament; saec, XV.; Fol. 72; 12". Enthält a) f. 
i" — 45'' Tcgula beati benedicti Abbatis. • b) fol. 46" — 72'' ide imitacione 



_234_ 

Christi.« Provenienz und Schreiber unbekannt. Fol. 46* rot: »Incipiunt ca- 
pitula — vanitatum mundi« (wie Cod. 9). Nach dem Kapitelverzeichnis 
fol. 46^ rot: »Incipiunt ammoniciones — vanitatum mundi. Capitulum 
primum.« (wie Cod. 22.) Schliesst fol. 72^: »vim intuleris.c Hierauf rot: 
»Finita sunt capitula de correccione fraterna.« Sorgfaltige Schrift, welche eher 
der I. Hälfte des 15. Jahrhunderts anzugehören scheint. 

8) Cod. 411; Pergament; saec. XV. Fol. 146; i2*. Enthält a) fol. 
I a — 20* Kalendarium cum expositione. b) Nach einigen Vorschriften »Pro 
hospitibus suscipiendis«, »Ad mandatum fratrum« etc beginnt fol. 21* das 
Kapitelverzeichnis der Regula S. Bened. und die Regel selbst, welche bis 
fol. 88^ reicht, c) fol. 89* — 129^ »Tractatus de imita'cione christi.« d) fol. 
129^ — 239* »Tractatulus de quantitatibus sillabarum Excerptus ex doctri- 
nali M. Allesandri per Religiosum patrem M. Joh. Slittpacher de Weylhaim. 
professum Monasterii Mellicen.« e) f. 140* — 146* »Psalmi pro benediccione 
mense.« Fol. 89* rot: »Incipit Tractatus de imitacione christi et contemptu 
omnium vanitatum mundi.« Endigt fol. 128^: »vim intuleris.« Hierauf 
folgt nach der roten Ueberscrift »Capitula« das Kapitelverzeichnis bis fol. 
129^. Dieser Codex ist, wie die Ueberschrift fol. 21*: »Item uersus contineii 
numerum virorum canonisatorum de Ordine Sanctissimi patris nostri Benedicti 
Abbatis« zeigt, in einem Benedictiner-Kloster geschrieben und zwar, wie ich 
aus dem Kalendarium schliesse, wahrscheinlich • in Kremsmünster selbst. 

Sämmtliche Codices Cremifanenses enthalten also nur lib. I. de inMt- 
Christi und zwar anonym; Cod. 95 ausserdem noch apart lib. I. cap. 25« 

Benediktinerstift Molk. 

I. Cod. L. 98 (früh. L. 29) eh. XVI. 195 (beschriebene) fol. i2». (Die 
ersten Blätter fehlen.) Ein Sammelcodex, anhebend mit einem Kalendarium, 
auf welches fol. 14* — 59*» das erste Buch der Imitatio Christi folgt; fol. 
14* in Minium: »Incipit tractatus de imitatione Christi. Qui sequitur me« 
fol. 59^: »vim intuleris. Amen. Deo gratias. Explicit liber primus huius 
materiae.« Unmittelbar darauf fol. 60 * beginnt in Rubro der Tractatus : »De 
meditatione mortis ioannis Gerson.«: Nach noch mehreren Stücken von der- 
selben Hand gibt sie uns auch das Datum der Schreibung fol. 98^: »Finis 
est huius operis sabbatho post octauam appostolorum Petri et Pauli post festum 
N. D. M. anno 1503.« Ebenso steht fol. 161 * : »Finit hoc opusc. anno 1503. 
Sabbatho post festum S. Augustini.« 

II. Cod. E. 77. (früh. J. 83.) eh., nur die Heftblätter sind Pergament; 
XV. 296. 8^ Ein Miscellancod., enthaltend 9 Stücke. Das erste ist: »Liber 
de miseria humanae conditionis editus a Lothario diac. Cardinali Sergii et 
Bachi postea Innocentius Papa tertius appellatus. Incipit feliciter prologus.i^ 



Ab letzte Pi^ce fi([uriren (fol. 197' — fin.) die vier Bücher Nachfolge, von der- 
selben Hand, wie der genannte Traktat des Papstes Innoc. Ili. und wie der im 
Codex unmittelbar vorhergehende liber Isidori contra Judaeos. Fol. 197"; »In- 
cipit libellus primus de imitatione Christi et conlemptii oninium vanilalum 
mundi C. I. Qui sequ, . .« fol. 220": »Explicit prima pars de imitatione 
Christi et contemptu vanitatum mundi. Inciptit pars secunda. Et sunt ibi 
admonitiones ad interna trahentes. Primo de interna consolatione c. I.c 
fol. 232'': »Exphcit secundus libellus huius operis. Deo gratias.« fol. 233*; 
• Incipit tertia pars huius libelli. De interna consolatione ad animam fidelem.« 
fol. 272": ilncipit qiiacta pars libelli, qui intitulatur de Imitatione Christi 
et est de sacramento altaris et de his, quae concemunt ad sacramentum et 
specialiter de deuota praeparatione. Cap. prim.« An dieses vierte Buch 
schliessen sich als cap. XIX. XX. XXI. die Octo inuitaloria praecipua de 
sanctissimo sacramento, genau so, wie's auch Catetan aus dem codex Leo- 
Allatianus edirt hat. De Imit. Christi Romae 1644. pag. 321. sqq. 

III. O. 45 (früher J. 49) XV. 27S. 4* enthält nebst Vielem und un- 
mittelbar nach dem »Tractatus mellifluus de iribiis essentiahbus religiosum 
constituentibus editus per quendam honorabilem uirum in sancta religione 
ordinis Carlhusiensium* fol. 148^ (Blatt 143 — 47 incl. fehlen)— 200" von 206" ab 
(die zwischenliegeoden fol. fehlen wieder) — ^225 das erste Buch der Nach- 
folge Christi. Fol. 206 in Minium: »Incipit tractatus de reformatione hominis 
et primo de imitatione Christi el contemptu omnium uanitatum mundi. Qui 
sequitur me.« 

IV. D. I. eh. (bis auf das vordere Heftblatt, welches membr. ist) XV. 
fol, 520. 4° enthält verschiedene Traktate von verschiedenen Händen ge- 
schrieben. Fol. 432''--449'' das erste Buch De imitatione Christi. In rubro: 
>Incipit tractatus de reformatione hominis et primo de imitatione Christi et 
contemptu omnium jianitatum mundi. cap. pr.t Expl.. mim inluleris.c Die 
Kapitel sind nicht numerirt, jedoch in Minium die Ueberschrift eingetragen. 

Benediktinerstift S. Paul in Kärnthen. 

Cod. Chart. XIV. Fol. 257. la* enthält ntir die vier Bücher Nachfolge 
Christi. Fol. i": »Incipiunt capitula sequetitis libri Priraum. De ymitacione 
Christi et contemptu omnium vanitatum mundi.» Folgen die Ueberschriften 
der 25 Capitel des ersten Buches, welche Fol. !=■ und i ^ füllen und auf der 
ersten Seite rot unterstrichen sind, Fol. 2": »Incipiunt ammoniciones ad 
spiritualem uitam ualde utiles et notabiles. Et primo de ymitacione christi 
et contemptu omnium vanitatum miindi, Cap, pr. Qui sequitur me.e Expl, 
Fol. 58": >uim intuleris. Tu autem domine mei miserfere. Amen. In die 
Aposloli Andree 1384. s Fol. sS"": Incipiunt ammoniciones ad iuterna tra- 



1 



i 



hentes.f Nach der Angabe der Capitelüberschriften folgt unmittelbar, unver- 
mittelt Regnum dei intra uos est. Expl. Fol. 86*»: »Regnum celorum. Incipit 
tercia pars huiiis Hbri, que est de interna consolacione. Capitula. 1384.« 
Fol. 87* gibt diese Ueberschriften. Fol. 90* unvermittelt: »Audiam quid 
loquatur.c Expl. Fol. 211^: pcrpetue claritatis. Amen. 1384. Ibid. Sequitur 
nunc quarta pars huius libri de sacramento eucharistie. Wieder Capitelüber- 
schriften bis Fol. 212^, wo rot unterstrichen steht, dass das 4. Buch beginnt, 
welches Fol. 257* schliesst: » Inscrutabila dicenda. Amen. 1385. Die feste 
Pasche per N(icolaum) V(ogt). Urbano papa.« Fol. 257^ wiederholt; 1385 
ürbano papa; dann Scriptor mente pia petit unum Ave Maria. Si nomen 
quacris Nicolaum recte tenebis, si Vogt addatur, qui scripsit ipse uocatur. 
Als Schreiber und Verfasser dieser Seite zeichnet sich F. Uolrich M* cccc' 
XIIII". Dieser Fr. Uolricus ist wahrscheinlich der Habluzel, welcher auf 
zwei Einlegblättern am Anfange der Hdschr. eine Art Tagebuch und die 
Professformel des Uolrich Habluzel gibt, der bis 1432 Klostervorstand 
gewesen ist. Der genannte Nicolaus Vogt ist nach des Wiblingers Martin 
Mack (Dubia . . . pag. 26) Vermutung jener Wibl. Prior Nicolaus, welcher nach 
den alten Nekrologien dieses Klosters zwischen 1380 und 1404 gestorben 
ist. Der am Schlüsse des 4. Buches eingeführte Papst Urban kann nur 
Urban VI. sein, der 1378—89 regirt hat und erst gerade nach 200 Jahren 
einen Nachfolger seines Namens gefunden hat. Auch das Paschafest fiel 
13 85. gerade auf ürbani. Es stimmt also Alles zusammen, der Codex ist 
1384 und 1385, vier resp. 5 Jahre nach des Thomas von Kempen Geburt, 
geschrieben worden. Obgleich nun dieses Alles stimmt, auch der Wiblinger 
Martin Mack in seinem obgenannten uns als Manuscript erhaltenen Werke das 
Instrument eines beeideten kaiserlichen Notars mittheilt, welches die chrono- 
logischen Notizen dieser Handschrift als acht bezeugen, so bietet die Sache 
doch Schwierigkeiten. Die Schrift ist dem Ductus und den Kürzungen nach 
aus dem XV. Jahrhundert und die Zeitangabe der Handschrift S. 58 und 211 
leidet an Rasuren und Nachhilfe, während wol die von S. 86* und 257* 
rein zu sein scheint. Die hiesigen ersten Handschriftenkenner haben die 
Lösung gegeben: Der Schreiber dieses Codex hat zugleich die Zeitangaben 
und die Noten seines Originals mit abgeschrieben, so erklärt sich der Contrast 
zwischen Schrift und Datirung. Interessant ist es auch, wie die Handschrift 
aus Wiblingen nach S. Paul in Kärnthen kam. Das theilt uns auf der 
Innenseite des vorderen Einbanddeckels und auf dem Averse des Heftblattes 
Georg Ziegler mit. Aus der Heimat vertrieben schenke er und seine Ge- 
nossen »gratitudinis et pietatis ergo hocce bibliothecae suae... pal- 
ladium ueluti e Trojae ignibus ereptum,« nach S. Paul. Unterschrieben 
sind nebst Gr. Ziegler : Roman Zängerle, Bernard Gantser an den Kaienden des 
Juni 1817. 



Benediktinerstift St. Peter in Salzburg. 
Mitgelheilt von Prof. Willibald Hauthaler. 

I. Hs. 0. VII. 17 membran., 2 Quaternionen, saec, XV ex. zu 5 Lagen 
mit 19 BläUerii. Auf der Rückseite des 19. Blattes stehen nur noch 4 Zeilen, 
das ao. Blatt wird leer geblieben sein und ist jetzt weggeschnitten. Der Cod. 
enthält nach dem Registrum Fol. 1" zwölf Stücke, als letztes das erste Buch 
der Nachfolge Christi. Auf dem ersten Fol. de.s letzten Stttckes steht iRe- 
gislnim sequentis libclli« (rot), und dann folgen die Uebersch ritten der 25 
Capitel des I. Buches der Imitatio. Unten am Schlüsse der ersten Seite steht 
(rot): »Tractatus cuiusdam devoti religiosi de iraitacione Christi et contemptu 
vanitatum mundi et profectu virtutum, perseverancia assidua et atlenta practica 
actuum religiosorum.i Die Capitelüberschriften sowie die Anfänge und Schlüsse 
der einzelnen Capitel stimmen fast ganz überein mit der Teubnet'schen Aus- 
gabe (Lipstae 1866). Im letzten Capitel bemerke ich auch, dass es sub n" 8 
nurheisst: >Attende Carthusienses Cystercienses et diversae< etc., so dass die 
Benediktiner übergangen sind und so bei allen unsem Hss. Der Codex ist 
sehr schön und geschmackvoll ausgestattet, mit sehr hübschen vielfarbigen 
Initialen , ein wahres Prachtexemplar, Die Schrift dürfte dem XV/XVI. 
Jahrhundert angehören. 

II. Ganz dasselbe findet sich im Cod. membran, saec. XV. a, I. 11 in 
iz' Taschenformat im Anschlüsse an die hl. Regel St, Benedicts und den 
Ritus der verschiedenen täglichen Gebete. Ueberschrilt: »Traclatus cuiusdam 
devoti religiosi de imitacione Christi et contemptu vanitatum mundi, et pro- 
fectu virtutum, perseverancia assidua et attenta practica actuum religiosorum. t 
Hierauf: »De imitacione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi 
Cap. I u. s, w.( Uer Schluss lautet hier: aTantum proficies quantum tibi 
ipsi vim intuleris, Deo gracias.* 

III. Cod. membran. a, I. 6 Taschenformat s. XV. enthält a capite 
gleich das Registrum der 2$ Kapitel; dann eine rote Ueberschrift : »De imi- 
tacione Christi et contemptu vanitatum mundic und darauf den Text mit 
roten Cap.-Ueberschrifien von >Qui sequitur me« bis »vim intuleris.« Darauf 
folgt: »Secundum venerabilem doctorem magistruni Nicolaum de Dinkispiihel; 
»Ira multa mala operatur — caveant se a similibus?* Zum Schlüsse lesen 
wir : »Opusculum scquens est reverendi magistri loannis Gerson, cancellarii Pari- 
siensis de diversis temptacionibus et reraediis contra pericula ex rpsis immi- 
ncncia,( lateinisch, beiläufig ebenso lang wie der erste Theil des Büchleins 
und mit der Jahrzahl 1474 am Ende jener Vorbemerkung. 

IV. Cod. chartac. a, II. 4s in 8° saec. XV. enthält auch gleich am 
Anfang das i. Buch der Nachfolge Christi. Rote Ueberschrift lautet: 



238 

»Tractatus cuiusdam devoti religiös! de imitacione Christi et contemptu vani- 
tatum mundi et profectu virlutum, perseverancia assidua et attenta prac- 
tica actuum religiosorum. Capitulum primum de imitacione Christi et con- 
temptu omnium vanitatum mundi.« Dazu befindet sich auf dem Vorstich- 
blatt visä-vis dem Titel von einer Hand saec. 17™' geschrieben: »Sequitur 
in tractatu de imitatione Christi et contemptu vanitatum mundi, auctore R. P. 
Joanne Gersen abbate ord. S. Benedicti ubi dimissum est.« (?) Dann folgt 
der Context des I. Buches von »Qui sequitur me« bis »vim intuleris. Expli- 
cit,« und mit roten Aufschriften wie oben. Auf dieses folgt ein »Tractatus 
nobilis de VII horis canonicis.« 

V. Cod. chartac. b. VI. 2 in 4* saec. XV/XVI enthält auf Fol. 190^ 
bis 212** das erste Buch der Imitatio, geschrieben von einem gewissen Gab- 
riel Distaler, wie er am Schlüsse rot unterschrieben ist. Fol. 190^ steht 
eine Uebersicht der 25 Capitel rot und Fol. 191* die Ueberschrift »De imi- 
tacione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi.« Darauf beginnt der 
Context: »Qui sequitur me« bis »vim intuleris. Et sie est finis, Gabriel 
Distaler,« — nur durch rote Capitel-Ueberschriften und Initialen unter- 
brochen. 

VI. Cod. Chart, b, VI. 4 in 4° saec. XV. enthält zuerst »Tractatus 
s. Bernardi de 4 gradibus spiritualis exercitii et de stimulo amoris«, welcher 
Fol. 79* endigt und unterschrieben ist: »Et sie est finis huius operis anno 
domini 1458.« Das folgende Stück, von derselben Hand, wie mir scheint, 
geschrieben, beginnt erst Fol. 89^ mit dem Verzeichnis der 25. Capitel-Ueber- 
schriften des I. Buches der Imitatio. Fol. 90 beginnt das i. Capitel ohne 
Special-Ueberschrift direct mit: »Qui sequitur me« und läuft fort bis Fol. 
104*, wo es aufhört mit: »ipsi vira intuleris,« nur dass die Capitel 2 — 25 
immer je eine Specialaufschrift haben. Fol. 105 — 113* Mitte findet sich das 

II. Buch der Imitatio von derselben Hand geschrieben. Voraus oben steht 
folgende Aufschrift von anderer Hand: »Secundus liber de imitacione Christi 
de admonicionibus ad interna trahentibus. Sequitur tractatus de contemptu 
mundi.« Hierauf folgt das ganze II. Buch ohne Capitel-Ueberschriften und 
nur capitelweise mit grossen roten Initialen. Fol. 113 Mitte schliesst sich 
wie sonst bei Einzelncapiteln nur mit einer roten Initiale das III. Buch de 
Imitatione an, in Folge dessen dann obige andere Hand am Rande beisetzte : 
»Incipit 3* liber de imitacione Christi qui est interne consolacionis. « Dieses 

III. Buch läuft dann ganz in derselben Weise wie das II. von Fol. 
113* — 146^ Mitte. Das III. Buch beginnt mit: »Audiam quid loquatur« — 
und schliesst mit »ad patriam perpetue claritatis. Amen. Explicit tercius liber 
de imitacione Christi qui est interne consolacionis. Sequitur tabula eius* 
dem.« Diese Tabula folgt aber nicht mehr, sondern leere Blätter fol. 153, 



wo die Capitel-Ueb ersieht Tiir das sConsolatorium timorate consciencie ma- 
gistri Johannis Nyder doctoris sacre theologie* beginnt. Bis fol. 14G ist von 
Anfang an gleiche Tinte und Schrift, so dass das Ganze circa 1458 geschrie- 
ben sein dürfte. 

VII. Cod. chartac. a, II. 8 in 8". Taschen formal B.iec. XV (f}') ent- 
halt nur die 4 Bücher der Imitatio, wie mir scheint von einer Hand, zuerst 
mit etwas blasser, dann mit ganz sch*arzer Tinte geschrieben. Auf dem 
vorderen Schmutzblatte steht: 'Anno dni, 1549 obiit frater Wolfgangus 
presbiier et monachus, necnon subprior, in mane horam circa quinlam in die 
Felicis in pincis ( — 14. Jan), cui deus sit propicius.i Dieser scheint keiner 
von St. Peter gewesen zu sein. Auf der Rückseite des letzten Textblattes 
steht: iOra pro Petro Hagen de Chemuaten huius libelli fideli scriptore et 
conquisitore, qui et ipse in professione et ordine Cisterciensi diem clausit 
extremum: homo miilia probitate singularique devotione preditus, Reqniescal 
in pace. Wilhelmus Pürstinger.t Ich weiss nun weder, wo dieser Wilhelm 
Pürstinger, noch wo Petrus Hagen gelebt, und kann daher auch nicht die 
Zeit der Thätigkeit des letzteren bestimmen. Sicherlich gehört aber die 
Textschrift des Buches dem 15. Jahrhundert an. Die Textanordnung ist fol- 
gende. Zuerst steht das Verzeichnis der 35 Capitel Überschriften des 1, 
Buches; dann kommt der Text desselben mit den roten Ueberschrifteii 
von: »Qui sequitur me« bis »vim feceris. Amen.« Hierauf folgt: iLiber se- 
cundus de ammoniciouibus ad interna trahentibust und die Uebersicht der 
la Ca^iitellitel , worauf der L'ontexl mit den eigenen Capitelübet;schriften 
kommt, von; »Regnum dei inter vos esU bis »per multas tribulaciones 
oportet nos intrare regnum dei.« Weiter folgt: »Registrum capitulorum 3' 
panisi und darauf der Text mit roten Ca pitel Überschriften von »Audiam 
quid loquatur in me* bis >ad patriam perpetue claritatis. Amen.« Endlich 
folgt die Capitel- Uebersichi des IV, Buches mit ao Capiteln, sodann die rote 
Ueberschrifl ; ilncipit quatta pars libri et intitulatur de imitacione Christi 
et est de sacramento altaris et de his que concernuut sacramentum et speci- 
aliter de devota preparacione. t Der Text beginnt mit: >Venite ad me 
omnes", und das 18, Cap. schliesst wie bei der Teubner' sehen Ausgabe mit; 
• essent ineffabilia et mirabilia dicenda.« Dann folgt noch ein 19. Cap. 
mit der Ueberschrift : >Octo invitatoria precipua de sacratissimo sacramento» 



■) Die Schrift schien P. Hfluüialci .fUr K1V,XV, vi passen, Dehme man alier auf die 
Nachschriften Ruckiichl, besonders auf die von Wilhelm PUrstinger, welche der i weiten Half le 
oder dem Ende des XVI., wenn nicht XVH. Jahrhunderts aniugehüren scheine, so dilrfle 
doch dieser Wilhelm PUislingcr den Schteilier Petrus Hagen noct) gekannt haben, so Jass dieser 
auch erst Mitte des XVI. Jahrhunderts geschrictwn halten könnte.« 






und der Text von : »Quamquam maximam multiplicitatem et varietatemc 
bis :*ubi enim corpus, ibi est lesus.c Das 20. Cap. hat zur Ueberschrift: 
»Duo considerare debemus ut infra in capitulo.c Text: »Miratur fortassis 
aliquis — qua beata secundum intellectum perficietur fruicio. Amen.c 

VIII. B. I 36. saec. XV. (c, 1463). Der Inhalt dieser Hand- 
schrift ist: 

i) Liber supputacionum s. Augustini de divinis scripturis collectus in 
3 Theilen fol. i — 53*, wo noch i 7^ Textseiten stehen und worauf es 
heisst: »Explicit tractatus beati Augustini epf de contemplacionis amore, 
qui orando et meditando debet dici. i463.€ Am Schlüsse der Fol. 
steht dann, wieder rot: >Incipit liber Soliloquiorum beati Augustini 
Episcopic etc. 

2) Liber Soliloquiorum b. Augustini epF fol. 54 — 124. Daran reiht sich 

3) fol. 125 — 160 das I. Buch der Imitatio Christi und zwar zuerst 
die Uebersicht der 25 Capitel ohne weitere Ueberschrift, rot. Dann 
folgt fol. 125^ gegen die Mitte die Ueberschrift des I. Capitels 
»Sequitur capitulum primum scilicet de imitacione Christi et con- 
temptu omnium vanitatum mundi.c Aehnlich hat jedes Capitel seine rote 
Ueberschrift. Schluss heisst: »vim intuleris. Tu autem Dne miserere 
nobis. Deo gratiasc (Alles schwarz). 

Die Schrift ist durchaus ziemlich gleichmässig, und wenn man auch 
vielleicht mehrere Hände herausfinden wollte, so gehören sie doch ganz der- 
selben Schule, bzw. Zeit an, nämlich der Mitte des 15. Jahrh., wenigstens 
bin ich überzeugt, dass der Cod. seinem ganzen Inhalt nach, um das auf fol. 
53^ angeführte Jahr 1463 geschrieben worden ist. Auf fol. i hat eine Hand 
des 17. Jahrhunderts darübergeschrieben: >Sum ex libris coenobii S. P. S. 
i62 2,f Die alte Standortsbezeichnung war R. 333. 

Benediktinerstift Schotten. 

Cod. 322 eh. et perg. 12°. 270. Von der navolginge Christi ses 
boecke. Die Handschrift wurde zugleich mit einem »vyften boeck van qui 
sequitur« nach der Handschrift der Maatschappij voor nederl. letterkunde zu 
Leiden edirt zu Wien 1879, wo in der Einleitung die Beschreibung dieses 
Maatschappijcodex und der deutschen Imitations-Handschriften, welche dieser 
Anhang nicht aufführt, zu finden ist. l. c. pag. V — XL. 

Benediktinerstift Seitenstetten 

autbewahrt einige Kapitel des ersten Buches der Imitatio mitten in einem 
Codex aus dem XV. Jahrhundert. 



241 

Cistercienserstift Hohenfurt. 
Mitgetheilt vom Bibliothekar Raphael. 

Cod. i8. Papier-Hdschr. mit 163 Bl. in 8« aus dem 15. Jahrhundert enthält : 

1. Dialogus Caesarii Heisterbac. de contentione et fervore. (Fol. i^ ff.) 
Am Ende: »Explicit Dialogus etc. Scriptus per fr. Leonardum.<' Dieser 
Fr. Leonardus war Prior im Stifte Hohenfurt und starb 1475. 

2. Tractatus de in formatione hominis, et primo de imitacione Christi et con- 
temptu omnium vanitatum (Fol. 18* — 29*>). Inc.: »Qui sequitur me non 
ambulat in tenebris.« Des.: :«' Tantum proficies, quantum tibi ipsi vim 
intuleris.« Darnach : »Faciliter contemnit omnia qui se semper cogitat mori- 
turum. Hec Jeronimus « Die Handschrift ist dieselbe wie oben Punkt i. 
Vorstehendes ist also der ganze Lib. i der Imitatio Christi, ohne dass 

in unserer Handschrift irgend ein Auetor namhaft gemacht würde. Die fol- 
genden in dem Codex weiters vorkommenden Traktate sind ausser dem Bereiche 
des fraglichen Gegenstandes. Dass die Handschrift wirklich aus der oben 
angegebenen Zeit stammt, ersieht, man deutlich aus einer Notiz, die hier 
Fol. 105* verzeichnet ist, und also lautet: >Hic profetie sancti vincentii ord. 
Pred. de fine mundi finis extat feliciter 1477 etc.« Doch stammt dieser Traktat 
(Fol 86* — 105*) von einer zweiten Hand. 

Cistercienserstift Reun. 
Von Bibliothekar Anton Weis beschrieben. 
Cod. VI. in kl. 8" aus der II. Hälfte des XV. Jahrhunderts, welcher 
unter zwölf verschiedenen längeren und kürzeren Stücken als drittes auf 
Bl. 117 * — 163^ das I. und 2. Buch der Imitatio Christi enthält. Das i. Buch 
(Bl. 117*— 146^) hat die Aufschrift: »Incipit tractatus de reformacione 
hominis de imitacione Christi et conteptu. (!) omnium vanitatum mundi etc.« 
Schluss: :» Explicit tractatus de reformacione hominis.« Das zweite Buch 
(Bl. 147* — 163^) führt den Titel: »Incipit tractatus de interna conuersacione. '^ 
Schluss: »Explicit tractatus de interna conversatione. « Autor ist keiner ange- 
geben. Die zwei Bücher sind in die herkömmlichen Kapitel abgetheilt. Ueber 
die Provenienz des Codex findet sich keine Andeutung. Derselbe stimmt nicht mit 
dem Texte Delfau's, iasoferne er die bekannten Germanismen enthält, überein. 

HANDSCHRIFTLICHES MATERIAL ÜBER DIE IMITATIO CHRISTI. 

Benediktinerstift Molk. 
A. Briefe. 

bt Karl von St. Gregor in Münster an F. Antonius de Leseale, 
dd. I. April 1663. Letzterer wird beauftragt, alle alten Hand- 
schriften über die Imitatio Christi, welche er auf seiner Reise durch die 

Klöster Deutschlands finde, sich für einige Zeit zu erbitten. 

16 




243 

II. F. Philibcrt v. Molk theilt mit, (las§ er einen Katalog von Stephan 
Burkart aus dem Jahre 15 17 gefunden habe, in welchem drei Bücher über 
die Nachfolge Christi aus den Jahren 1435, 143^ und 1434 angeführt werden; 
dd. 28. Juni 1062. 

III. Gregor Jodokus , Prior von St. Ulrich und Afra an Abt Valentin 
von Molk, dd. 13. April 1663. Nachdem er die versprochenen Manuscripte 
noch nicht erhalten habe, so schliesse er, dass es der Konvent von Molk 
nicht zulasse, so wichtige Schriften ohne einen verlässlichen Führer zu über- 
senden ; daher schicke er einen Boten , welchem er ohne Sorge dieselben 
übergeben könne. 

IV. Anton de Lcscale schreibt aus Regensburg, dd. 22. Juli 1663, ^" 
Abt Valentin von Molk, er möge den Codex über die Imitatio Christi aus 
dem Jahre 1433 an Gregor Jodocus von St. Ulrich übersenden. 

V. Anton de Leseale an Valentin von Molk, dd. 27. August 1666. 
¥a gibt die (irundc an, warum er so lange keine Nachricht über den Stand 
der aus Molk entliehenen Bücher gegeben habe. 

VI. Abt Karl von St. Gregor, dd. 15. Sept., verspricht dem Abte von 
Molk, ihm baldigst das Manuscript über die Imitatio zu retourniren. 

VII. Abt Karl von St. Gregor, dd. 23. Oktober, bittet den Mölker 
Abt um Entschuldigung, dass er «las Manuscript noch nicht zurückgeschickt 
habe , weil er selbst es von Paris noch nicht zurückerhalten. 

VIII. Bernhard Audebert, Superior der Kongregation des hl. Maurus, 
bittet den Abt von Molk, er möge ihm die geliehenen Bücher noch belassen, 
da sie ihre Verwendung noch nicht gefunden hätten, dd. 25. Dez. 1667. 

IX. Abt Karl von St. Gregor, dd. i.Juni 1670, entschuldigt sich aber- 
mals beim Abt von Molk wegen der Nichtretournirung der entlehnten Codices. 

X. F. Leopold Wydemann aus Gemnitz an Roman Molitor von Molk, 
dd. 28. August 1706, des Inhalts, dass die beiden Codices aus Molk von 
1421 und 1435 unter allen von den Kempisten und Gersenisten angeführten 
die ältesten seien ; die Abweichung der Manuscriptenstellen vom Drucke 
erkläre er sich so, dass sie entweder der Autor bei einer zweiten. Umarbeit- 
ung, oder ein Abschreiber ganz willkürlich geändert habe. 

H. Traktate. 

I. Fünf Piecen, enthaltend: die Angabe der zu Gunsten Gersen's 
.sprechenden Codices ; F^rorterung der Frage, ob und was für Ansprüche ein 
Karthäuser am Rhein unbekannten Namens auf die Imitatio Christi habe; 
Anführung der Codices für Gerson, Kanzler von Paris; Aufzälung der 
Codices über die Imitatio aus Gemnitz und Agsbach ; endlich die Angabe 
einiger Stellen aus der Imitatio, wie sie vom Karthäuser am Rhein geschrieben 
worden sind, und wie sie im Codex von Gemnitz zu finden sind. 



243 

II. Beweisführung, dass der Traktat: »Qui sequitur me« nach Molk 
aus Italien und nicht aus Belgien gekommen sei. 

III. Gegenbeweis des F. Joh. Cellensis aus Molk gegen die von Simon 
Werlinus zu Köln 1649 herausgegebenen Vindiciae vindiciarum, womit dar- 
gelegt werden soll, dass die in Molk gefundenen Manuscripte der Imi- 
tatio aus Italien gekommen seien. 

IV. P>örterung der Frage, ob das Buch » De reformatione hominum et 
contemptu omnium vanitatum, qui sequitur me«, einem Belgier oder Italiener 
zuzuschreiben sei. 

V. Schriftliches Bekenntnis des F. Anton de I^escale, dass er aus 
Molk drei Codices über die Imitatio erhalten und versprochen habe, die- 
selben nach Verlauf von 2 Jahren wieder zurückzustellen, dd. 25. Juni 1663. 

Münchner Hofbibliothek. 

I. Cod. 1. 1377. 2^ Chart.: Josephi de Garampis litterae de auctore 
libri de imit. Christi. 

II. Cod. 1. 11505. 2. XVIII. 130 fol. Georgii Heseri Dioptra Kem- 
I)ensis (qua Thomas Kemp. auctor libri de imit. Christi esse demonstratur). 

III. Cod. 1. 11505*' 2» XVIII. 71 fol. Catalogus editionum librorum 
de imitatione Christi. 

IV. Cod. 1. ii5o6*u. ^ 2«. XVIII. 222 und 312 f. enthält >literae 
multorum Theologorum c, unter denen folgende die wichtigeren sind: 

i) Briefe des Probstes Simon Werlinus von Diessen an: Probst Petrus von 
Gars (1640 — 42); Probst Ubaldus von Gars (1646); Kaspar Zeiler 
von Augsburg (1641). 

2) Briefe des Georg Heserus von München an: Probst Anton von Diessen 
[(1656 — 68) fol. 8. 9. 38. 39. 40 Cod. a] ; an Dionysius Rechlinger, 
Dekan von St. Crux in Augsburg [(1649 — 51) fol. 14. 36. Cod. a; 
fol. 80. Cod. b.] 

3) Briefe an Georg Heserus von: Theophilus Raynaudus aus Rom 
[(1649—50) Cod. a. fol. 17. 21. 23. 27. 29. Cod. b. fol. i — 12]; Ale- 
xander Wiltheim aus Luxemburg [(1650) Cod. a. fol. 16. 22. 25. Cod. b, 
fol. 44 — 47]; Johann Bollandus aus Antwerpen [(1647 — 65) Cod. a. 
fol. 18. 24. Cod. b. fol. 38]; Probst Anton von Diessen [(1657) fol. 41. 
Cod. a]; Wilhelm Enskirchner aus Trier [(1649) ^o^» ^- ^o^- ^9-]] 
Jakob Sirmondus aus Paris [(1648) Cod. a. fol. 20. Cod. b. fol. 48]; 
Philipp Alegambe aus Rom [(1650) Cod. a. fol. 24. Cod. b. fol. 43]: 
Roman Haij von Ochsenhausen [(1652) Cod. a. fol. 37. Cod. b. fol. 37]; 
Franz Boulon von St. Genofeva in Paris [(165 1) Cod. a. fol. 106]; 

Nikolaus Wysing von Ebersberg [(1658) Cod. a. fol. 47. Cod. b. fol. 51]. 

i6» 



_244 

4) Briefe an Dionysius Rechlinger, Dekan von St. Crux in Augsburg von : 
Theodor Fantonus ausRom (1651) ; Franz Sulpicius aus Paris (1650 — 51); 
Johann Fronto aus Paris (1650). 

5) Georg Spaiser aus München an: Petrus von Gars (1641 — 42); Anton 
von Diessen (1649). 

6) Vitus Adamus, Bischof von Freising an Petrus von Gars (1641—42). 

7) H. Wagner aus Freising an Petrus von Gars {1642). 

8) Michael von Rottenbuech an Anton von Diessen (1657). 

9) Bischof von Chiemsee, Johann Christoph an Petrus von Gars (1642). 

10) Adam Weber von Augsburg an Balthasar Nesyng von Neuzell (1678). 

11) Johann Gruber von Augsburg an: Balthasar Nesyng (1668); an Maxi- 
milian Vogelmayr in Neustift (1690). 

12) Augustinus Erath von Wettershausen an Max Vogelmayr (1692). 

13) Dominikus Bisselius von Augsburg an Max Vogelmayr (1688). 

14) Probst Bernhard von St. Zeno an Petrus von Gars (1642). 

15) Epiphanius Klehamer aus Dillingen an Petrus von Gars (1642). 

16) Athanasius Peithauser von Dillingen an Ubaldus von Gars (1642). 

17) Dekan Riedel aus Landshut an Petrus von Gars (1643). 

18) Probst Arsenius von Chiemsee an Athanasius von Gars (1650). 

19) Sebastian Röhr von Ottobeuern an den Bischof von Augsburg (1642). 

20) Albert von St. Peter in Salzburg an den Bischof daselbst (1642). 

21) Bittschrift des Abtes Karl von Anhausen an Bischof von Augsburg (1642). 

23) Kopie der vom Bischöfe zu Augsburg an Simon v. Diessen gerichteten 
Bulle (1642.) 

24) Abbitte des Petrus von Gars in Betreff der von Simon verfassten und 
von ihm publizierten Vindiciae Kempenses (1642) 

25) Briefe an Eusebius Amort v. Pollingen, geschrieben von: Joseph Falk 
aus München [(1725) fol. 114 Cod. a]; Bernhard Pez aus Molk 
[(1725.) Cod. b. fol. 131]; Johann Biechler aus Augsburg [(1726) Cod. 
b. fol. 133]; Barrius aus Paris [(1732) Cod b. fol. 144]; Ludwig 
Scheidius aus Hannover [(1760) fol. 154. Cod. b]: J. A. Jansen aus 
Kempen [(17 61.) Cod. b. fol. 167]; Rosmans v. Windesheim [(1761.) 
Cod. b. fol. 169]; Prälat Michael von Ulm [(1758.) fol. 148. 150. 
162. Cod. b]; Joseph Hartzheim aus Köln [(1760) Cod. b. fol. 163. 
164. 166.] 

V. Cod. 1. 117 19. 4® XVn. Summa theologiae mysticae Thomae a 
Kempis ex IV libris de imitatione Christi redacta a Georg Hesero S. J. 

VI. Cod. 1. 11859. 4^ XVIII 293 f. Eusebii Amort collectanea pro 
Thema a Kempis, quod ipse auctor sit. 

VII. Cod. 1. 11860. 4^ 1764. 200. f. Eusebii Amort moralis certi- 
tudo pro Thoma K. 



245 

VIII. Cod. 1. 11861. 4'. XVIII. 286 f. enthält folgende Stücke : 

a) Dissertatio des Guillelmus Andreas de Gerij, Can. Reg. zu S. Geno- 
feva in Paris gegen die Streitschrift des M. Valart, welcher die Imitatio 
dem Gersen zuschreibt; sie stammt aus dem Jahre 1758 und umfasst 
14 Fol. Im ersten Theile untersucht de Gerij die Frage, ob die Imi- 
tatio älter sei als Thomas von Kempen, im zweiten forscht er nach 
der Zeit der Abfassung. Aus dem in den beiden ersten Theilen Ge- 
sagten zieht nun de Gerij im dritten Abschnitte den Schluss, Gersen 
könne nicht der Verfasser sein. 

b) Animadversio Canonicorum Regularium Congregationis Gallicanae de 
libro, qui dicitur, de Imitatione Jesu Christi. 1687, 4 Fol. Diese Schrift 
sucht zunächst Thomas* Autorschaft aus den Manuskripten nachzuwei- 
sen, und wem das nicht überzeige, der möge sich den Beweis holen 
aus den 1) authores, 2) editiones, 3) opera, 4) idioma. In Bezug auf 
den ersten Punkt wird gesagt, dass, während für Gersen der erste 
Verteidiger 16 13 auftrat, solche für Thomas schon 100 Jahre früher 
existirten; desgleichen datiren auch die Imitatio-Ausgaben unter dem 
Namen des Thomas 200 Jahre früher, als jene unter Gersens Namen. 
Hinsichtlich der opera beruft sich diese Animadversio darauf, dass von 
Thomas viele andere Werke existiren, über Gersen dagegen tiefes Dun- 
kel herrscht, und man von seinen Werken nur die Imitatio kennt. End- 
lich wird aus dem flandrischen Dialekt die Vaterschaft des. Thomas 
erschlossen. 

c) Bibliographia Kempensis, sive eorum, qui drssertationibus aut libris 
editis Thomae Kempensi causam adversus Gersenistas tuendam susce- 
perunt. Fol. 19 — 24. 

d) Bericht von einer sich ney erregenden Kontrovers, betreffend den Au- 
thorem des gottseligen Biechleins: Von der Nachfolgung Christi. Fol. 25 
— 32. Der unbekannte Verfasser dieses Berichtes erzält hier, dass 
Eus. Amort den Auftrag erhalten habe »einen zurlänglichen entwurff • 
der ganzen Kontrovers an das Tageslicht vorzustellen«:, welchem Befehl 
er Rechnung trug durch sein Werk: Plena ac succincta informatio de 
statu totius controversiae de authore libelli de Imitatione Christi, Au- 
gustae 1725. 

e) Epislola critica de punctis constroversiae Kempisianae praecipuis. Fol 
32 — 40. Hierin wird mathematisch nachzuweisen versucht, Gersen 
könne die Imitatio nicht verfasst haben. 

f) Liber primus de Imitatione Christi ab impressis diversus; necnon tria 
ultima capitula hbri quarti in impressis hactenus omissa. Fol. 41 — 49. 
Hierin wird der Beweis gegen Gersen geführt aus dem Ms. Codex von 
Polling, aus dessen erstem Buche hervorgehe, dass der Verfasser der 



246 

Nachfolge sich der Werke des S. Bonaventura und des Kardinals Pet- 
rus de Alliaco bedient habe; ausserdem sei in den 3 letzten Kapiteln 
des 4. Buches der Congregatio von Windesheim erwähnt, die doch 
zur Zeit, als Gersen lebte, noch gar nicht existirl habe. 

g) Brief des Dionysius Rechling v. S. Crux zu Augsburg an Georg Heser dd. 
22. März 1658. Sein Inhalt ist folgender. Bei einem vom Rektor des augs- 
burg'schen Kollegiums veranstalteten Gastmahle sei man nach verschie- 
denen Gesprächen auf die Frage über das Alter der anwesenden Gäste 
gekommen; der Gastgeber hätte zur Antwort gegeben mit den Worten 
der Imitatio: »Quid prodest diu vivere; multi annos computant con- 
versationi.s, € und mit lauter Stimme hätte* er beigefügt: »Dicit Thomas 
Kempensis.c Darauf hätte Niemand Einwendung erhoben bis auf einen, 
welcher die Imitatio einem Manne zuschrieb, dessen Name allen Gäs- 
ten vollständig unbekannt war. 

h) De authore libri de Imitatione. Ex Elia du Pin. Bibliothecae Eccle- 
siasticae tom. 12. Diese Schrift gibt eine kurze Streitgeschichtc von 
Petrus Manriquez bis Mabillon. Fol. 51 — 58. 

i) Specilegii appendix, Brixen 1762. Fol. 58 — 64. Verfasser dieses be- 
hauptet, dass weder Bernhard, noch Thomas, noch Gerson, noch Ger- 
sen die Nachfolge geschrieben haben, spricht sich aber nicht für einen 
bestimmten Verfasser aus. 

k) Brief des A. Franz Payen an Gabriel Naudd dd. Rom, 15. Juli 1651, 
worin er schreibt, Constantin Kajetan wäre für Gersen nur eingetreten, 
*um dem Benediktiner-Orden zu Ruhm und Ehre zu verhelfen; überdies 
hätte Kajetan an einem » Delirium f gelitten. Diesen Brief erwidert Naud<5 
am I. Oktober desselben Jahres, worin er den grossen Eifer des F. 
Payen für des Thomas Sache lobt. Fol. 64 — 74. 

1) Auszüge aus Manuskriptencodices von S. Nikolaus (bei Passau) und 
von Fölling. (Fol. 112 — 113.) 

m) Antwort des Kanzlers Gerson auf die Frage eines Karthäusers, welche 
Bücher zur Lektüre am empfehlenswertesten seien. Fol. 133 — 135. 

n) Brief des P. Duellius dd. 1725, worin er seinem Freunde Ph. Soller 
mittheilt, er habe in Hohendorf einen M. Codex gesehen, in welchem 
sich das Bild des Thomas befinde, und worunter die Wortfe ständen: 
>Incipit liber I. f. Thomae de Kempis Can. Reg. Ordinis S. Augustini 
de imitatione Christi et contemptu omnium vanitatum mundi.« Fol. 137. 

o) Urtheil des Historiographen Baiduin de Housta, welcher, nachdem er 
Amorts Werk gelesen hatte, behauptet, dass Amort zwar Thomas als 
Autor anrate, aber über seine Vaterschaft nicht überzeuge; übrigens 
neige er selbst sich mehr Thomas als Gersen zu.' Fol. 143. 



247 

p) Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen dd. i8. Juli 1761, in 
welchen Erwähnung geschieht der von Eus. Amort zu Pollingen herausge- 
gebenen Abhandlung: »Joannes de Canabaco ex Comitibus de Canabaco 
oriundus, qui vulgo venditur pro authore IV librorum de imitatione 
Christi recenter detectus a quodam Canonico Regulari S. Augustini 
Congregationis Lateranensis.« 

IX. Cod. 1. 17506 *""«^ Chart. XVIII 4". vier Faszikel, die fortlaufend 
numerirt sind und folgende Stücke enthalten: 

a) Eine Sammlung von Briefen, welche Konstantin Kajetan, Abt von S. 
Barontius an Karl Stengelius, Suprior von St. Ulrich und Afra in 
Augsburg geschrieben hat. Sie datiren aus der Zeit von 161 7— 29 
und umfassen zusammen 18 fol. Mit Uebergehung der übrigen Briefe, 
die sich auf den Druck und die Korrektur der Apologia Gerseniana 
beziehen, sei nur eines Schreibens fol. 8 — 9 erwähnt, worin das Ur- 
theil des Kardinals Bellarmin über den Verfasser der Imitatio ange- 
führt wird. Das Zeugnis selbst haben wir oben S. 167 Note 3 ab- 
gedruckt. 

b) Thomas a Kempis pseudepigraphus libellorum de imitatione Christi seu 
epistolicae dissertationis Cantimiri Kami*) partes prior et posterior; 
pag. 9 * — 386 ^hierin werden alle von Eus. Amort für Thomas vorge- 
brachten Argumente durch Vergleichung der Werke des Thomas mit 
der Imitatio zurückgewiesen. 

c) Notata circa causam Kempensem conscripta 1760 per P. Angelum 
•Maerz O. S. B. Schirac. 28 fol. 

d) Petrus de Corbario ordinis minorum libri aurei de Imitatione Christi 
author recenter vindicatus per epistolam ad amicum Irenaeum Bibljo- 
philum (Corbarii 1762, 16 Fol.) Nachdem der Verfasser dieser Dis- 
sertation eine kurze Biographie des Petrus de Corbario vorausgeschickt, 
geht er auf die Fragen* über den Stand und die Nationalität des Ver- 
fassers der Imitatio, über die Anrechte des Thomas und Gersen auf 
dieselbe, näher ein und kommt zu dem Resultate, Petrus de Corbario 
müsse der wahre Autor sein. 

Benediktinerstift Ottobeurn. 

I. Briefe. 

I. Abt Albert von St. Peter in Salzburg an Abt Andreas von Otto- 
beurn dd. 7. Dez. 1631. Schreiber drückt sein Erstaunen aus, dass sich 
der Abt so viel bemüht habe, das von Thomas a Kempis geschriebene Ori- 



^) Dieser ist der Mönch Martinus Mack; nach Dr. Anton Ruiand. Der Streit über 
den Verfasser der Im. Serapeum 1861. (S. 273—29; 321 — 330; 337 — 347). S. 330. 



24$ 

ginal aus den Händen der Jesuiten zu bekommen , und dass er es sich so 
sehr angelegen sein lasse, die Compositioii jenes Werkes einem Benedictiner- 
Orden zuzuschreiben. (Originale.) 

II. Brief des Maurus, Rectors im CoUegium St. Caroli zu Salzburg an 
den Abt Gregor von Ottobeurn dd. 28. Sept. 1637, worin er mittheilt, 
dass alle seine Bemühungen um die Erlangung des Codex von Tegernsee 
fruchtlos seien; er hätte in Admont einen Manuscriptencodex über die Imi- 
tatio Christi gesehen, welcher nur die drei ersten Bücher enthalte, an deren 
Schluss die Worte angefügt waren: »Explicit liber internae consolationis per 
fratrem Benedictum die sabbathi ante festum omnium sanctorum, anno 1463.« 
Desgleichen hätte er einen Codex im Stifte Lambach gesehen, an dessen 
Ende die Worte zu lesen sind: »Expliciunt tractatus de Imitatione Christi 
anno Domini 147 1 in octava St. Stephani.c (Originale.) 

III. Protest des Conventes von Ottobeurn dd. 12. Mrz. 1642 gegen 
die vom Bischof zu Freising approbirten kempisischen Vindicien des Probstes 
Simon Werlinus von Diessen, welcher daselbst behauptet, es gäbe keinen, 
ausser einen fingirten, Franciscus Walgravius, sondern es stecke hinter diesem 
Namen niemand anderer als der Abt Gregor von Ottobeurn, welcher auch 
die Apologie, wogegen er in seinen Vindicien ankämpft , verfasst habe ; da 
er selbst aber noch vor ihrer Publikation gestorben sei, hätte sie ein Mönch 
von Ottobeurn dem Druck übergeben. Das alles wird aber durch diesen 
Protest als Lüge und Betrug hingestellt. (Abschrift.) 

IV. Brief des Abtes Albert von St. Peter in Salzburg d. d. 28. Mrz. 
1642. (Der Name des Adressaten ist nicht angegeben.) Hiermit gibt Albert 
bekannt , dass er den an den Erzbischof adressirten Brief übergeben habe, 
welcher ihn nach reiflicher Erwägung dem Consistorium zur Entscheidung 
vorlegte. Da aber die Commissäre gerade mit der Prüfung über den Autor 
der Vindicien beschäftigt wären, so müsse die Untersuchung dieser Angelegen- 
heit bis zu ihrer Rückkehr verschoben werden, damit dann ein rechtskräftiges 
Urtheil gefallt werden könne , welches ohne Zweifel die angegriffene Ehre 
restituiren würde. Auch den Brief an den Bischof von Freising habe er 
Übersand t und zugleich seinen eigenen beigefügt, worin er Gerechtigkeit for- 
dere. (Originale.) 

V. Brief des Bischofs von Freising Vitus Adamus an den Abt Maurus 
von Ottobeurn dd. 30. März 1642. Hierin spricht der Bischof aus, dass 
der Abt Gregor von Ottobeurn und dessen Conventualen mit den kempi- 
sischen Streitschriften, die von ihm approbirt worden sind, durchaus nichts 
zu thun haben, dass seine Censur im Gegentheil nur auf Valgrave sich be- 
ziehe. (In drei Abschriften.) 

VI. Brief des Abtes Albert von St. Peter in Salzburg an Abt Maurus 
von Ottobeurn d. d. 19. April 1642. Hierin wird die Uebersendung einer 



249 

Copie des Briefes angegeben, welchen Albert in Hinsicht der kempisischen 
Streitschrift und der vom Probste Simon VVerlinus zu Diessen verletzten Ehre 
des Stiftes Ottobeurn an den Fürstbischof von Augsburg geschrieben hat. 
(Originale.) 

VII. Brief des Abtes Albert von St. Peter in Salzburg an Abt Maurus 
von Ottobeurn, dd. 30. April 1642. Darin meldet der Schreiber die Ueber- 
sendung einer Kopie der Antwort, welche der Bischof von Freising 
gegeben, welche aber keineswegs zur Satisfaktion genüge; man könne dar- 
nach seine weiteren Schritte einleiten; im übrigen seien die Ottobeuern von 
allem Verdachte, die kempisischen Vindicien verfasst und herausgegeben zu 
haben, frei. (Originale.) 

VIII. Brief des Abtes Albert von St. Peter in Salzburg an den Abt 
Maurus von Ottobeurn, dd. 11. Mai 1642. Hierin spricht Albert seine 
Ansicht über die bereits unter Nr. VII. erwähnte Antwort des Bischofs von 
Freising aus. (Originale.) 

IX. Brief des Abtes Albert von St. Peter in Salzburg an den Abt 
Maurus von Ottobeurn, dd. 17. Mai 1642. In diesem Brief sagt der 
Adressant, Valgrav sei kein eitles Phantasiegebilde, sondern ein Mann von 
grossem Ansehen und geeignet, seine Ehre und seinen Ruf zu verteidigen. 
Zugleich gibt Albert die Ueberschickung einer Kopie des Briefes bekannt, 
welchen er vom Rector zu Bilingen, Stengelius, erhalten habe. Daraus könne 
die Erklärung des Erzbischofs von Augsburg und der Rat des Stengelius 
entnommen werden. (Originale.) 

X. Brief des Abtes Albert von St. Peter in Salzburg an den Abt Maurus 
von Ottobeurn, dd. 25. Mai 1642, dessen kurzer Inhalt folgender ist: »Als 
der Abt von Tegernsee mit dem Bischof von Freising in Sachen der Vin- 
dicien verhandelte, bekam er die Antwort, er werde seine Censur niemals 
widerrufen , dagegen werde er , wenn wir ihm ein Werk zur Approbation 
vorlegen, auch uns seine Censur und Approbation nicht verweigern, wofern 
nichts gegen den katholischen Glauben darin enthalten ist.c (Originale.) 

XI. Brief des F. Gbr. Buzlinus an P. Sebastian Röhr von Ottobeurn, 
dd. Vineis, 30. Mai 1642. Der Schreiber dieses Briefes gibt bekannt, dass 
er das so sehnsüchtig erwartete Schreiben des P. Wilfridus aus Rom erhalten 
habe. Sein Inhalt ist der: »Ich habe die neuen kempisischen Vindicien des 
Simon Werlinus gegen Franciscus Valgravius gesehen. Jener schreibt zwar 
sehr schön, aber nicht so, wie es einem Verteidiger des Thomas a Kempis 
geziemt. Gewiss ist, dass Fr. Valgravius der wahre Verfasser der Animad- 
versiones apologethicae für Joh. Gersen ist. Die Praemonitiones habe ich 
zwar nicht in meine Hand bekommen, trage aber kein Bedenken, dass auch 
sie von demselben geschrieben worden sind.f (Originale.) 



25Q 

XII. Brief des Probstes Simon zu Diessen an den Abt Maurus von 
Ottobeurn, dd. 24. Juni 1642. Simon erklärt hierin, dass er die >novae 
vindiciae Kempenses« nicht dem Drucke übergeben habe, dass er auch nie 
daran gedacht habe, den Abt Gregor von Ottobeurn als Verfasser und einen 
Religiösen von Ottobeurn als Herausgeber der Praeraonition zu bezeichnen, 
welche Fr. Valgravius zu Paris gegen Thomas a Kempis veröflfentlicht habe. 
(Ein Originale und eine Abschrift.) 

2. Kleinere Traktate. 

XIII. Oeffentliche Abbitte des Probstes von Gersen, Petrus, geleistet vor 
dem Consistorium zu Salzburg unter Beisein des Notars Bartholomäus Hegler. 
Petrus bekennt, dass er die von Simon Werlinus verfassten novae vindiciae 
Kempenses in seinem und im Namen mehrerer Pröbste herausgegeben, ohne 
dass er früher deren ausdrücklichen Konsens dazu eingeholt hätte ; er bereue 
diese seine That, weil er dadurch Feindschaft zwischen dem Augustiner- und 
Benediktinerorden gestiftet habe, nicht aus Hass, sondern aus allzu grossem 
und ungebührlichem Eifer; darum wünsche er, dass die genannten Pröbste 
von aller Schuld frei gehalten werden. (Abschrift.) 

XIV. Attestation des Franciscus Valgravius, geleistet vor dem General- 
vikar Ludovicus de Guyard, des Inhaltes, dass er im Jahre 1638, zu Paris 
durch Sebastian Huie die Ausgabe des Buches von der Nachfolge Christi be- 
sorgt habe mit dem Titel : »Joannis Gersen , Abbatis Vercellensis Italo-Bene- 
diktini de Imitatione Christi libri quatuor a nonnullis olim Joanni Gerson, 
ab aliis nuper Thomae a Kempis falso tributi.« (Abschrift.) 

XV. Brief des Franciscus Valgravius an den Prior von Ottobeurn, 
Jakob Molitor, dd. Paris 22. Juli 1642. Hierin bittet Valgrav um ein Exem- 
plar der Vindicien des S. Werlinus, welches er notwendig brauche zur Ver- 
teidigung des Job. Gersen; zugleich äussert er sich, dass diese Verteidigung 
besser von den Deutschen unternommen werden könne, da ihnen Manuskripte 
zu Gebote ständen, welche zeigen, dass Thomas in einer viel späteren Zeit 
gelebt habe, als dass man ihn als den Verfasser der Imitatio Christi betrach- 
ten könnte. (Abschrift.) 

XVI. Brief des Bischofs von »Chiembster« an dem Abt der Erzdiözese 
Salzburg dd. 30. Juli 1642, worin der Abt aufgefordert wird, alle etwa zu 
findenden Exemplare der Imitatio Christi von Simon Werlinus und der bei- 
gefügten novae vindiciae Kempenses, welche zwar unter dem Namen ver- 
schiedener Pröbste der Augustiner- Orden, aber ohne deren Konsens, zu Mün- 
chen publizirt worden sind, zu sammeln und zu übersenden. (In zwei Kopien.) 

XVII. Brief des Abtes von St. Peter in Salzburg an den Abt Maurus 
von Ottobeurn dd. 3. Nov. 1642. Hierin berichtet der Schreiber den In- 



halt des Briefes, den er vom Rector zu Bilingen erhalten hat: »Der Fürst- 
bischof von Augsburg erwarte eine Klageschrift gegen die keineswegs genü- 
gende Abbitte des Werlinus, und verspreche, er werde den öffentlichen Be- 
leidiger zwingen, die gebührende Genugthuung zu leisten.« (Originale.) 

XVIII. Brief des F. Romanus Hay an den Prior von Ottobeurn, Ja- 
kob Molitor, dd. Ochsenhausen 7. Aug. 1651. Hierin sagt er, dass er, ob- 
wol er sich früher um den Streit über den Verfasser der Nachfolge Christi 
nicht gekümmert habe, durch die vindiciae vindiciarum Kempensium des Si- 
mon Werlinus gegen Konstantin Kajetanus und Franciscus Valgravius den- 
noch bewogen worden sei, sich etwas genauer über den Verfasser zu infor- 
miren; nach reiflicher Erwägung sei er zur Ansicht gekommen, dass Thomas 
a Kempis nicht der wahre Verfasser sein könne; er wolle sich auch nicht 
für Johann Gersen entscheiden, sondern sich damit begnügen, zu zeigen, dass 
Thomas von diesem Gebiete der Literatur weit entfernt, und dass ein deut- 
scher Priester unbekannten Namens der Verfasser sei. Er sehe wol ein, dass 
er durch sein beabsichtigtes Werk sowol die Verteidiger Gersens, Valgravius 
und Cajetanus, als auch die Verehrer des Thomas, die Augustiner und 
Jesuiten, sich zu Feinden aufrufe. Um jedoch keiner Partei zu nahe zu treten, 
wolle er sein Werk betiteln: »Osculum pacis, inter Thomam de Kempis 
Canonicum Regulärem Ord. S. Aug. Belgam, et Joannem Gersen Abbatem 
Vercellensem ord. S. Bndti Italum, eorumve partes, quaestionem de nomine 
Authoris quatuor vulgatissimorum librorum de Imitatione Christi hactenus 
controvertentes. « Gleichzeitig wolle er auch eine neue Ausgabe der vier 
Bücher der Imitatio besorgen nach 7 alten Manuskriptenkodices, von denen 
sich drei im Stifte Molk, (zwei aus dem Jahre 142 1 und einer von 1427) 
einer (aus dem Jahre 1427) in Ochsenhausen, einer in Weiblingen (1430) 
und zwei in Weingarten 1^1433, und 1434) befinden. Diesem Briefe ist eine 
Sammlung von Germanismen beigefügt, welche in der Imitatio Christi vor- 
kommen. (Originale.) 

XIX. Brief des Georg Seisrer, Priors von Villingen, an den Prior Al- 
bert von Ottobeurn dd. 28. Nov. 1682, worin um Unterstützung durch 
Manuskripte in der Verteidigung des Joh. Gersen gegen ein von den Re- 
gular-Kanonikern gedrucktes Werk gebeten wird, worin Gersen als :>persona- 
tus larvatusque« hingestellt wird. (Originale.) 

XX. Brief desselben an denselben dd. 26. Nov. 1683, worin gemeldet 
wird, dass die erhaltenen Manuskripte retournirt und die Vertheidigung Ger- 
sens in Angriff genommen worden seien. (Originale.) 

XXI. Brief des P. Thomas Aqu. Erhard aus Wessobrunn an den Prior 
von Ottobeurn dd. 10. Jänner 1726. Hierin schreibt er, er hätte den 
Auftrag erhalten, zu widerlegen, was ein gewisser >Polinganus^ mit gleicher 
Frechheit gegen alle Gersenisten geschrieben hat; er bitte daher um Ueber- 



Sendung des Formulars, welches das Urtheil des Bischofs von Augsburg über 
Werlinus enthalte und im Kloster zu Ottobeum aufbewahrt sei, und etwai- 
ger anderer Manuskripte, welche den Gersenisten nutzlich werden könnten. 
(Originale.) 

XXII. Bitte des Konventes von Ottobeurn an den Erzbischof von 
Salzburg, er möge ihn in Schutz nehmen gegen die 7 Pröbste der Regular- 
Kanoniker, welche ein förmliches Meer von Schmähungen über die Otto- 
beuern ausgegossen haben in Folge einer von Franciscus Valgravius verfass- 
ten Schrift, welche sie ganz fälschlich dem Abte Gregor von Ottobeurn zu- 
geschrieben haben. (Abschrift ohne Datum.) 

XXIII. Beriqht über ein im Stifte Molk aufgefundenes und von F. 
Stephan Burkard 1517 verfasstes Register, aus dem folgende Werke zu ent- 
nehmen sind: Qui sequitur me; auf Pergament, von Anfang bis zum Ende 
denselben Charakter aufweisend, mit 109 fol. Explicit 1440 am 6. Tag 
nach Frohnleichnam. De reformatione hominis in IV. partes, quarum prima 
est de imitatione Christi (fol. 27); beendet am Tage des hl, Kilian 1435. 
De reformatione hominis et imitatione Christi, fol. 147, vollendet am Tage 
der Enthauptung des hl. Johannes 142 1. Bericht über ein im Stifte Krems- 
münster vorhandenes und von F. Friedericus Hersperger verfasstes Werk, worin 
25 Kapitel von der Imitatio Christi aufgenommen sind. Hierin ist das 
Datum, wann das Buch geschrieben worden ist, dreimal angegeben, nämlich 
am 4. November 1438, woraus deutlich hervorgehe, dass die Imitatio bereits 
vor Thomas existirte. Bericht über ein in Admont aufgefundenes Werk, dessen 
vierter Theil die Ueberschrift trägt: »De Imitatione Christi Joh. Gers.-^ Es 
ist geschrieben und vollendet durch F. Benediktus im Kloster St. Peter 
in Salzburg, am Samstag vor Allerheiligen des Jahres 1463. Bericht über 
ein im Stifte Nunberg vorhandenes Werk, in welchem die 4 Bücher der 
Imitatio enthalten .sind; es ist verfasst.von einem Priester aus St. Peter in 
Salzburg, F. Laurentius Cbamler und beendet 1455. Anonyme Dissertation für 
Thomas a Kempis; 40 fol. 

Pfarrbibliothek zu Unterkirchberg. 

Dubia post agitatam diu controversiam . . . qualia communicat a Gersene 
aeque ac Kempisio adhuc alienus P. Martinus Mack O. S. B. Biblioth. 
monasterii Wiblingani 173 fol. Angehängt ist der Dissertatio die durch den 
kaiserl. Notar Falkner unterm 6. April 1763 ausgestellte Urkunde, dass 
sämmtliche (5) Imitatio -Codices von WibHngen acht und recht seien. (Bis 
jetzt wurden zwei dieser Handschriften wieder gefunden: Cod. Tubing. und 
Paulanus.) Diese lange verschollenen »Dubia« wurden durch Direktor Reisser 
in der Pfarrbibliothek zu Unterkirchberg wiedergefunden. Tübinger Quartal- 



253 

Schrift 1868 S. 670 und 1879. S. 303. Obwol Mack bezeugt, er sei 
»a Gersene aecjue ac Kempisio adhuc alienus«: , so sind denn doch diese 
Dubia eigentlich der Beweis der Ausschliessung der antigersenistischen Kan- 
didaten, des Thomas zumal. Zum positiven Beweis des Gersen schreitet 
Martin Mack in seinem Thomas a K. pseudepigraphuß (Cod. lat. mon. 17506 b.), 
welchen er unter dem anagrammatischen Namen Kantimiri Kami verfasst hat 
und der gegenwärtig in der Münchner Staatsbibliothek aufbewahrt wird. 

Pariser biblioth^que Nationale. 
Delisle, Inventaire. 

Cod 12434 — 12437 »Documents sur l'Imitation de J. Gh. XVII. S.« 

Bibliothek Alexandrina in Rom. Ed. Henr. Narducci. Rom 1877. 

God. 102, welcher nicht weniger als 175 Stücke enthält. Stück 100 
pag. 445 * bis 447 ** Epistola acephala D. Gonst. Gajetani data Romae 15 7bris 
1650 De Joanne Gersen. Die ersten vier Folia dieses Briefes sind durch 
Versen pag. 451* — 454 ^ beigebunden. 

God. 102. Stück loi pag. 448*^ »Exemplar litterarum S. Heriberti 
Rosweydi S. J. datarum Antuerpiae 4. Juli 161 5. ad S. Jacobum Quaglia 
Romam, an Thomas a K. auctor sit libelli de Imitatione Ghristi.« 

God. 102 Stück loi. pag. 449*449 bis** »Jacobi Quagliae S. J. Rei- 
futatio concertationis D. Gonst. Gajetanis, qua Thomae a K., uero libelli de 
Im. Gh. authori substituere conatur Joan. Gersen, Abbatem Benediktinum.c 



DIE CONTRÜVERSLITERATUR. 

Erstes Jahrhundert des Streites. 



Ge 



Kos 



'S"" 



SuperiordcsJesuHeii CoUtg. 
zu Arona. Epistola ad !'□£- 
sevin. 1605. (De cod. Aron.) 

Possevi n. Jesuit. Apparalus 
sacer. VcdcIüs. 1606. 

Negroni. Jesuit in Genua. 
Epistola de cod. Aron. 1610. 

ItelUrmin Robert. Cardi- 
nal. Desciiploribus ccclesi- 
aslicis. 6 ^.Arlike üersen. 

CajetanusConstantinus. 
Abt. 

1 . Concerlalio pro Ucixm. Ko- 
mae 1613 liei Mnscordi. 
I'aris 1616. 

2. Apologelica responsio ad- 
versus Roswcidum . Paris 
161S. 

3. Apparalus ad Geisenem f es- 
lituluni. Romac £44 • 

4. Ketpun^io advcrsus VJadJ- 
cias K«inpeDscs Rosweidi. 
l^oniae Ö44. 

5. ReäpDDäiu >polo£tlica [»o 
Gerxen. Komac 1644. 

6. Epistola ad Qnniienienum 
■de auctore liWi de ImlUiJ- 
one 1650. Veiüffcnllicbtvou 
'rhom.Erhird^AiiguBtaeVin- 
del. 1716. pag. 68—87. 

MarilUc Michael. Paria- 
mcntsral und Siegelbe wahrer 
lu Paris. 

I. Ave Hisse nie nl au leclcur. 

3. Advij sur ]a controverse lou- 
chant l'aulcur du Itvte de 
l'Imit. de node Scigncur 
Jcaus-Chriat. 

»uzeUino Gabriel, llene- 
diktincr. I^ttres sur deux 
mnnuscripts de l'Imitalion 
des annte 1418 und 1430. 



Rosi 



eHei 



s.Je- 



I. Epistola ad F. Bemardinum 
RosiignoliuTn. 1615. Inder 
AusE.vonr„ni,,anli,msCaje- 
tanus. Rom 1616. pBg. 6. 

1, VilaTbomaeaKempis; apud 
Elzcviriun. 1616. 

3. ViudiciaeKempenses. Ant- 
verpiae 16 7 und 1621. 

4. Cumnionitoriuni adversus 
Cajetani apologiam. Ant- 
verpiae löll. 

5. Certissima lestitnonia, qui- 
bus Thomas a Kempis auctor 
asserilur librorum de Imita- 
tione Christi . In der Ausgabe 



Fnrandi Prosper. Priester 
in Mailand, Certissima pro 
Thoma Kcmpensi ai^men- 
ta. Romae. In der Vorrede 



255 



O ersenisten. 



Gcrsonislen. 



Besolde Christophe. Be- 
rühmt. Rechtsgelehrter. Spe- 
cilegia iudicio-politica. III. 
cap. I. 1636. 

Valgrave Franz. Benedic- 
tiner. 

1. Animadversiones apologe- 
ticae contra Vindicias Kem- 
penses a Rosweida. Paris, 
Iiur6 1638, 1639, 1643. 

2. Praemonitioadlectoremcum 
coroUariis. In einer Ausgabe 
derlmitatiovon 1639. Paris, 
Billaine. 

3. Epttre dedicatoire a la reine 
Anne d' Au triebe. Inder Aus- 
gabe von 1643, Paris I LeBe. 

4. Argumentum chronologicum 
contra Kempenses. Paris, 
Billaine 1650. 

5. Vita Gersenis et elogium 
libri. Paris 1664. 



Mezlcr Thomas.' Benedic- 
tiner. Epistola dedicatoria ad 
R. P. Udalricum abbatem. 
In seiner Ausgabe der Imi- 
tatio 1645. 11. ed. BrUssel 
1649. 



F ranz -Augustin dellaChie- 
sa. Bischof von Saluzzo. 



Camus. Bischof von Belley. 
D'Avrigni zeigt in seinen 
»Memoires chronologiques« 
1709, lom. III. pag. 103 
zum Jahre 1671, dass Ca- 
mus schim im Jahre 1642 
sich für Gerson ausgespro- 
chen habe. 



T h o m i s t en. 

der Ausgabe von 1627. Ita- 
lienisch 1645. 

Pontanusjohann. Histoire 
de Gueldre. 1638. 

Fronteau Joannes. Regu- 
lirter Chorherr von St. Gene- 
vieve. 

1 . Thomas aKempisvindicatus. 
Paris, Cramoisy 1 641. ed. II. 
mit Briefen von Xaude 1649. 

2. Refutatio eorum, qui contra 
Thomae Kempensis Vindi- 
cias scripsere (Quatrcmaire, 

Launoy , Valgrave V Paris 1 650. 

3. Epistolae et Dissertationes. 
Veröffentlicht von Perner. 
Paris und Verona 1703. 

4. Argumenta duonovaprimum 
Eustachii, alterumFrontonis, 
Paris 1 65 1 . Mit einer Vor- 
rede von Naude. 

5. De Imitatione Christi. 



Werlin US Simon. Regulir- 
ter Chorherr. 

1. Vindiciae novae Kempenses 
contra fratrem Valgravium. 
Monachii, Lcyer 1641. 

2. Rosweidus redivivus (gegen 
Valgrave und Cajetanus.) 
Köln 1649. 

Carrö Thomas. Priester zu 
Paris. 

1. Limitation de Jesus-Christ 
avec unepr^face sur l'auteur. 
Paris 1641. 

2. Les quatres livres del'Imita- 
talion avcc une dissertation 
contrc Valgrave. Paris 1 644. 

3. Thomas a Kempis a se ipso 
restitutus. Paris 1651. Vor- 
rede von Naude. 



Chifflet Philipp. Regulir- 
ter Chorherr. 



2^G 



(] e TSC ni -If t\. 



(ier-vo nisten. 



T h o m i < t c n. 



1. Ilistorin caniinalium, cpiv- 
co|Mjruni et ahbatum Pcdt- 
niontanae regionis. Taurini 

164s. 

2. Catalogo di tutti gli scrittori 
Fieinonti-si. Taurini, I>rf>ssi. 



Laiinoy Johann. Doctor der 
SorlKjnnc. 

1. DissiTtatio continens iudi- 
cium deauctorelibri delmit. 
Christi. Paris 1649. II. edit, 
1650. III. edit. auctioretcor- 
rcctior. 1663. 

2. Remarques sonimaires. Paris 
1652. II. edit. 1663. 



Quatrcmairc Robert. 

1. Joannes Gerscn aucU>rasser- 
tus libr. de Imitat. Christi. 
Paris 1649. 

Iterum ossertus contra rc- 
futationem Joan. P'rontcau. 
Paris 1650. 

2. Factum (Denkschrift vom 
April 1651.) 

Joh. Bapt. Soucheti. Veri- 
tatis dcfcnsiu contra Joh. 
Frontoncm. Camuti 165 1. 



Labbö Carl. Advokat. Si- 
nopsc ou sommairc des ob- 
servations de Charles I^bbc 
pour la rcstitution du livre 
de Imitatione Christi en son 
enti^re splendcur et a son 
vrai auteur Jean Gerson. 
Paris 1653. 



I 



1 . Avis au Itcteur sur Thomas 
a Kempis. Als Vorrede für 
eine französische Uebersetz- 
ung der Imitatio. Anvcrs 
1646. 

2. Deux lettre sur le v^ritable 
auteur du livre de Plmita- 
tion. 1651. 

Heser Georg. Jesuit. 

1 . Dioptra Kempensis. Ingol- 
stadii 1650. 

2. Vita et sy Ilabus openim om- 
nium Thomae a Kempis. In- 
golstadii 1650. 

3. SummulaapparatuiConstan- 
tini Cajetani ad Gersenem 
restitutum opposita. 1650. 

4. Praemonitio nova ad pseudo 
Gersenistas.Ingolstadii 1 650. 

5. Bibliographia Kempensis 
(Vorrede von Naude.) Paris 
1651. 

6. Scptuaginta Psalmae in lau- 
dem librorum Thomae a 
Kempis. Ingolstadii 1651. 

7. Obeliscus Kempensis. Mo- 
nachii 1669. 

8. Hecatompylos scu apologia 
pro Thoma Kempensi. 

9. Mantissae Gerseniae. 
Rcvius Jacob. Historiae ur- 

bis Daventriensis libri VI. 
Lugd. Bav. 1650. 



Naudc Gabriel. 

I . Pi^es du procbs entre Nau- 
dö, les Chanoines regulicrs 
et les Benedictins. 165 1. 
Detailangaben über diesen 
Streit finden sich in der Dis- 
sertation de Barbier 18 12. 
Von Seite 176 an. 



257 



Gersenisten. 



G ersonisten. 



Ha sie Ludwig. Ein wenig 
bekannter Schriftsteller. Er 
stellte am 20. Jänner 1653 
in der Sorbonne eine These 
für Gerson auf. L'Ecuy: 
Essai sur la vie de Gerson, 
tom. II. pag. 276. Paris 
1832. 



Lescale Anton. Benedikti- 
ner. Artikel Lescale in der 
Biblioth^uc de Lorraine 
von Calmet. 1663. Nancy 

1751- 
Rambeck Aegidius. Apo- 

logia contra Hcserum. 

Kossotti Andreas. Bcne- 

dictiner. 

Syllabus scriptorum Pede- 

monti, ubi Gersen inter 



Tho misten. 

2. Velitatio prima Kempen- 
sis. Paris 1651. 

3. Causae Kempcnsis conjectio 
pro curiaKomana. Paris 1 6 $ i . 

4. Fraefatio ad lectorem , in 
opere Carraei, cuius titulus, 
Thomas de Kempis a se 
ipso restitutus. Paris , Bla- 
geart 1651. 

5. Relatio Naudaei de Imita- 
tione Christi. Editio Veneta 

I50X- 

6. Testimonium adversus Ger- 

senistas triplex (Holsteni 
Allatii, Camilli de Capua). 
Paris, Cramoisy. 1652. 
Fr. V. H^ cell es. Regulirter 
Chorherr. 

1. Apologie pour Thomas a 
Kempis. Vciöffenllicht von 
Cramoisy. Paris 1651. 

2. Apologie en faveur de Kem- 
pis. Paris, Cramoisy 1651. 

Desnos Nicolaus. Regu- 
lirter Chorherr. Thomac a 
Kempis triumphus de ad- 
versariis. Nivcrni , Fourr^e 
1652. 

Ant. Franciscus Payen. 
Testimonium adversus Ger- 
senistas duplex. Parisiis 1652. 

Gabriel v. Boissy. Regu- 
lirter Chorherr. La Contes- 
tation touchant l'auteur de 
rimitation de Jesus-Christ. 
Paris, Cramoisy 1652. 



17 



25^ 



c r s e n 1 s t e n. , 

scriptores enumeratur. Mon- | 
dovi 1667. I 

Paravicini Franz. Rektor j 
des Jesuiten -Collegiums in 
Arona. Testimonium 1668. 



Gersonisten. 



Karl Du Gange. Glossarium 
Latinita tis medii ae vi. 1671. 

Delfau Franz. Benedikti- 
ner. Libri de Imit. Christi 
Gerseni asserti. Paris 1674. 

Mabillon Job. Benediktiner. 

1. Animadvcrsiones in Vindi- 
cias Kempenses. Paris, Bil- 
laine 1677. 

2. De re diplomatica lib. V. 
cap. 15, pag. 372etni. 3. 3. 

3. In Museu italico pag. 21, 
28, 208, 219. 

Genfer opera Mabillonii pos- 
tuma tomo priore. Mem. de 
Trevoux A. 1724. p. II99. 
seq. et A. 1727. p. 573. seq. 

Andry Ant. Abt. Disserta- 
tion sur le livre de I'Imi- 
tation de Jesus-Christ et sur 
son auteur. Paris 1690. 

Aguirre Joseph. Cardmal 
(Bencdictincr). Prolegomc- 
na de vero auctore operis de 
Imit. Christi. Komae 1697. 



T h o m i s t e n. 



Dupin Lud. EI. Doctor 
der Sorbonne. Dissertation 
sur l'auteur du livre de 
rimitation de Jesus-Christ. 
Paris 169S. Auch in's I^- 
tein übersetzt. 1706. 



Lindeborn Johann. Hi- 
storia sive notitia Episco- 
patus Daventriensis, execcle- 
siarum membranis, mona- 
sterionim tabulis, authentice 
annotatis et classicis authori- 
bus enita et public! juris 
facta a Joh. Lindebomio. 
Coloniae 1670. 

Anonym. Thomas a Kem- 
pis de Imitatione Christi. 
Gatalauni 1670. 

Testelette Philibert. Re- 
gulirler Chorherr. Vindiciae 
Kempenses adversus Del- 
fau. Paris, Cramoisy 1677. 

Brewer Heinrich. Theo- 
log. Thomae a Kempis 
Biographia, vita, controver- 
sia super libris de Imitatione 
Christi, Coloniae Agrippinae 
1681. 



Gl. du Molinct. Regulirter 
Chorherr von St. Genevi^ve. 
Avertissement de Chanoines 
r^gulieres sur le livre de 
rimitation de Jesus-Christ. 
1687. In der Bibliotheque 
critique des Richard Simon. 



Zweites Jahrhundert des Streites. 



Gersenisten. 

EdmundusMartene et Ur- 
sin us Durand. In tomo 
utroque itinerarii sui literarii 
Galiccediti, passim. Confer. 



Gersonisten. 



T h o m i s t e n. 



259 



Gerse nisten. 

Acta Enid. 1718. pag. 488, 
Vet. A. 1725. pag, 55. 

Thui liier Vinc. Benedik- 
tiner von 8t. Maur. Histoire 
de la Contestation sur l'au- 
teur du livre de Tlmitation. 
Paris 1724. Erschien auch 
lateinisch. 

Valsechi Virg. Benedikti- 
ner. Giovanni Gersen sos- 
tenuto autore dei libri dell' 
Imitazione di Cristo. Flo- 
renz 1724. 

Philipp le Cerf. 

l.Bibl. historique et critique 
des autheurs de ia Congre- 
gation de S. Maur. pag. 
93. 249. 256. 416. 

2. Hist. litt^raire de l'Europe 
1726. Sept. p. 23. seq. 

ErhardThom. Benediktiner. 

I. Libri IV. de Imit. Christi 
Joannis Gersenii de Cana- 
bacco. Augusta Vindelico- 
rum 1726. 

2 . 1 listoria concertationis. 1 726. 

3. Polycrates Gersenensis con- 
tra scutum Kempense. Au- 
gustae Vindelicorum 1729. 

Herwin Joh. Benediktiner. 
Historia concertationis de 
auctore libelli de Imit. Chri- 
sti. Augustae Vindelicorum, 
Stroetlcr 1726. Aus dem 
Französischen des Vincenz 
Thuillier. 

S che 1 hörn i US Joseph. Dis- 
sertation contre Amort. In 
den Amoenitates litterariae 
Francofurti 1 730. (Nach 
Gregory's Histoire. tom. II. 
pag. 208.) 

Bernardus Pez. Benedic- 
tiner von Molk. Bibliothcka 
Bcnedictinorum Congregat. 
S. Mauri p. 113 seq. 

Fontaninijust. Erzbiachof 



Gersonisten. 



Ponsampieri Lamb. Ca- 
jetan. 

Gabdielmitatio in italienischer 
Sprache mit Gerson als Ver- 
fasser heraus. Lucca 1723. 



T h om i stcn. 



Van Rhyn. Oudheden en 
gestiebten van het bisdom 
van Deventer, of beknopte 
beschryving. I^yden 1725. 



Amort Eusebius. Regulirter 
Chorherr. 

1 . Plena et succincta informatio 
de statu totius controversiae 
de auctore libri delmitatione 
Christi. 
AugustaeVindelicorum 1725, 

2. Epistola critica de punctis 
controversiae Kempisianae 
praecipuis. Im VIII. Band 
der Amoenitates Litterariae 
von Schelhom. Frankfurt 
1728. 

3. Animadversiones historico- 
criticae in epistolam dedica- 
toriam Thomae Mezleri. Im 
VIII. Band der Amoenitates 
Litterariae. 1728. 

4. Scutum Kempense. Coloniac 
Agrippinae 1728. 

5. Polycrates Gersenensis ex- 
auctoratus. Monachii 1729. 

6. Joannes de Canabaco . . . 
recenter detectus. Canabaci 
1760. 

7. Anticrisis in Crisin apolo- 
geticam inscriptam. Cana- 
baci 1761. 

8. Appendix in Anticrisin. 
1761. 

9 . Notitia historico-critica de co- 
diceVeneto. Coloniae 1761. 

10. Deductio critica. Augustae 
Vindelicorum 1761. Mit einer 
Karte von Kempis Vaterland 
und einem Abdruck des Ma- 
nuscriptes von Arona. 

1 1 . Moralis ccrtitudo pro Tho- 

17» 



TOD Ancyra. I.'tluquciua 

ilaliana. Korn 1736. ! 

Du Plcssis. Benedictiner. I 

KeponsE k I ,cnf;tel IDufres- | 

nay. Im Mtrcur vom No- | 

vember 1741. , 

Znccaria Ant. Jesuit. Kx- | 
cunuä lillerarü pi^r ilaliuin. 

I 

Aposlülo Zcno, ein sehr I 

gelehrter Vcoeiianer, spricht 1 

in seinen Noten Über Fod- I 

tiinini und in ticn Briefen I 
über die 1 .ilkt.T [iirßtschichte 

rur GcTsen. 1744. ' 

Enrique?. Heinrich, Car- i 

dinal. I/ImitazioneiliCrislu | 

in litinueiiinilaliano. Korne I 



I7S4- 

Zicgelbai 



Ml 



r (Oliverio.) ' 
I lilerariae urd. 1 
S. h. (om. II; pag. 3II. | 
'754- 
Vilatt Joseph. Abb6, Dis- 
»ertationiiurrauleurilenmi- | 
lation de Jesus-Christ. Pa- j 
ris 1758, 1764. 1775. I 

KemonJini Joh. Bekann- i 
ten Buchdrucker lu Venedig. 1 
L'Imitaiiune di Crislo da 
aicunt per errore attribuita a 
Giovanni Gcrsone. 1758. 
Angel US. Benctlik- 



t. Üisserlatio crilica Freising, 
Ludwig Boeck. 1758. 

3. Angelus contra Michaeleni, 
Freising 1761 ; weil er Ttlr 
den Vcrl'a.iwr der anonymen 
Schria fAriiorlä Joannes de 
Canabaco recenter deleclus 
den Probst Michael Kuen 
von Ulm hielt. 

3. Crisii in Anticriain. Mo- 
nachii 1761. 

Jo ha nn&flpt. Kraus. FUrst- 
.ibt V. S. Emmeron. 



ma ■ Kempis. AugwUe 

VindeliconuD 1764. 

Mit Abdrucken von mehreren 

auf die Imitatio beztlgNcbcn 

Handschriften. 



\ndT. Wilh. von Gerj. 
Regal irter Chorherr. Disser- 
tation sut le viritable autenr 
deTImitationde J^ns-Cbrist. 
Paris, Cavelier 1758. 



Trautwein Georg. Rego- 

hiter Chorherr. 
I.Lapsus Angel Schyrensis. 

AugusIaeVindelicomm 761 
3. Lapsus deleiiorcs l!)iilyiiii 

Veiccllensis. Augustne-Vin- 

delicoram 76 . 
3. Actus academici adversu* 

pseudo-üldjmi Vercellensit 

epistolas IL AuguiUe-Vin- 

delicoruin 1761. 



I.Basis firma acdilicü Geise- 
nUni a F. DeUau et J. Ma- 
billon ann. 1Ö74 et 1677 
posita. Ratisbonae 1762. 

*. Documenta hinlorica tschro- 
nico WindcsemetLii et chro- 
nico S. Agnelis, quibus os- 
tenditiir Thomam a Kempis 
libelli de li»ii.-iii«ncChi 
auctoTcm dici non debere. 
Kattsbonae 1763. 

Thuopbilus de laGrani 
D»qaisiliuJuridica,DUmM 
cbael Kuenauthorsitjoann 
de Canabaco. 1763. 

Gubet Nicolaus. Archiv: 
desGrafenvQn Atlois. Lettre 
sur le miDUscrit de l'Inii- 
tatiun, qui est l'ubject de la 
dissertalion de i'abbt Ghes- 
qui^, Dii^cc Brief erschien 
im Dezember 1775 im Jour- 
nal Ecciesiastique. 

MullateraThom. BerUhm- 
Tühmter Arzt. Memoire chnv 
nolo^che delln ciita di Bi- 
ella. 1778. 



&uni Schyrcnsem. ZvoUis 

1761. 

Zuiiggo Antonius, (.^n . 
Kegul. I^ler. VitaVencra- 
bilis ^ervi Dei 'l'humae a 

Kcmpis. Vcnetiis 177I bei 
S. Occhl 



Ghesquitre Joseph. Ex- 

Jtsuit. Dissertation sur l'au- 

teuT du livTU de l'Imilalion 

de Jesus-Chriät. I'atis, Lyon 

I77S- 

Feiler Kranz Xaver. Ek- 

Jesuit. Jugement siu' l'auteur 

det'lmtlationetsDr laDisier- 

lalion de Fabbc de Ghes- 

quiire. Im Journal hisloriqne 

I et litteraire in Luxemburg. 

I Man 1776. 

Desbillona Franz. Ex- 



~hais Job. Benedikliner. 
Zwei Briefe an den Abt Fel- 
ler, Redakteur des Journal 
hislorique et litlcrnire in 
Lnicmburg. Apiil und Au- 
gust 17SS. 



De Iniitationc Christi libri 
IV. nuctori äuo 'I'hoinac a 
Kempis denuo vindicali. 
Manbemii 1780. 
Godescard Joh. Secrelär 
des iLribischofs von Paris. 



iiWcTkc I.es vi 






l'ires, dcsMartyrs elc be- 
handeil er die Frage ; »War 
Thimias a Kempis der Ver- 
fnsscr üdei 1)1 üss Abschreiber 
derlmitatlo ?• XI. Band. Pa- 
rb 178S. 
Wercier Bartholomäus. 
Rcguliiler Chorherr von St. 
Genevitve. El schrieb einen 
Brief an den Redakteur des 
•l'Aniiee litlcrairei , Über 
zwfi (Bcnu/ce's und Desbil- 



262 



Gersenisten. 



Gersonisten. 



Thomisten. 

Ions) Ausgaben derlmitatio. 
I/ann6e IHt^raire 1788. tom. 
I. pag. 196 — 205. 



Drittes Jahrhundert des Streites. 



Gcrsenislen. 

Jüh. Franz Graf Napione. 
Erster Präsident des königl. 
Archivs zu Turin. 

1. Dissertazione epistolare in- 
tomo all' autore dell' Imi- 
tazione di Christo. Firenze. 
Molini 1808. 

2. Dissertazione intorno al ma- 
nuscritto de Imitatione Chri- 
sti. Torino 181 1. Firenze. 
I^ndi. 

3. Dissertazione seconda. 1829. 
Cancellieri Fr. Abt. No- 

tiziestoriche e bibliografiche 
di Giov. Gersen di Cavagliä. 
Rome 1809. 

Denina Carl. Historiograph . 
Er schrieb zwei Briefe vom 
21. und 22. März 1809. 

Milin Alb. Lud. Er spricht 
in seinem Werke : Voyage 
en Savoie, cn IM^mont et 
k Nice tom. II. pag. 361 
von Cavagliä (Canabaco) als 
der Vaterstadt des berühm- 
ten Gersen. 18 16. 

G. V. Gregory. Dr. I>eidcr 
Rechte etc. I . De la cul- 
ture du riz en Lombardie. 
Paris, Huzard i8i8. S. 86. 

2. Storia della Verccllesc Lit- 
teratura ed Arti. 18 19. Seite 
302 : IJiographie des Abtes 
Job. Gersen vrm Cavagliä. 

3. Memoire sur Ic v^ritable au- 
teur de I'Imitation de Jesus- 
Christ. Paris 1827. Deutsch 
von Weigl. Sulzbach 1832. 

4. Cotiex deAdvocatis cumno- 



Gersonisten. 

Gcnce Johann B. 

1. Defense de l'edition latine 
de Beauzöe. Im Journal 
des Cur^ vom 30. August 
und 4. und 10. November 
1809. 

2. Notice sur le charact^re des 
editions ou traductions fran- 
gaises de I'Imitation. Im 
Journal des Cur^ vom 13. 
14. 19. 20. 27. und 28. 
September 1810. 

3. Considerations sur la quc- 
stion relative k l'auteur de 
I'Imitation. 18 12. 46 Seiten. 

4. De I'Imitation de Jesus- 
Christ, traduction nouvelle 
Paris, Treuttel 1820. 

5. De Imitatione Christi, libri 
IV. Paris, Treuttel 1826. 

6. Dialogue desmorts sur l'au- 
teur de I'Imitation , Paris 
1828. 

7. Prccis en vers avec des re- 
maiques sur le livre de 
]'Imit:iti(m de Jcsus-C'hrist 
et son .lutcur. 1829. 

8. Nouvellcs considerations hi- 
storiques et critiques sur 
l'auteur et le livre de l'Imi- 
tation de Jcsus-Chrisli. Paris, 
Treuttel 1832. 

9. Manuscrit cel^bre de l'Inii- 
tation et portrait de Jean 
Gerson. Paris 1833. Es 
ist eine Kritik des Cod. de 
Advocalis. 

10. I^ vrai portrait du ve- 
ncrable docteur Gerson et 



Thomisten. 

Lambinet Peter. Prämon- 
stratenser. Remarques cri- 
tiques sur plusieurs 6ditions 
latines de I'Imitation. Im 
Journal des Cur^s vom 22., 
26. und 28. August 1809. 



J. B. Silbert. Gersen, Ger- 
son und Kempis. Mit Bezug 
auf die neueren französischen 
Kritiker. Wien 1828 bei 
Armbruster. Erschien wieder 
1846. 

Anonyme. Lebensgeschichte 
des Thomas von Kempis, 
nebst Spiegel christlicher 
Tugenden. Barmen 1829. 

G. H. M. Delprat. Pastor 
in Rotterdam. 

1 . Verhandeling over het Broe- 
derschap van G. Groot. Ut- 
recht 1830. 

2. Die Brüderschaft des ge- 
meinsamen Lebens. Deutsch 
und mit Zusätzen von Gottl. 
Monikc. Leipzig 1840. 



263 



Gersenisten. 

tis et variis lectionibus. Pa- 
ris 1827. 

5. De Imitatione Christi edit. 
II. magis accurata. Parisiis, 
Didot 1833. 

6. Della Tmitazione di Cristo. 
Nach dem Manuscripte de 
Advocatis XIII. sec. Paris, 
Didot 1835. Erschien auch 
französisch. 

7. Histoire du livre de l'Imi- 
tation de Jesus- Christ. Paris 
1843. 2 Bände. 

Ferrer oj oh annNicola US. 
Canonicus in Montanara. 
Brief vom 29. Juli 1824 an 
Gregory zu Gunsten des Be- 
nedictinerabtes Joh. Gersen. 

Lan juinais Job. Brief vom 
18. Oktober 1825. 

Fortia d'Urban. Marquis. 
Sur l'auteur de l'Imitation de 
Jesus- Christ. In der Revue 
encyclopediquc 182 7. 

Morra. 

Brief an G. von Gregory 
vom 12. Juli 1832. 

Avogrado Gustav. Graf 
V. Valdengo und Cerione. 
Fünf Briefe vom 30. März, 
18. Juni, 17. und 31. Juli, 
II. Dezember 1832 und 
14. April 1833. 

Weigl Johann. Professorin 
Regensburg. 

1 . Memoire sur le v^-ritable au- 
teur de rimitalion de Jesus- 
Christ. Sulzbach 1832. Aus 
deniFranzösischen übersetzt. 
(Seite 101—222 eigene Zu- 
sätze des Ueberselzers) . 

2. De Imitatione Christi libri 
quatuor. Solisbaci 1837. 
48 Seiten Einleitung. 

Keratry. 

Steht in seinem Romane 



Gersonisten. 

manuscrit precieux(2i). Pa- 
ris 1833. 

11. Coup d'oeil sur l'edition 
d'un Codex de Imitatione 
Christi. Paris 1833. 

12. Deux articles. Im Journal 
general de la litterature de 
France. VomNovember 1 833 
und August 1834. 

13. Epttre h un ami sur la 
lilhographie du portrait de 
Jean Gerson. Paris 1834. 

14. Nouvelle öpttre ä un ami 
sur la T^paration du mal 
par la puissance du bien. 
Paris 1834. 

15. Jugements motives sur 
l'dge du Codex de Advo- 
catis. Paris 1835. 

16. Les interprkes frangais de 
l'Imitation de Jesus-Christ 
et sa restitution k Gerson 
conürmee. Paris, Moquet 

1835. 

17. Biographie litt^raire de I. 

B. Gence, editeur du livre 
de rimitition. Paris, Mo- 
quet 1835. 

18. L'ombre d'un grand nom 
au personnage fictif devoile. 
Auszug aus dem Journal de 
la litterature frangaise vom 
Oktober 1835. 

19. A nos v^nörables patrons 
Agricola, Fortia d'Urban et 
Julie de Sainte-Colombe. 
Paris, Moquet 1836. 

20. Jean Gerson restitue et 
explicjuc par lui mcme. Pa- 
ris, Fournier 1836. 

21. Jean Gerson restitue et 
expliquö de nouvcau , Pa- 
ris, Thomassin 1837. 

22. Supplement aux amis de 
Gerson. Paris 1837. 

23. Addition aux Supplement. 
November 1837. 



T h o m i s t e n. 



Saphirs nut Seile Uers 
(Tom. 111. cap.l.pag. 173) 
1S34. 
J. A. C. Bouchoi». 

Noiice sur l'nuteur de l'lmi- 
intton <W J^us-Cliri«1. Im 
Faiith«on lilteraiit^. Pari& 

iS3S. 

lleltano Johann. C.iDoni- 
cus in Veictlli. Artikel vom 
30. Scplember 1836. 

MonaitliAlexander.Clwr- 



<|je Imi 



s Itali. 



lischt. Korn. Mariiii 1837. 



Avogadro Gusliiv. Abbe, 
Itesilzer ties Diarium de 
Advocalis : Analisi della 
conlroversia sul itro aulure 
Jel preiioso 1ibru della Imi- 



24. La vrai philosophje de 
l'bialoire. Ein philosophi- 
sches Gedicht. Paris, Mo- 
f)uet, 1837, 

25. Nuuveiles slances sur le 
prflcDdu livte du Xm. 
si^le , et sur les Mileurs 
el les traducleurs franeais 
de rimilaüod. Paris, 'llio- 
massin 1837- 

z6. L3 grande oeuvie et la 
longue queslion rapiieljes ei 
tesumfes dans des slances 
sut l'aDcien texte de Imita- 
tione Christi. Paris 1838. 

17. La gcande oeuvre latine 
definitivement ratlach je . 
pdlcrinjean GcTson, refugi£ 
dans l'abbayetle Melk. 1S38. 

;8.1)enii*re5Con5itI(^rülionssur 
le v£rilable auteur de la 
grande oeuvre latine . Paris im 
JuliiS3S Durchgesehen nni 
vennchn im August 1838. 

29. 1-a Modulation danb la 
pnn de oeuvre Inline diipdc- 
TlnJennGereon. Paris 1838, 

30. Stancesenqantrainslibres 
(S9.) Paris 1839. 

31. LaViergeMarie, miredes 
chreti^ns , dont Gerson ii 
voque le cult. Stances 
lyriques. Paris 1839, 

33. Motils d'unitf et d'ordre 
dans l'fdition de l'lmitatioD 
polyglotte de Lyon. Paris 
1839. 

33. Slances aphomtiques sar 
l'accent de la pensfe et de 
la religioQ daDs lesprogris 
de la Philosophie rationelle. 
Paria 1839. 

BatbierAlexandet. Kaiser- 
licher Bibliothekar. Disser- 

1i OD & franf aises derimitalion 
de Jesus- Christ. Paris 181». 



lati. Notifie della 



B Kempis. 
ni 1835 



di Jesli-Cristo. 
Im Calbolico di Lugano 
1837. 

Noihac Joh. B. Mitglicdder 
Academie der Wissenschaf- 
ten in Lyon. Du livre de 
rimitation de Jesus-Christ. 
Paris, Lyon 1841. 

MorenoLudw. Bbchof von 
Jvrea. Brief vom jS. Fe- 
bruar 1842. 

Parenti Anloo. Dclla Imi- 
lazionediCristo libriquattro, 
sccando l'atitico volgarizza- 
mento loscano , ridoilo ■ 
Cerella lezione, colriscontro 
di vnrii lesti. Modena 1844 
uud 1847. Neapel 1850. 
In der Coli eiione di buoni 
liliti a favore della vtütk e 
de IIa virld. 

M. Moroni. Dizionario di 
enidiiione slorico-ccclcsia- 
slica etc. 1. XXX. pag. 6. 
art. Genen, Venedig 1845. 



Hist< 



■- de 



Vign^e. Nancy. 1846. 
DlichStelet. Sur l'aulear de 
rimitation de Jesus-Chriat. 
Im Journal .Le Si^^lei vom 
15. Juii ■851. 
Melzi, Einer der berühmte- 
sten Bibliographen Italiens. 
Dizionario di opere anonime 
epscudonimcdi Scritlori ita- 
liani. Milano. Piroln 1851. 
Parnvia Alexander. Pro- 
fessor an der Universität in 
Tutin. Dell' nutore del libto 
■ De Tmitatione Christii. In 
seiner Meraorie Piemontesi 
di Litteiatura e di Storia, 
Torino 1853. 
CapecelatroAlfons.Pro- 
logo al volgariiiamenlo 
poelico della imitaiione di 
Christo per Gaetano Gag- 



Mit einem chronologiichen 
Vcricichniss der Werke und 
Handschrifien Über die Imi- 

Joh.v.Labouderie. Abb6. 
Notice hislorique sat ITmi- 
taüon de Jesus-Christ. Pa- 
ris 1824. 
Tourlet R. M, Sur le 
table nuteur de l'Imilation 
de Jesns-Christ. Im. Moniteur 
de Paris vom ij. Den 
bei 1826. 
Da unou Peter, Mitglied und 
SekretSr der Akademie des 
Inscriplions. 
■ . DissertatiOQ sur rfdilion la- 
tioe de l'lmitation de Je«u- 
Christ, Ira Journal des Sa- 
vants vom Deiember 1816, 
3. Sur l'auleur de l'Lmitation. 
Im Journal des Savanls vom 
Duember 1836. 
3, Crilique du Memoire »ur le 
viritablc BUteur de l'Imita- 
titm de Jesui-Cbrisl. Im 
Journal des Savanl» vom 
Oktober 1837. 
Leroy Onesimus. Grosser 

Gelehrter. 
I, EludeBsurlesMystireselsUT 
dtff^renU manusctils de Ger- 
soD. Paris, Hochctie 1837. 
3. Quet est le vtrilable aulear 
derimJliiliondeJeaus-Christ? 1 
Diese Frage stellte Leroy 
in der leiiten Sitzung dos 
Congressn des historischen 
Institutes am 17. Uktobet. \ 

3. Cumeille et Getson dans 
l'Imitalion de JesOB-Cbrist. 
Paris, I^ Clerc 1841, 

4. Monnment de Geison k Lyon. 
Brief ati die Mitglieder des 
historischen Institut«, Paris 
r84S, 



Vicar von Montpellier. Ser- 
mons de Thomas a Kem- 
pis tmduits du latin. Avig- 



"S37- 



Kist 



■yards, Clarisse, 
Professoren an der Univer- 
sität in Leyden. Ihre An- 
sichten im Archief vooi 
Kcrkelijke Geschiedenis, ie- 
Sonderheit van Nederland 
lauten lu Gunsten des Tho- 
mas a Kempis. 1837. 
Scholl Ludwig. Dissertatio 
hislorico-llieologica. Gro- 
ningae, W. van Boekeren 
1839. 
Schmidt Carl. Essai hu 
Gerson. Strassbourg 1839. 
Aliog. Handbuch der ge- 
samniten Kirchengeschichte 
1840. 1. AiiH. 
U I ! m BD n C ar. Keformatoren 
vor der Reformation , vor- 
nehmlich in Deutschland 
und den Niederlanden, Ham- 
burg 1S42. 
M, Bormans. Professor an 
der Universitäl in Luttich, 
Noiice sur uo manuscrit de 
Thomas e Kenpls. Brüx- 
elles 1S45. 
Schottel. Mag. et Lit, hum. 

Jels over de Navolging van Jc- 
sus-Cbtislus. Breda 1845. 

J. F. E. Meyer. Professor m 
Eulin. Thamae a Kempis 
capita quindecim ineditaetc. 
Lubec 1845. 

H e i 11 r i g s. Kalligraphisches 
Gedenkblatt an Thomas a 
Kempis in Stahl gestochen. 
Cäln 1847. 

J. B. Malou. Professor der 
llieologie an der Univer- 
sität in Löwen, später Bi- 



Canetti PietTO. I. NotizJe 
biagraphiche di Giovanni 
Ger«iiia> Abbale di Sanlo 
Stefano in Vereelli. Ver- 
celli 1876. Danelbeiniwti- 
ICT Auflage, vennehK durch 
eiDc Parte aeeonda: tHe- 
morie lul sno libro della 
Imitazione di Ctjsto di 
Giovanni Gcraenio* und 
mehrere •Documeati illu- 
itrativii zugleich mit einer 
Dissertatio des Kard. Baroc- 
chi : 'Disiertazione dell' 
eminentissimo signor Clrdi- 
aale Lucido Maria Parochi, 
arcivescovQ di Bologna 



4i i 



i Gio- 



vanni Genenio in Vereelli' 
ist 1879 EU Vereelli er- 
schienen. 

2. L'Abbaiia BenedettJna di 
Sanlo Stefano in Vereelli. 
Vereelli 1875. 

Brixner Kirchenblatt 1876. 
n. 7. Der >Katholik.> J< 
nuarbeft 1877, S. 15—35 
Zeitschrin fUr kath. Theo- 
logie. Innsbruck 1877. 3. 

Heft. 480—87. 



1 Thomisten. 

I 

I Ad. Delvigne.Pfarret.Nou- 

{ velle rechercbes sur l'suteur 
de »rimltation de Jesus- 
Christ.« In der Zeitschrift : 

j Prfcii hisloriques mflanges 
religieux, litleraires et <cien- 
ühques. 1877 und 1878. 
Bruxelles, Alfred Vrumanl. 



Paul Keppler, Rcpcientki 
Tubingen. Der Verfaaserder 

! Nachfolee Christi. EineStu- 
die über den gegenwärtigen 
Stand der Frage. In der TU- 
bingei Iheoltigischen Quar- 

I tal-Schrift. 1880. Heft t. 




TJ-l ALLATfll 



N?2 CAVENS 




N?3 IB[>B»EI5SI5 



NT 4 PÄIIHII-LI0R.ONIS 



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TAFEL VI. 
Cod. Monac. lat. 4619. saec. XIV. 

"napvc Cccimoapira teunnaaone pÄ 
er »tcnipcu orni Vanicatiun miutoi €zvk 
ibi .TTincmtncmce ad tu ttniatMlxtitcopa 
niotcinttvna^ii(fn«cicnic.C^ptuU«pi"' 
V> ignumtamnanoscft {onnattttcrto 
■ *y f«T> cm» adTomtnutiarditMiiubunciii«' 
feiim tn imciiun- tt mucnitt' t«C|iuon atüä 
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TAFEL VII. 
Cod. Holiendorfiaiuia Biljl. Paliit \*mdob. i,S/6 





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